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German Pages 875 Year 2012
Großkommentare der Praxis
Löwe-Rosenberg
Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz Großkommentar 26., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von
Volker Erb, Robert Esser, Ulrich Franke, Kirsten Graalmann-Scheerer, Hans Hilger, Alexander Ignor
Sechster Band §§ 213–295
Zweiter Teilband §§ 256–295 Bearbeiter: §§ 256–260: Carl-Friedrich Stuckenberg § 261: Günther M. Sander §§ 262–295: Carl-Friedrich Stuckenberg Sachregister: Thomas Vetter
De Gruyter
Stand der Bearbeitung: Oktober 2012
ISBN 978-3-89949-777-9 e-ISBN 978-3-11-025931-5
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung/Satz: Werksatz Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Die Bearbeiter der 26. Auflage Jörg-Peter Becker, Vors. Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe und Obernburg Camilla Bertheau, Rechtsanwältin in Berlin Dr. Werner Beulke, Professor an der Universität Passau Dr. Reinhard Böttcher, Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg a.D., Honorarprofessor an der Ludwig Maximilians-Universität München Ottmar Breidling, Vors. Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf Dr. Gabriele Cirener, Richterin am Landgericht Berlin Dr. Volker Erb, Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Dr. Robert Esser, Professor an der Universität Passau Dr. Ulrich Franke, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe und Hemdingen Dr. Dirk Gittermann, Richter am Oberlandesgericht Celle Dr. Sabine Gleß, Professorin an der Universität Basel Dr. Dr. h.c. Karl Heinz Gössel, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg, Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht a.D., München Dr. Kirsten Graalmann-Scheerer, Generalstaatsanwältin in Bremen, Honorarprofessorin an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Bremen Dr. Pierre Hauck, Privatdozent an der Universität Gießen Dr. Hans Hilger, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Justiz a.D., Bad Honnef Dr. Dr. Alexander Ignor, Rechtsanwalt in Berlin, Apl. Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Christian Jäger, Professor an der Universität Bayreuth Dr. Matthias Jahn, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Richter am Oberlandesgericht Nürnberg Dr. Björn Jesse, Richter, Landgericht Berlin Dr. Daniel M. Krause, Rechtsanwalt in Berlin Dr. Dr. h.c. Hans-Heiner Kühne, Professor an der Universität Trier Dr. Klaus Lüderssen, Professor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Dr. Holger Matt, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, Honorarprofessor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Dr. Anja Menges, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Andreas Mosbacher, Vorsitzender Richter am Landgericht Berlin Dr. Günther M. Sander, Richter am Bundesgerichtshof, Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Gerhard Schäfer, Vors. Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe und Stuttgart Dr. Wolfgang Siolek, Vors. Richter am Oberlandesgericht Celle Dr. Carl-Friedrich Stuckenberg, Professor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Dr. Michael Tsambikakis, Rechtsanwalt in Köln Thomas Wickern, Leitender Oberstaatsanwalt beim Generalstaatsanwalt in Düsseldorf
V
Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg 1. Inhalt der Kommentierung Der Löwe-Rosenberg kommentiert die StPO, das EGStPO, das GVG, das EGGVG und die GVGVO mit Ausnahme der nur den Zivilprozess betreffenden Teile, sowie – mit dem Schwerpunkt auf den strafverfahrensrechtlich besonders bedeutsamen Regelungen – die EMRK und den IPBPR. Wenig bekannte oder schwer auffindbare strafverfahrensrechtliche Nebengesetze, deren Wortlaut für die Kommentierung erforderlich ist, werden bei den einschlägigen Erläuterungen im Kleindruck wiedergegeben. 2. Erscheinungsweise und Stand der Bearbeitung Die 26. Auflage des Löwe-Rosenberg erscheint erstmals in Bänden, deren Erscheinungs-Reihenfolge von der des Gesetzes abweichen kann. Die Bände werden aber in der vom Gesetz vorgegebenen Reihenfolge durchnumeriert. Der Stand der Bearbeitung ist dem Vorwort jedes Bandes zu entnehmen. Die Autoren sind bemüht, besonders wichtige Änderungen und Entwicklungen auch noch nach diesem Stichtag bis zur Drucklegung des Bandes zu berücksichtigen. 3. Bearbeiter Jeder Bearbeiter (in der Fußzeile angegeben) trägt für seinen Teil die alleinige inhaltliche Verantwortung. Die Stellungnahmen zu Rechtsfragen, die an mehreren Stellen des Kommentars behandelt werden, können daher voneinander abweichen. Auf solche Abweichungen wird nach Möglichkeit hingewiesen. 4. Aufbau der Kommentierung Neben der umfassenden Einleitung zum Gesamtwerk sind den Untereinheiten der kommentierten Gesetze (Bücher, Abschnitte, Titel), soweit erforderlich, Vorbemerkungen vorangestellt, die das für die jeweilige Untereinheit Gemeinsame erläutern. Der den Vorbemerkungen und den Kommentierungen der einzelnen Vorschriften erforderlichenfalls vorangestellte Abschnitt Geltungsbereich enthält Hinweise auf zeitliche und örtliche Besonderheiten. Der Abschnitt Entstehungsgeschichte gibt, abgesehen von ganz unwesentlichen Änderungen, die Entwicklung der geltenden Fassung der Vorschrift vom Erlass des jeweiligen Gesetzes an wieder. Fehlt er, so kann davon ausgegangen werden, dass die Vorschrift unverändert ist. Der Hinweis auf geplante Änderungen verzeichnet Änderungsvorschläge, die sich beim Abschlusszeitpunkt der Lieferung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren befinden. Die Erläuterungen sind nach systematischen Gesichtspunkten gegliedert, die durch Überschriften oder Stichworte hervorgehoben sind. In der Regel ist den Erläuterungen eine systematische Übersicht vorangestellt. Soweit angebracht wird sie bei besonders umfangrei-
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Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg
chen Erläuterungen durch eine alphabetische Übersicht ergänzt. Bei den Erläuterungen selbst werden für jede Vorschrift (zur Erleichterung des Zitierens) durchlaufende Randnummern verwendet. 5. Schrifttum Der Kommentar enthält am Anfang jedes Bandes ein allgemeines Literaturverzeichnis, das nur die häufiger verwendete oder allgemeine Literatur enthält. Den Vorbemerkungen und den Kommentierungen der einzelnen Vorschriften sind Schrifttumsverzeichnisse vorangestellt, die einen Überblick über das wesentliche Schrifttum zu dem jeweils behandelten Thema geben. 6. Zitierweise Literatur, die in diesen Schrifttumsverzeichnissen enthalten ist, wird im laufenden Text im allgemeinen nur mit dem Namen des Verfassers (ggfs. mit einer unterscheidenden Kurzbezeichnung) oder der sonstigen im Schrifttumsverzeichnis angegebenen Kurzbezeichnung zitiert, doch wird bei Veröffentlichungen in Zeitschriften vielfach auch die genaue Fundstelle nachgewiesen. Sonst sind selbständige Werke mit (gelegentlich verkürztem) Titel und Jahreszahl, unselbständige Veröffentlichungen (auch Beiträge in Festschriften u.ä.) mit der Fundstelle angegeben. Auflagen sind durch hochgestellte Zahlen gekennzeichnet; fehlt eine solche Angabe, so wird aus der Auflage zitiert, die im allgemeinen Schrifttumsverzeichnis angegeben ist. Hat ein Werk Randnummern, so wird nach diesen, sonst nach Seitenzahl oder Gliederungspunkten zitiert. Befindet sich beim Zitat anderer Kommentare die in Bezug genommene Stelle im gleichen Paragraphen, so wird nur die Randnummer oder (bei deren Fehlen) der Gliederungspunkt angegeben; wird auf die Erläuterungen bei einem anderen Paragraphen Bezug genommen, so wird dieser genannt. Entsprechend wird auch im Löwe-Rosenberg selbst verwiesen. Bei diesem wird, wenn nichts anderes angegeben ist, auf die gegenwärtige 26. Auflage verwiesen. Ist der Band mit den Erläuterungen, auf die verwiesen werden soll, noch nicht erschienen, so ist, soweit dies sachdienlich erschien, in Klammern ergänzend die genaue Fundstelle in der 25. Auflage angegeben. Zeitschriften werden regelmäßig mit dem Jahrgang zitiert. Ausnahmen (Bandangabe) bilden namentlich ZStW, GA (bis 1933) und VRS; hier ist regelmäßig die Jahreszahl zusätzlich angegeben. Bei der Angabe der Fundstelle eines amtlichen Verkündungsblattes wird die Jahreszahl nur angegeben, wenn sie von der Jahreszahl der Rechtsvorschrift abweicht. Entscheidungen werden im allgemeinen nur mit einer Fundstelle angegeben. Dabei hat die amtliche Sammlung eines obersten Bundesgerichtes den Vorrang, sonst die Fundstelle, die die Entscheidung mit Anmerkung oder am ausführlichsten wiedergibt. 7. Abkürzungen Die verwendeten Abkürzungen, namentlich von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Entscheidungssammlungen, Zeitschriften usw. sind im Abkürzungsverzeichnis nachgewiesen.
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Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . .
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S. V VII XI XLVII
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1 27 40 49 53 111 138 142 187 314 335 342 396 445 449 464 546 569 577 580 582 586 592 612 642 647 675 690
ZWEITES BUCH Verfahren im ersten Rechtszug Sechster Abschnitt Hauptverhandlung § 256 § 257 § 257a § 257b § 257c § 258 § 259 § 260 § 261 § 262 § 263 § 264 § 265 § 265a § 266 § 267 § 268 § 268a § 268b § 268c § 268d § 269 § 270 § 271 § 272 § 273 § 274 § 275
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Inhaltsübersicht
Siebenter Abschnitt Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung § 275a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Achter Abschnitt Verfahren gegen Abwesende Vor § 276 . . . . . . . . . § 276 . . . . . . . . . . . §§ 277 bis 284 (weggefallen) § 285 . . . . . . . . . . . § 286 . . . . . . . . . . . § 287 . . . . . . . . . . . § 288 . . . . . . . . . . . § 289 . . . . . . . . . . . § 290 . . . . . . . . . . . § 291 . . . . . . . . . . . § 292 . . . . . . . . . . . § 293 . . . . . . . . . . . § 294 . . . . . . . . . . . § 295 . . . . . . . . . . . Register
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752 754 757 757 760 761 761 763 764 768 770 772 774 776
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Abkürzungsverzeichnis AA a.A. aaO Abg. AbgG
abl. ABl. ABlEG
ABlEU
ABMG Abs. Abschn. abw. AChRMV AcP AdoptG AdVermiG a.E. ÄndG ÄndVO a.F. AfkKR AfP AG AGIS
AGGewVerbrG
AGGVG AGS AGStPO AHK AIDP
Auswärtiges Amt anderer Ansicht am angegebenen Orte Abgeordneter Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz – AbgG) vom 18.2.1977 i.d.F. der Bek. vom 21.2.1996 (BGBl. I S. 327) ablehnend Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften; Ausgabe C: Mitteilungen und Bekanntmachungen; Ausgabe L: Rechtsvorschriften (zit.: ABlEG Nr. L … /(Seite) vom …) Amtsblatt der Europäischen Union (ab 2003); Ausgabe C: Mitteilungen und Bekanntmachungen; Ausgabe L: Rechtsvorschriften (zit.: ABlEU Nr. L …/(Seite) vom …) Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge vom 5.4.2002 (BGBl. I S. 1234) Absatz Abschnitt abweichend Afrikanische Charta der Rechte der Menschen und Völker vom 26.6.1981, deutsche Übersetzung EuGRZ 1990 348 Archiv für die civilistische Praxis Adoptionsgesetz vom 2.7.1976 (BGBl. I S. 1749) Adoptionsvermittlungsgesetz vom 27.11.1989 (BGBl. I S. 2014) i.d.F. der Bek. vom 22.12.2001 (BGBl. 2002 I S. 354) am Ende Änderungsgesetz Änderungsverordnung alte Fassung Archiv für katholisches Kirchenrecht Archiv für Presserecht, Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht Amtsgericht; in Verbindung mit einem Gesetz: Ausführungsgesetz Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22.7.2002 über ein Rahmenprogramm für die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen – AGIS (ABlEG Nr. C 203/5 vom 1.8.2002) Ausführungsgesetz zum Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 (RGBl. I S. 1000) Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (Landesrecht) Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht und Anwaltsmanagement Ausführungsgesetz zur Strafprozessordnung (Landesrecht) Alliierte Hohe Kommission Association Internationale de Droit Pénal
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Abkürzungsverzeichnis AJIL AktG AktO
allg. M. Alsb.E Alt. a.M. AMRK amtl. amtl. Begr. Anh. AnhRügG
Anl. Anm. AnwBl. AöR AO AOStrÄndG ArbGG ArchKrim. ArchPF ArchVR arg. Art. ASIL AsylVfG
AtomG
AufenthG
aufg. Aufl. AUILR AuR ausf. AuslG
XII
American Journal of International Law Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 6.9.1965 (BGBl. I S. 1089) Anweisung für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften (Aktenordnung), abgedruckt bei Piller/Hermann, 1 allgemeine Meinung Die strafprozessualen Entscheidungen der Oberlandesgerichte, herausgegeben von Alsberg und Friedrich (1927), 3 Bände Alternative anderer Meinung Amerikanische Menschenrechtskonvention vom 22.11.1969 (Pact of San José), deutsche Übersetzung EuGRZ 1980 435 amtlich amtliche Begründung Anhang Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9.12.2004 (BGBl. I S. 3220) Anlage Anmerkung Anwaltsblatt Archiv des öffentlichen Rechts Abgabenordnung vom 16.3.1976 (BGBl. I S. 613) i.d.F. der Bek. vom 1.10.2002 (BGBl. I S. 3866) Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 10.8.1967 (BGBl. I S. 877) Arbeitsgerichtsgesetz vom 3.9.1953 i.d.F. der Bek. vom 2.7.1979 (BGBl. I S. 853) Archiv für Kriminologie Archiv für das Post- und Fernmeldewesen Archiv des Völkerrechts argumentum Artikel The American Society of International Law Gesetz über das Asylverfahren i.d.F. der Bek. vom 2.9.2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22.11.2011 (BGBl. I S. 2258) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 31.10.1976 (BGBl. I S. 3053) i.d.F. der Bek. vom 15.7.1985 (BGBl. I S. 1565) Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG), neugefasst durch Bek. vom 25.2.2008 (BGBl. I S. 162); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044) aufgehoben Auflage American University International Law Review Arbeit und Recht (Zeitschrift) ausführlich Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet (Ausländergesetz) vom 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354)
Abkürzungsverzeichnis AusnVO
AV AVR AWG Az AZR-Gesetz
BAG BÄO
BAK BAnz. BaWü. Bay. BayAGGVG
BayBS BayObLG BayObLGSt BayRS BayStVollzG BayVerf. BayVerfGH BayVerfGHE BayVerwBl. BayVGH BayVGHE
BayZ BB BBG Bbg. BbgVerfG Bd. BDG BDH
Ausnahme-(Not-)Verordnung (1) VO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1.12.1930 (RGBl. I S. 517) (2) VO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 6.10.1931 (RGBl. I S. 537, 563) (3) VO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens vom 8.12.1931 (RGBl. I S. 743) (4) VO über Maßnahmen auf dem Gebiet der Rechtspflege und Verwaltung vom 14.6.1932 (RGBl. I S. 285) Allgemeine Verfügung Archiv des Völkerrechts Außenwirtschaftsgesetz vom 28.4.1961 (BGBl. I S. 481) Aktenzeichen Gesetz über das Ausländerzentralregister (AZR-Gesetz) vom 2.9.1994 (BGBl. I S. 2265) i.d.F. der Bek. vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) Bundesarbeitsgericht Bundesärzteordnung, neugefasst durch Bek. vom 16.4.1987 (BGBl. I S. 1218); zuletzt geändert durch Artikel 29 des Gesetzes v. 6.12.2011 (BGBl. I S. 2515) Blutalkoholkonzentration Bundesanzeiger Baden-Württemberg Bayern, bayerisch Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes vom 23.6.1981 (BayGVBl. S. 188) Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts (1802 bis 1956) Bayerisches Oberstes Landesgericht Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Bayerische Rechtssammlung (ab 1.1.1983) Bayerisches Strafvollzugsgesetz Verfassung des Freistaates Bayern vom 2.12.1946 (BayBS. I 3) Bayerischer Verfassungsgerichtshof s. BayVGHE Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, des Bayerischen Dienststrafhofs und des Bayerischen Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (1905–34) Der Betriebsberater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz vom 14.7.1953 (BGBl. I S. 551) i.d.F. der Bek. vom 31.3.1999 (BGBl. I S. 675) Brandenburg Brandenburgisches Verfassungsgericht Band Bundesdisziplinargesetz vom 9.7.2001 (BGBl. I S. 1510) Bundesdisziplinarhof (jetzt Bundesverwaltungsgericht)
XIII
Abkürzungsverzeichnis BDSG BeamtStG
Begr. BegrenzungsVO
BEG-SchlußG Bek. Bek. 1924 Bek. 1950 Bek. 1965 Bek. 1975 Bek. 1987 ber. BerathG BerlVerfGH BerRehaG
Beschl. Bespr. BeurkG BewHi. BezG Bf. BFH BfJG
BGB
BGBl. I, II, III BGer BGH BGH-DAT BGHE Strafs. BGHGrS BGHR BGHRZ BGHSt BGHZ BGSG
XIV
Bundesdatenschutzgesetz i.d.F. der Bek. vom 14.1.2003 (BGBl. I S. 66) Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 17.6.2008 (BGBl. I S. 1010) Begründung Verordnung über die Begrenzung der Geschäfte des Rechtspflegers bei der Vollstreckung in Straf- und Bußgeldsachen vom 26.6.1970 (BGBl. I S. 992) i.d.F. der Bek. v. 16.2.1982 (BGBl. I S. 188) Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes vom 14.9.1965 (BGBl. I S. 1315) Bekanntmachung Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 22.3.1924 (RGBl. I S. 299, 322) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 12.9.1950 (BGBl. S. 629) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 17.9.1965 (BGBl. I S. 1373) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 7.1.1975 (BGBl. I S. 129) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bek. vom 7.4.1987 (BGBl. I S. 1074) berichtigt Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz) vom 18.6.1980 (BGBl. I S. 689) Berliner Verfassungsgerichtshof Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (Berufliches Rehabilitierungsgesetz – BerRehaG) vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1314) Beschluss Besprechung Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969 (BGBl. I S. 1513) Bewährungshilfe (Zeitschrift) Bezirksgericht Beschwerdeführer Bundesfinanzhof Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Justiz = Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamtes für Justiz vom 17.12.2006 (BGBl. I S. 3171) Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl. S. 195) i.d.F. der Bek. vom 2.1.2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. I 2003 S. 738). Bundesgesetzblatt Teil I, II und III Schweizerisches Bundesgericht Bundesgerichtshof Datenbank der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf CD-ROM, herausgegeben von Werner Theune Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Strafsachen auf CD-ROM, herausgegeben von Mitgliedern des Gerichts Bundesgerichtshof, Großer Senat (hier in Strafsachen) BGH-Rechtsprechung in Strafsachen (Loseblattsammlung) BGH-Rechtsprechung in Zivilsachen (Loseblattsammlung) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzgesetz – BGSG) vom 19.10.1994 (BGBl. I S. 2978)
Abkürzungsverzeichnis BGSNeuRegG
BinnSchiffG
BinSchiffVfG BJM BKA BKAG
Bln. Bln.GVBl.Sb. Blutalkohol BMI BMinG
BMJ BNDG Bonn.Komm. BORA BPolBG BR BRAGO BRAK BRAK-Mitt. BranntWMonG BRAO
BRat BRDrucks. BReg. Brem. BRProt. BS BSG Bsp. BT BTDrucks. BtG
Gesetz zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz – BGSNeuRegG) vom 19.10.1994 (BGBl. I S. 2978) Gesetz betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) vom 15.6.1895 i.d.F. der Bek. vom 15.6.1898 (RGBl. S. 868) Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen vom 27.9.1952 (BGBl. I S. 641) Basler Juristische Mitteilungen Bundeskriminalamt Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz – BKAG) vom 7.7.1997 (BGBl. I S. 1650) Berlin Sammlung des bereinigten Berliner Landesrechts, Sonderband I (1806 bis 1945) und II (1945 bis 1967) Blutalkohol, Wissenschaftliche Zeitschrift für die medizinische und juristische Praxis Bundesminister(-ium) des Innern Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (Bundesministergesetz) vom 17.6.1953 (BGBl. I S. 407) i.d.F. der Bek. vom 27.7.1971 (BGBl. I S. 1166) Bundesminister(-ium) der Justiz Gesetz über den Bundesnachrichtendienst vom 20.12.1990 (BGBl. I S. 2979) i.d.F. der Bek. vom 9.1.2002 (BGBl. I S. 361 ff.) Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Loseblattausgabe) Berufsordnung für Rechtsanwälte i.d.F. der Bek. vom 1.11.2001 Bundespolizeibeamtengesetz i.d.F. der Bek. vom 3.6.1976 (BGBl. I S. 1357) s. BRat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26.7.1957 (BGBl. I S. 907); ersetzt durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) Bundesrechtsanwaltskammer Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Branntweinmonopolgesetz vom 8.4.1922 (RGBl. I S. 405; BGBl. III 612-7) Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1.8.1959 (BGBl. I S. 565); zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2515) Bundesrat Drucksachen des Bundesrats Bundesregierung Bremen Protokolle des Bundesrates Sammlung des bereinigten Landesrechts Bundessozialgericht Beispiel Bundestag Drucksachen des Bundestags Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) vom 12.9.1990 (BGBl. I S. 2002)
XV
Abkürzungsverzeichnis BtMG
BTProt. BTRAussch. BTVerh. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerfGK BVerfSchG
BVerwG BVerwGE BW bzgl. BZRG
2. BZRÄndG bzw. CAT CCBE CCC CD
CDE CERD CETS ChE
ChemG CJ CJEL CPP CCPR CMLRev CPS CPT
Crim.L.R. CR
XVI
Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) vom 28.7.1981 (BGBl. I S. 681) i.d.F. der Bek. vom 1.3.1994 (BGBl. I S. 358) s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des Deutschen Bundestags Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12.3.1951 i.d.F. der Bek. vom 11.8.1993 (BGBl. I S. 1473) Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) vom 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-Württemberg bezüglich Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz), neugefasst durch Bek. vom 21.9.1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I 195); zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15.12.2011 (BGBl. I S. 2714) Zweites Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (2. BZRÄndG) vom 17.7.1984 (BGBl. I S. 990) beziehungsweise siehe UN-CAT Council of the Bars and Law Societies of the European Union Constitutio Criminalis Carolina Collection of Decisions Bd. 1 bis 46 (1960 bis 1974), Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte über die Zulässigkeit von Beschwerden Cahiers de droit européen (Zeitschrift) Internationales Übereinkommen zur Beseitigung von jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) vom 7.3.1966 (vgl. CTS) Chiemsee-Entwurf (Verfassungsausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz der Westlichen Besatzungszonen. Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23.8.1948) (1948) Chemikaliengesetz i.d.F. der Bek. vom 20.6.2002 (BGBl. I S. 2090) Corpus Juris Columbia Journal of European Law Code Procédure Penal siehe HRC Common Market Law Review Crown Prosecution Service Committee for the Prevention of Torture – Europäischer Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Europarat) Criminal Law Review Computer und Recht (Zeitschrift)
Abkürzungsverzeichnis CRC. CWÜAG
DA DAG DAJV-Newsletter DAR DAV DB DDevR DDR ders. DERechtsmittelG
DG Die Justiz Die Polizei dies. Diss. DiszO DJ DJT DJZ DNA-AnalyseG DNA-IFG DNP DNutzG DÖD DÖV DOGE DPA DR
DRechtsw. DRiG
DRiZ DRpfl. DRsp. Drucks.
Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (BGBl. 1992 II S. 122) Ausführungsgesetz zum Chemiewaffenübereinkommen vom 2.8.1994 (BGBl. I S. 1954) Dienstanweisung Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23.12.1929 (BGBl. I. S. 239), aufgehoben durch IRG vom 23.12.1982 (BGBl. I S. 2071) Zeitschrift der Deutsch-Amerikanischen Juristen-Vereinigung e.V. Deutsches Autorecht (Zeitschrift) DeutscherAnwaltVerein Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Devisen-Rundschau (1951–59) Deutsche Demokratische Republik derselbe Diskussionsentwurf für ein Gesetz über die Rechtsmittel in Strafsachen, im Auftrag der JMK vorgelegt von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Strafverfahrensreform (1975) Disziplinargesetz (der Länder) Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Die Polizei (seit 1955: Die Polizei – Polizeipraxis) dieselbe Dissertation Disziplinarordnung (der Länder) Deutsche Justiz, Rechtspflege und Rechtspolitik (1933–45) Deutscher Juristentag (s. auch VerhDJT) Deutsche Juristenzeitung (1896–1936) Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse v. 12.8.2005 (BGBl. I S. 2360) DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 7.9.1998 (BGBl. I S. 2646; 1999 I S. 1242) Die Neue Polizei Gesetz zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften vom 10.9.2004 (BGBl. I S. 2318) Der Öffentliche Dienst Die Öffentliche Verwaltung Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Patentamt Deutsches Recht (1931 bis 1945) Decisions and Reports (ab 1975): Entscheidungen über die Zulässigkeit von Beschwerden; Berichte der Europäischen Kommission für Menschenrechte; Resolutionen des Ministerkomitees des Europarates Deutsche Rechtswissenschaft (1936–43) Deutsches Richtergesetz, neugefasst durch Bek. vom 19.4.1972 (BGBl. I S. 713); zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2515) Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtspflege (1936–1939) Deutsche Rechtsprechung, herausgegeben von Feuerhake (Loseblattsammlung) Drucksache
XVII
Abkürzungsverzeichnis DRZ DSteuerR DStR DStrZ DStZ dt. DtBR DtZ DuD DuR DVBl. DVO DVollzO DVOVereinf.VO
DVOZust.VO
DVR DWiR E E. & P. ebda. EA EAG EAGV
EB EBAO ECBA ECOSOC ECPT
ECRI EDS/EDU EDV EEA EFG EG
EGBGB
XVIII
Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946 bis 1950) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Strafrecht (1934 bis 1944) Deutsche Strafrechts-Zeitung (1914 bis 1922) Deutsche Steuer-Zeitung deutsch Das Deutsche Bundesrecht, Gesetzessammlung mit Erläuterungen (Loseblattausgabe) Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit (Zeitschrift) Demokratie und Recht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Verordnung zur Durchführung der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 8.9.1939 (RGBl. I S. 1703) Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sonderstrafgerichte sowie sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften vom 13.3.1940 (RGBl. I S. 489) Datenverarbeitung im Recht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurf International Journal of Evidence & Proof Ebenda Vertrag über Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft i.d.F. nach dem 1.5.1999 Europäische Atomgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25.3.1957, Ges. vom 27.7.1957 (BGBl. II S. 753), Bek. vom 27.12. 1957 (BGBl. 1958 II S. 1) Ergänzungsband Einforderungs- und Beitreibungsanordnung i.d.F. der Bek. vom 1.4.2001 European Criminal Bar Association Wirtschafts- und Sozialrat (UN) Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vom 26.11.1987 (ETS 126; BGBl. 1989 II S. 946) European Commission against Racism and Intolerance/Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz Europäische Drogeneinheit (Vorläufer von Europol)/European Drug Unit Elektronische Datenverarbeitung Einheitliche Europäische Akte Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Vertrag zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft i.d.F. nach dem 1.5.1999 (vor dem 1.5.1999: EGV); Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl. S. 604) i.d.F. der Bek. vom 21.9.1994 (BGBl. I S. 2494)
Abkürzungsverzeichnis EGFaxÜbk
EGFinSchÜbk
EGFinSchG
EGG
EGGVG EGH EGInsO EGKS EGKSV EGMR EGMR (GK) EGMR (K) EGMR Serie A/B; Reports
EGMRVerfO
EG-ne bis in idem-Übk
EGOWiG EGStGB 1870 EGStGB 1974 EGStPO EGV EGVollstrÜbk
EGZPO EhrenGHE EHRLR EhrRiVG
Einf.
Abkommen vom 26.5.1989 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über die Vereinfachung und Modernisierung der Verfahren zur Übermittlung von Auslieferungsersuchen (BGBl. 1995 II S. 969) Übereinkommen vom 26.7.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (PIF-Übereinkommen; ABlEG Nr. C 316/49 v. 27.11.1995) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EGFinanzschutzgesetz – EGFinSchG) vom 10.9.1998 (BGBl. II S. 2322) Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz – EGG) vom 14.12.2001 (BGBl. I S. 3721) Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 (RGBl. S. 77) Ehrengerichtshof in Anwaltssachen Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2911) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag über die Gründung der EGKS vom 18.4.1951 (BGBl. II S. 447) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (Große Kammer) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (Kammer) Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Sammlung in deutscher Übersetzung, Band, Seite; ab 1996: Reports of Judgments and Decisions) Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Rules of Court) i.d.F. der Bek. vom 1.4.2011 (www.echr. coe.int) Übereinkommen vom 25.5.1987 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über das Verbot der doppelten Strafverfolgung – EG-ne bis in idem-Übk (BGBl. 1998 II S. 2227) Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968 (BGBl. I S. 503) Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 31.5.1870 (RGBl. S. 195) Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2.3.1974 (BGBl. I S. 469) Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1.2.1877 Vertrag zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft i.d.F. vor dem 1.5.1999 (nach dem 1.5.1999: EG) Übereinkommen vom 13.11.1991 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft über die Vollstreckung ausländischer strafrechtlicher Verurteilungen Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung vom 30.1.1877 (RGBl. S. 244) Ehrengerichtliche Entscheidungen (der Ehrengerichtshöfe der Rechtsanwaltschaft des Bundesgebietes und des Landes Berlin) European Human Rights Law Review Gesetz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter vom 21.12.2004 (BGBl. I S. 3599) Einführung
XIX
Abkürzungsverzeichnis EinigungsV
EinigungsVG
Einl. EIS EJB
EJF EJG
EJN EKMR EKMRVerfO EL ELJ ELRev EmmingerVO EMRK
ENeuOG EntlG Entsch. entspr. Entw. Entw. 1908
XX
Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl. II S. 889) Gesetz zu dem Vertrag vom 31.8.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertragsgesetz – und der Vereinbarung vom 18.9.1990 vom 23.9.1990 (BGBl. II S. 885) Einleitung Europol-Informationssystem Beschluss des Rates (2002/187/JI) vom 28.2.2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABlEG Nr. L 63/1 v. 6.3.2002) Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht (1951–1969) Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses (2002/187/JI) des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (Eurojust-Gesetz – EJG) vom 12.5.2004 (BGBl. I S. 902) Europäisches Justitielles Netz Europäische Kommission für Menschenrechte Verfahrensordnung der Europäischen Kommission für Menschenrechte i.d.F. der Bek. vom 29.5.1991 (BGBl. II S. 838) Ergänzungslieferung European Law Journal European Law Review Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege vom 4.1.1924 (RGBl. I S. 23) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. II S. 685, 953) i.d.F. der Bek. vom 22.10.2010 (BGBl. II S. 1198) 1. ZP-EMRK vom 20.3.1952 (BGBl. 1956 II S. 1880) 2. P-EMRK vom 6.5.1963 (BGBl. 1968 II S. 1112) 3. P-EMRK vom 6.5.1963 (BGBl. 1968 II S. 1116) 4. ZP-EMRK vom 16.9.1963 (BGBl. 1968II S. 423) 5. P-EMRK vom 20.1.1966 (BGBl. 1968 II S. 1120) 6. ZP-EMRK vom 28.4.1983 (BGBl. 1988 II S. 662) 7. ZP-EMRK vom 22.11.1984 8. P-EMRK vom 19.3.1985 (BGBl. 1989 II S. 547) 9. P-EMRK vom 6.11.1990 (BGBl. 1994 II S. 490) 10. P-EMRK vom 25.3.1992 (BGBl. 1994 II S. 490) 11. P-EMRK vom 11.5.1994 (BGBl. 1995 II S. 578) 12. ZP-EMRK vom 4.11.2000 13. ZP-EMRK vom 3.5.2002 (BGBl. 2004 II S. 982) 14. P-EMRK vom 13.5.2004 (BGBl. 2006 II S. 138) 14bis P-EMRK vom 27.5.2009 Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz – ENeuOG) vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378) Gesetz zur Entlastung der Gerichte vom 11.3.1921 (RGBl. S. 229) Entscheidung entsprechend Entwurf Entwurf einer Strafprozeßordnung und Novelle zum Gerichtsverfassungsgesetz nebst Begründung (1908), E 1908, MatStrR-Ref. Bd. 11
Abkürzungsverzeichnis Entw. 1909
Entw. 1919/1920
Entw. 1930
Entw. 1939 EP EPA EPZ ERA ERA-Forum erg. Erg. ErgBd. Erl. EStG ETS EU EuAbgG EuAlÜbk
EUAlÜbk
EuArch EuBa EUBestG
EUC EuCLR eucrim EuDrogenÜbk
Entwürfe 1. eines Gesetzes, betreffend Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, 2. der Strafprozeßordnung (1909), E 1909 RT-Verhandl. Bd. 254 Drucks. Nr. 1310 = MatStrRRef Bd. 12; Bericht der 7. Kommission des Reichstags 1909 bis 1911 zur Vorbereitung der Entwürfe 1. eines Gesetzes betreffend die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, 2. einer Strafprozeßordnung, 3. eines zu beiden Gesetzen gehörenden Einführungsgesetzes = MatStrRRef. Bd. 13 Entwürfe 1. eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes (1919), 2. eines Gesetzes über den Rechtsgang in Strafsachen (1920), E 1919/1920, MatStrRRef. Bd. 14 Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuch und zum Strafvollzugsgesetz 1930, EGStGB-Entw. 1930, RT-Drucks. Nr. 2070 = MatStrRRef. Bd. 7 Entwurf einer Strafverfahrensordnung und einer Friedens- und Schiedsmannsordnung (1939), StPO-Entw. 1939, Nachdruck 1954 Europäisches Parlament Europäisches Patentamt Europäische Politische Zusammenarbeit Europäische Rechtsakademie (Trier) ERA-Forum (Zeitschrift) ergänzend Ergänzung; Ergebnis Ergänzungsband Erlass; Erläuterung(en) Einkommensteuergesetz European Treaty Series; Übereinkommen des Europarates (fortlaufend nummeriert; www.coe.int) Vertrag über die Europäische Union i.d.F. nach dem 1.5.1999 (vor dem 1.5.1999: EUV); Europäische Union Europaabgeordnetengesetz vom 6.4.1979 (BGBl. I S. 413) Europäisches Auslieferungsübereinkommen vom 13.12.1957 (ETS 024; BGBl. 1964 II S. 1369); 2. ZP EuAlÜbk v. 17.3.1978 (ETS 098; BGBl. 1990 II S. 118; 1991 II S. 874) Übereinkommen vom 27.9.1996 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABlEG Nr. C 313/11 vom 23.10.1996; BGBl. 1998 II S. 2253) Europa-Archiv Europäische Beweisanordnung Gesetz zu dem Protokoll vom 27. September 1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EU-Bestechungsgesetz – EUBestG) vom 10.9.1998 (BGBl. II S. 2340) Charta der Grundrechte der Europäischen Union European Criminal Law Review (Zeitschrift) Journal for the Protection of the Financial Interests of the European Communities Übereinkommen vom 31.1.1995 über den unerlaubten Verkehr mit Drogen auf hoher See zur Durchführung des Art. 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20.12.1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (ETS 156; BGBl. 2000 II S. 1313)
XXI
Abkürzungsverzeichnis EuG EuGeldwÜbk
EuGH EuGH Slg. EuGHG
EuGRAG
EuGRZ EuHb EuHbG
EuJCCCJ EuKonv EUMC EuOEÜbk EuR EuRAG EuRhÜbk
EURhÜbk
EurJCrimeCrLJ Eurojust Europol EuropolÜbk
EuropolG EuStA EuTerrÜbk EUV
XXII
Europäisches Gericht erster Instanz (Luxemburg) Übereinkommen vom 8.11.1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (ETS 141; BGBl. 1998 II S. 519) Gerichtshof der Europäischen Union Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) – Amtliche Sammlung Gesetz vom 6.8.1998 betreffend die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit und der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen nach Art. 35 des EU-Vertrages – EuGHG (BGBl. 1998 I S. 2035; 1999 II S. 728) Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der EG vom 22.3.1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte vom 16.8.1980 (BGBl. I S. 1453) Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europäischer Haftbefehl Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) vom 21.7.2004 (BGBl. I S. 1748) und vom 20.7.2006 (BGBl. I S. 1721) European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice (Zeitschrift) Europäischer Konvent siehe ECRI Europäisches Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (ETS 116; BGBl. 2000 II S. 1209) Europarecht (Zeitschrift) Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland vom 9.3.2000 (BGBl. I S. 182) Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.4.1959 (ETS 30; BGBl. 1964 II S. 1369; 1976 II S. 1799); ZP EuRhÜbk vom 17.3.1978 (ETS 99; BGBl. 1990 II S. 124; 1991 II S. 909); 2. ZP EuRHÜbk v. 8.11.2001 (ETS 182) Rechtshilfeübereinkommen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29.5.2000, ABlEG Nr. C 197/1 vom 12.7.2000; ZP EURHÜbk v. 16.10.2001 (ABlEG Nr. C 326/1 vom 21.11.2001) European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice Europäische Justitielle Clearing- und Dokumentationsstelle (Den Haag) Europäisches Polizeiamt (Den Haag) Übereinkommen vom 26.7.1995 auf Grund von Artikel K.3 des EUV über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes, ABlEG Nr. C 316/1 v. 27.11.1995. Europolgesetz vom 16.12.1997 (BGBl. II S. 2150) Europäische Staatsanwaltschaft (geplant) Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27.1.1977 (ETS 90; BGBl. 1978 II S. 321, 907) Vertrag über die Europäische Union vor dem 1.5.1999 (nach dem 1.5.1999: EU)
Abkürzungsverzeichnis EUVEntw
EUVereinfAlÜbk
EuVKonv
EuZW evt. EWG EWGV EWiR EWR-Abk. EYHR EzSt
f., ff. FamFG
FAG FamPLG FamRZ FAO FAZ FG FGG FGO
FinB FinVerwG FlRG
Fn. FN A
Entwurf einer Europäischen Verfassung i.d.F des am 18.6.2004 zwischen den Staats- und Regierungschefs erzielten Konsenses (Dokument der Regierungskonferenz CIG 86/04 v. 25.6.2004) Übereinkommen vom 10.3.1995 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABlEG Nr. C 78/1 vom 30.3.1995; BGBl. 1998 II S. 2229) Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa – vom Europäischen Konvent im Konsensverfahren angenommen am 13.6. und 10.7.2003 – dem Präsidenten des Europäischen Rates in Rom überreicht am 18.7.2003 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957 (BGBl. II S. 766) Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Gesetz zu dem Abkommen vom 2.5.1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum European Yearbook on Human Rights Entscheidungssammlung zum Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 1983 bis 1990 (Loseblattausgabe) folgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), Artikel 1 G. vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586 (Nr. 61), 2587, 2009 I S. 1102); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044) Gesetz über Fernmeldeanlagen vom 6.4.1892 i.d.F. der Bek. vom 3.7.1989 (BGBl. I S. 1455); ersetzt durch das TKG Gesetz über Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und Beratung vom 27.7.1992 (BGBl. I S. 1398) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung i.d.F. der Bek. vom 22.3.1999, zuletzt geändert durch BRAK-Beschluss vom 6.12.2010 Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzgericht/Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.5.1898 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 771) Finanzgerichtsordnung, neugefasst durch Bek. vom 28.3.2001 (BGBl. I S. 442, 2262, 2002 I 679); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044) Finanzbehörde Gesetz über die Finanzverwaltung vom 6.9.1950 (BGBl. S. 448) i.d.F. der Bek. vom 30.8.1971 (BGBl. I S. 1426) Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) vom 8.2.1951 i.d.F. der Bek. vom 29.10.1994 (BGBl. I S. 3140) Fußnote Fundstellennachweis des Deutschen Bundesrechts, Bundesrecht ohne völkerrechtliche Vereinbarungen und Verträge mit der DDR
XXIII
Abkürzungsverzeichnis FN B FO FP-IPBPR 2. FP-IPBPR
FRA FS FS (Name) FuR G 10
GA
GASP GBA GBl. GBl./DDR I, II GedS gem. GemDatG
GemProt. GenG
GenStA GerS Ges. GeschlkrG GeschO GewO
GewSchG
GewVerbrG
XXIV
Fundstellennachweis des Deutschen Bundesrechts, Völkerrechtliche Vereinbarungen und Verträge mit der DDR Fernmeldeordnung i.d.F. der Bek. vom 5.5.1971 (BGBl. I S. 541) (1.) Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. II 1992 S. 1247) 2. Fakultativprotokoll zu dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe vom 15.12. 1989 (BGBl. II 1992 S. 390) Agentur der Europäischen Union für Grundrechte Forum Strafvollzug – Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe (früher ZfStrV) Festschrift, auch Festgabe usw. (angefügt Name des Geehrten) Familie und Recht Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses vom 26.6.2001 (BGBl. I S. 1254), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 7.12.2011 (BGBl. I S. 2576), (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) Goltdammer’s Archiv für Strafrecht, zitiert nach Jahr und Seite; (bis 1933: Archiv für Strafrecht und Strafpolitik, zitiert nach Band und Seite) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Generalbundesanwalt Gesetzblatt Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil I und II (1949 bis 1990) Gedächtnisschrift (angefügt Name des Geehrten) gemäß Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder vom 22.12. 2006 (Gemeinsame-Dateien-Gesetz) (BGBl. I 3409) Gemeinsames Protokoll Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1.5.1889, neugefasst durch Bek. vom 16.10.2006 (BGBl. I S. 2230); zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 25.5.2009 (BGBl. I S. 1102) Generalstaatsanwaltschaft Der Gerichtssaal (1849–1942) Gesetz Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23.7.1953 (BGBl. I S. 700) Geschäftsordnung Gewerbeordnung vom 21.6.1869, neugefasst durch Bek. vom 22.2.1999 (BGBl. I S. 202); zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15.12.2011 (BGBl. I S. 2714) Gesetz vom 11.12.2001 zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung (Gewaltschutzgesetz – GewSchG; BGBl. I S. 3513) Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 (RGBl. I S. 995)
Abkürzungsverzeichnis GG ggf. GKG GKI GKÖD GLJ GmbH GmbHG
GMBl. GmS-OGB GnO GoJIL GoltdA grds. GRETA GREVIO GrSSt Gruchot GRUR GRURInt GS GSNW GSSchlH GStA GÜG
GÜV GV GVBl. GVBl. II GVG GVGA GVGÄG 1971 GVGÄG 1974 GVG/DDR
GVO
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 (BGBl. S. 1) gegebenenfalls Gerichtskostengesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718); zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302) Gemeinsame Kontrollinstanz (jeweils eingerichtet bei Europol und Eurojust) Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht German Law Journal (Internet-Zeitschrift; www.germanlawjournal.de) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20.4.1892 (RGBl. S. 477); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044) Gemeinsames Ministerialblatt Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Gnadenordnung Göttingen Journal of International Law (Online-Zeitschrift) s. GA grundsätzlich Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings Expertengruppe zur Überwachung des Übereinkommens zum Schutz von Frauen vor Gewalt und häuslicher Gewalt (CETS 210) Großer Senat in Strafsachen Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, begründet von Gruchot Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht International (Zeitschrift) Gesetzessammlung Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen (1945–56) Sammlung des schleswig-holsteinischen Landesrechts, 2 Bde. (1963) Generalstaatsanwalt Gesetz zur Überwachung des Verkehrs mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln mißbraucht werden können (Grundstoffüberwachungsgesetz – GÜG) vom 7.10.1994 (BGBl. I S. 2835) Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24.5.1961 (BGBl. I S. 607) Gemeinsame Verfügung (mehrerer Ministerien) Gesetz- und Verordnungsblatt Sammlung des bereinigten Hessischen Landesrechts Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 i.d.F. der Bek. vom 9.5.1975 (BGBl. S. 1077) Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 8.9.1971 (BGBl. I S. 1513) Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 25.3.1974 (BGBl. I S. 761) Gesetz über die Verfassung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik – Gerichtsverfassungsgesetz – vom 27.9.1974 (GBl. I S. 457), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.7.1990 (GBl. I S. 595) Gerichtsvollzieherordnung
XXV
Abkürzungsverzeichnis GVVO
GWB GwG GWR GYIL Haager Abk.
Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20.3.1935 (RGBl. I S. 403) in der im BGBl. III Gliederungsnummer 300-5 veröffentlichten bereinigten Fassung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27.7.1957 i.d.F. der Bek. vom 26.8.1998 (BGBl. I S. 2546) Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) vom 25.10.1993 (BGBl. I S. 1770) Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) German Yearbook of International Law (Zeitschrift)
HRLJ Hs. HStVollzG HUDOC HuV-I HV
Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17.7.1905 (RGBl. 1909 S. 409) Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) vom 22.10.1987 (BGBl. I S. 2294) Hamburg Hamburgisches Justizverwaltungsblatt Hanseatisch Hanseatische Gerichtszeitung (1880 bis 1927) Hanseatisches Justizverwaltungsblatt (bis 1946/47) Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Strafsachen (1879 bis 1932/33) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift (1928–43), vorher: Hanseatische Rechtszeitschrift für Handel, Schiff-Fahrt und Versicherung, Kolonial- und Auslandsbeziehungen sowie für Hansestädtisches Recht (1918 bis 1927) Handbuch zum Strafverfahren, hrsg. von Heghmanns/Scheffler Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, herausgegeben von StierSomlo und Elster (1926 bis 1937) Hessen Höchstrichterliche Entscheidungen, Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Strafsachen (1948–49) Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl. S. 219) herrschende Meinung Hamburgisches Strafvollzugsgesetz Human Rights Committee – UN-Menschenrechtsausschuss Human Rights Law Review Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928 bis 1942) Online-Zeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (www.hrr-strafrecht.de) Entscheidungen zum Strafrecht, Strafverfahrensrecht und zu den Nebengebieten (Höchstrichterliche Rechtsprechung) (ab 1996) Human Rights Law Journal Halbsatz Hessisches Strafvollzugsgesetz Human Rights Documentation des Europarates Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften Hauptverhandlung
IAGMR ICC
Interamerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte siehe IStGH
HalbleiterschutzG
Hamb. HambJVBl. Hans. HansGZ HansJVBl. HansOLGSt HansRGZ HansRZ
HbStrVf/Verfasser HdR Hess. HESt
HGB h.M. HmbStVollzG HRC HRLR HRR HRRS HRSt
XXVI
Abkürzungsverzeichnis ICJ ICLQ ICLR i.d.F. i.d.R. i.e.S. IGH i.H.v. IKV ILO InfAuslR INPOL InsO IPBPR IPBPRG IPWSKR IRG
i.S. i.S.d. IStR i.S.v. IStGH IStGHG IStGHSt
ITRB i.V.m. i.w.S. JA JahrbÖR JahrbPostw. JAVollzO JBeitrO JBl. JBlRhPf. JBlSaar JGG JIR JKassO
siehe IGH The International and Cooperative Law Quarterly International Criminal Law Review in der Fassung in der Regel im engeren Sinne Internationaler Gerichtshof ICJ (Den Haag) in Höhe von Internationale Kriminalistische Vereinigung International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation) Informationsbrief Ausländerrecht Informationssystem der Polizei Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2866); zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. 1973 II S. 1534); Zustimmungsgesetz zu dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 15.11.1973 (BGBl. II S. 1533) Internationaler Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. 1973 II S. 1570) Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen i.d.F. der Bek. vom 27.6.1994 (BGBl. I S. 1537); zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI vom 18.10.2010 (BGBl. I S. 1408) im Sinne im Sinne des/der Internationales Steuerrecht – Zeitschrift für europäische und internationale Wirtschaftsberatung im Sinne von Internationaler Strafgerichtshof ICC (Den Haag) Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof vom 21.6.2002 (BGBl. I S. 2144) Gesetz vom 4.12.2000 zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17.7.1998 – IStGH-Statutgesetz (BGBl. II S. 1393) IT-Rechts-Berater in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Jahrbuch des Postwesens (1937 bis 1941/42) Jugendarrestvollzugsordnung vom 12.8.1966 i.d.F. der Bek. vom 30.11.1976 (BGBl. I S. 3270) Justizbeitreibungsordnung vom 11.3.1937 (RGBl. I S. 298) Justizblatt/Juristische Blätter (Österreich) Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes Jugendgerichtsgesetz vom 4.8.1953 i.d.F. der Bek. vom 11.12.1974 (BGBl. I S. 3427) Jahrbuch für internationales Recht Justizkassenordnung
XXVII
Abkürzungsverzeichnis JKomG
JKostG JMBl. JMBlNRW, JMBlNW JMK JoJZG JöR JP JR JSt JugG JugK JugSchG JugStrafgG
Jura JurBüro JurJahrb. JuS Justiz JV JVA JVBl. JVEG
JVerwA JverwB JVKostO JVollz. JVollzGB JW JZ 1. JuMoG 2. JuMoG
Kap. KAS KFZ KG KGJ
XXVIII
Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz – JKomG) vom 22.3.2005 (BGBl. I S. 832) Justizkostengesetz (Landesrecht) Justizministerialblatt Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Justizministerkonferenz (Konferenz der Landesjustizministerinnen und -minister) Journal der Juristischen Zeitgeschichte Jahrbuch des öffentlichen Rechts Juristische Person Juristische Rundschau Journal für Strafrecht Jugendgericht Jugendkammer Jugendschöffengericht Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz) vom 10.4.1995 (BGBl. I S. 485) Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Das juristische Büro (Zeitschrift) Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung (Zeitschrift) Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Justizverwaltung Justizvollzugsanstalt Justizverwaltungsblatt Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718) Justizverwaltungsakt Justizverwaltungsbehörde Verordnung über Kosten im Bereich der Justizverwaltung vom 14.2.1940 (RGBl. I S. 357) Jugendstrafvollzugsordnung: s. auch JAVollzO Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24.8.2004 (BGBl. I S. 2198) Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz) vom 22.10.2006 (BGBl. I S. 3416) Kapitel Konrad-Adenauer-Stiftung Kraftfahrzeug Kammergericht/Kommanditgesellschaft Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881–1922)
Abkürzungsverzeichnis KJ KO KOM KonsG KostÄndG KostRMoG KostMaßnG KostO KostRÄndG 1994
KostRspr. KostVfg. KrG Kriminalist Kriminalistik KrimJ KrimPäd. Krit. KritV KronzG
KronzVerlG
2. KronzVerlG
KSI KSZE KUG KUP k+v KVGKG KWKG
Kritische Justiz (Zeitschrift) Konkursordnung vom 10.2.1877 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 612) Dokument(e) der Europäischen Kommission Gesetz über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz) vom 1.9.1974 (BGBl. I S. 2317) Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26.7.1957 (BGBl. I S. 861) Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004 – Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BGBl. I S. 718) Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Kostenrechts vom 7.8.1952 (BGBl. I S. 401) Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit i.d.F. der Bek. vom 26.7.1957 (BGBl. I S. 861) Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 – KostRÄndG 1994) vom 24.6.1994 (BGBl. I S. 1325) Kostenrechtsprechung (Loseblattsammlung) Kostenverfügung, Durchführungsbestimmungen zu den Kostengesetzen Kreisgericht Der Kriminalist (Zeitschrift) Kriminalistik, Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis Kriminologisches Journal Kriminalpädagogische Praxis (Zeitschrift) Kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Gesetz zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Art. 4 des StGBÄndG 1989) vom 9.6.1989 (BGBl. I S. 1059) Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) vom 16.2.1993 (BGBl. I S. 238) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (2. Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) vom 19.1. 1996 (BGBl. I S. 58) Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (Zeitschrift) Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Gesetz über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie vom 9.1.1907 (RGBl. S. 7) Kriminologie und Praxis (Schriftenreihe der Kriminologischen Zentralstelle) Kraftfahrt und Verkehrsrecht, Zeitschrift der Akademie für Verkehrswissenschaft Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen i.d.F. der Bek. vom 22.11.1990 (BGBl. I S. 2506)
XXIX
Abkürzungsverzeichnis LegPer. Lfg. LG LJV LKA LKV LM LMBG
LMG (1936)
LPartG LPG LRE LS LuftVG LuftVO LV LVerf. LVG LZ MABl. MarkenG
Mat. MatStrRRef. MBl. MDR MedR MiStra. MittKV MMR MOG Mot. MR MRG MSchrKrim. MSchrKrimPsych.
XXX
Legislaturperiode Lieferung Landgericht Landesjustizverwaltung Landeskriminalamt Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs (Loseblattsammlung), hrsg. von Lindemaier/Möhring u.a. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittelund Bedarfsgegenständegesetz) i.d.F. der Bek. vom 9.9.1997 (BGBl. I S. 2297) Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) vom 5.7.1927 i.d.F. der Bek. vom 17.1.1936 (RGBl. I S. 17) Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266) Landespressegesetz Sammlung lebensmittelrechtlicher Entscheidungen Leitsatz Luftverkehrsgesetz i.d.F. der Bek. vom 27.3.1999 (BGBl. I S. 550) Luftverkehrs-Ordnung i.d.F. der Bek. vom 27.3.1999 (BGBl. I S. 580) Literaturverzeichnis, Schrifttumsverzeichnis Landesverfassung Landesverwaltungsgericht Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907 bis 1933) Ministerialamtsblatt Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz – MarkenG) vom 25.10.1994 (BGBl. I S. 3082, 1995 I S. 156, 1996 I S. 682); zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes v. 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302) s. Hahn Materialien zur Strafrechtsreform, herausgegeben vom BMJ, Bd. 1–15 (1954–1960) (s. auch Entw.) Ministerialblatt Monatsschrift für Deutsches Recht Medizinrecht (Zeitschrift) Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen vom 15.3.1985 i.d.F. der Bek. vom 29.4.1998, bundeseinheitlich Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung (1889 bis 1914; 1926 bis 1933) MultiMedia und Recht (Zeitschrift) Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation vom 31.8.1972 (BGBl. I S. 1617) Begründung zur Strafprozeßordnung bei Hahn (s. dort) Medien und Recht (Österreich) Militärregierungsgesetz Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform (1904/05 bis 1936)
Abkürzungsverzeichnis MStGO Muster-Entw.
MV m.w.B. m.w.N. NachtrSichVG NATO-Truppenstatut
Nds. NdsAGGVG NdsRpfl. n.F. N.F. Nieders. GVBl. Sb. I, II NJ NJOZ NJVollzG NJW NKrimpol. NK-VwGO NL noeP NordÖR NotVO NPA NRO NRW NRWO NStE NStZ NStZ-RR NuR NVwZ NVwZ-RR NWVBl. NZA NZG NZM NZV NZWehrr NZWiSt
Militärstrafgerichtsordnung i.d.F. der Bek. vom 29.9.1936 (RGBl. I S. 755) Muster-Entwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes, verabschiedet von der JMK am 10./11.6.1976, geändert durch Beschluss der JMK vom 25.11.1977 Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Beispielen mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Einführung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 23.7.2004 (BGBl. I S. 1838) Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19.6.1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (BGBl. 1961 II S. 1183, 1190), Bek. vom 16.6.1963 (BGBl. II S. 745) Niedersachsen Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 5.4.1963 (GVBl. S. 225) Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Neue Folge Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Sonderband I und II, Sammlung des bereinigten niedersächsischen Rechts Neue Justiz (bis 1990 DDR) Neue Juristische Online-Zeitschrift (nur über beck-online abrufbar) Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz Neue Juristische Wochenschrift Neue Kriminalpolitik (Zeitschrift) Nomos-Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung Newsletter Menschenrechte Nicht offen ermittelnde Polizeibeamte Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland s. Ausn. VO Neues Polizei-Archiv Nichtregierungsorganisation Nordrhein-Westfalen (österreichisches) Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992) Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ – Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift, ab 1996) Natur und Recht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport Nordrheinwestfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Wirtschaft und Verwaltung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Neue Zeitschrift für Wehrrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht
XXXI
Abkürzungsverzeichnis OASG
OBLG OECD OEG OER OG OGH OGHSt ÖJZ OLAF OLG OLG-NL OLGR OLGSt OLGSt N. F OLGVertrÄndG OPCAT OpferRRG
2. OpferRRG OpferschutzG OrgKG
OrgStA ÖRiZ ÖRZ OStA ÖstAnwBl. öStVG OSZE ÖVerfG OVG OWG/DDR
OWiG
XXXII
Gesetz zur Sicherung der zivilrechtlichen Ansprüche der Opfer von Straftaten (Opferanspruchsicherungsgesetz) vom 8.5.1998 (BGBl. I S. 905) Oberstes Landesgericht Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 11.5. 1976 (BGBl. I S. 1181) i.d.F. der Bek. vom 7.1.1985 (BGBl. I S. 1) Osteuropa-Recht Oberstes Gericht der DDR Österreichische Oberster Gerichtshof Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Strafsachen (1949/50) Österreichische Juristen-Zeitung Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (Office Européen de Lutte Anti-Fraude) Oberlandesgericht OLG-Report Neue Länder OLG-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- und Strafverfahrensrecht (Loseblattausgabe, bis 1983) Entscheidungen der Oberlandesgerichte zum Straf- und Strafverfahrensrecht, Neue Folge (Loseblattausgabe, ab 1983) Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten vom 23.7.2002 (BGBl. I S. 2850) siehe UNCAT Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG) vom 24.6.2004 (BGBl. I S. 1354) Gesetz zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz) vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2280) Erstes Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren (Opferschutzgesetz) vom 18.12.1986 (BGBl. I S. 2496) Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.7.1992 (BGBl. I S. 1302) Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften Österreichische Richterzeitung Österreichische Raiffeisen-Zeitung Oberstaatsanwalt Österreichisches Anwaltsblatt Österreichisches Strafvollzugsgesetz Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Österreichischer Verfassungsgerichtshof Oberverwaltungsgericht Gesetz zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten (der Deutschen Demokratischen Republik) vom 12.1.1968 (GBl. I S. 101), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.6.1990 (GBl. I S. 526) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, neugefasst durch Bek. vom 19.2.1987 (BGBl. I S. 602); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2353)
Abkürzungsverzeichnis OWiGÄndG
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 7.7.1986 (BGBl. I S. 977)
ParlStG
Gesetz über die Rechtsverhältnisse der parlamentarischen Staatssekretäre vom 24.7.1974 (BGBl. I S. 1538) Paßgesetz vom 19.4.1986 (BGBl. I S. 537) Patentanwaltsordnung vom 7.9.1966 (BGBl. I S. 557); zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2515) Patentgesetz, neugefasst durch Bek. vom 16.12.1980 (BGBl. I 1981 S. 1); zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302) Gesetz über Personalausweise vom 19.12.1950 (BGBl. S. 807) i.d.F. der Bek. vom 21.4.1986 (BGBl. I S. 548) Practice Direction – Institution of Proceedings (EGMR) Practice Direction – Interim Measures (EGMR) Practice Direction – Just Satisfaction Claims (EGMR) Practice Direction – Request for Anonymity (EGMR) Practice Direction – Secured electronic filing (EGMR) Practice Direction – Written Pleadings (EGMR) Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter i.d.F. der Bek. vom 5.4.1965 (BGBl. I S. 213) Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen Prozesskostenhilfe Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe (Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz – PKHÄndG) vom 10.10.1994 (BGBl. I S. 2954) Plenarprotokoll, Stenographische Berichte der Sitzungen des Deutschen Bundestages Polizeiorganisationsgesetz (des Landes NRW) i.d.F. der Bek. vom 22.10.1994 (GVNW S. 852) Polizeigesetz (des Landes BW) i.d.F. der Bek. vom 13.1.1992 (GBl. S. 1) s. Die Polizei Gesetz über das Postwesen i.d.F. der Bek. vom 3.7.1989 (BGBl. I S. 1449) Postordnung vom 16.5.1963 (BGBl. I S. 341) Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz – PoststruktG) vom 8.6.1989 (BGBl. I S. 1026) Preußen Präsident des Landgerichts Präsident des Oberlandesgerichts Gesetz über die Änderung der Bezeichnungen der Richter und ehrenamtlichen Richter und der Präsidialverfassungen der Gerichte vom 26.5.1972 (BGBl. I S. 841) Preußische Gesetzessammlung (1810–1945) Pressegesetz (Landesrecht) Protokoll Gesetz über die Prozeßkostenhilfe vom 13.6.1980 (BGBl. I S. 677) Vorgänger- und Gründungseinheit von Eurojust
PaßG PatAnwO
PatG
PAuswG PD-I PD-IM PD-JS PD-RfA PD-SEF PD-WP PflVG PJZS PKH PKHÄndG
PlenProt. POGNW PolGBW Polizei PostG PostO PostStruktG
Pr. PräsLG PräsOLG PräsVerfG
PrGS PrG Prot. ProzeßkostenhG Pro-Eurojust
XXXIII
Abkürzungsverzeichnis PrPG
PrZeugnVerwG PStR PTNeuOG
PUAG
PV PVG PVR RA RabelsZ RAG/DDR RAHG RANotz.PrG
RAO RAussch. RB RBEuHb
RBerG
RdErl. RDG RDH RDIDC RdJ RdK RdM RDStH RDStO RDV Recht recht RefE Reg. RegBl. RegE
XXXIV
Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie (PrPG) vom 7.3.1990 (BGBl. I S. 422) Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk vom 25.7.1975 (BGBl. I S. 1973) Praxis Steuerstrafrecht Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz – PTNeuOG) vom 14.9.1994 (BGBl. I S. 2325) Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages (Untersuchungsausschussgesetz – PUAG) vom 19.6.2001 (BGBl. I S. 1142) Personenvereinigung Polizeiverwaltungsgesetz Praxis Verkehrsrecht Rechtsanwalt Rabels-Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rechtsanwaltsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 13.9.1990 (GBl. I S. 1504) s. RHG Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter vom 24.6.1992 (BGBl. I S. 1386) Reichsabgabenordnung vom 13.12.1919, aufgehoben durch AO vom 16.3.1976 Rechtsausschuss Rahmenbeschluss (Art. 34 EU) Rahmenbeschluss des Rates (2002/584/JI) vom 13.6.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABlEU Nr. L 190/1 v. 18.7.2002) Gesetz zur Verhütung von Mißbrauch auf dem Gebiet der Rechtsberatung vom 13.12.1935 (RGBl. I S. 1478); aufgehoben durch Artikel 20 des Gesetzes vom 12.12.2007 (BGBl. I S. 2840) Runderlass Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) vom 12.12.2007 (BGBl. I. S. 2840) Revue des Droits de l’Homme Revue de droit international et de droit comparé Recht der Jugend und des Bildungswesens (Zeitschrift) Das Recht des Kraftfahrers (1926–43, 1949–55) Recht der Medizin Entscheidungen des Reichsdienststrafhofs (1939–41) Reichsdienststrafordnung vom 26.1.1937 (RGBl. I S.71) Recht der Datenverarbeitung Das Recht, begründet von Soergel (1897 bis 1944) Information des Bundesministers der Justiz Referentenentwurf Regierung Regierungsblatt Regierungsentwurf
Abkürzungsverzeichnis RegE TKÜ
RehabG Res. RevMC Rev.trim.dr.h. RG RGBl., RGBl. I, II RGRspr. RGSt RGZ RheinSchA RHG RHGDVO
RhPf. RichtlRA RiG/DDR RiJGG RiStBV
RiVASt. RIW RKG(E) RL RMBl. RMilGE Rn. ROW RpflAnpG
RpflAnpÄndG Rpfleger RpflEntlG RpflG RpflVereinfG Rspr. RT RTDE
Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/EG vom 18.4.2007 Rehabilitierungsgesetz (der Deutschen Demokratischen Republik) von 6.9.1990 (GBl. I S. 1459), aufgehoben durch StrRehaG Resolution Revue du Marché commun et de l’Union européenne Revue trimestrielle des droits de l’homme Reichsgericht Reichsgesetzblatt, von 1922 bis 1945 Teil I und II Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen (1879 bis 1888) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Revidierte Rheinschiffahrtsakte (Mannheimer Akte) i.d.F. der Bek. vom 11.3.1969 (BGBl. II S. 597) Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2.5.1953 (BGBl. I S. 161) Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 23.12.1953 (BGBl. I S. 1569) Rheinland-Pfalz Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts – Richtlinien gem. § 177 Abs. 2 Satz 2 BRAO vom 21.6.1973 Richtergesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 5.7.1990 (GBl. I S. 637) Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren vom 1.12.1970 (BAnz. Nr. 17/1971), i.d.F. der Bek. vom 1.2.1997 mit spät. Änderungen, bundeseinheitlich Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Reichskriegsgericht (Entscheidungen des RKG) Richtlinie Reichsministerialblatt, Zentralblatt für das Deutsche Reich (1923–45) Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts Randnummer Recht in Ost und West (Zeitschrift) Gesetz zur Anpassung der Rechtspflege im Beitrittsgebiet (Rechtspflege-Anpassungsgesetz – RpflAnpG) vom 26.6.1992 (BGBl. I S. 1147) Gesetz zur Änderung des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes – RpflAnpG vom 7.12.1995 (BGBl. I S. 1590) Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl. I S. 50) Rechtspflegergesetz vom 5.11.1969 (BGBl. I S. 2065) Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 (BGBl. I S. 2847) Rechtsprechung Reichstag Revue trimestrielle de droit européen
XXXV
Abkürzungsverzeichnis RTDrucks. RTVerh. RuP RVerf. RVG
RVO RZ r+s S. Sa. SaAnh. SaBremR SächsArch. SächsOLG SAM SchAZtg SchiedsmZ SchiedsstG SchlH SchlHA SchrR SchrRAGStrafR SchrRBRAK SchwarzArbG
SchwGBG
SchwJZ SchwZStr SDÜ
1. SED-UnberG
2. SED-UnberG
XXXVI
Drucksachen des Reichstags Verhandlungen des Reichstags Recht und Politik (Zeitschrift) s. WeimVerf. Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte – Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718) Reichsversicherungsordnung vom 19.7.1911 i.d.F. der Bek. vom 15.12.1924 (RGBl. I S. 779) siehe: ÖRiZ Recht und Schaden (Zeitschrift) Satz, Seite Sachsen Sachsen-Anhalt Sammlung des bremischen Rechts (1964) Sächsisches Archiv für Rechtspflege, seit 1924 (bis 1941/42) Archiv für Rechtspflege in Sachsen, Thüringen und Anhalt Annalen des Sächsischen Oberlandesgerichts zu Dresden (1880 bis 1920) Steueranwaltsmagazin Schiedsamtszeitung Schiedsmannszeitung (1926 bis 1945), seit 1950 Der Schiedsmann Gesetz (der Deutschen Demokratischen Republik) über die Schiedsstellen in den Gemeinden vom 13.9.1990 (GBl. I S. 1527) Schleswig-Holstein Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schriftenreihe Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltverein Schriftenreihe der Bundesrechtsanwaltskammer Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vom 23.7.2004 (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – SchwarzArbG), BGBl. I S. 1842 Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung vom 28.4.2011 (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz), BGBl. I S. 676 Schweizerische Juristenzeitung Schweizer Zeitschrift für Strafrecht Übereinkommen vom 19.6.1990 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg und dem Königreich der Niederlande zur Durchführung des am 14.6.1985 in Schengen unterzeichneten Übereinkommens betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen; ABlEG Nr. L 239/19 vom 22.9.2000) Erstes Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Erstes SEDUnrechtsbereinigungsgesetz – 1. SED-UnberG) vom 29.10.1992 (BGBl. I S. 1814) Zweites Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht (Zweites SEDUnrechtsbereinigungsgesetz – 2. SED-UnBerG) vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1311)
Abkürzungsverzeichnis SeeAufgG
SeemG SeuffBl. SFHÄndG SFHG
SGB
SGG
SGV.NW SichVG SIRENE SIS SJIR SJZ SkAufG
Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz – SeeAufgG) vom 24.5.1965 i.d.F. der Bek. vom 27.9.1994 (BGBl. I S. 2802) Seemannsgesetz vom 26.7.1957 (BGBl. II S. 713) Seufferts Blätter für Rechtsanwendung (1836–1913) Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) vom 21.8.1995 (BGBl. I S. 1050) Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfe im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) vom 27.7.1992 (BGBl. I S. 1398) Sozialgesetzbuch SGB I – Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil (1. Buch), vom 27.12. 2003 (BGBl. I S. 3022) SGB II – Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (2. Buch), vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954), SGB III – Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung (3. Buch), vom 27.12. 2003 (BGBl. I S. 3022), SGB IV – Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (4. Buch) vom 24.7.2003 (BGBl. I 1526), SGB V – Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung (5. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022), SGB VI – Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Rentenversicherung (6. Buch) vom 29.4.2004 (BGBl. I S. 678), SGB VII – Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung (7. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3019), SGB VIII – Sozialgesetzbuch, Kinder- und Jugendhilfe (8. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022), SGB IX – Sozialgesetzbuch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (9. Buch) vom 23.4.2004 (BGBl. I S. 606), SGB X – Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren (10. Buch) vom 5.4.2004 (BGBl. I S. 718), SGB XI – Sozialgesetzbuch, Soziale Pflegeversicherung (11. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022), SGB XII – Sozialgesetzbuch, Sozialhilfe (12. Buch) vom 27.12.2003 (BGBl. I 3022) Sozialgerichtsgesetz, neugefasst durch Bek. vom 23.9.1975 (BGBl. I S. 2535); zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblatts für das Land Nordrhein-Westfalen (Loseblattsammlung) Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung (SichVG) vom 16.6.1995 (BGBl. I S. 818) Supplementary Information Request at the National Entry (nationale Kontaktstelle des SIS) Schengener Informationssystem Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht Schweizerische Juristen-Zeitung / Süddeutsche Juristenzeitung (1946– 50), dann Juristenzeitung Gesetz über die Rechtsstellung ausländischer Streitkräfte bei vorübergehenden Aufenthalten in der Bundesrepublik Deutschland
XXXVII
Abkürzungsverzeichnis
s.o. SortSchG SprengG
SprengstG
StA StAG/DDR
StaatsGH StaatsschStrafsG StÄG StBerG
StenB StGB
StGB/DDR
StGBÄndG 1976
StGBÄndG 1989
StPÄG 1964 StPÄG 1972 StPÄG 1978 StPÄG 1986 StPÄG 1988 StPO StPO/DDR StraFo
XXXVIII
(Streitkräfteaufenthaltsgesetz – SkAufG) vom 20.7.1995 (BGBl. II S. 554) siehe oben Gesetz über den Schutz von Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz) vom 20.5.1968 i.d.F. der Bek. vom 4.1.1977 (BGBl. I S. 105) Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz – SprengG) vom 13.9.1976 (BGBl. I S. 2737) i.d.F. der Bek. vom 17.4. 1986 (BGBl. I S. 577) Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) vom 25.8.1969 (BGBl. I S. 1358, ber. BGBl. 1970 I S. 224), aufgehoben durch SprengG vom 13.9.1976 Staatsanwalt, Staatsanwaltschaft Gesetz über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.4.1977 (GBl. I S. 93), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.7.1990 (GBl. I S. 635) Staatsgerichtshof Gesetz zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in Staatsschutz-Strafsachen vom 8.9.1969 (BGBl. I S. 1582) s. StRÄndG Steuerberatungsgesetz, neugefasst durch Bek. vom 4.11.1975 (BGBl. I S. 2735); zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2515) Stenographischer Bericht Strafgesetzbuch, neugefasst durch Bek. vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322); zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2557) Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.1.1968 in der Neufassung vom 14.12.1988 (GBl. I S. 93), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.6.1990 (GBl. I S. 526) Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Bundesrechtsanwaltsordnung und des Strafvollzugsgesetzes vom 18.8.1976 (BGBl. I S. 218l) Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten vom 9.6.1989 (BGBl. I S. 1059) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 19.12.1964 (BGBl. I S. 1067) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 7.8.1972 (BGBl. I S. 1361) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 14.4.1978 (BGBl. I S. 497) Paßgesetz und Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 19.4.1986 (BGBl. I S. 537) Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 17.5.1988 (BGBl. I S. 606) Strafprozeßordnung vom 1.2.1877 i.d.F. der Bek. vom 7.4.1987 (BGBl. I S. 1074) Strafprozeßordnung der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.1.1968 in der Neufassung vom 19.12.1974 (GBl. 1975 I S. 61) Strafverteidiger Forum (Zeitschrift)
Abkürzungsverzeichnis StrafrAbh. StraftVVG StRÄndG
Strafrechtliche Abhandlungen, herausgegeben von Bennecke, dann von Beling, v. Lilienthal und Schoetensack Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten v. 30.7.2009 (BGBl. I S. …) Strafrechtsänderungsgesetz 1. ~ vom 30.8.1951 (BGBl. I S. 739) 2. ~ vom 6.3.1953 (BGBl. I S. 42) 3. ~ vom 4.8.1953 (BGBl. I S. 735) 4. ~ vom 11.6.1957 (BGBl. I S. 597) 5. ~ vom 24.6.1960 (BGBl. I S. 477) 6. ~ vom 30.6.1960 (BGBl. I S. 478) 7. ~ vom 1.6.1964 (BGBl. I S. 337) 8. ~ vom 25.6.1968 (BGBl. I S. 741) 9. ~ vom 4.8.1969 (BGBl. I S. 1065) 10. ~ vom 7.4.1970 (BGBl. I S. 313) 11. ~ vom 16.12.1971 (BGBl. I S. 1977) 12. ~ vom 16.12.1971 (BGBl. I S. 1779) 13. ~ vom 13.6.1975 (BGBl. I S. 1349) 14. ~ vom 22.4.1976 (BGBl. I S. 1056) 15. ~ vom 18.5.1976 (BGBl. I S. 1213) 16. ~ vom 16.7.1979 (BGBl. I S. 1078) 17. ~ vom 21.12.1979 (BGBl. I S. 2324) 18. ~ vom 28.3.1980 (BGBl. I S. 379) – Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität 19. ~ vom 7.8.1981 (BGBl. I S. 808) 20. ~ vom 8.12.1981 (BGBl. I S. 1329) 21. ~ vom 13.6.1985 (BGBl. I S. 963) 22. ~ vom 18.7.1985 (BGBl. I S. 1510) 23. ~ vom 13.4.1986 (BGBl. I S. 1986) 24. ~ vom 13.1.1987 (BGBl. I S. 141) 25. ~ vom 20.8.1990 – § 201 StG – (BGBl. I S. 1764) 26. ~ vom 24.7.1992 – Menschenhandel – (BGBl. I S. 1255) 27. ~ vom 23.7.1993 – Kinderpornographie – (BGBl. I S. 1346) 28. ~ vom 13.1.1994 – Abgeordnetenbestechung – (BGBl. I S. 84) 29. ~ vom 31.5.1994 – §§ 175, 182 StGB – (BGBl. I S. 1168) 30. ~ vom 23.6.1994 – Verjährung von Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen – BGBl. I S. 1310) 31. ~ vom 27.6.1994 – 2. Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität – (BGBl. I S. 1440) 32. ~ vom 1.6.1995 – §§ 44, 69b StGB – (BGBl. I S. 747) 33. ~ vom 1.7.1997 – §§ 177, 178 StGB (BGBl. I S. 1607) 34. ~ vom 22.8.2002 – § 129b StGB (BGBl. I S. 3390) 35. ~ vom 22.12.2003 – Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (BGBl. I S. 2838) 36. ~ vom 30.7.2004 – § 201a StGB (BGBl. I S. 2012) 37. ~ vom 18.2.2005 – § 180b, 181 StGB (BGBl. I S. 239) 40. ~ vom 22.3.2007 – Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen (Anti-Stalking-Gesetz) (BGBl. I S. 354) 41. ~ vom 7.8.2007 – Bekämpfung der Computerkriminalität (BGBl. I S. 1786) 42. ~ vom 29.6.2009 – Anhebung der Höchstgrenze des Tagessatzes bei Geldstrafen (BGBl. I S. 1658)
XXXIX
Abkürzungsverzeichnis
StraßenVSichG
StREG StrEG StrFG
StRG
StRR StrRehaG
st.Rspr. StUG
StuR StuW StV StVÄG 1979 StVÄG 1987 StVÄG 1999 StVG StVO StVollstrO StVollzG
XL
43. ~ vom 29.7.2009 – Strafzumessung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe (BGBl. I S. 2288) 44. ~ vom 1.11.2011 – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (BGBl. I S. 2130) 45. ~ vom 6.12.2011 – Umsetzung der Richlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt (BGBl. I S. 2557) 1. Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (Straßenverkehrssicherungsgesetz) vom 19.12.1952 (BGBl. I S. 832) 2. Zweites ~ vom 26.11.1964 (BGBl. I S. 921) Gesetz über ergänzende Maßnahmen zum 5. StrRG (Strafrechtsreformergänzungsgesetz) vom 28.8.1975 (BGBl. I S. 2289) Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8.3.1971 (BGBl. I S. 157) Straffreiheitsgesetz – 1949 vom 31.12.1949 (BGBl. I S. 37) – 1954 vom 17.7.1954 (BGBl. I S. 203) – 1968 vom 9.7.1968 (BGBl. I S. 773) – 1970 vom 20.5.1970 (BGBl. I S. 509) Gesetz zur Reform des Strafrechts 1. ~ vom 25.6.1969 (BGBl. I S. 645) 2. ~ vom 4.7.1969 (BGBl. I S. 717) 3. ~ vom 20.5.1970 (BGBl. I S. 505) 4. ~ vom 23.11.1973 (BGBl. I S. 1725) 5. ~ vom 18.6.1974 (BGBl. I S. 1297) 6. ~ vom 26.1.1998 (BGBl. I S. 164) StrafRechtsReport – Arbeitszeitschrift für das gesamte Strafrecht Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz – StrRehaG) vom 29.10.1992 (BGBl. I S. 1814) i.d.F. der Bek. vom 17.12.1999 (BGBl. I S. 2664) ständige Rechtsprechung Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz – StUG) vom 20.12.1991 (BGBl. I S. 2272) Staat und Recht (Zeitschrift DDR, 1950 bis 1990) Steuern und Wirtschaft (Zeitschrift) Strafverteidiger (Zeitschrift) Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 vom 5.10.1978 (BGBl. I S. 1645) Strafverfahrensänderungsgesetz 1987 vom 27.1.1987 (BGBl. I S. 475) Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 vom 2.8.2000 (BGBl. I S. 1253) Straßenverkehrsgesetz vom 3.5.1909 i.d.F. der Bek. vom 19.12.1952 (BGBl. I S. 837) Straßenverkehrsordnung vom 16.11.1970 (BGBl. I S. 1565, ber. 1971, S. 38) Strafvollstreckungsordnung vom 1.4.2001 (BAnz. Nr. 87) bundeseinheitlich Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung – Strafvollzugsgesetz – vom 16.3.1976 (BGBl. I S. 581)
Abkürzungsverzeichnis StVollzGK StVollzK 1. StVRErgG 1. StVRG StVZO s.u. SubvG SVR SZ SZIER
TerrorismusG TerrorBekG TerrorBekErgG ThUG
Thür. TiefseebergbauG TierschG TKG TKÜG
TKO TREVI TVöD TV/L Tz. UCLAF UdG ÜAG
ÜberlG ÜberstÜbk
Übk ÜF
Strafvollzugsgesetz-Kommissionsentwurf, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz Blätter für Strafvollzugskunde (Beilage zur Zeitschrift „Der Vollzugsdienst“) Gesetz zur Ergänzung des 1. StVRG vom 20.12.1974 (BGBl. I S. 3686) Erstes Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9.12.1974 (BGBl. I S. 3393) Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 13.11.1937 i.d.F. der Bek. vom 28.9.1988 (BGBl. I S. 1793) siehe unten Subventionsgesetz vom 29.7.1976 (BGBl. I S. 2034) Straßenverkehrsrecht (Zeitschrift) Süddeutsche Zeitung Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus vom 19.12.1986 (BGBl. I S. 2566) Gesetz vom 9.1.2002 zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) (BGBl. I S. 361) Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz) vom 5.1.2007 (BGBl. I S. 2) Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz) vom 22.12.2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) Thüringen Gesetz zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus vom 16.8.1980 (BGBl. I S. 1457) Tierschutzgesetz vom 24.7.1972 (BGBl. I S. 1277) Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25.7.1996 (BGBl. I S. 1120) Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3198) Telekommunikationsordnung vom 16.7.1987 (BGBl. I S. 1761) Gruppe zur Terrorisme, Radicalisme, Extremisme, Violence Internationale (1975) Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder Teilziffer Unité de Coordination de la Lutte Anti-Fraude Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Gesetz vom 26.9.1991 zur Ausführung des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983 – Überstellungsausführungsgesetz (BGBl. 1991 I S. 1954) Gesetz zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) (Sechstes Überleitungsgesetz) vom 25.9.1990 (BGBl. I S. 2106) Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983 (ETS 112; BGBl. 1991 II S. 1006; 1992 II S. 98); ZP ÜberstÜbk vom 18.12.1997 (ETS 167) Übereinkommen Übergangsfassung
XLI
Abkürzungsverzeichnis UHaftÄndG UN UNCAT
UN-CAT UN-FoltKonv. UNHCR UNO-Pakt UnterbrSichG
UrhG UVollzO UZwG
VA VBlBW VDA VDB VerbrbekG
VerbringungsverbG VereinfVO
VereinhG
VereinsG
XLII
Gesetz zur Abänderung der Untersuchungshaft vom 27.12.1926 (RGBl. I S. 529) Vereinte Nationen Übereinkommen (der Vereinten Nationen) gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10.12.1984 (BGBl. 1990 II S. 246) OPCAT – Fakultativprotokoll vom 18.12.2002 zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe; Gesetz vom 26.8.2008 (BGBl. 2008 II S. 854) United Nations Committee against Torture – UN-Antifolterausschuss Siehe UNCAT United Nations High Commissioner for Refugees – Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen s. IPBPR Gesetz zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.7. 2007 (BGBl. I S. 1327) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9.9.1965 (BGBl. I S. 1273) Untersuchungshaftvollzugsordnung vom 12.2.1953 i.d.F. der Bek. vom 15.12.1976, bundeseinheitlich Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 10.3.1961 (BGBl. I S. 165) Vorzeitige Anwendung (internationaler Übereinkommen) Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift) Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, Bd. 1 bis 6 (1908) Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Besonderer Teil, Bd. 1 bis 9 (1906) Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetz (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28.10. 1994 (BGBl. I S. 3186) Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24.5.1961 (BGBl. I S. 607) Vereinfachungsverordnung 1. ~, VO über Maßnahmen auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung und Rechtspflege vom 1.9.1939 (RGBl. I S. 1658) 2. ~, VO zur weiteren Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 13.8.1942 (RGBl. I S. 508) 3. ~, Dritte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 29.5.1943 (RGBl. I S. 342) 4. ~, Vierte VO zur Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 13.12.1944 (RGBl. I S. 339) Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12.9.1950 (BGBl. S. 455) Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) vom 5.8.1964 (BGBl. I S. 593)
Abkürzungsverzeichnis VerfGH VerfO Verh. 1. VerjährungsG 2. VerjährungsG VerkMitt. VerpflichtG VerschG VersR VerständigungsG VerwArch VG VGH vgl. Vhdlgen VIZ VO VOBl. VOR VRR VRS VRÜ VStGB VStGBG VVDStRL VVStVollzG VwGO
VwRehaG
VwVfG VwZG WDO WehrbeauftrG WeinG Wiener Übereinkommen
Verfassungsgerichtshof Verfahrensordnung (siehe EGMRVerfO) Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw. Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten vom 26.3.1993 (BGBl. I S. 392) Gesetz zur Verlängerung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 27.9.1993 (BGBl. I S. 1657) Verkehrsrechtliche Mitteilungen Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) vom 2.3.1974 (BGBl. I S. 469) Verschollenheitsgesetz vom 15.1.1951 (BGBl. I S. 59) Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 (BGBl. I. S. 2353) Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verfassungsgerichtshof; Verwaltungsgerichtshof vergleiche s. Verh. Vermögens- und Immobilienrecht (Zeitschrift) Verordnung; s. auch AusnVO Verordnungsblatt Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht VerkehrsRechtsReport Verkehrsrechts-Sammlung Verfassung und Recht in Übersee Völkerstrafgesetzbuch Gesetz vom 26.6.2002 zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches (BGBl. I S. 2254) Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz (bundeseinheitlich) vom 1.7.1976 Verwaltungsgerichtsordnung, neugefasst durch Bek. vom 19.3.1991 (BGBl. I S. 686); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044) Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz – VwRehaG) vom 23.6.1994 (BGBl. I S. 1311) Verwaltungsverfahrensgesetz vom 25.5.1976 (BGBl. I S. 1253) Verwaltungszustellungsgesetz vom 3.7.1952 (BGBl. I S. 379) Wehrdisziplinarordnung vom 15.3.1957 i.d.F. der Bek. vom 9.6.1961 (BGBl. I S. 697) Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages i.d.F. der Bek. vom 16.6.1982 (BGBl. I S. 673) Gesetz über Wein, Likörwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (Weingesetz) vom 14.1.1971 (BGBl. I S. 893) 1. Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961 (Zustimmungsgesetz vom 6.8.1964, BGBl. II S. 957)
XLIII
Abkürzungsverzeichnis
WiJ 1. WiKG 2. WiKG WiStG
WisteV wistra WiVerw WLR WoÜbG
WRV WStG WM WuV WuW WÜD WÜK WVK WWSUV
WWSUVG
WZG
2. Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24.4.1963 (Zustimmungsgesetz vom 26.8.1969, BGBl. II S. 1585) Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V. Erstes Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29.7.1976 (BGBl. I S. 2034) Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.5.1986 (BGBl. I S. 721) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) vom 9.7.1954 i.d.F. der Bek. vom 3.6.1975 (BGBl. I S. 1313) Wirtschaftsstrafrechtliche Vereinigung e.V. Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wirtschaft und Verwaltung Weekly Law Reports (Zeitschrift) Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) vom 24.6. 2005 (BGBl. I S. 1841) Weimarer Verfassung, Verfassung des Deutschen Reichs vom 11.8.1919 (RGBl. S. 1383) Wehrstrafgesetz vom 30.3.1957 i.d.F. der Bek. vom 24.5.1974 (BGBl. I S. 1213) Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift) Entscheidungssammlung der Zeitschrift Wirtschaft und Wettbewerb s. 1. Wiener Übereinkommen s. 2. Wiener Übereinkommen Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.5.1969 (BGBl. 1985 II S. 926) Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.5.1990 (BGBl. II S. 537) Gesetz zu dem Vertrag vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion … vom 25.6.1990 (BGBl. II S. 518) Warenzeichengesetz vom 5.5.1936 i.d.F. der Bek. vom 2.1.1968 (BGBl. I S. 29)
YEL YB
Yearbook of European Law Yearbook of the European Convention of the Human Rights, the European Commission and the European Court of Human Rights/ Annuaire de la Convention Européenne des Droits de l’Homme; Commission et Cour Européenne des Droits de l’Homme, hrsg. vom Europarat
ZahlVGJG
Gesetz über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden vom 22.12.2006 = Art. 2 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes (BGBl. 2006 I S. 3416) Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (1934–44) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für die Anwaltspraxis Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik
ZAkDR ZaöRV ZAP ZAR
XLIV
Abkürzungsverzeichnis ZBR ZBJV ZBlJugR ZCG ZERP ZEuS ZEV ZfJ ZfL ZfRV ZfS ZfStrVo ZfZ ZIP ZIS ZJJ ZJS ZKA ZLR ZOV ZÖR ZollG. ZP ZPO ZRFC ZRP ZSchG
ZSE ZSEG
ZSHG ZSR ZST ZStW ZUM ZUM-RD ZusatzAbk. Zusatzvereinb.
Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für Corporate Governance Zentrum für europäische Rechtspolitik (Universität Bremen) Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zentralblatt für Jugendrecht Zeitschrift für Lebensrecht Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe (jetzt: FS – Forum Strafvollzug) Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (Online-Zeitschrift) Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe Zeitschrift für das Juristische Studium (Online-Zeitschrift) Zollkriminalinstitut Zeitschrift für Lebensmittelrecht Zeitschrift für offene Vermögensfragen Zeitschrift für öffentliches Recht Zollgesetz vom 14.6.1961 i.d.F. der Bek. vom 18.5.1970 (BGBl. I S. 529) Zusatzprotokoll Zivilprozeßordnung vom 30.1.1877 i.d.F. der Bek. vom 12.9.1950 (BGBl. I S. 533) Zeitschrift für Risk, Fraud & Compliance Zeitschrift für Rechtspolitik Gesetz vom 30.4.1998 zum Schutz von Zeugen bei Vernehmungen im Strafverfahren und zur Verbesserung des Opferschutzes (Zeugenschutzgesetz – ZSchG) (BGBl. I S. 820) Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vom 26.7.1957 i.d.F. der Bek. vom 1.10.1969 (BGBl. I S. 1756); abgelöst durch das JVEG vom 5.5.2004 Gesetz zur Harmonisierung des Schutzes gefährdeter Zeugen (Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz) vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3510) Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für Schweizer Recht Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtssprechungsdienst Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 3.8.1959 (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218) Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Durchführung und Auslegung des am 31.8.1990 in Berlin unterzeichneten Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 18.9.1990 (BGBl. II S. 1239)
XLV
Abkürzungsverzeichnis zust. ZustErgG
ZustG ZustRG
ZustVO
Zuwanderungsgesetz
ZVG
ZWehrR ZWH ZwHeiratBekG
ZZP
XLVI
zustimmend Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Zuständigkeitsergänzungsgesetz) vom 7.8.1952 (BGBl. I S. 407) Gesetz über die Zuständigkeit der Gerichte bei Änderung der Gerichtseinteilung vom 6.12.1933 (RGBl. I S. 1037) Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellung im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz – ZustRG) vom 25.6.2001 (BGBl. I S. 1206) Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften vom 21.2.1940 (RGBl. I S. 405) Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) vom 24.3.1897 i.d.F. der Bek. vom 20.5.1898 (RGBl. S. 369, 713) Zeitschrift für Wehrrecht (1936/37–44) Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften vom 23.6.2011 (BGBl. I S. 1266) Zeitschrift für Zivilprozeß
Literaturverzeichnis Achenbach/Ransiek AE-EV
AE-EuStV AE-StuM
Ahlbrecht/Böhm/Esser/Hugger/ Kirsch/Rosenthal AK
AK-GG AK-StGB AK-StVollzG Albrecht Albrecht (Krim.) Alsberg/Nüse/Meyer Ambos AnwK-StPO AnwK-StGB AnwK-UHaft Arloth Arloth (StVollzG) Aschrott
Bader/Kuntze Barton Barton (Verfahrensg.) Barton (Strafverteidigung) Baumann Baumann/Weber/Mitsch
Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. (2011) Alternativ-Entwurf Reform des Ermittlungsverfahrens (AE-EV); Entwurf eines Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer (2001) Alternativentwurf Europäische Strafverfolgung; hrsg. von Schünemann (2004) Alternativ-Entwurf Strafjustiz und Medien (AE-StuM: Entwurf eines Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer (2004) Ahlbrecht/Böhm/Esser/Hugger/Kirsch/Rosenthal, Internationales Strafrecht in der Praxis (2008) Alternativkommentar zur Strafprozeßordnung, Bd. I (§§ 1 bis 93, 1988), Bd. II 1 (§§ 94 bis 212b, 1992), Bd. II 2 (§§ 213 bis 275, 1993), Bd. III (§§ 276 bis 477, 1996) Alternativkommentar zum Grundgesetz, Bd. I (Art. 1 bis 37, 1989), Bd. II (Art. 38 bis 148, 1989) Alternativkommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. I (§§ 1 bis 21, 1990), Bd. III (§§ 80 bis 145d, 1986) Feest/Lesting, Kommentar zum Strafvollzugsgesetz, AK-StVollzG), 6. Aufl. (2012) Albrecht, Jugendstrafrecht, 3. Aufl. (2000) Albrecht, Kriminologie, 3. Aufl. (2005) Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl. (1983) Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl. (2011) Krekeler/Löffelmann/Sommer, Anwaltkommentar zur Strafprozessordnung 2. Aufl. (2010) Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), AnwaltKommentar StGB (2011) König (Hrsg.), AnwaltKommentar Untersuchungshaft (2011) Arloth, Strafprozeßrecht (1995) Arloth, Strafvollzugsgesetz, 3. Aufl. (2011) Reform des Strafprozesses, kritische Besprechung der von der Kommission für die Reform des Strafprozesses gemachten Vorschläge, hrsg. von Aschrott (1906) Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. (2007) Barton, Mindeststandards der Strafverteidigung (1994) Barton, Verfahrensgerechtigkeit und Zeugenbeweis (2002) Barton, Einführung in die Strafverteidigung (2007) Baumann, Grundbegriffe und Verfahrensprinzipien des Strafprozeßrechts, 3. Aufl. (1979) Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 11. Aufl. (2003)
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Literaturverzeichnis Baumbach/Lauterbach Bechtold Beck/Berr Beck/Bemmann Beling Bender/Nack/Treuer Benfer/Bialon Bente Berz/Burmann Beulke Birkenstock Birkmeyer Bockemühl Bohnert Bohnert (Ordnungsw.) Bohnert (OWiG) Bonn.Komm. Booß Bouska/Laeverenz Böhm/Feuerhelm Böhm (Strafvollzug) Brandstetter Brenner Breyer/Mehle/Osnabrügge/Schaefer von Briel Bringewat Brodag Brunner Brunner/Dölling Bruns/Schröder/Tappert Brüssow/Gatzweiler/Krekeler/Mehle Burchardi/Klempahn/Wetterich
XLVIII
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, 69. Aufl. (2011) GWB, 5. Aufl. (2008) Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 5. Aufl. (2006) Beck/Bemmann, Fälle und Lösungen zur StPO (2004) Beling, Deutsches Reichsstrafprozeßrecht (1928) Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2007) Benfer/Bialon, Rechtseingriffe von Polizei und Staatsanwaltschaft, 4. Aufl. (2010) Bente, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht (2004) Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Loseblattausgabe, 2 Bände (2004) Beulke, Strafprozessrecht, 11. Aufl. (2010) Birkenstock, Verfahrensrügen im Strafprozess – Rechtsprechungssammlung, 2 Bände (2004) Birkmeyer, Deutsches Strafprozeßrecht (1898) Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, hrsg. von Bockemühl, 5. Aufl. (2011) Bohnert, Beschränkungen der strafprozessualen Revision durch Zwischenverfahren (1983) Bohnert, Ordnungswidrigkeitenrecht, 4. Aufl. (2010) Bohnert, Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, 3. Aufl. (2010) Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Loseblattausgabe (ab 1950) Booß, Straßenverkehrsordnung, Kommentar, 11. Aufl. (2002) Bouska/Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, 3. Aufl. (2004) Böhm/Feuerhelm, Einführung in das Jugendstrafrecht, 4. Aufl. (2004) Böhm, Strafvollzug (2003) Brandstetter, Straffreiheitsgesetz, Kommentar (1956) Brenner, Ordnungswidrigkeitenrecht (1996) Breyer/Mehle/Osnabrügge/Schaefer, Strafprozessrecht (2005) von Briel, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. (2001) Bringewat, Strafvollstreckung, Kommentar zu den §§ 449 bis 463d StPO (1993) Brodag, Strafverfahrensrecht, Kurzlehrbuch zum Ermittlungsverfahren, 12. Aufl. (2008) Brunner, Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft, 12. Aufl. (2012) Brunner/Dölling, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 12. Aufl. (2011) Bruns/Schröder/Tappert, Kommentar zum strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (1993) Brüssow/Gatzweiler/Krekeler/Mehle, Strafverteidigung in der Praxis, 4. Aufl. (2007) Burchardi/Klempahn/Wetterich, Der Staatsanwalt und sein Arbeitsgebiet, 5. Aufl. (1982)
Literaturverzeichnis Burhoff (Ermittlungsv.) Burhoff (Hauptv.) Burhoff/Stephan Burmann/Heß/Jahnke/Janker
Calliess/Müller-Dietz Ciolek-Krepold Corstens/Pradel Cramer Cramer/Bürgle Cramer/Cramer Cryer/Friman/Robinson/Wilmshurst Cullen/Jund
Dahs (Hdb.) Dahs (Rechtl. Gehör) Dahs/Dahs Dalcke/Fuhrmann/Schäfer Dallinger/Lackner Dallmayer/Eickmann Delmas-Marty
Delmas-Marty/Vervaele Detter Diemer/Schatz/Sonnen Dölling/Duttge/Rössner Doswald-Beck/Kolb
Dreier Eb. Schmidt
Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl. (2010) Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 6. Aufl. (2010) Burhoff/Stephan, Strafvereitelung durch Strafverteidiger (2008) Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. (2012) Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, Kommentar, 11. Aufl. (2008) Ciolek-Krepold, Durchsuchung und Beschlagnahme in Wirtschaftsstrafsachen (2000) Corstens/Pradel, European Criminal Law (2002) Cramer, Straßenverkehrsrecht StVO – StGB, Kommentar, 2. Aufl. (1977) Cramer/Bürgle, Die strafprozessualen Beweisverwertungsverbote, 2. Aufl. (2004) Cramer/Cramer, Anwalts-Handbuch Strafrecht (2002) Cryer/Friman/Robinson/Wilmshurst, An Introduction to International Criminal Law and Procedure (2010) Cullen/Jund, Strafrechtliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union nach Tampere (2002) Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 7. Aufl. (2005) Dahs, Rechtliches Gehör im Strafverfahren (1963) Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozess, 7. Aufl. (2008) Dalcke/Fuhrmann/Schäfer, Strafrecht und Strafverfahren, Kommentar, 37. Aufl. (1961) Dallinger/Lackner, Jugendgerichtsgesetz und ergänzende Vorschriften, Kommentar, 2. Aufl. (1965) Dallmayer/Eickmann, Rechtspflegergesetz, Kommentar, 31. Aufl. (1996) Delmas-Marty, Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (1998) Delmas-Marty/Verwaele, The Implementation of the Corpus Juris in the Member States, 4 Bände (2001) Detter, Revision im Strafverfahren (2011) Diemer/Schatz/Sonnen, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 6. Aufl. (2011) Dölling/Duttge/Rössner, Gesamtes Strafrecht – Handkommentar, 2. Aufl. (2011) (zit.: HK-GS/Verfasser) Doswald-Beck/Kolb, Judicial Process and Human Rights – United Nations, European, American and African Systems – Texts and summaries of international case law, 2004 Grundgesetz, 2. Aufl. 2008 Eberhard Schmidt, Lehrkommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, Teil I: Die rechtstheoretischen und die rechtspolitischen Grundlagen des Straf-
XLIX
Literaturverzeichnis
Eb. Schmidt (Geschichte) Eb. Schmidt (Kolleg) Eberth/Müller/Schütrumpf Eidam Eisenberg Eisenberg (Beweismittel) Eisenberg (Beweisrecht) Eisenberg (Krim.) Endriß (BtM-Verfahren) Endriß/Malek Engländer Erbs/Kohlhaas Eser Eser/Hassemer/Burkhardt Esser Eyermann Fahl Fehn/Wamers Feisenberger Ferner Feuerich/Weyland Fezer Fischer Franke/Wienroeder Franzen/Gast/Joecks Freyschmidt Fromm Frowein/Peukert
L
verfahrensrechts, 2. Aufl. (1964), Teil II: Erläuterungen zur Strafprozeßordnung und zum Einführungsgesetz (1957), Teil III: Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz und zum Einführungsgesetz (1960), Nachtrag I: Nachträge und Ergänzungen zu Teil II (1967), Nachtrag II: Nachtragsband II (1970) Schmidt, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3. Aufl. (1965) Schmidt, Deutsches Strafprozeßrecht, ein Kolleg (1967) Eberth/Müller/Schütrumpf, Verteidigung in Betäubungsmittelsachen, 5. Aufl. (2009) Eidam, Unternehmen und Strafe, 3. Aufl. (2008) Eisenberg, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, 15. Aufl. (2012) Eisenberg, Persönliche Beweismittel in der StPO, 2. Aufl. (1996) Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Spezialkommentar, 7. Aufl. (2011) Eisenberg, Kriminologie, 6. Aufl. (2005) Endriß, Verteidigung in Betäubungsmittelverfahren (1998) Endriß/Malek, Betäubungsmittelstrafrecht, 3. Aufl. (2008) Engländer, Examensrepetitorium Strafprozessrecht, 5. Aufl. (2011) Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Kurzkommentar, Loseblattausgabe (ab 2004) Eser, Einführung in das Strafprozeßrecht (1983) Eser/Hassemer/Burkhardt, Die deutsche Strafrechtswissenschaft vor der Jahrtausendwende (2000) Esser, Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002) Verwaltungsgerichtsordnung 13. Aufl. (2010) Fahl, Rechtsmißbrauch im Strafprozeß (2004) Fehn/Wamers, ZfdG – Zollfahndungsdienstgesetz – Handkommentar (2003) Feisenberger, Strafprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz (1926) Ferner, Strafzumessung (2005) Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, Kommentar, 8. Aufl. (2012) Fezer, Strafprozeßrecht, 2. Aufl. (1995) Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar, 59. Aufl. (2012) Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl. (2008) Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht mit Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, 7. Aufl. (2009) Freyschmidt, Verteidigung in Straßenverkehrssachen, 9. Aufl. (2009) Fromm, Verteidigung in Straßenverkehrs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren (2011) Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. (2009)
Literaturverzeichnis FS Achenbach FS Adamovich
FS AG Strafrecht DAV FS Amelung FS Androulakis FS Augsburg FS Baudenbacher FS Baumann FS Baumgärtel FS BayVerfGH FS Bemmann FS Bernhardt FS BGH
FS II BGH FS Blau FS Bockelmann FS Böhm FS Böttcher FS Boujong FS BRAK FS Brauneck FS Bruns FS Burgstaller FS Carstens FS Dahs FS Damaska FS Delbrück FS Dencker FS Doehring
Festschrift für Hans Achenbach zum 70. Geburtstag (2011) Staatsrecht und Staatswissenschaften in Zeiten des Wandels – Festschrift für Ludwig Adamovich zum 60. Geburtstag (1992) Strafverteidigung im Rechtsstaat – 25 Jahre Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (2009) Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts – Festschrift für Knut Amelung zum 70. Geburtstag (2009) Festschrift für Nikolaos Androulakis zum 70. Geburtstag (2003) Recht in Europa – Festgabe zum 30-jährigen Bestehen der Juristischen Fakultät Augsburg (2002) Economic law and justice in times of globalisation – Festschrift für Carl Baudenbacher (2007) Festschrift für Jürgen Baumann zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift für Gottfried Baumgärtel zum 70. Geburtstag (1990) Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (1997) Festschrift für Günther Bemmann zum 70. Geburtstag (1997) Recht zwischen Umbruch und Bewahrung – Festschrift für Rudolf Bernhardt (1995) Festschrift aus Anlass des 50-jährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof (2000) 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, hrsg. von Roxin/Widmaier, Bd. IV: Strafrecht (2000) Festschrift für Günter Blau zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag (1979) Festschrift für Alexander Böhm zum 70. Geburtstag (1999) Recht gestalten – dem Recht dienen, Festschrift für Reinhard Böttcher zum 70. Geburtstag (2007) Verantwortung und Gestaltung, Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift zu Ehren des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer (2006) Ehrengabe für Anne-Eva Brauneck (1999) Festschrift für Hans-Jürgen Bruns zum 70. Geburtstag (1978) Festschrift für Manfred Burgstaller zum 65. Geburtstag (2004) Einigkeit und Recht und Freiheit, Festschrift für Karl Carstens zum 70. Geburtstag (1984) Festschrift für Hans Dahs zum 70. Geburtstag (2005) Festschrift für Mirjan Damaska (2008) Liber Amicorum Jost Delbrück (2005) Festschrift für Friedrich Dencker zum 70. Geburtstag (2012) Staat und Völkerrechtsordnung – Festschrift für Karl Doehring; Beiträge zum ausländischen Recht und Völkerrecht Bd. 98 (1989)
LI
Literaturverzeichnis FS Dreher FS Dünnebier FS Eide FS Eisenberg FS Engisch FS Ermacora
FS Eser FS Europa-Institut FS Everling FS Faller FS Fezer FS Fiedler FS Flume FS Friauf FS Friebertshäuser FS Gallas FS Geerds FS Geiger
FS Geiß FS Geppert FS Gollwitzer
FS Gössel FS Graßhoff FS Grünwald FS Grützner FS Hacker FS Hamm FS Hanack FS Hassemer FS Heinitz FS Heldrich FS Helmrich
LII
Festschrift für Eduard Dreher zum 70. Geburtstag (1977) Festschrift für Hanns Dünnebier zum 75. Geburtstag (1982) Human rights and criminal justice for the downtrodden; Essays in honour of Asbjørn Eide (2003) Festschrift für Ulrich Eisenberg zum 70. Geburtstag (2009) Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag (1969) Fortschritt im Bewußtsein der Grund- und Menschenrechte, Festschrift für Felix Ermacora zum 65. Geburtstag (1988) Menschengerechtes Strafrecht, Festschrift für Albin Eser zum 70. Geburtstag (2005) Europäische Integration und Globalisierung, Festschrift zum 60-jährigen Bestehen des Europa-Instituts (2011) Festschrift für Ulrich Everling (1993) Festschrift für Hans Joachim Faller (1984) Festschrift für Gerhard Fezer zum 70. Geburtstag (2008) Verfassung – Völkerrecht – Kulturgüterschutz, Festschrift für Wilfried Fiedler zum 70. Geburtstag (2011) Festgabe für Werner Flume zum 90. Geburtstag (1998) Festschrift für Karl Heinrich Friauf (1996) Festgabe für den Strafverteidiger Dr. Heino Friebertshäuser (1997) Festschrift für Wilhelm Gallas zum 70. Geburtstag (1973) Kriminalistik und Strafrecht, Festschrift für Friedrich Geerds zum 70. Geburtstag (1995) Verantwortlichkeit und Freiheit. Die Verfassung als wertbestimmende Ordnung; Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag (1989) Festschrift für Karlmann Geiß zum 65. Geburtstag (2000) Festschrift für Klaus Geppert zum 70. Geburtstag (2011) Verfassungsrecht – Menschenrechte – Strafrecht, Kolloquium für Dr. Walter Gollwitzer zum 80. Geburtstag (2004) Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag (2002) Der verfasste Rechtsstaat, Festgabe für Karin Graßhoff (1998) Festschrift für Gerald Grünwald zum 70. Geburtstag (1999) Aktuelle Probleme des Internationalen Strafrechts, Festschrift für Heinrich Grützner zum 65. Geburtstag (1970) Wandel durch Beständigkeit, Festschrift für Jens Hacker (1998) Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag (2008) Festschrift für Ernst-Walter Hanack zum 70. Geburtstag (1999) Festschrift für Winfried Hassemer zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift für Ernst Heinitz zum 70. Geburtstag (1972) Festschrift für Andreas Heldrich zum 70. Geburtstag (2005) Für Staat und Recht, Festschrift für Herbert Helmrich zum 60. Geburtstag (1994)
Literaturverzeichnis FS Henkel FS Herzberg FS Heusinger FS Hilger FS Hirsch FS B. Hirsch FS H. J. Hirsch FS Hubmann
FS Huber FS Ismayr FS 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut FS Jakobs FS Jahrreiß FS II Jahrreiß FS Jescheck FS Jung FS JurGes. Berlin FS Kaiser
FS Arthur Kaufmann FS Kern FS Kielwein
FS Klecatsky FS Kleinknecht FS Klug FS Koch FS Kohlmann FS Kralik FS Krause
Grundfragen der gesamten Strafrechtswissenschaft, Festschrift für Heinrich Henkel zum 70. Geburtstag (1974) Strafrecht zwischen System und Telos, Festschrift für Rolf Dietrich Herzberg zum 70. Geburtstag (2008) Ehrengabe für Bruno Heusinger (1968) Datenübermittlungen und Vorermittlungen, Festgabe für Hans Hilger (2003) Berliner Festschrift für Ernst E. Hirsch (1968) Mit Recht für Menschenwürde und Verfassungsstaat, Festgabe für Burkhard Hirsch (2007) Festschrift Hans Joachim Hirsch zum 70. Geburtstag (1999) Beiträge zum Schutz der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Leistung, Festschrift für Heinrich Hubmann zum 70. Geburtstag (1985) Recht als Prozess und Gefüge, Festschrift für Hans Huber zum 80. Geburtstag (1981) Analyse demokratischer Regierungssysteme, Festschrift für Wolfgang Ismayr zum 65. Geburtstag (2010) Festschrift 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut e.V. (2003) Festschrift für Günther Jakobs zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift für Hermann Jahrreiß zum 70. Geburtstag (1964) Festschrift für Hermann Jahrreiß zum 80. Geburtstag (1974) Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Heike Jung zum 65. Geburtstag (2007) Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin (1984) Internationale Perspektiven in Kriminologie und Strafrecht, Festschrift für Günther Kaiser zum 70. Geburtstag (1998) Strafgerechtigkeit, Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag (1993) Tübinger Festschrift für Eduard Kern (1968) Jung/Müller-Dietz (Hrsg.), Dogmatik und Praxis des Strafverfahrens, Beiträge anläßlich des Colloquiums zum 65. Geburtstag von Gerhard Kielwein (1989) Auf dem Weg zur Menschenwürde und Gerechtigkeit, Festschrift für Hans Klecatsky zum 60. Geburtstag (1980) Strafverfahren im Rechtsstaat, Festschrift für Theodor Kleinknecht zum 75. Geburtstag (1985) Festschrift für Ulrich Klug zum 70. Geburtstag (1983) Strafverteidigung und Strafprozeß, Festgabe für Ludwig Koch (1989) Festschrift für Günter Kohlmann zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Winfried Kralik zum 65. Geburtstag (1986) Festschrift für Friedrich-Wihelm Krause zum 70. Geburtstag (1990)
LIII
Literaturverzeichnis FS Krauss
FS Kriele FS Krey FS Kunert FS Küper FS Lackner FS Lampe
FS Lange FS Leferenz FS Lenckner FS Lerche FS Loebenstein FS Loewenstein FS von Lübtow FS Lüderssen FS Machacek und Matscher
FS Maihofer FS Maiwald FS Mangakis FS Manoledakis FS Maurach FS Mayer FS Mehle FS Meyer-Goßner FS Mezger FS Middendorf FS Miebach FS Miklau FS Miyazawa FS Mosler
LIV
Pieth/Seelmann (Hrsg.), Prozessuales Denken als Innovationsanreiz für das materielle Strafrecht, Kolloquium zum 70. Geburtstag von Detlef Krauss (2006) Staatsphilosophie und Rechtspolitik, Festschrift für Martin Kriele zum 65. Geburtstag (1997) Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag (2010) Freiheit, Gesetz und Toleranz, Symposium zum 75. Geburtstag von Karl Heinz Kunert (2006) Festschrift für Wilfried Küper zum 70. Geburtstag (2007) Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag (1987) Jus humanum: Grundlagen des Rechts und Strafrechts, Festschrift für Ernst-Joachim Lampe zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Richard Lange zum 70. Geburtstag (1976) Kriminologie – Psychiatrie – Strafrecht, Festschrift für Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag (1983) Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag (1998) Wege und Verfahren des Verfassungslebens, Festschrift für Peter Lerche zum 65. Geburtstag (1993) Der Rechtsstaat in der Krise – Festschrift für Edwin Loebenstein zum 80. Geburtstag (1991) Festschrift für Karl Loewenstein zum 80. Geburtstag (1971) De iustitia et iure – Festschrift für Ulrich von Lübtow zum 80. Geburtstag (1980) Festschrift für Klaus Lüderssen zum 70. Geburtstag (2002) Rechtsschutz gestern – heute – morgen, Festgabe zum 80. Geburtstag für Rudolf Machacek und Franz Matscher (2008) Festschrift für Werner Maihofer zum 70. Geburtstag (1988) Fragmentarisches Strafrecht, Für Manfred Maiwald aus Anlass seiner Emeritierung (2003) Festschrift für Georgios Mangakis (1999) Festschrift für Ioannis Manoledakis (2005) Festschrift für Reinhard Maurach zum 70. Geburtstag (1972) Beiträge zur gesamten Strafrechtswissenschaft, Festschrift für Hellmuth Mayer zum 70. Geburtstag (1966) Festschrift für Volkmar Mehle zum 65. Geburtstag (2009) Festschrift für Lutz Meyer-Goßner zum 65. Geburtstag (2001) Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag (1954) Festschrift für Wolf Middendorf zum 70. Geburtstag (1986) NStZ-Sonderheft – Zum Eintritt in den Ruhestand für Klaus Miebach (2009) Strafprozessrecht im Wandel, Festschrift für Roland Miklau zum 65. Geburtstag (2006) Festschrift für Koichi Miyazawa (1995) Völkerrecht als Rechtsordnung, Internationale Gerichtsbarkeit, Menschenrechte; Festschrift für Hermann Mosler zum 70. Geburtstag (1983)
Literaturverzeichnis FS E. Müller FS E. Müller II FS Egon Müller FS Müller-Dietz FS Nehm FS Nishihara FS Odersky FS Oehler FS Otto FS Partsch
FS Paulus
FS Peters FS II Peters FS Pfeiffer
FS Pfenniger FS Platzgummer FS Pöttering FS Puppe FS Rebmann FS Reichsgericht
FS Reichsjustizamt
FS Remmers FS Ress FS Richter FS Rieß FS Rill
Opuscula Honoraria, Egon Müller zum 65. Geburtstag (2003) Festschrift für Egon Müller zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift für Egon Müller zum 70. Geburtstag (2008) Grundlagen staatlichen Strafens, Festschrift für Heinz Müller-Dietz zum 70. Geburtstag (2001) Strafrecht und Justizgewährung, Festschrift für Kay Nehm zum 65. Geburtstag (2006) Festschrift für Harua Nishihara zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift für Walter Odersky zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag (1985) Festschrift für Harro Otto zum 70. Geburtstag (2007) Des Menschen Recht zwischen Freiheit und Verantwortung, Festschrift für Karl Josef Partsch zum 75. Geburtstag (1989) Festgabe des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg für Rainer Paulus zum 70. Geburtstag (2009) Einheit und Vielfalt des Strafrechts, Festschrift für Karl Peters zum 70. Geburtstag (1974) Wahrheit und Gerechtigkeit im Strafverfahren, Festgabe für Karl Peters zum 80. Geburtstag (1984) Strafrecht, Unternehmensrecht, Anwaltsrecht, Festschrift für Gerd Pfeiffer zum Abschied aus dem Amt als Präsident des Bundesgerichtshofes (1988) Strafprozeß und Rechtsstaat, Festschrift zum 70. Geburtstag von H. F. Pfenniger (1976) Festschrift für Winfried Platzgummer zum 65. Geburtstag (1995) Processus Criminalis Europeus, Festschrift für Hans-Gert Pöttering (2008) Strafrechtswissenschaft als Analyse und Konstruktion, Festschrift für Ingeborg Puppe zum 70. Geburtstag (2011) Festschrift für Kurt Rebmann zum 65. Geburtstag (1989) Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts, Bd. 5, Strafrecht und Strafprozeß (1929) Vom Reichsjustizamt zum Bundesministerium der Justiz, Festschrift zum 100jährigen Gründungstag des Reichsjustizamtes am 1.1.1877 (1977) Vertrauen in den Rechtsstaat, Beiträge zur deutschen Einheit im Recht, Festschrift für Walter Remmers (1995) Internationale Gemeinschaft und Menschenrechte, Festschrift für Georg Ress zum 70. Geburtstag (2005) Verstehen und Widerstehen, Festschrift für Christian Richter II zum 65. Geburtstag (2006) Festschrift für Peter Rieß zum 70. Geburtstag (2002) Grundfragen und aktuelle Probleme des öffentlichen Rechts – Festschrift für Heinz Peter Rill zum 60. Geburtstag (1995)
LV
Literaturverzeichnis FS Rissing-van Saan FS Rittler FS Rolinski FS Rosenfeld FS Rowedder FS Roxin FS Roxin II FS Rudolphi
FS Rudolphi FS Rüping FS Rüter FS Salger
FS Samson FS Sarstedt FS Sauer FS G. Schäfer FS Schäfer FS Schindler FS Schmidt FS Schlochauer FS Schlüchter
FS H. Schmidt FS Schmidt-Leichner FS Schmitt-Glaeser FS Schneider
FS Schöch FS Schreiber FS Schroeder
LVI
Festschrift für Ruth Rissing-van Saan zum 65. Geburtstag (2011) Festschrift für Theodor Rittler zu seinem achtzigsten Geburtstag (1957) Festschrift für Klaus Rolinski zum 70. Geburtstag (2002) Festschrift für Ernst Heinrich Rosenfeld zu seinem 80. Geburtstag (1949) Festschrift für Heinz Rowedder zum 75. Geburtstag (1994) Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag (2001) Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag (2011) Zur Theorie und Systematik des Strafprozeßrechts, Symposium zu Ehren von Hans-Joachim Rudolphi zum 60. Geburtstag (1995) Festschrift für Hans-Joachim Rudolphi zum 70. Geburtstag (2004) Recht und Macht: zur Theorie und Praxis von Strafe, Festschrift für Hinrich Rüping zum 65. Geburtstag (2008) Festschrift für C. F. Rüter zum 65. Geburtstag (2003) Straf- und Strafverfahrensrecht, Recht und Verkehr, Recht und Medizin, Festschrift für Hannskarl Salger zum Abschied aus dem Amt als Vizepräsident des Bundesgerichtshofes (1995) Festschrift für Erich Samson zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift für Werner Sarstedt zum 70. Geburtstag (1981) Festschrift für Wilhelm Sauer zu seinem 70. Geburtstag (1949) NJW-Sonderheft für Gerhard Schäfer zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift für Karl Schäfer zum 80. Geburtstag (1980) Im Dienst an der Gemeinschaft, Festschrift für Dietrich Schindler zum 65. Geburtstag (1989) Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70. Geburtstag (1961) Staatsrecht-Völkerrecht-Europarecht, Festschrift für Hans Jürgen Schlochauer (1981) Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit, Kritische Studien aus vorwiegend straf(prozess-)rechtlicher Sicht zum 60. Geburtstag von Ellen Schlüchter (1998) Kostenerstattung und Streitwert, Festschrift für Herbert Schmidt (1981) Festschrift für Erich Schmidt-Leichner zum 65. Geburtstag (1975) Recht im Pluralismus, Festschrift für Walter SchmittGlaeser zum 70. Geburtstag (2003) Kriminologie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, Festschrift für Hans Joachim Schneider zum 70. Geburtstag (1998) Festschrift für Heinz Schöch zum 70. Geburtstag (2010) Strafrecht, Biorecht, Rechtsphilosophie, Festschrift für Hans-Ludwig Schreiber zum 70. Geburtstag (2003) Festschrift für Friedrich-Christian Schroeder zum 70. Geburtstag (2006)
Literaturverzeichnis FS Schüler-Springorum FS Schultz FS Schwind
FS Seebode FS Seidl-Hohenveldern
FS Sendler FS Spendel FS Spinellis FS StA Schleswig-Holstein
FS Steinberger FS Stock FS Stöckel FS Strauda
FS Stree/Wessels FS Szwarc FS Tepperwien FS Tiedemann FS Tondorf FS Trechsel FS Triffterer FS Tröndle FS Trusen FS Verdross FS Verdross II FS Verosta FS Volk
Festschrift für Horst Schüler-Springorum zum 65. Geburtstag (1993) Lebendiges Strafrecht. Festgabe zum 65. Geburtstag von Hans Schultz (1977) Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen, Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag (2006) Festschrift für Manfred Seebode zum 70. Geburtstag (2008) Völkerrecht, Recht der Internationalen Organisationen, Weltwirtschaftsrecht; Festschrift für Ignaz Seidl-Hohenveldern zum 70. Geburtstag (1988) Bürger-Richter-Staat, Festschrift für Horst Sendler zum Abschied aus seinem Amt (1991) Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag (1992) Festschrift für Dionysios Spinellis zum 70. Geburtstag (1999–2003) Strafverfolgung und Strafverzicht, Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Staatsanwaltschaft SchleswigHolstein (1992) Tradition und Weltoffenheit des Rechts, Festschrift für Helmut Steinberger (2002) Studien zur Strafrechtswissenschaft, Festgabe für Ulrich Stock zum 70. Geburtstag (1966) Strafrechtspraxis und Reform, Festschrift für Heinz Stöckel zum 70. Geburtstag (2010) Festschrift zu Ehren des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer anlässlich seiner 196. Tagung vom 13.–15.10.2006 in Münster (2006) Beiträge zur Rechtswissenschaft, Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag (1993) Vergleichende Strafrechtswissenschaft, Frankfurter Festschrift für Andrzej J. Szwarc zum 70. Geburtstag (2009) NJW-Festheft zum 65. Geburtstag von Ingeborg Tepperwien (2010) Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Festschrift für Klaus Tiedemann zum 70. Geburtstag (2008) Festschrift für Günter Tondorf zum 70. Geburstag (2004) Strafrecht, Strafprozessrecht und Menschenrechte, Festschrift für Stefan Trechsel zum 65. Geburtstag (2002) Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag (1996) Festschrift für Herbert Tröndle zum 70. Geburtstag (1989) Festschrift für Winfried Trusen zum 70. Geburtstag (1994) Völkerrecht und zeitliches Weltbild, Festschrift für Alfred Verdross zum 70. Geburtstag (1960) Ius humanitas, Festschrift für Alfred Verdross zum 90. Geburtstag (1980) Völkerrecht und Rechtsphilosophie, Internationale Festschrift für Stephan Verosta zum 70. Geburtstag (1980) In dubio pro libertate, Festschrift für Klaus Volk zum 65. Geburtstag (2009)
LVII
Literaturverzeichnis FS von Simson
FS Wassermann FS v. Weber FS Weber FS Weißauer
FS Welp
FS Welzel FS Widmaier
FS Winkler FS Wolff FS Würtenberger FS Würzburger Juristenfakultät FS Zeidler Full/Möhl/Rüth Gaede
Gaier/Wolf/Göcken GedS Bleckmann GedS Blomeyer GedS Blumenwitz GedS Bruns GedS Eckert GedS Geck GedS Heinze GedS A. Kaufmann GedS H. Kaufmann GedS Keller GedS Küchenhoff GedS Meurer GedS Meyer GedS Noll
LVIII
Grundrechtsschutz im nationalen und internationalen Recht – Festschrift für Werner von Simson zum 75. Geburtstag (1983) Festschrift für Rudolf Wassermann zum 60. Geburtstag (1985) Festschrift für Hellmuth von Weber zum 70. Geburtstag (1963) Festschrift für Ulrich Weber zum 70. Geburtstag (2004) Ärztliches Handeln – Verrechtlichung eines Berufsstandes; Festschrift für Walther Weißauer zum 65. Geburtstag (1986) Strafverteidigung in Forschung und Praxis, Kriminalwissenschaftliches Kolloquium aus Anlaß des 70. Geburtstages von Jügen Welp (2006) Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag (1974) Strafverteidigung, Revision und die gesamten Strafrechtswissenschaften – Festschrift für Gunter Widmaier zum 70. Geburtstag (2008) Beiträge zum Verfassungs- und Wirtschaftsrecht, Festschrift für Günther Winkler (1989) Festschrift für Ernst Amadeus Wolff zum 70. Geburtstag (1998) Kultur, Kriminalität, Strafrecht, Festschrift für Thomas Würtenberger zum 70. Geburtstag (1977) Raum und Recht, Festschrift 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät (2002) Festschrift für Wolfgang Zeidler (1987) s. Rüth, Berr, Berz Gaede, Fairness als Teilhabe – das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäß Art. 6 EMRK (2007) Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht (2010) Rechtssstaatliche Ordnung Europas – Gedächtnisschrift für Albert Bleckmann (2007) Recht der Wirtschaft und Arbeit in Europa. Gedächtnisschrift für Wolfgang Blomeyer (2004) Iustitia et Pax, Gedächtnisschrift für Dieter Blumenwitz (2008) Gedächtnisschrift für Rudolf Bruns (1980) Gedächtnisschrift für Jörn Eckert (2008) Verfassungsrecht und Völkerrecht, Gedächtnisschrift für Wilhelm Karl Geck (1989) Gedächtnisschrift für Meinhard Heinze (2005) Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann (1986) Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann (1986) Gedächtnisschrift für Rolf Keller (2003) Recht und Rechtsbesinnung, Gedächtnisschrift für Günter Küchenhoff (1987) Gedächtnisschrift für Dieter Meurer (2002) Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer (1990) Gedächtnisschrift für Peter Noll (1984)
Literaturverzeichnis GedS H. Peters GedS Ryssdal
GedS Schlüchter GedS Schröder GedS Trzaskalik GedS Vogler GedS Zipf Geerds Geiger/Khan/Kotzur Gerland Gerold/Schmidt Glaser
Göbel Göhler
Gössel Gössel/Dölling Götz/Tolzmann Goldschmidt Grabenwarter Grabitz Graf Graf/Jäger/Wittig Graf zu Dohna Greeve/Leipold Grote/Marauhn Grunau/Tiesler Grützner/Pötz/Kreß Guradze Gürtner
Hackner/Lagodny/Schomburg/Wolf Hahn Haller/Conzen Hamm/Hassemer/Pauly
Gedächtnisschrift für Hans Peters (1967) Protection des droits de l’homme: la perspective européenne/ Protecting Human Rights: The European Perspective, Gedächtnisschrift für Rolv Ryssdal (2000) Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter (2002) Gedächtnisschrift für Horst Schröder (1978) Gedächtnisschrift für Christoph Trzaskalik (2005) Gedächtnisschrift für Theo Vogler (2004) Gedächtnisschrift für Heinz Zipf (1999) Handbuch der Kriminalistik, begr. von H. Groß, neubearbeitet von Geerds, 10. Aufl. (Bd. I 1977, Bd. II 1978) Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Kommentar, 5. Aufl. (2010) Gerland, Der Deutsche Strafprozeß (1927) Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 20. Aufl. (2012) Glaser, Handbuch des Strafprozesses, in Binding, Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft (Bd. I 1883, Bd. II 1885) Göbel, Strafprozess, 7. Aufl. (2009) Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, Kurzkommentar erläutert von Erich Göhler, fortgef. von Peter König und Helmut Seitz, 16. Aufl. (2012) Gössel, Strafverfahrensrecht, Studienbuch (1977) Gössel/Dölling, Strafrecht, Besonderer Teil 1, 2. Aufl. (2004) Götz/Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, Kommentar, 4. Aufl. (2000) Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage (1925) Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. (2009) Das Recht der Europäischen Union, begr. von Grabitz, Loseblattausgabe (ab 1999) Graf, BGH-Rechtsprechung Strafrecht 2010 (2011) Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (2011) Graf zu Dohna, Das Strafprozeßrecht, 3. Aufl. (1929) Greeve/Leipold, Handbuch des Baustrafrechts (2004) Grote/Marauhn, EMRK/GG, Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz (2006) Grunau/Tiesler, Strafvollzugsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. (1982) Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, Loseblattausgabe, 3. Aufl. (ab 2008) Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, 1968 Das kommende deutsche Strafverfahren, Bericht der amtlichen Strafprozeßkommission, hrsg. von Gürtner (1938) Hackner/Lagodny/Schomburg/Wolf, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (2003) Hahn, Die gesamten Materialien zur Strafprozeßordnung und dem Einführungsgesetz, Bd. I (1880), Bd. II (1881) Haller/Conzen, Das Strafverfahren, 6. Aufl. (2011) Hamm/Hassemer/Pauly, Beweisantragsrecht, 2. Aufl. (2007)
LIX
Literaturverzeichnis Hamm Hanack-Symp.
Hansens Hartmann Hartung/Römermann/Schons Haupt/Weber/Bürner/Frankfurth/ Luxemburger/Marth HdbVerfR Hecker Heghmanns Heghmanns/Scheffler Hellebrand Hellmann Henkel Henssler/Prütting Hentschel Hentschel/König/Dauer Herrmann Heselhaus/Nowak Herzog/Mülhausen von Hippel HK HK-GS HK-OWiG Hk-VwGO Höflich/Schriever Hofmann von Holtzendorff HRRS-FG Fezer
Ignor/Rixen IK-EMRK Ipsen Isele
LX
Hamm, Die Revision in Strafsachen, 7. Aufl. (2010) Aktuelle Probleme der Strafrechtspflege, Beiträge eines Symposions anläßlich des 60. Geburtstags von Ernst Walter Hanack (1991) Hansens, RVG, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 9. Aufl. (2009) Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. (2011) Hartung/Römermann, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), Praxiskommentar, 2. Aufl. (2006) Haupt/Weber/Bürner/Frankfurth/Luxemburger/Marth, Handbuch Opferschutz und Opferhilfe, 2. Aufl. (2003) Handbuch des Verfassungsrechts, hrsg. von Benda/Maihofer/Vogel, 2. Aufl. (1994) Hecker, Europäisches Strafrecht, 3. Aufl. (2010) Das Arbeitsgebiet des Staatsanwalts, 4. Aufl. (2010) Heghmanns/Scheffler, Handbuch zum Strafverfahren (2008) (zit.: HbStrVf/Verfasser) Hellebrand, Die Staatsanwaltschaft (1999) Hellmann, Strafprozessrecht, 2. Aufl. (2005) Henkel, Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, 2. Aufl. (1968) Bundesrechtsanwaltsordnung, Kommentar, hrsg. von Henssler/Prütting, 3. Aufl. (2009) Fahrverbot – Führerscheinentzug, Band I, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 10. Aufl. (2006) Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. (2011) Herrmann, Untersuchungshaft (2007) Heselhaus/Nowak, Handbuch der Europäischen Grundrechte (2006) Herzog/Mülhausen, Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung (2006) von Hippel, Der deutsche Strafprozeß, Lehrbuch (1941) Heidelberger Kommentar zur Strafprozeßordnung, 4. Aufl. (2009) siehe Dölling/Duttge/Rössner Heidelberger Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, 2. Aufl. (2005) Verwaltungsgerichtsordnung, Handkommentar, hrsg. von Fehling/Kastner/Wahrendorf, 2. Aufl. (2010) Höflich/Schriever, Grundriss Vollzugsrecht, 3. Aufl. (2003) Hofmann, IPBPR Erläuterung, in: Das Deutsche Bundesrecht I A 10c (1986) von Holtzendorff, Handbuch des deutschen Strafprozesses (1879) HRRS-Festgabe für Gerald Fezer zum 70. Geburtstag (2008) Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht, 2. Aufl. (2008) Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004 Isele, Bundesrechtsanwaltsordnung, Kommentar (1976)
Literaturverzeichnis Jacobs/White/Ovey Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge Jahn/Nack Jakobs Janiszewski Janiszewski/Jagow/Burmann Jansen Janssen Jarass Jarass/Pieroth Jescheck/Weigend Jessnitzer/Ulrich Joachimski/Haumer Joecks John Junker Kaiser Kaiser/Schöch Kamann Kammeier Katholnigg Kindhäuser Kindhäuser (StPO) Kinzig Kirsch Kissel/Mayer Klemke/Elbs KK KK-OWiG Klein/Orlopp Klemke/Elbs Klesczewski
Jacobs/White/Ovey, The European Convention on Human Rights, 5. Aufl. 2010 Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen (2011) Jahn/Nack (Hrsg.), Strafprozessrechtspraxis und Rechtswissenschaft, 1. Karlsruher Strafrechtsdialog (2007) Jakobs, Strafrecht Allg. Teil, Lehrbuch, 2. Aufl. (1991) Janiszewski, Verkehrsstrafrecht, 5. Aufl. (2004) Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl. (2008) Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie, 2. Aufl. (2011) Janssen, Gewinnabschöpfung im Strafverfahren (2007) Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010) Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Aufl. (2011) Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (1996) Jessnitzer, Der gerichtliche Sachverständige, Handbuch für die Praxis, 12. Aufl. (2007) Strafverfahrensrecht, 5. Aufl. (2006) Joecks, Studienkommentar StPO, 3. Auflage (2011) John, Strafprozeßordnung, Kommentar, Bd. I (1884), Bd. II (1888), Bd. III Lfg. 1 (1889) Junker, Beweisantragsrecht im Strafprozess (2007) Kaiser, Kriminologie, Lehrbuch, 3. Aufl. (1996) Kaiser/Schöch, Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug, Lehrbuch, 7. Aufl. (2010) Kamann, Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. (2008) Kommentar zum Maßregelvollzugsrecht, hrsg. von Kammeier, 3. Aufl. (2009) Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht, 3. Aufl. (1999) Kindhäuser, Strafgesetzbuch, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. (2009) Kindhäuser, Strafprozessrecht, 2. Aufl. (2010) Kinzig, Die rechtliche Bewältigung von Erscheinungsformen organisierter Kriminalität (2004) Internationale Strafgerichtshöfe, hrsg. von Kirsch (2005) Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Kommentar, 6. Aufl. (2010) Klemke/Elbs, Einführung in die Praxis der Strafverteidigung, 2. Aufl. (2009) Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung, hrsg. von Pfeiffer, 6. Aufl. (2008) Karlsruher Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz, hrsg. von Boujong, 3. Aufl. (2006) Klein, Abgabenordnung, Kommentar, 11. Aufl. (2012) Klemke/Elbs, Einführung in die Praxis der Strafverteidigung (2007) Klesczewski, Strafprozessrecht (2007)
LXI
Literaturverzeichnis KMR
Koch/Scholtz König Koeniger Kopp/Ramsauer Kopp/Schenke Körner/Patzak/Volkmer Kohlmann Kohlrausch Krack Kramer Krause/Nehring Krekeler Krey von Kries Kühne Kunz Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner
Lackner/Kühl Laubenthal Laubenthal/Baier/Nestler Leitner/Michalke Lemke/Mosbacher Lesch von Lilienthal Lisken/Denninger LK Löffler Löffler/Ricker/Weberling LR25
MAH
LXII
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Park Park (Kapitalmarkt) Partsch
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Radtke/Hohmann Randt Ranft Rebmann/Roth/Hermann Rebmann/Uhlig/Pieper Reisert Riedel/Sußbauer Rieß Rode/Legnaro Röttle/Wagner Rolletschke Rolletschke/Kemper
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Roxin/Schünemann Roxin (StrafR) Roxin-Symp.
Roxin (I.) Rönnau Rösch (Jugendrichter) Rösch Rüping Rüth/Berr/Berz Sachs Sack Satzger Satzger (Intern. Strafrecht) Sauer Schäfer Schäfer/Sander/van Gemmeren Schaffstein/Beulke Schellenberg Schenke Schilken Schlüchter Schlothauer/Weider Schlothauer/Weider (Revision) Schmid Schmidt Schmidt (Ausländer) Schmidt (Gewinnabschöpfung) Schmidt-Bleibtreu/Klein
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Schorn/Stanicki Schroeder/Verrel Schröder Schröder (KapitalStR) Schroth Schulz/Berke-Müller/Händel Schünemann-Symp.
Schwind Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal Schwinge Seier Seifert/Hömig Simma/Fastenrath Sieber/Brüner/Satzger/ v. Heintschel-Heinegg SK SK-StGB
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Zipf Zöller
Verfahrenszweige
LXIX
Strafprozeßordnung Vom 1. Februar 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319) SECHSTER ABSCHNITT Hauptverhandlung § 256 (1) Verlesen werden können 1. die ein Zeugnis oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen a) öffentlicher Behörden, b) der Sachverständigen, die für die Erstellung von Gutachten der betreffenden Art allgemein vereidigt sind, sowie c) der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes mit Ausschluss von Leumundszeugnissen, 2. ärztliche Atteste über Körperverletzungen, die nicht zu den schweren gehören, 3. ärztliche Berichte zur Entnahme von Blutproben, 4. Gutachten über die Auswertung eines Fahrtschreibers, die Bestimmung der Blutgruppe oder des Blutalkoholgehalts einschließlich seiner Rückrechnung und 5. Protokolle sowie in einer Urkunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben. (2) Ist das Gutachten einer kollegialen Fachbehörde eingeholt worden, so kann das Gericht die Behörde ersuchen, eines ihrer Mitglieder mit der Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhandlung zu beauftragen und dem Gericht zu bezeichnen. Schrifttum Ahlf Zur Ablehnung des Vertreters von Behördengutachten durch den Beschuldigten im Strafverfahren, MDR 1978 981; Dostmann Die Rechtsstellung des Kriminalbeamten (beim Landeskriminalamt) als Sachverständiger im Strafverfahren unter besonderer Berücksichtigung dienstrechtlicher Vorschriften (dargestellt am Beispiel des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz), DVBl. 1974 153; Gollwitzer Behördengutachten in der Hauptverhandlung des Strafprozesses, FS Weißauer 23; Gössel Behörden und Behördenangehörige als Sachverständige vor Gericht, DRiZ 1980 363; Hanack Zum Problem der persönlichen Gutachterpflicht, insbesondere in Kliniken, NJW 1961 2041; Jessnitzer Gerichtliche Sachverständigengutachten von privaten Organisationen, NJW 1971 1075; Jessnitzer/Ulrich Der gerichtliche Sachverständige12 (2007); Kintzi Möglichkeiten zur Vereinfachung und Beschleunigung von Strafverfahren de lege ferenda, DRiZ 1994 325; Leineweber Die Rechtsstellung der Polizeibediensteten als Sachverständige vor Gericht, MDR 1980 7; Rogall Behördengutachten im Strafverfahren, FS Gössel 511; Schnellbach Sachverständigengutachten kollegialer
Carl-Friedrich Stuckenberg
1
§ 256
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Fachbehörden im Prozeß, Diss. Marburg 1964; Seyler Das Behördengutachten im Strafprozeß, GA 1989 546; Stein Persönliche Gutachterpflicht eines Klinikleiters, NJW 1969 2304; Steinke Sachverständige und Vertreter von Behördengutachten im Strafprozeß, Zeitschrift für das gesamte Sachverständigenwesen 1983 129; Toepel Grundstrukturen des Sachverständigenbeweises im Strafprozeß (2002).
Entstehungsgeschichte. Art. 1 Nr. 75 des 1. StVRG hat Absatz 1 erweitert und in Satz 1 die Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes den Behörden gleichgestellt sowie einen Satz 2 neu eingefügt, der die Verlesbarkeit auf einige für die Praxis besonders wichtige Schriftstücke (heute Abs. 1 Nr. 3 und 4) ausdehnt. Art. 3 Nr. 13 des 1. JuMoG hat zwecks besserer Verständlichkeit die beiden Sätze des Absatzes 1 durch eine nummerierte Liste ersetzt und diese um die Gutachten vereidigter Sachverständiger (Nr. 1b) und die Protokolle über Ermittlungshandlungen (Nr. 5) erweitert. Bezeichnung bis 1924: § 255.
Übersicht Rn. I. Bedeutung und Anwendungsbereich der Vorschrift 1. Ausnahmen vom Verleseverbot (Absatz 1) . . . . . . . . . . . . . . a) Begründung und Vereinbarkeit mit der Aufklärungspflicht . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . 2. Gutachten von Kollegialbehörden (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . .
.
1
. .
2 9
.
10
II. Die einzelnen Fälle des Absatzes 1 1. Zeugnisse und Gutachten von Behörden, Sachverständigen, Gerichtsärzten (Nr. 1) a) Begriff des Zeugnisses . . . . . . . b) Begriff des Gutachtens . . . . . . . c) Ausnahme: Leumundszeugnisse . . aa) Grundsätzliches . . . . . . . . bb) Einzelfälle . . . . . . . . . . . 2. Erklärungen öffentlicher Behörden (Nr. 1a) a) Begriff der öffentlichen Behörde . . b) Verlesbare Erklärung . . . . . . . . c) Behördenzeugnis . . . . . . . . . . d) Behördengutachten . . . . . . . . e) Formfragen . . . . . . . . . . . . 3. Erklärungen vereidigter Sachverständiger (Nr. 1b) . . . . . . . . . . 4. Erklärungen der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes (Nr. 1c) . . . . . .
11 12 13 14 18
21 28 33 37 40 42
Rn. 5. Ärztliche Atteste über Körperverletzungen (Nr. 2) a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenstand des Attestes . . . . . c) Zusätzliche Angaben . . . . . . . d) Vorlage des Attestes . . . . . . . 6. Ärztliche Berichte zur Entnahme der Blutprobe (Nr. 3) . . . . . . . . . . 7. Sonstige Routinegutachten (Nr. 4) . 8. Protokolle und Erklärungen über Ermittlungshandlungen (Nr. 5) . . .
. . . .
45 46 49 51
. .
52 53
.
56
III. Sonstige Verfahrensfragen 1. Anordnung der Verlesung . . . . . . . 2. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . . 3. Einwirkung allgemeiner Beweisgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
IV. Vertretung des Gutachtens einer kollegialen Fachbehörde (Absatz 2) 1. Voraussetzung . . . . . . . . . . . 2. Ersuchen des Gerichts . . . . . . . . 3. Der Beauftragte des Kollegiums . . . 4. Monokratisch organisierte Behörden
. . . .
64 65 69 70
V. Revision 1. Verstoß gegen §§ 250, 256 . . . . . . 2. § 261 . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verletzung der Aufklärungspflicht . .
71 72 73
59 61
43
I. Bedeutung und Anwendungsbereich der Vorschrift 1
Die Vorschrift enthält zwei sachlich nur entfernt zusammengehörende Regelungen, die beide in unterschiedlicher Weise der Verfahrenserleichterung dienen. Im Strengbeweisrecht erlaubt Absatz 1 eine weitere Durchbrechung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit, indem er den Kreis der in § 251 geregelten Ausnahmen vom Verle-
2
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 256
sungsverbot des § 250 um bestimmte schriftliche Erklärungen erweitert. Die Hauptverhandlung soll durch Verzicht auf Ladung und Vernehmung von Zeugen oder Anhörung von Sachverständigen vereinfacht und beschleunigt werden, was zugleich die betroffenen Zeugen und Sachverständigen entlastet und ihnen Zeit und Kosten erspart. Absatz 2 ergänzt § 83 Abs. 3 und gestattet kollegial organisierten Behörden die mündliche Erläuterung eines verlesenen Behördengutachtens in der Hauptverhandlung durch einen Vertreter anstelle des gesamten Kollegiums. 1. Ausnahmen vom Verleseverbot (Absatz 1). Die in Absatz 1 genannten Beweismittel 2 (Gutachten und Zeugnisse) werden durch Verlesen oder im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 in die mündliche Verhandlung eingeführt, auch wenn die Voraussetzungen des § 251 nicht vorliegen. Die Verfasser brauchen nicht als Zeugen oder Sachverständige in der Hauptverhandlung persönlich gehört zu werden. Der Form nach handelt es sich daher um Urkundenbeweis,1 der an die Stelle des Zeugen- oder Sachverständigenbeweises tritt. a) Begründung. Absatz 1 enthält eine Kann-Regelung, die die Aufklärungspflicht des 3 Gerichts nicht vermindert. Die Ausnahme vom Verleseverbot des § 250 ist daher nur gerechtfertigt, wenn der Zweck der Verfahrenserleichterung bei gleichzeitiger vollständiger Erfüllung der Aufklärungspflicht aus § 244 Abs. 2 und damit des verfassungsrechtlichen Gebots der Verwendung des bestmöglichen Beweismittels2 erreicht werden kann. Dies ist nur möglich, wenn das Verlesen der Urkunde kein Beweismittel geringerer Qualität im Vergleich zur Zeugenvernehmung oder mündlichen Gutachtenerstattung darstellt. Dies trifft nur für solche schriftlichen Erklärungen zu, bei denen weitere Nachfragen zur Aufklärung und Beurteilung des Beweiswerts nicht erforderlich oder nicht ergiebig sind. Bei Sachverständigengutachten müssen folglich Sachkunde, Richtigkeit, Vollständigkeit und Klarheit außer Zweifel stehen, bei Zeugnissen über Wahrnehmungen müssen Glaubhaftigkeit der Bekundung und Glaubwürdigkeit des Zeugen abschließend beurteilbar sein, was regelmäßig ebenso nur dann der Fall sein dürfte, wenn sie unzweifelhaft feststehen. Der Gesetzgeber hat Fallgruppen aufgezählt, in denen Verfasser oder Gegenstand der 4 Erklärung eine hohe Beweisqualität der Urkunde und damit einen Verzicht auf die mündliche Beweiserhebung nahelegen. Das dem Gericht von Absatz 1 eingeräumte Ermessen, ob es diese Möglichkeit nutzen will, wird durch die Aufklärungspflicht begrenzt. Das Gericht darf sich also nicht mit dem Verlesen der Erklärungen begnügen, wenn die Umstände des Einzelfalls darauf hindeuten, dass die persönliche Vernehmung des Urhebers in der Hauptverhandlung zur besseren Sachaufklärung beitragen kann.3 Dies gilt insbesondere, wenn die schriftlichen Ausführungen unklar oder missverständlich sind,
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RGSt 1 383; BGHSt 1 94, 96; BGH NStZ 1993 397; AK/Rüping 1; Meyer-Goßner 1; Ahlf MDR 1978 982; Alsberg/Nüse/Meyer 300; Dästner MDR 1979 546; Gössel § 27 D II d; Gössel DRiZ 1980 373; Hanack NJW 1961 2041; Jessnitzer/Ulrich 87; Rogall FS Gössel 511, 521; a.A. Hegler Rechtsgang I 385; Schnellbach 68 (Sachverständigenbeweis). Vgl. nur BVerfGE 57 250, 277; 63 45, 61;
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70 297, 309; BVerfG NJW 2003 2444, 2445; 2007 1933, 1938; BGHSt 46 73, 79; 50 40, 48; OLG Düsseldorf StV 2007 518 f. BTDrucks. 7 551 S. 81; BGHSt 1 94; BGH NStZ 1993 397; bei Pfeiffer NStZ 1981 95; BayObLGSt 1952 228 = NJW 1963 194; BayObLGSt 2001 157, 160 = StV 2002 646; Alsberg/Nüse/Meyer 300; KK/Diemer 10; KMR/Paulus 3; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 17 f.; Eb. Schmidt 2.
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wenn konkret begründete Zweifel, auch aufgrund in der Hauptverhandlung veränderter oder neu eingetretener Umstände, an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der verlesenen Erklärung geltend gemacht werden4 oder wenn ein Sachverständiger sein Gutachten nur unter dem Eindruck der Hauptverhandlung sachgerecht erstatten kann (RiStBV Nr. 111 Abs. 3 Satz 2 2. Hs). In allen Fällen des § 256 besteht zudem die Gefahr, dass die scheinbare Autorität des schriftlichen Textes erörterungsbedürftige Fragen verdeckt, die bei Befragung der Beweisperson erkannt worden wären.5 Die Ausnahmevorschrift ist daher eng auszulegen,6 bedarf behutsamer Handhabung und stellt besondere Anforderungen an die kritische Aufmerksamkeit sowohl des Gerichts als auch der Verteidigung, auf dass die Prozessökonomie nicht zu Lasten der Qualität der Beweisführung gehe, deren Gewährleistung nicht allein vom Geschick der Verteidigung, die nötigen Beweisanträge zu stellen, abhängen darf. Die Fallgruppen umfassen schriftliche Erklärungen von Behörden, vereidigten Sach5 verständigen und Ärzten eines gerichtsärztlichen Dienstes (Abs. 1 Nr. 1), bei denen die Verlesbarkeit nicht vom Inhalt der Erklärung – etwa vom Inhalt des Attestes – abhängt,7 mit der einzigen Einschränkung, dass es sich nicht um ein Leumundszeugnis handeln darf. Bei den übrigen in Absatz 1 erwähnten Erklärungen ist dagegen ihr Inhalt maßgebend. Nur soweit die in Absatz 1 Nr. 2 bis 5 genannten Schriftstücke den dort bezeichneten Inhalt haben, kann ihre Verlesung die Vernehmung ihres Urhebers in der Hauptverhandlung ersetzen. Als wesentliche – allerdings nicht zweifelsfreie8 – Begründung der Fallgruppen gilt 6 heute,9 dass bei öffentlichen Behörden und Ärzten des gerichtsärztlichen Dienstes sowie einfachen ärztlichen Attesten (Abs. 1 Satz 1 a.F.; Abs. 1 Nr. 1a, 1c, 2 n.F.) sowohl die gutachterliche Sachkunde als auch die Objektivität schriftlich bezeugter Wahrnehmungen und daraus gezogener Schlussfolgerungen aufgrund der Fachkunde und Erfahrung der zur Unparteilichkeit verpflichteten Behörde oder der berufsrechtlich verpflichteten Ärzte hinreichend gewährleistet erscheint,10 so dass Nachfragen, die eine mündliche Beweiserhebung erforderten, regelmäßig nicht zu erwarten sind. Der Ausschluss von Leumundszeugnissen beruht darauf, dass es sich um subjektive Werturteile handelt (Rn. 13 f.), und ist daher folgerichtig. Die Ergänzung der Vorschrift um bestimmte Arten von Routinegutachten (Abs. 1 Satz 2 a.F.; Abs. 1 Nr. 3, 4 n.F.) durch das 1. StVRG beruht darauf, dass es sich um standardisierte technische Verfahren handelt, die eine hohe Beweisqualität gewährleisten. Hinzu tritt der Gesichtspunkt, dass in diesen Fällen der Gutachter in der Hauptverhandlung ohnehin in der Regel kaum mehr bekunden kann als das, was als Ergebnis der Untersuchungen bereits schriftlich festgelegt ist, so dass Nachfragen weder nötig noch ergiebig wären.11 In all diesen Fällen erfordert die Pflicht zur erschöpfenden 4
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BGH NStZ 1993 397; BayObLGSt 2001 157, 160 = StV 2002 646; OLG Schleswig SchlHA 1978 88. Anschaulich Neuhaus StV 2005 47, 52; auch Knauer/Wolf NJW 2004 2932, 2936. Geppert FS von Lübtow 773, 780. RG DRiZ 1931 Nr. 707; BGH VRS 48 (1975) 209. Erwägenswerte Kritik an der Rechtfertigung mit der besonderen Objektivität der Behörden bei Eisenberg (Beweisrecht) 1504; Seyler GA 1989 546, 559; HK/Julius 1; SK/Velten 4 ff.; s.a. Rogall FS Gössel 511, 512 f.
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Die Motive des Entwurfs hielten hingegen die Verlesung behördlichen Urkunden allein deshalb für geboten, weil Behörden, die nicht nur aus einem Beamten bestehen, als solche überhaupt nicht mündlich vernommen werden könnten, Hahn 195; vgl. Rogall FS Gössel 511, 515 m.w.N. OLG Koblenz NJW 1984 2424; Ahlf MDR 1978 982; Alsberg/Nüse/Meyer 295; KMR/ Paulus 2; Meyer-Goßner 1; Eb. Schmidt 1. SK/Velten 6; Kintzi DRiZ 1994 325, 331 („Farce“).
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Sachaufklärung in der Regel – ob diese Regelannahme zutrifft, muss das Gericht im Einzelfall freilich prüfen (Rn. 4) – nicht die persönliche Einvernahme des Verfassers in der Hauptverhandlung. Es dient der Prozesswirtschaftlichkeit und der Verfahrensbeschleunigung und entspricht dem Bedürfnis der Praxis,12 die Verlesung zuzulassen. Das uneingeschränkte Festhalten am Unmittelbarkeitsgrundsatz würde in Fällen, wo kein Gewinn für die Sachaufklärung ersichtlich ist, wegen der anderweitigen Verpflichtungen der Gutachter und Zeugen nur die Terminierung der Hauptverhandlung erschweren, ihre Durchführung verzögern und diese Beweispersonen nutzlos ihren anderen Aufgaben entziehen13 und unnötige Kosten verursachen.14 Die Sachautorität der vereidigten privaten Sachverständigen hat der Gesetzgeber des 7 1. JuMoG aufgrund des mittlerweile, anders als noch zu Zeiten der Schaffung der Norm, hoch entwickelten Sachverständigenwesens als so hoch angesehen, dass sie der der Behörden gleichzustellen sei (Abs. 1 Nr. 1b n.F.).15 So plausibel dies einerseits ist, so weckt andererseits die zunehmende Durchlöcherung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes Bedenken, weil sich dadurch die oben (Rn. 4 a.E.) beschriebene Gefahr vergrößert, da auch bei unbezweifelbarem Sachverstand jedes Gutachten eine Interpretation von Daten und Erfahrungssätzen aufgrund bestimmter Hintergrundannahmen darstellt16 und in vielfältiger Weise anfechtbarer sein kann als ein verlesener Text erkennen lässt.17 Protokolle und Vermerke über Routinevorgänge der Ermittlungsbehörden mit der aus- 8 drücklichen Ausnahme von Vernehmungsprotokollen hat das 1. JuMoG ebenfalls für verlesbar erklärt (Abs. 1 Nr. 5) mit der Begründung, dass wie in den übrigen Fällen die Objektivität der schriftlichen Fixierung der Wahrnehmungen gewährleistet sei und zudem der Verfasser mündlich kaum mehr bekunden könne als das, was schriftlich festgehalten sei.18 Dies hat berechtigte Kritik hervorgerufen, weil aufgrund des Strafverfolgungsinteresses von Polizei und Staatsanwaltschaft keine „strikte Neutralität erwartet werden“ kann,19 mithin die Objektivität der Ermittlungsbehörden trotz § 160 Abs. 2 gerade nicht im gleichen Maße gewährleistet erscheint wie die am Verfahren unbeteiligter Behörden.20 Vor der Gesetzesänderung bestand Einigkeit darüber, dass Erklärungen von mit derselben Sache befassten Strafverfolgungsbehörden, obschon vom Wortlaut erfasst (Abs. 1 Satz 1 a.F.; Abs. 1 Nr. 1a n.F.), nicht nach § 256 verlesen werden dürften,21 um das System der §§ 250 ff. nicht außer Kraft zu setzen; dies gilt jetzt nur noch für Verneh-
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Begr. zum RegE des 1. StVRG, BTDrucks. 7 551 S. 81. RGSt 14 6; KK/Diemer 1; Eb. Schmidt 1; Leineweber MDR 1980 7; Schneidewin JR 1951 486. Vgl. auch Seyler GA 1989 546, 559; HK/Julius 1. Hahn 196; Begr. zum RegE des 1. JuMoG, BRDrucks. 378/03 S. 60 f. = BTDrucks. 15 1508 S. 26. Begr. zum RegE des 1. JuMoG, BTDrucks. 15 1508 S. 26. Eingehend Toepel 63 ff., 169 ff., zusf. 389. Krit. daher SK/Velten 8 f., 13 ff.; Neuhaus StV 2005 47, 52; Knauer/Wolf NJW 2004 2932, 2936; Knierim/Rettenmaier StV 2006 155, 156; Sommer StraFo 2004 295, 297 f. Für unbeschränkte Verlesbarkeit hingegen Dölp ZRP 2004 235, 237.
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Begr. zum RegE des 1. JuMoG, BTDrucks. 15 1508 S. 26; vgl. schon Kintzi DRiZ 1994 325, 331. BVerfGE 103 142, 154; vgl. Meyer-Goßner 1; SK/Velten 10, 16; Kerner/Trüg FS Weber 457, 472. Meyer-Goßner 1; Knauer/Wolf NJW 2004 2932, 2936; Knierim/Rettenmaier StV 2006 155, 156; Neuhaus StV 2005 47, 52; Sommer StraFo 2004 295, 298 = AnwBl. 2004 506, 507 f. RGSt 2 301; 37 212; BGH NStZ 1982 79; 1988 420; 1995 143; BayObLG StV 2000 9; AK/Rüping 11; KK/Diemer 2, 5; KMR/ Paulus 12; LR/Gollwitzer 25 5, 17, 22 m.w.N.; Meyer-Goßner 47 8; SK/Velten 21; Eb. Schmidt 4; G. Schäfer 779.
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mungsprotokolle. Auch bisher war aber eine Verlesung bei allseitigem Einverständnis nach § 251 Abs. 2 Satz 1 a.F. (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 n.F.) zulässig, weshalb die Notwendigkeit und Tauglichkeit der Gesetzesergänzung zweifelhaft ist.22 Zwar erscheint zutreffend, dass eine mündliche Äußerung dann keine höhere Beweisqualität als die schriftliche Aufzeichnung aufweist, wenn der als Zeuge vernommene Beamte bei Routinevorgängen, die in großer Zahl anfallen oder sich auf technische Messverfahren beschränken, seine Erinnerung nur noch auf die schriftliche Aufzeichnung stützen kann, so dass auch erforderliche Nachfragen unergiebig blieben; hier mag die Verlesung der schriftlichen Aufzeichnung sogar das zuverlässigere Beweismittel sein.23 Anders als die Routinegutachten der Nr. 3 und 4 haben die Protokolle und Erklärungen über Ermittlungshandlungen aber keinen klar definierten Inhalt, so dass stets genau zu prüfen ist, ob die dem Gesetz zugrundeliegende Regelannahme, dass die Aufklärungspflicht keine Nachfragen gebiete oder diese unergiebig blieben, im Einzelfall zutrifft.24 Von Abs. 1 Nr. 5 sollte daher nur zurückhaltender Gebrauch gemacht werden.
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b) Anwendungsbereich. Für fernmündliche Erklärungen im Strafverfahren gilt Absatz 1 nicht.25 § 420 Abs. 1 bis 3 erweitert für das beschleunigte Verfahren und für das Verfahren nach vorangegangenem Strafbefehl (§ 411 Abs. 2) die Verlesbarkeit. Nach § 420 Abs. 2, 3 dürfen bei Zustimmung des in der Hauptverhandlung anwesenden Angeklagten, Verteidigers und Staatsanwalts Erklärungen von Behörden und sonstige Stellen über ihre dienstlichen Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse sowie über diejenigen ihrer Angehörigen auch dann verlesen werden, wenn die Voraussetzungen des § 256 nicht vorliegen. Eine gleichartige Regelung für das Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten enthält § 77a OWiG, der darüber hinaus auch gestattet, dass das Gericht eine behördliche Erklärung fernmündlich einholt und deren wesentlichen Inhalt in der Hauptverhandlung bekanntgibt (§ 77a Abs. 3 OWiG). Die Anforderung eines nach § 256 StPO i.V.m. § 71 OWiG verlesbaren Schriftstücks unterbricht nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 OWiG die Verjährung, da sie an die Stelle der Anordnung oder Durchführung einer Zeugenvernehmung tritt.26
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2. Gutachten von Kollegialbehörden (Absatz 2). Während bei monokratisch organisierten Behörden ihr Leiter und die von ihm generell oder im Einzelfall beauftragten Personen die Behörde nach außen vertreten, kann bei Kollegialbehörden nur das Kollegium in seiner Gesamtheit dazu befugt sein. Vor allem die Erstattung eines Behördengutachtens kann dem Kollegium vorbehalten sein, wie etwa bei Gutachterausschüssen.27 Absatz 2 soll eine erforderliche mündliche Erläuterung des Gutachtens dadurch erleichtern, dass es dazu nicht aller Mitglieder des die Behörde vertretenden Kollegiums bedarf, sondern schon ein Mitglied genügt.
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Zutr. Neuhaus StV 2005 47, 52; eine Effizienzsteigerung bezweifeln Knauer/Wolf NJW 2004 2932, 2936; Sommer StraFo 2004 295, 298 angesichts zu erwartender Beweisanträge. So BGH NStZ 2008 529 = StV 2008 506 für einen Vermerk über Datum und Uhrzeit der Anzeigeerstattung; auch KK/Diemer 9a. OLG Stuttgart NStZ-RR 2007 382, 385 = VRS 113 (2007) 124, 131. OLG Karlsruhe MDR 1976 247; LR/Sander/ Cirener § 250, 37.
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OLG Brandenburg NStZ-RR 1999 279 f. Gutachterausschüsse mit Behördeneigenschaft gibt es in den verschiedensten Formen; vgl. etwa OLG Nürnberg NJW 1967 401 (Vorstand der Patentanwaltskammer) oder Gutachterausschüsse nach § 192 BauGB; zu den vor allem im Zivilprozess strittigen Fragen vgl. etwa BGHZ 62 93 und die Kommentare zu §§ 402 ff. ZPO.
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II. Die einzelnen Fälle des Absatzes 1 1. Zeugnisse und Gutachten von Behörden, Sachverständigen, Gerichtsärzten (Nr. 1) a) Begriff des Zeugnisses. Das Zeugnis, dessen Verlesung der § 256 zulässt, ist be- 11 grifflich verschieden von dem Zeugnis, das der 6. Abschnitt des Ersten Buchs regelt. Der Unterschied ergibt sich daraus, dass als Zeuge i.S. des letztgenannten Abschnitts jemand anzusehen ist, der im Verfahren über seine eigene Wahrnehmung aussagen soll, und dass er – wenigstens in der Regel – nicht durch andere Zeugen oder andere Beweismittel ersetzbar ist.28 Beim Zeugnis einer Behörde braucht derjenige, der es ausstellt, mit dem Wahrnehmenden nicht identisch zu sein. Andererseits muss er aber befugt sein, die im Zeugnis liegende Erklärung über deren amtliche Erkenntnisse nach außen für die Behörde abzugeben.29 Der Übergang zum Gutachten ist fließend, was aber für die Verlesbarkeit nach § 256 keine Rolle spielt. Bei allgemein vereidigten privaten Sachverständigen und Gerichtsärzten kommen hingegen entgegen dem Wortlaut nur sachverständige Äußerungen, nicht Erklärungen über sonstige Wahrnehmungen (vgl. § 85), in Betracht,30 weil weder ein gesetzgeberischer Wille noch ein sachlicher Grund ersichtlich sind, die §§ 251 ff. auch insoweit (vgl. Rn. 34) zu durchbrechen. b) Gutachten sind Äußerungen, die auf Grund besonderer Sachkunde oder Fach- 12 kenntnisse unter Verantwortung der Behörde in deren Namen von einer dazu befugten Person, von einem allgemein verteidigten Sachverständigen oder Gerichtsarzt abgegeben werden.31 Verlesbar sind auch die im Gutachten mitgeteilten Befundtatsachen. Soweit das Gutachten Zusatztatsachen enthält, kann es zugleich ein amtliches Zeugnis sein, das ebenfalls nach § 256 verlesen werden darf;32 andernfalls muss der Behördenbedienstete, der die Tatsache wahrgenommen hat, als Zeuge vernommen werden. c) Ausnahme: Leumundszeugnisse. Entgegen der missverständlichen Fassung durch das 13 1. JuMoG bezieht sich das Verbot der Verlesung von Leumundszeugnissen auf die gesamte Nr. 1 des Absatzes 1.33 In den Fällen der Nr. 2 bis 4 können Leumundszeugnisse nicht begegnen, ebenso wenig34 in der neuen Nr. 5. Die Verlesung behördlicher Leumundszeugnisse ist daher nach wie vor schlechthin unstatthaft (Beweisverbot), ganz gleich, ob es den Angeklagten, einen Zeugen oder einen Dritten betrifft,35 ob eine eigene oder fremde Meinung wiedergegeben wird 36 und ob die Verfahrensbeteiligten damit einverstanden sind.37 Damit sollte der Gefahr vorgebeugt werden, dass Behörden derartige Zeugnisse auf Grund subjektiver Eindrücke erstellen und dass die Laienrichter durch derartige Äußerungen über Gebühr beeindruckt werden.38 Soweit es auf personelle Wertungen
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RGSt 47 105; vgl. Vor § 48, 3 ff.; Alsberg/ Nüse/Meyer 301. Vgl. Rn. 28, 33. Meyer-Goßner 5. Zum Begriff des Gutachtens vgl. Vor § 72, 7 ff. BGH bei Dallinger MDR 1955 397; OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; Alsberg/Nüse/ Meyer 302; Leineweber MDR 1980 9; KMR/Paulus 15; KK/Diemer 2; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 20. Meyer-Goßner 7.
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Erwägend aber Meyer-Goßner 10. RGSt 30 439; 41 429; RG GA 38 (1891) 328; KK/Diemer 7; Meyer-Goßner 8; SK/Velten 26. Alsberg/Nüse/Meyer 303; Meyer-Goßner 8; a.A. Hartung ZStW 50 (1930) 224. RG HRR 1936 Nr. 856; Alsberg/Nüse/Meyer 305; KMR/Paulus 14; Meyer-Goßner 7. Hahn 196; 870; BayObLG 17.5.1999 – 1 St RR 95/99; vgl. AK/Rüping 12 (subjektive Wertungen generell wenig zuverlässig).
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ankommt, muss sich das Gericht hierüber unbeeinflusst von der Ansicht anderer selbst eine Meinung bilden.39 Leumundszeugnisse können von Sympathie oder Antipathie ihres Verfassers gefärbt sein, eine Fehlerquelle, die bei Verlesen weit schwerer erkennbar ist als bei dessen persönlichen Einvernahme als Zeugen.40 Dieses Verbot des Urkundenbeweises musste bei § 256 besonders ausgesprochen werden. Bei privaten Leumundszeugnissen steht § 250 Satz 2 in der Regel ebenfalls der Verlesung entgegen, sofern nicht § 251 Abs. 1 eine Ausnahme zulässt.41 Der Beweis über den Leumund eines Menschen kann nur durch Vernehmung von Zeugen über ihre Wahrnehmung der dafür maßgebenden Tatsachen erhoben werden. Aber auch beim Leumundszeugnis sind die zu beweisenden Tatsachen nicht die Glaubwürdigkeit oder andere innere Eigenschaften eines Menschen, sondern äußere Vorgänge, aus denen sich das Gericht selbst ein Urteil über jene Eigenschaften bilden kann.42
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aa) Grundsätzliches. Unter Leumund ist nicht ausschließlich der gute oder schlechte Ruf zu verstehen, der einem Menschen nach einem in weiten Kreisen verbreiteten, auf sein Verhalten und bestimmte Vorkommnisse gestützten Urteil zukommt, sondern jedes Werturteil über einen anderen, durch das sein Charakter und seine sittlichen Eigenschaften eingeschätzt werden. Unerheblich ist, ob diese Beurteilung die Meinung eines größeren oder kleineren Personenkreises ist oder die Ansicht einzelner Personen, namentlich solcher, die berufen sind, ein Urteil abzugeben.43 Sind einzelne Tatsachen und nicht der Leumund als solcher Gegenstand der Er15 klärung, so greift das Verbot des § 256 nicht ein, auch wenn die Tatsachen als solche geeignet sind, Schlüsse auf den Leumund zuzulassen.44 Ausnahmen vom Verbot der Verlesung finden nur insofern statt, als eine Schrift, die 16 den Gegenstand der Untersuchung verkörpert, auch dann, wenn sie sich als Leumundszeugnis darstellt, verlesen werden darf;45 auch beim Vortrag eines in einer Strafsache oder einem bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteils ist eine in diesem wiedergegebene Würdigung von der Verlesung nicht ausgeschlossen.46 Im Übrigen muss, wenn ein Teil einer zur Verlesung kommenden Schrift ein Leumundszeugnis ist, von der Verlesung dieses Teils abgesehen werden.47 Dies setzt aber voraus, dass der verlesbare Teil aus sich heraus verständlich ist und keinen Rückgriff auf den Inhalt der nicht verlesenen Aussage über den Leumund erfordert. Ist die Verlesung unstatthaft, so darf der Vorsitzende den Inhalt eines Leumundszeug17 nisses auch nicht auf andere Weise bekanntgeben. Insbesondere kann ein formfreier Vorhalt nicht dazu gebraucht werden, um das Verwertungsverbot zu umgehen und dem
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BayObLG 17.5.1999 – 1 St RR 95/99; KK/Diemer 7. Alsberg/Nüse/Meyer 303. RGSt 53 280; HK/Julius 4; KK/Diemer 7; KMR/Paulus 14; vgl. Rn. 20. RGSt 39 364. RGSt 53 280; 59 374; RG HRR 1927 Nr. 27; OGHSt 3 80; 59 374; OLG Hamburg StV 1985 496; Alsberg/Nüse/Meyer 202; 303; AK/Rüping 11; KK/Diemer 7; KMR/Paulus 13; Meyer-Goßner 8; Eb. Schmidt 5; Schneidewin JR 1951 486.
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HK/Julius 4; KK/Diemer 7; KMR/Paulus 13; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 26, Eb. Schmidt 5; Alsberg/Nüse/Meyer 303; Dallinger JZ 1953 434; vgl. Rn. 19. Vgl. LR/Sander/Cirener § 250, 13. RG GA 48 (1901) 365; RG Recht 1924 Nr. 884; Alsberg/Nüse/Meyer 304; vgl. LR/Mosbacher § 249, 19. RGRspr. 1 523; RG JW 1934 2779; BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 305; Bedenken wegen Trennbarkeit Eisenberg (Beweisrecht) 2187; Mannheim JW 1930 3486.
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Gericht Kenntnis vom guten oder schlechten Leumundszeugnis zu verschaffen.48 Einzelne Tatsachen hieraus können vorgehalten werden. bb) Einzelfälle. Mit Rücksicht auf den Zweck des Gesetzes wird der Begriff weit aus- 18 gelegt.49 Maßgebend ist aber immer nur der Inhalt, nicht Bezeichnung, Form oder Anlass der jeweiligen Erklärung.50 Als Leumundszeugnisse sind insbesondere folgende Erklärungen öffentlicher Behörden anzusehen: Schulzeugnisse, soweit sie sich nicht nur über die Leistungen und geistigen Fähigkeiten eines Schülers und die durch sie bedingte Glaubwürdigkeit,51 sondern auch über sein sonstiges Verhalten, seine Charaktereigenschaften und seine Wahrheitsliebe aussprechen;52 behördliche, vor allem polizeiliche Auskünfte über die Einschätzung des Charakters und der Eigenschaften einer Person;53 Berichte der Jugendgerichtshilfe54 oder eines kirchlichen Jugend- und Wohlfahrtsamts über die Anlagen, insbesondere die sittlichen Eigenschaften des Angeklagten;55 Anträge eines Jugendamts auf Entziehung der mütterlichen Fürsorge, sofern sie über den Lebenswandel der Mutter und ihre Beziehungen zu Männern urteilen;56 Beurteilungen von Beamten und Soldaten,57 militärische Eignungsberichte, die Angaben über die sittliche Lebensführung des Beurteilten enthalten;58 Äußerungen eines Strafanstaltsvorstandes über die Führung eines Gefangenen in der Anstalt,59 Stellungnahmen zu einem Gnadengesuch.60 Kein Leumundszeugnis sind dagegen das nur Leumundstatsachen wiedergebende Füh- 19 rungszeugnis nach dem BZRG,61 Zeugnisse, die sich nur über körperliche oder geistige Fähigkeiten oder Leistungen aussprechen,62 oder psychiatrische oder psychologische Gutachten über die Glaubwürdigkeit einer Person.63 Auch dem Gutachten einer kriminalbiologischen Sammelstelle ist die Eigenschaft eines Leumundszeugnisses nicht ohne weiteres beizumessen.64 Ferner stehen Entscheidungen der Behörden in Dienstaufsichtsund Dienststrafsachen sowie Urteile, in denen die Glaubwürdigkeit erörtert wird, den Leumundszeugnissen nicht gleich.65 Keine Anwendung findet § 256 auf den Beweis mit Leumundszeugnissen, die nicht 20 von einer öffentlichen Behörde, sondern im bürgerlichen Rechtsverkehr, insbesondere von einem Arbeitgeber, ausgestellt sind; die Zulässigkeit der Verlesung solcher Zeugnisse richtet sich nach §§ 250 ff., also grundsätzlich danach, ob § 251 Abs. 1 eine Ausnahme vom Verbot des § 250 Satz 2 zulässt. 48
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RGSt 59 374; RG Recht 1917 Nr. 1530; JW 1923 516; Alsberg/Nüse/Meyer 305; KK/Diemer 7; KMR/Paulus 14; Meyer-Goßner 10; a.A. SK/Velten 26; RG HRR 1940 Nr. 844. Meyer-Goßner 8. Alsberg/Nüse/Meyer 303. RGSt 1 234. RGSt 53 280; RGRspr. 7 757; RG HRR 1942 511; SK/Velten 26. RG HRR 1940 Nr. 844; OLG Hamburg StV 1985 496; Meyer-Goßner 9. RG JW 1935 2378; Eisenberg § 50, 32. RG HRR 1936 Nr. 856. KG JW 1930 3485. BayObLG 17.5.1999 – 1 St RR 95/99; SK/Velten 26. RG GA 45 (1897) 430; 57 (1910) 225; Recht 1924 Nr. 244; OGHSt 3 80; Meyer-Goßner 9.
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RG HRR 1935 Nr. 154; 1286; BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 304; dazu Eb. Schmidt 6; Dallinger JZ 1953 434; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 26. RG JW 1901 689. Alsberg/Nüse/Meyer 304; SK/Velten 26; a.A. für polizeiliche Führungszeugnisse nach früherem Recht RG GA 45 (1897) 430. RGSt 1 234; Alsberg/Nüse/Meyer 304; KK/Diemer 7. BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 304; KMR/Paulus 14; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 26. RG JW 1935 2378. RGSt 24 263; RG GA 48 (1900) 365; RG Recht 1924 Nr. 887; Alsberg/Nüse/Meyer 252; 304 m.w.N.
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§ 256
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Erklärungen öffentlicher Behörden (Nr. 1a) a) Begriff. Öffentliche Behörde ist bei § 256 im weiten Sinne zu verstehen.66 Der Vorschrift unterfällt jede nach öffentlichem Recht errichtete, mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben beauftragte Stelle des Staates oder der Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder einer sonstigen Organisationsform des öffentlichen Rechts,67 die in ihrem Bestand von den sie vertretenden Personen unabhängig ist.68 Nicht notwendig ist, dass der Stelle obrigkeitliche Befugnisse mit Zwangsgewalt übertragen sind 69 oder dass sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im engeren Sinn70 wahrnimmt. Unter § 256 fallen auch Stellen, die im Bereich der leistungsgewährenden Verwaltung lediglich Aufgaben der Daseinsfürsorge wahrnehmen oder denen rein fiskalische Aufgaben zugewiesen sind.71 Ungeklärt ist die Stellung kirchlicher Einrichtungen, die trotz öffentlich-rechtlicher Grundlage keine staatlichen Stellen sind.72 Notwendig ist jedoch, dass die betreffende Stelle ihre öffentlichen Aufgaben nicht 22 durch Privatpersonen wahrnimmt, sondern durch Bedienstete ausübt, die, wie vor allem Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst, in einem Dienstverhältnis stehen, das von öffentlich-rechtlichen Pflichten geprägt wird.73 Die von § 256 vorausgesetzte Verlässlichkeit der schriftlichen Erklärung, die sich nicht zuletzt auf deren dienstrechtliche Verantwortlichkeit gründet, hängt auch hiervon ab. Nicht entscheidend ist die Art des Organisationsaktes (Rechtsvorschrift, Verwaltungs23 anordnung), durch den die Behörde errichtet wurde, es muss sich lediglich um eine Maßnahme des öffentlichen Rechts handeln. Eine unter Verwendung der Gestaltungsformen des privaten Rechts (als Verein, Handelsgesellschaft, Genossenschaft) errichtete Stelle ist dagegen keine Behörde, auch wenn sie von der öffentlichen Hand kontrolliert wird und mit der Wahrnehmung einzelner öffentlicher Aufgaben betraut sein sollte.74 Im Übrigen ist es unerheblich, ob die Stelle unmittelbar in den staatlichen Behördenaufbau eingegliedert ist oder ob sie zu einer rechtsfähigen Körperschaft oder Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts gehört, die mittelbar Staatsaufgaben wahrnimmt. Dies gilt insbeson-
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66
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Im öffentlichen Recht gibt es keinen durchgängig einheitlichen Behördenbegriff, vgl. Dreher Die Amtshilfe (1959) 35; Rasch VerwA 1959 10 ff.; Wolff/Bachof/Stober/ Kluth Verwaltungsrecht II § 76 1; Erichsen/ Ehlers/Burgi Allgemeines Verwaltungsrecht (2006)13 § 7, 29; Maurer Allgemeines Verwaltungsrecht (2006)16 § 21, 31; ferner die Kommentare zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen. Wie etwa Zweckverbände oder kommunale Verwaltungsgemeinschaften. Vgl. BVerfGE 10 48; BGH MDR 1964 68; VRS 11 (1956) 451; BayObLGSt 1964 38 = NJW 1964 1192; OLG Celle MDR 1954 248; OLG Düsseldorf JMBlNW 1951 20; OLG Hamburg NJW 1969 571; OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; OLG Koblenz NJW 1984 2424. Im Wesentlichen ähnlich RGSt 8 5; 17 346; 18 250; 25 141; 26 138; 32 366; 38 18; 40 161; 47 49; 52 198; 54 150; 57 324; RG GA 56 (1909) 22; JW 1925 2468;
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vgl. ferner etwa Hanack NJW 1961 2041; KK/Diemer 3; KMR/Paulus 6; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 21; Kleinewefers/Wilts NJW 1964 428; und Alsberg/Nüse/Meyer 296 m.w.N. RGSt 40 164; BGHZ 25 188; OLG Celle MDR 1954 248; OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; OLG Stuttgart RdK 1955 124; Alsberg/ Nüse/Meyer 296; KMR/Paulus 6; MeyerGoßner 12; SK/Velten 21. Vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG. OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; Alsberg/ Nüse/Meyer 296 m.w.N. Offenlassend BGH NStZ 1985 36; HK/Julius 5. Der beliehene Unternehmer ist auch dann, wenn er die ihm übertragene öffentliche Aufgabe wahrnimmt, keine Behörde i.S. des § 256. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 211 (Stiftung privaten Rechts); KMR/Paulus 6; vgl. Fn. 105 und 111.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 256
dere für die Einrichtung der kommunalen Gebietskörperschaften,75 die als solche nach der vorherrschenden Meinung keine Behörden sind, sondern Behörden haben. Zu den Behörden rechnen auch die mit Verwaltungsaufgaben beauftragten Führungsstellen militärischer Einheiten, z.B. der Kompaniechef.76 Die innere Organisation ist für die Frage, ob eine Behörde vorliegt, unerheblich; es 24 kommt also nicht darauf an, ob die Behörde monokratisch oder kollegial verwaltet wird. Die innere Organisation ist dagegen maßgebend für die Frage, wer befugt ist, für die Behörde Erklärungen abzugeben.77 Zum Beispiel wurden von der Rechtsprechung als öffentliche Behörden i.S. des § 256 25 angesehen: das ehemalige Reichsbankdirektorium, das innerhalb des einschlägigen Gebiets durch die Falschgeldabteilung der Reichsbank vertreten wurde;78 die Bundesbank und die Landeszentralbanken;79 das Direktorium der Reichsdruckerei;80 Staatsarchive;81 Berufskonsuln;82 Justizvollzugsanstalten;83 staatliche meteorologische Anstalten und Wetterwarten;84 die Physikalisch-Technische Bundesanstalt;85 Universitätskliniken und Krankenhäuser der öffentlichen Hand;86 Gesundheitsämter;87 Polizeiärzte, soweit sie zu Äußerungen namens der Behörde befugt sind;88 Polizeidienststellen;89 Bundeskriminalamt und Landeskriminalämter;90 auch ein kriminaltechnisches Institut beim Kriminalpolizeiamt;91 chemische Untersuchungsämter;92 Institute deutscher Universitäten, insbesondere rechts- bzw. gerichtsmedizinische Institute oder ein Institut für Pharmakologie und Toxikologie;93 staatliche Blutalkoholuntersuchungsstellen,94 insbesondere, soweit sie Gutachten über 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86
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Vgl. RGRspr. 1 770; RGSt 6 247; 14 130; 40 162. RGSt 18 249; Alsberg/Nüse/Meyer 298; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 21. Vgl. Rn. 29. RGSt 63 122; RG Recht 1922 Nr. 513. Alsberg/Nüse/Meyer 297; KMR/Paulus 7; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 21. RG JW 1932 245. Jessnitzer/Ulrich 83. RG GA 56 (1909) 222; HRR 1938 Nr. 191. BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 298; vgl. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295. RG Recht 1917 Nr. 904; Alsberg/Nüse/Meyer 297 m.w.N. OLG Koblenz NJW 1984 2424. BGH NStZ 1984 231; 1993 397; VRS 34 (1968) 344; BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 297; OLG Jena DRiZ 1931 Nr. 365 (Direktor einer öffentl. Heilanstalt); OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; OLG Zweibrücken NJW 1968 2301; Hanack NJW 1961 2041, Kleinewefers/Wilts NJW 1964 428; KK/Diemer 4; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 21. Zu den hier bestehenden Fragen der Zurechnung vgl. Rn. 29. BGHSt 1 95; BGH bei Dallinger MDR 1955 397. RG DRiZ 1931 Nr. 707; vgl. Rn. 28. HessVGH VGRspr. 1979 57; Leineweber MDR 1980 7.
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BGH NJW 1968 206; OLG Hamburg NJW 1969 571; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 123; 1984 105; Ahlfs MDR 1978 981; Alsberg/Nüse/Meyer 297; Dästner MDR 1979 545; Gössel DRiZ 1980 363; KK/Diemer 4; Meyer-Goßner 13; KMR/Paulus 7. OLG Düsseldorf JMBlNW 1951 20. BGH NJW 1953 1801; BayObLG NJW 1953 194; OLG Hamm NJW 1953 1528; 1969 572; LG Stuttgart RdK 1955 125; a.A. OLG Frankfurt NJW 1952 757; Alsberg/ Nüse/Meyer 297; KK/Diemer 4. BGH VRS 34 (1968) 344; 48 (1975) 209; NJW 1967 299; MDR bei Dallinger 1956 651; bei Spiegel DAR 1977 176; 1978 155; bei Becker NStZ-RR 2001 262; OLG Celle MDR 1954 248; OLG Düsseldorf StV 1982 273 mit Anm. Neixler; OLG Frankfurt VRS 44 (1973) 37; OLG Hamburg NJW 1963 408; OLG Hamm MDR 1969 599; OLG Koblenz VRS 39 (1970) 202; OLG Köln NJW 1964 2218, zust. Eb. Schmidt JZ 1970 343; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1969 153; 1972 160; A lsberg/Nüse/Meyer 297 m.w.N.; SK/Velten 21. BayObLG NJW 1953 194; OLG Schleswig SchlHA 1978 88; bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1979 205.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
den Blutalkoholgehalt erstatten; eine staatliche bakteriologische Untersuchungsanstalt;95 ferner ein staatliches Veterinäruntersuchungsamt;96 Zollinspektionen97 und das Zollkriminalamt in Köln98; Gerichtsvollzieher99. Behördeneigenschaft haben auch die Vorstände (Präsidenten) der Rechtsanwaltskammern;100 die sonstigen als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Berufskammern, Handwerkskammern;101 Industrie- und Handelskammern102 sowie etwa die Sachverständigenkammern103. Auch beim Gutachterausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen wurde das angenommen.104 Verneint wird die Eigenschaft einer öffentlichen Behörde beim Technischen Überwa26 chungsverein;105 beim Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungsverein;106 beim Hygienischen Institut des Ruhrgebiets,107 da der Träger der Einrichtungen ein privater Verein ist, ferner beim preußischen Notar.108 Keine Behörden sind die in Form einer GmbH oder AG betriebenen Einrichtungen der öffentlichen Hand, Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser,109 so auch seit der Neuorganisation die Nachfolger der Bundespost (Post AG, Telekom AG, Postbank AG).110 Die Vorstände der Berufsgenossenschaften werden nicht zu den Behörden gerechnet.111 Für die Erklärungen ausländischer Behörden gilt § 256 ebenfalls.112 Die für sie maß27 gebende Rechtslage und Organisationsform muss aber im wesentlichen mit den innerstaatlichen Behörden vergleichbar sein, so etwa bei einer Erklärung in einer von einem öffentlichen Notar des Staates Illinois errichteten Urkunde,113 gleiches gilt für Behörden der ehemaligen DDR.114
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b) Eine verlesbare Erklärung einer öffentlichen Behörde liegt nur vor, wenn diese dabei nicht völlig außerhalb ihrer Zuständigkeit gehandelt hat.115 Die Abgabe der Äußerung, vor allem die Erstattung eines Gutachtens, braucht jedoch nicht ausdrücklich
95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105
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BayObLGSt 1964 36 = NJW 1964 1192. OLG Celle NJW 1966 1881. RG JW 1929 1050. BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 297; MeyerGoßner 13. BayObLGSt 2001 157 = StV 2002 646; Meyer-Goßner 13. KG JW 1918 271; Alsberg/Nüse/Meyer 298. Alsberg/Nüse/Meyer 297; KMR/Paulus 7. RGSt 52 198; Alsberg/Nüse/Meyer 297; KMR/Paulus 7; Meyer-Goßner 13. RGSt 22 258 (zu § 46 KunstUrhG); KMR/Paulus 7. Vgl. OVG Münster StV 1982 430 mit Anm. Tondorf. BayObLGSt 1955 89 = VRS 8 (1955) 467; OLG Hamm Blutalkohol 1981 276; OLG Köln MDR 1964 254; Alsberg/Nüse/Meyer 298; Jessnitzer NJW 1971 1075; ders. StV 1982 177, 179; HK/Julius 2; KK/Diemer 5; KMR/Paulus 6 f.; Meyer-Goßner 14; SK/Velten 21; Eb. Schmidt Nachtr. I 2. OLG Koblenz MDR 1980 336; OLG Köln MDR 1964 254; Alsberg/Nüse/Meyer 298; HK/Julius 2; KK/Diemer 5; KMR/Paulus 7. OLG Düsseldorf JMBlNW 1954 182.
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RGSt 18 249; Alsberg/Nüse/Meyer 398; anders die beamteten Notare in BadenWürttemberg, KK/Diemer 5; Meyer-Goßner 14; SK/Velten 21; für bayerische Notare nehmen KMR/Paulus 7 und Eb. Schmidt 3 Behördeneigenschaft an. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1988 19; Meyer-Goßner 14; SK/Velten 21. Gramlich NJW 1994 2787; HK/Julius 2; Meyer-Goßner 14; SK/Velten 21; anders die früheren Ämter der Bundes- oder Reichspost, vgl. Alsberg/Nüse/Meyer 297. RGSt 34 367; Alsberg/Nüse/Meyer 298; KMR/Paulus 446; Meyer-Goßner 14. RGRspr. 10 450; RG JW 1938 2965; RG Recht 1914 Nr. 2023; BGH NJW 1992 58, 59; KK/Diemer 4; KMR/Paulus 6; MeyerGoßner 12; Eb. Schmidt 3; Alsberg/Nüse/ Meyer 296 m.w.N.; a.A. SK/Velten 21. RG HRR 1938 Nr. 191. BGH ROW 1960 71. BGH VRS 48 (1975) 209; OLG Hamburg NJW 1969 408; OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; Justiz 1977 104 (Gutachten des Arztes einer Justizvollzugsanstalt über Erwerbsfähigkeit des Angeklagten); vgl. BVerwGE
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§ 256
durch Rechtssatz oder Anordnung des Dienstherrn zur Dienstaufgabe erklärt worden zu sein. Es genügt, wenn sich die Behörde im Einzelfall zu einer auch ihren Aufgabenbereich berührenden Angelegenheit äußert. Das Zeugnis oder Gutachten muss von einer zur Vertretung der Behörde berech- 29 tigten Person im Namen der Behörde nach außen hin abgegeben worden sein. Nicht notwendig ist, dass die Erklärung stets vom Leiter der Behörde oder von seinem ständigen Vertreter unterschrieben ist, es kann genügen, wenn ein Sachbearbeiter die Erklärung „im Auftrag“ unterfertigt hat116 oder dass sonst eine ersichtlich für die Behörde abgegebene Erklärung vorliegt. Notwendig ist aber stets, dass derjenige, der die Erklärung abgegeben hat, nach der bestehenden Organisationsordnung allgemein oder kraft einer Anordnung des an sich Vertretungsberechtigten im Einzelfall117 befugt war, die Erklärung für die Behörde abzugeben,118 und dass er dies auch wollte.119 Ob die Erklärung eines Ministerialbeamten eine Erklärung des Ministeriums bedeutet,120 ist daher im Einzelfall ebenso zu prüfen wie die Frage, ob der angestellte Arzt eines von der öffentlichen Hand getragenen Krankenhauses das Gutachten im Auftrag des Leiters für dieses erstattet hat121 oder ob der Vorstand einer öffentlichen Heilanstalt eine Erklärung für diese abgegeben oder ob er sich nur persönlich als behandelnder Arzt geäußert hat.122 Zweifel sind anhand der für die Behörde und ihre innere Organisation jeweils geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu klären. Gegebenenfalls ist eine Auskunft der Behörde oder ihrer vorgesetzten Stelle über die Dienstaufgaben der Behörde und über die zur Abgabe von Erklärungen nach außen ermächtigten Personen einzuholen (Rn. 41). Der Adressat der Erklärung der Behörde ist für die Verlesbarkeit nach § 256 unerheb- 30 lich. Es ist gleich, ob die Erklärung für das anhängige Strafverfahren vom Gericht, von der Staatsanwaltschaft oder einem anderen Verfahrensbeteiligten eingeholt wurde123 oder ob sie von der Behörde aus einem anderen Anlass abgegeben worden ist. Die Möglichkeit der Einholung eines Zeugnisses kann durch gesetzliche Vorschriften, vor allem besondere Geheimhaltungsvorschriften und die §§ 54, 96 StPO, eingeschränkt sein,124 desgleichen die Verwertbarkeit einer aus anderem Anlass abgegebenen Erklärung.
116
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53 212; ferner Alsberg/Nüse/Meyer 299; Gössel DRiZ 1980 369; KK/Diemer 3; KMR/Paulus 17; Meyer-Goßner 15. BayObLGSt 1964 36 = NJW 1964 1192; OLG Hamburg NJW 1969 570. Die Unterzeichnung „i.A.“ spricht zwar ebenso wie „i.V.“ für ein Handeln für die Behörde; ob aus dem Fehlen der umgekehrte Schluss gezogen werden kann (so BGH NStZ 1984 231; 1985 36; KK/Diemer 3), hängt vom Einzelfall ab; vgl. Rn. 40; zu eng OLG Köln NStZ 1996 245 mit abl. Anm. Schäfer; vgl. Meyer-Goßner 15; SK/Velten 22. OLG Karlsruhe NJW 1973 1426. Alsberg/Nüse/Meyer 299; KK/Diemer 3; KMR/Paulus 17; Meyer-Goßner 15. Vgl BGH VRS 11 (1956) 449; 34 (1968) 344; OLG Hamburg NJW 1963 408; 1969 571; SK/Velten 22.
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RGSt 64 78. BGH NStZ 1984 231. OLG Jena DRiZ 1931 Nr. 365. Zur strittigen Abgrenzung zwischen persönlichen Gutachten und Behördengutachten vgl. Gollwitzer FS Weißauer 23; Gössel DRiZ 1980 368; Leineweber MDR 1980 7; ferner bei Ärzten der Krankenhäuser der öffentlichen Hand; BGH NStZ 1984 231; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 105 und bei Gutachten von Polizeiangehörigen Ahlfs MDR 1978 981. RGSt 19 264; Alsberg/Nüse/Meyer 300; Gössel DRiZ 1980 369; KMR/Paulus 17; Meyer-Goßner 4. RG JW 1892 415; Alsberg/Nüse/Meyer 301; vgl. bei § 96.
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Ausschließlich für den innerdienstlichen Gebrauch bestimmte Stellungnahmen oder Berichte sind keine verlesbaren Zeugnisse oder Gutachten nach Absatz 1, denn hierzu gehört, dass die Behörde sich nach außen – und nicht etwa nur innerdienstlich – geäußert hat. Der Bericht eines Beamten der Polizei oder der Staatsanwaltschaft an seine vorgesetzte Dienststelle ist daher nicht nach Absatz 1 Nr. 1 (sondern allenfalls nach Nr. 5) verlesbar,125 ebenso wenig der Bericht eines Richters an den Gerichtspräsidenten über die in seinem Auftrag durchgeführte Geschäftsprüfung eines Notars.126 Die Berichte der Gerichtshilfe und der Jugendgerichtshilfe dürfen, auch soweit sie 32 nicht ohnehin unverlesbare Leumundszeugnisse enthalten, in der Hauptverhandlung in der Regel nicht nach § 256 verlesen werden,127 sofern es sich um Äußerungen der jeweiligen Gerichtshelfer, nicht aber um eine Behördenerklärung handelt.128 Entfallen ist nach Einfügung der Nr. 5 des Absatzes 1 die früher129 zusätzlich angeführte Begründung, dass es sich um für das Strafverfahren selbst durchgeführte Ermittlungen handelt, ohne dass Nr. 5 die Verlesung gestatten würde (Rn. 56).
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c) Zeugnis einer öffentlichen Behörde ist jede Bescheinigung über amtliche Unterlagen oder Erkenntnisse, die von der Behörde einem Außenstehenden erteilt wird. Sie hat – oftmals auf Grund der bei der Amtsstelle geführten Unterlagen, Bücher, Register, Akten – amtlich festgestellte Tatsachen zum Gegenstand, die auf der Mitteilung eines Dritten an die Behörde oder auf der unmittelbaren Wahrnehmung eines Beamten beruhen können.130 Doch ist es nicht ausgeschlossen, dass das Zeugnis sonstige Wahrnehmungen wiedergibt, die ein Beamter innerhalb seines amtlichen Wirkungskreises als Repräsentant seiner Behörde – und nicht nur bei Gelegenheit amtlichen Tätigwerdens – gemacht hat. Hierzu rechnen Auskünfte aus den amtlich geführten Büchern und Registern, wie etwa Zeugnisse des Amtsgerichts über Eintragungen im Grundbuch, im Vereins-, Güterrechts- oder Musterregister, Auskünfte des Einwohnermeldeamts über die polizeiliche An- oder Abmeldung, aber auch nicht aktenkundig gemachte Wahrnehmungen.131 Vorgänge dagegen, die nicht Gegenstand einer amtlichen Tätigkeit waren, sondern 34 die ein Beamter der Behörde nur zufällig anlässlich einer amtlichen Verrichtung wahrgenommen hat, können nicht Gegenstand eines nach § 256 verlesbaren Zeugnisses sein; über sie muss der Beamte als Zeuge vernommen werden.132
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Zu Abs. 1 a.F. RGSt 2 301; RG GA 38 (1891) 341; RG Recht 1910 Nr. 254; Alsberg/Nüse/Meyer 300. RGSt 26 138; RGRspr. 8 264; Alsberg/ Nüse/Meyer 300 m.w.N. Alsberg/Nüse/Meyer 299; Eisenberg StV 1998 311; HK/Julius 4, 22; KK/Diemer 5; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 21; Schlüchter 536 3 Fn. 481 (Leumundszeugnis); vgl. bei § 160; LR/Becker Vor § 226, 68 f. m.w.N.; ferner die Kommentare zu § 38 JGG; offen gelassen in BGH NStZ 2008 709, 710. Ob der Vertreter der Gerichtshilfe in der Hauptverhandlung den eigenen Bericht vorlesen darf (so BGH NStZ 1984 467 mit abl. Anm. Brunner; 2008 709, 710), strittig; vgl. Eisenberg NStZ 1985 86; HK/Julius 4; Meyer-Goßner § 160, 26;
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ein Verlesen nach § 256 liegt darin nicht. Meyer-Goßner 15. OLG Koblenz OLGSt § 338, 19; HK/Julius 4; KMR/Paulus 12; LR/Gollwitzer 25 18; so noch KK/Diemer 5, s. aber dort Rn. 9a; SK/Velten 21. RGSt 9 88, 92; RG GA 37 (1889) 187. RGSt 9 88, 92; BayObLGSt 1953 194; Alsberg/Nüse/Meyer 301; AK/Rüping 8; KMR/ Paulus 10; Meyer-Goßner 5; Eb. Schmidt 4; a.A. OLG Frankfurt NJW 1952 757 (nur Auskünfte aus Unterlagen); SK/Velten 20. RGSt 9 91; RGRspr. 7 200; RG GA 38 (1891) 341; KMR/Paulus 11; Meyer-Goßner 5; Eb. Schmidt 4; Alsberg/Nüse/Meyer 301 m.w.N.; a.A. RG JW 1932 3356 mit abl. Anm. Mannheim.
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§ 256
Nach bisheriger Ansicht schieden die aus Anlass des Strafverfahrens, vor allem im 35 Vorverfahren bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht angefallenen Vorgänge wegen ihres verfahrensinternen Verwendungszwecks insgesamt als Gegenstand eines nach § 256 verlesbaren amtlichen Zeugnisses aus.133 Diese Ansicht beruht auf der systematischen Erwägung, dass andernfalls die differenzierte Regelung der §§ 250 ff. gerade für wesentliche Beweismittel funktionslos wäre, und wird durch die Änderungen durch das 1. JuMoG (Rn. 8) bestätigt, weil es sonst der Ausnahmevorschrift der Nr. 5 nicht bedürfte. Die Ausnahme beschränkt sich auch auf die in Nr. 5 erstmals erlaubte Verlesbarkeit von Protokollen und Vermerken über routinemäßige Ermittlungshandlungen der Strafverfolgungsbehörden. Alle sonstigen anlässlich des Verfahrens entstandenen Schriftstücke, nicht nur die ausdrücklich ausgeklammerten Vernehmungsprotokolle, bleiben unverlesbar; für sie gelten nach wie vor die §§ 250 ff. So kann beispielsweise ein Vermerk, den ein im Verfahren tätiger Richter im Hinblick 36 auf den § 3 JGG über die geistigen oder sittlichen Fähigkeiten eines von ihm vernommenen jugendlichen Beschuldigten oder über die Glaubwürdigkeit eines von ihm gehörten Zeugen in den Akten angebracht hat, Gegenstand eines Zeugnisses des Amtsgerichts auch dann nicht sein, wenn der zugezogene Schriftführer sich der Äußerung angeschlossen hat.134 Erklärungen einer mit der Sache selbst nicht befassten Strafverfolgungsbehörde, etwa eine Auskunft über ein anderswo anhängiges Strafverfahren oder über den Aufenthalt bestimmter Personen, können nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 (Rn. 57) verlesen werden.135 Die Verlesbarkeit der Äußerungen anderer, nicht unmittelbar mit der Strafverfolgung beauftragter Stellen, die aus Anlass des Strafverfahrens erholt wurden,136 bleibt zulässig137. d) Bei der Fertigung eines Behördengutachtens können mehrere Angehörige der 37 Behörde mitgewirkt haben.138 Ob es sich dabei um selbständige Teilgutachten handelt oder um Hilfsgutachten, auf denen das Gesamtgutachten aufbaut, ob die maßgeblichen Feststellungen von einem Repräsentanten der Behörde oder einem Mitarbeiter139 gemacht wurden, ist für die Anwendbarkeit des § 256 ohne Bedeutung, sofern nur alle Beiträge als Gutachten der Behörde anzusehen sind, weil sie von deren Verantwortung umfasst sind. Gutachten von Behörden über den Blutalkoholgehalt sind auch nach Absatz 1 Nr. 1 38 verlesbar;140 dies kann auch für die Diagnose des blutentnehmenden Arztes über den Grad der Trunkenheit gelten, sofern die Diagnose von den Amtsaufgaben mit umfasst ist.141 Der durch das 1. StVRG eingefügte Satz 2 des Absatzes 1 (jetzt Nr. 4 des Absatzes 1), bei dem die Behördeneigenschaft keine Rolle mehr spielt, macht diese Fragen jedoch praktisch bedeutungslos (vgl. Rn. 53). Behördliche Rechtsgutachten fallen ebenfalls unter § 256.142 Allerdings steht es dem 39 Gericht frei, das Recht in jeder beliebigen Weise festzustellen. Soweit es dies für zweck-
133 134 135 136 137
Fn. 21. RGSt 37 212; RGRspr. 7 199; 9 489; Alsberg/Nüse/Meyer 302; KMR/Paulus 12. KMR/Paulus 12. Vgl. etwa die Gutachten nach § 83 Abs. 3. A.A. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 105 für ein aus Anlass des konkreten Strafverfahrens eingeholtes Gutachten zur Schuldfähigkeit.
138 139 140 141 142
Vgl. Hanack NJW 1961 2041; Seyler GA 1989 546, 551; KMR/Paulus 15. BGH bei Tolksdorf DAR 2002 203. Vgl. Rn. 25. OLG Koblenz VRS 39 (1970) 202 einerseits; OLG Hamm NJW 1965 1041 andererseits. BGH NJW 1996 1355, 1358; MeyerGoßner 6; a.A. LR/Gollwitzer 25 26.
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dienlich hält, kann es Rechtsgutachten von Behörden ebenso wie von privaten Personen ohne Bindung an die für den Beweis von Tatsachen geltenden Vorschriften in der Hauptverhandlung verlesen.143
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e) Formfragen. Eine besondere Form der behördlichen Gutachten und Zeugnisse wird von § 256 nicht vorausgesetzt. Die äußere Form kann zwar Anhaltspunkte dafür geben, ob eine Äußerung einer Behörde oder ein privates Schreiben des Verfassers vorliegt, sie ist aber nicht allein entscheidend.144 Es kann sich auch aus dem Inhalt der Schrift oder sonstigen Umständen wie etwa einem Begleitschreiben ergeben, dass es als verantwortliche Äußerung der Behörde gewollt ist.145 Es ist unschädlich, wenn Dienstsiegel oder Amtsstempel fehlen,146 sogar, wenn die Unterschrift fehlt, sofern trotzdem eindeutig festgestellt ist, dass und von wem die Erklärung für die Behörde abgegeben wurde.147 Ist dies zweifelhaft, oder ist fraglich, ob etwa eine mit dem Briefkopf der Behörde ab41 gegebene Erklärung eine solche der Behörde oder aber eine private Erklärung des Behördenleiters ist – vor allem bei Direktoren von Universitätsinstituten kann das fraglich sein –, so muss dies durch eine Rückfrage bei der Behörde im Freibeweisverfahren148 möglichst schon vor der Hauptverhandlung geklärt werden.149 Dasselbe gilt, wenn fraglich ist, ob der Behördenangehörige, der die Erklärung unterzeichnet hat, befugt war, sie für die Behörde abzugeben.150 Stellt sich ein Gutachten nach Form (Kopf, Unterschrift usw.), Inhalt und den Begleitumständen eindeutig als Äußerung einer Behörde dar, dann zwingt der Umstand, dass der unterzeichnende Gutachter berechtigt ist, Gutachten gleichen Inhalts in privater Nebentätigkeit zu erstatten, bei Fehlen aller anderen Anhaltspunkte nicht dazu, vor der Verlesung aufzuklären, in welcher Eigenschaft der Gutachter tätig wurde.151 Umgekehrt liegt auch nicht schon deshalb allein ein Privatgutachten vor, weil im Kopf des Gutachtens der Name des Institutsleiters vorangestellt ist.152
42
3. Erklärungen vereidigter Sachverständiger (Nr. 1b). Das 1. JuMoG hat die Möglichkeit geschaffen, auch Zeugnisse (siehe aber Rn. 11 a.E.) und Gutachten privater Sachverständiger, die allgemein für die Erstellung von Gutachten der betreffenden Art vereidigt sind (vgl. § 79, 10 ff.), zu verlesen, weil deren Sachkunde der öffentlicher Behörden
143 144
145 146
16
Alsberg/Nüse/Meyer 137 ff.; LR/Becker § 244, 8 m.w.N.; ferner Vor § 72, 12. Wenn unter Hinweis auf RGSt 64 80; BayObLGSt 1964 36 = NJW 1964 1192 gefordert wird, dass sich der amtliche Charakter der Urkunde aus ihrem Inhalt selbst ergeben muss (so etwa Alsberg/Nüse/Meyer 299; Ahlfs MDR 1978 982), kann dem nur insoweit zugestimmt werden, dass primär bei Prüfung dieser Frage von Form und Inhalt auszugehen ist, dass aber Zweifel im Freibeweisverfahren zu klären sind; vgl. Schäfer Anm. zu OLG Köln NStZ 1996 245; SK/Velten 22. KK/Diemer 3; KMR/Paulus 17; vgl. etwa BGH VRS 11 (1956) 449; 48 (1975) 208. RGSt 43 405; Alsberg/Nüse/Meyer 299; Meyer-Goßner 15.
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150 151 152
RGRspr. 7 200; Alsberg/Nüse/Meyer 299 m.w.N.; vgl. BGH StraFo 2007 331 (zu Abs. 1 Nr. 3). Etwa OLG Düsseldorf StV 1983 273 mit Anm. Nexler; AK/Rüping 10. BGH VRS 11 (1956) 449; 44 (1973) 39; OLG Düsseldorf JMBlNW 1954 182; StV 1983 273 mit Anm. Neixler; OLG Hamburg NJW 1969 571; OLG Karlsruhe NJW 1973 1426; Alsberg/Nüse/Meyer 299; KMR/Paulus 17; Meyer-Goßner 15; vgl. auch Rn. 29; Gössel DRiZ 1980 369. Vgl. etwa BGH StV 1984 142 (Oberarzt); ferner Rn. 28 m.w.N. OLG Frankfurt VRS 44 (1973) 37. BGH VRS 44 (1973) 209.
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mittlerweile gleich zu achten sei (näher Rn. 7). Dazu zählen insbesondere vereidigte Sachverständige im Kfz-Gewerbe, im Versicherungswesen und der Schriftkunde.153 Nur in Zweifelsfällen soll es noch notwendig sein, dass der Sachverständige sein Gutachten persönlich erläutert.154 Erläuterungsbedarf mag jedoch anhand eines schriftlichen Gutachten schwerer erkennbar sein als bei einer Vernehmung (zur Kritik Rn. 4, 7). Wie in allen Fällen des § 256 muss das Gericht genau prüfen, ob die Aufklärungspflicht im Einzelfall nicht doch eine mündliche Anhörung und Befragung gebietet (Rn. 3 f.); wenn die übrigen Verfahrensbeteiligten solchen Aufklärungsbedarf annehmen, können sie durch geeignete Beweisanträge die persönliche Vernehmung verlangen.155 4. Erklärungen der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes (Nr. 1c). Die Erklärungen 43 der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes werden hinsichtlich der Verlesbarkeit den Erklärungen der Behörden gleichgestellt, auch wenn sie nach der Struktur dieses Dienstes nicht namens der Behörde erstattet werden. Beim Landgerichtsarzt in Bayern wurde früher die Ansicht vertreten, dass er zwar einer Behörde angehöre, sie aber bei der Gutachtenerstattung nicht vertrete und dass sein Gutachten deshalb nicht verlesbar sei.156 Absatz 1 Nr. 1c ermöglicht es, die Gutachten und Zeugnisse der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes ohne Rücksicht auf dessen interne Organisation zu verlesen. Einschließlich der auch hier zu beachtenden Ausnahme für Leumundszeugnisse (Rn. 13 ff.) gilt im Übrigen das für die Zeugnisse und Gutachten öffentlicher Behörden Gesagte. Die bei Justizvollzugsanstalten angestellten Ärzte rechnen nicht zum gerichtsärztlichen Dienst.157 Auf die im eigenen Namen und nicht für die Behörde erstatteten Gutachten anderer, 44 dem öffentlichen Dienst angehörender Sachverständiger ist die Ausnahmevorschrift für den gerichtsärztlichen Dienst nicht übertragbar.158 Dies gilt auch für die Ärzte der rechtsoder gerichtsmedizinischen Institute der Universitäten,159 sofern sie nicht im Nebenamt auch zu Landgerichtsärzten bestellt worden sind.160 5. Ärztliche Atteste über Körperverletzungen (Nr. 2) a) Begriff. Es muss sich um die Bestätigung eines ordnungsgemäß nach dem für ihn 45 geltenden Berufsrecht161 bestellten Arztes162 handeln, in der dieser Art und Umfang einer von ihm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit wahrgenommenen Körperverletzung
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157 158 159
BTDrucks. 15 1508 S. 26. BTDrucks. 15 1508 S. 26. Meyer-Goßner 16; vgl. Fn. 17. BayObLGSt 1949/51 304 unter Hinweis auf RGSt 64 80; vgl. BGH NJW 1970 1981. Seit der Neuregelung durch Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst vom 12.7.1986 (BayGVBl. 120), jetzt Art. 5 Abs. 2 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vom 24.7.2003 (BayGVBl. 452), sind die Gutachten der bayerischen Landgerichtsärzte Behördengutachten. OLG Karlsruhe Justiz 1977 104; MeyerGoßner 17. Rieß NJW 1975 86. KK/Diemer 6; KMR/Paulus 8; MeyerGoßner 17.
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Dies geschieht im Einzelfall; in Bayern können nach Art. 5 Abs. 2 Satz 3 GDGV (Fn. 156) die Leiter der rechtsmedizinischen Institute mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Landgerichtsarztes betraut werden. Dies dürfte auch für im Ausland approbierte Ärzte gelten, selbst wenn sie nicht nach EG-Recht zur Berufsausübung in der Bundesrepublik berechtigt sind; vgl. die ähnliche Rechtslage bei den ausländischen Behörden, Rn. 27. RGSt 14 55; 19 364; BGHSt 4 156; Alsberg/ Nüse/Meyer 305; KK/Diemer 8; KMR/ Paulus 20; Meyer-Goßner 19; SK/Velten 28; Eb. Schmidt 8.
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beschreibt.163 Eine schriftliche Erklärung, die keine Äußerung über einen eigenen Befund, also über eine eigene Wahrnehmung enthält, sondern eine gutachtliche Stellungnahme zu der Wahrnehmung eines anderen, ist kein Attest im Sinne des § 256.164 Niederschriften über die frühere Vernehmung eines Arztes über eine Körperverletzung fallen nicht unter § 256.165 Im Übrigen stellt § 256 keine besonderen Formerfordernisse an das Attest. Es genügt, wenn es von einem approbierten Arzt ausgestellt wurde, dessen Person eindeutig feststeht.166 Auf die Lesbarkeit der Unterschrift kommt es ebenso wenig an wie auf den Zweck, für den das Attest ursprünglich ausgestellt worden war.167 Auch die Eintragungen eines Arztes in ein Krankenblatt können die Voraussetzungen des § 256 erfüllen.168 Das zulässigerweise verlesene Attest kann ein Gutachten im Sinne des § 244 Abs. 4 Satz 2 sein.169
46
b) Gegenstand des Attestes muss eine Körperverletzung sein; verlesen werden darf es aber nur, wenn über ein Vergehen nach den §§ 223 bis 225 StGB,170 auch in der qualifizierten Form des § 340 StGB,171 verhandelt wird. Bei einer schweren Körperverletzung im Sinne der §§ 226, 227 StGB schließt § 256 die Verlesbarkeit ausdrücklich aus. Ob das Attest eine schwere Körperverletzung betrifft, richtet sich nach der im Strafverfahren gegen den Angeklagten erhobenen Beschuldigung, wenn dieser wegen der im Attest festgestellten Körperverletzung belangt wird,172 oder nach der rechtlichen Bewertung einer verfahrensgegenständlichen Körperverletzung durch das Gericht, auch wenn diese nicht in der Anklageschrift erwähnt ist173. Ist eine fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) Gegenstand des Verfahrens, ist das Attest ohne Rücksicht auf die dort bezeugte Schwere der Verletzung verlesbar.174 Die Verlesbarkeit des Attestes hängt ferner davon ab, dass das Attest ausschließ47 lich zum Nachweis einer Körperverletzung in einem wegen dieses Vorwurfs geführten Verfahren dient. Wird die Tat, die zu der Verletzung führte, unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt verfolgt, etwa als Sexualdelikt oder Raub, ist das Attest über die Körperverletzung in der Hauptverhandlung nicht nach § 256 verlesbar;175 dies gilt auch, wenn die Verletzungsfolgen nur für das Vorliegen eines Regelbeispiels eines besonders schweren Falls Bedeutung haben.176 Steht die Körperverletzung in Tateinheit mit einem
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168 169 170
171
18
RGSt 19 364; RG GA 61 (1914) 350; AK/Rüping 11. RG Recht 1913 Nr. 3321; BGHSt 4 155; Alsberg/Nüse/Meyer 306; KMR/Paulus 20. RGSt 6 254; RGRspr. 1 633. Alsberg/Nüse/Meyer 305. RGSt 19 364; Alsberg/Nüse/Meyer 305; KMR/Paulus 20; Meyer-Goßner 18; vgl. Rn. 51. OLG Koblenz VRS 62 (1982) 287. BGHSt 52 322 f. RGSt 1 188; 39 290; RG Recht 1905 Nr. 252; BGHSt 4 155, 156; BGH NJW 1980 651; Alsberg/Nüse/Meyer 306; KK/Diemer 8; KMR/Paulus 21; MeyerGoßner 20; SK/Velten 28. OLG Oldenburg MDR 1990 1135; MeyerGoßner 18.
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176
BGHSt 4 155, 156; Alsberg/Nüse/Meyer 307. Vgl. Fn. 180. RGSt 39 286, 290; BGHSt 4 155, 156; BGH NJW 1980 651. RGSt 26 38; 35 162; RGRspr. 1 633; RG JW 1892 417; 1934 3209; 1935 542; BGHSt 4 155 = LM Nr. 2 mit Anm. Krumme; BGH NJW 1980 651; VRS 32 (1967) 56; StV 1982 59 mit Anm. Schwenn; 1982 557; 1983 496; 1984 142; 1996 649; 2007 569; NStZ 1985 36; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 211; 1985 206; 2008 474 = StV 2008 341 (Sexualdelikt); vgl. auch BGH NStZ 2010 466 f.; OLG Karlsruhe Justiz 1977 104; OLG Saarbrücken OLGSt 9; vgl. Alsberg/Nüse/Meyer 307 m.w.N. BGH NJW 1980 651; Meyer-Goßner 20.
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anderen Delikt, ist das Attest in der Regel nicht verlesbar,177 denn es darf ausschließlich zum Nachweis der Körperverletzung verwendet werden. Nur wenn auszuschließen ist, dass die Verlesung des Attestes die Urteilsfindung über das andere Delikt beeinflussen kann – etwa, wenn das andere Delikt völlig aufgeklärt ist und nur Feststellungen zur Körperverletzung darauf gestützt werden sollen oder wenn die ärztliche Sicht zu Schlussfolgerungen auf das andere Delikt nichts beitragen kann178 –, ist die Verlesung nach dem Sinn der Regelung zulässig.179 Darauf, ob die Körperverletzung in der Anklageschrift erwähnt, in der Urteilsformel zum Ausdruck kommt oder nur bei Strafzumessung berücksichtigt wird, kommt es dann nicht an.180 Steht die Körperverletzung mit einem anderen Delikt in Tatmehrheit181 oder wird sie nur einem von mehreren Mitangeklagten zur Last gelegt,182 so kann – aber nur zu ihrem Nachweis – das Attest verlesen werden. Die Verlesbarkeit setzt andererseits aber nicht voraus, dass die im Attest bescheinigte 48 Körperverletzung Teil der Straftat ist, die dem Angeklagten zur Last liegt; verlesbar sind die Atteste auch, wenn sonst eine Körperverletzung verfahrenserheblich ist, etwa, weil sie der Angeklagte erlitten hat oder sie von einem Dritten begangen wurde.183 Insoweit ist dann allerdings der Inhalt des Attestes dafür maßgebend, dass es sich nicht auf eine schwere Körperverletzung im Sinne der §§ 226 ff. StGB bezieht.184 c) Enthält das Attest außer den Angaben über den Befund der Körperverletzung noch 49 zusätzliche Angaben, insbesondere ein Gutachten über deren Folgen oder die Heilungsaussichten, dürfen diese mit dem Attest verlesen werden.185 Zusätzliche Angaben, die nicht Gegenstand des Urkundenbeweises nach § 256 sein können, da es sich um ohne besondere Sachkunde feststellbare Zusatztatsachen handelt, dürfen jedoch nicht mitverlesen werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Arzt Angaben des Verletzten oder eines Dritten über die Entstehung der Körperverletzung, über das Verhalten des Verletzten, sein Eintreffen in der Arztpraxis, über den Krankheitsverlauf oder über den Zustand der Kleider des Verletzten in das Attest mit aufgenommen hat.186 Sollen aus der Art der Ver-
177
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180
Vgl. RGSt 26 38; RG JW 1935 542; BGH NJW 1980 651; StV 1984 142; VRS 32 (1967) 56; bei Dallinger MDR 1967 174; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 211; 1985 206; NJW 2012 694, 695 mit Anm. Heintschel-Heinegg JA 2012 73 und Trendelenburg ZJS 2012 261; KK/Diemer 8; KMR/Paulus 22; Meyer-Goßner 20; SK/Velten 28; a.A. AK/Rüping 15: zulässig, wenn Körperverletzung der gravierendere Vorwurf ist. BGH NJW 2012 694, 695 mit Anm. Heintschel-Heinegg JA 2012 73 und Trendelenburg ZJS 2012 261. BGHSt 33 389, 393 f.; BGH NJW 2012 694, 695 mit Anm. Heintschel-Heinegg JA 2012 73 und Trendelenburg ZJS 2012 261; Krumme LM Nr. 2 (Anm. zu BGHSt 4 155); Alsberg/Nüse/Meyer 307; Meyer-Goßner 20; zweifelnd HK/Julius 5. BGH 14.5.2002 – 3 StR 133/02 (insoweit
181 182 183
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nicht in BGHR StPO § 256 Abs. 1 Körperverletzung 4). BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 308; KMR/Paulus 22. KMR/Paulus 22. RGSt 35 162; Alsberg/Nüse/Meyer 308 m.w.N.; ferner etwa AK/Rüping 14; MeyerGoßner 18; Eb. Schmidt 9; a.A. SK/Velten 29. Alsberg/Nüse/Meyer 308. RGSt 19 364; RG JW 1891 505; Alsberg/ Nüse/Meyer 306 m.w.N.; Meyer-Goßner 19. RG GA 46 (1898/99) 199; JW 1903 218; Recht 1903 Nr. 1218; BGHSt 4 155 = LM Nr. 2 mit Anm. Krumme; BGH StV 1984 142; StraFo 2011 95 f.; BGH bei Dallinger MDR 1955 397; OLG Hamburg StV 2000 9; Alsberg/Nüse/Meyer 306; KK/Diemer 8; KMR/Paulus 23; Meyer-Goßner 19; SK/Velten 34; Eb. Schmidt 11.
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letzung Rückschlüsse auf die Tatbegehung gezogen werden, ist der Arzt als Zeuge zu vernehmen,187 sofern nicht die Beteiligten der Verlesung nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 zustimmen.188 Ist die Verlesung unstatthaft, dann darf der Inhalt des Attests auch nicht dadurch zu 50 Beweiszwecken in die Verhandlung eingeführt werden, dass der Vorsitzende ihn bekanntgibt189 oder dass andere Personen als der Aussteller über den Inhalt des Attestes als Zeugen vernommen werden.190 Unzulässig ist auch, ein solches Zeugnis zu Vorhalten zu verwenden mit dem Ziel, dass der Befragte aus eigenem Wissen von sich aus Art und Umfang der Körperverletzung glaubhaft bestätigen oder widerlegen kann.191 Ein Vorhalt mit Benutzung, aber ohne Bekanntgabe des Inhalts des Attests ist hingegen stets möglich.192 Im Übrigen schließt § 256 nicht aus, den Arzt oder andere Zeugen, die über die Körperverletzung Bescheid wissen, darüber als Zeugen zu vernehmen. Dies muss trotz Verlesbarkeit des Attestes geschehen, wenn besondere Umstände zu einer weiteren Sachaufklärung drängen. Im Freibeweisverfahren, vor allem zur Feststellung verfahrenserheblicher Tatsachen, ist die Verlesung ärztlicher Atteste nicht an die Einschränkungen des § 256 gebunden.193 Ist das Attest von einer ärztliche Aufgaben wahrnehmenden Behörde ausgestellt,194 gelten die Beschränkungen hinsichtlich der Verlesbarkeit ebenfalls nicht.
51
d) Vorlage des Attestes. Das Gesetz lässt die Verlesung der Atteste zur Verfahrenserleichterung, zur Entlastung der Ärzte und auch zur Kostenersparung für die nicht so schwerwiegenden Fälle zu, in denen es wesentlich nur darauf ankommt, die Richtigkeit der Angaben zu prüfen, die der Verletzte oder ein anderer über die Verletzung gemacht hat. Es begründet daher keinen Unterschied, ob das Attest von Anfang an zur Verwendung vor Gericht bestimmt war und ob es vom Angeklagten, von der Staatsanwaltschaft oder von einem Sachverständigen oder von einem Zeugen dem Gericht vorgelegt worden ist195 oder ob es das Gericht selbst erholt hat. Ein behördlicherseits vom Arzt angefordertes Attest darf auch dann verlesen werden, wenn der Arzt nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen worden ist.196
52
6. Ärztliche Berichte zur Entnahme der Blutprobe (Nr. 3). Ärztliche Berichte zur Entnahme der Blutprobe, also die vom Arzt bei Entnahme der Blutprobe getroffenen Feststellungen über Ort und Zeit der Entnahme und das Erscheinungsbild und das Verhalten des Betroffenen einschließlich seiner dabei gemachten Angaben, können nach Absatz 1 Nr. 3 ebenfalls durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt werden.197 Dies um-
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BGH NJW 1980 651; 2012 694, 695 mit Anm. Heintschel-Heinegg JA 2012 73 und Trendelenburg ZJS 2012 261; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 211. Meyer-Goßner 21. RG GA 61 (1914) 130; 64 (1917) 372; JW 1914 435; Recht 1925 Nr. 2570; Alsberg/Nüse/Meyer 307; KMR/Paulus 24. RGSt 14 4. AK/Rüping 20; Meyer-Goßner 21; a.A. BGH bei Holtz MDR 1993 9; KK/Diemer 8; KMR/Paulus 24; LR/Gollwitzer 25 44; Alsberg/Nüse/Meyer 307; Eisenberg (Beweisrecht) 2190; Schneidewin JR 1951 486.
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KMR/Paulus 24; Meyer-Goßner 21. BGH NStZ-RR 1997 304; KK/Diemer 8; KMR/Paulus 22; vgl. LR/Becker § 244, 36; LR/Sander/Cirener § 251, 71 ff. Hahn 196; zu Entstehungsgeschichte und Zweck dieser Regelung vgl. auch RGSt 39 286, 289 ff.; BGHSt 33 389, 391 ff. RGSt 19 364; RG Recht 1910 1469; Alsberg/ Nüse/Meyer 305; KMR/Paulus 20; MeyerGoßner 18. OLG Zweibrücken NJW 1968 2310. BGH bei Spiegel DAR 1979 186; Alsberg/ Nüse/Meyer 309; KK/Diemer 9; KMR/ Paulus 25; Meyer-Goßner 22; Rieß NJW 1975 87.
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fasst auch die dabei durchgeführten klinischen Tests.198 Damit entfällt der frühere Streit, ob diese für die Bestimmung des Blutalkoholgehalts wichtigen Tatsachen durch die Vernehmung des Sachverständigen, der den Blutalkoholgehalt begutachtet, in die Hauptverhandlung eingeführt werden müssen. Herkunft und Verfasser des Berichts müssen aber eindeutig feststehen,199 wobei genügen kann, dass dem nicht unterschriebenen Bericht eine vom selben Arzt erstellte und unterzeichnete Liquidation beigefügt ist.200 7. Sonstige Routinegutachten (Nr. 4). Die aufgrund allgemein anerkannter wissen- 53 schaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungssätze erstellten Routinegutachten201 über die Auswertung eines Fahrtschreiberdiagramms,202 über die Bestimmung der Blutgruppe oder des Blutalkoholgehalts einschließlich seiner Rückrechnung, dürfen zur Verfahrensvereinfachung und zur Entlastung der Gutachter 203 verlesen werden, auch wenn sie nicht von einer Behörde (amtliche Untersuchungsstelle, Universitätsinstitut) erstellt worden sind, sondern von einer privaten Stelle oder einem privaten Sachverständigen. Maßgebend für die Verlesbarkeit ist nur der Inhalt des Gutachtens. Ob ein Behördengutachten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1a vorliegt, ist nur noch von Bedeutung, wenn das Gutachten Feststellungen enthält, die über die inhaltliche Begrenzung der nach Absatz 1 Nr. 4 verlesbaren Erklärungen hinausgehen. Durch Verlesen in die Hauptverhandlung einführbar sind nach Absatz 1 Nr. 4 immer 54 nur die zum jeweiligen Gutachten gehörenden Befundtatsachen und Schlussfolgerungen sowie das gefundene Ergebnis. Dies schließt auch Feststellungen über das ordnungsgemäße Funktionieren des Fahrtschreibers204 oder über Besonderheiten der untersuchten Blutprobe mit ein.205 Sonstige Erkenntnisse, die außerhalb der standardisierten Untersuchung liegen, sowie sonstige Tatsachen, die der Sachverständige aus Anlass der Begutachtung festgestellt hat, können nicht durch Verlesen nach Absatz 1 Nr. 4 in die Hauptverhandlung eingeführt werden, sondern nur durch Vernehmung des Sachverständigen.206 Dies gilt etwa für Feststellungen über Manipulationen am Fahrtschreiber.207 Vor Verwertung der verlesenen Gutachten bei der Beweiswürdigung ist stets zu prüfen, 55 ob die ihm zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen noch dem Ergebnis der Beweisaufnahme entsprechen. Dies gilt vor allem bei der Rückrechnung des Blutalkoholgehalts. Ist dies nicht der Fall und kann das Gericht die Auswirkungen der veränderten Sachlage nicht aus eigener Sachkunde sicher beurteilen, muss es in Erfüllung seiner Aufklärungspflicht den Sachverständigen in der Hauptverhandlung hören oder ein neues, der veränderten Beweislage Rechnung tragendes Gutachten einholen. Auch sonst können Unstimmigkeiten oder ein konkreter Verdacht von Unregelmäßigkeiten die persönliche Anhörung des Sachverständigen erfordern.208
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BGH bei Spiegel DAR 1979 186; Rieß NJW 1975 87 Fn. 86; KK/Diemer 9; KMR/Paulus 25; Meyer-Goßner 22; SK/Velten 30. BayObLGSt 1988 89 = StV 1989 6; MeyerGoßner 22. BGH StraFo 2007 331. Begr. zu Art. 1 Nr. 75 des 1. StVRG, BTDrucks 7 551 S. 81. Mit Auswertung des Fahrtschreibers ist die Auswertung der Aufzeichnungen dieses Geräts gemeint; OLG Celle JR 1978 122 mit Anm. Puppe; Alsberg/Nüse/Meyer 308; KK/Diemer 9; Meyer-Goßner 24.
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KK/Diemer 9. OLG Celle JR 1978 122 mit abl. Anm. Puppe; Alsberg/Nüse/Meyer 309; KK/Diemer 9; KMR/Paulus 25; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 31; Schlüchter 537 Fn. 484. Alsberg/Nüse/Meyer 309; KMR/Paulus 25; Meyer-Goßner 25. Alsberg/Nüse/Meyer 309; Puppe JR 1978 122; KK/Diemer 43. OLG Celle JR 1978 122 mit Anm. Puppe; w.N. vgl. Fn. 204. Zu den Erfordernissen der Aufklärungspflicht vgl. LR/Becker § 244, 89.
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8. Protokolle und Erklärungen über Ermittlungshandlungen (Nr. 5). Die durch das 1. JuMoG neu eingeführte Vorschrift 209 ermöglicht die Verlesung von Protokollen und Vermerken der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, um deren Angehörige, insbesondere Polizeibeamte zu entlasten (zur Kritik s. Rn. 8) als Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus Anlass des Verfahrens entstandene Schriftstücke nicht unter § 256 fallen (Rn. 35). Auch diese Ausnahmeregelung ist eng auszulegen. Aus Anlass des Verfahrens entstandene Schriftstücke, die nicht nach Nr. 5 verlesen werden können, können wie bisher auch nicht nach Nr. 1a verlesen werden (Rn. 35 f.). Strafverfolgungsbehörden sind Staatsanwaltschaft und Polizei. Nach Nr. 5 können 57 weder Protokolle und Erklärungen des Gerichts noch der Gerichtshilfe oder Jugendgerichtshilfe verlesen werden; zwar ist die Gerichtshilfe ein besonderes Ermittlungsorgan210 und die Jugendgerichtshilfe ein Prozessorgan eigener Art,211 aber beide sind keine Strafverfolgungsbehörden. Unter Ermittlungshandlungen verstand der Gesetzgeber Routinevorgänge wie Beschlagnahmen, Spurensicherung, Festnahmen, Sicherstellungen, Hausdurchsuchungen usw.212 Dazu gehören auch Vermerke über die Erstattung einer Strafanzeige,213 technische Auswertungen von Messungen im Straßenverkehr214 wie die des Video-Brücken-Abstandsmessverfahrens,215 aber keinesfalls polizeiliche Vermerke über Auswertungen von Videoaufzeichnungen einer Überwachungskamera in einem Kaufhaus, die das Gericht selbst in Augenschein nehmen muss216. Der Wortlaut umfasst sowohl Vorgänge, die das anhängige Verfahren betreffen, als auch solche aus anderen Verfahren.217 Die problematische Vorschrift dürfte nur bei zurückhaltender Anwendung mit der Aufklärungspflicht des Gerichts vereinbar sein, nötigenfalls müssen die übrigen Verfahrensbeteiligten durch Beweisanträge auf Aufklärung hinwirken (näher Rn. 8). Protokolle über Vernehmungen sind von der Verlesungserlaubnis ausdrücklich ausge58 schlossen und unterfallen weiterhin allein §§ 251 ff., deren differenzierte Regelung der Gesetzgeber nicht außer Kraft setzen wollte.218 Auch sonstige Vermerke oder Berichte dürfen nicht verlesen werden, soweit darin der Inhalt einer Vernehmung wiedergegeben wird.219 Der Begriff der Vernehmung ist hier weit auszulegen und umfasst auch informatorische Befragungen.220
III. Sonstige Verfahrensfragen 59
1. Die Anordnung der Verlesung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (Kann-Vorschrift, Rn. 3 f.).221 Sie erlässt in den Fällen des Absatzes 1 der Vorsitzende. Widerspricht ein Verfahrensbeteiligter der Verlesung, so entscheidet darüber das Gericht nach § 238 Abs. 2. Gleiches gilt, wenn der Vorsitzende die Verlesung ablehnt und der Antragsteller dagegen das Gericht anruft.222 Eine Zustimmung der Verfahrensbeteiligten
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BTDrucks. 15 1508 S. 26. Vgl. BGH NStZ 2008 709; LR/Erb § 160, 75 ff. Brunner/Dölling § 38, 1b JGG; Eisenberg § 38, 23 JGG, jew. m.w.N. BTDrucks. 15 1508 S. 26. BGH NStZ 2008 529 = StV 2008 506. Vgl. OLG Hamm ZfSch 2008 408. OLG Stuttgart NStZ-RR 2007 382, 385 = VRS 113 (2007) 124.
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OLG Düsseldorf StV 2007 518 f.; KK/Diemer 9a. Meyer-Goßner 26. BTDrucks. 15 1508 S. 26. BTDrucks. 15 1508 S. 26. Meyer-Goßner 26; Knauer/Wolf NJW 2004 2932, 2936. Hahn 1562; KK/Diemer 10. KK/Diemer 11; Meyer-Goßner 29.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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ist für die Verlesung nicht erforderlich. Das Verlesen selbst ist grundsätzlich Sache des Gerichts (Vorsitzender, Beisitzer); ob auch ein Zeuge ein nicht von ihm stammendes Attest verlesen darf, erscheint fraglich;223 allerdings wird in solchen Fällen bei richtiger Wiedergabe des Inhalts ausgeschlossen werden können, dass dadurch der Inhalt des Urteils beeinflusst worden ist. Die Rechtsprechung hält es für zulässig, wenn an Stelle des wörtlichen Verlesens der 60 Inhalt der Schrift vom Vorsitzenden oder von einem beisitzenden Richter bekanntgegeben wird.224 Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden.225 Das Selbstleseverfahren ist durch § 249 Abs. 2 Satz 1 jetzt zugelassen. 2. In der Sitzungsniederschrift ist Anordnung und Ausführung der Verlesung einer 61 unter Absatz 1 fallenden Erklärung unter genauer Bezeichnung des verlesenen Schriftstücks als wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens ausdrücklich zu beurkunden;226 einer Wiedergabe des Inhalts der verlesenen Schrift bedarf es nicht. Zu beurkunden ist auch Anordnung und Durchführung des Selbstleseverfahrens227 sowie, wenn ein Beteiligter das Gericht nach § 238 Abs. 2 angerufen hat, dessen darauf ergangene Entscheidung. Ein Vermerk, wonach „festgestellt wird, dass eine bestimmte Blutalkoholkonzentration ermittelt“ worden ist, bezeugt nicht die Verlesung.228 Hält man den Ersatz der Verlesung durch einen Bericht des Vorsitzenden für zulässig, ist auch dieser unter genauer Bezeichnung der jeweiligen Schrift im Protokoll zu vermerken.229 Die gleichen Grundsätze gelten auch, wenn das Gutachten einer kollegialen Fachbehörde (Absatz 2) durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt wird und deren anwesender Vertreter das Gutachten mündlich erläutert; dessen Anwesenheit und Erklärungen zum Inhalt des verlesenen Gutachtens sind keine wesentlichen Förmlichkeiten. Nur wenn er sich darüber hinaus auch als persönlicher Sachverständiger äußert, ist diese Tatsache eine zusätzlich im Protokoll zu beurkundende wesentliche Förmlichkeit, wobei in den von § 273 Abs. 2 erfassten Fällen dann auch das wesentliche Ergebnis seiner Ausführungen als persönlicher Sachverständiger aufzunehmen ist. 3. Einwirkung allgemeiner Beweisgrundsätze. Ist die Verlesung einer Erklärung oder 62 eines Attestes nach § 256 zulässig, dann ist dem Beweiserhebungsanspruch genügt, wenn diese Erklärung verlesen wird. Das Gericht darf den Antrag auf persönliche Vernehmung des Ausstellers der Erklärung oder des Attestes ablehnen, sofern nicht besondere Umstände diese nach § 244 Abs. 2 geboten erscheinen lassen.230 Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze. So darf ein Beweisantrag auf Einholung der Erklärung einer
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225 226
OLG Koblenz VRS 62 (1982) 287 hält dies für unschädlich; vgl. Alsberg/Nüse/Meyer 314 (nur in Ausnahmefallen: Verfasser einer schwer lesbaren Handschrift). Vgl. etwa BGHSt 1 94; OLG Düsseldorf VRS 59 (1980) 269; OLG Hamm NJW 1969 572; KG VRS 14 (1958) 453; OLG Köln VRS 73 (1987) 136; Meyer-Goßner 29; a.A. AK/Rüping 19; SK/Velten 34; Eb. Schmidt 2; vgl. LR/Mosbacher § 249, 45. Zum Streitstand vgl. LR/Mosbacher § 249, 44 ff. OLG Koblenz DAR 1973 274; KK/Diemer 11; KMR/Paulus 29.
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Vgl. LR/Mosbacher § 249, 78 ff. OLG Koblenz DAR 1973 274; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 123; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 16. Meyer-Goßner § 249, 27; § 273, 9 m.w.N.; vgl. bei § 249. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295; BayObLGSt 1952 228 = NJW 1953 194; Alsberg/Nüse/Meyer 296 Fn. 415 (Antrag ist der Sache nach kein Beweisantrag); Rogall FS Gössel 511, 527 Fn. 135 (Beweisanregung); a.A. SK/Velten 12 ff. mw.N.
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öffentlichen Behörde nicht abgelehnt werden, weil das Gegenteil der zu beweisenden Tatsachen feststehe.231 Ob der Antrag, zusätzlich zu dem in Form des Urkundenbeweises verlesenen Behördengutachten einen weiteren Sachverständigen zu hören, als Antrag nach § 244 Abs. 3; Abs. 4 Satz 1 zu behandeln ist 232 oder, was trotz der verschiedenen Beweismittel näher liegt, als Antrag auf Anhörung eines weiteren Gutachters nach § 244 Abs. 4 Satz 2,233 dürfte in der Praxis keine große Rolle spielen. In solchen Fällen wird in der Regel zu fordern sein, dass erst ein Vertreter der Behörde das Gutachten mündlich erläutert, sofern nicht die Aufklärungspflicht ohnehin ein weiteres Gutachten erfordert.234 Bei der Beweiswürdigung ist das Gericht auch gegenüber den Zeugnissen öffentlicher 63 Behörden und den ärztlichen Attesten völlig frei; insbesondere kommt dem Zeugnis einer öffentlichen Behörde keine erhöhte Beweiskraft zu.235
IV. Vertretung des Gutachtens einer kollegialen Fachbehörde (Absatz 2) 64
1. Voraussetzung des Absatzes 2 ist, dass ein schriftliches Gutachten einer Kollegialbehörde Gegenstand der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ist und dort zu Beweiszwecken verlesen wird.236 Die Verlesung des Gutachtens soll durch die Vernehmung des Mitglieds der Behörde nur ergänzt, nicht aber ersetzt werden.237
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2. Ersuchen des Gerichts. Ob die Fachbehörde um Benennung eines Mitglieds zu ersuchen ist, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung seiner Aufklärungspflicht. Bei Vorbereitung der Hauptverhandlung hat regelmäßig der Vorsitzende bei der Ladung der Beweispersonen nach §§ 214, 221 darüber zu befinden, ob er ein solches Ersuchen an die Behörde richten will.238 Das Ersuchen kann aber auch bereits bei Einholen des schriftlichen Gutachtens an die Behörde gerichtet werden. Die Auswahl des Mitglieds, das die Kollegialbehörde vertritt, muss der Behörde vor66 behalten bleiben. Das von ihr erstattete Gutachten stellt in der Regel die Meinung der Mehrheit dar.239 Ein Mitglied, dessen Meinung in der Minderheit geblieben ist, wird deshalb in der Regel von der Behörde nicht benannt werden.240 Da es sich um ein Behördengutachten handelt, ist die Auswahl des Vertreters Sache der Behörde und nicht des Gerichts,241 das allenfalls die Beauftragung einer bestimmten Person anregen kann.242
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RG JW 1930 3417; vgl. LR/Becker § 244, 181 ff. Gössel DRiZ 1980 374 nimmt dies wegen der Verschiedenartigkeit des Beweismittels an; zur Unterschiedlichkeit der Beweismittel vgl. Alsberg/Nüse/Meyer 301; Rn. 1. So jetzt BGHSt 52 322 f.; a.A. Rogall FS Gössel 511, 526 f. Bei mündlicher Erläuterung in der Hauptverhandlung hält auch Gössel DRiZ 1980 375 den § 244 Abs. 4 Satz 2 für anwendbar; er weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass auch bei Anwendbarkeit des § 244 Abs. 4 Satz 1 das Gericht die Ablehnung auf die durch das Behördengutachten gewonnene eigene Sachkunde stützen kann.
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Dästner MDR 1979 545. RGSt 39 141; Eb. Schmidt 13. Hahn 870, 1348; Gössel DRiZ 1980 370 (streng akzessorisch); dazu Rogall FS Gössel 511, 516 ff. KK/Diemer 12; Meyer-Goßner 28. Es kann auch Kollegialbehörden geben, die Einstimmigkeit fordern. Vgl. RGSt 44 400. Ahlf MDR 1978 982; Gössel DRiZ 1980 375; Leineweber MDR 1980 7; Seyler GA 1989 546, 551; KMR/Paulus 31; SK/Velten 36. Davon zu unterscheiden ist die Bestellung eines Behördenangehörigen als persönlichen Sachverständigen, vgl. Rn. 69.
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Befugt zu dem Ersuchen ist nur das Gericht, nicht aber die anderen Verfahrensbetei- 67 ligten,243 die ein solches Ersuchen bei Gericht anregen können. Das Gericht ist an die von der Fachbehörde getroffene Wahl auch dann gebunden, wenn die Fachbehörde ohne ein solches richterliches Ersuchen ihm mitteilt, welches ihrer Mitglieder befugt ist, das Gutachten im Bedarfsfall zu vertreten. Es hat nicht die Möglichkeit, ein anderes Mitglied dieser Behörde zur Vertretung des Gutachtens zu laden.244 Die Fachbehörde wird durch § 256 nicht verpflichtet, dem Ersuchen stattzugeben, 68 selbst nicht unter den Voraussetzungen des § 75.245 Kommt sie dem Ersuchen nicht nach, so kann das Gericht zwar die ihr übergeordnete Behörde im Aufsichtsweg um Abhilfe ersuchen,246 solange aber kein Mitglied benannt ist, hat es nur die Wahl, sich mit der Verlesung des Gutachtens zu begnügen oder auf die Verlesung zu verzichten und einen anderen Sachverständigen zuzuziehen. 3. Der Beauftragte des Kollegiums hat in der Hauptverhandlung bei der mündlichen 69 Erläuterung des Behördengutachtens die Funktion eines Sachverständigen.247 Er wird dabei aber für die Gutachten erstattende Behörde tätig, nicht als persönlicher Sachverständiger. Er kann deshalb nicht als Vertreter der Kollegialbehörde den Gutachtereid leisten.248 Seine Beeidigung kommt nur in Betracht, soweit er über die Erläuterung des Inhalts des Behördengutachtens hinaus als persönlicher Gutachter bestellt und tätig wird.249 Dann kann die Berufung auf den Diensteid nach § 79 Abs. 3 in Frage kommen, sofern die Gutachtenerstattung Dienstaufgabe der Fachbehörde ist.250 Eine Ablehnung des Behördengutachtens wegen Befangenheit der Behörde ist nicht möglich.251 Ob dagegen ihr Vertreter, der in der Hauptverhandlung das Gutachten erläutert, nach § 72 abgelehnt werden kann, ist strittig,252 aber zu bejahen, da auch eine Behörde nur durch unbefangene Personen handeln darf.253
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RGSt 39 141; Gössel DRiZ 1980 375; KMR/Paulus 32; Meyer-Goßner 28. RGSt 44 400; SK/Velten 36; Eb. Schmidt 13. AK/Rüping 25; HK/Julius 12; Meyer-Goßner 28; a.A. Gössel DRiZ 1980 375 (Behörde gem. § 75 zur Benennung verpflichtet); Seyler GA 1989 546, 550. RGSt 44 400; KMR/Paulus 32. Meyer-Goßner 28; Eb. Schmidt 13; ähnl. SK/Velten 36; a.A. Rogall FS Gössel 511, 517 ff., 522 f. (freibeweisliche Struktur). KMR/Paulus 32; Gollwitzer FS Weißauer 23, 33; Gössel DRiZ 1980 376; Leineweber MDR 1980 9; Rogall FS Gössel 511, 523 f. Zulässig, vgl. Gössel DRiZ 1980 376; AK/Rüping 25; KMR/Paulus 32; Jessnitzer/ Ulrich 88. Das Behördengutachten bleibt daneben weiterhin verwertbar. Zum Erfordernis einer Aussagegenehmigung vgl. § 54, 5 ff.; ferner Ahlfs MDR 1978 982; Dästner MDR 1979 546; Gössel DRiZ 1980 375. KMR/Paulus 33; Meyer-Goßner § 83, 5; Eb. Schmidt 13. Ahlfs MDR 1978 983; Gössel MDR 1980 375; Rogall FS Gössel 511, 524; AK/Rüping
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22; vgl. ferner Dästner MDR 1979 547; auch zur Verwendbarkeit eines Gutachtens, das behördenintern von einem Beamten erstellt wurde, der nach den für das Verwaltungshandeln maßgebenden Vorschriften (etwa §§ 20, 21 VwVfG) im konkreten Fall nicht hätte tätig werden dürfen; insoweit ist aber entscheidend, für welchen Zweck das Gutachten erstellt wurde. Zu den ähnlichen Fragen bei § 406 ZPO vgl. die einschlägigen Kommentare m.N. zur Rspr. sowie bei § 74. OLG Hamm GA 71 (1927) 116; Dästner MDR 1979 545; Gössel DRiZ 1980 375 (Sachverständigenstellung) nehmen dies an; a.A. Ahlfs MDR 1978 981 (Erläuterung keine eigenverantwortliche Sachverständigentätigkeit, nur von untergeordneter Bedeutung, Vereinfachungszweck des § 256 in Frage gestellt); Leineweber MDR 1980 9 (Sache des Dienstherrn); Rogall FS Gössel 511, 525. Vgl. bei § 74. SK/Velten 36. Vgl. §§ 20, 21 VwVfG und die vergleichbaren Vorschriften mit den für die Behörde jeweils maßgebenden Regelungen. Das Gericht, das die mündliche
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4. Monokratisch organisierte Behörden fallen nicht unter § 256 Abs. 2. Aber auch hier ist es grundsätzlich Sache der Behörde, durch welchen Bediensteten sie sich bei der Erläuterung ihres Gutachtens in der Hauptverhandlung vertreten lässt.254 Der Beauftragte muss selbst sachkundig sein. Bei einem mehrere Sachgebiete umfassenden Behördengutachten müssen deshalb unter Umständen mehrere Behördenangehörige für die Vertretung des Gutachtens vor Gericht benannt werden.255 Für den Behördenvertreter gelten hinsichtlich Beeidigung und Ablehnung die gleichen Grundsätze wie beim Vertreter einer Kollegialbehörde.256
V. Revision 71
1. Verstoß gegen §§ 250, 256. Werden Erklärungen einer Behörde oder ärztliche Zeugnisse verlesen, die nach § 256 nicht verlesen werden dürfen, so kann dieser Verfahrensfehler die Revision begründen,257 wenn das verlesene Schriftstück im Urteil für eine Sachentscheidung verwendet wurde und nicht nur im Freibeweisverfahren als Grundlage für eine Verfahrensentscheidung.258 Ein Verstoß gegen § 250 Satz 2 kann auch vorliegen, wenn ein nur zum Teil nach § 256 verlesbares Schriftstück vollständig verlesen wurde.259 Bei der Begründung der Rüge ist das verlesene Schriftstück genau zu bezeichnen und sein Inhalt soweit erforderlich, also ggf. vollständig mitzuteilen,260 und darzulegen, dass das Schriftstück für eine Sachentscheidung verwertet wurde, ohne dass § 256 oder eine andere Ausnahme von § 250 Satz 2 die Verlesung gestattet hat.261 Wird behauptet, dass das verlesene Schriftstück nicht von einer Behörde stammt, kann das vom Revisionsgericht im Wege des Freibeweises geklärt werden.262 Da § 256 zwingendes Recht ist, hängt die Zulässigkeit der Rüge auch nach der vorherrschenden Meinung nicht davon ab, dass gegen die Anordnung des Vorsitzenden das Gericht nach § 238 Abs. 2 angerufen wurde.263 Ob auszuschließen ist, dass das Urteil auf dem Verstoß beruht, ist im Einzelfall
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Anhörung angeordnet hat, muss begründeten Bedenken gegen den Behördenvertreter im eigenen Verfahren Rechnung tragen, auch wenn es dessen Auswahl nicht beeinflussen konnte. Dies kann schon deshalb nicht dem jeweiligen Verwaltungsverfahren überlassen bleiben, weil die im Strafverfahren Ablehnungsberechtigten nicht notwendig Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens sind; selbst wenn dies der Fall wäre, könnten sie die fehlerhafte Beauftragung des betreffenden Bediensteten nur im Zusammenhang mit der Anfechtung der Hauptsache geltend machen; vgl. die Kommentare zu den §§ 20, 21 VwVfG; ferner Gollwitzer FS Weißauer 34. Ahlfs MDR 1978 982; Gössel DRiZ 1980 374; Seyler GA 1989 546, 551; vgl. Rn. 28. Vgl. LR/Sander/Cirener § 250, 32. Ahlfs MDR 1978 982; vgl. Rn. 69, vor allem Fn. 252 f. BGHSt 4 155; BGH NJW 1980 651; StV 1988 469; HK/Julius 18; KK/Diemer 13; Meyer-Goßner 30; SK/Velten 37.
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BGH NStZ-RR 1997 304 mit Hinweisen zur Rügebegründung; s.a. KK/Diemer 13. BGHSt 4 155. Vgl. BGH 3.12.1997 – 3 StR 599/97 (zit. bei Miebach NStZ-RR 1999 1, 5); KK/Diemer 13. BGH StV 1990 345 (L), OLG Düsseldorf StV 1995 120 mit Anm. Hellmann; OLG Hamm NZV 2010 215; HK/Julius 18; vgl. Widmaier StraFo 2006 437, 440. Dies ist in jedem Fall ratsam, auch wenn ausweislich des Protokolls kein anderer Verlesungsgrund, insbesondere nicht § 251 Abs. 1 Nr. 1 vorlag. Vgl. auch BGH StraFo 2009 425. BGH VRS 44 (1973) 32, 39; OLG Düsseldorf StV 1983 273 mit Anm. Neixler; HK/Julius 18; Meyer-Goßner 30. OLG Düsseldorf StV 1983 273 mit Anm. Neixler; KMR/Paulus 34; Meyer-Goßner 30.
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§ 257
zu prüfen264 und etwa bei unzulässiger Verlesung eines ärztlichen Attests265 kaum zu verneinen. Bei einer urteilstragenden Tatsache kann dies nur ausgeschlossen werden, wenn feststeht, dass diese zugleich noch auf eine andere Weise zulässig und beweiskräftig 266 in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist.267 Ein Verstoß gegen § 256 a.F. ist unschädlich, wenn die Revisionsentscheidung erst nach Inkrafttreten des 1. JuMoG ergeht und die Verlesung nach § 256 n.F. erlaubt gewesen wäre.268 2. § 261 ist verletzt, wenn das Gericht eine Urkunde zu Beweiszwecken verwendet 72 hat, obwohl sie ausweislich des Protokolls nicht zu Beweiszwecken in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, so auch, wenn danach nur Teile einer Äußerung oder eines Gutachtens verlesen wurden, das Urteil sich aber auf den Gesamtinhalt gründet.269 Der Verstoß gegen § 261 entfällt nicht etwa deshalb, weil der Inhalt des Gutachtens in der Hauptverhandlung erörtert und nicht bestritten worden ist.270 3. Als Verletzung der Aufklärungspflicht gem. § 244 Abs. 2 kann beanstandet wer- 73 den, wenn sich das Gericht mit der Verlesung einer nach § 256 verlesbaren Urkunde begnügt, obwohl die Umstände des Einzelfalls es nahelegen, den Aussteller als Zeugen zu hören.271 Die Aufklärungspflicht kann aber auch verletzt sein, wenn das Gericht ein vorliegendes und nach § 256 verlesbares beweiserhebliches Schriftstück nicht zu Beweiszwecken herangezogen272 oder nur zum Vorhalt273 benutzt hat.
§ 257 (1) Nach der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung soll der Angeklagte befragt werden, ob er dazu etwas zu erklären habe. (2) Auf Verlangen ist auch dem Staatsanwalt und dem Verteidiger nach der Vernehmung des Angeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären. (3) Die Erklärungen dürfen den Schlußvortrag nicht vorwegnehmen.
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Vgl. etwa BGH StV 1982 59 mit Anm. Schwenn (nur Rechtsfolgenausspruch); KG StV 1983 273. BGH StV 2007 569. Die Bestätigung einer Tatsache nach Vorhalt reicht vor allem dann nicht, wenn der Betreffende deren Richtigkeit selbst gar nicht beurteilen kann, wie etwa bei der Feststellung des Blutalkoholgehalts, vgl. Rn. 50. Vgl. OLG Düsseldorf StV 2007 518, 519 (Verlesung nur Hilfserwägung). BayObLG NJW 2005 1592; vgl. allg. LR/Hanack 25 § 354a, 6 m.w.N. BGH StV 1991 549; 2001 667; BayObLG 2003 152, 153; OLG Schleswig bei
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Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 123; vgl. auch BGH NStZ 2010 466, 467. A.A. OLG Düsseldorf StV 1995 210 mit abl. Anm. Hellmann. BGHSt 1 96; OLG Karlsruhe Justiz 1981 404; vgl. BayVerfGH BayVBl. 2007 757, 758; KK/Diemer 13; KMR/Paulus 34; Meyer-Goßner 30; ferner HK/Julius 20 mit dem Hinweis auf mögliche negative Auswirkungen einer unterlassenen Antragstellung auf die Aufklärungsrüge; vgl. dazu LR/Becker § 244, 50; 362. Vgl. LR/Becker § 244, 65 ff.; 368. BGH StraFo 2006 291.
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Schrifttum Burhoff Fragerecht, Erklärungsrecht und Schlußvortrag des Verteidigers in der Hauptverhandlung, ZAP 1984 831; Burkhard Erklärungsrecht des Verteidigers, § 257 Abs. 2 StPO, StV 2004 390; Dahs Vertretung des Angeklagten durch seinen Verteidiger bei Erklärungen gemäß § 257 StPO, NJW 1962 2238; Dahs Die Ausweitung des Widerspruchserfordernisses, StraFo 1998 253; Hammerstein Verteidigung in jeder Lage des Verfahrens, FS Salger 293; Hammerstein Die Grenzen des Erklärungsrechtes nach § 257, FS Rebmann 233; Hartwig Strafprozessuale Folgen des verspäteten Widerspruchs gegen eine unzulässige Beweisverwendung, JR 1998 359; Hohmann Das Erklärungsrecht von Angeklagtem und Verteidiger nach § 257 StPO, StraFo 1999 153; Kiel Neues Verwertungsverbot bei unverstandener Beschuldigtenbelehrung und neue Tücken für die Verteidigung, NJW 1999 1267; Kindhäuser Rügepräklusion durch Schweigen im Strafverfahren, NStZ 1987 529; Leipold Form und Umfang des Erklärungsrechts nach § 257 StPO und seine Auswirkungen auf die Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofes, StraFo 2001 300; Meyer-Goßner/Appl Die Ausweitung des Widerspruchserfordernisses, StraFo 1998 258; E. Müller § 257 Abs. 3 StPO – Eine überflüssige Norm, FS Fezer 153; Wesemann Beanstandungs- und Erklärungsrechte zur Schaffung von Freiräumen der Verteidigung, StraFo 2001 293.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift bestand ursprünglich, als § 256, nur aus dem jetzigen Absatz 1 in einer etwas weiteren Fassung: „Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten, sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstücks soll der Angeklagte befragt werden, ob er etwas zu erklären habe.“
Art. 7 Nr. 11 StPÄG dehnte 1964 das Erklärungsrecht auf Verteidiger und Staatsanwalt, jedoch ohne eine ausdrückliche Begrenzung auf die Beweisaufnahme vorzusehen, durch Einfügung eines § 257a aus, welcher lautete: „Auf Verlangen ist dem Staatsanwalt und dem Verteidiger Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben.“
Die Neufassung durch Art. 1 Nr. 12 des 1. StVRErgG 1974 hat diesen § 257a als Absatz 2 nach § 257 mit etwas einschränkendem Wortlaut übernommen, da beide Absätze nun klarstellen, dass sich die Erklärungen auf die vorhergehende Beweiserhebung („dazu“) beziehen müssen, während der neue Absatz 3 zur Vermeidung von Missbrauch ausdrücklich hervorhebt, dass die Schlussvorträge nicht vorweggenommen werden dürfen. Art. 1 Nr. 18 StVÄG 1987 hat Absatz 1 neu gefasst, um klarzustellen, dass der Angeklagte nach jeder Beweiserhebung und nicht nur nach den in der früheren Fassung aufgezählten Beweiserhebungsvorgängen befragt werden soll. Bezeichnung des Absatzes 1 bis 1924: § 256.
Übersicht Rn. 1. Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . 2. Erklärungsrecht des Angeklagten (Absatz 1) a) Berechtigte . . . . . . . . . . . . b) Fragepflicht des Vorsitzenden . . . c) Einlassung zur Sache . . . . . . . 3. Erklärung von Staatsanwaltschaft und Verteidiger (Absatz 2) a) Berechtigte . . . . . . . . . . . . b) Keine Fragepflicht des Vorsitzenden 4. Grenzen des Erklärungsrechts . . . .
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Rn. a) Zeitliche Grenzen . . . . . . . . . . . b) Sachliche Grenzen . . . . . . . . . . . c) Insbesondere: Keine Vorwegnahme der Schlussvorträge (Absatz 3) . . . . . . d) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verfahren a) Sachleitungsbefugnis des Vorsitzenden b) Anrufung des Gerichts . . . . . . . . 6. Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Revision . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Bedeutung der Vorschrift. Das inhaltlich begrenzte Erklärungsrecht des Angeklag- 1 ten nach Absatz 1 kann seine Anhörung zur Sache (§ 243 Abs. 5) ergänzen und steht zeitlich zwischen dem Fragerecht an Zeugen und Sachverständige (§§ 240 Abs. 2, 241a Abs. 2) und den Schlussvorträgen (§ 258). Die Möglichkeit, unmittelbar nach jeder Vernehmung eines Mitangeklagten und nach jeder Beweiserhebung – und nicht erst nach Abschluss der gesamten Beweisaufnahme – zu dieser Stellung zu nehmen, war als Ersatz für die frühere Spezialinquisition und Gewährleistung einer „richtigen kontradiktorischen Behandlung der Beweise“ gedacht.1 Die spätere Einräumung eines entsprechenden Erklärungsrechts für Staatsanwalt und Verteidiger durch Absatz 2 ist folgerichtig. Der Zweck der Vorschrift liegt aus heutiger Sicht in der Sicherung der Mitwirkungsrechte und damit der Subjektstellung der Beteiligten (Rn. 2),2 womit zugleich dem Gebot eines fairen Verfahrens Rechnung getragen wird, sowie in der Förderung der Sachaufklärung (Rn. 3). Absatz 1 trägt zur Erfüllung des Anspruchs des Angeklagten auf rechtliches Gehör 2 (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 EMRK)3 und, ebenso wie das Erklärungsrecht des Verteidigers aus Absatz 2, auf effektive Verteidigung bei, die somit nicht auf eine bloße „Schlussverteidigung“ beschränkt ist. Die Bedeutung der Vorschrift liegt dabei weniger in der Gewährung des rechtlichen Gehörs überhaupt (dies sichert § 258), sondern gerade zu dem Zeitpunkt, in dem die Anhörung für die Verteidigung regelmäßig am wirkungsvollsten ist.4 Eine unmittelbar dem Beweismittel oder der Äußerung des Mitangeklagten folgende Stellungnahme ist eindrucksvoller und wirksamer als eine erst später abgegebene, weil der Sinneseindruck vom jeweiligen Beweismittel allen Beteiligten noch unmittelbar präsent ist.5 Darin liegt namentlich bei umfangreichen und langwierigen Verfahren ein großer Vorzug im Vergleich zum viel späteren Schlussvortrag.6 Außerdem ist so auch die Gefahr am geringsten, dass der Angeklagte – ebenso wie nach Absatz 2 Verteidiger und Staatsanwalt – später eine für notwendig erachtete Stellungnahme zu einer Vernehmung oder verlesenen Schrift versehentlich unterlässt. Zugleich kann mit einer unmittelbar anschließenden Erklärung der vorschnellen Festlegung des Gerichts auf vorläufige Beweisergebnisse entgegengewirkt7 sowie ein „offenes Rechtsgespräch“ mit dem Gericht 8 – worauf allerdings kein Anspruch besteht (Rn. 33) – angeregt werden. Schließlich werden die Schlussvorträge entlastet und Wiederholungen vermieden. Weiterhin kann die unmittelbare Stellungnahme des Angeklagten sowie von Staats- 3 anwalt und Verteidiger auch die Sachaufklärung fördern9 auf zweifache Weise: Indem § 257 sogleich im Anschluss an jede Beweiserhebung Klarstellungen, Ergänzungen oder Korrekturen durch die Prozessbeteiligten erlaubt, können zum einen neue Gesichtspunkte und Zusammenhänge oder Widersprüche aufgezeigt und so der weitere Gang der Beweis-
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Vgl. Hahn 864. Vgl. BVerfGE 64 135, 144; HK/Julius 1; KMR/Stuckenberg 3; Hammerstein FS Rebmann 233 f.; Hohmann StraFo 1999 153, 154. Vgl. Dahs NJW 1962 2238, 2240; Schroeder NJW 1987 301, 302; Hamm 1098; AK/Rüping 2; HK/Julius 1; KK/Diemer 1; KMR/Stuckenberg 1, 3; Meyer-Goßner 1; SK/Velten 2. Dahs (Hdb.) 520; Hammerstein FS Rebmann 233 (Verteidigungsrecht mit ähnlichem, wenn
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nicht höherem Stellenwert als § 258); Hohmann StraFo 1999 153 f. (mit Hinweis auf zu seltene Nutzung durch Verteidiger); s.a. Burkhard StV 2004 390, 395. Hahn 864; KMR/Stuckenberg 1; LR/Gollwitzer 25 1. Burkhard StV 2004 390, 395. Hammerstein FS Rebmann 233, 234; HK/Julius 1; KMR/Stuckenberg 2. HK/Julius 2; Hohmann StraFo 1999 153, 154. HK/Julius 1; KMR/Stuckenberg 2, 3; MeyerGoßner 1; Schlothauer StV 1994 468, 469.
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aufnahme in geeigneter Weise beeinflusst werden – was nicht möglich wäre, wenn solche Hinweise erst im Schlussvortrag zur Sprache kommen dürften. Zum anderen kann die Erklärung des Angeklagten seine Vernehmung zur Sache (§ 243 Abs. 5 Satz 2) ergänzen und damit insoweit selbst zum Beweismittel werden (Rn. 11). Absatz 3 will der Gefahr eines Missbrauchs der Erklärungsrechte für verfahrensfrem4 de Zwecke, insbesondere der Gefahr einer Verfahrensverschleppung durch uferlose Erklärungen, vorbeugen. Die Neufassung hat deshalb bewusst die Erklärungen auf den vorhergehenden Akt der Beweisaufnahme beschränkt und die Vorwegnahme der Schlussvorträge ausdrücklich verboten, was auf den ersten Blick einleuchtend erscheint, aber in der praktischen Handhabung einige Schwierigkeiten aufwirft (Rn. 21 ff.). Eine weitere Funktion ist § 257 durch die Rechtsprechung zugewiesen worden als 5 spätester Zeitpunkt eines Widerspruchs gegen die Verwertbarkeit von Beweismitteln,10 ohne dass dies in Wortlaut und Zielsetzung der Vorschrift eine Stütze fände. Die Rechtsprechung knüpft ihre umstrittene Widerspruchslösung an § 257 wohl nur an, weil das dort vorgesehene Recht, zur jeweiligen Beweiserhebung Stellung zu nehmen, nahelegt, sich dabei auch auf die Mängel einer früheren Einvernahme und ein sich daraus ergebendes relatives Beweisverwertungsverbot zu berufen. Die Einzelheiten dieser praeter legem entwickelten Einschränkung eines praeter legem anerkannten Beweisverbots sind bei den jeweiligen Beweisverboten erörtert.11 2. Erklärungsrecht des Angeklagten (Absatz 1)
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a) Nur dem Angeklagten persönlich steht das Erklärungsrecht des Absatzes 1 zu. Eine Vertretung des anwesenden Angeklagten durch den Verteidiger oder durch eine andere Person ist nicht möglich12 und im Hinblick auf die in Absatz 2 geregelten eigenen Rechte des Verteidigers auch nicht nötig. Dem Angeklagten verfahrensrechtlich gleichstehende Personen sollen insoweit eben7 falls nach § 257 Abs. 1 befragt werden. Nebenbeteiligte haben im Rahmen ihrer Beteiligung (§ 433 Abs. 2; § 442 Abs. 2 Satz 1; § 444 Abs. 2 Satz 2) das Recht zur persönlichen Abgabe von Erklärungen nach § 257 Abs. 1.13 Nach § 67 Abs. 1 JGG steht auch den Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern im Verfahren gegen Jugendliche – nicht aber gegen Heranwachsende (§ 109 Abs. 1 JGG)14 – das Erklärungsrecht nach Absatz 1 zu15. Denn dieses umfasst nicht nur die allein dem Angeklagten zukommende Möglichkeit einer weiteren Einlassung zur Sache, sondern auch die Befugnis zu argumentativer Auseinandersetzung mit dem Beweisergebnis. Es ist kein Grund ersichtlich, warum
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Vgl. BGHSt 38 214; 39 349, 352; 42 15, 22 f.; 50 272, 274; 52 38, 41 f. Näher LR/Gössel Einl L 28 ff.; LR/Gleß § 136, 82 ff.; s.a. Meyer-Goßner/Appl StraFo 1998 258, 262 f.; Dahs StraFo 1998 253 ff.; Leipold StraFo 2001 300, 301 ff.; Burhoff StraFo 2003 267 ff.; Velten FS Grünwald 753 ff., alle m.w.N. RGSt 44 284, 285; 64 164, 165; KMR/ Stuckenberg 11; Eb. Schmidt 1; Weber Der Verteidiger als Vertreter in der Hauptverhandlung (1982), 167; dagegen SK/Velten 3; Dahs NJW 1962 2238 ff. (zur Rechtslage vor
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dem StPÄG 1964); s.a. Leipold StraFo 2001 300, 301. KK/Diemer 1; KMR/Stuckenberg 12; MeyerGoßner 3. HK/Julius 13; KMR/Stuckenberg 12. Strittig; wie hier AK/Rüping 3; HK/Julius 13; KMR/Stuckenberg 12; Eb. Schmidt 4; ferner Eisenberg (Beweisrecht) 803; Eisenberg § 67, 9 JGG; Ostendorf § 67, 11 JGG; a.A. BGH bei Spiegel DAR 1977 176; KK/Diemer 2; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 3; Brunner/Dölling § 67, 6 JGG; Diemer/ Schoreit/Sonnen § 67, 11 JGG.
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diese entgegen dem Wortlaut des § 67 JGG den Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern vorenthalten werden sollte. b) Fragepflicht des Vorsitzenden. Der Angeklagte, der bereits während der Beweis- 8 aufnahme durch Ausübung seines Fragerechts (§ 240) das Wissen der vernommenen Person für seine Verteidigung nutzen kann, hat zusätzlich das Recht, nach der Vernehmung dazu Stellung zu nehmen. Damit er aus Unkenntnis oder Befangenheit nicht auf diese Verteidigungsmöglichkeit verzichtet, sieht Absatz 1 vor, dass er nach jeder Beweiserhebung ausdrücklich „dazu“ befragt werden soll. Die grundsätzliche Verpflichtung (Rn. 9) des Vorsitzenden nach Absatz 1, den Angeklagten zu befragen, ob er sich äußern wolle, setzt ein Äußerungsrecht des Angeklagten als bestehend voraus; seine Befugnis dazu hängt nicht davon ab, dass ihn der Vorsitzende dazu auffordert. Die ausdrückliche Frage nach einer Stellungnahme aktualisiert als Maßnahme der Prozessleitung nur den Zeitpunkt der Ausübung; auch ohne eine solche Aufforderung ist der Angeklagte berechtigt, sich nach Abschluss des jeweiligen Beweiserhebungsvorgangs von sich aus dazu zu äußern. Formal muss er dann allerdings von sich aus beantragen, dass ihm das Wort dafür erteilt wird. Absatz 1 ist zwar dem Wortlaut nach eine Sollvorschrift, die einen Hinweis des Vor- 9 sitzenden auf das Äußerungsrecht nicht zwingend vorschreibt, sondern in das durch den Regelungszweck gebundene Ermessen des Vorsitzenden stellt.16 Da es sich aber um die gesetzliche Konkretisierung einer Pflicht zur Sicherung einer effektiven Gewährung des Rechts des Angeklagten auf Gehör handelt und zudem auch die Aufklärungspflicht es nahelegt, festzustellen, ob und was der Angeklagte zur Beweiserhebung zu sagen hat, wäre es in der Regel mit einer pflichtgemäßen Ermessensausübung unvereinbar, wenn der Vorsitzende von einem solchen Hinweis überhaupt absehen wollte. Sein Ermessen reduziert sich hier darauf, ob er, was zweckmäßig ist, die Frage an den Angeklagten nach jedem Akt der Beweisaufnahme wiederholt oder ob er, was zulässig, aber nur in Ausnahmefällen angezeigt und bei rechtsunkundigen oder unverteidigten Angeklagten bedenklich ist,17 sich darauf beschränken will, den Hinweis allgemein zu erteilen, etwa bei Beginn der Verhandlung oder vor der Beweisaufnahme.18 Allenfalls bei Vorliegen triftiger Gründe, welche jede Befragung von vornherein als zwecklose Formalität erscheinen lassen, darf der Vorsitzende davon absehen,19 so, wenn der Angeklagte eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er sich in keinem Fall äußern werde. Zu verhindern ist stets, dass der Angeklagte bloß „aus Schüchternheit“ oder Scheu, „in den Gang der Verhandlung einzugreifen“,20 auf eine Erklärung verzichtet. Dass der Angeklagte von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, rechtfertigt für sich 10 allein das Absehen von der Befragung nicht, da das Schweigen zur Sache eine Stellungnahme zu den einzelnen Beweiserhebungen nicht ausschließt.21 Die Befragung des Angeklagten wird nicht schon dadurch überflüssig, dass sich bereits sein Verteidiger zu dem Beweisvorgang erklärt hat.22 Der nach § 247 während einer Zeugenvernehmung von der
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KMR/Stuckenberg 13; LR/Gollwitzer 25 14; SK/Velten 4; a.A. AK/Rüping 5 (wegen Art. 103 Abs. 1 GG zwingendes Recht). KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten 4. Meyer-Goßner 2. Eisenberg (Beweisrecht) 804; MeyerGoßner 2.
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Hahn 864. KMR/Stuckenberg 14; vgl. BGH StV 1985 2 f. (zu § 240). KMR/Stuckenberg 14; Meyer-Goßner 2.
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Verhandlung ausgeschlossene Angeklagte ist nach der Unterrichtung gem. § 247 Satz 4 zu befragen (Rn. 18). Auch aggressive Wortwahl des Angeklagten erlaubt noch keine Ordnungsmittel (Rn. 31).
11 c) Der Angeklagte kann den Zeitpunkt des § 257 auch nutzen, um sich erstmals zur Sache einzulassen oder seine frühere Sachaussage zu erläutern, zu ergänzen oder zu korrigieren.23 Für die Beachtlichkeit einer solchen Einlassung zur Sache ist es nicht entscheidend, ob sie den Bezug zur vorangegangenen Beweisaufnahme wahrt oder ob sie darüber hinausgeht, denn solche Äußerungen des Angeklagten sind unabhängig von der Verfahrenslage immer vom Gericht zu beachten und bei der Urteilsfindung zu verwerten. Wenn sie außerhalb des Rahmens des § 257 liegen, hat dies nur insofern Bedeutung, als die Erklärung dann zu einer ergänzenden Vernehmung wird und, wie bei der erstmaligen Einlassung zur Sache, eine andere Sachbehandlung auslösen kann. Enthält die Erklärung des Angeklagten Tatsachenangaben, wird sie Teil seiner Gesamteinlassung, die das Gericht nach § 261 zu berücksichtigen und dann in den Urteilsgründen anzugeben hat,24 wobei eine erstmalige Einlassung im Rahmen des § 257 in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist (Rn. 35). Das Gericht ist ferner berechtigt, ihm bei der Befragung nach § 257 Vorhalte zu machen oder Fragen zu stellen, ohne jedoch die Vernehmung zur Sache nach § 243 Abs. 5 dadurch ersetzen zu dürfen.25 3. Erklärungsrecht des Staatsanwalts und Verteidigers (Absatz 2)
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a) Staatsanwalt und Verteidiger haben im gleichem Umfang („auch“) wie der Angeklagte das Recht, Erklärungen abzugeben. Dem Staatsanwalt stehen Privat- (§ 385 Abs. 1 Satz 1) und Nebenkläger (§ 397 Abs. 1 Satz 3) gleich.26 Bei mehreren Verteidigern oder mehreren Sitzungsvertretern der Staatsanwaltschaft ist jeder von ihnen erklärungs27 13 befugt. Der Verteidiger, ebenso der Prozessbevollmächtigte eines Nebenbeteiligten (§ 434),28 ist aus eigenem Recht und daher unabhängig vom Willen des Angeklagten erklärungsbefugt, selbst wenn sein Mandant die Einlassung zur Sache verweigert. Der Verteidiger wird dadurch nicht gehindert, Erklärungen für das Schweigen seines Mandanten abzugeben sowie darüber, wie sich der Sachverhalt aus der Sicht der Verteidigung darstellt. Das Erklärungsrecht besteht nach jeder Vernehmung eines Angeklagten und nach jedem Akt der Beweisaufnahme für alle dazu Berechtigten, bei mehreren Angeklagten also bei Vernehmung jedes Angeklagten für alle Verteidiger. Hat ein Angeklagter mehrere Verteidiger, hat jeder von ihnen das Recht.29
14 b) Keine Fragepflicht des Vorsitzenden. Staatsanwalt und Verteidiger braucht der Vorsitzende nicht von sich aus zu fragen, ob sie eine Erklärung nach Absatz 2 abgeben wollen. Er muss ihnen nur Gelegenheit dazu geben, wenn sie sich zu Wort melden.30 Äußern
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Hahn 864; RGSt 44 284, 285; RG GA 46 (1898/99) 434 f.; KMR/Stuckenberg 15; Hamm 1099; vgl. auch Hammerstein FS Rebmann 233, 239. OLG Bremen StV 1987 429, 430; OLG Hamburg StV 1990 153, 154; HK/Julius 6; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 1. BGH NStZ 1986 370, 371.
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BGHSt 28 272, 274; OLG Hamburg StV 1990 153, 154; Meyer-Goßner 6. Meyer-Goßner 5; SK/Velten 5. HK/Julius 3; KK/Diemer 3; KMR/Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 5; Gollwitzer FS Schäfer 65, 79. Meyer-Goßner 5; SK/Velten 5. BGH NStZ 2007 234, 235.
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dürfen sie sich erst, wenn der Vorsitzende ihnen ausdrücklich oder stillschweigend das Wort erteilt hat;31 § 257a ist nicht anwendbar. In der relativ geringen Zeitspanne, die § 257 eröffnet (Rn. 17), können die Er- 15 klärungsberechtigten nach Absatz 2 selbst entscheiden, wann sie sich dafür zu Wort melden wollen,32 sofern der Vorsitzende den genauen Zeitpunkt dafür nicht durch eine entsprechende Frage von sich aus vorgibt.33 Dazu ist er kraft seiner Sachleitungsbefugnis (§ 238 Abs. 1) berechtigt; sein Gestaltungsraum ist aber ebenfalls durch den Zweck des § 257 Abs. 2 begrenzt. Aus § 257 Abs. 2 folgt im übrigen auch seine Pflicht, eine Äußerung zur vorangegangenen Beweiserhebung zu gestatten.34 4. Grenzen des Erklärungsrechts. Anders als § 256 a.F. und § 257a a.F. sieht § 257 16 in der seit 1974 geltenden Fassung neben einer zeitlichen („nach“ der Beweiserhebung) auch eine inhaltliche Beschränkung („dazu“) vor, die durch Absatz 3 verstärkt wird, der eine Vorwegnahme der Schlussvorträge verbietet. a) Zeitliche Grenzen. Die Erklärung darf, wie Absatz 1 und 2 formulieren, nur 17 „nach“ der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten und „nach“ jeder einzelnen Beweiserhebung zu dieser abgegeben werden, also nur zwischen der Beendigung des eigentlichen Beweiserhebungsvorgangs35 und dem Beginn einer neuen Beweiserhebung oder dem Abschluss der Beweisaufnahme ausgeübt werden. Ein Eingriff in eine noch laufende Vernehmung durch Abgabe einer „Zwischenerklärung“ ist nicht gestattet.36 Solange nicht in eine neue Beweiserhebung eingetreten ist, ist eine vom Vorsitzenden nicht angeforderte Erklärung zum vorangegangenen Beweiserhebungsvorgang auch später noch möglich. Insoweit ist es dann unerheblich, ob die Beweisperson schon nach § 248 entlassen wurde. Dass der Angeklagte der Entlassung zugestimmt hat (§ 248 Satz 2), schließt sein Erklärungsrecht nicht aus. Das Fragerecht nach § 240, das während der Vernehmung einer Beweisperson aus- 18 zuüben ist, darf auch nicht dazu missbraucht werden, Erklärungen nach § 257 schon vor Abschluss der jeweiligen Beweiserhebung abzugeben; der Vorsitzende kann dies gem. §§ 240 Abs. 2, 241a Abs. 2 unterbinden. Der Unterschied zum Fragerecht hat nicht nur wegen des unterschiedlichen Gegenstands der Äußerungen Bedeutung, sondern auch für den Verfahrensgang: Wenn nach § 247 eine Beweisaufnahme ohne den Angeklagten durchgeführt würde, kann er nach seiner Wiederzulassung und Unterrichtung über die Aussage zunächst sein Fragerecht ausüben; erst wenn nach Beantwortung aller Fragen das Gericht den jeweiligen Beweiserhebungsvorgang endgültig abgeschlossen hat, ist Raum für das Erklärungsrecht.37 Ist der Verteidiger oder sonst ein Äußerungsberechtigter auf Grund besonderer, von 19 ihm nicht zu vertretender Umstände außerstande, sich sofort dazu zu erklären, etwa weil in einer umfangreichen Sache eine Zeugeneinvernahme unerwartet vorgezogen wurde, kann dies einen Antrag auf Unterbrechung oder Aussetzung (§ 265 Abs. 4) recht-
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Meyer-Goßner 5; Burkhard StV 2004 390, 392. Zu prozesstaktischen Überlegungen vgl. SK/Velten 9; Hammerstein FS Rebmann 233, 235; s.a. Hohmann StraFo 1999 153, 154; Burkhard StV 2004 390, 391. Kleinknecht JZ 1965 159. Burkhard StV 2004 390, 392.
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HK/Julius 4; KMR/Stuckenberg 7; LR/Gollwitzer 25 7, 18; Hammerstein FS Rebmann 233, 235; näher Hohmann StraFo 1999 153, 154 f.; Burkhard StV 2004 390, 391. RG Recht 1924 Nr. 1607; KMR/Stuckenberg 7. Vgl. BGH NJW 1985 1478, 1479.
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fertigen.38 Im Hinblick auf das Erfordernis einer zügigen Verfahrensabwicklung ist immer zu prüfen, ob es nicht genügt, die Erklärung zu dem betreffenden Beweisvorgang später, und sei es in den Schlussvorträgen, nachzuholen.
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b) Sachliche Grenzen. Das Erklärungsrecht gilt, wie die Fassung von 1987 klarstellt,39 für alle Arten der Beweiserhebung einschließlich Augenscheinsnahme und Verfahren nach § 249 Abs. 2 sowie Vernehmung der (Mit-)Angeklagten. Die Erklärung muss thematisch den unmittelbar vorangegangenen Akt der Beweisauf21 nahme, einschließlich der Vernehmung der Angeklagten zur Sache (dazu näher Rn. 29), betreffen.40 Erklärungen, welche jeden Bezug „dazu“ vermissen lassen, gestattet § 257 nicht. Zweck der Erklärung ist vielmehr, die Aufmerksamkeit des Gerichts auf solche Gesichtspunkte zu lenken, die der Erklärende für entscheidungserheblich hält und die ihm deshalb als Ergebnis der jeweiligen Beweiserhebung besonders beachtenswert erscheinen. Diese können sich sowohl aus dem letzten Beweismittel für sich allein genommen, z.B. seine Zulässigkeit und Verwertbarkeit, seinen Beweiswert (Glaubwürdigkeit eines Zeugen, innere Widersprüche einer Aussage, Echtheit einer Urkunde, Sachkunde eines Sachverständigen usw.) und etwaige materiell-rechtliche Konsequenzen als auch aus der Bedeutung des letzten Beweismittels im Zusammenhang mit früheren Beweiserhebungen,41 etwa deren Bestätigung, Widerspruch oder Modifikation, ergeben. Das Erklärungsrecht der Verfahrensbeteiligten besteht sodann nur, soweit der jeweils 22 abgeschlossene Verfahrensvorgang eigene Verfahrensinteressen des Erklärenden (im weit verstandenen Sinn) und nicht etwa nur die eines Mitangeklagten berühren kann.42 Vermag der Erklärende einen solchen Bezug nicht aufzuzeigen und äußert er sich nur zu einer ihn in keiner Hinsicht betreffenden Beweisaufnahme, so ist ihm das Wort zu entziehen.
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c) Eine Vorwegnahme der Schlussvorträge ist, wie Absatz 3 anordnet, unzulässig. Zweck der Vorschrift ist, einem sachlich nicht erforderlichen Ausufern der Erklärungen vorzubeugen, Missbrauch zu verhindern und das Verbot der Vorwegnahme der Beweiswürdigung auch gegenüber den erklärungsberechtigten Beteiligten zu sichern. Das Beweisergebnis dürfe nicht abschließend gewürdigt werden, wenn noch andere Beweisaufnahmen bevorstünden.43 Absatz 3 fügt der thematischen Beschränkung der Absätze 1 und 2 nichts hinzu, was nicht aus diesen bereits vernünftigerweise ableitbar wäre, ist also am besten als deren Bekräftigung zu verstehen. Eine Erklärung nach § 257 und ein Schlussvortrag nach § 258 unterscheiden sich durch den Zeitpunkt im Verfahrensgang und haben daher, außer nach der letzten Beweiserhebung, unterschiedliche Bezugspunkte: zum einen die noch andauernde, zum anderen die abgeschlossene Beweisaufnahme.44
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HK/Julius 9; Odenthal NStZ 1988 540 f.; großzügiger Burkhard StV 2004 390, 391 f. BTDrucks. 10 1313 S. 29. BTDrucks. 7 2989 S. 8; krit. Hanack FG H. Schultz 299, 308 f. HK/Julius 5; KMR/Stuckenberg 8; MeyerGoßner 8; SK/Velten 7; Hammerstein FS Rebmann 233, 234 f. („Erklärungsketten“), 237 f. (mit vielen Beispielen); Hohmann StraFo 1999 153, 154 ff.; Burkhard StV 2004 390, 393 f.; Wesemann StraFo 2001 293, 298 f.
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KMR/Stuckenberg 8. BTDrucks. 7 2989 S. 8; s.a. H. J. Vogel NJW 1975 1217, 1225; Weber GA 1975 289, 297; Rudolphi JA 1979 1, 6; näher Fahl 389 ff. m.w.N. Dass vor Abschluss der Beweisaufnahme kein Schlussvortrag im eigentlichen Sinne gehalten werden kann, so Burkhard StV 2004 390, 393 f., liegt auf der Hand und ist daher ersichtlich nicht gemeint.
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Die Erklärung nach § 257 soll sich mit einem einzelnen, eben dem letzten Beweismittel befassen, dieses für sich allein und, sofern nötig, im Vergleich mit allen damit zusammenhängenden anderen Beweismitteln sowie dessen Bedeutung für die weitere Beweisaufnahme würdigen („Spezialwürdigung“45). Der Schlussvortrag hingegen erlaubt eine umfassende und endgültige Würdigung aller erhobenen Beweise („Gesamtwürdigung“); zusätzlich werden noch Folgerungen für die gerichtliche Entscheidung gezogen sowie weitere dafür erhebliche Fragen etwa zur Person des Angeklagten oder zur Strafzumessung erörtert.46 Es wäre ein Missverständnis, aus Absatz 3 zu folgern, dass eine Erklärung nach § 257 24 Abs. 1 und 2 niemals auf andere zuvor erhobene Beweismittel eingehen dürfte,47 da unbestritten eine Erklärung zum gerade erhobenen Beweismittel dieses auch in den Zusammenhang mit einzelnen oder allen vorherigen Beweiserhebungen stellen (Rn. 20) – sonst ließen sich nicht einmal Widersprüche verschiedener Zeugenaussagen aufweisen 48 – und Folgerungen für den weiteren Gang der Beweisaufnahme aufzeigen können muss, was ein Eingehen auf andere Beweismittel unumgänglich macht.49 Wäre das nicht möglich, würde das Erklärungsrecht als effektives Verteidigungsmittel drastisch entwertet. Der Vorschrift ist ferner keine Beschränkung auf wenige Sätze50 zu entnehmen, die freilich sowohl im Interesse der Verfahrensbeschleunigung als auch der Verteidigung51 empfehlenswert sein mag; vielmehr hängt der Umfang der Erklärung davon ab, was sachlich geboten ist.52 Unnötige Wiederholungen und sachferne Weitschweifigkeiten sind dabei freilich unzulässig.53 Vielmehr bestätigt Absatz 3, dass diejenigen Elemente, die im Schlussvortrag üblich – 25 da er inhaltlich rechtlich nicht näher bestimmt ist –, aber nicht in nachvollziehbarer Weise mit einer Erklärung „zu“ dem jeweils letzten Beweismittel verbunden sind, nicht in einer Erklärung nach § 257 enthalten sein dürfen. Unzulässig sind folglich sowohl Ausführungen, die sich vorrangig mit anderen als dem letzten Beweismittel, das nur als Einstieg angesprochen wird, befassen als auch längere Folgerungen54 für Schuld- und ggf. Strafausspruch nebst Ausführungen zur Strafzumessung. Ausgeschlossen sind erst recht Erklärungen nach Art55 eines Schlussvortrags mit dem erklärten Ziel, nach einer – oder gar nach jeder – einzelnen Beweiserhebung ein vorläufiges „Zwischenergebnis“ im Sinne einer Bestandsaufnahme der gesamten bisherigen Beweisaufnahme zu formulieren. Auch
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Ausdruck von Hammerstein FS Rebmann 233, 237. Vgl. Hammerstein FS Rebmann 233, 237. So aber wohl Burhoff Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung 5 (2007) 320, 468, 470; dagegen die in Fn. 41 Genannten. Zutr. Burkhard StV 2004 390, 393. Dies als „Gesamtwürdigung“ zu bezeichnen, so Burkhard StV 2004 390, 393 f., ist misslich, weil mehrdeutig: Zwar kann erforderlichenfalls auf alle bisherigen Beweismittel eingegangen werden (insofern durchaus „Gesamtwürdigung“), doch soll § 257 nicht dazu benutzt werden, nach jeder Beweiserhebung eine Zwischensumme zu ziehen (insofern keine – vorläufige – „Gesamtwürdigung“), Rn. 25.
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So aber tendenziell LR/Gollwitzer 25 20; dagegen Hammerstein FS Rebmann 233, 236, 238, 239; Hohmann StraFo 1999 153, 154; Burkhard StV 2004 390, 396; Fahl 392. Dahs (Hdb.) 521; Hohmann StraFo 1999 153, 156. HK/Julius 5; KMR/Stuckenberg 10; SK/Velten 7; Hammerstein FS Rebmann 233, 236, 238; Hohmann StraFo 1999 153, 154; Burkhard StV 2004 390, 393, 396. BTDrucks 7 2989 S. 8; RGSt 44 284, 285; vgl. Hammerstein FS Rebmann 233, 238. HK/Julius 5; Hammerstein FS Rebmann 233, 237; a.A. Hohmann StraFo 1999 153, 155; Burkhard StV 2004 390, 394. Vgl. oben Fn. 44.
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nach der erkennbar letzten Beweiserhebung ist der Ort für eine nun, wenn eine Fortsetzung der Beweisaufnahme nicht zu erwarten steht, faktisch mögliche Gesamtschau nicht die Erklärung nach § 257, sondern der Schlussvortrag. Den Kritikern56 des § 257 Abs. 3 ist zuzugeben, dass die Erklärung zu einem einzel26 nen Beweismittel, dessen Beweiswert etwa in mannigfacher Weise mit allen vorherigen Beweismitteln zusammenhängt, einer Gesamtschau ähneln kann und dennoch natürlich nicht verboten ist, weil das Aufzeigen von Zusammenhängen zulässig ist – allerdings bestehen solche umfassenden Zusammenhänge keineswegs immer. Auf andere Beweismittel darf dann nicht eingegangen werden, wenn diese in keiner denkmöglichen Hinsicht für die Würdigung des zuletzt erhobenen relevant sein können. In allen Fällen bleibt zudem nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers57 den Erklärungsberechtigten ebenso wie dem Gericht die Formulierung „vorläufiger Ergebnisse der Beweisaufnahme“ untersagt; da aber auch eine begrenzte Vorauswürdigung seitens des Gerichts bisweilen unumgänglich ist,58 erscheint eine knappe Lagebeurteilung, die zudem der Verfahrenseffizienz dienen kann,59 seitens der Erklärungsberechtigten hinnehmbar, etwa wenn die Erklärung in die Begründung eines Beweisantrags oder in die Anregung eines Verzichts auf ein Beweismittel (§ 245 Abs. 1 Satz 2) übergeht. Daher werden sich in der Praxis je nach Sachlage oft keine scharfen Grenzen des noch Zulässigen angeben lassen, so dass nur erhebliche Überschreitungen der thematischen Grenzen dem Verbot des Absatzes 3 unterfallen, also nicht schon die frohlockende Schlussbemerkung eines Verteidigers, dass sein Mandant nach dem bisherigen Stand der Beweisaufnahme wohl freizusprechen wäre.60 Zur Vermeidung unnützen Streites, etwa ob ein Zusammenhang mit einem früheren Beweismittel noch plausibel ist oder nicht, und zur Wahrung der Verteidigungsrechte darf der Vorsitzende hier nicht kleinlich sein (Rn. 31).
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d) Sonstiges. Wenn der Angeklagte die Anhörung zum Anlass nimmt, sich erstmalig oder ergänzend zur Sache einzulassen, ist er dabei nicht an den Bezug zum letzten Beweismittel gebunden (Rn. 11). Macht ein Nebenkläger zusätzliche Angaben zur Sache, ist für deren Beweisverwen28 dung notwendig, dass er insoweit als Zeuge behandelt und dass auch über seine Vereidigung entschieden wird.61 Für eine Darlegung der Prozessstrategie der Verteidigung oder eine Gegendarstellung 29 zur Anklage ist, sofern nicht der Vorsitzende dazu vorher, etwa nach Verlesung der Anklage nach § 238 Abs. 1, das Wort erteilt hat, im Rahmen des § 257 Abs. 2 nur nach der Vernehmung des Angeklagten zur Sache gem. § 243 Abs. 5 Satz 2 Raum. Da diese den gesamten Prozessgegenstand erfasst, stehen die inhaltlich sonst durch das vorangegangene einzelne Beweismittel gezogenen Grenzen hier – und nur hier – einer solchen Erklärung nicht entgegen.62 Anders als nach dem aufgehobenen ehemaligen § 257a hat der Verteidiger nach Verlesung der Anklage nicht mehr die Befugnis zur Abgabe einer
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Schmidt-Leichner NJW 1975 417, 420; Hammerstein FS Rebmann 233, 235 ff. (239: laufe „teilweise leer“); Hohmann StraFo 1999 153, 154 ff. (155: „wenig tauglich“); Müller FS Fezer 153, 155 ff. („überflüssig“); Wesemann StraFo 2001 293, 299; Burkhard StV 2004 390, 394 („völlig sinnentleerte Vorschrift“); zusammenfassend Fahl 390 ff. m.w.N.
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BTDrucks. 7 2989 S. 8; a.A. Burkhard StV 2004 390, 394. Vgl. LR/Gollwitzer 25 § 244, 182, 278. Vgl. Hohmann StraFo 1999 153, 154, 157. Insoweit zutr. Burkhard StV 2004 390, 394. OLG Hamburg StV 1990 133; Meyer-Goßner 6. BTDrucks. 7 2989 S. 8.
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Gegendarstellung. Sofern er eine solche überhaupt für zweckmäßig hält,63 kann er sie nur mit Einwilligung des Gerichts im Einverständnis mit allen Prozessbeteiligten zu diesem Zeitpunkt abgeben, sonst muss er damit warten, bis er nach Vernehmung des Angeklagten zur Sache Gelegenheit dazu erhält. Das Recht der Verfahrensbeteiligten, eigene Anträge, vor allem Beweisanträge zu stel- 30 len, wird durch § 257 nicht eingeschränkt.64 Vielmehr wird sich oft anbieten, Anträge mit der Erklärung zu verbinden.65 5. Verfahren a) Der Vorsitzende muss kraft seiner Sachleitungsbefugnis (§ 238 Abs. 1, vgl. §§ 241 31 Abs. 2, 241a Abs. 3) im Interesse einer zügigen Verfahrensabwicklung darüber wachen, dass die zeitlichen und thematischen Grenzen des § 257 eingehalten werden. Er kann die Erklärung unterbrechen, wenn sie z.B. jeden Bezug auf die vorhergehende Vernehmung oder Beweisaufnahme vermissen lässt oder sich in Wiederholungen oder Abschweifungen verliert (Rn. 21 ff., 24), und die Überschreitung abmahnen; bleiben Mahnungen fruchtlos, kann er dem Erklärenden das Wort entziehen.66 Ob und wann er einschreiten soll, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das das Gebot der Verfahrensbeschleunigung ebenso berücksichtigen muss wie die Forderung, den Angeklagten im Interesse einer fairen Verfahrensgestaltung ausreichend zu Wort kommen zu lassen. Der Vorsitzende muss, ohne dabei kleinlich zu sein, für eine zügige, straffe und vor allem sachbezogene Durchführung des Verfahrens sorgen. Weder darf er thematisch zulässige Ausführungen zeitlich begrenzen noch darf er erzwingen, dass der Erklärende sich kurz fasst.67 Die Möglichkeit zur Sachdarstellung darf er dem Angeklagten aber selbst dann nicht abschneiden, wenn dieser sich dabei in der Wortwahl vergreift.68 Gleiches gilt, wenn er auch über den Rahmen des § 257 Abs. 1 hinaus die Erklärungsbefugnis zum Anlass nimmt, seine Einlassung nach § 243 Abs. 5 Satz 2 zu ergänzen, zu korrigieren oder zu widerrufen (Rn. 11). b) Die Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 ist gegen die Anordnungen des Vor- 32 sitzenden im Rahmen des § 257 möglich.69 Damit können vor allem die sachleitenden Anordnungen des Vorsitzenden beanstandet werden, mit denen dieser das Wort zu einer Erklärung nach § 257 erteilt oder versagt oder wegen der Überschreitung der Grenzen des Erklärungsrechts entzieht. Das Gericht entscheidet aber nur darüber, ob die Anordnung des Vorsitzenden rechtmäßig war. Darüber hinaus gibt es keine Pflicht des Gerichts, sich in einem Zwischenverfahren 33 über Beweisergebnisse zu Inhalt oder Verständnis der einzelnen Beweisaufnahme zu äußern, etwa darzutun, wie es eine einzelne Zeugenaussage versteht. Gericht und Vorsitzender sind auch nicht gehalten, eine vom Verteidiger im Rahmen des § 257 Abs. 2 geäußerte falsche Auffassung vom Beweisergebnis zu korrigieren.70
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Dahs (Hdb.) 507; vgl. andererseits Hammerstein FS Salger 297. KMR/Stuckenberg 10; Meyer-Goßner 8; Schmidt-Leichner NJW 1975 417, 420. So schon RG GA 46 (1898/99) 434. AK/Rüping 8; KMR/Stuckenberg 10; MeyerGoßner 8; Gollwitzer GedS Meyer 168. Eisenberg (Beweisrecht) 806; Hammerstein FS Rebmann 233, 238.
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OLG Koblenz MDR 1980 76; KMR/ Stuckenberg 16. Kleinknecht JZ 1965 159; AK/Rüping 8, HK/Julius 10; KK/Diemer 4; KMR/Stuckenberg 19; Meyer-Goßner 8; SK/Velten 10. BGHSt 43 212, 215 = JZ 1998 54 mit Anm. Herdegen = StV 1997 561 mit abl. Anm. König StV 1998 113; dazu auch Amelung AnwBl 2002 39.
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6. Protokoll. In der Sitzungsniederschrift ist die Befragung nach § 257 Abs. 1 (wesentliche Förmlichkeit nach § 273) zu beurkunden. Sie muss aber nicht notwendig einzeln festgehalten werden. Es genügt eine allgemeine Feststellung, die sich auf alle Fälle des Absatzes 1 bezieht.71 Ist der Hinweis bei einem einzelnen Beweismittel zu Recht oder Unrecht unterblieben, muss dies allerdings dann neben dem allgemeinen Vermerk im Protokoll besonders hervorgehoben werden. Bei Äußerungen des Angeklagten auf die Befragung nach § 257 Abs. 1 hin ist zwi35 schen Erklärungen in seiner Rolle als Prozesssubjekt und Einlassungen zur Sache, durch die er sich selbst zum Beweismittel macht, deutlich zu unterscheiden.72 Dass er sein Erklärungsrecht überhaupt ausgeübt hat, braucht im Protokoll nicht festgehalten werden,73 anders als dabei gestellte Anträge. In die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist aber stets, wenn der Angeklagte sich anlässlich einer Erklärung nach § 257 Abs. 1 erstmals zur Sache einlässt, da andernfalls der anfängliche Protokollvermerk über sein Schweigen fortgelten würde,74 so dass ein Urteil, das sich auf eine solche Einlassung stützte, wegen der negativen Beweiskraft gem. § 274 nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261) geschöpft wäre75. Für bloß ergänzende Angaben zu einer bereits vorher erfolgten (und protokollierten) Äußerung zur Sache gilt dies folglich nicht.76 Zu beurkunden ist ferner, wenn der Vorsitzende dem Angeklagten das Wort entzogen hat, nicht aber die vorangegangenen Abmahnungen, diese ebenfalls festzuhalten dürfte in einem solchen Fall jedoch zweckmäßig sein. Die Abgabe einer Erklärung nach Absatz 2 ist in der Sitzungsniederschrift ebenso zu 36 beurkunden wie etwa der Umstand, dass dem Staatsanwalt oder Verteidiger entgegen ihrem Verlangen die Abgabe einer Erklärung versagt wurde.77 Dagegen braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden, wenn Staatsanwalt und Verteidiger die Gelegenheit zu Erklärungen nicht verlangen. Im Protokoll festzuhalten ist, wenn wegen eines relativen Beweisverbots gegen die Beweisverwertung Widerspruch erhoben wurde.78 Zu beurkunden sind ferner die Anträge, mit denen eine Entscheidung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 herbeigeführt wird, und die darauf ergehende Entscheidung.
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7. Revision. Die jetzt in Absatz 1 enthaltene Regelung wurde früher als Ordnungsvorschrift angesehen, auf deren Verletzung die Revision nicht gestützt werden konnte.79 Nachdem der BGH die frühere Rechtsprechung zu den Ordnungsvorschriften aufgegeben
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Hahn 865; BGH bei Dallinger MDR 1967 175; KMR/Stuckenberg 20; Meyer-Goßner 4; SK/Velten 11; zu den Beweisschwierigkeiten vgl. Hamm 1101. Schlothauer StV 1994 468, 469 m. Fn. 14; vgl. Fezer JR 1980 83, 84; so schon Dahs NJW 1962 2238 ff. BGH StV 1994 468 mit Anm. Schlothauer; 1995 513; HK/Julius 8; KK/Diemer 6; MeyerGoßner 4; SK/Velten 11. BGH StV 1995 513 f.; 2000 123, 124; HK/Julius 8; KMR/Stuckenberg 20; MeyerGoßner § 273, 7; SK/Velten 11; Schlothauer StV 1994 468, 469; ferner allgemein zur Protokollierungspflicht der erstmaligen Einlassung zur Sache BGH bei Kusch NStZ-RR
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1998 246 m.w.N.; missverständlich BGH StV 1994 468 (dazu BGH StV 1995 513, 514); vgl. bei § 273. Unten Fn. 92. Schlothauer StV 1994 468, 469. KMR/Stuckenberg 20; Meyer-Goßner 7; SK/Velten 11; Burkhard StV 2004 390, 397. BayObLG NJW 1997 404; OLG Celle StV 1997 68; OLG Stuttgart NStZ 1997 405. Hahn 865 („instruktionelle Vorschrift“); RGSt 32 321; 42 168, 169; 44 284; RGRspr. 1 31; OGHSt 1 110, 111; BGH VRS 34 (1968) 344, 346; BGH bei Dallinger MDR 1967 175; OLG Koblenz VRS 46 (1974) 449, 453; Kleinknecht JZ 1965 159; Meyer-Goßner 9.
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hat und auch insoweit unter Umständen die Revision zulässt,80 kann die Verletzung des § 257 Abs. 1 nunmehr zu Recht mit der Revision geltend gemacht werden,81 denn mit einem Verweis auf den viel späteren Schlussvortrag wäre gerade bei langwierigen Verfahren den Beteiligten nur schlecht gedient.82 Obwohl Absatz 1 als Sollvorschrift dem Gericht im Regelfall kaum noch einen Ermessensspielraum einräumt, muss die Revision einen Fehlgebrauch des Ermessens bei Anwendung dieser Vorschrift dartun.83 Es sind nach § 344 Abs. 2 die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte sich nicht äußern konnte, der Inhalt seiner beabsichtigten Erklärung und wieso der Verlust der Möglichkeit, sie im Rahmen des § 257 Abs. 1 abzugeben, ihn in seiner Verteidigung unzulässig beschränkt hat.84 Verstöße gegen Absatz 2 (eventuell i.V.m. Absatz 3) können mit der Revision nur beanstandet werden, wenn zuvor gegen die Ablehnung der Worterteilung durch den Vorsitzenden oder die Entziehung des Wortes das Gericht angerufen und ein Beschluss nach § 238 Abs. 2 erwirkt wurde.85 Da die Erklärungsberechtigten nach Absatz 2 sich selbst zu Wort melden müssen, ist darzutun, dass der Revisionsführer dies getan hat, dass ihm aber trotzdem die Abgabe einer Erklärung versagt oder ihm das Wort zu Unrecht entzogen wurde. Aufzuzeigen ist ferner, dass er dadurch an urteilsrelevanten Ausführungen verhindert wurde, oder insbesondere, dass ihm dadurch der rechtzeitige Widerspruch gegen die Beweisverwendung wegen eines ebenfalls unter Anführung aller Tatsachen konkret darzulegenden Beweisverbotes unmöglich wurde.86 Im Allgemeinen werden derartige Revisionsrügen aber kaum Erfolg haben. Es liegt in der Natur der Vorschrift, dass bei den Verstößen gegen Absatz 1 ebenso wie bei denen nach Absatz 2 meist ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil darauf beruht. Wird der Hinweis nach Absatz 1 unterlassen, wurde eine Erklärung nach Absatz 2 nicht zugelassen oder zu Unrecht verkürzt, so ist der Betroffene im allgemeinen nicht gehindert, seine Erklärungen später, vor allem bei den Schlussvorträgen nachzuholen.87 Sein Recht, Beweispersonen zu befragen und Beweisanträge zu stellen, wird durch eine unrichtige Anwendung des § 257 ohnehin nicht behindert. Daraus folgt auch, dass eine im Urteil fortwirkende Verletzung des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf Gehör in einem Verstoß gegen § 257 in der Regel ebenfalls nicht liegt, weil es genügt, dass mit den Schlussvorträgen und dem letzten Wort eine hinreichende Möglichkeit zur Abgabe einer eigenen Stellungnahme besteht.88 Es lässt sich deshalb meist auch ausschließen, dass ein Beschluss des Gerichts nach § 238 Abs. 2, der den Verteidiger zu Unrecht an der Abgabe einer Erklärung nach § 257
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Näher LR/Franke § 337, 15 ff. Vgl. BGH StV 1984 454 f.; AK/Rüping 9; KK/Diemer 5; KMR/Stuckenberg 22; LR/Gollwitzer 25 25; Eb. Schmidt 3; Hamm 1101; Fahl 407; Hammerstein FS Rebmann 233, 236; Hohmann StraFo 1999 153, 157; a.A. weiterhin wohl Meyer-Goßner 9. Eb. Schmidt Nachtr. I 7; KMR/Stuckenberg 22; LR/Gollwitzer 25 28; SK/Velten 12. Vgl. OLG Bremen StV 1987 429, 430. Vgl. BGH StV 1984 454, 455; Hammerstein FS Rebmann 233, 236; KK/Diemer 5; KMR/Stuckenberg 23. BGH NStZ 2007 234, 235; HK/Julius 10;
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KK/Diemer 5; KMR/Stuckenberg 24; MeyerGoßner 9; SK/Velten 12; dazu Hohmann StraFo 1999 153, 156 f. Vgl. BGH StV 1997 337; NStZ 2007 234, 235. BGH NStZ 2007 234, 235; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1975 190; KMR/Stuckenberg 25; Meyer-Goßner 9; Hamm 1102; Leipold StraFo 2001 300, 301; a.A. Burkhard StV 2004 390, 398 (Beruhen nie auszuschließen, weil Verteidiger Argumente später vergessen haben kann). BayVerfGH BayVBl. 1975 585, 586; KMR/Stuckenberg 23.
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Abs. 2 hindert, die Verteidigung in einem wesentlichen Punkt auf Dauer beschränkt hat (§ 338 Nr. 8). Einzelne Ausnahmefälle, in denen dies nicht ausgeschlossen werden kann, weil in ihnen der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle spielt, sind aber denkbar, etwa bei Großverfahren, die sich über Wochen und Monate hin erstrecken.89 Die Verletzung der Aufklärungspflicht kann nicht schon damit begründet werden, 43 dass das Gericht § 257 nicht beachtet habe. Es müssen besondere, von der Revision darzulegende Umstände (§ 344 Abs. 2) hinzukommen, welche ergeben, dass das Gericht zur weiteren Aufklärung gedrängt worden wäre, vor allem, dass es auf Grund besonderer Umstände verpflichtet gewesen ist, darauf hinzuwirken, dass sich der Angeklagte zu einem bestimmten, offengebliebenen Punkt erklärt.90 Dass im Urteil ein Beweisanzeichen für den Angeklagten nachteilig verwertet wurde, ohne dort darzulegen, ob und was der Angeklagte dazu erklärt hatte oder ob er bei der Beweiserhebung dazu nach § 257 überhaupt die Möglichkeit hatte, wurde als Verstoß gegen § 261 gewertet.91 Stützt sich ein Urteil auf die geständige Einlassung des Angeklagten, die womöglich im Rahmen des § 257 abgegeben, aber nicht protokolliert wurde, ist § 261 ebenfalls verletzt, weil die gerichtliche Überzeugung nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft ist.92
§ 257a 1 Das Gericht kann den Verfahrensbeteiligten aufgeben, Anträge und Anregungen zu Verfahrensfragen schriftlich zu stellen. 2 Dies gilt nicht für die in § 258 bezeichneten Anträge. 3 § 249 findet entsprechende Anwendung.
Schrifttum Krahl Mißachtung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze durch die schriftliche und selbstlesende Hauptverhandlung, GA 1998 329; Münchhalffen Der neue § 257a StPO und seine praktischen Auswirkungen, StraFo 1995 20; Münchhalffen § 257a StPO. Ein Einfallstor für richterliche Willkür und die Notwendigkeit seiner Beseitigung durch den Gesetzgeber, FS Friebertshäuser 139; Wesemann Zur Praxis des neuen § 257a StPO, StV 1995 220; Vgl. ferner das Schrifttum zum Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994 und seine Entwürfe, Einl. F 147 ff.
Entstehungsgeschichte. Ein früherer § 257a, der durch das StPÄG 1964 eingefügt worden war und der vorschrieb, Staatsanwaltschaft und Verteidigern auf Verlangen Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben, ist durch Art. 1 Nr. 14 des 1. StVRErgG vom 20.12.1974 entfallen; wobei ein Teil seines Inhalts in § 257 übernommen wurde (vgl. dessen Entstehungsgeschichte). Der jetzige § 257a wurde durch Art. 4 Nr. 7 des VerbrbekG eingefügt.
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Eb. Schmidt § 257a (a.F.) Nachtr. I 7; vgl. Burkhard StV 2004 390, 398. KMR/Stuckenberg 25.
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OLG Bremen StV 1987 429 f. BGH StV 2000 123, 124.
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Übersicht Rn. 1. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich a) Anträge und Anregungen zu Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alle Verfahrensbeteiligten . . . . . . . c) Zeitliche und gegenständliche Beschränkbarkeit . . . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen a) Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfangssachen . . . . . . . . . . . . c) Verhinderung von Missbrauch, unbeschränkte Anordnung . . . . . . . . . d) Keine generelle Anordnung . . . . . . e) Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . .
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4. Verfahren a) Hauptverhandlung . . . . . . . . . . c) Begründung . . . . . . . . . . . . . . d) Änderung, Aufhebung . . . . . . . . . 5. Rechtsfolgen der Anordnung a) Schriftliche Antragstellung . . . . . . b) Behandlung der Anträge . . . . . . . . c) Mündlicher Antrag . . . . . . . . . . d) Entscheidung über schriftlichen Antrag 6. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . . . . 7. Rechtsmittel a) Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . b) Revision . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Zweck der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift mit dem Ziel begründet, 1 eine „straffere Durchführung von Umfangssachen“ zu erreichen, weil „zunehmend berichtet“ werde, dass die Begründung von Verfahrensfragen betreffenden Anträgen viel Zeit benötige. Es handele sich um Beweisanträge, Einstellungsanträge usw., die die Verfahrensbeteiligten nach schriftlicher Vorbereitung außerhalb der Hauptverhandlung mündlich vortrügen. § 257a erlaube dem Gericht nun, „in geeigneten Fällen“ anzuordnen, Anträge oder Anregungen nur noch schriftlich zustellen. Die schriftlichen Anträge sollen zweckmäßigerweise im durch Satz 3 für anwendbar erklärten Selbstleseverfahren des § 249 Abs. 2 oder durch Mitteilung des wesentlichen Inhalts durch den Vorsitzenden in die Hauptverhandlung eingeführt werden.1 Zweck der Vorschrift ist demnach die Beschleunigung des Verfahrens in Sonderfällen, nämlich den genannten Umfangssachen; von der oftmals daneben oder vorrangig angeführten Verhinderung von Missbrauch prozessualer Rechte (Rn. 5) redet die Begründung des Gesetzentwurfs nicht. Anordnungen nach § 257a führen, erst recht in Kombination mit § 249 Abs. 2, zu 2 dem Kuriosum eines teilweise schriftlichen Verfahrens unter Anwesenden und sind damit Fremdkörper im Hauptverhandlungsmodell, das der StPO zugrunde liegt: Die Vorschrift erlaubt eine weitere und damit grundsätzlich bedenkliche Ausnahme vom Grundsatz der Mündlichkeit (§ 261), aus der sich zwangsläufig eine Beeinträchtigung der Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 169 GVG) und der ihr zugedachten Kontrolle ergibt, weil die Zuhörer den Gang der Verhandlung bei einer beschränkten Anordnung weniger, bei einer unbeschränkten Anordnung womöglich kaum noch nachvollziehen können dürften.2 Dass das Gesetz keine tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung benennt – die Entwurfsbegründung spricht nichtssagend von „geeigneten Fällen“3 – und damit die Verantwortung für die Deformation der Hauptverhandlung im Einzelfall allein dem formell uneingeschränkten gerichtlichen Ermessen (dazu Rn. 12) anheimgibt, ist ebenfalls ein Systembruch in einem prinzipiell von Formenstrenge beherrschten Prozess. Das Recht auf rechtliches Gehör hingegen ist nicht verletzt, denn alle Verfahrensbetei- 3 ligten haben bei schriftlicher Antragstellung in Verbindung mit dem Selbstleseverfahren
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BTDrucks. 12 6853 S. 34. Hamm StV 1994 456, 458 („Geisterverhandlungen“); Schünemann StraFo 2005 177, 179.
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BTDrucks. 12 6853 S. 34.
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nach § 249 Abs. 2 eine mindestens – in Großverfahren vielleicht sogar bessere, weil umfangreiche und kompliziert begründete Anträge bei mündlichem Vortrag die Aufnahmefähigkeit der Zuhörer überfordern können – genauso gute Möglichkeit der Kenntnisnahme vom schriftlichen Antrag und seiner Begründung wie bei einem mündlichen Vortrag; sie können sich bei ihrer Anhörung nach § 33 Abs. 1 in der Hauptverhandlung dazu äußern, bevor die dort zu verkündende Entscheidung über den Antrag ergeht. Art. 103 Abs. 1 GG garantiert überdies keine bestimmte Form der Anhörung,4 sondern überlässt diese dem Gesetzgeber oder, mangels gesetzlicher Vorschriften, dem Ermessen des Gerichts5. Weder ergibt sich aus der Verfassung ein Grundrecht auf „Gehör“ im Wortsinne nebst mündlicher Äußerung noch ein Anspruch auf mündliche Verhandlung und persönliche Anhörung.6 Wenn das Gesetz eine mündliche Verhandlung vorsieht, so hat der Bürger das Recht, sich in dieser zu äußern,7 woraus aber kein Anspruch auf die Mündlichkeit jeglicher Äußerung in diesem Verfahren abzuleiten ist. Hier bleibt ferner die mündliche Äußerungsmöglichkeit vor allem nach §§ 243, 257, 258 bestehen. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die schriftliche Antragstellung eine weniger wirksame Form der Anhörung ist, da sie sich wegen des Zeitaufwands für Niederschreiben und Lesen des Antrags für eine sofortige Reaktion auf Vorgänge in der Hauptverhandlung nicht eignet, worin eine Erschwerung der Verteidigung liegt. Vorzugswürdig, wenn auch verfassungsrechtlich nicht geboten, ist daher fraglos eine mündliche Gewährung von Gehör und Anhörungsmöglichkeit.8 Zudem bestehen erhebliche Zweifel an der Zwecktauglichkeit der Vorschrift.9 Sie 4 kann die mündliche Hauptverhandlung nur dadurch entlasten, dass sie den sonst unerlässlichen mündlichen Vortrag umfangreicher Anträge und Anregungen und ihrer Begründung aus ihr fernhält; für deren Erörterung und die Entscheidung darüber gilt dies nicht. Dafür müssen die Anträge und Anregungen nun schriftlich angefertigt und den anderen Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis gebracht werden. Verläse der Vorsitzende die Anträge nebst Begründung nach § 249 Abs. 1, so verzögerte sich das Verfahren um die für Anfertigung der Anträge nötigen Zeitspanne und statt der angestrebten Beschleunigung träte das Gegenteil ein.10 Die Entwurfsbegründung (Rn. 1) rät deshalb folgerichtig zum Selbstleseverfahren des § 249 Abs. 2; ob aber Niederschreiben eines umfangreichen Antrags, erst recht wenn dafür noch eine Unterbrechung (Rn. 21) nötig wird, nebst stillem Lesen durch die anderen Verfahrensbeteiligten zügiger verläuft als mündlicher Vortrag nebst gleichzeitigem Zuhören, ist nicht ausgemacht. Insgesamt droht die Hauptverhandlung wohl eher schwerfälliger und damit langwieriger zu werden.11 Große praktische Bedeutung scheint die Vorschrift noch nicht erlangt zu haben;12 höchstrichterliche Entscheidungen zu ihrer Anwendung fehlen bislang.
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KMR/Stuckenberg 2; LR/Gollwitzer 25 2; a.A. Krahl GA 1998 329, 334 f.; tendenziell auch HK/Julius 1; Meyer-Goßner 1; Bandisch StV 1994 153, 158; Schlüchter GA 1994 397, 428 Fn. 226. BVerfGE 89 381, 391; 101 106, 129; 112 185, 207 f. BVerfGE 36 85, 87; 60 175, 210 f.; 89 381, 391; 112 185, 205 f. BVerfGE 42 364, 376. Insoweit ist HK/Julius 1; Meyer-Goßner 1; Bandisch StV 1994 153, 158; Schlüchter GA 1994 397, 428 Fn. 226 zuzustimmen. HK/Julius 1; KMR/Stuckenberg 3; Meyer-
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Goßner 1; Pfeiffer 1; Schlüchter GA 1994 397, 427; Hamm StV 1994 456, 457; Huber NStZ 1996 530, 532 f.; Krahl GA 1998 329, 331 f.; Meyer-Goßner ZRP 2000 345, 350 („unpraktikabel“); Münchhalffen StraFo 1995 20, 21; Münchhalffen FS Friebertshäuser 139, 141; a.A. Nehm/Senge NStZ 1998 377, 385. Scheffler NJW 1994 2191, 2194; KK/Diemer 6; KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 10. Drastisches Beispiel bei Wesemann StV 1995 220 ff. Senge NStZ 2002 225, 232.
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Da die Vorschrift einen teilweisen Entzug des (gesprochenen) Wortes erlaubt, eignet 5 sie sich so augenscheinlich zur Disziplinierung der Verteidigung wegen tatsächlich oder vermeintlich sachfremden oder exzessiven Gebrauchs prozessualer Befugnisse, dass sich die Schlussfolgerung aufdrängt, darin liege, obschon weder Gesetzestext noch -begründung dies deutlich machen, ein weiterer oder gar ihr vorrangiger Zweck. Dieser Schluss ist im Schrifttum verbreitet gezogen worden13 und hat seit Bekanntwerden des Entwurfs zu im Grundsatz zutreffender heftiger Kritik14 geführt. So berechtigt das Anliegen ist, gezielte Verfahrenssabotage zu unterbinden, so ungeeignet und mit der StPO unverträglich erscheint § 257a als Lösungsweg. Überdies stellt die schriftliche Antragstellung selbst ein „neues Instrument für Prozeßverschleppung und Missbrauch“ für findige Verfahrensbeteiligte bereit.15 Insgesamt ist die Streichung der Vorschrift wegen ihrer Systemwidrigkeit und anzu- 6 nehmenden16 Unzweckmäßigkeit ernsthaft zu erwägen. Bis dahin bedarf § 257a wenigstens einer einschränkenden Auslegung,17 um sowohl die angestrebte, aber nicht ohne weiteres zu erzielende Beschleunigung als auch die möglichst weitgehende Wahrung der Prinzipien der Mündlichkeit und einer effektiven Verteidigung und damit eines fairen Verfahrens18 zu erreichen. 2. Anwendungsbereich a) Nur für Anträge oder Anregungen zu Verfahrensfragen kann das Gericht die 7 schriftliche Antragstellung anordnen, vor allem also für Beweisanträge, Beweisermittlungsanträge und sonstige Beweisanregungen, aber auch für sonstige Anträge zur Verfahrensgestaltung, wie etwa Einstellungs-, Aussetzungs- oder Unterbrechungsanträge oder Ausführungen zur Zulässigkeit der Beweisverwendung einzelner Beweismittel19 sowie Protokollierungsanträge. Betroffen ist jeweils der vollständige Antrag einschließlich Begründung. Unerheblich ist, ob die Anträge und Anregungen das Streng- oder das Freibeweisverfahren betreffen. 13
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HK/Julius 1; SK/Velten 1 f.; Bandisch StV 1994 153, 158 („Maulkorb“); Hamm StV 1994 456, 458; Meyer-Goßner ZRP 2000 345, 350 („Prozessbeteiligtenbekämpfungsgesetz“); Scheffler NJW 1994 2191, 2194; Dahs NJW 1995 553, 556; Münchhalffen FS Friebertshäuser 139, 140 ff.; dagegen Nehm/Senge NStZ 1998 377, 385; KK/Diemer 5. Bandisch StV 1994 153, 158; Dahs NJW 1995 553, 556 f.; Hamm StV 1994 456, 459; Krahl GA 1998 329, 333 ff.; Meyer-Goßner ZRP 2000 345, 349 f.; Münchhalffen StraFo 1995 20 f.; Münchhalffen FS Friebertshäuser 139, 140 ff.; Scheffler NJW 1994 2191, 2194; Schlüchter GA 1994 397, 427 f.; Schünemann StraFo 2005 177, 179; Wesemann StV 1995 220 ff.; dagegen Nehm/Senge NStZ 1998 377, 385; Senge NStZ 2002 225, 231 f.; zusammenfassend Fahl 394 f. Dahs NJW 1995 553, 556 f.; Münchhalffen StraFo 1995 20, 21.
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In Einzelfällen mögen sich durchaus Beschleunigungseffekte ergeben, wie etwa der von Nehm/Senge NStZ 1998 377, 384 berichtete Rückgang frivoler Protokollierungsanträge. Anekdotische Evidenz allein kann die Norm jedoch ebensowenig rechtfertigen wie Mutmaßungen. Es wäre eine empirische Untersuchung wert, ob und welche Anwendung sie bisher findet, um die praktischen Vor- und Nachteile fundiert bilanzieren zu können. HK/Julius 2; KMR/Stuckenberg 5; MeyerGoßner 2; Pfeiffer 1; diff. KK/Diemer 2; a.A. Krahl GA 1998 329, 338 ff. (die Vorschrift bleibe „rechtswidrig bzw. verfassungswidrig“); Münchhalffen FS Friebertshäuser 139, 142 (nutzlos). Vgl. König/Seitz NStZ 1995 1, 5. BTDrucks. 12 6853 S. 34.
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Ausdrücklich ausgeschlossen sind nach § 257a Satz 2 die gesamten Schlussvorträge20 und das letzte Wort nach § 258 sowie nach § 26 Abs. 1 Satz 2 die Richterablehnung, mangels Verweises aber nicht die Ablehnung eines Sachverständigen (§ 74).21 Begrifflich nicht erfasst sind Ausführungen zur Sache und zur materiellen Rechtslage 9 wie das Verlesen der Anklage (§ 243 Abs. 3 Satz 1) und das Äußerungsrecht des Angeklagten dazu (§ 243 Abs. 2 und 5), Äußerungen zur Sache oder materiellen Rechtslage im Rahmen des § 257, Fragen und Vorhalte (§§ 240 Abs. 2, 241a Abs. 2),22 sowie verfahrensrelevante Erklärungen ohne Antrags- oder Anregungscharakter,23 vor allem Zustimmungs- oder Verzichtserklärungen, wie der Verzicht auf die Beweiserhebung nach § 245 Abs. 1 Satz 2 oder der Vereidigung nach § 61 Nr. 5, der Widerspruch gegen eine beabsichtigte Verfahrensmaßnahme wie das Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 oder die Zustimmung zur Verlesung von Urkunden nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Nr. 3 oder zur Erhebung der Nachtraganklage nach § 266 Abs. 1; ferner die Ausübung der Anhörungs- und Erklärungsrechte, etwa nach § 33 Abs. 1, § 248 Satz 2 und, wenn man den Regelungszweck berücksichtigt, auch die Befugnis, sachleitende Anordnungen des Vorsitzenden zu beanstanden (§ 238 Abs. 2).
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b) Die Anordnung ist gegen alle Verfahrensbeteiligten zulässig, die berechtigt sind, Anträge zu Verfahrensfragen zu stellen oder mit Anregungen an das Gericht heranzutreten, also nicht nur gegenüber dem Angeklagten und seinem Verteidiger, sondern auch gegenüber Staatsanwalt und Nebenkläger sowie Nebenbeteiligten.24
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c) Zeitliche und gegenständliche Beschränkbarkeit. Die Anordnung kann für die ganze weitere Hauptverhandlung erlassen werden; sie kann aber auch zeitlich, etwa nur auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt, eine bestimmte Beweisaufnahme, einen Tag beschränkt werden.25 Auch die gegenständliche Beschränkung auf bestimmte Arten von Anträgen, etwa nur Beweisanträge und Beweisermittlungsanträge, ist zulässig. Letzteres ist meist ratsam, damit andere verfahrensbezogene kurze Anträge weiterhin sofort mündlich gestellt werden können und Auseinandersetzungen vermieden werden, ob ein bestimmter Antrag vom Schriftlichkeitsgebot des § 257a erfasst wird. 3. Voraussetzungen
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a) Das Gesetz nennt keine Voraussetzungen,26 sondern stellt die Anordnung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts, das sich am Zweck der Vorschrift – eine zusätzliche Möglichkeit zur Straffung und Beschleunigung der Hauptverhandlung vor allem für Umfangssachen zu schaffen (Rn. 1) – auszurichten hat. Eine Beschränkung auf Missbrauchsfälle ist weder dem Normtext noch der Entwurfsbegrünung zu entnehmen. Da die Grundsätze der Mündlichkeit und Öffentlichkeit der Hauptverhandlung unverändert fortbestehen, kann eine Anordnung nach § 257a stets nur die Ausnahme, nicht aber eine gleichwertige generelle Alternative zum Regelfall der mündlichen Antragstellung darstel-
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Zum misslungenen Wortlaut, der die Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen ausdrückt, Fahl 395. KK/Diemer 3; KMR/Stuckenberg 8; MeyerGoßner 7. König/Seitz NStZ 1995 1, 5; HK/Julius 3; KMR/Stuckenberg 7; Meyer-Goßner 8.
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HK/Julius 3; KMR/Stuckenberg 7; MeyerGoßner 8. KK/Diemer 1; KMR/Stuckenberg 10; MeyerGoßner 5. KMR/Stuckenberg 9; Meyer-Goßner 6. SK/Velten 2 hält die Norm daher für verfassungswidrig und nichtig.
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len. Im Sinne der gebotenen einschränkenden Auslegung (oben Rn. 6) ist sie nur zulässig, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: Erstens muss das Gericht in einer Beurteilung ex ante und unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte,27 wie Umfang und Gegenstand des Verfahrens und bisheriges Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten, prüfen, ob zu erwarten ist, dass durch die Anordnung die zügige Weiterführung der Hauptverhandlung mehr gefördert wird als bei Fortsetzung der Verhandlung mit normaler mündlicher Antragstellung (Rn. 13). Zweitens muss, zur Wahrung eines fairen Verfahrens, die zu erwartende Beschleunigung die nachteiligen Folgen – insbesondere die Beeinträchtigung der Verteidigung – aufwiegen, was nicht der Fall ist, wenn die schriftliche Antragstellung dem Betroffenen unmöglich oder unzumutbar ist (Rn. 17). Bei der Beurteilung hat das Gericht auch zu erwägen, ob andere mildere Maßnahmen, die die Mündlichkeit der Verhandlung wahren, vorzugswürdig wären.28 b) Eine Anordnung nach § 257a kann der Verfahrenserleichterung oder Beschleuni- 13 gung in der Regel nur dienen, wenn in einem Verfahren mit sehr vielen oder sehr umfangreichen Anträgen zu rechnen ist, deren zeitraubender Vortrag und Protokollierung die Hauptverhandlung erheblich belasten würde.29 Doch auch bei einem einzelnen, äußerst umfangreichen und vom Antragsteller bereits schriftlich festgehaltenen Beweisantrag, der eine Reihe von Beweismitteln umfasst, kann die Prozesswirtschaftlichkeit es rechtfertigen, durch einen auf diesen Antrag beschränkten Beschluss nach § 257a dessen schriftliche Einbringung unter Verzicht auf einen langwierigen Vortrag zu ermöglichen. c) Eine Anordnung nach § 257a kommt ferner zur Verhinderung von Missbrauch 14 prozessualer Rechte in Betracht. Hierbei hat das Gericht das gesamte bisherige Prozessverhalten des Antragstellers insoweit zu berücksichtigen, als es ein Indiz für sein zu erwartendes künftiges Verhalten ist. Aus einem früheren Missbrauch des Antragsrechts darf daher im Einzelfall unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände geschlossen werden, dass auch im weiteren Verlauf des Verfahrens verfahrensverzögernde umfangreiche Antragstellungen oder sonst ein Missbrauch des Antragsrechts zur Störung des Verfahrensablaufs zu erwarten sind. Zwingend folgt dies aber nicht aus jeder früheren vom Gericht als missbräuchlich erachteten Antragstellung. Es kommt auf deren Form und Anlass an, ob sie die Gefahr weiterer Störungen rechtfertigt. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die Anordnung nach § 257a keine Sanktion für vergangenes Prozessverhalten ist,30 sondern eine Präventivmaßnahme, die den künftigen Verlauf der Hauptverhandlung entlasten und Störungen und Verzögerungen vorbeugen soll. Eine unbeschränkte Anordnung gegenüber einzelnen Verfahrensbeteiligten für alle 15 künftigen Anträge dürfte regelmäßig nur in Betracht kommen, um der Fortsetzung bereits festgestellten Missbrauchs zu begegnen.31 Das Gericht ist jedoch nicht ausnahmslos
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KK/Diemer 5. Vgl. Schlüchter GA 1994 397, 427 m. Fn. 227, die dort erwähnte Beschränkung der Redezeit kann dafür geeignet sein, doch nicht bei umfangreichen Anträgen, da die Befugnis zu deren Begründung nicht abgeschnitten werden darf; krit. Fahl 394. HK/Julius 4; KK/Diemer 5; KMR/Stuckenberg 11; Meyer-Goßner 2.
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KK/Diemer 5; Pfeiffer 2. HK/Julius 4; KMR/Stuckenberg 12; MeyerGoßner 2, 3; Krahl GA 1998 329, 340; a.A. KK/Diemer 5; Pfeiffer; Fahl 398 f.; Senge NStZ 2002 225, 231 (aber empfehlenswert). Beispiel bei Nehm/Senge NStZ 1998 377, 385.
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verpflichtet, den Missbrauch abzuwarten. In Einzelfällen mögen schon die bloße Ankündigung eines als Missbrauch einzustufenden Verhaltens oder sonstige darauf hindeutende konkrete Umstände eine solche Anordnung rechtfertigen.
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d) Eine generelle Anordnung für die ganze weitere Hauptverhandlung und gegen alle Verfahrensbeteiligten lässt der Gesetzeswortlaut zwar zu, dürfte aber kaum jemals zur Erreichung des Beschleunigungszwecks notwendig oder mit dem Gebot einer restriktiven Auslegung vereinbar sein. Auch konkret befürchtete Störungen und Verzögerungen des Verfahrensverlaufs sind meist nicht von allen Verfahrensteilnehmern zu erwarten, so dass die Anordnung auf diejenigen Verfahrensbeteiligten zu beschränken ist, bei denen konkrete Anhaltspunkte eine solche Befürchtung begründen, auch wenn die darin liegende Differenzierung das Verfahrensklima belastet.
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e) Bei seiner Ermessensentscheidung muss das Gericht zudem immer prüfen, ob einem bestimmten Verfahrensbeteiligten wegen Gründen, die in seiner Person liegen, eine schriftliche Antragstellung nicht möglich oder nicht zumutbar ist.32 § 257a ermöglicht nur, die Form zu regeln, in der bestimmte Verfahrensbefugnisse ausgeübt werden können, ihre Ausübung der Sache nach darf er nicht einschränken. Gegenüber unverteidigten Angeklagten wird eine Anordnung nach § 257a daher kaum je in Frage kommen.33 4. Verfahren
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a) In der Hauptverhandlung entscheidet das Gericht (einschließlich Schöffen), nicht etwa der Vorsitzende allein, durch einen dort zu verkündenden Beschluss über die Anordnung. Zuvor sind die betroffenen Verfahrensbeteiligten anzuhören (§ 33 Abs. 1).34
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b) Begründung. Der Beschluss ist zu begründen;35 dies wird wegen der Revisibilität aus § 34 hergeleitet, ferner daraus, dass die restriktive Ausübung des Ermessens nachprüfbar sein muss. Der Beschluss muss deshalb den Grund für die Anordnung aufzeigen. Es sind die Umstände darzulegen, auf die sich die Ansicht gründet, dass die geforderte schriftliche Antragstellung zur Beschleunigung oder Vereinfachung der weiteren Hauptverhandlung beiträgt. Liegt das bei einem Verfahren mit umfangreichem und unübersichtlichem Prozessstoff auf der Hand, kann es genügen, wenn darauf und auf den mit der schriftlichen Antragstellung erstrebten Rationalisierungseffekt hingewiesen wird.36 Ergeht dagegen die Anordnung zur Verhütung künftigen Missbrauchs, muss das Gericht die Tatsachen angeben, auf die sich diese Annahme stützt;37 wenn bereits eine missbräuchliche Antragstellung vorausging, muss es diese aufzeigen. Der Beschluss muss ferner erkennen lassen, dass das Gericht sich bei seiner Ermessensausübung der aus dem Regelungszweck folgenden Einschränkungen und Abwägungspflichten bewusst war. Zur Protokollierung s. Rn. 25.
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BTDrucks. 12 6853 S. 34. Dahs NJW 1995 553, 556; KMR/Stuckenberg 12. KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten 5; a.A. (Anhörung nur zweckmäßig, aber nicht geboten) KK/Diemer 4; LR/Gollwitzer 25 9; Meyer-Goßner 5; wohl auch HK/Julius 4; vgl. Senge NStZ 2002 225, 231 (in Miss-
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brauchsfällen vorherige Abmahnung empfehlenswert). HK/Julius 5; KK/Diemer 4; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 6; Pfeiffer 4; SK/Velten 5. Vgl. KK/Diemer 4. Meyer-Goßner 6.
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c) Änderung, Aufhebung. Das Gericht kann seinen Beschluss im Laufe des Verfah- 20 rens jederzeit abändern. Es kann bestimmte Verfahrenshandlungen aus ihm herausnehmen, wenn sich ergibt, dass bei diesen die mündliche Antragstellung die zügige Abwicklung der Hauptverhandlung erleichtert. Es kann den Beschluss auch völlig aufheben, wenn es auf Grund des weiteren Verfahrensgangs zu der Überzeugung kommt, dass er zur Sicherung der zügigen Verfahrensabwicklung und zur Verhütung eines Missbrauchs nicht mehr nötig ist oder wenn er sich unter den besonderen Verhältnissen der jeweiligen Hauptverhandlung als ungeeignet für diesen Zweck erweist. Mit Verkündung des abändernden oder aufhebenden Beschlusses entfällt insoweit die Pflicht zur schriftlichen Antragstellung, die Anträge müssen und können dann mündlich in der Hauptverhandlung gestellt werden. 5. Rechtsfolgen der Anordnung a) Schriftliche Antragstellung. Mit der Verkündung des Beschlusses erlischt das Recht 21 des davon betroffenen Verfahrensbeteiligten, in der Hauptverhandlung die vom Beschluss bezeichneten Anträge mündlich zu stellen.38 Seine vorher mündlich gestellten Anträge bleiben wirksam, auch wenn sie noch nicht beschieden sind. Nach der Verkündung des Beschlusses kann er solche Anträge dagegen nur noch schriftlich dem Gericht übergeben. Dafür genügen auch handschriftlich geschriebene Anträge, sofern sie leserlich sind;39 es kann nicht gefordert werden, dass sie in Maschinenschrift eingereicht werden. Damit der Antragsteller dem Gebot der schriftlichen Antragstellung genügen kann, ist ihm nötigenfalls durch Unterbrechung der Hauptverhandlung Gelegenheit zur schriftlichen Abfassung seiner Anträge zu geben,40 vor allem, wenn er durch die Prozessentwicklung gehindert war, die schriftliche Antragstellung außerhalb der Hauptverhandlung vorzubereiten. Einen darauf gerichteten Antrag sollte das Gericht im Interesse der Verfahrensvereinfachung auch zulassen, wenn er seinerseits nicht schriftlich gestellt wurde. Da mit der Anordnung die Mündlichkeit der Antragstellung in der Hauptverhandlung entfällt, wird es auch als ausreichend angesehen, wenn der Antragsteller seinen Antrag mit Begründung in der Sitzungspause schriftlich bei Gericht einreicht und in der Hauptverhandlung darauf Bezug nimmt.41 – Zur Protokollierungspflicht vgl. Rn. 25. b) Behandlung des Antrags. Wird ein dem § 257a unterfallender Antrag in der Haupt- 22 verhandlung in schriftlicher Fassung dem Gericht übergeben, sind weitere Erklärungen des Antragstellers dazu weder erforderlich noch zulässig. In gleicher Weise wie bei einem mündlich gestellten Antrag muss das Gericht den Antrag entgegennehmen. Da der Antragsteller nun seinen Antrag nicht mehr selbst in der Hauptverhandlung vortragen darf, muss das Gericht dies tun, und zwar hat dies in der Form des Urkundenbeweises zu geschehen, wie Satz 3 festlegt, der § 249 für entsprechend anwendbar erklärt. Der Antrag muss entweder nach § 249 Abs. 1 verlesen werden oder der Vorsitzende muss das Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 in die Wege leiten, damit alle Verfahrensbeteiligten den Wortlaut des Antrags und seiner Begründung zur Kenntnis nehmen können;42 den anderen Mitangeklagten sind wegen Art. 103 Abs. 1 GG Ablichtungen auszuhändigen.43 Die
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Pfeiffer 5. KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 9. Dahs NJW 1995 553, 556; HK/Julius 8; KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 9. Pfeiffer 5.
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HK/Julius 6; KK/Diemer 6; Meyer-Goßner 10; Pfeiffer 7. HK/Julius 7; KK/Diemer 5; KMR/Stuckenberg 15.
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Ansicht, unter Berufung auf den Mündlichkeitsgrundsatz das Selbstleseverfahren grundsätzlich auszuschließen und nur die Verlesung nach § 249 Abs. 1 zuzulassen,44 findet weder im Wortlaut des Satzes 3 noch im Zweck der Regelung eine Stütze. Bei einem Vorlesen umfangreicher Anträge entfiele der mit der Regelung erstrebte Vereinfachungszweck weitgehend.45 Außerdem wird durch die Notwendigkeit, den Abschluss des Selbstleseverfahrens durch Feststellung der Gelegenheit zur Kenntnisnahme in der Hauptverhandlung ausdrücklich anzusprechen (§ 249 Abs. 2 Satz 3) und die anderen Verfahrensbeteiligten zum Antrag zu hören (§ 33 Abs. 1), der volle Inhalt des Antrags in der Hauptverhandlung zur Erörterung gestellt, bevor das Gericht darüber entscheidet und dies in der Hauptverhandlung verkündet. Anders als beim eigentlichen Urkundenbeweis46 erscheint es hier zulässig, Verlesung oder Selbstleseverfahren mit Zustimmung aller Beteiligten durch einen zusammenfassenden Inhaltsbericht des Vorsitzenden zu ersetzen47.
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c) Ein entgegen § 257a mündlich gestellter Antrag hat keine Wirkung, er ist im Interesse der Verfahrensklarheit vom Vorsitzenden sofort als unzulässig zurückzuweisen. Wenn der Antragsteller trotzdem dazu mündliche Ausführungen vortragen will, darf ihm das Wort entzogen werden. Der Beschluss nach § 257a soll allerdings nicht ausschließen, dass das Gericht trotzdem auch eine mündliche Antragstellung zulässt, wenn dies den zügigen Ablauf des Verfahrens fördert und nicht behindert.48 Folgt man dieser Ansicht, ist im Interesse der Verfahrensklarheit zu fordern, dass alle Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen werden, dass das Gericht den mündlichen Antrag als wirksam behandeln will, denn nur dann besteht für sie ein Anlass, zu seinem sachlichen Gehalt Stellung zu nehmen, bevor das Gericht darüber entscheidet. Werden allerdings mehrmals mündliche Anträge ausnahmsweise zugelassen, dann wird das Gericht zu prüfen haben, ob es seinen Beschluss nach § 257a nicht aufhebt oder aber zumindest gegenständlich so einschränkt, dass er der mündlichen Stellung der übrigen Anträge nicht mehr im Wege steht.
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d) Für die Entscheidung über den schriftlich gestellten Antrag gelten keine Besonderheiten.49 Über ihn entscheidet das Gericht nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten (§ 33) nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Entscheidung ist, sofern es sich nicht um einen erst im Urteil zu bescheidenden Hilfsantrag handelt, in der Hauptverhandlung bekanntzugeben. Die allgemeinen Grundsätze sind auch maßgebend dafür, ob dem Gericht die Entscheidung obliegt oder ob es genügt, wenn der Vorsitzende sich mit der Anregung befasst.
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6. Sitzungsniederschrift. Der Beschluss, der die schriftliche Antragstellung anordnet, ist mit Begründung in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen,50 gleiches gilt für den Beschluss, der eine solche Anordnung aufhebt oder ändert. Als wesentliche Förmlichkeit (§ 273 Abs. 1) dort zu beurkunden sind auch die Einreichung der schriftlichen Anträge
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So früher SK/Schlüchter 9. Vgl. Scheffler NJW 1994 2191, 2194; KK/Diemer 6; KMR/Stuckenberg 1; MeyerGoßner 10; SK/Velten 4. Dazu LR/Gollwitzer 25 § 249, 44 ff. Vgl. BTDrucks. 12 6853 S. 34; HK/Julius 6; KK/Diemer 6; KMR/Stuckenberg 15; MeyerGoßner 10; a.A. LR/Gollwitzer 25 13.
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KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 9; Pfeiffer 5. HK/Julius 6; KMR/Stuckenberg 17; MeyerGoßner 11. HK/Julius 6; KK/Diemer 4; KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten 5.
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und Anregungen, die als Anlage zum Protokoll genommen werden dürfen, sowie die weitere Sachbehandlung,51 also ihre Verlesung nach § 249 Abs. 1 oder Anordnung und Abschluss des Selbstleseverfahrens nach Maßgabe des § 249 Abs. 2,52 ferner die Entscheidung des Gerichts über den Antrag.53 Aufzunehmen sind nach § 273 Abs. 1 auch entgegen § 257a gestellte mündliche Anträge und ihre Zurückweisung als unzulässig. Wenn ein solcher Antrag ausnahmsweise zugelassen und sachlich beschieden wird, sollte die Sachbehandlung ebenfalls aus dem Protokoll ersichtlich sein. 7. Rechtsmittel a) Die Beschwerde gegen den Beschluss des Gerichts wird durch § 305 Satz 1 ausgeschlossen. Den von der Anordnung Betroffenen bleibt nur die Möglichkeit einer Gegen- 26 vorstellung.54 b) Revision. Die rechtlich fehlerhafte Anwendung des § 257a kann mit der Revision nach § 337 gerügt werden, wenn durch den Beschluss des Gerichts die Verteidigung in 27 einem wesentlichen Punkt beschränkt wurde, auch nach § 338 Nr. 8.55 Der Rechtsfehler kann in der Ermessensausübung, aber auch in Verfahrensfehlern liegen, etwa darin, dass nicht das Gericht, sondern der Vorsitzende die Anordnung getroffen hat. Voraussetzung für den Erfolg der Revision ist aber stets, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf dem Fehler beruht; dies setzt voraus, dass der betroffene Verfahrensbeteiligte dadurch in der Wahrnehmung seiner Verfahrensinteressen irreparabel behindert wurde. Dass er die Anträge schriftlich statt mündlich stellen musste, ist zumeist keine solche Behinderung, denn die Antragsbefugnis wird dadurch inhaltlich nicht eingeschränkt, und auch der Erfolg des Antrags hängt in der Regel von seinem sachlichen Gewicht und nicht von der Art seines Vortrags ab. Nur in Ausnahmefällen, etwa wenn eine ordnungsgemäße schriftliche Antragstellung nicht möglich war, weil das Gericht eine dazu erforderliche und erbetene Unterbrechung der Verhandlung versagte oder weil ein nicht rechtskundiger Angeklagter mit der schriftlichen Antragstellung überfordert war, kann dies anders zu beurteilen sein. In solchen Fällen kann mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden, dass der Verfahrensbeteiligte durch die fehlerhafte Anordnung verhindert war, einen für die Sachaufklärung relevanten Beweisantrag zu stellen.56
§ 257b Das Gericht kann in der Hauptverhandlung den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2353) eingefügt.
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KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 9. Vgl. LR/Gollwitzer 25 § 249, 89 ff. KMR/Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 11. KK/Diemer 7; KMR/Stuckenberg 14; MeyerGoßner 12; SK/Velten 6.
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HK/Julius 9; KK/Diemer 7; KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 13; Pfeiffer 8; SK/Velten 6. HK/Julius 9; KK/Diemer 7; KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 13.
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§ 257b
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Übersicht Rn. 1. 2. 3. 4.
Bedeutung der Vorschrift . . . . Beteiligte . . . . . . . . . . . . Entscheidung des Gerichts . . . Zeitpunkt . . . . . . . . . . . .
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Rn.
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5. 6. 7. 8.
Ablauf . . . . . . . . . . . Gegenstand der Erörterungen Befangenheit . . . . . . . . Sitzungsniederschrift . . . .
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1. Bedeutung der Vorschrift. Die Vorschrift bildet mit §§ 160b, 202a, 212 eine Gruppe von weitgehend gleichlautenden Vorschriften, die durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 eingefügt wurden und Erörterungen über den Stand des Verfahrens vorsehen.1 Während die übrigen Vorschriften das Ermittlungs- (§ 160b) und Zwischenverfahren (§ 202a) sowie Erörterungen vor und außerhalb2 der Hauptverhandlung (§ 212) regeln, betrifft § 257b alle nicht auf eine Verständigung gerichteten (Rn. 9) Erörterungen seitens des Gerichts in der Hauptverhandlung. 2 Das gesetzgeberische Ziel dieser Vorschriften ist die Förderung der Kommunikation unter den Verfahrensbeteiligten im Sinne eines „transparenten Verfahrensstils“,3 der durch § 257b auch in die Hauptverhandlung eingeführt werden soll. Mit der Vorschrift sollen zum einen alle Erörterungen ermöglicht werden, die einem möglichst effizienten und zweckgerichteten Verfahrensfortgang dienlich sind. Dies soll namentlich dem Interesse der anderen Verfahrensbeteiligten entgegenkommen, ihr weiteres Prozessverhalten möglichst sachgerecht zu gestalten;4 ein genereller Anspruch auf gerichtliche Information oder ein Rechtsgespräch bleibt ihnen jedoch weiterhin 5 versagt. Zum anderen soll klargestellt werden, dass sich das Gericht allein durch die Bekanntgabe seiner Einschätzung des Verfahrensstandes noch nicht dem Vorwurf der Befangenheit aussetze.6 Da dies in jeder Hinsicht dem vorherigen Rechtszustand entspricht,7 kommt der Norm allenfalls deklaratorische Bedeutung zu,8 zumal der Gesetzgeber über den Begriff der Befangenheit nicht verfügen kann (Rn. 11). Im Übrigen ist nicht zu übersehen, dass die gesetzgeberische Ermunterung zu Zwischenerörterungen, die vor Abschluss der Hauptverhandlung nur auf vorläufigen Einschätzungen unter Heranziehung des Akteninhalts sowie Spekulationen über künftige Beweisergebnisse beruhen können, die Tendenz zur Entwertung der Hauptverhandlung als allein maßgeblichem Entscheidungsfindungsvorgang fördert.9
3
2. Beteiligte. Unter den „Verfahrensbeteiligten“, mit denen die Erörterung stattfinden kann, sind die Personen und Stellen zu verstehen, die im Hinblick auf den Anklagevorwurf in der Hauptverhandlung mit eigenen Verfahrensrechten ausgestattet sind, somit
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Zur Entstehungsgeschichte vgl. Niemöller/ Schlothauer/Weider 2 f. sowie Niemöller/ Schlothauer/Weider A 18 ff. BTDrucks. 16 12310 S. 12; krit. Graf/Eschelbach 10. BTDrucks. 16 12310 S. 12. Sehr krit. Graf/Eschelbach 11. Vgl. § 265, 64 m.w.N. BTDrucks. 16 12310 S. 13; BGH NStZ 2011 590; 591. Vgl. die Nachw. in Fn. 32 und Graf/Eschelbach 3; KMR/v. Heintschel-Heinegg 2 m.w.N., 9; Meyer-Goßner 1; krit. SK/Velten 1 m.w.N.
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Graf/Eschelbach 2.3 (zudem weder erforderlich noch geeignet); Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 334; Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2627; a.A. wohl SK/Velten 3 (§ 257b erweitere die bisher analog § 265 anerkannte Hinweispflicht bei erkannten Missverständnissen der Verteidigung auf deutlich erkennbare abweichende Bewertungen des Beweisergebnisses – dass der Gesetzgeber eine solche Pflicht begründen wollte, ist jedoch weder der Gesetzesbegründung noch dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen). Graf/Eschelbach 6 f.; vgl. Roxin/Schünemann § 47, 5.
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der Angeklagte und sein Verteidiger, der Staatsanwalt, der Nebenkläger, in Steuerstrafverfahren auch die Finanzbehörde, nicht jedoch der Verletzte, Zeugen, Sachverständige und sonstige Dritte.10 3. Entscheidung des Gerichts. Das Gericht im Sinne dieser Vorschrift bezeichnet die 4 Gesamtheit der Richter einschließlich der Schöffen.11 Ob und worüber im Einzelnen Erörterungen stattfinden, entscheidet somit das Gericht nach Zwischenberatung unter Einbeziehung der Schöffen, denen dabei die nötige Aktenkenntnis nicht vorenthalten werden darf,12 worin eine Abkehr von der vorherigen Absprachenpraxis liegt13. Ob das Gericht eine Erörterung des Verfahrensstandes in öffentlicher Hauptverhand- 5 lung für förderlich hält, steht in seinem Ermessen. Des Einverständnisses der anderen Verfahrensbeteiligten bedarf es nicht.14 Das Gericht wird diese Möglichkeit vor allem nutzen, um eine Reaktion der übrigen Verfahrensbeteiligten zu erhalten, sei es in Gestalt von Anregungen oder Anträgen, sei es durch Zustimmung zum geplanten weiteren Ablauf der Beweisaufnahme.15 Obschon der Gesetzgeber in der gerichtlichen Initiative zu solchen Erörterungen noch keinen Anschein der Befangenheit sah (Rn. 2), ist dennoch Zurückhaltung angebracht (vgl. Rn. 11).16 Die übrigen Verfahrensbeteiligten können eine gerichtliche Stellungnahme anregen, 6 doch hat ihnen der Gesetzgeber keinen Anspruch auf eine gerichtliche Einschätzung des Verfahrensstandes, ein Rechtsgespräch oder auch nur auf die Ausräumung möglicher Missverständnisse eingeräumt,17 sondern nur auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.18 Eine denkbare Ermessensreduzierung dürfte nur in den bisher schon anerkannten Fällen vorkommen, wo eine Hinweispflicht sich aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens oder des rechtlichen Gehörs ergibt.19 4. Zeitpunkt. § 257b legt nicht fest, zu welchem Zeitpunkt in der Hauptverhandlung 7 die Erörterungen über den Verfahrensstand erfolgen können. Der systematischen Stellung hinter den Vorschriften über die Beweisaufnahme kommt insofern keinerlei Bedeutung zu.20 Die Erörterungen können daher jederzeit während der Hauptverhandlung stattfinden, wenn das Gericht sie für dienlich hält. 5. Ablauf. Das Gesetz trifft keine Regelung über den Ablauf der Erörterungen, deren 8 Gestaltung dem Vorsitzenden im Rahmen seiner Verhandlungsleitung gemäß § 238 Abs. 1 obliegt.21 Den anderen Verfahrensbeteiligten ist, wenn das Gericht seine Einschätzung des Verfahrensstandes mitgeteilt hat, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.22
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BTDrucks. 16 12310 S. 11 f.; Graf/Eschelbach 8; KMR/v. Heintschel-Heinegg 4 ff. BTDrucks. 16 12310 S. 13. Graf/Eschelbach 8; SK/Velten 5; zur umstrittenen Frage der Aktenkenntnis der Schöffen siehe § 200, 26 m.w.N. Vgl. Graf/Eschelbach 10. Niemöller/Schlothauer/Weider 7. Niemöller/Schlothauer/Weider 6. Niemöller/Schlothauer/Weider 7; Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2627. Graf/Eschelbach 3, 12; KMR/v. Heintschel-
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Heinegg 10; Meyer-Goßner 3; Niemöller/ Schlothauer/Weider 7; teilw. a.A. SK/Velten 1, 3. SK/Velten 2. Vgl. § 265, 73 ff., 89 ff.; a.A. SK/Velten 3. Graf/Eschelbach 4, 6; SK/Velten 5; vgl. Meyer-Goßner § 257c, 1. BTDrucks. 16 12310 S. 13; OLG Frankfurt NStZ-RR 2010 213 f.; KMR/v. HeintschelHeinegg 3, 8; Meyer-Goßner 4; Niemöller/ Schlothauer/Weider 8; SK/Velten 6. Graf/Eschelbach 8; SK/Velten 5.
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6. Der mögliche Gegenstand der Erörterungen ist mit „Stand des Verfahrens“ denkbar weit gefasst und kann sowohl Verfahrensfragen als auch die sachlich-rechtliche Fragen betreffen. Das Erfordernis der Eignung, „das Verfahren zu fördern“, zieht nur die Grenze des Selbstverständlichen. Der Entstehungszusammenhang der Vorschrift legt nahe, dass es weniger um die Förderung des herkömmlichen Prozessziels der Wahrheitsfindung durch umfassende Sachaufklärung gehen könnte als um das neue Prozessziel der ökonomischen Verfahrensbeendigung in gegenseitigem Einvernehmen. Doch während nach dem Willen des Gesetzgebers die Erörterungen gemäß §§ 202a, 212 auch Möglichkeit und Umstände einer Verständigung im Hauptverfahren betreffen können,23 was der neue § 243 Abs. 4 Satz 1 bestätigt, soll sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 257c die negative Abgrenzung ergeben, dass § 257b auf Gespräche beschränkt ist, die der Transparenz und Verfahrensförderung dienen, aber nicht auf eine einvernehmliche Verfahrenserledigung gerichtet sind.24 Freilich können sie auch der Vorbereitung einer Verständigung dienen,25 zumal die 10 Gesetzesbegründung selbst die Angabe einer Ober- und Untergrenze der nach gegenwärtigem Verfahrensstand zu erwartenden Strafe durch das Gericht als Beispiel nennt,26 was nur mit Blick auf das Ziel einer Verständigung sinnvoll erscheint 27. Ferner ist an Gespräche über eine einstweilige Bewertung von Zeugenaussagen oder anderen Beweiserhebungen gedacht,28 verbunden mit der Prognose, ob weitere Beweiserhebungen der Aufklärung dienen könnten oder nicht,29 was ebenfalls der Vorbereitung einer Verständigung dienen kann. Ergibt es sich, dass Erörterungen zum Verfahrensstand in unmittelbar auf den Inhalt einer Verständigung gerichtete „Verhandlungen“ übergehen, so unterliegen sie dann der Regelung des § 257c.30 Allerdings erscheint zweifelhaft, ob die vom Gesetzgeber gewollte Unterscheidung von Erörterungen, die auf eine Verständigung „gerichtet“ sind, und solchen, die sie ihnen anderweitig vorgelagert sind, praktikabel ist. Sie hätte auch die seltsame Konsequenz, dass das Gesetz Vorgespräche zu Verständigungen vor und außerhalb der Hauptverhandlung (§§ 202a, 212), aber nicht in der Hauptverhandlung vorsieht,31 womit die angestrebte Transparenz nicht erhöht würde.
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7. Befangenheit. Die bloße Abgabe einer Einschätzung zum Verfahrensstand begründete auch nach bisheriger Ansicht noch keinen Anschein der Befangenheit.32 Die mit der Einfügung des § 257b bezweckte Klarstellung (Rn. 2) ändert daran nichts. Im Übrigen könnte der Gesetzgeber ein gerichtliches Verhalten, das als befangen anzusehen ist, auch nicht per Gesetz als unbefangen definieren, weil der Begriff der verbotenen Befangenheit sich aus dem Verfassungsgebot des unparteilichen Richtens (Art. 101 Abs. 1 Satz 2, 97 GG) ableitet,33 das wiederum als Teil des rechtsstaatlichen Objektivitätsge-
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BTDrucks. 16 12310 S. 12; krit. Altenhain/ Haimerl JZ 2010 327, 334. BTDrucks. 16 12310 S. 12 f. KMR/v. Heintschel-Heinegg 9; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 3; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 334; krit. Graf/Eschelbach vor 1 und 1.1. BTDrucks. 16 12310 S. 12. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 334; Jahn/ Müller NJW 2009 2625, 2627. BTDrucks. 16 12310 S. 13. Niemöller/Schlothauer/Weider 5.
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BTDrucks. 16 12310 S. 13; KMR/v. Heintschel-Heinegg 9; Meyer-Goßner 2; Niemöller/Schlothauer/Weider 10. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 334 (skurriles Ergebnis). Vgl. BGHSt 42 46, 48 f.; 45 312, 316; 50 40, 46; a.A. noch BGHSt 37 298, 303 f. St. Rspr., BVerfGE 3 377, 381; 4 331, 346; 14 377, 381; 18 241, 255; 21 139, 145 f.; 30 149, 153; 82 286, 298; 89 28, 36; BVerfGK 5 269, 279 f.; 12 139, 143; BVerfG NJW 2010 2421; VersR 2010 2036.
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botes34 auch dem verfassungsändernden Gesetzgeber entzogen35 und zudem noch völkerrechtlich fundiert (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) ist. Folglich wird das Gericht, das nach § 257b vorgeht, darauf achten müssen, durch den Inhalt seiner Ausführungen nicht die Schwelle zum Anschein der Parteilichkeit zu überschreiten, mithin jegliche Besorgnis einer endgültigen Festlegung auf bestimmte Beweisergebnisse, rechtliche Einschätzungen oder Verfahrensziele meiden sowie alle Verfahrensbeteiligten in die Erörterungen einbeziehen und den Angeklagten nicht zu einem Geständnis drängen.36 8. Sitzungsniederschrift. Obwohl die von der Vorschrift geregelten Erörterungen 12 keine prozessualen Rechtsfolgen nach sich ziehen,37 hat der Gesetzgeber sie als wesentliche Förmlichkeiten des Verfahrens betrachtet und im neu eingefügten § 273 Abs. 1 Satz 2 angeordnet, dass Inhalt und wesentlicher Ablauf von Erörterungen nach § 257b zu protokollieren sind.38
§ 257c (1) 1Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. 2§ 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) 1Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. 2 Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. 3 Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein. (3) 1Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. 2Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. 3 Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. 4 Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen. (4) 1 Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. 2 Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. 3 Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. 4 Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen. (5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.
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BVerfGE 82 159, 194; BVerfG NJW 1992 2075 f.; DtZ 1992 281. Graf/Eschelbach 5 m.w.N. Vgl. SK/Velten 8.
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Graf/Eschelbach 13. Zu widersprüchlichem Protokollinhalt vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2010 213 f.
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Schrifttum Deutsches Recht. Altenhain/Hagemeier/Haimerl Die Vorschläge zur gesetzlichen Regelung der Urteilsabsprachen im Lichte aktueller rechtstatsächlicher Erkenntnisse, NStZ 2007 71; Altenhain/ Hagemeier/Haimerl/Stammen Die Praxis der Absprachen in Wirtschaftsstrafverfahren (2007); Altenhain/Haimerl Modelle konsensualer Erledigung des Hauptverfahrens (unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005), GA 2005 281; dies. Vom Vorgespräch zur Urteilsabsprache – Modell einer außerhalb der Hauptverhandlung vorbereiteten Verständigung, DRiZ 2005 56; dies. Die gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren – eine verweigerte Reform, JZ 2010 327; Altvater Kann nach der gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Urteilsabsprache zurückgegriffen werden? FS Rissing-van Saan 1; Arnold Geständniß statt des Verdicts, GS 7 (1855) 265; Baumann Von der Grauzone zur rechtsstaatlichen Regelung – Ein Vorschlag zur Einführung des Rechtsgesprächs in § 265 StPO, NStZ 1987 157; Berenbrink Absprache und Rechtsmittelverzicht, JA 2005 889; ders. Der übereilte Rechtsmittelverzicht des Angeklagten. Eine Untersuchung unter normativen und erfahrungswissenschaftlichen Gesichtspunkten (2005); Bernsmann Die „Ambivalenz“ von Absprachen im Strafprozess, in: Goldbach (Hrsg.), Der Deal mit dem Recht. Absprachen im Strafprozess (2004) 21; Beulke/Satzger Der fehlgeschlagene Deal und seine prozessualen Folgen – BGHSt 42, 191, JuS 1997 1072; Beulke/Swoboda Zur Verletzung des Fair-trialGrundsatzes bei Absprachen im Strafprozess, JZ 2005 67; Bittmann Gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren, DRiZ 2007 22; ders. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren, wistra 2009 414; Bode Verständigung im Strafprozeß, DRiZ 1988 281; Bohlander Entlastung der Strafrechtspflege – Ersetzung des § 244 II StPO durch § 288 I ZPO? NStZ 1992 578; Böttcher Der Deutsche Juristentag und die Absprachen im Strafprozeß, FS Meyer-Goßner 49; Böttcher/Dahs/Widmaier Verständigung im Strafverfahren – eine Zwischenbilanz, NStZ 1993 375; Böttcher/Widmaier Absprachen im Strafprozeß? – Besprechung des Urteils des BGH vom 23.1.1991 – 3 StR 365/90, JR 1991 353; Bottke Strafprozedurale Fairneß und Bindung an eine für den Fall des Geständnisses genannte Strafmaßobergrenze, GedS Zipf 451; Brand/Petermann Der „Deal“ im Strafverfahren, das Negativattest und die Beweiskraft des Protokolls, NJW 2010 268; Braun Die Absprache im deutschen Strafverfahren (1998); ders. Gründe für das Auftreten von Absprachen im Strafverfahren, AnwBl. 2000 222; ders. Vorschlag für eine Abspracheregelung im Strafverfahren, StraFo 2001 77; Bussmann/Lüdemann Klassenjustiz oder Verfahrensökonomie? Aushandlungen in Wirtschafts- und allgemeinen Strafverfahren (1995); dies. Rechtsbeugung oder rationale Verfahrenspraxis? – Über informelle Absprachen in Wirtschaftsstrafverfahren, MSchrKrim. 1988 81; Cramer Absprachen im Strafprozeß, FS Rebmann 145; Dahs Absprachen im Strafprozess. Chancen und Risiken, NStZ 1988 153; ders. Absprachen im Strafprozeß – Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts, NStZ 2005 580; Deal (Weider) Der strafprozessuale Vergleich, StV 1982 545; Dencker Beschleunigung des Strafprozesses. Vereinfachte Feststellung von Sachverhalten, die von den Verfahrensbeteiligten als „unstreitig“ bezeichnet werden, StV 1994 503; ders. Zum Geständnis im Strafund Strafprozeßrecht, ZStW 102 (1990) 51; Dencker/Hamm Der Vergleich im Strafprozeß (1988); Dießner Der „Deal“ nach „alter Schule“ im Lichte des Verständigungsgesetzes – eine strafrechtliche Risikoanalyse, StV 2011 43; Dippel Urteilsabsprachen im Strafverfahren und das Prozessziel der Wiederherstellung des Rechtsfriedens, FS Widmaier 105; Dose/Voigt Kooperatives Recht: Norm und Praxis, in: Dose/Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht (1995) 11; Duttge Möglichkeiten eines Konsensualprozesses nach deutschem Strafprozessrecht, ZStW 115 (2003) 539; ders. Von Flutwellen, Sümpfen und Wetterzeichen – zu den aktuellen Bestrebungen, Urteilsabsprachen per Gesetz zu „zähmen“, FS Böttcher 53; Eidam Die strafprozessuale Selbstbelastungsfreiheit am Beginn des 21. Jahrhunderts (2007); Ellscheid Noch einmal: Der „Strafbescheid“ als Alternative zum Deal? in: KritVSonderheft, Winfried Hassemer zum 60. Geburtstag (2000) 37; Erb Absprachen im Strafverfahren als Quelle unbeherrschbarer Risiken für den Rechtsstaat, GedS Blomeyer 743; Eschelbach Absprachen in der strafrechtlichen Hauptverhandlung, JA 1999 694; ders. Absprachepraxis versus Wiederaufnahme des Verfahrens, HRRS 2008 190; ders. Regina probationum, FS Rissing-van Saan 115; Eser Funktionswandel strafrechtlicher Prozeßmaximen: Auf dem Weg zur „Reprivatisierung“ des Strafverfahrens? ZStW 104 (1992) 361; Fahl Der abgesprochene Rechtsmittelverzicht, ZStW 117 (2005) 605; Fahl/Geraats Absprachen im Strafprozess, JA 2009 791; Fezer Inquisitionsprozess ohne
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Ende? NStZ 2010 177; Fischer Regelung der Urteilsabsprache – ein Appell zum Innehalten, NStZ 2007 433; ders. Absprache-Regelung: Problemlösung oder Problem? StraFo 2009 177; ders. Unternehmensstrafrecht in der Revision, StraFo 2010 329; ders. Ein Jahr Absprache-Regelung, ZRP 2010 249; Förschner Der Deal und seine Folgen … Geständniswiderruf und Wiederaufnahme, StV 2008 443; Friehe Der Verzicht auf Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Zugleich ein Beitrag zur Problematik strafprozessualer Absprachen (1997); Frisch Rechtsmittelverzicht, Rechtsmittelrücknahme und Absprachen, FS Dencker 95; Fromm Deals im Straßenverkehrs-Ordnungswidrigkeitenverfahren, NZV 2010 550; Gaede/Rübenstahl Die Effektivierung der revisionsgerichtlichen Rechtskontrolle von Urteilsabsprachen durch die Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts, HRRS 2004 342; Gallandi Vertrauen im Strafprozeß, MDR 1987 801; Gatzweiler Die Verständigung im Strafprozeß – Standortbestimmung eines Strafverteidigers, NJW 1989 1903; Geiger Die Verständigung im Strafverfahren – Entwicklung und Perspektiven, FS Nehm 269; Gerlach Absprachen im Strafverfahren. Ein Beitrag zu den Rechtsfolgen fehlgeschlagener Absprachen im Strafverfahren (1992); Gieg Letzter Anlauf für eine gesetzliche Regelung von Verständigungen im Strafverfahren? GA 2007 469; Gössel Über die sog. „Einigung“ im Strafverfahren, GedS Blomeyer 759; ders. Zur Zulässigkeit von Absprachen im Strafverfahren in der Rechtsprechung, FS Böttcher 79; ders. Quo vadis, Strafverfahren? Zweckmäßigkeit versus Gerechtigkeit: Vom rechtsstaatlichen Strafprozess zum geheimen Willkürverfahren in der babylonischen Gefangenschaft der Justiz, FS Fezer 495; Graumann Vertrauensschutz und strafprozessuale Absprachen (2006); ders. Die Absprache über die Nichtverfolgung einer Tat gemäß § 154 StPO, HRRS-FG Fezer 53; ders. Die gesetzliche Regelung von Absprachen im Strafverfahren – Die Gesetzesentwürfe und der Vertrauensschutz des Angeklagten bei einer fehlgeschlagenen Verständigung über das Strafmaß, HRRS 2008 122; Grünwald Zur Ankündigung von Strafmilderung für den Fall eines Geständnisses, NJW 1960 1941; ders. Menschenrechte im Strafprozeß, StV 1987 453; Günter Verständigung im Strafprozeß – nicht grenzenlos, DRiZ 1987 406; ders. Der Gesetzgeber muß notfalls Konsequenzen ziehen, DRiZ 1989 151; Gutterer Der Deal: Strafzusage gegen Geständnis (1995); G. Haas Vereinbarungen im Strafverfahren – Ein Beitrag zur Lehre von den Prozeßhandlungen, NJW 1988 1345; V. Haas Zur Verbindlichkeit und Zulässigkeit strafprozessualer Absprachen, GedS Keller 45; Hamm Absprachen im Strafverfahren? Grundlagen, Gegenstände und Grenzen, ZRP 1990 337; ders. Braucht die StPO, um wieder zu gelten, ein Dealgesetz? FS Welp 57; ders. Ist die Entformalisierung des Strafrechts und des Strafprozessrechts unaufhaltsam? in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts (2007) 521; ders. Ist Strafverteidigung noch Kampf? NJW 2006 2084; ders. Quo vadis Strafprozess? FS Egon Müller 235; ders. Rechtsgespräch oder Urteilsabsprachen? Der Deal erreicht die Revision, FS Dahs 267; ders. Von der Unmöglichkeit, Informelles zu formalisieren – das Dilemma der Urteilsabsprachen, FS Meyer-Goßner 33; ders. Urteil oder Vergleich? – § 257c StPO und die Wahrheitssuche, FS Dencker 147; Hammerstein Das Geständnis und sein Wert – Lippenbekenntnisse in der Strafzumessung, StV 2007 48; Hanack Das Legalitätsprinzip und die Strafrechtsreform, FS Gallas 339; ders. Vereinbarungen im Strafprozeß, ein besseres Mittel zur Bewältigung von Großverfahren? StV 1987 500; Harms Die konsensuale Verfahrensbeendigung, das Ende des herkömmlichen Strafprozesses? FS Nehm 289; R. Hassemer/ Hippler Informelle Absprachen in der Praxis des deutschen Strafverfahrens, StV 1986 360; W. Hassemer Pacta sunt servanda – auch im Strafprozeß? – BGH NJW 1989, 2270, JuS 1989 890; ders. Förmlichkeiten im Strafprozess, FS Volk 207; ders. Konsens im Strafprozeß, FS Hamm 171; Hauer Geständnis und Absprache (2007); dies. Das neue Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren – Die verpasste Chance eines Neuanfangs! NJ 2010 10; Heghmanns Strafmilderungen für Geständnis oder Kooperation? FS Dencker 155; Heister-Neumann Absprachen im Strafprozess – Der Vorschlag Niedersachsens zu einer gesetzlichen Regelung, ZRP 2006 137; Hellebrand Geständniswiderruf und Wiederaufnahmeverfahren. Gedanken zu Urteilsabsprachen unter dem Aspekt des Wiederaufnahmerechts, NStZ 2004 413; ders. Geständniswiderruf und Wiederaufnahmeverfahren. Urteilsabsprachen unter dem Aspekt des Wiederaufnahmerechts nach der Rechtsprechung des BVerfG, NStZ 2008 374; Heller Die gescheiterte Urteilsabsprache. Verfahrensfairneß gegenüber dem Angeklagten im Anschluß an BGHSt 43, 195 (2004); Herrmann Rechtliche Strukturen für Absprachen in der Hauptverhandlung, JuS 1992 1162; Herzog Die Krise der geistigen und sozialen Grundlagen des reformierten Strafprozesses, in: Herzog (Hrsg.), Quo vadis, Strafprozeß? (1998) 21; ders. „Deals“ zu Lasten Dritter in vorgängigen abgetrennten Verfahren und die Besorgnis der Befangen-
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heit, StV 1999 455; Hettinger Von der Gleichheit vor dem Gesetz zur Ungleichheit vor Gericht? Absprachen und Strafprozessrecht, FS Egon Müller 261; ders. Die Absprache im Strafverfahren als rechtsstaatliches Problem, JZ 2011 292; Hildebrandt Gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren: Kann der Strafprozess im Geiste der StPO von 1877 durch den Gesetzgeber gerettet werden? (2010); Hönig Die strafmildernde Wirkung des Geständnisses im Lichte der Strafzwecke (2004); Hörnle „Justice as Fairness“ – Ein Modell auch für das Strafverfahren? Rechtstheorie 35 (2004) 175; Hsu Die Bewertung des Geständnisses in der Strafzumessung und in der Beweisaufnahme als Sonderproblem der Urteilsabsprache, Diss.iur. Tübingen 2007; Huttenlocher Dealen wird Gesetz – die Urteilsabsprache im Strafprozess und ihre Kodifizierung (2007); Ignor Die Urteilsabsprache und die leitenden Prinzipien der StPO, FS BRAK 321; ders. Die Zukunft des Strafverfahrens – Abschied vom Rechtsstaat? ZStW 119 (2007) 927; Ioakimidis Die Rechtsnatur der Absprache im Strafverfahren (2001); Jahn Zurück in die Zukunft. Die Diskurstheorie des Rechts als Paradigma des neuen konsensualen Strafverfahrens, GA 2004 272; ders. Die Konsensmaxime in der Hauptverhandlung. Zur Rekonstruktion des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 244 Abs. 2 StPO unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzesentwürfe zur Verständigung im Strafverfahren, ZStW 118 (2006) 427; ders. Moralunternehmergewinne und Gewissheitsverluste, JZ 2011 340; ders. Entwicklungen und Tendenzen zwei Jahre nach Inkrafttreten des Verständigungsgesetzes, StV 2011 497; Jahn/KettStraub Die Verständigung vor dem Schwurgericht, StV 2010 271; Jahn/Müller Der Widerspenstigen Zähmung – Aktuelle Gesetzgebungsvorschläge zu den Urteilsabsprachen im Strafprozess, JA 2006 681; dies. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren. Legitimation und Reglementierung der Absprachenpraxis, NJW 2009 2625; Janke Verständigung und Absprachen im Strafverfahren (1995/1997); Jungfer Zur Psychologie des Vergleichs im Strafverfahren, StV 2007 380; Kaiser/Meinberg „Tuschelverfahren“ und „Millionärsschutzparagraph“? NStZ 1984 343; Keller/ Schmid Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung in Wirtschaftsstrafsachen, wistra 1984 201; Kempf Gesetzliche Regelung von Absprachen im Strafverfahren? oder: Soll Informelles formalisiert werden? StV 2009 269; Kintzi Verständigungen im Strafrecht – Überlegungen zu den Thesen und dem Gutachten der Großen Strafrechtskommission, JR 1990 309; ders. Verständigung im Strafverfahren, DRiZ 1992 245; ders. Verständigung im Strafverfahren – steht die Diskussion vor dem Abschluß? FS Hanack 177; Kirsch Die gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren, StraFo 2010 96; Klug Zum Strafverfahren als Parteiprozeß, ZRP 1999 288; Kölbel Bindungswirkung von Strafmaßabsprachen, NStZ 2002 74; ders. Geständnisverwertung bei mißglückter Absprache, NStZ 2003 232; Kölbel/Selter Achtung: Absprache! Zur Transparenz strafprozessualer Verständigung, JR 2009 447; Krause Partizipation und Strafverfahren – Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung von Absprachen im Strafprozess, AnwBl. 2002 36; Krauß Das Prinzip der materiellen Wahrheit im Strafprozeß, FS Schaffstein 411; Kremer Absprachen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten im Strafprozeß (1994); Kröpil Die gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren und das strafprozessuale Verfahrensziel, JR 2010 96; M. Kruse Urteilsabsprachen in der neuesten Rechtsprechung des BGH, StraFo 2000 146; P. Kruse Verständigung zwischen Staatsanwalt und Verteidiger vor Eröffnung des Hauptverfahrens über Tragfähigkeit der Beweismittel und Umfang des anzuklagenden Sachverhalts, FS Richter II 331; Kuckein Zur Verwertbarkeit des Geständnisses bei einer gescheiterten Verständigung im Strafverfahren, FS Meyer-Goßner 63; Kuckein/ Pfister Verständigung im Strafverfahren – Bestandsaufnahme und Perspektiven, FS BGH 641; Küpper/Bode Absprachen im Strafverfahren, Jura 1999 351; 393; Landau Die Pflicht des Staates zum Erhalt einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, NStZ 2007 121; Landau/Bünger Urteilsabsprache im Strafverfahren (Erwiderung zu ZRP 2005, 235), ZRP 2005 268; Landau/Eschelbach Absprachen zur strafrechtlichen Hauptverhandlung, NJW 1999 321; Leitner Schutz gegen Druck und Einschüchterung – welche prozessualen Regelungen kommen dafür in Betracht? AnwBl. 2002 42; ders. Die Verständigung im Strafverfahren aus Sicht der Verteidigung, FS BRAK 365; Lien Analytische Untersuchung der Ursachen des andauernden Streits um Absprachen, GA 2006 129; Linden Zur Ökonomisierung des Strafverfahrens, FS BRAK 381; Löffelmann Die normativen Grenzen der Wahrheitserforschung im Strafverfahren. Ideen zu einer Kritik der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege (2008); Lüdemann/Bussmann Diversionschancen der Mächtigen? Eine empirische Studie über Absprachen im Strafprozeß, KrimJ 1989 54; Lüderssen Die Verständigung im Strafprozeß, StV 1990 415; ders. „Regulierte Selbstregulierung“ in der Strafjustiz? Ein unorthodoxer Beitrag zur Frage der Legitimation der „Absprachen“, FS Fezer 531; ders. Verständigung im Strafver-
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fahren. Das Modell und seine Implikationen, FS Hamm 419; Malek Die Aussageerpressung im strafgerichtlichen Alltag – Bemerkungen zu § 343 StGB, StraFo 2005 441; Marsch Grundregeln bei Absprachen im Strafverfahren, ZRP 2007 220; Matt/Vogel Urteilsabsprachen im Strafverfahren: Ein Alternativvorschlag einer gesetzlichen Regelung, FS BRAK 391; M.E. Mayer Das Leugnen des Angeklagten als Strafschärfungsgrund, ZStW 27 (1907) 921; F. Meyer Willensmängel beim Rechtsmittelverzicht des Angeklagten im Strafverfahren. Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Absprachenproblematik (2003); ders. Der vereinbarte Rechtsmittelverzicht. Zugleich eine Anmerkung zu BGH 3 StR 368/02 und BGH 3 StR 415/02, StV 2004 41; ders. Der vereinbarte Rechtsmittelverzicht ist wirksam, ist unwirksam, ist wirksam, HRRS 2005 235; ders. Zurück zur gesetzlichen Beweistheorie? Beobachtungen zu den Legitimationsanforderungen an ein künftiges Abspracheverfahren, ZStW 119 (2007) 633; ders. Vertrauensschutz bei unzulässigen Absprachen, HRRS 2011 17; Meyer-Goßner Domestikation der Absprachen im Strafprozeß, Schünemann-Symp. 235; ders. Absprachen im Strafprozess. Entwicklung – gegenwärtiger Zustand – Zukunftsaussichten, Gollwitzer-Koll. 161; ders. Entlastung der Strafrechtspflege – ein ungewöhnlicher Vorschlag, NStZ 1992 167; 579; ders. Strafverfolgung und Gerechtigkeit – ist der Strafprozeß noch zu retten? DRiZ 1996 180; ders. Absprachen im Strafprozess: nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH, FS Böttcher 105; ders. Die Rechtsprechung zur Verständigung im Strafprozess, StraFo 2001 73; ders. Der gescheiterte Deal, StraFo 2003 401; ders. Gesetzliche Regelung der „Absprachen im Strafprozess“? ZRP 2004 187; ders. Zum Vorschlag der Bundesrechtsanwaltskammer für eine gesetzliche Regelung der Urteilsabsprache im Strafverfahren, StV 2006 485; ders. Die Zukunft des Strafverfahrens – Abschied vom Rechtsstaat? ZStW 119 (2007) 938; ders. Rechtsprechung durch Staatsanwaltschaft und Angeklagten? – Absprachen im Rechtsstaat des Grundgesetzes, NStZ 2007 425; ders. Was nicht Gesetz werden sollte! Einige Bemerkungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verständigung im Strafverfahren, ZRP 2009 107; Moldenhauer Eine Verfahrensordnung für Absprachen im Strafverfahren durch den Bundesgerichtshof? (2004); Moldenhauer/ Wenske Die Verständigung in Strafsachen und die Berufungsinstanz, NStZ 2012 184; H. Möller Verfassungsrechtliche Überlegungen zum „nemo-tenetur“-Grundsatz und zur strafmildernden Berücksichtigung von Geständnissen, JR 2005 314; Momsen Zur Beweiskraft des Sitzungsprotokolls bei Verfahrensabsprachen, FS II Roxin 1403; M. Müller Probleme um eine gesetzliche Regelung der Absprachen im Strafverfahren (2008); Murmann Über den Zweck des Strafprozesses, GA 2004 65; ders. Reform ohne Wiederkehr? – Die gesetzliche Regelung der Absprachen im Strafverfahren, ZIS 2009 526; ders. Probleme der gesetzlichen Regelung der Absprachen im Strafverfahren, FS II Roxin 1385; Nehm Die Verständigung im Strafverfahren auf der Zielgeraden? StV 2007 549; Nelles DealBargaining im Strafprozess, in: Däubler-Gmelin/Mohr (Hrsg.), Recht schafft Zukunft (2003) 226; Nestler Gibt es Neues? – Schünemanns Gutachten zu den Absprachen im Strafverfahren von 1990, Schünemann-Symp. 15; Nestler-Tremel Der Handel um die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege, in: Lüderssen/Nestler-Tremel/Weigend (Hrsg.), Modernes Strafrecht und Ultima-ratio-Prinzip (1990) 159; ders. Der Handel um die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege, DRiZ 1988 288; Niemöller Absprachen im Strafprozeß, StV 1990 34; ders. Urteilsabsprachen im Strafprozess – noch ein Regelungsvorschlag, GA 2009 172; ders. Sofortige Rücknahme eines eingelegten Rechtsmittels bei Verständigung, StV 2010 474; Nistler Der Deal – Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren, JuS 2009 916; Noak Urteilsabsprachen im Jugendstrafrecht, StV 2002 445; Nowak Zur Zulässigkeit einer Verständigung im Jugendstrafverfahren, JR 2010 248; Pankiewicz Absprachen im Jugendstrafrecht (2008); Park Die prozessuale Verwertbarkeit verschiedener Formen der Beschuldigtenvernehmung im Strafverfahren, StV 2001 589; Pfister Entwicklungen und Tendenzen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu verfahrensbeendenden Absprachen, in: Goldbach (Hrsg.), Der Deal mit dem Recht. Absprachen im Strafprozess (2004) 5; ders. Die Verständigung im Strafverfahren. Die Praxis, das geltende Recht, die obergerichtliche Rechtsprechung und der Gesetzgeber, DRiZ 2004 178; ders. Die Verständigung im Strafverfahren aus Sicht der Revision, StraFo 2006 349; Prantl Nachruf auf den aufgeklärten Strafprozess, Sonderheft 20 Jahre ZAP (2009) 60; Reichertz/Schneider Sozialgeschichte des Geständnisses. Zum Wandel der Geständniskultur (2007); Rex Verständigung im Strafverfahren – Gutachten der Großen Strafrechtskommission des DRB, DRiZ 1991 31; Rieß Der vereinbarte Rechtsmittelverzicht, FS Meyer-Goßner 645; ders. Gedanken über das Geständnis im Strafverfahren, FS Richter II 433; ders. Über die Aufgaben des Strafverfahrens, JR 2006 269; ders. Thesen zur rechtsdogmatischen und rechtspolitischen Fernwirkung der
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gesetzlichen Regelung der Urteilsabsprache, StraFo 2010 10; Rönnau Die Absprache im Strafprozeß (1990); ders. Die neue Verbindlichkeit bei den strafprozessualen Absprachen, wistra 1998 49; Rosenau Die Absprachen im deutschen Strafverfahren, in: Rosenau/Kim (Hrsg.), Straftheorie und Strafgerechtigkeit. Deutsch-Japanischer Strafrechtsdialog (2010) 45; Rubach Urteilsabsprachen im Strafprozess – die (mutmaßliche) Sicht des Beschuldigten, ZIS 2006 537; Rückel Verteidigertaktik bei Verständigungen und Vereinbarungen im Strafverfahren – Mit Checkliste, NStZ 1987 297; Salditt Das unzuverlässige Geständnis – die zwiespältige Rolle des an einer Absprache beteiligten Verteidigers, FS Widmaier 545; ders. Eckpunkte – Streitfragen des partizipatorischen Strafprozesses, StV 2001 311; ders. Möglichkeiten eines Konsensualprozesses nach deutschem Strafprozessrecht. Ergänzende Überlegungen aus forensischer Sicht, ZStW 115 (2003) 570; ders. Kommunikation, StV 2007 275; ders. Rechtsgespräch, FS AG Strafrecht DAV 794; Saliger Absprachen im Strafprozess. Wirksamkeit eines abgesprochenen Rechtsmittelverzichts, JA 2005 684; ders. Absprachen im Strafprozess an den Grenzen der Rechtsfortbildung – BGH (GS), NJW 2005, 1440, JuS 2006 8; Satzger Die Unwirksamkeit eines „ausgehandelten“ Rechtsmittelverzichts – BGHSt 45, 227, JuS 2000 1157; Satzger/Höltkemeier Zur Unwirksamkeit eines abgesprochenen Rechtsmittelverzichts, NJW 2004 2487; Sauer Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (2008); ders. Erfolgsaussichten der Revision bei unzulässigen Urteilsabsprachen, wistra 2009 141; Schlothauer Die Rechtsprechung zum Verständigungsgesetz – eine Zwischenbilanz, StraFo 2011 487; Schlothauer/Weider Das „Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren“ vom 3. August 2009, StV 2009 600; Schlüchter Zur Relativierung der gerichtlichen Aufklärungspflicht durch Verständigung im Strafverfahren, FS Spendel 737; Schmidt-Hieber Vereinbarungen im Strafverfahren, NJW 1982 1017; ders. Verständigung im Strafverfahren (1986); ders. Der strafprozessuale „Vergleich“ – eine illegale Kungelei? StV 1986 355; ders. Absprachen im Strafprozeß – Privileg des Wohlstandskriminellen? NJW 1990 1884; ders. Absprachen im Strafprozeß, Rechtsbeugung und Klassenjustiz? DRiZ 1990 321; ders. Hinweis auf die strafmildernden Wirkungen eines Geständnisses? FS Wassermann 995; Schmitt Zu Rechtsprechung und Rechtswirklichkeit verfahrensbeendender Absprachen im Strafprozeß, GA 2001 411; G. Schöch Konnexität und Vertrauensschutz bei versuchter Verständigung im Strafverfahren, NJW 2004 3462; dies. Urteilsabsprachen in der Strafrechtspraxis (2007); Schoop Der vereinbarte Rechtsmittelverzicht (2006); Schreiber Die Bedeutung des Konsenses der Beteiligten im Strafprozeß, in: G. Jakobs (Hrsg.), Rechtsgeltung und Konsens (1976) 71; Schumacher Die Hauptverhandlung als gruppendynamischer Prozeß, StV 1995 442; Schunder Der Deal im Strafverfahren – unverzichtbare Entlastung der Strafgerichte oder rechtsstaatswidriges Gemauschel? (2006); Schünemann Summum ius = summa iniuria in der Strafzumessung, in: Institut für Konfliktforschung (Hrsg.), Pönometrie. Rationalität oder Irrationalität in der Strafzumessung (1977) 73; ders. Reflexionen über die Zukunft des deutschen Strafverfahrens, FS Gerd Pfeiffer 461; ders. Informelle Absprachen und Vertrauensschutz im Strafverfahren, JZ 1989 984; ders. Die Verständigung im Strafprozeß – Wunderwaffe oder Bankrotterklärung der Verteidigung? NJW 1989 1895; ders. Absprachen im Strafverfahren? Grundlagen, Gegenstände und Grenzen, Gutachten B für den 58. DJT (1990); ders. Die informellen Absprachen als Überlebenskrise des deutschen Strafverfahrens, FS Baumann 361; ders. Wetterzeichen einer untergehenden Strafprozeßkultur? Wider die falsche Prophetie des Absprachenelysiums, StV 1993 657; ders. Wohin treibt der deutsche Strafprozeß? ZStW 114 (2002) 1; ders. Ein Linsengericht zum Tausch für den Strafprozess von 1877? StraFo 2004 293; ders. Zur Reform des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens in Europa: Kontradiktorische Ausbalancierung statt Partizipation, GedS Vogler 81; ders. Strafprozessuale Absprachen in Deutschland. Der Rechtsstaat auf dem Weg in die „Bananenrepublik“, Schriften der Juristischen Gesellschaft Mittelfranken e.V., Heft 29 (2005); ders. Wetterzeichen vom Untergang der deutschen Rechtskultur – Die Urteilsabsprachen im Strafprozess als Abgesang auf die Gesetzesbindung der Justiz und den Beruf unserer Zeit zur Gesetzgebung (2005); ders. Zur Entstehung des deutschen „plea bargaining“, FS Heldrich 1177; ders. Bundesrechtsanwaltskammer auf Abwegen (zum Strafrechtsausschuss der BRAK, ZRP 2005, 235, und Landau/Bünger, ZRP 2005, 268), ZRP 2006 63; ders. Die Zukunft des Strafverfahrens – Abschied vom Rechtsstaat? ZStW 119 (2007) 945; ders. Die Absprachen im Strafverfahren – Von ihrer Gesetz- und Verfassungswidrigkeit, von der ihren Versuchungen erliegenden Praxis und vom dogmatisch gescheiterten Versuch des 4. Strafsenats des BGH, sie im geltenden Strafprozeßrecht zu verankern, FS Rieß 525; ders. Ein deutsches Requiem auf den Strafprozess des liberalen Rechtsstaats, ZRP 2009 104; ders. Risse im Fundament, Flammen
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im Gebälk: Die Strafprozessordnung nach 130 Jahren, ZIS 2009 484; ders. Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, StraFo 2010 90; Schünemann/Hauer Absprachen im Strafverfahren. Zentrale Probleme einer künftigen gesetzlichen Regelung, AnwBl. 2006 439; Seer Konsensuale Paketlösungen im Steuerstrafverfahren, FS Kohlmann 535; Seier Der strafprozessuale Vergleich im Lichte des § 136a StPO, JZ 1988 683; Sinner Der Vertragsgedanke im Strafprozeßrecht (1999); Siolek Verständigung im Strafverfahren – eine verfassungswidrige Praxis! DRiZ 1989 321; ders. Neues zum Thema Verständigung im Strafverfahren, DRiZ 1993 422; ders. Verständigung in der Hauptverhandlung (1993); ders. Zur Fehlentwicklung strafprozessualer Absprachen, FS Rieß 563; Sommer Der moderne Strafverteidiger und die neuen Deal-Strategien, AnwBl. 2010 197; Stalinski Aussagefreiheit und Geständnisbonus (2000); Staudinger Verständigung und Rechtsmittelverzicht, HRRS 2010 347; Steinhögl Der strafprozessuale Deal – Perspektiven einer Konsensorientierung im Strafrecht (1998); Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer Vorschlag einer gesetzlichen Regelung der Urteilsabsprache im Strafverfahren, BRAK-Stellungnahme Nr. 25/2005 (auch in NJWSonderdruck „Der Deal im Strafverfahren“; abgekürzt in ZRP 2005 235); Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins Soll der Gesetzgeber Informelles formalisieren? StraFo 2006 89; Strate Ende oder Wende des Strafzumessungsrechts? NStZ 2010 362; Streng Verfahrensabsprachen und Strafzumessung, FS Schwind 447; Terhorst Informelle Absprachen im Strafprozeß, DRiZ 1988 296; ders. Kriterien für konsensuales Vorgehen im Strafverfahren – freie Wahl für Urteilsabsprachen? GA 2002 600 = in: Kohlmann/Nestler/Seier/Walter/Walther/Weigend (Hrsg.), Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert (2004) 43; Theile Die Bedrohung prozessualer Freiheit durch materielles Wirtschaftsstrafrecht, wistra 2004 121; ders. Wirtschaftsstrafverfahren. Entstehung eines neuartigen Verfahrenstyps? NKrimpol. 2005 142; ders. Wirtschaftskriminalität und Strafverfahren. Systemtheoretische Überlegungen zum Regulierungspotential des Strafrechts (2009); ders. Strafrechtliche Hypertrophie und ihre Folgen. Das Beispiel der verfahrenserledigenden Urteilsabsprachen in Wirtschaftsstrafverfahren, MSchrKrim. 2010 147; Tscherwinka Absprachen im Strafprozess (1995); Velten Die Rückabwicklung unzulässiger Absprachen – Kritik der aktuellen Rechtsprechung zur Reichweite der §§ 257c Abs. 4 S. 3, 136a StPO, StV 2012 172; Viering Absprachen als verfahrensökonomische Lösung des Schuldnachweisproblems im Strafverfahren (2009); Vogel Chancen und Risiken einer Reform des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, JZ 2004 827; Volk Diverse Wahrheiten, FS Salger 411; H. Wagner Das einvernehmliche Verfahren, FS Gössel 585; ders. Ziele des Strafprozesses? GedS J. Eckert 939; Wagner/Rönnau Die Absprachen im Strafprozeß. Ein Beitrag zur Gesamtreform des Strafverfahrens mit Gesetzesvorschlägen, GA 1990 387; dies. Das „einvernehmliche Verfahren“ im Strafprozeß, RuP 1990 161; Wahle Gescheiterte Verständigung – einmal anders. Ein Lehrstückchen? FS Richter II 539; Walther Über die processualische Wirkung des Geständnisses im Schwurgerichtsverfahren, ArchCrim NF 18 (1851) 225; ders. Das Schwurgericht. Geständniß und Verdikt und Kollision zwischen beiden, GA 18 (1870) 530; Wehnert Die tatsächliche Ausgestaltung der Absprachepraxis in staatsanwaltschaftlichen Wirtschaftsermittlungsverfahren aus anwaltlicher Sicht, StV 2002 219; Weichbrodt Das Konsensprinzip strafprozessualer Absprachen (2006); Weider Vom Dealen mit Drogen und Gerechtigkeit (2000); ders. Der verweigerte Deal – oder: Die Rache des Schwurgerichts? StV 2002 397; ders. Revisionsrechtliche Kontrolle bei gescheiterter Absprache? NStZ 2002 174; ders. Der aufgezwungene Deal, StraFo 2003 406; ders. Rechtsmittelverzicht und Absprache, FS Lüderssen 773; ders. Das Verbot der Verständigung über Maßregeln der Besserung und Sicherung – § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO, FS Rissing-van Saan 731; Weigend Abgesprochene Gerechtigkeit. Effizienz durch Kooperation im Strafverfahren? JZ 1990 774; ders. Der BGH vor der Herausforderung der Absprachenpraxis, FS II BGH 1011; ders. Eine Prozeßordnung für abgesprochene Urteile? NStZ 1999 57; ders. Unverzichtbares im Strafverfahren, ZStW 113 (2001) 271; ders. Strafverteidigung im Zeitalter abgesprochener Urteile, in: Weigend/Walther/Grunewald (Hrsg.), Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen (2008) 357; ders. Verständigung in der Strafprozessordnung – auf dem Weg zu einem neuen Verfahrensmodell? FS Maiwald 829; Weimar/Mann Die gesetzliche Regulierung der Verständigung im Strafverfahren aus der Perspektive erstinstanzlicher Gerichte, StraFo 2010 12; Weßlau Opferschonendes Prozeßverhalten als Strafmilderungsgrund? KJ 1993 461; dies. Das Konsensprinzip im Strafverfahren – Leitidee für eine Gesamtreform? (2002); dies. Absprachen im Strafverfahren, ZStW 116 (2004) 150; dies. Absprachen und Strafverteidigung, StV 2006 357; dies. Das Konsensprinzip als Leitidee des Strafverfahrens, StraFo 2007 1; dies. Strategische Planspiele oder konzeptionelle
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Neuausrichtung? Zur aktuellen Kontroverse um eine gesetzliche Regelung der Absprache im Strafverfahren, FS Egon Müller 779; Widmaier Der strafprozessuale Vergleich, StV 1986 357; ders. Die Urteilsabsprache im Strafprozess – ein Zukunftsmodell? NJW 2005 1985; Wimmer Gestehen und Leugnen im Strafprozeß, ZStW 50 (1930) 538; Wohlers Das partizipatorische Ermittlungsverfahren: Kriminalpolitische Forderung oder unverfügbarer Bestandteil eines fairen Strafverfahrens? GA 2005 11; Wolfslast Absprachen im Strafprozeß, NStZ 1990 409; Zabel Strafrecht und Governance: ein neues Modell moderner Punitivität? JZ 2011 617; Zierl Der Vergleich im Strafverfahren – Oder „Tausche Geständnis gegen Bewährung“, AnwBl. 1985 505; Zschockelt Die Urteilsabsprache in der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH, NStZ 1991 305; ders. Der Richter ist kein Handelspartner, FS Salger 435. Ausländisches Recht und Rechtsvergleichung. Alschuler The Prosecutor’s Role in Plea Bargaining, 36 University of Chicago Law Review [U. Chi. L. Rev.] 50 (1968); ders. The Defense Attorney’s Role in Plea Bargaining, 84 Yale Law Journal [Yale L.J.] 1179 (1975); ders. The Trial Judge’s Role in Plea Bargaining. Part I, 76 Columbia Law Review [Colum.L.Rev.] 1059 (1976); ders. Plea Bargaining and Its History, 79 Columbia Law Review [Colum.L.Rev.] 1 (1978–79) = 13 Law & Society Review [Law & Soc’y Rev.] 211 (1979); ders. The Changing Plea Bargaining Debate, 69 California Law Review [Cal. L. Rev.] 652 (1981); ders. Implementing the Defendant’s Right to Trial: Alternatives to the Plea Bargaining System, 50 University of Chicago Law Review [U. Chi. L. Rev.] 931 (1983); Ashworth/Redmayne The Criminal Process (2010)4; Bickel Das förmliche Geständnis im US-amerikanischen Strafprozess als Beispiel der Verfahrenserledigung (2001); Blumberg Anwälte mit Überzeugungen, StV 1988 79; Bogner Absprachen im deutschen und italienischen Strafprozeßrecht. Verfahrensbeschleunigung durch die applicazione della pena su richiesta delle parti und das giudizio abbreviato, ein Modell für den künftigen deutschen Strafprozeß? (2000); Boll Plea Bargaining and Agreement in the Criminal Process. A Comparison between Australia, England and Germany (2009); Bömeke Rechtsfolgen fehlgeschlagener Absprachen im deutschen und englischen Strafverfahren (2001); Brants-Langeraar Consensual Criminal Procedures: Plea and Confession Bargaining and Abbreviated Procedures to Simplify Criminal Procedure, Electronic Journal of Comparative Law 11.1 (2007) (www.ejcl.org); Damasˇka Der Austausch von Vorteilen im Strafverfahren: Plea-Bargaining und Absprachen, StV 1988 398; Dielmann „Guilty Plea“ und „Plea Bargaining“ im amerikanischen Strafverfahren – Möglichkeiten für den deutschen Strafprozeß? GA 1981 558; K. Dreher Kontrollierbarkeit konsensualer Verfahrensweisen am Beispiel des US-amerikanischen Strafprozessrechts (2003); Dubber American Plea Bargains, German Lay Judges, and the Crisis of Criminal Procedure, 49 Stanford Law Review [Stan. L. Rev.] 547 (1997); Easterbrook Criminal Procedure as a Market System, 12 Journal of Legal Studies 289 [J. Legal Stud.] (1983); ders. Plea Bargaining as Compromise, 101 Yale Law Journal [Yale L.J.] 1969 (1992); Eidgenössisches Justizdepartement Aus 29 mach 1. Konzept einer eidgenössischen Strafprozessordnung, Bericht der Expertenkommission „Vereinheitlichung des Strafprozessrechts“ (2007); Feeley The Process Is the Punishment (1979); Felstiner Plea Contracts in West Germany, 13 Law & Society Review [Law & Soc’y Rev.] 309 (1979); Festa Absprachen im deutschen und italienischen Strafprozess (2003); G. Fisher Plea Bargaining’s Triumph. A History of Plea Bargaining in America (2003); Gazal-Ayal Partial Ban on Plea Bargaining, 27 Cardozo Law Review 2295 [Cardozo L. Rev.] (2006); Halberstam Towards Neutral Principles in the Administration of Criminal Justice: A Critique of Supreme Court Decisions Sanctioning the Plea Bargaining Process, 73 Journal of Criminal Law and Criminology [J. Crim. L. & Criminology] 1 (1982); Haller Plea Bargaining: The Nineteenth Century Context, 13 Law & Society Review [Law & Soc’y Rev.] 273 (1979); Hessick/Saujani Plea Bargaining and Convicting the Innocent: the Role of the Prosecutor, the Defense Counsel, and the Judge, 16 Brigham Young University Journal of Public Law [BYU J.Publ.L.] 189 (2002); Hofman´ski Absprachen im polnischen Strafverfahren, ZStW 116 (2004) 113; Jaggi Die prototypische Absprache. Legitimität im Lichte des Strafzumessungsrechts (2006); Jung Plea Bargaining and its Repercussions on the Theory of Criminal Procedure, European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice 5 (1997) 112; Jung/ Nitschmann Das Bekenntnis zum Schuldbekenntnis – zur Einführung des plaider coupable im französischen Strafprozeß, ZStW 116 (2004) 785; Kato Konsensuales Strafverfahren – insbesondere Opportunitätseinstellungen und Absprachen in Japan, in: Rosenau/Kim (Hrsg.), Straftheorie und Strafgerechtigkeit. Deutsch-Japanischer Strafrechtsdialog (2010) 31; Kobor Bargaining in the Crimi-
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nal Justice Systems of the United States and Germany (2008); Kreß Absprachen im Rechtsvergleich, ZStW 116 (2004) 172; Kunz Absprache und abgekürztes Verfahren nach künftigem Schweizerischem Strafprozessrecht, FS Egon Müller 383; Lagodny Absprachen im transnationalen Strafverfahren, FS Widmaier 311; Langbein Torture and Plea Bargaining, 46 University of Chicago Law Review [U. Chi. L. Rev.] 3 (1978–79) = The Public Interest Nr. 58 (1980) 43; ders. Understanding the Short History of Plea Bargaining, 13 Law & Society Review [Law & Soc’y Rev.] 261 (1979); Langer From Legal Transplants To Legal Translations: The Globalization of Plea Bargaining and the Americanization Thesis in Criminal Procedure, 45 Harvard International Law Journal [Harv. Int’l L.J.] 1 (2004); Lippke The Ethics of Plea Bargaining (2011); Massaro Das amerikanische Plea-Bargaining-System: Staatsanwaltschaftliches Ermessen bei der Strafverfolgung, StV 1989 454; Maynard Inside Plea Bargaining. The Language of Negotiation (1984); F. Meyer Plea Bargaining im Krieg gegen den Terror, HRRS 5 (2006) 178; McConville/Mirsky Jury Trials and Plea Bargaining. A True History (2005); Nasheri Betrayal of Due Process (1998); Note The Unconstitutionality of Plea Bargaining, 83 Harvard Law Review [Harv. L. Rev.] 1387 (1970); Orlandi Absprachen im italienischen Strafverfahren, ZStW 116 (2004) 120; Palmer Abolishing Plea Bargaining: An End to the Same Old Song and Dance, 26 American Journal of Criminal Law [Am. J. Crim. L.] 505 (1999); Pieth Besondere Strafverfahrensarten: das abgekürzte Verfahren, ZStrR 128 (2010) 161; Ransiek Zur Urteilsabsprache im Strafprozess: ein amerikanischer Fall, ZIS 2008 116; Rhodes Plea Bargaining: Who Gains? Who Loses? (1978); Rosenau Plea bargaining in deutschen Strafgerichtssälen: Die Rechtsvergleichung als Auslegungshilfe am Beispiel der Absprachen im Strafverfahren, FS Puppe 1597; Ross The Entrenched Position of Plea Bargaining in United States Legal Practice, 54 American Journal of Comparative Law [Am. J. Comp. L.] (Supplement) 717 (2006); Saal Absprachen im deutschen und polnischen Strafprozess: eine rechtsvergleichende Darstellung des Konsensualverfahrens (2009); Schulhofer Is Plea Bargaining Inevitable? 97 Harvard Law Review [Harv. L. Rev.] 1037 (1984); ders. Plea Bargaining as Disaster, 101 Yale Law Journal [Yale L.J.] 1979 (1992); K. F. Schumann Der Handel mit Gerechtigkeit (1977); Schünemann Zur Kritik des amerikanischen Strafprozessmodells, FS Fezer 555; Schwander Plea Bargaining als „abgekürztes Verfahren“ im Entwurf für eine Schweizerische Strafprozessordnung, SJZ 103 (2007) 142; Sinner Der Vergleich im neuen italienischen Strafverfahren und die deutsche Diskussion um Absprachen, ZRP 1994 478; Trüg Erkenntnisse aus der Untersuchung des US-amerikanischen plea bargaining-Systems für den deutschen Absprachendiskurs, ZStW 120 (2008) 331; ders. Lösungskonvergenzen trotz Systemdivergenzen im deutschen und US-amerikanischen Strafverfahren (2003); Trüg/Kerner Formalisierung der Wahrheitsfindung im (reformiert) inquisitorischen Strafverfahren? Betrachtungen unter rechtsvergleichender Perspektive, FS Böttcher 191; Turner Judicial Participation in Plea Negotiations: A Comparative View, 54 American Journal of Comparative Law [Am. J. Comp. L.] 199 (2006); dies. Plea Bargaining Across Borders (2009); M. Vogel Coercion to Compromise (2007); R. Vogler Konsensuale Elemente im Strafprozess in England und Wales sowie in den USA, ZStW 116 (2004) 129; Weigend Strafzumessung durch die Parteien – Das Verfahren des plea bargaining im amerikanischen Recht, ZStW 94 (1982) 200; ders. Absprachen in ausländischen Strafverfahren (1990); ders. Bedenken gegen das Dealen. Auch eine rechtsvergleichende Betrachtung, in: Goldbach (Hrsg.), Der Deal mit dem Recht. Absprachen im Strafprozess (2004) 37; ders. The Decay of the Inquisitorial Ideal: Plea Bargaining Invades German Criminal Procedure, FS Damasˇka 39; ders. Rechtsvergleichende Bemerkungen zur Wahrheitssuche im Strafverfahren, FS Rissing-van Saan 749; Wohlers Das abgekürzte Verfahren im schweizerischen Strafprozess, StV 2011 567.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2353) eingefügt.1
1
Zu den verschiedenen Gesetzgebungsvorschlägen und Entwurfsfassungen im Gesetzgebungsverfahren vgl. Niemöller/Schlothauer/Weider A 18 ff., § 257c, 2 ff.; KMR/
v. Heintschel-Heinegg 1 ff.; Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2626; Müller 363 ff. Zu den Vorschlägen im Schrifttum umfassend Huttenlocher, insb. 521 ff.; Müller 281 ff.
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Übersicht Rn. I. Bedeutung der Vorschrift 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . 3. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren . . . . . . . . 4. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt und Anwendungsbereich 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur der Verständigung . . b) Bindungswirkung . . . . . . . . . c) Geltung des Untersuchungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitlicher und örtlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . III. Zulässige Gegenstände einer Verständigung (Absätze 1 und 2) 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen a) Inhalt des Urteils . . . . . . . . b) Dazugehörige Beschlüsse . . . . 3. Verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . 4. Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten . . . . . . . . . . . . . 5. Geständnis . . . . . . . . . . . . . a) Nur fakultativer Bestandteil . . . b) Begriff . . . . . . . . . . . . . . c) Überprüfung des Geständnisses . d) Drittbelastende Geständnisse . . 6. Zulässigkeit der Verknüpfung . . .
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IV. Ablauf der Verständigung (Absätze 3 und 5) 1. Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. 2. Ablauf a) Initiativrecht des Gerichts . . . b) Vorschlag des möglichen Inhalts c) Sanktionsschere . . . . . . . . d) Belehrung . . . . . . . . . . . e) Gelegenheit zur Stellungnahme f) Zustandekommen . . . . . . . 3. Fehler und Fehlerfolgen . . . . .
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V. Wirkung der Verständigung 1. Bindung des Gerichts . . . . . . . . . 2. Formalien . . . . . . . . . . . . . . 3. „Leistungsstörungen“ . . . . . . . .
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VI. Wegfall der Bindungswirkung der Verständigung (Absatz 4) 1. Gründe für nachträgliches Scheitern a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Übersehen von rechtlich oder tatsächlich bedeutsamen Umständen . c) Neu hervorgetretene rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände . d) Prognosewidriges Prozessverhalten des Angeklagten . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen des Scheiterns . . . . . 3. Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Sitzungsniederschrift
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Alphabetische Übersicht
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VIII. Revision 1. Keine Einschränkung der Rechtsmittelbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachrüge . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahrensrüge . . . . . . . . . . . . 4. Beruhen . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . IX. Wiederaufnahme des Verfahrens
Ablauf – der Lösung von der Verständigung 70 – der Verständigung 47 ff. Absprachen – „alten Typs“ 22 – heimliche, verbotene 24, 31, 71, 75, 77, 82 Aktenlage, Überprüfung von Geständnissen anhand der 10, 13, 17, 26, 41, 76 Anerkenntnis, prozessuales 9 f., 40 f. Anwendungsbereich – sachlicher 26 ff. – zeitlicher, örtlicher 24 f. Aufklärungsgrundsatz, Aufklärungspflicht 7, 12, 23, 29, 34, 41, 43, 66, 76 Aufklärungsrüge 76 Befangenheit 16, 24, 47, 76 Befristung 48 Belehrung
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– gem. Absatz 5 51, 80 – qualifizierte gem. § 35a Satz 3 58 – über die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses 14 Berufung, Berufungsgericht 26, 35, 57 Bewährungsauflagen 33 Beweisantrag 3, 34, 43 Beweisverwertungsverbot 68 f. Beweiswürdigung 3, 13, 42, 49, 74, 76 Bindung – des Angeklagten 22, 56 – des Gerichts 9, 21 f., 57 – des Staatsanwalts 22, 56, 59 – Entfall der Bindung des Gerichts 60 ff. Bindungswirkung, Rechtsnatur der 21 f. Druck, unzulässiger 15, 17, 33, 76 Einstellung des Verfahrens 33 f., 36, 43, 59, 67 Einziehung 32
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung Fahrverbot 32 faires Verfahren, Grundsatz des 6, 22, 43, 51, 59, 68, 76 f. Fehlerfolgen 56 Fernwirkung 68 Feststellungen 10, 13, 28 f., 74 Förmlichkeit des Verfahrens, formale Garantien 3 Garantie des bestmöglichen Beweises 6, 10 Gegenstände der Verständigung, zulässige 29 ff. Geständnis – Begriff 40 – Beweiswert 10, 14, 23, 39 ff. – drittbelastendes 42 – falsches 10, 14 – qualifiziertes 23, 40 – schlankes 29, 40, 42, 76 – Strafzumessungsfaktor 9, 15, 49 – taktisches 10, 14 f., 41 – Verwertungsverbot 68 f. – Widerruf 65, 68, 82 Gründe für das Aufkommen von Verständigungen 2 f. Gründe für nachträgliches Scheitern der Verständigung 60 ff. guilty plea 2, 9, 14 f., 41 Handel mit Gerechtigkeit 3, 7 Inbegriff der Hauptverhandlung 10, 13 Indizkonstruktion, doppelte 15 Inquisitionsprozess 1 f., 17 Instruktionsmaxime s. Aufklärungsgrundsatz Interessen der Beteiligten 3, 11, 16 Interessenkonflikt 16 f. Irrtümer der Beteiligten 56 Jugendgericht 27 Jugendstrafrecht, Anwendbarkeit 28 Kadijustiz 3 Konsens, Konsensmaxime 2, 9, 17, 21, 61 Leistungsstörungen 59 Maßregeln der Besserung und Sicherung 29 Missbrauch 3 Mitangeklagte 42, 45, 68 Mündlichkeit, Grundsatz der 3, 10, 13 Nebenfolgen 32, 60 Nebenkläger 43, 45, 53 Nebenstrafen 32 Negativattest 72 Nemo tenetur se ipsum prodere s. Schweigerecht Neutralität, richterliche 16 Öffentlichkeitsgrundsatz 3, 10, 13, 19 Opferschutz 5, 39, 49 Ordnungswidrigkeitenverfahren 20
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Pflichtverteidigung 46 plea bargaining 2, 5, 14, 16 Protokoll s. Sitzungsniederschrift Prozessgrundsätze 3, 13 Prozessökonomie s. Verfahrensökonomie Prozessverhalten 29, 35 ff., 43, 49, 59, 65, 75 Punktstrafe 32 Rechtsfolgen – des Scheiterns der Verständigung 66 ff. – der Verständigung 57 Rechtsmittelverzicht 29, 37 ff., 58, 73 Rechtsnatur der Verständigung 21 reformatio in peius 57 Reformbedarf 19 reformierter Strafprozess 1, 13, 19, 38 Revision 73 ff. Rückabwicklung 67 ff. Sanktionsschere 17, 20, 49 f., 76 Scheitern der Verständigung, nachträgliches 60 ff. schuldangemessene Strafe 7 f., 10, 12, 15, 43 f., 60, 63 f., 74, 76 Schuldspruch 12, 29, 75 Schweigerecht 3, 9, 12, 14 Sicherungsverwahrung 29, 75 f. Sitzungsniederschrift 71 ff. Strafaussetzung zur Bewährung 32, 60 Strafgerechtigkeit 3 f., 9, 60 Strafobergrenze, Strafuntergrenze 49 f., 57, 75 Strafrecht, materielles 2, 4 Strafvollstreckung 34, 75 Strafzumessung 4, 6, 10, 15, 27, 40, 42 ff., 49, 70, 74 Strafzwecke 4 Strengbeweis 13, 23 Teilunwirksamkeit 31, 78 teilweises Scheitern 62 Unmittelbarkeitsgrundsatz 3, 10, 13, 76 Unschuldsvermutung 3, 14, 16 Untersuchungsgrundsatz s. Aufklärungsgrundsatz Untersuchungshaft 33, 76 Unterwerfung 17 Unwirksamkeit verbotener Absprachen 24, 31, 71, 75, 77 Verdachtsstrafe 12 Verfahrensökonomie 3 f., 9 f. Verfall 32 verfassungsrechtliche Vorgaben 6 ff. Vertrauensschutz 22, 59, 68, 76 f. Vorschlag des Gerichts 48 ff. Wahrheit, materielle 1, 3 f., 6 f., 9 f., 12, 19 Wiederaufnahme 82 Zustandekommen der Verständigung 53 ff.
I. Bedeutung der Vorschrift 1. Einführung. § 257c ist die zentrale Vorschrift des Gesetzes zur Regelung der Ver- 1 ständigung im Strafverfahren, in dem sich der Gesetzgeber erstmals mit Absprachen 2
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Zur terminologischen Vielfalt vgl. nur Dencker/ Hamm 13 f., 38 f.; Lüdemann/Bussmann
KrimJ 1989 54 Endn. 4 (69); Kintzi JR 1990 309, 312; Weßlau (Konsensprinzip) 13 ff.
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über das Ergebnis eines Strafverfahrens befasst. Solche contra legem3 geschlossenen Absprachen rückten zu Beginn der 1980er Jahre in das Licht der Öffentlichkeit4 und haben seitdem5 derart überhandgenommen, dass die Praxis sie zumeist als unverzichtbar ansieht. Eine Stellungnahme des BVerfG fehlt bisher;6 lediglich eine Kammerentscheidung7 aus dem Jahr 1987 sah in einem Sonderfall, in dem der Angeklagte nach Abschluss der Beweisaufnahme am Ende einer langdauernden Hauptverhandlung selbst eine Urteilsabsprache anregte, keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine „Verständigung über Stand und Aussichten des Verfahrens“. Zu Beginn der 1990er Jahre erließen die Generalstaatsanwälte ohne gesetzliche Grundlage Hinweise an die Staatsanwälte für Verständigungen im Strafverfahren.8 Nachdem der BGH den Absprachen zunächst einige Zeit lang kritisch gegenüber stand,9 sprach der 4. Strafsenat 1997 eine Duldung des Absprachenwesens aus,10 indem er Richtlinien dafür aufstellte, welche allerdings von den Tatgerichten vielfach missachtet11 wurden. Die übrigen Senate sind dem 4. Strafsenat schließlich im Wesentlichen gefolgt.12 Im Jahr 2005 rief der Große Senat für Strafsachen13 den Gesetzgeber auf, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, weil die Urteilsabsprachen sich zunehmend vom in der StPO verankerten Leitbild der materiellen Wahrheit entfernten, so dass Korrekturversuche der obergerichtlichen Rechtsprechung nur unvollkommen gelingen könnten und an die Grenze höchstrichterlicher
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KMR/Eschelbach Vor § 213, 78, 80; SK/Velten 1; Roxin/Schünemann § 17, 7; Dencker/ Hamm 44 ff., 73; Dencker FS Fezer 115, 116; Duttge/Schoop StV 2005 421, 423; Fischer NStZ 2007 433; Haas GedS Keller 45, 70, 73 f.; Klemke/Elbs 781; Kruse StraFo 2000 146; Schünemann FS Heldrich 1177, 1178 f.; ders. (Wetterzeichen) 14, 21 Fn. 50; ders. StraFo 2010 90, 95; wohl auch Meyer-Goßner Gollwitzer-Koll. 161 f.; Weigend FS II BGH 1011, 1015. Beginnend mit Deal (Weider) StV 1982 545 und Schmidt-Hieber NJW 1982 1017. Bereits Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 82 gehen von der Ubiquität der Absprachen in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen aus. Ausdrücklich offenlassend BVerfG NJW 2012 1136, 1137. BVerfG NJW 1987 2662 = NStZ 1987 419 mit Anm. Gallandi. Im Fall BVerfG StV 2000 3 erging keine Sachentscheidung wegen Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Abgedruckt bei Siolek DRiZ 1993 422, 427; Richtlinien des hessischen GenStA in StV 1992 347 f.; vgl. Böttcher/Dahs/Widmaier NStZ 1993 375; krit. Siolek DRiZ 1993 422, 428 f.; Zschockelt FS Salger 435, 442. Z.B. BGHSt 36 210, 214 f.; 37 10; 37 99, 103 ff.; 37 298, 304; 38 102; 42 46, 48 ff.; 42 191, 193; NStZ 1994 196; 1997 611 f.; NStZ-RR 1997 173 f.; s.a. LR/Rieß 25 Einl. G 66 ff.; Kuckein/Pfister FS BGH 641, 649 ff.;
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Meyer-Goßner StraFo 2001 73 ff.; Pfister in: Der Deal mit dem Recht 5, 7 ff.; Zschockelt NStZ 1991 305, 306 f.; ders. FS Salger 435, 436 ff., jew. m.w.N. BGHSt 43 195; dazu Artkämper NJ 1998 409; Kintzi JR 1998 249; Lemke NJ 1998 42; Rönnau wistra 1998 49; Satzger JA 1998 98; Fahl/Geraats JA 2009 791; Herrmann JuS 1999 1162; auch Weigend NStZ 1999 57; Kruse StraFo 2000 146. Altenhain/Hagemeier/Haimerl/Stammen 332 ff.; Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71 ff., 77; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 328; Gössel FS Fezer 497, 510; Harms FS Nehm 289, 292 f.; Pfister DRiZ 2004 178, 181 m.w.N.; Schmitt GA 2001 411 ff., 425 f.; Wagner GedS Eckert 939, 949 f.; ders. FS Gössel 585, 593; Weider StraFo 2003 406, 407; auch Fischer NStZ 2007 433 f.; näher Meyer-Goßner Gollwitzer-Koll. 161, 167 ff. Vgl. BGHSt 48 161; 49 84; BGH StV 2004 417; 2004 470; 2004 639 und die Nachw. bei Kuckein/Pfister FS BGH 641, 651; Pfister in: Der Deal mit dem Recht 5, 7 ff.; Weigend FS II BGH 1011, 1017 ff. BGHSt 50 40, 63 f. mit Anm. Dahs NStZ 2005 580; Duttge/Schoop StV 2005 421; Koch HRRS 2005 245; Meyer HRRS 2005 235; Rieß JR 2005 435; Saliger JuS 2006 8; Seher JZ 2005 634; Theile StraFo 2005 409; Widmaier NJW 2005 1985; auch Altenhain GA 2005 281; Fahl ZStW 117 (2005) 605, 614 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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Rechtsfortbildung führten. Das am 4.8.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren schreibt dennoch das bisherige Richterrecht mit nur wenigen Modifikationen fest. In großer Eile und ohne in der Gesetzesbegründung auf die Tragweite einzugehen wurde mit der Einfügung des § 257c und den flankierenden Normen der §§ 35a, 160b, 202a, 212, 257b nebst Änderungen der §§ 243, 267, 273 und 302 der schwerste Eingriff in das Gefüge der StPO14 seit ihrem Erlass 1877 vorgenommen und das im 19. Jahrhundert entwickelte Modell des reformierten Strafverfahrens aufgegeben zugunsten eines verkürzten, fast reinen Inquisitionsprozesses. In gleicher Weise15 wie das plea bargaining eine Degenerationserscheinung des Ge- 2 schworenenprozesses im Common Law-Rechtsraum ist,16 so stellen sich Absprachen über das Verfahrensergebnis zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten im deutschen Recht als Degenerationserscheinung des reformierten Inquisitionsprozesses der StPO dar.17 In beiden Fällen breiten sich diese Umgehungstechniken zunächst schleichend, heimlich und ohne theoretische Fundierung aus, indem die professionellen Akteure der Strafrechtspflege sie annehmen und sich allmählich so sehr daran gewöhnen, dass sie,
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Fezer NStZ 2010 177, 182; Hettinger JZ 2011 292, 301; ähnl. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327; Hauer NJ 2010 10, 12; MeyerGoßner Einl 119h; Schünemann ZRP 2009 104. Zur Parallelität der Entwicklung wie hier Rosenau (Absprachen) 45, 57 = ders. FS Puppe 1597, 1613 f., der Absprachen allerdings nicht für eine Fehlentwicklung hält. Anders als vielfach, z.B. von Schünemann (Wetterzeichen) 22; Trüg/Kerner FS Böttcher 191, 204 ff. m.w.N., angenommen wird, liegen Schuldanerkenntnisse nebst Verständigungen über das Ergebnis nicht umstandslos „in der Logik“ des anglo-amerikanischen Strafprozesses – überdies eine ahistorische Annahme: warum hat es dann 700 Jahre gedauert, bis diese Logik entdeckt wurde? –, sondern sind in ihm, weil der Strafprozess sich nie von der Grundstruktur des Zivilprozesses emanzipiert und der Herausbildung der öffentlichen Strafe angepasst hat, nur ohne weiteres integrierbar. Bis in das 19. Jahrhundert hinein waren guilty pleas selten, denn die Gerichte standen ihnen ablehnend gegenüber und versuchten die Angeklagten davon abzubringen. Zur Geschichte des plea bargaining, das in den U.S.A. gegen Ende des 19. Jh. entstand, sich in den 1920er Jahren durchsetzte und seit den 1960er Jahren bis zu 99 % aller Strafverfahren entscheidet und in den anderen Staaten des Common Law-Rechtskreises ähnlich vorherrscht, siehe nur G. Fisher 19 ff.; McConville/Mirsky 139 ff.; Nasheri 78 ff., 99 ff.; M. Vogel 91 ff.; LaFave/Israel
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Criminal Procedure (2. Aufl. 1992) 898 ff.; Kobor 45 ff.; Alschuler 79 Colum.L.Rev. 1 ff. (1979); Friedman 13 Law & Soc’y Rev. 247 ff. (1979); Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 8 ff. (1978–79); ders. 13 Law & Soc’y Rev. 261 ff. (1979); Haller 13 Law & Soc’y Rev. 273 ff. (1979); Mather 13 Law & Soc’y Rev. 281 ff. (1979); Dielmann GA 1981 558, 561 ff.; Dreher 96 ff.; Ransiek ZIS 2008 116 ff.; Rosenau (Absprachen) 45, 53 ff., 57 = ders. FS Puppe 1597, 1611 ff.; Schwander SJZ 103 (2007) 142 ff.; Trüg ZStW 102 (2008) 331, 340 ff.; Vogler ZStW 116 (2004) 129, 132 ff.; Weigend ZStW 94 (1982) 200, 203 ff. Zu England siehe Archbold Criminal Pleading, Evidence and Practice (2011) § 4–104 ff., § 5–73 ff.; Ashworth/Redmayne 296 ff.; zu England und Australien siehe Boll (Plea Bargaining) 2 ff.; Buss Staatsanwaltschaft und Crown Prosecution Service (2010); zu Schottland Hertel ZJS 2010 198 ff.; zu Kanada Nasheri 47 ff., 121 ff. Die Zeiten, in denen amerikanische Autoren das deutsche Strafverfahren als leuchtendes Gegenbeispiel zum plea bargaining preisen konnten, vgl. Alschuler 50 U.Chi.L.Rev. 931, 956 ff. (1983), Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 21 f. (1978–79); ders. 78 Mich.L.Rev. 204, 212 f. (1979); Felstiner 13 Law & Soc’y Rev. 309 ff. (1979); Stepan Possible Lessons From Continental Criminal Procedure, in: Rottenger (Hrsg.), The Economics of Crime and Punishment (1973) 181, 196; Vlasihin 12 Loy.L.A. L.Rev. 833 (1979); Weigend 2 Crime & Just. 381 ff. (1980), sind nun endgültig vorüber.
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von Wissenschaft und Öffentlichkeit kaum beachtet, im Laufe weniger Jahrzehnte trotz fehlender Positivierung schließlich die regulären Verfahrensformen fast völlig verdrängen, obwohl sie tradierten und offiziell nie aufgegebenen Verfahrensidealen evident zuwiderlaufen. Begünstigt werden diese empirisch nur ansatzweise erforschten und organisationstheoretisch18 noch nicht hinlänglich erklärten Fehlentwicklungen jeweils durch sich zunehmend verschlechternde Anwendungsbedingungen des Normalverfahrens:19 Dazu zählen wesentlich dessen fortwährendes Raffinement, das als unerwünschte Nebenwirkung das Normalverfahren so verkomplizieren und verzögern kann, dass es sowohl für das alltägliche Massengeschäft problemloser Fälle als auch für besonders schwierige und umfangreiche Verfahren20 immer weniger taugt oder als tauglich erscheint. Als Reaktion auf solche Überforderung wird Vermeideverhalten ausgelöst, wozu im deutschen Recht im Bereich der geringfügigen bis mittleren Kriminalität auch die Wucherung des Strafbefehlsverfahrens und die Fehlentwicklung des § 153a, der bereits ein guilty plea-Verfahren etabliert,21 gehört22. Zur Krise des jeweiligen Normalverfahrens tragen weiter bei die Hypertrophie des materiellen Strafrechts,23 steigende Fallzahlen, unzureichende Ausstattung der Justiz, tatsächliche oder vorgeschobene24 Arbeitsüberlastung, zweckwidrige, Quantität über Qualität stellende Pensenbewertung,25 bisweilen auch amtsvergessene Bequemlichkeit26 und Korruption27. Die Umgehungstechniken üben auf die beteiligten
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Dazu Schulhofer 97 Harv.L.Rev. 1037, 1041 ff., 1096 (1984); Schünemann Gutachten 58. DJT, B 57 ff. Vgl. nur KMR/Eschelbach Vor § 213, 67 ff.; Braun AnwBl. 2000 222 ff.; Fischer NStZ 2007 433, 435 f.; Kuckein/Pfister FS BGH 641, 643 f.; Landau/Eschelbach NJW 1999 321 f.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 16 ff., 27 ff.; s.a. LR/Kühne Einl. G 58 m.w.N. Zu den verschiedenen Fallklassen, die im Wege der Absprache erledigt werden, s. Schünemann Gutachten 58. DJT, B 19 ff., 54 ff. Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung 566 m.w.N.; s.a. Salditt FS Egon Müller 611 ff.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 20 ff.; Wagner GedS Eckert 939, 942 ff. Vgl. nur Schmidhäuser JZ 1973 529, 536; Terhorst GA 2002 600, 609; Wagner GedS Eckert 939 ff., 955 f., 958; Weßlau ZStW 116 (2004) 150, 152 ff., 162 ff.; dies. StraFo 2007 1, 5; Hettinger JZ 2011 292, 293, 295 f. Die Akzeptanz des amerikanischen plea bargaining bei Praktikern verdankt sich ganz überwiegend den dramatisch überzogenen Strafrahmen des materiellen Rechts, die sich nur durch fact bzw. charge bargaining vermeiden lassen, was lediglich bedeutet, ein Übel in Kauf zu nehmen, um ein noch größeres zu verhüten, eingehend Stuntz The
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Collapse of American Criminal Justice (2011) 66, 82, 257 ff. Näher Braun AnwBl. 2000 222, 224 f.; Kintzi JR 1990 309, 310, 313; Schünemann FS Pfeiffer 461, 463 ff.; krit. Marsch ZRP 2007 220; Damasˇka StV 1988 398, 400; Dencker/Hamm 59 ff., 86 ff.; Erb GedS Blomeyer 743, 747; diff. Bernsmann in: Der Deal mit dem Recht 21, 22 ff. Schon Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 90; Lüdemann/Bussmann KrimJ 1989 54, 57 f., 66; Siolek 58 f.; ders. DRiZ 1993 422, 426 und nun Altenhain/Hagemeier/Haimerl/ Stammen 59 ff., 331 gehen davon aus, dass Arbeitsbelastung allein keine genügende Erklärung sei. Gleiches gilt für das amerikanische plea bargaining, vgl. Nardulli 70 J.Crim.L. & Criminology 89 ff. (1979); Feeley 244 ff. sowie die Nachw. bei Weigend ZStW 94 (1982) 200, 203 f. Eschelbach HRRS 2008 190, 195 f.; Hettinger JZ 2011 292, 293. Erb GedS Blomeyer 743, 747; Gössel FS Fezer 497, 499; Hettinger JZ 2011 292, 293 Fn. 18; Marsch ZRP 2007 220; SchmidtHieber DRiZ 1990 321, 324; Terhorst DRiZ 1988 296, 297; ders. GA 2002 600, 608; Wagner GedS Eckert 939, 958; Wippfelder DRiZ 1990 126, 129; a.A. Schmitt GA 2001 411, 426. Vgl. nur Alschuler 79 Colum.L.Rev. 1, 24 ff. (1979); Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 18 f. m.w.N. (1978–79).
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Akteure einen starken Reiz aus, weil so weitaus mehr Fälle mit weitaus geringerem Aufwand erledigt werden können als im Normalverfahren; für die Angeklagten liegt der Reiz in der Aussicht auf einen schnellen, sicheren Strafrabatt im Vergleich zur Belastung eines langwierigen Normalverfahrens mit unsicherem Ausgang und eventuell höherer Strafe. Sobald die ubiquitär gewordene Absprachenpraxis nicht mehr zu übersehen ist und Kritik erfährt, finden sich in beiden Fällen nachträgliche Versuche rechtlicher und rechtstheoretischer Rechtfertigung, die auf die wechselseitigen Vorteile, namentlich die höhere Effizienz, verweisen sowie auf das konsensuale Element, so dass allen Freud und niemand Leid widerfahre,28 was schon für sich genommen implausibel ist29. Doch bleibt jeweils ein eklatantes Theoriedefizit,30 zumal Konsens als bloße Methode 31 zur kooperativen Nutzenmaximierung weder einen Wert an sich darstellt (wie Kartelle, Kollusion, Korruption und gemeinsame Tatentschlüsse bei Mittäterschaft zeigen) noch sich in allen sozialen Kontexten zur Entscheidungsfindung eignet32 (wie bei der Benotung von Klausuren33 oder Messung sportlicher Leistungen) noch gar eine „spezifische Richtigkeitsgewähr“34 verspricht, so dass es einer materiellen Begründung bedürfte, ob und unter welchen Bedingungen ausgerechnet der gravierendste staatliche Grundrechtseingriff in Gestalt der Strafe auf die Einigkeit ausgewählter35 Akteure gestützt werden dürfte.36 Die Notwendigkeit theoretischer Anstrengung verspüren indes nur wenige, vielmehr wird wie schon bei § 153a das Funktionieren im Alltag als „Bewährung“ ausgegeben,37 so dass jegliche Einwände ohne inhaltliche Auseinandersetzung a limine als realitäts- und praxisfern abgetan werden können. Das mächtigste Argument liegt beide Male im Hinweis auf die angeblich unüberwindliche Faktizität, dass nämlich ohne das Absprache-
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Exemplarisch Easterbrook 12 J. Legal Stud. 289, 297 (1983); krit. zu dieser „jurisprudence of joy“ Alschuler (nächste Fn.). Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 659 bei Fn. 13, 683 ff., 695 ff. (1981); Terhorst GA 2002 600, 607. Ähnl. Weigend NStZ 1999 57, 58; ders. FS Damasˇka 39, 62 ff.; auch Eidam 271; Graf/Eschelbach 1; Fischer StraFo 2009 177, 180; Hettinger FS Egon Müller 261, 280 ff.; Lien GA 2006 129, 134; Schünemann StV 1993 657; ders. FS Baumann 361, 370. Zutr. Weßlau StraFo 2007 1, 6 f. Dazu Kipnis 86 Ethics 93, 104 f. (1976); ders. 13 Law & Soc’y Rev. 555, 559 f. (1979); Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 679 f., 705 f. (1981). Kipnis, Alschuler wie Fn. 32. Strafrechtsausschuss BRAK 4 (sub 7.); ähnl. Schünemann in: Pönometrie 73, 74; dagegen Lien GA 2006 129, 135 ff.; Murmann ZIS 2009 526, 532; Weigend in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 370. Die Verheißung, kooperative Verfahrensmodelle wirkten akzeptanzsteigernd und beförderten den Rechtsfrieden, so z.B.
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Rosenau (Absprachen) 60 = ders. FS Puppe 1597, 1624, überzeugt schon deshalb nicht, weil die harmonische Lösung eines sozialen Konflikts wenigstens die Beteiligung der Opfer erforderte, zutr. Damasˇka StV 1988 398, 401. Bei einer Straftat ist allerdings zudem noch die gesamte Rechtsgemeinschaft am Konflikt beteiligt. Akzeptanzsteigernd wirkt bei Angeklagten allenfalls der faire Umgang mit ihnen, Hörnle Rechtstheorie 35 (2004) 175, 185 f.; Rubach ZIS 2006 537 f., jew. m.w.N., der sich bei Absprachen typischerweise nicht findet. Dazu, dass bei einer Absprache der Angeklagte oftmals nicht angemessen beteiligt wird, s. Altenhain/Hagemeier/Haimerl/Stammen 83 ff., 91 ff., 332; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 43 f.; Wagner/Rönnau RuP 1990 161 f.; dazu, dass ihm die Kooperation aufgezwungen wird, siehe Rn. 17; a.A. Bernsmann in: Der Deal mit dem Recht 21, 28 ff. Vgl. nur Weßlau StraFo 2007 1, 6 f.; dies. (Konsensprinzip) 66 ff.; Lien GA 2006 129 ff. Vgl. Grünwald StV 1987 453, 455, 457 (Scheinlegitimation); Hettinger FS Egon Müller 261, 270.
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wesen die Strafjustiz zusammenbreche, wovor auch Obergerichte 38 bereitwillig resignieren, sowie, dass sich Absprachen als Notstandshandlungen39 nicht mehr beseitigen oder verbieten ließen,40 ein Verbot sie lediglich ins Verborgene verlagere41. Ob die erste der beiden trübsinnig stimmenden Behauptungen zutrifft, in der nicht weniger als die Kapitulationserklärung der Strafjustiz liegt,42 ist nicht nur Evidenzerlebnissen, sondern fundierter Klärung zugänglich;43 eine normative Rechtfertigung liefert sie nicht 44 („Niemals ist etwas schon deshalb richtig, weil es ist …“45). Die zweite Behauptung, die der Rechtstreue aller an der Strafjustiz Beteiligten ein Armutszeugnis ausstellt,46 ist normativ irrelevant 47 – andernfalls müssten alle massenhaft gebrochenen Verbote, etwa im Straßenver-
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BGHSt 50 40, 53 f.; U.S. Supreme Court, Santobello v. New York, 404 U.S. 257, 260 (1971); ebenso Meyer-Goßner Einl. 119a; ders. ZStW 119 (2007) 938, 940; NestlerTremel DRiZ 1988 288, 290; Pfister StraFo 2006 349, 350; Widmaier StV 1986 357; Schmitt GA 2001 411, 426; krit. Graf/Eschelbach 1.2; KMR/Eschelbach Vor § 213, 73; Fischer NStZ 2007 433, 435; ders. StraFo 2009 177, 180; ders. ZRP 2010 249; ders. § 46, 114; Gössel FS Fezer 497, 500 ff.; Klemke/Elbs 781 (hausgemachte Überlastung); Malek StV 2011 559, 564 („Lüge von den fehlenden Ressourcen der Justiz“); Zschockelt FS Salger 435, 440 f. So schon Bode DRiZ 1988 281, 285; vgl. StPO-Kommission des Deutschen Richterbundes DRiZ 1987 244. Altenhain/Hagemeier/Haimerl/Stammen 341; Cramer FS Rebmann 145, 148 ff.; Erb GedS Blomeyer 743, 748; Jung Eur.J.Crime, Crim.L. & Crim.Just. 5 (1997) 112, 118; Kuckein/Pfister FS BGH 641, 661; Kühne 750; Fezer NStZ 2010 177, 183 m. Fn. 99, 185; Meurer NJW 2000 2936, 2944; MeyerGoßner Einl. 119a; ders. Gollwitzer-Koll. 161, 163 f.; ders. NStZ 2007 425, 429; Rieß JR 2005 435, 437; ders. StraFo 2010 10; Schmitt GA 2001 411, 425 f.; Weigend NStZ 1999 57, 63; ders. FS II BGH 1011, 1013; ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 47; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 363 f., 380, 393; Widmaier StV 1986 357; Wolfslast NStZ 1990 409, 416; ähnl. Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 89; krit. KMR/Eschelbach Vor § 213, 73; Schünemann (Wetterzeichen) 14 Fn. 34; ders. FS Rieß 525, 531 f. Meyer-Goßner Gollwitzer-Koll. 161, 163; ders. NStZ 2007 425, 429; Rieß JR 2005 435, 437; Weigend FS Maiwald 829; so für die U.S.A. bereits Fed.R.Crim.P. § 11(e)(6)
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advisory committee note; w. Nachw. bei Alschuler 50 U.Chi.L.Rev. 931, 935 Fn. 38, 961 ff. (1983); Schulhofer 97 Harv.L.Rev. 1037, 1039 ff. (1984). Haller DRiZ 2006 277. Ablehnend für die U.S.A. National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals Courts (1973) 46 f. (Standard 3.1 Abolition of Plea Negotiation); Alschuler 50 U.Chi.L.Rev. 931, 937 ff. (1983); Schulhofer 97 Harv.L.Rev. 1037 ff. (1984); krit. auch Ashworth/Redmayne 318. Nach dem Verbot von plea bargaining von 1975 bis 1993 durch den Attorney-General von Alaska ist dort die Strafrechtspflege nicht zusammengebrochen, vgl. Dielmann GA 1981 558, 569; Weigend ZStW 94 (1982) 200, 208 Fn. 26; Rubinstein & White 13 Law & Soc’y Rev. 367 ff. (1979); Rubinstein, Clarke & White Alaska Bans Plea Bargaining (National Institute of Justice 1980); Carns & Kruse 75 Judicature 310 ff. (1992); Alaska Judicial Council Alaska’s Plea Bargaining Ban Re-evaluated (1991). Zu weiteren Verboten siehe Dreher 233 ff.; Weiniger 35 UCLA L.Rev. 265 ff. (1987); Gazal-Ayal 27 Cardozo L.Rev. 2295, 2342 ff. (2006). Zutr. Duttge FS Böttcher 53, 53 Fn. 6; Gössel FS Fezer 497, 503 f.; Trüg StV 2005 161, 163; Trüg/Kerner FS Böttcher 191, 212; auch Scheinfeld ZIS 2008 62, 65 f. Radbruch Rechtsphilosophie (8. Aufl. 1975) § 2 S. 93. Alschuler 50 U.Chi.L.Rev. 931, 961 ff., 964 (1983); Hettinger FS Egon Müller 261, 269 Fn. 31; Schünemann FS Rieß 525, 531 f.; ders. ZRP 2009 104. Graf/Eschelbach 1.2; Schünemann FS Rieß 525, 532 spricht treffend von der „normativen Dreistigkeit des Arguments von der Unausrottbarkeit der Absprachenpraxis“.
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kehr, wegen Ineffizienz aufgehoben werden. Die notwendige Frage, ob diese Faktizität denn normativ überhaupt akzeptabel ist,48 ob also das, was da derzeit im Absprachewege so gut zu funktionieren scheint, den Namen rechtstaatlicher Strafjustiz überhaupt verdient, wird in Deutschland indes zu selten gestellt 49. Dabei ist offensichtlich die Bedrohung der rechtsstaatlichen Strafrechtspflege durch eine willkürliche Absprachenpraxis ungleich ernster als durch die Überlastung der Justiz.50 Beiden Fehlentwicklungen ist weiterhin gemein, dass angesichts der manifesten, 3 scheinbar auch allseitigen Vorteile der jeweiligen Umgehungstechnik nicht nur die Gesetzestreue zahlreicher Akteure, sondern verbreitet auch das Verständnis für den Sinn des lästig gewordenen Prozessgesetzes, ja sogar der tragenden Prinzipien und Begriffe von Strafe und Strafjustiz überhaupt geschwunden ist. An die Stelle der traditionellen Verfahrensziele Wahrheit und Gerechtigkeit tritt vordergründig die Verfahrensökonomie als dominantes Paradigma,51 als ob die gesellschaftliche Funktion der Strafjustiz die bloße Erledigung von Fällen sei und nicht die Verwirklichung der Ziele des materiellen Strafrechts,52 doch ist Verfahrensökonomie letztlich nur eine Chiffre für den Eigennutz der Beteiligten, der die Haupttriebfeder der Absprache bildet53. Etabliert wird eine informelle Praxis – die auch ein Gesetz nicht formalisieren können wird 54 –, die einerseits zum ausgiebig dokumentierten55 und längst nicht mehr als Ausnahmefall margina48
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So z.B. Brady v. United States, 397 U.S. 742, 752 f.; 90 S.Ct. 1463, 1471; 25 L.Ed.2d 747 (1970); Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 703 ff. (1981); Church 13 Law & Soc’y Rev. 509, 511 f. (1979); Kipnis 13 Law & Soc’y Rev. 555, 557 ff. (1979); LaFave/Israel Criminal Procedure (1992)2 899 ff. Siehe aber Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 88 f.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 55 ff.; Trüg ZStW 102 (2008) 331, 332. In den U.S.A. ist das plea bargaining bis heute ebenso heftig wie folgenlos umstritten, siehe dazu nur die in Fn. 16 genannten Monographien von Fisher, McConville/Mirsky, Nasheri, Vogel, Kobor sowie die Kritiken von Alschuler 36 U.Chi.L.Rev. 50 ff. (1968); ders. 69 Cal.L.Rev. 652 ff. (1981); ders. 50 U.Chi.L.Rev. 931 ff. m.w.N. in Fn. 4 (1983); Damasˇka StV 1988 398, 400 ff.; Halberstam 73 J.Crim.L. & Criminology 1 ff. (1982); Langbein (Fn. 17); Palmer 26 Am.J.Crim.L. 505, 512 ff. (1999); Schulhofer 97 Harv.L.Rev. 1037 ff. (1984); ders. 101 Yale L.J. 1979 ff. (1992); Note 83 Harv.L.Rev. 1387 ff. (1970); knapper Überblick bei Dielmann GA 1981 558, 566 ff.; Ross 54 Am.J.Comp.L. (Supp.) 717, 723 ff. (2006); Turner 50 ff. Treffend Graf/Eschelbach 1.2; zum Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Rechtsanwendungsgleichheit durch die Selbststeuerung der Arbeitslast der Gerichte gefährdet
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wird, vgl. BVerfGE 54 277, 293; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 130. Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 89; Lüdemann/Bussmann KrimJ 1989 54, 61; Stübinger JZ 2008 798, 799; vgl. auch Weigend FS Maiwald 829, 845 ff. (Tendenz zum administrativen Strafverfahren); ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 38 f., 44 f.; befürwortend Viering 85 ff., 191 ff. Zutr. Gössel FS Böttcher 79, 92; ders. FS Fezer 497, 502 f.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 61; s.a. Neumann ZStW 101 (1989) 52 ff. Terhorst GA 2002 600, 606, 608. Fischer NStZ 2007 433, 435; ders. StraFo 2009 177, 185; ders. StraFo 2010 329, 331 mit Fn. 6; Marsch ZRP 2007 220, 222; Kunz FS Egon Müller 383, 393; Kühne 750; Theile MSchrKrim. 2010 147, 158; Weigend in: Der Deal mit dem Recht 37, 48; vgl. auch National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals Courts (1973) 48. Aus der Judikatur siehe nur BGH StV 2000 539; 2004 360; 2004 470; 2004 636; 2009 174; 2011 74 f.; NStZ 2007 711 f.; 2008 170 f.; OLG Bremen StV 1989 145, 146; LG Nürnberg-Fürth StV 2010 136 f.; sowie die Nachw. bei SK/Velten Vor § 257b, 1; Bernsmann in: Der Deal mit dem Recht 21, 23 ff.; Dahs NStZ 1988 153, 154 f.; Dencker/Hamm 126 ff.; Erb GedS Blomeyer 743, 750 ff.; Fischer § 46, 118; ders. StraFo 2009 177, 179 f.; Hamm FS Egon Müller
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lisierbaren56 Missbrauch einlädt, andererseits bei redlich gesonnenen Akteuren fraglos auch zu gerechten Ergebnissen führen kann, was gern von Befürwortern hervorgehoben57 wird – allerdings zu Unrecht, weil es dafür keine formalen Garantien gibt 58. Denn von der Praxis mit erstaunlichem Gleichmut übergangen wird jeweils in beiden Fällen, dass bisher als fundamental angesehene Prozessmaximen und -grundrechte wie die Unschuldsvermutung, das Schweigerecht und die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sowie die Suche nach der materiellen Wahrheit59 und damit die Durchsetzung des materiellen Strafrechts aufgegeben, im deutschen Recht zudem noch die Inquisitionsmaxime und die Prinzipien der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit sowie der freien Beweiswürdigung aufgegeben werden, was hinlänglich dargelegt worden ist.60 Dabei machen die auf-
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235, 243 f. Hammerstein StV 2007 48, 50; Jungfer StV 2007 380, 383; Kempf StV 2009 269, 270 f.; Malek StraFo 2005 441, 443 ff.; ders. StV 2011 559, 565; Pfister DRiZ 2004 178, 179; ders. StraFo 2006 349 f., 351; Salditt FS AG Strafrecht DAV 794, 794 f.; Schünemann (Wetterzeichen) 19 f.; Siolek FS Rieß 563, 571 ff.; Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 166 f.; Weider StV 2002 397 ff. Pfister DRiZ 2004 178, 179; ders. StraFo 2006 349, 351. Vgl. Böttcher/Dahs/Widmaier NStZ 1993 375; Dahs NStZ 1988 153, 158, 159; Ignor ZStW 119 (2007) 927, 930, 932 f. (auf das rechtsstaatliche Ethos abhebend); Rosenau (Absprachen) 68, 72. Vgl. Fischer ZRP 2010 249, 250 bei Fn. 9; Terhorst GA 2002 600, 613. Die materielle Wahrheit ist entgegen verbreiteten Fehlvorstellungen ein zentrales Prinzip auch des Strafprozesses im Common LawRaum, der sich nicht etwa mit formeller Wahrheit zufrieden gibt, vgl. nur Lord Denning in Jones v. National Coal Board [1957] Q.B. 55, 63; Tehan v. United States ex rel. Shott 382 U.S. 406, 416; 86 S.Ct. 459; 15 L.Ed.2d 453 (1966); Stovall v. Denno 388 U.S. 293, 297 f.; 87 S.Ct. 1967; 18 L.Ed.2d 1199 (1967) (“the basic purpose of a trial is the determination of truth”); LaFave/Israel Criminal Procedure (1992)2 § 1.6(a); zutr. Ransiek ZIS 2008 116 m.w.N.; Rosenau FS Puppe 1597, 1618; Rosenau (Absprachen) 45, 56 Fn. 75; Weigend in: Der Deal mit dem Recht 37, 45 f.; Cramer FS Rebmann 145, 156; missverständl. Trüg/Kerner FS Böttcher 191, 196 f., 198. Vgl. nur KMR/Eschelbach Vor § 213, 110 ff.; Baumann NStZ 1987 157 f.; Beulke 394a; Braun 35 ff.; Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 88 f.; Dencker/Hamm 50 ff.; Fahl ZStW 117 (2005) 605 f.; Gössel
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FS Fezer 497, 511 ff.; Günter DRiZ 1987 406; Hassemer JuS 1989 890, 892 f.; Hettinger FS Egon Müller 261, 272 f.; Kühne 748; Küpper/Bode Jura 1999 351, 356 ff.; MeyerGoßner Gollwitzer-Koll. 161; Müller 81 ff.; Nestler-Tremel in: Modernes Strafrecht und Ultima-ratio-Prinzip 159, 165, 174; Prantl 60 f.; Saliger JuS 2006 8, 12; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 80 ff., 146 ff.; ders. FS Baumann 361, 372; ders. StV 1993 657, 658 f.; Steinhögl 16 ff.; de Vries ZRP 2011 209 f.; Weigend JZ 1990 774, 777 f.; ders. FS II BGH 1011, 1012; ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 40 f.; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 364; Weßlau ZStW 116 (2004) 150, 166 ff.; Ashworth/Redmayne 312 ff.; Dreher 216 ff.; Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 21 (1978–79); Vogler ZStW 116 (2004) 129, 139 ff. Nach Auffassung des österreichischen OGH sind Absprachen wegen „eklatanten Widerspruches zu den tragenden Grundprinzipien des österreichischen Strafverfahrensrechtes, namentlich jenem zur – ein Kontrahieren des Gerichtes mit (mutmaßlichen) Rechtsbrechern ausschließenden – Erforschung der materiellen Wahrheit, prinzipiell abzulehnen“, OGH Beschl. v. 24.8.2004 – 11 Os 77/04, ÖJZ 2005 275, 276 = JBl. 2005 127, dazu Birklbauer ZIS 2009 101, 103; Schmoller GA 2009 505, 528 m.w.N.; zum Schweizer Recht: Oberholzer Grundzüge des Strafprozessrechts dargestellt am Beispiel des Kantons St. Gallen (2005)2 311 („Der Deal verstösst gegen praktisch sämtliche Prinzipien des Strafprozessrechts.“); Pieth Schweizerisches Strafprozessrecht (2009) 196, 199 ff.; ders. ZStrR 128 (2010) 161 ff.; Wohlers StV 2011 567 ff.; zum italienischen pattegiamento und giudizio abbreviato: Orlandi ZStW 116 (2004) 120, 125. Kompatibilistisch hingegen Ignor FS BRAK 321,
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gegebenen Prozessgrundsätze die Justizförmigkeit, d.h. diejenigen Förmlichkeiten des Verfahrens aus, die gleichmäßige, grundrechtswahrende und inhaltlich zutreffende Entscheidungen unabhängig von der bona fides der mit dem Einzelfall befassten Akteure sicherstellen sollen.61 Die Form ist immer noch „die geschworene Feindin der Willkür, die Zwillingsschwester der Freiheit. Denn die Form hält der Verlockung der Freiheit zur Zügellosigkeit das Gegengewicht.“62 Diese formelle (Verfahrens-)Gerechtigkeit als Definiens des formellen Rechtsstaats (bzw. rule of law) wird im informellen Absprachenwesen ersetzt durch die Hoffnung auf wechselseitige Vorteile beliebiger 63 Art, deren regellose Aushandlung im Rahmen einer zwischenmenschlichen Vertrauensbeziehung64 der professionellen Akteure bestenfalls im Einzelfall materielle Gerechtigkeit hervorbringen kann. Hierin liegt eine Abkehr von den formalen Qualitäten des modernen Rechts und Rückkehr zur Kadijustiz im Weberschen Sinne.65 Die abstrakte Idee der Verfahrensgerechtigkeit ist offenbar chancenlos gegen das konkrete Krämerglück, das ein gelungener Deal bereiten kann; die Idee des formellen Rechtsstaats geht in den reziproken Egoismen des Justizalltags unter.66 Wie von einem Mahlstrom werden dabei auch alle anderen Normen der StPO – etwa Beweisantragsrechte, Beweiserhebungs- und -verwertungsverbote – erfasst, ohne Rücksicht auf ihren disponiblen oder zwingenden Charakter ihres ursprünglichen Sinns entkleidet und stattdessen mit Zuerkennung eines Lästigkeitswerts (für den Gegner; dem entspricht ein eigener Nützlichkeitswert) verrechenbar gemacht und bei Bedarf in den Handel eingestellt.67 Insoweit hat die Strafjustiz die Gesetzesanwendung eingestellt. Es fragt sich, wie diese völlige Prinzipienvergessenheit – die sich gern im Vorwurf der „Prinzipienreiterei“ an die Kritiker des Absprachenwesens manifestiert68 – und dieser offene Gesetzesungehorsam zu erklären sind, wenn nicht durch den vorherigen Kollaps des Rechtsverständnisses vieler Akteure der Strafjustiz.
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323 ff.; Ioakimidis 45 ff.; Kintzi JR 1990 309, 314 ff.; Landau/Eschelbach NJW 1999 321, 324 f.; Rosenau (Absprachen) 45, 53 ff. = ders. FS Puppe 1597, 1614 ff.; Wolfslast NStZ 1990 409, 411 ff., 416; krit. LR/Rieß 25 Einl. G 70; Niemöller StV 1990 34, 35. Fischer StraFo 2009 177, 184 f.; ders. § 46, 118; Hamm NJW 2006 2084, 2086; ders. FS Meyer-Goßner 33; Hassemer JuS 1989 890, 893 f.; ders. FS Volk 207 ff., 221 f.; Pfister StraFo 2006 349, 353; Salditt ZStW 115 (2003) 570, 573; Schünemann ZStW 119 (2007) 945, 953; Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 163 f., 167. Von Ihering Geist des römischen Rechts, 2. Theil/2. Abt. (6./.7. Aufl. 1923) 471. Wagner GedS Eckert 939, 957 f. Dazu Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 87; Gallandi MDR 1987 801 ff.; auch Hassemer/Hippler StV 1986 360, 361; Haas GedS Keller 45, 63. Vgl. Weber Wirtschaft und Gesellschaft 463 f., 510 f., 563 ff. (5. Aufl. 1972); ähnl. Hassemer JuS 1989 890, 894; Heußner DRiZ 1987 312, 314; Schünemann (Wetterzeichen) 26; Schwander SJZ 103 (2007) 142, 146; Terhorst DRiZ 1988 296, 297; ders.
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GA 2002 600, 608; Wagner GedS Eckert 939, 956 f. Ähnl. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 328; Weigend in: Der Deal mit dem Recht 37, 39. Zur Interessenlage vgl. nur Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 85; Hammerstein StV 2007 48, 50; Jungfer StV 2007 380, 384 ff.; Schuhmacher StV 1995 442, 443 f.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 44 ff.; Steinhögl 108 ff.; ähnl. schon Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 690 ff. (1981); Rhodes 39 ff.; Schumann (Handel) 85 ff.; vgl. auch Dreher 142 ff.; zu agency costs Schulhofer 17 J. Legal Stud. 43, 49 ff. (1988); ders. 101 Yale L.J. 1979, 1987 ff. (1992); Viering 139 f. Weigend FS II BGH 1011, 1014; vgl. Weßlau FS Egon Müller 779, 783. Zur Ablösung des rechtlichen Codes „Recht/Unrecht“ durch den wirtschaftlichen Code „Zahlung/Nichtzahlung“ Theile MSchrKrim. 2010 147, 156. Z.B. Niemöller/Schlothauer/Weider Einl. 7 (die Strafprozesswissenschaft müsse „von ihren Prinzipienrössern absteigen“); dagegen schon zutr. Dencker/Hamm 51 Fn. 75: „Mangel an Prozeßtheorie“.
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Die Degeneration des Strafverfahrens führt notgedrungen zur Degeneration des materiellen Strafrechts, das sich nur aufgrund des Prozesses verwirklichen kann:69 Wenn die Wahrheitssuche zugunsten der Verfahrensökonomie aufgegeben ist, indem auf den akribischen Nachweis der Verwirklichung eines Straftatbestandes als Voraussetzung der Sanktionierung verzichtet wird, und Strafzumessung sich statt an den Strafzwecken nun an Zeitersparnis orientiert, dann erhält auch die gesetzliche Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge einen anderen Sinn, womit der Strafzweck denaturiert. Vergeltender Schuldausgleich kommt als Sinn der Strafe nicht mehr in Frage, wenn die ergebnisrichtige Feststellung individueller Schuld nicht mehr leitendes Prozessziel ist. Auch general- und spezialpräventive Ausrichtungen der Strafe kommen ohne möglichst genaue Aufklärung, ob und in welchem Maß ein Rechtsbruch, dem zu widersprechen wäre, vorliegt, oder ob und in welchem Maße auf diesen individuellen Angeklagten eingewirkt werden muss, nicht aus.70 Es findet somit ein Perspektivenwechsel71 statt weg von der Einzelfallgerechtigkeit hin zu einer Gesamtbetrachtung des Sozialkontrollsystems, das möglichst kostengünstig einen hinreichenden Gesamtrepressionseffekt erzielen soll.72 „Strafe“ dient dann nur noch als halbblind angewandtes Mittel einer undeutlich sprechenden Abschreckungsrepression, der es genügt, dass es im Großen und Ganzen schon die Richtigen treffen wird, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass sich die Sanktion im Einzelfall ebenso als zufällig passgenau erweisen mag wie das von einem desinteressierten Arzt verordnete Breitbandantibiotikum. Geht es aber vorrangig nicht mehr um Strafgerechtigkeit, sondern um schleunige Erledigung zwecks Befriedigung systemischer Eigeninteressen im Wege informeller Programme,73 so dankt der Rechtsstaat ab.74 Die Reaktion der Öffentlichkeit auf das plea bargaining, dessen Ausmaß im Rechts5 bewusstsein der Bevölkerung der Common Law-Länder noch immer nicht richtig präsent ist, zumal in den Medien an der Folklore des jury trial festgehalten wird, schwankt zwischen Unverständnis und Zynismus.75 Dass die von den professionellen Akteuren
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Eingehend Dencker/Hamm 55 ff., 88 f.; Weßlau (Konsensprinzip) 106 ff., 206 ff.; vgl. Haas GedS Keller 45, 74; Meyer ZStW 119 (2007) 633, 660, 662; Prantl 60, 62; Schünemann FS Fezer 555, 560, 566; ders. GA 2006 378, 379; Theile MSchrKrim. 2010 147, 155; Volk FS Dahs 495, 502 f.; Weigend JZ 1990 774, 780 f.; ders. FS II BGH 1011, 1014; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 358 Fn. 3. Dencker/Hamm 57; Schünemann FS Baumann 361, 379; Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 17 Fn. 36 m.w.N. (1978–79). Zutr. Weßlau StraFo 2007 1, 3. Vgl. Dencker/Hamm 58 („daß Taten solcher Art nicht generell folgenlos bleiben“), 71 ff.; ähnl. Schünemann Gutachten 58. DJT, B 19 ff. („Rumpf-Sanktionierung“). Zu informellen Programmen Hassemer StV 1982 377 ff.; ders. JuS 1989 890, 894 f.; Gallandi MDR 1987 801 ff. Ähnl. Dencker/Hamm 57 f., 62 ff., 81 ff.; Duttge ZStW 115 (2003) 539, 569; Fornauf KritV 2010 217, 228 („Verfahrensabsprachen
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und rechtsstaatliches Strafrecht sind nicht kompatibel.“); Gössel GedS Blomeyer 759, 771; ders. FS Fezer 497, 529; Harms FS Nehm 289, 295 (Willkür); Kempf StV 2009 269, 276; Prantl 60, 62 f. (Entrechtlichung); Schmidt-Hieber DRiZ 1990 321, 325; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 60 f.; ders. StraFo 2010 90, 95; Sinner 292 f. (Naturzustand); Terhorst GA 2002 600, 608; Weigend FS II BGH 1011, 1015; ders. FS Maiwald 829, 845 ff. Vgl. auch SchmidtHieber NJW 1990 1884, 1885 (Willkür); Volk ZStW 97 (1985) 871, 911. Schon National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals Courts (1973) 48 empfahl die Abschaffung von plea negotiations wegen deren Rationalitätsdefizit und Strafzweckwidrigkeit. Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 16 f. m.w.N. (1978–79); Vogler ZStW 116 (2004) 129, 143 m.w.N.; Cohen & Doob 32 Crim.L.Qu. 85, 97 (1989–90) (empirische Studie zur ablehnenden Haltung der kanadischen Bevölkerung).
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gepriesenen Vorzüge des Absprachenwesens sich der deutschen Öffentlichkeit besser erschließen, dürfte ebenso wenig zu erwarten sein. Vielmehr ist zu befürchten, dass das Vertrauen in die Unparteilichkeit und Gewissenhaftigkeit der Justiz abnimmt,76 die sich hauptsächlich nur noch für sich selbst interessiert. Zu den Existenzbedingungen eines Rechtssystems gehört, dass es in erkennbarer Weise nach Maximen funktioniert, die der Rechtsüberzeugung der Bürger entsprechen,77 was weder bei plea bargaining noch bei Absprachen der Fall sein dürfte. Wenn der Staat es mit seinen eigenen Strafgesetzen nicht mehr ernst meint, warum sollte es dann der Bürger tun?78 Eine Untergrabung der gesamtgesellschaftlichen Stabilisierungsfunktion von Strafrecht und Strafprozess ist daher abzusehen.79 Die Opfer der Straftat, mit deren Schutz bisweilen für Absprachen geworben wird,80 sind von den Absprachen regelmäßig ausgeschlossen und bringen insbesondere für milde Strafen wenig bis kein Verständnis auf.81 2. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Strafjustiz, die zur Beurteilung des 6 Absprachewesens heranzuziehen sind, fußen vor allem auf dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Daraus ergibt sich die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten und insbesondere die Durchführung eingeleiteter Strafverfahren sicherzustellen. Hierauf kann und darf er nicht nach seinem Belieben generell oder im Einzelfall verzichten, vielmehr muss der Strafanspruch durchgesetzt werden. Der Rechtsstaat kann sich nur verwirklichen, wenn sichergestellt ist, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden.82 Wesentlich ist dafür die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne die das materielle Schuldprinzip, das seinerseits Verfassungsrang hat, nicht verwirklicht werden kann.83 Gericht und Staatsanwaltschaft sind von Verfassungs wegen verpflichtet, die materielle Wahrheit zu erforschen, um auf dieser Grundlage die Entscheidung über Schuld oder Nichtschuld und die daraus zu ziehenden rechtlichen Folgerungen zu treffen, was auch bedeutet, dass sie alles tun müssen, dass nur der Schuldige seiner Schuld gemäß bestraft, der unschuldig in Verdacht Geratene aber baldmöglich aus dem Verfahren entlassen oder freigesprochen wird.84 Es
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Vgl. BGH StV 2009 174; Duttge ZStW 115 (2003) 539, 552; Fischer NStZ 2007 433, 434; ders. StraFo 2009 177, 185; Gössel FS Böttcher 79, 83; ders. FS Fezer 497, 527 f.; Harms FS Nehm 289, 294; Hettinger FS Egon Müller 261, 272; Keller/Schmidt wistra 1984 201, 207; Kunz FS Egon Müller 383, 389, 392; Meyer ZStW 119 (2007) 633, 647; Pfister DRiZ 2004 178, 179; SchmidtHieber NJW 1990 1884, 1886; Schuhmacher StV 1995 442, 445 (aus sozialpsychologischer Sicht); Schünemann FS Baumann 361, 380; Siolek DRiZ 1989 321, 323; Zschockelt NStZ 1991 305, 309. Nachw. bei Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 706 f. (1981); vgl. Murmann ZIS 2009 526, 532. Zu eher unerwünschten generalpräventiven Effekten des Dealens Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 88; Lüdemann/ Bussmann KrimJ 1989 54, 59. Vgl. Dencker/Hamm 76.
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Theile MSchrKrim. 2010 147, 155 f. BTDrucks. 16 12310 S. 14, 19. Krit. daher Fischer § 46, 118; Graf/Eschelbach 22; KMR/v. Heintschel-Heinegg 33; Fischer StraFo 2009 177, 182; Gössel FS Böttcher 79, 86; ders. GedS Blomeyer 759, 766 f.; ders. FS Fezer 497, 502, 526; Haller DRiZ 2006 277; Terhorst GA 2002 600, 607; Vogler ZStW 116 (2004) 129, 145 m.w.N.; auch KMR/v. Heintschel-Heinegg 33. BVerfGE 46 214, 222 f.; BVerfG NJW 1987 2662, 2663; auch BVerfGE 32 373, 381; 33 367, 383; 49 24, 54; 51 324, 343 f.; 70 297, 308; 107 104, 118; 115 166, 192. BVerfGE 57 250, 275; 80 367, 378; 100 313, 389; 106 28, 48; 107 104, 118; 118 212, 231; BVerfG NJW 1987 2662, 2663. BVerfG NJW 1987 2662, 2663; vgl. BVerfGE 63 45, 63.
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gilt daher eine „grundsätzliche Garantie des bestmöglichen Beweises“ bzw. der bestmöglichen Klärung des Sachverhalts;85 Strafe darf nur verhängt werden, wenn „ihre tatsächlichen Voraussetzungen durch die Gerichte genauestens geprüft worden sind“.86 Strafzumessung auf der Grundlage eines lückenhaften oder korrekturbedürftigen Sachverhalts verletzt den Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.87 Diese Grundsätze schließen es nach Ansicht des BVerfG88 aus, die Handhabung der 7 richterlichen Aufklärungspflicht, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafbemessung in einer Hauptverhandlung ins Belieben oder zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen. Dem Gericht und der Staatsanwaltschaft ist es deshalb untersagt, sich auf einen Vergleich im Gewande des Urteils, auf einen Handel mit der Gerechtigkeit einzulassen. Der Richter darf sich nicht mit einem Geständnis des Angeklagten begnügen, das dieser gegen die Zusage oder das In-AussichtStellen einer Strafmilderung abgelegt hat, obwohl das Ziel der Wahrheitserforschung und der schuldangemessenen, gerechten Ahndung der Tat zu weiterer Beweiserhebung gedrängt hätten. Unzulässig ist auch ein Hinweis auf geständnisbedingte Strafmilderung, die den Boden schuldangemessenen Strafens verließe. Ungeachtet dessen ist die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung des Angeklagten vor beachtenswerter Beeinträchtigung geschützt, vgl. § 136a StPO. Der Angeklagte darf infolgedessen nicht durch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Vorteilsversprechen oder durch Täuschung zu einem Geständnis gedrängt werden. Nicht ausgeschlossen sind nach Auffassung des Gerichts indes eine Belehrung oder 8 ein konkreter Hinweis auf die Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses, wenn dies im Stande der Hauptverhandlung eine sachliche Grundlage findet.89 Nicht verboten sei auch, außerhalb der Hauptverhandlung eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Verhandlung herbeizuführen, der schon das Strafrecht Grenzen setze – wobei sich fragt, was eine „Verständigung über Stand und Aussichten der Verhandlung“ von einem Rechtsgespräch unterscheidet und was hierbei den Verständigungscharakter ausmacht. Im einzigen bisher entschiedenen Fall 90 sah eine Kammer des BVerfG daher wegen der „besonderen Sachverhaltsgestaltung keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen eine Verständigung, die auf Initiative des sich in auswegloser Situation wähnenden Angeklagten nach langer Hauptverhandlung und gegen Ende der Beweisaufnahme zustande kam und Geständnis nebst Rechtsmittelverzicht gegen eine milde, noch schuldangemessene Strafe und Absehen von der Verfolgung weiterer Taten nach § 154 StPO zum Gegenstand hatte. Ist der staatliche Strafanspruch wie dargelegt nicht disponibel, so sind Gestaltungen 9 des Strafverfahrens, deren Ergebnis nicht ausschließlich auf der Feststellung der materiellen Wahrheit,91 sondern auf dem Konsens der Beteiligten gründet,92 verfassungswidrig.
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BVerfGE 57 250, 280; 70 297, 308; 118 212, 231. BVerfGE 118 212, 231. BVerfGE 118 212, 230 f. BVerfG NJW 1987 2662, 2663. BVerfG NJW 1987 2662, 2663 mit Hinweis auf BGHSt 1 387 f.; 20 268 f. BVerfG NJW 1987 2662 = NStZ 1987 419 mit Anm. Gallandi.
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Der alltagstheoretische Wahrheitsbegriff im Sinne der klassischen adaequatio rei et intellectus ist im Strafprozess schon deshalb nicht durch utilitaristische Wahrheitskonzeptionen zu ersetzen, weil zum maßgeblichen Adressatenkreis, der von der Wahrheitsbehauptung überzeugt werden muss, nicht nur die unmittelbar Verfahrensbeteiligten, sondern auch die Öffentlichkeit, genauer die
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Im Übrigen sind (teilweiser) Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch (milde Strafe) und Verfahrensbeschleunigung (qua Geständnis) schlechterdings keine kommensurablen Größen.93 Staatliche Strafe lässt sich nicht in ein umfassendes utilitaristisches Kalkül einstellen,94 „denn die Gerechtigkeit hört auf, eine zu sein, wenn sie sich für irgend einen Preis weggibt“95 und sei es der der Verfahrensökonomie. Eine Strafe ist nicht deshalb gerecht, weil sie kostengünstig erzielt wurde. Verfahrenserleichterung darf ebenso wenig mit Strafnachlass belohnt werden wie die verfahrensverzögernde Ausübung des Schweigerechts und sonstiger prozessualer Befugnisse zu Strafschärfung führen darf.96 Hierbei ist
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gesamte Rechtsgemeinschaft zählt, zutr. Hörnle Rechtstheorie 35 (2004) 175, 181 ff., 184 f. m.w.N. gegen Jahn GA 2004 272, 279 f.; auch Weigend in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 365 Fn. 37, 370 Fn. 60. So etwa Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (Vorschlag) 4; Herrmann JuS 1999 1162, 1167; Gallandi MDR 1987 801, 802; ders. NStZ 1987 419, 420; Ignor FS BRAK 321, 332 f.; Jahn GA 2004 272 ff.; ders. ZStW 118 (2006) 427, 441 ff.; Jahn/Müller JA 2006 681, 685 f.; s.a. Lüderssen StV 1990 415 ff., 419; ders. FS Fezer 531 ff.; Satzger StraFo 2006 42, 48 f.; Weichbrodt 75 ff., 113 f.; w. Nachw. bei Trüg ZStW 102 (2008) 331, 339 f., 371; zur Kritik s. Fn. 100. Im Gegensatz zu Brady v. United States, 397 U.S. 742, 753; 90 S.Ct. 1463, 1471; 25 L.Ed.2d 747 (1970), der Leitentscheidung zur Zulässigkeit von plea bargaining, wo es für zulässig gehalten wird, den Vorteil (benefit) der Verfahrensverkürzung mit dem Vorteil der Strafmilderung zu belohnen; vgl. auch in England sec. 144 Criminal Justice Act 2003 mit Sentencing Guidelines Council Reduction in Sentence for a Guilty Plea (Revised 2007) 5 f. (mit zwingender Strafmilderung, deren Höhe von der Frühzeitigkeit des Schuldanerkenntnisses abhängt, von einem Drittel bis zu einem Zehntel). Im deutschen Recht mittlerweile ebenso BGHSt 43 195, 209; Hörnle GA 2007 440, 444; LK/Theune § 46, 206; Matt/Vogel FS BRAK 391, 396; Niemöller StV 1990 34, 36 Fn. 16; ders. GA 2009 172, 178; Niemöller/ Schlothauer/Weider 93, 100; Schmidt-Hieber Rn. 169 ff.; ders. StV 1986 355, 356; ders. FS Wassermann 995, 997 ff.; ders. DRiZ 1990 321, 321 f.; Wolfslast NStZ 1990 409, 412 ff.; einschränkend Hauer 164 ff., 170 ff., 303 ff., 312; Schünemann ZIS 2009 484, 494; Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439,
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444; a.A. zu Recht Graf/Eschelbach 21; Dencker ZStW 102 (1990) 51, 58 ff.; Eidam 266 ff.; Erb GedS Blomeyer 743, 746 f.; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 130 f.; Fischer StraFo 2009 177, 181 f.; Grünwald StV 1987 453, 454; Haas GedS Keller 45, 67, 69; Hettinger FS Egon Müller 261, 278; ders. JZ 2011 292, 299; Hönig 62 ff.; Hsu 95 ff.; Kruse StraFo 2000 146, 147; Murmann ZIS 2009 526, 533; Nestler-Tremel DRiZ 1988 288, 293 Fn. 59; Prantl 60, 62; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig § 46, 41d; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 112 f.; ders. FS Baumann 361, 379; Siolek 186; Steinhögl 48 f.; auch Bruns (Strafzumessungsrecht) 596; Weigend FS Maiwald 829, 834; ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 43; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 382 f.; Weßlau KJ 1993 461, 466; Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 670 ff. (1981); Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 17 Fn. 36 m.w.N. (1978–79). Dazu eingehend Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 670 ff., 695 ff., 703 ff. (1981). Kant Die Metaphysik der Sitten, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre (1798) A 197/B 227. Grundlegend BGHSt 1 105, 106; Graf/ Eschelbach 22; Dencker ZStW 102 (1990) 51, 56, 59; Dencker/Hamm 43 f., 54; Erb GedS Blomeyer 743, 747; Grünwald StV 1987 453, 454; Haas GedS Keller 45, 67; Hamm FS Welp 57, 70; Hammerstein StV 2007 48, 50; Jerouschek ZStW 102 (1990) 793, 806 f.; Kruse StraFo 2000 146, 148; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 113; ders. FS Baumann 361, 380; ders. FS Rieß 525, 540; Siolek DRiZ 1989 321, 329; Weigend JZ 1990 774, 778; ders. NStZ 1999 57, 59, 60 f.; ders. FS II BGH 1011, 1042; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 382 f., 385; Weßlau KJ 1993 461, 466; s.a. dies. StV 2006 357, 361; schon M.E. Mayer ZStW 27 (1907) 921,
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auch keine Unterscheidung möglich: Strafmilderung für Wohlverhalten ist die unablösbare Kehrseite von Strafschärfung für Obstruktion und genauso unzulässig.97 Quasi-vertragliche, vergleichsartige Bindungen des Gerichts, alle Arten von Gegenseitigkeitsverhältnissen sind damit ausgeschlossen. Mit formeller Wahrheit wie im Zivilprozess ist im Strafprozess dem Rechtsstaatsgebot nicht genügt. Kein Angeklagter kann „auf den Schutz des Prinzips der materiellen Wahrheit“ verzichten,98 weil es als objektives Gebot der Rechtsstaatlichkeit nicht zu seiner Disposition steht.99 Konsens taugt als Grundlage für den staatlichen Strafeingriff nicht,100 erst recht nicht in Gestalt der schizophrenen „Alford plea“ (prozessuales Schuldanerkenntnis bei gleichzeitiger Unschuldsbeteuerung),101 die allerdings hierzulande102 auch schon gesichtet wurde. Muss also von Verfassungs wegen die Wahrheit erforscht, das bestmögliche Beweis10 mittel103 verwendet und, wenn eine Straftat festgestellt ist, die schuldangemessene Strafe verhängt werden, so ist für konstitutive Absprachen über das Verfahrensergebnis kein Raum. Denn das Grundmuster der Absprachenpraxis lautet „Zeitersparnis gegen Scho-
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922; Wimmer ZStW 50 (1930) 538, 538 f.; a.A. Niemöller/Schlothauer/Weider 100 f. So schon M.E. Mayer ZStW 27 (1907) 921, 922; auch Eidam 245 f.; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 130 f.; Hauer NJ 2010 10, 16; Möller JR 2005 314, 319; Schünemann FS Rieß 525, 541; Seier JZ 1988 683, 688; Stalinski 119. So aber Ignor ZStW 119 (2007) 927, 931; ders. FS BRAK 321, 329, 330 f.; wohl auch Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (Vorschlag) 27 (zu Art. 1 Nr. 7: § 302 neu); Fezer NStZ 2010 177, 184 m.w.N. Eine „Güterabwägung“ zwischen den Prozessmaximen im Sinne Hesses „praktischer Konkordanz“, so Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (Vorschlag) 4 (sub 4.); Rosenau (Absprachen) 71 = ders. FS Puppe 1597, 1626, verbietet sich schon deshalb, vgl. bereits Grünwald StV 1987 453, 457. Eingehend Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 683 ff. (1981); Duttge ZStW 115 (2003) 539, 542 ff.; Hamm FS Welp 57, 67 f.; Hassemer JuS 1989 890, 894 f.; ders. FS Hamm 171 ff., 180 ff.; Hörnle Rechtstheorie 35 (2004) 175, 181 ff., 186 ff.; Landau NStZ 2011 537, 540 f.; Lien GA 2006 129, 139 ff.; Murmann ZIS 2009 526, 531 f.; Pfister StraFo 2006 349, 353; Radtke FS Schreiber 375, 385; Sinner 265 ff.; Schünemann FS Fezer 555, 560; Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439, 444; SK/Velten Vor § 257b, 12 ff.; Weigend ZStW 113 (2001) 271, 304; ders. FS Damasˇka 39, 60; ders. in: Strafverteidigung vor neuen
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Herausforderungen 357, 364 ff., 370 ff.; diff. Weßlau (Konsensprinzip) 66 ff., 255 ff., 280; dies. StraFo 2007 1, 3 ff.; krit. auch Hamm FS Egon Müller 235, 248 f. Nach North Carolina v. Alford, 400 U.S. 25, 28 ff.; 91 S.Ct. 160; 27 L.Ed.2nd 162 (1970), dazu Schumann 169 ff.; Ransiek ZIS 2008 116, 121; Weigend (Absprachen) 70; Gooch 63 Vand.L.Rev. 1755 ff. (2010); Bibas 88 Cornell L.Rev. 1361 ff. (2003). Alford bekannte sich eines Totschlags schuldig, um dem Risiko der Todesstrafe zu entgehen, falls die Jury ihn des angeklagten Mordes für schuldig befinden sollte, bestritt aber, die Tat überhaupt begangen zu haben. Nachw. bei SK/Paeffgen § 202a, 1 Fn. 2; zurückgewiesen in BGH NStZ 2006 408. Das „schlanke Geständnis“ (Rn. 40) wird teils als bloße Prozesserklärung, der Anklage nicht entgegentreten zu wollen, im Sinne eines nolo contendere gedeutet, vgl. Volk FS Salger 411, 419; Wagner GedS Eckert 939, 948. Dagegen kann nicht eingewendet werden, dass es natürlich kein „Gebot der Wahrheitserforschung um jeden Preis“ gebe, so aber Rosenau (Absprachen) 45, 65. Denn dass das verfassungskräftige Gebot des bestmöglichen Beweises Einschränkungen durch ranggleiche Normsätze erleidet, bedeutet ja nicht, dass es zur Disposition stünde oder gar allseitiger Bequemlichkeit oder vermeintlicher Effizienzsteigerung weichen müsste. Dass Absprachen die Wahrheit „nicht totaliter verfehlen“, ibid. 66, ist offensichtlich ungenügend.
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nung“104. Wenn das Gericht aber alle zur Erforschung der Wahrheit nötigen Beweiserhebungen anordnen muss und unnötige Beweisaufnahmen ohnehin unterlässt, ist der Spielraum für Zeitersparnis nicht groß. Dass die Schöpfer der RStPO das Geständnis bewusst nicht nach englischem Muster und wie in einigen Partikularrechten als anerkenntnisgleiche Prozesshandlung ausgestaltet, sondern nach französischem Muster als ein Beweismittel unter vielen behandelt haben,105 worin ein Schutzmittel gegen falsche Geständnisse gesehen wurde,106 hat im Staat des Grundgesetzes eine verfassungsrechtliche Fundierung erhalten. Ein Geständnis ist bekanntlich „kein Ersatz für eine saubere Beweisführung“107 und muss folglich sorgfältig auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft werden; dass der verbreitete108 bloße Abgleich des in seinem Beweiswert ohnehin dubiosen taktischen Geständnisses109 mit den Akten, der nach der Rechtsprechung genügen kann,110 ein schlechteres Prüfverfahren ist als eine Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung, war schon im 19. Jahrhundert bekannt.111 Die bloße Überprüfung anhand der Akten genügt – auch ohne Absprachenkontext112 – nicht nur dem Verfassungsgebot des bestmöglichen Beweises nicht,113 sondern gibt das Ziel der Wahrheitssuche überhaupt auf,114 abgesehen davon, dass dann die Überzeugung von der Schuld eben nicht allein aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft ist (Rn. 13)115 mit der weiteren Folge der Beeinträchtigung des im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip wurzelnden116 Grundsatzes der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung. Völlig unzureichend, aber ebenfalls nicht selten ist es, das Geständnis gar nicht mehr zu überprüfen.117 Auch für die Gegenleistung der Schonung ist – jenseits des Bagatellbereichs, in den das Opportunitäts-
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Hassemer JuS 1989 890, 892. Nicht übersehen werden darf aber, dass die Anzahl möglicher Erscheinungsformen abgesprochener Verfahrensbeendigung so unerschöpflich ist wie die Phantasie der Beteiligten, vgl. nur die deprimierenden Beispiele bei Bernsmann in: Der Deal mit dem Recht 21, 23 ff. Vgl. nur Arnold GS 7 (1855) 265 ff.; Walther ArchCrim NF 18 (1851) 225 ff. Walther GA 18 (1870) 530, 531. Stern StV 1990 563, 564. Altenhain/Hagemeier/Haimerl/Stammen 251 ff., 254 ff.; Altenhain/Hagemeier/ Haimerl NStZ 2007 71, 76. Zutr. Graf/Eschelbach 5.1, 8 f.; SK/Velten 35; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 82 f.; ders. FS Baumann 361, 373; Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439, 440 f.; Weigend FS II BGH 1011, 1040; auch Hauer 188 ff., 201, 345. BGHSt 50 40, 49. Arnold GS 7 (1855) 265, 268 ff.; heute Ransiek ZIS 2008 116, 121; eingehend Hauer 174 ff. Das bedeutet nicht, dass die in der StPO konzipierte Hauptverhandlung der beste oder gar einzige Weg zur materiellen Wahrheit wäre, vgl. Schünemann Gutachten 58. DJT, B 145 f. Auch wenn das in der Praxis eingerissen ist,
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Meyer-Goßner Gollwitzer-Koll. 161, 166. S.a. Schlüchter FS Spendel 737, 747 ff. Graf/Eschelbach 8 f. Daraus resultiert weiterhin, dass das Strafbefehlsverfahren verfassungsrechtlich dubios ist, vgl. LR/Gössel Vor § 407, 26 ff. m.w.N.; krit. auch Weßlau ZStW 116 (2004) 150, 158 ff. m.w.N. Zur defizitären „Strafbefehlswahrheit“ Volk FS Salger 411, 418; Wagner GedS Eckert 939, 944. Keine Bedenken haben BVerfGE 3 248, 253; 25 158, 164; EGMR NJW 1993 717. Österreich hat sein Mandatsverfahren (§§ 460–462 öStGB) wegen rechtsstaatlicher Bedenken abgeschafft durch die Strafprozeßnovelle 1999, öBGBl. I Nr. 55/1999, vgl. die Regierungsvorlage, 1581 Beilagen XX. GP, S. 17, 22 f. Eschelbach HRRS 2008 190, 196 f.; ders. FS Rissing-van Saan 115, 120 ff., 134, 136 ff.; Fezer NStZ 2010 177, 179, 181; Fornauf KritV 2010 217, 228; Wagner GedS Eckert 939, 945 ff., 948 f.; wohl auch Rieß FS Richter II 433, 441, siehe aber 438 („Übersteigerung der Unmittelbarkeitsmaxime“). Vgl. schon RGSt 1 81, 82. BVerfGE 103 44, 63. Altenhain/Hagemeier/Haimerl/Stammen 251 ff.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 23 f.
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prinzip eingebrochen ist – kein Raum: Das Gebot der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Verwirklichung des staatlichen Strafanspruchs schließt – außerhalb von Beschränkungen wie nach §§ 153, 154, 154a StPO, soweit diese in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise durch die Prozessökonomie motiviert sind118 – auch die Disposition über die Feststellungen („charge bargaining“) grundsätzlich aus, also sich beispielsweise mit der Feststellung einer leichteren Tat, etwa aufgrund eines Teilgeständnisses, zu begnügen. Das Verfassungsgebot der schuldangemessenen Strafe lässt für Absprachen über die Rechtsfolgen („sentence bargaining“) keinen erkennbaren Spielraum; soweit bei der Festsetzung des schuldangemessenen Strafmaßes ein Spielraum besteht, ist dieser nach Maßgabe anerkannter Strafzumessungsgesichtspunkte zu konkretisieren, wozu die Verfahrensbeschleunigung usw. nicht gehören (Rn. 9).
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3. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren. Wenn man die grundgesetzlichen Vorgaben ernstnimmt, so dass für Absprachen kaum ein sinnvoller Anwendungsbereich verbleibt, dann muss sich die Absprachenpraxis angesichts ihres heutigen Umfangs notwendigerweise oftmals im Bereich des verfassungsrechtlich Bedenklichen oder Unzulässigen bewegen. Daher hätte ein Verbot der Absprachen nahegelegen,119 weil deren inhärente Mängel durch erhöhte Formalisierung und Transparenz nicht zu kurieren sind120. Davon hat der Gesetzgeber aus mehreren Gründen, von denen die Entwurfsbegründung nur den wichtigsten mitteilt, nämlich dass eine sachgerechte Regelung sachgerecht sei,121 verbunden mit der befremdlichen Verwechslung, es gehe wie bei einem bürgerlichen Rechtsstreit um die Regelung der „Interessen der am Strafverfahren Beteiligten“,122 sowie in dem noch befremdlicheren Irrtum, dass die wissenschaftliche Literatur dem Absprachenwesen mehrheitlich zustimme,123 abgesehen. Der Gesetzgeber war ersichtlich bemüht, die verfassungsrechtlichen Vorgaben durch 12 die Regelung in § 257c Abs. 1 Satz 2, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht unberührt bleibe, und durch das Verbot von Absprachen über den Schuldspruch in § 257c Abs. 2
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Krit. Schünemann Gutachten 58. DJT, B 143 f.; nach Wagner GedS Eckert 939, 940 ff. ist die Wahrheitssuche dabei längst aufgegeben. Gössel GedS Blomeyer 759, 773; Haller DRiZ 2006 277; Harms FS Nehm 289, 297; Hsu 160 ff.; Kreß ZStW 116 (2004) 172, 187; Trüg ZStW 102 (2008) 331, 372; ders. StV 2005 161, 163; Trüg/Kerner FS Böttcher 191, 211 f.; Weigend JZ 1990 774, 781 f.; s.a. Günter DRiZ 1989 151, 152; Küpper/ Bode Jura 1999 393, 400. Für ein Verbot des plea bargaining schon National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals Courts (1973) 46 f. (Standard 3.1, Verbot von plea negotiations bis 1978 durchsetzen); Schulhofer 101 Yale L.J. 1979 ff. (1992); Palmer 26 Am.J.Crim.L. 505, 528 ff. (1999); zum zeitweisen Verbot in Alaska s. Fn. 43; zur Kritik Fn. 49. Nach OGH ÖJZ 2005 275, 276 (oben Fn. 60) setzen sich die an einer
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Absprache „Beteiligten disziplinärer (§ 57 RDG) und strafrechtlicher Verantwortlichkeit (§ 302 StGB)“ aus. Zur disziplinarischen und strafrechtlichen Relevanz von Absprachen siehe Niemöller/Schlothauer/ Weider C Teil D; Dießner StV 2011 43, 45 ff.; Erb GedS Blomeyer 743, 758 m.w.N.; Rönnau 227 ff.; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 606; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 131 ff.; ders. FS Rieß 525, 531 f. Zutr. schon National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals Courts (1973) 48 zu plea negotiations. S.a. Prantl 60, 62. BTDrucks. 16 12310 S. 8; krit. KMR/ v. Heintschel-Heinegg 8; Fischer StraFo 2009 177, 180; Trüg ZStW 102 (2008) 331 f.; Weßlau StraFo 2007 1, 2 f. Zutr. krit. Weßlau StraFo 2007 1, 2 f. BTDrucks. 16 12310 S. 7; vgl. nur Graf/ Eschelbach 1, 1.1.
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Satz 3 in § 257c einzubauen. Verfassungsrechtlich bedenklich ist die gesamte Regelung des § 257c jedoch schon deshalb,124 weil sie mit der „Verständigung“ ein Handlungsmodell einführt, das nur dann effektiv ist, wenn die verfassungsrechtlichen Schranken gerade nicht eingehalten werden, also die gebotene Aufklärung (Rn. 23) unterbleibt.125 Dabei wächst nachweislich die Bereitschaft, trotz fehlender Schuldüberzeugung Verdachtsstrafen zu verhängen,126 ebenso wie die zur Verhängung zu milder, mitunter auch zu harter, jedenfalls nicht schuldangemessener Strafen,127 womit eines der in der Aufklärungszeit überwunden geglaubten Übel des gemeinrechtlichen Prozesses, unzureichenden Schuldbeweis durch Strafmilderung zu kompensieren,128 wiederaufersteht. Zum erwartbaren Verstoß gegen den Nemo tenetur-Satz siehe Rn. 14. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 257c besteht zwar, indem in jedem Einzelfall die möglichst vollständige Erforschung der materiellen Wahrheit eingefordert wird, doch hat die Norm dann keinen sinnvollen Anwendungsbereich mehr und erreicht ihren Entlastungszweck nicht.129 Ungeachtet verfassungsrechtlicher Bedenken liegt in der Etablierung der „Verständi- 13 gung“ ein Rückschritt, der die Errungenschaften des reformierten Strafprozesses, der sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts unter ungeheurer theoretischer Anstrengung herausbildete, in unreflektierter Weise beseitigt. Möglich ist nach den neuen Vorschriften, dass das Gericht aufgrund bloßer Aktenlektüre130 den Angeklagten vor die Wahl stellen kann, 124
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Für Verfassungswidrigkeit SK/Paeffgen § 202a, 18 ff.; Klemke/Elbs 793c; zuvor schon Siolek DRiZ 1989 321, 330; krit. auch Graf/Eschelbach 56 f.; ähnl. MeyerGoßner 5; ders. NStZ 2007 425, 428 (wegen Beteiligung der Staatsanwaltschaft). Zum möglichen Verstoß gegen Art. 6 MRK Ashworth/Redmayne 312 ff.; Esser Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002) 622; Kühne 748; Müller 162 ff.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 92 ff.; Schwander SJZ 103 (2007) 142, 146; vgl. EGMR Kriegisch/Deutschland, 23.11.2010, Nr. 21698/06, S. 12 = NJW 2011 3633, 3635 (Sanktionsschere von sechs bis zwölf Jahren wecke Zweifel, ob unzulässiger Druck; im Ergebnis verneint); EKMR X/Vereinigtes Königreich, 23.3.1972, Nr. 5076/71, CD 40 64, 67 (kein unzulässiger Druck erkennbar); siehe aber EGMR Deweer/Belgien, 27.2.1980, Nr. 6903/75, Serie A Nr. 35, § 51; J.B./Schweiz, 3.5.2001, Nr. 31827/96. Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (Vorschlag) 3 = ZRP 2005 235, 236; Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 76; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 329; Fischer StraFo 2009 177, 181 f.; Gössel FS Böttcher 79, 88; Hamm FS Meyer-Goßner 33, 44; Hettinger FS Egon Müller 261, 278; Ignor FS BRAK 321, 328 f.; Kempf StV 2009 269, 272; Kölbel/
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Selter JR 2009 447, 449; Linden FS BRAK 381, 385; Murmann ZIS 2009 526, 532 f.; Ransiek ZIS 2008 116, 119; Schmitt GA 2001 411, 421; Schünemann (Wetterzeichen) 11 f.; Wagner GedS Eckert 939, 948 (Absprachen haben „mit dem Prinzip der materiellen Wahrheit nichts gemein“); Weigend JZ 1990 774, 777; ders. FS Maiwald 829, 832. Schünemann Gutachten 58. DJT, B 22 ff., 114; ders. FS Heldrich 1177, 1191, 1193 m.w.N.; ders. FS Rieß 525, 541; Steinhögl 7 ff.; vgl. Wagner GedS Eckert 939, 948, 953 f.; Graf/Eschelbach 1 (Halbwahrheit), 6.1.; Klemke/Elbs 793g. Was nicht selten vorkommt, Altenhain/ Hagemeier/Haimerl/Stammen 129 f., 160 ff., 339 f.; Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 77; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 330; schon Dencker/Hamm 55 ff.; Gössel FS Fezer 497, 510 ff.; Hamm FS Meyer-Goßner 33, 44; Harms FS Nehm 289, 294; Hörnle Rechtstheorie 35 (2004) 175, 190 f.; Linden FS BRAK 381, 385 f.; Pfister StraFo 2006 349, 351 f.; Schmitt GA 2001 411, 419. Vgl. Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1997) 28 ff. m.w.N. Vgl. KMR/v. Heintschel-Heinegg 69. Manchen Gerichten soll sogar – horribile dictu – die Lektüre des Anklagesatzes genügen, Eschelbach HRRS 2008 190, 195;
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gegen Ablegung eines Geständnisses ein angegebenes Strafniveau zu erhalten oder bei Durchführung der Hauptverhandlung das Risiko höherer Bestrafung einzugehen. Aufgegeben wird damit die Hauptverhandlung als maßgeblicher Entscheidungsfindungsvorgang mit den Maximen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme sowie der Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Die Überzeugung von der Schuld schöpft das Gericht nicht mehr aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung – selbst wenn dort das Geständnis abgegeben wird, beruht die Überzeugung maßgeblich, wenn nicht ausschließlich, auf dem Akteninhalt, der regelmäßig nicht in die Hauptverhandlung eingeführt werden dürfte –, sondern aus einem schriftlichen, mittelbaren, nichtöffentlichen Vorgang, der wesentlich die Ergebnisse des heimlichen und nicht-kontradiktorischen Ermittlungsverfahrens übernimmt. Praktisch wird die Überzeugung wohl endgültig im Zwischenverfahren gebildet,131 das seine Kontrollfunktion längst nicht mehr erfüllt;132 die Feststellungen werden folglich faktisch der Polizei und Staatsanwaltschaft überlassen133. Aufgegeben wird neben der Bindung an den Strengbeweis auch das Prinzip der freien Beweiswürdigung, weil das Geständnis fast wieder die Bedeutung wie in der gemeinrechtlichen Legalbeweistheorie erlangt.134 In jedem Fall wird damit zwangsläufig § 261 verletzt,135 was der Gesetzgeber verkannt hat. Das dem Verständigungsvorschlag folgende Geschehen verdient die Bezeichnung als „Verfahren“ im Sinne eines ergebnisoffenen Entscheidungsfindungsvorgangs nicht mehr,136 weil es regelmäßig nur noch der Bestätigung der bereits getroffenen Entscheidung dient (zum Verstoß gegen die Unschuldsvermutung siehe nächste Rn.). Überdies führt die Existenz der Absprachemöglichkeit zwangsläufig zu ungerechtfertigter Ungleichbehandlung, indem die Angeklagten benachteiligt werden, die keinen Vereinbarungsstoff anzubieten haben,137 wodurch die Gesetze des Marktes138 sachfremden Einfluss auf die Strafjustiz gewinnen.
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Fischer StraFo 2009 177, 179; Murmann ZIS 2009 526, 538; Schünemann (Wetterzeichen) 19 f.; Weider StraFo 2003 406, 408; manche lesen die Akten gar nicht, vgl. OLG Bremen StV 1989 145, 146, was ebenso auch bei Verteidigern vorkommt, Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 162. Vgl. Meyer-Goßner ZStW 119 (2007) 938, 943. Vgl. nur Eschelbach HRRS 2008 190, 194 ff. Krit. Eschelbach HRRS 2008 190, 192 ff.; Fezer NStZ 2010 177, 181 Fn. 59; Kühne 748; Meyer ZStW 119 (2007) 633, 648, 653; Rönnau wistra 1998 49, 52; Schünemann (Wetterzeichen) 26; ders. ZRP 2009 104, 106. Dazu Meyer ZStW 119 (2007) 633, 640 ff. Graf/Eschelbach 6, 6.3, 9; KMR/Stuckenberg § 261, 9; Baumann NStZ 1987 157, 158; Niemöller StV 1990 34, 37 f.; s.a. BGH StV 1997 572, 573; Eschelbach HRRS 2008 190, 191; Hassemer JuS 1989 890, 892; Hauer 202, 345 f.; Kölbel/Selter JR 2009 447, 450; Lien GA 2006 129, 132; Meyer
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ZStW 119 (2007) 633, 654; Rönnau 155 f.; ders. wistra 1998 49, 52; Schünemann (Wetterzeichen) 16; Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439, 441 f.; wohl auch Hauer NJ 2010 10, 17; a.A. Cramer FS Rebmann 145, 149; Krekeler NStZ 1994 196, 197; Siolek DRiZ 1989 321, 328. Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 73; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 136; vgl. Salditt ZStW 115 (2003) 570, 573. Fischer § 46, 118; Graf/Eschelbach 1.3; SK/Paeffgen § 202a, 2; SK/Velten Vor § 257b, 19; so schon Bussmann/Lüdemann MSchrKrim. 1988 81, 90 f.; Dencker/Hamm 87 f.; Fischer StraFo 2009 177, 183; Gössel GedS Blomeyer 759, 772 f.; Hörnle Rechtstheorie 35 (2004) 175, 191; Jung Eur.J.Crime, Crim.L. & Crim.Just. 5 (1997) 112, 116 f.; Landau NStZ 2011 537, 540; Linden FS BRAK 381, 386; Lüdemann/Bussmann KrimJ 1989 54, 64 f., 66 ff.; Murmann ZIS 2009 526, 535; Prantl 60, 62; Schmidt-Hieber DRiZ 1990 321, 323 ff.; ders. NJW 1990 1884 ff.; Schünemann (Wetterzeichen) 18; Stuntz The Collapse of American Criminal Justice (2011) 58 f.; Terhorst GA
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Die Qualität eines so erlangten Geständnisses als Beweismittel leidet zusätzlich daran, 14 dass es abgenötigt wird, wodurch es zudem für Strafzumessungszwecke (Rn. 15) gänzlich unbrauchbar wird. Wie beim plea bargaining wird eine Nötigungssituation geschaffen, indem der Angeklagte vor die Wahl zwischen zwei Übeln verschiedener Größe gestellt wird, wobei für einen rationalen Entscheider die vom Gericht favorisierte Alternative regelmäßig die attraktivere ist.139 Wirklich schuldige Angeklagte werden diese Vergünstigung gern ergreifen; unschuldige oder nicht in dem angeklagten Maße schuldige Angeklagte, denen Mut und Nervenstärke fehlen, es auf die Hauptverhandlung ankommen zu lassen, werden zu falschen Geständnissen verleitet.140 Wie beim plea bargaining141 ist eine beträchtliche Quote falscher Geständnisse zu erwarten, die nicht etwa gegen eine angenommene Effizienzsteigerung aufgewogen werden kann142 und worin somit, weil nachweislich falsche von wahren Geständnissen nur schwer zu unterscheiden sind,143 erst recht bei bloßer Überprüfung anhand der Aktenlage, eine strukturelle Gefährdung der Wahrheitssuche liegt. Schon in der Eröffnung dieser Wahl durch das Gericht liegt
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2002 600, 608; Theile MSchrKrim. 2010 147, 158; Wagner GedS Eckert 939, 954 Fn. 64; Weigend JZ 1990 774, 780; a.A. Marsch ZRP 2007 220. Näher Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 690 ff. (1981); befürwortend Easterbrook 12 J. Legal Stud. 289 ff. (1983); s.a. Viering 111 ff. Vgl. Prantl 60, 61 f.; Salditt StV 2009 375, 378 („merkantile Kommunikation“); Weider FS Lüderssen 773, 780; Weigend in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 370; krit. auch Jung Eur.J.Crime, Crim.L. & Crim.Just. 5 (1997) 112, 121; Neumann ZStW 101 (1989) 52, 71; Volk ZStW 97 (1985) 871, 911. Vgl. schon Grünwald StV 1987 453, 455. Vgl. BGH StV 2009 629 f.; KG NStZ 2006 468, 469 mit Anm. König StraFo 2006 170 f.; Graf/Eschelbach 3.1 f., 14.2; SK/ Velten Vor § 257b, 15 ff.; Dencker/Hamm 124 ff.; Erb GedS Blomeyer 743, 755; Eschelbach HRRS 2008 190 Fn. 2, 193; ders. FS Rissing-van Saan 115, 123 ff.; Fischer StraFo 2009 177, 183; Förschner StV 2008 443; Gössel FS Fezer 497, 512; Hamm StV 1989 147, 148; Rönnau 174 ff., 185 ff.; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 82 m.w.N. in Fn. 211; Schwander SJZ 103 (2007) 140, 145; Siolek DRiZ 1989 321, 328; de Vries ZRP 2011 209 f.; Viering 138; Weigend JZ 1990 774, 780; s.a. Dahs NStZ 1988 153, 156; Widmaier StV 1986 357, 358 f.; a.A. Schmitt GA 2001 411, 420; allgemein zu falschen Geständnissen vgl. Beijer EJCCLCJ 18 (2010) 311, 315 ff.; Stern StV 1990 563 ff.; Steller FS Eisenberg
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213 ff.; Volbert/Böhm in: Volbert/Steller (Hrsg.), Handbuch der Rechtspsychologie (2008) 253, 257 ff. Studien zeigen, dass „Deal“-Angebote die Bereitschaft Unschuldiger zu falschen Geständnissen drastisch (43 %) erhöhen kann, vgl. nur Russano/ Meissner/Narchet/Kassin Psychological Science 16 (2005) 481, 484 f. Vgl. nur Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 713 ff. (1981); Ashworth/Redmayne 312 ff.; Bohlander NStZ 1992 578 f.; Damasˇka StV 1988 398, 400; National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals Courts (1973) 48; Schulhofer 101 Yale L.J. 1979, 1981 ff. (1992); Royal Commission on Criminal Justice Report, Cm 2263 (1993) (sog. “Runciman Commission”) 110 § 42; Turner 54 Am.J.Comp.L. 199, 204 ff. (2006); Stuntz The Collapse of American Criminal Justice (2011) 58 f.; empirisch Gross et al. Exonerations in the United States, 1989 Through 2003 (2004) 12 ff.; dazu Howe 58 Okla.L.Rev. 599, 630 ff. (2006). So aber Royal Commission on Criminal Justice Report, Cm. 2263 (1993) 110 § 45; scharf abl. Ashworth/Redmayne 314. Vgl. statt vieler Levine/Kim/Blair Human Communication Research 36 (2010) 82, 88 ff., 96 ff.; Volbert/Böhm in: Volbert/ Steller (Hrsg.), Handbuch der Rechtspsychologie (2008) 253, 261 m.w.N., auch dazu, dass Angehörige der Strafverfolgungsbehörden sogar mehr als Durchschnittsbürger dazu neigen, falsche Geständnisse zu glauben.
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zudem ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung144 und eine Verletzung des Schweigerechts,145 weil dem, der nicht gestehen will und darauf beharrt, dass der Staat den an sich ihm obliegenden Schuldnachweis erbringt, die Vergünstigung schneller milder Strafe versagt und stattdessen eine Belastung in Aussicht gestellt wird. Um eine beachtenswerte Beeinträchtigung der Willensentschließungsfreiheit handelt es sich dabei stets dann, wenn der Geständnisanreiz so groß wird, dass rational entscheidende Personen sich regelmäßig dazu bereitfinden,146 berechtigte Freiheitsinteressen zu opfern. Maßgebend für den Verstoß gegen den Nemo tenetur-Grundsatz ist der faktische Geständnisdruck,147 der auch durch Positivierung148 nicht zulässig würde. Hierin liegt der Unter-
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SK/Paeffgen § 202a, 24 f.; Beulke 394a; Braun 60, 62; Dencker/Hamm 53; Kühne 748; ders. JZ 2010 821, 825; Moldenhauer 57; Müller 97, 163, 165; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 93 ff.; ders. FS Baumann 361, 372; ders. StV 1993 657, 658; Siolek DRiZ 1989 321, 327; Steinhögl 32 ff.; Weigend ZStW 94 (1982) 200, 206 f.; ders. JZ 1990 774, 777, 780; vgl. Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1997) 541 f., 567 f.; Ashworth/Redmayne 312 ff.; siehe unten Fn. 167. A.A. Eschelbach JA 1999 694, 698; KMR/Eschelbach Vor § 213, 117, der darin nur eine Arbeitshypothese sieht wie im hinreichenden Tatverdacht nach §§ 170, 203: Dies ist nur in den Fällen richtig, in denen sich das Gericht noch nicht festgelegt hat und auch das Geständnis in einer §§ 244 Abs. 2, 261 genügenden Weise ernsthaft zu prüfen bereit ist, was indes zumeist nicht zu erwarten ist. Überzeugungsbildung durch Aktenlektüre ist aber nicht der gesetzlich vorgesehene „Gegenbeweis“. Schwander SJZ 103 (2007) 140, 145; Steinhögl 33; Weigend JZ 1990 774, 778 f.; a.A. wohl KMR/Eschelbach Vor § 213, 118 ff.; Hönig 176. Dazu, dass dies keine bloß theoretische Befürchtung ist, vgl. Altenhain/Hagemeier/ Haimerl/Stammen 188 ff., 332; Altenhain/ Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 77; Ransiek ZIS 2008 116, 120; Siolek DRiZ 1989 321, 327. Zutr. Dencker/Hamm 54; Eidam 242 ff.; Grünwald NJW 1960 1941, 1942; ders. StV 1987 453, 455; Hauer 269 ff., 314 ff., 347 f.; Hsu 110 ff.; Ignor FS BRAK 321, 326, 328; Jaggi 66, 72 f., 197 ff., 211; Jungfer StV 2007 380, 383 m.w. Beispielen; Kempf StV 2009 269, 272; Möller JR 2005 314, 319 f.; Ransiek ZIS 2008 116, 119 f., 122; Rosenau FS Puppe 1597, 1621; SK/Vel-
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ten 26; SK/Paeffgen § 202a, 15, 26a; Salditt StV 2002 273, 276; Seier JZ 1988 683, 688; Siolek DRiZ 1989 321, 327; Wagner FS Gössel 585, 596 ff.; ders. GedS Eckert 939, 952, 959; Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 164; Weigend JZ 1990 774, 778 f.; ders. FS II BGH 1011, 1041; ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 44; auch Ashworth/Redmayne 314 f.; Kipnis 13 Law & Soc’y Rev. 555, 561 f. (1979); Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 12 ff. (1978–79); Vogler ZStW 116 (2004) 129, 142; auch Küpper/ Bode Jura 1999 351, 359. A.A. insoweit Hörnle Rechtstheorie 35 (2004) 175, 190 (normativ liege nur ein Angebot vor, das freilich illegitim sei) im Anschluss an Gutmann Freiwilligkeit als Rechtsbegriff (2001) 106 ff.; auch Steinhögl 45 f., 58 ff.; Verrel Die Selbstbelastungsfreiheit im Strafverfahren (2001) 51 ff. halten diese Ausnahmekonstellation für hinnehmbar. Unzulässig wäre erst recht die Einrichtung von zwei Verfahrenswegen mit unterschiedlichen Strafrahmen (der mildere greift bei Geständnis), Hamm FS Meyer-Goßner 33, 40 f.; Wagner GedS Eckert 939, 959; so aber Altenhain/Hagemeier/Haimerl/Stammen 341 f.; Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 78 m.w.N.; Matt/Vogel FS BRAK 391, 396, 401; Meyer-Goßner Einl 119k; ders. NStZ 1992 167, 168 f.; 579; ders. NStZ 2007 425, 431 f.; Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439, 444; Weichbrodt 286 ff., 394. Vgl. demgegenüber United States v. Jackson, 390 U.S. 570, 581 ff.; 88 S.Ct. 1209, 1216 f.; 20 L.Ed.2d 138 (1968), worin der U.S. Supreme Court ein Gesetz, das für Kidnapping die Todesstrafe nur im Geschworenenprozess und nicht nach guilty plea vorsah, wegen Verstoßes gegen das Schweigerecht für verfassungswidrig erklärte, weil die bloße Erschwerung der Rechtsausübung genüge. Kaum vereinbar
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schied zum üblichen,149 allerdings nicht minder bedenklichen,150 weil als Belehrung stets überflüssigen151 Hinweis auf die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses, der im übrigen nur angebracht wäre, „wenn dies im Stande der Hauptverhandlung eine sachliche Grundlage findet“,152 was beim taktischen Geständnis gerade nicht der Fall ist. Ein nach der Tat abgelegtes Geständnis als Strafzumessungsfaktor zu berücksichtigen 15 ist ohnehin nur mittels einer „doppelten Indizkonstruktion“, deren Tragfähigkeit mehr als zweifelhaft ist,153 überhaupt vorstellbar, weil eine aus dem Geständnis resultierende Verfahrensverkürzung kein mit dem Schuldgrundsatz vereinbarer Strafzumessungsgesichtspunkt ist (Rn. 9). Es ist darüber hinaus unzutreffend und wird auch durch stete Wiederholung nicht wahrer, dass jedes Geständnis ein Anzeichen von Reue154 und damit gleichsam der erste Schritt zur Resozialisierung155 getan sei. Falsch ist die Begründung, die daraus, dass der Zweifelssatz auch bei der Strafzumessung gilt, folgert, dass strafmildernde Unrechtseinsicht in dubio pro reo zu vermuten sei,156 denn der Zweifelssatz greift überhaupt nur dort ein, wo nach Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten ein begründeter Zweifel besteht, also tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Tatsachenannahme wahr sein könnte. Ebenso wenig wie die bloß abstrakte Möglichkeit der Unschuld des Täters einen Freispruch rechtfertigt, kann die bloß abstrakte Möglichkeit der Reue eine Strafmilderung rechtfertigen.157 Beim prozesstaktischen Geständnis liegt indizielle Reue nicht einmal nahe,158 vielmehr spricht der berechnende Einsatz dagegen
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damit ist aber die spätere Rspr. zum plea bargaining, vgl. Weigend ZStW 94 (1982) 200, 222 m.w.N. Vgl. nur Meyer-Goßner Gollwitzer-Koll. 161, 176. Siehe nur Grünwald NJW 1960 1941, 1942; krit. auch Dencker ZStW 102 (1990) 51, 57, 78 f.; Eidam 266 ff., 282 f.; Jerouschek ZStW 102 (1990) 793, 807; Weßlau KJ 1993 461, 465; auch Schmitt GA 2001 411, 421 f.; vgl. LR/Gleß § 136a, 57; a.A. Schmidt-Hieber FS Wassermann 995 ff. Zutr. Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 164. Umgekehrt folgern daraus die Zulässigkeit BGHSt 20 268; Schmidt-Hieber Rn. 176. BVerfG NJW 1987 2662, 2663. Krit. Dencker ZStW 102 (1990) 51, 56 f.; Eidam 264 ff.; Eschelbach FS Rissingvan Saan 115, 130 f.; Frisch ZStW 99 (1987) 751, 779 ff.; Grünwald StV 1987 453, 454; Hammerstein StV 2007 48, 49; Hauer 81 ff., 112 ff., 344 f.; dies. NJ 2010 10, 14; Hönig 68 ff.; Hörnle GA 2007 440, 443 f.; Hsu 81 ff.; Jaggi 53 ff.; Kruse StraFo 2000 146, 147; Rieß FS Richter II 433, 442 ff.; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig § 46, 41a StGB m.w.N.; Steinhögl 50 ff.; Streng FS Schwind 447, 449; Weigend JZ 1990 774, 779; ders. FS II BGH 1011, 1041 f.; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 383 ff.; Wimmer ZStW 50 (1930) 538, 580 ff.
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Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 130 f. sieht darin sogar eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, weil das wirklich reumütige Geständnis entwertet wird. Zur guilty plea Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 661 ff. (1981). Krit. Weigend in: Der Deal mit dem Recht 37, 42 f. BGHSt 43 195, 209; eingeführt von Schmidt-Hieber Rn. 174; ders. FS Wassermann 995, 1000; ders. StV 1986 355, 356; ders. NStZ 1988 302, 304; ders. DRiZ 1990 321; Siolek 182 ff., 186; ders. DRiZ 1993 422, 426; auch Hsu 102 ff.; dagegen Graf/Eschelbach 1.3; Schönke/Schröder/ Stree/Kinzig § 46, 41d StGB; Dencker ZStW 102 (1990) 51, 58 Fn. 30, 76; Eidam 265 Fn. 1167; Hettinger FS Egon Müller 261, 278; Hönig 91 ff.; Jaggi 71 ff.; Kruse StraFo 2000 146, 147 mit Fn. 24; Lien GA 2006 129, 133; Rönnau 100 f.; ders. wistra 1998 49, 53; Schünemann Gutachten 58. DJT, B 110, 112; ders. FS Rieß 525, 540; Weigend NStZ 1999 57, 61; ders. FS II BGH 1011, 1042; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 384; auch Rieß FS Richter II 433, 443. Dencker ZStW 102 (1990) 51, 76; Eidam 265; Kruse StraFo 2000 146, 147; Steinhögl 49 f. Graf/Eschelbach 21, 24; Niemöller/ Schlothauer/Weider 93; Dencker ZStW 102 (1990) 51, 57; Erb GedS Blomeyer 743,
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und daher für eine Strafschärfung,159 wenn es nicht wegen Verstoßes gegen § 136a ohnehin unverwertbar wäre160. Im Übrigen kann auch Leugnen auf Scham beruhen und eine Distanzierung von der Tat ausdrücken, so dass im Zweifel auch jede Verweigerung eines Geständnisses als strafmildernd anzusehen wäre.161 Erschwerend kommt hinzu, dass nach dem Modell des § 257c diese Nötigungssitua16 tion nicht wie beim plea bargaining durch den Verfahrensgegner, sondern durch das Gericht geschaffen wird, das mit eigenen Interessen involviert ist, so dass der Angeklagte dessen Unparteilichkeit rationalerweise in Zweifel ziehen muss. Die Rolle des Gerichts als neutraler Entscheider – Verfahrens„beteiligter“ ist es per definitionem nicht – wird dadurch aufgegeben,162 was dazu führt, dass nicht nur das Ansehen der Justiz beschädigt wird,163 sondern dass es sich bei einem auf Absprache beruhenden Urteil nicht mehr um einen Akt der Rechtsprechung im Sinne von Art. 92 GG in der schlichtesten Definition von Streitentscheidung durch einen unbeteiligten Dritten handelt,164 sondern um eine Vereinbarung, bei der das Gericht – in grundgesetzwidriger Weise – über den staatlichen
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745 f.; Haas GedS Keller 45, 67 ff.; Hammerstein StV 2007 48, 50; Hettinger FS Egon Müller 261, 278 („Etikettenschwindel“); Hönig 92; Hörnle GA 2007 440, 443 f.; Jaggi 76 f.; Kunz FS Egon Müller 383, 392; Lien GA 2006 129, 133; Niemöller GA 2009 172, 178; Rönnau 94 ff.; ders. wistra 1998 49, 53; Schünemann NJW 1989 1895, 1897 f.; ders. Gutachten 58. DJT, B 39, 110 ff.; ders. FS Baumann 361, 379; ders. FS Rieß 525, 540; ders. (Wetterzeichen) 12 m.w.N., 23; Stübinger JZ 2008 798, 800; Weigend NStZ 1999 57, 61; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 384; Weßlau KJ 1993 461, 462. Schünemann Gutachten 58. DJT, B 112. So schon Grünwald NJW 1960 1941, 1942; zust. Braun 67 ff.; Eidam 239 ff., 260 f.; Nestler-Tremel in: Modernes Strafrecht und Ultima-ratio-Prinzip 159, 172 f.; Rönnau wistra 1998 49, 53; Seier JZ 1988 683, 688; Weigend JZ 1990 774, 778 f.; ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 43 f.; ders. in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 385; ders. FS II BGH 1011, 1041 f.; jüngst Hauer 269 ff., 335 ff., 340 f., 349; ähnl. Siolek DRiZ 1989 321, 326; Schünemann FS Rieß 525, 541. Vgl. BGH StV 2004 636 mit Anm. Eidam StV 2005 201. Grünwald StV 1987 453, 454 mit Verweis auf BGH NW 1955 1158; ebenso Erb GedS Blomeyer 743, 746; Hammerstein StV 2007 48, 50; Hsu 112 f.; Kruse StraFo 2000 146, 147 Fn. 24; Nestler-Tremel DRiZ 1988 288, 293; Steinhögl 49; Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 667 (1981).
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Graf/Eschelbach 1.5; SK/Paeffgen § 202a, 19; deutlich Ellscheid 37; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 136; Fornauf KritV 2010 217, 228 f.; auch Schünemann Gutachten 58. DJT, B 116 ff.; ders. (Wetterzeichen) 24 ff.; ders. ZStW 119 (2007) 945, 952; ders. ZRP 2009 104, 107; ders. ZIS 2009 484, 492; Duttge FS Böttcher 53, 64; Eschelbach HRRS 2008 190, 201; Esser Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002) 622; Günter DRiZ 1987 406; Hauer 180 ff.; Ignor FS BRAK 321, 326 f.; Jung Eur.J.Crime, Crim.L. & Crim.Just. 5 (1997) 112, 117; Kempf StV 2009 269, 273; Meyer ZStW 119 (2007) 633, 661; Rieß StraFo 2010 10, 11 f.; Roxin/Schünemann § 17, 29; Salditt GedS Schlüchter 65, 74 f.; ders. ZStW 115 (2003) 570, 575 f.; Wagner GedS Eckert 939, 948; Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 164 f.; Weßlau ZStW 116 (2004) 150, 167; vgl. Wolfslast NStZ 1990 409, 416; Zierl AnwBl. 1985 505; Zschockelt FS Salger 435 ff.; krit. auch Nestler-Tremel in: Modernes Strafrecht und Ultima-ratio-Prinzip 159, 173 f. Wobei Richter, die allen Ernstes bei ihrer Amtsausübung von „Sommerschlussverkauf“, oder „Kurz-, Mittel- und Langstreckentarif“ reden, vgl. statt vieler Weider StraFo 2003 406, 408, freilich kein Ansehen mehr zu verlieren haben. Zutr. Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 703 f. (1981); Haas GedS Keller 45, 65, 70; vgl. auch Schünemann Gutachten 58. DJT, B 55 f.
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Strafanspruch disponiert. Deshalb ist eine Beteiligung des Gerichts am plea bargaining im Common Law-Rechtskreis weithin verboten,165 ebenso im „abgekürzten Verfahren“ des neuen eidgenössischen Strafprozesses der Schweiz166. Weiterhin ist das Gericht, das eine Verständigung vorgeschlagen hat, wenigstens wenn diese scheitert, für die nachfolgende Hauptverhandlung als befangen anzusehen, was das Gesetz indes übersieht. In dieser strukturellen Gefährdung der Unbefangenheit des Gerichts167 liegt zudem eine weitere Verletzung der Unschuldsvermutung. Insgesamt handelt es sich bei § 257c mit seinen Begleitvorschriften um die Etablie- 17 rung eines weiteren Prozesstyps, nämlich eines fast reinen Inquisitionsprozesses168 mit dominanter Stellung des Gerichts, dessen Ziel die Erlangung eines Geständnisses als regina probationum ist, das neben dem Akteninhalt als Urteilsgrundlage genügt, nur dass als Druckmittel nicht mehr die Folter, sondern die – im Wesen der Absprache liegende169 – Sanktionsschere170 zur Verfügung steht. Die „Verständigung“ ist ein neues Machtmittel des Gerichts zur Verfahrensabkürzung, das es fast nach Belieben einsetzen171 und den Angeklagten „als Mittel zum Zweck der Justizentlastung“ vereinnahmen,172 mithin zum
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Vgl. Federal Rules of Criminal Procedure (2009), Rule 11(c)(1) Satz 2; American Bar Association ABA Standards for Criminal Justice: Pleas of Guilty (3rd ed. 1999), Standard 14-3-3(c), S. 134 f.; Damasˇka StV 1988 398, 399 ff.; Turner 54 Am.J.Comp.L. 199, 202 ff., 267 (2006); Trüg ZStW 102 (2008) 331, 349 ff. Allerdings kommt es in einigen Gebieten durchaus vor, dass Tatrichter aktiv an den Absprachen mitwirken, vgl. Alschuler 76 Colum.L.Rev. 1059 ff. (1976); Ryan/Alfini 13 Law & Soc’y Rev. 479 ff. (1979); Weigend ZStW 94 (1982) 200, 211 ff.; zu England Ashworth/Redmayne 317 f. Art. 358 ff.; dazu krit. Kunz FS Egon Müller 383, 387 ff.; Pieth Schweizerisches Strafprozessrecht (2009) 196 ff.; Schwander SJZ 103 (2007) 142 ff. Ablehnend schon Eidgenössisches Justizdepartment Aus 29 mach 1, S. 50 ff., 52. Graf/Eschelbach 36; SK/Velten 47; Hauer NJ 2010 10, 16; Schünemann ZStW 119 (2007) 945, 951 f.; ders. ZIS 2009 484, 494; Weigend FS Maiwald 829, 841; Weßlau StV 2006 357, 359; grundsätzlich Schünemann StV 2000 159 ff.; auch Hettinger JZ 2011 292, 300 f. Ähnl. Eschelbach HRRS 2008 190, 201; Hsu 159; Schünemann NJW 1989 1895, 1901 f.; ders. FS Baumann 361, 373, 377; ders. ZStW 119 (2007) 945, 951 f.; ders. ZRP 2009 104, 105, 106; Weigend JZ 1990 774, 778; ders. FS Maiwald 829, 833 ff.; vgl. Dencker/Hamm 83; Harms FS Nehm 289, 296; Stübinger JZ 2008 798, 800; zum
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autoritären Charakter Fezer NStZ 2010 177, 179, 181; zum plea bargaining Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 12 ff. (1978–79); a.A. Jahn/Müller NJW 2009 2625; wohl auch Rosenau (Absprachen) 45, 57 ff. Hettinger FS Egon Müller 261, 280 sieht darin den alten Akkusationsprozess und Zustand von 1532 wiederhergestellt; der wesentliche Unterschied besteht indes darin, dass heute das Gericht als (dominante) „Partei“ hinzutritt und das Geständnis faktisch erzwingen kann. Vom reinen Inquisitionsprozess trennt das Absprachenwesen nur noch die notwendige Mitwirkung der Staatsanwaltschaft bei Anklage und Verständigung. Ignor FS BRAK 321, 325 f.; Schünemann (Wetterzeichen) 11. Jegliche Sanktionsdifferenz genügt, mag sie sich auch im Rahmen des Schuldangemessenen bewegen, siehe oben Rn. 14 sowie die Nachw. bei Schünemann (Wetterzeichen) 12 Fn. 23. Zur drastischen Sanktionsschere im amerikanischen plea bargaining s. nur Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 654 ff., 680 ff. (1981); Turner 54 Am.J.Comp.L. 199, 251 (2006); Dervan 27 Ga.St.U.L.Rev. 239, 245 m.w.N. (2011). Zur funktionalen Äquivalenz von Folter und plea bargaining vgl. Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 12 ff. (1978–79); ähnl. Dencker/Hamm 83; Eidam 259; Schünemann FS Baumann 361, 373. Zutr. Weigend FS Maiwald 829, 833 f., 845; ähnl. Weßlau ZStW 116 (2004) 150, 170. Treffend Sinner 304.
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Verfahrensobjekt degradieren173 kann. Von einem bisweilen gepriesenen Konsens174 oder einer Förderung der Teilhabe des Angeklagten am Entscheidungsprozess kann keine Rede sein,175 ebenso wenig wie beim plea bargaining,176 wenn ihm eine prozesstaktische Entscheidung abgenötigt wird, deren Tragweite er selbst kaum übersehen kann. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass der Angeklagte auch seinem Verteidiger mit Misstrauen begegnen muss, weil dieser in der Absprachensituation ebenfalls einem Interessenkonflikt ausgesetzt ist.177 In beiden Fällen handelt es sich um ein Konzessions- oder Unterwerfungssystem,178 das der rechtsstaatlichen Justizgewährungspflicht Hohn spricht179. Nach allem ist die Vorstellung des Gesetzgebers, ihm sei eine Integration der Verständigung in das geltende Strafprozessrecht gelungen, „ohne die das Strafverfahren prägenden Grundsätze … anzutasten“,180 nicht nachvollziehbar.181 Ob das Gesetz seine verfahrensökonomischen Ziele erreicht, bleibt abzuwarten. Nach 18 ersten Berichten aus der Praxis scheint der erwünschte Entlastungseffekt auszubleiben.182
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4. Reformbedarf. Die Mehrheit der Verfahren, die nicht mangels Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 oder ohne Auflage nach §§ 153 ff. eingestellt werden, wird derzeit entweder nach § 153a StPO quasi-sanktioniert183 oder im Strafbefehlsverfahren erledigt.184 173
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Zutr. Eschelbach HRRS 2008 190, 201; Klemke/Elbs 780, 793h; Schünemann FS Baumann 361, 375; ders. FS Fezer 555, 568; Weigend JZ 1990 774, 779 f.; vgl. Salditt ZStW 115 (2003) 570, 582. Vgl. Fn. 92. Eher im Gegenteil, zutr. Eschelbach HRRS 2008 190, 198 f.; Ellscheid 37; Graf/Eschelbach 1; Hamm NJW 2006 2084, 2087; ders. FS Welp 57, 67 (weltfremd); Roxin/ Schünemann § 17, 27; Salditt StV 2002 273, 276 f.; ders. ZStW 115 (2003) 570, 578; ders. FS Egon Müller 611, 621; Schünemann FS Baumann 361, 378; ders. ZStW 119 (2007) 945, 952 f.; ders. (Wetterzeichen) 18; ders. FS Fezer 555, 572; Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins StraFo 2006 89, 92; Weigend ZStW 94 (1982) 200, 224 ff.; ders. in: Der Deal mit dem Recht 37, 39, 47; ders. FS Damasˇka 39, 56 ff., 59 f. Vgl. nur Alschuler 69 Cal.L.Rev. 652, 668 ff. m.w.N. (1981). Hamm NJW 2006 2084, 2088; Terhorst GA 2002 600, 607; Weider 149, 156; Weigend in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 368 f. Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 78; Roxin/Schünemann § 17, 20; Schünemann ZStW 114 (2002) 1, 26; ders. ZRP 2009 104, 106; ders. ZIS 2009 484, 490, 391; Trüg ZStW 102 (2008) 331, 366; Wagner GedS Eckert 939, 948, 953 f.; Weigend in: Der Deal mit dem Recht 37, 50; vgl. Langbein 46 U.Chi.L.Rev. 3, 12 ff. (1978–79).
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So auch Eschelbach HRRS 2008 190, 206. BTDrucks. 16 12310 S. 9. Vgl. Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer (Vorschlag) 3 = ZRP 2005 235, 236 („wirklichkeitsfremd“); Altenhain/ Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 76; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 329 (Orwell’sche „Leugnung des Faktischen“); Fezer NStZ 2010 177, 182; Fischer § 46, 120 StGB („Augenwischerei“); ders. StraFo 2009 177, 181 ff.; ders. ZRP 2010 249, 250; Hettinger JZ 2011 292, 297 Fn. 74 („steht die Unwahrhaftigkeit auf die Stirn geschrieben“), 299; Kirsch StraFo 2010 96, 97; Murmann ZIS 2009 526, 532, 534 („die Wirklichkeit verfehlende Heuchelei“); Rieß StraFo 2010 10, 11; Schünemann ZRP 2009 104, 106; Theile MSchrKrim. 2010 147, 158; Trüg ZStW 102 (2008) 331, 367 f.; Weigend FS Maiwald 829, 832 f.; Weßlau FS Egon Müller 779, 792 sowie unten Fn. 207. De Vries ZRP 2011 209 f. m.w.N. Siehe nur Salditt FS Egon Müller 611 ff.; Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung 565 ff.; Wagner GedS Eckert 939 ff.; Weßlau ZStW 116 (2004) 150, 152 ff. 2011 wurde in 508.026 Fällen Anklage erhoben und in 538.739 Fällen Strafbefehl beantragt, 197.024 Fälle wurden nach § 153a o.ä. erledigt, der Rest der 4.609.786 Eingänge bei den Staatsanwaltschaften eingestellt oder anderweitig erledigt, also abgegeben, verbunden usw., Statistisches Bundes-
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§ 257c
Wie vielen der durch Urteil erledigten erstinstanzlichen Verfahren185 eine Absprache zugrunde liegt, ist unbekannt. Erschütternd ist, dass in keinem dieser Wege – § 153a, Strafbefehl, Absprache – die beiden zentralen Anliegen, die die Existenz von Strafjustiz überhaupt rechtfertigen, nämlich die gewissenhafte Erforschung der Wahrheit und die genaue Subsumtion unter das Strafgesetz,186 im Vordergrund stehen, sondern zügige Erledigung; auch eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit findet nicht statt. Die vollständige Durchführung einer Hauptverhandlung nach §§ 226 ff., die von allen derzeit normierten Verfahrenstypen allein dem verfassungsrechtlichen Leitbild (Rn. 6 ff.) rechtsstaatlicher Strafrechtspflege gerecht wird, scheint zunehmend zur seltenen und teuren Luxusoption zu geraten, was die seit langem beklagte fundamentale Krise des deutschen Strafprozesses belegt.187 Eine solche massive Fehlentwicklung ist weder mit Lamentieren noch mit legislativem Flickwerk zu beheben. Wenn der reformierte Strafprozess trotz oder wegen aller Modernisierungen in den heutigen Umständen seine Funktionsfähigkeit eingebüßt haben sollte, so muss über seine Reform nachgedacht werden.188 Der Appell muss daher zuerst an die Strafprozessrechtswissenschaft gehen, den gegenwärtigen Zustand der deutschen Strafjustiz empirisch sorgsam zu erhellen189 und auf der Grundlage solider Analyse des Istzustandes normative Konzepte zu entwickeln,190 die dem rechtsstaatlichen Niveau des Grundgesetzes besser entsprechen als das traurige Trio von § 153a, Strafbefehl und Deal. Trotz aller Defizite mag das Verständigungsgesetz hierbei förderlich sein, sofern es gelingt, Verständigungen nun besser zu beobachten. Überfällig ist dabei eine Rezeption der nun über fünfzigjährigen Erfahrungen und Diskussionen aus dem Mutterland des Deals. Anzugehen ist schließlich vor allem auch die unübersehbare massive Erosion des
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amt, Fachserie 10, Reihe 2.6 Rechtspflege: Staatsanwaltschaften, S. 26. 2011 ergingen 343.684 erstinstanzliche Urteile der Amtsgerichte und 9.635 erstinstanzliche Urteile der Strafkammern, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10 Reihe 2.3 Rechtspflege: Strafgerichte S. 28, 66. Hassemer StV 2006 321, 327. Vgl. nur Eschelbach HRRS 2008 190, 190 f.; Herzog (Krise) 21 ff.; Kirsch StraFo 2010 96, 101; Rieß ZIS 2009 466, 482; Schünemann FS Baumann 361, 365 ff., 382; Weßlau FS Egon Müller 779, 794. Ähnl. Fezer NStZ 2010 177, 183 ff. (Bildung einer Großen Strafprozessrechtskommission); Fischer NStZ 2007 433, 436 (konzeptionelle Anstrengung nötig und möglich); ders. ZRP 2010 249, 251; Haas GedS Keller 45, 74; Roxin/Schünemann § 17, 35; § 69, 1 ff. m.w.N.; Schünemann StV 1993 657, 663 („neues Haus des Strafverfahrens“); Weigend in: Strafverteidigung vor neuen Herausforderungen 357, 394 Fn. 132; ders. FS Maiwald 829, 847 (offene Grundsatzdiskussion); Weßlau FS Egon Müller 779, 794. Die Forderung ist keineswegs
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neu, vgl. schon Rieß ZRP 1977 67 ff.; ders. FS Lackner 966 ff.; Schünemann ZStW 114 (2002) 1, 51 ff. Auch der Gesetzentwurf vermerkt das Fehlen belastbarer Erkenntnisse zur Praxis der Verständigungen, BTDrucks. 16 12310 S. 7, von einzelnen älteren oder sektoriellen Studien abgesehen wie Schünemann Gutachten 58. DJT, B 17 ff.; ders. FS Heldrich 1177, 1185 ff.; Siolek 31 ff.; ders. DRiZ 1993 422 ff.; Altenhain/Hagemeier/Haimerl/ Stammen (Praxis); dazu Jahn JZ 2011 340, 341 ff., obwohl schon R. Hassemer/Hippler StV 1986 360, 363 dies angemahnt hatten. Es ist wenig bekannt, ob nur die Landgerichte oder auch, und wenn ja, in welchem Umfang, die Amtsgerichtsverfahren vom Absprachenwesen befallen sind. Anekdotische Evidenz einzelner Erfahrungsberichte, die nicht selten widersprüchlich ausfallen, ist völlig unzureichend, vgl. Nestler Schünemann-Symp. 15, 17 f. Resignierend zur legislativen Bedeutung der Wissenschaft Fischer NStZ 2007 433, 435. De Vries ZRP 2011 209, 211 schlägt eine Lösung durch Änderung des Vergütungssystems der Strafverteidiger vor.
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Rechtsbewusstseins innerhalb der Strafjustiz, in der nach Inkrafttreten des § 257c mitunter unverhohlen an illegalen Praktiken festgehalten wird,191 was angesichts des bisherigen Ausmaßes ungesetzlichen Handelns zu erwarten war192.
II. Regelungsgehalt und Anwendungsbereich 20
1. Regelungsgehalt. Mit der Vorschrift ist beabsichtigt,193 eine rechtliche Grundlage für Absprachen im Strafverfahren (Absatz 1) zu schaffen und deren inhaltliche Grenzen (Absatz 2) festzulegen. Der Ablauf einer Verständigung in der Hauptverhandlung wird in Absatz 3 geregelt, die dabei erforderlichen Hinweise an den Angeklagten in Absatz 5, die Folgen etwaigen Scheiterns in Absatz 4. Die zentrale Frage, welchen Inhalt eine Verständigung haben darf, beantwortet das Gesetz nicht; dies ergibt sich nur indirekt und unvollständig aus den zulässigen Gegenständen. Auch die Rechtsfolgen einer wirksamen Verständigung werden nur indirekt ausgedrückt. Zahlreiche Einzelfragen sowie aus der bisherigen Absprachenpraxis bekannte Probleme (z.B. die Sanktionsschere, Rn. 50) bleiben ungelöst. Über §§ 46, 71 OWiG ist die Vorschrift auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren anwendbar.194
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a) Die Rechtsnatur der Verständigung wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht erörtert und ist völlig ungeklärt.195 Das Gesetz spricht zwar bewusst von „Verständigung“ und nicht von „Absprache“ oder „Vereinbarung“, um nicht den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, dass die Verständigung als Grundlage des Urteils einen quasi-vertraglich bindenden Charakter hätte196 – wobei sich fragt, welchen Zweck sie sonst haben sollte197. Eine Definition des Begriffs der „Verständigung“ hielt der Gesetzgeber aber für verzichtbar, weil dieser im allgemeinen Sprachgebrauch hinreichend präzise erfasst sei; sein wesentliches Merkmal ist der Begriff des Einvernehmens.198 Mit Verweis auf den außerjuristischen Sprachgebrauch ist ein Rechtsbegriff jedoch offensichtlich unterbestimmt.199 Denn wesentlicher Zweck des § 257c ist gerade, eine rechtliche Bindung des Gerichts zu begründen, auch wenn diese sich erst im Umkehrschluss aus Absatz 4 Satz 1 entnehmen lässt. Zwar kommt anders als nach der Ansicht der bisherigen Rechtsprechung die Bindung nicht durch einseitige Zusage des Gerichts, sondern gemäß Absatz 3 Satz 4 nur dann zustande, wenn Staatsanwaltschaft und Angeklagter dem Vorschlag des Gerichts zustimmen, jedoch wollte der Gesetzgeber ausdrücklich „keine neue Form … einer konsensualen Verfahrenserledigung“200 einführen. Ein dreiseitiger öffentlich-rechtlicher Vertrag oder eine prozessuale Übereinkunft eigener Art 201 kann darin auch des-
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Vgl. dazu nur Fischer StraFo 2010 329, 330 ff. Vgl. nur Hamm FS Egon Müller 235, 248; ders. FS Welp 57, 71 f. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für den hypothetischen Fall der Verfassungsmäßigkeit der Norm. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken siehe Rn. 12 ff. Fromm NZV 2010 550, 551. Zum Versuch einer Einordnung siehe Niemöller/Schlothauer/Weider 8; SK/Velten 2 ff., 8; zuvor Ioakimidis 109 ff.; Sinner 139 ff. BTDrucks. 16 12310 S. 8; krit. Niemöller/ Schlothauer/Weider 7; Weigend FS Maiwald
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829, 831 Fn. 14 (verschleiernder Euphemismus); Schünemann ZRP 2009 104, 106. Krit. auch Graf/Eschelbach 5. BTDrucks. 16 12310 S. 13. Krit. auch Graf/Eschelbach 6; KMR/ v. Heintschel-Heinegg 18. BTDrucks. 16 12310 S. 8. So aber Niemöller/Schlothauer/Weider 8: einseitig bindender öffentlicher Vertrag eigener Art, der Elemente eines Vertrages und eines Urteils in sich vereinige; ähnl. wohl Fischer § 46, 116 StGB („quasi-vertragliche Einigung“).
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halb nicht erblickt werden, weil jegliche Disposition über den staatlichen Strafanspruch von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist (Rn. 6 f.). Ein Vertrag mit dem Gericht (!) über den Ausgang des Verfahrens hätte auch mit Rechtsprechung nichts mehr zu tun. Dies erklärt die ersichtliche Scheu des Gesetzgebers, den Inhalt der Verständigung näher zu benennen, und den halbherzigen Ansatz, nur die einzelnen in das Einvernehmen eingebrachten Beiträge, aber nicht das Wesentliche, nämlich deren Verknüpfung oder Wechselbezüglichkeit (Rn. 43) zu regeln.202 b) Die Bindung des Gerichts (Rn. 57 ff.) dürfte, wie vor Inkrafttreten des Gesetzes von 22 der Rechtsprechung entwickelt,203 allenfalls204 auf das Gebot des Vertrauensschutzes bzw. Verbot widersprüchlichen Staatshandelns – vermittelt über den fair trial-Grundsatz als Ausprägung des Rechtsstaatsgebots – gestützt werden können. Warum es dann aber auf ein „Einvernehmen“ zweier Verfahrensbeteiligter zur gerichtlichen Zusage ankommen soll, erschließt sich nicht ohne weiteres. Sinnvoll ist dies nur, wenn Absprachen „alten Stils“ nun nicht mehr dieselbe Bindungswirkung hervorrufen können (Rn. 77). Eine rechtliche Bindung des Angeklagten und des Staatsanwalts wird durch die Vorschrift nicht begründet.205 Sie sind frei, die von ihnen zugesagten Leistungen zu erbringen oder nicht. Nichtleistung wird rechtlich nicht sanktioniert, sondern es bleibt lediglich der erhoffte Vorteil – milde Strafe und schnelle Verfahrensbeendigung – aus. Bricht die Staatsanwaltschaft verfahrensbezogene Zusagen, kann dies allerdings unter Vertrauensschutzgesichtspunkten bzw. als Verletzung des fair trial-Grundsatzes Rechtsfolgen auslösen (Rn. 59). c) Geltung des Untersuchungsgrundsatzes. Gemäß Absatz 1 Satz 2 bleibt die Pflicht 23 des Gerichts zur umfassenden Aufklärung des angeklagten Sachverhalts, die sich aus § 244 Abs. 2 ergibt, unberührt. Damit ist klargestellt, dass im Verurteilungsfalle die Verständigung die gerichtliche Überzeugung von dem von ihm festzustellenden Sachverhalt nicht ersetzt.206 Weil aber, wie oben dargelegt (Rn. 12), der Sinn einer Verständigung allein darin liegt, an sich nötige Aufklärung zu unterlassen – sonst bedürfte es ihrer nicht –, ist die Zielsetzung der gesetzlichen Regelung in sich widersprüchlich207 und somit zwar nicht logisch, aber teleologisch, mithin praktisch perplex. Da das verfassungsrechtliche Gebot der Erforschung des wahren Sachverhalts weder zur Disposition des Gerichts noch der Verfahrensbeteiligten steht (Rn. 6) und auch keine Reduktion auf ein Gebot bloß ungefährer Richtigkeit208 erleidet, ist auch keine Verständigung darüber möglich, ob
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Niemöller/Schlothauer/Weider 7. BGHSt 36 210, 214; 43 195, 210; 49 84, 87; 52 165, 172; BGH NJW 2005 445, 446; zutr. Kritik bei KMR/Eschelbach Vor § 213, 76 ff. m.w.N.; Meyer HRRS 2011 17, 18; s.a. eingehend Graumann 184 ff. Siehe Fn. 193. Beulke 395b, 396e; Roxin/Schünemann § 17, 33; unklar Niemöller/Schlothauer/ Weider 38 (Bindung des Staatsanwalts bejahend ), 111 f. (Bindung verneinend); a.A. für die Staatsanwaltschaft SK/Velten 30 in der Annahme, die Verständigung begründe einklagbare subjektiv-öffentliche Leistungsrechte.
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BTDrucks. 16 12310 S. 8, 13. Graf/Eschelbach 2, 8 f.; KMR/v. HeintschelHeinegg 23 f.; Meyer-Goßner 3, 13; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 329 Fn. 31; Fezer NStZ 2010 177, 179, 183; Fischer StraFo 2009 177, 181, 183; Hauer NJ 2010 10, 13; Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2631; Murmann ZIS 2009 526, 532; Rieß StraFo 2010 10, 11; Schünemann ZRP 2009 104, 106; Weßlau StraFo 2007 1, 2; a.A. Niemöller/Schlothauer/Weider 72 (nur Spannungsverhältnis); Kröpil JR 2010 96, 99. Siehe auch die Stimmen in Fn. 181. So aber wohl Meyer-Goßner 4.
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bereits genug aufgeklärt sei und man das bisherige Beweisergebnis nicht für wahr halten könne209 – dies bleibt vielmehr alleinige Pflicht und Verantwortung des Gerichts. Damit verbleibt als verfassungskonformer (Rn. 12 a.E.) Anwendungsbereich der Norm nur die Klasse der – möglicherweise nicht allzu zahlreichen – Fälle, in denen der Angeklagte ein derart qualifiziertes und umfassendes Geständnis ablegt, dass das Gericht in Verbindung mit anderem in der Hauptverhandlung im Wege des Strengbeweises erhobenen Beweismaterial darauf nicht nur seine Überzeugung nach § 261 stützen darf, sondern damit auch seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung und Aburteilung des angeklagten Sachverhalts erfüllt.
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2. Zeitlicher und örtlicher Anwendungsbereich. Unmittelbar gilt § 257c nur für Verständigungen während und in der Hauptverhandlung.210 Außerhalb der Hauptverhandlung stattfindende Absprachen, ob offen oder heimlich, sind daher unzulässig und unwirksam; eine Bindungswirkung lösen sie nicht aus (Rn. 77). Nicht verboten sind Gespräche des Richters mit Verfahrensbeteiligten außerhalb der Hauptverhandlung, doch muss er über diese in der Hauptverhandlung berichten, um sich nicht dem Verdacht der Heimlichkeit und damit dem Vorwurf der Befangenheit auszusetzen.211 Die systematische Stellung der Vorschrift hinter den Regeln über die Beweisaufnahme 25 und vor den Schlussvorträgen ist verfehlt,212 weil die Verständigung gerade dazu dient, die Beweisaufnahme abzukürzen bzw. überflüssig zu machen (Rn. 12) und daher zu Beginn der Hauptverhandlung getroffen wird, weshalb frühere Entwürfe 213 sie in § 243a loziert hatten. Die vorbereitenden Gespräche in der Hauptverhandlung regelt § 257b („Erörterungen“). Gespräche über den Stand des Verfahrens zur Verfahrensförderung im Ermittlungsverfahren regelt § 160b, im Zwischenverfahren regelt sie § 202a, der nach Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 212 entsprechend gilt.
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3. Sachlicher Anwendungsbereich. Eine Verständigung über „den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens“ (Rn. 29 ff.) kann gemäß Abs. 1 Satz 1 nur „in geeigneten Fällen“ erfolgen. Dieses völlig inhaltsleere Erfordernis wird in der Gesetzesbegründung mit der ebenso nichtssagenden Erläuterung versehen, wann ein „geeigneter Fall“ vorliege, hänge von den konkreten Umständen ab 214. Grundsätzlich kommen Verständigungen in jeder Tatsacheninstanz, also auch im Berufungsverfahren (§ 332),215 in Betracht. Welche Fälle ungeeignet sind, ist bislang kaum geklärt. Im Schrifttum wird erwogen, etwa Schwurgerichtsverfahren,216 Staatsschutzdelikte217 oder die Frage der besonderen Schuldschwere nach § 57a StGB218 für ungeeignet zu halten, sei es, weil komplexe
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So aber Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2631; Jahn/Kett-Straub StV 2010 271, 272 Fn. 7, die meinen, die Aufklärungspflicht in § 257c Abs. 1 Satz 2 sei eine andere als in § 244 Abs. 2, vgl. zuvor Jahn ZStW 118 (2005) 427, 457 ff.; dagegen zutr. Niemöller/ Schlothauer/Weider 74; SK/Velten 36; unklar KMR/v. Heintschel-Heinegg 23. KMR/v. Heintschel-Heinegg 13. BGH wistra 2011 72 f. Graf/Eschelbach 2; Meyer-Goßner 1; Niemöller/Schlothauer/Weider 6, 30; ähnl. KMR/v. Heintschel-Heinegg 12; SK/Velten 19; Meyer-Goßner ZRP 2009 107, 108.
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Z.B. BTDrucks. 16 4197 S. 5 f.; Entwurf der Bundesrechtsanwaltskammer ZRP 2005 235, 237. BTDrucks. 16 12310 S. 13; krit. auch KMR/v. Heintschel-Heinegg 19. LG Freiburg StV 2010 236, 237. Graf/Eschelbach 7.1; zweifelnd KMR/ v. Heintschel-Heinegg 20; a.A. Jahn/KettStraub StV 2010 271, 272 ff. KMR/v. Heintschel-Heinegg 19. KMR/v. Heintschel-Heinegg 20; a.A. MeyerGoßner 6; Jahn/Kett-Straub StV 2010 271, 272 ff.
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normative Tatbestandsmerkmale kaum zugestanden werden können, sei es, weil richterliche Beurteilungsspielräume verblieben. Ungeeignet sind jedenfalls alle Fälle, in denen auch ein umfassendes glaubhaftes Geständnis keine ausreichende Tatsachengrundlage bieten kann, etwa weil die Schuldfähigkeit in Zweifel steht219 und nur mit sachverständiger Hilfe zu klären ist, komplexe Tatsachenzusammenhänge etwa aus dem Wirtschaftsleben zu beurteilen sind, die sich der Wahrnehmung Einzelner entziehen,220 usw. Es ist aber stets dem Gericht überlassen, den im Raum stehenden Sachverhalt rechtlich zu würdigen und diese Würdigung bei einer Verständigung prognostizierend zu antezipieren, so dass immer dann, wenn sich das Gericht zu einem Vorschlag im Sinne des Abs. 3 in der Lage fühlt, ein Fall „geeignet“ sein kann.221 Nach Ansicht des Gesetzgebers darf das Gericht jedenfalls nicht vorschnell auf eine Verständigung ausweichen, ohne zuvor pflichtgemäß die Anklage tatsächlich anhand der Akten und insbesondere auch rechtlich überprüft zu haben,222 was sich jedoch schon aus dem nach Abs. 1 Satz 2 unberührt bleibenden Untersuchungsgrundsatz aus § 244 Abs. 2 ergibt. Als „zumeist“ ungeeignete Fälle sieht der Gesetzgeber Jugendstrafverfahren an, in 27 denen § 257c an sich über § 2 JGG anwendbar ist. Völlig ausschließen wollte er Verständigungen im Jugendrecht jedoch nicht, sie sollen aber nur in „besonderen Ausnahmefällen“ in Betracht kommen.223 Zur Begründung werden die besonderen jugendstrafrechtlichen Strafzumessungsregeln und Aspekte des Erziehungsgedankens angeführt. Auch sei es unter erzieherischen Gesichtspunkten „regelmäßig problematisch, die Sanktionsentscheidung zum Gegenstand einer durch gegenseitige Zugeständnisse geprägten und im Bewusstsein des oder der Jugendlichen möglicherweise quasi ‚ausgehandelten‘ Verständigung zu machen“.224 – Warum dies im Erwachsenenstrafrecht unter spezialpräventiven Gesichtspunkten weniger problematisch sein sollte, ist dann eine offene Frage. Wenn die Verständigung aus Sicht des Gesetzgebers eine nicht recht ernstzunehmende oder überzeugende Form staatlicher Rechtsdurchsetzung darstellt, so sollte sie im Erwachsenenverfahren ebenso regelmäßig „ungeeignet“ sein.225 – Wenn im Jugendstrafverfahren eine Verständigung vorgenommen wird, stellt, wenigstens bei jugendlichen Angeklagten, dies regelmäßig einen Fall notwendiger Verteidigung dar.226 In Verfahren gegen Heranwachsende ist eine Vereinbarung über die Anwendung von 28 Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht wie nach der vorherigen Rechtsprechung227 unzulässig,228 weil dem Gericht durch § 105 JGG kein Ermessen eingeräumt wird und die Tatbestandsvoraussetzungen ebenso wenig verhandelbar sind wie die übrigen Tatsachenfeststellungen (Rn. 29).
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Vgl. Graf/Eschelbach 7.1. Vgl. Kruse StraFo 2000 146, 149. Ähnl. Graf/Eschelbach 7; Murmann ZIS 2009 526, 534. BTDrucks. 16 12310 S. 13 mit Zitat von BGHSt 50 40, 49. BTDrucks. 16 12310 S. 10; dazu Nowak JR 2010 248 ff.; eingehend Pankiewicz; a.A. (immer ausgeschlossen) SK/Velten 9. BTDrucks. 16 12310 S. 10; zust. MeyerGoßner 7.
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Ebenso Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439, 443. BTDrucks. 16 12310 S. 10. BGH NStZ 2001 555, 556 mit Anm. Eisenberg; NStZ-RR 2006 187. Graf/Eschelbach 7; Niemöller/Schlothauer/ Weider 82; Beulke 395f; a.M. KMR/ v. Heintschel-Heinegg 20; Meyer-Goßner 7; Meyer-Goßner ZRP 2009 107 f.
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III. Zulässige Gegenstände einer Verständigung (Absätze 1 und 2) 1. Grundsatz. Absatz 1 Satz 1 legt fest, dass sowohl der Fortgang als auch das Ergebnis des Verfahrens Gegenstand einer Verständigung sein können. Der „Fortgang“ wird in Absatz 2 als „sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren“ sowie „Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten“ näher bestimmt. Hinsichtlich des „Ergebnisses“ nimmt Absatz 2 die weiteren Einschränkungen vor, dass nur die Rechtsfolgen, die Gegenstand eines Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, in Frage kommen, mit Ausnahme des Schuldspruchs und von Maßregeln der Besserung und Sicherung nach § 61 StGB. Das Verbot der Verständigung über den Schuldspruch ist die Konsequenz aus der Anordnung der uneingeschränkten Geltung des Aufklärungsgrundsatzes in Absatz 1 Satz 2, so dass weder die Feststellungen noch deren rechtliche Würdigung verhandelbar sind.229 Allerdings kann dieses Verbot leicht dadurch unterlaufen werden,230 indem erlaubterweise Teile des angeklagten Sachverhalts nach §§ 154, 154a eingestellt bzw. ausgeschieden werden231 oder indem das Gericht sich in rechtswidriger Weise mit einem inhaltsarmen „schlanken“ Geständnis zufrieden gibt, das nur einen Teil des angeklagten Sachverhalts einräumt.232 Das Verbot der Verständigung über Maßregeln geht über die bisherige Rechtsprechung hinaus, die dies nur für die Sicherungsverwahrung ausgesprochen hatte.233 Bedeutsam ist das Verbot vor allem für die praktisch häufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) einschließlich der Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB).234 Hinsichtlich des Fortgangs des Verfahrens nennt Absatz 2 als zulässige Gegenstände sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Ein Rechtsmittelverzicht wird von § 302 Abs. 1 Satz 2 ausgeschlossen; dies erfasst auch Umgehungsversuche235 wie „Nichtanfechtbarkeitsvereinbarungen“,236 kombinierte Rechtsmitteleinlegung nebst -rücknahme237 sowie Rechtsmittelbeschränkungen238. Im Gegenschluss zur abschließenden Aufzählung der erlaubten Bestandteile sind 30 daher auch alle in Absatz 2 nicht erwähnten Verhaltensweisen der Verfahrensbeteiligten als Verständigungsgegenstände ausgeschlossen, namentlich solche, die mit dem Strafverfahren in keinem Zusammenhang stehen wie Erfüllung von Steuerforderungen oder Spenden an Opferschutzorganisationen,239 denen somit nicht erst das Fehlen einer zulässigen Verknüpfung (Rn. 43) entgegensteht. Eine Verständigung, die unzulässige Gegenstände oder eine unzulässige Verknüpfung 31 für sich zulässiger Bestandteile enthält, ist insoweit unwirksam;240 zu etwaigen weiteren Folgen siehe Rn. 77. Wenn eine Verständigung sowohl zulässige als auch unzulässige Bestandteile aufweist, fragt sich, ob eine geltungserhaltende Reduktion vorgenommen wer-
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229 230 231 232 233 234 235 236
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Krit. Weigend FS Maiwald 829, 839. Näher Fischer § 46, 120 StGB m.w.N. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 331; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 602. Graf/Eschelbach 11 f.; KMR/v. HeintschelHeinegg 26. BGH NStZ-RR 2005 39; NStZ 2005 526; 2008 620; StV 2006 118. Meyer-Goßner 9. Vgl. Fischer § 46, 120a; Fischer StraFo 2010 329, 330 ff. Meyer-Goßner 15b; Rieß FS Meyer-Goßner 645, 656 f.; ders. JR 2005 435, 438.
237
238 239 240
BGHSt 55 82, 86 mit Anm. Gericke NStZ 2011 110; Hauer NJ 2010 522; Malek StraFo 2010 251; Niemöller StV 2010 474; Staudinger HRRS 2010 347; s.a. Dießner StV 2011 43, 45; Meyer-Goßner StV 2011 53; Niemöller StV 2011 54, 55. Graf/Eschelbach 17. Meyer-Goßner 15a; vgl. BGHSt 49 84, 87 ff. Meyer-Goßner 4; SK/Velten 32; Dießner StV 2011 43, 44; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 601; krit. Meyer HRRS 2011 17, 18.
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§ 257c
den kann.241 Dies setzt voraus, dass die Beteiligten die Verständigung auch ohne den unzulässigen Teil geschlossen hätten, was hinsichtlich der Rechtsfolgen regelmäßig nicht anzunehmen sein dürfte.242 Die Rechtsprechung hat dies aber zuvor bei unzulässigem Rechtsmittelverzicht bejaht, der die Verbindlichkeit der Verständigung im Übrigen nicht beeinträchtige;243 siehe Rn. 78. 2. Rechtsfolgen a) Inhalt des Urteils. Gegenstand einer Verständigung ist regelmäßig der Strafaus- 32 spruch, wobei die Möglichkeiten der Vereinbarung der Rechtsfolgen weiter dadurch eingeschränkt sind, dass keine bestimmte Strafe (Punktstrafe) vereinbart werden darf,244 wie sich aus Absatz 3 Satz 2 ergibt, wonach das Gericht eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben kann. Eine Begründung dafür bleibt der Gesetzgeber schuldig, obschon gerade darauf das Interesse des Angeklagten gerichtet ist und die Praxis früher wie heute Umgehungen zu finden weiß. Wenn schon eine Unter- und Obergrenze vereinbart werden darf, womit das Gericht sich stärker bindet als nach bisheriger Praxis, die nur eine Obergrenze kannte,245 ist es wenig konsequent, die Zusage einer bestimmten Strafe zu unterbinden, sondern bloße Augenwischerei, um den Schein einer gerichtlichen Entscheidung als Urteilsgrundlage aufrechtzuerhalten.246 Im Unterschied zur vorherigen Rechtsprechung können über die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung in den Grenzen des § 56 StGB247 Vereinbarungen getroffen werden, womit dem Gericht ein besonders effektives Druckmittel mit Missbrauchspotential zur Verfügung steht.248 Möglich sind Verständigungen auch über Nebenstrafen und Nebenfolgen249 wie Fahrverbot250 (§ 44 StGB), Verlust der Amtsfähigkeit (§ 45 StGB), Einziehung und Verfall (§§ 73 ff. StGB) usw., soweit sie nicht zwingend zu verhängen sind 251. Umstritten ist, ob der Angeklagte ein Einverständnis mit der form- und entschädigungslosen Einziehung eigener Sachen erklären darf,252 doch steht dies in seinem Belieben als Eigentümer. b) Dass auch die zum Urteil „dazugehörigen Beschlüsse“ verhandelbar sind, stellt 33 Absatz 2 Satz 1 klar. Dies sind die Beschlüsse nach §§ 268a und 268b sowie zur Verfahrenseinstellung und -beschränkung nach §§ 153 Abs. 2, 154 Abs. 2, 154a Abs. 2, sofern sie mit dem Urteil verkündet werden, um den Anklagevorwurf umfassend zu erledigen. Gegenstand einer Verständigung kann daher sein: die Gestaltung der Bewährungsauf-
241 242 243
244
245 246 247
Bejahend SK/Velten 32. Niemöller/Schlothauer/Weider C 43. BGHSt 52 165, 170 f. mit Anm. Lindemann JR 2009 83; Rieß FS Meyer-Goßner 645, 652; zust. Meyer-Goßner 15b. BGH NStZ 2010 650 mit Anm. Bockemühl/ Staudinger StraFo 2010 425; BGH StV 2011 75, 76; 2011 78 f.; 2011 338 f.; KMR/ v. Heintschel-Heinegg 27; Meyer-Goßner 11. Zuvor schon BGHSt 51 84, 86 m.w.N. Graf/Eschelbach 12; krit. Huttenlocher 578; Niemöller GA 2009 172, 180. Krit. KMR/v. Heintschel-Heinegg 74; MeyerGoßner 11. Niemöller/Schlothauer/Weider 57; a.A. Meyer-Goßner 12.
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252
Niemöller/Schlothauer/Weider 57; zu Recht krit. Graf/Eschelbach 15; KMR/v. Heintschel-Heinegg 27, 75; Meyer-Goßner 12. Graf/Eschelbach 15 (krit. zum Verfall); KMR/v. Heintschel-Heinegg 28; MeyerGoßner 10; Niemöller/Schlothauer/Weider 60 ff. Fromm NZV 2010 550, 550 f. Niemöller/Schlothauer/Weider 53, 63; Bittmann wistra 2009 414, 415; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 602; a.A. Meyer-Goßner 10, 12. Bejahend KMR/v. Heintschel-Heinegg 28; Meyer-Goßner 10; Niemöller/Schlothauer/ Weider 65; a.A. Hüls/Reichling StraFo 2009 198 f.
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lagen im Beschluss nach § 268a, etwa die Dauer der Bewährungszeit, Auflagen und Weisungen, namentlich solche zur Schadenswiedergutmachung oder dem Täter-Opfer-Ausgleich usw. Auch der Beschluss über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach § 268b kann einbezogen werden, womit das Gericht über ein erhebliches Druckpotential verfügt.253 In Betracht kommt dies freilich nur, soweit ein glaubhaftes Geständnis den Haftgrund der Verdunkelungs- oder, vermittelt durch eine mögliche Strafmilderung, Fluchtgefahr entfallen lassen könnte.254
34
3. Verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren. Gemeint sind Maßnahmen des Gerichts im Unterschied zum gesondert genannten Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten (unten 4.), obgleich die Gesetzesbegründung255 keine klare Abgrenzung vornimmt. Ausgeschlossen sind damit jedenfalls Entscheidungen, die Prozesssituationen außerhalb des gegenständlichen Erkenntnisverfahrens betreffen wie Entscheidungen im Strafvollstreckungsverfahren – deshalb scheiden Verständigungen über die Reststrafenaussetzung nach § 57 StGB aus256 –, Entscheidungen über andere, nicht angeklagte Taten257 oder Entscheidungen in Strafverfahren, die bei anderen Gerichten anhängig sind.258 Als zulässige Beispiele werden in der Gesetzesbegründung genannt: Einstellungsentscheidungen – auch seitens der Staatsanwaltschaft 259 – und Beweiserhebungen, freilich sofort verbunden mit dem Hinweis darauf,260 dass das Beweisantragsrecht aller Verfahrensbeteiligten und die Sachaufklärungspflicht des Gerichtes stets insoweit unberührt bleibe, als der Verzicht auf Beweisanträge und Beweiserhebungen sich nicht außerhalb dessen bewegen könne, was durch die unverändert geltende Sachaufklärungspflicht des Gerichtes bestimmt sei. Hier setzt sich die Perplexität aus Absatz 1 Satz 2 fort:261 Den Verzicht auf unnötige Beweiserhebungen zu vereinbaren ist sinnlos, auf im Sinne der Aufklärungspflicht notwendige Beweiserhebungen zu verzichten ist einfachrechtlich und verfassungsrechtlich verboten. Im Übrigen kommen nur solche Maßnahmen in Betracht, bei denen dem Gericht ein Ermessen oder Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, denn prozessual unzulässige Maßnahmen können durch eine Verständigung nicht zulässig werden.262 Derzeit ist noch wenig geklärt, welche Maßnahmen sinnvollerund zulässigerweise in eine Verständigung eingebracht werden könnten. In Betracht kommen verhandlungsleitende Maßnahmen, Entscheidungen über Aussetzung, Unterbrechung des Verfahrens oder Entbindung des Angeklagten von der Anwesenheitspflicht.263
35
4. Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Zulässige Bestandteile von Vereinbarungen sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers 264 auch Verhaltensweisen des Angeklagten, wie Stellung oder Unterlassen von Befangenheits- oder Beweisanträgen, ein Geständ-
253
254 255 256
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Vgl. BGH StV 2004 260 f.; 2004 636, 637 f. mit Anm. Eidam StV 2005 201; KMR/ Eschelbach Vor § 213, 119; Eidam HRRS 2008 241, 243 ff.; Gieg GA 2007 469, 477; Wagner/Rönnau RuP 1990 161, 163; zum Missbrauch auch Malek StraFo 2005 441, 443 f.; Weider StraFo 2003 406, 408. KMR/Eschelbach Vor § 213, 119; Niemöller/ Schlothauer/Weider 68. BTDrucks. 16 12310 S. 13. BGH StV 2011 74 f.; Niemöller/Schlothauer/Weider 32; SK/Velten 17; a.A. MeyerGoßner 12.
257 258 259 260 261 262
263 264
BGH StV 2000 539 mit Anm. Weider. BTDrucks. 16 12310 S. 13. Meyer-Goßner 13. BTDrucks. 16 12310 S. 13. Krit. auch KMR/v. Heintschel-Heinegg 29, 31; Meyer-Goßner 13. Meyer-Goßner 13; Niemöller/Schlothauer/ Weider 33 f.; SK/Velten 13; Niemöller GA 2009 172, 181. Niemöller/Schlothauer/Weider 35; SK/Velten 11. BTDrucks. 16 12310 S. 13.
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nis (Rn. 38) oder die Zusage von Schadenswiedergutmachung, ferner auch Handlungen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage, namentlich das Stellen oder Unterlassen weiterer Anträge265 und in der Berufungsinstanz die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch266. Bedenken erregt hierbei zum einen der Umstand, dass das Gericht nun überhaupt von Gesetzes wegen dem Angeklagten ansinnen kann, auf Verteidigungsrechte zu verzichten, und zum anderen die Möglichkeit unsachgemäßer Verknüpfungen (dazu Rn. 43). Ein Totalverzicht auf Verteidigung in der Form der Zusicherung, „sämtliche aus Sicht der Kammer zur beschleunigten Beendigung der Hauptverhandlung erforderlichen prozessualen Erklärungen abzugeben“, kommt der Aufgabe der Subjektstellung des Angeklagten gleich267 und kann auch unter § 257c Abs. 2 Satz 1 nicht zulässiger Gegenstand einer Verständigung sein268. Möglich soll auch sein, dass die Staatsanwaltschaft Zusagen im Rahmen ihrer gesetz- 36 lichen Befugnisse zur Sachbehandlung in anderen, bei ihr anhängigen Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten, wie z.B. eine Einstellung nach § 154, abgibt (siehe aber Rn. 43 a.E.), obwohl, wie die Entwurfsbegründung erkennt,269 solche Zusagen naturgemäß nicht an der Bindungswirkung teilnehmen können, die eine zustande gekommene Verständigung nach Maßgabe des Absatzes 4 für das Gericht entfaltet – womit sich die Grenzen zum informellen gentleman’s agreement verwischen. Zum Bruch solcher Zusagen siehe Rn. 59. Ausgeschlossen sind wiederum alle Verhaltensweisen, die in andere Verantwortlich- 37 keit als derjenigen fallen, die am Erkenntnisverfahren beteiligt sind 270 (vgl. auch Rn. 34), sowie die Zusage eines Rechtsmittelverzichts (§ 302 Abs. 1 Satz 2), obgleich dieser in der vorherigen Praxis ein wesentlicher, weil für das Gericht besonders attraktiver Bestandteil einer Absprache war. Zu befürchten ist daher neben Umgehungsversuchen (Rn. 29), dass in der Praxis die informelle Erwartung bestehen bleibt, dass von der Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, kein Gebrauch gemacht wird.271 Ausgeschlossen ist ferner die Disposition über zwingendes Recht, da § 257c die Möglichkeiten der Verfahrensbeteiligten insoweit nicht erweitern kann,272 was einer Selbstabschaffung des Strafverfahrensrechts gleichkäme. Sofern etwa Vernehmungsprotokolle nach §§ 251 ff. nicht verlesbar sind, kann dies auch nicht im Rahmen einer Verständigung erreicht werden.273 5. Geständnis als fakultativer Bestandteil. Absatz 2 Satz 2 bestimmt, dass ein Ge- 38 ständnis Bestandteil jeder Verständigung sein soll. Damit erfährt das Geständnis erstmals eine legislative Aufwertung als Prozesshandlung, die ihm bislang zu Recht versagt blieb,274 womit seiner üblichen großen Überschätzung in der Praxis 275 als Beweismittel und Strafzumessungsfaktor weiter Vorschub geleistet wird. Zum darin liegenden strafprozesstheoretischen Rückschritt um wenigstens 200 Jahre in das Zeitalter vor dem reformierten Strafprozess siehe Rn. 10, 13.
265 266 267 268 269
270
Vgl. Niemöller/Schlothauer/Weider 37 f. LG Freiburg StV 2010 236, 237. BGH NStZ 2006 586. Graf/Eschelbach 17; Niemöller/Schlothauer/ Weider 37; SK/Velten 18. BTDrucks. 16 12310 S. 13; Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2628; a.A. (für Bindung) Niemöller/Schlothauer/Weider 38, siehe aber 111 (Bindung verneinend). BTDrucks. 16 12310 S. 13.
271 272
273 274 275
Graf/Eschelbach 3; KMR/v. HeintschelHeinegg 65. SK/Velten 12, 14, insb. 15 ff.; auch Niemöller/Schlothauer/Weider 33; a.A. womöglich Meyer-Goßner 3, 12. Zweifelnd Meyer-Goßner 14a. Vgl. nur Dencker ZStW 102 (1990) 51, 51 ff. Vgl. nur LR/Rieß 25 Einl. G 56; Dencker ZStW 102 (1990) 51 ff.; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 119 ff.
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a) Ein Geständnis „soll“ nur abgelegt werden, ist mithin nicht zwingend erforderlich, was während der Gesetzesberatung heftig umstritten war,276 schließlich war das Geständnis zuvor Dreh- und Angelpunkt aller Absprachen. Darauf hat der Gesetzgeber genauso wie auf die Festlegung der erforderlichen „Qualität“ eines Geständnisses bewusst verzichtet, weil die denkbaren Fallgestaltungen „zu mannigfaltig“ seien und zusätzliche Kriterien wie die Umfassendheit oder Nachprüfbarkeit eines Geständnisses zu unbestimmt wären und Besonderheiten des Einzelfalles nicht ausreichend Rechnung tragen könnten.277 Auch seien Fälle denkbar, in denen die umfängliche Nachprüfbarkeit eines Geständnisses nur durch die Aussage des Opfers in der Hauptverhandlung ermöglicht werden könnte, was dem Bestreben zuwiderlaufen würde, dem Opfer eine erneute Vernehmung im gerichtlichen Verfahren und damit eine Wiederholung seiner Traumatisierung zu ersparen278 – zur Untauglichkeit des Opferschutzes als Argument für Absprachen siehe Rn. 5. Warum aber deshalb ein Geständnis überhaupt verzichtbar sein soll, sagt die Begründung nicht. In der Tat fragt sich, durch welches sonstige Prozessverhalten der Angeklagte denn den üblicherweise ausgehandelten erheblichen Strafrabatt verdienen sollte.279 Durchdacht ist auch diese Regelung nicht.
40
b) Begriff. Was ein „Geständnis“ im Sinne der Vorschrift ist, ist ebenso wenig näher bestimmt. Aus dem Zweck des Geständnisses, sowohl ein Beweismittel als auch – entgegen der hier vertretenen Ansicht (Rn. 15) – ein Strafzumessungsindiz zu liefern, folgt, dass es sich um eine in der Hauptverhandlung vom Angeklagten persönlich vorgetragene mündliche Einlassung handeln muss,280 die den Anklagevorwurf durch eine eingehende und glaubhafte Schilderung des Tathergangs bestätigt („qualifiziertes Vollgeständnis“281). „Schlanke“ oder Formalgeständnisse, die ohne nennenswerte Sachverhaltsschilderung den Anklagevorwurf im Ergebnis anerkennen, haben sich zwar eingebürgert, sind aber weder als Beweismittel noch als Strafzumessungsfaktor ernsthaft diskutabel (Rn. 15) und somit keine Geständnisse im Sinne der Vorschrift.282 Die nächste Verdünnungsstufe ist das „Prozessverhalten mit Geständniswert“,283 etwa in Gestalt der vom Verteidiger verlesenen Sacheinlassung,284 die noch weniger als Geständnis im Sinne des § 254 285 oder des § 257c anzusehen ist,286 auch wenn der Angeklagte sie knapp bestätigt und „als eigene verstanden wissen will“287.
276
277 278
279 280 281 282
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Der Bundesrat schlug ein obligatorisches Geständnis vor, BRDrucks. 69/09 S. 2 = BTDrucks. 16 12310 S. 18 f.; krit. MeyerGoßner 16 f.; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 330 f.; Bittmann wistra 2009 414, 415. BTDrucks. 16 12310 S. 13 f. BTDrucks. 16 12310 S. 14; dagegen zu Recht sehr krit. Graf/Eschelbach 22; auch Eidam 268; zuvor Kruse StraFo 2000 146, 149; Weßlau KJ 1993 461, 467 ff. Meyer-Goßner 16. Graf/Eschelbach 20; vgl. BGHSt 52 78, 82; RiStBV Nr. 45 Abs. 2. Graf/Eschelbach 21; Meyer-Goßner 17. Graf/Eschelbach 23; Niemöller/Schlothauer/ Weider 91; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 132 ff.; vgl. BGHSt 50 40, 49; OLG Celle StV 2011 341, 343; Gieg GA 2007
283 284
285 286 287
469, 475; Hauer 39 f., 175 ff.; a.A. Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2628. LG Waldshut-Tiengen StraFo 2006 298. Vgl. BGH NStZ 2005 703 f.; 2006 408. Zu neuen Formen des Geständnisses bzw. „alternativen Einlassungsformen“ KMR/ v. Heintschel-Heinegg 34; Pfister NStZSonderheft für Miebach (2009) 25 ff. m.w.N.; Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 330; Eschelbach HRRS 2008 190, 197; auch Dencker FS Fezer 115, 120 ff.; vgl. Olk Die Abgabe von Sacheinlassungen durch den Verteidiger (2006) 65 ff., 115 ff. BGH StV 2009 454. Graf/Eschelbach 20; Eschelbach HRRS 2008 190, 197. BGH wistra 2011 276, 277 sah dies als genügend an.
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c) Hinsichtlich der Überprüfung des Geständnisses bleibt es bei der allgemeinen Auf- 41 klärungspflicht aus § 244 Abs. 2, die ohnehin ausnahmslos die Überprüfung eines Geständnisses fordert, wenn dieses zur Überzeugungsbildung herangezogen werden soll.288 Die bloße Überprüfung im Wege des Freibeweises anhand der Akten genügt entgegen verbreiteter Praxis keinesfalls.289 Da taktische Geständnisse als Beweismittel wertlos sind,290 ist eine reguläre Beweisaufnahme durchzuführen, als ob es das Geständnis nicht gäbe, was zwar dem Zweck des Gesetzes zuwider läuft, aber die einzige verfassungskonforme Vorgehensweise darstellt (Rn. 12). Ungeachtet dieser durch die höchstrichterliche Rechtsprechung stets betonten gesetzlichen Pflicht, auf die der Gesetzgeber des Verständigungsgesetzes verweist,291 begnügte sich die Praxis bisher vielfach in verfassungswidriger Weise mit Formalgeständnissen, die einer prozessualen Anerkenntniserklärung im Sinne einer guilty plea ähnelten und weder als Beweismittel noch als Strafzumessungsfaktor taugten. Ob § 257c dieser ungesetzlichen Praxis Einhalt zu gebieten vermag, ist zu hoffen, erscheint aber fraglich. d) Da Verständigungen „zu Lasten Dritter“ nicht ausgeschlossen sind,292 sondern 42 umgekehrt durch § 46b StGB nahegelegt werden, bedürfen drittbelastende Geständnisse besonders sorgfältiger Prüfung und Würdigung.293 Schlanke Geständnisse oder Einlassungen durch Verteidigerschriftsatz taugen als Beweismittel zu Lasten Dritter erst recht wenig,294 zumal „Kronzeugen“ besonderen Verlockungen zur Falschaussage ausgesetzt sind295. Dazu sind insbesondere die Umstände des Zustandekommens des Geständnisses aufzuklären.296 6. Zulässigkeit der Verknüpfung. Jede Verständigung hat wenigstens zwei Bestandteile, 43 weil nach der Binnenlogik einer Absprache als synallagmatische Nutzenmaximierung wenigstens zwei Seiten einen eigenen Beitrag einbringen müssen. Mit der Eingrenzung der zulässigen Gegenstände, d.h. der offerierten Leistungen und Gegenleistungen, ist indes weder die Gesetzmäßigkeit noch die Fairness einer Vereinbarung gesichert.297 Nur in der Entwurfsbegründung wird darauf hingewiesen, dass „keine unsachgemäße Verknüpfung“ des jeweils angesonnenen oder in Aussicht gestellten Verhaltens stattfinden dürfe, weil dies sowohl der Verfahrensfairness als auch dem grundlegenden Umstand widerspräche, dass die Regelungen zur Verständigung einen „Verfahrensweg“ vorgäben, aber sowohl prozessuale Grundsätze wie u.a. die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung des Gerichtes und die Verteidigungsrechte des Angeklagten als auch die Grundsätze der Strafzumessung unberührt lassen sollen. Ausgeschlossen sei daher etwa die Zusage eines bestimmten Strafrahmens durch das Gericht bei Verzicht des Angeklagten auf weitere Beweisanträge.298 Die sachlich nicht zu rechtfertigende Verknüpfung von prozessualem Wohlverhalten mit der Rechtsfolgenbemessung ist ohnehin grundsätzlich als inkonnex 288
289 290 291 292 293
BTDrucks. 16 12310 S. 14; krit. Graf/ Eschelbach 8 ff., 20 ff.; KMR/v. HeintschelHeinegg 33; Meyer-Goßner 17. Rn. 10; Graf/Eschelbach 24; unklar MeyerGoßner 17. Fn. 109. BTDrucks. 16 12310 S. 14 verweist auf BGHSt 50 40, 49. Graf/Eschelbach 10; a.A. Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2628. Graf/Eschelbach 10 ff.; Niemöller/Schlo-
294 295 296 297 298
thauer/Weider 91; vgl. zuvor BGHSt 48 161, 167 ff.; 52 78, 83 mit Anm. Schmitz NJW 2008 1751; Stübinger JZ 2008 798; BGH StV 2006 118, 121. BGH StV 2009 174, 175; s.a. Eschelbach FS Stöckel 199, 215 ff. Graf/Eschelbach 10.2. Näher Graf/Eschelbach 10. Eingehend Niemöller/Schlothauer/Weider 85 ff.; SK/Velten 12 ff. BTDrucks. 16 12310 S. 13.
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und daher unzulässig anzusehen,299 weshalb der Bundesrat die Einbeziehung des Prozessverhaltens zu Recht streichen wollte300. Zweifelhaft ist auch, ob der Verzicht des Nebenklägers auf einen Beweisantrag im Gegenzug für eine Schadenswiedergutmachung zulässig ist.301 Ferner ist nicht ersichtlich, wie etwa die Einstellung eines anderen Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft im Tausch gegen ein Geständnis mit dem Schuldgrundsatz zu vereinbaren sein soll.302 Bei Bemessung der Rechtsfolgen darf, wie sonst auch, der Rahmen der schuldange44 messenen Strafe nicht verlassen, insbesondere nicht unterschritten werden. Die Grundsätze der Strafzumessung gelten insoweit unverändert, vgl. Absatz 3 Satz 2 (Rn. 49), wobei in der Revisionsinstanz praktisch nur eine Vertretbarkeitskontrolle möglich ist. Zur durch die bisherige Absprachenpraxis belegten Gefahr auffällig bis unvertretbar milder Urteile siehe Rn. 12.
IV. Ablauf der Verständigung (Absätze 3 und 5) 45
1. Beteiligte an einer Verständigung im Sinne des § 257c sind das Gericht und die Verfahrensbeteiligten. Das Gericht bezeichnet die Gesamtheit der Richter einschließlich der Schöffen.303 Verfahrensbeteiligte meint die Personen und Stellen, die im Hinblick auf den Anklagevorwurf in der Hauptverhandlung mit eigenen Verfahrensrechten ausgestattet sind, somit der Angeklagte und sein Verteidiger, der Staatsanwalt, der Nebenkläger, in Steuerstrafverfahren auch die Finanzbehörde, nicht jedoch der Verletzte, Zeugen, Sachverständige und sonstige Dritte.304 Mitangeklagte, die nicht von der Verständigung betroffen sind, sind nur nach Absatz 3 Satz 3 anzuhören.305 Der Katalog der Fälle notwendiger Verteidigung wurde durch das Gesetz vom 46 29.7.2009 nicht erweitert. Der unverteidigte Angeklagte wird allerdings mit der Entscheidung, einem gerichtlichen Vorschlag zuzustimmen, oft überfordert sein. Regelmäßig ist nach § 140 Abs. 2 S. 1 ein Pflichtverteidiger zu bestellen.306 Zur notwendigen Verteidigung bei Verständigung im Jugendstrafverfahren siehe Rn. 27. 2. Ablauf
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a) Initiativrecht des Gerichts. Absatz 1 Satz 1 stellt die Initiierung einer Verständigung in das Belieben des Gerichts. Damit wollte der Gesetzgeber zugleich regeln, dass der Vorwurf einer Befangenheit des Gerichts mit einem solchen Vorgehen nicht verbunden sein könne,307 was jedoch nicht in seiner Macht steht (§ 257b, 11). Die Verfahrensbeteiligten haben keinen Anspruch auf Erörterung der Sach- und Rechtslage mit der Aus-
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300 301
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Fischer § 46, 117d f.; Graf/Eschelbach 17; KMR/v. Heintschel-Heinegg 31; Meyer-Goßner 14 ff.; SK/Velten 16; Beulke 395a; Meyer-Goßner StV 2006 485, 487; ders. ZRP 2009 107, 108; w. Nachweise in Fn. 93. BRDrucks 69/09 S. 2 = BTDrucks. 16 12310 S. 18; krit. auch Graf/Eschelbach 5. Schlothauer/Weider StV 2009 600, 603 Fn. 27; zweifelnd Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2628.
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305 306 307
Graf/Eschelbach 16 a.E. BTDrucks. 16 12310 S. 13; § 257b, 4. BTDrucks. 16 12310 S. 11 f.; § 257b, 3; Graf/Eschelbach 8; KMR/v. HeintschelHeinegg 4 ff. Niemöller/Schlothauer/Weider 15. KMR/v. Heintschel-Heinegg 14; SK/Velten 9. BTDrucks. 16 12310 S. 13.
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sicht auf eine Verständigung,308 sondern können sie nur unverbindlich anregen. Oft werden ohnehin schon Gespräche nach §§ 160b, 202a, 212 vorausgegangen sein, da in diesen „Vorgesprächen“ die Essenz der Absprache liegt.309 Da eine Verständigung regelmäßig zu milderen Strafen führt, kann ein Gleichbehandlungsproblem entstehen, wenn das Gericht diese Vergünstigung Angeklagten ohne sachlichen Grund vorenthält.310 b) Vorschlag des möglichen Inhalts. Gemäß Absatz 3 Satz 1 gibt das Gericht in der 48 Hauptverhandlung (Rn. 24) bekannt, welchen Inhalt eine Verständigung haben könnte. Der Vorschlag ist eine Entscheidung des Gerichts und ergeht durch Verkündung (§ 35) eines Beschlusses,311 für den eine Zwei-Drittel-Mehrheit (§ 263 Abs. 1) nötig ist312. Eine vorherige Anhörung zum Inhalt nach § 33 Abs. 1 ist nicht sinnvoll,313 zumal regelmäßig vorherige Erörterungen stattgefunden haben werden und anschließend Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist (Rn. 52). Einer Begründung des nicht selbständig anfechtbaren (§ 305 Satz 1) Beschlusses nach § 34 bedarf es nicht.314 Nicht unüblich ist eine Befristung des gerichtlichen „Angebots“, was zwar im Interesse der Verfahrensbeschleunigung liegt, aber auch den Druck auf den Angeklagten weiter erhöhen kann.315 Dabei kann insbesondere eine Ober- und Untergrenze der Strafe angegeben werden, 49 Abs. 3 Satz 2, während zuvor nur eine Obergrenze zugesagt werden durfte,316 die sich freilich regelmäßig mit der später ausgeworfenen Strafe deckte. Warum nun zwei Grenzen anzugeben sind, erläutert die Gesetzesbegründung nicht, doch dürfte die Angabe einer Untergrenze im Interesse der nun zustimmungspflichtigen Staatsanwaltschaft317 liegen. Dieses Erfordernis zu umgehen, indem Ober- „oder“ Untergrenze gelesen wird,318 verstößt gegen den klaren Wortlaut, der durch Absatz 4 Satz 1 („der in Aussicht gestellte Strafrahmen“) bestätigt wird319. Entgegen kritischen Stimmen320 muss dies ebenso wenig auf die Angabe einer bestimmten Strafe (Rn. 32) hinauslaufen wie zuvor.321 Das Gericht ist nach Zustandekommen der Absprache nicht gehindert, die angegebene Obergrenze als Strafe zu verhängen.322 Mit der Ober- und Untergrenze ist nicht die „Sanktionsschere“ (Rn. 50) gemeint, sondern der konkrete Strafrahmen für den Fall erfolgreicher Verständi-
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BTDrucks. 16 12310 S. 13; KMR/v. Heintschel-Heinegg 21. Es gibt auch keinen Anspruch auf Unterrichtung über die Möglichkeit einer Verständigung, OLG Celle NStZ 2012 285, 286. Vgl. nur Schünemann (Wetterzeichen) 17 f. KMR/v. Heintschel-Heinegg 21; krit. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 330. Niemöller/Schlothauer/Weider 24; a.A. Schlothauer/Weider StV 2009 600, 604. Graf/Eschelbach 27; KMR/v. HeintschelHeinegg 48; Meyer-Goßner 23; Schlothauer/ Weider StV 2009 600, 604. Niemöller/Schlothauer/Weider 25. Niemöller/Schlothauer/Weider 26. Niemöller/Schlothauer/Weider 26: krit. Graf/Eschelbach 29; abl. SK/Velten 18. Vgl. nur BGHSt 43 195, 207 f.; 50 40, 47. BGH StV 2011 75, 76; Niemöller/ Schlothauer/Weider 44, 46. So Niemöller/Schlothauer/Weider 46;
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SK/Velten 21; Bittmann wistra 2009 414, 415; Bockemühl/Staudinger StraFo 2010 425, 426; Weigend FS Maiwald 829, 840. Meyer-Goßner 20; ebenso BGH StV 2011 338 f.; dazu neigend BGH NStZ-RR 2011 171 f.; StV 2010 227, 228; 2011 75 f. Meyer-Goßner 21 geht davon aus, dass künftig die als Untergrenze angegebene Strafe verhängt werden wird, ebenso Fischer § 46, 117b StGB; Schönke/Schröder/Stree/ Kinzig § 46, 41e StGB; Bockemühl/Staudinger StraFo 2010 425 f.; Klemke/Elbs 793c, während Altenhain/Hagemeier/ Haimerl NStZ 2007 71, 73 dies für die Obergrenze annehmen; etwas anders Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 331 mit Fn 59. KMR/v. Heintschel-Heinegg 37; Niemöller/ Schlothauer/Weider 54. BGH NStZ 2010 650 mit abl. Anm. Bockemühl/Staudinger StraFo 2010 425.
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gung (vgl. Absatz 4 Satz 1),323 der natürlich die gesetzlichen Strafrahmengrenzen weder unter- noch überschreiten324 und keine Ausmaße erreichen darf, die strafzumessungsrechtlich unvertretbar sind.325 Um das klarzustellen, spricht die Vorschrift davon, dass die Einschätzung der Strafbemessung „unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen“ erlangt werden soll. Dieser Wortlaut ist nicht nur grammatisch verfehlt (freie Würdigung … der allgemeinen Strafzumessungserwägungen?), sondern teils unklar326 (wovon ist die Würdigung frei? Gemeint dürfte wohl eine nach § 261 freie hypothetische Beweiswürdigung327 einschließlich eines künftigen glaubwürdigen Geständnisses sein, denn eine „freie“ hypothetische Strafzumessung kann es nicht geben.), teils überflüssig (alle Umstände des Falles sind immer zu würdigen), teils undurchführbar328 (Einhaltung der allgemeinen Strafzumessungskriterien, weil die Strafbemessung gerade ausgehandelt wird). Letzteres ist der Fall, weil ein vereinbartes Geständnis den üblichen erheblichen Strafrabatt nicht zu rechtfertigen vermag (Rn. 15), weil es meistens eben kein Indiz für Reue ist und Prozessverhalten (Schonung des Opfers, der Justizressourcen, generell Abkürzung des Verfahrens) mit der Tatschuld inkommensurabel sind 329 (Rn. 9). Das Gericht sollte zum Vergleich den gesetzlichen Strafrahmen der in Rede stehenden Straftaten ebenfalls angeben und klar benennen, welche Leistungen es vom Angeklagten erwartet.330
50
c) Von größerem Interesse als der Verständigungsstrafrahmen ist für den Angeklagten wie bisher die Kenntnis der „Sanktionsschere“, also der zu erwartenden Strafe bzw. Strafobergrenze im Fall einer Verhandlung ohne Verständigung.331 Die Abschätzung des im Normalverfahren zu erwartenden Strafrahmens ist in § 257c nicht vorgesehen, aber auch nicht verboten;332 im Rahmen des § 257b ist sie ohne weiteres möglich (§ 257b, 10), muss dann aber auch protokolliert werden (§ 273 Abs. 1 Satz 2). Ob ein Hinweis auf die Normalstrafe als Zusatzinformation im Vorschlag nach § 257c Abs. 3 Satz 1 auch in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist, ist ungeregelt,333 aber anzunehmen. Wenn man die „Sanktionsschere“ nicht wie hier für gänzlich unzulässig hält (Rn. 14), wird man zumindest mit der bisherigen Rechtsprechung annehmen müssen, dass sie nicht zu weit auseinanderklaffen darf, also der bei der Verständigung gewährte Strafrabatt nicht mehr als etwa ein Drittel betragen sollte,334 wobei es sich dabei nur um einen ersten Anhaltspunkt handelt, da es maßgeblich nur auf den Einzelfall ankommen kann335. Nach Scheitern einer Verständigung kann das zuvor avisierte Höchstmaß durchaus überschritten werden (Rn. 74 a.E.).
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Meyer-Goßner 19; Altenhain/Hagemeier/ Haimerl NStZ 2007 71, 73 mit Fn. 27. Vgl. BGH NStZ-RR 2004 235 ff. KMR/v. Heintschel-Heinegg 39; krit. Graf/ Eschelbach 13. Fischer § 46, 117 f. StGB; Graf/Eschelbach 13; Meyer-Goßner 22. Niemöller/Schlothauer/Weider 55. Ähnl. Graf/Eschelbach 13; KMR/v. Heintschel-Heinegg 40; Fischer StraFo 2009 177, 182; vgl. auch SK/Velten 38. So im Grundsatz auch die Rspr., aber nicht stets konsequent, vgl. nur Fischer § 46, 50 ff. StGB m.w.N. und oben Fn. 93.
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Niemöller/Schlothauer/Weider 27. Zutr. Meyer-Goßner 19. A.A. Niemöller/Schlothauer/Weider 47; Schlothauer StV 2011 205, 207. Krit. Altenhain/Haimerl JZ 2010 327, 332. Näher Meyer-Goßner 19 m.w.N.; ders. ZRP 2009 107, 109; Altenhain/Hagemeier/Haimerl NStZ 2007 71, 78; krit. Graf/Eschelbach 14 ff.; s.a. Hauer 245 ff.; dies. NJ 2010 10, 15. BGH StV 2011 202, 204 mit abl. Anm. Schlothauer (unter Zurückweisung mathematischer Grenzziehungen).
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d) Belehrung (Absatz 5). Zusammen mit der Bekanntgabe des möglichen Inhalts 51 einer Verständigung ist der Angeklagte über die Folgen und Voraussetzungen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht genommenen Ergebnis zu belehren. Der systematisch unglückliche Standort der Belehrungspflicht ist nicht dahin zu verstehen, dass die Belehrung erst dann erfolgen müsse, wenn das Gericht sich von einer zustande gekommenen Verständigung wieder lösen will,336 denn die Belehrung soll nach dem Willen des Gesetzgebers im Interesse eines fairen Verfahrens dem Angeklagten die Tragweite seiner Mitwirkung an einer Verständigung bewusst machen337. Der Angeklagte kann zwar auf die Belehrung verzichten,338 doch sollte das Gericht nur dann von einer Belehrung absehen, wenn feststeht, dass der Angeklagte von seinem Verteidiger oder zuvor nach §§ 202a, 212, 257b hinreichend informiert wurde. Die Belehrung ist in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen (Rn. 71). e) Nach Bekanntgabe des möglichen Inhalts und Belehrung gibt das Gericht den Ver- 52 fahrensbeteiligten (Rn. 45) Gelegenheit zur Stellungnahme (Abs. 3 Satz 3). Sofern zuvor noch keine hinreichenden Erörterungen nach §§ 160b, 202a, 212 stattgefunden haben sollten, kann der Angeklagte eine Unterbrechung der Hauptverhandlung nach § 228, ausnahmsweise nach § 265 Abs. 4 auch eine Aussetzung verlangen, um sich auf die veränderte Sachlage einzustellen. Es kann in Reaktion auf die Stellungnahmen auch zur Abänderung des gerichtlichen Vorschlags kommen, der wieder nach Absatz 3 Satz 1 bekanntzugeben und zu protokollieren (Rn. 71) ist.339 f) Zustandekommen. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und 53 Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichts zustimmen, Absatz 3 Satz 4. Da es sich nicht um eine höchstpersönliche Erklärung handelt, kann der Verteidiger den Angeklagten vertreten.340 Der Verteidiger selbst kann aus eigenem Recht eine Verständigung weder herbeiführen noch verhindern.341 Der Nebenkläger ist zwar anzuhören, seine Zustimmung ist aber nicht erforderlich,342 zumal er auch sonst keinen Einfluss auf die Rechtsfolgen nehmen kann, vgl. § 400 Abs. 1. Wenn sich nur Gericht und Verteidigung einigen, aber die Staatsanwaltschaft sich ver- 54 weigert, kommt – anders als nach überwiegender Praxis zuvor 343 – eine Verständigung im Sinne des Gesetzes nicht zustande, womit die Position des Angeklagten schwächer ist als zuvor. Darin wird außerdem ein Übergriff in die rechtsprechende Gewalt und eine Verletzung von Art. 92 GG erblickt.344 Jedoch erscheint es unbedenklich,345 dass Abweichungen vom Normalverfahren der Rechtsfindung, namentlich beschleunigte Erledigungsformen minderer rechtsstaatlicher Qualität wie auch § 153a Abs. 2, an die Zustimmung des Angeklagten und des Staatsanwalts gebunden sind, solange dem Gericht die „Kompetenz-Kompetenz“ verbleibt, ob es diese Abkürzung nehmen will.
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Graf/Eschelbach 41; KMR/v. HeintschelHeinegg 58; Meyer-Goßner 30; Niemöller/ Schlothauer/Weider 26, 153; SK/Velten 53; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 604. BTDrucks. 16 12310 S. 15. Graf/Eschelbach 41; KMR/v. HeintschelHeinegg 59; Meyer-Goßner 30; a.A. SK/Velten 53. Schlothauer/Weider StV 2009 600, 604. Meyer-Goßner 25; a.A. SK/Velten 23. Schlothauer/Weider StV 2009 600, 604.
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BTDrucks. 16 12310 S. 14. Offenlassend BGHSt 50 40, 51; BGH NStZ 2006 708; wie jetzt aber schon BGH StV 2003 481 mit Anm. Schlothauer; krit. Meyer-Goßner StraFo 2003 401, 402. Meyer-Goßner 5; ders. NStZ 2007 425, 428; ähnl. KMR/v. Heintschel-Heinegg 76; Duttge FS Böttcher 53, 63. Niemöller/Schlothauer/Weider 17; Jahn/ Müller NJW 2009 2625, 2631.
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Wenn sich das Gericht trotz Widerspruchs der Staatsanwaltschaft und Scheiterns der Verständigung dennoch an den der Verteidigung zugesagten Strafrahmen hält, bleibt der Staatsanwaltschaft nur die – regelmäßig wenig aussichtsreiche – Strafmaßrevision.346
56
3. Fehler und Fehlerfolgen. Da die Verständigung zwar ein Einvernehmen darstellen, aber keinen vertragsartigen Charakter haben soll, fehlt konsequenterweise eine umfassende Regelung über Willensmängel, Anfechtbarkeit usw.347 Hat das Gericht sich bei Abgabe seiner Prognose geirrt, kann es nach Absatz 4 verfahren und sich von der Bindung befreien (Rn. 60 ff.). Entsprechende Regeln für Staatsanwalt und Angeklagten fehlen, sie bleiben daher an ihre Zustimmung gebunden,348 die als gestaltende Prozesshandlung nach allgemeinen Regeln349 unanfechtbar und unwiderruflich ist350. Dies ist insoweit unbedenklich, als beide ohnehin von der Verständigung selbst nicht weiter gebunden werden (Rn. 22).351 Hat der Angeklagte oder Staatsanwalt sich geirrt, so bleibt es jedem von ihnen unbenommen, seine Leistung nicht zu erbringen. Wenn der Angeklagte seine Zusage bricht – etwa das Geständnis verweigert, weil er nun doch einen Freispruch erreichen will –, kann er dadurch nach Absatz 4 Satz 2 das Scheitern der Verständigung herbeiführen. Der Staatsanwalt hingegen kann die Verständigung nur dadurch zum Scheitern bringen, indem er das Gericht auf Umstände hinweist, die nach Absatz 4 zu beachten sind; findet er beim Tatgericht kein Gehör, muss er dies im Wege der Revision geltend machen.
V. Wirkung der Verständigung 57
1. Welche Rechtsfolgen eine nach Absatz 3 zustande gekommene Verständigung nach sich zieht, regelt das Gesetz nur indirekt in Absatz 4 Satz 1: „Bindung des Gerichts“ und zwar nur des Gerichts, nicht der übrigen Beteiligten (Rn. 22). Demnach ist das Gericht verpflichtet, im vereinbarten Sinne zu entscheiden, mithin eine Strafe aus dem angekündigten Strafrahmen zu entnehmen, sonstige Rechtsfolgen vereinbarungsgemäß (nicht) auszusprechen usw. Gebunden soll jeweils nur das Tatgericht sein, das an der Verständigung beteiligt war. Nach der Gesetzesbegründung sollen weder das Berufungsgericht, das Revisionsgericht noch das neue Tatgericht nach Zurückverweisung insoweit gebunden sein,352 sondern nur über das generelle Verbot der reformatio in peius (§§ 331, 358),353 das entgegen einigen Vorschlägen354 nicht eingeschränkt wurde. Hinsichtlich des Revisionsgerichts ist diese Redeweise missverständlich, denn die Nichteinhaltung einer bindenden Verständigung kann unbestritten im Wege der Revision korrigiert werden (Rn. 75), so dass die Bindungswirkung nicht mit Einlegung des Rechtsmittels entfallen
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KMR/v. Heintschel-Heinegg 15. Eingehend SK/Velten 24 ff. Meyer-Goßner 25; Niemöller/Schlothauer/ Weider 28; SK/Velten 25. LR/Kühne Einl. K 30 m.w.N. BGH NJW 2012 3113, 3114; Niemöller/ Schlothauer/Weider 28, 111. Graf/Eschelbach 30; Niemöller/Schlothauer/ Weider 112. BTDrucks. 16 12310 S. 15; Graf/Eschelbach 30, 46; Meyer-Goßner 25; Niemöller/
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353 354
Schlothauer/Weider 110; Niemöller/ Schlothauer/Weider C 71 ff., 98 (mit Unverwertbarkeit des Geständnisses in der Berufungsinstanz); diff. SK/Velten 29. BGH StV 2010 470 mit Anm. Wattenberg; Meyer-Goßner 25. BRDrucks. 65/09 S. 5 = BTDrucks. 16 12310 S. 20; Entwurf der Bundesrechtsanwaltskammer ZRP 2005 235, 237; dazu Niemöller/Schlothauer/Weider C 1 ff.; Niemöller GA 2009 172, 174, 184 ff.
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kann.355 Bleibt eine Verständigung in der Revision unbeanstandet, kann auch das nächste Tatgericht nach Zurückverweisung daran gebunden sein.356 Nach Ansicht der Rechtsprechung perpetuiert jedenfalls das Verschlechterungsverbot eine wirksam zugesagte Strafobergrenze im weiteren Verfahren.357 2. Formalien. Neben den Protokollierungspflichten aus § 273 Abs. 1a (Rn. 71) trifft 58 das Gericht ferner die Pflicht, nach Verkündung eines auf einer Verständigung beruhenden Urteils zwei Belehrungen des Angeklagten vorzunehmen: Zum einen die allgemeine Rechtsmittelbelehrung nach § 35a Satz 1, zum zweiten die zusätzliche Belehrung nach § 35a Satz 3, dass er ungeachtet der Verständigung frei ist, ein Rechtsmittel einzulegen. Diese Vorschrift war ursprünglich als Positivierung der vom Großen Senat entwickelten qualifizierten Belehrung gedacht,358 blieb aber unnötigerweise unverändert erhalten, nachdem die in der Entwurfsfassung noch vorgesehene Möglichkeit eines Rechtsmittelverzichts später durch das gänzliche Verbot desselben ersetzt wurde, womit die zusätzliche „qualifizierte Belehrung“ ihres Zwecks verlustig ging.359 Der Umstand der Belehrung, jedoch nicht deren Wortlaut,360 ist in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen. Schließlich ist in den Urteilsgründen anzugeben, ob dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist, § 267 Abs. 3 Satz 5; die Angabe des Inhalts der Verständigung ist nicht erforderlich361. Sofern eine Milderung der Strafzumessungsschuld durch die Abgabe eines Geständnisses angenommen wird, ist dies im Einzelnen darzulegen und zu begründen.362 3. „Leistungsstörungen“ bei Durchführung der Verständigung sind nur teilweise aus- 59 drücklich geregelt: Erbringt nach Ansicht des Gerichts der Angeklagte seine Leistung, vor allem sein Geständnis nicht, entfällt die Bindung des Gerichts (Rn. 60). Ist nur der Staatsanwalt mit dem Geständnis unzufrieden, hat er kein Lösungsrecht.363 Erbringt das Gericht seine Leistung nicht, indem es im Urteil andere als die vereinbarten Rechtsfolgen verhängt, kann die Revision begründet sein (Rn. 75). Sofern auch die Staatsanwaltschaft Prozessverhalten wie die Mitwirkung an Einstellungsentscheidungen zugesagt hat, die sie nun verweigert, ist zu erwägen, ob der Grundsatz des fairen Verfahrens es gebietet, den Angeklagten so zu stellen, als ob die Staatsanwaltschaft zugestimmt hätte.364 Hat sie die Einstellung anderer Verfahren in Aussicht gestellt, aber dann nicht vorgenommen, kann sich dies nur in den betroffenen Verfahren auswirken.365 Hat die Staatsanwaltschaft zugesagt, bestimmte Beweisanträge nicht zu stellen, und tut sie es dennoch, so sind diese gleichwohl wirksam.366
355
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361 362
Eingehend SK/Velten 29; krit. auch Niemöller/Schlothauer/Weider C 71 ff., der zugleich den Eintritt der Folge nach Absatz 4 Satz 3 annimmt. Niemöller/Schlothauer/Weider C 57; a.A. wohl Niemöller/Schlothauer/Weider 110. BGH StV 2010 470 mit Anm. Wattenberg. BTDrucks. 16 12310 S. 10 f. Meyer-Goßner § 35a, 17. Offenlassend KMR/v. Heintschel-Heinegg 62; verneinend zur vorherigen qualifizierten Belehrung BGH StraFo 2009 335. BGH NStZ 2010 348; NStZ-RR 2011 171 f. KMR/v. Heintschel-Heinegg 38.
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Graf/Eschelbach 30 f.; vgl. OLG Jena 22.11.2007 – 1 Ws 431/07. So Niemöller/Schlothauer/Weider 39; SK/Velten 30; Beulke 396e; vgl. BGHSt 52 165, 172. Graf/Eschelbach 16, 35; SK/Velten 30; vgl. BGHSt 37 10, 13 f.; 52 165, 173 (Strafmilderungsgrund, nur ausnahmsweise Verfahrenshindernis) mit Anm. Fezer JZ 2008 1059 f.; Graumann HRRS-FG Fezer 53, 68 f.; Meyer-Goßner StraFo 2003 401; Sauer wistra 2009 141, 143; s.a. MeyerGoßner § 160b, 10 f. Graf/Eschelbach 34.
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VI. Wegfall der Bindungswirkung der Verständigung (Absatz 4) 1. Gründe für nachträgliches Scheitern a) Allgemeines. In grundsätzlicher Übereinstimmung mit der vorherigen Rechtsprechung zählt Absatz 4 die Gründe auf, wegen derer eine Verständigung und damit die Bindung des Gerichts daran hinfällig werden kann: Zum einen bei subjektiv oder objektiv neuen, rechtlich oder tatsächlich bedeutsamen Umständen, die den vereinbarten Strafrahmen als nicht mehr tat- und schuldangemessen erscheinen lassen (Rn. 62 ff.), zum anderen bei Nichteinhaltung der Verständigung durch den Angeklagten (Rn. 65). Ausgeschlossen ist lediglich die bloße Meinungsänderung dergestalt, dass das Gericht, ohne dass sich ihm die Sach- und Rechtslage anders darstellt, nur aufgrund „besserer Einsicht“ zu einer abweichenden, für den Angeklagten nachteiligen Bewertung des schon bekannten Prozessstoffes gelangt.367 Nötig ist also stets, dass aufgrund des neuen Umstands der „in Aussicht gestellte Strafrahmen“ der Anwendung des Schuldgrundsatzes nicht mehr entspricht und somit der Strafgerechtigkeit nicht mehr genügt. Zu eng ist allerdings der nur auf den „Strafrahmen“ abstellende Wortlaut, denn es können ja auch andere Rechtsfolgen, die Gegenstand einer Verständigung sein dürfen, betroffen sein wie die Strafaussetzung zur Bewährung oder Nebenfolgen. Dass sonstige „verfahrensbezogene Maßnahmen“ sich als nicht mehr angemessen erweisen, genügt hingegen nicht; der Fall dürfte aber praktisch selten sein. Insgesamt kann sich das Gericht demnach ohne nennenswerte Mühe immer von der 61 Bindung an die Verständigung befreien, wenn es das geschickt anstellt; folglich ist es an eine Verständigung nur solange gebunden, wie es das will – für den Angeklagten ist daher die gesetzlich statuierte Bindung fast nichts wert.368 Dies kann nicht verwundern, denn der gesetzgeberische Versuch, eine Bindung des Gerichts zu statuieren, ohne zugleich ein neues konsensuales Verfahren einzuführen und deshalb die jeglicher Bindung widersprechende Freiheit des Gerichts zur Urteilsfindung zu bewahren, war objektiv unmöglich und konnte keine sinnvolle Regelung ergeben. Das Risiko des nachträglichen Scheiterns einer Vereinbarung trägt stets der vorleistende Angeklagte,369 was durch das Beweisverwertungsverbot des Absatzes 4 Satz 3 kompensiert werden soll (Rn. 68). Unklar, aber praktisch unerheblich ist, ob die Bindungswirkung ex lege entfällt, 62 sobald das Gericht in einer Zwischenberatung einen der genannten Gründe bejaht, oder ob es der Mitteilung nach Absatz 4 Satz 4 bedarf, mithin, ob diese Mitteilung deklaratorisch oder konstitutiv ist. Im Interesse der Rechtssicherheit ist ein actus contrarius zum gerichtlichen Vorschlag nach Absatz 3 Satz 1 zu fordern,370 mithin der Beschluss (Rn. 70) nach Absatz 4 Satz 4. Ungeklärt ist derzeit auch, ob es ein teilweises Scheitern geben kann371 oder ob die Verständigung stets im Ganzen hinfällig wird. Sofern die Gegenstände trennbar sind wie bei mehreren gleichzeitig verhandelten Taten im prozessualen Sinne, wäre ein teilweiser Entfall der Bindungswirkung an sich vorstellbar,
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KMR/v. Heintschel-Heinegg 51; krit. Murmann ZIS 2009 526, 536; so noch BGHSt 38 102, 105. Ähnl. Niemöller/Schlothauer/Weider 107; Weigend FS Maiwald 829, 841 f. KMR/v. Heintschel-Heinegg 51; Schünemann/Hauer AnwBl. 2006 439, 443; Weigend FS Maiwald 829, 843.
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370 371
Niemöller/Schlothauer/Weider 113. Für Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 139 BGB, 59 Abs. 3 VwVfG Niemöller/ Schlothauer/Weider 116; s.a. Lindemann JR 2009 82, 83; a.A. Meyer-Goßner StraFo 2003 401, 404.
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wenn sich etwa die Sachlage nur bei einer Tat ändert; die Verständigung wird in solchen Fällen aber regelmäßig die Rechtsfolgen in Gestalt einer Gesamtstrafe umfassen, die von der Veränderung einer Einsatzstrafe kaum völlig unbeeinflusst bleiben wird. Hier können daher „Nachverhandlungen“ naheliegen. Hängen die Gegenstände der Verständigung untrennbar zusammen, so ist die Verständigung insgesamt als hinfällig anzusehen. b) Übersehen von rechtlich oder tatsächlich bedeutsamen Umständen. In Überein- 63 stimmung mit der Ansicht des Großen Senats372 können auch subjektiv, also bloß für das Gericht neue Umstände die Verständigung hinfällig werden lassen, wenn bei deren Berücksichtigung die in Aussicht genommenen Rechtsfolgen – nicht nur der „Strafrahmen“ (Rn. 60) – nicht mehr tat- und schuldangemessen sind. Wurde etwa ein Strafschärfungsgrund oder ein Umstand übersehen, der einen angenommenen Milderungsgrund entfallen lässt,373 so kann und muss das Gericht dieses Versehen korrigieren. Entsprechendes gilt für übersehene Entlastungsgründe.374 Der Angeklagte, der sich auf eine Verständigung einlässt, trägt somit das Risiko, dass das Gericht sich bei der Abgabe seiner Rechtsfolgenprognose geirrt hat, weil es dafür wesentliche Umstände übersehen hat, sei es auch infolge von Nachlässigkeit.375 Als Grund gibt der Gesetzgeber an, dass „das Ergebnis des Prozesses stets ein richtiges und gerechtes Urteil sein muss“376 – wobei sich fragt, ob dann Absprachen überhaupt zuzulassen sind. c) Neu hervorgetretene rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände. Objektiv 64 neue Umstände, die das Gericht bei seiner Prognose noch nicht berücksichtigen konnte, erzwingen in entsprechender Weise ein Abweichen von der Verständigung, wenn deren Rechtsfolgen bei gegenwärtiger Beurteilung nicht mehr tat- und schuldangemessen sind. d) Prognosewidriges Prozessverhalten des Angeklagten. Verhält sich der Angeklagte 65 nicht so, wie in der Verständigung zugesagt, so entfällt die Bindung des Gerichts dann, wenn – dies ergibt sich aus der Formulierung „Gleiches gilt …“377 – die avisierten Rechtsfolgen nun nicht mehr tat- und schuldangemessen sind. Hier taucht das Problem der zulässigen Verknüpfung von Prozessverhalten und Rechtsfolgenbemessung (Rn. 43) erneut auf, namentlich der unzulässigen Einwirkung des Gerichts auf die Verteidigungsrechte des Angeklagten.378 Unbedenklich ist dies allenfalls bei nach Ansicht der Rechtsprechung strafzumessungsrelevantem Prozessverhalten, so im Hauptanwendungsfall, dem verweigerten oder später widerrufenen Geständnis, wohl auch noch bei der Zusage einer Schadenswiedergutmachung379. Hingegen kann sich die Nichteinhaltung einer Zusage, Beweisanträge nicht zu stellen oder zurückzunehmen, auf die Strafbemessung ohnehin nicht auswirken.380 Wenig durchdacht ist auch diese Regelung, weil der Verteidiger, der nicht an der Verständigung beteiligt ist, Anträge aus eigenem Recht stellen kann,381
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BGHSt 50 40, 50; anders noch BGHSt 43 195, 210. Vgl. Graf/Eschelbach 32; KMR/v. Heintschel-Heinegg 56. Niemöller/Schlothauer/Weider 121. Krit. Meyer-Goßner 26; Murmann ZIS 2009 526, 538. BTDrucks. 16 12310 S. 14. KMR/v. Heintschel-Heinegg 57; SK/Velten 45.
378 379 380 381
Graf/Eschelbach 32; Meyer-Goßner 27; SK/Velten 45. KMR/v. Heintschel-Heinegg 57; Niemöller/ Schlothauer/Weider 97 ff. Vgl. KMR/v. Heintschel-Heinegg 57; SK/Velten 45; Strate NStZ 2010 362, 365. Dazu Graf/Eschelbach 32.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
so dass sich fragt, ob der Angeklagte, der etwa zugesagt hat, keine weiteren Beweisanträge mehr zu stellen, entsprechend auf seinen Verteidiger einwirken und sich ggf. dessen verständigungsstörende Beweisanträge zurechnen lassen müsste.
66
2. Rechtsfolgen des Scheiterns. Spätestens (Rn. 60) nach der Mitteilung gemäß Absatz 4 Satz 4 entfällt die Bindungswirkung der Verständigung für das Gericht. Es ist folglich namentlich bei der Bemessung der Rechtsfolgen nur an das Strafgesetz gebunden. Am Umfang der Aufklärungspflicht ändert sich nichts, weil diese auch unter der Absprache von Gesetzes wegen unberührt bleibt, Absatz 1 Satz 2. Im Gesetz nicht vorgesehen, aber je nach den Umständen des Einzelfalles nicht von vornherein auszuschließen ist die Möglichkeit von „Nachverhandlungen“, die zu einer neuen, modifizierten Verständigung führen.382 Ansonsten verläuft die Hauptverhandlung nach dem „normalen“ Gesetzesprogramm. Dass derselbe Spruchkörper für die nachfolgende „normale“ Hauptverhandlung zuständig bleibt, ist zu Recht heftig kritisiert worden.383 Wäre die Verständigung eine vertragliche Vereinbarung, müsste ihre Rückabwicklung 67 erwogen werden, etwa in Gestalt der Zurückversetzung des Verfahrens in den status quo ante, d.h. in den Zustand, den es im Zeitpunkt des gerichtlichen Vorschlages nach Absatz 3 Satz 1 hatte.384 Das Gesetz sieht lediglich eine einzige Restitutionsfolge vor, nämlich die „Kondiktion“ des Geständnisses des Angeklagten (siehe folgende Rn.); ob er sonstige Leistungen zurückfordern kann, erscheint zweifelhaft 385 – bei Schadensersatzleistungen an Tatopfer kommt es auf Bestehen zivilrechtlicher Ansprüche an. Ob der Staatsanwalt Leistungen zurückfordern, etwa zugesagte Verfahrenseinstellungen widerrufen kann, ist wenig geklärt, aber nach allgemeinen Regeln386 zu bejahen.387 Hat der Verletzte einen Strafantrag oder eine Privatklage zurückgenommen, so bleibt es dabei (§ 77d StGB, § 392 StPO).388 Aus den Gründen der Verfahrensfairness 389 ordnet Absatz 4 Satz 3 die Unverwertbar68 keit eines Geständnisses an, das der Angeklagte als Beitrag im Vertrauen auf den Bestand der Verständigung abgegeben hat. Das Verwertungsverbot passt freilich nicht recht, wenn der Angeklagte sein Geständnis später widerruft und dadurch der Verständigung selbst die Grundlage entzieht.390 Das Beweisverwertungsverbot gilt auch in der Rechtsmittelinstanz391 sowie nach Zurückverweisung vor dem neuen Tatgericht.392 Ob ihm Fernwirkung zukommt, mithin aufgrund des Geständnisses bereits erlangte weitere Beweise ebenfalls unverwertbar werden, hat der Gesetzgeber nicht entschieden und ist nach allgemeinen Regeln393 im Grundsatz zu verneinen.394 Im Verhältnis zu Mitangeklagten,
382 383 384
385 386 387 388 389
390
Schlothauer/Weider StV 2009 600, 604. Oben Fn. 167. Niemöller/Schlothauer/Weider C 78 ff.; dagegen Niemöller/Schlothauer/Weider 131 ff. Dazu Niemöller/Schlothauer/Weider 138 ff. LR/Kühne Einl. K 25. Niemöller/Schlothauer/Weider 140. Niemöller/Schlothauer/Weider 141. BTDrucks. 16 12310 S. 14; vgl. zuvor BGHSt 36 210, 212; 43 195, 210; dazu Graumann HRRS 2008 122, 124 f. m.w.N.; krit. Bittmann wistra 2009 414, 416. Graf/Eschelbach 33; Niemöller/Schlothauer/ Weider 147; anders SK/Velten 46.
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391 392 393 394
OLG Düsseldorf StV 2011 80, 81 f. Graf/Eschelbach 36; KMR/v. HeintschelHeinegg 53. LR/Gössel Einl. L 105 ff.; LR/Gleß § 136a, 75 f. KMR/v. Heintschel-Heinegg 52; MeyerGoßner 28; Niemöller/Schlothauer/Weider 150; krit. Graf/Eschelbach 37; diff. Niemöller/Schlothauer/Weider C 61 f. (nur bei gravierendem „Übersehen“ des Tatgerichts); ähnl. Beulke 396c; Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2629; Murmann ZIS 2009 526, 538; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 605; a.A. (immer) SK/Velten 51; Weigend FS Maiwald 829, 844.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 257c
zu denen kein Vertrauenstatbestand vorliegt, ist das Geständnis ebenfalls unverwertbar,395 weil sich sonst kaum lösbare Konfliktsituationen ergäben396. Ungeklärt ist, ob das Verwertungsverbot nur zugunsten oder auch zulasten des Angeklagten wirkt, ob also die gezeigte „Kooperationsbereitschaft“ wie zuvor397 strafmildernd in Ansatz gebracht werden kann,398 wofür nach hiesiger Ansicht (vgl. Rn. 15) kein Anlass besteht. Anders als bei § 136a Abs. 3 kann der Angeklagte auf die Geltendmachung des Verwertungsverbots verzichten.399 Noch nicht geklärt ist, ob eine Ausdehnung des Verwertungsverbots über die in 69 Absatz 4 geregelten Fälle hinaus anzunehmen ist, wie sie etwa für den Bruch einer staatsanwaltschaftlichen Zusage400 oder im Fall einer unzulässigen Absprache als abschreckende Sanktion401 oder als Kondiktion einer schutzwürdigen Vertrauensdisposition bzw. Folgenbeseitigung402 auch unterhalb der Schwelle des § 136a403 vorgeschlagen wird. 3. Ablauf. Sobald sich das Gericht für eine Abweichung von einer Verständigung ent- 70 schieden hat, muss es dies den Verfahrensbeteiligten unverzüglich mitteilen (Absatz 4 Satz 4), am besten in Form eines Beschlusses,404 der ebenfalls die Zweidrittelmehrheit des § 263 erfordert 405. Obzwar unanfechtbar (§ 305 Satz 1), ist der Beschluss zu begründen, damit die Revision ihn überprüfen kann.406 Diese Mitteilung ist zu protokollieren (Rn. 71). Der Zweck der Mitteilung ist, allen Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, ihr weiteres Prozessverhalten auf die neue Lage abzustellen, insbesondere den Angeklagten unverzüglich in den Stand zu setzen, sein weiteres Verteidigungsverhalten, etwa durch Stellung neuer Beweisanträge, auf die geänderte Lage anzupassen.407 Dazu kann eine Unterbrechung, ausnahmsweise auch eine Aussetzung der Hauptverhandlung erforderlich sein (§ 265 Abs. 4).408 Wegen der Unverwertbarkeit des Geständnisses kann der Versuch einer nochmaligen Vernehmung des Angeklagten erforderlich sein sowie die Erhebung derjenigen Beweise, die wegen der Verständigung unterblieb.409 Die aufgrund einer fehlgeschlagenen Verständigung bereits erbrachten Leistungen des Angeklagten wie eine Schadenswiedergutmachung sind bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.410
395
396 397 398 399 400 401 402
Meyer-Goßner Einl. 57b; Niemöller/ Schlothauer/Weider 149; Niemöller/ Schlothauer/Weider C 60; a.A. KMR/ v. Heintschel-Heinegg 52; tendenziell ablehnend Graf/Eschelbach 38. Niemöller/Schlothauer/Weider C 60. BGHSt 42 191, 194. Offen lassend Graf/Eschelbach 36; krit. Bittmann wistra 2009 414, 416. Niemöller/Schlothauer/Weider 152. So SK/Velten 48. SK/Velten 48; abl. BGH NJW 2011 1526 (Absprache über Schuldspruch). Meyer HRRS 2011 17, 18 ff., 21; ähnl. Meyer-Goßner 31; Meyer-Goßner StraFo 2003 401, 405; eingehend Heller 95 ff.
403 404
405 406
407 408 409
410
Dazu Heller 128 ff.; Beulke/Swoboda JZ 2005 67, 73. BGH NJW 2012 3113, 3114; Meyer-Goßner 29; Niemöller/Schlothauer/Weider 113; offen lassend BGH StV 2011 472 f. Niemöller/Schlothauer/Weider 113. Niemöller/Schlothauer/Weider 113; Niemöller/Schlothauer/Weider C 51; vgl. zuvor BGH StraFo 2009 239, 241. BTDrucks. 16 12310 S. 15. Niemöller/Schlothauer/Weider 154. Vgl. BTDrucks. 16 12310 S. 15; KMR/ v. Heintschel-Heinegg 49; Niemöller/ Schlothauer/Weider 136. Vgl. BGHSt 49 84, 89; Meyer-Goßner 29.
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VII. Sitzungsniederschrift Das Gesetz vom 29.7.2009 strebt umfassende „Transparenz und Dokumentation“ des Verständigungsgeschehens an, was sich in zahlreichen Protokollierungspflichten niederschlägt.411 Gemäß § 273 Abs. 1a Satz 1 muss die Sitzungsniederschrift den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung wiedergeben, mithin von wem die Anregung ausging, welche Verfahrensbeteiligten an der Erörterung beteiligt waren, von welchem Sachverhalt sie dabei ausgingen, welche Vorstellungen sie vom Ergebnis hatten, ob die Verständigung zustande gekommen ist und mit welchem Inhalt.412 Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 sind auch die Belehrungen und Mitteilungen nach § 257c Absatz 4 und 5 zu protokollieren. Insbesondere sind die Gründe für den Entfall der Bindung zu nennen. Wie zuvor 413 können aus nicht protokollierten Absprachen keine Rechte hergeleitet werden (näher Rn. 77). Das in Satz 3 vorgesehene „Negativattest“, dass eine Verständigung nicht stattgefun72 den hat, soll dazu dienen, „mit höchst möglicher Gewissheit und auch in der Revision überprüfbar die Geschehnisse in der Hauptverhandlung zu dokumentieren und auszuschließen, dass ‚stillschweigend‘ ohne Beachtung der gesetzlichen Förmlichkeiten solche Verhaltensweisen stattgefunden haben“.414 Um mit der Beweiskraft des § 274 festzustellen, dass keine Verständigung stattgefunden hat, hatte bisher deren Nichterwähnung im Protokoll ausgereicht, so dass die Vorschrift des § 273 Abs. 1a insofern überflüssig wäre.415 Es bleibt wohl nur übrig, den Zweck des Satzes 3 nicht in der Dokumentation, sondern in der besonderen Pflichtenmahnung zur Befolgung des § 257c zu sehen (Disziplinierungsfunktion).416 Darin, dass das Negativattest nach dem Willen des Gesetzgebers auch zum Ausdruck bringen soll, dass keine gesetzeswidrigen Verständigungen stattgefunden haben, liegt freilich durchaus eine Zumutung; angesichts der bisherigen Absprachenpraxis erscheint das gesetzgeberische Misstrauen jedoch nicht unbegründet. Zur Beweiskraft des (fehlenden) Negativattests s. § 273, 35 ff.; § 274, 25.
71
VIII. Revision 73
1. Entgegen anderslautender Vorschläge417 sieht das Gesetz vom 29.7.2009 bewusst keinerlei Einschränkung der Rechtsmittelbefugnis vor 418 – im Gegenteil, nach vorausgegangener Verständigung ist ein Rechtsmittelverzicht gänzlich ausgeschlossen,419 § 302 Abs. 1 Satz 2. Aus der Tatsache, dass dem angefochtenen Urteil eine Verständigung vorausging, folgt zudem keinerlei Einschränkung des Prüfungsumfangs im Vergleich zum Normalverfahren, weder bei der amtswegigen Prüfung der Prozessvoraussetzungen noch der materiell-rechtlichen Überprüfung auf die Sachrüge hin noch bei der Verfahrensrüge.420 Der Umstand, dass der Angeklagte und der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem Rechtsfolgenausspruch zugestimmt haben, ist ohne Belang,421 auch bei der Beruhensfrage.
411 412 413
414 415
Krit. Graf/Eschelbach 4, 42 m.w.N. Vgl. KMR/v. Heintschel-Heinegg 43. BGH NStZ 2001 555, 556 mit Anm. Eisenberg; StV 2001 554; bei Cierniak NStZ-RR 2009 1; Meyer-Goßner 31. BTDrucks. 16 12310 S. 15. Zutr. BRDrucks. 69/09 S. 5 = BTDrucks. 16 12310 S. 19; Meyer-Goßner § 273, 12c; a.A. KMR/v. Heintschel-Heinegg 44.
108
416 417 418 419
420 421
Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 36 m.w.N. Oben Fn. 354, vgl. auch BGHSt 50 40, 52. BTDrucks. 16 12310 S. 2, 9; BGH StV 2009 680; NStZ-RR 2010 383 f. Ein vor Inkrafttreten des Gesetzes wirksam vereinbarter Rechtsmittelverzicht bleibt davon unberührt, BGHSt 54 167. Niemöller/Schlothauer/Weider C 5 ff. Niemöller/Schlothauer/Weider C 8, 12.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 257c
2. Mit der Sachrüge kann beanstandet werden, dass die Feststellungen den Schuld- 74 und Strafausspruch nicht tragen, namentlich die Beweiswürdigung des vereinbarten Geständnisses lückenhaft oder widersprüchlich ist.422 Die Zustimmung des Angeklagten zum Strafausspruch entbindet das Gericht nicht davon, dass aus den Urteilsgründen erkennbar sein muss, welchen Inhalt das Geständnis hatte, wobei dessen vollständige Wiedergabe nicht vonnöten ist, und auf welche Weise das Gericht sich von dessen Glaubhaftigkeit überzeugt hat, d.h. durch welche Beweismittel es bestätigt wurde.423 Auf die Sachrüge hin wird zudem geprüft, ob das Strafgesetz fehlerhaft angewendet und die Strafzumessung rechtsfehlerhaft erfolgt, insbesondere das Verfassungsgebot schuldangemessenen Strafens verletzt worden ist, was bei Verhängung einer unzulässigerweise zugesagten Punktstrafe424 anzunehmen ist. Dass das Urteil einem Verständigungsvorschlag des Gerichts entspricht, der mangels Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht zustande kam, begründet für sich allein noch keinen Rechtsfehler.425 Ist eine Verständigung gescheitert, so liegt kein Rechtsfehler darin, wenn das Gericht nach einer langen Hauptverhandlung das im Zwischenverfahren für den Fall einer streitigen Hauptverhandlung in Aussicht gestellte Höchstmaß deutlich überschreitet.426 3. Hält sich das Gericht nicht an eine bindende Verständigung, stellt dies eine mit der 75 Verfahrensrüge427 angreifbare Verletzung von § 257c dar,428 die allerdings nicht vorliegt, wenn das Gericht die angegebene Strafobergrenze ausschöpft.429 Fehlt die Angabe einer Strafuntergrenze in dem Vorschlag nach Absatz 3 Satz 1, so ist dadurch allenfalls die Staatsanwaltschaft, nicht aber der Angeklagte beschwert.430 Fehlerhaft ist es, wenn das Gericht zu Unrecht die Voraussetzungen einer Lösung nach Absatz 4 angenommen hat.431 Verständigungen, die nicht nach § 257c erlaubt sind, sind verboten und können mit der Verfahrensrüge beanstandet werden, etwa wegen verbotenen Inhalts wie der Abrede über den Schuldspruch,432 der Zusage einer bestimmten Strafe (deren Verhängung die Sachrüge begründen kann, Rn. 74), des Absehens von der Sicherungsverwahrung,433 der Halbstrafenaussetzung nach § 57 Abs. 2 StGB oder der wahrheitswidrigen Bejahung rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung nebst Kompensation434. Gerügt werden kann ferner die unzulässige Verknüpfung von Prozessverhalten und Rechtsfolgen, etwa Strafrabatt für den Verzicht auf die Ausübung prozessualer Rechte. Die Rechtsprechung fordert allerdings, dass der verteidigte Angeklagte ihm unzulässig erscheinenden Inhalten widerspricht, um die Rüge zu erhalten.435 Diesem Versuch, eine „Widerspruchslösung“ ohne gesetzliche Grundlage einzuführen, kann nicht gefolgt werden. Auch bei einer gegen Absatz 4 Satz 3 verstoßenden Verwertung eines Geständnisses ist kein Widerspruch erforderlich, um die Revisionsrüge zu erhalten.436
422 423
424 425 426 427 428 429
Niemöller/Schlothauer/Weider C 9. Vgl. BGHSt 50 40, 49 f.; BGH NStZ 2009 467; NStZ-RR 2007 307, 309; Niemöller/ Schlothauer/Weider C 9. BGH StV 2011 338, 339. BGH HRRS 2011 Nr. 46. BGH StV 2011 202, 203 f. mit abl. Anm. Schlothauer. BGH StV 2010 227; wistra 2011 276, 277. BGH NStZ 2008 620, 621; Meyer-Goßner 33; SK/Velten 55. BGH NStZ 2010 650 mit abl. Anm. Bockemühl/Staudinger StraFo 2010 425.
430 431
432 433 434 435 436
BGH StV 2011 75 f.; NStZ-RR 2011 171 f. Niemöller/Schlothauer/Weider C 47 ff., 56 f. auch zur Frage, ob nach Zurückverweisung das neue Tatgericht an die wirksame Verständigung gebunden ist; dazu Rn. 57. BGH wistra 2011 276, 277. Vgl. Fn. 233. BGH StV 2011 74 f. BGH NStZ 2010 293. Niemöller/Schlothauer/Weider 151; Niemöller/Schlothauer/Weider C 59.
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Ist mit einer zu weit geöffneten Sanktionsschere 437 gedroht worden, kommt ein Verstoß gegen § 136a in Betracht nebst Verwertungsverbot 438 des resultierenden Geständnisses; dies gilt ebenso für andere Formen unzulässigen Drucks, wie die Androhung der Untersuchungshaft 439 oder der Sicherungsverwahrung440. Zugleich kann dadurch die Besorgnis der Befangenheit begründet werden.441 Bei unzulässiger Druckausübung sind die vorgenannten Rügen vorrangig gegenüber der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens.442 Werden naheliegende Beweiserhebungen unterlassen, insbesondere ein zu schlankes Geständnis nicht auf seine Glaubhaftigkeit überprüft oder neue Umstände nicht angemessen bewertet, so liegt darin ein Verstoß gegen den Aufklärungsgrundsatz aus § 244 Abs. 2 i.V.m. § 257 Abs. 1 Satz 2.443 Die Aufklärungsrüge verwirkt der Angeklagte nicht dadurch, dass er auf Beweisanträge verzichtet hat.444 Mit der Verfahrensrüge kann als Verletzung von § 261 auch beanstandet werden, dass das Tatgericht Beweismittel verwertet hat, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren, etwa das Geständnis nur anhand der nicht in die Verhandlung eingeführten Akten überprüft hat. Unzulässige informelle Absprachen, die die formellen Anforderungen des § 257c zu 77 umgehen trachten, oder Absprachen mit verbotenem Inhalt lösen keine Bindungswirkung aus.445 Ob sie nicht einmal einen Vertrauenstatbestand begründen, dessen Beachtung mit der Rüge der Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens geltend gemacht werden könnte, ist umstritten,446 aber nicht grundsätzlich auszuschließen. Allerdings ist zu beachten, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte keine derogatorische Wirkung entfalten dürfen in der Weise, dass mit verbotenen informellen Absprachen ebenfalls eine Bindung des Gerichts erreicht werden könnte, womit der Gesetzeszweck des § 257c unterlaufen wäre.447 Zu erwägen ist freilich, ob nicht die unwirksame Absprache einer gescheiterten Verständigung gleichzustellen ist, ob also ein auf einer nicht protokollierten heimlichen und daher verbotenen Absprache beruhendes Geständnis in entsprechender Anwendung von Absatz 4 Satz 3 unverwertbar ist,448 um zu verhindern, dass das Gericht von illegalen Praktiken profitiert. Sofern unzulässiger Druck oder eine Täuschung, etwa über die Verbindlichkeit der Absprache zu dem Geständnis geführt hat, kommt eine Unverwertbarkeit schon nach § 136a in Betracht.449 Nach Ansicht der Rechtsprechung soll hingegen das Geständnis bei einer unzulässigen Absprache über den Schuldspruch verwertbar bleiben.450
76
437
438 439 440 441
442 443 444 445
Vgl. zuvor BVerfG StV 2006 57; BGH StV 2002 637, 639; 2004 470; NStZ 2005 393; 2008 170. BGH NStZ 2008 170, 171. BGH StV 2004 260 f.; 2004 470, 471. Oben Fn. 233; Graf/Eschelbach 53. BGH NStZ 2008 170, 171; Niemöller/ Schlothauer/Weider C 28. Zur Verwirkung der Befangenheitsrüge, wenn das Verfahren nach Ablehnung des Befangenheitsantrags mit einer Absprache beendet wurde, BGH StV 2009 179 mit Anm. Beulke/Witzigmann 394; Pfister StV 2009 550, 553; Beulke StV 2009 554, 556 f. BGH NStZ 2009 168. Niemöller/Schlothauer/Weider C 19 ff., 42. Beulke/Witzigmann StV 2009 394, 397. BGH NStZ 2011 107, 108, dazu krit. Meyer
110
446
447 448
449 450
HRRS 2011 17 ff.; BGH StV 2011 74 f.; Meyer-Goßner 4; Niemöller/Schlothauer/ Weider 14; SK/Velten 32; Beulke 396f; Dießner StV 2011 43, 44. Verneinend Meyer-Goßner 4; Niemöller/ Schlothauer/Weider 14; bejahend Meyer HRRS 2011 17, 18 ff.; offen lassend BGH NStZ 2011 107, 108; zweifelnd BGH StV 2011 74 f. Vgl. Meyer HRRS 2011 17, 18. Meyer-Goßner 31; s.a. zuvor ders. StraFo 2003 401, 405; Velten StV 2012 172, 173 f., 176. Meyer-Goßner 31; Beulke/Swoboda JZ 2005 67, 73. BGH NJW 2011 1526 f.; StV 2012 134; a.A. die in Fn. 448 Genannten.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 258
Ist die Verständigung nur teilweise fehlerhaft, etwa durch Vereinbarung eines unzu- 78 lässigen Gegenstands neben mehreren zulässigen Bestandteilen, so fragt sich, ob die Verständigung insgesamt unwirksam und das Urteil aufzuheben ist oder ob der verbleibende Teil der Vereinbarung auch sonst zustande gekommen wäre (Rn. 31). Auf dem Rechtsverstoß beruht das Urteil stets dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Verständigung ohne den fehlerhaften Bestandteil nicht zustande gekommen wäre. Ist eine Verständigung mangels Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht zustande 79 gekommen, erklärt der Vorsitzende in der Hauptverhandlung gleichwohl, dass die Kammer „grundsätzlich dazu stehe, was sie gesagt habe“, soll darin kein Befangenheitsgrund liegen, weil damit lediglich eine vorläufige Prognose ausgedrückt sei.451 Dennoch sollte das Gericht besser jeden Anschein einer unzulässigen Bindung weiträumig vermeiden. 4. Ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach Ab- 80 satz 5 kann regelmäßig ausgeschlossen werden, wenn ein Fall des Absatzes 4 nicht eingetreten ist und wenn das Geständnis des Angeklagten, auf dem die Überzeugungsbildung des Gerichts fußt, nicht durch die fehlende Belehrung beeinflusst wurde.452 5. Verweist das Revisionsgericht zu erneuter Verhandlung zurück, so bleibt, wenn die 81 zugrunde liegende Verständigung wirksam bleibt, auch das Geständnis in der neuen Tatsacheninstanz verwertbar.453 IX. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach allgemeinen Regeln möglich454 und 82 kommt bei verbotenen Absprachen auch nach §§ 359 Nr. 3, 362 Nr. 3 in Betracht.455 Der Widerruf eines Geständnisses ist grundsätzlich ein Wiederaufnahmegrund gem. § 359 Nr. 5.456
§ 258 (1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. (2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. (3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.
451 452 453 454
455
BGH StV 2011 453 f. BGH StV 2010 675; 2011 75, 76; 2011 76, 78; HRRS 2010 Nr. 1057. BGH StV 2010 470 f. Dazu Schünemann Gutachten 58. DJT, B 128 ff.; Hellebrand NStZ 2004 413 ff.; ders. NStZ 2008 374 ff.; Eschelbach HRRS 2008 190, 199 ff. Meyer-Goßner 34; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 606. Zur strafrechtlichen Beurtei-
456
lung verbotenen Verständigungsverhaltens siehe die Nachw. in Fn. 119. BGH NStZ-RR 1997 173, 174; KG NStZ 2006 468, 469 mit Anm. König StraFo 2006 170; OLG Köln StV 1989 98 f.; OLG Stuttgart NJW 1999 375, 376; Graf/Eschelbach 55; Eschelbach FS Rissing-van Saan 115, 140 m.w.N. und die in Fn. 454 Genannten; allgemein Stern StV 1990 5 63 ff.
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§ 258
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Schrifttum Alsberg Das Plädoyer (Nachdruck), AnwBl. 1978 1; Baudisch Niederschreiben der Urteilsformel vor den Schlußvorträgen, NJW 1960 135; Bottke Die Wahrheitspflicht des Verteidigers, ZStW 96 (1984) 726; Dahs sen. Das Plädoyer des Strafverteidigers, AnwBl. 1959 1; Dahs sen. Das Plädoyer des Staatsanwalts, DRiZ 1960 106; Dahs Das Plädoyer des Staatsanwalts aus der Sicht des Verteidigers, AnwBl. 1979 106; Dästner Schlußvortrag und letztes Wort im Strafverfahren, RuP 1982 180; Gubitz/Bock Letztes Wort und Schlussvortrag des Angeklagten – ein Fallstrick mit Konsequenzen für die Revision, JA 2009 136; Häger Zu den Folgen staatsanwaltschaftlicher, in der Hauptverhandlung begangener Verfahrensfehler, GedS Meyer 171; Hammerstein Verteidigung mit dem letzten Wort, FS Tröndle 485; Hammerstein Verteidigung wider besseres Wissen? NStZ 1997 12; Hoffmann Niederschreiben der Urteilsformel vor den Schlußvorträgen, NJW 1959 1526; Lüderssen Wie abhängig ist der Strafverteidiger von seinem Auftraggeber? Wie abhängig kann und soll er sein? FS Dünnebier 263; Milhan Das letzte Wort des Angeklagten, Diss. München 1971; Nehm Verpflichtung zum Plädoyer? FS Geiß 111; Reuß Das Plädoyer des Anwalts, JR 1965 162; Rübenstahl Der „Wiedereintritt in die Verhandlung“ und die erneute Erteilung des letzten Worts (zur Auslegung von § 258 II, III StPO), GA 2004 33; Schlothauer Wiedereröffnung der Hauptverhandlung und letztes Wort, StV 1984 134; Schütz Unterbleiben des Schlußvortrags des Staatsanwalts als Revisionsgrund, NJW 1963 1589; Seibert Das letzte Wort, MDR 1964 471; Weinberg Einführung in die Probleme der Sitzungsvertretung, JuS 1980 335. Hinweise auf das Schrifttum zur Rhetorik finden sich bei Dahs (Hdb.) Vor 707.
Bezeichnung bis 1924: § 257. Übersicht I. Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zeitpunkt der Schlussvorträge . . . . . . 1. Nach dem Schluss der Beweisaufnahme 2. Erneuerung der Schlussvorträge . . . a) Ausdrücklicher Wiedereintritt in die Verhandlung . . . . . . . . . . b) Stillschweigender Wiedereintritt aa) Beispielsfälle . . . . . . . . . . bb) Keine Wiedereröffnung . . . . c) Erneute Schlussvorträge . . . . . . 3. Schlussvorträge und Beratung . . . . III. Schlussvorträge (Absatz 1) 1. Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . 2. Worterteilung . . . . . . . . . . . . . 3. Reihenfolge . . . . . . . . . . . . . . 4. Verpflichtung zu Schlussausführungen a) Grundsätzlich keine Verpflichtung . b) Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . c) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . 5. Form und Inhalt der Schlussvorträge
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a) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . 27 6. Recht zur Erwiderung . . . . . . . . . 34
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IV. Recht auf das letzte Wort 1. Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . 2. Reihenfolge . . . . . . . . . . . . . . 3. Kein Ausschluss . . . . . . . . . . . . 4. Befragung des Angeklagten (Absatz 3) 5. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Grenzen der Redefreiheit 1. Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 52 VI. Sitzungsniederschrift
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VII. Rechtsbehelfe 1. Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 2. Revision a) Mögliche Verfahrensrügen . . . . . . b) Begründung . . . . . . . . . . . . . c) Beruhen des Urteils . . . . . . . . .
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I. Bedeutung 1
§ 258 garantiert den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, unmittelbar vor der endgültigen Beratung (§ 260 Abs. 1) des Gerichts zu dem gesamten (im Gegensatz zu § 257) Ergebnis der Hauptverhandlung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung und somit auf die Urteilsfindung Einfluss zu nehmen. Die verfassungsrechtliche Pflicht, allen Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG), wird da-
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durch konkretisiert.1 Die Verpflichtung, dem Angeklagten das letzte Wort zu gewähren (Absatz 2), gestaltet zudem seinen Gehörsanspruch über das verfassungsrechtlich Notwendige hinaus als besonders wirksames Verteidigungsmittel aus,2 da sein letztes Wort als frischester Sinneseindruck von der Hauptverhandlung gleichsam mit den Richtern „in das Beratungszimmer“ geht 3. Die Schlussvorträge und das letzte Wort gehören zum Inbegriff der Hauptverhandlung im Sinne des § 261 und sind daher vom Gericht zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Überzeugungsfindung zu berücksichtigen.4 Somit dienen die abschließenden kontradiktorischen Stellungnahmen zum Prozessstoff auch der Wahrheitsfindung.5 Sie fördern durch Herausstellen gegensätzlicher Auffassungen und Argumente seine gedankliche Durchdringung und erleichtern dem Gericht, die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände vollständig zu erkennen, sie in ihrer Bedeutung richtig zu erfassen und sie gegeneinander abzuwägen. Entsprechende Regelungen gelten für die Berufungsverhandlung in § 326 und für die Revision in § 351 Abs. 2.
II. Zeitpunkt der Schlussvorträge 1. Nach dem Schluss der Beweisaufnahme. Nach dem Zweck des § 258 ist „Beweis- 2 aufnahme“ weit auszulegen, so dass darunter nicht nur die eigentliche Beweiserhebung, sondern jede Prozesshandlung, die einen Wiedereintritt in die Hauptverhandlung darstellt und die Sachentscheidung des Gerichts beeinflussen könnte (Rn. 4, 6 ff.), zu verstehen ist. Es bedarf keiner förmlichen Feststellung durch Gerichtsbeschluss oder Anordnung des Vorsitzenden, dass die Beweisaufnahme geschlossen werde.6 Ausreichend ist, wenn der Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten unmissverständlich zu erkennen gibt, dass nunmehr mit den abschließenden Ausführungen zum Ergebnis der Verhandlung begonnen werden könne, weil keine weiteren Beweise zu erheben sind und auch sonst keine den Verfahrensstoff erweiternden Verfahrenshandlungen mehr anstehen. Der Hinweis des Vorsitzenden und Vermerk im Protokoll, dass die Beweisaufnahme geschlossen werde, ist üblich und zweckmäßig, aber nicht notwendig. Der Schluss der Beweisaufnahme hat stets nur vorläufigen Charakter.7 Er hindert weder 3 die Verfahrensbeteiligten, neue Beweisanträge zu stellen, noch das Gericht, auf Grund eines solchen Antrags oder von Amts wegen noch während der mündlichen Urteilsbegründung erneut in die Beweisaufnahme einzutreten, Hinweise zu erteilen oder sonst über eine Frage zu verhandeln. Ein Anspruch auf Wiedereintritt besteht jedoch nur bis zum Beginn der Urteilsverkündung;8 späteren Beweisanträgen muss das Gericht nur im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachgehen9. 1 2 3 4
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BVerfGE 54 140, 141; SK/Velten 4; zum Recht auf Gehör vgl. LR/Kühne Einl. J 71 ff. Vgl. BGHSt 9 77, 79; AK/Dästner 1; Roxin § 42, 4. Dahs (Hdb.) 758. OGHSt 2 193, 195; BGHSt 11 74, 75; BGH StV 1983 402; StraFo 2010 71; KK/Schoreit 28; Meyer-Goßner 1. OLG Hamm JMBlNW 1980 81, 82; KK/Schoreit 2; KMR/Stuckenberg 1; abw. SK/Velten 4, 6, 40. HK/Julius 2; KK/Schoreit 2; KMR/Stuckenberg 2; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 13; OLG Köln NJW 1954 46 (förmlicher Beschluss
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kann sogar irreführend sein, wenn er mit dem Zusatz versehen wird, dass die Beweisaufnahme im allseitigen Einverständnis geschlossen werde, weil die Vorläufigkeit dieser Feststellung für prozessunkundige Personen nicht ersichtlich sei; zust. Eb. Schmidt 1). KK/Schoreit 2; KMR/Stuckenberg 2; MeyerGoßner 27 ff.; SK/Velten 13, 47 ff. RGSt 57 142, 143; 59 420, 421 f.; 68 88, 89; BGHSt 21 118, 123 f.; BGH StV 1981 330; 1985 398; KK/Schoreit 27 m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1975 24; VRS 36 (1969) 368; SK/Velten 13, 53.
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2. Erneuerung der Schlussvorträge. Die Pflicht, Schlussvorträge und letztes Wort erneut zu ermöglichen, entsteht nach jedem Wiedereintritt in die Verhandlung – nicht nur „in die Beweisaufnahme“ im eigentlichen Sinne10 – und deren abermaliger Schließung,11 weil jeder Wiedereintritt die vorherigen Erklärungen zwar nicht unbeachtlich oder gegenstandslos macht, ihnen aber die formale rechtliche Eigenschaft als „Schlussvorträge“ bzw. „letztes“ Wort nimmt12. Eines Gerichtsbeschlusses oder einer sonstigen ausdrücklichen Anordnung bedarf es für die Wiedereröffnung der Verhandlung nicht;13 folglich kann dies auch stillschweigend geschehen14.
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a) Wird der Wiedereintritt vom Vorsitzenden oder in einem Beschluss des Gerichts ausdrücklich erklärt, so folgt schon allein daraus die Pflicht zur Wiederholung, da die Verfahrensbeteiligten ihre Prozessführung darauf eingestellt haben können. Ob der Wiedereintritt nötig war und ob danach Prozesshandlungen stattfanden, die sachlich eine Wiederaufnahme der Verhandlung darstellten, ist unerheblich.15
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b) Für einen stillschweigenden Wiedereintritt genügt jede Betätigung, in welcher der Wille des Gerichts, mit der Untersuchung und der Aburteilung des Falles fortzufahren, erkennbar zutage tritt,16 ungeachtet dessen, ob das Gericht darin eine Wiedereröffnung der Verhandlung erblickte oder diese wirklich wollte17. Dies ist der Fall bei jedem Vorgang, der die Sachentscheidung des Gerichts beeinflussen könnte,18 sei es auch nur mittelbar, indem er eine tatsächliche oder rechtliche Bewertung des bisherigen Verfahrensergebnisses zum Ausdruck bringt19. Auf Umfang und Bedeutung der nochmaligen Verhandlungen kommt es dabei nicht an.20
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aa) Demnach ist ein Wiedereintritt anzunehmen bei jeder Prozesshandlung, die ihrer Natur nach in den Bereich der Beweisaufnahme gehört,21 wie die Entgegennahme von
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„Wiedereintritt in die Beweisaufnahme“ meint Wiedereröffnung der Verhandlung, vgl. BGH bei Dallinger MDR 1966 893; NStZ 1993 551; Meyer-Goßner 28; krit. zur Terminologie Rübenstahl GA 2004 33, 34 ff., 47 f. St. Rspr.: RGSt 6 254, 255 f.; RGRspr. 6 248; RG JW 1891 450; DRiZ 1930 Nr. 22; BGHSt 13 53, 59; 18 84, 85; 20 273, 274; 22 278, 279; BGH NJW 1969 473; NStZ-RR 2010 152; StV 1981 221; 1982 4; 1984 104; 1992 551, 552; bei Dallinger MDR 1966 893; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; Schlothauer StV 1984 134. BGHSt 20 273, 275; 22 278, 279 f.; BGH bei Dallinger MDR 1966 893; NStZ 1984 521; NStZ-RR 1998 15; 1999 260; StV 1981 221; 1982 4; 1984 104; KK/Schoreit 23; MeyerGoßner 27. RGSt 59 420, 421; OLG Düsseldorf StV 1991 554 f.; Schlothauer StV 1984 134, 136; HK/Julius 15; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 3; Meyer-Goßner 28; SK/Velten 48.
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BGH bei Dallinger MDR 1966 893. BGHSt 22 278, 279 f.; Ingelfinger JR 2002 120; Schlothauer StV 1984 134, 136; s.a. OLG Hamm StraFo 2001 64. RGSt 59 420, 421 f.; OLG Düsseldorf StV 1991 554 f.; KK/Schoreit 23. LR/Gollwitzer 25 8 Fn. 30; KMR/Stuckenberg 5; ähnl. Rübenstahl GA 2004 33, 43 f.; a.A. wohl BGH bei Kusch NStZ-RR 1998 261, 262 = 1999 14. BGH StV 1992 551, 552; 1993 344; 1997 339, 340; OLG Frankfurt StV 1993 463, 464; HK/Julius 15; SK/Velten 48; Schlothauer StV 1984 134; ähnl. Rübenstahl GA 2004 33, 43 ff. Schlothauer StV 1984 134, 135. BGHSt 20 273, 275; 22 278, 279; OLG Düsseldorf StV 2000 297; KK/Schoreit 26; KMR/Stuckenberg 7. Eb. Schmidt 1; ebenso BGH bei Miebach NStZ 1990 28; BayObLGSt 1957 88, 89 = NJW 1957 1289, 1290; SK/Velten 48; Rübenstahl GA 2004 33, 37, 43 f.; Schlothauer StV 1984 134.
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Beweisanträgen,22 nachträgliche Vereidigung eines Zeugen,23 die Verwendung eines weiteren Beweismittels,24 selbst die Frage an den Verteidiger nach einer im Plädoyer erwähnten Urkunde,25 auch die Erörterung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten26. Legt ein Angeklagter im Schlussvortrag oder beim letzten Wort ein Geständnis ab, muss in der Regel den anderen Verfahrensbeteiligten, vor allem den Mitangeklagten, Gelegenheit zur nochmaligen Äußerung gegeben werden; dies erfordert auch die Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs;27 ebenso, wenn er erst jetzt einen wesentlichen Alibibeweis antritt, den das Gericht nicht übergehen darf 28. Gleiches gilt für die Ablehnung eines im vorangegangenen Schlussvortrag gestellten Beweisantrags, und zwar selbst dann, wenn das Gericht die behauptete Tatsache als wahr unterstellt,29 oder einer Beweisanregung 30 sowie eines Antrags, die Beweisaufnahme wieder zu eröffnen,31 da die Mitteilung der Gründe für die Ablehnung wegen ihres Inhalts Anlass zu einer Äußerung geben kann. Anders ist es nur, wenn ein hilfsweise oder bedingt gestellter Beweisantrag, der an sich in den Urteilsgründen abgelehnt werden könnte, ohne jede Erörterung in der Hauptverhandlung gleichzeitig mit der Urteilsverkündung durch einen besonderen Beschluss abgelehnt wird.32 Auch ein sonstiges Verhandeln über einzelne Vorgänge wie eine Rechtsmittelrück- 8 nahme33 oder sonstige Anträge eröffnen erneut die Schlussvorträge, so die Ablehnung eines Aussetzungs- oder Unterbrechungsantrags aus Sachgründen,34 der Hinweis auf die Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunkts nach § 265 Abs. 1,35 etwa die Möglichkeit einer Nebenfolge,36 auch die Entgegennahme und Protokollierung der Erklärung eines Mitangeklagten, er sei mit der Einziehung außergerichtlich sichergestellten Gutes einver-
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Eb. Schmidt 1; Rübenstahl GA 2004 33, 43; siehe aber Rn. 10. Schlothauer StV 1984 134; KMR/Stuckenberg 5; Meyer-Goßner 29. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 357 Nr. 28 (unklarer Zweck des Verlesens eines Schreibens); Schlothauer StV 1984 134. BGH StV 1987 284. BGH NStZ 2003 371. BGH 11.6.1975 – 2 StR 88/75; KMR/ Stuckenberg 5; Meyer-Goßner 1; SK/Velten 52. BGH NStZ 2001 160; KK/Schoreit 27. RGSt 20 380, 381; 26 32, 33; RGRspr. 7 519; RG JW 1922 1037; BGH bei Kusch NStZRR 1998 26; 1999 36; StV 1989 239; 1998 63 (L); BGHR § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 6; OLG Düsseldorf VRS 64 (1983) 203; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 5; Meyer-Goßner 29; SK/Velten 49; a.A. RG JW 1922 496. BGH bei Holtz MDR 1977 639. BayObLGSt 1957 88 = NJW 1957 1289; KMR/Stuckenberg 5; missverständlich BGH NStZ 1986 182 (mit Beweisantrag während Urteilsverkündung), s. Rn. 10.
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RGSt 29 438, 439; 55 109 f. m.w.N.; BGHSt 32 10, 13; BGH NStZ 1984 468; OLG Karlsruhe MDR 1966 948; Eb. Schmidt 1, wonach der Angeklagte mit Stellung des Eventualantrags grundsätzlich darauf verzichtet, dass dieser vor den Schlussworten verbeschieden wird; krit. Julius NStZ 2002 104, 105; anders, wenn der Staatsanwalt auf den Hilfsantrag erwidert hat, OLG Celle StV 1985 7, oder der Hilfsantrag in der Hauptverhandlung erörtert wurde, BGH bei Kusch NStZ-RR 1999 260. BGH NStZ 1984 521. RG HRR 1938 Nr. 193; BGH bei Pfeiffer NStZ 1982 190; BGH StV 1993 344; vgl. aber auch BGH NStZ 1993 94 (kein Einfluss auf Entscheidung); KG JR 1950 633; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 5; Schlothauer StV 1984 134, 135. BGHSt 22 278, 280; BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494 f. Nr. 16; 1993 551; NStZ-RR 1998 15; BayObLG bei Rüth DAR 1982 253. BGH NStZ 1987 36; NStZ-RR 2010 152; OLG Brandenburg NStZ 2008 586.
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standen,37 oder die Nichtzulassung einer Nachtragsanklage38. Erlass,39 Aufrechterhaltung40 und Aufhebung41 eines Haftbefehls, sofern dies nicht als Teil der Endentscheidung angesehen werden kann,42 die Erörterung seiner Invollzugsetzung43 oder von Maßnahmen nach § 116,44 erfordern stets die Erneuerung der Schlussanträge und des letzten Worts, wenn das Gericht dadurch inzidenter zum dringenden Tatverdacht Stellung nimmt. Wird das Verfahren gegen einen Mitangeklagten45 oder werden einige der angeklag9 ten Taten abgetrennt,46 so ist § 258 nur dann erneut anzuwenden, wenn die Abtrennung Rückschlüsse auf die vorläufige Beweiswürdigung des Gerichts erlaubt oder die Verteidigung beeinflusst.47 Bei teilweiser Einstellung des Verfahrens in Anwendung des § 154a oder nach §§ 153 ff. ist ebenso zu unterscheiden: Wird über die Frage der Einstellung verhandelt, ist § 258 anzuwenden.48 Bei bloßer Verkündung des Einstellungsbeschlusses nach dem letzten Wort soll eine Wiederholung der Schlussvorträge allenfalls dann geboten sein, wenn eine sachliche und argumentative Verflechtung der abgeurteilten und eingestellten Verfahrensteile besteht und der Angeklagte durch die Verfahrensweise unzulässig überrascht wurde.49 Zufälligkeiten und Äußerlichkeiten, ob der Einstellungsbeschluss vor oder nach der Urteilsformel verkündet wurde, sind hingegen nicht maßgebend.50 Die neuere Rechtsprechung sieht auch eine nach dem letzten Wort und unmittelbar vor dem Urteil verkündete Teileinstellung als Bestandteil der abschließenden Endentscheidung des Gerichts an, so dass eine wiederholte Anwendung von § 258 ausscheidet, selbst wenn durch den Einstellungsbeschluss mittelbar über einen das gesamte Verfahren betreffenden Hilfsbeweisantrag entschieden wird.51
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OLG Hamm StV 2001 264. BGH StV 1981 221 (auch wenn sie nur einen Mitangeklagten betrifft); 1982 4. BGH NStZ-RR 2001 372; KK/Schoreit 24; Meyer-Goßner 29. BGH NStZ 1984 376; StraFo 2009 333 f. BGH StV 2011 339 f. (auch Aufhebung des Haftbefehl nur des Mitangeklagten); OLG Hamm StraFo 2001 64. Vgl. BGH NStZ-RR 2001 372: Haftbefehl vier Tage vor Urteil verkündet. BGH NStZ 1986 470; StV 1997 339; Schlothauer StV 1984 134, 135; HK/Julius 15; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 5; Meyer-Goßner 29; SK/Velten 49. Ebenso auch bei bloßer Erörterung der Sach- und Rechtslage, die zur Rücknahme eines Haftprüfungsantrags führt, BGH StV 1992 551, oder nach Antrag des Staatsanwalts auf Haftfortdauer, BGH StraFo 2009 109. BGH StV 1988 93 (Wegfall einer Meldeauflage); 2001 438 (Verschärfung der Haftverschonungsauflagen). BGH NStZ 1988 512; StV 1984 233; vgl. dazu Schlothauer StV 1984 134; KMR/ Stuckenberg 5; SK/Velten 49.
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BGH StV 1982 4; 1983 232; 1984 104; HK/Julius 15; KK/Schoreit 24; KMR/ Stuckenberg 5; Meyer-Goßner 29. BGH 21.2.1979 – 2 StR 473/78 bei BGH StV 1985 221, 222 und Schlothauer StV 1984 134, 135 Fn. 6. Zu §§ 153 ff.: BGH bei Miebach NStZ 1989 220 Nr. 13; offenlassend BGH NJW 1985 1479 mit Anm. Pelchen JR 1986 166; BGH bei Miebach NStZ 1990 228 Nr. 15; zu § 154a: BGH bei Dallinger MDR 1966 893; OLG Hamm VRS 23 (1962) 54; Schlothauer StV 1984 134, 135; offenlassend BGH NStZ 1999 244; NJW 2001 2109. BGH StV 1996 297. BGH NStZ 1999 257; NJW 2001 2109; vgl. BGH StV 1996 297. BGH NJW 2001 2109 mit zust. Anm. Ingelfinger JR 2002 120 und krit. Anm. Julius NStZ 2002 104, unter ausdrücklicher Aufgabe von BGH NStZ 1983 469 = StV 1984 104; zust. KK/Schoreit 25; Meyer-Goßner 30. Zuvor noch offenlassend BGH NJW 1985 1479, 1480 mit Anm. Pelchen JR 1986 166; NStZ 1990 228; 1999 244; 1999 257.
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bb) Keine Wiedereröffnung der Verhandlung liegt in Vorgängen, die auf die gericht- 10 liche Sachentscheidung keinen Einfluss haben können.52 Gibt etwa ein Zeuge nach Beendigung der Beweisaufnahme unaufgefordert eine Erklärung ab, so braucht den Prozessbeteiligten nicht nochmals das Wort erteilt zu werden, vorausgesetzt, diese Erklärung wird nicht vom Vorsitzenden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.53 Im Urteil darf eine solche Erklärung dann aber keinesfalls verwertet werden. Dasselbe gilt bei Unmutsäußerungen oder Zwischenbemerkungen des Staatsanwalts ohne konkreten Inhalt54 oder wenn der Vorsitzende den Angeklagten beim letzten Wort zu einer Ergänzung auffordert, ohne dabei in eine Vernehmung überzugehen55. Erklärt der Staatsanwalt unmittelbar vor der Urteilsverkündung auf Frage des Richters, dass er der Einstellung nach § 153 nicht zustimme, so bedarf es ebenfalls keiner Wiederholung der Schlussvorträge; etwas anderes gilt jedoch, wenn der Staatsanwalt hierbei Ausführungen macht, die auch für die Schuld- oder Straffrage bedeutsam sein können.56 Zur Teileinstellung s. Rn. 9. Nimmt der Vorsitzende nach Beginn der Urteilsverkündung einen Beweisantrag57 oder Hilfsbeweisantrag58 bloß entgegen, so soll darin noch kein Wiedereintritt in die Hauptverhandlung liegen, was nicht zweifelsfrei erscheint, da die mündliche Antragstellung zumeist mit Sachvortrag verbunden ist59; anders aber, wenn der Staatsanwalt auf den Antrag erwidert 60 oder das Gericht weitere Konkretisierung verlangt hat 61. Sitzungspolizeiliche Maßnahmen lösen § 258 nicht erneut aus,62 ebenso wenig die Bekanntgabe eines Verbindungsbeschlusses zur gemeinsamen Urteilsverkündung63. Ob ein Wiedereintritt in die Verhandlung verneint werden kann, wenn lediglich die 11 Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten erörtert wurde,64 erscheint fraglich,65 da hierbei vielfach nicht auszuschließen sein wird, dass auch Gesichtspunkte zur Sprache kamen, die auch für die Sachentscheidung relevant sein könnten. Unter diesem Blickwinkel ist auch zu beurteilen, ob in der Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs ein Wiedereintritt liegt.66 Abzulehnen ist dies jedenfalls bei der Verwerfung eines nach Verkündung der Urteilsformel angebrachten Ablehnungsantrags.67 52
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BGH StV 1987 284; 1988 512; 1997 339; bei Miebach NStZ 1989 220 Nr. 13; NStZ 1993 94, 95; 551; KK/Schoreit 25; KMR/Stuckenberg 6; a.A. SK/Velten 51. KK/Schoreit 25; Meyer-Goßner 30. OLG Saarbrücken JBlSaar 1961 14; KK/ Schoreit 25; KMR/Stuckenberg 6; MeyerGoßner 30. BGH 27.1.1956 – 5 StR 550/55; KK/Schoreit 25; KMR/Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 30; anders bei einem Geständnis, oben Rn. 7. BGH 21.2.1979 – 2 StR 473/78; OLG Hamm VRS 23 (1962) 54; KK/Schoreit 25; KMR/ Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 30. BGH NStZ 1986 182; bei Kusch NStZ-RR 1998 261, 262 = 1999 14; a.A. Rübenstahl GA 2004 33, 45 f.; vgl. LR/Becker § 244, 125; § 246, 2. BGH StV 1987 91 (insoweit nicht in BGHSt 34 209) mit zust. Anm. Gollwitzer JR 1988 341; BGH bei Kusch NStZ-RR 1998 261, 262 = 1999 14 m.w.N.; NStZ 2004 505, 507; HK/Julius 15; KK/Schoreit 25;
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KMR/Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 30; Pfeiffer 6; SK/Velten 51; a.A. Rübenstahl GA 2004 33, 45 f. In der Entgegennahme eines Hilfsbeweisantrags unmittelbar vor Urteilsverkündung hat RGSt 59 420, 422 „unbedenklich“ einen Wiedereintritt gesehen. Rübenstahl GA 2004 33, 45. OLG Celle StV 1985 7. BGH StV 1995 176. BGH NStZ 2006 650; Meyer-Goßner 30. BGH wistra 2000 459; NStZ-RR 2001 241; Meyer-Goßner 30. So BGH bei Miebach NStZ 1990 228 Nr. 14; ebenso KMR/Stuckenberg 6; SK/Velten 51. Meyer-Goßner 30. Ablehnend bei Verwerfung als unzulässig KK/Schoreit 25; Meyer-Goßner 30; Rübenstahl GA 2004 33, 47 f.; a.A. SK/Velten 51; offenlassend BGH NStZ 1985 464, 465 (Ablehnung von Sachverständigen); vgl. ferner BGH bei Spiegel DAR 1986 197. BGH bei Miebach NStZ 1988 448 Nr. 12.
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c) Auch wenn der Wiedereintritt bedeutungslos war oder nur einen von mehreren Tatvorwürfen betraf, müssen die Schlussvorträge und das letzte Wort im vollen Umfang hinsichtlich des ganzen Verfahrensgegenstands68 – und nicht etwa nur hinsichtlich des vom Wiedereintritt betroffenen Teils – erneuert werden. Bei mehreren Mitangeklagten sind diejenigen erneut nach § 258 berechtigt, die von der zum Wiedereintritt führenden Prozesshandlung betroffen sind.69 Die früheren Schlussvorträge haben durch den Wiedereintritt zwar rechtlich den Cha13 rakter als Schlussausführungen verloren,70 sind aber ansonsten nicht gegenstandslos geworden – insbesondere die in ihnen gestellten Anträge bleiben wirksam. Die Verfahrensbeteiligten und der Angeklagte sind nicht gezwungen, ihre früheren Ausführungen und die dabei gestellten Anträge nochmals zu wiederholen.71 Es genügt, wenn sie ausdrücklich oder stillschweigend darauf Bezug nehmen oder sonst zu erkennen geben, dass es trotz des Wiedereintritts bei ihren früheren Ausführungen sein Bewenden haben soll.72 Gibt ein nicht rechtskundiger Angeklagter keine oder nur eine auf den nach Wiedereintritt verhandelten Verfahrensteil beschränkte Erklärung ab, so kann daraus allerdings nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass er in Kenntnis seines Rechts, umfassende Ausführungen zu machen, auf diese verzichten will. Dies wird in der Regel nur bei einer entsprechenden Belehrung durch das Gericht angenommen werden können.73 Ein solch besonderer Hinweis ist dagegen beim Verteidiger oder beim Staatsanwalt entbehrlich.74
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3. Schlussvorträge und Beratung. Der Inhalt der Schlussvorträge einschließlich des letzten Worts des Angeklagten gehört zum Inbegriff der Verhandlung im Sinne des § 261.75 Das Gericht darf seine Überzeugung nicht ohne Berücksichtigung der Schlussvorträge bilden. Dies setzt voraus – und ergibt sich bereits aus Art. 103 Abs. 1 GG –, dass die Richter den Schlussanträgen mit der gebotenen Aufmerksamkeit zuhören76 und alles vermeiden, was sie davon ablenken könnte, wie das Studium anderer Akten, das Sprechen untereinander oder mit dritten Personen. In einem solchen Fall wird nur bei ganz kurzfristigen und die Aufmerksamkeit des Richters nicht voll beanspruchenden Abhaltungen angenommen werden können, dass dem Richter keine wesentlichen Teile des Schlussvortrags entgangen sind. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen § 258 und gegen § 261 vor, der die Revision begründet.77 Die Niederschrift der Urteilsformel während der Sitzung durch den Richter beim 15 Amtsgericht als Strafrichter ist entgegen der Rechtsprechung78 nicht nur als „schlechter
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BGHSt 20 273, 275; 22 278, 280; BGH VRS 30 (1966) 121; bei Dallinger MDR 1966 893; KK/Schoreit 26; KMR/Stuckenberg 7; Meyer-Goßner 27; siehe aber zur Beruhensfrage in diesen Fällen unten Rn. 69. BGH StV 1997 339, 340. Vgl. Rn. 4. KK/Schoreit 26; KMR/Stuckenberg 8. BGH bei Dallinger MDR 1966 893; KK/Schoreit 26; KMR/Stuckenberg 8; SK/Velten 54. BGHSt 20 273, 274 f.; 22 278, 279; BGH NStZ 1987 36; OLG Düsseldorf GA 1976 371 (L); KK/Schoreit 26; KMR/Stuckenberg 8; Meyer-Goßner 27; SK/Velten 54. BGHSt 20 273, 274; 22 278, 279; BGH
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NStZ 1993 94, 95; Meyer-Goßner 27; Hanack JZ 1972 274, 275. Rn. 1 Fn. 4; vgl. LR/Sander § 261, 37. Sarstedt JR 1956 274; Eb. Schmidt JZ 1970 340; KK/Schoreit 28; SK/Velten 44. BGHSt 11 74; BGH NJW 1962 2212; bei Dallinger MDR 1956 398; ferner etwa Marr NJW 1963 310; Ostler DRiZ 1958 64; KK/Schoreit 28. BGHSt 11 74, 75 ff.; OLG Bremen VRS 5 (1956) 297; OLG Celle NJW 1957 1002; OLG Frankfurt JR 1965 431; OLG Köln NStZ 2005 710 f.; zust. Baudisch NJW 1960 135; Lienen NJW 1960 136; Swarzenski JZ 1958 31; ferner KK/Schoreit 29; Meyer-Goßner § 260, 3.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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Stil“,79 sondern als Verstoß gegen § 258 (und § 261) anzusehen.80 Die Annahme der Rechtsprechung, die Aufnahmefähigkeit des Richters sei nicht zwingend beeinträchtigt und bei der Niederschrift handele es sich regelmäßig um einen bloßen Entwurf und nicht um eine unzulässige verfrühte Festlegung, bürdet dem Revisionsführer den praktisch kaum je zu erbringenden Nachweis auf, dass der Richter die weiteren Ausführungen der Beteiligten nicht mehr beachtet habe. Wie bei der Besorgnis der Befangenheit aber muss hier bereits der manifeste Anschein der Ablenkung und vorzeitigen Festlegung genügen. Die Beratung muss den Schlussvorträgen und dem letzten Wort des Angeklagten zeit- 16 lich nachfolgen. Wurde die Sache schon vorher beraten, was nicht unzulässig ist81 und stets dann zutrifft, wenn das Gericht nach durchgeführter Beratung noch einmal in die Verhandlung eintritt, darf – auch wenn sich kein neuer Prozessstoff ergeben hat – ein schon vorher beschlossenes Urteil erst verkündet werden, nachdem das Gericht erneut beraten hat,82 näher § 260, 9 f.
III. Schlussvorträge (Absatz 1) 1. Berechtigte. Absatz 1 nennt nur den Staatsanwalt und den Angeklagten. Das Recht 17 zu Schlussausführungen steht aber auch dem Nebenkläger zu (§ 397 Abs. 1 Satz 3),83 dem Privatkläger (§ 385 Abs. 1 Satz 1)84 und dem Widerkläger (§ 388), ferner – soweit sachlich betroffen und anwesend – den Nebenbeteiligten bei Einziehung (§ 433 Abs. 1), Verfall (§ 442 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1) sowie dem Vertreter einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung (§ 444 Abs. 2) und deren Prozessbevollmächtigten (§ 434)85. Bei einem jugendlichen Angeklagten müssen anwesende Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter von Amts wegen das Wort erhalten (§§ 67, 104 Abs. 1 Nr. 9 JGG), und zwar auch dann, wenn sie in einem früheren Verfahrensabschnitt bereits gehört wurden.86 Für den Staatsanwalt kann auch ein der Staatsanwaltschaft zur Ausbildung zugeteilter Referendar die Ausführungen machen und Anträge stellen, wenn er unter der Aufsicht eines Vertreters der Staatsanwaltschaft steht (§ 142 Abs. 3 GVG).87
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Paulus bei KMR/Stuckenberg 10; ähnl. Sarstedt JR 1956 274; AK/Dästner 29; KK/Schoreit 29; LR/Gollwitzer 25 51 a.E. Wie hier OLG Hamburg VRS 10 (1956) 374; OLG Köln NJW 1955 1291; OLG Hamm DAR 1956 254; AK/Maiwald § 161, 4; HK/Julius § 260, 6; KMR/Stuckenberg 10; § 261, 11; SK/Velten 44 (Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG); Hanack JZ 1972 313, 314; Hoffmann NJW 1959 1526; Hamm 1115 (nur Verstoß gegen § 261); Eb. Schmidt JZ 1970 337, 340; Schlüchter 727; vgl. LR/Franke § 338, 44. Zur Möglichkeit einer Ablehnung nach § 24 Abs. 2 vgl. BayObLG bei Rüth DAR 1979 239. Vgl. BGHSt 17 337, 339; BGH bei Spiegel DAR 1977 178; 1978 154. RGSt 58 253; BGHSt 19 156, 157; 24 170, 171; BGH NStZ 1988 470; StV 2006 399 f.; KK/Schoreit 30. So auch schon vor der Neufassung des § 397,
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vgl. RGSt 16 253 f.; BGHSt 28 272, 274; BGH NJW 2001 3137; KK/Schoreit 3; KMR/Stuckenberg 11; Meyer-Goßner 4; Gollwitzer FS Schäfer 79. KK/Schoreit 3; Meyer-Goßner 4. AK/Dästner 10; KK/Schoreit 3; KMR/ Stuckenberg 11; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 17. BGHSt 21 288; BGH NStZ 1985 230; 1996 612; 1999 426; OLG Frankfurt StV 1994 604; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; AK/Dästner 10; KK/Schoreit 3; KMR/Stuckenberg 11; SK/Velten 17; ferner die Kommentare zu § 67 JGG. Soweit ein Heranwachsender einen gesetzlichen Vertreter haben sollte (etwa bei Entmündigung), wäre auch dieser im Falle des § 109 Abs. 2 JGG zu hören. Vgl. Weinberg JuS 1980 355; Kammler JuS 1987 217.
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Der Verteidiger wird in Absatz 1 nicht genannt. Wie Absatz 3 zeigt, geht das Gesetz aber davon aus, dass er den Schlussvortrag für den Angeklagten halten kann.88 Da der Wunsch des Verteidigers, Schlussausführungen zu machen, regelmäßig bereits dadurch zum Ausdruck kommt, dass er vor Gericht auftritt, ist es sachgerecht, wenn der Vorsitzende auch dem anwesenden Verteidiger wie von Amts wegen das Wort zu den Schlussvorträgen erteilt; einen Anspruch auf das Wort hat er indes nur, wenn er oder der Angeklagte es verlangt.89 Im Übrigen ist der Verteidiger befugt, für den Angeklagten zu sprechen, wenn dieser zu Schlussausführungen nach Absatz 1 aufgefordert wird.90 Da strittig ist, ob insoweit eine Rechtspflicht des Gerichts besteht, ist es – auch zur Absicherung einer späteren Revisionsrüge – angezeigt, dass der Verteidiger ausdrücklich das Wort für die Schlussausführungen verlangt.91 Einem Verteidiger, der bei den Schlussanträgen nicht anwesend war, der aber vor Verkündung des Urteils erscheint, muss auf Antrag Gelegenheit zum Plädoyer gegeben werden92 ohne Rücksicht darauf, ob er seine Abwesenheit während der Schlussausführungen zu vertreten hat.93
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2. Worterteilung. Der Vorsitzende erteilt das Wort zu den Schlussvorträgen von Amts wegen, ohne Rücksicht darauf, ob es von den dazu berechtigten Personen verlangt wird. Die Worterteilung braucht nicht ausdrücklich geschehen, sie muss aber unmissverständlich sein.94 Eine bloße Handbewegung genügt nur, wenn die Wortergreifung zeigt, dass sie verstanden wurde;95 Schweigen des Angeklagten kann nicht als Verzicht gedeutet werden.96 Ein rechtsunkundiger Angeklagter ist nach Wiedereintritt in die Verhandlung zu belehren (Rn. 13). Wenn Staatsanwalt und Verteidiger dagegen später das Wort erneut zu einer Erwiderung nach Absatz 2 wünschen, müssen sie sich selbst zu Wort melden. Der Vorsitzende ist nicht verpflichtet, sie von sich aus dazu ausdrücklich aufzufordern.97 Vor der Worterteilung muss der Vorsitzende gegebenenfalls durch eine Rückfrage klären, welche Zeit für die Vorbereitung der Schlussvorträge benötigt wird. Dies ist vor allem in größeren oder schwerwiegenden Sachen besonders wichtig, denn Staatsanwalt und Verteidiger können beanspruchen, dass ihnen für die sachgerechte Vorbereitung der Plädoyers eine ausreichende Zeit eingeräumt wird.98
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RGSt 42 51, 54; BGH bei Holtz MDR 1980 274; OLG Hamm JMBlNW 1980 81; KG NStZ 1984 523; OLG Koblenz VRS 55 (1978) 278; Meyer-Goßner 4. RGSt 42 51, 52; KG NStZ 1984 523; KK/Schoreit 5; KMR/Stuckenberg 13; a.A. (von Amts wegen) BayObLGSt 1955 269, 270; VRS 62 (1982) 374; OLG Hamm JMBlNW 1954 156; VRS 48 (1975) 433, 434; LR/Gollwitzer 25 12; Meyer-Goßner 5; SK/Velten 18; Hamm 1105. Vgl. etwa RGSt 42 51, 52; KMR/Stuckenberg 13. RGSt 41 51, 52; BGHSt 20 273, 274; 22 278, 279; BGH bei Holtz MDR 1980 274; OLG Koblenz VRS 55 (1978) 278; KK/Schoreit 5; KMR/Stuckenberg 13; a.A. OLG Hamm VRS 48 (1975) 433; wohl auch BayObLG VRS 62 (1982) 374.
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BayObLG VRS 61 (1981) 128; OLG Hamm MDR 1970 784; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 5. OLG Hamm JMBlNW 1980 81. BGH StV 1989 187; BayObLGSt 1955 269, 270; BayObLG StV 1982 258; KK/Schoreit 4; KMR/Stuckenberg 12; Meyer-Goßner 7; SK/Velten 21. RGSt 61 317, 318. RGSt 61 317, 318; KK/Schoreit 4; KMR/ Stuckenberg 12. Vgl. BGH NStZ 1984 468; AK/Dästner 9. BGH StV 1989 187; NStZ 1993 94, 95; KG NStZ 1984 523; Hamm 1107; AK/Dästner 7; KK/Schoreit 5, 35; Meyer-Goßner 33; SK/Velten 23; unten Fn. 253.
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3. Die Reihenfolge der Schlussvorträge wird von Absatz 1 nicht zwingend vorge- 20 schrieben – nur das letzte Wort des Angeklagten nach Absatz 2 kommt notwendigerweise am Schluss (Rn. 39) –, entspricht allerdings einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung. Der Vorsitzende kann jedoch von ihr abweichen, wenn er das für sachdienlich hält.99 So kann er – entgegen dem Grundgedanken des Absatzes 1 – ausnahmsweise den Nebenkläger nach dem Verteidiger zu Wort kommen lassen.100 Zweckmäßig ist dies im Regelfall allerdings nicht, da der Verteidiger sich dann in einer Erwiderung mit dessen Argumenten auseinandersetzen muss.101 Für die Berufungsverhandlung gilt § 326 Satz 1, für die Revision § 351 Abs. 2 Satz 1. Mehrere Staatsanwälte können den Schlussvortrag nach eigenem Ermessen unter sich 21 teilen,102 desgleichen mehrere Verteidiger eines Angeklagten. Sind mehrere Angeklagte vorhanden, so bestimmt der Vorsitzende kraft seiner Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1) nach pflichtgemäßem Ermessen auch die Reihenfolge, in der sie und ihre Verteidiger sprechen können.103 Gleiches gilt für die Reihenfolge, in der Nebenbeteiligte und die sonstigen zu Schlussausführungen berechtigten Verfahrensbeteiligten zu Worte kommen. Schlagen die Verfahrensbeteiligten, vor allem die Verteidiger, eine bestimmte Reihenfolge vor, in der sie sprechen wollen, so ist darauf nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen, es sei denn, dass darin ein Missbrauch liegt oder ein nicht verteidigter Angeklagter benachteiligt würde. 4. Verpflichtung zu Schlussausführungen a) § 258 begründet grundsätzlich keine Verpflichtung zu Schlussausführungen.104 22 Dies gilt für den Angeklagten, dessen Schweigerecht auch insoweit nicht eingeschränkt ist, und für die ihm insoweit gleichstehenden Nebenbeteiligten; dies gilt ebenso für alle Verfahrensbeteiligten, die, wie der Nebenkläger, ohnehin nicht zur Anwesenheit verpflichtet sind.105 Es beeinträchtigt den Fortgang des Verfahrens nicht, wenn sie von der durch § 258 eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch machen, nachdem sie der Vorsitzende dazu aufgefordert hat. Sie können auch ausdrücklich auf Ausführungen oder auf Anträge verzichten. b) Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur dienstrechtlich,106 sondern auch aufgrund der 23 ihr gesetzlich zugewiesenen prozessualen Stellung die (ungeschriebene) Pflicht, Schlussausführungen zu machen und Anträge zu stellen.107 Sie ist nicht befugt, in zweifelhaften
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RGSt 64 133, 134; OLG Hamburg JR 1955 233; KK/Schoreit 6; KMR/Stuckenberg 14; Meyer-Goßner 8; SK/Velten 22; a.A. Gössel § 30 B I c 1 (zwingend). BGH 14.5.1962 – 5 StR 121/62; KK/Schoreit 6. Meyer-Goßner 8; SK/Velten 22. LR/Becker § 227, 9 ff. RGSt 57 265, 266; KK/Schoreit 6; KMR/ Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 8; SK/Velten 22; a.A. AK/Dästner 11, der darin eine veraltete Prozessauffassung sieht, nach ihm können die Verteidiger die Reihenfolge ihrer Plädoyers selbst absprechen, der Vorsitzende entscheidet nur im Streitfall.
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AK/Dästner 12; KK/Schoreit 7; KMR/ Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 19; Eb. Schmidt 10. KK/Schoreit 8; SK/Velten 19. Vgl. Nr. 138, 139 RiStBV. BGH NStZ 1984 468; OLG Düsseldorf NJW 1963 1167; OLG Köln GA 1964 156; OLG Stuttgart NStZ 1992 98 f.; OLG Zweibrücken StV 1986 51 f.; Häger GedS Meyer 176; HK/Julius 20; KK/Schoreit 8; KMR/ Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 10; Pfeiffer 4; Nehm FS Geiß 111, 114 f.; a.A. Königer 425; Eb. Schmidt Nachtr. I 7; SK/Velten 20; Schütz NJW 1963 1589 (nur innerdienstliche Pflicht); offenlassend BGHSt 19 377, 378.
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Fällen die Entscheidung dem Gericht anheimzugeben und sich der Stellung eines Antrags zu enthalten; dies auch dann nicht, wenn in der Berufungsverhandlung allein über die Berufung des Nebenklägers entschieden wird, denn auch dann liegt weiterhin ein auf öffentliche Klage erhobenes Verfahren vor.108 Weigert sich der Staatsanwalt, einen Schlussvortrag zu halten, so darf das Gericht nicht weiterverhandeln, sondern muss den Dienstvorgesetzten um eine entsprechende Weisung ersuchen. Andernfalls liegt zwar kein Verfahrenshindernis,109 aber ein revisibler Rechtsfehler vor,110 auf dem das Urteil freilich kaum beruhen dürfte111. Nur wenn auch dann keine Antragstellung zu erreichen ist, fordert das Beschleunigungsgebot, dass es das Verfahren auch ohne Antragstellung abschließt.112 Welche Anträge der Staatsanwalt stellen will, steht ihm dagegen frei. Er ist keinesfalls gezwungen, bei einer nach seiner Ansicht nicht genügend aufgeklärten Sache zwischen Verurteilung und Freisprechung zu wählen, sondern kann in diesen Fällen die Beiziehung weiterer Beweismittel,113 Einstellung114 oder die Aussetzung115 beantragen.
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c) Der Verteidiger wird schon nach dem Wortlaut des § 258 nicht zu Schlussvorträgen verpflichtet,116 auch nicht in den Fällen der notwendigen Verteidigung oder als Pflichtverteidiger.117 Es ist zwar eine wesentliche Aufgabe der Verteidigung, das Verhandlungsergebnis aus ihrer Sicht in den Schlussvorträgen umfassend zu würdigen. Es muss aber der eigenen Entscheidung des Verteidigers überlassen bleiben, in welcher Form und mit welchen Erklärungen er die Verteidigung führen will. Anders als der Staatsanwalt darf er sich jeder aktiven Mitwirkung enthalten und dem Gericht die Entscheidung anheimstellen. Die völlige Verweigerung eines Schlussvortrags wird aber regelmäßig eine Pflichtverletzung gegenüber seinem Mandanten darstellen.118 Gegen seinen Willen kann
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RGSt 63 53, 55; OLG Köln GA 1964 156; OLG Zweibrücken StV 1986 51; KK/Schoreit 8; KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 10; a.A. OLG Frankfurt NJW 1956 1250; SK/Velten 20. OLG Stuttgart NStZ 1992 98 f.; KK/Schoreit 8; KMR/Stuckenberg 20 m.w.N.; Häger GedS Meyer 177; Nehm FS Geiß 111, 116. OLG Düsseldorf NJW 1963 1167; OLG Stuttgart NStZ 1992 98 f.; OLG Zweibrücken StV 1986 51, 52; KMR/Stuckenberg 19; Meyer-Goßner 10, 33; Hamm 1108; offenlassend BGH NStZ 1984 468; BGHR § 258 Abs. 1 Schlussvortrag 2; a.A. OLG Frankfurt NJW 1956 1250; AG Bad Oldesloe MDR 1976 776 f.; KK/Schoreit 8; SK/Velten 20; Häger GedS Meyer 177; Nehm FS Geiß 111, 116; Schütz NJW 1963 1589 f.; zweifelnd Eb. Schmidt Nachtr. I 7. Zutr. KK/Schoreit 8; Nehm FS Geiß 111, 117; vgl. Dahs/Dahs 361. OLG Stuttgart NStZ 1992 98; vgl. Häger GedS Meyer 177 (kein die Revision begründender Verfahrensfehler des Gerichts). BGHR § 258 Abs. 1 Schlussvortrag 2; vgl.
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OLG Stuttgart NStZ 1992 98 (Beweisantrag); KMR/Stuckenberg 20; Meyer-Goßner 10; auch AG Bad Oldesloe MDR 1976 776 (Beweisermittlungsantrag); a.A. OLG Düsseldorf NJW 1963 1167. Offenlassend BGH NStZ 1984 468; MeyerGoßner 10; abl. SK/Velten 19; zum Antrag auf Nichteinstellung des Verfahrens s. BGHR § 258 Abs. 1 Schlussvortrag 2. KK/Schoreit 8. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295. OLG Köln StV 1991 9, 10 f. (kein Abberufungsgrund nach § 142 Abs. 1 Satz 3); KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 11; ausführl. Nehm FS Geiß 111, 120 ff.; a.A. SK/Velten 19; Schlüchter 561.3 (§ 145 sei anzuwenden; dagegen Nehm FS Geiß 111, 126 ff.); s.a. Eb. Schmidt Nachtr. I 10 (kommt Niederlegung des Mandats gleich); vgl. dagegen BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295 (Angeklagte noch ordnungsgemäß vertreten i.S.d. § 338 Nr. 5); Hamm 1109 (nur Entpflichtung des Pflichtverteidigers). KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 11; a.A. OLG Köln StV 1991 9, 11; offenlassend OLG Frankfurt StV 1994 288, 289.
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das Gericht den Schlussvortrag nicht erzwingen.119 Weigert er sich, obwohl er dazu in der Lage wäre, ist dem Verfahren Fortgang zu geben;120 anders ist es im Fall notwendiger Verteidigung nur, wenn die Verweigerung des Schlussvortrags zugleich bedeutet, dass der Verteidiger die Verteidigung insgesamt nicht mehr führen will im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1.121 5. Form und Inhalt der Schlussvorträge a) Form. Das Gesetz schreibt keine Form für die Schlussvorträge vor; die Möglich- 25 keit der Anordnung der Schriftform besteht nach § 257a Satz 2 ausdrücklich nicht. Am wirkungsvollsten sind Schlussvorträge in freier Rede,122 zulässig ist aber auch das Verlesen schriftlicher Aufzeichnungen123 und die Verwendung von Modellen und Skizzen124. Die bloße Bezugnahme auf eine Schutzschrift macht diese aber nicht zum Verfahrensgegenstand.125 Eine bestimmte Redezeit darf weder im voraus noch während der Ausführungen fest- 26 gesetzt werden, denn das Recht, die für erforderlich angesehenen Ausführungen zu machen, darf nicht begrenzt werden.126 Eine solche Begrenzung würde die Revision selbst dann begründen, wenn der Angeklagte oder der sonstige Prozessbeteiligte deswegen erklärt hat, er wolle dann auf Ausführungen überhaupt verzichten. Verzögerungen und Unbequemlichkeiten sind im Interesse der Rechtsfindung und der Verteidigung hinzunehmen.127 Lediglich für Ausführungen, die der Vorsitzende als nicht zur Sache gehörig ganz unterbinden könnte, kann er eine begrenzte Redezeit gewähren.128 Die von einem Verfahrensbeteiligten beantragte interne Tonaufzeichnung der Schlussvorträge kann – unabhängig von der Verbotsnorm des § 169 Satz 2 GVG – vom Vorsitzenden nach pflichtgemäßem Ermessen auch abgelehnt werden, wenn kein konkreter Missbrauch zu befürchten, die Möglichkeit eines solchen aber nicht auszuschließen ist.129 b) Inhalt. Die Schlussvorträge dürfen sich nur mit Inhalt und Ergebnis der Hauptver- 27 handlung (§ 261) befassen,130 nicht aber Tatsachen erörtern, über die nicht mündlich verhandelt wurde. Die Einführung eines verhandlungsfremden Stoffes, so die Einführung privaten Wissens131 oder die Bezugnahme auf den Inhalt einer anderen Untersuchung oder Verhandlung,132 das Vortragen oder Vorlesen von Schriften, über die nicht verhan-
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Siehe vorige Fn. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295; OLG Köln StV 1991 9; Hamm 1109; AK/Dästner 12, 17; KK/Schoreit 5; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 11; vgl. Hilger NStZ 1983 341. So in den Fällen BGHR § 145 Abs. 1 Weigerung 1 und 2. Vgl Reuß JR 1965 162 f.; Dahs (Hdb.) 707 ff., 711. BGHSt 3 368; KK/Schoreit 9; Meyer-Goßner 12; s. aber BGH MDR 1964 72 (Weitschweifigkeit). OLG Hamm VRS 35 (1968) 370; KK/Schoreit 9; Meyer-Goßner 12. AK/Dästner 13. RGSt 64 57, 58; BGH bei Dallinger MDR
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1953 598; AK/Dästner 31; KK/Schoreit 9; KMR/Stuckenberg 23; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 24. RGSt 41 259, 261; vgl. BGHSt 9 77, 80. A.A. SK/Velten 32 f. BGHSt 10 202, 205 ff.; OLG Düsseldorf MDR 1995 1161; KK/Schoreit 3; vgl. bei § 169 GVG sowie wegen der Tonaufzeichnung für den Gerichtsgebrauch LR/Sander § 261, 39. Hahn 196; RGSt 16 365, 367; 41 259, 261; KK/Schoreit 9; KMR/Stuckenberg 31; Meyer-Goßner 13. KMR/Stuckenberg 31; Meyer-Goßner 13; Mayer SchlHA 1955 348 Fn. 4; a.A. Graf/Eschelbach 9; SK/Velten 25. RGRspr. 8 271, 272.
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delt worden ist,133 ist ebenso unzulässig wie das Verlesen der ganzen Anklageschrift, obschon es etwa zu Verteidigungszwecken statthaft sein kann, einzelne Teile aus ihr vorzutragen134. Etwas anderes gilt nur, wenn die neuen Tatsachen nicht in Würdigung der bisherigen Verfahrensergebnisse, sondern zur Begründung eines den Wiedereintritt in die Beweisaufnahme bezweckenden Haupt- oder Hilfsantrags vorgetragen werden. Eine Aufteilung der Schlussvorträge im Sinne eines (informellen) Tat- oder Schuldinterlokuts, so dass zunächst abschließend nur die Schuldfrage und danach die Rechtsfolgen behandelt würden, ist im Gesetz zwar nicht vorgesehen, kann manchmal zweckmäßig sein und ist zulässig, wenn alle Verfahrensbeteiligten zustimmen.135 Für die Schlussvorträge aller dazu befugten Personen136 gilt, dass sie um so wirkungs28 voller sind, je mehr es gelingt, unter Vermeidung aller tönenden Phrasen die Sache sprechen zu lassen und die Zusammenhänge klar und einsichtig darzustellen. Wird der Prozessstoff wohlgeordnet, objektiv und unter Hervorhebung aller tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen unter Konzentration auf das Wesentliche knapp erörtert, dann stellen die Schlussvorträge – gerade wenn sie strittige Fragen kontradiktorisch herausstellen – eine wesentliche Entscheidungshilfe für das Gericht dar.137 Dies bedeutet aber nicht, dass der Prozessstoff schematisch und trocken abgehandelt werden soll. Zu Grenzen der Redefreiheit und Missbrauch s. Rn. 50 ff. Für die Ausführungen des Staatsanwalts gilt das Gebot absoluter Objektivität und 29 Unvoreingenommenheit im besonderen Maße.138 Nicht der Inhalt der Anklageschrift, sondern allein das Ergebnis der Hauptverhandlung darf die Grundlage seiner sowohl die tatsächliche wie auch die rechtliche Seite des Falls umfassenden Erörterungen sein. Die Anträge des Staatsanwalts sollen sich auf alle Punkte erstrecken, die das Gericht 30 in dem Tenor der vom Staatsanwalt vorgeschlagenen Entscheidung zu treffen hat. Der Inhalt des staatsanwaltlichen Schlussvortrags ist dienstrechtlich eingehend geregelt.139 Er hat, wenn er die Verurteilung beantragt, Art und Höhe der Haupt- und Nebenstrafen ebenso konkret zu bezeichnen wie die in Frage kommenden Nebenfolgen oder Maßregeln der Sicherung und Besserung. Kommt Strafaussetzung zur Bewährung in Frage, hat er sich auch damit auseinanderzusetzen. Bei in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten ist außerdem die Notwendigkeit der Haftfortdauer zu erörtern. Beantragt der Staatsanwalt Freispruch, muss er auch dazu Stellung nehmen, ob dem Angeklagten die Erstattung der notwendigen Auslagen zu versagen ist. Die Frage der Weisungsgebundenheit ist bei § 146 GVG erläutert.
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RG GA 60 (1913) 432 f.; KMR/Stuckenberg 31; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 26; Peters § 29 V 5; a.A. RGRspr. 5 550. RGSt 41 259, 261 f.; Eb. Schmidt 4. Meyer-Goßner 17 m.w.N.; KMR/Stuckenberg 29; Pfeiffer 2; krit. SK/Velten 14; siehe auch BGH NStZ 1985 561; AK/Dästner 8; Kleinknecht FS Heinitz 651 ff.; Roxin § 42, 61 m.w.N. Zum Plädoyer des Staatsanwalts vgl. etwa Dahs DRiZ 1960 106; zu dem des Verteidigers Dahs AnwBl. 1959 1 ff.; Dahs (Hdb.) 707 ff.; Detter StraFo 1997 198; Hammerstein NStZ 1997 12; Ostendorf NJW 1978 1345; Reuß JR 1965 162; Schäfer 882;
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Zieger StV 1982 305; zur Bedeutung des dialektischen Zusammenwirkens von Staatsanwalt, Verteidiger und Gericht für die Urteilsfindung Mangakis GA 1966 327 ff. Zur sachlichen Gediegenheit des Plädoyers Dahs (Hdb.) 715, 721 ff.; Schäfer 882 f. Dahs DRiZ 1960 106, 108; Schäfer 885 ff.; KK/Schoreit 10; KMR/Stuckenberg 25; Meyer-Goßner 14; Eb. Schmidt Nachtr. I 7. RiStBV Nr. 138, 139; vgl. Schäfer 890; Dahs DRiZ 1960 106; Brunner/von HeintschelHeinegg Staatsanwaltschaftlicher Sitzungsdienst (2010)12 113 ff.; Heghmanns Das Arbeitsgebiet des Staatsanwalts (2010)4 939 ff.
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Bewusst unrichtige Anträge zu Lasten des Angeklagten – dazu gehört auch das vor- 31 sätzliche Stellen überhöhter Strafanträge – setzen den Staatsanwalt der Gefahr einer Strafverfolgung nach § 344 StGB aus.140 Unzulässig sind ferner Ausführungen, die sich über ein Verwertungsverbot hinwegsetzen (Rn. 51). Der Angeklagte ist gänzlich frei, ob er etwas und was er zum Verfahren sagen will. 32 Spricht er selbst – und nicht sein Verteidiger für ihn –, so sind tatsächliche Angaben als Teil seiner Sacheinlassung verwertbar. Sowohl der Schlussvortrag als auch das letzte Wort können zur (erstmaligen) Abgabe eines Geständnisses genutzt werden, woraufhin wieder in die Verhandlung einzutreten ist (Rn. 7). Der Schlussvortrag des Verteidigers wird von diesem zwar für den Angeklagten, aber 33 in eigener Verantwortung gehalten.141 Obschon Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO), darf der Verteidiger einseitig die zugunsten des Angeklagten sprechenden Umstände herausstellen.142 Er muss und darf seine Erörterungen auf das Ergebnis in der Hauptverhandlung beschränken und aus diesem seine Anträge begründen. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht ihn besonders darauf hinweisen werde, wenn es einer für den Angeklagten günstigeren Ansicht im Plädoyer des Staatsanwalts nicht folgen wolle. Zu einem solchen Hinweis ist das Gericht nicht verpflichtet.143 Eigenes privates Wissen hat er dabei unbeachtet zu lassen. Er darf deshalb, ohne seine Standespflicht zu verletzen oder ohne sich wegen Begünstigung strafbar zu machen, auch dann die Freisprechung beantragen, wenn er die Schuld des Angeklagten kennt. Unzulässig ist nur die bewusste Verdunkelung des Sachverhalts und die Verwendung unerlaubter verfahrensrechtlicher Mittel.144 6. Recht zur Erwiderung. Absatz 2 sieht nur für den Staatsanwalt ein Recht zur Er- 34 widerung ausdrücklich vor. Für den Nebenkläger folgt dieses Recht aus § 397 Abs. 1,145 für den Privatkläger aus § 385 Abs. 1 Satz 1. Für den Angeklagten und seinen Verteidiger bedurfte es einer solchen ausdrücklichen Bestimmung nicht, da dem Angeklagten ohnehin das letzte Wort zusteht und der Verteidiger befugt ist, hierbei für den Angeklagten zu sprechen.146 Aus der Regelung des Absatzes 2 ist zu folgern, dass kein Prozessbeteiligter im Rah- 35 men der Schlussvorträge Anspruch darauf hat, mehr als zweimal das Wort zu erhalten.147 Eine sachlich begründete Bitte um erneute Erteilung des Worts wird jedoch nicht abgelehnt werden können, so wenn auf einen neu angeschnittenen Gesichtspunkt erst-
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KMR/Stuckenberg 25; Leß JR 1951 193; Mohrbotter JZ 1969 491, 494 f. Vgl. Vor § 137, 105 f. AK/Dästner 16; KMR/Stuckenberg 28; Meyer-Goßner 15; Pfeiffer 4; SK/Velten 31; Schäfer 852; abw. wohl LR/Gollwitzer 25 24. BGH bei Dallinger MDR 1971 18. RGSt 66 316, 325 f.; BGHSt 2 375, 377 f.; 22 99, 107; BGH bei Dallinger MDR 1957 267; HK/Julius 36; KK/Schoreit 11; KMR/Stuckenberg 28; Hammerstein NStZ 1997 12 ff.; Lüderssen FS Sarstedt 158. Zur Wahrheitspflicht des Verteidigers vgl. Beulke Der Verteidiger im Strafverfahren (1980), 149 f.; Bottke ZStW 96 (1984) 726; Dahs
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(Hdb.) 43; Ostendorf NJW 1978 1345; Pfeiffer DRiZ 1984 341; ferner Vor § 137, 112 ff., 119 ff., 133c ff. BGHSt 28 272, 274; BGH bei Holtz MDR 1978 281; NJW 2001 3137. RGSt 41 51, 52; BGH NJW 1976 1951; BGH bei Holtz MDR 1978 281; OLG Bremen MDR 1967 608; OLG Oldenburg NJW 1957 839 f.; HK/Julius 27; KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg 37; Meyer-Goßner 5; SK/Velten 35. RGSt 11 135, 136 f.; OLG Bremen MDR 1967 608 f.; OLG Oldenburg NJW 1957 839; KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg 38; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 34.
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mals erwidert werden soll.148 Der Vorsitzende und – falls seine Entscheidung beanstandet wird – das Gericht ist aber befugt, die nochmalige Worterteilung zu versagen, wenn in dem öfteren Sprechen eine missbräuchliche Ausdehnung der Schlussvorträge auf nicht zur Sache gehörende Gesichtspunkte zu finden ist (Rn. 51). Der anwesende Verteidiger und Angeklagte muss aber immer wieder gehört werden, wenn der Staatsanwalt noch ein weiteres Mal gesprochen hat.149 Nur das Recht zur mehrmaligen Erwiderung kann bei Missbrauch beschränkt wer36 den, nicht aber das Recht, Anträge zu stellen und zu begründen.150 Auch dem Prozessbeteiligten, der kein Recht zur Erwiderung mehr hat, muss das Wort erteilt werden, wenn er zum Zwecke der Antragstellung darum nachsucht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vorsitzende oder das Gericht die Überzeugung gewinnt, der Angeklagte beabsichtige nicht seine Verteidigung zu fördern, sondern verfolge unter dem Schein der Antragstellung ausschließlich unzulässige Zwecke.151 Eine solche Überzeugung muss jedoch eingehend begründet werden, da andernfalls eine den Bestand des Urteils gefährdende Beschränkung der Verteidigung vorliegt.152
IV. Recht auf das letzte Wort 37
1. Berechtigte. Das letzte Wort steht dem Angeklagten zusätzlich zu seinen Erklärungen nach § 257 153 und seinem Schlussvortrag bzw. dem seines für ihn sprechenden Verteidigers154 zu. Dies gilt auch in der Berufungs- (§ 326 Satz 2) und Revisionsverhandlung (§ 351 Abs. 2 Satz 2). Dem Angeklagten gleichgestellt sind Nebenbeteiligte im Umfang ihrer Beteiligung,155 auch im selbständigen Verfahren,156 sowie Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter (§ 67 Abs. 1 JGG, auch vor dem Erwachsenengericht, § 104 Abs. 1 Nr. 9 JGG)157. Als höchstpersönliches Recht ist das letzte Wort seiner Natur nach nicht über38 tragbar.158 Es ist dem Angeklagten vorbehalten, mit eigenen Worten abschließend zu sprechen.159 Eine Vertretung beim letzten Wort ist nicht möglich, auch der Verteidiger ist nur befugt, sich für den anwesenden Angeklagten, nicht aber an seiner Stelle als letzter
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AK/Dästner 19; HK/Julius 27; KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg 38; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 34. BGH NJW 1976 1951; bei Holtz MDR 1978 281; BayObLG VRS 61 (1981) 128; OLG Bremen MDR 1967 608; OLG Celle StV 1985 7; OLG Koblenz VRS 55 (1978) 278; OLG Oldenburg NJW 1957 839; KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg 38; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 35. RGSt 22 335, 336; KK/Schoreit 13; SK/Velten 34. RGSt 22 335, 336. RGSt 12 335, 336 f.; 13 151, 153; 20 206, 207; 22 335, 336 f.; vgl. Rn. 59. BayObLGSt 1955 269, 270. BGHSt 18 84, 86 f.; 20 273, 274; OLG Hamburg StV 2005 205. BGHSt 17 28, 32 f.; KK/Schoreit 18;
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KMR/Stuckenberg 41; Meyer-Goßner 23; SK/Velten 36. BGHSt 17 28, 32. BGHSt 21 288, 289; BGH StV 1985 155; NStZ 1999 426; 2000 435 f.; 2000 535 mit Anm. Eisenberg NStZ 2001 334; BGH StraFo 2003 277; NStZ-RR 2002 346; 2008 291; BayObLG StV 2001 173; OLG Hamm ZJJ 2005 446; NStZ 2006 520; OLG Köln StV 2008 119 f.; OLG Zweibrücken StV 2003 455; KK/Schoreit 20; Meyer-Goßner 23. BGH bei Holtz MDR 1978 460; KK/Schoreit 14; KMR/Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 20. RGSt 64 133, 134; BGHSt 18 84, 87; BGH VRS 41 (1971) 159; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494 Nr. 16; AK/Dästner 20; KK/Schoreit 14; KMR/Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 21.
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zu äußern.160 Daher ist der Verteidiger beim abwesenden Angeklagten weder zum Schlusswort aufzufordern noch kann er verlangen, nach seinem Schlussvortrag noch ein letztes Wort zu haben.161 Jedoch kann der Angeklagte sein letztes Wort durch den Verteidiger wahrnehmen,162 so dass neben dem anwesenden Angeklagten seinem Verteidiger im Rahmen dessen letzten Worts auf Verlangen Gelegenheit zu Ausführungen zu geben ist163. 2. Reihenfolge. Während die im Gesetz vorgesehene Reihenfolge der Schlussvorträge 39 nach Absatz 1 nicht zwingend ist (Rn. 20), hat der Angeklagte zwingend immer das (aller-)letzte Wort, ohne Rücksicht auf die Reihenfolge der Schlussvorträge und die Zahl der Erwiderungen. Soweit Absatz 2 das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und den für ihn sprechenden Personen einerseits und dem Staatsanwalt und Nebenkläger164 andererseits regelt, brauchte dies an sich nicht unbedingt nach dem Verteidiger oder Beistand geschehen.165 Jedoch folgt aus Absatz 3 – und auch aus dem Begriff des letzten Worts nach Absatz 2 –, dass die letzten Ausführungen immer dem Angeklagten persönlich zustehen, und zwar auch dann, wenn er bereits früher das Wort für Schlussausführungen erhalten hat und wenn danach nur für ihn andere Personen, namentlich sein Verteidiger, gesprochen haben.166 Denn es soll sichergestellt werden, dass der Angeklagte noch Ausführungen machen kann, zu denen er erst dadurch veranlasst wird, so wenn er meint, sein Verteidiger habe die Verteidigung nicht in der gewünschten Richtung geführt, oder auf die er erst durch die Vorträge des Staatsanwalts oder des Verteidigers aufmerksam wurde.167 Die Ausführungen seines Erziehungsberechtigten oder gesetzlichen Vertreters anders zu behandeln als die seines Verteidigers besteht kein überzeugender Grund,168 zumal in keinem dieser Fälle ohne weiteres davon ausgegangen werden darf, dass sich die Ausführungen inhaltlich decken werden.169 Auch im Verhältnis zu den Nebenbeteiligten steht dem Angeklagten das letzte Wort zu. Er ist daher nach ihnen nochmals zu hören.170 Bei mehreren Angeklagten bestimmt der Vorsitzende zweckmäßigerweise nach Ab- 40 stimmung mit den Verteidigern die Reihenfolge, in der sie und ihre Verteidiger sprechen können.171 Der Verpflichtung zur Erteilung des Schlussworts ist genügt, wenn jeder
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Vgl. BGH bei Spiegel DAR 1978 153; KG 30.8.1999 – 2 Ss 161/99; OLG Koblenz NJW 1978 2257; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; Eb. Schmidt 11; Weiß NJW 1983 89. BGHSt 17 28, 32; BGH bei Holtz MDR 1978 460; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494 f. Nr. 16; BayObLG VRS 61 (1981) 128; KK/Schoreit 14; KMR/Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 20; SK/Velten 38; a.A. LR/Gollwitzer 25 28; ähnl. HK/Julius 13. BGHSt 18 84, 86; OLG Koblenz VRS 55 (1978) 278 f. = NJW 1978 2257. BGH NJW 1976 1951; OLG Oldenburg NJW 1957 839 f.; OLG Bremen MDR 1967 608, 609. OLG Düsseldorf StV 2000 297; OLG Saarbrücken VRS 17 (1959) 63. Vgl. RGRspr. 7 191, 192. RGSt 64 133, 134; BGHSt 17 28, 33; 18 84,
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86 f.; 20 273, 274; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494 f. Nr. 16; BayObLG bei Bär DAR 1988 363; KK/Schoreit 14; KMR/Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 21; SK/Velten 38; Hammerstein FS Tröndle 485; a.A. Eb. Schmidt 11 und Nachtr. I 11. RGSt 9 69; BGHSt 17 28, 33. KK/Schoreit 20; KMR/Stuckenberg 41; Meyer-Goßner 21; SK/Velten 37; a.A. RGSt 57 265, 266; BGH 10.12.1965 – 4 StR 561/65. Vgl. BGHSt 20 273, 274; AK/Dästner 24. Meyer-Goßner 21. RGSt 57 265, 266; KK/Schoreit 19; KMR/Stuckenberg 42; Meyer-Goßner 22; Gollwitzer FS Sarstedt 18; nach AK/Dästner 25 ist dies den Verteidigern überlassen; der Vorsitzende entscheidet nur im Streitfall; ähnl. HK/Julius 14.
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Angeklagte nach den gegen oder für ihn sprechenden Personen (Verteidiger, Beistand usw.) als letzter zu Wort kam.172 Dass nach ihm noch ein anderer Angeklagter sein Schlusswort spricht, liegt bei mehreren Angeklagten in der Natur der Sache und ist daher verfahrensgemäß;173 die Ausführungen können allerdings Anlass für eine erneute Wortmeldung sein, wenn sie neue, bisher nicht erörterte Tatsachen zum Gegenstand haben. Äußert sich hingegen nach dem letzten Wort eines Mitangeklagten der Verteidiger eines anderen Mitangeklagten noch einmal zur Sache, so ist dem einen Mitangeklagten das letzte Wort erneut zu gewähren.174 Auch hier besteht kein Grund, das letzte Wort eines gesetzlichen Vertreters oder Erziehungsberechtigten eines Mitangeklagten dem eines Mitangeklagten gleichzustellen.175 Werden nach einem Wiedereintritt in die Hauptverhandlung nur Vorgänge angesprochen, die einen Mitangeklagten betreffen, so braucht einem anderen Mitangeklagten nicht nochmals das letzte Wort gewährt zu werden, wenn sie auf das Urteil gegen diesen ohne jeden Einfluss sind.176 Nicht notwendig ist dagegen, dass der Angeklagte im Rahmen der Schlussvorträge 41 ebenso oft das Wort erhält wie sein Verteidiger oder Beistand; insbesondere muss ihm nicht, sofern er das nicht ausdrücklich verlangt, bei jeder Erwiderung erneut Gelegenheit zu Ausführungen gegeben werden. Unerlässlich ist nur, dass er als letzter sprechen kann.
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3. Kein Ausschluss. Wegen der großen rechtsstaatlichen Bedeutung, die der Gewährung des letzten Worts zukommt, verwirkt ein Angeklagter es nicht dadurch, dass er eigenmächtig (§ 231 Abs. 2) sich aus der Hauptverhandlung entfernt hat und bei den Schlussvorträgen nicht anwesend war. Erscheint er vor der Urteilsverkündung wieder, hat er Anspruch auf das letzte Wort.177 Davon darf auch ein Angeklagter, der aus dem Sitzungssaal nach § 231b entfernt worden ist, nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden. Das Gericht darf von dem Versuch, ihm das letzte Wort zu erteilen, nur absehen, wenn der Versuch von vornherein als völlig aussichtslos erscheint.178 In der Regel muss es den Angeklagten wieder hinzuziehen, um zu erkunden, ob er die Gelegenheit zu seiner Verteidigung nutzen will. Auch sonst muss das Gericht alles tun, um dem Angeklagten das letzte Wort zu er43 möglichen. Erleidet der Angeklagte während des letzten Worts einen Schwächeanfall, so obliegt es dem Gericht, sich davon zu überzeugen, ob er sich so weit erholt hat, dass er seine Ausführungen fortsetzen kann, und es muss ihm dann dazu die Gelegenheit geben.179 Hindert den Angeklagten eine sich plötzlich verschlimmernde Sprachstörung am Schlusswort, so soll er das dem Gericht durch Zeichen oder schriftlich mitteilen.180 Bleibt er passiv, entbindet das das Gericht allerdings nicht von der eigenen Prüfung, ob der Angeklagte nicht sprechen will oder ob er nicht sprechen kann.181
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4. Befragung des Angeklagten. Absatz 3 will sicherstellen, dass der Angeklagte persönlich als letzter zu Wort kommt, und zwar auch dann, wenn ein Verteidiger für ihn
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Vgl. KK/Schoreit 19. BGHSt 48 181, 182; AK/Dästner 25. BGHSt 48 181, 182 mit insoweit zust. Anm. Rübenstahl GA 2004 33, 42. So aber BGHSt 48 181, 182. BGH StV 1997 339. BGH NStZ 1986 372; 1990 291; OLG Hamm NStZ-RR 2001 334; KK/Schoreit 22; KMR/Stuckenberg 44; Meyer-Goßner 20.
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RGSt 35 433, 435 ff.; BGHSt 9 77, 81; BGH NJW 2005 2466, 2469; KG StV 1987 519 mit Anm. Frister; OLG Koblenz MDR 1975 424; KK/Schoreit 22; KMR/Stuckenberg 44; Meyer-Goßner 20. RG DRiZ 1932 453; KMR/Stuckenberg 43. RG JW 1932 3105 mit abl. Anm. Oetker. Oetker Anm. zu RG JW 1932 3105.
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gesprochen hat.182 Der Angeklagte – auch wenn er es nicht verlangt – muss deshalb am Schluss der Verhandlung vom Vorsitzenden befragt werden, was er zu seiner Verteidigung noch auszuführen habe. Von Amts wegen zu erteilen ist das letzte Wort auch den dem Angeklagten gleich gestellten Personen (Rn. 37) wie insbesondere Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern, und zwar auch dann, wenn sie zuvor das Zeugnis verweigert hatten.183 Eine förmliche Frage184 oder Verwendung des Gesetzeswortlauts ist nicht nötig,185 45 aber empfehlenswert, denn unumgänglich ist, dass der Angeklagte nach seinem Verteidiger das letzte Wort persönlich186 und unmissverständlich187 erhält, sofern er es nicht schon von sich aus ergriffen hat. Eine den Verzicht auf eigene Ausführungen in den Mund legende Suggestivfrage („Sie schließen sich doch den Ausführungen Ihres Verteidigers an?“) verbietet sich.188 Stellt das Gericht nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung nur noch eine Einzelfrage zur Erörterung, so kann es nicht ohne weiteres annehmen, der Angeklagte wisse ohne Hinweis von sich aus, dass er sich nochmals umfassend zum ganzen Verfahren äußern könne.189 Die Aufforderung zur nochmaligen Antragstellung kann nicht ohne weiteres der Aufforderung zur umfassenden Stellungnahme gleichgestellt werden.190 Eine fehlerhafte Erteilung steht der Nichterteilung gleich.191 Die ausdrückliche Befragung nach Absatz 3 erübrigt sich beim unverteidigten Ange- 46 klagten.192 Beim verteidigten Angeklagten erübrigt sie sich nur, wenn er sich in Kenntnis seines Rechts als letzter zur Sache äußert oder wenn er von sich aus um das Wort bittet, um Ausführungen zu machen oder um sich den Ausführungen seines Verteidigers anzuschließen.193 Es muss sich dabei aber immer erkennbar um Schlussausführungen im Sinne des § 258 handeln. Eine Erklärung, die der Angeklagte nach § 257 abgibt, ersetzt selbst dann nicht das letzte Wort, wenn ihr keine weitere Erklärung eines Prozessbeteiligten folgt.194 Gleiches gilt, wenn der Angeklagte nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung vom Gericht nochmals vernommen worden ist.195 5. Inhalt. Da Sinn des letzten Worts vor allem ist, dass der Angeklagte seine subjek- 47 tive Sicht der Dinge darlegen kann und dadurch als Prozesssubjekt ernst genommen wird, ist ihm „weitestgehende Verteidigungsfreiheit“ einzuräumen.196 Daher ist der
182
183 184 185
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RGSt 9 69; 23 319 f.; 42 51, 52; BGHSt 17 28, 33; 18 84, 86; 20 273, 275; OLG Hamm VRS 41 (1971) 159, 160. Zutr. BGH NStZ-RR 2008 291. So aber OLG Schleswig SchlHA 1956 212; Hamm 1119. RGSt 23 319, 320; 61 317, 318; BGHSt 18 84, 86 f.; OLG Hamm NJW 1959 1933; VRS 41 (1971) 159, 160; KK/Schoreit 17; Meyer-Goßner 24. BGH StV 1999 5; OLG Hamburg StV 2005 205, 206; OLG Hamm StV 2000 298; KK/Schoreit 17. RGSt 61 317, 318; BGHSt 18 84, 87; 20 273, 275; OLG Hamm VRS 41 (1971) 159; KK/Schoreit 17; KMR/Stuckenberg 45; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 21. AK/Dästner 24. BGHSt 20 273, 274 f.; BGH bei Dallinger
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MDR 1966 893; OLG Düsseldorf GA 1976 371; Hanack JZ 1972 274, 275; KK/Schoreit 17; KMR/Stuckenberg 46. BGH StV 1999 5; Hanack JZ 1972 274, 276 zu BGHSt 18 84, 86. RGSt 61 317, 318; BGHSt 3 368, 370; BGH StV 1985 355, 356; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1956 77; OLG Hamburg StV 2005 205, 206; KMR/Stuckenberg 55; SK/Velten 55. RGSt 23 319; BGHSt 18 84, 85 f. BGHSt 18 84, 86 f.; 20 273, 274; KK/Schoreit 16; KMR/Stuckenberg 46. BayObLGSt 1955 270. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187. BGHSt 9 77, 79; BGH StV 1985 355, 356; KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 47; Meyer-Goßner 25; Eb. Schmidt 10; Seibert
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§ 258
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Angeklagte grundsätzlich frei darin, was er im Rahmen seines Schlussvortrags und des letzten Worts ausführen will. Es soll ihm ermöglicht werden, am Schluss des Verfahrens selbst auf die Überzeugungsbildung des Gerichts mit eigener Sachschilderung und eigenen Argumenten Einfluss zu nehmen und für ihn günstige Umstände herauszustellen. Er kann sich jetzt erstmals oder wiederholt zur Sache einlassen, ein Geständnis abgeben oder ein Alibi vortragen (Rn. 32). Bis zu einem gewissen Umfang muss er auch mit Ausführungen gehört werden, die über den Verfahrensgegenstand im strengen Sinne hinausgehen, etwa die Beweggründe seiner Tat197 oder unbedeutende Nebenpunkte betreffen oder die neben der Sache liegen. Er darf auch unabhängig vom Vortrag seines Verteidigers eigene Rechtsausführungen machen.198 Nur wenn der Angeklagte alles, was ihm wichtig erscheint, vortragen kann, hat er das Empfinden, dass er fair behandelt wurde.199 Der Vorsitzende kann im Rahmen seiner Sachleitungsbefugnis den Angeklagten unter48 brechen und Fragen stellen,200 um zur Sache zurückzuführen, eine geordnetere Gliederung oder eine Ergänzung des Vortrags zu veranlassen. Entsteht daraus eine ergänzende Vernehmung, so ist freilich erneut nach § 258 zu verfahren. Der Vorsitzende darf den Angeklagten durch Unterbrechungen und Fragen nicht aus dem Konzept bringen201 oder ihn unter Androhung des Wortentzugs zur Wahrheit ermahnen,202 obschon er ihm den Ernst der Situation vor Augen führen darf. Dem Angeklagten darf auch nicht verwehrt werden, bei seinen Ausführungen schriftliche Aufzeichnungen zu verwenden203 oder die Unfallvorgänge an Hand eines Modells zu erklären204. Das wichtige Verteidigungsmittel des letzten Worts darf schließlich keinesfalls zum 49 Zweck der Erleichterung oder Beschleunigung des Verfahrens beschränkt oder gar abgeschnitten werden,205 etwa durch Begrenzung der Redezeit oder durch vorzeitigen Aufbruch des Gerichts206. Der Vorsitzende sollte deshalb nur eingreifen, wenn dies für einen geordneten Verfahrensfortgang unerlässlich ist, vgl. Rn. 50 ff.
V. Grenzen der Redefreiheit 50
1. Grenzen. Der Vorsitzende, dessen Pflicht zur Leitung der Verhandlung (§ 238 Abs. 1) sich auch auf die Schlussvorträge erstreckt,207 darf nur einschreiten, wenn die Befugnis zu den Schlussausführungen oder zum letzten Wort von einem Prozessbeteiligten offensichtlich missbraucht wird und dies sonst unerlässlich ist, um die Ordnung in der Sitzung und einen geregelten Verhandlungsgang zu wahren.208
197
198 199 200 201
MDR 1964 471 f.; zur sinnvollen Nutzung vgl. Hammerstein FS Tröndle 435 ff. m.w.N. RGSt 64 57, 58 f.; BGH StV 1985 355, 356; auch politische Hintergründe: BGHSt 31 16, 18 ff. mit Anm. Gössel JR 1983 118 (Angriffe auf die Gesellschaftsordnung); KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 47; Meyer-Goßner 25; SK/Velten 41 ff. BGH bei Dallinger MDR 1957 527 m.w.N.; KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 47. Seibert MDR 1964 471, 472. BGH bei Dallinger MDR 1957 527; MeyerGoßner 25. BGH bei Dallinger MDR 1957 527; Seibert MDR 1964 471 f.
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202 203 204 205 206 207
208
BGH JR 1965 348; AK/Dästner 22; KK/Schoreit 21; Meyer-Goßner 25. BGHSt 3 368; BayVerfGHE 24 178; KK/Schoreit 21; SK/Velten 42 f. OLG Hamm VRS 35 (1968) 370; KK/Schoreit 21; Meyer-Goßner 12. BGHSt 9 77, 80; s.a. Meyer-Goßner 25. OLG Neustadt GA 1961 186. Hahn 196; RG HRR 1939 Nr. 210; KK/Schoreit 10; KMR/Stuckenberg 30; a.A. SK/Velten 43 (nur Unterbindung rechtswidriger Äußerungen). KK/Schoreit 10.
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§ 258
Dies kann der Fall sein, wenn Ausführungen in den Plädoyers sich über ein Beweis- 51 verwertungsverbot hinwegsetzen209 oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit (§§ 171b, 172 Nr. 2, 3 GVG) verhandelten und unter ein Schweigegebot (§ 174 Abs. 3 GVG) gestellten Prozessstoff offenbaren,210 falls dies nicht aus Sachgründen unvermeidbar ist. Unzulässig und strafbar 211 sind Beeinträchtigungen der Ehre eines Verfahrensbeteiligten oder Dritter, die nicht zur tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Prozessstoffs unvermeidbar und dann gerechtfertigt (§ 193 StGB) sind, also insbesondere Formalbeleidigungen (§ 192 StGB).212 Zu unterbinden ist ferner offensichtlicher Missbrauch des Schlussvortrags für sachfremde Ausführungen und prozessfremde Zwecke,213 zu fortwährenden Wiederholungen oder unnützen Weitschweifigkeiten214. Hält aber das Schlusswort die sehr weit gezogenen äußeren Grenzen ein, ist es nicht Sache des Gerichts oder des Vorsitzenden, seinen Inhalt und den Schwerpunkt der Ausführungen zu bestimmen. Der jeweilige Verfahrensbeteiligte hat eigenverantwortlich selbst zu befinden, mit welchen Ausführungen er seine Verfahrensinteressen vertreten will. Die Möglichkeit dazu darf ihm nicht beschnitten werden.215 Dies gilt in erhöhtem Maße für das letzte Wort des Angeklagten, bei dem nur eingeschritten werden kann, wenn der Angeklagte unablässig keinerlei zur Sache gehörende und für seine Verteidigung bestimmte Ausführungen macht216 oder sich stets nur wiederholt217 oder es sonst offensichtlich missbraucht. Freilich kann ein Eingreifen des Vorsitzenden durch Fragen oder Hinweise auch dem Interesse des jeweiligen Verfahrensbeteiligten dienen, um einen völlig neben der Sache liegenden Schlussvortrag zum Gegenstand des Prozesses zurückzuführen oder um die ergänzende Erörterung eines nach Ansicht des Gerichts wichtigen Punkts anzuregen.218 2. Maßnahmen. Der Vorsitzende muss in Erfüllung seiner Sachleitungsaufgabe in der 52 Regel Ungehörigkeiten abmahnen, im übrigen soll er den Ausführungen größtmöglichen Freiraum lassen. Er soll nur bei völlig neben der Sache liegenden Ausführungen durch Hinweise, Anregungen oder Fragen zu steuern versuchen. Die Entziehung des Worts ist nur als das letzte Mittel und bei den Schlussvorträgen219 53 wie beim letzten Wort220 regelmäßig nur dann zulässig, wenn wiederholte Mahnungen ohne Erfolg geblieben sind. Der Vorsitzende kann sodann sowohl dem Angeklagten als
209 210 211 212
213
Meyer-Goßner 13. Meyer-Goßner 13. BGHSt 18 204 f.; 31 16, 17 mit abl. Anm. Gössel JR 1983 118. RG GA 39 (1891), 308 f.; BGH StV 1987 533 f.; KG JR 1988 522 f.; NStZ-RR 1998 12; OLG Jena NJW 2002 1890 f.; OLG Saarbrücken AnwBl. 1979 193; LG Hechingen NJW 1984 1766; HK/Julius 35; KK/Schoreit 10; KMR/Stuckenberg 33; Meyer-Goßner 26; SK/Velten 43; Krekeler AnwBl. 1976 190; s.a. BVerfG NJW 2000 199 f.; BGH JZ 1962 486 mit Anm. Weitnauer 489. RGSt 16 365, 367; 41 259, 261; 64 57, 58; BGH StV 1985 355, 356; Rüping/Dornseifer JZ 1977 419; Schorn NJW 1958 1333 (Glosse); Seibert MDR 1964 471.
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220
BGHSt 3 368, 369; BGH bei Dallinger MDR 1953 598; 1957 527; 1964 72; OLG Hamm VRS 35 (1968) 370, 371; Meyer-Goßner 16. BGH StV 1985 355; OLG Köln VRS 69 (1985) 444; KK/Schoreit 10; s. Fn. 205 f. RGSt 64 57, 58. Vgl. BGH MDR 1964 72. Vgl. KK/Schoreit 10; AK/Dästner 30. AK/Dästner 31; KK/Schoreit 10; KMR/ Stuckenberg 34; SK/Velten 43; wohl nur eine vergebliche Abmahnung lassen HK/Julius 7; Meyer-Goßner 16 genügen; auf die Umstände des Einzelfalls stellt LR/Gollwitzer 25 42 Fn. 158 ab. RGSt 64 57, 59; KK/Schoreit 21; KMR/ Stuckenberg 48; weiter Meyer-Goßner 26.
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§ 258
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
auch dem Verteidiger, dem Staatsanwalt oder dem Nebenkläger oder sonst einem nach § 258 zu Schlussausführungen Berechtigten das Wort entziehen. Das Recht, Beweisanträge zu stellen, darf dadurch aber nicht beeinträchtigt werden.221
VI. Sitzungsniederschrift 54
Als wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens ist zu beurkunden, dass nach Abschluss der Beweisaufnahme alle dazu berechtigten Personen Schlussvorträge gehalten haben, auch, dass ihnen das Wort zu den Schlussausführungen erteilt worden ist,222 dass der Angeklagte gegebenenfalls nach Absatz 3 befragt wurde,223 dass ihm das letzte Wort gewährt wurde224 und ob er sich geäußert hat. Soweit es auf die Reihenfolge der Verfahrensvorgänge und die eventuelle Erneuerung der Schlussvorträge und des letzten Worts ankommt, ist die protokollierte Reihenfolge maßgebend. Eine wesentliche Förmlichkeit liegt ferner in der Anordnung, die einem Verfahrensbeteiligten das Wort zu Schlussausführungen ausdrücklich verweigert oder es ihm entzieht,225 ferner, wenn gegen eine Beanstandung des Vorsitzenden das Gericht angerufen wurde sowie die hierauf ergangene Entscheidung des Gerichts.226 Die Beobachtung dieser Förmlichkeiten kann nach § 274 nur durch das Protokoll bewiesen werden.227 Nutzt der Angeklagte sein letztes Wort zur erstmaligen Sacheinlassung, so ist dies als wesentliche Förmlichkeit zu protokollieren, wozu der Vermerk „der Angeklagte hatte das letzte Wort“ nicht ausreicht.228 Das Protokoll muss nicht den Gesetzeswortlaut wiederholen; sein Inhalt ist auslegungs55 fähig,229 wobei die dienstlichen Äußerungen des Vorsitzenden und des Protokollführers außer Betracht zu bleiben haben.230 Nach früherer Rechtsprechung war eine Protokollberichtigung, die der bereits erhobenen Revisionsrüge den Boden entziehen würde, ausgeschlossen.231 Seit der Entscheidung des Großen Senats BGHSt 51 298 ist eine solche Berichtigung, die zur Rügeverkümmerung führt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen möglich.232 Die positive und negative Beweiskraft des Protokolls entfällt nur,
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225 226 227
RGSt 11 135, 137 f.; anders für offensichtlich prozessfremden Zwecken dienende Scheinbeweisanträge: RGSt 20 206, 207; 22 335, 336; SK/Velten 43. OLG Koblenz OLGSt 5; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; OLG Zweibrücken StV 1986 51; KK/Schoreit 33; KMR/Stuckenberg 49; Meyer-Goßner 31; SK/Velten 45. BGHSt 22 278; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494; OLG Hamm VRS 41 (1971) 159; OLG Koblenz VRS 76 (1989) 44; h.M., vgl. bei § 273. BGH StV 1982 103; 2002 530; bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1985 494; KK/Schoreit 33; KMR/Stuckenberg 49. KMR/Stuckenberg 49; Meyer-Goßner 31; SK/Velten 45. Vgl. bei § 273; zur negativen Beweiskraft vgl. OLG Zweibrücken MDR 1969 780. BGHSt 13 53, 59; 22 278, 280; BGH StV
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230
231
232
1982 103; 1986 51; 1987 284; bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1983 212; BGHR § 258 Abs. 3 letztes Wort 1; OLG Hamm JMBlNW 1954 156; VRS 41 (1971) 159, 160; OLG Köln VRS 76 (1989) 444. BGH StV 2000 123, 124; Miebach NStZ 2000 234, 240; KK/Schoreit 21. RG JW 1926 2761; BGHSt 13 53, 59; BGH VRS 34 (1968) 346; NStZ-RR 2005 259 f.; OLG Köln VRS 76 (1989) 444; Bedenken bei Hanack JZ 1972 274, 275. BGHSt 13 53, 59; 22 278, 280; BGH NStZ 1993 94; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 212; StV 1982 103; 1986 420; 1992 410; BGHR § 258 Abs. 3 letztes Wort 1; OLG Hamm JMBlNW 1954 156; KK/Schoreit 33; KMR/Stuckenberg 50. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494; StV 1999 585; OLG Zweibrücken MDR 1969 780. Näher LR/Stuckenberg § 271, 58 ff.
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§ 258
wenn die Vermerke widersprüchlich233 oder unklar sind,234 weil ihre Auslegung selbst mehrere Möglichkeiten offen lässt; dann ist im Wege des Freibeweises unter Heranziehung dienstlicher Erklärungen zu prüfen, ob das letzte Wort tatsächlich erteilt worden ist.235 Verbleibende Zweifel, ob das letzte Wort gewährt wurde, gehen in der Revision zu Lasten des Betroffenen.236 Schließt die Sitzungsniederschrift in der Angabe über die Schlussvorträge nur mit dem 56 Satz ab „Die Beteiligten/Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte blieben bei ihren Anträgen“ bzw. „Ausführungen“, so wird dadurch nicht ersichtlich, dass dem Angeklagten das letzte Wort gewährt wurde.237 Vermerke, dass dem Angeklagten „neben Staatsanwalt und Verteidiger Gelegenheit zu Ausführungen“238 oder „Anträgen“ gegeben worden sei,239 dass mehrere Angeklagte zusammen gefragt wurden, ob sie selbst „noch etwas zu seiner Verteidigung auszuführen“ hätten,240 oder dass „die Angeklagten keine weiteren Erklärungen abgaben“,241 beweisen nicht, dass der Angeklagte nach Absatz 3 befragt wurde, zumal „Ausführungen“ zu machen dem Angeklagten auch nach §§ 258 Abs. 1, 326 Abs. 1 zusteht. Hingegen soll der Vermerk „Der Angeklagte hatte das letzte Wort“ sowohl beweisen, dass der Angeklagte gemäß Absatz 3 befragt wurde,242 als auch, dass der Verteidiger Gelegenheit zur Erwiderung hatte sowie für den Angeklagten vor dessen letztem Wort sprechen konnte243. Auch die Formulierung „Der Staatsanwalt und sodann der Verteidiger sowie der Angeklagte erhielten zu ihren Ausführungen das Wort. Der Staatsanwalt beantragte …, der Verteidiger beantragte …“ soll aufgrund der Reihenfolge beweisen, dass der Angeklagte das letzte Wort hatte; die Anführung der Anträge sei nicht als erneute Worterteilung, sondern Konkretisierung der Ausführungen zu verstehen.244 Hinreichend soll auch „die Angeklagten und ihre gesetzlichen Vertreter erhielten erneut das Wort zum Schlussvortrag“ sein,245 obwohl dies wegen der fehlenden Differenzierung der Rechte aus § 258 Abs. 1 und Abs. 2 a.E. zweifelhaft ist. Es ist erstaunlich, dass nicht selten Urteile schon wegen solcher Ungenauigkeiten des 57 Protokolls aufzuheben waren, denn die Einhaltung dieser sehr einfachen Förmlichkeit 246
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Vgl. OLG Hamburg StV 2005 205 f.; OLG Hamm JMBlNW 1954 156; OLG Köln VRS 62 (1982) 281; LR/Stuckenberg § 274, 29 ff. BGH bei Kusch NStZ 1997 71. Vgl. BGH StV 1999 5; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1956 77; OLG Hamm VRS 48 (1975) 433. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2002 58. OLG Köln GA 1971 217; KMR/Stuckenberg 51; Meyer-Goßner 32; SK/Velten 46; a.M. BGHSt 13 53, 59 f.; 18 84, 87; OLG Hamm VRS 41 (1971) 159, 160; KK/Schoreit 17; dazu Hanack JZ 1972 274, 276. OLG Hamburg StV 2005 205 f. BGH StV 1999 5; KMR/Stuckenberg 51; vgl. BGHSt 20 278, 279. OLG Hamm StV 2000 298 (an der Benutzung des Wortlauts von § 258 Abs. 3 ist freilich nichts auszusetzen, doch wurde hier nicht jeder einzelne Angeklagte persönlich befragt).
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243
244 245 246
BGHR § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 1; BGH StV 1986 420; bei Kusch NStZ-RR 1999 36; HK/Julius 19; KK/Schoreit 17; KMR/Stuckenberg 51; Meyer-Goßner 32; SK/Velten 46. BGH bei Kusch NStZ 1997 71 Nr. 11; OLG Hamm NJW 1959 1933 f.; anders noch OLG Hamm NJW 1958 1836 mit abl. Anm. O. Schmitt NJW 1959 62; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 11. So BGH NJW 1979 1668 (offen lassend, ob wesentliche Förmlichkeit); vgl. BayObLGSt 1955 269; OLG Koblenz NJW 1978 2257 = VRS 55 (1978) 278 f.; OLG Köln VRS 57 (1980) 32; KK/Schoreit 33; Meyer-Goßner 32. Soweit es dem Verteidiger überlassen ist, neben dem Angeklagten für diesen zu sprechen, dürfte auch keine wesentliche Förmlichkeit vorliegen. BGH NStZ 2005 280 f. BGH NStZ-RR 2005 259, 260. Eb. Schmidt Nachtr. I 11.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
stellt keinerlei Schwierigkeit dar. Zwar muss der Gesetzeswortlaut nicht benutzt werden, doch um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, die persönliche Befragung eines jeden Angeklagten nach Absatz 3 – soweit sie nötig ist (Rn. 46) – und die Gewährung des letzten Worts im Protokoll ausdrücklich und eindeutig festzustellen,247 also: „Der Angeklagte … wurde befragt, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe, und hatte das letzte Wort.“248 Ein zusätzlicher Hinweis auf eine etwaige Belehrung des Angeklagten über den Umfang des letzten Worts ist nicht notwendig, kann aber zweckmäßig sein.
VII. Rechtsbehelfe 58
1. Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2. Gegen sachleitende Maßnahmen des Vorsitzenden wie Beschränkung oder Entziehung des Worts kann das Gericht angerufen werden.249 2. Revision
59
a) Mögliche Verfahrensrügen. Nach §§ 337, 258 kann mit der Revision gerügt werden, dass einem dazu berechtigten Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu Schlussvorträgen versagt250 oder verkürzt wurde. Eine solche unzulässige Verkürzung kann darin liegen, dass er nicht alles, was er für erforderlich hielt, vortragen durfte,251 aber auch darin, dass ihm entgegen seinem Antrag die erforderliche Zeit für die Vorbereitung des Plädoyers, auf die er jedoch hinweisen muss,252 versagt wurde253. Gerügt werden kann auch, dass das Gericht ohne jeden Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft entschieden hat,254 nicht aber, dass der Verteidiger nicht befragt wurde255 oder auf einen Schlussvortrag verzichtet hat256. Gerügt werden kann ferner, wenn der Angeklagte oder ein ihm gleichgestellter Ver60 fahrensbeteiligter 257 weder das letzte Wort hatte noch nach Absatz 3 befragt worden war 258 oder dass die Befragung ungenügend war, weil sie nicht erkennbar machte, dass damit die Möglichkeit eröffnet wurde, im vollen Umfang Ausführungen zur Verteidigung
247
248 249
250 251
So schon Eb. Schmidt Nachtr. I 11; Eb. Schmidt JR 1969 235; KMR/Stuckenberg 52; abw. LR/Gollwitzer 25 53 (Vermerk über Befragung nicht nötig); O. Schmitt NJW 1959 62 („überspannte Formenstrenge“). Vgl. BGH NStZ-RR 2005 259 f.; KK/Schoreit 17; Meyer-Goßner 31. H.M.; so schon RGRspr. 4 151; 9 271; RG HRR 1939 Nr. 210; 1939 Nr. 1450; KK/Schoreit 10; KMR/Stuckenberg 53; Meyer-Goßner 16; ferner KG NStZ 1984 523 (Weigerung des Vorsitzenden, die Hauptverhandlung zur Vorbereitung des Plädoyers zu unterbrechen). OLG Koblenz VRS 55 (1978) 278; OLG Köln VRS 69 (1985) 444. RGSt 64 57, 58 f.; BGH bei Dallinger MDR
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254 255 256
257 258
1953 598; auch OLG Köln VRS 69 (1985) 444. BGH NStZ 2005 650. KG NStZ 1984 523; vgl. BGH StV 1989 187, 189 (überraschende Urteilsverkündung); AK/Dästner 33; KK/Schoreit 5, 35; KMR/Stuckenberg 54; Meyer-Goßner 33; oben Fn. 98. Oben Fn. 110. BGHSt 20 273, 274; KK/Schoreit 5. BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295 (auch nicht § 338 Nr. 5); bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1987 217 Nr. 3; KK/Schoreit 5; a.A Schlüchter 561.3 (bei notwendiger Verteidigung); krit. Dahs/Dahs 242, 362; Hamm 1109. Vgl. die Nachw. zu Rn. 37. Vgl. Rn. 44 ff.
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zu machen259. Der Nichtgewährung des letzten Worts steht eine unzulässige Beschränkung gleich.260 Die Rüge greift vor allem auch durch, wenn nach einem Wiedereintritt in die Verhandlung versäumt wurde, den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, die Schlussvorträge und das letzte Wort zu wiederholen (Rn. 4 ff.). Soweit die Beschränkung der Äußerungsbefugnis zur Folge hatte, dass ein Verfahrensbeteiligter sich zu neuem tatsächlichen Vorbringen nicht äußern konnte, ist sein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt,261 was zusätzlich zum Verstoß gegen § 258 mit der Revision geltend gemacht werden kann und zur Erhaltung der Verfassungsbeschwerde auch geltend gemacht werden muss. Ein Verstoß gegen § 261 und eventuell auch gegen § 338 Nr. 1 (geistig abwesend) kann vorliegen, wenn ein Richter den Schlussvorträgen und dem letzten Wort nicht das für ihre Würdigung unerlässliche Mindestmaß an Aufmerksamkeit schenkt.262 Wird das Urteil nach Wiedereintritt in die Verhandlung ohne nochmalige Beratung verkündet, ist die Revision wegen Verstoßes gegen §§ 260 Abs. 1, 261 begründet.263 Hat das Gericht eine nach § 238 Abs. 2 (Rn. 58) beanstandete, den Verteidiger oder Angeklagten belastende Anordnung des Vorsitzenden zu Unrecht bestätigt, so kann dies als die Verteidigung beschränkender Beschluss auch nach § 338 Nr. 8 gerügt werden.264 Verstöße gegen § 258, insbesondere die Nichtgewährung des letzten Worts, können bis zur Beendigung der Urteilsverkündung dadurch geheilt werden, dass sie ordnungsgemäß nachgeholt werden.265 Die vorherige Anrufung des Gerichts gemäß § 238 Abs. 2 gegen die Maßnahmen des Vorsitzenden ist zur Erhaltung der Verfahrensrüge nicht erforderlich bei Nichterteilung des Worts zu Schlussvortrag und letztem Wort sowie bei Beschränkungen, die einer Nichterteilung gleichkommen, etwa wenn der Vorsitzende Gelegenheit zu Schlussvorträgen und letztem Wort nicht in klar erkennbarer Weise oder nur mit unzulässiger zeitlicher Beschränkung oder Verbot der Benutzung schriftlicher Aufzeichnungen gegeben hat.266 Dies folgt – unabhängig von der allgemein bei § 238 vertretenen Auffassung267 – schon daraus, dass das Gericht nicht entscheiden darf, wenn es nicht vorher den Verfahrensbeteiligten, vor allem dem Angeklagten, Gelegenheit gegeben hat, sich abschließend umfassend zum Verfahrensergebnis zu äußern. Die Beanstandung ist gleichwohl ratsam, weil die Untätigkeit des Verteidigers bei Prüfung der Beruhensfrage zu werten ist.268
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265
Vgl. Rn. 45. RGSt 61 317, 318; BGHSt 3 368, 370; BGH StV 1985 355, 356; vgl. Rn. 47 ff. BVerfGE 54 140, 141 f.; OLG Düsseldorf VRS 64 (1983) 205; OLG Köln VRS 69 (1985) 444. BGH NJW 1962 2212; s.a. BGHSt 2 14, 15; 11 74, 75; BGH bei Dallinger MDR 1956 398; vgl. Rn. 14 ff.; KMR/Stuckenberg 56. RGSt 42 85, 86 f.; 43 51 f.; 46 373, 375; OGHSt 2 193, 195; BGH NJW 1951 206. RG HRR 1939 Nr. 1450; BGH NJW 1976 1951; OLG Hamm NJW 1970 1696; JMBlNW 1980 81 f.; OLG Oldenburg NJW 1957 839. OLG Hamm JMBlNW 1955 237; OLG Jena NStZ-RR 2006 278 f.; HK/Julius 32;
266
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KMR/Stuckenberg 58; Schmid JZ 1969 763 m.w.N. RG JW 1933 1591; BGHSt 3 368, 370; 21 288, 290; BGH JR 1965 348; OLG Karlsruhe MDR 1966 948 f.; OLG Köln GA 1971 217; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1970 199; Fuhrmann NJW 1963 1235; Hanack JZ 1972 274, 276; AK/Dästner 33; HK/Julius 32; KK/Schoreit 35; KMR/Stuckenberg 59; Meyer-Goßner 33; Eb. Schmidt Nachtr. I 4; a.A. RG GA 46 (1898/99) 337; OLG Neustadt GA 1961 186. Vgl. LR/Becker § 238, 43 ff. BGH bei Dallinger MDR 1953 598; HK/Julius 24; KMR/Stuckenberg 59.
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Hingegen verlangt die Rechtsprechung einen Antrag nach § 238 Abs. 2 bei anderen Anordnungen des Vorsitzenden, die einer Nichterteilung des Worts nicht gleichkommen.269 Für eine Differenzierung zwischen sachleitenden Anordnungen des Vorsitzenden, die einer Nichterteilung des Worts gleichkommen, und anderen gegen § 258 verstoßenden Anordnungen, die einer Nichterteilung nicht gleichkommen sollen, ist jedoch kein Raum,270 denn jede unzulässige Beschränkung der Äußerungsmöglichkeit – ganz gleich in welcher Form – verletzt § 258 und damit zwingendes Recht, dessen Beachtung in die unmittelbare Gesamtverantwortung des Gerichts fällt. Beschwer. Grundsätzlich ist nur der Beteiligte beschwert, dessen eigenes Äußerungs66 recht nach § 258 verkürzt oder vereitelt wurde. Die Versagung des letzten Worts beschwert allein den Angeklagten, nicht aber andere Verfahrensbeteiligte, etwa den Nebenkläger oder den Staatsanwalt.271 An einer eigenen Beschwer eines Mitangeklagten fehlt es auch, wenn nur bei einem anderen Mitangeklagten gegen § 258 verstoßen wurde. Hingegen kann der Angeklagte mit seiner Revision nach § 337 geltend machen, dass sein eigener Verteidiger oder sonst eine für ihn an der Hauptverhandlung teilnehmende Person entgegen § 258 in ihren Äußerungsrechten beschnitten wurde. Der Angeklagte kann auch rügen, dass das Urteil ohne Schlussvortrag des Staatsanwalts erging.272
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b) Für die Begründung der Rüge der Verletzung des § 258 ist erforderlich, dass die behauptete Verletzung des § 258 durch Angabe aller Tatsachen (§ 344 Abs. 2 Satz 2) dargetan wird, die den konkreten Fehler – sehr oft ein Unterlassen – lückenlos belegen.273 Die bloße Behauptung des Verstoßes als solchen genügt nicht. In der Regel ist die vollständige Darlegung des für die Beurteilung der Rüge relevanten Verfahrensverlaufs notwendig, so etwa der Vorgänge, die einen Wiedereintritt in die Hauptverhandlung bedeuteten, der Anwesenheit des Angeklagten am Schluss der Verhandlung274 und des sich daran anschließenden Verfahrensgangs, aus dem sich die Nichtbeachtung einer von § 258 geforderten Verfahrensgestaltung ergibt275 nebst dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls276. Dagegen muss nicht angegeben werden, welche Anträge und Ausführungen der in seinem Recht Verletzte vorgebracht hätte.277 Um der Möglichkeit vorzubeugen, dass das Revisionsgericht das Beruhen verneint, können diese Angaben aber angebracht sein.278 269
270 271 272 273 274 275
BGH bei Dallinger MDR 1957 527 m.w.N.; sowie BGHSt 3 368, 369 f.; BGH NStZ 1993 94, 95 (Pause im Plädoyer); KG StV 1984 413 (ungenügende Vorbereitungszeit); zust. KK/Schoreit 35; Pfeiffer 9; abl. SK/Velten 55. LR/Gollwitzer 25 55; KMR/Stuckenberg 59; ähnl. Eb. Schmidt Nachtr. I 11. BGH 19.1.1961 – 4 StR 411/61; KK/Schoreit 36; KMR/Stuckenberg 60. Fn. 110. BGHSt 21 288, 290; BGH bei Kusch NStZ 1995 19. OLG Jena VRS 108 (2005) 215 f. BGH bei Miebach NStZ 1990 230 Nr. 24; StV 1995 176 mit abl. Anm. Ventzke; OLG Jena NStZ-RR 2006 278 f.; KMR/Stuckenberg 61; Meyer-Goßner 33; SK/Velten 58; vgl. auch HK/Julius 31 (ausführliche Schilderung empfehlenswert).
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278
OLG Jena VRS 108 (2005) 215 f. RGSt 9 69, 70; RG JW 1933 1591 Nr. 12; BGHSt 10 202, 207; 21 288, 290; OLG Düsseldorf StraFo 2001 312 f.; OLG Hamm NStZ 2006 520; OLG Zweibrücken StV 2003 455; BGH bei Spiegel DAR 1978 153; OLG Schleswig SchlHA 1953 248; HK/Julius 31; KK/Schoreit 36; KMR/ Stuckenberg 61; Meyer-Goßner 33; anders bei der auf Versagung des letzten Worts und Art. 103 Abs. 1 GG gestützten Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG: BayObLG NJW 1992 1907; OLG Düsseldorf VRS 83 (1993) 435, 437; 94 (1998) 281 f.; OLG Jena VRS 106 (2004) 273 f. BGHSt 22 278, 282; BGH NJW 2001 3137, 3138; OLG Hamm VRS 41 (1971) 159, 160; OLG Köln GA 1971 217; HK/Julius 31; KK/Schoreit 36; KMR/Stuckenberg 61.
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c) Beruhen. Die Nichtbeachtung des § 258 ist zwar ebenso wenig wie der Verstoß 68 gegen § 260 Abs. 1 oder gegen § 261 ein absoluter Revisionsgrund, doch wird das Urteil in der Regel auf der Verletzung des § 258 beruhen, weil das Revisionsgericht nicht weiß, was der Berechtigte vorgetragen hätte. Folglich kann bei Versagung des letzten Worts, dessen Sinn gerade ist, dass der Angeklagte noch im letzten Augenblick entlastende Umstände vorbringen kann,279 nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, dass er dadurch das Urteil zu seinen Gunsten hätte beeinflussen können.280 Dies gilt auch dann, wenn er sich bislang nicht zur Sache eingelassen hatte.281 Diese strengen Maßstäbe gelten nicht für die Versagung der Erwiderung des Nebenklägers, der nicht dasselbe Gewicht zukommt wie dem letzten Wort des Angeklagten.282 Allerdings ist die Rechtsprechung uneinheitlich;283 so wurde in folgenden Fällen ver- 69 neint, dass das Urteil auf der Versagung des letzten Worts beruhe: (1) für den Schuldspruch, wenn der Angeklagte geständig war; hingegen sei fast nie auszuschließen, dass der Rechtsfolgenausspruch darauf beruht;284 (2) für den Schuldspruch, wenn ein nur für die Strafzumessung bedeutsamer Hinweis (etwa auf Gesetzeskonkurrenz) ergangen war; der Strafausspruch aber ist aufzuheben;285 ebenso, wenn Beweisanträge des in allen Einzelheiten geständigen Angeklagten abgelehnt wurden, die nur auf den Strafausspruch zielten;286 (3) hinsichtlich der Feststellungen des äußeren Tatgeschehens, wenn der Angeklagte dieses eingeräumt und nur die subjektiven Voraussetzungen bestritten hatte;287 (4) für solche Taten, die vom Wiedereintritt in die Verhandlung nicht betroffen waren und die der Angeklagte gestanden hatte;288 (5) bei Erteilung eines rechtlichen Hinweises an geständige Angeklagte, die sich vor Wiedereintritt umfassend äußern konnten;289 (6) wenn der Angeklagte nach Verkündung eines Beschlusses nach §§ 154, 154a das letzte Wort nicht erhält, dies aber die Verteidigung nicht beeinflussen konnte (zweifelhaft, vgl. Rn. 9);290 (7) wenn der Angeklagte sich in seinem Schlussvortrag den Ausführungen seines Verteidigers anschloss und danach der Verteidiger das letzte Wort hatte;291 279 280
281
BGH StV 1987 284; 1989 239. BGHSt 21 288, 290; 22 278, 280 f. mit abl. Anm. Eb. Schmidt JR 1969 235; BGH NJW 1969 473; BGH bei Dallinger MDR 1966 893; bei Holtz 1977 639; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 357; 1984 521 f.; 1985 464, 465; 1993 551; StV 1984 104; BayObLGSt 2001 105, 107; OLG Brandenburg NStZ-RR 2003 89; OLG Karlsruhe MDR 1966 948 f.; OLG Koblenz VRS 47 (1974) 444, 445; KK/Schoreit 37; KMR/Stuckenberg 62; Meyer-Goßner 34; a.A. (Beruhen sei immer anzunehmen) BayObLGSt 1957 88, 89; Eb. Schmidt JR 1969 234, 235; Hanack JZ 1972 274, 276; krit. auch Roxin § 42, 5. BGH StV 2000 296; 2002 234; BGHR § 258 Abs. 3 letztes Wort 1; Wiedereintritt 6; Meyer-Goßner 34.
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BGH NJW 2001 3137 f.; Meyer-Goßner 34. Vgl. KK/Schoreit 37 m.w.N. BGH StV 1985 355, 356; 1992 410; 1999 585; 2000 296; NStZ-RR 1998 15; NStZ 2003 371; BGHR § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 2; OLG Düsseldorf StV 2000 297, 298; OLG Schleswig SchlHA 2007 287; MeyerGoßner 34; Dahs/Dahs 367; Hamm 1113, 1120. BGH NStZ 1993 551; anders wohl BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295. BGH NStZ-RR 1997 268 (L). BayObLGSt 2001 105, 107. BGH NStZ-RR 1999 260; vgl. aber BGHSt 20 273, 274 f.; BGH bei Dallinger MDR 1966 893. BGHSt 22 278, 281; unklar. BGH StV 1985 221, 222. OLG Karlsruhe MDR 1966 948, 949.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
(8) wenn Gegenstand des Wiedereintritts nur die Frage einer Strafantragstellung war;292 (9) bei Erörterung einer Rechtsmittelrücknahme, die weder den Sanktionsrahmen noch sonst irgendeinen rechtsfolgenrelevanten Umstand beeinflussen konnte;293 (10) für den Schuldspruch – anders für den Strafausspruch –, wenn der gesetzliche Vertreter oder Erziehungsberechtigte des schweigenden jugendlichen Angeklagten das letzte Wort nicht erhielt;294 ist hingegen nicht auszuschließen, dass Ausführungen im letzten Wort für die Beweiswürdigung von Belang sein könnten,295 etwa weil der Angeklagte den Tatvorwurf bestreitet,296 so ist jedoch auch der Schuldspruch aufzuheben, selbst wenn die äußerungsberechtigte Person zuvor das Zeugnis verweigert hatte297; (11) wenn im Jugendverfahren der Erziehungsberechtigte zugleich Mitangeklagter ist und in der einen Eigenschaft von seinem letzten Wort keinen Gebrauch gemacht hat, in der anderen Eigenschaft aber nicht erneut befragt wurde;298 (12) bei einer Haftentscheidung, die nur einen Mitangeklagten betrifft und die Verteidigungsposition des anderen nicht berührt;299 (13) bei Verhandlung nur über Rechtsmittel anderer Mitangeklagter;300 (14) nach Verkündung eines Beschlusses gem § 231 Abs. 2 gegen einen Mitangeklagten, wobei hier schon eine Verletzung des § 258 fraglich ist.301
§ 259 (1) Einem der Gerichtssprache nicht mächtigen Angeklagten müssen aus den Schlußvorträgen mindestens die Anträge des Staatsanwalts und des Verteidigers durch den Dolmetscher bekanntgemacht werden. (2) Dasselbe gilt nach Maßgabe des § 186 des Gerichtsverfassungsgesetzes für einen hör- oder sprachbehinderten Angeklagten.
Schrifttum Basdorf Strafverfahren gegen der deutschen Sprache nicht mächtige Beschuldigte, GedS Meyer 19; Braitsch Gerichtssprache für Sprachunkundige im Lichte des „fair trial“ (1991); Kabbani Dolmetscher im Strafprozeß, StV 1987 410; Kreutz Gesetzlich normierte Kommunikationshilfen für Gehörlose, ZFSH/SGB 2008 586; J. Meyer „Die Gerichtssprache ist deutsch“ – auch für Ausländer? ZStW 93 (1981) 505; Sommer Verteidigung und Dolmetscher, StraFo 1995 45; weitere Nachweise bei §§ 185, 186 GVG.
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BayObLG bei Rüth DAR 1979 242. BGH NStZ 1984 521 f. BGH NStZ 1999 426 f.; 2000 435 f.; 2000 553; BGHR § 67 JGG Erziehungsberechtigter 3; ähnl. BGH StraFo 2003 277. BGH NStZ 2000 553; OLG Zweibrücken StV 2003 455 (jeweils Zweifel an strafrechtlicher Verantwortlichkeit möglich); s.a. BayObLG StV 2001 173.
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OLG Köln StV 2008 119 f.; OLG Braunschweig StraFo 2009 208. BGH NStZ-RR 2008 291. BGH JR 1997 79 mit abl. Anm. Eisenberg/Düffer. BGH StV 1997 339, 340. OLG Köln GA 1971 217. Insoweit offen lassend BGH bei Kusch NStZ 1993 29 Nr. 14.
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§ 259
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift wurde erstmals durch Art. 16 Nr. 3 OLGVertrÄndG geändert, indem in Absatz 2 der Begriff „taub“ durch „hör- oder sprachbehindert“ ersetzt und die Art der Verständigung durch Verweis auf § 186 GVG dessen Neufassung angepasst wurde. Bezeichnung bis 1924: § 258. 1. Bedeutung der Vorschrift. Ist ein Angeklagter der deutschen Gerichtssprache (§ 184 1 GVG) nicht mächtig, muss gemäß §§ 185, 187 GVG, Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK ein Dolmetscher hinzugezogen werden, um zu verhindern, dass er zu einem unverstandenen Objekt des Verfahrens herabgewürdigt wird.1 Für hör- oder sprachbehinderte Angeklagte trifft § 186 GVG eine entsprechende Regelung und gibt ein Wahlrecht bezüglich der Verständigungsart. Zu übermitteln sind alle wesentlichen Vorgänge, Schriftstücke und Äußerungen.2 Als Ausnahme davon normiert § 259 nur für die Schlussvorträge einen eigenen Mindeststandard, der die Übersetzungspflicht auf die Anträge reduziert und damit eine Einschränkung der §§ 185 ff. GVG darstellt. Begründet wurde diese seit 1877 unveränderte Einschränkung damit, dass zum einen die Übertragung eines umfassenden Schlussvortrags nach dessen Beendigung nicht ausführbar sei und zum anderen die Übersetzung jedes einzelnen Satzes einen zusammenhängenden Vortrag unmöglich mache;3 die Möglichkeit des Vorsitzenden, eine ausführlichere Übertragung anzuordnen, bleibt indes unberührt,4 nur die Pflicht dazu lässt § 259 entfallen. Ob die damals angenommenen Sachzwänge heute noch unverändert bestehen, erscheint zweifelhaft.5 Ungeachtet des § 259 kann überdies im Einzelfall durchaus eine Rechtspflicht zu einer weitergehenden Übertragung bestehen, die sich aus dem im Rechtsstaatsprinzip und in Art. 6 EMRK verankerten Gebot eines fairen Verfahrens ergibt (Rn. 5). Angesichts der heutigen verfassungs- und menschenrechtlichen Anforderungen an ein rechtsstaatliches Strafverfahren erscheint § 259 sowohl überholt als auch überflüssig und ist restriktiv anzuwenden (Rn. 5 f.). 2. Anwendungsbereich. Nur die Vermittlung der Schlussvorträge (§ 258) an den sprach- 2 unkundigen oder hörbehinderten Angeklagten wird durch § 259 eingeschränkt. Die Einschränkung der Übertragungspflicht in Absatz 1 betrifft nur die Sprachübertragung durch einen Dolmetscher. Dieselbe Einschränkung gilt nach Absatz 2, wenn das Gericht einen Gebärdendolmetscher6 zugezogen hat oder eine andere in § 186 Abs. 1 GVG aufgeführte Form der Verständigung, etwa die schriftliche, benutzt wird. Soweit allerdings der Angeklagte durch technische Vorrichtungen in die Lage versetzt wird, allen mündlichen Ausführungen in der Hauptverhandlung zu folgen, ist nach dem Sinn des § 259 Abs. 2 für die Anwendung seiner Einschränkung kein Raum.7 § 259 gilt nicht für alle übrigen Vorgänge der Hauptverhandlung, deren Inhalt nach 3 § 185 GVG vollständig übertragen werden muss.8 Umfasst sind die eigenen Erklärungen des Angeklagten einschließlich seines letzten Worts ebenso wie die sonstigen Erklärungen in der Hauptverhandlung, etwa der Vortrag des Anklagesatzes9 oder die Ausführungen
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Vgl. BVerfGE 64 135, 145; BVerfG NJW 2004 50. Unten Fn. 20. Hahn 196; BGH GA 1963 148, 149. Hahn 196. Siehe Fn. 26. Dazu Kreutz ZFSH/SGB 2008 586 ff., 597 f.
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LR/Gollwitzer 25 Nachtr. 4. BVerfGE 64 135, 148; RGSt 36 355, 356; HK/Julius 8; KK/Schoreit 1; KMR/Stuckenberg 2; Meyer-Goßner 1; Pfeiffer 1; SK/Velten 2; Eb. Schmidt Nachtr. I 1; Basdorf GedS Meyer 19, 21; vgl. ferner bei § 185 GVG. BGH StV 1993 2; OLG Hamburg StV 1994 65.
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nach § 257 oder alle Vorgänge im Rahmen der Beweiserhebung (Aussagen der Zeugen, Ausführungen eines Sachverständigen usw.) und auch die mündliche Urteilsbegründung.10 Die Schlussanträge von Staatsanwalt und Verteidiger, aber auch die Anträge sonstiger 4 Verfahrensbeteiligter, wie etwa eines Nebenklägers oder eines Nebenbeteiligten,11 müssen einem der deutschen Sprache unkundigen oder hörbehinderten Angeklagten durch einen Dolmetscher oder nach § 186 GVG wörtlich zur Kenntnis gebracht werden,12 obschon ansonsten die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des Verhandelten genügt13. Für den übrigen Inhalt der Schlussvorträge fordert § 259 keine Übertragung. Er über5 lässt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden, anzuordnen, ob auch sie dem Angeklagten wörtlich übersetzt werden sollen oder ob es genügt, wenn ihm wenigstens ihr wesentlicher Inhalt in einer Zusammenfassung mitgeteilt wird,14 und zwar auch bei umfangreichen Verfahren15. Dieses Ermessen wird jedoch eingeschränkt16 durch das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie in Art. 6 Abs. 1 EMRK begründete Recht auf ein faires Verfahren und auf Verteidigung, das für sprachunkundige Ausländer gleichermaßen gilt,17 namentlich dessen Ausprägung in Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK und §§ 185, 187 GVG, hinter deren Anforderungen der Mindeststandard des § 259 zurückbleibt18. Aus dem Verfassungsgebot eines fairen Verfahrens ergibt sich die Pflicht des Vorsitzenden, stets zu prüfen, ob zusätzlich eine wörtliche Übersetzung der Vorträge oder deren Zusammenfassung nötig ist.19 Auch Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK verlangt, dass alle Dokumente und mündlichen Erklärungen zu übersetzen sind, die zu verstehen Bedingung eines fairen Verfahrens ist,20 was allerdings Zusammenfassungen nicht ausschließt21 und grundsätzlich mündlich22 erfolgen kann. Daraus folgt, dass es immer dann – und damit wohl im Regelfall – geboten ist, den 6 Angeklagten in einer ihm verständlichen Sprache (Absatz 1) oder Übermittlungsweise (Absatz 2) zumindest vom wesentlichen Inhalt der Schlussvorträge in Kenntnis zu setzen, wenn ihm nur so ermöglicht werden kann, im Rahmen seines letzten Worts selbst auf die vorgetragenen Argumente einzugehen.23 Würden nur die Anträge übersetzt und nicht die diesen zugrundeliegende Darstellung und Bewertung des Verfahrensergebnisses mit der Folge, dass er dazu nicht Stellung nehmen könnte, würde auch sein Recht auf das letzte
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BGH GA 1963 148 f.; KK/Schoreit 1; KMR/Stuckenberg 2; Eb. Schmidt Nachtr. I 1; Kabbani StV 1987 410, 412. Vgl. § 258, 17 f.; KMR/Stuckenberg 3; Gollwitzer FS Schäfer 65, 80. BVerfGE 64 135, 148; Kissel/Mayer § 185, 10; SK/Velten 4. RGSt 36 355, 356; 43 441, 443; 76 177, 178; OGHSt 3 141, 146. Hahn 196; Meyer-Goßner 1; Pfeiffer 1; krit. SK/Velten 4. BGH GA 1963 148, 149; a.A. AK/Dästner 3; SK/Velten 4. A.A. Braitsch 281 (Wegfall des Ermessens). BVerfGE 40 95, 98 f.; BVerfG NJW 2004 50. Vgl. AK/Dästner 2; HK/Julius 1; KMR/ Stuckenberg 5; Katholnigg GVG 3 § 185, 3. BVerfGE 64 135, 148. EGMR Lüdicke, Belkacem, Koç/Deutsch-
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land, 28.11.1978, Nr. 6210/73, 6877/75, 7132/75, Serie A 29, § 48 = NJW 1979 1091 f.; Kamasinski/Österreich, 19.12.1989, Nr. 9783/82, Serie A 168, § 74; Lagerblom/ Schweden, 14.1.2003, Nr. 26891/95, § 61; Hermi/Italien, 18.10.2006, Nr. 18114/02, § 69; Protopara/Türkei, 24.2.2009, Nr. 16084/90, §§ 79 ff.; BVerfG NJW 2004 50 f.; BGHSt 48 178, 184; s.a. OGH ZfRV 1974 148 mit Anm. Liebscher; LR/Gollwitzer25 Art. 6 EMRK, 233 ff., 240 ff. EGMR Lüdicke (Fn. 20) § 48; Kamasinski (Fn. 20) § 74. EGMR Kamasinski (Fn. 20) § 74; Protopara (Fn. 20) § 80. Vgl. BVerfGE 64 135, 148; weitergehend Braitsch 281 (immer vollständige Übersetzung).
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§ 259
Wort entwertet.24 Unerlässlich ist die wörtliche Übersetzung, wenn in den Schlussvorträgen neue Tatsachen und Argumente vorgetragen wurden, zu denen der Angeklagte sich bisher noch nicht äußern konnte.25 Die Förderung der Prozessökonomie muss dahinter zurückstehen, zumal zweifelhaft ist, ob die in den Motiven angeführten Schwierigkeiten der Übersetzung der Schlussvorträge größer sind als etwa bei einer langen Zeugenvernehmung.26 Die Einschränkung nach § 259 ist daher restriktiv anzuwenden;27 regelmäßig sollte auf sie verzichtet werden. 3. Voraussetzungen a) Mangelnde Sprachkenntnisse (Absatz 1). Ob ein Dolmetscher zum Verfahren zu- 7 gezogen werden muss, weil der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig ist, und unter welchen Voraussetzungen begrenzte deutsche Sprachkenntnisse des Angeklagten als ausreichend zum Verständnis aller Verfahrensvorgänge und zur Wahrung seiner Verfahrensrechte angesehen werden dürfen, ist bei § 185 GVG erläutert. b) Während Absatz 2 früher nur taube Angeklagte betraf, schließt die Neufassung 8 durch das OLGVertrÄndG jetzt auch hörbehinderte mit ein. Hörbehinderter Angeklagter ist jeder Angeklagte, dessen Fähigkeit, das gesprochene Wort der anderen Teilnehmer der Hauptverhandlung zu verstehen, nicht nur unbeträchtlich eingeschränkt ist, so dass er auch die Schlussausführungen nicht ohne besondere Hilfestellung durch das Gericht, wie etwa die Anweisung eines akustisch günstigen Platzes oder die Einschaltung eines Gebärdendolmetschers, sicher verstehen kann. Auf welchem der in § 186 Abs. 1 GVG aufgezeichneten Wege der Unterrichtung dies erreicht wird, ist unerheblich. Da die Entscheidung für eine der dort aufgezeigten Verständigungsmöglichkeiten aber für die ganze Hauptverhandlung gilt, wird die dafür gewählte Übermittlungsform in der Regel auch für die Schlussvorträge in Frage kommen. Wenn der Angeklagte seine Beeinträchtigung jedoch durch ein von ihm in der Hauptverhandlung benutztes Hilfsmittel (Hörgerät) so ausgleichen kann, dass er in der Lage ist, die Schlussausführungen und Schlussanträge selbst zu verstehen, bedarf es keiner Maßnahmen des Gerichts, um das nach Absatz 2 unerlässliche Mindestmaß seiner Unterrichtung sicherzustellen. Dass Absatz 2 neben dem hörbehinderten auch den sprachbehinderten Angeklagten erwähnt, geht ins Leere, da es hier nur um die passive Wahrnehmung der Schlussvorträge, mithin um den Ausgleich einer Hörbehinderung gehen kann.28 4. Sitzungsniederschrift. Wird der Dolmetscher zur ganzen Verhandlung hinzuge- 9 zogen und die Zuziehung als wesentliche Förmlichkeit 29 im Protokoll vermerkt, braucht die Beachtung der einschränkenden Vorschrift des § 259 ebenso wenig beurkundet zu werden30 wie jedes einzelne Tätigwerden, da vermutet wird, dass die Funktion gesetzesgemäß ausgeübt wurde,31 wobei der Gegenbeweis zulässig ist 32. Auch Maßnahmen, die der Vorsitzende zum Zweck der Verständigung trifft, brauchen nicht beurkundet zu wer24 25 26 27 28
AK/Dästner 3; KMR/Stuckenberg 5; Braitsch 281 f.; Kabbani StV 1987 410, 411. LR/Gollwitzer 25 3. Dazu Kabbani StV 1987 410, 411 f.; HK/Julius 8 m.w.N.; KMR/Stuckenberg 5. LR/Wickern § 185, 16 GVG; AK/Dästner 2; HK/Julius 2, 4, 8; KMR/Stuckenberg 5. LR/Gollwitzer 25 Nachtr. 1.
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Vgl. bei § 273 und bei § 185 GVG. RGSt 1 137, 138; 397, 398; 43 441, 442; KK/Schoreit 4; KMR/Stuckenberg 8; MeyerGoßner 3; zweifelnd AK/Dästner 4. RGSt 1 397, 398; KK/Schoreit 4; KMR/ Stuckenberg 8; Meyer-Goßner 2. RGSt 43 441, 442 und vorige Fn.
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den, da es sich insoweit um keine wesentliche Förmlichkeit handelt.33 Nach § 273 Abs. 1 im Protokoll festzuhalten ist dagegen, dass der Dolmetscher nach § 189 Abs. 1 GVG vereidigt wurde oder dass er sich nach § 189 Abs. 2 GVG auf einen allgemein geleisteten Eid berufen hat.34
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5. Revision. Wurden entgegen § 259 nicht einmal die Schlussanträge übertragen, so kann unter Angabe der nach § 344 Abs. 2 erforderlichen Tatsachen35 die Revision darauf gestützt werden.36 Ob die Übertragung der durch das Sitzungsprotokoll gem. §§ 273, 274 nachgewiesenen Anträge zu Unrecht unterblieben ist, muss – da es sich insoweit um keine wesentliche Förmlichkeit handelt – im Wege des Freibeweises (dienstliche Erklärungen, eventuell auch Akten) geklärt werden.37 Das Urteil beruht auf der fehlenden Übersetzung, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Angeklagte sich in seinem letzten Wort anders verteidigt hätte. Fehlte ein Dolmetscher ganz, obwohl seine Hinzuziehung nach §§ 185, 186 GVG 11 geboten gewesen wäre, oder war er gänzlich ungeeignet, so liegt ein Verfahrensfehler nach § 338 Nr. 5 vor.38 Als Verstoß gegen § 189 GVG kann nach § 337 gerügt werden, dass der Dolmetscher nicht vereidigt wurde.39 Dagegen kann die allgemeine Behauptung, der Dolmetscher sei zu einer richtigen Übersetzung außerstande gewesen oder habe unrichtig übertragen, die Revision nicht begründen.40 Richtigkeit und Vollständigkeit der Übertragung überprüft der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen und sind vom Revisionsgericht grundsätzlich nicht nachprüfbar.41 Ob es eines Dolmetschers bedarf, wenn der Angeklagte teilweise der deutschen Sprache mächtig ist, unterliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, das nur auf Überschreiten der Ermessensgrenzen überprüft werden kann.42 Zu Einzelheiten s. die Erl. zu §§ 185 ff. GVG.
§ 260 (1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen. (3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht. (4) 1 Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. 2 Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. 3 Wird eine Geldstrafe
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BGH LM Nr. 1; OLG Freiburg JZ 1951 23. Dazu LR/Wickern § 189, 10 GVG m.w.N. Vgl. BGH StV 1992 54. KMR/Stuckenberg 9; Meyer-Goßner 3; Pfeiffer 2; SK/Velten 6; Eb. Schmidt 1. Vgl. Rn. 9; KK/Schoreit 3; KMR/Stuckenberg 9; Meyer-Goßner 3, Eb. Schmidt 3. BGHSt 3 285 f.; BGH StV 1992 54; KK/Schoreit 3; KMR/Stuckenberg 10; s. LR/Franke § 338, 100; LR/Wickern § 185, 37 GVG.
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Vgl. LR/Wickern § 189, 12 GVG m.w.N. BGH NStZ 1985 376 f.; KK/Schoreit 3 m.w.N.; Meyer-Goßner § 185, 10 GVG. BGH 18.5.1976 – 5 StR 529/76; KK/Schoreit 3; vgl. Basdorf GedS Meyer 19, 22. BGHSt 3 285; BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 295; 1984 328; StV 1990 101; offen lassend BGH StV 1992 54; krit. Kühne StV 1990 102; s.a. Basdorf GedS Meyer 19, 21; a.A. noch RGSt 76 177, 178; RG GA 68 (1920) 348.
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§ 260
verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. 4 Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. 5 Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts. (5) 1 Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. 2 Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen. Schrifttum Achenbach Strafprozessuale Ergänzungsklage und materielle Rechtskraft, ZStW 87 (1975) 74; Berz Der Urteilstenor bei Zusammentreffen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht 1973 262; Bindokat Freispruch bei fehlendem Strafantrag, NJW 1955 1863; Bloy Zur Systematik der Einstellungsgründe im Strafverfahren, GA 1980 161; Foth „Die besondere Schwere der Schuld“ i.S. von § 57a StGB, NStZ 1993 368; Furtner Das Urteil im Strafprozeß (1970); Granderath Erschwerungsgründe in der strafgerichtlichen Urteilsformel, MDR 1984 988; Grünhut Das Minderheitsvotum, FS Eb. Schmidt 620; Hamm Öffentliche Urteilsberatung, NJW 1992 3147; Hohmann Zu den Möglichkeiten einer Einstellung des Hauptverfahrens im Strafprozeß wegen eines Verfahrenshindernisses, NJ 1993 110; Jasper Die Sprache des Urteils, MDR 1986 198; Koch Freispruch oder Einstellung? GA 1961 344; Kühl Unschuldsvermutung, Freispruch, Einstellung (1983); Kugler/Solbach Zur Fassung der Urteilsformel im Strafverfahren, DRiZ 1971 56; Kuhlmann Teilurteile im Strafverfahren, DRiZ 1975 77; Lemke Probleme der strafprozessualen Vorab- und Ergänzungsklage, ZRP 1980 141; Lenzen Die besondere Schwere der Schuld i.S. von § 57a StGB in der Bewertung durch die Oberlandesgerichte, NStZ 1983 543; MeyerGoßner Hinweise zur Abfassung des Strafurteils aus revisionsrechtlicher Sicht, NStZ 1988 529; Michel Die Urteilsformel bei Freispruch und Einstellung, MDR 1993 110; Naucke Die Formulierung des Tenors bei der Verurteilung zur Geldstrafe, NJW 1978 407; Palder Anklage, Eröffnungsbeschluß, Urteil. Eine Trias mit Tücken, JR 1986 94; Peters Die Parallelität von Prozeß- und Sachentscheidungen, ZStW 68 (1956) 374; Regel Gesamtstrafe aus Geldstrafen bei Tagessätzen unterschiedlicher Höhe, MDR 1977 446; Rieß Die Behandlung von Regelbeispielen im Strafverfahren, GA 2007 377; Roeder Die Begriffsmerkmale des Urteils im Strafverfahren, ZStW 79 (1967) 250; Schnapp Zur Tenorierung bei natürlicher Handlungseinheit und Fortsetzungszusammenhang, DRiZ 1966 187; Sternberg-Lieben Einstellungsurteil oder Freispruch, ZStW 108 (1996) 721; Stree Teilrechtskraft und fortgesetzte Tat, FS Engisch 676; Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1998); Sulanke Die Entscheidung bei Zweifeln über das Vorhandensein von Prozeßhindernissen und Prozeßvoraussetzungen im Strafverfahren (1974); Többens Der Freibeweis und die Prozeßvoraussetzungen im Strafprozeß, NStZ 1982 184; ders. Der Freibeweis und die Prozeßvoraussetzungen im Strafprozeß, Diss. Freiburg 1979; Wagner Die selbständige Bedeutung des Schuldspruchs im Strafrecht, insbesondere beim Absehen von Strafe gemäß § 16 StGB, GA 1972 33; Willms Zur Fassung der Urteilsformel in Strafsachen, DRiZ 1976 82.
Entstehungsgeschichte. § 260 hatte ursprünglich folgenden Wortlaut: § 259 Die Hauptverhandlung schließt mit der Erlassung des Urteils. Das Urteil kann nur auf Freisprechung, Verurteilung oder Einstellung des Verfahrens lauten. Die Einstellung des Verfahrens ist auszusprechen, wenn bei einer nur auf Antrag zu verfolgenden strafbaren Handlung sich ergibt, dass der erforderliche Antrag nicht vorliegt, oder wenn der Antrag rechtzeitig zurückgenommen ist.
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und blieb in dieser Form unverändert bis 1933. Art. 2 Nr. 21 AGGewVerbrG fügte als Absatz 2 den gegenwärtigen Absatz 2 in inhaltlich gleicher Form ein und ergänzte Absatz 1 Satz 1 um die Erwähnung der Anordnung oder Zulassung von Maßregeln der Sicherung und Besserung. Durch § 8 des Gesetzes über Reichsverweisungen vom 23.3.1934 (RGBl. I S. 213) wurde dort die Erwähnung der „Zulassung“ wieder gestrichen. Art. 9 § 8 der 2. VereinfVO fügte Absatz 4 in folgender Fassung ein: „Der Urteilsspruch gibt die Tat, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird, und ihre Bezeichnung an. Strafen oder Maßregeln der Sicherung und Besserung, die neben anderen verwirkten Strafen oder Maßregeln nicht vollstreckt werden können, werden in den Urteilsspruch nicht aufgenommen; sie werden nur in den Urteilsgründen aufgeführt. Im übrigen unterliegt die Fassung des Urteilsspruchs dem Ermessen des Gerichts.“
Das VereinhG gab dem Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 ihre jetzige Fassung. Durch Art. 4 Nr. 28 des 3. StRÄndG wurde als neuer Absatz 4 Satz 2 der jetzige Satz 3, beschränkt auf die Strafaussetzung zur Bewährung, eingefügt. § 65 des BZRG ergänzte Absatz 4 Satz 1 um die Verpflichtung zur Angabe der angewendeten Strafvorschrift. Durch die Neufassung in Art. 21 Nr. 66 EGStGB 1974 erhielt die Vorschrift weitgehend ihre jetzige Fassung. Das 2. BZRÄndG fügte in Absatz 5 Satz 2 ein; die dortige Verweisung auf das BZRG wurde durch Art. 2 Nr. 1 des 23. StRÄndG der Umnumerierung der Paragraphenfolge angepasst. Durch das gleiche Gesetz wurde Absatz 4 Satz 5, nach dem nicht vollstreckbare Strafen oder Maßregeln nicht in den Urteilsspruch aufzunehmen waren, gestrichen. Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom 21.8.2002 (BGBl. I S. 3344) hat in Absatz 4 Satz 4 hinter „Wird die“ die Worte eingefügt „Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die“. Bezeichnung bis 1924: § 259. Übersicht Rn. I. Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . . II. Urteilsberatung und Urteilsverkündung III. Das Urteil 1. Begriff . . . . . . . . . 2. Urteilsarten . . . . . . 3. Besondere Urteilsformen a) Zwischenurteile . . b) Teilurteile . . . . . . c) Feststellungsurteile . d) Vorbehaltsurteile . . e) Ergänzungsurteile . 4. Erlass des Urteils . . . . 5. Bestandteile . . . . . . 6. Nichtigkeit . . . . . . . 7. Berichtigung . . . . . .
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IV. Der Inhalt der Urteilsformel. Allgemeines 1. Grundsatz der freien Gestaltung der Urteilsformel . . . . . . . . . . . . . 2. Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . 3. Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . 4. Erschöpfung des Verfahrensgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Freispruch 1. Voraussetzungen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . .
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Rn. b) Vorrang der Sachentscheidung . c) Einheitlichkeit der Entscheidung 2. Fassung der Urteilsformel a) Freispruch ohne Abstufungen . b) Nebenentscheidungen . . . . . c) Absehen von Strafe . . . . . . . VI. Teilweise Freisprechung 1. Handlungseinheit, Tateinheit . . 2. Tatmehrheit . . . . . . . . . . . 3. Fortgesetzte Tat, Dauerstraftat, Sammelstraftat a) Fortsetzungszusammenhang . b) Dauerstraftaten . . . . . . . . c) Gewerbsmäßige, gewohnheitsmäßige und geschäftsmäßige Handlungen . . . . . . . . . 4. Wahldeutige Anklage . . . . . .
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VII. Verurteilung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2. Schuldspruch a) Rechtliche Bezeichnung der Tat . . b) Strafzumessungsregeln . . . . . . c) Konkurrenzen . . . . . . . . . . d) Fortgesetzte Handlung . . . . . . e) Verurteilung auf mehrdeutiger Tatsachengrundlage . . . . . . . . .
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung Rn. 3. Rechtsfolgenausspruch a) Allgemeines . . . . . . . . . . . b) Freiheitsstrafe . . . . . . . . . c) Geldstrafe . . . . . . . . . . . d) Gesamtstrafe . . . . . . . . . . e) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung . . . . . . . . . . . . f) Aussetzung zur Bewährung . . . g) Verwarnung mit Strafvorbehalt . h) Absehen von Strafe . . . . . . . i) Anrechnung der Untersuchungshaft . . . . . . . . . . . . . . . j) Maßregeln der Besserung und Sicherung . . . . . . . . . . . k) Berufsverbot . . . . . . . . . . l) Verfall, Einziehung, Wertersatz . m) Bekanntmachung des Urteils . .
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VIII. Einstellung des Verfahrens (Absatz 3) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . .
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Rn. a) Voraussetzungen . . . . . . . . . b) Umfang der Einstellung . . . . . . c) Feststellung von Verfahrenshindernissen . . . . . . . . . . . . . . . d) Wirkung der Einstellung . . . . . 2. Fassung der Urteilsformel . . . . . .
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IX. Liste der angewandten Strafvorschriften (Absatz 5) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2. Bei Verurteilungen . . . . . . . . . . 3. Bei Freispruch . . . . . . . . . . . . 4. Bei Einstellung . . . . . . . . . . . . 5. Richtigstellung der Liste . . . . . . .
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X. Revision 1. Verstoß gegen Absatz 1 . . 2. Unrichtige Urteilsformel . . 3. Verstoß gegen Absatz 3 . . 4. Fehlerhafte Paragraphenliste
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Alphabetische Übersicht Absehen von Strafe 20, 50, 68, 98, 133 Adhäsionsverfahren 17 Anrechnungsregelung 99 ff., 131, 133 Anwesenheitserfordernis 1, 24 Auffangdelikte 76 Aussetzung – der Strafe oder Maßregel 21, 96, 133 – des Verfahrens 1, 44, 94, 114 Bekanntmachung des Urteils 111 Beratung 5 ff., 128, 137, 138 – am Tatort 6 – im Sitzungssaal 6, 10 f. – Beratungsgeheimnis 6 ff., 11 – Beratungszimmer 6 – Dauer 7, 138 – Sitzungsniederschrift 11 Berichtigung des Urteils 22, 29, 34. 89 Berufsverbot 48 f., 69, 106 Besondere Schuldschwere 89 Betäubungsmittelabhängigkeit 134 Beteiligungsform 75, 132 Bewährungsauflagen 2, 24, 69, 96 f., 104 Beweismittel, präsente 38 Bewertungseinheit 56, 59 Bezeichnung der Tat 70 ff. Blankettgesetze 132 Bußgeldverfahren 30, 33, 71, 127 Dauerstraftat 53, 59, 64 Einstellung des Verfahrens 3, 14, 32, 38 f., 40 ff., 51, 53, 112 ff., 136, 140 – Beweisaufnahme 119 ff. – Vorrang der Sachentscheidung 38 ff., 113, 140 – Wirkung 123 ff. Einziehung 23, 48, 86, 107 ff., 135 Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen 2, 35, 48, 68, 126 Entziehung der Fahrerlaubnis 48, 69, 93, 101 f.
Ergänzungsurteil 22 Ersatzfreiheitsstrafe 90, 92 Fahrverbot 88, 101 f. Feststellungsurteile 20 Fortgesetzte Handlung 56, 59 ff., 65, 84, 117, 121 Freibeweis 118, 138 Freiheitsstrafe 87, 89, 92, 99 f., 131 Freispruch 3, 20, 31, 37 ff., 117, 135, 139 f. – bei mehreren Anklagevorwürfen 55 ff. – Vorrang vor Einstellung 38 ff., 113, 140 Geldstrafe 90, 92, 131 Gesamtstrafe 87, 91 ff., 100, 103, 116 Gewerbsmäßige Tatbegehung 65, 73 Jugendarrest 100 Jugendstrafe 78, 93, 100 Konkurrenzen 36, 56, 80, 132 Kostenentscheidung 48, 68, 97 f., 126, 131 Liste der angewandten Gesetzesbestimmungen 127 ff. – Richtigstellung 137, 141 Maßregel der Besserung und Sicherung 38, 48, 67, 87 f., 96, 104 f., 133, 135 Minderheitsvotum 8 Nachberatung 9 ff., 138 Nachtragsanklage 17, 36, 63 Nachverfahren 23, 95 Nebenfolgen 37, 67 f., 83, 86, 88, 93, 133, 135 Ordnungswidrigkeit 41, 52, 72, 74 Prozessentscheidung, -urteil 13 ff., 123 Rauschtat 56, 76 Rechtsfolgen, nicht vollstreckbare 87 Rechtsfolgenausspruch 86 ff., 133 Rechtskraft 13 ff., 44, 61, 123 ff. Rechtsmittelinstanzen 15, 18, 32, 91, 137 Regelbeispiel 73, 78 Revision 138 ff. Sachentscheidung 13, 32, 38 ff., 113, 115 f., 123 ff. Sachrüge 139
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Sammeldelikt 65 Schuld, besondere Schwere der 89 Schuldspruch – bedingter 21 – Fassung 70 ff. – isolierter 19 Schuldunfähigkeit 48, 135 Selbständiges Sicherungsverfahren 105 Sitzungsniederschrift 6, 11, 25, 128, 138 Strafantrag 44, 118, 123 Strafaussetzung zur Bewährung 21, 96, 133 Strafbefehlsverfahren 33, 115 Straffreiheitsgesetz 21, 38, 122 Strafzumessungsregeln 73, 77, 131 Teilurteil 17 f. Unbrauchbarmachung 110 Unterbringung 48 f., 87, 105 Untersuchungshaft, Anrechnung der 99 ff., 131, 133 Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs 115 Urteil – Begriff 12 – Formen 13 ff., 16 ff. – Nichtigkeit 28 – unter Vorbehalt 17, 21 f.
Urteilsformel – Fassung allgemein 30 ff. – Inhalt 45 ff., 70 ff., 86 ff., 126 ff., 139 – Schweigen 34 f. Urteilsgründe 24 ff., 45 f. Urteilsurkunde 26 Urteilsverkündung 24 ff. Verfahrensdauer, überlange 103 Verfahrenshindernisse, behebbare 44, 114, 123 Verfahrenstrennung 17 f., 100 Verfahrensvoraussetzungen 14, 38 ff., 112 ff. Verfall 107 ff., 135 Verjährung 42, 117, 121, 123, 125, 136, 140 Verkündungsversehen 34 Verurteilung 67 ff. Verwarnung mit Strafvorbehalt 21, 97, 133 Verweisung 113, 139 f. Vorbehalt der Einziehung 110 Vorbehalt der Sicherungsverwahrung 21, 95, 133 Wahlfeststellung 58, 66, 85, 132 Wertersatz 107, 109 Wiedereintritt in die Verhandlung 9 ff., 138 Zahlungserleichterungen 90 Zwischenurteil 16
I. Bedeutung der Vorschrift 1
Absatz 1 bestimmt für den Regelfall, dass die Hauptverhandlung durch ein die Instanz beendendes Urteil abgeschlossen werden muss, soweit nicht das Gesetz ausdrücklich eine andere Form vorschreibt, wie in § 153 Abs. 2 oder § 270. Absatz 1 verdeutlicht ferner, dass die Verkündung des Urteils den letzten Teil der Hauptverhandlung darstellt.1 Für sie gelten deshalb die Anwesenheitserfordernisse der §§ 226, 230 ff. sowie das Gebot der Öffentlichkeit gem. §§ 169 ff. GVG.2 Außerhalb der Hauptverhandlung kann das Verfahren durch Beschluss endgültig eingestellt werden, wenn es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt und der Mangel auch ohne Hauptverhandlung einwandfrei festgestellt werden kann, vgl. §§ 206a, 206b. In den Fällen, in denen die Hauptverhandlung geschlossen wird, ohne zugleich das Verfahren in der Instanz zu beenden, wie bei bloßer Aussetzung (§§ 228, 246 Abs. 2, 265 Abs. 3 und 4) oder nur vorläufiger Einstellung des Verfahrens nach § 205, wird durch Beschluss entschieden.3 2 Die Absätze 2 bis 4 regeln in unvollständiger und systematisch unbefriedigender 4 Weise den Inhalt des Urteilsspruchs, soweit er die Entscheidung über Schuld und Unschuld bzw. Verfahrenseinstellung betrifft. Die nach Sachlage ebenfalls im Urteil zu treffenden weiteren Entscheidungen etwa zu Kosten (§§ 464 ff.) oder Entschädigung (§§ 2 ff., 8 StrEG) sind gesondert geregelt, ebenso mit dem Urteil zu verbindende Beschlüsse (§§ 268a, 268b) und Belehrungen (§§ 268c, 268d).
1 2 3
Vgl. Hahn 1373; BGHSt 4 279, 280 ff. m.w.N.; 16 178, 180. BGHSt 4 279. BGHSt 25 242 = JR 1974 522 mit Anm. Kohlhaas; vgl. § 205, 39; LR/Becker § 228, 6 § 246, 18; und bei § 265.
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S. nächste Rn.; krit. auch HK/Julius 1; Willms DRiZ 1976 82; Peters Der neue Strafprozeß (1975) 176 f.
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Anfangs bestimmte Absatz 1 Satz 2 a.F., dass das Urteil nur auf Freisprechung, Verur- 3 teilung oder Einstellung des Verfahrens lauten könne, womit sowohl die Abkehr des reformierten Prozesses von gemeinrechtlichen Entscheidungsformen wie der Instanzentbindung festgeschrieben als auch eine Unterscheidung verschiedener Freispruchsformen (aus tatsächlichen oder aus Rechtsgründen) verworfen wurde.5 Diese Regelung scheint so selbstverständlich geworden zu sein, dass der Gesetzgeber die inzwischen um die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ergänzte Vorschrift 1974 durch Art. 21 Nr. 66 EGStGB aufhob, um den Eindruck zu vermeiden, die darin enthaltene Aufzählung sei abschließend,6 obschon dies ursprünglich durchaus so gemeint war. Die Beschränkung auf die Grundformen Freispruch, Verurteilung, Maßregelanordnung oder Einstellung (vgl. Rn. 32) gilt jedoch auch heute noch.7 Die heutigen Absätze 2 bis 4 regeln einige Einzelheiten und stellen im Übrigen die Fassung des Urteilsspruchs in das Ermessen des Gerichts (Absatz 4 Satz 5). Absatz 5 enthält eine fehlplazierte Vorschrift,8 denn die vorgeschriebene Aufzählung 4 der angewendeten Vorschriften gehört weder zum Urteilsspruch noch zu den Gründen und wird folglich weder verkündet noch sonst mündlich eröffnet, sondern dient als stummer technischer Bestandteil des schriftlichen Urteils der registermäßigen Erfassung der Entscheidung.
II. Urteilsberatung und Urteilsverkündung An die Schlussvorträge und das letzte Wort (§ 258) schließt sich die Beratung an, auf 5 die wiederum unmittelbar die Urteilsverkündung folgen muss, ohne dass sich ein anderer Verhandlungsteil dazwischen schieben darf.9 Vor- und Zwischenberatungen sind zulässig,10 dürfen aber die Schlussberatung nicht ersetzen11. Die Urteilsberatung nebst Abstimmung ist nichtöffentlich (§ 193 Abs. 1 und 2 GVG) 6 und geheim (§§ 43, 45 Abs. 1 Satz 2 DRiG, § 193 Abs. 3 GVG). Ort der Beratung ist grundsätzlich ein außerhalb des Sitzungssaals gelegenes Beratungszimmer.12 Die Richter können dafür aber auch einen anderen dafür geeigneten Raum benutzen. Die Beratung ist allein Sache der erkennenden Richter, also nicht der Ergänzungsrichter; teilnahmeberechtigt sind aber zur Ausbildung zugewiesene Personen gem. § 193 Abs. 1 GVG. Ein Protokollführer wird nicht hinzugezogen (Rn. 11). Der Strafrichter als Einzelrichter kann sich sein Urteil auch im Sitzungssaal überlegen und entwerfen,13 tunlichst während einer kurzen Unterbrechung der Sitzung,14 nicht schon während der Schlussvorträge15. Eine Beratung nach der Ortsbesichtigung am Tatort ist wegen der Möglichkeit neuer, nicht
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Hahn 197. Willms DRiZ 1976 82; gegen die Streichung Peters Der neue Strafprozeß 176. Zutr. LR/Gollwitzer 25 25; vgl. § 354 Abs. 1. Vgl. Peters Der neue Strafprozeß 177. BGHSt 24 170, 171 = LM Nr. 38 mit Anm. Martin; BGH NJW 1951 206; 1987 3210; NStZ 1988 470; StV 1991 547; KK/Schoreit 2; KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 2; SK/Velten/Schlüchter 4. RGSt 42 85, 86; OGHSt 2 193, 195; BGHSt 17 337, 339 f.
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BGH NStZ 1988 470. Vgl. RGSt 42 85, 86; BGHSt 19 156, 157; BGH StV 1998 530, 531; Meyer-Goßner 3. OLG Saarbrücken OLGSt Bd. 5 § 261 StPO S. 8, 9; OLG Köln NStZ 2005 710 f.; w.N. bei § 258, 15. Ein Zwang zur Unterbrechung besteht nicht, vgl. HK/Julius 6; Meyer-Goßner 3; SK/Velten/Schlüchter 4. § 258, 15 m.w.N.
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zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehörender Eindrücke unzulässig,16 sofern nicht schon gegen §§ 226 ff., 230 verstoßen würde. Die Dauer der Beratung ist – abgesehen von der auch sie begrenzenden Höchstfrist 7 für die Urteilsverkündung (§ 268 Abs. 2 Satz 2) – zeitlich nicht festgelegt. Wie lange und in welcher Form das Gericht sein Urteil beraten hat, ist nicht nur nicht protokollierungsbedürftig (siehe aber Rn. 11), sondern wegen des Beratungsgeheimnisses grundsätzlich der Nachprüfung entzogen.17 Dies gilt auch, wenn die Beratung von außen ersichtlich nur von kurzer Dauer war, obwohl anschließend ein langes und kompliziertes Urteil verkündet wird. Denn die zu entscheidenden Fragen können längst in Vorberatungen geklärt worden sein, so dass auch in einem langen und umfangreichen Verfahren die Schlussberatung nur noch eine kurze Verständigung der Richter erfordert. Ein revisibler Verfahrensfehler liegt nur vor, wenn in der aufgewendeten Zeit eine ordnungsgemäße Beratung schlechthin auszuschließen ist.18 Zur Gedächtnisstütze angefertigte schriftliche Aufzeichnungen oder Tonbandauf8 nahmen über Vorgänge der Hauptverhandlung dürfen die Richter in der Beratung verwenden und den anderen Richtern des Kollegialgerichts zugänglich machen.19 Da solche Notizen bereits Niederschlag des Verhandlungsergebnisses sind, brauchen sie nicht durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt zu werden. Der Ablauf der Beratung ist in §§ 192 bis 197 GVG geregelt, die jeweils nötigen Mehrheiten bei der Abstimmung in § 263 StPO und § 196 GVG. Die Bekanntgabe eines Minderheitsvotums sieht das Gesetz (anders als § 30 Abs. 2 BVerfGG) nicht vor; die abweichende Auffassung einzelner Richter ist daher wie der Verlauf der Beratung insgesamt vor den Verfahrensbeteiligten auch in der mündlichen und schriftlichen Urteilsbegründung geheimzuhalten.20 Eine Nachberatung wird notwendig nach jedem Wiedereintritt in die Hauptverhand9 lung. Dann muss nach § 258 erneut die Gelegenheit zu Schlussanträgen und zum letzten Wort des Angeklagten gegeben (§ 258, 4 ff.) und das Urteil erneut beraten werden (§ 258, 16),21 auch wenn sich kein neuer Prozessstoff ergeben hat22. Sofern angenommen wird, eine nochmalige Beratung sei ausnahmsweise unnötig, wenn der neue Verhandlungsteil „ohne jeden sachlichen Gehalt“ geblieben sei, etwa auf einen Hinweis nach § 265 sich kein Verfahrensbeteiligter geäußert hat,23 so ist dies mit dem in § 260 enthaltenen Gebot, dass die Urteilsverkündung unmittelbar auf die Beratung folgt, unvereinbar; zudem kann das Gericht ohne erneute Beratung gar nicht feststellen, ob ein Verhandlungsteil für das Ergebnis irrelevant ist.24 Schon die Wiederholung früherer Anträge,25 erst recht ein wiederholtes letztes Wort,26 gibt einem Verhandlungsteil stets „sachlichen Gehalt“.
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RGSt 66 28, 29; OLG Hamm NJW 1959 1192; KK/Schoreit 5; KMR/Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 3; SK/Velten/Schlüchter 6. BGHSt 37 141, 143 f. mit krit. Anm. Rüping NStZ 1991 193; HK/Julius 6, 26; KK/Schoreit 3; SK/Velten/Schlüchter 4, 60. BGHSt 37 141, 144. RGSt 65 435, 436; 71 326, 328; BGHSt 19 193, 195. KK/Schoreit 4. RGSt 58 253; BGHSt 19 156, 157; 24 170, 171; BGH NStZ 1988 470; NJW 1987 3210:
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1992 3181; 3182; StV 1991 547; 1998 530, 531; 2006 399 f.; KK/Schoreit § 258, 30; Meyer-Goßner 3 f. BGH NStZ 1988 470. OGHSt 2 193, 196; BGHSt 24 170, 171; BGH NJW 1992 3181 f.; 1992 3182. RGSt 42 85, 86 f. Wie in BGH NStZ 1988 470; StV 1991 547; KK/Schoreit 2. Vgl. OGHSt 2 193, 196; BGH StV 2006 399 f. (wiederholte Unschuldsbeteuerung genügt).
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Auch die nochmalige Beratung sollte grundsätzlich außerhalb des Sitzungssaals statt- 10 finden.27 Es wird jedoch als zulässig angesehen, dass in den Fällen, in denen über einfache Fragen eine „rascheste Verständigung“ zwischen allen Richtern (Berufs- und Laienrichtern) möglich ist, diese im Sitzungssaal stattfinden darf, doch ist dieses Verfahren nur mit größter Zurückhaltung anzuwenden,28 mithin keinesfalls, wenn sich der Angeklagte nach Wiedereintritt in die Verhandlung zum ersten Mal geäußert hat29. Diese Nachberatung muss in einer für alle Verfahrensbeteiligten äußerlich erkennbaren Weise zwischen allen Mitgliedern des erkennenden Gerichts erfolgen.30 Es genügt nicht, dass der Vorsitzende die anderen Richter nur fragt, ob sie eine neue Beratung wünschen31 oder dass in der vorhergehenden Beratung beschlossen wurde, nur dann noch einmal zu beraten, wenn sich einer der Verfahrensbeteiligten nach dem Wiedereintritt zur Sache äußern sollte.32 Dass wegen des Beratungsgeheimnisses Ablauf und Inhalt der Beratung nicht in die 11 Sitzungsniederschrift aufgenommen werden können und dürfen, liegt auf der Hand.33 Darüber hinaus ist nach überwiegender Ansicht ebenfalls nicht zu beurkunden, ob und wann eine Beratung stattgefunden hat,34 weil sie nicht Teil der Hauptverhandlung und somit § 273 entzogen sei35. Ebenso soll die Nachberatung im Sitzungssaal keine durch das Protokoll zu beweisende wesentliche Förmlichkeit sein,36 obschon auch die Rechtsprechung empfiehlt, sie dennoch in das Protokoll aufzunehmen37. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ist immer zu beurkunden, dass das Gericht sich zur Beratung zurückzieht oder im Sitzungssaal berät.38 Das Beratungsgeheimnis wird dadurch nicht berührt. Dass die Beratung von § 273 nicht erfasst werde, weil sie nicht „Teil der Hauptverhandlung“ sei, überzeugt nicht. Denn zum einen verwendet das Gesetz den Begriff der „Verhandlung“ schon in §§ 260 Abs. 1, 261, 268 Abs. 3 Satz 1 und 2 nicht einheitlich, zum anderen liegt die Beratung ebenso „außerhalb des Rahmens der ‚eigentlichen Verhandlung‘“39 im engen Sinne des Verhandelns zur Sache wie die Urteilsverkün-
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BGH NStZ-RR 2002 71 f. (empfehlenswert). BGHSt 19 156, 157; 24 170, 171; BGH NJW 1992 3182; StV 1998 530, 531; NStZ 2001 106; missverständlich BGH NJW 1987 3210 und StV 1991 547; dazu BGH NJW 1992 3181 f.; KK/Schoreit § 258, 32. BGH StV 1991 547; vgl. aber BGH NJW 1992 3181 mit krit. Anm. R. Hamm NJW 1992 3147, 3148. RGSt 42 85, 87; OGHSt 2 193, 197; BGHSt 19 156, 157 f.; 24 170, 171; BGH StV 1991 547; 1998 530, 531; NJW 1987 3210; 1992 3182; NStZ-RR 2002 71 f.; KK/Schoreit § 258, 32; KMR/Stuckenberg 4; MeyerGoßner 4; SK/Velten/Schlüchter 5; krit. HK/Julius 7. BGHSt 19 156, 157; BGH NJW 1987 3210; 1992 3181 f.; StV 1991 547; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 4; SK/Velten/Schlüchter 5. BGH NStZ 1988 470; KK/Schoreit 2; SK/Velten/Schlüchter 5. OGHSt 3 121, 122. OGHSt 3 121, 122; BGHSt 5 294 f.; 37 141,
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143; BGH NJW 1992 3181; 1992 3182; OLG Hamm StraFo 1997 210; OLG Köln NStZ-RR 2002 337 f. BGHSt 5 294 und die Nachw. in der vorigen Fn.; LR/Gollwitzer 25 3; Graf/Peglau § 273, 33; Meyer-Goßner 3; Pfeiffer 1; krit. Pauly FS Rissing-van Saan 425, 435 f.; a.A. Eb. Schmidt 2; § 273, 10; KMR/Stuckenberg 8; SK/Velten/Schlüchter 5. BGHSt 5 294; BGH NJW 1987 3210; OLG Karlsruhe Justiz 1985 173; LR/Gollwitzer 25 4; Meyer-Goßner 4; a.A. Eb. Schmidt § 273, 10. BGH NJW 1987 3210; 1992 3182 mit Anm. R. Hamm NJW 1992 3147; NStZ-RR 2002 71 f.; Graf/Peglau § 273, 22; KK/Schoreit 3; Meyer-Goßner 4; Pfeiffer 1; nach HK/Julius 25 sollte die Verteidigung die Aufnahme eines solchen Vermerks zur Beweissicherung beantragen. Eb. Schmidt § 273, 10; KMR/Stuckenberg 8; SK/Velten/Schlüchter 4, 59; Kahlo FS MeyerGoßner 447, 468. RG HRR 1940 Nr 50.
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dung, die fraglos Bestandteil der Hauptverhandlung ist40. § 273 Abs. 1 schreibt vor, „den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen“ wiederzugeben. Der Gang der Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1) und schließt erst mit der Urteilsverkündung (Abs. 1). Die Beratung ist notwendige Bedingung der Verkündung, somit ein nicht nur wesentlicher, sondern notwendiger – wenn auch außerhalb des öffentlichen Verhandlungsgeschehens stattfindender – Bestandteil, d.h. notwendiger Schritt im Gang der Hauptverhandlung.
III. Das Urteil 12
1. Begriff. Urteile sind in und aufgrund einer vollständig durchgeführten Hauptverhandlung ergehende Entscheidungen, die entweder das Verfahren insgesamt beenden oder jedenfalls den Rechtszug abschließen,41 sofern das Gesetz nicht die Beschlussform vorschreibt (wie in §§ 153 Abs. 2, 153a Abs. 2, 270 Abs. 1). Entscheidungen, die entweder nicht aufgrund einer Hauptverhandlung erlassen werden oder nicht den Zweck haben, den Prozess überhaupt oder doch in der Instanz zu beenden, können daher nicht als Urteile gelten. Folglich sind Inhalt und Funktion einer Entscheidung maßgebend dafür, ob sie als Beschluss oder als Urteil anzusehen ist, und nicht ihre Bezeichnung durch das Gericht.42 Trägt eine aufgrund einer Hauptverhandlung erlassene, instanzbeendende Entscheidung die Überschrift „Beschluss“, so ist sie, sofern das Gesetz nicht die Beschlussform vorschreibt, trotzdem Urteil und wie ein Urteil anzufechten. Umgekehrt ist eine Entscheidung, die ohne urteilsmäßigen Inhalt in der äußeren Erscheinung eines Urteils auftritt, als Beschluss zu werten.43
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2. Urteilsarten. Zu unterscheiden ist zwischen Sachentscheidungen im engeren Sinn und bloßen Prozessentscheidungen (Formalentscheidungen).44 Die reinen Prozessentscheidungen beruhen durchweg auf der Unzulässigkeit des Prozesses oder der Prozessart oder der Prozesshandlung, die den Prozess in die Rechtsmittelinstanz weitertreiben will; sie sprechen sich niemals über die Begründetheit der Anklage oder des Rechtsmittels oder sonstigen Antrags aus. Wo immer ein Urteil über die Begründetheit ergeht, liegt eine Sachentscheidung vor. Sachurteile sind der materiellen Rechtskraft fähig, verbrauchen also die Strafklage, während Prozessurteile grundsätzlich nur formell rechtskräftig werden, also nach Beseitigung des Prozesshindernisses einer neuen Strafklage wegen derselben Tat gegen denselben Angeklagten nicht entgegenstehen (zu Ausnahmen Rn. 124).
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Oben Fn. 1. RGSt 65 397, 398; BGHSt 18 381, 384; 26 106, 108; KK/Schoreit 15, 17; KMR/Stuckenberg 12; Meyer-Goßner 5; SK/Velten/Schlüchter 9 m.w.N.; Eb. Schmidt I 36; Peters § 52 I 1; Roxin 25 § 23, 1, 5; § 46, 1; Schäfer 902; Beling 224; Gössel § 33 D I; Oetker JW 1930 3556. Nach Roeder ZStW 79 (1967) 250, 270 ist die Instanzbeendigung Wirkung und nicht Begriffsmerkmal des Urteils. RGSt 63 246, 247; 65 397, 398; RG JW 1933 967; BGHSt 8 383, 384; 18 381, 384 f.;
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25 242, 243; KG JR 1956 478; OLG Celle NJW 1960 114; vgl. LR/Gollwitzer 25 Vor § 296, 43 m.w.N.; ferner KK/Schoreit 15; KMR/Stuckenberg 12; SK/Velten/ Schlüchter 9. BGHSt 25 242 = LM Nr. 39 mit Anm. Börtzler; Oetker JW 1930 3557. KK/Schoreit 16; KMR/Stuckenberg 12; Meyer-Goßner 7; SK/Velten/Schlüchter 20; Gerland 278; Beling 224; Graf zu Dohna 179; Roxin 25 § 46, 1; Sauer (Grundlagen) 518; Oetker JW 1930 3555.
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Von den in erster Instanz erlassenen Urteilen gehören die auf Freisprechung, Verurtei- 14 lung, Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung oder einer sonstigen Rechtsfolge lautenden zu den Sachentscheidungen. Dagegen sind die Urteile, die es wegen des Mangels einer Prozessvoraussetzung ablehnen, in eine Sachentscheidung einzutreten (Abs. 3), oder die das Verfahren gemäß § 389 einstellen, weil der Prozess zwar nicht überhaupt, aber doch in der gewählten besonderen Prozessart unzulässig ist, reine Prozessentscheidungen. In den Rechtsmittelinstanzen sind nur die Urteile, die sich wegen Unzulässigkeit des 15 Rechtsmittels weigern, darüber zu befinden, ob das angefochtene Urteil dem Angriff des Beschwerdeführers standhalte oder nicht, als reine Prozessentscheidungen anzusehen. Alle anderen Urteile der Rechtsmittelgerichte sind Sachentscheidungen, gleichviel, welchen Inhalt die angefochtene Entscheidung hat und ob das Rechtsmittelgericht veranlasst ist, das den Gegenstand der Klage bildende Ereignis zu ermitteln oder die Anwendung des Strafgesetzes auf den festgestellten Sachverhalt nachzuprüfen oder sich nur mit einer verfahrensrechtlichen Frage zu beschäftigen.45 Stützt der Beschwerdeführer die Revision ausschließlich auf einen Mangel im Verfahren, so ist das Urteil des Revisionsgerichts, obwohl es sich auf die Überprüfung des behaupteten Verfahrensfehlers beschränkt, doch Sachentscheidung. Zur Rechtsnatur der Verwerfungsurteile nach §§ 329, 412 siehe die dortigen Erläuterungen. 3. Besondere Urteilsformen a) Die Strafprozessordnung kennt keine Zwischenurteile, durch die einzelne Fragen 16 vorab entschieden werden, da die zugelassene Anklage durch eine einheitliche Entscheidung, durch ein Urteil, erschöpfend erledigt werden muss (vgl. Rn. 36). Einzelne Sachoder Rechtsfragen oder einzelne Rechtsfolgen können nicht Gegenstand eines gesonderten Urteils sein. Die Möglichkeit, die Nachprüfung der Rechtsmittelgerichte auf einzelne Urteilsteile zu beschränken, ist bei § 318 erörtert; zu einer Ausnahme siehe Rn. 18. b) Teilurteile, mit denen das Gericht unselbständige, nicht abtrennbare Teile des Pro- 17 zessstoffs vorweg erledigt, kennt das geltende Strafprozessrecht nicht.46 Nur im Adhäsionsverfahren lässt § 406 Abs. 1 Satz 2 dies bei den geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüchen zu. Die strafrechtliche Aburteilung einer Tat im verfahrensrechtlichen Sinn kann nicht aufgespalten werden. Rechtlich unzulässig ist es, dass über eine einheitliche Tat nach einzelnen tatsächlichen Richtungen oder unter einzelnen rechtlichen Gesichtspunkten durch Urteil entschieden und gleichzeitig – sei es durch Beschlussfassung gemäß § 270 oder in anderer Weise – die Erledigung im übrigen einem späteren Urteil vorbehalten wird.47 Einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren rechtlichen Gesichtspunkten kann das Gericht nur nach § 154a Abs. 2 ausscheiden. Bilden dagegen mehrere selbständige Taten im Sinne des § 264 den Gegenstand der Anklage oder sind sie im Wege der Nachtragsanklage in die Verhandlung einbezogen worden, dann hindert § 260 Abs. 1 das Gericht nicht, das Verfahren hinsichtlich einer Tat, die noch der weiteren Aufklärung bedarf, abzutrennen und auszusetzen und zunächst den nicht abgetrennten Teil durch Urteil zu entscheiden.48
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Oetker JW 1930 3357. RGSt 18 297, 298; BGHSt 49 209, 211 f.; KK/Schoreit 17; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 8; SK/Velten/Schlüchter 7.
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RGSt 61 225, 226 m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1975 23; vgl. bei § 237; KK/Schoreit 17; KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten/Schlüchter 7; ferner Kuhlmann
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Die Rechtsprechung lässt allerdings ausnahmsweise im Interesse der Verfahrensbeschleunigung Teilentscheidungen im Revisionsverfahren zu, nicht nur in vertikaler Weise durch Abtrennung einzelner von mehreren selbständigen Taten,49 sondern ausnahmsweise auch in horizontaler Weise über einen Teil des Verfahrensgegenstandes,50 wenn bestimmte Verfahrensteile entscheidungsreif (z.B. Schuld- und Strafausspruch) sind, aber andere Teile (z.B. Maßregelanordnung) sich wegen aufwendiger Vorlageverfahren erheblich verzögern. Ein isolierter Schuldspruch ohne eine Entscheidung über die Rechtsfolgen ist nach 19 geltendem Recht grundsätzlich nicht zulässig,51 sofern nicht in einem Sonderfall das Gesetz ausdrücklich etwas anderes vorsieht (§ 27 JGG). Er könnte für sich allein ebensowenig Bestand haben wie ein isolierter Rechtsfolgenausspruch, bei dem der Schuldspruch fehlt.52
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c) Bloße Feststellungsurteile sind dem Strafverfahren insofern fremd, als es kein bloßes Feststellungsbegehren gibt. In der Sache laufen freilich alle diejenigen Urteile auf ein Feststellungsurteil hinaus, die keine vollstreckbaren oder gestaltenden Rechtsfolgen anordnen, so die Schuldigsprechung mit Straffreierklärung53 oder Absehen von Strafe gemäß § 60 StGB,54 ebenso ein Freispruch ohne Maßregelanordnung.
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d) Ein bedingter Schuldspruch oder ein Urteil unter einem Vorbehalt sind nach der Strafprozessordnung grundsätzlich nicht zulässig. Die vom Gericht zu treffende Entscheidung hat aufgrund der Ergebnisse der Hauptverhandlung zu ergehen und darf nicht von späteren, außerhalb der Hauptverhandlung zu treffenden Feststellungen abhängig gemacht werden, es sei denn, das Gesetz sieht einen solchen Vorbehalt ausdrücklich vor wie beim Vorbehalt der Einziehung55 und bei der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung,56 vgl. Absatz 4 Satz 4. Fehlt eine derartige Ausnahmeregelung, so darf es auch dann nicht mit einem entsprechenden Vorbehalt verurteilen, wenn etwa die Anwendbarkeit eines Straffreiheitsgesetzes noch nicht beurteilt werden kann, weil diese vom Ausgang eines anderen Strafverfahrens abhängt.57 Die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) ist die Anordnung einer besonderen Vollstreckungsregelung, die Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) ist die Verhängung einer besonderen Rechtsfolge. Das Urteil, das eine dieser Folgen ausspricht, ist kein Vorbehaltsurteil im verfahrensrechtlichen Sinn.58
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DRiZ 1975 77, der de lege ferenda auch für den Strafprozess Teil- und Zwischenurteile fordert. BGH wistra 2000 219, 226 f. (Vorlage an den EuGH); 2004 475 f.; Meyer-Goßner 8. BGHSt 49 209, 211 ff. (Vorlage an Großen Senat); Meyer-Goßner 8. BGHSt 20 120; BayObLGSt 1959 129 = NJW 1959 1646; OLG Hamm NJW 1981 697; Roeder ZStW 79 (1967) 250, 291; Wagner GA 1972 33. OLG Hamm NJW 1981 697. Zu den Sonderfällen der Rechtsfolgenfestsetzung ohne Schuldspruch im Sicherungsverfahren vgl. BGH bei Holtz MDR 1985 449; §§ 413 ff.;
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ferner für das selbständige Einziehungsverfahren §§ 440 ff. RGSt 65 60, 63. BGH NJW 1957 552; BayObLG NJW 1972 696. Vgl. § 74b Abs. 2 StGB; ferner bei §§ 439, 441. § 66a StGB; siehe § 275a. BGH NJW 1953 1522; BayObLGSt 1975 91 = VRS 50 (1976) 96; KMR/Stuckenberg 17; a.A. OLG Frankfurt NJW 1950 477; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1951 110; OLG Köln NJW 1952 808; vgl. bei § 264. BGHSt 5 350; BayObLGSt 1975 91; SK/Velten/Schlüchter 8; vgl. Rn. 97.
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e) Ein Ergänzungsurteil, durch das ein ergangenes Urteil hinsichtlich eines versehent- 22 lich unterbliebenen Teils des Entscheidungssatzes nachträglich ergänzt wird, ist in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen.59 Die Möglichkeit und die Grenzen einer Berichtigung des Urteilsspruchs sind bei § 268 erörtert; die strittigen Fragen der Nachholung einer unterbliebenen Kosten- oder Auslagenentscheidung bei § 464. Ein Nachverfahren hinsichtlich einzelner Urteilsfolgen ist nur dort und nur in dem 23 Umfang zulässig, in dem dies das Gesetz ausdrücklich vorsieht, wie in den §§ 275a, 439, 441. 4. Erlass des Urteils. Rechtlich existent wird das Urteil durch Verkündung (§§ 35, 24 268). Die Urteilsverkündung ist mit der anschließenden Rechtsmittelbelehrung (§ 35a) der letzte Teil der Hauptverhandlung,60 schließt diese und damit den Rechtszug ab, bei Unanfechtbarkeit oder unterlassener Anfechtung auch das gesamte Erkenntnisverfahren. Die Verkündung geschieht gemäß § 268 Abs. 2 Satz 1 durch Verlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe; sie ist erst beendet, wenn die Mitteilung beider Urteilsteile abgeschlossen ist.61 Wesentlicher Teil der Hauptverhandlung im Sinne der durch § 338 Nr. 5 sanktionierten Anwesenheitspflicht ist jedoch nur die Verkündung des Urteilsspruchs.62 Die Rechtsmittelbelehrung nach § 35a gehört nicht mehr zur Urteilsverkündung,63 ebensowenig die Verkündung der Beschlüsse nach §§ 268a, 268b.64 Der authentische Wortlaut der Urteilsformel ergibt sich allein aus der Sitzungsniederschrift.65 Näheres siehe bei § 268. Ohne Verkündung des Tenors liegt ein Urteil im Rechtssinne keinesfalls vor.66 Ob- 25 schon die Verkündung beide Urteilsteile umfassen muss, wird heute angenommen, dass das Urteil bereits mit der vollständigen Verkündung des Tenors rechtswirksam wird; die mündliche Eröffnung der Urteilsgründe (§ 268 Abs. 2 Satz 1) ist für den Urteilsspruch demnach nicht wesentlich67 und dient nur der vorläufigen Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten. Die nach Verlesen des Tenors eintretende Unfähigkeit des Vorsitzenden, mit der Mitteilung der Urteilsgründe fortzufahren,68 die Abwesenheit des Angeklagten dabei 69 oder das gänzliche Unterlassen der mündlichen Urteilsbegründung70 berührt die Wirksamkeit des Urteils nicht. Für die Anfechtbarkeit hingegen sind ohnehin nur die schriftlichen Gründe maßgebend.71 Die gesetzlich vorgeschriebene Urteilsurkunde (§ 275) ist demnach kein wesentliches 26 Merkmal des Urteils, da es schon mit der Verkündung rechtlich entstanden ist. Wenn es, was die Regel ist, in Gegenwart des Angeklagten verkündet wurde, wird es mangels
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RGSt 61 391; BGHSt 10 109; 25 333; BGH NStZ 1984 279; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1970 199; KK/Schoreit 17; KMR/Stuckenberg 13, 91; Meyer-Goßner 8; SK/Velten/Schlüchter 8. Oben Fn. 1. RGSt 61 388, 390; BGHSt 8 41; 15 263; 25 333, 335 m.w.N. BGHSt 15 263, 265; KK/Schoreit 8; SK/Velten/Schlüchter 21. BGH NStZ 1984 279. BGHSt 25 333, 338. Vgl. BGHSt 34 11, 12; BGH NStZ-RR 2002 100, ferner die Erl. zu §§ 268, 275.
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RGSt 71 377, 379; BGHSt 8 41, 42; 15 263, 264; 16 178, 180; KK/Schoreit 8; MeyerGoßner 5; SK/Velten/Schlüchter 21. BGHSt 8 41 f.; 15 263, 264; KK/Schoreit 8; Meyer-Goßner 5; SK/Velten/Schlüchter 21; a.A. RGSt 47 323 f.; offen lassend RGSt 71 377, 379; siehe aber §§ 275, 338 Nr. 7. BGHSt 8 41; KK/Schoreit 9; KMR/Stuckenberg 11; SK/Velten/Schlüchter 21. BGHSt 16 178, 180. BGHSt 15 263, 264 f.; KK/Schoreit 9. BGHSt 7 363, 370 f.; 15 263, 265; KK/Schoreit 9.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Anfechtung mit dem Ablauf der in § 314 Abs. 1 und § 341 Abs. 1 gesetzten Fristen rechtskräftig, auch wenn die Urteilsurkunde zu dieser Zeit noch nicht angefertigt ist. Selbst die Unmöglichkeit der Abfassung beeinträchtigt die Rechtskraft des verkündeten Urteils nicht. Stirbt der Strafrichter, der auf Freisprechung erkannt hat, vor der Niederschrift des Urteils, so ist die Sache, wenn keine Berufung eingelegt wird, durch das Urteil endgültig erledigt. Unvollständigkeit72 oder Verlust der Urteilsurkunde nach Verkündung73 sind für die Wirksamkeit des Urteils ebenso unerheblich wie eine verspätete Abfassung der Urteilsgründe (dann aber §§ 275, 338 Nr. 7) und stehen weder der Anfechtung des Urteils mit der Berufung oder Revision74 noch, sofern nur eine Abschrift der Urteilsformel gemäß § 451 – etwa mit Hilfe der Sitzungsniederschrift – erteilt werden kann, der Vollstreckung entgegen.
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5. Bestandteile. Formal besteht das schriftliche Urteil aus fünf Elementen: dem Rubrum (§ 275 Abs. 3), dem Tenor (Urteilsformel, -spruch, -satz; § 260 Abs. 2 bis 4), der Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5), den Gründen (§§ 267, 268 Abs. 2, 275) und den Unterschriften der Richter (§ 275 Abs. 2). Wenngleich Formel und Gründe des Urteils ein Ganzes derart bilden, dass jene aus den Gründen ausgelegt und unter gewissen Voraussetzungen ergänzt werden kann,75 wenn Art und Umfang der getroffenen Entscheidung unklar sind, so muss doch zwischen beiden scharf unterschieden werden. Grundsätzlich ist eine Entscheidung, die in der Formel keinen Ausdruck gefunden hat, nicht getroffen (Rn. 34 f.). Andererseits kann nur eine Gesetzesverletzung, die die Entscheidung in der Formel beeinflusst hat, den Erfolg einer Revision begründen.76
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6. Nichtigkeit. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen sind Urteile wegen eines ihnen anhaftenden groben Mangels nichtig, mit der Folge, dass sich die Nichtigkeit auch durchsetzt, wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird. Wegen Einzelheiten siehe Einl. K 105 ff.
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7. Zur Berichtigung von Urteilsformel und Urteilsgründen siehe § 268, 38 ff.
IV. Der Inhalt der Urteilsformel. Allgemeines 30
1. Das Gesetz stellt in Absatz 4 Satz 5 den Grundsatz der freien Gestaltung der Urteilsformel auf, der zugleich durch die Vorgaben von Absatz 2 und Absatz 4 Sätze 1 bis 4 sowie durch weitere Vorschriften wie § 464 Abs. 1 und § 200 StGB eingeschränkt wird. Soweit dem Gericht ein Ermessen verbleibt, muss es sich am Zweck der Urteilsformel ausrichten, die Entscheidung des Gerichts klar und unmissverständlich auszudrücken, namentlich im Verurteilungsfall das begangene Unrecht zu kennzeichnen und die getroffenen Rechtsfolgenanordnungen zu verlautbaren.77 Diese Vorgaben des § 260 gelten auch im Bußgeldverfahren (§ 71 Abs. 1 OWiG).78
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OLG Hamm VRS 60 (1981) 206; Roeder ZStW 79 (1967) 250 ff.; LR/Franke § 333, 4 ff. m.w.N. OLG Hamm Alsb. E 2 133 Nr. 96; Schmid FS R. Lange 781 ff. RGSt 40 184; vgl. SK/Velten/Schlüchter 22; vgl. bei §§ 268, 275; LR/Franke § 338, 115 ff. RGSt 2 379; 4 180; 46 326; 54 291; vgl. bei § 268 m.w.N.
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RGSt 63 185; BGH StV 1994 63; MeyerGoßner JR 1985 452; vgl. LR/Gollwitzer 25 Vor § 296, 57. BGH bei Becker NStZ-RR 2003 290 f. Nr. 8. BayObLGSt 1999 88 = VRS 97 (1999) 356; OLG Düsseldorf VRS 98 (2000) 362, 363 m.w.N.; DAR 2001 39; OLG Hamm VRS 97 (1999) 185; OLG Karlsruhe VRS 54 (1978) 68.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 260
2. Eindeutigkeit. Die Urteilsformel muss die Entscheidung des Gerichts so klar und 31 eindeutig ausdrücken, dass sie von den Verfahrensbeteiligten und der Öffentlichkeit verstanden werden kann.79 Sie muss im Fall der Verurteilung, um als Vollstreckungsgrundlage dienen zu können, aus sich selbst heraus verständlich sein und darf keine Zweifel daran aufkommen lassen, welche Entscheidung das Gericht für jede angeklagte, rechtlich selbständige Straftat getroffen hat. Der Tenor ist daher in knapper, verständlicher Sprache abzufassen und von allem freizuhalten, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgabe dient.80 Es muss daher erkennbar sein, ob es sich um eine Prozess- oder um eine Sachentschei- 32 dung (Rn. 13) handelt, sowie, welchen Inhalt die Sachentscheidung hat – Freispruch, Verurteilung, Maßregelanordnung oder Einstellung (§ 260 Abs. 1 Satz 2 a.F., Rn. 3). Bezugnahmen sind unzulässig; allenfalls können Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte auf einen Urteilssatz der Vorinstanz Bezug nehmen, sofern hierdurch keine Unklarheiten entstehen.81 Hat das Revisionsgericht ein Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, so darf das neue, wiederum verurteilende Erkenntnis des Tatgerichts nicht lauten: „Das erste Urteil wird aufrechterhalten“; die Verurteilung muss vielmehr in der üblichen Form erneut ausgesprochen werden.82 Ist der Hauptverhandlung ein Strafbefehls- oder ein Bußgeldverfahren vorausgegan- 33 gen, so kommt dies in der Urteilsformel nicht zum Ausdruck. Ist der Einspruch gegen den Strafbefehl oder gegen den Bußgeldbescheid wirksam, dann ist das Urteil so zu fassen, als ob diese Bescheide nicht vorhanden wären.83 Die förmliche Aufhebung des Bußgeldbescheids ist dagegen notwendig, wenn der Verurteilung wegen einer Straftat ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid wegen der gleichen Tat vorangegangen ist.84 Gleiches gilt für das Ersturteil nach Zurückweisung gemäß §§ 328 Abs. 2, 354 Abs. 2.85 Bei Teilrechtskraft einer früheren Entscheidung dient aber eine deklaratorische Feststellung der Klarheit und erleichtert die Vollstreckung.86 3. Vollständigkeit. Der Tenor muss das vom Gericht Beschlossene grundsätzlich voll- 34 ständig wiedergeben. Rechtsfolgen, die notwendig in die Formel aufzunehmen sind, gelten als nicht verhängt oder als abgelehnt, wenn die verkündete Urteilsformel über sie schweigt.87 Eine nachträgliche Ergänzung der Formel im Wege der Berichtigung ist nur zur Korrektur offensichtlicher Verkündungsversehen in Ausnahmefällen möglich, näher § 268, 38 ff. Bei Entscheidungen, deren Aufnahme in die Urteilsformel nicht zwingend vorge- 35 schrieben ist und die auch isoliert ergehen können, liegt im Schweigen der Formel dagegen noch keine Ablehnung. Bei der Entscheidung nach § 8 StrEG war dies strittig, da
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Vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2004 35 Nr. 12, 13. BGHSt 27 287, 289; BGH NStZ 1983 524; bei Becker NStZ-RR 2003 290 f.; BayObLGSt 1999 88 = VRS 97 (1999) 356; OLG Düsseldorf NJW 1987 1958; SK/Velten/ Schlüchter 23; Meyer-Goßner/Appl 27 ff.; Jasper MDR 1986 198; Meyer-Goßner NStZ 1988 529 f.; Willms DRiZ 1976 82, 83. KMR/Stuckenberg 18. RG GA 55 (1908) 331; KK/Schoreit 28; Meyer-Goßner 20; SK/Velten/Schlüchter 23.
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RGSt 63 343, 345; OLG Düsseldorf JMBlNW 1972 84; KK/Schoreit 28; MeyerGoßner 20; SK/Velten/Schlüchter 23. BayObLGSt 1978 187 = NJW 1979 827. Wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentare zu § 86 OWiG. RG GA 55 (1908) 331; KMR/Stuckenberg 29; Meyer-Goßner 20. Pfeiffer 10. RGSt 63 184, 185; BGH StV 1994 63; KK/Schoreit 8, 17; Pfeiffer 10.
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eine Entscheidung außerhalb der Hauptverhandlung nur ergehen darf, wenn sie in der Hauptverhandlung nicht möglich ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 StrEG). Nach vorherrschender Meinung bedeutet das Schweigen des Urteils keine Ablehnung der Entschädigung, vielmehr könne die Entscheidung darüber nachgeholt werden, auch wenn das Urteil insoweit keinen Vorbehalt enthalte.88
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4. Erschöpfung des Verfahrensgegenstandes. Die Urteilsformel muss den Prozessgegenstand (§ 264), so wie er sich aus der zugelassenen Anklage und einer eventuellen Nachtragsklage – nicht aus einem rechtlichem Hinweis89 – ergibt, erschöpfend erledigen.90 Dies bestimmt sich durch Vergleich der zugelassenen Anklage in der Gestalt, die sie durch den Eröffnungsbeschluss erhalten hat, sowie etwaiger Nachtragsanklagen91 mit der Urteilsformel.92 Ausnahmsweise ist das Ergebnis der Hauptverhandlung für die Fassung des Tenors maßgebend, wenn die zugelassene Anklage das Konkurrenzverhältnis der angeklagten Handlungen offensichtlich fehlerhaft bestimmt hat (Rn. 54, 56). Jede angeklagte materiell-rechtlich selbständige Tat bedarf einer eigenen Entscheidung, ob freizusprechen, zu verurteilen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit eine Verurteilung die Anklage nicht ausschöpft, muss Teilfreispruch ergehen (Rn. 51 ff.).
V. Freispruch 1. Voraussetzungen
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a) Freispruch ist geboten, wenn die Schuld des Angeklagten aus tatsächlichen Gründen nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 261) erwiesen ist oder seine Unschuld feststeht oder aus rechtlichen Gründen ein Schuldspruch ausscheidet.93 Sind diese Voraussetzungen gegeben, muss das Gericht freisprechen, auch wenn ein Verfahrenshindernis besteht, das an sich die Einstellung erlauben würde (Rn. 38) oder wenn zugleich eine Maßregel der Besserung und Sicherung oder eine Nebenfolge angeordnet94 wird.
38
b) Vorrang der Sachentscheidung. Stellt sich ein unbehebbares Prozesshindernis erst in der Hauptverhandlung heraus, ist die Sache aber zugleich schon entscheidungsreif im Sinne des Freispruchs, dann gebührt regelmäßig dem Freispruch Vorrang vor der Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses,95 etwa aufgrund eines Straf88
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BayObLG bei Rüth DAR 1973 210; OLG Düsseldorf NJW 1973 1660; OLG Hamm NJW 1974 374; OLG München NJW 1977 2090; OLG Koblenz GA 1985 461; OLG Zweibrücken VRS 47 (1974) 443. Meyer-Goßner 10; a.A. OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376. BGHSt 49 209, 211; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; NStZ 1998 551; StV 1994 63; KMR/Stuckenberg 15; MeyerGoßner 10. OLG Hamm JMBlNW 1965 34. BGH NJW 1993 3338; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; bei Miebach NStZ 1988 212; bei Schmidt MDR 1984 186; BayObLGSt 1960 116 = NJW 1960 2014;
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OLG Köln NJW 1958 838; VRS 64 (1983) 206; KK/Schoreit 18; Meyer-Goßner 10; KMR/Stuckenberg 15; SK/Velten/Schlüchter 10; Schäfer 989; Schlüchter 568 ff. OLG Frankfurt HESt 2 253; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 30; Eb. Schmidt 6. BGH NStZ-RR 1998 142 Nr. 12; bei Becker NStZ-RR 2003 98 Nr. 8; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 30; Meyer-Goßner 18; SK/Velten/Schlüchter 40, vgl. auch Willms DRiZ 1976 82. BGHSt 20 333, 335; 44 209, 218 f.; 46 130, 136 f.; BGH NStZ-RR 1996 299; BayObLGSt 1963 44, 47; OLG Celle NJW 1968 2119; OLG Oldenburg NJW 1982 1166; Hanack JZ 1972 313; Hillenkamp JR 1975
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freiheitsgesetzes.96 Dieser bislang kaum begründete97 Vorrang ist zumeist bei Fehlen bestimmter Verfahrensvoraussetzungen anerkannt worden, die direkt das öffentliche Bestrafungs- bzw. Strafverfolgungsinteresse, insoweit dem materiellen Recht nahestehend, betreffen wie Verjährung, Amnestie oder Strafantrag.98 Nicht möglich ist ein Freispruch hingegen bei fehlender Anklage,99 weil die verhandelte Tat nicht Prozessgegenstand geworden und folglich keiner Sachentscheidung zugänglich ist; ebensowenig nach Einstellung gem. § 154 Abs. 2,100 weil das Verfahren nicht mehr anhängig ist. Erscheint der Freispruch noch nicht gesichert, sondern weitere Aufklärung vonnöten, so ist zu unterscheiden: Ist diese Aufklärung durch präsente Beweismittel ohne nennenswerte Verfahrensverzögerung möglich, dann ist es ein nobile officium des Gerichts, vor der Entscheidung diese Beweismittel zu benutzen.101 Umgekehrt kommt eine Sachentscheidung nicht in Frage, wenn noch eingehende Erörterungen zur Schuldfrage nötig sind.102 Ergibt sich bei einer angeklagten Straftat, die nur ein Strafgesetz verletzt, aufgrund 39 des Ergebnisses der Hauptverhandlung eine veränderte rechtliche Würdigung und kann die Straftat in der nun hervortretenden rechtlichen Gestalt nicht verfolgt werden, weil ein Verfahrenshindernis vorliegt, so soll es nach der vorherrschenden Meinung103 – wie beim tateinheitlichen Zusammentreffen einer freispruchsreifen und einer einzustellenden Gesetzesverletzung (Rn. 41 ff.) – auf das Wertverhältnis zwischen der in der Anklage bezeichneten Rechtsverletzung und der nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung geschehenen Rechtsverletzung ankommen. Fällt die nicht verfolgbare Rechtsverletzung schwerer ins Gewicht oder ist sie der anderen mindestens gleichwertig, so wird das Verfahren eingestellt; sonst wird der Angeklagte freigesprochen. Diese Einschränkung ist aus den in Rn. 43 genannten Gründen abzulehnen. c) Einheitlichkeit der Entscheidung. Betrifft das Verfahrenshindernis nur einen von 40 zwei in Gesetzeseinheit 104 oder Tateinheit zusammentreffenden Straftatbeständen, kann im Urteil nur einheitlich entschieden werden. Vor allem darf wegen einer und derselben Straftat im Urteilsspruch nicht gleichzeitig auf Freisprechung und auf Einstellung erkannt werden. Hier wird unterschieden, ob das Verfahrenshindernis bereits endgültig eingetreten ist (Rn. 41 ff.) oder ob es noch entfallen kann (Rn. 44). Ist bei einem der tateinheitlich zusammentreffenden Delikte das Verfahrenshindernis 41 unbehebbar, während das andere Delikt freispruchreif ist, so gilt nach der vorherrschenden, freilich nicht überzeugenden (Rn. 43) Meinung der Vorrang der Sachentscheidung nicht uneingeschränkt. Freispruch soll vielmehr nur ergehen, wenn der nicht erwiesene Tatvorwurf schwerer wiegt als der nicht verfolgbare;105 dem Angeklagten soll billiger-
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140; Jagusch NJW 1962 1417; Koch GA 1961 344; AK/Wassermann 17; KK/Schoreit 50; KMR/Stuckenberg 31; Meyer-Goßner 44; SK/Velten/Schlüchter 48; Kühl Unschuldsvermutung 88. RGSt 70 193, 196; BGHSt 13 268, 273; OLG Düsseldorf NJW 1950 360; KK/Schoreit 50. Rieß FS II BGH 809, 839 f.; vgl. SternbergLieben ZStW 108 (1996) 721, 748 ff. Rieß FS II BGH 809, 840 f. m.w.N. BGHSt 46 130, 136 f. m. zust. Anm. Krack JR 2001 423 und Vogl NJ 2000 660; s.a. Rn. 116; KK/Schoreit 50; Meyer-Goßner 45.
100 101 102 103 104 105
BGH NStZ-RR 2007 83; Meyer-Goßner 45. LR/Gollwitzer 25 100; KMR/Stuckenberg 31. BGH NStZ-RR 1996 299, 300. Nachw. wie in Fn. 105. Vgl. BayObLGSt 1991 39 = NJW 1991 3292. RGSt 66 51, 53; BGHSt 1 231, 235; 7 256, 261; 36 340 f.; 50 16, 30; BGH GA 1959 17; 1978 371; NJW 1955 838, 839; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 495 Nr. 17; StV 1992 10, 11; StraFo 2004 211; bei Becker NStZ-RR 2005 259 Nr. 8; BGHR § 260 Abs. 3 Freispruch 1, 3; BayObLGSt 1961 186; 1963 44, 47 f.; 1978 158 = MDR 1979
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weise durch den Freispruch bestätigt werden, dass sich der schwerer belastende Vorwurf, der in der Regel die Optik des Verfahrens in der Öffentlichkeit bestimmt, nicht bestätigt hat. Bei Gleichwertigkeit soll folglich eingestellt werden.106 Bei Beurteilung des Wertverhältnisses, in dem die einzelnen rechtlichen Gesichtspunkte 42 untereinander stehen, muss von der gesetzlichen Einteilung der Straftaten in Verbrechen und Vergehen ausgegangen werden.107 Dies gilt entsprechend in dem nicht seltenen Fall, wenn ein angeklagtes Vergehen nicht nachweisbar, die damit rechtlich zusammentreffende Ordnungswidrigkeit aber verjährt ist.108 Innerhalb der gleichen Deliktsart ist die Höhe der gesetzlichen Strafdrohung maßgebend.109 Freizusprechen ist auch, wenn die angeklagte vorsätzliche Tat nicht erwiesen und die fahrlässige Tat verjährt ist.110 Eine Wertung, die darauf abstellt, ob eine Tat mit Kriminalcharakter mit einer Tat ohne einen solchen zusammentrifft,111 wird zwar sehr oft zum gleichen Ergebnis führen, ist aber praktisch wenig brauchbar, vor allem, wenn es sich um Straftaten aus dem Bereich des Nebenstrafrechts handelt. Vorzuziehen ist die Gegenmeinung,112 dass in allen Fällen, in denen das Verfahrens43 hindernis endgültig eingetreten ist, die Sachentscheidung den Vorrang vor der Formalentscheidung hat. Für diese Auffassung spricht ihre Folgerichtigkeit. Denn bei einer Verurteilung hat die Sachentscheidung nach einhelliger Ansicht113 ebenfalls den Vorrang vor der Formalentscheidung, ohne dass es auf das Wertverhältnis ankommt, da eine Verurteilung niemals allein in den Urteilsgründen angesprochen werden kann, sondern immer nur in der Formel, während die Formalentscheidung, welche die Verfolgbarkeit eines rechtlichen Gesichtspunkts wegen eines Verfahrenshindernisses verneint, in den Urteilsgründen abgehandelt werden kann. Praktisch betreffen die Verfahrenshindernisse ohnehin fast immer die leichtere Tat, weil nur sie ein Antragserfordernis oder die kürzere Verjährungsfrist aufweist. Freilich ist von dieser Freispruchsmöglichkeit nur vorsichtig Gebrauch zu machen, also die Endgültigkeit des Prozesshindernisses stets sorgfältig zu klären.
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518; OLG Bremen VRS 28 (1965) 440; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1956 208; OLG Celle MDR 1957 117; 1970 164; OLG Düsseldorf NJW 1982 2883, 2884; VRS 78 (1990) 112, 115; OLG Frankfurt NJW 1980 2824, 2825; OLG Hamburg NJW 1964 2435 f.; OLG Hamm VRS 7 (1954) 207, 208; DAR 1955 307; KG VRS 8 (1955) 468; OLG Karlsruhe MDR 1975 426 f.; OLG Köln NJW 1962 2118; OLG Stuttgart NJW 1957 1488; 1963 1417; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1963 190; 1976 171; KK/Schoreit 51; Meyer-Goßner 46; Pfeiffer 21; Schäfer 990; Hertweck NJW 1968 1462; anders Bindokat NJW 1955 1863, 1865 (Einstellung zur Erhaltung etwaiger Antragsbefugnis, ähnl. noch RGSt 46 363, 366, 370 f.). Meyer-Goßner 46; Michel MDR 1993 110; offenlassend BGH GA 1959 17, 18. BGHSt 1 231, 235; 7 256, 261; BGH NJW 1955 838, 839; GA 1959 17; bei Pfeiffer/
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Miebach NStZ 1985 495; bei Becker NStZRR 2005 259 Nr. 8. BGHSt 6 375, 377; BGH GA 1978 371; OLG Düsseldorf DAR 1977 246; VRS 68 (1985) 357, 359; 75 (1988) 344, 345; 78 (1990) 112, 115; JR 1991 250, 252 mit Anm. Bottke; OLG Hamburg VRS 28 (1965) 109; OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 114, 115 f.; OLG Oldenburg NJW 1985 1177; Göhler NStZ 1986 22. OLG Düsseldorf NJW 1982 2883, 2884; OLG Frankfurt NJW 1980 2824, 2825; KK/Schoreit 51; Meyer-Goßner 46. BGHSt 36 340. Koch GA 1961 344; Peters ZStW 68 (1956) 374, 377 ff., 392 f. OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 114, 115 f.; HK/Julius 8; KMR/Stuckenberg 33; SK/Velten/Schlüchter 50; Eb. Schmidt 27; wohl auch LR/Gollwitzer 25 105. Rn. 116 Fn. 326.
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Ist das Verfahrenshindernis noch behebbar, etwa weil die Strafantragsfrist noch nicht 44 abgelaufen ist, so scheidet ein Freispruch aus und das Verfahren ist hinsichtlich der betroffenen Tat im verfahrensrechtlichen Sinn einzustellen,114 sofern nicht eine Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens sachdienlicher ist, weil Wegfall oder Endgültigkeit des Verfahrenshindernisses in absehbarer Zeit geklärt sein wird (vgl. Rn. 114). Die Einstellung ist auch dann auszusprechen, wenn für das Gericht nicht feststellbar ist, ob das Verfahrenshindernis bereits endgültig eingetreten ist, etwa, wenn die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass für einen Strafantragsberechtigten die Antragsfrist noch läuft. Der Grund liegt darin, dass die Rechtskraftwirkung des Freispruchs die Strafklage für die Tat insgesamt verbrauchen und damit eine noch bestehende Antragsbefugnis entwerten würde. Ein auf Einstellung lautendes Formalurteil lässt hingegen die Möglichkeit offen, die Tat später unter dem rechtlichen Gesichtspunkt zu verfolgen, bei dem gegenwärtig die Prozessvoraussetzungen noch fehlen. Da das Einstellungsurteil nur bezweckt, die Beseitigung des Prozesshindernisses, etwa durch Stellung des Strafantrags, zu ermöglichen, hat es für das vom Prozesshindernis nicht betroffene Delikt die Rechtskraftwirkung eines Sachurteils, auch wenn sich dies erst aus den Gründen ergibt.115 Auf das gegenseitige Wertverhältnis der konkurrierenden Gesichtspunkte kommt es insoweit nicht an.116 2. Fassung der Urteilsformel a) Die Strafprozessordnung trifft keine Regelung über den Tenor des Freispruchs;117 45 dass in § 260 Abs. 1 Satz 2 a.F. nur von „Freisprechung“ die Rede war, stellte eine bewusste Ablehnung möglicher Differenzierungen dar, die den Urteilsgründen vorbehalten sein sollten.118 Auch heute gibt es nur eine Art von Freispruch. Die Urteilsformel lautet also: „Der Angeklagte wird freigesprochen“. Bei einem Urteil, das zu mehreren Anklagepunkten ergeht und das teils verurteilt, teils freispricht oder einstellt, genügt der „Freispruch im übrigen“.119 Anders als bei Verurteilung enthält der Urteilstenor keine Bezeichnung des Tatvorwurfs, da der Freispruch die Tat nicht nur hinsichtlich des angeklagten Vorwurfs, sondern unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt erfasst. Bei mehreren Anklagepunkten mit teilweiser Verurteilung kann allerdings eine Klarstellung angebracht sein, worauf sich der Freispruch bezieht, wenn die Urteilsformel sonst nicht klar oder eindeutig wäre. In die Urteilsformel dürfen keine Zusätze wie „wegen erwiesener Unschuld“, „man- 46 gels Beweises“, „aus Rechtsgründen“ aufgenommen werden.120 Warum freigesprochen wird, gehört allein in die Urteilsgründe (§ 267 Abs. 5 Satz 2). Eine Belastung des freigesprochenen Angeklagten durch nicht ausgeräumte Verdachtsmomente ist rechtsstaatlich
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RGSt 46 363, 366 ff.; 66 51, 52; 72 296, 300; BGHSt 1 231, 235; 7 256, 261; 32 1, 10; BGH GA 1959 17; 1966 340; BayObLGSt 1991 39 = NJW 1991 3292, 3293; Eb. Schmidt 28; KMR/Stuckenberg 34; SK/Velten/Schlüchter 49. RGSt 46 363, 368; BGH GA 1959 17; Eb. Schmidt 28 a.E.; KMR/Stuckenberg 34. RGSt 72 296, 300; KMR/Stuckenberg 34; SK/Velten/Schlüchter 49. Krit. HK/Julius 1. Hahn 197 (der Tenor sollte weder auf
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Klagfreisprechung noch Straffreisprechung, Freisprechung aus tatsächlichen oder Rechtsgründen lauten). KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 35; Meyer-Goßner 17; SK/Velten/Schlüchter 39. BGHSt 16 374, 384; KK/Schoreit 25; KMR/Stuckenberg 36; Meyer-Goßner 17; Kempf NJW 1997 1729, 1735; Schwenck NJW 1960 1932; Seibert JZ 1970 543 (Freispruch mit Bedauern); vgl. Stuckenberg (Unschuldsvermutung) 123 ff. m.w.N.
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nicht vertretbar,121 weil es keine rationale Beziehung zwischen der Eindeutigkeit der Beweislage und der Schuld oder Unschuld des Angeklagten gibt, denn es hängt nicht notwendigerweise von ihm und den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln ab, ob gegen ihn vorliegende Verdachtsgründe ausgeräumt werden können oder nicht.122 Eine Belastung durch Aufnahme des Freispruchsgrundes in den Tenor wäre willkürlich; in diesem Sinne besteht die unwiderlegte Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK „fort“.123 Der Angeklagte hat keinen Anspruch, aus einem bestimmten Grund freigesprochen 47 zu werden. Sobald feststeht, dass er freizusprechen ist, muss diese Entscheidung grundsätzlich ohne weitere Sachaufklärung ergehen.124 Ein Freispruch, der sich auf § 20 StGB stützt, aber offen lässt, ob der Angeklagte die Tat überhaupt begangen hat, ist indes nur angebracht, wenn der Sachverhalt aufgrund der Hauptverhandlung nicht weiter aufklärbar ist und eine Anordnung nach § 63 StGB ausscheidet. Kommt das Gericht dagegen zu der Überzeugung, dass dem Angeklagten die Tat nicht nachweisbar ist, so muss es deswegen und nicht wegen § 20 StGB freisprechen.125
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b) Nebenentscheidungen. Neben einem Freispruch enthält die Urteilsformel immer zugleich einen Ausspruch über die Kosten, insbesondere zur Erstattung der notwendigen Auslagen des Freigesprochenen (§§ 464, 464a, 467 Abs. 1 bis 3). Außerdem hat das Gericht gegebenenfalls nach § 8 StrEG grundsätzlich im Urteil, eventuell auch durch besonderen Beschluss, darüber zu befinden, ob ein Anspruch auf Entschädigung für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen besteht.126 Neben einem Freispruch aus § 20 StGB können die Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer sonstigen Anstalt sowie ein Berufsverbot, Einziehung oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 71 StGB). Mit dem Urteil haben, sofern nötig, gleichzeitig Beschlüsse über die Aufhebung der 49 Untersuchungshaft oder Unterbringung (§§ 116, 120 Abs. 1, 126a, 268b), der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder des vorläufigen Berufsverbots (§ 132a Abs. 2) zu ergehen.
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c) Absehen von Strafe. Die Schuldigsprechung, bei der das Gericht den Angeklagten für straffrei erklärt (§ 199 StGB) oder von Strafe absieht (vgl. §§ 46a, 60 StGB), ist keine Freisprechung, sondern Verurteilung, wie Absatz 4 Satz 4 und § 468 zeigen.127
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Daher ist die frühere kostenrechtliche Differenzierung der Freisprüche in § 467 Abs. 2 a.F. zu Unrecht von BVerfGE 22 254, 265 gebilligt worden; vgl. aber BVerfGE 25 327, 331. So die zutreffende Begründung zur Abschaffung der kostenrechtlichen Differenzierung der Freispruchsgründe in BTDrucks. V 2600/2601, S. 19. BTDrucks. V 2600/2601, S. 19 BGHSt 16 374, 378 ff.; a.A. OLG Schleswig JZ 1958 374 mit Anm. Eb. Schmidt; vgl. SK/Frisch Vor § 296, 153 ff. und die Nachw.
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bei Stuckenberg (Unschuldsvermutung) 116 ff. Schwenck NJW 1964 1455. Dies gilt unabhängig von der strittigen Frage, ob in dem auf § 20 StGB gestützten Freispruch dann eine Rechtsmittel auslösende Beschwer liegt, vgl. LR/Gollwitzer 25 Vor § 296, 75; SK/Frisch Vor § 296, 159 ff. m.w.N. BGH NJW 1975 350 („dem Grunde nach“); vgl. Rn. 35. KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 70; Wagner GA 1972 38. Vgl. Rn. 98.
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VI. Teilweise Freisprechung 1. Handlungseinheit, Tateinheit. Nimmt der Eröffnungsbeschluss nur eine Handlung oder eine Tat im materiell-rechtlichen (§ 52 StGB) Sinne an, so kann das Urteil wegen ein und derselben Tat eines und desselben Angeklagten nur einheitlich auf Verurteilung oder Freispruch oder Einstellung lauten.128 Folglich ist ein Teilfreispruch unzulässig, wenn das erkennende Gericht die angeklagte Tat rechtlich anders würdigt als die zugelassene Anklage, etwa nicht als Täterschaft, sondern als Anstiftung, oder nicht als Diebstahl, sondern als Unterschlagung,129 oder einen die Strafbarkeit erhöhenden Umstand nicht mehr für gegeben erachtet (kein „Freispruch von der Qualifikation“)130 oder die angeklagte Tat nicht im vollen Umfang (z.B. Entwendung von 10 statt von 20 Uhren) als erwiesen ansieht.131 Gleiches gilt, wenn eine tateinheitlich angeklagte Gesetzesverletzung entfällt.132 Wird nur wegen einer Ordnungswidrigkeit und nicht wegen der angeklagten Straftat verurteilt, so ist nach der herrschenden Meinung für einen gesonderten Freispruch kein Raum.133 Eine abweichende Meinung134 fordert dagegen, dass zur Wiederherstellung der durch die Anklage angetasteten sozialen Stellung des Angeklagten auch in der Urteilsformel zum Ausdruck gebracht werde, dass der Vorwurf einer schwerer wiegenden Tat entfällt. Ein trotz Unzulässigkeit ergehender Teilfreispruch wäre rechtlich bedeutungslos, nicht rechtskraftfähig und nicht selbständig anfechtbar.135 Ergehen wegen derselben Tat unzulässigerweise zwei Eröffnungsbeschlüsse und werden die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden, so erledigt das in der Sache ergehende Urteil beide Verfahren, ohne dass in einem auf Einstellung oder Freisprechung gesondert zu erkennen wäre.136 Ein Teilfreispruch ist dagegen angezeigt, wenn die Annahme von Tateinheit bereits bei Eröffnung rechtlich fehlerhaft war, weil die dem Angeklagten zur Last gelegten Gesetzesverletzungen schon nach dem dort zugrunde gelegten Sachverhalt offensichtlich in Tatmehrheit gestanden haben oder wenn die Hauptverhandlung klar ergeben hat, dass der nicht erwiesene oder aus sonstigen Gründen nicht zur Bestrafung führende Vorwurf mit dem zur Verurteilung führenden in Tatmehrheit gestanden hätte. Dann entspricht es der Billigkeit, den Angeklagten von dem gesonderten Vorwurf freizusprechen,137 da nur so
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RGSt 57 302, 303; 66 51, 54; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 15 f.; OLG Stuttgart VRS 67 (1984) 356, 357; OLG Zweibrücken VRS 85 (1993) 206, 208; KK/Schoreit 19; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 12; SK/Velten/Schlüchter 10; Eb. Schmidt 7, 26; Schlüchter 568; Schäfer 987. RGSt 3 43, 45. RGSt 9 324, 327; Eb. Schmidt 7; KMR/ Stuckenberg 17. RGSt 18 297, 298; vgl. KK/Schoreit 19; Meyer-Goßner 10. RGRspr. 4 210, 211; 5 604; RGSt 52 190; 53 50, 51; 57 302, 303; 66 51, 54; RG JW 1928 2265; BGH NJW 1984 135, 136; OLG Hamm VRS 53 (1977) 125; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA
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1970 200; OLG Stuttgart VRS 67 (1984) 356; LG Bochum MDR 1978 510. OLG Karlsruhe NJW 1973 1989 f.; KK/Schoreit 20; KMR/Stuckenberg 17; SK/Velten/Schlüchter 10; Schlüchter 569; vgl. die Kommentare zu § 21 OWiG. Kugler/Solbach DRiZ 1971 56, 58. RG JW 1928 2265 mit Anm. Mezger; LG Bochum MDR 1978 510; KK/Schoreit 19; KMR/Stuckenberg 17. RG HRR 1939 Nr. 478; vgl. LR/Becker § 237, 5 f. BGH NJW 1993 2125, 2126; NStZ-RR 1996 202; BayObLGSt 1960 116, 117 = NJW 1960 2014; OLG Hamm VRS 43 (1972) 370; 46 (1974) 338; OLG Köln NJW 1958 838; OLG Saarbrücken JBlSaar 1961 219; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen
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die nach Sach- und Rechtslage gebotene Kostenteilung möglich ist und der Umfang des Verbrauchs der Strafklage klargestellt wird.
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2. Tatmehrheit. Hat die zugelassene Anklage Tatmehrheit (§ 53 StGB) angenommen und führt eine der Anschuldigungen nicht zur Bestrafung, so ist der Angeklagte insoweit freizusprechen,138 und zwar auch dann, wenn die materiell-rechtlich selbständigen Handlungen ausnahmsweise zu einer Tat im verfahrensrechtlichen Sinn (§ 264) gehören139. Wird bei Serientaten nicht wegen der angeklagten Höchstzahl von Taten verurteilt, ohne dass von § 154 Abs. 2 Gebrauch gemacht wurde, so ist im übrigen freizusprechen,140 seitdem selbständige Taten nicht mehr zu einem Fortsetzungszusammenhang verbunden werden. Bei fehlerhafter Annahme von Tatmehrheit im Eröffnungsbeschluss oder bloßem Hin56 weis darin, dass auch Tateinheit in Betracht käme,141 ist zu unterscheiden: Teilfreispruch muss ergehen, wenn eine der selbständig angeklagten Gesetzesverletzungen nicht erwiesen ist und das Gericht – sofern es zur Verurteilung gekommen wäre – nur eine einzige Tat,142 natürliche Handlungseinheit,143 Tateinheit,144 oder Fortsetzungszusammenhang145 mit der erwiesenen Tat hätte annehmen müssen oder eine einheitliche Rauschtat146 bestanden hätte. Kein Teilfreispruch erfolgt hingegen, wenn das gesamte Geschehen erwiesen ist, aber abweichend vom Eröffnungsbeschluss rechtlich als eine Tat gewertet wird,147 etwa früher als fortgesetzte Tat148 oder heute als Bewertungseinheit,149 einheitliche Trunkenheitsfahrt150 oder eine Rauschtat nach § 323a StGB,151 weil die Verurteilung wegen dieser einen Gesetzesverletzung den Eröffnungsbeschluss hinsichtlich aller Anschuldigun-
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SchlHA 1970 200; KK/Schoreit 20; KMR/ Stuckenberg 15, 18; Meyer-Goßner 12; a.A. RGSt 52 190, 191; SK/Velten/Schlüchter 10. BGHSt 44 196, 202; OLG Düsseldorf VRS 74 (1988) 297, 299. BGHR § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 7; OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376; NStZ 2005 117; KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 19; Meyer-Goßner 13; a.A. SK/Velten/Schlüchter 10; Roxin 25 § 47, 13 (keine Aufspaltung der prozessualen Tat). BGHSt 40 44, 48; BGHR § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 10, 11, 13. BGH StraFo 2007 332. BGH NJW 1992 989. RGSt 50 351 f.; BGH VRS 39 (1970) 187, 190; OLG Hamm MDR 1970 347; 1974 597; OLG Karlsruhe VRS 43 (1972) 261. BGHSt 44 196, 202; BGH NJW 1969 756, 757; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; bei Miebach NStZ 1988 212; bei Becker NStZ-RR 2007 131 Nr. 10; 2008 287; 316; StraFo 2007 332; BGHR § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 2, 7; BayObLGSt 1960 116, 117 f. RG 59 (1912) 328; BGH NJW 1952 342; bei Holtz MDR 1980 987; bei Kusch NStZ
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1993 29 Nr. 17; OLG Celle NdsRpfl. 1963 95; a.A. noch RG GA 46 (1898/99) 109. OLG Köln VRS 64 (1983) 207 f.; KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 20; Meyer-Goßner 13. BGHSt 44 196, 202; BGH NStZ 2003 546, 548; 2004 109; 2009 347; bei Becker NStZRR 2002 72 Nr. 26. In BGH bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1984 212 Nr. 23 hatte das Tatgericht „keine Entscheidung“ zu einer selbständig angeklagten Tat getroffen; undeutlich, ob auch in BGH bei Miebach NStZ 1988 212 Nr. 14. BGH NJW 1952 432. BGH NStZ 1994 547, 548; 2004 109; die gegenteilige Auffassung in BGH NStZ 1997 90, 91 ist mit BGHR § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 14 = bei Becker NStZ-RR 2003 98 f. Nr. 9 aufgegeben; Meyer-Goßner 13. BGH VRS 21 (1961) 341, 343 f. BGHSt 13 223, 225; BGH bei Kusch NStZ 1993 29 Nr. 18, OLG Hamm VRS 53 (1977) 125; OLG Köln VRS 64 (1983) 207 f.; KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 13; Hanack JZ 1952 313; vgl. RG HRR 1936 Nr. 854.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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gen erschöpft. Dies gilt auch, wenn eine selbständig angeklagte Tat im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängt wird, sich etwa als subsidiär152 oder als straflose Nachtat153 erweist. Gleichermaßen darf kein Teilfreispruch ergehen, wenn nach Eröffnungsbeschluss eine 57 minderschwere Dauerstraftat zu zwei unter sich selbständigen Handlungen jeweils in Tateinheit steht, ohne dass Verklammerung zu Tateinheit eintritt, und in der Hauptverhandlung nur eine der schwereren Handlungen nachgewiesen ist,154 also bei einheitlicher Trunkenheitsfahrt ein Vorwurf der unerlaubten Entfernung vom Unfallort (§ 142 StGB) entfällt und die beiden Abschnitte zu einer Trunkenheitsfahrt nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a oder § 316 StGB verschmelzen,155 deren Aburteilung den ganzen angeklagten Vorgang abdeckt. Nimmt das Gericht bloße Tatsachenalternativität zwischen den tatmehrheitlich ange- 58 klagten Taten an (unechte Wahlfeststellung) und verurteilt auf wahldeutiger Grundlage, so ist für einen Teilfreispruch ebenfalls kein Raum.156 3. Fortgesetzte Tat, Dauerstraftat, Sammelstraftat a) Fortsetzungszusammenhang. Durch die geänderte Rechtsprechung157 ist die Rechts- 59 figur der fortgesetzten Handlung als Zusammenfassung mehrerer an sich selbständiger gleichartiger Straftaten zu einer Tat entfallen. Danach soll die Rechtsfigur einer fortgesetzten Tatbegehung allenfalls dann noch in Betracht kommen, wenn sie „zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld unumgänglich“ ist. Seit der Entscheidung des Großen Senats ist dies allerdings in keinem einzigen Fall bejaht worden, so dass die fortgesetzte Handlung in der Praxis abgeschafft ist.158 Die allenfalls noch denkbare fortgesetzte Handlung neuen Typs nähert sich ohnehin den Straftatbeständen, die so gefasst sind, dass sie eine Mehrzahl verschiedener strafbarer Handlungen zu einer einzigen Straftat zusammenfassen; im Betäubungsmittelstrafrecht und im Kartellrecht kommt ihr die von der Rechtsprechung159 entwickelte tatbestandliche Bewertungseinheit nahe160. Diese müssen dann als Teile einer einzigen Tat gewertet werden, so dass der Wegfall einer oder mehrerer ihrer Teilakte grundsätzlich keinen Teilfreispruch auslösen kann. Da die Spannweite der Zusammenfassung zu einer einheitlichen Tat im
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BGH bei Becker NStZ-RR 2002 72 Nr. 26. OLG Hamm JMBlNW 1957 177, 178; KK/Schoreit 21; KMR/Stuckenberg 21. BGH VRS 21 (1961) 341, 343 f. BayObLG bei Rüth DAR 1986 247; VRS 45 (1973) 275; OLG Hamm VRS 50 (1976) 419, 420; 53 (1977) 125; KG VRS 60 (1981) 107, 108; OLG Stuttgart VRS 67 (1984), 356 f.; OLG Zweibrücken VRS 85 (1993) 206, 208 m.w.N.; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 13; vgl. SK/Velten/Schlüchter 15 f. BGHSt 36 262, 269 = JR 1990 203 mit Anm. Otto = JZ 1990 mit Anm. Rudolphi; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 12; a.A. Prittwitz/Schloderer NStZ 1990 387. BGHSt 40 138; vgl. dazu die Kommentare zum StGB, etwa Fischer Vor § 52, 47 ff.;
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ferner etwa Geppert NStZ 1996 59; Gribbohm FS Odersky 387; Gubitz JR 1998 419; Hamm NJW 1994 1636; Schlüchter/Duttge NStZ 1996 465; Ruppert MDR 1994 973; Zschockelt NStZ 1994 361. Vgl. nur KK/Schoreit 22; Meyer-Goßner 14; SK/Velten/Schlüchter 14; Fischer Vor § 52, 49 StGB; LR/Rissing-van Saan Vor § 52, 65 StGB m.w.N. BGHSt 30 28, 31; dazu Körner StV 1998 626, 627 f.; Körner § 29, 845 ff. BtMG; Weber § 29, 435 ff. BtMG; MüKo-StGB/ Rahlf § 29, 381 ff. BtMG; zu kartellrechtlichen Ordnungswidrigkeiten s. BGHSt 41 385, 394; BGH 2004 1539, 1540. Vgl. KK/Schoreit 22b; SK/Velten/Schlüchter 17 m.w.N.
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materiellen Sinn aber von der Fassung des jeweiligen Straftatbestands abhängt, können dessen Besonderheiten auch bei der Frage der Notwendigkeit eines Teilspruchs genauso eine Rolle spielen wie bisher bei einem Fortsetzungszusammenhang oder einer Dauerstraftat. Hierfür können die Grundgedanken der bisherigen Rechtsprechung zur fortgesetzten Handlung und die daraus sich ergebenden Entscheidungsvarianten weiterhin Bedeutung haben.161 Mit dieser Maßgabe gilt weiterhin: Werden die mehrfachen Tatbestandsverwirklichungen als eine Tat angeklagt, darf kein teilweiser Freispruch erfolgen, wenn das Gericht einige der bei Eröffnung angenommenen unselbständigen Einzelhandlungen als nicht nachgewiesen ansieht, sofern wegen fortgesetzter Handlung im angeklagten Umfang verurteilt wird,162 und zwar auch dann nicht, wenn nicht feststeht, ob die unbewiesenen Handlungen, wenn sie nachgewiesen wären, überhaupt in den Fortsetzungszusammenhang fallen würden163. Kein Freispruch ergeht ferner, wenn zwar der im Eröffnungsbeschluss angenommene Fortsetzungszusammenhang in Einzeltaten aufgelöst, aber wegen des gesamten angeklagten Sachverhalts verurteilt wird.164 Dagegen muss das Gericht, wenn es den angeklagten Fortsetzungszusammenhang ganz oder teilweise auflöst und nur wegen einer oder wegen mehrerer selbständiger Handlungen verurteilt und die anderen als unselbständige Teilhandlungen beurteilten Einzelhandlungen für nicht erwiesen hält, hinsichtlich dieser Einzelhandlungen freisprechen. Andernfalls wäre die zugelassene Anklage nicht erschöpft, denn die Rechtskraft der Verurteilung würde nur die abgeurteilten Handlungen erfassen.165 Bleibt nur ein einziger Teilakt übrig, so wird wegen dieser Einzeltat unter Freisprechung im Übrigen verurteilt.166 Ist keiner der angeklagten Einzelakte erwiesen, so muss insgesamt freigesprochen werden.167 Ein Freispruch erübrigt sich also nur, wenn das Urteil an dem Zusammenhang festhält, seine Rechtskraft sich also mit dem Umfang der zugelassenen Anklage deckt. Nimmt die zugelassene Anklage mehrere selbständige Handlungen, das Urteil dagegen eine einzige Tatbestandsverwirklichung an, aus der es jedoch einzelne Fälle als nicht erwiesen ausscheidet, dann muss es insoweit freisprechen.168 Werden jedoch alle Einzelhandlungen in die Verurteilung mit einbezogen, so bedarf es keines Freispruchs. Nimmt die zugelassene Anklage nur eine aus einer einzigen Handlung bestehende Tat an, ergibt aber die Hauptverhandlung, dass es sich um den Teil einer mehrere Einzel-
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Vgl. KK/Schoreit 22; Meyer-Goßner 14a; SK/Velten/Schlüchter 14. RGSt 39 146; 57 302, 303; BGHSt 19 280, 285; BGH bei Miebach NStZ 1988 448 f.; OLG Hamm HESt 1 187, 189; OLG Tübingen NJW 1953 1605; KK/Schoreit 22a; KMR/Stuckenberg 23; Eb. Schmidt 8; Schlüchter 573; a.A. Peters § 52 II 2 (Freispruch wegen der nicht erwiesenen Einzelakte). RGSt 57 302, 303 f.; KK/Schoreit 22a; KMR/Stuckenberg 23; Meyer-Goßner 14a. BGHR § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 5. RGSt 51 81; 57 304; RG GA 53 (1906) 279; JW 1930 3222; 1931 945; 1611; 1826; BGH NJW 1951 411, 412; 726; JZ 1951 309; LM
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Nr. 7; BGH bei Holtz MDR 1980 987; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1981 295; 1985 13; bei Miebach NStZ 1988 448 f.; bei Kusch NStZ 1993 29 Nr. 16; 1996 324; OLG Celle NdsRpfl. 1958 195; OLG Hamm NJW 1960 1025; JMBlNW 1965 34; MDR 1970 347; 1974 597; KMR/Stuckenberg 24; MeyerGoßner 14a; Eb. Schmidt 9; Schlüchter 574; Oetker JW 1925 1012. BGH NJW 1951 726 f.; 1984 501; BGHR § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 1, 4; OLG Hamm NJW 1960 1025; MDR 1970 347; a.A. noch RGSt 53 216 f. BGHSt 27 115, 116; BayObLGSt 1963 115, 117 f. Oben Fn. 145.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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handlungen einschließenden (fortgesetzten) Tat handelt, ist der Angeklagte deswegen zu verurteilen, vorausgesetzt, dass er zugleich damit auch wegen des angeklagten Tatteils verurteilt wird. Andernfalls ist er freizusprechen,169 sofern nicht die anderen Taten durch Nachtragsanklage nach § 266 in das Verfahren mit einbezogen worden sind. Hat der Erstrichter weitere, nach dem Eröffnungsbeschluss begangene Teile der angeklagten fortgesetzten Handlung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, so muss, wenn diese einbezogenen Einzelhandlungen nicht nachweisbar sind, insoweit Freispruch erfolgen, auch wenn die Verurteilung allein den Eröffnungsbeschluss abdecken würde.170 b) Bei Dauerstraftaten beurteilt sich die Notwendigkeit eines Teilfreispruchs nach 64 den gleichen Gesichtspunkten wie bisher bei der fortgesetzten Tat.171 Nimmt das Urteil einen kürzeren Zeitraum der Dauerstraftat an als die Anklage, bedarf es wegen des überschießenden Teils keiner Teilfreisprechung, sofern dadurch nicht der tateinheitliche Zusammenhang mit einer weiteren selbständigen Tat, die nicht erwiesen ist, verlorengeht;172 dies gilt auch, wenn ein mit der Dauerstraftat tateinheitlich zusammentreffendes schwereres Delikt mit angeklagt worden war, das als nicht erweislich wegfiel (Rn. 57). c) Gewerbsmäßige, gewohnheitsmäßige und geschäftsmäßige Handlungen wurden, 65 soweit die Gewerbsmäßigkeit, Gewohnheitsmäßigkeit oder Geschäftsmäßigkeit der Begehung Tatbestandsmerkmal war, vom Reichsgericht früher als Sammelstraftat zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasst. Wurden nur Teilstücke erwiesen, tauchten für den Urteilsspruch ähnliche Fragen auf wie bei der fortgesetzten Handlung.173 Mit dem Beschluss des Großen Senats (RGSt 72 164) leitete das Reichsgericht eine Entwicklung ein, die sachlichrechtlich wie verfahrensrechtlich beim Sammeldelikt die Verbrechenseinheit aufgab.174 Der BGH und das neuere Schrifttum sind dieser Auffassung gefolgt.175 Damit entfallen bei den gewerbs-, gewohnheits- und geschäftsmäßig begangenen Straftaten die Besonderheiten. Zur Aufnahme der Gewerbsmäßigkeit in den Urteilsspruch siehe Rn. 73. 4. Wahldeutige Anklage. Enthält der Eröffnungsbeschluss zwei selbständige Taten im 66 Alternativverhältnis und wird der Angeklagte nur wegen einer der beiden Alternativtaten eindeutig schuldig gesprochen, so ist wegen der anderen Tat freizusprechen.176 Hingegen ist im Fall einer unechten Wahlfeststellung, also der eindeutigen Verurteilung auf alternativer Tatsachengrundlage, für einen Teilfreispruch kein Raum (Rn. 58), ebenso bei einer wahlweisen Verurteilung im Wege echter Wahlfeststellung, die die Strafklage für alle einbezogenen Tatalternativen verbraucht.177
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BGHSt 9 324; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 13; BayObLGSt 1963 115; 1966 108; OLG Köln JMBlNW 1964 215. OLG Hamm JMBlNW 1965 34; vgl. auch OLG Hamm MDR 1970 347. BGHSt 19 280, 285; KK/Schoreit 23; KMR/Stuckenberg 25; Meyer-Goßner 15; SK/Velten/Schlüchter 16, 18. BGHSt 19 280, 285 f.; BGH wistra 1992 184, 186; KK/Schoreit 23; KMR/Stuckenberg 25; Meyer-Goßner 15; SK/Velten/ Schlüchter 16.
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RGSt 33 142; 51 81. RGSt 72 257; 285; 313; 401; 73 216. BGHSt 1 41; s.a. 18 376; 26 284; KMR/ Stuckenberg 26. BGHSt 38 172, 173 f. mit krit. Anm. Rieß NStZ 1992 548, 549; BGH NStZ 1998 635; KK/Schoreit 24; KMR/Stuckenberg 27; Meyer-Goßner 15a; SK/Velten/Schlüchter 19. BGHSt 32 146, 150 f.; KMR/Stuckenberg 27.
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VII. Verurteilung 1. Allgemeines. Absatz 4 enthält Bestimmungen, wie der Urteilsspruch bei Verurteilung zu fassen ist. Den Schuldspruch betreffen die Sätze 1 und 2, die Sätze 3 und 4 regeln die Festsetzung der aufgrund dieses Schuldspruchs angeordneten Rechtsfolgen – Hauptund Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßregeln der Besserung und Sicherung. Für die Untersagung der Berufsausübung enthält Absatz 2 eine Sonderregelung. Im Übrigen entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wie die Urteilsformel zweckgemäß zu fassen ist (Absatz 4 Satz 5; Rn. 30). Der Tenor einer Verurteilung enthält mindestens drei Teile: den Schuldspruch, die 68 Entscheidung über die Rechtsfolgen (Verhängung von Strafe, Nebenstrafe, Strafaussetzung, Maßregeln, Nebenfolgen oder die Anordnung, dass sie unterbleiben, etwa nach §§ 60, 199 StGB), den Ausspruch über die Kostenfolge und gegebenenfalls als viertes Element eine Entscheidung über die Entschädigung nach § 8 StrEG. Nach den Umständen des Einzelfalls kann zusätzlich der Erlass von Beschlüssen nötig 69 werden, etwa über die Bewährungszeit und -auflagen (§ 268a), Fortdauer, Aufhebung oder Außervollzugsetzung von Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung (§ 268b), Aufhebung oder Fortdauer von Beschlagnahmen (§§ 94, 111c), vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a), eines vorläufigen Berufsverbots (§ 132a) oder Anordnung eines dinglichen Arrests (§ 111d).
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2. Schuldspruch a) Der Urteilsspruch muss die rechtliche Bezeichnung der Tat (Absatz 4 Satz 1) enthalten, womit die materiellrechtliche Straftat178 gemeint ist. Dabei sind grundsätzlich („soll“) die Bezeichnungen zu verwenden, die das Gesetz selbst in der Überschrift für bestimmte Straftaten gebraucht (Absatz 4 Satz 2).179 Merkmale des tatsächlichen Geschehens sind nicht anzugeben, sofern sie nicht von der Gesetzesüberschrift umfasst werden, also nicht „wegen Fahrraddiebstahls“ oder „Unterschlagung eines Rundfunkempfängers“ oder Handeln mit Betäubungsmitteln in „geringer Menge“180. Fehlen gesetzliche Überschriften oder passen sie nicht für den abgeurteilten Tatbe71 stand,181 sind die herkömmlichen Bezeichnungen zu verwenden, andernfalls eine sonst die Tat charakterisierende Bezeichnung, die aus sich selbst heraus verständlich ist und die Tat unter Verzicht auf wenig aussagekräftige Generalisierungen182 knapp und anschaulich und so genau wie möglich kennzeichnet. Die Urteilsformel soll durch eine knappe und prägnante Fassung für Angeklagten und Öffentlichkeit leichter verständlich werden. Alles, was nicht unmittelbar zur verständlichen Kennzeichnung der Straftat dient, ist wegzulassen (Rn. 31). Die Formel soll – auch im Bußgeldverfahren – nach Möglichkeit
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SK/Velten/Schlüchter 26. Vgl. etwa BGH bei Kusch NStZ 1997 71 („unerlaubter Waffenhandel“). BGH bei Becker NStZ-RR 2003 290 f. Nr. 8. Vgl. die Überschrift des § 132a StGB für das unerlaubte Tragen von Uniformen (§ 132a Abs. 1 Nr. 4 StGB). Vgl. BGH bei Kusch NStZ 1992 546; 1995 19 Nr. 11: statt „Verstoß gegen das Waffen-
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gesetz“ „unerlaubte Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe“; oder „wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln“ und nicht „wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz“; s.a. BayObLG NStZ-RR 1999 277, 278; KK/Schoreit 29; Meyer-Goßner 23; SK/Velten/Schlüchter 26; Granderath MDR 1984 988; H.W. Schmidt MDR 1981 881 m.w.N.
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keine Paragraphen enthalten,183 da deren Anführung nach der Urteilsformel (Absatz 5) genügt. Nur wenn weder eine geeignete Gesetzesüberschrift noch sonst eine allgemein bekannte oder aus sich selbst heraus verständliche Bezeichnung für die Tat in der gebotenen knappen Form zu finden ist,184 kann ausnahmsweise in der Urteilsformel auch der Paragraph des verletzten Strafgesetzes – möglichst in Verbindung mit einem die Tat charakterisierenden Begriff – aufgenommen werden.185 Die rechtliche Bezeichnung der Tat wird nicht dadurch entbehrlich, dass nach der Urteilsformel die angewandten Strafvorschriften in einer Liste aufzuführen sind.186 Die Klassifizierung der Tat als Verbrechen, Vergehen oder Ordnungswidrigkeit ist zu 72 ihrer rechtlichen Bezeichnung nicht erforderlich.187 Ein solcher Zusatz ist zwar nicht untersagt, er macht den Urteilsspruch jedoch sprachlich schwerfällig, so dass darauf verzichtet werden sollte. Ist unter Verwendung echter Qualifikationsmerkmale ein eigener Straftatbestand mit 73 eigenem Strafrahmen gebildet worden, ist dieser mit seiner Bezeichnung, auch wenn eine eigene gesetzliche Überschrift fehlt,188 in die Urteilsformel aufzunehmen,189 im Gegensatz zu unbenannten oder benannten Strafzumessungsregeln, etwa Regelbeispielen (Rn. 77 f.). Soweit Gewerbsmäßigkeit, gemeinschaftliche oder bandenmäßige Begehung straferschwerend wirkt, ist zu beachten, dass diese Umstände in uneinheitlicher Weise teils als tatbestandliche Qualifikation,190 teils als Regelbeispiel191 ausgestaltet sind. Zur rechtlichen Bezeichnung der Tat gehört, auch bei Ordnungswidrigkeiten, die An- 74 gabe, ob der Tatbestand vorsätzlich oder fahrlässig verwirklicht wurde, wenn dies zur Kennzeichnung der Tat erforderlich ist, insbesondere, wenn der gleiche Tatbestand sowohl vorsätzlich wie auch fahrlässig begangen werden kann (§§ 316, 323a StGB) und beide Begehungsformen nicht gleichwertig sind.192 Kann die Tat nur vorsätzlich began183
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OLG Düsseldorf VRS 98 (2000) 362, 363; OLG Hamburg NStZ-RR 1999 57, 59; OLG Karlsruhe VRS 54 (1978) 68, 70; 58 (1980) 263, 264; KK/Schoreit 29; KMR/Stuckenberg 43; Meyer-Goßner 24. Vgl. BGH wistra 1990 150 („gewerbsmäßiger Schmuggel“); KK/Schoreit 29; KMR/ Stuckenberg 43; s.a. Meyer-Goßner/Appl 42. KK/Schoreit 29; KMR/Stuckenberg 37; Meyer-Goßner 24; SK/Velten/Schlüchter 26. KK/Schoreit 29; KMR/Stuckenberg 38. BGH bei Dallinger MDR 1973 730; NJW 1986 1116; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 3; KMR/Stuckenberg 56; Meyer-Goßner 22; Michel MDR 1992 432. Vgl. zu § 177 StGB BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; BGH NStZ 2002 656; BGH bei Becker NStZ-RR 2004 35; NStZ-RR 2007 173 f. (§ 177 Abs. 4 StGB: „besonders schwere Vergewaltigung“, unter Aufgabe von BGH NStZ 2000 254 (Nr. 5), 255; BGH 15.2.2002 – 3 StR 574/00); dazu Pfister NStZ-RR 2001 353, 360; BGH NStZ 2010 101 („besonders schwerer Raub“, wenn § 250 Abs. 2 StGB erfüllt ist im
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Unterschied zum „schweren Raub“ nach § 250 Abs. 1 StGB). BGHSt 27 287, 289; BGH NStZ 1982 29 f. (zu § 260 StGB gewerbsmäßige Hehlerei); NStZ 1994 284, 285 f.; bei Kusch NStZ 1995 19; 2007 173; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4 (zu § 177 Abs. 3 bzw. 4 StGB, s.a. vorige Fn.); weitere Beispiele: „Diebstahl mit Waffen“ § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB; „schwerer Raub“ § 250 StGB; „unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen“ § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG; vgl. dazu KK/Schoreit 29 m.w.N.; Meyer-Goßner 25; SK/Velten/ Schlüchter 26; Meyer-Goßner/Appl 48; Granderath MDR 1984 988. Vgl. BGH NStZ-RR 2007 111 (§ 260 StGB); 638 f. (§ 146 StGB). Z.B. BGH NStZ-RR 2005 79 (§ 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG); bei Becker NStZ-RR 2002 259 (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB). BGH VRS 65 (1983) 359, 361; bei Miebach/Kusch NStZ 1991 229 Nr. 16; OLG Jena NStZ-RR 1998 144, 145; OLG Koblenz NStZ 1984 370; für Bußgeldverfahren: OLG Hamm NStZ-RR 2000
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gen werden, ist die Erwähnung des Vorsatzes überflüssig,193 nach der Rechtsprechung auch bei Delikten, deren fahrlässige Begehung nur ausnahmsweise strafbar ist194. Zur besonderen Schwere der Schuld nach § 57a StGB siehe Rn. 89. Zur rechtlichen Bezeichnung der Tat gehört ferner, dass nur ein Versuch vorliegt,195 75 sowie die Beteiligungsform. Es muss ersichtlich sein, ob der Verurteilte Täter, Teilnehmer oder Anstifter, nicht dagegen, ob er unmittelbarer oder mittelbarer Allein- oder Mittäter war.196 Bei § 30 StGB ist der Versuch der Beteiligung oder die Verabredung des jeweiligen Verbrechens, das konkret zu nennen ist – in Zweifelsfällen das allgemeinere Delikt197 –, kenntlich zu machen.198 Bei Auffangdelikten gilt anderes. Bei einer Verurteilung nach § 323a StGB braucht die 76 im Rausch begangene Tat im Urteilsspruch nicht zu erscheinen.199
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b) Tatbestände, die keine eigene Straftat beschreiben, sondern nur Strafzumessungsregeln enthalten, sind in die Urteilsformel nicht aufzunehmen,200 so beispielsweise die verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB201 oder die Anwendung unbenannter Strafschärfungs- oder Strafmilderungsgründe (§ 12 Abs. 3 StGB: besonders schwere oder minder schwere Fälle).202 Dies gilt auch, trotz der Tatbestandsähnlichkeit, für die benannten Strafzumessungs78 regeln, namentlich Regelbeispiele,203 also keine Verurteilung wegen „Diebstahls im be-
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178; OLG Karlsruhe VRS 54 (1978) 68; 58 (1980) 263; OLG Koblenz VRS 58 (1980) 379; NStZ 1984 370; Schalscha DRiZ 1958 193; KK/Schoreit 30; KMR/Stuckenberg 45; Meyer-Goßner 24; krit. SK/Velten/Schlüchter 26 a.E. BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 2; KK/Schoreit 30; KMR/Stuckenberg 45; Meyer-Goßner 24; Michel MDR 1992 432. BGH NStZ 1992 546 zu Betäubungsmitteldelikten: nur Angabe der fahrlässigen Begehung. KK/Schoreit 30; KMR/Stuckenberg 47; Meyer-Goßner 24; SK/Velten/Schlüchter 26. BGHSt 27 287, 289; BGH bei Holtz MDR 1977 108; NStZ 1999 205; NStZ-RR 1999 139; 2002 59; bei Becker NStZ-RR 2003 290 f.; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 8; KK/Schoreit 30 m.w.N.; SK/Velten/Schlüchter 26; Willms DRiZ 1976 82, 83. BGH bei Becker NStZ-RR 2005 259 Nr. 9 (bei ungenau geplantem Banküberfall etwa §§ 253, 255 statt § 249 StGB). Vgl. BGHSt 2 360; BGH bei Dallinger MDR 1969 777; NStZ 1987 72; bei Kusch NStZ 1997 332; NStZ-RR 1998 262; bei Becker NStZ-RR 2005 259 Nr. 9; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 1, 4; Schalscha DRiZ 1958 193 zu § 49a StGB a.F.; KK/Schoreit 30; KMR/Stuckenberg 47;
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Meyer-Goßner 24; Meyer-Goßner/ Appl 47. RGSt 69 187; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1970 239; KK/Schoreit 32; KMR/Stuckenberg 61; Meyer-Goßner 24; SK/Velten/ Schlüchter 26. BGHSt 27 389; KK/Schoreit 31; KMR/ Stuckenberg 39; Meyer-Goßner 25; SK/Velten/Schlüchter 26; Schalscha DRiZ 1958 193. BGHSt 23 237, 238; 27 287, 289; MeyerGoßner/Appl 49, 51. BGHSt 27 287, 289; BGH NJW 1978 230; NStZ 1999 205; NStZ-RR 2002 259; bei Becker NStZ-RR 2007 131 Nr. 11; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 2, 3, 5; KK/Schoreit 32; KMR/Stuckenberg 58; Meyer-Goßner 25; SK/Velten/Schlüchter 26; vgl. ferner Granderath MDR 1984 988; Willms DRiZ 1976 82, 83. BGHSt 23 254, 256; 27 287, 289 f.; BGH NStZ 1984 262; 1992 546; 1999 205; bei Kusch NStZ-RR 1993 29 Nr. 20; 2002 259; KK/Schoreit 33; KMR/Stuckenberg 59; Meyer-Goßner 25; Meyer-Goßner/Appl 50; wohl auch Rieß GA 2007 377, 390; abw. (nicht unzulässig) LR/Gollwitzer 25 61; SK/Velten/Schlüchter 26; Fabry NJW 1986 15, 17; die gegenteilige, vorübergehend „einhellige Auffassung“ in BGH NJW 1970 2120; 1977 1830; bei Holtz MDR 1975 543
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sonders schweren Fall“ oder „Einbruchsdiebstahls“, erst recht nicht wegen „schweren Diebstahls“204. Anders ist es ausnahmsweise, wenn das betreffende Regelbeispiel eine gesetzliche Überschrift hat wie § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB „Vergewaltigung“.205 Bei Verhängung von Jugendstrafe scheidet die Bezeichnung als besonders schwerer Fall schon wegen der anderen Bemessungsgrundlage aus.206 Umstände, die zu prozessualen Privilegierungen wie dem Antragserfordernis bei 79 Geringwertigkeit der Tat (§ 248a StGB) führen, gehören nicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat.207 c) Die Konkurrenzform der Tateinheit (§§ 52 StGB; 19 OWiG) oder Tatmehrheit 80 (§§ 53 StGB; 20 OWiG) ist immer anzugeben.208 Bei tateinheitlichem Zusammentreffen sind alle verletzten Tatbestände aufzuführen, ohne den Eindruck zu erwecken, es handele sich um mehrere Taten. Sind ein Verbrechen und ein Vergehen tateinheitlich verwirklicht, ist das Verbrechen voranzustellen.209 Das Vorliegen der Tateinheit ist durch eine dem § 52 StGB entsprechende Formulierung deutlich zu machen („zugleich“ oder „durch dieselbe Handlung“, „in Tateinheit mit“; hingegen macht die Wendung „rechtlich zusammentreffend mit“ den Tenor unnötig umständlich210). Bei gleichartiger Tateinheit ist anzugeben, wie oft der Tatbestand verwirklicht wurde.211 Falls der Tenor dadurch zu unübersichtlich würde, kann das Gericht ausnahmsweise davon absehen, alle Fälle ausdrücklich zu erwähnen.212 Sind mehrere Alternativen eines Tatbestands tateinheitlich erfüllt,213 so müssen sie im 81 Schuldspruch angegeben werden, um den Umfang der Tat zu kennzeichnen. Haben die Alternativen verschiedene gesetzliche Bezeichnungen wie § 244 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB, so müssen diese auch zum Ausdruck kommen,214 wobei sich die Schwierigkeit ergibt, dass nur die Qualifikationsmerkmale konkurrieren, der Grundtatbestand also nicht
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ist wieder aufgegeben, dazu Granderath MDR 1984 988; Börtzler NJW 1971 682. Vgl. Börtzler NJW 1971 682, der „Diebstahl in einem besonders schweren Fall“ für zulässig hält. Nach Granderath MDR 1984 988 streicht der BGH diese Bezeichnung in jeder Urteilsformel. BGH NStZ 1998 510; 1999 186; 2000 254 Nr. 4; 2007 478 (wonach „sexuelle Nötigung im besonders schweren Fall (Vergewaltigung)“ statt der üblichen Fassung „wegen Vergewaltigung“ keiner Berichtigung bedarf); NStZ-RR 1999 78; 2002 259; NJW 2001 2185; KMR/Stuckenberg 59; Meyer-Goßner 25; Fischer § 177, 75 m.w.N.; Renzikowski NStZ 1999 377, 382. BGH MDR 1976 769; KK/Schoreit 33; Kaiser NJW 1981 1028. OLG Düsseldorf NJW 1987 1958 mit abl. Anm. Naucke NStZ 1988 220; KK/Schoreit 32; KMR/Stuckenberg 60; Meyer-Goßner 25; SK/Velten/Schlüchter 26; a.A. HK/Julius 14. RGSt 27 86; OGHSt 1 30, 34; vgl. KMR/ Stuckenberg 48; Meyer-Goßner/Appl 53 ff.
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BGH NStZ 2002 656. BGH NJW 1986 1116, 1117; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 2. BGH NStZ 1996 610; BGH 23.6.2006 – 2 StR 79/06; KK/Schoreit 34; KMR/ Stuckenberg 48; Meyer-Goßner 26; SK/Velten/Schlüchter 27. BGH NStZ 1996 610; JR 1995 124 mit Anm. v. Hippel. Vorgeschaltet ist stets die materiellrechtliche Frage, ob die Tatbestandsalternativen selbständige Erschwerungsgründe enthalten; in der Rspr. besteht hier die Neigung zu großzügiger Annahme von Gesetzeseinheit, s. Fn. 216. So noch BGH bei Dallinger MDR 1971 363 („wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Bandendiebstahl“); KMR/Stuckenberg 49; a.A. wohl Meyer-Goßner 12; vgl. zu § 181a StGB BGHSt 19 107, 109; BGH bei Holtz MDR 1982 624; NStZ 1994 285, 286 und NJW 1994 2034, 2035.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
mehrfach zu benennen ist (besser also: „wegen Bandendiebstahls mit Waffen“).215 Wenn jedoch der Straftatbestand nur eine einzige gesetzliche Überschrift hat wie § 250 StGB, kann durchaus nicht nur undifferenziert „wegen schweren Raubs“ verurteilt werden, vielmehr sind für die verschiedenen Qualifikationsformen, wie sonst auch (Rn. 73), prägnante Bezeichnungen zu finden; allenfalls ausnahmsweise kann darauf verzichtet werden, um Klarheit und Verständlichkeit des Tenors zu erhalten.216 Bei Tatmehrheit muss die Urteilsformel alle verletzten Tatbestände anführen und 82 durch die verbindenden Worte erkennen lassen, dass es sich um mehrere selbständige Straftaten handelt („wegen … und wegen …“, „sowie“, „in Tatmehrheit mit“; umständlicher ist wiederum „sachlich zusammentreffend mit“217). Erforderlichenfalls ist jeweils die Zahl der Fälle hervorzuheben („wegen Betrugs in drei Fällen, davon in einem in Tateinheit mit Urkundenfälschung“). Einer näheren Kennzeichnung der einzelnen Taten bedarf es nicht,218 es sei denn, die Verständlichkeit des Tenors erfordert dies219. Wenn zweifelhaft bleibt, ob der Angeklagte den Straftatbestand durch eine oder mehrere Taten verwirklicht hat, wird er aufgrund des Zweifelssatzes nur wegen einer verurteilt.220 Bei Gesetzeseinheit ist dagegen allein die angewandte Strafvorschrift in den Urteils83 ausspruch aufzunehmen, selbst wenn Nebenfolgen aus einer verdrängten Vorschrift angeordnet worden sind.221 So kommt etwa die fahrlässige Begehung neben der am gleichen Tatobjekt vollendeten Vorsatztat nicht zum Ausdruck.222
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d) Sofern dies überhaupt noch in Betracht kommen sollte, wird bei Verurteilung wegen einer fortgesetzten Handlung dies nicht im Urteilsspruch ausgedrückt.223 Der Angeklagte ist nicht beschwert, wenn es unterbleibt.224 Besteht die fortgesetzte Handlung zum Teil aus vollendeten, zum Teil aus versuchten Straftaten, ist im Entscheidungssatz nur wegen einer vollendeten fortgesetzten Tat zu verurteilen.225 Schließt die fortgesetzte Handlung eine einzelne schwerere Begehungsart mit ein, dann hat dieser Einzelfall nicht die Kraft, die Bezeichnung der ganzen Fortsetzungstat zu prägen und so den irrigen Eindruck zu erwecken, der Täter wäre fortgesetzt in der erschwerten Form strafbar geworden. Hier entspricht es dem Zweck des § 260, wegen der leichteren Form zu verurteilen und den Einzelfall mit der erschwerten Form daneben gesondert zu erwähnen
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Vgl. Jakobs 31/24 m.w.N. NK/Puppe Vor § 52, 5, 15; vgl. Fischer § 250, 30; Jakobs 31/24 m.w.N.; Jescheck/ Weigend § 69 II 1; zu weitgehend BGH NStZ 1994 285 f. (1. Senat; trotz Tateinheit sei nur „wegen schweren Raubes“ zu tenorieren); KMR/Stuckenberg 49; a.A. (Gesetzeseinheit statt Tateinheit bei § 250 StGB) BGH (4. Senat) NStZ 1994 284 NJW 1994 2034, 2035 mit Anm. von Hippel JR 1995 125; von Heintschel-Heinegg JA 1994 538; Altenhain ZStW 107 (1995) 382, 386. Wie in Fn. 210. Vgl. etwa BGH NJW 1986 1116; KK/Schoreit 34; SK/Velten/Schlüchter 27; Meyer-Goßner/Appl 53. Vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2004 35 Nr. 13.
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Vgl. LR/Sander § 261, 116 f. KK/Schoreit 34; KMR/Stuckenberg 51; Meyer-Goßner 26; SK/Velten/Schlüchter 27; Dünnebier GA 1954 274; Hartung NJW 1954 587. BGHSt 39 195, 199. BGHSt 27 287, 289; BGH nach Schmidt MDR 1978 7; OLG Düsseldorf VRS 74 (1988) 180; Willms DRiZ 1976 82, 83; KK/Schoreit 34; KMR/Stuckenberg 37; Meyer-Goßner 26; SK/Velten/Schlüchter 26, 27. Vgl. BGHSt 6 93; OLG Bremen DRZ 1950 165. OGHSt 2 352; BGH NJW 1957 1288; bei Dallinger MDR 1975 542; OLG Düsseldorf SJZ 1950 284; KK/Schoreit 34.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 260
(„wegen fortgesetzter Erpressung, in einem Fall in der Form der versuchten räuberischen Erpressung“).226 e) Zur Fassung des Urteilsspruchs bei einer Verurteilung auf mehrdeutiger Tatsachen- 85 grundlage ist zu unterscheiden. Bei der „echten“, ungleichartigen Wahlfeststellung ist umstritten, ob der Schuldspruch alternativ 227 („wird wegen … oder … verurteilt“) oder eindeutig228 nach dem milderen Gesetz zu fassen ist. Üblich ist die alternative Form, doch ist die eindeutige Fassung vorzuziehen, wenn es ein milderes Gesetz gibt, weil sie den Angeklagten weniger belastet.229 Dabei sollte auf die wahldeutige Grundlage hingewiesen werden, um zu vermeiden, dass spätere Entscheidungen eine eindeutige Verurteilung aus dem milderen Gesetz als einschlägige Vorstrafe interpretieren.230 Keinen Ausdruck im Tenor findet bloße Tatsachenalternativität („unechte“, gleichartige Wahlfeststellung), ebenso wenig die Anwendung des Zweifelssatzes bei unechter Gesetzesalternativität („in dubio mitius“).231 Bei Prä- oder Postpendenzfeststellung wird das nicht angewendete Strafgesetz nicht angeführt.232 3. Rechtsfolgenausspruch a) Allgemeines. Die Bezeichnung „Rechtsfolgen der Tat“ ist dem Strafgesetzbuch ent- 86 nommen (vgl. Überschrift des Dritten Abschnitts). Sie umfasst alle staatlichen Reaktionen, auf die der Strafrichter wegen der Straftat erkennen kann, also Strafen, Maßregeln der Besserung und Sicherung, und alle sonstigen Nebenfolgen, wie etwa Einziehung und Verfall. Die Urteilsformel muss die Rechtsfolgen nach Art und Umfang klar und eindeutig benennen, wobei die im materiellen Strafrecht verwendeten Bezeichnungen zu gebrauchen sind. Welche Rechtsfolge das Gericht im Einzelfall verhängen darf oder muss, richtet sich nach dem materiellen Recht. In die Urteilsformel sind alle Rechtsfolgen aufzunehmen, die das Gericht aufgrund 87 des Schuldspruchs verhängt. Dies gilt auch für solche Rechtsfolgen, die neben anderen nicht vollstreckbar sind.233 Wird neben lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe die Sicherungsverwahrung234 oder Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet,235 so ist die Maßregel auch im Tenor auszusprechen.
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BGH NJW 1957 1288; bei Dallinger MDR 1958 564; KMR/Stuckenberg 52; SK/Velten/Schlüchter 26; vgl. die inzwischen überholten Beispiele bei Börtzler NJW 1971 682; ferner BGHSt 10 230 (für den gleichgelagerten Fall der natürlichen Handlungseinheit). BGHSt 8 34, 37; BGH NJW 1952 114; obiter BGHSt 15 63, 65 f.; 25 182, 186; KK/Schoreit 35; Meyer-Goßner 27; Fischer § 1, 31; LK/Gribbohm 11 § 1, 138; LK/Dannecker 12 Nach § 1, 158; NK/Frister Nach § 2, 79; SK/Rudolphi/ Wolter Anh. zu § 55, 45; Schönke/Schröder/ Eser § 1, 113; sympathisierend LR/Gollwitzer 25 § 261, 168. BGHSt 4 340, 343; BGH NJW 1959 1139, 1140; BayObLG JZ 1965 775; LK/Tröndle 10 § 1, 114 ff. m.w.N.; für Ermessen des Tatgerichts: BGHSt 1 302, 304; LK/Grib-
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bohm 11 § 1, 138; LR/Gollwitzer 25 § 261, 167; SK/Velten/Schlüchter 28. LK/Tröndle 10 § 1, 115; KMR/Stuckenberg 53. LK/Tröndle 10 § 1, 117; KK/Schoreit 35; KMR/Stuckenberg 53. Meyer-Goßner 27. Vgl BGHSt 35 86, 87; BGH NStZ 1989 266; 574; StV 1995 522; OLG Hamburg MDR 1994 712; KMR/Stuckenberg 54; Meyer-Goßner 27; Pfeiffer 13; SK/Velten/ Schlüchter 28. Seit der Streichung des Absatzes 4 Satz 5 durch das 23. StrÄndG gilt dies ausnahmslos; vgl. KK/Schoreit 36; KMR/Stuckenberg 62; Meyer-Goßner 29; vgl. auch Rn. 102. BGHSt 34 138, 142 ff., 146. BGHSt 37 160 mit Anm. Schüler-Springorum StV 1991 561.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Werden mehrere Rechtsfolgen für mehrere Straftaten verhängt, muss die Urteilsformel eindeutig ersehen lassen, für welche Tat jede einzelne Rechtsfolge festgesetzt wird. Dies ist insbesondere bei neben der Hauptstrafe ausgesprochenen Nebenstrafen, Maßregeln der Besserung und Sicherung und sonstigen Nebenfolgen zu beachten. Beispielsweise muss der Urteilsspruch erkennen lassen, wenn nur wegen eines von mehreren Verkehrsdelikten ein Fahrverbot ausgesprochen worden ist.236
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b) Bei Freiheitsstrafe ergeben sich die Grenzen aus den §§ 38, 39 StGB. Die Bemessung nach Tagen oder Bruchteilen von Zeiteinheiten237 ist ausgeschlossen; im Übrigen ist es aber zulässig, eine kleinere Zeiteinheit auch bei Überschreiten der nächstgrößeren beizubehalten (7 Wochen; 15 Monate usw.).238 Erkennt das Gericht anstelle einer vom Gesetz ausschließlich angedrohten Freiheitsstrafe auf eine Geldstrafe (§ 47 StGB), so ist nur die Geldstrafe anzuführen. Nicht nur bei § 211 StGB, sondern in allen Fällen lebenslanger Freiheitsstrafe gehört die Bejahung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 StGB) durch das Gericht in den Tenor,239 nicht aber ihre Verneinung, die in den Gründen darzulegen ist.240 Eine Nachholung ist nicht möglich, ein Berichtigungsbeschluss wäre unbeachtlich.241 Unzulässig ist ein Ausspruch über die Mindestverbüßungsdauer.242
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c) Bei Geldstrafe schreibt Absatz 4 Satz 3 vor, dass Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen sind. Der Gesamtbetrag, der sich aus der Höhe des einzelnen Tagessatzes und der Zahl der Tagessätze ergibt, wird nicht in den Urteilsspruch aufgenommen;243 desgleichen erübrigt sich die Angabe der Ersatzfreiheitsstrafe. Ihr Umfang ist jetzt bereits durch § 43 StGB festgelegt.244 Bewilligte Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) sind anzuführen.245
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d) Wird bei Tatmehrheit nach §§ 53, 54 StGB auf eine Gesamtstrafe erkannt, ist nur diese in den Urteilsspruch aufzunehmen.246 Die Anführung der Einzelstrafen im Urteilsspruch ist zwar nicht unzulässig,247 aber unüblich, denn sie würde den Urteilsspruch oft unübersichtlich und schwerfällig machen; es genügt, dass die Einzelstrafen in den Urteils-
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OLG Köln JR 1969 392 mit Anm. Koffka; KMR/Stuckenberg 62; Meyer-Goßner 31; SK/Velten/Schlüchter 29. BGHSt 7 322 („ein halber Monat“). Vgl BayObLG NJW 1976 1951; KK/Schoreit 37; KMR/Stuckenberg 63; Meyer-Goßner 33; SK/Velten/Schlüchter 30; krit. Blei JA 1976 801; vgl. ferner die Kommentare zu §§ 38, 39 StGB. BGHSt 39 121, 123 f. mit Anm. Meurer JR 1993 250; BGH NJW 1997 878; NStZ 2000 194; HK/Julius 15, KK/Schoreit 33; KMR/ Stuckenberg 46; Meyer-Goßner 33; SK/Velten/Schlüchter 26; vgl. BVerfGE 86 288 = NJW 1992 2947; dazu Meurer JR 1992 441. BGH NJW 1993 2001; SK/Velten/Schlüchter 26. BGH NStZ 2000 194. Meyer-Goßner 33; auch nicht in den
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Gründen, BGH StV 2003 17; StraFo 2003 208. KK/Schoreit 38; KMR/Stuckenberg 64; Meyer-Goßner 34; SK/Velten/Schlüchter 31; Göhler NJW 1974 829; Zipf JuS 1974 139; a.A. HK/Julius 15; Naucke NJW 1978 407; Vogler JR 1978 353. Vgl. die Kommentare zu § 40 StGB m.w.N. KK/Schoreit 38; KMR/Stuckenberg 64. RGSt 60 16, 17; KK/Schoreit 38; KMR/Stuckenberg 64; Meyer-Goßner 34; SK/Velten/Schlüchter 31; vgl. die Kommentare zu § 42 StGB. RGSt 25 297, 309; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1951 50, 51; OLG Hamm JR 1979 74 f.; vgl. KK/Schoreit 37; KMR/Stuckenberg 66; Meyer-Goßner 36; Eb. Schmidt 17. OLG Hamm JMBlNW 1956 68; KMR/ Stuckenberg 66; Roxin 25 § 47, 11.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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gründen ausgewiesen werden. Im Einzelfall kann es jedoch geboten sein, eine Einzelstrafe im Tenor aufzuführen, etwa wenn die Verurteilung wegen Beleidigung mehrerer Personen ergeht, denen nach § 200 StGB Veröffentlichungsbefugnis zugesprochen wird; ebenso, wenn Einzelstrafen im Rechtsmittelzug geändert werden248. Werden Freiheitsstrafe und Geldstrafe nicht zu einer Gesamtstrafe zusammengefasst, 92 so darf auch nicht für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine aus der Freiheitsstrafe und der Ersatzfreiheitsstrafe gebildete Gesamtstrafe festgesetzt werden.249 Treffen mehrere Straftaten zusammen, bei denen jeweils Freiheitsstrafe und Geldstrafe getrennt festgesetzt werden müssen, so sind aus Freiheitsstrafen und Geldstrafen gesonderte Gesamtstrafen zu bilden,250 nicht dagegen, wenn mehrere Freiheits- und Geldstrafen zu einer einzigen Gesamtfreiheitsstrafe zusammengezogen werden.251 Bereits rechtskräftig erkannte Einzelstrafen einer früher verhängten Gesamtstrafe, die 93 unter Auflösung der früheren Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB in eine neue einbezogen werden, bestehen als solche in dieser fort. Durch die neue Gesamtstrafenbildung entfällt nur die frühere Gesamtstrafe, nicht aber das frühere Urteil252 und die darin festgesetzten Einzelstrafen. Diese werden so, wie sie rechtskräftig festgesetzt sind, in die neue Gesamtstrafe einbezogen.253 Der Urteilstenor muss neben dem Wegfall der früheren Gesamtstrafe eindeutig erkennen lassen, welche Einzelstrafen aus der früheren Verurteilung in die neu gebildete Gesamtstrafe einbezogen worden sind. Neben der neuen Gesamtstrafe bleiben nach § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht einbezogene Geldstrafen und die nicht in die Gesamtstrafe einzubeziehenden Nebenfolgen bestehen.254 Sie müssen aber nicht im Tenor nochmals einzeln aufgeführt werden,255 der pauschale Hinweis, dass sie aufrechterhalten bleiben, genügt. Sind sie allerdings durch Zeitablauf bereits erledigt, wie etwa eine im früheren Urteil ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis, ist dies auszusprechen.256 Strittig ist, wie bei der nachträglichen Bildung einer Gesamtgeldstrafe Tagessätze unterschiedlicher Höhe zusammenzufassen sind.257 Müssen in eine neu zu bildende einheitliche Jugendstrafe mehrere rechtskräftige frühere Verurteilungen mit einbezogen werden (§ 31 Abs. 2 JGG), müssen die Urteile, deren Sanktionen übernommen wurden, im Urteilstenor aufgeführt werden.258 Das erkennende Gericht darf eine ihm mögliche Gesamtstrafenbildung nicht dem 94 nachträglichen Beschlussverfahren gemäß § 460 überlassen.259 Etwas anderes kann gelten, wenn die Einbeziehung weiterer Strafen den Abschluss des Verfahrens verzögernde
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Vgl. OLG Zweibrücken NStZ 2000 610 mit zutr. abl. Anm. Meyer-Goßner/Cierniak 611 f.; dazu auch KK/Schoreit 37. BayObLGSt 1971 7 = MDR 1971 860; 1971 141 = NJW 1971 2318; vgl. Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530. BGHSt 23 200. BayObLGSt 1971 141 = NJW 1971 2318. Vgl. BGH bei Kusch NStZ 1992 225 Nr. 5: Einbezogen werden nicht das frühere Urteil, sondern die darin ausgesprochenen Strafen; anders bei § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG. BGHSt 12 99 f.; BGH bei Kusch NStZ 1992 225; KK/Schoreit 37; KMR/Stuckenberg 67; Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530. Vgl. KG JR 1986 119 sowie nachf. Fn.
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Vgl. BGH NJW 1979 2133; BGH 6.11.1984 – 4 StR 549/84; SK/Velten/Schlüchter 32; Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530. BGH bei Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530 Fn. 15; Fischer § 55, 29, 38. Vgl. die Kommentare zu § 55 StGB, etwa Fischer § 55, 25 ff. Vgl. BGH bei Holtz MDR 1992 933 sowie die Kommentare zu § 31 JGG. BGHSt 12 1; dazu Fitzner NJW 1966 1206; BGHSt 23 98; 25 382; 32 190; 35 208; OLG Stuttgart Justiz 1968 233; KMR/ Stuckenberg 58; a.A. Bohnert GA 1994 110; vgl. die Kommentare zu § 55 StGB m.w.N.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Ermittlungen (Aussetzung) erfordern würde260 oder wenn der Bestand der einzubeziehenden Einzelstrafen wegen eines aussichtsreichen Wiedereinsetzungsantrags zweifelhaft ist.261 In solchen Fällen muss das Urteil in den Gründen darlegen, warum es von der Einbeziehung absieht. Das Schweigen zu einer nach der Sachlage naheliegenden Einbeziehung einer früheren Verurteilung könnte sonst als sachlichrechtlicher Mangel des Urteils gewertet werden.262 Wegen der weiteren Einzelheiten vgl. bei § 460.
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e) Bleibt die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten gemäß § 66a StGB, ist dies im Urteilstenor hinter dem Schuldspruch und der Angabe der vom Gericht verhängten Strafen und sonstigen Rechtsfolgen in einem weiteren Satz oder Halbsatz anzufügen (Absatz 4 Satz 4).263 Ein Nachverfahren nach § 275a über die Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn dieser Vorbehalt im Urteilsspruch ausgedrückt ist; andernfalls wäre die Strafklage auch hinsichtlich einer nicht ausdrücklich vorbehaltenen Rechtsfolge verbraucht. Werden Rechtsfolgen für verschiedene Taten verhängt, muss der Urteilstenor klarstellen, wegen welcher der abgeurteilten Taten die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten wird. Nur diese ist dann Gegenstand des Nachverfahrens nach § 275a.
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f) Die Aussetzung einer Strafe (§ 56 StGB) oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 67b, 70a StGB) zur Bewährung ist im Urteilsspruch ausdrücklich anzuordnen (Absatz 4 Satz 4). Schweigt der Urteilsspruch darüber, so bedeutet das, dass die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt ist. In den Urteilsspruch gehört nur die Anordnung der Aussetzung. Die Dauer der Bewährungsfrist und etwaige Bewährungsauflagen (§§ 56a ff., 68a ff. StGB) sind in einem gesondert zu verkündenden Beschluss (§ 268a) festzulegen.264
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g) Bei Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) ist sowohl die Verwarnung als auch der Vorbehalt einschließlich der bereits bestimmten Strafe in den Urteilsspruch aufzunehmen.265 Die Nebenentscheidungen über Bewährungszeit und Auflagen (§ 59a StGB) bleiben einem Beschluss nach § 268a vorbehalten. Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 Satz 2.
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h) Wird von Strafe abgesehen (§§ 46a, 60 StGB), so ist das im Urteilsspruch neben dem Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen (Absatz 4 Satz 4).266 Die Pflicht, die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 465 Abs. 1 Satz 2 ), ist ebenfalls auszusprechen.267 Sinngemäß dasselbe gilt für die Straffreierklärung gem. § 199 StGB (zur Kostenentscheidung vgl. § 468).
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i) Die Anrechnung der Untersuchungshaft und anderer Freiheitsentziehungen auf die festgesetzte Freiheits- oder Geldstrafe braucht das Gericht nicht mehr ausdrücklich anzu-
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RGSt 34 267; 37 284; BGHSt 12 1, 10; 23 98 mit Anm. Küper MDR 1970 885, OLG Hamm NJW 1970 1200 mit Anm. Küper NJW 1970 1559; KMR/Stuckenberg 58. BGHSt 23 98 mit Anm. Küper MDR 1970 885. BGHSt 23 98; OLG Stuttgart Justiz 1968 233.
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Meyer-Goßner/Appl 103a. KK/Schoreit 39; KMR/Stuckenberg 68; SK/Velten/Schlüchter 35. KMR/Stuckenberg 69; SK/Velten/Schlüchter 35; Meyer-Goßner/Appl 117. KK/Schoreit 40; KMR/Stuckenberg 70; Meyer-Goßner 37; Meyer-Goßner/Appl 113. Vgl. OLG Hamm VRS 5 (1953) 399, 400; ferner bei § 465.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 260
ordnen, da dies nunmehr kraft Gesetzes allgemein vorgeschrieben ist (§ 51 StGB).268 Ein deklaratorischer Ausspruch ist rechtlich unwirksam und somit überflüssig.269 Die Anrechnung kraft Gesetzes ist Aufgabe der Strafvollstreckungsbehörde. Dies gilt auch, wenn mehrere Gesamtfreiheitsstrafen verhängt werden,270 wenn die Untersuchungshaft für eine nicht zur Verurteilung führenden Tat bereits beendet war, bevor die abgeurteilte Tat begangen wurde,271 oder wenn eine einbezogene rechtskräftige Freiheitsstrafe bereits verbüßt ist 272. Eine besondere richterliche Entscheidung in der Urteilsformel ist nur dann notwendig, 100 wenn ausnahmsweise eine konstitutive Entscheidung ergeht, so wenn das Gericht abweichend von der Regel die Nichtanrechnung anordnet,273 oder wenn es den Maßstab für die Anrechnung einer Freiheitsentziehung im Ausland nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB nach seinem Ermessen zu bestimmen hat,274 und zwar auch bei Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe.275 Einer Anordnung bedarf es ferner, wenn Zweifel über die Art und Weise der Anrechnung bestehen können. Beispiele: Es werden mehrere Freiheitsstrafen oder verschiedenartige Strafen (Geld- und Freiheitsstrafen) nebeneinander verhängt und es muss über die Anrechnung auf die verschiedenen Strafen entschieden werden276 oder bei einer die Freiheitsstrafe übersteigenden Dauer der Untersuchungshaft ist klarzustellen, dass die Strafe nicht durch die Untersuchungshaft in voller Höhe, sondern schon durch die Untersuchungshaft gleicher Zeitdauer verbüßt ist.277 Ist der Angeklagte in zwei getrennten Verfahren verurteilt worden, so ist die Untersuchungshaft, die er im zweiten Verfahren erlitten hat, auf die aus beiden Verurteilungen nach § 55 StGB zu bildende Gesamtstrafe auch dann anzurechnen, wenn sie die Einzelstrafen übersteigt, die in der zweiten Sache verhängt wurden.278 Eines Ausspruchs über die Anrechnung bedarf es auch, wenn die in einem nach § 154 eingestellten Verfahren erlittene Untersuchungshaft auf die in der anderen Sache erkannte Freiheitsstrafe angerechnet werden soll.279 Wird ein Verfahren, für das sich der Angeklagte in Untersuchungshaft befand, später getrennt, so ist bei Freispruch im ersten Urteil die Entscheidung über Haftentschädigung bzw. Anrechnung der Untersuchungshaft einheitlich dem späteren Urteil vorzubehalten.280 Nach § 52a Satz 2, 3 JGG bedarf es einer ausdrücklichen Entscheidung des Tatrich-
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BGHSt 24 29, 30; 27 287, 288; BGH GA 1972 366; NStZ 1983 524; KK/Schoreit 41; KMR/Stuckenberg 71; Meyer-Goßner 35; Mösl NStZ 1983 494; a.M. Dreher MDR 1970 965, 966. BGHSt 27 287, 288. BGHR § 260 Urteilsspruch 3. BGHSt 28 29 = JR 1979 73 mit Anm. Tröndle; OLG Schleswig NJW 1978 115; a.A. RGSt 58 95; 71 140. BGHSt 21 186 (schon zur früheren Rechtslage); KK/Schoreit 41. BGHSt 27 287, 288; Horstkotte NJW 1969 1605; vgl. die Kommentare zu § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB. BGH GA 1982 470; StV 1982 72; 1985 503; NStZ 1984 214; 1985 21; NJW 1990 228; 2004 3789; BGH 4.7.2007 – 1 StR 298/07; OLG Oldenburg NJW 1982 2741; 1983 495; KK/Schoreit 41; KMR/Stuckenberg 72;
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Meyer-Goßner 35; SK/Velten/Schlüchter 33; Meyer-Goßner/Appl 100 f.; Mösl NStZ 1982 454. BGH NJW 2004 3789. BGHSt 24 29, 30; 27 287, 288; BGH bei Dallinger MDR 1970 196; StV 1985 503 f.; OLG Frankfurt NStZ 1990 147; KK/Schoreit 41; KMR/Stuckenberg 72; SK/Velten/Schlüchter 33; Meyer-Goßner/ Appl 100. BGH bei Dallinger MDR 1974 544; KK/Schoreit 41; SK/Velten/Schlüchter 33. BGHSt 3 297; KK/Schoreit 41. Vgl. BVerfG StV 1999 102 (Anrechnung bei funktionaler Einheit beider Verfahren); anders wohl OLG Oldenburg NdsRpfl. 1984 100; KK/Schoreit 41; SK/Velten/ Schlüchter 33. OLG Schleswig SchlHA 1976 71.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
ters281 über die Anrechnung der Untersuchungshaft auf Jugendstrafe oder Jugendarrest, wenn diese nicht kraft Gesetzes nach § 52a Satz 1 JGG angerechnet werden soll.282 Die Anrechnung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis oder einer Beschlag101 nahme oder Sicherstellung des Führerscheins auf ein Fahrverbot oder eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 4 StGB wird nach § 51 Abs. 5 StGB ebenfalls automatisch vorgenommen, wenn die Urteilsformel nichts Gegenteiliges bestimmt.283 Rechtsfolgen, die durch eine Anrechnungsregelung ausgeglichen und deshalb nicht 102 mehr zu vollstrecken sind, wie eine durch Untersuchungshaft verbüßte Freiheitsstrafe oder ein wegen der Anrechnung der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung nicht mehr zu vollstreckendes Fahrverbot, sind als solche verhängt und deshalb in die Urteilsformel aufzunehmen.284 Im Tenor ist auszusprechen, welcher bezifferte Teil einer Strafe als Entschädigung für 103 überlange Verfahrensdauer 285 oder wegen Nichterstattung erbrachter Leistungen bei Wegfall der Bewährung durch Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 StGB286 als vollstreckt gilt.
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j) Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 61 StGB) ist mit dem abstrakten gesetzlichen Wortlaut in die Urteilsformel aufzunehmen,287 üblicherweise im Anschluss an den Strafausspruch. Zugleich sind die sonstigen Anordnungen zu treffen, soweit diese nach materiellem Recht in den Urteilsspruch und nicht in den besonderen Beschluss nach § 268a gehören oder dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben können.288 Die Anordnung, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 StGB), ergeht im Urteilsspruch, desgleichen die Bestimmung der Reihenfolge der Vollstreckung nach § 72 Abs. 3 Satz 1 StGB.289 Der Grund der Anordnung („wegen Schuldunfähigkeit“) oder die Anlasstat ist auch im Sicherungsverfahren nicht anzugeben.290 Die Ablehnung eines Antrags auf Anordnung einer Maßregel der Sicherung gehört 105 nur dann in den Urteilsspruch, wenn im selbständigen Sicherungsverfahren der Antrag auf Unterbringung abgelehnt wird (§ 414 Abs. 2 Satz 2). Nur in diesem Falle bildet die Ablehnung des Antrags den einzigen Inhalt der Entscheidung. In allen übrigen Fällen bildet sie nur einen Teil der im Übrigen die Freisprechung oder die Verurteilung aussprechenden Entscheidung, so dass sie nur in den Urteilsgründen zu erörtern ist.291 Enthält aber der andere Entscheidungen umfassende Urteilsspruch nichts über die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, so bedeutet das Schweigen darüber die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrags.292
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Nicht des Revisionsrichters, BGH GA 1972 366. Vgl. BGHSt 37 75 mit Anm. Walter/Pieplow NStZ 1991 332; sowie die Kommentare zu § 52a JGG. OLG Köln VRS 44 (1973) 14; KK/Schoreit 41; KMR/Stuckenberg 71; SK/Velten/ Schlüchter 33. BGHSt 29 58. BGHSt 52 124, 147; Meyer-Goßner 35a; s.a. dort Art. 6 MRK 9 f. m.w.N. BGHSt 36 378; Meyer-Goßner 35a. RG HRR 1940 Nr. 50; BGH bei Dallinger MDR 1952 530; KMR/Stuckenberg 73;
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Meyer-Goßner 38; Meyer-Goßner/Appl 103 ff. So die Bezeichnung einer bestimmten Anstalt; vgl. RGSt 70 176, 177; KK/Schoreit 36; KMR/Stuckenberg 73. Meyer-Goßner 38. BGH bei Holtz MDR 1985 449; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 1 Sicherungsverfahren 1; KMR/Stuckenberg 73. Fn. 287; KK/Schoreit 42; KMR/Stuckenberg 73; Meyer-Goßner 38; SK/Velten/Schlüchter 34. RG HRR 1940 Nr. 50; BGH bei Dallinger MDR 1952 530.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 260
k) Bei einem Berufsverbot nach § 70 StGB muss der Urteilsspruch dessen zeitliche 106 Dauer sowie den Beruf, das Gewerbe oder den Gewerbezweig, dessen Ausübung untersagt wird, genau bezeichnen (Absatz 2),293 auch um den Bestimmtheitsanforderungen des § 145c StGB zu genügen294. Das Verbot, „sich als Manager zu betätigen“, genügt diesen Anforderungen nicht,295 ebenso wenig das Verbot des ,,Kaufmannsgewerbes“296 oder „jeder selbständigen Geschäftstätigkeit“297. Dagegen kann die Untersagung der Ausübung „des Berufs eines Redakteurs oder Verlegers“,298 „jedweden Handelsgewerbes“299 oder der „Ausübung des Vertreterberufs im weitesten Sinn“300 noch genügen. Es ist zulässig, einem Gewerbetreibenden, der nur in einem Zweig seines Gewerbes Straftaten begangen hat, die Ausübung dieses Gewerbes allgemein zu untersagen. Etwaige Zweifel über die Tragweite eines Berufsverbots hat das Gericht nach § 458 zu entscheiden. l) Verfall, Einziehung, Wertersatz. Wird auf Verfall einer Sache oder eines Rechts 107 oder auf Einziehung erkannt, so sind die betroffenen Gegenstände grundsätzlich in der Urteilsformel aufzuzählen und einzeln so genau zu bezeichnen, dass bei der Vollstreckung ihre zweifelsfreie Identifizierung möglich ist.301 Dazu kann die Angabe von Art und Menge der einzuziehenden Sachen erforderlich sein.302 Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch, ob der einzuziehende Gegenstand bereits im amtlichen Gewahrsam ist; dann kann eine Gattungsbezeichnung ausreichen.303 Es kann auch genügen, das „bei der Tat benutzte Messer“ einzuziehen, wenn dieses Messer sichergestellt ist und für alle zweifelsfrei erkennbar ist, dass sich die Anordnung nur auf dieses Messer bezieht. Ist dies dagegen nicht der Fall, dann muss das betreffende Messer so genau beschrieben werden, dass feststellbar ist, an welchem Gegenstand der Staat nach §§ 73d, 74e StGB mit Rechtskraft des Urteils Eigentum erwirbt und worauf sich das Veräußerungsverbot der §§ 73d Abs. 2, 74e Abs. 3 StGB bezieht. Wird ein Kraftfahrzeug eingezogen, sind nach Möglichkeit dessen Zulassungsmerkmale anzuführen.304 Werden mehrere Gegenstände eingezogen, so kann deren Beschreibung in einer (mit zu verkündenden) Anlage zum Urteilsspruch aufgenommen werden.305 Eine Bezugnahme
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Zur analogen Anwendung im ehrengerichtlichen Verfahren s. BGH NJW 1992 1181. BGH bei Dallinger MDR 1952 530; OLG Karlsruhe NStZ 1995 446 mit Anm. Stree. BGH bei Dallinger MDR 1958 139. BGH bei Dallinger MDR 1956 143; 1958 783. BGH VRS 30 (1966) 275; BGH bei Dallinger MDR 1952 530; ferner BGH bei Dallinger MDR 1974 12 (zu unbestimmt: „Geschäftstätigkeit, die Verfügung über fremde Gelder ermöglicht“); KK/Schoreit 42; KMR/Stuckenberg 74; SK/Velten/Schlüchter 34. BGH NJW 1965 1388, 1389; KK/Schoreit 42; KMR/Stuckenberg 74; SK/Velten/ Schlüchter 34. RGSt 71 69; BGH NJW 1958 1404; 1965 1388, 1389. OLG Celle NJW 1965 265; KMR/Stucken-
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berg 74; str., vgl. die Kommentare zu §§ 70, 145c StGB. RGSt 70 338, 341; BGHSt 8 205, 211 f.; 9 88, 89; BGH bei Kusch NStZ 1992 226; 1996 22; StraFo 2004 394; KMR/Stuckenberg 75; Meyer-Goßner 39; Meyer-Goßner/Appl 97. Z.B. bei Betäubungsmitteln, BGH NStZ 1993 95 und nach KK/Schoreit 43; MeyerGoßner/Appl 97; zu Falschgeld: BGH bei Kusch NStZ 1994 228 Nr. 11. BGHSt 9 88, 90; Meyer-Goßner 39; SK/Velten/Schlüchter 36. BGHSt 8 205, 212; SK/Velten/Schlüchter 36. BGHSt 9 88, 90; BGH NStZ-RR 2009 384; BGH LM Nr. 28; nach BGH StV 1981 396; bei Pfeiffer NStZ 1981 295 genügt äußerstenfalls die genaue Beschreibung in den Urteilsgründen.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
auf „die sichergestellten Gegenstände“306 oder eine in die Anklageschrift aufgenommene Aufstellung dieser Gegenstände307 oder auf ein Asservatenverzeichnis308 ist dagegen nicht zulässig, denn das Urteil muss aus sich heraus verständlich sein. Wird eine Schrift allgemein eingezogen, so müssen der volle Titel und das Impressum dieser Schrift in die Urteilsformel oder die Anlage dazu aufgenommen werden.309 Wird der Verfall eines Gegenstands oder die Einziehung gegen einen Dritten ausge108 sprochen (§ 73 Abs. 3, 4, §§ 74, 74a StGB), so sind dessen Personalien im Urteil genau zu bezeichnen.310 Nur wenn allein der Angeklagte betroffen ist, erübrigt sich dies. Ordnet das Urteil den Verfall oder die Einziehung des Wertersatzes an (§§ 73a, 74c 109 StGB), so muss es den Betrag des Wertersatzes in der Urteilsformel angeben und die für den Auffangrechtserwerb des Staates nötigen Feststellungen treffen (vgl. § 111i Abs. 2).311 Der Vorbehalt der Einziehung ist zugleich mit der Anweisung, die Gegenstände 110 unbrauchbar zu machen oder zu ändern oder über sie in einer bestimmten Weise zu verfügen, in den Fällen des § 74b Abs. 2 StGB in die Urteilsformel aufzunehmen.312 Die zur Vermeidung der Einziehung zu treffenden Maßnahmen sind dabei genau zu bezeichnen.
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m) Wird die Bekanntmachung des Urteils angeordnet, so muss die Urteilsformel so gefasst werden, dass die Vollstreckung keinen Schwierigkeiten begegnet. Wenn Zweifel möglich sind, vor allem, wenn nur ein Teil der Verurteilung veröffentlicht werden soll, ist im Urteilsspruch selbst anzugeben, welche Urteilsteile zur Veröffentlichung bestimmt sind313 und wie diese zu fassen ist. Wird die Veröffentlichung nicht von Amts wegen angeordnet (z.B. im Falle des § 200 Abs. 2 StGB), dann ist der Verletzte, dem die Veröffentlichungsbefugnis zugestanden wird, im Urteil mit Namen zu bezeichnen.314 Die Art der Bekanntmachung ist unter Festlegung des Veröffentlichungsvorgangs nach Inhalt, Form und Frist genau zu bestimmen, etwa beschränkt auf die Beleidigung oder falsche Verdächtigung, wenn noch andere Straftaten tateinheitlich oder -mehrheitlich hinzutreten.315 Dem Verletzten darf nicht die Auswahl unter mehreren Tageszeitungen überlassen bleiben.316 Das Urteil ist ferner so zu fassen, dass von mehreren Verletzten jeder die Veröffentlichung unabhängig von den anderen betreiben kann.317
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BGH bei Dallinger MDR 1954 529; bei Kusch NStZ 1994 228 Nr. 11; bei Becker NStZ-RR 2004 227 Nr. 10; StraFo 2004 394. Vgl. BGH NJW 1962 2019; bei Pfeiffer NStZ 1981 295; NStZ-RR 2009 384; StV 1981 396; BGHR § 260 Abs. 4 Satz 5 Einziehung 1; OLG München GA 1961 59; KMR/Stuckenberg 75; Meyer-Goßner 39; SK/Velten/Schlüchter 37; Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530 m.w.N. BGH bei Becker NStZ-RR 2004 227 Nr. 10; Meyer-Goßner 39; SK/Velten/Schlüchter 37. BGH NJW 1962 2019; OLG München GA 1961 59; KMR/Stuckenberg 75; Meyer-Goßner 39; vgl. die Kommentare zu § 74d StGB. KK/Schoreit 43; SK/Velten/Schlüchter 36; vgl. die Kommentare zum StGB und bei §§ 436 ff.
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Vgl. BGHSt 8 46, 53; KK/Schoreit 43; KMR/Stuckenberg 75; Meyer-Goßner 39; SK/Velten/Schlüchter 36. Meyer-Goßner/Appl 97; vgl. die Kommentare zu § 74b StGB. BGHSt 10 306, 311. Vgl. RiStBV Nr. 231 Satz 1; BGHSt 3 377, 380; KK/Schoreit 44; Meyer-Goßner/Appl 96. RG JW 1937 3301; BGHSt 3 377, 380; 10 306, 311 f.; BayObLGSt 1961 141 f.; KMR/Stuckenberg 76. BayObLGSt 1954 71; KK/Schoreit 44; KMR/Stuckenberg 76; Meyer-Goßner 40; SK/Velten/Schlüchter 38. RG DR 1941 1402 f.; BayObLGSt 1961 141; OLG Hamm NJW 1974 466; KK/Schoreit 44; KMR/Stuckenberg 76; SK/Velten/ Schlüchter 38.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 260
VIII. Einstellung des Verfahrens (Absatz 3) 1. Allgemeines. Die alte Fassung des § 260 ordnete nur an, dass die Einstellung des 112 Verfahrens auszusprechen sei, wenn bei einer nur auf Antrag zu verfolgenden Straftat sich ergebe, dass der erforderliche Antrag nicht vorliegt, oder wenn der Antrag zurückgenommen sei (§ 260 Abs. 2 a.F.). Die auf das Vereinheitlichungsgesetz 1950 zurückgehende Fassung des jetzt geltenden Absatzes 3 trägt den Erkenntnissen Rechnung, zu denen Rechtsprechung und Rechtslehre in der Zwischenzeit hinsichtlich der Lehre von den Verfahrensvoraussetzungen gelangt sind. Die Prozessvoraussetzungen sind in der Einleitung K 35 ff. und bei § 206a, 25 ff. näher erläutert.318 a) Voraussetzung für eine Einstellung durch Urteil nach Absatz 3 ist, dass es sich um 113 ein unbehebbares Verfahrenshindernis handelt und die Einstellung in der Hauptverhandlung erfolgt. Außerhalb der Hauptverhandlung ist durch Beschluss gemäß § 206a einzustellen (vgl. § 206a, 5). Ist das Verfahrenshindernis während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung entstanden, ist ebenfalls Absatz 3 und nicht § 206a anzuwenden.319 Dass es sich nur um voraussichtlich unbehebbare Verfahrenshindernisse handeln darf, ergibt sich nicht aus § 260 Abs. 3, sondern aus der (entsprechenden) Anwendung des § 205 (Rn. 114). Vorausgesetzt ist weiter, dass kein Fall des Vorrangs der Sachentscheidung vorliegt (Rn. 38 ff.) und dass das Gesetz keine andere Entscheidung vorschreibt wie einen Verweisungsbeschluss wegen sachlicher Unzuständigkeit (vgl. §§ 270, 328 Abs. 2, 355) oder eine Einstellung durch Beschluss nach §§ 153 Abs. 2, 153a Abs. 2, 154 ff. Nur vorübergehende oder noch zu behebende Verfahrenshindernisse führen auch in 114 der Hauptverhandlung (§ 205, 8) zur vorläufigen Einstellung durch Beschluss in entsprechender Anwendung des § 205. Bei Verfahrenshindernissen, mit deren Behebung in absehbarer Zeit zu rechnen ist, kann es die Prozessökonomie gebieten, das Verfahren nur zu unterbrechen oder auszusetzen,320 um ihre Beseitigung, etwa die Nachholung eines fehlenden Antrags, zu ermöglichen. Bei Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs ist nicht das weitere Verfahren einzustellen, 115 sondern der Rechtsbehelf zu verwerfen.321 Eine zu Unrecht auf diesen Rechtsbehelf hin ergangene Sachentscheidung ist aufzuheben, etwa, wenn trotz Rechtskraft eines Strafbefehls aufgrund des verspäteten Einspruchs eine Sachentscheidung erlassen worden ist.322 Wird dagegen in Unkenntnis der Rücknahme des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid ein Urteil erlassen, so ist die Einstellung des ganzen gerichtlichen Verfahrens möglich, da der Bestand des Bußgeldbescheids dadurch nicht berührt wird.323
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Zahlreiche Beispiele auch bei KK/Schoreit 47; SK/Velten/Schlüchter 43 ff. Vgl. § 206a, 5 m.w.N.; KG NStZ 1993 297; NJW 1993 673, 674 mit Anm. Jahntz NStZ 1993 298; Bartlsberger DVBl 1993 333, 339; SK/Velten/Schlüchter 41; a.A. SK/Paeffgen § 206a, 5 m.w.N.; Paeffgen NJ 1993 152, 161; Hohmann NJ 1993 295, 296; Meurer JR 1993 89, 95; diff. HK/Julius 18. RGSt 77 34, 36; BGH NJW 2000 1964, 1965; BayObLGSt 1991 39 = NJW 1991
321
322 323
3292, 3293; OLG Düsseldorf JMBlNW 1961 111; NStZ-RR 1999 304, 305; KK/Schoreit 46; KMR/Stuckenberg 78; Meyer-Goßner 43; SK/Velten/Schlüchter 42. OLG Hamm VRS 41 (1971) 381; zur Frage, ob die wirksame Anfechtung eine Verfahrensvoraussetzung des Rechtsmittelverfahrens ist, vgl. bei § 206a, 28. BGH VRS 18 (1960) 157, OLG Karlsruhe DAR 1960 237. OLG Koblenz NJW 1973 2118.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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b) Der Umfang der Einstellung reicht so weit wie die fehlende Prozessvoraussetzung. Sie erfasst aber die jeweilige Straftat im vollen Umfang, auch wenn der Schuldspruch rechtskräftig ist oder nur noch eine Rechtsfolge, wie etwa die Gesamtstrafe, zur Entscheidung offen steht.324 Teileinstellung erfolgt, wenn bei einer von mehreren selbständigen Taten im Sinne des § 264 oder einer von mehreren real konkurrierenden Gesetzesverletzungen (§ 53 StGB) innerhalb der gleichen Tat im verfahrensrechtlichen Sinn die Voraussetzungen für ein Sachurteil fehlen; im Übrigen ergeht Sachentscheidung.325 Betrifft der Mangel dagegen nur eine in Tateinheit stehende Gesetzesverletzung (§ 52 StGB), so entfällt diese, ohne dass im Urteilstenor die Einstellung neben dem verurteilenden Erkenntnis ausgesprochen werden müsste; dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Verfahrenshindernis einen milderen oder schwereren rechtlichen Gesichtspunkt betrifft.326 Bei irriger Annahme von Tatidentität bedarf es im Hinblick auf eine ohne Anklage 117 oder Eröffnungsbeschluss zum Gegenstand des Strafverfahrens gemachte Straftat neben dem Freispruch wegen der angeklagten, aber nicht erwiesenen Straftat nach einer Ansicht keiner ausdrücklichen Einstellung,327 weil nur die angeklagte Tat Prozessgegenstand sei, so dass sich die Frage eines Prozesshindernisses (fehlende Anklage) und einer Einstellung wegen der „festgestellten“ Tat erübrige. Dieses begriffliche Argument ist verfehlt, denn eine Einstellung erklärt ein Verfahren für unzulässig, was nur voraussetzt, dass es ein Verfahren gibt, das nicht fortgeführt werden darf, nicht aber, dass dieses Verfahren auch einen ordnungsgemäßen Gegenstand hatte; vielmehr ist gerade wegen dieses Mangels die Einstellung geboten. Der BGH hält daher zu Recht eine Einstellung für nötig, weil das Verfahren ein ordnungsgemäßes Ende finden müsse und sonst keine Kostenentscheidung getroffen werden könne.328 Einzustellen ist das Verfahren auch, wenn wegen einer Namensverwechselung der Bußgeldbescheid einer falschen Person zugestellt und über dessen Einspruch verhandelt wurde.329 Freispruch und nicht Einstellung ist aber angezeigt, wenn bei einer angeklagten fortgesetzten Handlung die in nichtverjährter Zeit liegenden Tathandlungen nicht erweisbar, die nachgewiesenen aber verjährt sind.330
118
c) Feststellung von Verfahrenshindernissen. Das Gericht muss von Amts wegen prüfen, ob alle erforderlichen Verfahrensvoraussetzungen vorliegen. Da sie jedoch nicht zu den Tatbestandsmerkmalen gehören, so bedarf es ihrer Erörterung in der Verhandlung nur, wenn hierzu Anlass besteht.331 Soweit das Gericht dazu Feststellungen treffen muss,
324 325 326
327
BGHSt 8 269 = JZ 1956 417 mit Anm. Jescheck; BGH NJW 1954 1776. OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 114, 115 f. RGSt 52 270 f.; 53 50; 67 233, 235; RG JW 1924 1878 Nr. 7; OGHSt 3 44, 46; BGHSt 7 305, 306 f.; BGH GA 1966 340; BayObLGSt 1963 157; 1976 147, 149; OLG Stuttgart Justiz 1971 147; 1972 107; KMR/Stuckenberg 80; Meyer-Goßner 43. Zum tateinheitlichem Zusammentreffen einer nicht nachweisbaren und einer nicht verfolgbaren Straftat oben Rn. 40 ff., dort auch zur Frage des noch behebbaren Prozesshindernisses (Rn. 44). BayObLGSt 1978 158 = MDR 1979 518 unter teilweiser Aufgabe von BayObLGSt
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329 330 331
1970 29; 1974 58; VRS 58 (1980) 432; ferner KG VRS 64 (1983) 42; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 372; OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 295 (unter Aufgabe der früheren Rspr.); LR/Gollwitzer 25 107; KMR/Stuckenberg 81 (die Auffassung gebe ich auf). BGHSt 27 115, 117; 46 130, 136 mit zust. Anm. Krack JR 2001 423; BGH NJW 2006 522, 530 (insoweit nicht in BGHSt 50 331); BayObLGSt 1999 29; OLG Jena 29.6.2003 – 1 Ss 286/03; OLG Oldenburg StraFo 2006 412, 413; Meyer-Goßner 45. OLG Karlsruhe Justiz 1985 211. BayObLGSt 1963 4; 52; KMR/Stuckenberg 68. RGRspr. 4 207.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 260
gilt Freibeweis,332 sofern es sich nicht um eine doppelrelevante Tatsache333 handelt. So ist es dem Ermessen des Gerichts überlassen, in welcher Weise es das Vorhandensein eines Strafantrags feststellen will. Der Antrag muss zwar nicht verlesen werden,334 doch ist dies zweckmäßig, weil er zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden muss. Es würde gegen das Gebot zur Gewährung des rechtlichen Gehörs verstoßen, wollte das Gericht das Vorhandensein des Antrags nur im Beratungszimmer aus den Akten entnehmen. Die Strafprozessordnung enthält keine Bestimmungen über den Umfang der Beweisaufnahme bei Einstellung des Verfahrens, ob alsbald und ohne Eingehen auf die Sache das Urteil gefällt werden darf oder ob vorher die Hauptverhandlung, insbesondere die Beweisaufnahme, vollständig durchgeführt werden muss. Die Frage ist je nach der Art des Hindernisses verschieden zu beantworten: Ist das Hindernis unabhängig von der strafrechtlichen Würdigung der Tat und kann infolgedessen das Ergebnis der die Sache selbst betreffenden Beweisaufnahme die Antwort auf die Frage, ob ein Hindernis vorliegt, nicht beeinflussen, so ist es trotz § 245 statthaft, alsbald das Urteil zu fällen; ebenso darf nach § 206a das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluss eingestellt werden, wenn ohne Durchführung der Hauptverhandlung ein Verfahrenshindernis einwandfrei festgestellt werden kann (§ 206a, 5). Anders verhält es sich, wenn das Hindernis von der strafrechtlichen Würdigung der Sache abhängt und eine Abweichung des Urteils von der Würdigung des Sachverhalts im Eröffnungsbeschluss möglich wäre. In solchen Fällen müsste streng genommen die Beweisaufnahme stets durchgeführt werden, da rechtlich die Möglichkeit niemals auszuschließen ist, dass sie zu einer anderen Beurteilung der Tat führt (§ 264). Doch würde es dann vielfach zu nutzlosen Beweisaufnahmen kommen. Es ist deshalb richtig, auch in solchen Fällen die sofortige Urteilsfällung zuzulassen, sofern das Gericht nach Prüfung der Akten keinen Anhalt für die Annahme findet, es könne die Beweiserhebung eine veränderte Würdigung der Tat zur Folge haben. Das Gericht ist auch durch § 245 Abs. 1 nicht genötigt, einen für die Vorfrage bedeutungslosen Beweis nur deshalb zu erheben, weil die Beweismittel zur Stelle sind. Ob ein Antrag nach § 245 Abs. 2 abgelehnt werden kann, weil jeder Zusammenhang mit dem Gegenstand der Urteilsfindung fehlt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.335 § 245 greift aber ein, wenn und soweit sich die Beweismittel auf Tatsachen beziehen, auf die es bei der Entscheidung der Vorfrage ankommen kann. Sind einzelne abtrennbare Teile einer fortgesetzten Handlung nach § 154a Abs. 1 und 2 vorläufig ausgeschieden worden, so müssen sie wieder einbezogen werden, wenn anderweitig die Verjährung der fortgesetzten Tat nicht abschließend beurteilt werden kann.336 Wieweit das Verfahren fortzusetzen ist, wenn die Voraussetzungen eines Straffreiheitsgesetzes gegeben sind, richtet sich mitunter nach den speziellen Vorgaben des jeweiligen Gesetzes.337 Zur Frage des Übergangs vom Strafverfahren zum Sicherungsverfahren vgl. bei § 416. 332
Vgl. § 206a, 35, 91. BGHSt 14 137, 139; 16 164, 166 m.w.N.; 21 81; OLG Frankfurt NJW 1983 1208, 1209; OLG Karlsruhe GA 1985 134 f.; KK/Schoreit 48; KMR/Stuckenberg 78; SK/Velten/Schlüchter 42; a.A. Roxin 25 § 21, 22; Többens NStZ 1982 184, 185 ff. m.w.N.
333 334 335 336 337
Vgl. LR/Becker § 244, 34 f.; Meyer-Goßner § 244, 8 m.w.N. RGSt 4 264. Vgl. LR/Becker § 245, 73. BGH NJW 1980 2821; vgl. auch bei § 154a. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. bei § 206a, 57.
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d) Wirkung der Einstellung. Die Einstellung im Urteil nach § 260 Abs. 3 beendet das anhängige Strafverfahren hinsichtlich der vom Verfahrenshindernis betroffenen prozessualen Taten insgesamt (vgl. § 206a, 100 f.); eine Beschränkung der Einstellungswirkung durch einen entsprechenden Zusatz im Urteilstenor auf einzelne Verfahrensabschnitte ist nicht möglich.338 Das Einstellungsurteil stellt nur das Verfahrenshindernis fest, ist folglich Prozessurteil und somit der formellen, aber nicht der materiellen Rechtskraft fähig, verbraucht also die Anklage nicht (Rn. 13). Eine beschränkte materielle Sperrwirkung kommt dem unanfechtbar gewordenen Einstellungsurteil insofern zu, als es bindend feststellt, dass im Zeitpunkt seines Erlasses der Sachentscheidung ein bestimmtes Prozesshindernis entgegenstand,339 auch wenn diese Feststellung unrichtig ist. Auf welches Prozesshindernis sich diese Entscheidung bezieht und ob die Sachentscheidung dadurch endgültig oder nur vorübergehend ausgeschlossen ist, muss den Urteilsgründen entnommen werden. Hieraus ergibt sich, ob die Bindungswirkung des rechtskräftigen Einstellungsurteils jedes neue Verfahren hindert oder ob nach Wegfall des Hindernisses ein neues Verfahren wegen des von der Einstellung umfassten Vorwurfs möglich ist. Bei einem unbehebbaren Verfahrenshindernis wie Verjährung oder Ablauf der Strafantragsfrist wirkt das Einstellungsurteil wie ein die Strafklage verbrauchendes Urteil.340 Wird hingegen die fehlende Verfahrensvoraussetzung nachträglich geschaffen,341 steht das Einstellungsurteil einer neuen Anklage nicht entgegen. Das Einstellungsurteil kann aber zugleich eine im Tenor nicht zum Ausdruck gekom124 mene Sachentscheidung mit umfassen, etwa, wenn das Gericht ein ideell konkurrierendes, weniger schwerwiegendes Delikt sachlich geprüft und nicht für erwiesen gehalten hat, da die überwiegende Meinung hier eine Einstellung statt Freispruch für angebracht hält.342 Insoweit erledigt auch ein formell nur auf Einstellung lautendes Urteil die Strafklage endgültig. Die Tat, deren Nichterweislichkeit in den Urteilsgründen festgestellt ist, kann später nicht erneut angeklagt werden,343 wohl aber die sachlich damit zusammentreffende Straftat, hinsichtlich der das Verfahren eingestellt wurde. Dass es sich hierbei um ein und dieselbe Tat im verfahrensrechtlichen Sinn handelt, steht nach der wohl herrschenden Meinung dieser Aufspaltung nicht entgegen. Die Verzehrwirkung der materiellen Rechtskraft reicht nicht weiter als die Befugnis des Gerichts zur Sachentscheidung. Sie umfasst daher zwar die im Urteil mitenthaltene oder die bei Ausschöpfung des Verfahrensgegenstands (§ 264) mögliche Sachentscheidung,344 nicht aber den wegen eines Verfahrenshindernisses davon ausgenommenen Tatteil.345
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BayObLGSt 1985 52, 56 mit Anm. Ranft JR 1986 432, 434; zweifelnd OLG Köln NJW 1962 1358; dazu § 207, 85 ff. m.w.N. Vgl. § 206a, 112 ff. m.w.N. sowie RGSt 32 50, 52; BGHSt 18 1, 5; 32 209; BayObLGSt 1985 52, 56; LR/Gollwitzer 25 115 m. Fn. 273; SK/Velten/Schlüchter 47; SK/Paeffgen § 206a, 31 m.w.N.; SK/Frister/Deiters Vor § 359, 16; KMR/Sax 6 Einl. XIII 12; Gössel § 33 E III a 2; Peters § 54 III 2; Roxin 25 § 50, 20; Schlüchter 601; Többens NStZ 1982 184, 186. BayObLG VRS 77 (1989) 136; HK/Julius 20; KK/Schoreit 48; KMR/Stuckenberg 83; Meyer-Goßner 48; SK/Velten/Schlüchter 47.
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Vgl. § 206a, 114 m.w.N.; KK/Schoreit 48; SK/Velten/Schlüchter 47. Vgl. Rn. 40 ff.; s.a. BGHSt 18 383, 384 f. (Verweisungsbeschluss mit Freispruchscharakter). RGSt 46 363, 368 ff.; 66 51, 54; BGH LM § 207 StPO Nr. 5; BGH wistra 1986 69; BayObLGSt 1985 52, 56 mit Anm. Ranft JR 1986 432; BayObLG VRS 77 (1989) 136; OLG Frankfurt NStZ 1987 573 f.; OLG Köln NJW 1962 1358; 1981 2208. Vgl. dazu Peters ZStW 68 (1956) 374, 386 ff. RGSt 32 57; 37 88; 46 368; BGHSt 18 1, 5; Eb. Schmidt I 269.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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Der Ablauf der Frist für die Verfahrensverjährung nach § 78b StGB wird auch durch 125 ein Einstellungsurteil gehemmt.346 Stellt erst das Revisionsgericht das Verfahren wegen Verjährung ein, bleiben die Feststellungen bindend, falls sie nicht auch aufgehoben sind.347 Die Wirkung eines auf Einstellung lautenden Urteils hat auch ein unangefochten bleibender, in der Hauptverhandlung ergehender Beschluss des erkennenden Gerichts, durch den es sich sachlich und örtlich für unzuständig erklärt.348 2. Fassung der Urteilsformel. Der Urteilstenor lautet nur auf Einstellung des Verfah- 126 rens, ohne Schuldspruch349 oder weitere Zusätze. Weder wird der Grund der Einstellung in die Urteilsformel aufgenommen350 noch Bedingungen oder Befristungen,351 falls das Gericht für möglich hält, dass eine im Zeitpunkt der Urteilsfällung fehlende Verfahrensvoraussetzung später vorliegen könne. Es genügt, dass aus den Urteilsgründen hervorgeht, dass und welches Hindernis der Sachentscheidung zur Zeit entgegensteht. Das Einstellungsurteil muss ferner eine Entscheidung über die Kosten (§§ 464 Abs. 1, 467, 470) sowie ggf. über eine Entschädigung (§ 8 StrEG) enthalten. Je nach Lage des Einzelfalls müssen zugleich die in Rn. 49 genannten Beschlüsse ergehen.
IX. Liste der angewandten Strafvorschriften (Absatz 5) 1. Allgemeines. Zur Entlastung der Urteilsformel vom Paragraphenwerk und zur Er- 127 leichterung einer zuverlässigen Erfassung des Urteils im Bundeszentralregister (vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 6, 20 BZRG) und anderen Registern schreibt Absatz 5 vor, dass nach der Urteilsformel die angewandten Gesetzesbestimmungen aufgeführt werden.352 Im Bußgeldverfahren gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend (§ 72 Abs. 4 Satz 2 OWiG). Die Liste gehört weder zum Tenor noch zu den Urteilsgründen,353 sondern ist selb- 128 ständiger, vom Gericht in der Beratung ebenfalls zu beschließender Bestandteil des schriftlichen Urteils, der seinen Platz „nach der Urteilsformel“ (Absatz 5 Satz 1) und vor den Gründen354 hat. Folglich wird die Liste weder gemäß § 268 Abs. 2 Satz 1 verkündet355 noch anderweitig, etwa im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung, bekanntgegeben356. Üblich, aber nicht notwendig, ist es, die Liste schon in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen. Sie muss bei der Urteilsverkündung nicht schriftlich vorliegen, sondern kann erst später zusammengestellt werden. Zweckmäßig und auch zur Selbstkontrolle des Gerichts hilfreich ist es allerdings, die Vorschriften bereits bei der Beratung niederzuschreiben, denn in die Liste sind diejenigen Vorschriften genau und detailliert aufzunehmen, auf die das Gericht bei der Beratung sein Urteil gestützt hat.357 Die Unterschrift der
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BGHSt 32 209. BGHSt 41 305. BGHSt 18 1, 5; Hanack JZ 1972 313; vgl. § 204, 23. BGHSt 20 225 f. RGSt 42 152, 155; SK/Velten/Schlüchter 47. RGSt 4 211; 52 259, 264; KMR/Stuckenberg 84; SK/Velten/Schlüchter 47. Krit. Peters Der neue Strafprozeß 177 („welcher Paragraphenwust“). BGH NStZ-RR 1997 166; BGH 18.7.2007 – 2 StR 280/07; Meyer-Goßner 51; SK/Velten/ Schlüchter 51.
354 355
356 357
OLG Karlsruhe VRS 54 (1978) 68, 70; 58 (1980) 263. KK/Schoreit 52; KMR/Stuckenberg 85; Meyer-Goßner 51; SK/Velten/Schlüchter 51; Grauham DRiZ 1975 171. BGH NStZ-RR 1997 166; SK/Velten/ Schlüchter 51. Vgl. Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530; Meyer-Goßner 52; SK/Velten/Schlüchter 52 (Beurkundung in der Sitzungsschrift zweckmäßig, aber nicht notwendig).
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Richter unter dem Urteil bestätigt auch die Übereinstimmung der Aufstellung mit dem Beratungsergebnis.358 Anzugeben sind die angewendeten Rechtsvorschriften genau nach Gesetz, Paragra129 phen, Absatz, Nummer, Buchstabe oder sonstiger für die genaue Kennzeichnung vom Gesetzgeber verwendeter Bezeichnung (Artikel, Abschnitt u.a.). Das angewandte Gesetz muss mit der vom Gesetzgeber vorgesehenen oder, wenn eine solche fehlt, einer allgemein üblichen Kurzbezeichnung oder Abkürzung angegeben werden; jedoch darf die Eindeutigkeit und Verständlichkeit der Aussage darunter nicht leiden. Bei mehreren Angeklagten ist für jeden eine gesonderte Liste zu erstellen. Nur wenn 130 die anzuführenden Vorschriften bei den Angeklagten vollständig übereinstimmen, ist eine Zusammenfassung vertretbar.359 Nicht aufzunehmen sind in allen Fällen solche Vorschriften, die nicht die Besonder131 heiten des jeweiligen Falls charakterisieren, sondern bei Verurteilung zu Freiheits- oder Geldstrafe stets geltende allgemeine Grundsätze enthalten, wie etwa die allgemeinen Klassifizierungen des § 12 StGB, das Vorsatzerfordernis des § 15 StGB, die Grundbestimmungen der Freiheitsstrafe (§§ 38, 39 StGB) und Geldstrafe (§§ 40, 43 StGB) sowie die Strafzumessungs- und Anrechnungsregeln der §§ 46, 47, 49, 51 Abs. 1 Satz 1 StGB.360 Die für Annexentscheidungen maßgebenden Vorschriften sind auch nicht in die Liste aufzunehmen. Dies gilt für die Vorschriften über die Verfahrenskosten (§§ 464 ff.) ebenso wie für die Entscheidung über die Entschädigung und für die Bestimmungen, auf die sich die zugleich mit dem Urteil verkündeten Beschlüsse stützen.361
132
2. Bei Verurteilungen sind hintereinander zunächst die den Schuldspruch und (ohne Abtrennung) anschließend die den Rechtsfolgenausspruch tragenden Vorschriften aufzuführen. Bezogen auf den Schuldspruch sind zunächst die Straftatbestände – bei Blankettgesetzen auch die ausfüllende Norm362 – mit den einschlägigen Modalitäten (wie vorsätzliche oder fahrlässige Begehensweise bei § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB), Qualifikationen und Privilegierungen (z.B. §§ 244, 248a StGB), Strafschärfungs- und -milderungsgründen (z.B. §§ 213, 243 StGB) anzugeben, sodann Vorschriften des Allgemeinen Teils des StGB, soweit sie zusätzlich zur Kennzeichnung des Unrechts und der Schuld der konkreten Tat nötig sind, wie z.B. Verhaltensform (§ 13 StGB), Versuch (§ 22 StGB), Beteiligungsform (§§ 25 Abs. 2, 26, 27, 30 StGB) und Konkurrenzen (§§ 52, 53 StGB). Bei Wahlfeststellung sind die alternativen Tatbestände anzuführen. Die für die Bestimmung der Rechtsfolgen maßgebenden besonderen Vorschriften 133 müssen anschließend in der Liste ausgewiesen werden; allgemeine Grundsätze werden nicht aufgenommen (Rn. 131). Im einzelnen sind aufzunehmen: bei Geldstrafe die §§ 41, 42 StGB; besondere Schärfungs- oder Milderungsvorschriften, etwa die Vorschriften, die eine Strafmilderung nach § 49 StGB vorsehen wie §§ 16 Abs. 2, 17 Satz 2, 21, 35 Abs. 2 StGB; bei Anrechnung einer Freiheitsentziehung auf die Strafe auch § 51 Abs. 1 Satz 2 oder § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB; die Bewährungsaussetzung nach § 56 StGB; die besondere Schwere der Schuld gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB; § 59 StGB bei Verwarnung 358 359
360
Meyer-Goßner 53; SK/Velten/Schlüchter 52; Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 530. KK/Schoreit 55; KMR/Stuckenberg 86; Meyer-Goßner 55; SK/Velten/Schlüchter 54; vgl. Nr. 141 Abs. 1 Satz 4 RiStBV. KMR/Stuckenberg 90; Meyer-Goßner 58; SK/Velten/Schlüchter 55.
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361 362
KK/Schoreit 53; KMR/Stuckenberg 90; Meyer-Goßner 59; Meyer-Goßner/Appl 192. KMR/Stuckenberg 87; Meyer-Goßner 57; SK/Velten/Schlüchter 55.
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mit Strafvorbehalt und § 60 bzw. § 46a StGB, wenn das Gericht von Strafe abgesehen hat; die Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßregeln nach §§ 44, 45, 61 ff.; 73 ff.; 165, 200 StGB; der Vorbehalt nach § 66a StGB, Anordnungen nach §§ 67 Abs. 2, 72 Abs. 3 StGB; im Fall des § 21 Abs. 1 Satz 2 OWiG auch die subsidiäre Bußgeldvorschrift. Bei Verurteilungen zu einer zwei Jahre nicht übersteigenden Freiheits- oder Gesamtfrei- 134 heitsstrafe ist nach der ausdrücklichen Regelung in Absatz 5 Satz 2 außerdem § 17 Abs. 2 BZRG in die Liste aufzunehmen, wenn die Tat oder der nach seiner Bedeutung überwiegende Teil der Taten aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen wurde.363 3. Bei einem Freispruch sind die Vorschriften, auf die sich die Anklage stützt, nicht 135 angewendet worden. Sie sind deshalb nicht in der Liste anzuführen. Beruht der Freispruch dagegen auf Schuldunfähigkeit, so ist § 20 StGB anzugeben (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 BZRG). Aufzunehmen sind ferner die Vorschriften, die für Rechtsfolgen bestimmend sind, die neben einem Freispruch verhängt werden, wie etwa Maßregeln der Besserung und Sicherung, Verfall, Einziehung u.a.364 4. Bei einem Einstellungsurteil (nicht bei Beschlüssen nach §§ 153 Abs. 2, 153a Abs. 2) 136 sind nach dem Wortlaut des Absatzes 5 ebenfalls die angewandten Vorschriften anzuführen. Bei einer Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung sind dies die einschlägigen Verjährungsregelungen, insbesondere § 78 StGB.365 Werden neben der Einstellung Nebenfolgen verhängt, ist deren Rechtsgrundlage (etwa §§ 72 ff. StGB zusammen mit § 76a StGB) anzuführen.366 5. Die Richtigstellung der Liste bleibt bis zur Absendung an das BZR jederzeit mög- 137 lich, wenn sie das Beratungsergebnis unvollständig oder unrichtig wiedergibt.367 Das Rechtsmittelgericht darf ebenfalls die vom Erstrichter erstellte Liste berichtigen oder ergänzen, auch wenn es das Rechtsmittel verwirft.368 Wenn es selbst in der Sache entscheidet, hat es die bei der eigenen Entscheidung angewandten Vorschriften anzugeben, wobei eine eigene Liste zur Klarstellung zweckmäßig ist. Bei Urteilsteilen, die nicht angefochten sind, ist dem Rechtsmittelgericht eine Berichtigung möglich, um die Übereinstimmung mit dem aus Urteilsgründen und Urteilstenor ersichtlichen Beratungsergebnis herzustellen, nicht aber, um einen nicht angefochtenen Urteilsteil rechtlich zu korrigieren.369
X. Revision 1. Wird das Urteil, insbesondere nach Wiederaufnahme der Verhandlung, ohne die 138 gebotene (erneute) Beratung erlassen, so kann dieser Verstoß gegen § 260 Abs. 1 und zugleich (vgl. § 258, 54 ff.) gegen §§ 258, 261; Art. 103 Abs. 1 GG mit der Revision
363 364 365 366 367
Vgl. dazu OLG Stuttgart NStZ-RR 2001 343 f. KK/Schoreit 54; KMR/Stuckenberg 88; Meyer-Goßner 60; SK/Velten/Schlüchter 56. KK/Schoreit 54; KMR/Stuckenberg 89; Meyer-Goßner 61; SK/Velten/Schlüchter 57. KMR/Stuckenberg 89; Meyer-Goßner 61; SK/Velten/Schlüchter 57. KK/Schoreit 52; KMR/Stuckenberg 94; Meyer-Goßner 62; SK/Velten/Schlüchter 58.
368
369
BGH NJW 1979 1259, 1260; 1986 1116, 1117; KK/Schoreit 56; KMR/Stuckenberg 94; Meyer-Goßner 62; SK/Velten/Schlüchter 58. BayObLGSt 1972 1 = MDR 1972 342; OLG Saarbrücken MDR 1975 334; KMR/ Stuckenberg 94; SK/Velten/Schlüchter 63.
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gerügt werden; in der Regel wird nicht auszuschließen sein, dass das Urteil darauf beruht,370 sofern nicht alle Verfahrensbeteiligten nur ihre früheren Anträge wiederholten371. Auch ein bloßer Ausdruck des Bedauerns im letzten Wort kann zumindest den Rechtsfolgenausspruch beeinflusst haben.372 Allerdings kann der Nachweis der fehlenden Beratung schwierig sein, weil selbst der Umstand, dass eine Beratung stattgefunden hat, nach herrschender Meinung nicht protokolliert werden muss (Rn. 11), und folglich dem Freibeweis unterliegt.373 Da das Gesetz keine bestimmte Dauer der Beratung vorschreibt (Rn. 7), die überdies auch nicht in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist, kann sie vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft werden.374
139
2. Ist die Urteilsformel unrichtig, so kann dies mit der Verfahrensrüge nach § 260 geltend gemacht werden, wobei die Revisionsbegründung die entsprechenden Tatsachen (§ 344 Abs. 2) vortragen muss.375 Eine unrichtige Urteilsformel ist jedoch auch im Rahmen der Sachrüge zu beachten,376 weil sie auf eine unrichtige Anwendung des sachlichen Rechts hinweisen kann.377 Ein bloßer Bezeichnungsmangel (§ 260 Abs. 4), der nicht zugleich einen sachlichen Mangel der Entscheidung darstellt, kann nicht mit der Revision angegriffen werden.378 Beschränkt sich der Fehler auf die unrichtige Fassung der Urteilsformel, etwa, weil ein gebotener Teilfreispruch unterblieben ist, so kann das Revisionsgericht dies in der Regel richtigstellen, ohne dass deshalb eine Zurückverweisung erforderlich wird,379 auch ein unrichtiger Schuldspruch kann geändert oder ergänzt oder auch nachgeholt werden, sofern eindeutige Feststellungen in den Urteilsgründen dafür ausreichen.380 Mit der Revision kann unter dem Blickwinkel eines Verstoßes gegen § 264 auch geltend gemacht werden, dass das Urteil den Verfahrensgegenstand nicht erschöpft (Rn. 36), weil es einen durch die zugelassene Anklage seiner Kognition unterstellten Sachverhalt übergangen hat oder weil es zu Unrecht seine Entscheidung auf eine Tat erstreckte, die nicht durch eine wirksame Anklage und Eröffnung oder einen diesen gleichzuachtenden Verfahrensvorgang Verfahrensgegenstand geworden war (Rn. 117).
140
3. Mit der Revision kann ferner gerügt werden, dass das Verfahren zu Unrecht nach § 260 Absatz 3 eingestellt wurde, sei es, dass überhaupt kein Verfahrenshindernis vorlag,381 sei es, dass wegen des Verfahrenshindernisses eine andere Entscheidung, etwa die Verweisung an ein anderes Gericht oder die Zurückverweisung, geboten war,382 oder
370
371 372 373 374 375 376
BGHSt 24 170, 172 f.; BGH NJW 1951 206; StV 1987 477; 1991 547 f.; 1992 553; 2006 399; Meyer-Goßner 3. BGH NStZ 1988 470; 2001 106; s.a. OGHSt 2 193, 198 f. BGH NStZ-RR 2002 71 f. Dazu HK/Julius 26; R. Hamm NJW 1992 3147 f. BGHSt 37 141 mit Anm. Rüping NStZ 1991 193. OLG Karlsruhe NJW 1973 1989 f. BGH NJW 1952 432; OLG Karlsruhe VRS 43 (1972) 261, 266; NJW 1973 1989, 1990; OLG Koblenz NStZ 1984 370; HK/Julius 26; KMR/Stuckenberg 98; Pfeiffer 26; SK/Velten/Schlüchter 62; zur Berichtigung der Formel vgl. BGHSt 34 11.
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377 378 379
380
381 382
Vgl. etwa OLG Hamm JMBlNW 1981 107; OLG Stuttgart JZ 1951 345. BGH 19.12.1972 – 1 StR 564/72; KK/ Schoreit 29; KMR/Stuckenberg 98. Vgl. etwa BGH bei Kusch NStZ 1994 25; 1995 220; 1998 262; OLG Karlsruhe VRS 43 (1972) 261. OLG Hamm NJW 1981 697; vgl. aber auch OLG Düsseldorf StV 1985 361 (kein Ersatz des Freispruchs durch Schuldspruch, wenn Angeklagter wegen des Freispruchs Urteilsfeststellungen nicht angreifen konnte); ferner bei § 354. Vgl. SK/Velten/Schlüchter 61 (dann meist auch Verfahrensrüge). Vgl. etwa BGH NStZ 1996 47; ferner Rn. 113.
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aber, dass aufgrund des bereits festgestellten Sachverhalts statt der Einstellung ein Freispruch hätte ergehen müssen383. Beschwert ist der Angeklagte regelmäßig nur, wenn statt des möglichen Freispruchs das Verfahren eingestellt wird,384 nicht aber, wenn bei noch ungeklärter Sachlage das Verfahren wegen des Verfahrenshindernisses nicht weitergeführt wurde. Unzulässig ist daher auch eine Revision gegen eine Einstellung wegen Verjährung, wenn der Angeklagte nicht einmal durch die Nebenentscheidungen beschwert ist.385 Reicht der festgestellte Sachverhalt nicht aus, um zu entscheiden, ob die Aburteilung einer Straftat an einem Verfahrenshindernis scheitert, kann das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.386 4. Eine unrichtige oder unvollständige Paragraphenliste nach Absatz 5 kann nicht 141 mit der Revision angegriffen werden.387 Die in der Liste angeführten Vorschriften können allenfalls als Anzeichen dafür herangezogen werden, dass sich hinter einem unklaren Urteil ein Rechtsirrtum verbirgt. Das Revisionsgericht kann die Liste ändern oder ergänzen, und zwar auch dann, wenn ein Teil des Urteils bereits unanfechtbar geworden ist.388
§ 261 Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
Schrifttum Allgemeines. Albrecht Überzeugungsbildung und Sachverständigenbeweis in der neueren strafrechtlichen Judikatur zur freien Beweiswürdigung, NStZ 1983 486; Alwart Darf ein Angeklagter aus Mangel an Beweisen verurteilt werden? Eine Studie zur Überzeugungsbildung des Strafrichters (§ 261 StPO), GA 1992 545; Arntzen Psychologie der Zeugenaussage3 (1993); Arzt Zum Verhältnis von Strengbeweis und freier Beweiswürdigung, FS Peters 223; Atzler Das Recht des ehrenamtlichen Richters, die Verfahrensakten einzusehen, DRiZ 1991 207; Bach Wider Vermutungen im Strafverfahren, MDR 1976 19; Bauer Die alternative Rüge gemäß §§ 244 Abs. 2, 261 StPO, NStZ 2000 72; Bender Der Irrtum ist der größte Feind der Wahrheitsfindung vor Gericht, StV 1982 484; ders. Merkmalskombinationen in Aussagen. Theorie und Empirie zum Beweiswert beim Zusammentreffen von Glaubwürdigkeitskriterien (1987); Bender/Nack Grundzüge einer Allgemeinen Beweislehre,
383 384
385 386
BGH bei Becker NStZ-RR 2005 259 Nr. 8; vgl. Rn. 38 ff. m.w.N. OLG Hamburg JZ 1967 546 f.; vgl. auch BGH GA 1959 17, 18; OLG Frankfurt NJW 1980 2824, 2825; OLG Oldenburg NJW 1985 1177; HK/Julius 27; KK/Schoreit 51; KMR/Stuckenberg 99; Meyer-Goßner Vor § 296, 14; SK/Velten/Schlüchter 61; Göhler NStZ 1986 18, 22; a.A. KK/Paul § 296, 5. BGH NStZ-RR 1996 299, 300. Zur Zurückverweisung bei fraglichem Verfahrenshindernis vgl. etwa BGHSt 16 399,
387
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403; OLG Celle MDR 1960 343; OLG Hamm MDR 1986 778; OLG Karlsruhe GA 1985 134; OLG Neustadt GA 1962 125; ferner OLG Hamm MDR 1986 778; SK/Velten/Schlüchter 61; vgl. bei § 337. BGH NStZ-RR 1997 166; bei Becker NStZ-RR 2007 290 Nr. 6; BGH 18.7.2007 – 2 StR 280/07; Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 531; HK/Julius 26; KK/Schoreit 52; KMR/Stuckenberg 98; Meyer-Goßner 62; SK/Velten/Schlüchter 63. Wie Fn. 369.
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DRiZ 1980 121; Bender/Nack/Treuer Tatsachenfeststellung vor Gericht3 (2007); Bendix Zur Psychologie der Urteilstätigkeit des Berufsrichters (1968); Berkemann Die richterliche Entscheidung in psychologischer Sicht, JZ 1971 537; Beulke Äußerungen des Strafverteidigers in der Hauptverhandlung als Einlassung des Angeklagten?, FS Strauda 87; Boetticher Das Urteil über die Einführung von Mindeststandards in aussagepsychologischen Gutachten und seine Wirkungen, FS G. Schäfer 8; Boetticher/Dittmann/Nedopil/Nowara/Wolf Zum richtigen Umgang mit Prognoseinstrumenten durch psychiatrische und psychologische Sachverständige und Gerichte, NStZ 2009 478; Boetticher/Kröber/Müller-Isberner/Böhm/Müller-Metz/Wolf Mindestanforderungen für Prognosegutachten, NStZ 2006 537; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten, NStZ 2005 57; Bohne Zur Psychologie der richterlichen Überzeugungsbildung (1948); Brause Zum Zeugenbeweis in der Rechtsprechung des BGH, NStZ 2007 505; Bruns Der Verdächtige als schweigeberechtigte Auskunftsperson und als selbständiger Prozeßbeteiligter neben dem Beschuldigten und Zeugen?, FS Schmidt-Leichner 1; ders. Richterliche Überzeugung bei Prognoseentscheidungen über Sicherungsmaßregeln, JZ 1958 647; Bull Von der Bequemlichkeit, einem Zeugen zu glauben, DRiZ 1972 205; Deckers Glaubhaftigkeitsprüfung, in: Deckers/Köhnken 89; ders. Höchstrichterliche Anforderungen an besondere Beweiskonstellationen – Aussage gegen Aussage, Aussagen von Mitbeschuldigten oder des „Kronzeugen“, StraFo 2010 372; Deckers/Köhnken Die Erhebung von Zeugenaussagen im Strafprozess (2007); Deppenkemper Beweiswürdigung als Mittel prozessualer Wahrheitserkenntnis, Diss. Osnabrück 2004; Detter Der Zeuge vom Hörensagen – eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003 1; ders. Einige Gedanken zu audiovisueller Vernehmung, V-Mann in der Hauptverhandlung und der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache El Motassadeq, StV 2006 544; Döhring Die Erforschung des Sachverhalts im Prozeß (1964); Drescher Stiefkind Gegenerklärung, NStZ 2003 296; Duttge Laienrichter in der Strafgerichtsbarkeit – Anspruch und Wirklichkeit, JR 2006 358; Eisenberg Zeugenschutzprogramme und Wahrheitsermittlung im Strafprozess, FS Fezer 193; ders. Gegenständliche Voraussetzungen der Identifizierbarkeit von Personen auf Grund von Schrift- oder Sprechmaterial, NStZ 2010 680; Erb Zur „Legitimation“ von Fehlverurteilungsrisiken, FS Rieß 77; ders. Die Abhängigkeit des Richters vom Sachverständigen, ZStW 121 (2009) 882; J. Esser Richterrecht, Gerichtsgebrauch, Gewohnheitsrecht, FS von Hippel (1967) 95; R. Esser Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht (2002); Fezer Tatrichterlicher Erkenntnisprozeß – „Freiheit“ der Beweiswürdigung –, StV 1995 95; ders. Reduktion von Beweiserfordernissen – Systemverändernde Tendenzen der tatrichterlichen Praxis und der Gesetzgebung, StV 1995 263; Fincke Die Gewißheit als hochgradige Wahrscheinlichkeit, GA 1973 266; Fischer Glaubwürdigkeit aus Glaubwürdigkeit? Zur Abgrenzung von Zirkelschluß und erlaubter Beweiswürdigung, StV 1993 670; ders. Glaubwürdigkeitsbeurteilung und Beweiswürdigung. Von der Last der „ureigenen Aufgabe“, NStZ 1994 1; ders. Aussagewahrheit und Glaubhaftigkeitsbegutachtung, FS Widmaier 191; Foth Tatgericht, Revisionsgericht – Wer würdigt die Beweise?, DRiZ 1997 201; Francke Die irrationalen Elemente der richterlichen Entscheidung, in: Heckel, Das Richteramt (1958); Freund Normative Probleme der Tatsachenfeststellung (1987); Geerds Revision bei Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze, FS Peters 267; Geppert Der Zeuge vom Hörensagen, Jura 1991 538; ders. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, Jura 2004 105; ders. Schriftliche oder mündliche Erklärungen des Verteidigers als Einlassung des Angeklagten selbst?, FS Rudolphi 643; Graßberger Psychologie des Strafverfahrens2 (1968); Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit (1978); Greuel Qualitätsstandards aussagepsychologischer Gutachten zur Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen, MschrKrim 2000 59; Griesel Die Schätzung im Steuerstrafverfahren, PStR 2007 101; Gschwind/Peterson/ Rautenberg Die Beurteilung psychiatrischer Gutachten im Strafprozeß (1982), Günther Die Schweigebefugnis des Tatverdächtigen im Straf- und Bußgeldverfahren aus verfassungsrechtlicher Sicht, GA 1978 193; ders. Judex dormans, MDR 1990 875; Guradze Schweigerecht und Unschuldsvermutung im englisch-amerikanischen und bundesdeutschen Strafprozeß, FS Karl Loewenstein (1971) 151; Habscheid Über das Verhältnis Richter und Recht, Beiträge zum Richterrecht (1968); Hamm Der strafprozessuale Beweis der Kausalität und seine revisionsrechtliche Überprüfung, StV 1997 159; ders. Zur Revisibilität der Beweiswürdigung in Fällen von „Aussage gegen Aussage“ StraFo 2000 253; Hanack Maßstäbe und Grenzen richterlicher Überzeugungsbildung im Strafprozeß, JuS 1977 727; Hebenstreit Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, HRRS 2008 172; ders. Gedanken zur Alternativrüge, FS Widmaier 267; Hellmiß Interpretation und Einbeziehung von kriminaltechnischen Gutachten in die Urteilsfindung – Gedanken über ein grundsätzliches Problem und Vorschläge für
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eine Vorgehensweise, NStZ 1992 24; Herdegen Tatgericht und Revisionsgericht – insbesondere Kontrolle verfahrensrechtlicher Ermessensentscheidungen, FS Kleinknecht 173; ders. Bemerkungen zur Beweiswürdigung, NStZ 1987 193; ders. Die Rüge des Nichtausschöpfens eines Beweismittels, FS Salger 301; ders. Die Überprüfung der tatrichterlichen Feststellung durch das Revisionsgericht auf Grund der Sachrüge, StV 1992 527; ders. Die Überprüfung der tatrichterlichen Feststellung durch das Revisionsgericht auf Grund einer Verfahrensrüge, StV 1992 590; ders. Die strafprozessuale Beweiswürdigungstheorie des Bundesgrichtshofs, FS Hanack 311; Hetzer Wahrheitsfindung im Strafrecht (1982); Hiegert Die Sphäre der Offenkundigkeit in der Strafprozeßordnung (1980); Himmelreich Verwertung der getilgten Ordnungswidrigkeiten, NJW 1978 800; v. Hippel Gefahrurteile und Prognoseentscheidungen in der Strafrechtspraxis (1972); ders. Pragmatische Aspekte zur Rollenverkehrung beim Sachverständigenbeweis, FS Peters 285; Hirschberg Das Fehlurteil im Strafprozeß (1960); Höcherl Die richterliche Überzeugung, FS II Peters 17; Hruschka Die Konstitution des Rechtsfalls (1965); ders. Über Schwierigkeiten mit dem Beweis des Vorsatzes, FS Kleinknecht 191; Husmann Zur Revision in Strafsachen. Die Rüge der fehlenden Übereinstimmung des festgestellten Sachverhalts mit dem Inbegriff der Verhandlung, MDR 1977 894; H. Jäger Subjektive Verbrechensmerkmale als Gegenstand psychologischer Wahrheitsfindung, Kriminologie im Strafprozeß (1980) 173; M. Jäger Anforderungen an die Sachdarstellung im Urteil bei Steuerhinterziehung, StraFo 2006 477; Jahn Grundlagen der Beweiswürdigung und Glaubhaftigkeitsbeurteilung im Strafverfahren, Jura 2001 450; Jansen „Da bin ich mir ganz sicher“ – Zur subjektiven Gewissheit des Zeugen, FS E. Müller 309; Jerouschek Wie frei ist die freie Beweiswürdigung?, GA 1992 493; Jung Der Kronzeuge – Garant der Wahrheitsfindung oder Instrument der Überführung, ZRP 1986 38; Käser Wahrheitserforschung im Strafprozeß (1974); Kalf Die Gestaltung der staatsanwaltschaftlichen Gegenerklärung, NStZ 2005 190; Kaspar Freie Beweiswürdigung und moderne Kriminaltechnik (1975); Katterwe/Brandes/Eisgruber/Grimmer/Küppers/Marquardt/Pohl Harmonisierte Befundbewertungsskala für kriminaltechnische Untersuchungen, Kriminalistik 2007 745; Kaufmann Die Beurteilung hypothetischer Erfolgsursachen im Strafrecht, FS Schmidt 200; Keiser Die Anwendung des „nemo-tenetur-Grundsatzes“ auf das Prozeßverhalten des Angeklagten, StV 2000 633; Keller Verwissenschaftlichung versus Rationalität der strafprozessualen Beweiswürdigung, GA 1999 256; Klemme/Schubert § 266a StGB: Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Schadens ohne Buchführung – der juristische Ansatz auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht, NStZ 2010 606; Klug Die Verletzung von Denkgesetzen als Revisionsgrund, FS Möhring (1965) 363; Köhnken Fehlerquellen in aussagepsychologischen Gutachten, in: Deckers/Köhnken 1; Köhnken/Sporer Identifizierung von Tatverdächtigen durch Augenzeugen (1990); Körner Die Glaubwürdigkeit und die Strafbarkeit von V-Personen, StV 1982 382; Krauß Das Prinzip der materiellen Wahrheit im Strafprozeß, FS Schaffstein 411; ders. Richter und Sachverständiger im Strafverfahren, ZStW 85 (1973) 320; ders. Schweigepflicht und Schweigerecht der ärztlichen Sachverständigen im Strafprozeß, ZStW 97 (1985) 81; D. Krause Schätzung und Aufklärungspflicht bei der tatrichterlichen Sachverhaltsfeststellung, StraFo 2002 249; F.-W. Krause Grenzen richterlicher Beweiswürdigung im Strafprozeß, FS Peters 323; Krüger Beweisführung durch vertrauliche Hinweise, Polizei 1983 77; Kube Kommunikationsprobleme zwischen Polizei und Gericht, JZ 1976 17; Kuchinke Grenzen der Nachprüfbarkeit tatrichterlicher Würdigung und Feststellungen in der Revisionsinstanz (1964); Kühl Freie Beweiswürdigung des Schweigens des Angeklagten und der Untersuchungsverweigerung eines angehörigen Zeugen, JuS 1986 115; Küper Die Richteridee der Strafprozeßordnung und ihre geschichtliche Grundlage (1967); ders. Historische Bemerkungen zur „freien Beweiswürdigung“ im Strafprozeß, FS II Peters 24; Kunert Strafprozessuale Beweisprinzipien im Wechselspiel, GA 1979 401; Lampe Richterliche Überzeugung, FS Pfeiffer 353; Larenz Über die Bindungswirkung von Präjudizien, FS Hans Schima (1969) 247; Leiwesmeyer Der schweigende Angeklagte, Diss. Kiel 1994; Lenckner Mitbeschuldigter und Zeuge, FS Peters 333; Ling An den Grenzen rationaler Aufhellbarkeit. Überzeugung und richterliche Verantwortung am Beispiel des Vorsatznachweises bei atypischen Sachverhalten, JZ 1999 335; Luther Freie Beweiswürdigung und ihre revisionsgerichtliche Überprüfung im Strafverfahren, NJ 1994 294 und 364; Maatz Atemalkoholmessung – Forensische Verwertbarkeit und Konsequenzen aus der AAK-Entscheidung des BGH, Blutalkohol 39 (2002) 21; Maeffert „Licht und Schatten“. Einzelfragen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Polizeibeamten, StV 1982 386; Maier Aussage gegen Aussage und freie Beweiswürdigung, NStZ 2005 246; Maiwald Kausalität und Strafrecht, Studien zum Verhältnis von Naturwissenschaften und Jurisprudenz (1980); Mattil Überzeugung, GA 1954 334; Maul Die Über-
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prüfung der tatsächlichen Feststellungen durch das Revisionsgericht in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, FS Pfeiffer 409; Mertn/Schwarz/Walser Wiedererkennungsverfahren, Kriminalistik 1998 421; Meurer Denkgesetze und Erfahrungsregeln, FS Ernst Wolf (1985) 48; ders. Beweis und Beweisregeln im deutschen Strafprozeß, FS Oehler 357; ders. Beweiswürdigung und Strafurteil, FS Kirchner (1985) 249; ders. Beweiserhebung und Beweiswürdigung, GedS Hilde Kaufmann 947; ders. Beweiswürdigung, Überzeugung und Wahrscheinlichkeit, FS Tröndle 533; Meurer/Sporer Zum Beweiswert von Personenidentifizierungen (1991); Meyer-Goßner Über die „Gerichtskundigkeit“, FS Tröndle 551; ders. Fortschritt durch Rückschritt um 100 Jahre?, DRiZ 1997 471; Michel Einlassung durch den Anwalt?, MDR 1994 648; Miebach Der teilschweigende Angeklagte – materiellrechtliche und prozessuale Fragen anhand der BGH-Rechtsprechung, NStZ 2000 234; Mitsch/ Stumm Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen mittels Vermögenszuwachsrechnung, INF 2005 539; Mittendorf Prozeßvereitelung und Fehlurteil, SchlHA 1973 2; Momsen Zur Zulässigkeit der strafprozessualen Sachrüge bei Angriffen gegen die Beweiswürdigung, GA 1998 564; Mößmer/ Moosburger Besteuerung im Rotlichtmilieu: Schutzgeldzahlungen an den Fiskus?, wistra 2008 457; Mößner Die Überprüfung des bedingten Tötungsvorsatzes in der Revision, Diss. München 2010; H. E. Müller Behördliche Geheimhaltung und Entlastungsvorbringen des Angeklagten (1992); Müller-Luckmann Spezielle Probleme psychiatrisch-psychologischer Begutachtung (Glosse), FS SchülerSpringorum 557; Nack Der Indizienbeweis, MDR 1986 366; ders. Verteidigung bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung von Aussagen, StV 1994 555; ders. Der Zeugenbeweis aus aussagepsychologischer und juristischer Sicht, StraFo 2001 1; ders. Revisibilität der Beweiswürdigung StV 2002 510 und 558; ders. Abhängigkeit des Richters vom Sachverständigen, GA 2009 201; Nell Wahrscheinlichkeitsurteile in juristischen Entscheidungen (1983); Neuhaus Kriminaltechnik für den Strafverteidiger – Eine Einführung in die Grundlagen, StraFo 2001 8 und 115; Nickl Das Schweigen des Beschuldigten und seine Bedeutung für die Beweiswürdigung, Diss. München 1978; Niemöller Die strafrichterliche Beweiswürdigung in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, StV 1984 431; Odenthal Die Gegenüberstellung zum Zwecke des Wiedererkennens, NStZ 1985 433; Olk Die Abgabe von Sacherklärungen des Angeklagten durch den Verteidiger, Diss. Regensburg 2006; Pelz Die revisionsgerichtliche Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung, NStZ 1993 361; Peters Fehlerquellen im Strafprozeß Bd. 1 bis 3 (1970, 1972, 1974); ders. Zur Problematik der freien Beweiswürdigung, Kriminologische Aktualität (1974) 29; ders. Übergänge im Strafprozeß. Dargestellt am Grundsatz der freien Beweiswürdigung, FS Rudolf Gmür (1983) 311; Pfister Die Prüfung der Glaubhaftigkeit einer Aussage im Spiegel höchstrichterlicher Rechtsprechung, in: Deckers/ Köhnken 42; ders. Neue Formen der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung – neue Chancen, neue Risiken, FS Miebach 25; Pötters Richterrecht und richterliches Gewissen, Beiträge zum Richterrecht (1968); Prüfer Aussagebewertung in Strafsachen. Abgrenzungsmerkmale und Beurteilungskriterien (1986); Reichenbach Die Mitwirkung blinder Richter im Strafverfahren, NJW 2004 3160; Renning Die Entscheidungsfindung durch Schöffen und Berufsrichter in rechtlicher und psychologischer Sicht (1993); Richter II Reden – Schweigen – Teilschweigen. Anmerkungen zum Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten, StV 1994 687; Rieß Zur Revisibilität der freien tatrichterlichen Überzeugung, GA 1978 257; Rödig Die Theorie des gerichtlichen Erkenntnisverfahrens (1973); Rogall Der Beschuldigte als Beweismittel gegen sich selbst (1977); Rolf/Wiegand Analyse biologischer Spuren, Rechtsmedizin 2004 473; Roschmann Das Schweigerecht des Beschuldigten im Strafprozeß. Seine rechtlichen und tatsächlichen Grenzen, Diss. Bremen 1983; Sachs Beweiswürdigung und Strafzumessung (1932); Saimeh Können psychische Erkrankungen die Aussagefähigkeit bei Sexualdelikten beeinflussen?, in: Deckers/Köhnken 61; Samson Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht (1972); Sander Zur Beweiswürdigung, vor allem bei Aussage gegen Aussage, StV 2000 45; ders. Verteidigung gegen die Berücksichtigung verjährter und ausgeschiedener Taten oder Tatteile bei der Strafzumessung, StraFo 2004 47; ders. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Affekt, insbesondere zur insoweit erforderlichen Beweiswürdigung, FS Eisenberg 359; Sarstedt Beweisregeln im Strafprozeß, FS Hirsch 171; G. Schäfer Freie Beweiswürdigung und revisionsrechtliche Kontrolle, StV 1995 147; ders. Die Abgrenzung der Verfahrensrüge von der Sachrüge, FS Rieß 477; Scheffler/Halecker Die Problematik der Beweiswürdigung bei drogenbedingter Fahrunsicherheit iSd § 316 StGB, Blutalkohol 41 (2004) 422; Schefold Zweifel des erkennenden Gerichts (1971); Schindler/Stadler Tatsituation oder Fahndungsfotos, StV 1991 38; Schlothauer Unvollständige und unzutreffende tatrichterliche Urteilsfeststellungen, StV 1992 134; Schlüchter Wahrunterstellung und
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§ 261
Aufklärungspflicht bei Glaubwürdigkeitsfeststellungen (1992); Schmandt Höchstrichterliche Anforderungen an besondere Beweiskonstellationen – Aussage gegen Aussage, Aussagen von Mitbeschuldigten oder des „Kronzeugen“, StraFo 2010 446; B. Schmitt Die richterliche Beweiswürdigung im Strafprozeß (1992); E. Schneider Logik für Juristen2 (1972); ders. Der mögliche Einfluß von Soziologie und Psychologie auf den Entscheidungsvorgang des Richters, DRiZ 1975 265; H. Schneider Die strafprozessuale Beweiswürdigung des Schweigens des Beschuldigten und angehörigen Zeugen, Jura 1990 572; P. Schneider/H. Schneider/Fimmers/Brinkmann Allgemeine Empfehlungen der Spurenkommission zur statistischen Bewertung von DNA-Datenbank-Treffern, NStZ 2010 433; Schöneborn Das Problem der Rollenvertauschung und des Zeugnisverweigerungsrechts bei mehreren Mitbeschuldigten in vergleichender Betrachtung, ZStW 86 (1974) 921; Schreiber Akteneinsicht für Laienrichter, FS Welzel 941; Schulz Sachverhaltsfeststellung und Beweistheorie (1992); Schweling Die Revisibilität der Erfahrung, ZStW 83 (1971) 435; Sello Die Irrtümer der Strafjustiz und ihre Ursachen (1911); Stamp Die Wahrheit im Strafverfahren; eine Untersuchung zur prozessualen Wahrheit unter besonderer Berücksichtigung der Perspektive des erkennenden Gerichts in der Hauptverhandlung, Diss. Kiel 1998; Steffen Der Geständniswiderruf als forensisches Erkenntnisproblem, StV 1990 563; Stein Das private Wissen des Richters (1893); Steinberg Indizwert einer höchst lebensgefährlichen Tathandlung für den Tötungsvorsatz, JZ 2010 712; Stimpfig Prüfkriterien für den Aussagewert eines Zeugenbeweises, MDR 1995 451; Täschner Probleme der Aussagetüchtigkeit bei Drogenabhängigen, NStZ 1993 322; Terhorst Information und Aktenkenntnis der Schöffen im Strafprozeß, MDR 1988 809; Thomann Der Polizeibeamte als Zeuge, Kriminalistik 1982 110, 156; Traut Fehlerquellen bei Schadenshochrechnungen in Abrechnungsbetrugsverfahren gegen Ärzte, ArztuR 2002 164; Undeutsch Die Verwendbarkeit unwillkürlicher Ausdruckserscheinungen bei der Aussagewürdigung, ZStW 87 (1975) 650; Unger Kausalität und Kausalitätsbeweis produktverursachter Gesundheitsschädigungen, Diss. Regensburg 2001; Vest Zur Beweisfunktion des materiellen Strafrechts im Bereich des objektiven und subjektiven Tatbestandes, ZStW 103 (1991) 584; Vogler Die strafschärfende Verwertung strafbarer Vor- und Nachtaten bei der Strafzumessung und die Unschuldsvermutung, FS Kleinknecht 429; Volk Anscheinsbeweis und Fahrlässigkeit im Strafprozeß, GA 1973 177; ders. In dubio pro reo und Alibibeweis, JuS 1975 25; ders. Wahrheit und materielles Recht im Strafprozeß (1980); ders. Diverse Wahrheiten, FS Salger 411; ders. Kausalität im Strafrecht, NStZ 1996 105; ders. Zur Schätzung im Steuerstrafrecht, FS Kohlmann 579; Wagner Die Beweiswürdigungspflicht im tatrichterlichen Urteil im Falle der Verurteilung, ZStW 106 (1994) 259; Waider Die Bedeutung der präsumptio doli für die Strafrechtsentwicklung in Deutschland, JuS 1972 305; D. Walter Sachverständigenbeweis zur Schuldfähigkeit und strafrichterliche Überzeugungsbildung, Diss. Berlin 1982; G. Walter Freie Beweiswürdigung (1979); Weimar Psychologische Strukturen richterlicher Entscheidung (1969); Wessing/Katzung Die Schätzung im Steuerstrafverfahren im Überblick, SAM 2008 21; Wilhelm „Versteckte Gesetzesverstöße“ in der Revision – Zur Revisibilität der fehlerhaften oder unvollständigen Mitteilung der Ergebnisse der Beweisaufnahme in der Urteilsniederschrift, ZStW 117 (2005) 143; Wimmer Parapsychologen als Sachverständige, NJW 1976 1131; ders. Parapsychologie, Wissenschaft und Rechtsordnung, NJW 1979 5; Wohlers Generelle Kausalität als Problem richterlicher Überzeugungsbildung, JuS 1995 1019; Ziegert Die prozessuale Wahlfeststellung, StV 1996 279. Zum Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten: Bringewat Fortsetzungstat und in dubio pro reo, JuS 1970 329; Foth Bemerkungen zum Zweifelssatz (in dubio pro reo), NStZ 1996 423; Frisch Zum Wesen des Grundsatzes in dubio pro reo, FS Henkel 273; Hauf Beweisverwertungsverbot: „In dubio pro reo“ beim Nachweis von Verfahrensfehlern, MDR 1993 195; Heine Beweislastumkehr im Strafverfahren, JZ 1995 651; v. Hippel Über funktional gleichwertige Tatbestandsbildungen im Strafprozeß, FS Oehler 43; Holtappels Die Entwicklungsgeschichte des Grundsatzes in dubio pro reo (1960); Hoyer Der Konflikt zwischen richterlicher Beweiswürdigungsfreiheit und dem Prinzip „in dubio pro reo“, ZStW 105 (1993) 523; Lehmann Die Behandlung zweifelhaften Tatverstoßes im Strafprozeß (1983); Mann Die Anwendbarkeit des Grundsatzes „In dubio pro reo“ auf Prozeßvoraussetzungen, ZStW 76 (1964) 264; Michael Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahrensrecht (1981); Montenbruck In dubio pro reo (1985); Sax Zur Anwendbarkeit des Satzes in dubio pro reo im prozessualen Bereich, FS Stock 143; Seibert In dubio pro reo und Revision, NJW 1955 172; Stree In dubio pro reo (1962); Terhorst Bewährungsprognose und der Grundsatz in dubio pro
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reo, MDR 1978 973; Volk In dubio pro reo und Alibibeweis, JuS 1975 25; Wolter Contra in dubio pro reo, MDR 1981 441; Zopfs Der Grundsatz „in dubio pro reo“ (1999). Zur Verurteilung auf Grund mehrdeutiger Tatsachenfeststellungen: Beulke/Fahl Prozessualer Tatbegriff und Wahlfeststellung – Strafprozessuale Probleme bei alternativen Tatsachenfeststellungen, Jura 1998 262; Blei Wahlfeststellung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit, NJW 1954 500; Dreher Im Irrgarten der Wahlfeststellung, MDR 1970 369; Endruweit Die Wahlfeststellung und die Problematik der Überzeugungsbildung, der Identitätsbestimmung, der Urteilssyllogistik sowie der sozialen und personalen Gleichwertigkeit von Straftaten (1973); Fuchs Die Wahlfeststellung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit im Strafrecht, Diss. Freiburg 1962; ders. Wahlfeststellung und Tatidentität, NJW 1966 1110; ders. Die rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit bei der Wahlfeststellung, DRiZ 1967 16; ders. Zur Wahlfeststellung, DRiZ 1968 16; Günther Verurteilungen im Strafprozeß trotz subsumptionsrelevanter Tatsachenzweifel (1976); Heinitz Die Grenzen der zulässigen Wahlfeststellung im Strafprozeß, JZ 1952 100; ders. Zum Verhältnis der Wahlfeststellung zum Satz in dubio pro reo, JR 1957 126; v. Hippel Zum Problem der Wahlfeststellung, NJW 1963 1533; ders. Über funktional gleichwertige Tatbestandsbildungen im Strafprozeß, FS Oehler 43; Hruschka Zum Problem der Wahlfeststellungen, MDR 1967 265; ders. Zur Logik und Dogmatik von Verurteilungen aufgrund mehrdeutiger Beweisergebnisse im Strafprozeß, JZ 1970 637; ders. Wahlfeststellung zwischen Diebstahl und sachlicher Begünstigung?, NJW 1971 1392; Jakobs Probleme der Wahlfeststellung, GA 1971 257; Joerden Postpendenz- und Präpendenzfeststellungen im Strafverfahren, JZ 1988 847; Küper Wahlfeststellung und Anwendung des § 158 StGB bei einander widersprechenden Zeugenaussagen, NJW 1976 1828; ders. Probleme der „Postpendenzfeststellung“ im Strafverfahren, FS Lange 65; Mannheim Zur wahldeutigen Tatsachenfeststellung, ZStW 44 (1924) 440; Montenbruck Wahlfeststellung und Werttypus im Strafrecht und Strafprozeßrecht (1976); ders. Wahlfeststellung – und kein Ende, GA 1988 531; Nüse Das Problem der Zulässigkeit von Alternativschuldfeststellungen, Strafrechtl. Abh. 324; ders. Die Zulässigkeit von wahlweisen Feststellungen, GA 1953 33; Otto In dubio pro reo und Wahlfeststellung, FS Peters 373; Rheinen Zur Praxis der Wahlfeststellungen im Strafprozeß, NJW 1957 942; Richter Die Postpendenzfeststellung, Jura 1994 130; Sax Wahlfeststellung bei Wahldeutigkeit mehrerer Taten, JZ 1965 745; von Schack Die Grenzen der wahldeutigen Feststellungen im Strafrecht, Strafrechtl. Abh. 380 (1937); Schaffstein Die neuen Voraussetzungen der Wahlfeststellung im Strafverfahren, NJW 1952 725; Schneidewin Vollrausch und Wahlfeststellung, JZ 1957 324; Schönke Wahlfeststellung im Strafprozeß, DRiZ 1947 48; Schorn Die Problematik wahlweiser Feststellungen im Strafprozeß, DRiZ 1964 45; Schröder Wahlfeststellung und Anklageprinzip, NJW 1985 780; Joachim Schulz Wahlweise Feststellung einer nicht verwirklichten Straftat, NJW 1983 265; Jochen Schulz Wahlfeststellung und Tatbestandsreduktion, JuS 1974 635; Schwarz Rauschtat und Wahlfeststellung, NJW 1957 401; Siever Das Verhältnis der wahldeutigen Feststellung zu dem Grundsatz in dubio pro reo, Diss. Münster 1950; Tröndle Zur Begründung der Wahlfeststellung, JR 1974 133; Weber Zur Frage der Zulässigkeit der Wahlfeststellung im Strafrecht, Diss. Freiburg 1950; Willms Zum Begriff der Wahlfeststellung, JZ 1962 628; Wolter Alternative und eindeutige Verurteilung auf mehrdeutiger Tatsachengrundlage im Strafrecht (1972); ders. Grundfälle zu „in dubio pro reo“ und Wahlfeststellung, JuS 1983 363, 602 und 769; 1984 37, 530 und 606; ders. Wahlfeststellung und in dubio pro reo (1987); Zeiler Verurteilung aufgrund wahldeutiger Tatsachenfeststellung, ZStW 40 (1919) 168; ders. Verurteilung auf wahldeutiger Tatsachengrundlage, ZStW 64 (1952) 156; ders. Zur Frage der Verurteilung auf wahldeutiger Tatsachengrundlage, ZStW 72 (1960) 4. Weiteres Schrifttum: zu den Beweisverboten vgl. Einleitung vor Abschn. K; zur Revisibilität der Beweiswürdigung und der Tatsachenfeststellung vgl. Vor § 337; zur Wahlfeststellung vgl. die Kommentare zum StGB.
Bezeichnung bis 1924: § 260.
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Übersicht Rn. I. Bedeutung 1. Das ganze Strafverfahren bestimmende Grundsatznorm . . . . . . . . . . . . 2. Pflichten des Gerichts . . . . . . . . . 3. Verhältnis zu § 267 . . . . . . . . . . II. Die richterliche Überzeugung 1. Voraussetzungen der Überzeugung a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . b) Ursächlicher Zusammenhang . . c) Prognosen . . . . . . . . . . . . 2. Persönliche Überzeugung und objektive, rational einleuchtende Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . .
. . .
7 10 11
.
12
III. Inbegriff der Verhandlung 1. Zwei Konsequenzen . . . . . . . . . 2. Gesamteindruck der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Außerhalb der Hauptverhandlung gewonnene Erkenntnisse a) Inhalt anderer Hauptverhandlungen b) Kommissarische Vernehmungen . . c) Dienstliches Wissen . . . . . . . . d) Privates Wissen . . . . . . . . . . 4. Offenkundige Tatsachen a) Gegenstand der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . b) Erfahrungssätze . . . . . . . . . . c) Sonstige Verfahrensfragen . . . . . 5. Verpflichtung zum eigenen Urteil a) Auffassungen anderer Personen . . b) Aushändigung der Anklageschrift . c) Eigene Bemessung der Strafen . . . 6. Beschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit der Richter . . . . . . . . . 7. Vorzeitige Festlegung des Urteils . . . 8. Aufzeichnungen über die Verhandlung 9. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . . IV. Inhalt und Grenzen der freien Beweiswürdigung 1. Bedeutung der freien Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beachtung der Denkgesetze, Erfahrungssätze und wissenschaftlichen Erkenntnisse a) Denkgesetze . . . . . . . . . . b) Erfahrungssätze . . . . . . . . c) Wissenschaftliche Erkenntnisse 3. Erschöpfende Beweiswürdigung a) Pflicht zur erschöpfenden Würdigung . . . . . . . . . . . . . . b) Urteilsgründe . . . . . . . . . 4. Indizienbeweis . . . . . . . . . . 5. Einschränkungen, Beweisverbote, Beweisvermutungen . . . . . . . . 6. Sonstige verfahrensrechtliche Bindungen . . . . . . . . . . . . . .
1 3 6
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17 18 19 24
25 26 27 29 31 32 33 37 39 40
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44 45 51
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56 58 60
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64
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V. Einzelfragen der Beweiswürdigung 1. Unabhängigkeit von der Verfahrensrolle
71
Rn. 2. Aussageverhalten des Angeklagten a) Einlassung des Angeklagten . . b) Schweigen . . . . . . . . . . . 3. Beweiswert, insbesondere beim Zeugenbeweis a) Würdigung der Zeugenaussage b) Fehlerträchtige Ermittlungen . . c) Höchstrichterliche Beweisregeln d) Einzelne Maßgaben . . . . . . e) Schweigen des Zeugen . . . . . 4. Sachverständigenbeweis . . . . . . 5. Urkundenbeweis . . . . . . . . . 6. Augenschein . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . .
. 81b . 82 . 83 . 84 . 86 . 90 . 97 . 100
VI. Im Zweifel für den Angeklagten 1. Bedeutung a) Zweifel im Tatsächlichen . . . . . b) Rechtliche Zweifelsfragen . . . . . 2. Keine Beweislast . . . . . . . . . . . 3. Geltung bei Anwendung des materiellen Rechts a) Nur sicher erwiesene Tatsachen . . b) Merkmale des gesetzlichen Tatbestands . . . . . . . . . . . . . . c) Schätzungen . . . . . . . . . . . . d) Indizienbeweis . . . . . . . . . . . e) Einzelfragen . . . . . . . . . . . . f) Unterstellung der günstigeren Möglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfahrensvoraussetzungen . . . . . . 5. Verfahrensrechtlich erhebliche Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Verurteilung auf Grund mehrdeutiger Tatsachenfeststellungen (Wahlfeststellung) 1. Mehrere Möglichkeiten des Tatsachenverlaufs . . . . . . . . . . . 2. Anwendung des Grundsatzes „im Zweifel für den Angeklagten“ a) Freispruch . . . . . . . . . . . . b) Rückgriff auf den mit Sicherheit gegebenen Tatbestand . . . . . . c) Sachlogisches Stufenverhältnis . . d) Auffangtatbestände . . . . . . . e) Normatives Stufenverhältnis . . . 3. Alleinige Tatsachenalternativität a) Eindeutigkeit des Schuldspruchs . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichwertige Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . 4. Verurteilung bei alternativ verletzten Strafgesetzen a) Mehrere alternativ verletzte Strafbestimmungen . . . . . . . . . . b) Echte Alternativität (Rechtsprechung) . . . . . . . . . . . . c) Unterschiedliche Auffassungen des Schrifttums . . . . . . . . . . . . d) Beispiele aus der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . .
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73 75
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. 137 . 139
. 141 . 142 . 145 . 148
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5. Verfahrensfragen a) Alle Beweismöglichkeiten ausschöpfen . . . . . . . . . . . . b) Überzeugungsbildung . . . . . . c) Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts . . . . . . . . . . . d) Strafe . . . . . . . . . . . . . . e) Fassung des Urteilsspruchs . . . f) Urteilsgründe . . . . . . . . . .
. .
159 160
. . . .
164 165 166 170
VIII. Revision 1. Nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnene Umstände .
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Rn. 2. Vom Ergebnis der Hauptverhandlung abweichende Urteilsfeststellungen . . 3. Nichtberücksichtigung von Teilen der Verhandlung . . . . . . . . . . . . . 4. Tatrichterliche Überzeugung . . . . . 5. Alternativrügen . . . . . . . . . . . 6. Verletzung der Pflicht zur eigenen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . 7. Begründung einer Verfahrensrüge . . 8. Sachrüge . . . . . . . . . . . . . .
173 176 177 183 184 185 186
Alphabetische Übersicht Absprachen 73 Akteneinsicht 39 Akteninhalt 3, 20, 183 Aktenkenntnis der Schöffen 31, 31a Aktenwidrigkeit 173, 183 Alibi 63, 77, 115 Allgemeinkundige Tatsachen 24 f. Alternative Verfahrensrügen 183 Anfangswahrscheinlichkeit 81 Angeklagter 15, 40 – Einlassung 15, 73 ff., 80, 112 f., 182 – Schweigen 65, 75 ff. – Teilweises Schweigen 78 Anklage, wesentliches Ergebnis der Ermittlungen 31, 31a Anknüpfungstatsachen 93, 112 Auffangtatbestand 132, 134 Aufklärungspflicht 2, 14, 159, 173, 183 Aufzeichnungen, gerichtsinterne 39 Augenschein 97, 100, 102 Augenscheinsprotokolle 102 Auskunftsperson, geisteskranke 72 Auskunftspflichten, außerstrafprozessuale 80 Auskunftsverweigerungsrecht 75 Ausländisches Recht 105 Aussage gegen Aussage 72, 83c f. Aussageanalyse 81c ff. Aussagepsychologie 81c ff. Außenkriterien von Gewicht 83c f. Ausschöpfungsgebot 14 Befundtatsachen 21 Belastungswahrscheinlichkeit 81 Beweis des ersten Anscheins 107 f. Beweislast 107 Beweislücke 22, 44a Beweisregeln 2, 4, 41, 81a, 83 ff. Beweisverbote 14, 43, 56, 64 f., 80, 176 Beweisvermutungen 64 Beweiswert 81 ff., 83f, 97 Beweiswürdigung – erschöpfende 5, 50 ff., 56 – freie 41 ff., 182 – lückenhafte 44a – rationale 1 ff., 12, 13, 42, 179
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– unabhängig von Verfahrensrolle 71 – widersprüchliche 44b Bewertungseinheit 116 Bewertungsskala, standardisierte 90b Bindung an andere Entscheidungen 69, 98, 184 Blutalkohol 120 Bürgerlich-rechtliche Ansprüche 68 f. Bußgeldkatalog 32, 66 Dauerdelikt 116 Denkgesetze 44 ff., 60, 62 DNA-Analyse 61, 90a, 90b, 95 Drogenabhängigkeit 72a Eingestellte Tatteile 17 Einlassung des Angeklagten 73 ff. Entscheidungsregel 103 Erfahrungssätze 26, 45 ff., 61 – Allgemeingültigkeit 46, 48 – Wahrscheinlichkeitsaussagen 47 Ermittlungen, fehlerträchtige 82 Erscheinungsbild des Angeklagten/Zeugen 16 Exklusive Alternativität 127, 141 Faserspurengutachten 90b Filme 100 Fragen des Gerichts 22 Fragenkatalog 83b Freibeweis 27, 172, 173, 183 Freiheit vom Selbstbelastungszwang 80 Freispruch 8, 59, 141, 163 Gegenüberstellung 16, 82 Gemeinschuldnerbeschluss 80 Gerichtshilfe 20 Gerichtskundige Tatsachen 19, 24 f., 28 Gesamtwürdigung 56, 61, 72, 81f, 114 Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse 51 ff. Geständnis 73 ff. Gestik 77 Gewissheit 8, 13 Glaubhaftigkeit der Aussage 81b Glaubhaftigkeitsgutachten 81c Glaubwürdigkeit 29, 71, 73, 81b ff. Gleicher Unrechtskern, Verwandtschaft des Rechtsguts 146 Grundsatznorm 1 Haarvergleich 90b
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung Hochrechnung 50, 113 Inbegriff der Hauptverhandlung 2 f., 14 ff., 171 f. Indizienbeweis 60 ff., 114 Indizienkette 62, 81 Indizienring 62, 81 In dubio pro reo, s. Zweifelssatz Informatorische Bekanntgabe 15, 20 Innere Tatseite 62, 134 Intuitive Einsichten 13, 42 Irrtum 118 Jugendgerichtshilfe 20 Kernbereich der Aussage 81d Kinder als Zeugen 72a Kollegialgericht 12, 29 Kommissarische Einvernahme 18 Konfrontative Befragung 83e Letztes Wort 15 Lichtbilder 20, 82, 100, 101, 174 Lügen 74, 78 Maßregeln der Besserung und Sicherung 119, 170 Menschenrechtskonvention 1, 83e, 103 Mimik 77 Mündlichkeit der Hauptverhandlung 2, 31 Nachtragsanklage 163 Nebenfolgen 170 Nebenkläger 15 Nebenstrafen 170 nemo tenetur …, s. Freiheit vom Selbstbelastungszwang Notstand 118 Notwehr 118 Obergutachten 94 Offenkundige Tatsachen 25 ff. Ortskenntnisse des Richters 23 Postpendenz 131, 158 Präpendenz 131 Pressegesetze 67 Privatkläger 15 Prognosen 11, 106, 119 Randbereich der Aussage 81d Realkennzeichen 81c Rechtliches Gehör 2, 15, 20, 25 f., 175 Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit 142 Rechtsfolgenentscheidung 32 Rechtsstaatsprinzip 1, 103 Regelbeispiele 110 Rekonstruktion des Inhalts der Beweisaufnahme 173 f., 183 Revision 171 ff. Richter – Auffassung anderer Personen 29 – blinder 35 – dienstliches Wissen 19 – Erkenntnisse außerhalb der Hauptverhandlung 17 – Erörterung mit Dritten 30 – Ortskenntnisse 23 – privates Wissen 24 – schlafender 34 – tauber 36 – Unabhängigkeit 4 – uneingeschränkte Aufmerksamkeit 14
§ 261
– Wahrnehmungsfähigkeit 33 ff. Sachrüge 186 Sachverständiger 21 f., 26, 30, 81f, 90 ff. Schätzungen 50, 110, 113 ff. Schöffen, Unvoreingenommenheit 31 Schuldfähigkeit 118, 132 Schweigepflicht, Entbindung 79 Selbstleseverfahren 20 Serientaten 50, 113 Sitzungsniederschrift 40, 80, 171, 172, 183, 185 Statistische Wahrscheinlichkeiten 9, 50 Steuerstraftaten 113b Stimmenvergleich 82 Strafregistereintrag 20 Strafzumessungsempfehlungen 32 Strengbeweisrecht 15, 20, 40, 64, 173 Stufenverhältnis 122, 127, 129, 133 ff. Tateinheit 117 Tatmehrheit 117 Tatsachenalternativität, alleinige 137 Tatsachengrundlage 42, 61 Technische Regelwerke 54 Tonaufzeichnungen 31a, 39, 100 „Überspannte“ Anforderungen 178 Überzeugung, richterliche 1, 4, 7 ff., 29 ff., 104, 160 ff., 177 ff. Unmittelbarkeit 2, 31 Unschuldsvermutung 1, 103 Unterhaltspflicht 68 Unterstellungen, entgegengesetzte 120 Untersuchungsmethoden, standardisierte 95 Urkundenbeweis 20, 97, 185 Ursachenzusammenhang 10, 10a Urteilsberatung 37 f. Urteilsformel – bei wahldeutiger Verurteilung 166 ff. – vorzeitige Niederschrift 37 Urteilsgründe 6, 58, 60, 74, 80, 90, 100, 104, 170, 176, 178, 183 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts 164 Verdacht 13, 61, 103 Verfahrensrüge, Begründung 124, 185 Verfahrensrolle 71 Verfahrensvoraussetzungen 123, 163 Verhalten der Verhandlungsteilnehmer 16 Verhältnis zu § 267 6 Verjährung 123 Verkehrszentralregister 20 Verkürzung der Beweislage 83j f. Vermutungen 13, 66 ff., 179 Verpflichtung zum eigenen Urteil 29 ff. Verteidiger, Erklärungen 15, 73, 79 Vertrauensleute 29, 83a f. Videoaufzeichnungen 39 Vorentscheidungen, Bindung an 70 Vorhalt 15, 31a, 99 Vorsatz 62, 134 Vorwegnahme der Beweiswürdigung 70 Wahldeutige Verurteilungen 124 ff. – Beispiele aus der Rechtsprechung 148 ff. Wahlgegenüberstellung 82 Wahllichtbildvorlage 82
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Wahrnehmungsfähigkeit, richterliche 33 ff. Wahrscheinlichkeitsberechnungen 50, 54 Wahrunterstellung 70 Werturteile 29 Wiedererkennen 82, 101 Wissenschaftliche Erkenntnisse 51 Willkürverbot 103 Würdigung, erschöpfende 5 Zeitungsberichte 30 Zeuge – äußerer Eindruck 16, 89 – Fragen an 22 – klassischer 84
– „kranker“ 83c – schweigender 16, 65, 86 f. Zeuge vom Hörensagen 29, 83a Zeugentauglichkeit 72 Zeugnisverweigerung 87 ff. Zirkelschluss 44c Zufallszeuge 83a Zuhörer 16 Zusatztatsachen 21 Zweifel, rationale 8 Zweifelsfragen, rechtliche 105 Zweifelssatz 103 ff., 126 ff., 159, 180
I. Bedeutung 1
1. § 261 ist eine das ganze Strafverfahren bestimmende Grundsatznorm. Aus ihr folgt, dass die für das Urteil maßgebenden tatsächlichen Feststellungen als Ergebnis einer logischen, also insbesondere in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Würdigung aller für und gegen sie sprechenden Umstände von der vollen persönlichen Überzeugung des Richters von ihrer Richtigkeit getragen werden müssen. Das Gericht muss demzufolge darlegen, dass es selbst von der Richtigkeit seines Urteils überzeugt ist und diese Gewissheit frei von sachfremden Überlegungen und Willkür gewonnen hat.1 Erst dadurch wird der Schuldspruch zu dem über einen bloßen Verdacht oder eine Vermutung hinausreichenden „gesetzlichen Nachweis“ der Schuld, der im Falle der Verurteilung notwendig ist, um die verfassungsrechtlich durch Rechtsstaatsprinzip und Grundrechtsschutz sowie international durch Art. 6 Abs. 2 EMRK, Art. 14 Abs. 2 IPBPR garantierte Unschuldsvermutung 2 zu widerlegen.3 2 Diese (subjektive) Gewissheit 4 kann nicht durch die Bindung des Richters an eine zu Beweisregeln verfestigte „generalisierte Durchschnittserfahrung“ gewonnen werden, sondern nur durch einen individuellen Erkenntnisakt, der nach vorangegangener rationaler Würdigung der Beweisergebnisse auf Grund logischer Schlussfolgerungen den für die Rechtsanwendung erheblichen Sachverhalt persönlich für erwiesen hält. Die hierin liegende Freiheit der Beweiswürdigung, die § 261 festlegt, bildet neben der Pflicht des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit (§ 244 Abs. 2) einen tragenden Eckpfeiler des Beweisrechts.5 Durch das damit verknüpfte Gebot, die richterliche Überzeugung nur aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen, stützt § 261 in Ergänzung der §§ 250 ff. auch die Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit.6 Das Verfassungsgebot, vor
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Vgl. etwa BVerfGE 18 85, 96; 74 102, 127; zur Verfassungsmäßigkeit des § 261 s. auch BVerfG Beschl. v. 7.12.2011 – 2 BvR 2500/09 und 2 BvR 1857/10. Vgl. BVerfGE 19 342, 347; 22 254, 265; 74 385; 82 106, 114; BVerfG NJW 1991 1530; dazu LR/Kühne Einl. J 74 ff.; LR/Esser Art. 6, 445 ff. EMRK; ferner KMR/Stuckenberg 74. HK/Julius 2; Meyer-Goßner 2a; SK/Rogall Vor § 133, 76. Der Begriff der Gewissheit wird in verschiedener Weise gebraucht, oft als Synonym für
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Überzeugung i.S.v. subjektivem Nichtbezweifeln; nach Greger 21 sollte er nur für die objektive Unbezweifelbarkeit verwendet werden. Zur Entwicklung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung Jerouschek GA 1992 493; Meurer FS Kirchner 249; ferner Fezer NStZ 1987 194; StV 1992 528; 1995 95; F.-W. Krause FS Peters 323; Kunert GA 1979 401; Küper FS Peters 25; AK/Maiwald 2; KMR/Stuckenberg 18 ff. BGH NStZ 1988 374; NJW 1990 585; LR/Kühne Einl. I 53 ff.; Geppert 138, 141;
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§ 261
einer gerichtlichen Entscheidung stets rechtliches Gehör zu gewähren, wird dadurch in der bestmöglichen Form, nämlich der Beweiserhebung in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligten, verwirklicht.7 2. § 261 umfasst im wesentlichen folgende Pflichten des Gerichts: 3 Der Richter darf seine Überzeugung von den Tatsachen, auf die sich seine Entscheidung über Schuld und Strafe stützt, nur aus dem Inhalt der Hauptverhandlung selbst, nicht aber aus anderen Erkenntnisquellen, wie etwa dem Akteninhalt oder privatem Wissen, schöpfen.8 Der Richter darf seiner Entscheidung nur die eigene Überzeugung, nicht aber die von 4 ihm nicht voll geteilte Meinung anderer Personen zugrunde legen.9 In Berücksichtigung des Grundsatzes, dass im Zweifel zugunsten des Angeklagten zu entscheiden ist,10 darf er ein verurteilendes Erkenntnis nur auf Tatsachen stützen, die er nach umfassender Würdigung aller in die Hauptverhandlung zulässig eingeführten Erkenntnisquellen selbst für erwiesen hält. Bei dieser Wertung ist er – selbstverständlich nur in den Grenzen der auch hier geltenden Verpflichtung zu einer alle objektiven Gegebenheiten einbeziehenden rationalen und intersubjektiv nachvollziehbaren Beurteilung11 – grundsätzlich unabhängig. Er ist insoweit nicht gezwungen, etwas gegen seine Überzeugung für erwiesen zu halten,12 derartiges ist ihm vielmehr untersagt. Die Beweisfragen hat er grundsätzlich ohne Bindung durch ein System vorgegebener, formaler Beweisregeln zu entscheiden.13 Das Gesetz kann Ausnahmen von diesem Grundsatz zulassen. Diese sind jedoch eng zu begrenzen. Der Kernbereich der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG) darf durch diese Ausnahmen nicht ausgehöhlt werden.14 Es ist jedoch unbedenklich, dass die Rechtsprechung zum Schutz des Angeklagten Beweisregeln entwickelt hat, die seine Verurteilung in bestimmten Konstellationen, in denen insbesondere die Verteidigungsmöglichkeiten nicht unerheblich erschwert sein können, nur unter erhöhten Anforderungen zulassen (Rn. 83 ff.). Damit diese Freiheit nicht zur Willkür werde, erwächst aus ihr die Pflicht für das 5 Gericht, sie auch selbst zu nutzen. Seine Mitglieder müssen alle Vorgänge der Hauptverhandlung mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern alle in der Hauptverhandlung zulässig gewonnenen Erkenntnisse und Beweisergebnisse in ihre Überlegungen einbeziehen und erschöpfend würdigen.15
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ferner zum Zusammenhang dieser Grundsätze mit dem Erfordernis der subjektiven Überzeugung Peters FS Gmür 319; Walter 329; SK/Schlüchter 3; s. auch LR/Sander/ Cirener § 250, 1. LR/Kühne Einl. I 75, 88; vgl. Geppert 236 ff. Vgl. etwa AK/Maiwald 3, 5; SK/Schlüchter 15 ff. (Rahmenfunktion); Rn. 14 ff. Vgl. BGHSt 17 382; 29 109; 34 15; BGH bei Dallinger MDR 1973 190; OLG Saarbrücken VRS 30 (1966) 52; dies gilt auch für die Gutachten Sachverständiger, vgl. SK/Schlüchter 5; Rn. 90. Vgl. Rn. 103 ff. H.M.; etwa KK/Schoreit 45; SK/Schlüchter 4; KMR/Stuckenberg 27 (keine Freistellung von den Regeln einer rationalen Argumentation).
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Vgl. BGH bei Pfeiffer NStZ 1982 190; F.-W. Krause FS Peters 323, 330; ferner Geppert 183, wonach positive Beweisregeln, die zwingend die Beweiskraft eines bestimmten Beweismittels festlegen, mit dem Prinzip der freien Beweiswürdigung grundsätzlich unvereinbar sind. Ausnahme: § 191 StGB; vgl. Rn. 7, 65. BGHSt 39 291, 295; BGH StV 1988 239. Dies schließt einzelne Beweisregeln und Beweisverbote nicht aus; vgl. Rn. 64. SK/Schlüchter 11 ff. (Ausschöpfungsgebot); vgl. Rn. 41 ff.; LR/Hanack25 § 337, 120 ff. sowie die Erläuterungen zu § 267.
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3. Verhältnis zu § 267. § 261 betrifft die Überzeugungsbildung der Richter als Grundlage der Urteilsfindung, § 267 die nachträgliche Dokumentation der tragenden Urteilsgründe.16 Die Beachtung des § 261 und die Einhaltung der daraus hergeleiteten Grundsätze kann jedoch von den nachfolgenden Instanzen nur an Hand dessen überprüft werden, was in den Urteilsgründen festgehalten worden ist oder dort nach § 267 bzw. nach den von der Rechtsprechung aus dem materiellen Recht und aus § 261 entwickelten Anforderungen an die Wiedergabe der Beweiswürdigung im Urteil hätte festgehalten werden müssen.17 Beide Vorschriften überdecken sich deshalb vielfach trotz ihrer in der Zielsetzung unterschiedlichen Regelungsgegenstände. In der nicht einheitlichen Rechtsprechung wird von Fall zu Fall einmal der eine oder der andere Gesichtspunkt in den Vordergrund gestellt.18
II. Die richterliche Überzeugung 1. Voraussetzungen der Überzeugung
7
a) Begriff. Unter Überzeugung19 ist eine bestimmte innere Stellungnahme des Richters zum Gegenstand der Untersuchung zu verstehen, die ausschließlich aus dem Inbegriff der Verhandlung erwachsen darf. Der Richter muss seine Überzeugung von einem tatsächlichen Hergang nach einer gewissenhaften Prüfung der erhobenen Beweise auf Grund objektivierbarer und rational einleuchtender Erwägungen20 gewinnen. Dabei ist der Grundsatz streng zu beachten, dass von mehreren ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten allemal die dem Angeklagten günstigere anzunehmen ist. Überzeugt ist der Richter aber erst, wenn er die derart gewonnene Erkenntnis von einer zumindest hohen Wahrscheinlichkeit des Geschehens auch subjektiv für zutreffend21 hält. Hierbei üben nicht nur verstandesmäßige Erwägungen einen Einfluss aus; vielmehr wirkt auch das Gefühl mit.22 Die richterliche Überzeugungsbildung ist somit ein komplexer Vor-
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SK/Schlüchter 2. Der Umfang der Darlegungspflicht ist streitig, vgl. LR/Hanack25 § 337, 122 ff. sowie die Erläuterungen zu § 267; ferner etwa Eisenberg Beweisrecht Rn. 96 f.; Jerouschek GA 1992 506 ff.; Niemöller StV 1984 432. Vgl. Jerouschek GA 1992 511 ff.; Niemöller StV 1984 432 (Beweiswürdigungsfehler und Darstellungsmangel verschmelzen in der Sicht des Revisionsgerichts); ferner Rn. 171 ff. BGH Urt. v. 9.11.2010 – 5 StR 297/10. Vgl. BGH NStZ-RR 1998 275 (nur gedachte, abstrakt-theoretische Möglichkeiten reichen nicht). Vgl. im Übrigen Rn. 13; 49 f. Im Sinne von wirklich geschehen, vgl. Peters FS Gmür 312, 316 (Überzeugung, dass realer Vorgang der Außenwelt stattgefunden hat). Zum Wahrheitsbegriff im Strafprozess LR/Kühne Einl. H 23 ff.; Krauß FS Schaffstein 411; Lampe FS Pfeiffer 367; Rieß GA 1978 257; Schmidt JuS 1973 204; vgl. ferner Fezer StV 1995 95; Geppert 181; Greger 34;
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Herdegen FS Hanack 312, 318; Küper FS Peters 45; Volk (Wahrheit) 8; AK/Maiwald 10; KK/Schoreit 2; Meyer-Goßner 1; KMR/Stuckenberg 19, 20; SK/Schlüchter 53. Mösl DRiZ 1970 11: „Vielschichtiges geistigseelisches Geschehen, das vom logisch geschulten Verstand ebenso getragen wird wie vom Gefühl“; ferner Fezer StV 1995 99; Herdegen StV 1992 531 ff.; Mayer FS Mezger 455 ff.; Francke: „Die irrationalen Elemente der richterlichen Entscheidung“; Francke DRiZ 1960 434 gegen Böhme DRiZ 1960 20; Greger 19 ff.; Niese GA 1954 148; Mattil GA 1954 334; Wimmer DRZ 1950 390; Hamm 909 (Überzeugung ist subjektiv individuelles Gewissheitserlebnis, das in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zum objektivierbaren rationalen Erkenntnisvorgang steht); Peters § 37 XI lehnt die Mitwirkung des Gefühls bei der Wertung ab; a.A. auch Hoyer ZStW 103 (1993) 533 (objektive Wahrscheinlichkeit bei subjektiver Überzeugung von ihr).
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gang, zu dem u.a. nicht quantifizierbare Wahrscheinlichkeitserwägungen und sich wechselseitig beeinflussende Beurteilungen gehören.23 Die den objektivierbaren rationalen Erkenntnisvorgang bestätigende subjektive Überzeugung, dass das gefundene Ergebnis dem tatsächlichen Lebenssachverhalt entspricht oder dies wegen eines konkreten Umstands zweifelhaft bleibt, ist Sache des Tatrichters.24 Diesem muss zur Erfüllung seines Amts ein eigenverantwortlicher Entscheidungsraum verbleiben, wenn auf Grund rationaler Beweiswürdigung nur eine sehr hohe, durch keine erkennbaren Umstände in Frage gestellte Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Sachhergangs feststellbar ist. Lässt in solchen Fällen aber die von Verstand und Gefühl beherrschte Wertung auch nur einen leisen realen Zweifel an der schuldhaften Tatbeteiligung des Angeklagten übrig, so fehlt es, wenn auch erdrückende Verdachtsgründe bestehen, doch an der zur Verurteilung erforderlichen Überzeugung.25 Der die Verurteilung hindernde Zweifel darf allerdings nicht lediglich aus dem Bewusst- 8 sein der allgemeinen Unzulänglichkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens hergeleitet werden.26 Von dem Gedanken „Ich sehe, dass wir nichts wissen können“ darf sich ein Tatrichter nicht leiten lassen. Vielmehr gibt immer nur der reale, d.h. rational hergeleitete Zweifel den Ausschlag, der im Hinblick auf die besondere Beschaffenheit des einzelnen Falls nicht überwindbar erscheint. Maßgebend ist allein der auf konkrete Tatsachen gestützte eigene Zweifel des Richters und nicht der im Hinblick auf die Unvollkommenheit menschlicher Erkenntnis an sich abstrakt denkbare, theoretische Zweifel.27 Die richterliche Überzeugung setzt keine mathematische, jede theoretische Möglichkeit des Gegenteils ausschließende objektive Gewissheit, nach ständiger Rechtsprechung des BGH insbesondere auch keinen „zwingenden Beweis“ voraus.28 Ein ausreichendes Maß an Sicherheit, dergegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr laut werden können, genügt als Grundlage der Überzeugung.29 Lässt ein Urteil aber keine Anhaltspunkte für einen ratio23
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Zum psychologischen Faktor des Erkenntnisvorgangs vgl. AK/Maiwald 10, 12 m.w.N. von Schrifttum zur Psychologie des Strafverfahrens. S. nur BGH Urt. v. 17.8.2004 – 5 StR 591/03. RGSt 66 163; RG JW 1928 116; BGH NStZ 1988 237; VRS 39 (1970) 103; 62 (1982) 120; bei Spiegel DAR 1978 160; BGH LM Nr. 6; BayObLGSt bei Bär DAR 1988 368; OLG Koblenz VRS 65 (1983) 377; Eisenberg Beweisrecht Rn. 90; Fezer StV 1995 100; Mannheim JW 1928 117; v. Scanzoni JW 1928 2181; Ehrenzweig JW 1929 85; Alsberg JW 1929 863; 1930 761; vgl. LR/Hanack25 § 337, 158, 164 m.w.N. RGSt 61 206; 66 163; BGH NJW 1951 83; MDR 1951 122; 1989 371; bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1985 15; bei Miebach NStZ 1990 28; bei Kusch NStZ 1997 377; NStZ-RR 1998 275; GA 1969 181; s. auch BGH Urt. v. 27.1.2011 – 4 StR 502/10. BGHSt 5 34; 25 365; 34 29; 34 206, BGH NStZ 1982 478; 1983 277; 1988 373; 1990 402; OLG Koblenz VRS 46 (1974) 38; 67 (1984) 267; 70 (1986) 18;
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OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 182. BGH Urt. v. 20.10.2004 – 1 StR 232/04; Urt. v. 3.7.2007 – 1 StR 3/07. RGSt 51 127; 66 164; BGH NJW 1951 83 (dazu kritisch v. Scanzoni NJW 1951 222); NJW 1951 325; 1967 360; 1967 1643; 1993 606; JZ 1996 315 m. Anm. Puppe; BGH MDR 1967 226; NStZ 1982 478; 1983 277; NStZ-RR 1988 102; 1988 275; GA 1954 152; 1969 181; StV 1990 5; 1994 580; VRS 16 (1959) 438; 24 (1963) 207; 29 (1965) 14; 39 (1970) 103; 49 (1975) 429; 53 (1977) 110; 55 (1978) 186; 63 (1982) 39; BGH bei Holtz MDR 1978 806; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; bei Schmidt MDR 1986 974; bei Spiegel DAR 1978 157, 160; 1985 197; BayObLG GA 1970 186; OLG Celle NJW 1976 2030; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 358; OLG Hamm VRS 41 (1971) 30; JMBlNW 1976 18; OLG Karlsruhe VRS 22 (1962) 368; NJW 1972 2237; Justiz 1982 26; OLG Koblenz VRS 44 (1973) 44; 45 (1973) 118; 46 (1974) 37; 65 (1983) 377; 67 (1984) 267; GA 1975 220; OLG Schleswig bei
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nal begründbaren Zweifel ersehen, kann dies den Schluss nahelegen, dass das Gericht nur einen abstrakt bestehenden theoretischen Zweifel für nicht ausräumbar hielt und damit die Anforderungen an seine Überzeugungsbildung verkannt hat.30 Nach anderer Auffassung genügt die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit eines 9 durch festgestellte Tatsachen schlüssig belegten Sachhergangs für die von § 261 geforderte Überzeugung, auch wenn das Gericht keine darüber hinausreichende volle subjektive Gewissheit erlangt hat. Das RG hat mit Rücksicht auf die Unerreichbarkeit einer unbedingten Gewissheit in einer viel kritisierten Entscheidung31 ausgesprochen, dass der Richter in der geistigen Arbeit, die er bei der abschließenden Würdigung des Verhandlungsergebnisses zu leisten hat, sich durchgehend mit einem so hohen Grad von Wahrscheinlichkeit begnügen dürfe, wie er bei möglichst erschöpfender und sorgfältiger Anwendung der vorhandenen Erkenntnismittel entstehe; ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit gelte als Wahrheit.32 Dagegen spricht zunächst, dass es einen bedeutsamen Unterschied darstellt, etwas für wahr oder lediglich für wahrscheinlich zu halten. Mit dem Verzicht auf die subjektive Gewissheit des Tatrichters als unabdingbares Element der Überzeugung würde zudem ein zwar nur ausnahmsweise praxisrelevanter, dann aber unentbehrlicher Korrekturmechanismus aufgegeben. Denn es ist etwas qualitativ anderes, ob der Tatrichter sich damit begnügen kann, nur objektiv die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Sachhergangs festzustellen, oder ob er das Urteil darüber hinaus als Ergebnis seiner persönlichen Überzeugung zu verantworten hat. Auch ist weder abstrakt noch konkret quantifizierbar, ab welchem Grad die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit „grenzt“. Aber selbst wenn eine sichere Einstufung des Wahrscheinlichkeitsgrades praktisch möglich wäre, würde eine nur darauf gestützte Verurteilung ohne das richterliche Gewissheitsurteil an Überzeugungskraft verlieren. Die Entscheidungen des Tatrichters würden dann nicht nur wie jetzt hinsichtlich der ausreichenden Darlegung ihrer objektiven Grundlage nachprüfbar, sondern sie würden in beiden Richtungen zum Ergebnis einer Wahrscheinlichkeitsberechnung werden. Nicht die auf Menschenkenntnis und Erfahrung beruhende subjektive Überzeugung des Tatrichters, sondern der Umstand würde dann über Freispruch oder Verurteilung entscheiden, ob die Wahrschein-
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Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183; 1975 190; OLG Zweibrücken JZ 1968 675; Hanack JuS 1977 727; Niese GA 1954 148; Mösl DRiZ 1970 110; Peters JR 1978 82; ferner KMR/Stuckenberg 23; SK/Schlüchter 55. Vgl. HK/Julius 8 (objektive Beweismaßkriterien grenzen subjektive Beweiswürdigung in beiden Richtungen ein); KMR/Stuckenberg 23; ferner Schlüchter 55 (am Ende), die Unterschiede zwischen der subjektiven und der objektiven Theorie werden dadurch praktisch weitgehend eingeebnet; ähnlich Meurer FS Tröndle 533, 541, 545. RGSt 61 202; vgl. auch RG DRiZ 1929 Nr. 75; JW 1930 761; 1933 454; 1935 543; ähnliche Sätze finden sich in BGHSt 5 34; BGH NJW 1953 83; 1953 122; 1988 3273; StV 1995 453; GA 1969 181; ferner Bohne NJW 1953 1377; Bender/Nack DRiZ 1980
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121; Herdegen NStZ 1987 198 (hoher Wahrscheinlichkeitsgrad genügt); ders. JZ 1998 56; FS Hanack 328 (Argumentation, die sich auf Schlussregeln stützen kann, die die Folgerungen als im hohen Maße plausibel erscheinen lassen). Zur Problematik Fincke GA 1973 266; Greger 38 ff., 60 ff.; Hanack JuS 1977 730; Meurer FS Tröndle 533 ff. Vgl. etwa Herdegen JZ 1998 54; FS Hanack 328. Greger 60 nimmt auf Grund einer Gesamtwürdigung an, dass sich diese Entscheidungen nur mißverständlich ausgedrückt haben und in Wirklichkeit das Erfordernis der subjektiven Überzeugung gar nicht in Frage stellen, sondern nur die Anforderungen an deren objektive Grundlagen zurechtrücken wollten. Vgl. auch KMR/ Paulus § 244, 149.
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lichkeit des Sachhergangs etwa mit 96 oder nur 95 % zu bewerten ist.33 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hält daher überzeugend daran fest, dass zu dem objektiven, für jedermann nachvollziehbaren Wahrscheinlichkeitsurteil die subjektive Gewissheit des Richters hinzukommen muss.34 b) Für die richterliche Überzeugung vom ursächlichen Zusammenhang zwischen 10 einer Handlung oder Unterlassung des Angeklagten und einem bestimmten Erfolg gilt grundsätzlich nichts anderes als sonst für die Bildung der richterlichen Überzeugung. Nach der Rechtsprechung ist der Erfolg verursacht durch eine Handlung, wenn diese nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele.35 Auch vom ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Handlung des Angeklagten und einem bestimmten Erfolg muss der Richter subjektiv überzeugt sein. Dies setzt aber voraus, dass die Überzeugung vom Kausalverlauf im konkreten Fall auf der Grundlage logischer und die Feststellungen ausschöpfender Erwägungen gewonnen wurde. Diese müssen den Erkenntnissen der Wissenschaft und der Lebenserfahrung entsprechen und ein so ausreichendes Maß an Sicherheit begründen, dass keine vernünftigen Zweifel am Ursachenzusammenhang fortbestehen. Anderenfalls fehlt es an einer ausreichend objektivierbaren Grundlage für die Bejahung der Kausalität. Wenn in der Wissenschaft umstritten ist, ob nach den derzeitigen Erkenntnissen im konkreten Fall überhaupt ein genereller Ursachenzusammenhang zwischen der Handlung und dem Erfolg bejaht werden kann, besteht kein das Gericht bindendes allgemeingültiges Erfahrungswissen. Hält man dann das Gericht zu einer eigenen Stellungnahme dazu nicht für befugt, müsste es freisprechen, weil es am Nachweis der Kausalität fehlt. Nimmt man dagegen an, dass das Gericht in diesen Fällen – ähnlich wie bei einem Widerstreit nicht zwingender Erfahrungssätze – zur eigenen Beweiswürdigung befugt und verpflichtet ist,36 dann muss es sich im Rahmen seiner eigenen Meinungsbildung auch mit der nicht sicher feststehenden, aber nach der einen Ansicht gegebenen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehenden generellen Kausalität befassen.37 Es hat sich mit den Argumenten des Meinungsstreits auseinanderzusetzen
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Vgl. die mathematischen Wahrscheinlichkeitserwägungen bei Hoyer ZStW 103 (1993) 533, 548; gegen die Übersetzung der Wahrscheinlichkeit in Zahlenwerte Eisenberg Beweisrecht Rn. 919. So auch BGHSt 10 208; 29 20 = JR 1980 169 m. Anm. Peters; BGHSt 25 367; BGH NJW 1967 360; GA 1954 152; LM Nr. 6 und 14; BayObLG NJW 1959 1189 („die bloße ,Annahme‘ ist noch keine Überzeugung“); GA 1970 186; OLG Celle NdsRpfl. 1976 181; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183; Hartung SJZ 1948 586; Lampe FS Pfeiffer 353; G. Schäfer StV 1995 148; Volk NStZ 1996 106; Erb FS Rieß 77, 88 ff.; ferner etwa KMR/Stuckenberg 22 (notwendige Bedingung); Eb. Schmidt 11, 12; JZ 1970 337; Mösl DRiZ 1970 110; vgl. OLG Hamburg DAR 1952 187; wonach dies nicht zu einer Beweisvermutung zu Lasten des Angeklagten führen dürfte; ferner Greger 113.
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St.Rspr., vgl. RGSt 56 348; 57 393; 58 130; 63 214; 63 392; 66 184; 69 47; 75 49; BGHSt 1 332; 2 24; zum strafrechtlichen Kausalitätsbegriff vgl. die Erläuterungsbücher zum StGB. Vgl. BGHSt 37 106 (Lederspray), dazu Kuhlen NStZ 1990 566; Samson StV 1991 183; GA 1994 348; JZ 1994 1144; ferner LG Frankfurt NStZ 1990 512; BGHSt 41 206 (Holzschutzmittel); dazu Hamm StV 1997 159; Herdegen FS Hanack 320; Hilgendorf NStZ 1994 456; GA 1995 522; FS Lencker 699; Hoyer ZStW 105 (1993) 525, 529; GA 1996 160; Puppe JR 1992 31; JZ 1996 318; Volk NStZ 1996 105; Wohlers JuS 1995 1019 ff.; ferner LG Aachen JZ 1971 510 (Contergan); dazu A. Kaufmann JZ 1971 570; Keller GA 1999 255, 270; SK/Schlüchter 62. Ebenso Unger 222 ff.
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und in einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen des konkreten Falls selbst darüber zu entscheiden. Im Urteil muss zudem logisch nachvollziehbar dargelegt werden, warum das Gericht nach Ausschluss aller anderen in Betracht kommenden Möglichkeiten von der Kausalität überzeugt ist oder auf Grund welcher Tatsachen und Erwägungen es diese Überzeugung nicht hat gewinnen können.38 Abzulehnen ist die Ansicht, dass an das Urteil über den ursächlichen Zusammenhang 10a zwischen einem bestimmten Verhalten und einem bestimmten Erfolg weniger strenge Anforderungen zu stellen seien als sonst bei der richterlichen Überzeugungsbildung, vor allem, wenn die Ursächlichkeit einer Unterlassung zu beurteilen sei, und dass insoweit eine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ genügt.39 Für diese Unterscheidung fehlt es an einem zureichenden Grunde.40 Hinsichtlich der subjektiven Gewissheit kann zwischen richterlicher Überzeugung, die einen Ursachenzusammenhang betrifft, und derjenigen, die sich auf andere dem Schuldspruch zugrundeliegende Tatsachen bezieht, nicht plausibel unterschieden werden.41 Allerdings sind manche Entscheidungen nicht ganz frei von missverständlichen Formulierungen.42 So spricht BGHSt 11 1 im Zusammenhang mit der Frage, ob die bloß gedachte Möglichkeit eines anderen Kausalverlaufs zu berücksichtigen ist, von der „Überzeugung von der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit des Gegenteils“, obwohl andere Ausführungen des Urteils dahin verstanden werden können, dass sich die richterliche Überzeugung vom Ursachenzusammenhang von der richterlichen Überzeugung zu anderen Teilen des Schuldspruchs nicht unterscheidet.43
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c) Prognosen. Entscheidungen, die eine Voraussage zukünftiger Entwicklungen erfordern, wie etwa die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung und die Frage, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, müssen sich hinsichtlich der Prognose mit einer Wahrscheinlichkeitsfeststellung begnügen.44 Soweit eine solche Entscheidung allerdings von zeitlich vor dem Urteilsspruch liegenden Tatsachen abhängig ist, hat sie das Gericht in einer Weise für erwiesen zu halten, die sich durch nichts von der Überzeugung unterscheiden darf, die es von den sonstigen dem Schuld- und Rechtsfolgenausspruch zugrundeliegenden Tatsachen gewinnen muss.45 Daneben muss das Gericht aber regelmäßig prüfen, ob eine bestimmte zukünftige Ent-
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Dazu eingehend Wohlers JuS 1995 1019 ff. m.w.N. zum Streitstand; vgl. ferner KMR/ Stuckenberg 34; Eisenberg Beweisrecht Rn. 107; Hoyer ZStW 105 (1993) 525, 529 ff., der auf den hohen Grad objektiver Wahrscheinlichkeit abstellt. So etwa RGSt 15 151; 51 127; 58 130; 63 211; 75 49; 75 324; 75 372; RG JW 1928 2716; 1931 2576; 1937 3087, dazu Greger 64. Eb. Schmidt 12, I Nr. 374; Mösl DRiZ 1970 110. Greger 177 ff. verneint ebenfalls einen Unterschied im Beweismaß, nimmt als Bezugsgröße des Beweismaßes aber an, dass es genügt, wenn das Gericht von der nach der Lebenserfahrung bestehenden Wahrscheinlichkeit der Kausalität überzeugt ist. Vgl. Keller GA 1999 255, 270 (Indizwirkung im Rahmen freier Beweiswürdigung).
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BGH LM Nr. 6 m. Anm. Neumann; LM Nr. 14; BGH NJW 1951 122; VRS 16 (1959) 432; OLG Celle NJW 1976 2030; OLG Koblenz GA 1975 220; vgl. Greger 67, 176 ff. BGH NJW 1954 1047; 1955 1487; VRS 10 (1956) 359; bei Dallinger MDR 1951 274; 1953 20; bei Holtz MDR 1978 806; vgl. KMR/Paulus § 244, 149. Vgl. den durch BGHSt 11 1 erledigten Vorlagebeschluss OLG Hamm VRS 13 (1957) 39; ferner Greger 67; Mezger JZ 1958 281; s. aber auch SK/Schlüchter 73. F.-W. Krause FS Peters 323, 326; Meyer-Goßner 27; vgl. auch Nell Wahrscheinlichkeitsurteile in juristischen Entscheidungen; ferner Greger 39; Montenbruck „In dubio“ 96; ferner etwa BVerfGE 70 313; Rn. 119. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1973 990; SK/Schlüchter 73; s. auch Rn. 119.
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wicklung zu erwarten ist, etwa, ob eine bestimmte Maßregel der Besserung und Sicherung erforderlich ist, um einer vom Angeklagten zukünftig ausgehenden Gefahr zu begegnen, oder ob diesem eine günstige Kriminalprognose gestellt werden kann. Die Meinungsbildung des Gerichts über das Verhalten eines Menschen in der Zukunft unterscheidet sich ähnlich von dem Fürwahrhalten eines in der Vergangenheit liegenden Vorgangs wie eine Wettervorhersage von der Aussage über das Wetter des vorherigen Tages. An die Stelle des Fürwahrhaltens muss notwendig die unter Verwertung aller in Betracht kommenden Anhaltspunkte zustande gekommene Einschätzung treten, dass sich der Angeklagte in Zukunft nach aller Erfahrung wahrscheinlich so und nicht anders verhalten werde. Die vom Gesetz in Fällen dieser Art geforderte Bewertung hinsichtlich eines zukünftigen Verhaltens muss nach dem Grad der Sicherheit notwendig hinter der Überzeugung über ein abgeschlossenes Ereignis zurückstehen. Daher darf beispielsweise eine günstige Kriminalprognose im Rahmen der Bewährungsentscheidung gemäß § 56 StGB nicht erst dann gestellt werden, wenn eine bedenkenfreie, jeden Zweifel ausschließende Gewissheit, eine „sichere Gewähr“ oder auch nur ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad straffreier Führung in der Zukunft vorliegt. Umgekehrt genügt hierfür die bloße Hoffnung oder Möglichkeit künftiger Straflosigkeit nicht, zumal der Grundsatz in dubio pro reo insoweit nicht anwendbar ist46 (Rn. 106). 2. Persönliche Überzeugung und objektive, rational einleuchtende Beweiswürdigung. 12 Die durch die Beweiswürdigung gewonnene, von Zweifeln freie Gewissheit des Tatrichters von einem bestimmten Geschehensverlauf ist höchstpersönlich. Eine übereinstimmende Überzeugung bei einem Kollegialgericht wird durch das gemeinsame Erleben der Hauptverhandlung (vgl. Rn. 14 ff.) und durch den Meinungsbildungsprozess in der Beratung häufig entstehen. Notwendig ist dies allerdings auch bei einer Verurteilung nicht, vielmehr sieht § 263 für jede dem Angeklagten nachteilige Entscheidung zur Schuld- und Rechtsfolgenfrage eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen als ausreichend an. Hat der Tatrichter auf Grund der Hauptverhandlung eine bestimmte Überzeugung gewonnen, so kann sie nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil die – ggf. im Wege des Ausschlussverfahrens –47 gezogenen Schlüsse zwar möglich, aber nicht zwingend sind 48 oder ein anderer vielleicht noch gezweifelt hätte.49 Er hat den Angeklagten dann zu verurteilen,50 wenn nicht beispielsweise eine Verfahrenserledigung gemäß § 153a in Betracht kommt. Zur Freiheit der Überzeugung gehört auch die Freiheit der Entschließung, einen an sich objektiv möglichen Zweifel zu überwinden.51 Konnte umgekehrt der Tatrichter die erforderliche Gewissheit nicht erlangen, so ist dies – sofern alle relevanten Gesichtspunkte erschöpfend und fehlerfrei gewürdigt sind – namentlich vom Revisionsgericht ebenfalls hinzunehmen, auch wenn nach den Urteilsgründen ein anderer Geschehensverlauf wahrscheinlicher erscheint. Fast ausnahmslos gibt es keine Normen, die verbindlich festlegen,
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Schäfer/Sander/van Gemmeren Strafzumessung Rn. 202 ff. m.w.N. BGH Urt. v. 2.5.2012 – 2 StR 395/11. BGHSt 10 208; 25 367; 26 63; 29 20 = JR 1980 169 m. Anm. Peters; BGH NJW 1951 325; 1967 359; NStZ 1982 478; 2010 292, 293; VRS 30 (1966) 101; 32 (1967) 198; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 357; 1984 17; bei Spiegel DAR 1983 206; 1985 15. Eine solche Feststellung wäre ohnehin hypo-
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thetisch, da die richterliche Überzeugung, die subjektive Gewissheit, sich nur in der Hauptverhandlung mit ihren oft unwägbaren Nuancierungen bilden kann. Sie ist für einen Dritten nicht nachvollziehbar. BGH Urt. v. 24.6.2010 – 3 StR 69/10. BGH NJW 1967 360; GA 1954 152; bei Spiegel DAR 1983 206; vgl. auch BGH NStZ 1983 277; 1985 516.
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welche Überzeugung der Richter auf Grund bestimmter Beweise haben müsse, insbesondere, welchen Wert er bestimmten Beweisen beizumessen habe.52 Das Abstellen auf die subjektive Gewissheit als unerlässliches Erfordernis53 der rich13 terlichen Überzeugung bedeutet aber nicht, dass sie allein schon für eine Verurteilung ausreicht. Dazu ist nach ganz herrschender Meinung unerlässlich, dass die Überzeugung von einem konkreten Tathergang durch als erwiesen erachtete54 Tatsachen getragen wird und durch rationale und daher intersubjektiv nachvollziehbare Erwägungen gewonnen wurde. Das Für und Wider aller bedeutsamen Gesichtspunkte muss dabei lückenlos und fehlerfrei erwogen worden sein.55 Subjektive Gewissheit ist ein auf Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen des Richters aufbauendes Korrektiv der rationalen Beweiswürdigung. Es ersetzt sie aber nicht. Rein intuitive Einsichten oder bloße Vermutungen vermögen keine Verurteilung zu tragen,56 mag die gerichtliche Überzeugung in den Urteilsgründen auch noch so sehr betont werden.57 Deswegen ist im Urteil die feste Tatsachengrundlage darzutun, um ersichtlich zu machen, dass die gewonnene Überzeugung mehr ist als nur eine nicht objektiv verifizierte bloße Vermutung. Ohne die schlüssige Darlegung der wesentlichen Tatsachen und der sich daraus ergebenden Beweisführung ist allenfalls eine nicht hinreichende Wahrscheinlichkeit, ein bloßer Verdacht belegt, der eine Verurteilung nicht zu tragen vermag.58 Eine richterliche Überzeugung, welche des rationalen Unterbaus einer objektiv hohen Wahrscheinlichkeit des Tatgeschehens (vgl. Rn. 42)
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BGHSt 10 208; BGH VRS 33 (1967) 431; 55 (1978) 186; bei Pfeiffer NStZ 1982 190; bei Spiegel DAR 978 160; OLG Köln MDR 1954 631; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1984 105; Eb. Schmidt JR 1957 387; 1970 337. Zur Unersetzlichkeit der subjektiven Gewissheit vgl. Greger 113 ff.; KMR/Stuckenberg 21 ff.; ferner Rn. 8. BGH NJW 2005 2322, 2325. BGH NStZ 1981 33; 1982 478; JR 1981 304 m. Anm. Peters; StV 1988 93 m. Anm. Sessar; StV 1988 138 m. Anm. Schlothauer; BGH StV 1993 510; 1995 453; bei Holtz MDR 1980 631; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1988 19; bei Spiegel DAR 1978 160; BayObLGSt 1971 129 = JR 1972 30 m. Anm. Peters; BayObLG bei Rüth DAR 1985 245; OLG Köln NJW 1977 398; VRS 80 (1991) 34; OLG Zweibrücken StV 1985 358; Albrecht NStZ 1983 488; Eisenberg Beweisrecht Rn. 91; Geerds SchlHA 1964 65; Herdegen StV 1992 527; Luther NJ 1994 297; Hamm 907; Peters JR 1977 84; Roxin/Schünemann § 45, 43; Schneider MDR 1962 868; 951; vgl. ferner Klug FS Möhring 363; F.-W. Krause FS Peters 323, 332; Stree In dubio pro reo 40; Herdegen FS Kleinknecht 175; FS Hanack 321, 324; AK/Maiwald 9; KK/Schoreit 45, 47; KMR/Paulus § 244, 155;
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KMR/Stuckenberg 26 ff.; Meyer-Goßner 2; SK/Schlüchter 55. Beispiele aus der Praxis finden sich bei BGH wistra 2005 106 (Umsatzsteuerhinterziehung trotz nicht festgestellter Spirituosenpreise bejaht); NStZ-RR 2008 273; 2009 351, 352; Beschl. v. 7.7.2010 – 2 StR 100/10 (Fehlen „jeglichen greifbaren Tatsachenkerns“). BGH Beschl. v. 18.6.2008 – 2 StR 225/08. BGH Beschl. v. 5.3.2008 – 5 StR 611/07; Urt. v. 27.1.2011 – 4 StR 487/10; BGH MDR 1980 849; NJW 1982 2882; NStZ 1986 373; 1994 501; StV 1982 256; 1985 92 (L); 1986 61; 1992 262; 1994 429; 1995 453; 1996 5; 1997 120; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986 208; BayObLG bei Rüth DAR 1984 225; 1985 245; OLG Düsseldorf VRS 71 (1986) 287; 85 (1993) 112; KG StV 1996 488; OLG Köln NJW 1977 398; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1984 104; OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 281; OLG Zweibrücken StV 1985 359; vgl. auch BGH bei Spiegel DAR 1983 207 (keine Beweisgrundlagen); Herdegen NStZ 1987 198; HK/Julius 22; KK/Schoreit 45; KMR/Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 2a; SK/Schlüchter 56; a.A. AK/Maiwald 10 (keine Abwertung der Überzeugung als Vermutung).
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ermangelt, wäre willkürlich und damit fehlerhaft.59 Dies gilt vor allem dort, wo nach der objektiven Beweislage verstandesmäßig die erforderliche Gewissheit nicht gewonnen werden kann.60
III. Inbegriff der Verhandlung 1. Das Gericht hat nach § 261 seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Verhandlung 14 zu schöpfen. Dies hat zwei Konsequenzen. Zum einen folgt daraus der Grundsatz, dass der Richter bei der Überzeugungsbildung nur das benutzen darf, was in verfahrensrechtlich zulässiger Weise Gegenstand der Verhandlung geworden ist,61 also beispielsweise nicht sein privates Wissen (Rn. 17 ff.). Zum anderen ergibt sich die Verpflichtung, alles ordnungsgemäß in die dem Urteil zugrundeliegende62 Hauptverhandlung Eingeführte zu berücksichtigen, sofern dem nicht ausnahmsweise ein Beweisverbot entgegensteht. Die an sich auf Beibringung des Verfahrensstoffs zur Hauptverhandlung gerichtete Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2) setzt sich notwendig in der Pflicht, den gesamten beigebrachten Verfahrensstoff zu würdigen, fort (Ausschöpfungsgebot), denn ohne die Verpflichtung zu umfassender Beweiswürdigung verlöre die vorgelagerte Beweisaufnahme ihren Sinn. Alle Beweiserhebungsvorgänge und alle Beweisergebnisse sind erschöpfend zu würdigen, alle Möglichkeiten, die sich daraus und aus den Ausführungen der Verfahrensbeteiligten ergeben können, sind in Betracht zu ziehen.63 Die Richter, und zwar Berufsrichter ebenso wie Laienrichter, müssen deshalb den Geschehnissen in der Hauptverhandlung mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit folgen. 2. Gesamteindruck der Hauptverhandlung. Zum Inbegriff der Verhandlung gehört 15 alles, was in ihr vom Aufruf der Sache bis einschließlich des letzten Worts 64 verhandelt wurde,65 mithin nicht mehr das während der mündlichen Urteilsbegründung 66 oder danach gezeigte Verhalten des Angeklagten (Nichteinlegung eines Rechtsmittels).67 Dies
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BVerfG NJW 1994 847; weitgehend h.M.; zur Wissenschaftlichkeit der Beweiswürdigung vgl. Rn. 51 ff.; ferner Fincke GA 1973 266; Gössel GA 1974 241; Herdegen FS Kleinknecht 178; F.-W. Krause FS Peters 323, 332; Musielak/Stadler JuS 1980 427; Peters Der neue Strafprozeß 172; Peters JR 1980 168; Roxin/Schünemann § 45, 49 ff.; Rieß GA 1978 257; G. Schäfer 937; Schlüchter 567; Stree In dubio pro reo 40; ders. JR 1977 84. Vgl. etwa BGH NStZ 1988 236; NJW 1999 1562 m. Anm. Salditt NStZ 1999 420; bei Miebach/Kusch NStZ 1991 229; ferner etwa BGH NStZ 1995 204; StV 1994 175; 1994 528 (vage umschriebene Tatvorwürfe); zu dem als alleiniges Indiz nicht ausreichenden Schluss vom Halter auf den Fahrer eines Kraftfahrzeugs s. BGHSt 25 365; SK/Schlüchter 56. Vgl. BGHSt 19 195 (nur Wissen, das in und durch Verhandlung erworben wurde).
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Hierzu gehört auch die vor der Abtrennung des Verfahrens abgegebene Einlassung eines Mitangeklagten; BGH NJW 2002 1963, 1964. Hingegen wäre es rechtsfehlerhaft, in einer früheren Hauptverhandlung getroffene, jedoch vom Revisionsgericht aufgehobene Feststellungen in die Beweiswürdigung einzubeziehen; vgl. BGH Urt. v. 23.11.2006 – 3 StR 366/06. Vgl. Rn. 56 ff. Auch die Aufklärungspflicht, deren Hauptziel das Beibringen der Beweismittel für die Hauptverhandlung ist, fordert das Ausschöpfen der erhobenen Beweismittel in der Hauptverhandlung; vgl. LR/Becker § 244, 64. Hierzu BGH StraFo 2010 71. KK/Schoreit 6; SK/Schlüchter 12; vgl. Rn. 5. BGH Beschl. v. 30.9.2008 – 5 StR 251/08. BGH Urt. v. 5.8.2010 – 3 StR 195/10; s. auch Beschl. v. 3.11.2010 – 1 StR 449/10.
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schließt auch eine Zeugeneinvernahme mit ein, die nach § 247a mittels einer Bild-TonVerbindung in die Hauptverhandlung einbezogen worden ist. Auch wenn wegen verschiedener Taten gegen mehrere Angeklagte gemeinsam verhandelt wird, bildet die Hauptverhandlung eine einheitliche Erkenntnisquelle, die das Gericht für und gegen jeden Angeklagten verwenden darf.68 Für Vorgänge, die vor der Verbindung oder nach einer Trennung der Verfahren liegen, gilt das nicht.69 Verwendbar für die Beweiswürdigung ist aber nur, was in einer für den jeweiligen Beweiszweck zulässigen Form in die Hauptverhandlung eingeführt wurde. Soweit eine Beweisverwendung im Rahmen des für die Schuld- und Rechtsfolgenfrage geltenden Strengbeweisrechts notwendig ist, reichen deshalb nur informatorisch erörterte Tatsachen70 nicht aus. Denn verwendbar sind dann nur die durch den Gebrauch der förmlichen Beweismittel 71 oder durch die Einlassung des Angeklagten ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführten Erkenntnisse. Nur vorgehaltene Tatsachen gehören nicht dazu; dies gilt auch, wenn ein Schriftstück nur zu diesem Zweck verlesen wurde. Für die Entscheidung verwertbar ist dann lediglich, was der Angeklagte oder Zeuge auf Grund des Vorhalts bekundet hat. Macht er dazu keine Angaben, dürfen die vorgehaltenen Tatsachen für die Urteilsfindung nicht herangezogen werden, es sei denn, dass sie auf einem ihre unmittelbare Beweisverwertung gestattenden anderen Weg zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind.72 Der nach Wortlaut und Sinn des § 261 umfassend zu verstehende Inbegriff der Hauptverhandlung reicht aber über die Würdigung der zur Beweisverwendung nach dem Strengbeweisrecht herangezogenen Verhandlungsvorgänge hinaus.73 Er umfasst – unbeschadet ihrer Beweismitteleignung – auch die zwar nicht als Beweismittel verwendbaren, wohl aber vom Gericht bei seiner Entscheidungsfindung argumentativ in Erwägung zu ziehenden Ausführungen aller Verfahrensbeteiligten. Dies folgt aus dem Recht auf Gehör74 und vor allem aus der Funktion der mündlichen Verhandlung, die darauf angelegt ist, dass die richterliche Meinungsbildung in kontradiktorischer Erörterung der Beweisergebnisse gewonnen wird. Zum Inbegriff der Hauptverhandlung rechnen daher nicht nur die Einlassung des Angeklagten75 einschließlich seines letzten Worts,76 sondern auch Äußerungen des Privat- und Nebenklägers; letzterer muss aber –
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Vgl. LR/Becker Vor § 226, 3; Eb. Schmidt JZ 1970 342. BGH JR 1985 125 m. Anm. Gollwitzer; BGH StV 1984 186; vgl. LR/Becker § 230, 10 ff.; § 231c, 21. BGH StV 1994 527. Was beim Gebrauch der förmlichen Beweismittel zum Inbegriff der Hauptverhandlung wird, ist bei diesen erörtert; vgl. LR/Mosbacher § 249, 38 ff. (Verlesung von Urkunden) und 53 ff. (Selbstleseverfahren); LR/Sander/Cirener § 250, 25 ff. (Zeugen vom Hörensagen) und 34 (Befundtatsachen beim Sachverständigenbeweis). Zur abschließenden Festlegung der Beweismittel sowie zur Unverwertbarkeit informatorischer Befragung LR/Becker § 244, 17. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 93; ferner etwa BGH bei Kusch NStZ 1993 30; StV 1990 533.
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Es ist strittig, ob § 261 nur die Würdigung der förmlichen Beweismittel regelt – so etwa Prittwitz 170 ff. unter Hinweis auf das Wechselspiel zwischen freier Beweiswürdigung und Bindung bei der Beweisaufnahme; ferner Seebode/Sydow JZ 1980 512 – oder ob er für sämtliche prozessual zulässigen Erkenntnisquellen gilt; vgl. etwa KMR/Stuckenberg 2; SK/Schlüchter 12. Vgl. LR/Kühne Einl. I 75 ff. BGHSt 3 384; 21 285; 23 372; BayObLG MDR 1973 692; OLG Hamm VRS 44 (1973) 46; Eb. Schmidt JZ 1970 342. BGHSt 11 74; BGH StV 1983 402; soweit der Angeklagte dabei neue Tatsachen vorträgt oder ein Geständnis ablegt, gehört dies zum Inbegriff der Hauptverhandlung, auch wenn das Gericht in der Regel nicht ohne Erörterung eine Verurteilung darauf stützen darf; vgl. OLG Köln NJW 1961 1224.
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anders als beim Privatkläger, der nicht Zeuge sein kann77 – in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen werden, wenn seine Aussage über seine Wahrnehmungen nicht nur argumentativ, sondern als Beweismittel verwendet werden soll.78 Erklärungen des Verteidigers müssen vom Gericht als Verteidigungsmittel gewürdigt werden79; als Beweismittel gegen den Angeklagten dürfen sie nur herangezogen werden, wenn der Verteidiger sie als Einlassung des Angeklagten mit dessen ausdrücklicher oder stillschweigender Billigung vorträgt80 oder er ausnahmsweise hierüber als Zeuge vernommen wird. Der Inbegriff der Hauptverhandlung umfasst das gesamte Verhalten der Verhand- 16 lungsteilnehmer, ihre Angaben, ihre Reaktion bei bestimmten Verhandlungsvorgängen, wie etwa bei einer Gegenüberstellung,81 den Eindruck, den sie machen, ferner ihr äußeres Erscheinungsbild (Alter, Ähnlichkeit mit anderen für den Fall relevanten Personen, offen erkennbare Körperbeschaffenheit usw.), und zwar unabhängig davon, ob der Angeklagte von seinem Recht zum Schweigen Gebrauch macht oder der erschienene Zeuge berechtigt die Aussage verweigert.82 Ausnahmen von dem Grundsatz, dass das Gericht das Gesamtverhalten der Verhandlungsteilnehmer bei der Beweiswürdigung berücksichtigen darf und muss, können sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben.83 Erkenntnisse, die das Gericht aus der Beobachtung von Zuhörern der Hauptverhandlung gewonnen hat, gehören hierdurch allein nicht schon zum Inbegriff der Hauptverhandlung. Vielmehr müssen die beobachteten Tatsachen vom Gericht in der Hauptverhandlung erörtert werden und die Verfahrensbeteiligten dazu Stellung nehmen können.84 3. Außerhalb der Hauptverhandlung erworbene Erkenntnisse a) Die Beweiswürdigung darf nur auf die Erkenntnisse der Hauptverhandlung ge- 17 stützt werden, in der über die Anklage gegen den jeweiligen Angeklagten entschieden wird. Der Inhalt anderer Hauptverhandlungen, auch früherer in derselben Sache, gehört nicht zum Inbegriff der Hauptverhandlung im Sinne des § 261. Gegen diesen Grundsatz wird erfahrungsgemäß leicht verstoßen, wenn Verfahren gegen mehrere Angeklagte verbunden, getrennt oder gar abermals verbunden werden.85 Nach § 154 Abs. 2 vorläufig
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BayObLGSt 1953 26 = MDR 1953 377; OLG Hamm RPfl. 1956 240; Meyer-Goßner Vor § 374, 6. Prittwitz 166; SK/Schlüchter 12. Auch wenn der Inhalt der Erklärung nicht als Beweismittel zu Lasten des Angeklagten verwendet werden kann, gehört sie entgegen OLG Köln VRS 59 (1980) 349 zum Inbegriff der Hauptverhandlung; SK/Schlüchter 12. BGH StV 1994 467; BayObLGSt 1974 36; 1982 156 = VRS 47 (1974) 115; 64 (1983) 134; ferner unter Blickwinkel des Revisionsvortrags BayObLG VRS 91 (1996) 47; Michel MDR 1994 648; § 234, 16 m.w.N. Vgl. LR/Ignor/Bertheau § 58, 9 ff.; LR/Becker § 243, 8, 62; § 244, 27; s. auch BVerfGE 56 42 und zum Wiedererkennen in der Hauptverhandlung etwa BGH NStZ 1982 342; StV 1986 287; OLG Köln StV 1986 12; AG Unna StV 1982 109 m. Anm.
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Budde; Nöldeke NStZ 1982 194; Odenthal NStZ 1984 137; Rogall 37; ferner Rn. 89, 101. BGH GA 1965 108; LR/Becker § 244, 23; Pfeiffer 3. Ferner für den Angeklagten BGH MDR bei Dallinger 1974 368; KG NJW 1979 1668; OLG Koblenz VRS 47 (1974) 441; ob es dazu bei einem die Aussage zu Recht verweigernden Zeugen der Anordnung eines Augenscheins bedarf, ist strittig; vgl. OLG Hamm VRS 48 (1975) 105; Rogall MDR 1975 813. Vgl. Rn. 86. BGH NStZ 1995 609. Vgl. etwa BGHSt 33 119; BGH JR 1985 125 m. Anm. Gollwitzer; JR 1986 165 m. Anm. Pelchen; StV 1984 186; 1984 364; 1985 354 m. Anm. Rogall; OLG Düsseldorf VRS 77 (1989) 137; OLG Hamm VRS 95 (1998) 83; KK/Schoreit 9, SK/Schlüchter 27; ferner LR/Becker § 230, 10 ff.; § 237, 27 m.w.N.
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eingestellte Tatkomplexe oder nach § 154a Abs. 2 ausgeschiedene Teile einer Tat dürfen in die Beweiswürdigung erst einbezogen werden, wenn die ihnen zugrundeliegenden Tatsachen in der Hauptverhandlung konkret festgestellt wurden und ein Angeklagter, der infolge der gerichtlichen Entscheidung auf eine Nichtberücksichtigung vertrauen durfte, vorher darauf hingewiesen worden ist86 (zur Einführung gerichtskundiger Tatsachen vgl. Rn. 25 ff.).
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b) Die Aussage, die ein Zeuge vor einem ihn kommissarisch vernehmenden Berufsrichter macht, ist kein Teil der Hauptverhandlung. Sie wird es erst, wenn sie durch Verlesen der Vernehmungsniederschrift oder durch Vorführung ihrer Bild-Ton-Aufzeichnung (§ 255a) dort eingeführt wird. Der persönliche Eindruck, den der Richter bei der Einvernahme gewonnen hat, einschließlich seiner Wahrnehmungen über das nichtverbale Aussageverhalten darf bei der Urteilsfindung nur verwertet werden, wenn er in der Niederschrift über die Vernehmung festgehalten und der Vermerk in der Hauptverhandlung verlesen worden ist.87 Verwendbar ist aber, was das erkennende Gericht selbst wahrnehmen kann, wenn in der Hauptverhandlung die Bild-Ton-Aufzeichnung einer solchen Vernehmung zu Beweiszwecken vorgeführt wird.
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c) Dienstliches Wissen, das die Richter außerhalb der Hauptverhandlung erlangt haben, dürfen sie – unbeschadet der Möglichkeit eines Vorhalts – als solches grundsätzlich bei der Beweiswürdigung nicht verwerten, so etwa Äußerungen, die ein Angeklagter außerhalb der Hauptverhandlung abgegeben hat, oder die Stellungnahme eines Ministeriums oder eines Fachverbandes.88 Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Wissen in zulässiger Weise als gerichtskundig in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist (Rn. 25). Auf den Inhalt der Akten darf das Gericht nicht zurückgreifen und ihnen Beweise ent20 nehmen, die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.89 In der Hauptverhandlung darf den übrigen Verfahrensbeteiligten, vor allem dem Angeklagten und seinem Verteidiger, nichts unbekannt bleiben, was für die Bildung des Urteils Bedeutung hat. Sie müssen dazu in der Hauptverhandlung Stellung nehmen können; dies folgt aus dem Recht auf Gehör. Soweit Beweise dem Strengbeweisrecht unterliegen, können diese außerdem nur unter den im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen und unter Beachtung der dafür vorgeschriebenen Formen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht
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BGHSt 30 147; 30 197; 31 302; 33 119 = StV 1985 354 m. Anm. Rogall; BGH NJW 1985 1479; NStZ 1998 51; StV 1984 364; 1985 221; BGH bei Holtz MDR 1995 121; vgl. bei § 154. Zur Rechtsprechung und zum Schrifttum vgl. etwa Schimansky MDR 1986 283; SK/Schlüchter 28; Vogler FS Kleinknecht 429 lehnt wegen der Unschuldsvermutung die Verwertung nicht rechtskräftig verurteilter Taten ab; dagegen etwa Jähnke FS Salger 51; Tepperwien FS Salger 196; differenzierend Sander StraFo 2004 47. BGHSt 2 1; 45 354, 359 f.; BGH NStZ 1983 182; 1986 469; 1989 382 m. Anm. Itzel; bei Holtz MDR 1977 108; OLG Koblenz MDR 1980 689; HK/Julius 6; KK/Schoreit 9; KMR/Stuckenberg 5; Meyer-Goßner 6; a.A.
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SK/Schlüchter 29, 32 (nur durch Zeugenaussage); zu den strittigen Fragen vgl. LR/Jäger § 223, 35, 42. Vgl. etwa BGH StV 1985 401; OLG Koblenz GA 1977 313 (Äußerung des Angeklagten vor der Hauptverhandlung); VRS 65 (1983) 379 (Stellungnahme eines Ministeriums oder Fachverbandes); SK/Schlüchter 26. Zur ordnungsgemäßen Einführung solcher Äußerungen vgl. LR/Mosbacher § 249, 13 ff.; LR/Sander/Cirener § 250, 6 ff. So schon RGRspr. 2 529; RGSt 1 81; 2 76; z.B. auch BGH bei Martin DAR 1971 122; BGH StV 1985 401 m. Anm. Sieg; OLG Düsseldorf VRS 77 (1989) 136; Husmann MDR 1977 896.
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werden. Deshalb gestattet eine informatorische Bekanntgabe des Inhalts einer bei den Akten befindlichen Zeugeneinvernahme, die lediglich zur Klärung erfolgt, ob es dieses Zeugen bedarf, deren Verwendung bei der Beweiswürdigung nicht.90 Das Gericht verletzt § 261, wenn es die Aussage eines Zeugen, der in der Verhandlung nicht vernommen und dessen Zeugnis nicht verlesen oder durch das Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 eingeführt wurde, oder ein zwar zu den Akten gereichtes, in der Verhandlung aber nicht vorgetragenes Gutachten berücksichtigt. Für einen Verstoß gegen § 261 spricht auch, wenn das Urteil umfangreiche Schriftstücke wörtlich wiedergibt, obwohl diese nicht im Wege des Urkundenbeweises in die Verhandlung eingeführt, sondern nur zu einem Vorhalt verwendet wurden. Denn dann erscheint es in der Regel ausgeschlossen, dass das Gericht insoweit nur die auf dem Vorhalt hin abgegebene Erklärung der Beweisperson als Beweismittel herangezogen hat.91 § 261 ist ferner verletzt, wenn in den Akten befindliche Schriften und Unterlagen, wie etwa ein Lichtbild,92 das Ergebnis einer Radarmessung93 oder die Mitteilung über Eintragungen im Straf- oder Verkehrszentralregister,94 im Urteil verwertet werden, ohne dass sie vorher ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Soweit für die Strafzumessung der Bericht der Gerichtshilfe oder Jugendgerichtshilfe verwertet werden soll, müssen alle Umstände, die das Gericht daraus berücksichtigen will, ebenfalls in der Hauptverhandlung bewiesen werden.95 Beim Sachverständigenbeweis ist – sofern nicht die Beweisverwendung eines schrift- 21 lichen Gutachtens zugelassen ist (vgl. §§ 251, 256) – ausschließlich das in der Hauptverhandlung mündlich erstattete Gutachten Beweisgrundlage. Soweit sich dieses auf außerhalb der Hauptverhandlung getroffene Feststellungen (Akteninhalt, Ergebnis eigener Befragungen) stützt, ist zwischen den sog. Befundtatsachen und den Zusatztatsachen zu unterscheiden. Die Befundtatsachen, die der Sachverständige nur kraft seiner besonderen Sachkunde wahrnehmen oder verstehen kann, dürfen über das Gutachten selbst in die mündliche Verhandlung eingeführt werden. Die Zusatztatsachen, die ohne besondere Sachkunde, also grundsätzlich von Jedermann hätten wahrgenommen werden können (wie etwa ein aggressives Verhalten des Angeklagten in der Untersuchungshaft)96, müssen durch eine gesonderte Beweisaufnahme, beispielsweise durch zeugenschaftliche Vernehmung des Sachverständigen, zum Gegenstand der Verhandlung gemacht werden. Ist dies unterblieben, dürfen sie bei der Entscheidung nicht verwertet werden.97 Setzt ein Sachverständiger sich in seinem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten mit einem in einem anderen Verfahren abgegebenen Gutachten auseinander, so wird dadurch ein als Tatsachengrundlage verwendetes früheres Gutachten in die Hauptverhandlung eingeführt,98 was allerdings nur zulässig ist, wenn es sich dabei um Befundtatsachen handelt.
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BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 33; KK/Schoreit 8. OGHSt 2 334; 3 26; BGHSt 11 29; BGH NJW 1954 361; StV 1985 401 m. Anm. Sieg; StV 1989 4; 1991 340; 1994 358; OLG Düsseldorf StV 1993 515; OLG Hamburg StV 1981 333; SK/Schlüchter 37; vgl. aber auch Rn. 99; vgl. LR/Mosbacher § 249, 102; LR/Sander/Cirener § 250, 15. H.M.; vgl. etwa BGH StV 1991 149; 1998 471; bei Kusch NStZ 1993 30; NStZ-RR 1999 37 sowie LR/Mosbacher § 249, 9. OLG Celle VRS 30 (1966) 199. Vgl. etwa OLG Düsseldorf VRS 64 (1983)
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128; OLG Koblenz VRS 65 (1983) 379; ferner LR/Becker § 243, 84 ff.; LR/Mosbacher § 249, 21 f. Vgl. auch LR/Becker § 244, 41, auch 56; s. zur Gerichtshilfe die Erläuterungen bei § 160; zur Jugendgerichtshilfe bei §§ 38, 50 JGG; ferner etwa BGH MDR 1984 682; Schaffstein FS Dünnebier 661, 673; LR/Becker Vor § 226, 68 f. BGH Beschl. v. 14.9.1993 – 1 StR 450/93. Wegen der Einzelheiten vgl. LR/Krause Vor § 72, 11; LR/Sander/Cirener § 250, 33 ff. BGH bei Holtz MDR 1977 108.
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Sind nach dem Schluss der Beweisaufnahme Lücken in der Beweiserhebung ersichtlich geworden oder Zweifelsfragen aufgetaucht, so darf das Gericht diese nicht durch außerhalb der Hauptverhandlung gestellte Fragen an Zeugen oder Sachverständige beheben.99 Ergibt sich die Notwendigkeit derartiger Fragen, muss das Gericht vielmehr nochmals in die Verhandlung eintreten, denn es darf nicht vom Beratungszimmer aus ermitteln.100 Dagegen darf sich das Gericht wissenschaftliche Werke, auf die ein Sachverständiger sein Gutachten gestützt hat, vom diesem in das Beratungszimmer bringen lassen. Nach Ansicht des RG ist es zulässig, dass das Gericht außerhalb der Verhandlung technische Versuche anstellt, um sich darüber schlüssig zu werden, ob es der Anhörung eines Sachverständigen bedarf.101 Gegen § 261 wird verstoßen, wenn einzelne Richter die Kenntnis einer Örtlichkeit, 23 die sie für sich allein gewonnen haben, bei der Urteilsfällung verwerten;102 sie dürfen sie aber zu Vorhalten verwenden, um eine als Beweis geeignete Äußerung herbeizuführen. Daraus allein, dass einzelne Mitglieder des erkennenden Gerichts aus eigenem Entschluss den Tatort angesehen haben, kann ein Verstoß gegen § 261 nicht hergeleitet werden, sofern nichts dafür spricht, dass das Gericht seine Überzeugung aus einer Quelle geschöpft hat, die in der Hauptverhandlung nicht erschlossen wurde.103
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d) Privat erworbenes, aber nicht offenkundiges Tatsachenwissen darf der Richter nicht zur Grundlage der Beweiswürdigung machen.104 Er darf es nur zum Vorhalt verwenden. Verwertbar ist aber ebenfalls nur, was die Auskunftsperson erwidert hat. Der Vorhalt selbst wird weder Gegenstand der Beweisaufnahme noch Grundlage der Würdigung.105 Der Richter kann sein privates Wissen auch nicht etwa dadurch zum Gegenstand der Hauptverhandlung machen, dass er es in ihr bekanntgibt, denn er kann nicht zugleich Zeuge sein.106 Auch für die Bekanntgabe privaten Wissens in Form einer „dienstlichen Erklärung“ ist – zumindest soweit nicht dienstliche Belange berührt sind107 – kein Raum.108 Nur die allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten Tatsachen dürfen vom Gericht in das Verfahren eingeführt und nach Erörterung in der Hauptverhandlung der Entscheidung zugrunde gelegt werden.109 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass das Gericht besonderes Fachwissen für sich beansprucht.110
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RG HRR 1939 Nr. 1214; BGH bei Dallinger MDR 1952 532; OLG Stuttgart NJW 1968 2022; zu großzügig RGSt 71 326; nach Eb. Schmidt 4 verstoßen solche Besprechungen im Beratungsstadium gegen § 261. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183 (Einholen einer Auskunft). RGSt 45 104; RG GA 74 (1930) 200. RGSt 26 272; 50 155; OLG Frankfurt StV 1983 192; OLG Hamburg NJW 1952 1271; OLG Hamm VRS 12 (1957) 448; OLG Koblenz MDR 1971 507; KK/Schoreit 9; SK/Schlüchter 32. RG HRR 1938 Nr. 65; KG VRS 17 (1959) 285; s. auch LR/Jäger § 225, 9.
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H.M.; vgl. etwa Arzt FS Peters 223; KK/Schoreit 10; SK/Schlüchter 18, 32. Vgl. RGSt 40 54; BGH bei Dallinger MDR 1952 532; OLG Frankfurt NJW 1952 638; OLG Hamburg NJW 1952 1271; vgl. LR/Mosbacher § 249, 92 ff. m.w.N. Vgl. etwa OLG Frankfurt StV 1983 192 (Hinweis auf eigene Ortskenntnisse). Vgl. BGH StV 1993 507. LG Aachen StV 1984 20; Schmid GA 1980 285; SK/Schlüchter 32. Vgl. Rn. 25 ff. Vgl. LR/Becker § 244, 69, 339; strittig.
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4. Offenkundige Tatsachen a) Offenkundige Tatsachen bedürfen, wie § 244 Abs. 3 Satz 2 zeigt, keines Beweises 25 in der Hauptverhandlung.111 Sie müssen aber trotzdem durch einen Hinweis des Vorsitzenden oder sonst in geeigneter Weise zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden, damit sie bei der Urteilsfällung verwendet werden dürfen.112 Der Grundsatz, dass die Hauptverhandlung die alleinige Erkenntnisquelle ist, darf in seinem wesentlichen Gehalt auch nicht durch die Verwertung offenkundiger Tatsachen angetastet werden.113 Zu erörtern sind sowohl die Tatsache als auch ihre Offenkundigkeit. Die Prozessbeteiligten müssen Gelegenheit haben, zu beidem Stellung zu nehmen.114 Dies gilt für allgemeinkundige gleich wie für gerichtskundige Tatsachen und ist nur insofern einzuschränken, als unter den offenkundigen Tatsachen solche hervortreten, die so unerschütterlich feststehen und so selbstverständlich sind oder deren Bedeutung für die Untersuchung allen Beteiligten so offensichtlich ist, dass es keiner ausdrücklichen Erörterung bedarf.115 Die Voraussetzungen, unter denen Tatsachen als allgemeinkundig oder gerichtskundig behandelt werden dürfen, sind bei § 244, 203 ff. erläutert.116 b) Auch Erfahrungssätze (vgl. Rn. 45 ff.) können, sofern weite Kreise vermöge allge- 26 meiner Lebenserfahrung und Bildung an ihnen teilhaben, allgemeinkundig sein. Sofern sie aufgrund besonderer Sachkunde für das Gericht feststehen, können sie zudem gerichtskundig sein.117 Die in der einzelnen Sache beweisbedürftigen Tatsachen können nur mit Hilfe der aus der Beobachtung anderer Lebensvorgänge gewonnenen, zuverlässigen Erfahrungen festgestellt und zu dem abgeschlossenen Bild ineinandergefügt werden, das als das Ergebnis der Verhandlung der rechtlichen Würdigung zu unterziehen ist.118 Wo immer die dem Gericht ohne weiteres zu Gebot stehenden Erfahrungssätze für die Beurteilung nicht ausreichen, muss es sich, um die fehlenden Kenntnisse zu beschaffen, des Beistands eines Sachverständigen bedienen. Die für offenkundige Tatsachen angeführten Regeln sind zwar nicht durchweg, aber doch in weitem Maße hinsichtlich der Voraussetzungen der Offenkundigkeit von Erfahrungssätzen und ihrer Verwertung im Verfahren anzuwenden.119 Erfahrungssätze sind zwar keine Tatsachen, sondern hypothetische Urteile von allgemeingültiger Bedeutung.120 Sie kommen aber, insbesondere wenn sie bestimmte Geschehnisse der Vergangenheit betreffen, allgemeinkundigen Tatsachen sehr nahe, da der Unterschied zwischen einer auf Grund allgemeinkundigen Wissens feststehenden und einer aus gesichertem Erfahrungswissen nur gefolgerten Tatsache praktisch meist gering ist. Es liegt daher nahe, wenn insoweit nicht nur die Tatsachen, an die das Erfahrungswissen anknüpft und die meist ihrerseits wieder allgemeinkundig sind,
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Vgl. LR/Becker § 244, 10, 203. BVerfGE 10 183; RGSt 16 328; 28 172; RG GA 39 342, 343; JW 1903 94; Recht 1919 Nr. 846; BGHSt 6 295; BGH NJW 1963 598; BayObLG bei Rüth DAR 1986 247; vgl. LR/Becker § 244, 213 m.w.N.; ferner Schlothauer StV 1986 228, der die Hinweispflicht dem Grundsatz des fairen Verfahrens zuordnet. BGHSt 26 61; vgl. LR/Becker § 244, 213. BVerfGE 10 179, 183; 10 274, 282; 48 209; BGHSt 6 292, StV 1981 223 m. Anm. Schwenn/Strate; 1985 514; OLG Hamm VRS 41 (1971) 49; StV 1985 225; BSG
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MDR 1975 965; Alsberg/Nüse/Meyer 572; Nüse GA 1955 74; KK/Schoreit 11; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 7; SK/Schlüchter 22. Vgl. LR/Becker § 244, 213 m.w.N. Alsberg/Nüse/Meyer 570; KK/Schoreit 11 („Erörterung reiner Zeitverlust“); SK/Schlüchter 22. Vgl. auch Alsberg/Nüse/Meyer 534. Alsberg JW 1923 758; Klee GA 70 (1926) 158; Alsberg/Nüse/Meyer 534 m.w.N. Stein 12 ff.; Sauer Grundlagen 66. RGSt 45 403; RG LZ 1915 754. Eb. Schmidt 22.
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sondern auch bestimmte, für die Schlussfolgerung herangezogene Erfahrungssätze oder auch das Ergebnis der Schlussfolgerung in der Verhandlung wie offenkundige Tatsachen zur Erörterung gestellt werden. Soweit die Erfahrungssätze bestimmte tatsächliche Gegebenheiten, also räumlich und zeitlich fixierbare Tatsachen betreffen, fordert der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs ihre Erörterung in der Hauptverhandlung.121 Davon zu unterscheiden sind die zahlreichen, vielfach unbewusst verwendeten Erfahrungssätze, deren Inhalt kein konkretes Ereignis betrifft und die selbstverständlich und allgemein geläufig sind. Bei diesen kann sowohl die Allgemeinkundigkeit als auch der Einfluss auf die Sachgestaltung so sehr auf der Hand liegen, dass sich die ausdrückliche Erörterung in der Hauptverhandlung erübrigt.122
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c) Sonstige Verfahrensfragen. Die Erörterung der Offenkundigkeit einer Tatsache in der Hauptverhandlung ist keine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens, die in der Sitzungsniederschrift festgehalten werden muss.123 Zum Nachweis (Freibeweis), dass die Beteiligten hierzu gehört wurden, kann dies aber trotzdem zweckmäßig sein.124 Die Feststellung einer offenkundigen Tatsache setzt nicht voraus, dass die Kenntnis 28 von ihr bei allen zur Entscheidung berufenen Richtern vorhanden ist.125 Bei allgemeinkundigen Tatsachen, die jeder kennt oder ohne besondere Fachkenntnisse aus zuverlässigen Quellen (Nachschlagewerken, Kursbüchern usw.) sicher feststellen kann,126 wird diese Frage zwar kaum auftauchen. Sie ist aber von Bedeutung bei den gerichtskundigen Tatsachen. Für die Gegenmeinung, wonach die sonst für die Meinungsbildung des Gerichts maßgebenden Vorschriften der § 196 GVG und § 263 hier nicht eingreifen, ist kein einleuchtender Grund ersichtlich. Die nach den genannten Vorschriften maßgebliche Mehrheit, die von der Richtigkeit einer Tatsache überzeugt ist, kann durch die Minderheit nicht zu einer weiteren Beweiserhebung über eine Tatsache gezwungen werden, gleichgültig, worauf die Überzeugung der Mehrheit beruht.127 5. Verpflichtung zum eigenen Urteil
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a) Die Verpflichtung zum eigenen Urteil kann das Gericht dadurch verletzen, dass es seiner Entscheidung nicht die von ihm durch die Hauptverhandlung selbst festgestellten Tatsachen zugrunde legt, sondern die Auffassung anderer Personen oder Stellen, gleich ob Gerichte, Behörden oder Privatpersonen, ungeprüft übernimmt. Es darf sich weder mit der bloßen Berufung auf Feststellungen in anderen Entscheidungen128 oder auf allge-
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Vgl. BVerfGE 10 183; BGHSt 26 59; BayObLG JR 1966 227; OLG Köln VRS 68 (1985) 51; KK/Schoreit 11; KMR/Stuckenberg 7; SK/Schlüchter 17; § 244, 213; auch BVerwG NStZ 1983 738; ferner Rn. 25 m.w.N. Stein 98; Roxin/Schünemann § 24, 11; KMR/Paulus § 244, 207; SK/Schlüchter 22; vgl. Rn. 25; LR/Becker § 244, 213; ferner Alsberg/Nüse/Meyer 534 m.w.N. RGSt 28 171; RG Recht 1902 Nr. 1539; 1919 Nr. 846; 1921 Nr. 1481; BGHSt 36 354 (für gerichtskundige Tatsachen); BGH NJW 1963 598; bei Spiegel DAR 1977 175; OLG Hamm NJW 1956 1729; VRS 41
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(1971) 49; StV 1985 225; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 134; Alsberg/Nüse/Meyer 573; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I § 273, 4. Zum Streitstand vgl. Meyer-Goßner FS Tröndle 560 sowie LR/Becker § 244, 215 m.w.N. BGH NJW 1963 598. Vgl. LR/Becker § 244, 212 m.w.N. zum Streitstand. BGHSt 6 192. Alsberg/Nüse/Meyer 564 m.w.N. BGHSt 43 106, 107 f.; BGH NStZ 2010 529 (zu Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils zu früherem Tatgeschehen).
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mein verbreitete Meinungen oder Werturteile begnügen (Angeklagter als Schläger „allgemein bekannt“)129, noch darf es sich ohne eigene Prüfung die Beurteilung der Glaubwürdigkeit zu eigen machen,130 die ein Zeuge vom Hörensagen seinem Gewährsmann beimisst oder ein Polizeibeamter dem von ihm Vernommenen.131 Ebenso ist es ihm nicht gestattet, als Indiz für die Glaubhaftigkeit der Angaben eines Zeugen zu werten, dass ihm der polizeiliche Vernehmungsbeamte im Ermittlungsverfahren132 oder andere Zeugen geglaubt haben.133 Hat die Kriminalpolizei zur Förderung der Ermittlungen eine sog. Täter- oder operative Fallanalyse erstellt, hat allein das Tatgericht zu bewerten, ob die dabei verwendeten Kriterien auf eine Täterschaft des Angeklagten indiziell hinweisen.134 Auch die Ansicht eines Sachverständigen darf das Gericht im Rahmen des ihm fachlich Möglichen nicht ungeprüft übernehmen (vgl. Rn. 12). Holt es eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes – z.B. zur Frage der erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG) – ein, so hat es die ihm darin mitgeteilten Tatsachen selbständig zu würdigen.135 Wenn Auffassungen anderer Personen über das Ergebnis der Beweisaufnahme – etwa 30 durch Zeitungsnachrichten – dem Richter zur Kenntnis kommen, dürfen sie keinen Einfluss auf die Bildung seiner Überzeugung gewinnen.136 Geschähe dies, würde dadurch § 261 verletzt werden. Ein Nachweis für eine durch solche Vorgänge verursachte Verletzung des § 261 wird freilich kaum erbracht werden können.137 Ein Verstoß gegen § 261 kann je nach den Umständen vorliegen, wenn der Richter außerhalb der Hauptverhandlung und vor der Urteilsverkündung die Sache mit einem Dritten bespricht.138 Bloße Vermutungen insoweit reichen allerdings nicht aus, den Verstoß zu begründen.139 b) Während die Aushändigung der Anklageschrift mit dem wesentlichen Ergebnis der 31 Ermittlungen (§ 200 Abs. 2 Satz 1) an die Berufsrichter nicht zu beanstanden ist,140 hielt die Rechtsprechung die Aushändigung der vollständigen Anklageschrift an die Schöffen bislang für einen Verstoß gegen die durch § 261 gesicherten Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit. Denn es wurde befürchtet, dass sich die Eindrücke, die den Schöffen aus verschiedenen Quellen zufließen, verwischen und sie deshalb ihre Überzeugung nicht mehr allein aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung bilden, sondern durch die Bewertung des Tatverdachts durch die Staatsanwaltschaft als hinreichend beeinflusst werden könnten.141 Nr. 126 Abs. 3 Satz 1 RiStBV sieht deshalb vor, dass den Schöffen 129
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BGH bei Dallinger MDR 1973 190; BGH NStZ-RR 2010 207 (zur Bezugnahme auf Steuerbescheide); vgl. auch OLG Saarbrücken JZ 1968 308; KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg 12. Vgl. BGHSt 17 382; 29 111; 34 15; LR/Sander/Cirener § 250, 27. Vgl. BGH v. 20.10.2010 – 2 StR 377/10. BGH NStZ-RR 2007 150. BGH Beschl. v. 3.4.2002 – 3 StR 33/02. BGH NStZ 2006 712, 713; 2009 284; s. auch BGH NStZ-RR 2008 148; zusammenfassend Nack GA 2009 201, 211. BGHSt 53 128, 136. OLG Saarbrücken JZ 1968 308; KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg 12; SK/Schlüchter 23; Eb. Schmidt DRiZ 1962 402; 1963 376; JZ 1970 337. Vgl. den
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Bericht der Bundesregierung „Öffentliche Vorverurteilung und faires Verfahren“, BTDrucks. 10 4608 vom 27.12.1985. RGSt 65 436; KK/Schoreit 13 („Nachweis schwer zu führen“). OLG Hamm NJW 1958 74; da die Konstellationen sehr unterschiedlich sind, kommt es auf den Einzelfall an; SK/Schlüchter 20, 23. OLG Saarbrücken JZ 1968 308; KK/Schoreit 13. RG HRR 1935 Nr. 1640; GA 62 (1915/16) 155; vgl. auch Schreiber FS Welzel 941. RGSt 32 318; 53 178; 69 120; RG LZ 1920 834; JW 1922 1039; BGHSt 5 261; 13 73 = JR 1961 30 m. zust. Anm. Eb. Schmidt; BGH GA 1959 148; 1960 314; LG Kiel SchlHA 1977 56 stellt auf den Einzelfall ab.
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
die Anklageschrift „nicht zugänglich gemacht werden“ darf. § 261 ist aber nicht schon bei einer Missachtung dieser – den Richter ohnehin nicht bindenden – Verwaltungsanordnung verletzt, sondern allenfalls dann, wenn ein Schöffe vor Abschluss der Hauptverhandlung vom Inhalt der Anklage, namentlich vom wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, auch tatsächlich Kenntnis genommen hat.142 Der BGH hat eine Verletzung des Grundsatzes der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens (§ 261) sogar in dem Falle bejaht, dass ein Schöffe dem neben ihm sitzenden armamputierten Berufsrichter während der Verhandlung beim Umblättern der Anklageschrift behilflich war und dadurch Gelegenheit erhielt, die Anklageschrift teilweise zu lesen, dies auch tat und das in ihr enthaltene Ermittlungsergebnis mit den Angaben des Angeklagten und Bekundungen von Zeugen in der Hauptverhandlung verglich.143 Das OLG Hamburg hat gebilligt, dass das Landgericht die Schöffen von einer Haftentscheidung ausschloss, damit sie nicht während der noch nicht abgeschlossenen Beweisaufnahme Kenntnis vom Inhalt der Akten erhielten.144 Vor allem neuere Entscheidungen des BGH zweifeln zu Recht an der Stichhaltigkeit 31a dieser Besorgnis und der sich darauf gründenden Rechtsprechung145, die – anders als sonst, wenn in der Hauptverhandlung ein Umstand angesprochen wird, der für die Urteilsfindung nicht verwertet werden darf – einen Verstoß gegen § 261 schon dann annimmt, wenn ein Schöffe von der für die Anklageerhebung maßgebenden Würdigung des Ermittlungsergebnisses durch die Staatsanwaltschaft Kenntnis erhalten hat. Nach heutiger Auffassung haben die Schöffen als gleichberechtigte Richter (§ 30 Abs. 1 GVG) sogar ein Recht auf Akteneinsicht.146 Ihnen dürfen, wie auch § 249 Abs. 2 für den Urkundenbeweis bestätigt, Unterlagen aus den Akten überlassen werden, so auch zum besseren Verständnis die Abschriften eines in der Hauptverhandlung vorgespielten Tonbands.147 Zwar hat noch keine neuere Entscheidung die angezweifelte Rechtsprechung, dass schon die Kenntnisnahme eines Schöffen vom wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen gegen § 261 verstoße, ausdrücklich aufgegeben. Es wurde aber für andere Fälle ein solcher Verstoß verneint, etwa wenn der Staatsanwalt versehentlich einen nicht zugelassenen Anklagesatz verliest, vom Vorsitzenden unterbrochen und das Versehen durch Verlesen des tatsächlich zur Verhandlung anstehenden Anklagesatzes richtiggestellt wird 148 oder wenn in der Hauptverhandlung des um Übernahme ersuchten Gerichts fälschlich der Vorlagebeschluss (§ 209 Abs. 2) verlesen wird, in dem das vorläufige Ermittlungsergebnis bewertet worden ist.149 Auch in der Verlesung eines vom Revisionsgericht aufgehobenen Urteils in der neuen Hauptverhandlung zu Informationszwecken hat der BGH keine unzulässige Beeinträchtigung der Unvoreingenommenheit der Schöffen ge-
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BGH bei Dallinger MDR 1973 19; AG Dortmund StV 1994 413; KK/Schoreit 14; SK/Schlüchter 19. BGHSt 13 73 = JR 1961 30 m. zust. Anm. Eb. Schmidt; abl. Hanack JZ 1972 314 („rechtlich nicht gebotene Ängstlichkeit“). OLG Hamburg MDR 1973 69 m. Anm. Stadie (zu LG Hamburg); OLG Schleswig NStZ 1990 198; a.A. OLG Düsseldorf MDR 1984 424. BGHSt 43 36 = JR 1999 297 m. Anm. Imberger-Bayer = StV 1997 450 m. Anm. Lunnebach; BGH GA 1976 368; JR 1987 389 m. Anm. Rieß; HK/Julius 3.
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Näher LR/Siolek25 § 30, 4 ff. GVG m.w.N. BGHSt 43 36 = StV 1997 450 m. abl. Anm. Lunnebach = JR 1999 297 m. zust. Anm. Imberger-Bayer; ferner die h.M. im Schrifttum (Hanack JZ 1972 314; Rieß JR 1987 389; Schreiber FS Welzel 941; Terhorst MDR 1988 809; Volk FS Dünnebier 382); HK/Julius 3; vgl. § 30, 4 ff. GVG m.w.N. zum Streitstand. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 15. BGHSt 43 360 = NJW 1998 1163.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
sehen.150 In der heutigen Informationsgesellschaft sind die Schöffen hinsichtlich der Tat häufig schon vor und während der Hauptverhandlung vielerlei Fremdeinflüssen ausgesetzt. Vor allem in den Medien werden bei bestimmten Verfahren die Verdachtsmomente schon vorher ausgiebig erörtert. § 261 geht davon aus, dass sich die Schöffen – ebenso wie die Berufsrichter – von solchen Einflüssen frei machen können und sie, nicht zuletzt auf Grund der gemeinsamen Beratung, in der Lage sind, nur das Ergebnis der Hauptverhandlung und die dort zulässig eingeführten Tatsachen unter Ausschaltung sonstigen Wissens zu berücksichtigen. Zumindest unter den heutigen Verhältnissen151 kann daher nicht mehr verallgemeinernd angenommen werden, dass jede vorzeitige Kenntnis eines Schöffen von den nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wesentlichen Ergebnissen der Ermittlungen diesen auf ein bestimmtes Bild vom Sachverhalt festlegt, so dass er dann sein Urteil nicht mehr allein aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung schöpfen kann. Dies gilt umso mehr, als die Gerichte in Zusammenarbeit mit eigenständigen Schöffenverbänden zu Beginn jeder Wahlperiode zahlreiche Einführungsveranstaltungen durchführen, in denen die neuen ehrenamtlichen Richter auf ihre besonderen Rechte und Pflichten hingewiesen werden, und zudem umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung stellen.152 Nicht übersehen sollte man auch, dass von den Schöffen auch sonst verlangt wird, dass sie in der Hauptverhandlung angesprochene Tatsachen bei ihrer Überzeugungsbildung unberücksichtigt lassen, wie etwa beim Vorhalt153 oder bei einem eingreifenden Beweisverwertungsverbot, und dass sie die meist viel intensiveren Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft in der Verhandlung, vor allem aber in den Schlussplädoyers, bei ihrer Überzeugungsbildung ebenso verarbeiten müssen wie die der Verteidigung sowie ggf. der Nebenklage. Es ist daher nicht einsichtig, allein aus der Tatsache, dass ein Schöffe vom wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen Kenntnis erhalten hat,154 zu folgern, dass er dann auch entgegen § 261 seine Überzeugung nicht mehr allein auf Grund der Hauptverhandlung gewonnen hat. Ein Verstoß gegen § 261 kommt allenfalls dann in Frage, wenn – wie auch sonst – im Einzelfall festgestellt werden kann, dass durch diese Kenntnis die Beweiswürdigung unzulässig beeinflusst worden ist.155 c) Die Verpflichtung zum eigenen Urteil gilt auch bei der Bemessung der Strafen und 32 der anderen Rechtsfolgen. Der Richter hat nur die vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen (vgl. §§ 46 ff. StGB) zu beachten. In deren Rahmen hat er frei zu entscheiden, ohne dass er an örtliche (z.B. gerichtsübliche) Taxen oder gar Strafzumessungsempfehlungen amtlicher oder privater Stellen gebunden wäre. Dies gilt auch für die Bußgeldkataloge der Verwaltungsbehörden. All diese Verwaltungsvorschriften, Regelsätze oder Empfehlungen haben für das Gericht nur die Bedeutung einer Orientierungshilfe. Sie dürfen im Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Sachverhalte nicht völlig
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BGH GA 1976 368; Terhorst MDR 1988 811; KK/Schoreit 14. Ob frühere Schöffengenerationen zu Recht für unkritischer und obrigkeitsgläubiger gehalten wurden, mag dahinstehen. Hierzu (zugleich kritisch zum Schöffensystem insgesamt) Duttge JR 2006 358. Hanack JZ 1972 315; KMR/Stuckenberg 15; vgl. § 249, 93 f. Unerheblich ist insoweit, ob dies durch einen Verstoß gegen § 243 Abs. 3 geschehen ist.
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SK/Schlüchter 19 (so, wenn aus der Hauptverhandlung nicht bekannte Umstände zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht wurden); vgl. ferner KMR/Stuckenberg 15. Nach Meyer-Goßner 40 stellt die neuere Rechtsprechung darauf ab, dass besondere Umstände eine Beeinflussung der Schöffen befürchten lassen; a.A. Imberger-Bayer JR 1999 301. Zu den verschiedenen Konstruktionen der Revisionsrüge vgl. Rieß JR 1987 392.
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
außer acht gelassen werden, sie entbinden das Gericht aber nicht von der Verpflichtung, die Strafe oder Rechtsfolge unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eigenverantwortlich in schuldangemessener Höhe festzusetzen.156 Andererseits muss es ins Gewicht fallende Abweichungen begründen.157
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6. Beschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit der Richter. Eine die Revision begründende Verletzung des § 261 kann unter Umständen darin liegen, dass einer der mitwirkenden Richter seiner Aufgabe, bei der Bildung seiner Überzeugung den gesamten Inbegriff der Hauptverhandlung zu erfassen und zu berücksichtigen, nicht entspricht oder nicht entsprechen kann.158 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Wahrnehmungsfähigkeit als Folge einer Erkrankung oder Verletzung nicht nur vorübergehend kurzfristig aufgehoben ist159 oder wenn der Richter in seiner Aufmerksamkeit durch eine mit der Verhandlung der Sache nicht zusammenhängende Tätigkeit (z.B. Durchsicht von Häftlingsbriefen, Studium anderer Akten usw.) von den Vorgängen in der Hauptverhandlung abgelenkt wird, sofern ihm dadurch wesentliche Teile entgehen.160 Schläft ein Richter während eines solchen Teils der Hauptverhandlung, so verletzt 34 dies neben § 338 Nr. 1 grundsätzlich auch § 261. Dauert der Schlaf eine nicht nur völlig unerhebliche Zeitspanne an, so wird das Beruhen des Urteils auf diesem Verstoß nicht ausgeschlossen werden können.161 Eine auf Übermüdung oder auf sonstigen Gründen beruhende, nur vorübergehende Unaufmerksamkeit wird dagegen von § 338 Nr. 1 nicht erfasst.162 Ob sie § 261 verletzt, hängt davon ab, ob dem Richter wegen ihrer Dauer wesentliche Teile der Hauptverhandlung entgangen sind.163 Die Mitwirkung eines blinden Richters an der Hauptverhandlung verstößt nach aller35 dings strittiger Auffassung nicht schlechthin gegen § 261.164 Sie ist nach einhelliger Mei-
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BVerfG NJW 1996 1809; BGHSt 38 125; 38 231; BayObLGSt 1969 125 = MDR 1970 258; 1974 62; OLG Celle NdsRpfl. 1972 122; VRS 40 (1971) 125; NStZ 1986 464 m. Anm. Schall; OLG Hamburg NJW 1972 1150; OLG Hamm NJW 1972 1150; VRS 43 (1972) 215; 50 (1976) 377; OLG Köln NJW 1972 1152; OLG Stuttgart VRS 38 (1970) 211; OLG Schleswig SchlHA 1971 225; Jagusch NJW 1970 401; Janiszewski NStZ 1985 544; Tröndle DRiZ 1971 211; Peters und Schröder Gutachten für den 41. DJT; ferner KK/Schoreit 15; KMR/ Stuckenberg 14; ferner die Erläuterungen bei § 267; LR/Hanack 25 § 337, 216 m.w.N. OLG Düsseldorf VRS 52 (1977) 367; 58 (1980) 268; 61 (1981) 454; OLG Hamm JMBlNW 1981 69; Janiszewski NStZ 1985 544; vgl. Rn. 66 und die Erläuterungen bei § 267. BGHSt 4 193; Meurer GedS H. Kaufmann 958; SK/Schlüchter 9; vgl. auch LR/Hanack25 § 338, 38 ff. m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1971 723; vgl. LR/Hanack25 § 338, 42 m.w.N. BGH NJW 1962 2212 = JR 1963 229
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m. Anm. Eb. Schmidt; dazu Marr NJW 1963 309; Hanack JZ 1972 315; Seibert NJW 1963 1044; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 125; w.N. LR/Hanack25 § 338, 44; Eb. Schmidt JZ 1970 340 hält insoweit einen strengeren Standpunkt für angebracht, da alle Vorgänge in der Hauptverhandlung die ungeteilte Aufmerksamkeit des Richters erforderten; vgl. ferner KK/Schoreit 18; KMR/Stuckenberg 11. BGHSt 2 14; 11 77; strenger Hanack JZ 1972 315; AK/Maiwald 4; vgl. LR/Hanack25 § 338, 43 m.w.N. Vgl. LR/Hanack25 § 338, 44 m.w.N. BGHSt 2 14; 11 74; Meyer-Goßner § 338, 14. BGHSt 11 78; 18 51; zust. Hanack JZ 1972 314; vgl. BGHSt 4 191; 5 354; BGH MDR 1964 522; BVerfGE 20 55; BVerwG DÖV 1983 121; ferner zum Streitstand LR/Hanack25 § 338, 39; BGH bei Miebach/ Kusch NStZ 1989 220; Schulze MDR 1988 736; 1995 670; Wolf ZRP 1992 15; SK/Schlüchter 9. Die Mitwirkungsfähigkeit selbst als Beisitzer wird verneint von BGH
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§ 261
nung aber ausgeschlossen, wenn die Verwertung visueller Eindrücke (etwa Ortsbesichtigung, Einsicht in Karten, Pläne usw.) nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung im Einzelfall für die Beweiswürdigung unerlässlich ist.165 Für die Aufgabe des Vorsitzenden wird die Fähigkeit zur Wahrnehmung visueller Eindrücke ebenfalls als unverzichtbar und nicht durch den geschärften Gehörsinn kompensierbar angesehen.166 Nach diesen sachgerechten Maßstäben verletzt die Streichung eines ehrenamtlichen Richters wegen mangelnder Sehfähigkeit von der Schöffenliste nicht Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.167 Ein tauber Richter dagegen, der, anders als ein nur schwerhöriger, den Verlust seiner 36 Hörfähigkeit nicht durch Hilfsmittel ausgleichen kann, darf an der mündlichen Verhandlung nicht mitwirken.168 7. Eine vorzeitige Festlegung des Urteils vor Abschluss der mündlichen Verhandlung 37 würde § 261 verletzen. Es verstößt jedoch noch nicht gegen diese Vorschrift, wenn der Richter schon vor der Hauptverhandlung einen Entwurf der Urteilsformel vorbereitet.169 In den Akten haben solche Entwürfe aber vor der Verkündung nichts zu suchen. Der böse Schein einer Voreingenommenheit muss vermieden werden. Gleiches gilt für die Niederschrift der Urteilsformel noch während der Verhandlung.170 Ein Verstoß gegen § 261 liegt vor, wenn das Gericht nicht den ganzen Verfahrensstoff 38 in seine Beratung einbezieht. Das kann etwa der Fall sein, wenn es nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung mit neuen Beweiserkenntnissen eine erneute Beratung unterlässt.171 8. Aufzeichnungen über die Verhandlung. § 261 verbietet weder, dass der Vorsitzende 39 die Verhandlung in Kurzschrift oder auf Tonband aufnehmen lässt, noch, dass er diese Aufzeichnungen, die den übrigen Prozessbeteiligten nicht vorgelegt zu werden brauchen, den Mitgliedern des Gerichts zugänglich macht.172 Die Entscheidung über Form und Umfang solcher Aufzeichnungen steht im Ermessen des Vorsitzenden; die Verfahrensbeteiligten haben keinen Anspruch hierauf.173 Ob solche für den internen Gebrauch
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bei Miebach/Kusch NStZ 1991 122; Fezer NStZ 1987 335; 1988 375; Eb. Schmidt JZ 1970 340; Meyer-Goßner § 338, 11. BGHSt 4 191 = JZ 1953 670 m. Anm. Wimmer; BGHSt 5 354; 11 78; 18 51; BGH MDR 1964 522; OLG Hamm VRS 11 (1956) 223; JMBlNW 1969 308; h.M.; vgl. SK/Schlüchter 9; LR/Hanack25 § 338, 39 m.w.N. BGHSt 35 164 = NStZ 1988 378 m. Anm. Fezer; BGH bei Miebach NStZ 1989 220; AK/Maiwald 4; KK/Schoreit 19; KMR/ Stuckenberg 10; Meyer-Goßner § 338, 11; a.A. OLG Zweibrücken MDR 1991 1083 (für Berufungsstrafkammer) m. Anm. Schulze; dazu BVerfG NJW 1992 2075 (engerer Schutzbereich des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt); vgl. LR/Hanack25 § 338, 39. BVerfG – 3. Kammer des Zweiten Senats – NJW 2004 2150; hiergegen mit beacht-
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lichen, aber letztlich nicht durchdringenden Argumenten Reichenbach NJW 2004 3160. SK/Schlüchter 9; vgl. LR/Hanack 25 § 338, 41. BVerfGE 9 215; vgl. LR/Gollwitzer 25 § 258, 50 f. BGHSt 11 74; dazu Hanack JZ 1972 314; Eb. Schmidt JZ 1970 340; vgl. LR/Gollwitzer 25 § 258, 51. OGHSt 2 193; BGHSt 24 171; BGH NJW 1951 206; wegen der Einzelheiten vgl. LR/Gollwitzer 25 § 258, 5 ff., 48 und die Erläuterungen bei § 268. RGSt 65 436; BGHSt 19 193; OLG Koblenz NStZ 1988 42; Hanack JZ 1971 170; 1972 314; Eb. Schmidt JZ 1964 538; KK/Schoreit 27; Meyer-Goßner § 169, 11 GVG; SK/Schlüchter 24; vgl. § 169, 45 ff. GVG. Zu deren Möglichkeit, mit Erlaubnis des Vorsitzenden Verhandlungsteile für persönliche Zwecke selbst aufzeichnen zu lassen,
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bestimmten Tonbandaufnahmen nur mit Zustimmung des Sprechenden zulässig sind, war strittig,174 ist aber nach dem Inkrafttreten des sog. Zeugenschutzgesetzes175 zu verneinen.176 Solche Aufzeichnungen (Notizen, Abschriften von Tonbändern) unterliegen jedenfalls nicht der Akteneinsicht,177 auch wenn sie sich versehentlich bei den Akten befinden. Etwas anderes gilt nur, wenn sie ausdrücklich zu den Akten genommen worden sind.178 Die Richter dürfen die Aufzeichnungen in der Beratung selbstverständlich verwerten, die sie sich während der Verhandlung gemacht haben. Ihre Verwendbarkeit hängt nicht davon ab, dass sie in der Hauptverhandlung verlesen werden, weil sie keine zusätzlichen Erkenntnisquellen neben der Hauptverhandlung sind, sondern lediglich selbst Niederschlag des Verhandlungsergebnisses. Von der Aufzeichnung zu ausschließlich gerichtsinternen Zwecken des erkennenden Gerichts sind die Videoaufzeichnungen einer Zeugeneinvernahme zur Sicherung ihrer Beweisverwendung in einer anderen Hauptverhandlung (vgl. § 255a) zu unterscheiden. Diese sollen nach § 247a Satz 4 bei Vorliegen der dort festgelegten Voraussetzungen angeordnet werden. Ihre durch eine Zweckbindung eingeschränkte Verwendbarkeit und Löschung ist durch die §§ 247a Satz 5, 58a Abs. 2 geregelt.
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9. Sitzungsniederschrift. Ob das Urteil ausschließlich auf den Erkenntnissen beruht, die aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung gewonnen wurden, ist auf Grund der Sitzungsniederschrift nur bei den Vorgängen feststellbar, bei denen es sich um wesentliche Förmlichkeiten des Verfahrens (§ 273) handelt. Insoweit ist die Sitzungsniederschrift positiv und negativ beweiskräftig (§ 274). Aus ihr ergibt sich vor allem im Falle erforderlichen Strengbeweises, ob und auf welche Weise ein Beweismittel in der Hauptverhandlung verwendet wurde (vgl. Rn. 172 und bei § 273), so insbesondere, welche Zeugen vernommen wurden, aber auch, ob der Angeklagte anwesend war und sich zur Sache eingelassen hat.179
IV. Inhalt und Grenzen der freien Beweiswürdigung 41
1. Die Bedeutung der freien Beweiswürdigung besteht darin, dass der Richter nicht an Beweisregeln, d.h. an gesetzliche Vorschriften über die Wirkung der Beweise und an Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Tatsache als bewiesen anzusehen sei, gebunden ist.180 Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass sich allgemeingültige Regeln, die mit Sicherheit auch im Einzelfall Geltung beanspruchen können, nicht aufstellen lassen, insbesondere, dass sich der Wert eines Beweismittels vielfach
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falls davon kein Missbrauch zu befürchten ist, vgl. Meyer-Goßner § 169, 12 GVG. Dazu BGH bei Dallinger MDR 1968 729; OLG Hamburg MDR 1968 729; OLG Schleswig NStZ 1992 399 m. Anm. Molketin; NStZ 1993 145; Kleinknecht NJW 1966 1541; Marxen NJW 1977 2189; Praml MDR 1977 14; Roggemann JR 1966 47; Meyer-Goßner § 169, 11 GVG (Zustimmung nur für weitergehende Zwecke). Vom 30.4.1998 (BGBl. I 820). Vertiefend § 169, 47 GVG m.w.N.
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Praml MDR 1977 16; Marxen NJW 1977 2189 fordert unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit, sie dem Verteidiger zugänglich zu machen. OLG Karlsruhe Justiz 1981 483; vgl. die Erläuterungen bei § 271. Etwa BGH StV 1983 8; 1992 1; BayObLGSt 1995 202; wegen w.N. vgl. die Erläuterungen bei § 273. RGSt 20 323; BGHSt 29 18 = JR 1980 168 m. Anm. Peters; BGH NJW 1982 2883; NStZ 1984 180.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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nicht rein abstrakt beurteilen lässt.181 Aus der Freiheit, die das Gesetz dem Tatrichter einräumt, erwächst ihm die häufig schwere Aufgabe, „nach seiner persönlichen Umsicht und Erfahrung, seinem Verantwortungsbewusstsein und Wissen“ über die Ergebnisse der Beweisaufnahme zu entscheiden.182 Diese Freiheit bei der Beweiswürdigung ist aber niemals Freiheit zur Willkür, denn sie 42 entbindet den Richter nicht von der Verpflichtung zu einer rationalen Beweisführung. Auch wenn seine Entscheidung letztlich immer nur von seiner subjektiven Gewissheit getragen werden kann, ist sie nur dann rechtsfehlerfrei zustande gekommen, wenn sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage und auf verstandesmäßig einsichtigen Schlussfolgerungen beruht,183 die alle (zulässig) gewonnenen Ergebnisse der Beweisaufnahme in einer Gesamtschau berücksichtigen. Die Denkgesetze und die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen dabei ebenso beachtet werden wie das vielfältige Erfahrungswissen, das aus der Lebenskenntnis und den Erkenntnissen der für den jeweiligen Fall relevanten Wissenszweige, vor allem aus kriminalistischen, psychologischen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Gegebenheiten, erwächst.184 Die subjektive Überzeugung muss sich auf rationale Überlegungen von intersubjektiver Gültigkeit stützen, die mit dem heutigen Bildungsgut und aktuellen Stand der Wissenschaft vereinbar sind. Persönliche Offenbarungen, intuitive Eingebungen und sonstige, nicht von Tatsachen rational ableitbare Einsichten reichen dafür nicht aus.185 Diese Grenzen der freien Beweiswürdigung,186 namentlich ihre Einschränkung durch 43 übergeordnete verfahrensrechtliche Gesichtspunkte187 oder eine ausdrückliche gesetzliche Regelung188 sind zu beachten. Gegenstand der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung sind daher grundsätzlich nur diejenigen Beweismittel und Vorgänge in der Hauptverhandlung, deren Verwertung nach dem Verfahrens-, vor allem nach dem Beweisrecht zulässig ist.189 2. Beachtung der Denkgesetze, Erfahrungssätze und wissenschaftlichen Erkenntnisse a) Denkgesetze, also die Regeln der Logik, muss der Tatrichter bei seiner Beweiswür- 44 digung beachten. Vor allem muss seine Argumentation klar, folgerichtig und frei von
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Peters § 37 XI; Roxin/Schünemann § 45, 46. Peters § 37 XI. BGH StV 1988 93 m. Anm. Sessar; 1988 138 m. Anm. Schlothauer; Urt. v. 26.8.2009 – 2 StR 223/09; BayObLGSt 1971 128 = JR 1972 30 m. Anm. Peters; zur heute allgemein anerkannten Notwendigkeit einer rationalen Beweisführung vgl. etwa Eisenberg Beweisrecht Rn. 91; KMR/Stuckenberg 25 ff.; SK/Schlüchter 55, dazu Rn. 13, 50; LR/Hanack 25 § 337, 148 ff. Z.B. BGHSt 17 385: Gericht darf nicht die sich aus den Erfahrungen des Lebens, den Gesetzen der Wissenschaft und der Logik, insbesondere auch der Zeugenpsychologie, ergebenden Gesichtspunkte unberücksichtigt lassen. Wegen der Einzelheiten vgl. Rn. 81 ff.
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BGH NJW 1978 1207 (Parapsychologie); Krause FS Peters 328; Wimmer NJW 1976 1131 (keine wissenschaftlichen Beweise für okkulte Phänomene) m.w.N.; dagegen Bender NJW 1977 1089; vgl. Rn. 13. Vgl. OLG Bremen VRS 47 (1974) 37 (§ 261 ist verletzt, wenn die Grenzen zu eng oder zu weit angenommen werden). Z.B. Verwertungsverbote, die aus der Verletzung einer bestimmten Verfahrensvorschrift erwachsen (vgl. LR/Becker § 244, 187 ff. sowie die Erläuterungen bei LR/Gössel Einl. L; ferner Rn. 76, 87). Vgl. Rn. 64 und die Erläuterungen bei § 262. Hanack JZ 1972 314; vgl. Rn. 14.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Lücken,190 Begriffsverwechslungen,191 Rechenfehlern,192 Widersprüchen193 und Kreisbzw. Zirkelschlüssen194 sein. Die Denkgesetze sind auch verletzt, wenn das Gericht in Verkennung bestehender Alternativen seine Schlussfolgerung als einzig mögliche und damit als zwingend ansieht.195 Deshalb ist es beispielsweise rechtsfehlerhaft, wenn die zur Häufigkeit der Taten gemachte Angabe der Geschädigten, jedes Mal, wenn sie von Freitag bis Sonntag beim Angeklagten gewesen sei, hätte dieser sie sexuell missbraucht, auf die Zahl der Nächte bezogen wird, obwohl die Aussage ebenso gut dahin verstanden werden kann, dass es (nur) bei jedem Besuchswochenende zu einem sexuellen Übergriff gekommen ist.196 Lückenhaft ist die Beweiswürdigung nach der Rechtsprechung des BGH etwa dann, 44a wenn eine Verurteilung auf die Angaben eines zeugenschaftlich gehörten (eventuellen) Mittäters gestützt wird, ohne zu erörtern, dass dieser den Angeklagten zu Unrecht belastet haben könnte, um seinen ebenfalls der selben Tat angeklagten Bruder zu entlasten,197 wenn im Zusammenhang mit dem Fehlen von Blutspuren auf der Kleidung des Angeklagten nicht die Möglichkeit erwogen wird, die bei der Tat getragene Kleidung könnte gewaschen oder beseitigt worden sein,198 wenn offenbleibt, ob auf der Kleidung des Angeklagten, der mit einer Waffe viermal geschossen haben soll, Schmauchspuren gefunden worden sind,199 wenn beim Vorwurf des sexuellen Missbrauchs die Bekundung zweier Zeugen, das (mögliche) Tatopfer habe nach dem Geschlechtsverkehr mehrfach „Ich liebe Dich“ gemurmelt, außer Betracht bleibt,200 wenn nicht berücksichtigt wird, dass der Angeklagte, dem ein Raub zur Last gelegt wird, zwei Stunden vor dieser Tat an einem anderen Raubüberfall beteiligt war,201 ein Bauunternehmer bereits in einem parallelen Fall Zahlungen an einen Kommunalpolitiker für dessen Stimmabgabe hinsichtlich eines Bauleitplans geleistet hat202 oder in einem wegen Zuhälterei und Menschenhandels geführten Verfahren die (möglicherweise) Geschädigte bereits an anderen Orten und für andere Personen der Prostitution nachgegangen und zudem aus ihrem Heimatland freiwillig in das Bordell des Angeklagten zurückgekehrt ist,203 wenn beim Vorwurf des Betäubungsmittelhandelns einen Gewinn von 132.000 Pfund ausweisende Abrechnungen
190 191
192
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194
Vgl. etwa BGH StV 1994 360; 1995 341; NStZ-RR 1999 96. BGHSt 3 213; 28 310; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1983 111; Niemöller StV 1984 435; Hamm 979; SK/Schlüchter 58; LR/Hanack 25 § 337, 167. Vgl. etwa BGH StV 1996 583; Beschl. v. 12.7.2011 – 1 StR 147/11; Beschl. v. 13.3.2012 – 5 StR 73/12; OLG Bremen VRS 54 (1978) 656; Hamm 973; Nack StV 2002 510, 513. Vgl. etwa BGH StV 1982 343; 1995 341; Hamm 970; KK/Schoreit 47; SK/Schlüchter 58. Vgl. etwa BGHSt 3 214; 19 34; 28 311; BGH StV 1986 467; 1993 59 m. abl. Anm. Weider; dagegen Fischer StV 1993 670; 1996 366; BGH bei Dallinger MDR 1974 365; VRS 35 (1968) 264; KG StV 1986 469; OLG Koblenz VRS 59 (1980) 125; OLG Köln VRS 30 (1966) 313; 58 (1980) 23;
220
195
196 197 198 199 200 201 202 203
OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 112; OLG Stuttgart StV 1990 257; OLG Zweibrücken VRS 45 (1973) 443; Meurer FS Wolf 486; Niemöller StV 1984 435 (mit Beispielen); KK/Schoreit 47; KMR/Paulus § 244, 19; SK/Schlüchter 58, 58a. Vgl. ferner LR/Hanack 25 § 337, 165 ff. m.w.N. Etwa BGHSt 12 316; BGH StV 1995 341; s. auch BGH StraFo 2005 161; NStZ 2008 453; bei Herlan MDR 1955 19; ferner KMR/Paulus § 244, 163; SK/Schlüchter 58; LR/Hanack25 § 337, 168 m.w.N. BGH Beschl. v. 9.1.2008 – 2 StR 502/07. BGH Beschl. v. 10.1.2006 – 1 StR 527/04. BGH Urt. v. 22.5.2007 – 1 StR 582/06. BGH StV 2008 236. BGH Beschl. v. 31.1.2007 – 2 StR 594/06. BGH Urt. v. 11.5.2006 – 3 StR 23/06. BGH wistra 2008 218, 219. BGH Beschl. v. 20.4.2004 – 4 StR 67/04.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
außer Betracht bleiben, obwohl die durch den angeblich ausschließlich durchgeführten Transport von Stahlplattenbündeln verursachten Kosten den Wert der Güter weit überstiegen,204 wenn bei der Prüfung des Tötungsvorsatzes die von der Angeklagten nach den Messerstichen an das Opfer gerichtete Aufforderung „Geh’ raus, lass mich endlich in Ruhe!“ nicht in die Gesamtwürdigung eingestellt wird,205 wenn nicht begründet wird, warum ein nach seiner Einlassung an der ihm zur Last gelegten Geiselnahme Unbeteiligter sich bereit gefunden hat, das Lösegeld zu zählen, und sich dabei von einem der Täter filmen ließ,206 wenn die Angabe des Angeklagten, auf ihn sei zuerst geschossen worden, mit dem Fehlen entsprechender Einschussspuren widerlegt wird, ohne zu erwägen, der Kontrahent könne eine Schreckschusswaffe verwendet haben,207 und wenn der Befund einer gynäkologischen Untersuchung, das Hymen der Zeugin sei intakt, außer Betracht bleibt, obwohl diese den Angeklagten beschuldigt hatte, sie mehrfach zum vaginalen Geschlechtsverkehr gezwungen und hierdurch eine starke Blutung hervorgerufen zu haben.208 Eine Beweiswürdigungslücke besteht auch, wenn einem Angeklagten Bissverletzungen zugerechnet werden, obwohl dem geschädigten Kind schon zuvor erhebliche Verletzungen durch andere Personen zugefügt worden waren,209 wenn hinsichtlich des Motivs für eine vorsätzliche Tötung nicht bedacht wird, dass der Angeklagte dem Getöteten einen goldenen Ring vom Finger gezogen hat,210 wenn nicht dargelegt wird, welchen Sinn ein vom Angeklagten behaupteter, während des Überfalls auf eine Spielothek, in der sich acht Personen befanden, vollzogener Tausch der verwendeten Gesichtsmasken hätte haben sollen211 oder weshalb eine Zeugin die Haare eines Täters „bis zum Vorhandensein eines Scheitels“ beschreiben konnte, obwohl dieser eine den größten Teil des Kopfes bedeckende Mütze trug,212 je nach der Fallgestaltung auch, wenn einschlägige Vorstrafen,213 (namentlich) bei einem Eigentums- oder Vermögensdelikt die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten,214 bei einem vom Angeklagten behaupteten einvernehmlichen vaginalen Geschlechtsverkehr im Enddarm der Geschädigten215 oder bei einer Messerstecherei am Messer des Getöteten gesicherte DNA-Spuren216 nicht erörtert werden. Weiter sind Beweiswürdigungen als lückenhaft angesehen worden, weil beim Vorwurf der Umsatzsteuerhinterziehung nicht berücksichtigt wurde, dass der Lieferungsort in den Rechnungen absichtlich falsch deklariert worden war,217 weil in der Wohnung des Angeklagten aufgefundene, der Beschreibung durch das überfallene Opfer „deutlich entsprechende“ Gegenstände (Gaspistole, Kapuzenshirt, Tasche) nicht näher dargestellt wurden,218 weil nicht mitgeteilt wurde, weshalb das (angebliche) Opfer sexuellen Missbrauchs zuvor in zwei Tatsacheninstanzen eines anderen Strafverfahrens eine Begehung der Tat durch den Angeklagten in Abrede gestellt hatte,219 weil nicht erörtert wurde, warum das (mutmaßliche) Opfer eines erpresserischen Menschenraubes nach der Tat gemeinsam mit dem Angeklagten zu Bett gegangen war und der Polizei gegenüber erklärt hatte, „es sei alles in Ordnung“,220 und weil die Frage unbeantwortet blieb, aus welchem Grund eine angeblich überfallene Spielhallenaufsicht den vorhandenen Alarm nicht ausgelöst hat.221 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213
BGH Urt. v. 1.2.2007 – 4 StR 474/06. BGH NStZ-RR 2007 199. BGH Urt. v. 20.12.2007 – 4 StR 306/07. BGH Urt. v. 16.2.2005 – 5 StR 547/04. BGH Beschl. v. 24.6.2008 – 3 StR 169/08. BGH Beschl. v. 10.6.2008 – 5 StR 109/08. BGH Urt. v. 16.2.2005 – 5 StR 547/04. BGH Beschl. v. 17.2.2005 – 5 StR 555/04. BGH Urt. v. 27.10.2005 – 4 StR 234/05. BGH Urt. v. 8.5.2008 – 3 StR 53/08.
214 215 216 217 218 219 220 221
BGH Urt. v. 21.6.2007 – 5 StR 532/06; Urt. v. 23.8.2007 – 4 StR 180/07. BGH Urt. v. 29.4.2010 – 3 StR 63/10. BGH Urt. v. 17.6.2009 – 2 StR 105/09. BGH Urt. v. 8.9.2011 – 1 StR 38/11. BGH Urt. v. 11.1.2012 – 2 StR 482/11. BGH Beschl. v. 19.4.2012 – 2 StR 5/12. BGH Beschl. v. 20.6.2012 – 5 StR 221/12. BGH Urt. v. 26.4.2012 – 5 StR 82/12.
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§ 261 44b
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Als widersprüchlich hat der BGH die Verneinung eines Betrugsvorsatzes angesehen, obwohl dem Angeklagten nach den Feststellungen bereits bei einer fünf Tage zuvor begangenen Tat klar war, dass bei ähnlichen Gelegenheiten die erforderliche Darlehensgewährung gescheitert war,222 zudem, dass betreffend dieselben Taten von unterschiedlichen Schadenssummen ausgegangen223 und eine Einlassung einerseits als von „überflüssigen Details“ und „sehr originellen Einzelheiten geprägt“, andererseits als wenig „ausschmückend und detailliert“ berichtend bewertet wurde.224 Nicht miteinander vereinbar sind auch die Feststellungen, ein Messereinsatz sei vom Tatentschluss des Angeklagten nicht umfasst gewesen, während es an anderer Stelle heißt, die in den Messerstichen liegenden körperlichen Misshandlungen seien vom gemeinsamen Tatplan der Angeklagten gedeckt gewesen,225 der Angeklagte sei nicht am Tatort gewesen, während ein Zeuge ihn dort „glaubhaft“ gesehen habe,226 ein Zeuge habe bei seiner polizeilichen Vernehmung einen sexuellen Vorfall in der Dusche „dramatisch ausgeschmückt“, obwohl zu einem vergleichbaren Geschehen im Zelt die tatgerichtliche Einschätzung dahingeht, ihm fehle es an den intellektuellen Fähigkeiten und der Phantasie, so etwas auszudenken,227 die Schilderung der (nach der Anklage) Geschädigten werde durch die Angaben einer weiteren Zeugin „nachhaltig gestützt“, diese ausweislich der Urteilsgründe hingegen keine Angaben zum Tatvorwurf machen konnte,228 die Annahme, das Messer sei mit einer Handbewegung von unten nach oben geführt worden, während es in der Beweiswürdigung heißt, es seien verschiedene Stichbewegungen denkbar,229 die Gewalteinwirkung habe mindestens drei Tage vor dem Tod des Opfers stattgefunden, an anderer Stelle des Urteils jedoch eine tödliche Verletzung am Todestag für möglich gehalten wird,230 der Realitätsbezug des Angeklagten sei „ähnlich wie bei Schizophrenen beeinträchtigt gewesen“, er habe jedoch „weder Dinge verkannt noch Wahrnehmungsstörungen erlitten noch sei er verwirrt gewesen“,231 der Angeklagte habe Betäubungsmittel an eine Person verkauft, die aber als Zeuge glaubhaft bekundet habe, nicht er, sondern der Angeklagte sei der Käufer gewesen,232 die Tat sei zwei Stunden vor dem Tod des Opfers verübt worden, obwohl der Angeklagte zu ihr erst aufgefordert worden sein soll, nachdem sein „Präsident“ vom Suizid des Opfers erfahren hatte,233 eine Mutter würde ihrem Sohn ohne dessen Wissen keine große Menge Drogen unterschieben, während es an anderer Stelle heißt, der angeklagten Mutter wäre „das Schicksal ihres Sohnes erkennbar gleichgültig“ gewesen,234 die Angeklagte habe Unrechtseinsicht gehabt, dies sei aber nur „möglicherweise“ der Fall gewesen,235 eine Mutter habe ihrer Tochter die vor der Einschulung berichtete Tat wegen der „Neigung zur Erzählung erfundener Geschichten“ nicht geglaubt, obwohl festgestellt wird, dass sich diese Neigung erst im Laufe der Schulzeit entwickelt hat,236 sowie die Feststellung, eine Mutter habe ihr einjähriges Kind bedingt vorsätzlich verhungern und verdursten lassen, dabei aber wegen gezeigter „mütterlicher Gefühle“ nicht grausam gehandelt.237 Zu der Bejahung eines bedingten Tötungsvorsatzes ist die Feststellung als widersprüchlich angesehen worden, nach den Messerstichen in den 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231
BGH Urt. v. 16.2.2005 – 2 StR 384/04. BGH wistra 2006 385, 386. BGH Beschl. v. 21.7.2011 – 5 StR 32/11. BGH NStZ-RR 2007 43, 44. BGH Urt. v. 15.1.2004 – 3 StR 352/03. BGH StV 2008 237, 238. BGH Beschl. v. 20.4.2004 – 4 StR 67/04. BGH Beschl. v. 22.2.2006 – 5 StR 583/05. BGH NStZ-RR 2009 180. BGH NStZ 2009 569, 570.
222
232 233 234 235 236 237
BGH Beschl. v. 1.9.2009 – 5 StR 285/09. BGH Beschl. v. 25.7.2012 – 2 StR 111/12. BGH Beschl. v. 28.12.2011 – 2 StR 523/11. BGH Beschl. v. 21.12.2010 – 4 StR 540/10. BGH Beschl. v. 1.3.2011 – 3 StR 22/11. BGH NStZ-RR 2009 173; zu divergierenden Feststellungen zum Vorsatz im Rahmen des § 221 Abs. 1 und 3 StGB s. auch BGH NStZ 2009 385.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
Oberkörper ihres Mannes sei die Angeklagte in Panik geraten, „da es ihr unmöglich erschien, dass sie seinen Tod verursacht haben könnte“.238 Gleiches gilt für die Einschätzung, es sei kein Tatmotiv erkennbar, obgleich festgestellt ist, der Angeklagte habe dem Opfer „aus Rache für die vorausgegangene körperliche Auseinandersetzung aus vollem Lauf ein Messer wuchtig in den Rücken“ gestoßen.239 Dagegen ist die Ablehnung eines bedingten Tötungsvorsatzes mit der gleichzeitigen Annahme direkten Vorsatzes, das Opfer erheblich zu verletzen, logisch miteinander zu vereinbaren.240 Ein Zirkelschluss liegt vor, wenn aus einer Aussage selbst auf ihre Glaubhaftigkeit 44c geschlossen wird, beispielsweise insoweit bestehende Bedenken durch sonst unbestätigte Angaben desselben Zeugen zerstreut werden241 oder aus der bloßen Behauptung von Details auf deren Richtigkeit geschlossen wird.242 Ebenso verhält es sich, wenn ein anderes Beweismittel als Indiz für die Richtigkeit der Zeugenaussage gewertet wird, obwohl es die ihm entnommene Bedeutung erst erlangt, wenn es entsprechend den Angaben des Zeugen gedeutet wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine von der (möglicherweise) Geschädigten gesandte SMS so verstanden wird, dass sie – wie von ihr behauptet – vom Angeklagten eine Entschuldigung verlange, obwohl sich aus dem Wortlaut der Nachricht nichts derartiges ergibt.243 Zirkulär ist es auch, wenn das Tatgericht davon ausgeht, dass ein Zeuge bis zu seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung keine Kenntnis vom Anklagevorwurf hatte, weil er seit der Tat, deren Augenzeuge er gewesen sein soll, keinen Kontakt zu dem Angeklagten hatte,244 wenn eine psychische Erkrankung einer Zeugin als Beleg für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben herangezogen wird, „da sie sonst nicht nur in der Sache selbst hätte lügen, sondern auch noch psychische Schwierigkeiten hätte vortäuschen müssen“, obwohl ein Zusammenhang zwischen Tat und Erkrankung nicht festgestellt ist und daher zirkelschlüssig angenommen wird,245 oder wenn auf die Täterschaft der Angeklagten mit dem Argument geschlossen wird, diese habe durch das Säubern einer Eisschale das einzige objektive Beweismittel vernichtet, obwohl gerade nicht bewiesen war, dass sich nur an dieser Schale das tödliche Gift befunden haben konnte, sondern in gleicher Weise eine anderen zugängliche Eispackung in Betracht kam.246 Dagegen handelt es sich nicht um einen Zirkelschluss, wenn Teile einer Aussage, aus deren Wahrheit auf die Glaubhaftigkeit anderer Aussageteile geschlossen wird, eine außerhalb der Aussage liegende, d.h. „externe“ Bestätigung gefunden haben. Insofern hat es der BGH genügen lassen, dass aus dem Ablauf der Vernehmung oder dem dabei gezeigten Verhalten des Zeugen auf die Glaubhaftigkeit seiner Angaben geschlossen wurde.247 Soweit es als ebenfalls ausreichend angesehen worden ist, diesen Schluss aus der inhaltlichen Struktur der Aussage zu ziehen,248 überzeugt dies nicht. Denn die „Struktur“ einer Aussage stellt keinen externen Gesichtspunkt dar. Jedoch kann sie – wie auch der Umstand, dass ein Zeuge Einzelheiten geschildert hat, die grundsätzlich überprüfbar sind249 – als Kriterium im Rahmen der lege artis durchgeführten Aussageanalyse (vgl. Rn. 81b ff.) verwendet werden, ohne dass dies einen Zirkelschluss darstellen würde.
238 239 240 241
242 243
BGH NStZ-RR 2007 199. BGH Urt. v. 16.4.2008 – 2 StR 95/08. BGH Urt. v. 23.8.2007 – 4 StR 295/07. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 32 m.w.N.; BGH Beschl. v. 13.4.1999 – 4 StR 101/99. BGH Beschl. v. 23.10.2001 – 1 StR 415/01. BGH Beschl. v. 15.8.2007 – 2 StR 257/07; s. ferner Urt. v. 25.5.2011 – 2 StR 605/10.
244 245 246 247 248 249
BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 32. BGH StV 2008 238; s. auch BGH NStZ 2009 106, 107. BGH NJW 1999 1562, 1564; s. ferner BGH Urt. v. 29.7.1998 – 1 StR 152/98. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 32 m.w.N. BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 17. BGH Beschl. v. 23.10.2001 – 1 StR 415/01.
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
45
b) Die Erfahrungssätze, d.h. die empirisch aus der Beobachtung und Verallgemeinerung von Einzelfällen und nicht durch reines Denken gewonnenen Einsichten,250 werden unterschieden nach Erkennbarkeit und dem Grad der allgemeinen Gültigkeit. Bei der Erkennbarkeit wird differenziert, ob sie für jedermann auf Grund eigener Erfahrung einsichtig sind, weil sie Vorgänge des täglichen Lebens betreffen, oder ob ihre Erkennbarkeit örtlich oder zeitlich begrenzt oder gar durch Spezialkenntnisse bedingt ist. Die erstgenannten Sätze werden meist als „Lebenserfahrung“, die zweitgenannten als „spezielle Erfahrungssätze“ bezeichnet. Der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht es z.B., dass Messerstiche in den oberen Rückenbereich in hohem Maße lebensgefährlich sein können.251 Mit ihr steht dagegen die Annahme nicht in Einklang, eine gerade einer Vergewaltigung entronnene Frau habe „unmittelbar anschließend in gelöster Stimmung freiwillig … an dem Angeklagten sexuelle Handlungen vorgenommen“.252 Hinsichtlich des Grades der Allgemeingültigkeit der in den Sätzen enthaltenen Aus46 sage wird danach unterschieden, ob die Erfahrungssätze eine allgemeingültige, im Anwendungsbereich ausnahmslos zutreffende Aussage enthalten oder ob sie nur eine mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit für die Verknüpfung zweier Gegebenheiten aufzeigen, also der Ergänzung durch andere Beweise bedürfen. Ausnahmslos geltende Erfahrungssätze, also Sätze, die ähnlich den Naturgesetzen im praktischen Anwendungsbereich mit einer der Sicherheit gleichzuachtenden Wahrscheinlichkeit gelten, so dass ihre Beachtung verbindlich ist, werden oft als allgemeine Erfahrungssätze bezeichnet.253 Rechtsprechung und Schrifttum verwenden diese Bezeichnungen aber keinesfalls ein47 heitlich.254 Weder die verfahrensrechtliche Behandlung noch die Beurteilung der Bedeutung eines Erfahrungssatzes für die richterliche Beweiswürdigung hängen von der gewählten Bezeichnung ab. Maßgebend ist vielmehr, ob das Gericht unabhängig von der gewählten Bezeichnung Erkennbarkeit und Gültigkeitsgrad des herangezogenen Erfahrungssatzes richtig beurteilt hat. Die allgemeine Bekanntheit hat Bedeutung für die Art und Weise, in der ein Erfahrungssatz in die Hauptverhandlung einzuführen ist. Für die richterliche Beweiswürdigung ist dagegen entscheidend, ob der Erfahrungssatz – bezogen auf den entscheidungserheblichen Anwendungsbereich – eine schlechthin zwingende Folgerung enthält oder nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage. Zwingenden Erfahrungssätzen muss das Gericht bei seiner Beweiswürdigung entsprechen. Wahrscheinlichkeitsaussagen, die ein bestimmtes Ergebnis als naheliegend erscheinen lassen, muss es insoweit Rechnung tragen, als es sich mit ihnen auseinandersetzt und an Hand weiterer Beweisanzeichen prüft, ob diese ausreichen, um die Wahrscheinlichkeit zur Gewissheit werden zu
250
251 252 253
Dazu Schweling ZStW 83 (1971) 435 ff.; ferner Meurer FS Wolf 493 ff.; SK/Schlüchter 60. BGH Urt. v. 16.4.2008 – 2 StR 95/08. BGH NStZ-RR 2010 182, 183. Vgl. BGHSt 31 89 = JR 1983 128 m. Anm. Katholnigg; Geerds FS Peters 267; Hellmiß NStZ 1992 24; LR/Hanack25 § 337, 171 ff. m.w.N.; Schweling ZStW 83 (1971) 447 ff. unterscheidet neun Stufen, von dem mit Gewissheit ausnahmslos geltenden Erfahrungssatz über die mit Ausnahmen geltende Erfahrungsregel bis zu den Stufen einer immer weniger sicheren Erfahrung; dies erscheint wenig praxisgerecht. Das OLG
224
254
Köln VRS 48 (1975) 24 stellt die zwingenden „allgemeinen Erfahrungssätze“ der nicht immer und unbedingt geltenden „Alltagserfahrung“ gegenüber. Es folgt damit der Rechtsprechung des BVerwG (MDR 1974 957; Grave-Mühle MDR 1975 278 m.w.N.) und des BSG (NJW 1971 167); ähnlich OLG Koblenz VRS 50 (1976) 296. Der BGH verwendet in Zivilsachen die Bezeichnung Erfahrungssatz auch für die nicht ausnahmslos geltenden Sätze, die nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit begründen (vgl. BGH MDR 1973 748). Schweling ZStW 83 (1971) 464 m.w.N.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
lassen. Setzt sich das Gericht über eine solche Wahrscheinlichkeitsaussage hinweg, muss es im Urteil die Gründe dafür aufzeigen, wenn es seiner Verpflichtung zur erschöpfenden Beweiswürdigung genügen will. Ob ein Erfahrungssatz besteht und welches Maß von Allgemeingültigkeit ihm zu- 48 kommt, kann mitunter zweifelhaft sein.255 Insbesondere besteht hier die Gefahr, dass rein persönliche Erfahrungen zu Unrecht verallgemeinert 256 oder Pauschalurteile unbedacht übernommen werden257 oder dass eine Allgemeinaussage, die allenfalls eine Wahrscheinlichkeit begründen kann, als zwingend einer Schlussfolgerung zugrunde gelegt wird.258 Bei seiner Beweiswürdigung darf das Gericht aber auch eine solche Wahrscheinlichkeit nicht übergehen, sondern muss sich mit ihr auseinandersetzen.259 Aber selbst wenn einem Erfahrungssatz mitunter eine hohe Wahrscheinlichkeit entnommen werden kann, trägt er eine Verurteilung für sich allein nicht. Er muss immer durch weitere Tatsachen bestätigt werden.260 Wenn es sich um nicht allgemeinkundige Erfahrungssätze aus besonderen Lebensbereichen handelt, kann es der Zuziehung eines Sachverständigen bedürfen. Offenkundige Erfahrungssätze müssen, auch wenn sie nicht Gegenstand der Beweisaufnahme sind, grundsätzlich in der Hauptverhandlung erörtert werden.261 Ein vom Revisionsgericht nachprüfbarer Verstoß gegen Erfahrungssätze kann darin 49 liegen, dass das Gericht einen bestehenden Erfahrungssatz ohne hinreichenden Grund missachtet, beispielsweise dem negativen Befund eines am Tag nach der behaupteten Vergewaltigung bei einer gynäkologischen Untersuchung vorgenommenen Abstrichs „keinerlei Beweiswert“ zuerkannt hat, obwohl nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ein Nachweis von Spermatozoen nach dem Geschlechtsverkehr bis 24 Stunden zu erwarten ist und sogar bis 72 Stunden für möglich gehalten wird,262 oder entgegen kriminalistischer Erfahrung angenommen hat, der Angeklagte hätte sich ohne Waffe „angesichts der Überzahl der teilweise bewaffneten Gegner in einen hochgradig selbstgefährdenden Kampf begeben“.263 Umgekehrt kann ein Verstoß auch darin bestehen, dass das
255
256
257
Vgl. beispielsweise BGH MDR 1970 253 (zur Frage, ob es einen Erfahrungssatz gibt, dass ein Kraftfahrer Übermüdung wahrnimmt) und BGHSt 19 82 (alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit der Radfahrer). Vgl. LR/Hanack 25 § 337, 170. Hartung SJZ 1948 579; Schneider MDR 1962 954 (Verallgemeinerungen können Denkfehler sein). Vgl. etwa BGH StV 1981 605 (von früherer Einlassung abweichende Aussage unrichtig); BGH bei Holtz MDR 1982 972 (gleichförmige Tatausführung Indiz für Reife); BayObLG VRS 67 (1984) 427 (ausgeschlossen, dass niemand in verkehrsdichter Straße feststellungsbereit gewesen wäre); OLG Karlsruhe VRS 56 (1979) 359 (alle Türken lügen vor Gericht); OLG Koblenz VRS 64 (1983) 281; OLG Köln VRS 48 (1975) 24 (Polizeibeamte ziehen niemanden in Gegenwart von Zeugen an den Haaren). BGH StV 1993 116; VRS 63 (1982) 452; OLG Düsseldorf StV 1993 572.
258 259 260
261 262 263
Vgl. etwa BGH StV 1982 60; 1988 513; LR/Hanack 25 § 337, 175 m.w.N. Vgl. SK/Schlüchter 61 mit Beispielen aus der Rechtsprechung. So z.B. bei der DNA-Analyse, deren negatives Ergebnis zwingend ist, während die festgestellten Übereinstimmungen nur eine (mitunter allerdings sehr) hohe statistische Wahrscheinlichkeit begründen und es daher grundsätzlich (s. aber Rn. 90a) der Bestätigung durch weitere Beweisanzeichen bedarf, BGHSt 37 157; 38 320 = JR 1993 123 m. Anm. von Hippel = JZ 1993 102 m. Anm. Keller; ferner Anm. Vogt StV 1993 175; BGH NStZ 1994 554; Eisenberg Beweisrecht Rn. 103, 1680 ff., 1904 ff.; w.N. SK/Schlüchter 61 sowie bei den Erläuterungen zu §§ 81e und 81f. Dazu und zu den Ausnahmen vgl. Rn. 26. BGHR StPO § 261 Erfahrungssatz 7. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 18.
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Gericht zu Unrecht einen solchen Satz angenommen oder es seine Allgemeingültigkeit zu Unrecht bejaht oder verneint hat.264 So gibt es keinen Erfahrungssatz, dass ab einer bestimmten Blutalkoholkonzentration ein gemäß den §§ 20, 21 StGB relevanter Alkoholrausch vorliegt,265 mit einem Kilogramm Heroin in einschlägigen Kreisen nicht unbewaffnet Handel getrieben wird,266 in einer größeren Cannabisplantage stets eine Überwachung des Verantwortlichen stattfindet,267 einer Zeugenaussage – zumal zu unterschiedlichen Lebenssachverhalten – nur entweder insgesamt geglaubt oder nicht geglaubt werden kann,268 „im Trinkermilieu Blutanhaftungen üblicherweise in Form von Spritzspuren entstehen“,269 pro ausgewachsener erntereifer Cannabispflanze von einem Ertrag von jedenfalls 25 Gramm verkaufsfähigem Marihuana auszugehen ist,270 bei nach demselben Muster durchgeführten Geschäften eines Zwischenhändlers mit seinem Abnehmer die Betäubungsmittel stets aus derselben Quelle stammen,271 selbstverletzendes Verhalten typische Folge eines sexuellen Missbrauchs ist272 oder derjenige, der gestohlene, zur Verschiffung nach Übersee vorgesehene Fahrzeuge zu einem Speditionsgelände bringt, Mitglied der handelnden Hehlerbande ist.273 Ebenso wird es weder von aussagepsychologischen noch von forensischen Erfahrungen getragen, dass „ein Lügner es grundsätzlich vermeide, zu vage oder widersprüchliche Angaben zu machen“274 oder „alle Kinder Menschen besser wiedererkennen als Erwachsene“.275 Dies ist insbesondere der Fall, wenn aus einer Tatsache ein Schluss auf eine andere gezogen wird, obwohl kein einsichtiger Grund diese Schlussfolgerung trägt, wie etwa beim Schluss von einem ehebrecherischen Verhältnis auf die Begehung eines Ladendiebstahls276 oder dem nur bei weiteren Beweisanzeigen möglichen Schluss vom Halter auf den Fahrer eines Kraftfahrzeugs.277 Auch
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Vgl. etwa BGH NStZ 1991 481 (BAK); StV 1993 116; 1993 570; 1997 460; BGH bei Spiegel DAR 1983 206; s. auch BGH Beschl. v. 18.6.2008 – 2 StR 225/08; Urt. v. 22.2.2012 – 1 StR 378/11; w.N. LR/Hanack 25 § 337, 172, 175. Zu den Typen der Verstöße gegen Erfahrungssätze vgl. Meurer FS Wolf 494. BGHSt 43 66, 71. BGH StV 2000 69; Nack StV 2002 510, 513. BGH NStZ-RR 2010 51, 52. BGH Urt. v. 21.2.2006 – 1 StR 278/05. BGH NStZ-RR 2009 90, 91. BGH NStZ 2010 526, 527. BGH Urt. v. 17.9.2009 – 4 StR 174/09. BGH Urt. v. 25.1.2011 – 5 StR 418/10. BGH NStZ 2008 570, 571. BGH StraFo 2004 209, 210. Meyer-Goßner/Appl Rn. 368. OLG Hamm GA 1969 26. Vgl. dazu Eb. Schmidt JZ 1970 339, der die schwer zu bestimmende Grenze der Nachprüfbarkeit der Schlussfolgerungen dort ziehen will, wo keinerlei „Adäquanzverhältnis“ besteht, wo also nach vernünftiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls ein innerer Zusammenhang zwischen den durch die Schluss-
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folgerung verknüpften Tatsachen nicht ersichtlich ist, insbesondere auch vom Tatgericht nicht ersichtlich gemacht wird; beispielsweise BGH bei Dallinger MDR 1969 194, wo es als rechtlich bedenklich bezeichnet wird, wenn das Tatgericht die Überzeugung, die Pistole des Räubers sei geladen gewesen, allein damit begründet, der Räuber habe einige Tage vorher bei einem anderen Raub eine geladene Pistole mit sich geführt. An sich dürfte aber der natürlich nicht zwingende Schluss von einer „üblichen Arbeitsweise“ des Täters auf die Begehungsweise der angeklagten Tat möglich sein. Z.B. BGHSt 25 365 = JR 1975 382 m. Anm. Gollwitzer; BayObLGSt 1980 79 = VRS 59 (1980) 348; BayObLG VRS 62 (1982) 273; bei Rüth DAR 1973 197; 1982 253; 1983 252; OLG Bremen VRS 48 (1975) 435; OLG Celle VRS 45 (1973) 445; OLG Düsseldorf DAR 1974 246; VRS 55 (1978) 360; OLG Hamburg MDR 1980 780; VRS 59 (1986) 351; OLG Hamm NJW 1974 249; KG VRS 45 (1973) 287; OLG Karlsruhe VRS 49 (1975) 47; 49 (1975) 117; OLG Koblenz VRS 58 (1980) 377; 59 (1980) 434; 64 (1983) 281; OLG Köln VRS 47 (1974) 39; 191; 56 (1979) 149; 57 (1979) 429; 61
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wenn ein typischer Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung den Schluss auf ein bestimmtes Verhalten des Angeklagten nahelegt, beispielsweise jede Form des Schießens mit einer scharfen Waffe auf einen Menschen wegen der außergewöhnlichen Lebensgefahr den Schluss auf einen Tötungsvorsatz,278 müssen andere – ernsthaft – in Betracht kommende Varianten ausgeschieden werden, bevor die Überzeugung sich auf den Erfahrungssatz stützen darf. Ob ernsthafte Möglichkeiten eines anderen Geschehensablaufs bestehen, unterliegt der richterlichen Beweiswürdigung. Nachprüfbar ist insofern nur, ob die Alternativen erkannt und fehlerfrei gewürdigt worden sind 279 und ob gegen die Aufklärungspflicht verstoßen worden ist, indem eine Tatsache, die auf einen von dem angenommenen Erfahrungssatz abweichenden Sachhergang hindeuten kann, unbeachtet geblieben ist (s. zum sog. Beweis des ersten Anscheins Rn. 107). Eine unzulängliche Schlussfolgerung liegt vor, wenn sie aus den festgestellten Tat- 50 sachen allein nicht gezogen werden konnte. Sie macht die Beweiswürdigung fehlerhaft.280 Insbesondere dürfen sich Schlüsse nicht so sehr von den festgestellten Tatsachen entfernen, dass sie nach der Lebenserfahrung letztlich nicht mehr als Vermutungen sind, die allenfalls einen Verdacht begründen.281 Statistische Wahrscheinlichkeitsberechnungen, etwa die „Hochrechnung“ der Zahl der einzelnen Taten bei Serientätern, reichen als Grundlage des Schuldspruchs nicht aus.282 Jede Tat, wegen der verurteilt wird, muss durch Feststellung der konkret bei ihr für erwiesen erachteten objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale belegt werden. Ist bei einer Vielzahl gleichartiger Taten die konkrete Bezifferung der Einzelakte, die diesen Tatbestand mit Sicherheit erfüllen, nicht möglich, wie etwa bei gleichartigen Vermögensdelikten, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, so wird es für zulässig gehalten, deren Mindestzahl ebenso wie auch sonst den Schuldumfang im Rahmen einer dem Zweifelssatz Rechnung tragenden Schätzung zu ermitteln.283
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(1981) 361; OLG Saarbrücken VRS 47 (1974) 438; OLG Schleswig SchlHA 1976 158; bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1979 205; bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1982 123; OLG Stuttgart VRS 69 (1985) 295; a.A. OLG Hamm NJW 1973 159; JMBlNW 1973 233. Bei privaten Kleinflugzeugen hält OLG Frankfurt MDR 1974 688 es für zulässig, allein aus der Eigenschaft als Halter zu schließen, dieser sei der Pilot gewesen; dagegen Bach MDR 1976 19. Vgl. ferner OLG Frankfurt VRS 64 (1983) 221 (Schluss vom Abholen des abgeschleppten Fahrzeugs auf Täterschaft beim Falschparken). Vgl. Rn. 13. BGH Beschl. v. 7.2.2008 – 5 StR 453/07. Vgl. LR/Hanack 25 § 337, 175 ff. Vgl. etwa BayObLG VRS 66 (1984) 34 (Schluss von der Aufgabe eines Briefes auf Zugang); weitere Beispiele: OLG Zweibrücken StV 1985 359; Niemöller StV 1984 434; ferner Rn. 13, 49, 50. BGH MDR 1980 948; vgl. Rn. 42. Zur Zulässigkeit der Schätzung des
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Mindestumfangs der für erwiesen erachteten Tat bei der Strafzumessung vgl. etwa BGH StV 1998 473; Hellmann GA 1997 503 und die Erläuterungen bei § 267. BGHSt 42 107; BGH NStZ 1995 204; 1998 208; 1999 381; 1999 581; bei Holtz MDR 1978 803. Dies gilt nach Wegfall der „fortgesetzten“ Tat auf Grund der Entscheidung des Großen Senats auch uneingeschränkt für alle jetzt selbständigen Einzeltaten eines Serientäters (BGHSt 40 138, 159 ff.), da nicht mehr auf den Gesamtumfang der einheitlichen (fortgesetzten) Tat oder eine nicht nachgewiesene, sondern nur geschätzte Mindestzahl von Taten abgestellt werden kann. Vgl. auch BGHSt 40 374; abl. Bohnert NStZ 1995 460; Geppert NStZ 1996 63; vgl. aber auch BGHSt 36 320; 38 186; 40 374; BGH StV 1993 66; 1998 474 mit Anm. Hefendehl; Niemöller StV 1984 434; KMR/Stuckenberg 26; ferner Rn. 113. Zur Beweiskraft statistischer Wahrscheinlichkeiten vgl. Allgaier MDR 1986 626.
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c) Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse können sowohl auf rein rational erschlossenen Gesetzmäßigkeiten (Denkgesetzen) als auch auf empirisch gewonnenen speziellen Erfahrungssätzen beruhen. Meist tragen beide Erkenntnisquellen dazu bei, dass eine bestimmte Folgerung zu einer wissenschaftlichen Erkenntnis geworden ist. Über derartige Erkenntnisse der Wissenschaft darf sich das Tatgericht bei der Beweis52 würdigung nicht hinwegsetzen.284 Nimmt es z.B. an, das Opfer sei im Alter von neun Jahren sexuell schwer missbraucht worden und an einer „Aufarbeitung“ der Tat infolge einer durch diese verursachten chronischen Anpassungsstörung sieben Jahre gehindert gewesen, so muss es sich damit auseinandersetzen, dass eine derartige Störung ausweislich der psychiatrischen Fachliteratur regelmäßig innerhalb eines Monats nach dem belastenden Ereignis beginnt und meist nicht länger als sechs Monate andauert.285 Folgt aus wissenschaftlichen Erkenntnissen eine bestimmte, für das Verfahren erhebliche Tatsache zwingend, muss es sie in die Beweiswürdigung einstellen.286 Zur Feststellung, ob solche gesicherten Erkenntnisse vorliegen, wird sich das Gericht oft eines Sachverständigen bedienen müssen.287 Ergibt die Anhörung, dass die betreffende Frage Gegenstand eines wissenschaftlichen Meinungsstreits ist, muss das Tatgericht trotz aller Schwierigkeiten selbst entscheiden, welcher Meinung es sich anschließen will.288 Vereinzelte Ansichten, die sich nicht auf eine ausreichende Erfahrungsbreite stützen können, vermögen jedoch in der Regel die Verbindlichkeit des von der herrschenden Lehre als gesichert erachteten Wissens nicht zu beseitigen.289 Das Gericht darf hiervon nur abweichen, wenn es seine Gegenmeinung auf sorgfältige und überzeugende Gegenuntersuchungen oder auf die Meinung anerkannter Autoritäten stützen kann.290 An gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse ist das Gericht auch dann gebunden, 53 wenn es die Richtigkeit der Ergebnisse selbst nicht nachprüfen kann, wie dies insbesondere bei den mitunter äußerst komplizierten Gesetzmäßigkeiten im Bereich der Naturwissenschaften der Fall ist.291 Ob gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse oder nur Erfahrungssätze im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsaussage vorliegen, ist mitunter zweifelhaft. Die Rechtsprechung verwendet den Begriff Erfahrungssatz oftmals auch bei gesicherten Erkenntnissen (z.B. „nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Erfahrung“ usw.). Maßgebend für die richterliche Beweiswürdigung ist aber nicht die gewählte Bezeichnung,
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Vgl. etwa BGHSt 5 34; 6 70; 10 211; 17 385; 21 159; BGHR StPO § 261 Erfahrungssätze 1 bis 5; Eb. Schmidt JZ 1970 338; ferner LR/Hanack 25 § 337, 171 ff. Die zahlreichen Entscheidungen, die zu einzelnen naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten ergangen sind, wie etwa zu den Methoden des Vaterschaftsnachweises, zur Blutgruppen- und Blutalkoholbestimmung, zur Fahrgeschwindigkeitsbestimmung oder zum Nachweis von Unfallursachen, sind in den Übersichtsblättern der Deutschen Rechtsprechung IV 456 bei § 261 nachgewiesen. Bei Heranziehung der Rechtsprechung ist zu beachten, dass der Ausdruck Erfahrungssätze sehr oft auch für zwingende naturwissenschaftliche Erkenntnisse verwendet wird. BGH NStZ 2009 108. BGHSt 5 34; 6 70; 10 211; 21 159; 24 203;
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25 248; BGH NJW 1978 1207; BGH bei Holtz MDR 1980 987; bei Spiegel DAR 1982 206; s. auch NStZ 2010 102, 103. Vgl. LR/Becker § 244, 69 ff., 339 ff. Eb. Schmidt JZ 1970 338. BGHSt 6 70 = LM Nr. 17 m. Anm. Kohlhaas; vgl. Mösl DRiZ 1970 113; zur Bedeutung des Verstoßes gegen Naturgesetze in der Revision vgl. § 337, 170 ff. Im Schrifttum ist insbesondere auf Eb. Schmidt JZ 1970 337 und auf Sarstedt FS Hirsch 171 hinzuweisen. BGH bei Dallinger MDR 1952 274; vgl. LR/Becker § 244, 76 ff. Vgl. BGHSt 10 208; 21 159; OLG Hamm JMBlNW 1969 260; ausführlich zur „Unüberwindbarkeit des Kenntnisdefizites“ Erb ZStW 121 (2009) 882, 883 ff., 888 ff.
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sondern nur, ob der Satz, bezogen auf den entscheidungserheblichen Anwendungsbereich, eine zwingende Folgerung enthält oder lediglich eine Wahrscheinlichkeitsaussage. Die Bindung besteht grundsätzlich auch, wenn die naturwissenschaftliche Forschung 54 das Ergebnis nur durch Wertungen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen gewinnen konnte,292 sofern nur – wenn auch eventuell unter Berücksichtigung einer Toleranzgrenze – im praktischen Anwendungsbereich eine genügende Sicherheit des Ergebnisses gewährleistet bleibt. Ist aber in diesem wissenschaftlichen Bereich nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage möglich, dann besteht keine Bindung. Das Tatgericht muss dann in freier Beweiswürdigung entscheiden, ob es unter Beachtung des zu berücksichtigenden Wahrscheinlichkeitsgrades (vgl. Rn. 47) und anderer Beweisanzeichen den Beweis für erbracht hält.293 Ob technische Regelwerke die Bedeutung einer Festlegung allgemein geltender wissenschaftlich-technischer Erfahrungswerte haben oder ob darin auch nicht zwingend notwendige, aber wünschenswerte Sollvorgaben enthalten sind, lässt sich nicht allgemein beurteilen, sondern muss im Einzelfall für die jeweilige Aussage geprüft werden.294 Bei Verwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse muss das Gericht in den Urteilsgrün- 55 den seine Sachkunde ausweisen und unter Umständen auch die Quelle angeben, aus der es diese Erkenntnis gewonnen hat.295 Eine Ausnahme gilt bei den allgemein bekannten Sätzen, deren Gültigkeit offenkundig (Rn. 25 ff.) ist. 3. Erschöpfende Beweiswürdigung a) Pflicht zur erschöpfenden Würdigung. Die Freiheit, die dem Richter bei der 56 Beweiswürdigung eingeräumt ist, findet ihre Ergänzung in der Verpflichtung, sie auch verantwortungsvoll zu nutzen.296 Der Richter muss alle aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse zur Bildung seiner Überzeugung heranziehen und unter allen für die Urteilsfindung wesentlichen Gesichtspunkten erschöpfend würdigen. Soweit kein Beweisverwertungsverbot entgegensteht, sind alle in die Hauptverhandlung ordnungsgemäß eingeführten oder dort zutage getretenen Umstände in die Überlegung einzubeziehen und in ihrem Beweiswert gegeneinander abzuwägen.297 Erforderlich ist sowohl vor einer Verurteilung als auch vor einem Freispruch eine Gesamtschau. Es genügt nicht, wenn einzelne Vorgänge allein für sich und ohne Zusammenhang mit den sonst festgestellten Tatsachen beurteilt werden.298 Dies gilt etwa bei einem Freispruch,
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BGHSt 21 159; dazu Haffke JuS 1972 448; Mösl DRiZ 1970 113; Eb. Schmidt JZ 1970 338; zur unterschiedlichen Denkweise vgl. auch Arbab-Zadeh NJW 1970 1214; zur wissenschaftlichen Nachweisbarkeit der Kausalität Rn. 10, 10a. BGH NJW 1973 1411. Die Fehlbewertung statistischer Häufigkeiten ist ein Rechtsfehler, vgl. etwa BGHSt 37 157; 38 320; BGH StV 1999 583. Vgl. etwa Rittstieg NJW 1983 1098; Nicklisch NJW 1983 841; BB 1983 261; auch BVerfGE 49 135 ff. Vgl. LR/Becker § 244, 73 f. und die Erläuterungen bei § 267. Vgl. Rn. 5; zum Verhältnis zur Aufklärungspflicht Niemöller StV 1984 431.
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RGSt 77 79; BGHSt 12 315; 14 164; 25 285; 29 109; 31 42; ferner BGH GA 1974 61; NJW 1967 140; 1980 2423; 1988 290; VRS 53 (1977) 109; NStZ 1982 478; 1983 277; StV 1981 14; 1981 221; 1982 210; bei Pfeiffer/Miebach 1983 357; 1984 17; 212; 1985 495; bei Spiegel DAR 1978 157; OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 381; 66 (1984) 358; KK/Schoreit 49; KMR/Stuckenberg 2; Meyer-Goßner 6; SK/Schlüchter 63. BGH NJW 1980 2423; BGH bei Dallinger MDR 1974 548; bei Holtz MDR 1978 988; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 357; bei Spiegel DAR 1986 202; BayObLG NJW 1994 3177; Niemöller StV 1984 439.
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wenn zwar einzelne Indizien jeweils gesondert unverfänglich erklärt werden können, hierbei aber außer Acht gelassen wird, dass ihnen insgesamt ein belastender Beweiswert zukommen kann.299 Dabei kann auch Beweismitteln, die den Tatvorwurf nicht unmittelbar belegen, Indizwert zukommen.300 Deshalb hat sich ein Freispruch vom Vorwurf des schweren Raubes als nicht tragfähig erwiesen, da in der zugrundeliegenden Gesamtschau unberücksichtigt geblieben war, dass der Angeklagte zuvor eine entsprechende Tat geplant und gegenüber seinem Bruder Realitätskriterien enthaltende Angaben zum Ablauf der ihm nun vorgeworfenen Tat gemacht hatte, die auf Täterwissen hindeuteten, an in einem Bahnhofsschließfach sichergestellten Geldscheinen nicht aufgeklärter Herkunft seine Fingerabdrücke und bei möglichen Mittätern ebenfalls nicht unerhebliche Geldmittel sowie eventuelle Tatmittel, insbesondere in Betracht kommende Pistolen nebst Munition, gefunden worden waren.301 Von der Gesamtwürdigung dürfen einzelne Beweismittel auch nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen werden, weil sie keinen zwingenden, sondern nur einen möglichen Schluss zulassen302 oder weil ihre Wertung schwierig ist. Lässt eine Tatsache oder ein Tatsachenkomplex verschiedene Deutungen zu, darf sich 57 das Tatgericht nicht für eine von ihnen entscheiden, ohne die übrigen in seine Überlegung einzubeziehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Es braucht zwar nicht jeder denkbaren, den Umständen nach fernliegenden Fallgestaltung nachzugehen, es darf aber von mehreren naheliegenden tatsächlichen Möglichkeiten nicht nur eine in Betracht ziehen und die anderen außer Acht lassen.303 Welche Möglichkeiten naheliegen, beurteilt sich nach der Lebenserfahrung sowie danach, ob der Gang der Hauptverhandlung oder dort festgestellte Tatsachen konkrete Anhaltspunkte für eine solche Möglichkeit ergeben haben. Naheliegend ist eine Möglichkeit insbesondere dann, wenn die Beweisanzeichen nach der gegebenen Sachlage mit ihr ebenso zu vereinen sind wie mit dem vom Gericht für erwiesen erachteten Sachverhalt.304
58
b) Urteilsgründe. Die Pflicht des Gerichts, in den schriftlichen Urteilsgründen aufzuzeigen, dass seine Überzeugung von den Tatsachen, die die Anwendung des materiellen Rechts tragen, auf einer umfassenden, von rational nachvollziehbaren Überlegungen bestimmten Beweiswürdigung beruht, wird heute von den Revisionsgerichten allgemein bejaht.305 Sie fordern schon bei Nachprüfung der materiellen Rechtsanwendung, dass das Urteil ersehen lassen muss, dass die Beweise erschöpfend gewürdigt worden sind.
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BGH NStZ-RR 2005 45, 46; Urt. v. 29.8.2007 – 2 StR 284/07. BGH NStZ-RR 2005 321, 322. BGH Urt. v. 23.8.2007 – 4 StR 180/07; s. auch BGH Urt. v. 1.7.2008 – 1 StR 654/07 (Totschlag). BGH StV 1994 6; HK/Julius 21. BGHSt 10 208; 12 315; 25 365 = JR 1975 381 m. Anm. Gollwitzer; BGH NJW 1959 780; GA 1974 61; VRS 53 (1977) 110; StV 1981 221; 1981 508; 1982 59; 1982 508; 1983 359; 1994 360; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Pfeiffer/Miebach 1983 212; 1983 358; 1984 17; bei Spiegel DAR 1982 206; 1983 206; OLG Bremen VRS 48 (1975) 270; OLG Köln VRS 50 (1976) 348; 51
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(1976) 213; OLG Saarbrücken VRS 47 (1974) 438; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1976 171; 1977 182; ferner die zahlreichen Entscheidungen zum Schluss vom Halter auf den Fahrer eines Kraftfahrzeugs bei Rn. 49; vgl. auch Niemöller StV 1984 440. BGHSt 25 367; BGH bei Holtz MDR 1977 284; 1983 793; KK/Schoreit 49. Zur Ableitung der in § 267 nicht vorgesehenen Begründungspflicht und der Forderung, die Grundlagen für die Anwendung des materiellen Rechts lückenlos aufzuzeigen, vgl. die Erläuterungen bei § 267 und LR/Hanack 25 § 337, 120 ff., 145 ff.; ferner HK/JuIius 267, 11 (Verfassungsgebot).
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Auch wenn das Gericht nicht gehalten ist, auf jedes Vorbringen einzugehen,306 jede Würdigungsvariante ausdrücklich zu erwägen307 und jeden erhobenen Beweis im Urteil zu behandeln,308 muss es unter Würdigung der dafür und dagegen sprechenden relevanten309 Beweise und Überlegungen lückenlos darlegen, was für die Bildung seiner Überzeugung maßgebend war.310 Umstände, welche geeignet sind, die Entscheidung wesentlich zu beeinflussen, dürfen nicht stillschweigend übergangen werden. Für jede ernsthaft in Betracht kommende Fallgestaltung ist aufzuzeigen, dass das Gericht diese Möglichkeit erwogen und die Beweisbedeutung der jeweils in Betracht kommenden Tatsachen erkannt hat,311 ferner, aus welchen rational einsichtigen Gründen es eine der Möglichkeiten für erwiesen und die anderen für ausgeschlossen erachtet hat. Der die Nachprüfung des Revisionsgerichts beschränkende Grundsatz, dass die Beweiswürdigung des Tatgerichts und die von ihm gezogenen Schlüsse denkgesetzlich möglich, aber nicht zwingend sein müssen, greift nur ein, wenn das Urteil den festgestellten Sachverhalt, soweit er Schlüsse zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zulässt, erschöpfend gewürdigt hat.312 Um der Nachprüfbarkeit willen fordert die Rechtsprechung, dass sich die Urteilsgründe 59 mit allen festgestellten Tatsachen auseinandersetzen müssen, wenn diese unter irgendeinem Gesichtspunkt entscheidungserheblich sein können (sog. Ausschöpfungsgebot).313 Es wird beanstandet, wenn die Beweisbedeutung der festgestellten Tatsachen nicht in jede Richtung geprüft wird.314 Die Erörterungsbedürftigkeit wird dabei auch aus dem konkreten Vorbringen der Verfahrensbeteiligten,315 vor allem aus der Verteidigung des Angeklagten,316 dessen ggf. erfolgte Einlassung regelmäßig wiederzugeben ist,317 mitunter auch schon aus der Logik des zur Aburteilung stehenden Vorgangs318 hergeleitet. Ihr muss durch Anführung sachlicher Erwägungen genügt werden.319 Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen genügt es nicht, wenn ohne Darlegung des festgestellten Sachverhalts und daran anknüpfender sachlicher Erwägungen lediglich mitgeteilt wird, das Gericht habe „verbleibende letzte Zweifel nicht überwunden“.320 Vielmehr sind der Anklagevor-
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Eine solche Pflicht folgt auch nicht aus dem Recht auf Gehör, vgl. BVerfGE 5 24; 13 149; 42 368; und die Erläuterungen bei § 267. BGH StraFo 2010 386. BGH NJW 1951 325; vgl. die Erläuterungen bei § 267. BGH Beschl v. 15.12.2010 – 1 StR 556/10. Etwa BGH bei Holtz MDR 1978 281; 1979 637; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; bei Spiegel DAR 1985 197; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 36; vgl. die Erläuterungen bei § 267. BGH StV 1982 157; VRS 55 (1978) 186; BGH bei Holtz MDR 1976 813. BGH NJW 1964 325; GA 1974 61; StV 1981 227. BGH NJW 1980 2423; GA 1974 61; NStZ 1981 401; bei Holtz MDR 1980 806; BayObLG bei Rüth DAR 1986 248; Niemöller StV 1982 210; 1984 440; vgl. Rn. 14, 15, 176; LR/Hanack 25 § 337, 151.
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Vgl. die Erläuterungen bei § 267 sowie LR/Hanack 25 § 337, 151, 156; ferner etwa BGH bei Spiegel DAR 1983 206. Etwa auch aus Gesichtspunkten, die bei der Würdigung einer Zeugenaussage eine Rolle spielen können, vgl. BGH NStZ 1981 271; StV 1983 496; 1984 412. Vgl. etwa BGH NStZ 1985 136; StV 1984 411; OLG Hamm VRS 69 (1985) 221; Niemöller StV 1984 439; ferner zur subjektiven Tatseite BGH StV 1984 411. Vgl. BGH Beschl. v. 24.4.2008 – 4 StR 133/08. Vgl. Rn. 42. Vgl. Rn. 13, 42. OLG Köln MDR 1978 338. Vgl. ferner BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212 (Fehlen realer Anknüpfungspunkte für Irrtum der Zeugen); vgl. die Erläuterungen bei § 267 und LR/Hanack 25 § 337, 162.
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wurf und – sofern überhaupt vorhanden – 321 die erwiesenen Tatsachen darzustellen,322 wozu im Einzelfall auch Feststellungen zur Person, z.B. den Vorstrafen,323 der Ausbildung und Geschäftserfahrung oder dem sonstigen Werdegang, gehören können, sofern sie für die materiell-rechtliche Prüfung bedeutsam sind.324 Im Rahmen der Beweiswürdigung ist zu begründen, weshalb die für eine Verurteilung (zusätzlich) erforderlichen Feststellungen nicht getroffen werden konnten325 (§ 267 Abs. 5 Satz 1). Die Anforderungen sind umso höher, je erheblicher der gegen den Angeklagten bestehende Tatverdacht ist.326
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4. Beim Indizienbeweis wird auf die unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsachen aus anderen Tatsachen geschlossen.327 Vom direkten Beweis unterscheidet er sich allein dadurch, dass er lediglich mehr Schlüsse als dieser erfordert.328 Der Indizienbeweis stellt also keine qualitativ andere Beweisart dar. Auch für ihn gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung.329 Die Verpflichtung, die Beweise erschöpfend zu würdigen330 und sie in den Urteilsgründen lückenlos darzulegen, erlangt hier besonderes Gewicht. Lassen die festgestellten Tatsachen mehrere Möglichkeiten zu, so ist aufzuzeigen, dass das Gericht dies erkannt und warum es sich für eine entschieden hat.331 Wählt es bei mehreren Indizien jeweils eine eher fern liegende Deutungsvariante, so muss es sich dieses Umstands im Rahmen der Gesamtwürdigung bewusst sein.332 Ferner kann es gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn das Gericht die Ambivalenz eines Indizes nicht erkannt hat.333 Die Tatsachen, von denen der Indizienbeweis ausgeht, müssen als solche zweifelsfrei 61 feststehen.334 Der Indizienbeweis darf nicht mit unerwiesenen Tatsachen geführt werden,335 wohl aber mit erwiesenen Indizien, die nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit
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BGH Urt. v. 28.10.2010 – 3 StR 317/10; Urt. v. 30.6.2011 – 3 StR 41/11. BGH Urt. v. 24.7.2008 – 3 StR 261/08; Urt. v. 4.2.2010 – 4 StR 487/09; Urt. v. 29.7.2010 – 4 StR 190/10; Urt. v. 30.9.2010 – 4 StR 150/10; Urt. v. 27.1.2011 – 4 StR 487/10; Urt. v. 24.3.2011 – 4 StR 602/10; Urt. v. 11.10.2011 – 1 StR 134/11; Urt.v. 26.4.2012 – 4 StR 599/11. BGH Urt. v. 15.10.2009 – 4 StR 287/09. BGH NJW 2008 2792, 2793; NStZ 2010 529; NStZ-RR 2008 206, 207; 2009 116, 117; wistra 2010 219, 220; Urt. v. 7.3.2012 – 2 StR 640/11. BGH Urt. v. 1.2.2007 – 4 StR 474/06; Urt. v. 20.3.2008 – 4 StR 5/08. BGH wistra 2007 18, 19; 2008 22, 24. Mittelbar beweiserhebliche Tatsachen, vgl. OGHSt 1 166; § 244, 7, 216; auch zu den Hilfstatsachen, die den Wert eines Beweismittels betreffen, ferner Nack MDR 1986 368. Grünwald FS Honig 60; vgl. ferner etwa Alsberg/Nüse/Meyer 578; KK/Schoreit 64; KMR/Paulus § 244, 47; Meyer-Goßner 25. RGSt 48 246; BGH NJW 1991 1894; NStZ 1983 133; JR 1983 84 m. Anm. Peters.
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Vgl. Rn. 56 ff.; ferner zur Prüfung, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine belastende Schlussfolgerung aus dem Indiz herzuleiten ist, Nack NJW 1983 1035; MDR 1986 368. BGHSt 12 316; 25 285; BGH StV 1993 509; OLG Bremen VRS 48 (1975) 276; OLG Schleswig SchlHA 1956 184; vgl. LR/Hanack 25 § 337, 156. BGH NStZ-RR 2009 248; 2010 85; wistra 2010 310, 312. BGH NJW 1991 1894. OGHSt 1 166; 1 361; BGHSt 36 286; BGH NJW 1980 2433; JR 1954 468; JR 1975 34 m. Anm. Peters; StV 1985 48 (L); OLG Hamm NJW 1960 398; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; Hamm 895; G. Schäfer StV 1995 150; KK/Schoreit 64; KMR/Stuckenberg 71; Meyer-Goßner 25; SK/Schlüchter 75; Eb. Schmidt 13; a.A. (Wahrscheinlichkeit genügt): Bender/Nack DRiZ 1980 121; Grünwald FS Honig 58; Montenbruck In dubio 143; Nack MDR 1986 370; Volk NStZ 1983 423; vgl. Rn. 114 m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1969 194: „Aus mehreren Wahrscheinlichkeiten darf keine Gewissheit konstruiert werden“; vgl. LR/Hanack25 § 337, 160, 169.
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§ 261
(einen „Verdacht“) für eine unmittelbar entscheidungserhebliche (indizierte) Tatsache begründen.336 Dies gilt auch für die Heranziehung noch wenig erprobter wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden.337 Es ist nicht erforderlich, dass ein einzelnes Beweisanzeichen für sich allein schon dem Richter die volle Gewissheit verschafft, denn maßgebend für die gerichtliche Überzeugung ist bei mehreren auf die entscheidungserhebliche Tatsache hindeutenden Indizien die Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände,338 d.h. das Gericht darf sich nicht mit einer isolierten Würdigung einzelner Indizien begnügen.339 Die Gesamtwürdigung ist allerdings kein Selbstzweck. Sie hat nur dann eigenständige Bedeutung, wenn sich die Belastungselemente gegenseitig ergänzen oder verstärken können.340 Entsprechendes gilt für entlastende Umstände.341 Sind etwa an tatrelevanten Kleidungsstücken DNA-Spuren des Angeklagten gefunden worden, so dürfen Anhaltspunkte nicht aus dem Blick geraten, nach denen die Kleidung von mehreren als Täter in Betracht kommenden Personen wechselseitig getragen worden sein kann.342 In einem gegen den Angeklagten wegen Vergewaltigung geführten Verfahren wird dem Umstand, dass an dem am Tattag getragenen Slip der (möglicherweise) Geschädigten ausschließlich von einem anderen Mann stammendes DNA-Material gefunden wurde, indizielle Bedeutung zukommen.343 Aus der Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung folgt zudem, dass deren Ergebnis häufig – etwa bei einer Indizienkette – fehlerhaft wird, wenn die Tragfähigkeit nur eines Indizes verkannt344 oder wenn es überhaupt zu Unrecht mit verwendet wurde, wie etwa bei der Annahme eines nicht existierenden Erfahrungssatzes.345 Beispielsweise ist eine Beweiswürdigung als rechtsfehlerhaft angesehen worden, die einer DNA-Spur des Angeklagten, die sich an einem bei der Tat verwendeten Rucksack befand, dadurch zu große Bedeutung beigemessen hat, dass die Möglichkeit, die Spur könne bereits vor der Tat entstanden sein, nicht hinreichend berücksichtigt wurde,346 oder die den Beweiswert einer DNA-Spur nicht in Frage gestellt hat, obwohl dem Zwillingsbruder des Angeklagten die Beteiligung an derselben Tat vorgeworfen wurde.347 Die weiteren Einzelheiten, die sich aus dem Grundsatz ergeben, dass im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden ist, sind unter Rn. 114 erläutert. Die Schlüsse, die den Indizienbeweis tragen, müssen denkgesetzlich möglich, sie brau- 62 chen aber nicht zwingend zu sein.348 Mehrere Indizien können sich gegenseitig stützen, wenn sie sich unabhängig voneinander auf denselben beweiserheblichen Umstand bezie-
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BGH JR 1975 34 m. Anm. Peters. BGH StV 1994 227. BGH JR 1975 34 m. Anm. Peters; BGH NStZ 1983 133; 1991 596; 1998 265; bei Pfeiffer NStZ 1987 220; bei Dallinger MDR 1974 584; bei Herlan MDR 1955 18; StV 1987 238; 1993 509; NJW 2008 2792, 2794; OLG Stuttgart Justiz 1971 63; Nack MDR 1986 368; KK/Schoreit 64; KMR/Stuckenberg 71; Meyer-Goßner 25; SK/Schlüchter 64. BGH NStZ 1983 133; Urt. v. 20.8.2008 – 5 StR 15/08; Urt. v. 16.12.2009 – 1 StR 491/09. BGH Urt. v. 22.7.2008 – 5 StR 61/08; Urt. v. 4.3.2010 – 3 StR 559/09. Zu einer „Häufung von Fragwürdigkeiten“ BGH NStZ-RR 2010 83, 84.
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BGH Urt. v. 27.10.2005 – 4 StR 235/05. BGH Beschl. v. 9.10.2007 – 5 StR 344/07. BGH StV 1995 453; Beschl. v. 14.1.2010 – 5 StR 435/09. Vgl. BayObLG JR 1990 436 m. Anm. Loos. BGH Beschl. v. 25.9.2007 – 4 StR 348/07. BGH StraFo 2007 65. BGH NStZ 1997 269; StV 1998 116; bei Dallinger MDR 1970 198; bei Spiegel DAR 1983 206; Urt. v. 20.5.2009 – 2 StR 85/09; vgl. Rn. 56 ff.; LR/Hanack 25 § 337, 168 m.w.N.; ferner EKMR NJW 1977 2011; Grünwald FS Honig 57; Peters § 37 VII fordert dagegen, dass die gezogenen Schlüsse zwingend sind; die unmittelbar erwiesenen Tatsachen dürfen keine anderen Folgerungen zulassen.
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hen (Indizienring)349, oder sie können logisch aufeinander aufbauen (Indizienkette). Sind mehrere Zwischenschlüsse erforderlich, so muss die Beweiskette, also die logisch aufeinander aufbauenden Folgerungen aus den in diese Kette eingeordneten erwiesenen Indizien, lückenlos sein.350 Dass Indizien mitunter nur einen sehr geringen Beweiswert haben, muss das Gericht ebenso erkennbar berücksichtigen wie den Umstand, dass sie oft auch noch eine andere Deutungsmöglichkeit zulassen.351 Weder der Beweiswert noch die Tragfähigkeit eines einzelnen Indizes darf überschätzt werden.352 Der Indizienbeweis ist relativ sicher, soweit er mit objektiven Beweismitteln geführt werden kann. Er wird um so unsicherer, je mehr er auf persönlichen Beweismitteln beruht und je mehr Zwischenschlüsse er erfordert.353 Sofern die Schlussfolgerung nicht schlechthin zwingend ist, kann er nicht mit einem einzelnen Indiz geführt werden.354 Er kann sich nicht ausschließlich auf Tatsachen von geringem Beweiswert stützen, die der Tat weit vorgelagert sind,355 sich verschieden deuten lassen356 oder in keiner unmittelbaren Beziehung zur Tat stehen, wie etwa Lebenswandel und Vorstrafen des Angeklagten.357 Dasselbe gilt für die festgestellte Begehung einer oder mehrerer anderer Taten. Diese dürfen aber im Rahmen der Gesamtschau als Indiz herangezogen werden.358 Dies gilt besonders dann, wenn es sich um gleich gelagerte Taten innerhalb einer Tatserie mit ähnlicher oder gar identischer Begehungsweise handelt.359 Auch kann der Wirkstoffgehalt eines sichergestellten Betäubungsmittels ein Indiz darstellen für die Güte einer anderen Rauschgiftlieferung.360 Statthaft und in vielen Fällen sogar unerlässlich ist es, von äußeren Umständen auf die innere Einstellung des Angeklagten zur Tat zu schließen, um die Feststellung treffen zu können, ob der Angeklagte vorsätzlich, bedingt vorsätzlich oder fahrlässig361 und mit welchem Motiv er gehandelt hat.362 Beispielsweise legen äußerst gefährliche Gewalthandlungen – wie das Treten mit festem Schuhwerk gegen den Kopf eines wehrlosen Opfers, ein mehrminütiges Würgen oder ein Messerstich in den Hals- oder Brustbereich, vor allem aber jedes Schießen mit einer scharfen Waffe in Richtung auf einen Menschen – trotz der hohen Hemmschwelle gegenüber der Tötung eines Menschen363 die Annahme zumindest
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KK/Schoreit 64; vgl. KMR/Stuckenberg 71; Meyer-Goßner 25; ferner Grünwald FS Honig 59; Nack MDR 1986 368. Vgl. BGH StV 1981 114; BGH bei Pfeiffer/ Miebach 1988 19; Nack MDR 1986 368; Hamm 902 („Wenn-dann-Verhältnis“); LR/Hanack 25 § 337, 152 m.w.N. BGH StV 1993 509. BGH StV 1994 227; 1995 453. Meyer-Goßner 25 (Kette so stark wie ihr schwächstes Glied); vgl. auch LR/Becker § 244, 7, 220. OLG Frankfurt VRS 64 (1983) 221; vgl. die umfangreiche Rechtsprechung zum Schluss vom Halter auf den Fahrer Rn. 49; ferner zur Wertung der Beweiskraft der Indizien Nack MDR 1986 369. BGH StV 1981 330; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 495; vgl. auch SK/Schlüchter 64 (Vorsicht geboten). Vgl. etwa BayObLG NJW 1994 3177; OLG Düsseldorf JMBlNW 1998 81.
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BGH bei Holtz MDR 1985 630; auch BGH NStZ 1986 325 (Tatsache, dass ein anderer Tatbeteiligter seine Verurteilung nicht angefochten hat). BGH wistra 2007 18, 20; 2008 218, 219; Urt. v. 11.5.2006 – 3 StR 23/06. BGH StraFo 2006 411; NStZ-RR 2008 148, 149; Beschl. v. 3.4.2008 – 5 StR 525/07. BGH Beschl. v. 23.11.2007 – 1 StR 562/07. BGH bei Dallinger MDR 1970 198; zu den Anforderungen vgl. etwa BGH StV 1998 584; NStZ-RR 1996 4; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18; BayObLGSt 1971 129 = JR 1972 30 m. Anm. Peters; KMR/Stuckenberg 169; LR/Hanack 25 § 337, 143. BGH NStZ 2005 332, 333 f. Kritisch gegenüber der „Hemmschwellentheorie“ bei Tötungsdelikten BGH Urt. v. 22.3.2012 – 4 StR 558/11.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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bedingten Tötungsvorsatzes nahe,364 ohne allerdings ein zwingender Beweisgrund zu sein,365 weil etwa auch die psychische Verfassung des Täters, seine Motive und u.U. sein Nachtatverhalten bedeutsam sein können.366 Besondere Schwierigkeiten kann es insofern bei komplexen Entscheidungsprozessen z.B. im Zusammenhang mit Kreditgewährungen geben. Hier kann gegen einen Schädigungsvorsatz sprechen, wenn ein Täter zur Sicherung eines Projektes eine persönliche Bürgschaft in einer sein gesamtes Vermögen übersteigenden Höhe übernommen hat.367 Das Gericht muss diese Tatsachen im Urteil anführen.368 Die Annahme der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO) kann auf „wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen“ gestützt werden,369 diejenige des Rechtsbeugungsvorsatzes eines Richters auf durch diesen systematisch begangene Verschleierungshandlungen.370 Auf das Fehlen des Vorsatzes, wesentliche Gebäudeteile in Brand zu setzen, deutet es hin, wenn der Täter sich in einem Wohnhaus schlafen legt, nachdem er in dessen Keller liegende Zeitungen angezündet hat,371 oder nachdem er bereits zwei Wochen zuvor die Erfahrung gemacht hatte, dass ein von ihm in gleicher Weise gelegter Brand nicht auf das Gebäude übergegriffen hatte.372 Der Alibi-Beweis ist eine besondere Form des Indizienbeweises. Er kann ein unter 63 Umständen zwingendes Indiz dafür schaffen, dass der Angeklagte nicht der Täter gewesen sein kann. Sein Scheitern ist für sich allein aber noch kein Indiz für die Täterschaft des Angeklagten (dazu Rn. 115). Gleiches gilt für die Behauptung des Angeklagten, er wisse nicht, wo er zur Tatzeit gewesen sei.373 5. Einschränkungen, Beweisverbote, Beweisvermutungen. Ausdrückliche Ausnahmen 64 vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung stellen diesen als solchen nicht in Frage,
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BGH StraFo 2009 162, 163 m.w.N.; 2009 372; Urt. v. 12.6.2007 – 1 StR 73/07; Beschl. v. 30.4.2008 – 2 StR 82/08; Urt. v. 20.9.2011 – 1 StR 120/11; Beschl. v. 27.10.2011 – 3 StR 351/11; Urt. v. 23.2.2012 – 4 StR 608/11; ebenso zum vaginalen und analen Einführen eines sog. Analplugs mit 12 cm Durchmesser BGH NStZ 2010 389, 390; zum mehrere Minuten dauernden, die Atmung behindernden Ansichpressen eines Neugeborenen BGH NStZ 2010 214; zu einem in Selbsttötungsabsicht mit hoher Geschwindigkeit herbeigeführten Straßenverkehrsunfall BGH NStZ 2010 515; zu einem skalpierenden Schlag mit einer Machete BGH Urt. v. 15.12.2010 – 2 StR 531/10. BGH NStZ-RR 2006 8, 9; 2010 144; s. auch BGH StV 2003 213 zu einem auf den Fuß gezielten Schuss mit einer Pistole; NStZ-RR 2008 370, 371 zur Berücksichtigung der „Kampfeslage“; NStZ 2009 503 zu unter erheblichem Alkoholeinfluss gesetzten Messerstichen; Beschl. v. 1.9.2010 – 2 StR 179/10 zu einem „Stich mit einem Küchenmesser in den linken oberen Rückenbereich“ durch einen erheblich alkoholisierten und
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unter Medikamenteneinfluss stehenden Angeklagten; NStZ 2009 629 zu spontanen, unüberlegten, in affektiver Erregung ausgeführten Handlungen; hierzu Steinberg JZ 2010 712; zusammenfassend Mößner 6 ff., 305 ff. S. nur BGH Urt. v. 25.11.2010 – 3 StR 364/10; Beschl. v. 5.4.2011 – 3 StR 66/11; Beschl. v. 2.8.2011 – 3 StR 225/11; Beschl. v. 6.12.2011 – 3 StR 398/11; Beschl. v. 28.2.2012 – 3 StR 17/12; Urt. v. 20.6.2012 – 5 StR 514/11; Urt. v. 16.8.2012 – 3 StR 237/12. BGH NJW 2005 2242, 2244. Vgl. BGHSt 35 145; 36 1; BGH NStZ 1983 19; 1987 362 m. Anm. Puppe; JR 1988 115 m. Anm. Freund StV 1984 187; 1984 411; 1991 510; OLG Koblenz StV 1994 290 (Vorstrafen als Indiz); zum Vorsatznachweis ferner etwa Frisch GedS Meyer 550; Hruschka FS Kleinknecht 191; Ling JZ 1999 335; Otto NJW 1978 8. BGH NJW 2009 157, 158. BGH NStZ 2010 92. BGH NJW 2009 2903, 2904. BGH NStZ-RR 2010 241. BGH VRS 90 (1996) 389.
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solange sie nur vereinzelt zur Verwirklichung rechtsstaatlicher Zielsetzungen oder zum Schutze öffentlicher oder privater Belange von Gewicht374 die Verwertung bestimmter Beweisergebnisse insgesamt ausschließen oder die für ihren Nachweis zulässigen Beweismittel einschränken, wie etwa § 274. Gleiches gilt für die generellen Grenzen, die die StPO der freien Beweiswürdigung dadurch setzt, dass es diese bei der Schuld- und Rechtsfolgenfrage auf die nach den Regeln des Strengbeweises gewonnenen Erkenntnisse beschränkt. Auf anderem Weg gewonnene Beweisergebnisse hat das Tatgericht bei seiner Würdigung dann insoweit ebenso außer Betracht zu lassen wie sonst nicht verwertbares dienstliches oder privates Wissen.375 Es muss vorher allerdings prüfen, ob das jeweilige Verbot seiner Zielsetzung nach den Rückgriff auf ein Beweisergebnis schlechthin untersagt oder ob es nur die Verwertung zum Nachteil des Angeklagten ausschließt.376 Die Rechtsgrundlagen für solche Einschränkungen finden sich bei den jeweiligen Ein65 zelregelungen, etwa für den Wahrheitsbeweis in § 190 StGB377 oder für die Verwertung von Vorstrafen selbst als Indiz in den §§ 51, 52 BZRG.378 Auch aus der StPO erwachsen solche Verbote, z.B. aus den § 81c Abs. 3 Satz 5, 97, 100a Abs. 4, 100c Abs. 5 und 6, § 100d Abs. 5, 136a Abs. 3.379 Die Einzelheiten sind bei den jeweiligen Vorschriften erläutert.380 Das Verbot, das Schweigen des Angeklagten zu seinem Nachteil zu verwerten, ist außerdem bei Rn. 75 ff. behandelt, das Verbot, aus dem Verhalten eines befugt schweigenden Zeugen Schlüsse zu Lasten des Angeklagten zu ziehen, bei Rn. 86 ff. Soweit das materielle Recht an bestimmte Tatbestandsmerkmale bestimmte Vermu66 tungen anknüpft, die den Schuldnachweis erleichtern sollen,381 ändert es nur das Beweisthema sowie den Beziehungspunkt für die Beweiswürdigung. Eine darüber hinausgehende Einschränkung der freien Beweiswürdigung liegt darin aber ebensowenig wie etwa eine Überbürdung der Beweislast auf den Angeklagten.382 Das Gericht hat auch insoweit den Sachverhalt im vollen Umfang von Amts wegen zu erforschen und frei zu würdigen.383 Die Regel-Ausnahme-Verhältnisse, die das materielle Strafrecht beispiels374
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Zu den Gründen solcher Beschränkungen der freien Beweiswürdigung vgl. etwa BVerfGE 9 167; 34 238; 36 188; Amelung (Informationsbeherrschungsrechte) 14; Arzt FS Peters 223; Rogall ZStW 91 (1979) 8; HK/Julius 10 ff.; Meyer-Goßner Einl. 50 ff.; SK/Schlüchter 65; ferner LR/Gössel Einl. L 11 ff.; LR/Becker § 244, 187 ff. Zur Problematik bei den Prozessvoraussetzungen vgl. etwa Többens 90 ff.; Volk (Prozeßvoraussetzungen) 57; ferner LR/Becker § 244, 30 m.w.N. „Belastungsverbot“; vgl. Rogall ZStW 91 (1979) 38; s. auch BGHSt 27 108; LR/Gössel Einl. L 169 ff. RGSt 44 257; KG GA 74 (1930) 32. Zur Frage, ob § 190 StGB als Beweisverbot oder als Beweisregel zu betrachten ist, SK/Schlüchter 67; vgl. LR/Becker § 244, 190 (Beweisthemenverbot) und die Kommentare zum StGB; ferner Meurer FS Oehler 375; Stern FS Oehler 486 (verfassungsrechtliche Bedenken). Dazu BVerfGE 36 188; BGH Beschl. v.
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9.2.1993 – 5 StR 611/92; Beschl. v. 9.2.2010 – 4 StR 660/09; ferner KK/Schoreit 36; KMR/Stuckenberg 42; Meyer-Goßner 14; Segger NJW 1976 1189; LR/Becker § 244, 195 m.w.N.; ferner zum Verhältnis zu § 190 StGB Dähn JZ 1973 51. Vgl. KK/Schoreit 34; Rogall ZStW 91 (197) 4; ferner Alsberg/Nüse/Meyer 476 ff. m.w.N.; zum Verwertungsverbot nach unterlassener Beschuldigtenbelehrung s. BGHSt 51 367, 376. S. zudem die Erläuterungen bei LR/Gössel Einl. L. Zu den engen verfassungsrechtlichen Grenzen solcher Vermutungen vgl. BVerfGE 9 167; BayVerfGHE 35 47; KG NStZ 1986 560. BGHSt 6 292; BayVerfGHE 35 47; OLG Hamm VRS 41 (1971) 49; KG NStZ 1986 560; KK/Schoreit 38; Meyer-Goßner 23; SK/Schlüchter 68; Louven MDR 1970 295. Vgl. BayObLGSt 1972 39 = GA 1972 349 (zu § 395 AO a.F.). Ob es im Zweifelsfall contra reum zu entscheiden hat, ist eine
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weise in § 69 Abs. 2 StGB oder bei den Regelbeispielen für besonders schwere Fälle wie etwa § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB aufstellt, erleichtern dem Gericht zwar die Begründung bei Annahme eines Regelfalls, sie schränken aber die freie Beweiswürdigung nicht ein.384 Soweit der Verordnungsgeber eine Vorbewertung dadurch trifft, dass er zur Sicherung der Gleichbehandlung bei bestimmten, häufig vorkommenden Verstößen bestimmte Sanktionen vorgibt, wie etwa für den Straßenverkehr in der auf § 26a StVG beruhenden BKatV, binden diese Sanktionsempfehlungen den Richter nur insoweit, als er auf ihrer Grundlage im Rahmen einer Gesamtwürdigung prüfen muss, ob die Besonderheiten des von ihm zu entscheidenden Einzelfalls eine davon nach oben oder unten abweichende Sanktion erfordern.385 Dass er sich dieser Prüfungspflicht bewusst war, muss er auch dann im Urteil zum Ausdruck bringen, wenn er nicht vom Regelsatz abweicht.386 Soweit landesrechtliches Strafrecht möglich ist, können auch dort Vermutungen zu 67 Lasten des Angeklagten begründet werden. Das wichtigste Beispiel dürfte die Vermutung der Kenntnis und Billigung der Veröffentlichung zu Lasten des verantwortlichen Redakteurs in einigen Pressegesetzen der Länder sein (§ 11 Abs. 2 BayPrG; § 12 Abs. 1 HPresseG).387 Die in anderen Rechtsgebieten bestehenden Beweisregeln binden das Strafgericht 68 grundsätzlich nicht. Dies wurde auch für die in den Vorschriften des bürgerlichen Rechts aufgestellten Beweisvermutungen früher allgemein angenommen.388 In Schrifttum und Rechtsprechung gibt es allerdings auch Stimmen, wonach der Strafrichter diese Vermutungen ebenfalls zu beachten habe, wenn er inzidenter über das Bestehen eines bürgerlichrechtlichen Anspruchs, wie etwa der Unterhaltspflicht im Rahmen des § 170 StGB, entscheidet.389 Jedoch wird ihnen angesichts der in § 262 Abs. 1 getroffenen Regelung nicht mehr als eine indizielle Bedeutung zukommen können. Eine Einschränkung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung im eigentlichen 69 Sinne liegt dagegen nicht vor, soweit das erkennende Gericht an Vorentscheidungen anderer Gerichte oder Verwaltungsbehörden gebunden ist, denn insoweit entfällt die Entscheidungskompetenz überhaupt und nicht nur die freie Würdigung bei einer der richterlichen Entscheidung offenen Frage.390 6. Sonstige verfahrensrechtliche Bindungen. Die Zusage der Wahrunterstellung be- 70 stimmter Tatsachen schränkt die freie Beweiswürdigung als solche nicht ein. Kommt das Gericht zu der Erkenntnis, dass die als wahr unterstellte Tatsache nicht zutrifft, kann
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Auslegungsfrage des materiellen Strafrechts und dort meist streitig; vgl. etwa Eb. Schmidt I 372; Rn. 108 ff.; ferner zum ehem. § 245a StGB: LG Heidelberg NJW 1959 1932 m. Anm. Schröder NJW 1959 1903; OLG Braunschweig MDR 1964 342. KK/Schoreit 38; vgl. Rn. 110. Vgl. BVerfG NJW 1996 1809; BGHSt 38 125; 38 231, sowie Rn. 32. Vgl. etwa BGH NStV 1992 135; OLG Düsseldorf VRS 90 (1996) 47. Vgl. auch BayVerfGHE 35 47 zu § 11 Abs. 3 Satz 1 a.F. BayPrG. KMR/Stuckenberg 38 hält dies für verfassungsrechtlich bedenklich.
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RGSt 36 333; 57 277; RG GA 53 (1906) 73; 59 (1912) 342; Motive zum BGB 4 883; vgl. KMR/Stuckenberg 44 sowie die Erläuterungen bei § 262. OLG Stuttgart NJW 1960 2204; OLG Celle NJW 1962 600 (a.A. NJW 1955 563); OLG Braunschweig NJW 1964 214; OLG Köln NJW 1966 2131; Schröder JZ 1959 346; Koffka JR 1968 228; Mattmer NJW 1967 1593; Eggert MDR 1974 445; Kaiser NJW 1972 1847; ferner die Kommentare zu § 170 StGB. Vgl. die Erläuterungen bei § 262.
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und muss es die Bindung, die es mit der Zusage der Wahrunterstellung eingegangen ist, in einer den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügenden Form noch in der Hauptverhandlung wieder lösen. Die Einzelheiten sind bei § 244 Rn. 310 erörtert. Das Verbot der Vorwegnahme der Beweiswürdigung soll sichern, dass das Gericht sich seine endgültige Überzeugung erst nach Ausschöpfung der vorhandenen Beweismittel bildet (vgl. dazu § 244, 46; 183).
V. Einzelfragen der Beweiswürdigung 71
1. Unabhängigkeit von der Verfahrensrolle. Freie Beweiswürdigung bedeutet, dass es dem Gericht grundsätzlich freisteht, aus den durch die Hauptverhandlung erschlossenen Erkenntnisquellen die von ihm für richtig gehaltenen, denkgesetzlich möglichen Schlüsse zu ziehen, ohne an die Auffassung der anderen Prozessbeteiligten gebunden zu sein. Bei einem Widerspruch zwischen mehreren Erkenntnisquellen entscheidet es ohne Rücksicht auf deren Art und Zahl darüber, in welchen von ihnen die Wahrheit ihren Ausdruck gefunden hat. Stehen die Bekundungen eines Zeugen (oder auch eines Mitangeklagten)391 den Einlassungen des Angeklagten gegenüber, dann hat das Gericht auch insoweit frei zu entscheiden, wem es Glauben schenkt. Auf die Verfahrensrollen kommt es dabei nicht an,392 denn maßgebend ist nicht die formale Stellung im Prozess, sondern der innere Wert der jeweiligen Aussage. Auch wenn Aussage gegen Aussage393 steht, darf das Gericht den Bekundungen des 72 Anzeigenerstatters oder (möglicherweise) Verletzten nicht von vornherein ein größeres Gewicht beimessen als den Angaben des Angeklagten.394 Dies gilt ebenso, wenn der Angeklagte schweigt.395 Das Tatgericht muss dann in einer eingehenden Gesamtwürdigung aller Umstände entscheiden, ob und wieweit es einer Aussage glauben will396 und diese Überlegungen in den Urteilsgründen erkennen lassen.397 In diese Würdigung sind insbesondere Person und Motivation des Aussagenden, die innere Plausibilität der Aussage,398
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BGH Beschl. v. 16.7.2009 – 5 StR 84/09. BGHSt 18 238; 26 62; BGH GA 1968 303; StV 1982 501; OLG Düsseldorf VRS 94 (1998) 273; Graf/Eschelbach 13; Pfister in: Deckers/Köhnken 42, 44. Zu den strittigen Fragen des Rollentausches vgl. etwa Bruns FS Schmidt-Leichner 1; v. Hippel FS Peters 285; Lenckner FS Peters 333; Prittwitz Der Mitbeschuldigte im Strafprozeß (1984); Rogall NJW 1978 2535; Schöneborn ZStW 86 (1974) 921; ferner LR/Ignor/Bertheau Vor § 48, 33 ff. Diese Beweiskonstellation ist ausdrücklich wohl erstmals in BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1 angesprochen worden; vgl. Pfister in: Deckers/Köhnken 42, 54. BGH NStZ 2004 635; OLG Bremen NJW 1991 508 (L); OLG Düsseldorf VRS 94 (1998) 273; OLG Koblenz VRS 48 (1975) 29; die zur Rolle des Verletzten als Zeugen
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geäußerten Bedenken (s. Hamm StraFo 2000 253, 255) greifen nur durch, wenn dieser Grundsatz nicht beachtet wird. BGH StV 1998 250; Sander StV 2000 45, 46; Deckers StraFo 2010 372, 375; Schmandt StraFo 2010 446, 447; s. aber auch BGH NStZ 2003 498, 499; Beschl. v. 22.3.2005 – 3 StR 47/05. BGH NStZ-RR 1997 405; 1998 15; 2010 317; StV 1987 428 (L); 1991 409; 1991 451; 1994 6; 1994 358; 1995 5; 1995 340; 1996 582; 1997 514; 1999 136; 1999 304; Beschl. v. 9.7.2009 – 4 StR 124/09; vgl. etwa auch SK/Schlüchter 63, 64b. BGH Urt. v. 17.3.2004 – 2 StR 474/03; Beschl. v. 2.9.2008 – 5 StR 248/08; Sander StV 2000 45, 47. BGH Urt. v. 14.12.2011 – 1 StR 501/11; Urt. v. 7.3.2012 – 2 StR 565/11.
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ihre Entstehungsgeschichte399 und die Aussagekonstanz 400 beim Kerngeschehen sowie ihre Vereinbarkeit mit anderen vom Gericht für erwiesen erachteten Tatsachen einzubeziehen,401 ferner eine etwaige Vorstrafe wegen falscher Verdächtigung.402 Werden hingegen die Angaben des Zeugen zur Tat selbst durch andere Beweismittel bestätigt, liegt die genannte Konstellation gerade nicht vor.403 Denn diese ist dadurch charakterisiert, dass die Entscheidung allein davon abhängt, wem das Tatgericht glaubt.404 Daraus folgt, dass ein Angeklagter regelmäßig nur eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeiten durch eine Einlassung zur Sache hat.405 Die besondere Anforderung an die Beweiswürdigung dient somit primär seinem Schutz.406 Dessen muss sich das Tatgericht bewusst sein. Die Verfahrenslage und die Verfahrensstellung, in der die Aussage gemacht wurde, sind daher mit zu berücksichtigen,407 so vor allem, ob bei den Angaben eines Mitangeklagten oder an der Tat Mitbeteiligten die Möglichkeit besteht, dass dieser sich oder möglicherweise einen anderen durch falsche Angaben entlasten will,408 oder ob sonst eine Motivation des Aussagenden für eine Falschbelastung vorliegt,409 dieser sich beispielsweise eine Strafmilderung nach § 31 BtMG „verdienen“ will bzw. wollte.410 Entsprechendes gilt für die belastenden Angaben desjenigen, der sich durch diese in den Genuss einer Milderung gemäß § 46b StGB bringen möchte.411 Ferner ist Bedacht darauf zu nehmen, ob sonst ein die Zeugentauglichkeit einschränkender Umstand ersichtlich ist, etwa zur Tatzeit eine erhebliche Alkoholisierung bestand412 oder der Zeuge an einer (mehrere Monate stationär behandelten) paranoid-halluzinatorischen Psychose litt.413 Insoweit können somatische, psychopathologische, persönlichkeitsstrukturelle und entwicklungsbedingte Faktoren bedeutsam sein.414 Dass das Gericht diese Grundsätze beachtet und alle für die
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BGH NStZ 2002 161, 162 (Anzeigeerstattung viele Jahre nach der Tat); NStZ-RR 2005 232, 233; StraFo 2008 508; Beschl. v. 25.8.2005 – 5 StR 329/05; Beschl. v. 9.8.2007 – 3 StR 281/07; Beschl. v. 27.4.2010 – 5 StR 127/10. BGH StV 2005 488, 489; 2007 284, 285; StraFo 2006 411; NStZ 2009 106; Beschl. v. 27.4.2010 – 5 StR 127/10; Urt. v. 16.3.2011 – 2 StR 521/10; Beschl. v. 4.5.2011 – 5 StR 124/11; zu einem eindrucksvollen Beispiel fehlender Aussagekonstanz s. BGH Beschl. v. 21.5.2008 – 5 StR 197/08; zu teilweise unzutreffenden Angaben BGH Urt. v. 7.2.2008 – 4 StR 575/07. BGH StV 1994 64; 1995 6; 1998 362. BGH Beschl. v. 25.3.2003 – 5 StR 48/03. BGH NStZ 2003 498, 499; 2004 635, 636; NJW 2005 1519, 1520; NStZ-RR 2003 268; skeptisch gegenüber dem häufig nur als Schlagwort gebrauchten Begriff auch MeyerGoßner 11a; Pfister in: Deckers/Köhnken 42, 54 ff. BGH NStZ-RR 2005 149; 2005 232, 233; Beschl. v. 15.1.2008 – 4 StR 533/07. BGH StV 2009 230; Beschl. v. 20.4.2004 – 4 StR 67/04.
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BGH NJW 2006 925, 928. BGH StV 1982 2, aber auch BGH StV 1982 501. BGH StV 1992 98; 1992 149; 1993 4; 1997 441; 2000 243, 244; 2007 284, 285; 2009 174 zum Versuch der Mitbeschuldigten, „ihre Tat in einem etwas milderen Licht zu schildern“; bei Holtz MDR 1990 1071; NStZ-RR 2010 352, 353; Beschl. v. 8.1.2009 – 5 StR 578/08; Beschl. v. 9.1.2009 – 2 StR 541/08. Vgl. BGH NStZ-RR 1997 405; 1998 276; 2005 232, 233; StV 1990 485; 1992 97; 1992 149; 1994 562; 1998 362; 1999 306. BGH NStZ 2004 691; 2010 228; NStZ-RR 2005 88, 89; Urt. v. 22.12.2005 – 4 StR 268/05; Beschl. v. 22.5.2007 – 5 StR 94/07; Beschl. v. 15.1.2008 – 4 StR 533/07; s. auch NStZ-RR 2009 212. Ebenso Deckers StraFo 2010 372, 379; Schmandt StraFo 2010 446, 451. BGH Beschl. v. 2.10.2007 – 3 StR 412/07; Beschl. v. 23.11.2010 – 3 StR 386/10. BGH Beschl. v. 19.10.2006 – 4 StR 251/06; zu Verhaltensauffälligkeiten Beschl. v. 9.11.2006 – 4 StR 426/06. Saimeh in: Deckers/Köhnken 61, 64 ff.
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Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Person und Glaubhaftigkeit seiner Angaben im konkreten Fall wesentlichen Gesichtspunkte erkannt und gewürdigt hat, muss es besonders in kritischen Fällen in den Urteilsgründen objektiv nachvollziehbar darlegen.415 So muss es begründen, weshalb es einem Belastungszeugen nur hinsichtlich eines Teils seiner Bekundungen Glauben schenkt416 oder warum es ihm glaubt, obwohl dieser in einem wesentlichen Punkt seine Aussage geändert hat417 (vgl. Rn. 83c). Hat das Gericht deswegen ein sog. Glaubwürdigkeitsgutachten eingeholt, muss es sich nicht nur mit den wechselnden Zeugenangaben, sondern auch mit den wesentlichen Anknüpfungstatsachen des Sachverständigen und dessen Ausführungen auseinandersetzen.418 Fehlen derartige Besonderheiten, so zwingt allein der Umstand, dass Aussage gegen Aussage steht, nicht dazu, einen Sachverständigen zu beauftragen.419 Dieser Grundsatz gilt auch, wenn ein Angeklagter oder sonst eine Auskunftsperson 72a jugendlich, geisteskrank, geistesschwach oder drogenabhängig ist.420 Im Einzelfall kann sich anderes ergeben, beispielsweise wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, ein kindlicher Zeuge421 könnte nicht zuletzt infolge eines gegenüber einem Erwachsenen bestehenden Autoritätsgefälles oder sonstiger Beeinflussung bestrebt sein, sich entsprechend den Wünschen des Erwachsenen zu verhalten.422 In Ausnahmefällen kann es auch geboten sein, sich sachverständiger Hilfe zu bedienen, um zu klären, ob ein Zeuge überhaupt „aussagetüchtig“, d.h. zu einer richtigen und vollständigen Aussage in der Lage ist.423 Rühren die Zweifel daran von einer geistigen Erkrankung oder einer sonstigen psychopathologischen Ursache her, wird die Beiziehung eines Psychiaters angezeigt sein.424 2. Aussageverhalten des Angeklagten
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a) Die Einlassung des Angeklagten hat das Gericht ebenso wie seinen äußeren Eindruck425 und sein ganzes Verhalten in der Verhandlung ohne Voreingenommenheit frei zu würdigen.426 Es darf den Angaben nicht kritiklos folgen,427 sondern muss sich verge-
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BGH StV 1990 99; NStZ 1990 402; 1992 347. BGH NStZ 1990 603; 2007 538; NStZ-RR 2010 152; Urt. v. 11.1.2005 – 1 StR 478/04; Beschl. v. 3.3.2011 – 3 StR 34/11; Beschl. v. 22.9.2011 – 2 StR 263/11; BGH StV 1994 358: Schon eine gegenteilige Wahrunterstellung kann ergeben, dass das Gericht einen Teil der Zeugenaussage für objektiv unrichtig hält; vgl. BGH StV 1990 485; OLG Zweibrücken StV 1988 363. Vgl. BGH NJW 1998 3788; 1999 802; StV 1990 533; 1992 149 (L); 1992 261; 1992 556; 1994 6; 1994 64; 1996 367; OLG Zweibrücken StV 1988 363. BGH StV 1993 235; 1994 359. BGH Beschl. v. 21.9.2007 – 2 StR 390/07. BGHSt 2 269; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 209; OLG Hamm StV 1999 360; OLG Karlsruhe Justiz 1999 327; vgl. etwa Hetzer/Pfeiffer NJW 1964 441; Niemöller StV 1984 438; Täscher NJW
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1984 638 (Drogenabhängige); ferner LR/Becker § 244, 84 ff.; LR/Ignor/Bertheau Vor § 48, 24 f. Zur kindlichen Amnesie eines zur Tatzeit Zweijährigen s. BGH NJW 2007 92, 93; zur angeblich „ganz genauen“ Erinnerung an im Alter von sieben Monaten Erlebtes s. BGH Urt. v. 16.3.2011 – 2 StR 521/10. BGH Urt. v. 21.1.2004 – 1 StR 379/03. Schumacher StV 2003 641; s. etwa BGH NStZ 2008 116, 117 und betreffend ein infolge der Tat sehr schwer hirnverletztes Opfer BGH NStZ-RR 2004 270. BGH NJW 2005 1519, 1521. Vgl. Rn. 16; LR/Becker § 244, 23. Etwa BGH StV 1983 8; OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 43; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 42; KMR/Stuckenberg 47; Niemöller StV 1984 439. BGH Urt. v. 8.4.2009 – 5 StR 65/09.
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wissern, ob die vorgetragenen be- und entlastenden Umstände zutreffen.428 Dies gilt auch, wenn die Einlassung des Angeklagten durch Verlesen429 oder durch eine Erklärung seines Verteidigers430 in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.431 Lässt der Angeklagte in einem solchen Fall keine Nachfragen zu, muss er jedoch damit rechnen, dass der Einlassung nur ein geminderter Beweiswert zugemessen wird, weil die Glaubhaftigkeit der Angaben auch wegen des fehlenden Eindrucks vom Aussageverhalten nur eingeschränkt nachprüfbar ist.432 Zur Einlassung gehören allerdings nicht vom Verteidiger in dieser Erklärung vorgebrachte rechtliche Erwägungen, die lediglich eine Prozesserklärung darstellen.433 Auch eine Tatsachenbehauptung in einem Beweisantrag kann nicht ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten angesehen werden.434 Eine an das Gericht gesandte schriftliche Stellungnahme eines schweigenden Angeklagten zum Anklagevorwurf stellt keine Einlassung dar, da diese nach der gesetzlichen Konzeption mündlich abzugeben ist.435 Auf Grund der aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Überzeugung von der durch andere Tatsachen bestätigten Glaubhaftigkeit kann es einem Geständnis folgen,436 auch wenn der Angeklagte dies erst auf Grund einer – in den Urteilsgründen nicht notwendig ihrem Inhalt nach zu dokumentierenden (§ 267 Abs. 3 Satz 5) –437 Absprache (§ 257c) ablegt,438 sofern es über ein „schlankes“ oder gar „inhaltsleeres Formalgeständnis“ hinausgeht,439 sich insbesondere nicht auf die bloße Erklärung des Angeklagten beschränkt, er „trete den Vorwürfen der Anklage nicht entgegen und akzeptiere das in Aussicht genommene Strafmaß“.440 Dies gilt auch für steuerrechtlich erhebliche Tatsachen wie z.B. den Umsatz und die Betriebseinnahmen und -ausgaben, die regelmäßig selbst ein insofern nicht versierter Angeklagter aus eigener Kenntnis bekunden kann,441 und besonders dann, wenn die den Anklagevorwurf bestätigenden Angaben durch andere Beweismittel gestützt werden, etwa durch Atteste, Lichtbilder oder auch die Schilderung des die Ermittlungen führenden Beamten über die dabei erziel-
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BGHSt 25 287; BGH bei Holtz MDR 1978 108; 1979 637; bei Pfeiffer NStZ 1982 190; bei Kusch NStZ 1996 325; OLG Hamm JZ 1968 676; OLG Koblenz VRS 60 (1981) 217; ferner OLG Düsseldorf NStZ 1985 81 (keine undifferenzierte Bewertung als „Schutzbehauptung“); BGH bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1986 208 (keine ungeprüfte Übernahme als unwiderlegbar); Niemöller StV 1984 434. BGH StV 1994 468; OLG Düsseldorf VRS 41 (1971) 436; 55 (1978) 360; vgl. LR/Becker § 231a, 27; § 232, 23 f.; § 233, 30; § 234, 16; § 243, 73 ff. BGHSt 52 78, 82; vgl. auch Rn. 15; ferner etwa OLG Zweibrücken StV 1986 290; ausführlich und differenzierend Beulke FS Strauda 87. Ausführlich hierzu Geppert FS Rudolphi 643. BGH NStZ 2008 476; s. auch Beschl. v. 27.8.2008 – 2 StR 261/08; Beschl. v. 8.1.2009 – 5 StR 578/08; Urt. v. 9.11.2010 – 5 StR 297/10; KG NStZ 2010 533; Pfister FS Miebach 25, 29.
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BGH NStZ-RR 2008 21; s. auch Olk 72 f. BGH NStZ 2006 650, 651. BGHSt 52 175, 177 f.; Pfister FS Miebach 25, 27. Hierzu BGH Beschl. v. 7.2.2012 – 3 StR 335/11. BGH NStZ 2010 348. Vgl. BGHSt 43 195; BGH NJW 1999 370; StV 1998 175; Beschl. v. 4.11.2008 – 1 StR 489/08 (Bestätigung durch geständige Einlassung eines Mitangeklagten). Eine Absprache führt nicht grundsätzlich zu einer intensiveren Überprüfung des Geständnisses; vgl. BGH Beschl. v. 23.5.2012 – 1 StR 208/12. BGHSt (Großer Senat) 50 40, 49; BGH NStZ-RR 2007 20; s. auch BGH NStZ 1999 92, 93 (nicht nur prozessuales Anerkenntnis oder „formale Unterwerfung“); ebenso AnwK-StPO/Martis 6. BGH NStZ 2004 509; s. auch Beschl. v. 22.9.2011 – 2 StR 383/11. BGH NStZ 2009 639, 640.
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ten Ergebnisse,442 nicht aber, wenn die eingeräumten Tatsachen in sich widersprüchlich sind.443 Wird der Angeklagte durch einen Mitangeklagten belastet und ist dessen Geständnis eine verfahrensbeendende Absprache vorausgegangen, so sind insbesondere deren Zustandekommen und Inhalt in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise zu würdigen.444 Grundsätzlich kann dem Tatgericht nicht vorgeschrieben werden, wann und unter 73a welchen Umständen es die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung gewinnen darf.445 Es kann deshalb ein aufrechterhaltenes Geständnis für unglaubhaft halten,446 ein widerrufenes für glaubhaft erachten,447 aus einer vom Angeklagten eingeräumten Tatsache, die der Richter auf Grund der Einlassung für erwiesen hält, auf eine von ihm bestrittene Tatsache folgern, die Einlassung des Angeklagten teils annehmen, teils verwerfen,448 den Wechsel in der Einlassung – insbesondere deren Anpassen an den jeweiligen Verfahrensstand – 449 als Indiz für deren Unglaubhaftigkeit werten450 oder der Bezichtigung eines Mitangeklagten gegen einen anderen Glauben schenken.451 Nach diesen Maßstäben ist es vom BGH beispielsweise gebilligt worden, dass das Tatgericht sich zwar von der Vornahme sexueller Handlungen überzeugt hat, nicht aber davon, dass diese – wie der Angeklagte ebenfalls eingeräumt hatte – durch angedrohte Schläge veranlasst worden waren, da das Opfer selbst von einer derartigen Nötigung nichts berichtet hatte.452 In den Urteilsgründen ist die Einlassung wenigstens in ihren wesentlichen Grundzügen 74 mitzuteilen.453 Das Urteil muss sich mit ihr in der Regel auseinandersetzen, um die Tragfähigkeit seiner Grundlagen aufzuzeigen.454 Nur bei völlig einfacher Sach- und Rechtslage mag unschädlich sein, wenn dies unterbleibt.455 In der Regel muss das Urteil ersehen lassen, dass es die Einlassung des Angeklagten bei der Beweiswürdigung in Betracht gezogen hat und aus welchen nachvollziehbaren Erwägungen und welchen Indizien es ihr
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BGH Beschl. v. 8.3.2006 – 1 StR 34/06; Beschl. v. 10.10.2006 – 1 StR 468/06. BGH wistra 2003 351. BGHSt 48 161, 168; 52 78, 83; BGH NStZRR 2007 116; Beschl. v. 6.3.2012 – 1 StR 17/12. BGH NStZ-RR 2007 20. Zu einem „pauschalen“ Geständnis s. BGH Urt. v. 25.8.2005 – 5 StR 205/05; vgl. auch OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1980 175 (Einräumung des Verkehrsverstoßes als solchen genügt nicht, Geständnis muss sich auf Tatsachen beziehen); ferner OLG Koblenz VRS 60 (1981) 217 („A. räumt ein“ lässt nicht erkennen, ob die Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts feststehen). BGHSt 21 285 = LM Nr. 52 mit Anm. Martin (Gericht muss aber sorgfaltig prüfen, weshalb der Angeklagte die früheren Angaben gemacht und weshalb er sie widerrufen hat); Eb. Schmidt JZ 1970 342; ebenso Meyer-Goßner/Appl Rn. 359; vgl. zum Geständniswiderruf Steffen StV 1990 563;
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ferner OLG Köln NJW 1961 1224 (Prüfungspflicht). In der Regel bedarf es dann einer näheren Begründung, die diese Differenzierung einsichtig macht. Vgl. etwa BGH StV 1984 411; Niemöller StV 1984 438; ferner Rn. 71. BGH Beschl. v. 25.10.2011 – 5 StR 357/11. BGH Beschl. v. 8.6.2011 – 4 StR 151/11; vgl. Rn. 74. BGHSt 3 384; 21 285; 22 375; dazu Eb. Schmidt JZ 1970 342; BGH NStZ 1985 136. Zur Prüfung etwaiger Motive für eine Falschbelastung vgl. Rn. 71; ferner LR/Becker § 244, 4 m.w.N. BGH Urt. v. 20.11.2007 – 1 StR 442/07; s. auch Urt. v. 13.1.2009 – 4 StR 301/08 (Fall „Pascal“). BGH Urt. v. 30.9.2010 – 4 StR 150/10; Urt. v. 8.3.2012 – 4 StR 629/11. BGH NStZ-RR 1999 45; StV 1990 438; OLG Düsseldorf NStZ 1985 323; OLG Köln VRS 87 (1994) 205. BGH bei Dallinger MDR 1975 198.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
gefolgt ist oder sie für widerlegt gehalten hat.456 Dies gilt auch im Falle eines Freispruchs.457 Schließt das Gericht die Unglaubhaftigkeit aus dem Wechsel der Einlassung, sind die verschiedenen Einlassungen mitzuteilen.458 Dass der Angeklagte einen für ihn günstigen Umstand verspätet geltend macht, rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf die Unrichtigkeit dieser Einlassung.459 Ein solcher Schluss ist nur bei Hinzutreten weiterer Umstände zulässig.460 Entsprechendes gilt für einen spät gestellten Beweisantrag, zumal auch insofern unverfängliche Erklärungen für den Antragszeitpunkt in Betracht kommen können.461 Hält das Gericht für erwiesen, dass der Angeklagte lügt, ist dies in der Regel noch kein tragfähiges Indiz für seine Täterschaft, da auch ein Unschuldiger zu seiner Verteidigung eine unwahre Einlassung vorbringen kann.462 Dieser Gedanke steht in gleicher Weise der für den Angeklagten nachteiligen Berücksichtigung eines Fluchtversuchs entgegen.463 Auch eine widerrufene Einlassung kann für sich allein keine Grundlage einer für den Angeklagten ungünstigen Sachverhaltsfeststellung sein.464 Dem Angeklagten darf auch nicht zur Last gelegt werden, dass er sich fragwürdiger Verteidigungsmittel bedient hat.465 Gleiches gilt für das Verhalten seines Verteidigers.466 Andererseits dürfen Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keinen unmittelbaren Beweis gibt, nicht ohne weiteres als unwiderlegt dem Urteil zugrunde gelegt werden. Auch wenn sich ihr Gegenteil nicht positiv feststellen lässt, hat das Gericht auf Grund des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme zu entscheiden, ob es ihnen für seine Überzeugungsbildung Gewicht beimessen will (vgl. Rn. 112a).467 456
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BGH GA 1965 208; BGH bei Holtz MDR 1978 108; Beschl. v. 29.4.2010 – 3 StR 103/10; BayObLGSt 1972 103 = NJW 1972 1433; OLG Celle NJW 1966 2325; OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 43; 66 (1984) 36; NStZ 1985 81; StV 1986 378; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 42; OLG Stuttgart Justiz 1972 209; vgl. die Erläuterungen bei § 267; LR/Hanack25 § 337, 150 m.w.N.; zur Erörterungspflicht bei Widersprüchen mit Zeugenaussagen vgl. OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 36; ferner Niemöller StV 1984 437. BGH Urt. v. 30.9.2010 – 4 StR 150/10. BGH Urt. v. 7.10.2010 – 3 StR 168/10; BayObLG bei Rüth DAR 1985 245; vgl. auch BGH NStZ 1981 488 (Wechsel hinsichtlich des Tatmotivs); BGH StV 1986 191 (sofern kein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, muss Gericht den Angeklagten nicht darauf hinweisen, dass es seine Einlassung für widerlegt hält). Vgl. BGH bei Kusch NStZ 1995 20; Beschl. v. 6.7.2010 – 3 StR 219/10 (jeweils Nachschieben entlastender Angaben in der Hauptverhandlung); s. auch BGH Beschl. v. 29.9.2011 – 3 StR 298/11. BGHSt 41 153; BGH StV 1997 956; OLG Köln JMBlNW 1964 6; StV 1986 192; auch OLG Hamm JMBlNW 1970 71; 1970 238; ferner LR/Becker § 246, 1.
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BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 26. BGHSt 25 287; 41 153, 156; BGH NStZ 1986 325; 1997 96; StV 1982 158; 1985 356; 1994 175; bei Holtz MDR 1979 637; BGH Beschl. v. 17.1.2007 – 2 StR 499/06; Beschl. v. 16.12.2010 – 4 StR 508/10; vgl. auch BGH bei Pfeiffer NStZ 1982 190; bei Spiegel DAR 1986 202; OLG Köln StV 1986 192; zu einem möglichen Irrtum des Angeklagten BGH NStZ 2004 392, 395; KMR/Stuckenberg 55; Meyer-Goßner 25; Niemöller StV 1984 434. Zum Scheitern des Alibi-Beweises vgl. Rn. 115. BGH NStZ 2008 303; Beschl. v. 30.4.2008 – 2 StR 82/08; zu einer Konstellation, bei der nur der Täter Anlass zur Flucht hatte, BGH NStZ-RR 2010 20. BGH NStZ 1997 96; bei Kusch NStZ 1995 220; StV 1985 356; 1986 369; 1998 251; BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 5; OLG Koblenz StV 1996 14; vgl. auch BGH NStZ-RR 1996 73 (Ausschluss eines Rechtfertigungsgrundes). OLG Koblenz StV 1996 14. BGH NStZ 1990 447; StV 1986 515; OLG Celle NStZ 1988 426; KMR/Stuckenberg 55. BGHSt 34 34; BGH NJW 1980 2423; VRS 27 (1964) 105; bei Spiegel DAR 1983 159; 1986 201; Hanack JR 1974 383; Niemöller StV 1984 434, 442.
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b) Schweigen. Eine Einschränkung der freien Beweiswürdigung ergibt sich daraus, dass das Recht des Angeklagten, zu den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu schweigen, nach der herrschenden Meinung grundsätzlich nicht dadurch verkürzt werden darf, dass dieses Verhalten als belastendes Indiz verwertet wird. Dies würde dem Sinn des Weigerungsrechts widersprechen, da der Angeklagte anderenfalls gezwungen wäre, sich zur Sache zu äußern, schon um zu verhindern, dass in seinem Schweigen ein Eingeständnis der Schuld gesehen wird. Die Gründe, warum ein Angeklagter schweigt, können sehr verschiedenartig sein, so dass sich auch deshalb ein sicherer Schluss auf seine Schuld verbietet. Das Gericht darf den Motiven für das Schweigen im Übrigen auch gar nicht nachforschen.468 Dies gilt ebenso, wenn sich der Angeklagte bei einer früheren Einvernahme als Zeuge auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 berufen hatte, denn dieses Recht ist eine notwendige Ergänzung des Schweigerechts.469 Wählt der Angeklagte das Schweigen als eine ihm durch den Hinweis ausdrücklich 76 freigestellte Verteidigungsform, so darf das Gericht dies weder bei der Beweiswürdigung noch bei der Strafzumessung zu seinen Ungunsten werten.470 Auch bei der Bescheidung von Verfahrensanträgen ist es unzulässig, hieraus ungünstige Schlüsse herzuleiten.471 Das Tatgericht muss sich bemühen, den Sachverhalt ohne Mitwirkung des Angeklagten aufzuklären, dabei muss es auch allen den Angeklagten entlastenden Umständen nachgehen, für die konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind. Rein theoretisch denkbare Möglichkeiten kann es dagegen ohne weitere Sachaufklärung für ausgeschlossen erachten.472 Aus dem Schweigen des Angeklagten dürfen belastende Schlüsse nicht gezogen wer77 den, auch wenn er sich früher zur Sache eingelassen hatte.473 Dasselbe gilt, wenn er in
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Dahs/Langkeit NStZ 1993 213; Günther JR 1978 94; Wessel JuS 1966 172; AK/Maiwald 21; KK/Schoreit 39; KMR/Stuckenberg 50; Meyer-Goßner 16; SK/Schlüchter 36 ff. BGH NJW 1992 2305; Dahs/Langkeit NStZ 1993 214. BVerfG NJW 1981 1431; NStZ 1995 555; BGHSt 20 281 = LM Nr. 48 mit Anm. Martin; dazu Kleinknecht JR 1966 270; BGHSt 25 368; 32 140; 34 324 = JR 1988 78 m. Anm. J. Meyer; BGH NStZ 1984 377; 1986 325; GA 1969 307; bei Dallinger MDR 1971 18; bei Spiegel DAR 1986 202; BayObLGSt 1980 79 = NJW 1981 1385; OLG Braunschweig JZ 1966 618; OLG Celle NJW 1974 202; JZ 1982 341; OLG Hamburg VRS 59 (1980) 351; OLG Hamm VRS 42 (1972) 219; 43 (1972) 346; 46 (1974) 143; 46 (1974) 292; KG VRS 42 (1972) 217; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 365; 58 (1980) 377; 73 (1987) 72; OLG Oldenburg NJW 1969 806 m. Anm. Ostermeyer und Güldenpfennig NJW 1969 1187, 1867; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 160; bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1980 175; OLG Stuttgart NStZ 1981 272; 1986 182; VRS 69 (1985) 295; OLG Zweibrücken StV 1986 290; Arndt
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NJW 1966 870; Berz DAR 1974 197; Schmidt-Leichner NJW 1966 190; Seibert NJW 1966 1706; Spendel NJW 1966 1105; Stree JZ 1966 593; Tzschach DAR 1973 286; Wessel JuS 1966 171; a.A. RG JW 1930 713; Kohlhaas DRiZ 1965 299; NJW 1965 2282; Liepmann ZStW 44 (1924) 673; Stümpfler DAR 1973 1 (mehr im Grundsätzlichen als im Regelfall im Ergebnis); vgl. auch LR/Kühne Einl. J 87 ff.; LR/Gleß § 136, 36 ff. BGH StV 1985 485. BGH StV 1998 250; BayObLG bei Rüth DAR 1969 237; 1971 206; OLG Hamburg VRS 41 (1971) 195; OLG Hamm VRS 46 (1974) 366; KG VRS 45 (1973) 287; OLG Koblenz VRS 70 (1986) 18; Kleinknecht JR 1966 271; KK/Schoreit 40; KMR/ Stuckenberg 50; Meyer-Goßner 16; SK/Schlüchter 36. BGHSt 20 281; 38 302; BGH NStZ 1999 47; bei Dallinger MDR 1971 18; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 107; OLG Hamm NJW 1974 1880; OLG Köln NStZ 1991 52; OLG Zweibrücken StV 1986 290; KK/Schoreit 39; Meyer-Goßner 18; a.A. Rogall 250 ff.
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einem früheren Verfahrensstadium – etwa bei seiner Einvernahme durch die Polizei – geschwiegen hatte und sich erst in der Hauptverhandlung zur Sache äußert,474 sogar, wenn er sich dabei erstmals auf Notwehr 475 oder ein Alibi476 beruft. Das Verbot greift auch ein, wenn er nur zum Tathergang schweigt und zur Frage der Rechtsfolgen aussagt 477 oder umgekehrt und wenn er nur zu einer von mehreren ihm zur Last gelegten Straftaten schweigt,478 selbst zu einer früheren Tat, die für das anhängige Verfahren lediglich indizielle Bedeutung hat.479 Dem völligen Schweigen steht es bei der gebotenen normativen Betrachtung480 gleich, wenn der Angeklagte sich auf die allgemeine Erklärung beschränkt, er sei nicht der Täter, er sei unschuldig,481 er „habe mit dem Vorfall nichts zu tun“482, er wolle sich seine Äußerung noch überlegen oder er wolle dazu beitragen, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu klären.483 Selbiges gilt, wenn er – ohne konkrete Angaben zum Tathergang – andere, die Tat nur allgemein in Abrede stellende Äußerungen abgibt,484 etwa, er sei zwar der Halter des Kraftfahrzeugs, habe es aber zur Tatzeit nicht gefahren,485 oder wenn er nur den vorangegangenen Alkoholgenuss bestreitet und im übrigen schweigt,486 nur Rechtsausführungen macht,487 beispielsweise auf ein Verfolgungshindernis hinweist,488 oder Verfahrensrechte ausübt.489 Eine der Beweiswürdigung offene Teileinlassung liegt in solchen Erklärungen nicht. Unverwertbar ist auch das sonstige Verhalten des schweigenden Angeklagten, so seine Mimik und Gestik, mit der er Verfahrensvorgänge begleitet.490 Körperliche Eigenschaften des Angeklagten, die
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BGHSt 20 281 = LM Nr. 19 m. Anm. Martin; 34 324; 38 302, 305; BGH GA 1969 307; NStZ 1999 47; 2007 417, 419; StV 1983 321; 1984 143; OLG Düsseldorf MDR 1984 164; OLG Hamm JMBlNW 1968 154; NJW 1974 1881; OLG Karlsruhe DAR 1983 93; OLG Stuttgart StV 1986 191. BGH StV 1984 143; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 16. BGH StV 1985 401; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986 208. Vgl. Rn. 63. BayObLGSt 1983 153; KK/Schoreit 39; Meyer-Goßner 16; Miebach NStZ 2000 234, 235. OLG Köln VRS 61 (1981) 361; Hanack JR 1981 432; Kleinknecht JR 1966 270; Kühl JuS 1986 119; Rüping JR 1974 135; Stree JZ 1966 597. BGHSt 32 140 = JR 1985 70 m. Anm. Pelchen = NStZ 1984 m. Anm. Volk; AK/Maiwald 21; HK/Julius 26; ferner zur Auskunftsverweigerung als Zeuge in einem anderen Verfahren OLG Stuttgart NStZ 1981 272. Hierzu Keiser StV 2000 633, 635; ausführlich Leiwesmeyer 79 ff. BGHSt 34 324 = JR 1988 78 m. Anm. J. Meyer; BGH StV 1992 548; NStZ 2009 705; OLG Celle NJW 1974 864; OLG Hamburg MDR 1976 864; OLG Hamm NJW 1973 1708. BGH NStZ 2007 417, 419. BGH NStZ 1997 147.
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BGHSt 25 368; 34 324 = JR 1988 78 m. Anm. J. Meyer; BGH JR 1981 432 m. Anm. Hanack; BayObLG VRS 66 (1984) 207; bei Rüth DAR 1985 245; OLG Celle NJW 1974 202; OLG Düsseldorf VRS 55 (1978) 360; OLG Hamburg VRS 50 (1976) 366; 51 (1976) 44; OLG Hamm NJW 1973 1708; 1974 1880; OLG Karlsruhe VRS 54 (1978) 158; OLG Saarbrücken VRS 47 (1974) 440; OLG Stuttgart VRS 69 (1985) 295; Dencker StV 1985 498. BVerfG NJW 1994 847; BayObLG NJW 1981 138; VRS 59 (1980) 348; OLG Celle NJW 1974 202; OLG Köln VRS 61 (1981) 361; 79 (1990) 29. OLG Düsseldorf MDR 1988 796; MeyerGoßner 16. BayObLG JZ 1988 670. Z.B. Verjährung: BayObLG VRS 62 (1982) 373; bei Rüth DAR 1980 270; OLG Hamburg VRS 59 (1980) 351; OLG Koblenz VRS 59 (1980) 434; OLG Stuttgart VRS 69 (1985) 295; vgl. auch BayObLG bei Rüth DAR 1983 252 (Zahlung des Verwarnungsgeldes). Vgl. BGH NStZ 1990 447; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1980 175 (Stellungnahme zu Beweisantrag); SK/ Schlüchter 37. BGH StV 1993 458; HK/Julius 25; KMR/Stuckenberg 50; Meyer-Goßner 16; SK/Schlüchter 36.
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von seinem prozessualen Verhalten unabhängig sind, dürfen dagegen bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, beispielsweise eine vorhandene Armverletzung.491 Das teilweise Schweigen des Angeklagten zu einem einheitlichen Tatkomplex steht 78 dagegen nach der h.M., namentlich der höchstrichterlichen Rechtsprechung492 der Beweiswürdigung offen. Wenn der Angeklagte sich zur Sache einlässt, sich damit selbst zum Beweismittel macht und nur zu einigen Punkten eines einheitlichen Sachverhalts die Einlassung ablehnt oder lückenhaft oder ausweichend antwortet, kann das Gericht daraus für ihn ungünstige Schlüsse ziehen,493 sofern er eine Antwort verweigert, die ihm erkennbar möglich ist, nicht aber, wenn es glaubhaft ist, dass er sich nicht erinnern kann.494 Sofern die Rechtsprechung weiter verlangt, nicht gemachte Angaben zu einem bestimmten Punkt müssten zudem zu erwarten gewesen sein,495 handelt es sich um einen im Einzelfall durchaus schwer bestimmbaren Maßstab. Bewertbar ist, wenn er die Tat voll eingeräumt hat und sich danach weigert, weitere Einzelfragen zu beantworten.496 Gleiches gilt für den Widerruf einer umfangreichen Einlassung in der Hauptverhandlung und ihren späteren Ersatz durch eine dem Verhandlungsergebnis angepasste andere Tatversion,497 wobei auch die zuvor erfolgte Verschonung vom Vollzug der Untersuchungshaft berücksichtigt werden darf.498 Nach der im Schrifttum vertretenen Gegenansicht 499 ist auch das Teilschweigen der Beweiswürdigung entzogen, da es dem Angeklagten freistehe, wieweit er sich zum Beweismittel machen und an der Sachaufklärung mitwirken wolle. Dieses Recht würde durch die Möglichkeit einer Würdigung des Teilschweigens als Schuldindiz entwertet. Die Motive des Teilschweigens können vielfältig sein und nicht nur in der Unfähigkeit zu einer sachgerechten Verteidigung liegen. Im Hinblick darauf müssen auch nach der herrschenden Meinung die aus einem Teilschweigen hergeleiteten Schlussfolgerungen immer der konkreten Situation des Angeklagten Rechnung tragen500 und den als Schuldindiz meist nur geringen Beweiswert berücksichtigen.501 Verweigert der Angeklagte durch ein sonstiges Verhalten einen Beitrag zur Sachauf79 klärung, gibt er beispielsweise eine „freiwillige“ Speichelprobe nicht ab, so dürfen – da
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Keiser StV 2000 633, 636. S. etwa BGH NStZ 2003 45 m. krit. Anm. Chr. Jäger JR 2003 166; BGH Beschl. v. 22.11.2007 – 1 StR 497/07. BGHSt 20 298 = LM Nr. 49 m. Anm. Martin = JR 1966 351 m. Anm. Meyer; BGHSt 38 302, 307 = JR 1993 378 m. Anm. Rogall; OLG Celle NJW 1974 202; OLG Hamm NJW 1974 1880; OLG Köln VRS 57 (1979) 429; OLG Oldenburg NJW 1969 806; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1985 132; OLG Stuttgart NStZ 1981 272; OLG Zweibrücken StV 1986 209; KK/Schoreit 41; KMR/Paulus § 244, 181; Meyer-Goßner 17; SK/Schlüchter 39; zur Gegenmeinung vgl. Roxin/Schünemann § 25, 33; Rieß JA 1980 295. OLG Hamm NJW 1974 249. BGH Beschl. v. 16.12.2010 – 4 StR 508/10. BGH NStZ 1994 325. BGH NStZ 1998 209; Meyer-Goßner 16;
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zweifelnd HK/JuIius 25 f.; s. auch BGH Urt. v. 18.9.2008 – 3 StR 296/08. BGH Urt. v. 21.8.2008 – 3 StR 262/08. So etwa Dahs GA 1978 90; Eisenberg Beweisrecht Rn. 907 ff.; Eser ZStW 79 (1967) 576; Günther JR 1978 91; Kühl JuS 1986 120; Rogall 255; Rüping JR 1974 138; Schneider Jura 1990 570; Eb. Schmidt Nachtr. I 17, vgl. aber auch JZ 1970 34; Stree JZ 1966 598 (Schlussfolgerung nur aus Schweigen zu entlastenden Tatsachen zulässig); ferner AK/Maiwald 21; wohl auch HK/Julius 26 („problematisch“) und KMR/Stuckenberg 54. Vgl. KMR/Paulus § 244, 182 ff.; SK/ Schlüchter 39; Wessels JuS 1966 172; Eisenberg Beweisrecht Rn. 908 weist auf die faktischen Schwierigkeiten hin, auf die Motive des Schweigens zu schließen; s. auch LR/Gleß § 136, 38. KMR/Stuckenberg 54.
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er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet ist 502 – allein daraus keine nachteiligen Schlüsse hergeleitet werden, wenn er auch sonst geschwiegen hat.503 Es hängt, ebenso wie beim Teilschweigen, von den Umständen des Einzelfalls ab, wieweit es neben einer Einlassung bewertbar ist.504 Dies gilt ebenso, wenn der Angeklagte sich weigert, einen Zeugen, der zu einer von ihm selbst aufgestellten Schutzbehauptung etwas bekunden könnte, von der Schweigepflicht zu entbinden.505 Schlüsse zu seinen Ungunsten dürfen auch nicht daraus hergeleitet werden, dass er keine entlastenden Beweisanträge gestellt hat.506 Denn anderenfalls könnte ein Angeklagter nicht mehr unbefangen von seinem Recht auf Aussageund Mitwirkungsfreiheit Gebrauch machen.507 Gibt der Verteidiger in der Hauptverhandlung Erklärungen zur Sache ab, ohne dass der schweigende Angeklagte sie bestätigt, liegt darin keine das Schweigen als Teilschweigen bewertbar machende Teileinlassung.508 Gleiches gilt für den sachlichen Gehalt der vom Angeklagten oder vom Verteidiger gestellten Beweisanträge.509 Nur wenn der Verteidiger sich für den Angeklagten mit dessen ausdrücklicher oder stillschweigender Billigung zur Sache äußert, kann darin eine Einlassung des im Übrigen schweigenden Angeklagten liegen.510 Dass das Schweigen nicht zu Lasten des Angeklagten gewürdigt werden kann, 80 schließt nicht aus, die frühere Äußerung durch ein zulässiges anderes Beweismittel in die Hauptverhandlung einzuführen und bei der Urteilsfindung zu verwerten,511 sofern nicht insoweit ein Beweisverwertungsverbot entgegensteht. Ein solches kann sich aus dem Verbot jedes Zwangs zur Selbstbezichtigung für solche Angaben ergeben, die der Angeklagte in
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BGHSt 1 347; 20 298; OLG Stuttgart Justiz 1986 328; a.A. OLG Düsseldorf StV 1990 442 (Ausübung eines Prozessrechts unterliegt nicht Beweiswürdigung); zur in der DDR (u.a. von Benjamin) postulierten Pflicht des Angeklagten, „an der Aufdeckung der Wahrheit mitzuwirken“ Deppenkemper 217 ff. BGHSt 49 56; Meyer-Goßner/Appl Rn. 359a. Dingeldey JA 1984 413; Günther JR 1978 94; dagegen stellen Meyer JR 1966 352 und Meyer-Goßner 17 darauf ab, ob nach der Lebenserfahrung ein Unschuldiger sich da verteidigt hätte, wo der Angeklagte geschwiegen hat. Ob dies aber sicher beurteilt werden kann, ist zweifelhaft; vgl. HK/Julius 24; KMR/Stuckenberg 54; ferner Eb. Schmidt JZ 1970 341 (kein Erfahrungssatz). Nach SK/Schlüchter 39 sind die Begleitumstände und alle Deutungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. BGHSt 20 298; BGH Beschl. v. 5.10.2010 – 3 StR 370/10; KK/Schoreit 41; Miebach NStZ 2000 234, 237; a.A. Schmidt-Leichner NJW 1966 190. Vgl. auch Stree JZ 1966 599, wonach aus der Weigerung des Angeklagten, die Entlastungsbehauptung näher zu substantiieren, auf die Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens geschlossen werden darf.
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511
BGH StV 1988 286; KK/Schoreit 39a. BGHSt 45 363, 364 f.; zur Frage nachteiliger Schlüsse aus prozessualem Verhalten eines Angeklagten, der sich zur Sache eingelassen hat, s. BGHSt 45 367; zu beiden Entscheidungen Keiser StV 2000 633. BGHSt 39 305 = NStZ 1994 184 m. Anm. Seitz; KMR/Stuckenberg 50; Meyer-Goßner 16a. BGH NStZ 1990 447; KMR/Stuckenberg 50. BGH StV 1994 467; 1998 59 m. abl. Anm. Park; vgl. auch BGH NStZ 1994 352; Meyer-Goßner 16a; Miebach NStZ 2000 234, 239. Etwa BGHSt 1 337; BGH NJW 1966 1524; bei Dallinger MDR 1968 202; 1971 18; OLG Celle JR 1982 475 m. Anm. Rengier; NJW 1985 640; OLG Hamm NJW 1974 1880; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 365; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 182; OLG Zweibrücken StV 1986 290; LG Hamburg MDR 1984 867; Geppert DAR 1981 305; Günther DRiZ 1971 379; Kühl JuS 1986 120; Rejewski NJW 1967 200; KK/Schoreit 39; MeyerGoßner 18; SK/Schlüchter 41; s. auch BGH Urt. v. 3.8.2011 – 2 StR 167/11.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Erfüllung einer strafbewehrten außerstrafprozessualen Auskunftspflicht machen musste.512 Neuere Gesetze sehen für dergestalt zu erteilende Auskünfte spezielle Verwertungsverbote vor, für das Insolvenzverfahren beispielsweise in § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO und (eingeschränkt) für das Steuerverfahren in § 393 Abs. 2 Satz 1 AO.513 Verwertbar sind dagegen Angaben, die ohne den Druck einer Strafsanktion verlangt werden, wie etwa die privaten Stellen zu erteilenden Auskünfte.514 Ob und wie sich ein Angeklagter in der Hauptverhandlung zur Sache eingelassen hat, beurteilt das Revisionsgericht im Rahmen der Sachrüge nur an Hand der schriftlichen Urteilsgründe.515 Ist dagegen eine entsprechende Verfahrensrüge erhoben worden, belegt allein die Sitzungsniederschrift beweiskräftig (§ 274), ob der Angeklagte sich zur Sache eingelassen hat.516
81
3. Beweiswert, insbesondere beim Zeugenbeweis. Das Tatgericht hat bei allen Strengbeweismitteln zu prüfen, welche Aussagekraft sie im konkreten Fall jeweils haben. Denn in die Gesamtwürdigung der Beweise dürfen diese nur mit dem ihnen tatsächlich zukommenden Beweiswert eingestellt werden. Dies gilt namentlich für den Indizienbeweis, bei dem aus Beweisanzeichen (Indizien) erst auf die Haupttatsache geschlossen wird. Dabei hat sich das Tatgericht zunächst darüber klar zu werden, ob ein bestimmtes Indiz beoder entlastend ist. Das insoweit erzielte Ergebnis wird mit der ersten (intuitiven) Einschätzung nicht immer übereinstimmen.517 Denn die sich etwa aus einer am Tatort gefundenen Spur (z.B. einem Haar oder Sperma) ergebene Belastungswahrscheinlichkeit hängt wesentlich von der sog. Anfangswahrscheinlichkeit ab. Als solche wird der Grad der Wahrscheinlichkeit für die Existenz der Haupttatsache bezeichnet, die anzunehmen ist, bevor das zu prüfende Indiz berücksichtigt wird. Es ist m.a.W. zu prüfen, inwieweit sich die Anfangswahrscheinlichkeit durch das Indiz verändert.518 Dies kann wiederum von der Zahl der konkret in Betracht kommenden Tatverdächtigen abhängen. Nicht nur in Zweifelsfällen sollte sich das Tatgericht nicht scheuen, den konkreten Beweiswert mit Hilfe des vom englischen Mathematiker Bayes entwickelten Theorem mathematisch zu bestimmen.519 Oft werden allerdings für die Anwendung der Formel notwendige Häufigkeiten nicht exakt bekannt sein, etwa wie verbreitet eine bestimmte am Tatort sichergestellte Faser ist. Dann hat das Tatgericht eine vorsichtige Schätzung in die Berechnung einzustellen und kann den Beweiswert so wenigstens auf einem Plausibilitätsniveau bestimmen.520 Bei mehreren Beweisanzeichen muss es beachten, ob diese einen Beweisring oder eine Beweiskette bilden. Denn bei einer Beweiskette können sich die bei den einzelnen Indizien bestehenden Unsicherheiten multiplizieren. Beispielsweise ergeben zwei
512
513 514
Vgl. etwa BVerfGE 56 50 (Gemeinschuldner), dazu Dingeldey NStZ 1984 529; K. Schäfer FS Dünnebier 11; Stürner NJW 1981 1757; Einl. J 98; vgl. auch BGHSt 36 240 sowie nachf. Fn. BGH NStZ 2004 582; s. auch NStZ 2006 41. Vgl. etwa BGHSt 36 328; OLG Düsseldorf StV 1992 503 m. Anm. Kadelbach; Ventzke StV 1990 279 (Angaben im Asylverfahren); BVerfG NStZ 1995 599; OLG Celle NJW 1985 640; KG NStZ 1995 146 (Angaben gegenüber Versicherung); OLG Karlsruhe NStZ 1989 287 m. Anm. Rogall (Angaben gegenüber Arbeitgeber); SK/Rogall
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515 516 517 518 519
520
Vor § 133, 135 ff. m.w.N.; KMR/Stuckenberg 51; SK/Schlüchter 48a. BGH bei Holtz MDR 1981 268. Vgl. BGH StV 1999 360; Rn. 40, 172. Verblüffende Beispiele finden sich bei Nack MDR 1986 366, 369; StV 2002 558, 564. Bender/Nack/Treuer Rn. 609 ff.; Nack MDR 1986 366, 369; StV 2002 558, 564. Ausführlich hierzu Bender/Nack/Treuer Rn. 668 ff.; s. auch Eisenberg Beweisrecht Rn. 1942a. Bender/Nack/Treuer Rn. 682 f.; Nack MDR 1986 366, 368; s. auch BGH Urt. v. 26.5.1999 – 3 StR 110/99; KK/Schoreit 4b.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
voneinander abhängende Schlussfolgerungen mit einer Sicherheit von 80 % aufgrund der Produktregel einen Gesamtschluss mit nur noch 64 %iger Sicherheit.521 Besonders behutsam sind Indizien zu werten, die voneinander abhängig sind oder wo dies zumindest naheliegt (z.B. Sicherstellung von Spuren großer Füße und großer Hände am Tatort), weil sich deren jeweiliger Aussagewert mindert. Diese sollten nicht einzeln, sondern als sog. Indizfamilien bei der Beweiswürdigung verwendet werden.522 Die Prüfung der Beweiskraft ist nicht zuletzt auch bei Aussagen von Zeugen erforder- 81a lich. Denn insoweit ist inzwischen anerkannt, dass der Wert des Zeugenbeweises häufig hinter objektiven Beweismitteln zurückbleibt. Das Tatgericht muss sich bewusst sein, dass die menschliche Fähigkeit, Geschehnisse wahrzunehmen, sich an diese zu erinnern und sie wiederzugeben, durch zahlreiche natürliche Grenzen eingeschränkt sein kann,523 und versuchen, diesem Umstand durch eine sorgfältige Bewertung der Zeugenaussage zu entsprechen (Rn. 81b ff.). Für erfahrungsgemäß fehlerträchtige Ermittlungsmaßnahmen zur Identifizierung des Täters haben sich besondere Anforderungen herausgebildet (Rn. 82). Weiter hat die höchstrichterliche Rechtsprechung für bestimmte Fallgestaltungen, in denen namentlich die Verteidigung aus verschiedenen, aber gewichtigen Gründen erschwert ist, Rechtssätze entwickelt, die als richterliche Beweisregeln (Beweiswürdigungsregeln)524 bezeichnet werden können (Rn. 83 ff.). Auch dem Umstand, dass die Beweisgrundlage durch staatliches Verhalten insgesamt verringert wird, ist schließlich bei der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen (Rn. 83j f.). a) Bei der Würdigung der Zeugenaussage ist der Tatrichter ebenfalls nicht an feste 81b Regeln gebunden. Er hat zu entscheiden, wie eine Aussage zu verstehen ist525 und welche Bedeutung ihr in der Gesamtschau zukommt. Auf dem Weg zu dieser Bewertung muss er kraft seiner Menschenkenntnis unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und der Erkenntnisse der Aussagepsychologie ein eigenes Bild von der Aussagefähigkeit und Glaubwürdigkeit des Zeugen zu gewinnen suchen. Er hat sich auf Grund des äußeren Eindrucks vom Zeugen, seines Aussageverhaltens526 und aller anderen hereinspielenden Umstände,527 wie Persönlichkeitsstruktur,528 Alter, kognitiven Fähigkeiten, Lebenserfahrung, Geisteszustand529 und seiner affektiven Einbindung in das Geschehen530 darüber 521
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526
Nack MDR 1986 366, 369 aufgrund folgender Berechnung: 0,8 × 0,8 = 0,64; s. zur Produktregel BGH NStZ 1992 601, 602. Bender/Nack/Treuer Rn. 690 ff.; Nack MDR 1986 366, 369. S. nur Brause NStZ 2007 505, 506; Jansen FS E. Müller 311 f. G. Schäfer StV 1995 147, 150. BGHSt 15 347; 21 151; 26 62; 29 20; BGH VRS 37 (1969) 28; 38 (1970) 104; vgl. die Erläuterungen bei § 267, 59, 165; § 273, 60. BGH MDR 1986 950; vgl. z.B. Undeutsch ZStW 87 (1975) 650; Bender StV 1984 127; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1362 ff.; ferner Bull DRiZ 1972 205; Kühne NStZ 1985 252; Niemöller StV 1984 438; Peters § 44; ders. ZStW 87 (1975) 663; Prüfer DRiZ 1977 41; Reinecke MDR 1986 630; Schuhmacher DRiZ 1960 286; Wegener Typische Fehlerquellen bei Aussagen von Opfer-
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zeugen im Strafverfahren in „Die Behandlung des Opfers von Straftaten im Strafverfahren“ (1985) 52; HK/Julius 27 ff. Vgl. BGH StV 1982 255 m. Anm. Bendler (Umstände und Zeitpunkt der Einführung des Zeugen); StV 1983 496 (Tatbeteiligung). BGH NStZ-RR 2010 152, 153 zu einer „außerordentlich problematischen Persönlichkeit“. Vgl. Knippel MDR 1980 112; § 244, 84 ff.; ferner etwa BGH NStZ 1982 432; StV 1981 330; 1984 143; 1984 412; bei Pfeiffer NStZ 1982 190; OLG Düsseldorf StV 1982 12. Vgl. etwa Eisenberg Beweisrecht Rn. 1373a, speziell zum sog. Waffenfokus Rn. 1391; hierzu und zu existenzbedrohenden Tatsituationen auch BGHR StPO § 261 Identifizierung 16; BGH NStZ-RR 2006 212, 213; Beschl. v. 18.12.2007 – 5 StR 201/07.
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schlüssig zu werden, wieweit die Wahrnehmungen des Zeugen verlässlich sind und wieweit er ihnen unter Berücksichtigung des sonstigen Beweisergebnisses glauben darf. Im Zentrum seiner Prüfung hat jedoch die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage (vgl. § 68 Abs. 4) zu stehen; hierauf lässt die „generelle“ personale Glaubwürdigkeit (sog. Leumund) allenfalls begrenzte Rückschlüsse zu.531 Dabei geht es primär um die Analyse des Aussageinhalts mit dem Ziel der Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben einem tatsächlichen Erleben des Zeugen entsprechen.532 Als Richtschnur für diese Analyse können die wissenschaftlichen Anforderungen die81c nen, die an aussagepsychologische Begutachtungen (sog. Glaubhaftigkeitsgutachten) gestellt werden.533 Wendet das Tatgericht diese zutreffend an, belegt es seine Sachkunde.534 Danach sind die Angaben des Zeugen zunächst auf ihre inhaltliche Konsistenz i.S. einer inneren Stimmigkeit zu überprüfen.535 Diesem aussagebezogenen Ansatz liegt die durch empirische Befunde gestützte Annahme zugrunde, dass zwischen der Schilderung eines wahren und der eines bewusst unwahren Geschehens ein grundlegender Unterschied bezüglich der jeweils zu erbringenden geistigen Leistung des Aussagenden besteht. Während einerseits ein Bericht aus dem Gedächtnis rekonstruiert wird, konstruiert andererseits eine lügende Person ihre Aussage aus ihrem gespeicherten Allgemeinwissen. Da es eine schwierige Aufgabe mit hohen Anforderungen an die kognitive Leistungsfähigkeit darstellt, eine Aussage über ein (komplexes) Geschehen ohne eigene Wahrnehmungsgrundlage zu erfinden und zudem über längere Zeiträume aufrechtzuerhalten, ist im zweiten Fall die Wahrscheinlichkeit beispielsweise nebensächlicher Details, sog. abgebrochener Handlungsketten, unerwarteter Komplikationen oder phänomengemäßer Schilderungen unverstandener Handlungselemente gering. Auf der Basis dieser Annahmen sind für die Inhaltsanalyse Merkmale zusammengestellt worden, denen indizielle Bedeutung für die Entscheidung zukommen kann, ob die Angaben des Zeugen auf tatsächlichem Erleben beruhen. Wird dies bejaht, bedarf es jedoch ggf. der weiteren Prüfung, ob die Erfahrung des Zeugen gerade auf der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat beruht.536 Bei den sog. – empirisch gestützten – Realkennzeichen handelt es sich um aussageimmanente Qualitätsmerkmale (z.B. logische Konsistenz, quantitativer Detailreichtum,537 raumzeitliche Verknüpfungen, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, Entlastung des Beschuldigten, deliktsspezifische Aussageelemente), deren Auftreten in einer Aussage als Hinweis auf die Glaubhaftigkeit der Angaben gilt.538 Sie dürfen jedoch nicht schematisch und unkritisch angewandt werden.539 Das Tatgericht muss sich bewusst sein, dass es nicht möglich ist, von einem festgestellten Merkmal zwingend auf die
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BGH StV 1994 64; NStZ 2004 635; Boetticher FS G. Schäfer 8, 12 f. BGHSt 45 164; BGH NJW 2005 1519, 1521. Ebenso Brause NStZ 2007 505, 510; Nack StraFo 2001 1, 2; zu den Anforderungen Greuel MschrKrim 2000 59; zu möglichen Fehlerquellen Köhnken in: Deckers/Köhnken 1 ff. Nack StraFo 2001 1, 3; s. auch BGH Beschl. v. 16.5.2002 – 1 StR 553/01 („geeignetes Instrumentarium“); Urt. v. 14.5.2002 – 1 StR 46/02; Graf/Eschelbach 6; abschwächend BGH NStZ-RR 2003 206. Bender/Nack/Treuer Rn. 297 ff.
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KK/Schoreit 4k a.E. Bender/Nack/Treuer Rn. 300 ff.; hierzu auch BGH Beschl. v. 22.5.2007 – 5 StR 94/07. Ausführlich hierzu BGHSt 45 164, 170, auch zu den Folgen des Bemühens der lügenden Person, auf sein Gegenüber glaubwürdig zu erscheinen; Bender/Nack/ Treuer Rn. 310 ff.; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1426 ff.; ferner Fabian StV 1995 97; Fabian/Greuel/Stadler StV 1996 347; Fezer StV 1995 97; Meurer/Sporer StV 1992 348; Michaelis-Arntzen StV 1990 71; Nack StV 1994 555. BGH NStZ-RR 2002 308.
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§ 261
Glaubhaftigkeit der Angaben und aus dem Vorliegen einer bestimmten Anzahl von Merkmalen im Sinne eines Schwellenwertes auf die Qualität einer Aussage zu schließen. Darüber hinaus hat es stets zu beachten, dass die Realkennzeichen ungeeignet sind, zur Unterscheidung zwischen einer wahren und einer suggerierten Aussage beizutragen. Denn bei durch Suggestion verursachten Angaben bestehen die bereits dargelegten Gründe nicht, die eine unterschiedliche Qualität zwischen wahren und bewusst unwahren Aussagen verursachen können, da die aussagende Person sich weder als besonders glaubwürdig darstellen noch sich auf von ihr erdachte Umstände konzentrieren muss.540 Die sich mit der Qualität einer Aussage befassende Inhaltsanalyse ist regelmäßig 81d durch die sog. Konstanzanalyse zu ergänzen. Diese bezieht sich auf aussageübergreifende Qualitätsmerkmale, die sich aus dem Vergleich von Angaben über denselben Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergeben. Falls ein Zeuge mehrfach vernommen, ggf. zudem von einem Sachverständigen exploriert worden ist, ist daher ein Aussagevergleich im Hinblick auf Übereinstimmungen, Widersprüche, Ergänzungen und Auslassungen vorzunehmen. Dieser ist in den Urteilsgründen so weit darzustellen, wie es nötig ist, um dem Revisionsgericht eine Überprüfung des erzielten Ergebnisses zu ermöglichen.541 Die Konstanz ist nicht belegt, wenn der Zeuge in seinen vor der Hauptverhandlung gemachten Angaben über die Tat „ohne Nennung jeglicher Einzelheiten“ berichtet hat.542 Bei dem Vergleich stellt allerdings nicht jede Inkonstanz einen Hinweis auf mangelnde Glaubhaftigkeit der Angaben insgesamt dar. Vielmehr können vor allem Gedächtnisunsicherheiten eine hinreichende Erklärung für festgestellte Abweichungen darstellen.543 Auch haben Schwächen einer Aussage wie etwa fehlende Konstanz oder Genauigkeit nur verhältnismäßig geringes Gewicht, wenn sie nicht den Kernbereich des Vorwurfs betreffen.544 Die Frage, was zum Kern- und was zum Randbereich gehört, lässt sich nicht abstrakt, sondern nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls beantworten. Hierbei kommt es auch auf die Sicht des Zeugen an, nicht zuletzt auch darauf, ob dieser lediglich bekundet, was er als Außenstehender beobachtet hat, oder ob er selbst tatbeteiligt war,545 namentlich als Opfer. Nach diesen Maßstäben hat es der BGH als fernliegend angesehen, dass es aus der Sicht eines achtjährigen Mädchens, das heftig an den Haaren gezogen wird und das Geschlechtsteil eines Erwachsenen gegen seinen Widerstand in den Mund gestoßen bekommt, von besonderer Wichtigkeit ist, ob es dabei kniete oder stand.546 Als Abweichungen im Kernbereich (sämtlich bei Sexualstraftaten) wurden dagegen divergierende Angaben zu Ort und Reihenfolge der Taten,547 zu deren Anzahl,548 zu den dabei erlittenen Verletzungen,549 zu fehlender oder vorhandener Bekleidung,550 zur Art der
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BGHSt 45 164, 171 f. S. nur BGH Beschl. v. 13.4.2011 – 4 StR 7/11. BGH Beschl. v. 10.11.2010 – 2 StR 403/10. BGHSt 45 164, 172; BGH Urt. v. 10.8.2011 – 1 StR 114/11; Bender/Nack/Treuer Rn. 394. BGH NStZ-RR 2003 332, 333; 2004 118, 119; Urt. v. 21.10.2004 – 4 StR 166/04; Urt. v. 13.1.2005 – 4 StR 422/04 (zu Angaben eines über mehrere Jahre sexuell missbrauchten Kindes). Bender/Nack/Treuer Rn. 396 f. BGH NStZ-RR 2004 118, 119; vergleichbar auch BGH Urt. v. 23.2.2006 – 5 StR 416/05.
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548
549 550
BGH StraFo 2004 209 (erster Geschlechtsverkehr im Gartenhaus oder im Kinderzimmer). BGH Urt. v. 9.3.2011 – 2 StR 467/10 (zwei oder 20 bis 50 Fälle); Beschl. v. 9.2.2012 – 2 StR 316/11 (zwei, acht oder 15 Taten). BGH NStZ 2010 100, 101. BGH StV 2008 237 (Opfer mit Pullover bekleidet oder nackt); s. auch BGH NStZ 2003 165, 166 (Entkleidung des Opfers durch dieses selbst oder durch den Täter).
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sexuellen Betätigung des Täters,551 zu deren Reihenfolge,552 zum Eindringen553 sowie zum Samenerguss in die Scheide554 bzw. in den Mund555 gewertet, ferner betreffend einen Raubüberfall unterschiedliche Aussagen zur Maskierung der Täter.556 Das mit den beiden dargelegten Analysemethoden gefundene Ergebnis ist schließlich 81e in Relation zu setzen zu den spezifischen (etwa intellektuellen) Kompetenzen und (beispielsweise sexuellen) Erfahrungen des Zeugen557 sowie – vor allem bei Kindern558 – zur Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Aussage. Denn speziell das Vorhandensein einzelner (bei der Inhaltsanalyse verwendeter) Realkennzeichen hängt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch von Merkmalen der Person des Zeugen ab. Insofern ist mit den Mitteln der Fehlerquellen- sowie der Kompetenzanalyse zu prüfen, ob eine – ggf. qualitativ hochwertige und infolgedessen einen Erlebnisbezug indizierende – Aussage nach aussagepsychologischen Kriterien als zuverlässig eingestuft werden559 oder beispielsweise auf der Übertragung eines Parallelerlebnisses beruhen kann.560 Hierbei kann auch die sog. Motivationsanalyse bedeutsam sein. Diese zielt auf die Feststellung möglicher Motive für eine unzutreffende Belastung des Angeklagten durch den Zeugen ab.561 Insofern ist z.B. zu prüfen, ob die Anzeige im Zusammenhang mit persönlichen, insbesondere vor dem Familiengericht ausgetragenen Auseinandersetzungen steht 562 oder ob die (angestrebte) Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm die Angaben beeinflusst haben kann.563 Wird der Angeklagte durch eine ebenfalls strafrechtlich verfolgte Person belastet, kann zu erwägen sein, ob diese so ausgesagt hat, um selbst eine geringere Strafe zu erhalten (z.B. gemäß § 31 BtMG, § 46b StGB),564 einen anderen Tatbeteiligten zu decken565 oder aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden.566 Sofern der Zeuge aus Rache gehandelt hat, muss das Tatgericht dies in die Gesamtschau einstellen,567 sich dabei aber bewusst sein, dass daraus nicht ohne weiteres die Unrichtigkeit der Angaben folgt.568 Es bedarf stets einer Gesamtwürdigung aller für und gegen die Richtigkeit einer Aus81f sage sprechenden Umstände.569 Eine Zeugenaussage darf nie isoliert gewürdigt werden. 551
552 553 554 555 556 557
558 559 560
BGH Beschl. v. 21.9.2007 – 2 StR 390/07 (Masturbation oder Geschlechtsverkehr); Beschl. v. 21.5.2008 – 5 StR 197/08; s. auch Beschl. v. 17.6.2009 – 2 StR 178/09 sowie zu einer weiteren Vergewaltigung durch denselben Täter BGH NStZ-RR 2003 332, 333; zu „Bissattacken“ eines Hundes während einer behaupteten Vergewaltigung BGH NStZ-RR 2010 317. BGH Beschl. v. 26.11.2008 – 5 StR 506/08. BGH Urt. v. 7.4.2005 – 5 StR 544/04. BGH StV 2008 238. BGH Urt. v. 25.1.2011 – 5 StR 418/10. BGH Beschl. v. 26.9.2002 – 4 StR 168/02. Deckers in: Deckers/Köhnken 89, 100: Hätte der Zeuge mit den ihm gegebenen Kompetenzen diese Aussage auch machen können, ohne dass sie auf einem Erlebnis basiert? BGH Beschl. v. 9.7.2009 – 5 StR 225/09; Brause NStZ 2007 505, 510. BGHSt 45 164, 172 ff.; Bender/Nack/Treuer Rn. 247 ff. BGH Beschl. v. 27.3.2012 – 3 StR 47/12.
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561 562
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568 569
BGHSt 45 164, 173. BGH NStZ 1999 45; Beschl. v. 11.5.2011 – 4 StR 163/11; s. auch Beschl. v. 14.3.2012 – 5 StR 28/12. S. zu den diesbezüglichen Risiken Eisenberg FS Fezer 193, 197 ff. S. BGH StV 2008 451; NStZ-RR 2010 352, 353; Beschl. v. 22.5.2007 – 5 StR 94/07. BGH StV 2007 402; 2008 231. BGH Beschl. v. 18.12.2007 – 5 StR 201/07; Beschl. v. 13.9.2011 – 5 StR 308/11; Nack StraFo 2001 1, 4. BGH NStZ-RR 2008 254, 255; BGH Beschl. v. 22.5.2007 – 5 StR 94/07; Urt. v. 24.1.2012 – 5 StR 433/11; Beschl. v. 9.2.2012 – 2 StR 316/11; Urt. v. 7.3.2012 – 2 StR 565/11. BGH NStZ-RR 2003 206; Urt. v. 21.1.2004 – 1 StR 379/03. BGHSt 20 333, 341; BGH NJW 1980 2423; StV 1991 409; 1992 261; 1998 250; 1999 307; auch BGH MDR 1986 950 (Zusammentreffen mehrerer Umstände); OLG Hamm StV 1999 360; ferner ausführlich
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Im Übrigen kann schon das Zusammentreffen mehrerer für sich allein erklärbarer Unstimmigkeiten zu gewichtigen Zweifeln an der Richtigkeit der Aussage führen.570 Als Ergebnis kann das Gericht beispielsweise bei einem Widerspruch zwischen einer beeidigten und einer unbeeidigten Zeugenaussage der unbeeidigten Aussage oder einer Zeugenaussage nur bezüglich eines Beweisthemas glauben,571 es muss eine solche Differenzierung aber mit vertretbaren Erwägungen begründen.572 Besteht Anlass, Glaubhaftigkeit oder Beweiswert einer Zeugenaussage besonders kritisch zu prüfen, wie etwa bei einem Zeugen, der sich erkennbar selbst entlasten will, bei einem im Ausland kommissarisch vernommenen Zeugen,573 bei durch ein gemeinsames Ziel verbundenen Zeugen574 oder bei Kindern als sog. Opferzeugen,575 müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass sich das Gericht dieses Umstands bewusst war.576 Der Beweiswert einer Aussage kann auch gemindert sein, wenn der Zeuge zuvor im Einzelnen wusste, was andere Zeugen zu dem fraglichen Beweisthema bekundet haben.577 Der Beweiswert des Wiedererkennens eines Beschuldigten durch einen Zeugen (vgl. Rn. 82) ist reduziert, falls ein zweiter, intellektuell vergleichbar begabter Zeuge aus ähnlicher Wahrnehmungssituation eine andere Person als Tatverdächtigen wiedererkannt hat.578 Ein Sachverständigengutachten über die Glaubhaftigkeit579 kann im Einzelfall hilfreich sein (vgl. Rn. 81c ff.), es entbindet das Tatgericht aber niemals von der eigenen Verantwortung für diese mitunter sehr schwierige Entscheidung,580 die kritische Distanz, Einfühlungsvermögen und Lebensklugheit erfordert. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen durch andere Richter in einem früheren Verfahren kann die eigene Entscheidung nicht ersetzen.581 Aktenkenntnis schließt die Einvernahme nicht aus,582 kann aber das Gericht zur Aufklärung veranlassen, wieweit der Zeuge eigene Wahrnehmungen aus seiner Erinnerung wiedergibt. b) Fehlerträchtige Ermittlungen. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Identifizierung 82 dienenden Ermittlungsmaßnahmen, da diese erfahrungsgemäß häufig fehlerhaft durchgeführt werden.583 Ist etwa zu klären, ob der Beschuldigte der Täter ist, soll eine Wahl-
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Eisenberg Beweisrecht Rn. 1363 ff. (Einschränkung der Aussagefähigkeit) und 1426 ff. (Glaubhaftigkeit); KK/Schoreit 49; KMR/Stuckenberg 58; SK/Schlüchter 63. BGH StV 1996 98; 1996 582; 1998 117; 1998 496; 1999 307; Meyer-Goßner 11a. Vgl. BGH NJW 1993 2451; StV 1996 365; 1998 580; 1999 305; OLG Köln NJW 1968 1247; vgl. auch OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen 1977 182 (es begründet keine höhere Zuverlässigkeit, dass der Zeuge die Aussage hätte verweigern können). BGH StV 1981 330; 1984 412; 1986 236; Urt. v. 12.8.2010 – 2 StR 185/10; Niemöller StV 1984 438. Vgl. LR/Sander/Cirener § 251, 60. Etwa KG JR 1984 393 m. Anm. Peters; Nack StV 1994 555; vgl. LR/Becker § 244, 348. Vgl. etwa BGH NStZ 1996 98; StV 1994 227; 1995 6; 1995 451; 1996 365; OLG Düsseldorf JR 1994 379 m. Anm. Blau sowie etwa Drewes DRiZ 1999 249; Lorenz
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DRiZ 1999 253; Kilian DRiZ 1999 256; Meyer-Goßner 4; ferner die Erläuterungen bei §§ 247a, 255a. BGH StV 1982 382; 1982 509; vgl. LR/Sander/Cirener § 250, 27 und die Erläuterungen bei § 267. BGH StraFo 2010 253, 254. BGH Beschl. v. 21.7.2009 – 5 StR 235/09. Zu der in Ausnahmefällen bestehenden Notwendigkeit zur Zuziehung eines solchen vgl. LR/Becker § 244, 84 ff.; ferner BGH NStZ 1998 528; StV 1990 532; 1995 398; 1997 63; OLG Brandenburg StV 1999 481; LG Gera NJW 1996 2437. BGHSt 21 62; 23 8; BGH bei Holtz MDR 1977 284; LR/Becker § 244, 87. H.M.; vgl. OLG Hamm VRS 40 (1971) 456; ferner Rn. 30. OLG Oldenburg VRS 58 (1980) 31. Einen ernüchternden Bericht zur praktischen Handhabung der Wiedererkennungsverfahren geben Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998 421; zu einem Fall massiver
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gegenüberstellung durchgeführt werden, d.h. dem Zeugen ist neben dem Beschuldigten eine Reihe anderer Personen desselben Geschlechts, ähnlichen Alters und ähnlicher Erscheinung gegenüberzustellen (vgl. Nr. 18 Satz 1 RiStBV). Obwohl es selbstverständlich sein sollte, dass dabei nicht erkennbar sein darf, bei wem es sich um den Beschuldigten handelt, gibt es auch insofern Defizite in der praktischen Anwendung, die schon darin bestehen können, dass die Vergleichspersonen anders bekleidet sind als der Beschuldigte oder Polizeibeamte als solche eingesetzt werden.584 Forschungsergebnisse deuten daraufhin, dass eine sog. sequentielle (sukzessive) Wahlgegenüberstellung, bei der dem Zeugen die Personen nacheinander, aber ohne Kenntnis von deren Zahl gezeigt werden, wegen der verlässlicheren Ergebnisse der herkömmlich praktizierten seriellen vorzuziehen ist.585 Ursache hierfür dürfte der Umstand sein, dass dem Zeugen mangels gleichzeitig vorgeführter Personen eine Identifizierung am Maßstab einer relativen Ähnlichkeit mit dem Gesuchten verschlossen ist.586 Entsprechendes gilt für im Vergleich zu Wahlgegenüberstellungen allerdings weniger zuverlässige Wahllichtbildvorlagen (vgl. Nr. 18 Satz 2 RiStBV).587 Es ist daher beispielsweise fehlerhaft, wenn auf den vorgelegten Bildern allein der Angeklagte „haarlos“ abgebildet 588 oder dessen Foto größer ist als das der übrigen – wenigstens sieben – 589 Personen.590 Gibt der Zeuge an, er habe eine Person erkannt, sollten ihm dennoch die übrigen in Betracht kommenden Lichtbilder gezeigt werden, um den Beweiswert nicht zu schmälern.591 Hat vor einer Identifizierungsmaßnahme bereits eine andere stattgefunden, ist dem Zeugen zuvor ein einzelnes Foto592 einer dem wahren Täter ähnelnden Person vorgelegt worden oder war er an der Fertigung einer Phantomzeichnung beteiligt, so kann dadurch die originäre Erinnerung „überschrieben“ worden sein.593 Das Tatgericht muss in Fällen sog. wiederholten Wiedererkennens ggf. in den Urteilsgründen darlegen, dass es sich dieser Möglichkeit und des eventuell verringerten Beweiswerts bewusst gewesen ist.594 Gleiches gilt hinsichtlich der kriminalistischen Erkenntnis, dass bei der ersten Identifizierungsmaßnahme gemachte Fehler später nicht
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Ermittlungsdefizite s. BGH NStZ-RR 2006 212; ferner BGH Beschl. v. 28.5.2009 – 4 StR 101/09 (Identifizierung des Beschuldigten in der polizeilichen Verwahrzelle). Bender/Nack/Treuer Rn. 1245 ff.; Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998 421, 426. BGH StV 2000 603; Bender/Nack/Treuer Rn. 1238 ff.; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1405 m.w.N.; Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998 421; Nack StV 2002 558, 562. BGH Urt. v. 14.4.2011 – 4 StR 501/10. BGH Urt. v. 14.4.2011 – 4 StR 501/10; Beschl. v. 9.11.2011 – 1 StR 524/11; Bender/Nack/Treuer Rn. 1257 ff. BGHR StPO § 261 Identifizierung 17. BGH Beschl. v. 9.11.2011 – 1 StR 524/11. BGH NStZ 1998 266, 267; s. auch BGH Urt. v. 14.4.2011 – 4 StR 501/10. BGH Beschl. v. 9.11.2011 – 1 StR 524/11. BGH Urt. v. 11.9.2003 – 3 StR 316/02; zu Radarfotos vgl. etwa BGHSt 16 204; 28 310; BGH NStZ 1982 342; 1987 288; 1997 355; 1998 265; 1998 266; StV 1986
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287; 1995 452; BayObLGSt 1994 248; OLG Düsseldorf StV 1994 8; OLG Köln StV 1992 412; 1994 67; 1998 640; OLG Oldenburg StV 1994 8; OLG Schleswig SchlHA 1993 228; LG Berlin StV 1996 423; LG Frankfurt 1986 291; LG Gera StV 1997 180; LG Hamburg StV 1998 150; AG Bremen StV 1992 214. BGH NStZ 2010 53; Urt. v. 27.10.2005 – 4 StR 234/05; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1402 ff. BGHSt 16 204, 206; BGH NStZ 1996 350, 351; 2008 232; NStZ-RR 2006 212, 213; StV 2005 421; Bender/Nack/Treuer Rn. 1227; Brause NStZ 2007 505, 509; zu Konstellationen, in denen das Tatgericht zu entsprechender Erörterung veranlasst ist, s. BGH StV 1997 454; ferner zur Beweiswürdigung des Wiedererkennens bei Gegenüberstellungen Niemöller StV 1984 435; Odenthal Die Gegenüberstellung im Strafverfahren 11 ff., 59 ff., 105 ff.; Odenthal NStZ 1985 433; Schlüchter 397; ferner HK/Julius 40; KMR/Stuckenberg 61; MeyerGoßner 11b; SK/Schlüchter 13, 64c; zur
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mehr „repariert“ werden können.595 Auch das Wiedererkennen erschwerende Tatumstände sind zu erörtern, etwa eine Maskierung des Täters596 oder eine nur kurze Beobachtungszeit. Die Identifizierung von Stimmen wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die menschliche Fähigkeit zur Wahrnehmung und Verarbeitung auditiver Reize allgemein schlechter ausgebildet ist als die visuelle Einflüsse betreffende.597 Als für die Stimmenidentifizierung wichtige Faktoren gelten die Wahrnehmungsdauer, die Aufnahmesituation, die z.B. durch Hintergrundgeräusche oder eine schlechte Telefonverbindung beeinträchtigt, durch die Sichtbarkeit des Gesprächspartners dagegen verbessert sein kann, die Art des Sprechens, wobei ein Dialekt oder ein Akzent das Risiko mit sich bringen kann, dass der Zeuge jeden Sprecher mit dieser Auffälligkeit als Täter identifiziert,598 der Zeitablauf sowie eine ggf. bestehende Bekanntschaft mit dem Zeugen.599 c) Höchstrichterliche Beweisregeln. Der BGH hat für drei Fallgestaltungen Rechts- 83 sätze aufgestellt, die Beweisregeln genannt werden können.600 Diese beziehen sich auf Konstellationen, in denen der Beweiswert der Angaben eines Belastungszeugen aus unterschiedlichen Gründen so stark eingeschränkt ist, dass die Aussage im Rahmen der Beweiswürdigung regelmäßig durch andere Beweismittel von Gewicht ergänzt werden muss, soll auf sie eine Verurteilung des Angeklagten gestützt werden. Durch eine derart qualifizierte Beweiswürdigung soll zugleich ein Verteidigungsdefizit ausgeglichen werden, das in vielen Fällen bestehen wird. Schon 1962 hat der BGH zunächst entschieden, dass Feststellungen zu Lasten des 83a Angeklagten aufgrund von Angaben eines Zeugen vom Hörensagen (vgl. § 250, 25 ff.) nur getroffen werden dürfen, wenn „diese Bekundungen durch andere wichtige Gesichtspunkte bestätigt“ werden (z.B. durch Hilfstatsachen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des die Wahrnehmung mitteilenden Dritten, sonstige bestätigende Indizien).601 Denn es besteht grundsätzlich eine erhöhte Gefahr, dass ein Zeuge vom Hörensagen die ihm von einem Dritten mitgeteilten Angaben unvollständig, verzerrt oder gar unzutreffend wiedergibt. Deshalb ist der Beweiswert eingeschränkt602 und umso geringer, je größer die Zahl der Zwischenglieder ist.603 Das Tatgericht muss sich der daraus folgenden rationalen Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein, insbesondere der erheblich erschwerten Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Dritten,604 und in den
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Identifizierung von Personen vgl. die von einer Arbeitssgruppe aufgestellten Standards zur anthropologischen Identifikation lebender Personen aufgrund von Bilddokumenten NStZ 1999 230. BGHSt 16 204, 206; Nack StraFo 2001 1, 7. BGH StV 2005 421. Vgl. etwa BGHSt 40 66; BGH NStZ 1994 597 m. Anm. Eisenberg; OLG Düsseldorf StV 1996 370; OLG Köln StV 1998 178 m. Anm. Meurer; ausführlich Eisenberg Beweisrecht Rn. 1395 ff.; Bender/Nack/ Treuer Rn. 1262 f. Vgl. hierzu BGHSt 54 15, 19 f. Bender/Nack/Treuer Rn. 1264 ff. Kritisch diesen gegenüber Pfister in: Deckers/Köhnken 42, 57 („Systembruch“). BGHSt 17 382, 386; bestätigt u.a. von
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BGHSt 42 15, 25 f.; 45 321, 340; 49 112, 119 f.; BGH Beschl. v. 20.10.2010 – 2 StR 377/10; s. auch BVerfGE 57 277; 292; BVerfG StV 1995 561; BGHSt 33 83; 33 178; 36 159; 39 151; BGH StV 1994 637; 1996 147; OLG Köln StV 1994 289; ferner LR/Esser Art. 6, 770 f. EMRK; sowie SK/Schlüchter 64 f. BGH Beschl. v. 4.3.2003 – 4 StR 543/02. BGHSt 17 382, 385: Gedanke der „stillen Post“; s. auch BGH StV 1998 3; Beschl. v. 14.5.2009 – StB 21/09 zu zudem „mehrfach ineinander verschachtelten Aussagen von Zeugen vom Hörensagen“; Geppert Jura 1991 539. S. nur BGHSt 45 203, 208; BGH StV 2003 604.
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Urteilsgründen ersichtlich machen, dass es die deshalb an seine Beweiswürdigung gestellten erhöhten Anforderungen beachtet hat.605 Für diese ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob es die Exekutive ist, die eine bessere Aufklärung durch den tatnäheren Zeugen verhindert,606 da es allein auf die eingeschränkte Beweiskraft ankommt. Die Anforderungen gelten daher nicht nur bei einem sog. Zufallszeugen wie einer Privatperson, die beispielsweise über die letzten, auf den Angeklagten als Täter hinweisenden Worte des von ihm aufgefundenen tödlich Verletzten berichtet,607 sondern in gleicher Weise auch dann, wenn etwa ein Ermittlungsrichter den Inhalt der von ihm durchgeführten Zeugenvernehmung608 oder ein Vernehmungs- bzw. Führungsbeamter Angaben eines dem Gericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten unbekannt gebliebenen Gewährsmanns (z.B. eines Verdeckten Ermittlers, einer „gesperrten“ V-Person oder eines Informanten der Polizei, dem Vertraulichkeit zugesichert worden ist) bekundet.609 Bei der letztgenannten praxisrelevanten Konstellation des Zeugnisses vom Hören83b sagen müssen die sonstigen Beweismittel, welche die Aussage stützen, sogar von besonderem Gewicht sein. Denn da der Gewährsmann „im Dunkeln bleibt“, können sich weder das Tatgericht noch die anderen an der Hauptverhandlung Beteiligten ein Bild machen von seiner Persönlichkeit, seinem Lebenslauf, seinem Charakter, seinen Beweggründen für die Belastung des Angeklagten, zu denen etwa der Erhalt einer Entlohnung im „Erfolgsfall“ gehören kann,610 und insgesamt vom Beweiswert seiner Bekundungen.611 Insofern genügt es nicht, wenn das Wissen des Zeugen vom Hörensagen nur durch Angaben anderer Personen bestätigt wird, die in der Hauptverhandlung nicht selbst gehört wurden.612 Ergibt sich gar, dass ein V-Mann in anderen Punkten die Unwahrheit gesagt hat, darf auch seinen übrigen Angaben nicht ohne weiteres vertraut werden.613 Durch die anderen wichtigen Beweisanzeichen braucht allerdings nicht jedes Detail der durch den Zeugen vom Hörensagen eingeführten Tatsachen bestätigt zu werden, wohl aber beim letztlich nicht durchgeführten Betäubungsmittelgeschäft größeren Umfangs die den Schuldgehalt prägenden Mengenangaben.614 Als ausreichend ist die (neben weiteren 605
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607
BVerfGE 57 293; BVerfG NJW 1981 1719; 1996 448; StV 1991 449; 1995 562; 1997 1 m. Anm. Kintzig; BGHSt 36 159; BGH NStZ 1988 144; StV 1989 518; 1991 101; 1991 197; 1994 413; BGHSt 17 382, 385; 29 111; 33 83; 33 178; 34 15; 42 15; BGH bei Dallinger MDR 1954 400; OLG Frankfurt NJW 1968 1000; 1976 985; OLG Hamm NJW 1970 821; MDR 1976 1040; OLG Köln StV 1996 441; OLG Stuttgart NJW 1972 66; Alsberg/Nüse/Meyer 461; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1033 f.; G. Schäfer StV 1995 147, 152; SK/Schlüchter 23; Eb. Schmidt I Nr. 367 ff.; vgl. Rn. 28. Nach BGHSt 49 112, 120 „darf dabei nicht übersehen werden, dass die Exekutive eine erschöpfende Sachaufklärung verhindert“. Ebenso BGHSt 50 11, 15 zu den Bekundungen einer Betreuerin über eine ihr berichtete Vergewaltigung; BGH StV 2008 236 zur Aussage von Mutter und Großmutter zu ihnen gegenüber gemachten Angaben eines
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Kindes über einen sexuellen Missbrauch; zu Privatpersonen als Zeugen vom Hörensagen s. schon BGHSt 1 373; kritisch zur Anwendung der erhöhten Anforderungen auf Privatpersonen Detter NStZ 2003 1, 9. Detter NStZ 2003 1, 3. BGHSt 33 178, 181: auch als vom Gericht „gerufener Zeuge“; s. zudem BGH StV 1994 413; ferner zur besonders kritischen Herangehensweise an die Aussage eines Offiziers des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR über Angaben eines von ihm geführten sog. inoffiziellen Mitarbeiters BGHSt 38 276, 279. BGH Beschl. v. 9.5.2012 – 5 StR 41/12. Grundlegend BGHSt 17 382, 386; s. auch Geppert Jura 1991 539 (Doppelung der Glaubwürdigkeitsbeurteilung). BGH StV 1996 583. LG Aachen StV 1991 341. BGH NStZ 1994 502; NStZ-RR 2002 176; kritisch NStZ 2007 103.
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Anzeichen erfolgte) Aussage eines Zeugen angesehen worden, dem der Angeklagte erzählt hatte, er habe kurz nach einem Überfall eine große Geldsumme für den Ankauf eines Lokals aufgewendet,615 ebenso die baldige Ablieferung des gehandelten Betäubungsmittels durch die Vertrauensperson bei der Polizei,616 während im Fahrzeug eines (möglichen) Mittäters aufgefundene Diebeswerkzeuge als Beleg für die Tatbeteiligung auch des Angeklagten nicht genügten.617 Um die Minderung des Beweiswertes zu begrenzen, sollte das Tatgericht in geeigneten Fällen nach Maßgabe seiner Aufklärungspflicht unter Einbeziehung der übrigen Verfahrensbeteiligten einen Fragenkatalog erstellen und dem Gewährsmann über den Vernehmungsbeamten zur Beantwortung vorlegen.618 An diese Rechtsprechung hat der BGH im Jahr 1998 angeknüpft. Steht Aussage gegen 83c Aussage (vgl. Rn. 72) und hält der einzige Belastungszeuge in der Hauptverhandlung seine Vorwürfe zumindest teilweise nicht mehr aufrecht (z.B. hinsichtlich einer von zwei angezeigten Taten619 oder gar betreffend die zuvor am detailliertesten geschildete Tat 620), wird seiner anfänglichen Schilderung weiterer Taten nicht gefolgt, so dass insoweit Freispruch ergeht621 oder das Verfahren gemäß § 154 eingestellt wird,622 oder stellt sich sogar die Unwahrheit eines Aussageteils heraus,623 weil dem Angeklagten beispielsweise für eine von mehreren ihm zur Last gelegten Taten der Alibibeweis gelingt,624 so müssen vom Tatgericht jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe festgestellt werden, wenn es der Aussage im Übrigen folgen will.625 Anders soll es sich grundsätzlich verhalten, wenn ein belastender Mitangeklagter lediglich hinsichtlich seiner eigenen Mitwirkung wahrheitswidrig ausgesagt hat.626 Derartige sog. Außenkriterien sind für eine Verurteilung erforderlich, weil infolge der bezeichneten Umstände die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen in schwerwiegender Weise in Frage gestellt ist.527 Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Aussage eines dergestalt „kranken“ Zeugen in einem wesentlichen Teil als bewusst falsch anzusehen ist.628 Hierzu hat sich das Tatgericht im Urteil zu äußern.629 Denn eine allein auf die Bekundungen eines Zeugen gestützte Verurteilung bleibt nach wie vor möglich, wenn dieser lediglich irrtümlich falsch ausgesagt hat oder von früheren Angaben abgewichen ist.630 Wird das Verfahren 615 616 617 618 619
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BGH Urt. v. 11.9.2003 – 3 StR 316/02. BGH NStZ 1994 502; weitere Beispiele gibt Detter NStZ 2003 1, 4. BGH Beschl. v. 8.5.2007 – 4 StR 591/06. S. BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. d Verhörsperson 2; Detter StV 2006 544, 547. BGHR StGB § 176 Abs. 1 Beweiswürdigung 3; BGH NStZ-RR 2008 254 (auch zu weiteren Abschwächungen der ursprünglich erhobenen Vorwürfe); Urt. v. 23.5.2006 – 5 StR 62/06. BGH Beschl. v. 25.10.2010 – 1 StR 369/10. Ein prägnanter Fall liegt der Entscheidung BGH NStZ 1995 558 zugrunde; s. auch BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13; BGH NStZ 1996 98; BGH Beschl. v. 21.4. 1999 – 5 StR 634/98; Beschl. v. 24.2.2011 – 4 StR 488/10; Beschl. v. 3.3.2011 – 3 StR 34/11; Beschl. v. 22.9.2011 – 2 StR 263/11. BGHSt 44 153, 160; BGH StV 1999 305 (Einstellung von 305 der angeklagten 320 Fälle des sexuellen Missbrauchs).
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BGH Urt. v. 9.3.2011 – 2 StR 467/10. Sander StV 2000 45, 48. BGHSt 44 153, 159; BGH Urt. v. 13.1.2005 – 4 StR 422/04; Hamm StraFo 2000 253, 256; Sander StV 2000 45. BGH Beschl. v. 13.9.2011 – 5 StR 308/11. S. dazu auch BGHR StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 13; BGH NStZ-RR 2008 180. Vgl. BGH Beschl. v. 4.5.2011 – 5 StR 126/11. BGHSt 44 256; BGH Urt. v. 7.4.2005 – 5 StR 544/04 (zu möglicherweise fabulierender Zeugin); Beschl. v. 12.4.2005 – 4 StR 59/05; Urt. v. 19.4.2007 – 4 StR 23/07; Beschl. v. 20.10.2010 – 2 StR 377/10; s. auch BGH Beschl. v. 11.1.2007 – 4 StR 497/06. BGH Beschl. v. 14.6.1994 – 1 StR 214/94; Sander StV 2000 45, 48.
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wegen eines Teils der aufgrund der Angaben des Zeugen angeklagten Taten gemäß § 154 Abs. 2 eingestellt, so hat das Tatgericht die Gründe hierfür im Urteil darzulegen, besonders dann, wenn prozessökonomische Gründe für die Einstellung fernliegen, weil der Zeuge umfassend gehört worden war.631 Denn diese können für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen von Bedeutung sein,632 etwa wenn die Einstellung erfolgt ist, weil das Tatgericht es für „extrem problematisch“ gehalten hat, die Angaben des Zeugen als Bestätigung der Vorwürfe anzusehen,633 oder weil der Zeuge insofern trotz eines für ihn angeblich bedeutsamen Geschehens „keine klaren und hinreichenden Erinnerungen“ mehr hatte.634 Außenkriterien von Gewicht. Kein Außenkriterium stellen in diesem Zusammenhang 83d Beweisanzeichen dar, welche die Angaben des Zeugen zur Tat selbst bestätigen, weil dann bereits per definitionem nicht Aussage gegen Aussage steht (vgl. Rn. 72). Es kann sich daher ausschließlich um Indizien handeln, die den erhobenen Vorwurf mittelbar stützen. Diese dürfen zudem mit den Angaben des Zeugen inhaltlich nicht so eng verknüpft sein, dass ihnen keine selbständige Bedeutung mehr zukommt. Ein Indiz darf vielmehr erst dann als Außenkriterium gewertet werden, wenn es vom Inhalt der Aussage unabhängig ist und ihm deshalb trotz des gebotenen strengen Maßstabs 635 eine Verurteilung mittragende Beweiskraft zuerkannt werden kann. Dies kann beispielsweise bejaht werden, wenn die polizeilichen Ermittlungen die vom Zeugen zu den örtlichen und zeitlichen Verhältnissen gemachten Angaben bestätigt haben636 oder es zu vergleichbaren Übergriffen des Angeklagten auf andere Geschädigte gekommen ist.637 Dasselbe kann für das Verhalten eines Zeugen nach der von ihm behaupteten Tat 638 und eine ärztliche Behandlung gelten,639 ebenso für einen Brief, den ein Zeuge unter Umgehung der Postkontrolle aus der Untersuchungshaft an seine Lebensgefährtin gesandt hat,640 einen Zettel, auf welchem die Beute verzeichnet ist,641 sowie nach den Umständen des Einzelfalls auch für die psychische Verfassung eines Zeugen während seiner polizeilichen Vernehmung,642 nicht aber für die dabei gemachten Äußerungen selbst.643 Bedenklich ist es, ein aussagepsychologisches Gutachten als Außenkriterium anzusehen, solange dieses ausschließlich auf den Angaben des Zeugen basiert.644 Vergleichbares gilt für die Heran-
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BGH NStZ 2008 581, 582; s. auch MeyerGoßner/Appl Rn. 371. BGHSt 44 153, 160; BGHR StPO § 154 Abs. 2 Teileinstellung 1; BGH NStZ 2003 164, 165; StV 2009 116, 117; BGH Beschl. v. 5.3.2002 – 4 StR 18/02; differenzierend G. Schäfer FS Rieß 477, 487 (Erörterung nur geboten, wenn die Gründe für die Einstellung für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage bedeutsam sind). BGH StV 1999 305. BGH StV 2008 238 (Defloration durch den Stiefvater); ähnlich BGH NStZ-RR 2008 254. Vgl. BGHSt 51 150, 157. BGH NStZ 2008 50, 51. BGH NStZ 2001 161 m.w.Bsp. BGH Urt. v. 19.11.2008 – 2 StR 394/08. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 29; zu gynäkologisch festgestellten Verletzungen
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640 641 642 643 644
BGH NStZ-RR 2003 206, 209; StV 2005 533, 534. BGH NStZ 2005 224 m. insoweit krit. Anm. Esser JR 2005 248, 255. BGH StV 1999 7. BGH NStZ 2008 50, 51. BGHSt 51 150, 158. Deckers StraFo 2010 372, 378; a.A. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 29 unter unzutreffender Inbezugnahme von BGHSt 44 256, da in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall lediglich ein Missverständnis zur Annahme eines anderen Tattages geführt hatte; s. auch BGH NJW 1995 1501 und für ein auch auf Zusatztatsachen beruhendes Gutachten BGH Urt. v. 11.2.2004 – 2 StR 378/03; KK/Schoreit 4; kritisch gegenüber der Heranziehung von Angaben gegenüber einem Dritten Schmandt StraFo 2010 446, 448 (problematische „Doppelung“).
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
ziehung von Tatschilderungen gegenüber einem Dritten, soweit es nicht um qualifizierende Umstände wie etwa emotionale Betroffenheit geht.645 Liegt ein Außenkriterium vor, muss stets seine Reichweite geprüft werden, d.h. inwieweit es die Darstellung des Zeugen zu stützen geeignet ist. So stellen etwa die Befeuchtung der Hose einer Zeugin an den Knien und Spermaspuren an ihrer Jacke keine „starken Indizien“ für den von ihr behaupteten Oralverkehr dar, da sie sich in gleicher Weise mit einer in kniender Haltung vorgenommenen manuellen Befriedigung des Angeklagten vereinbaren lassen.646 Wann einem Außenkriterium das erforderliche Gewicht zukommt, der Aussage eines „kranken“ Zeugen folgen zu können, lässt sich nicht allgemein bestimmen. Insofern kommt dem Tatgericht ein Beurteilungsspielraum zu, dessen Anwendung in den Urteilsgründen dokumentiert werden muss. Unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EGMR647 hat der BGH im Jahr 2000 im 83e Wege der konventionskonformen Auslegung des deutschen Strafprozessrechts ausdrücklich eine weitere Beweiswürdigungsanforderung aufgestellt. Danach darf auf die Angaben eines Belastungszeugen,648 den der Angeklagte entgegen Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK zu keinem Zeitpunkt, d.h. weder in der Hauptverhandlung noch in einem früheren Verfahrensstadium befragen (lassen) konnte, eine Verurteilung ebenfalls nur gestützt werden, wenn die Bekundungen durch „andere wichtige Gesichtspunkte außerhalb der Aussage bestätigt werden“.649 Diese erhöhten Anforderungen gelten (jedenfalls) dann, wenn die fehlende Gelegenheit zur Befragung der Justiz zuzurechnen ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese insofern absichtlich, versehentlich oder rechtsirrig gehandelt hat.650 Hierdurch soll die Verletzung des Rechts auf sog. konfrontative Befragung mit dem Ziel ausgeglichen werden, dass das Verfahren insgesamt als fair anzusehen und somit kein Konventionsverstoß gegeben ist. Dem liegt der vom EGMR entwickelte Gedanke zugrunde, der Beweiswert der Aussage eines Zeugen hänge auch davon ab, ob seine Befragung durch den Angeklagten (oder den Verteidiger) aus einem von der Justiz zu vertretenen Grund unterblieben ist.651 Dementsprechend hat der BGH die bezeichnete Beweisregel nicht angewandt, sondern lediglich eine besonders sorgfältige Beweiswürdigung verlangt in Fällen, in denen ein Zeuge verstorben war,652 aus einem anderen, von der Justiz „keineswegs verschuldeten“ Grund nicht zur Verfügung stand 653 oder sich in der Hauptverhandlung auf ein ihm zustehendes Zeugnis-654 oder umfassendes Auskunfts-
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Deckers StraFo 2010 372, 374. BGH Beschl. v. 2.4.2008 – 5 StR 42/08. Vertiefend R. Esser 638 ff.; ders. NStZ 2007, 106. BGH NStZ 2005 224, 225; NStZ-RR 2005 321: Unter den Begriff des Belastungszeugen können auch Personen fallen, die in einem anderen Verfahren als Beschuldigte ausgesagt haben; erfasst sind zudem Mitangeklagte, BGH Beschl. v. 9.7.2009 – 4 StR 461/08. BGHSt 46 93 (die Entscheidung hat zudem wesentliche Bedeutung für die konventionskonforme Auslegung des § 141 Abs. 3); ebenso z.B. BGH NStZ-RR 2005 321; NStZ 2008 50, 51; zusammenfassend KK/Schädler Art. 6, 54, 59 EMRK. BGHSt 51 150, 155 f.: entgegen § 168c
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Abs. 5 Satz 1 keine Benachrichtigung des Verteidigers von der bevorstehenden ermittlungsrichterlichen Vernehmung des Zeugen und grundloser Ausschluss des Beschuldigten (vgl. § 168c Abs. 3) während dieser Vernehmung. BGHSt 51 150, 155 m.w.N. BGH Beschl. v. 9.2.2005 – 4 StR 552/04; ebenso KK/Schoreit 21a; s. auch BGH Beschl. v. 12.11.2011 – 1 StR 540/10 (keine Verpflichtung zur Durchführung einer ermittlungsrichterlichen Vernehmung einer 85 Jahre alten Zeugin); Esser JR 2005 248, 250. BGH NStZ-RR 2010 83; s. ferner BGH Beschl. v. 3.5.2011 – 5 StR 119/11. BGHSt 45 203, 208; BGH NStZ 2007 652; s. auch BGH Urt. v. 11.7.2008 – 5 StR 74/08.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
verweigerungsrecht 655 berufen hat, so dass seine früheren Angaben durch die Verhörsperson eingeführt worden waren (zum ggf. zu erstellenden Fragenkatalog vgl. Rn. 83b), und in denen ein Mitangeklagter es abgelehnt hatte, Fragen des Verteidigers (§ 240 Abs. 2 Satz 2) des von ihm belasteten Angeklagten zu beantworten.656 Eine allgemeine Zurechnung von Verfahrensvorgängen, die sich in einem anderen Mitgliedsstaat der EMRK ereignet haben, hat der BGH als „durch die Konvention nicht geboten“ angesehen.657 Die soeben skizzierte Differenzierung ist nach den Maßstäben der allgemeinen Be83f weislehre kaum überzeugend, weil die Ursache für die fehlende Befragung in der Regel für den Beweiswert der Angaben irrelevant sein wird (vgl. Rn. 83a). Dieser wird vielmehr generell gemindert, wenn der Angeklagte nicht hat den Versuch unternehmen können, auf eine Vervollständigung der Aussage (vgl. § 69 Abs. 2) hinzuwirken. Der BGH selbst hat das „Defizit an Unmittelbarkeit“ hervorgehoben, das sogar schon bei einer mittels einer Bild-Ton-Leitung in die Hauptverhandlung übertragenen Vernehmung im Vergleich zur konfrontativen Befragung im Gerichtssaal besteht.658 Eine Ausnahme ist allerdings anzunehmen, wenn der Angeklagte infolge eigenverantwortlichen Handelns den Zeugen nicht befragen konnte, beispielsweise sich zum Zeitpunkt der Vernehmung auf der Flucht befunden hat.659 Denn anderenfalls hätte er es vielfach in der Hand, den Beweiswert der Angaben eines Zeugen zu senken. Die Aufstellung der dritten Beweisregel mag mit Blick auf europarechtliche Vorgaben 83g erforderlich gewesen sein. Für das Gros der bislang vom BGH entschiedenen Fälle hätte es ihrer aber nicht bedurft. Denn dabei handelte es sich um Fallgestaltungen, bei denen die Angaben des Belastungszeugen über einen Dritten, also einen Zeugen vom Hörensagen, in die Hauptverhandlung eingeführt worden waren.660 Daher wären schon aus diesem Grund andere wichtige Gesichtspunkte zur Bestätigung der Angaben notwendig gewesen (vgl. Rn. 83a). Auch in dem Verfahren, das zu dem grundlegenden Urteil des BGH geführt hatte, war zu der im Ermittlungsverfahren gemachten Aussage des nunmehr gemäß § 52 schweigenden Zeugen der Ermittlungsrichter gehört worden.661 Der Entscheidung lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass zum Ausgleich der Kumulation der den Beweiswert senkenden Umstände die Aussage bestätigende Gesichtspunkte von besonderem Gewicht verlangt werden sollten. Eine derartige Abstufung wäre auch nur theoretisch denkbar, in der tatgerichtlichen Praxis aber nicht umzusetzen, und ist deshalb abzulehnen. Das insofern erforderliche Maß kann daher nicht abstrakt bestimmt werden, sondern hängt von der im Einzelfall jeweils bestehenden Beweislage ab. In Ausnahmefällen kann eine Verletzung des Rechts auf konfrontative Befragung 83h jedoch eigenständige Bedeutung erlangen. Dies kommt etwa in Betracht, wenn ein Zeuge in der Hauptverhandlung zwar teilweise aussagt, eine Befragung durch den Angeklagten und die Verteidigung aber unter Berufung auf ein ihm zustehendes Zeugnis-662 oder ggf. auch (umfassendes) Auskunftsverweigerungsrecht663 ablehnt, beispielsweise zu ihm gegen-
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BGH NStZ 2004 691; BGH Beschl. v. 22.5.2007 – 5 StR 94/07; Beschl. v. 22.9.2011 – 2 StR 263/11; s. auch BGH StV 2007 284, 286; BGH NStZ-RR 2009 212. BGH Beschl. v. 9.6.2009 – 4 StR 461/08; Urt. v. 9.11.2010 – 5 StR 297/10; Beschl. v. 13.9.2011 – 5 StR 308/11. BGHSt 55 70 = NStZ 2010 410, 411. Ausführlich zu den Vernehmungsschwächen BGHSt 45 188, 196; s. auch BGH NStZ
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2002 656, 658; 2008 232, 233; Urt. v. 11.7.2008 – 5 StR 74/08. Vgl. BGH NStZ 2005 224 m.Anm. Esser JR 2005 248, 249. S. beispielsweise BGHSt 51 150. BGHSt 46 93. BGH StV 2003 604. BGHSt 47 220; s. auch Brause NStZ 2007 505, 508.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
über gemachten Äußerungen des Angeklagten.664 Obwohl damit das Recht nach Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK nicht wahrgenommen werden konnte, hat der BGH nicht die in diesem Zusammenhang aufgestellte Beweisregel herangezogen, sondern lediglich verlangt, „ein solches Aussageverhalten (sei) im Rahmen der Beweiswürdigung bei der Beurteilung der Aussage des betreffenden Zeugen kritisch zu bewerten“.665 Vorzugswürdig erscheint es jedoch, auch bei dieser Fallgestaltung für eine Verurteilung weitere Beweisanzeichen von Gewicht außerhalb der Zeugenaussage zu verlangen. Denn durch die fehlende Möglichkeit der konfrontativen Befragung mindert sich auch hier der Beweiswert der Angaben (vgl. Rn. 83f).666 Auch wenn namentlich das Gericht durch die Aufklärungspflicht gehalten ist, den Zeugen umfassend zu befragen, wird ihm dies oft nicht möglich sein, weil ihm nur dem Angeklagten eigenes Wissen insbesondere zur Tat fehlt. Die fehlende Fragemöglichkeit des Angeklagten ist zwar der Justiz nicht unmittelbar zuzurechnen, beruht aber auf der Wahrnehmung eines dem Zeugen durch den Gesetzgeber des die Strafverfolgung betreibenden Staats eingeräumten Rechts. In der Literatur wird gelegentlich angeregt, die Beweisregeln für die drei bezeichneten 83i Gruppen auf vergleichbare Konstellationen auszuweiten. Beispielsweise wird vorgeschlagen, entsprechende Vorgaben für den Fall einer grenzüberschreitenden audio-visuellen Vernehmung eines Zeugen aufzustellen.667 Insofern hat der BGH auf die durch das technische Medium und die fehlende körperliche Anwesenheit des Zeugen begrenzte Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und weitere Vernehmungsdefizite hingewiesen.668 Die sich daraus für den Beweiswert ergebenden Beschränkungen haben aber nicht solches Gewicht, dass sie denjenigen der Konstellationen des Zeugen vom Hörensagen, des „kranken“ Zeugen und der fehlenden konfrontativen Befragung gleichwertig sind. Daher genügt es, sie in die Beweiswürdigung allgemein einzubeziehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Einhaltung der für die Hauptverhandlung geltenden wesentlichen Verfahrensgarantien gewährleistet, insbesondere eine unbeeinflusste Vernehmung möglich ist.669 Anders könnte es sich ausnahmsweise verhalten, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Zeuge in oder gar von dem um die Rechtshilfe ersuchten Staat namentlich durch Gewalt oder Drohung unter Druck gesetzt worden ist. Schließlich hat der BGH im Jahr 2004 eine weitere Einschränkung der freien Beweis- 83j würdigung vorgenommen. Diese betrifft den Fall, dass ein nach dem sonstigen Ermittlungsergebnis für die Wahrheitsfindung zentrales Beweismittel 670 infolge einer Sperrerklärung (§ 96) oder einer verweigerten Aussagegenehmigung (§ 54) nicht in die Beweisaufnahme eingeführt werden kann, obwohl dies ohne das prozessuale Hindernis durch die gerichtliche Aufklärungspflicht geboten wäre oder ein darauf gerichteter Beweisantrag nicht aus einem der in § 244 Abs. 3 bis 5 vorgesehenen Gründe abgelehnt werden könnte.671 Bei dieser – durchaus nicht nur den Zeugenbeweis betreffenden – Sachlage verschlechtert sich im Unterschied zu den drei zuvor dargestellten Konstellationen (Rn. 83a ff.) nicht nur der Wert eines bestimmten Beweismittels, sondern die Beweisgrundlage wird insgesamt verkürzt, da ein Beweismittel völlig unerreichbar bleibt. Dies hat zur Folge, dass nicht einmal verlässlich prognostiziert werden kann, ob seine Erhebung für den Angeklagten Ent- oder Belastendes erbracht hätte. Damit eine derartige
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BGH Beschl. v. 22.3.2012 – 1 StR 359/11. BGHSt 47 220, 223 f.; s. auch BGH StV 2003 604. Ebenso AnwK-StPO/Martis 8. Hamm StraFo 2000 253, 257. BGHSt 45 188, 196.
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BGHSt 45 188, 194 f. Etwa einen an den Anschlägen vom 11.9.2001 auf das World Trade Center in New York und andere Objekte Beteiligten, vgl. BGHSt 49 112, 125. BGHSt 49 112, 118.
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Verhinderung einer Beweiserhebung durch den die Strafverfolgung betreibenden Staat 672 dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereicht, verlangt der BGH als Ausgleich eine besonders vorsichtige Beweiswürdigung. Diese soll ungeachtet der Frage, ob die Sperrerklärung bzw. Verweigerung der Aussagegenehmigung rechtmäßig ist,673 so vorgenommen werden, dass das Tatgericht in seine abschließende Bewertung die Möglichkeit einbezieht, das gesperrte Beweismittel hätte das Entlastungsvorbringen bzw. die entlastende Beweisbehauptung des Angeklagten bestätigt, wenn es in die Hauptverhandlung eingeführt worden wäre. Im Anschluss hat es zu entscheiden, ob das potentiell entlastende Ergebnis der unterbliebenen Beweiserhebung durch die verwertbaren sonstigen Beweismittel so weit entkräftet wird, dass trotz der geschmälerten Erkenntnisgrundlage der Inbegriff der Hauptverhandlung die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten trägt.674 Dabei ist der Zweifelssatz – wie stets (vgl. Rn. 104) – nur bei der Gesamtwürdigung 83k zu beachten, nicht aber auf die einzelne (fragliche) Beweistatsache anzuwenden. Der Sache nach handelt es sich bei dem vom BGH gewählten Weg um eine Wahrunterstellung eines Beweisergebnisses, also um ein Weniger zur Wahrunterstellung einer beweiserheblichen Tatsache nach § 244 Abs. 3 Satz 2.675 Diese ermöglicht zwar grundsätzlich den gebotenen angemessenen Ausgleich für die staatlich verursachte Verkürzung der Beweisgrundlage. Hieraus erwächst aber für die Tatgerichte die ungewöhnliche und praktisch nur schwer zu bewältigende Aufgabe, den Wert der nur fiktiven Beweiserhebung plausibel zu bestimmen.676 Dies gilt in über das Übliche weit hinausgehendem Maße für die Prüfung der Glaubhaftigkeit der unterstellten Angaben eines Zeugen und dessen Glaubwürdigkeit.677 Denn für die Beweiswürdigung ist regelmäßig nicht allein entscheidend, was ein Zeuge bekundet, sondern wie er dies tut.678 Insoweit aber fehlt jeglicher tatsächlicher Anknüpfungspunkt. Unabhängig davon verlangt der BGH bei einer Verurteilung vom Tatgericht einen umso höheren „argumentativen Aufwand“ zur Begründung seiner Überzeugung von der Schuld des Angeklagten, je mehr sich das Ergebnis der Beweisaufnahme mit dem Entlastungsvorbringen in Einklang bringen lassen könnte, je näher das gesperrte Beweismittel zu der Tat steht und je stärker es daher potentiell zu deren Aufklärung hätte beitragen können.679
84
d) Generell gelten zudem folgende einzelne Maßgaben: Glaubt das Gericht einem Zeugen nicht, sind im Urteil zusammen mit der Wiedergabe der Aussage die Gründe dafür aufzuzeigen.680 Gleiches gilt, wenn Aussagen in einem entscheidungserheblichen
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Die entwickelten Grundsätze sollen allerdings auch für die Sachlage gelten, dass ein anderer Staat die Beweiserhebung verhindert, wenn er ein erhebliches eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens und sich grundsätzlich zur Rechtshilfe im Verhältnis zu Deutschland verpflichtet hat, diese aber selektiv gewährt; BGHSt 49 112, 124 f. Zustimmend H. E. Müller JZ 2004 926, 927; differenzierend Mosbacher JR 2004 523, 525. BGHSt 49 112, 123; s. auch zur Umsetzung dieser Vorgaben durch das OLG Hamburg BGH NJW 2007 384, 387. Zutreffend Mosbacher JR 2004 523, 524;
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eine Wahrunterstellung der beweiserheblichen Tatsache befürwortet H. E. Müller 80 ff. BGHSt 49 112, 126. Kritisch Detter StV 2006 544, 549: tatsächlich unmöglich und beweisrechtlich zweifelhaft; H. E. Müller JZ 2004 926, 928: Praktikabilität zweifelhaft. Mosbacher JR 2004 523, 526. BGHSt 49 112, 126. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; StV 1983 186 (LS); 1986 6 (bei Behauptung von Putativnotwehr); bei Spiegel DAR 1986 201; OLG Hamm JMBlNW 1982 30.
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Punkt einander widersprechen681 oder der Zeuge sich an einen Umstand nicht erinnert, der ihm unmöglich entgangen sein könnte.682 Es ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, wenn sich das Gericht bei der Bewertung einer Zeugenaussage durch einen nicht bestehenden Satz der Alltagserfahrung für gebunden hält, so, wenn es einem Zeugen glaubt, weil er ein „klassischer Zeuge“ sei683 (vgl. Rn. 71), oder wenn es die Glaubhaftigkeit einer Aussage auf Tatsachen stützt, die es durch diese Aussage erfahren hat684 (vgl. Rn. 44c), oder wenn es die Aussagekonstanz allein daraus herleitet, dass nur der Zeuge selbst bestätigt, sich früher in gleicher Weise geäußert zu haben.685 Kann ein Polizeibeamter sich an den zur Anzeige führenden Verkehrsvorgang nicht mehr erinnern und erklärt er nur, er hätte den Verkehrsteilnehmer unter den von diesem behaupteten Umständen nicht angezeigt, so unterfällt es der freien Beweiswürdigung des Gerichts, ob es nach Aufklärung der Umstände, unter denen der Verkehrsvorgang beobachtet und die Anzeige erstattet wurde,686 diese Äußerung zur Widerlegung der Einlassung des Angeklagten als ausreichend ansieht. Fehlerhaft wäre es dagegen, wenn es insoweit einen nicht bestehenden Erfahrungssatz annehmen würde, wonach eine solche Aussage schlechthin beweiskräftig sei,687 oder wenn von der Richtigkeit ihres Inhalts ausgegangen würde, obwohl der Zeuge an ihrer Abfassung weder mitgewirkt noch sich sonst von ihrer Richtigkeit überzeugt hatte.688 Weiter wird verlangt, dass ein beeidigtes Zeugnis als unbeeidigt gewürdigt werde, 85 wenn sich nachträglich ergibt, dass der Zeuge, insbesondere etwa wegen des Verdachts der Teilnahme, unbeeidigt hätte vernommen werden müssen.689 Soweit dies als Zumu681
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Vgl. LR/Gollwitzer 25 § 267, 60; LR/ Hanack 25 § 337, 150; ferner BGH StV 1983 445; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 36. BGH StV 1986 287 (Exzess des Täters). OLG Bremen VRS 47 (1974) 37; vgl. auch BayObLG MDR 1995 304; KMR/Stuckenberg 58. Vgl. BGH StV 1993 59; dazu Fischer StV 1993 670; Weider StV 1993 60; ferner BGH StV 1996 412 (L). NStZ 1999 45 (Verwendung struktureller Elemente der Aussage kein Kreisschluss). OLG Stuttgart StV 1990 257; ob hier wirklich ein unzulässiger Zirkelschluss vorliegt, hängt von den Umständen ab, vgl. Fischer StV 1993 670; ferner OLG Hamburg StV 1992 102 (L). OLG Düsseldorf VRS 62 (1974) 282; ZfS 1981 387; OLG Hamm VRS 57 (1979) 291; OLG Köln NStZ 1981 76; VRS 61 (1981) 360; 65 (1983) 376; allgemein zu Polizeibeamten als Zeugen Kube JZ 1976 17; Maeffert StV 1982 386; Thomann Kriminalistik 1982 110, 156; ferner zur Pflicht, handschriftliche Aufzeichnungen zuzuziehen, die die Grundlage der Anzeige bildeten, OLG Hamm JMBlNW 1980 70; LR/Becker § 244, 67. BGHSt 23 213 = LM Nr. 57 m. Anm. Martin; BGH NJW 1970 1558; vgl.
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OLG Köln JR 1969 392 m. zust. Anm. Eb. Schmidt JR 1969 473; s. auch die durch die angeführten Entscheidungen des BGH erledigten Vorlagebeschlüsse des OLG Hamm NJW 1969 2032; 1970 264. Wegen ähnlicher Fälle vgl. BGH NStZ-RR 1999 272; OLG Hamm MDR 1967 1029; VRS 52 (1977) 431; 53 (1977) 40; 55 (1978) 135; Kohlhaas DAR 1971 165; ferner OLG Köln VRS 62 (1982) 451 (strengere Anforderungen, wenn Polizeibeamter ein ihn selbst betreffendes Verkehrserlebnis angezeigt hat) und OLG Hamm JMBlNW 1982 30 (Anforderungen an Beweiswürdigung, wenn Insassen den Bekundungen widersprechen). Für die gelegentlich geforderte Erklärung, der Zeuge „übernehme die Verantwortung“ (was immer sie besagen soll), fehlt es dann an jeder tatsächlichen Grundlage, da der Zeuge aus eigenem Wissen einen Irrtum bei der Anzeigenerstattung nicht ausschließen kann; vgl. OLG Köln VRS 60 (1981) 205; 65 (1983) 376; OLG Hamm VRS 52 (1977) 431; 53 (1977) 40; 54 (1958) 138; 55 (1978) 134. So RGSt 59 94; 72 219; RG JW 1931 1599; BGHSt 4 131; BGH NJW 1952 1146; 1982 1602; 1986 266; vgl. aber auch StV 1986 89; dazu Schlothauer StV 1986 90.
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tung angesehen wird, weil dadurch eine in Wirklichkeit vorgenommene Verfahrenshandlung verleugnet werde,690 kann dieser Kritik nicht gefolgt werden. Denn es stellt in der strafgerichtlichen Praxis keine Besonderheit dar, ein prozessuales Geschehen bei der Gesamtwürdigung außer Betracht zu lassen. Dies ist etwa so, wenn sich die Unverwertbarkeit eines erhobenen Beweises erst nachträglich herausstellt. Die Problematik hat infolge der Neuregelung der §§ 59 ff. durch das 1. JuMoG 691 ohnehin an Bedeutung erheblich verloren.
86
e) Schweigt ein Zeuge in der Hauptverhandlung unberechtigt ganz oder teilweise, so kann das Tatgericht aus diesem Schweigen im Rahmen seiner Beweiswürdigung Schlüsse ziehen, sofern nach den ganzen Umständen das Motiv dieses Schweigens erkennbar wird.692 Die Verwertbarkeit für die Beweiswürdigung hängt nicht davon ab, ob das Gericht versucht hat, gemäß § 70 den Zeugen zu einer Aussage zu veranlassen;693 ob dies notwendig ist, beurteilt sich nach den Erfordernissen der Aufklärungspflicht.694 Bei einer berechtigten Zeugnisverweigerung ist die freie Beweiswürdigung hingegen 87 eingeschränkt, wenn der Zeuge nach den §§ 52, 53 und 53a sein Zeugnis verweigert oder die Beeidigung nach § 61 ablehnt. Hier fordert der Schutz der Entscheidungsfreiheit des Zeugen, dass aus der Tatsache der Zeugnisverweigerung keine Schlüsse zu Lasten des Angeklagten gezogen werden;695 die Motive für die Weigerung sind nicht zu erforschen.696 Schlüsse zugunsten des Angeklagten bleiben zulässig.697 Das Verbot einer nachteiligen Würdigung gilt auch, wenn das Aussageverhalten des Angehörigen wechselt, etwa, wenn er erst in der Berufungsverhandlung das Zeugnis verweigert 698 oder im Ermittlungsverfahren699 bzw. in der Hauptverhandlung zunächst das Zeugnis verweigert, dann aber doch noch ausgesagt hatte und das Gericht zu prüfen hat, ob seine den Angeklagten entlastenden Angaben glaubhaft sind.700 Ebenso liegt es, wenn der Zeuge zwar belanglose Angaben macht, hinsichtlich aller für die Sachentscheidung wesentlichen Tatsachen aber sein Weigerungsrecht ausübt,701 oder wenn er nur zu einem von mehre690 691 692
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So noch LR/Gollwitzer 25. Vom 24.8.2004 (BGBl. I 2198). BGH NJW 1966 351, dazu Meyer JR 1966 351; KK/Schoreit 44; KMR/Paulus § 244, 181; Meyer-Goßner 19a. KK/Schoreit 44; Meyer-Goßner 19a; SK/Schlüchter 43. Vgl. LR/Becker § 244, 64. BGHSt 22 113 = LM Nr. 54 m. Anm. Pelchen; BGHSt 32 140 = JR 1985 70 m. Anm. Pelchen; 34 324 = JR 1988 78 m. Anm. J. Meyer; BGH NJW 1980 794; 1984 136; JR 1981 432 m. Anm. Hanack; StV 1982 101; 1985 485; 1991 450; 1997 171; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; OLG Hamm VRS 46 (1974) 364; KG NJW 1966 605 m. Anm. Arndt NJW 1966 869; OLG Karlsruhe GA 1975 182; KK/Schoreit 42; KMR/Stuckenberg 62; Meyer-Goßner 20; SK/Schlüchter 44; Eb. Schmidt JZ 1970 340; a.A. Ostermeyer NJW 1968 1789; die Rechtsprechung hatte früher die nachteilige Verwertung der Tatsache der Zeugnisver-
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weigerung zugelassen, vgl. RGRspr. 8 502; RGSt 55 20; BGHSt 2 351; dagegen schon Alsberg JW 1931 1596; Buchwald SJZ 1949 360; zu diesen Fragen ferner Schneider JuS 1970 271. BGH NJW 1954 1496; KG NJW 1966 605; KK/Schoreit 42; KMR/Stuckenberg 62; vgl. auch (zur Unzulässigkeit ihrer Protokollierung) die Erläuterungen bei § 168a. BGH NStZ 1988 561; StV 1991 450; 1992 97; 1993 61; 1997 171; HK/JuIius 35; KMR/Stuckenberg 62. BayObLG NJW 1969 200. BGH NStZ 2010 101, 102. BGH NJW 1980 794; NStZ 1985 87; 1989 281; StV 1987 188; 1987 281; 1992 97; Beschl. v. 29.5.2012 – 3 StR 162/12; BayObLGSt 1968 83 = NJW 1969 200; OLG Karlsruhe DAR 1983 93; vgl. LR/Sander/Cirener § 252, 9, 14. BGH JR 1981 432 m. Anm. Hanack JZ 1979 766; NStZ 1985 87; KK/Schoreit 42; Meyer-Goßner 20.
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§ 261
ren getrennt zu beurteilenden Tatkomplexen aussagt.702 Ebenfalls darf bei der Beweiswürdigung nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden, dass er einen zur Zeugnisverweigerung berechtigten Zeugen verspätet benannt 703 oder er die Zeugnisverweigerung seines Angehörigen erwartet oder gewollt hat.704 Äußert der Zeuge sich dagegen zu einem einheitlichen Tatgeschehen und verweigert nur zu Teilfragen die Aussage, muss das Gericht das teilweise Schweigen bei der Beweiswürdigung berücksichtigen, da es von indizieller Bedeutung für die Bewertung der Bekundungen sein kann, deren Lückenhaftigkeit nicht außer Betracht gelassen werden darf.705 Bei der Beweiswürdigung verwertbar ist auch, wenn der Zeuge zwar trotz eines Weigerungsrechts aussagt, aber die Überprüfung seiner Aussage durch eine von seiner Zustimmung abhängige Untersuchung verweigert.706 Hat der Zeuge in Kenntnis seines Aussageverweigerungsrechts ausgesagt, so darf und muss seine Aussage auch dann verwertet werden, wenn er sich in derselben Hauptverhandlung, aber nach dem Abschluss seiner Vernehmung auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 2).707 Schützt dagegen das Zeugnisverweigerungsrecht nicht das Verhältnis zwischen dem 88 Zeugen und dem Angeklagten und scheidet es deshalb aus, dass der Zeuge durch die Möglichkeit einer dem Angeklagten nachteiligen Verwertung seiner Zeugnisverweigerung in seiner freien Entscheidung über den Gebrauch seines Zeugnisverweigerungsrechts beeinträchtigt wird, wie etwa im Falle des § 54 und auch in den meisten Fällen des § 55, kann die Tatsache der Zeugnisverweigerung bei der Beweiswürdigung mit herangezogen werden.708 Dann besteht kein zwingender Grund, den Grundsatz der freien Beweiswürdigung ausnahmsweise einzuschränken. Allerdings wird in diesen Fällen eine Verwertung zu Lasten des Angeklagten häufig daran scheitern, dass die Motivation zur Zeugnisverweigerung, die ja gerade nicht in bezug auf den Angeklagten erfolgt, nicht eindeutig aufklärbar ist.709 Schlüsse zugunsten des Angeklagten erscheinen dagegen eher möglich.710 Den durch Augenschein feststellbaren äußeren Eindruck, den der Zeuge macht, darf 89 das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten, auch wenn der Zeuge berechtigt die Aussage verweigert.711 4. Beim praktisch bedeutsamen712 Sachverständigenbeweis hat das Gericht nicht nur 90 bei den Rechtsfragen (wie etwa der Erheblichkeit der Verminderung der Steuerungsfähig-
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Die zum partiellen Schweigen des Angeklagten entwickelten Grundsätze gelten auch hier; vgl. Rn. 78. BGH StV 1993 61; SK/Schlüchter 45. OLG Hamm MDR 1970 162. BGHSt 32 140 = JR 1985 70 m. Anm. Pelchen; Hanack JR 1981 432; Meyer-Goßner 21; a.A. Kühl JuS 1986 121. BGHSt 32 140 (Verweigerung der Blutprobe nach § 81c Abs. 3 Satz 1). BGH StV 1984 326; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 493. RGSt 55 20; OLG Hamm JMBlNW 1950 62; KK/Schoreit 43; KMR/Stuckenberg 63; G. Schäfer 690, 693; hinsichtlich der Praktikabilität skeptisch Meyer-Goßner 20; a.A. Rogall 235; JR 1993 378; vgl. LR/Ignor/ Bertheau § 55, 27 ff.
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Vgl. BGH StV 1992 158; 1984 233 (Urteil muss sich mit Motiven auseinandersetzen); HK/Julius 35; KK/Schoreit 43; KMR/ Stuckenberg 63; SK/Schlüchter 46; vgl. LR/Ignor/Bertheau § 55, 27 ff. m.w.N. Meyer-Goßner 20 („liegen nahe“). BGH GA 1965 108; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 160; KK/Schoreit 42; SK/Schlüchter 45; vgl. Rn. 16; ferner OLG Köln VRS 57 (1979) 425 (kein Schluss vom äußeren Verhalten auf Wissen). Zur Häufigkeit von Sachverständigengutachten bei bestimmten Deliktsgruppen s. Nack GA 2009 201.
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keit),713 sondern auch bei den Fachfragen die letzte Entscheidung in eigener Würdigung zu treffen, und zwar ggf. auf Grund der ihm vom Sachverständigen vermittelten Sachkunde.714 Dies müssen die Urteilsgründe erkennen lassen. Denn die Bewertung eines Gutachtens gehört zu der dem Tatgericht durch § 261 übertragenen Beweiswürdigung.715 Abgesehen von den Fällen des § 256 ist dabei grundsätzlich das in der Hauptverhandlung mündlich erstattete Gutachten maßgebend, nicht die bei den Akten befindliche schriftliche Fassung.716 Besteht aber ein entscheidungserheblicher Widerspruch zwischen beiden, muss das Gericht diesen in der Hauptverhandlung aufzuklären versuchen und sich im Urteil damit auseinandersetzen.717 Wie bei allen Beweismitteln muss das Tatgericht auch bei einem Sachverständigengut90a achten dessen Beweiswert zutreffend bestimmen. Hierbei ist insbesondere die sog. Anfangswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, sofern die insofern bedeutsamen Daten bekannt sind (vgl. Rn. 81),718 um die Gefahr zu beseitigen, sich von einem – möglicherweise nur vermeintlich – hohen Ergebnis blenden zu lassen. Gravierende Fehlbewertungen der Beweiskraft von statistisch belegten Häufigkeitswerten (z.B. hinsichtlich einer Blutspur) begründen regelmäßig einen Rechtsfehler.719 Dies gilt grundsätzlich auch für das Ergebnis der Analyse einer DNA-Spur, das die Würdigung aller Beweisumstände nicht überflüssig macht.720 Jedoch wird wegen der inzwischen erreichten Standardisierung der molekulargenetischen Untersuchung der Zellkern-DNA ein Seltenheitswert im Millionenbereich für die tatgerichtliche Überzeugung, dass eine gesicherte Spur vom Angeklagten herrührt, regelmäßig ausreichen.721 Dies enthebt das Gericht aber nicht der Prüfung, ob zwischen der DNA-Spur und der Tat ein Zusammenhang besteht. Je nach den Umständen des Falls kann beispielsweise zu erörtern sein, ob die am Tatort gesicherte, mit hoher Wahrscheinlichkeit DNA-Material des Angeklagten enthaltene Spur nicht zur Tatzeit 722 oder überhaupt nicht durch diesen, sondern auf andere Weise gelegt worden sein kann, etwa im Wege der grundsätzlich möglichen Übertragung auf einen Dritten.723 Dies wird freilich eher fernliegen, wenn DNA des Angeklagten an mehreren am Tatort aufgefundenen
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BGHSt 7 238; BGH NStZ 2005 149, 150; NStZ-RR 2007 43, 45; vgl. Kaufmann JZ 1985 1065; Walter Sachverständigenbeweis zur Schuldfähigkeit und strafrichterliche Überzeugungsbildung; Diss. Berlin 1982; ferner auch Geppert FS v. Lübtow (1980) 773. BGHSt 8 117; 12 311; BGH NJW 1993 3082; NStZ 1982 342; bei Holtz MDR 1977 637; OLG Köln GA 1983 43; Albrecht NStZ 1983 490; Hellmiß NStZ 1992 24; ferner zur Distanzierung gegenüber sich differenzierenden wissenschaftlichen Erkenntnissen Keller GA 1999 255; vgl. LR/Becker § 244, 75. BGH Urt. v. 12.4.2011 – 5 StR 467/10; s. auch Beschl. v. 25.5.2011 – 2 StR 585/10. BGHSt 54 177, 178; BGH NJW 1970 525; Meyer-Goßner 8. BGH NStZ 1990 224; 2005 161; 2007 538; Urt. v. 16.3.2011 – 2 StR 521/10. S. Nack StV 2006 558, 565, zur DNA-Ana-
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lyse einerseits und zu Faserspuren andererseits. BGH StV 1996 583. BGHSt 38 320; BGH NStZ 1994 554, 555 zur Mitteilung der Datenbasis sowie der statistischen Unabhängigkeit der untersuchten Merkmale. BGH NStZ 2009 285 (1:256 Billiarden); Beschl. v. 12.10.2011 – 2 StR 362/11; Nack GA 2009 201, 210; s. aber auch die Bedenken in BGH Beschl. v. 6.3.2012 – 3 StR 41/12 sowie zu den allgemeinen Empfehlungen der Spurenkommission zur statistischen Bewertung von DNA-Datenbank-Treffern Schneider/Schneider/Fimmers/Brinkmann NStZ 2010 433. S. hierzu BGH Beschl. v. 19.6.2012 – 5 StR 256/12; dies kann auch bei einem Fingerabdruck fraglich sein; vgl. BGH Beschl. v. 25.1.2012 – 5 StR 541/11. Vgl. BGH Urt. v. 16.8.2012 – 3 StR 180/12; Graf/Eschelbach 37.
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Gegenständen gesichert werden konnte.724 Hiervon zu unterscheiden ist die Untersuchung der mitochondrialen DNA, d.h. der außerhalb des Kerns in den Mitochondrien enthaltenden DNA, deren Aussagekraft nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand zwar noch begrenzt ist, der aber dennoch im Einzelfall, etwa wenn lediglich ein telogenes Haar sichergestellt worden ist, ausschlaggebende Bedeutung zukommen kann.725 Ein deutlich gesteigerter Beweiswert kann sich ergeben, wenn die Untersuchungsergebnisse beider Arten von DNA-Analyse im Sinne der Produktregel (vgl. Rn. 81) dergestalt voneinander unabhängig sind, dass sie als Faktoren miteinander kombiniert werden können.726 Gerade bei kriminaltechnischen Gutachten hat sich das Gericht zu vergewissern, dass 90b die Suche und Sicherung einer Spur lege artis erfolgt sind, weil es sich insoweit um fehlerträchtige Vorgänge handelt.727 Es versteht sich beispielsweise von selbst, dass das Ergebnis eines Gutachtens unzutreffend sein wird, wenn es auf der Untersuchung zweier an sich voneinander unabhängiger, aber durch Unachtsamkeit vermischter Spuren beruht.728 Deshalb sind namentlich bei der DNA-Analyse in den Laboren organisatorische Mängel und menschliche Schwächen zu beheben bzw. zu kontrollieren, um beispielsweise Kontaminationen, Verwechslung von Proben, Übertragungsfehler bei der Datenerhebung und damit eine Verringerung des Beweiswertes zu vermeiden. Werden nicht quantifizierbare Daten vom Sachverständigen beurteilt, ist eine standardisierte Bewertungsskala zu fordern. Ohne diese ist es dem Tatgericht nur erschwert oder mitunter auch gar nicht möglich, das vom Sachverständigen vertretene Ergebnis zu überprüfen, beispielsweise nachzuvollziehen, warum eine am Tatort gefundene Werkzeugspur „sehr wahrscheinlich“ oder „möglicherweise“ mit einem Schraubendreher des Angeklagten verursacht worden ist. Bemühungen, etwa für kriminaltechnische Untersuchungen von technischen Formspuren (u.a. Werkzeug-, Schuh- und Reifenspuren) bundeseinheitliche Befundbewertungsskalen zu erarbeiten, sind deshalb zu begrüßen.729 Bis zur angestrebten Skalierung wird daher einem sachverständigen Wertungsakt, ein Werkzeugprofil stimme mit einer Tatortspur überein, allenfalls geringer Indizwert zukommen.730 Entsprechende Einwände bestehen z.Zt. betreffend forensisch-linguistische Vergleiche von Texten und Sprechproben.731 Auch bei einem psychiatrischen oder psychologischen Gutachten muss der Sachverständige den Verfahrensbeteiligten transparent machen können, mit welchen Methoden er zu dem von ihm vertretenen Ergebnis gelangt ist732 und welche Validität diese aufweisen.733 Denn beispielsweise sind die bezüglich der Glaubhaftigkeitsbeurteilung mitunter erhobenen Forderungen der „psychologischen Traumatologie“ wissenschaftlich nicht anerkannt.734 Soweit in diesem Zusammenhang Messungen mittels eines Polygraphen (sog. Lügendetektor) vorgenommen werden, sind diese bislang bei allen entwickelten Methoden (etwa Kontrollfragen- oder Tatwissentest) ohne jegliche
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Vgl. BGH Urt. v. 12.1.2012 – 4 StR 499/11. Eisenberg Beweisrecht Rn. 1909 f.; Brodersen/Anslinger/Rolf DNA-Analyse und Strafverfahren, 2003, Rn. 262 ff.; Rolf/Wiegand Rechtsmedizin 2004 473. BGHSt 54 15, 25; 56 72, 73. Neuhaus StraFo 2001 8 ff. unter Aufstellung einer „Checkliste“; zu verunreinigten Wattestäbchen im Fall des „Phantoms von Heilbronn“ s. auch die Berichte in der FAZ vom 27.3.2009, S. 9. S. das Beispiel von Neuhaus in Brüssow/ Gatzweiler/Krekeler/Mehle, § 29 Rn. 76.
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Katterwe/Brandes/Eisgruber/Grimmer/Küppers/Marquardt/Pohl Kriminalistik 2007 745. S. aber BGH Beschl. v. 15.9.2010 – 5 StR 345/10. Zusammenfassend Eisenberg NStZ 2010 680, 682 ff. BGHSt 45 164, 178; BGH NStZ 2001 45; vertiefend Boetticher FS G. Schäfer 8; KK/Schoreit 31b und c. Fischer FS Widmaier 191, 216. BGH Urt. v. 27.10.2010 – 5 StR 319/10.
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Aussagekraft.735 Bei Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten sind besondere Mindestanforderungen zu beachten,736 die sich namentlich auf verwendete Prognoseinstrumente beziehen.737 Diese können zwar generell Anhaltspunkte liefern, ersetzen aber nicht die stets erforderliche differenzierte Einzelbetrachtung, beispielsweise des im konkreten Fall bestehenden Rückfallrisikos.738 Beruht das Gutachten nicht auf zwingenden Erkenntnissen, sondern auf wissenschaftlichen Erfahrungssätzen, die nur eine hohe Wahrscheinlichkeit begründen, muss zudem erkennbar sein, dass das Gericht geklärt hat, ob und wieweit die Wahrscheinlichkeitsaussage durch andere Beweismittel bestätigt wird.739 Dies gilt etwa bei der DNA-Analyse (s. aber Rn. 90a),740 bei Faserspurengutachten741 oder Haarvergleichen742 sowie bei vielen anderen Mess- und Untersuchungsmethoden.743 Weicht das Gericht mit seiner Beweiswürdigung von der Ansicht des Sachverständi91 gen ab, dann muss es die Gegengründe des Sachverständigen, dessen Rat es bei der Beauftragung für erforderlich hielt, ausführlich erörtern und mit eigenen Gründen so widerlegen, dass ersichtlich wird, dass es das von ihm nunmehr beanspruchte bessere Sachwissen auf dem zur Erörterung stehenden Teilbereich des fremden Wissensgebietes zu Recht für sich in Anspruch nimmt.744 Ist die Abweichung dadurch begründet, dass das Gericht von anderen Anknüpfungstatsachen ausgeht als der Sachverständige, so ist diesem insofern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.745 Schließt sich das Gericht dem Gutachten des Sachverständigen an, dann muss es im 92 Urteil kenntlich machen, dass es dies auf Grund eigener Überzeugung getan hat.746 Dazu reicht in der Regel nicht aus, dass es nur das Ergebnis des Sachverständigengutachtens wiederholt oder dessen Ergebnis pauschal als „überzeugend“ oder „einleuchtend“ bezeichnet.747 Das Gericht muss vielmehr im Urteil die gedankliche Schlüssigkeit durch Wiedergabe der wesentlichen Anknüpfungstatsachen und sich daraus ergebenden Folge-
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BGH Urt. v. 17.12.1998 – 1 StR 156/98, BGHSt 44 308; BGH NStZ 2011 474, 475. Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005 57; Boetticher/Kröber/Müller-Isberner/ Böhm/Müller-Metz/Wolf NStZ 2006 537; s. auch BGH NStZ-RR 2010 77. Boetticher/Dittmann/Nedopil/Nowara/Wolf NStZ 2009 478. BGH NStZ-RR 2010 203, 204; Beschl. v. 22.7.2010 – 3 StR 169/10. Hellmiß NStZ 1992 24; Keller GA 1999 255; Schweling ZStW 83 (1971) 444; HK/Julius 37; SK/Schlüchter 61. BGHSt 37 157; 38 320 = JR 1993 123 m. Anm. v. Hippel = JZ 1993 102 m. Anm. Keller; m. Anm. Vogt StV 1993 174; BGH StV 1993 58; 1994 580; w.N. bei Eisenberg Beweisrecht Rn. 1904 ff.; HK/Julius 38; SK/Schlüchter 61. BGH StV 1993 340; 1994 114; 1996 251; Adolf NStZ 1990 66; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1920 ff. BGH StV 1992 312; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1903b; s. auch BGH StV 1993 340. Vgl. Eisenberg Beweisrecht Rn. 1895 ff.; Foth/Karcher NStZ 1989 166; HK/Julius 38;
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KMR/Stuckenberg 64; SK/Schlüchter 61; s. auch BGH NStZ 1995 96 zu Atemalkoholtestgeräten; OLG Zweibrücken NJW 1989 2765 zu sog. Teströhrchen. Vgl. etwa BGH GA 1977 275; NStZ 1983 377; 1985 421; 1994 563; NStZ-RR 2006 242, 243; 2009 116, 117; 2010 105, 106; Urt. v. 20.3.2008 – 4 StR 5/08; Urt. v. 4.8.2010 – 2 StR 194/10; Urt. v. 9.3.2011 – 2 StR 467/10; Beschl. v. 22.5.2011 – 5 StR 15/12; Beschl. v. 19.6.2012 – 5 StR 181/12; bei Dallinger MDR 1972 570; bei Holtz MDR 1977 284; 1977 637; 1977 810; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; OLG Stuttgart Justiz 1971 312; ferner LR/Becker § 244, 75; LR/Hanack 25 § 337, 140. BGH Urt. v. 13.1.2005 – 4 StR 422/04. Vgl. etwa BGHSt 12 311; BGH NStZ 1982 342; OLG Hamm VRS 40 (1971) 197; KK/Schoreit 32; Meyer-Goßner § 267, 13; Mösl DRiZ 1970 113; w.N. bei den Erläuterungen zu § 267. BGH NStZ 1982 342; KK/Schoreit 32 („vom Gutachten überzeugt“ genügt nur bei einfachen Fragen).
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rungen aufzeigen und zu erkennen geben, dass und warum es die Ausführungen des Sachverständigen in eigener Verantwortung billigt.748 Übernimmt es beispielsweise dessen Einschätzung, für die Glaubhaftigkeit der Angaben des möglichen Opfers seien gegenüber den ersten polizeilichen Vernehmungen aufgetretene „Aussageerweiterungen“ nicht „kritisch“, so müssen diese näher dargelegt werden.749 Weicht es von einer Annahme des Sachverständigen ab, etwa weil es von einem anderen Tatmotiv ausgeht, muss es darlegen, warum es trotzdem dessen Ergebnis für richtig hält.750 Wenn dem Gericht eine eigene wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten nicht möglich ist,751 hat es wenigstens dessen wesentliche tatsächliche Grundlagen und die daraus vom Sachverständigen gezogenen Schlüsse, denen es folgen will, insoweit mitzuteilen, als dies zum Verständnis des Gutachtens und seiner gedanklichen Schlüssigkeit notwendig ist.752 Das Tatgericht hat auf diese Weise zu verdeutlichen, dass es selbst das Gutachten verstanden und seiner Aufgabe, auf der Basis einer selbständigen Bewertung zu entscheiden, entsprochen hat.753 Die tragenden Anknüpfungstatsachen754 müssen lückenlos wiedergegeben und unter 93 allen vernünftigerweise in Betracht kommenden Erklärungsmöglichkeiten gewürdigt werden.755 Ob beispielsweise eine affektive Erregung zu einer während der Tat bestehenden tiefgreifenden Bewusstseinsstörung geführt hat, ist anhand einer Gesamtwürdigung der für und gegen einen Affekt sprechenden tat- und täterbezogenen Kriterien zu beurteilen.756 Das Gericht hat besonders darauf zu achten, dass der Sachverständige seinem Gutachten nur solche Tatsachen zugrunde gelegt hat, die in ordnungsgemäßer Form in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind 757 und die es für erwiesen erachtet. Hier 748
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Vgl. etwa BGHSt 7 238; 8 113; 12 311; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 14; BGH NJW 1959 780; StV 1986 47; 1991 339; VRS 31 107; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 17; Beschl. v. 6.4.2011 – 2 StR 72/11; Beschl. v. 25.1.2012 – 5 StR 482/11; Beschl. v. 24.5.2012 – 5 StR 52/12; OLG Bremen VRS 48 (1975) 272; 54 (1978) 65; OLG Celle MDR 1963 334; VRS 25 (1963) 55; 42 (1972) 41; OLG Düsseldorf VRS 64 (1983) 208; OLG Frankfurt StV 1994 9; VRS 51 (1976) 120; OLG Hamm NJW 1963 405; 1967 691; VRS 40 (1971) 197; 41 (1971) 276; OLG Koblenz DAR 1974 134; VRS 51 (1976) 116; 55 (1978) 46; 67 (1984) 443; OLG Köln GA 1965 156; 1983 43; VRS 47 (1974) 281; 56 (1979) 446; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 271; Albrecht NStZ 1983 486; ferner die nachf. Fn.; § 337, 140 m.w.N.; zu Schriftgutachten vgl. BGH NJW 1982 2882; dazu Peters JR 1983 164; Eisenberg Beweisrecht Rn. 1965 ff.; LR/Becker § 244, 73 m.w.N. BGH Beschl. v. 24.6.2009 – 2 StR 215/09. Vgl. BGH StV 1997 290. Vgl. Rn. 53. BGHSt 12 331; BGH NStZ 1981 488; BGH StV 1989 332 m. krit. Anm. Wasserburg; VRS 71 (1986) 23; Urt. v. 3.5.2012 – 3 StR
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46/12; auch BGH VRS 27 (1964) 264; BayObLGSt 1968 70 = NJW 1968 2299; Detter NStZ 1998 60; Seibert NJW 1960 1285; ausführlich zur Problematik Erb ZStW 121 (2009) 882, 883 ff., 888 ff. Hierzu Fischer FS Widmaier 191, 218. Zur Unterscheidung zwischen Befund- und Zusatztatsachen vgl. LR/Krause Vor § 72, 11 und LR/Sander/Cirener § 250, 33 ff.; der Unterschied ist wegen der Form der Einführung in die Hauptverhandlung wichtig, nicht für die Darlegungspflicht, da das Gutachten aus beiden Tatsachengruppen seine Schlüsse ziehen kann. Ferner LR/Becker § 244, 333 f. OLG Hamm VRS 40 (1971) 94; vgl. LR/Becker § 244, 73 und die Erläuterungen bei § 267 m.w.N. BGH NStZ 2009 571, 572; zu den Anforderungen an die Prüfung eines Affekts s. Sander FS Eisenberg 359 m.w.N. Vgl. etwa BGHSt 9 293; 13 3; 18 108; 22 271; 28 236; BGH NStZ 1985 135; 182; ferner LR/Sander/Cirener § 250, 35 m.w.N. und zur Pflicht des Gerichts, den Sachverständigen anzuleiten, sein Gutachten dem Beweisergebnis anzupassen, BGH StV 1986 138 m. Anm. Deckers.
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besteht vor allem bei den Zusatztatsachen die Gefahr eines Verstoßes gegen § 261, wenn der Sachverständige sein Gutachten unter Verwendung der Akten oder der Angaben dritter Personen vorbereitet hat.758 Liegen mehrere Sachverständigengutachten vor, die sich widersprechen, muss das 94 Gericht entscheiden und schlüssig begründen,759 welcher Auffassung es folgen will. Es genügt nicht, lediglich die unterschiedlichen Ergebnisse mitzuteilen.760 Von der für den Angeklagten günstigsten Meinung darf es nur ausgehen, wenn es die Widersprüche nicht aufklären kann, etwa dadurch, dass es ein weiteres Gutachten einholt.761 Regelmäßig wird aber seine durch die Gutachten erlangte Sachkunde für eine eigenständige Bewertung ausreichen, so dass es keinen weiteren Sachverständigen zuzuziehen braucht.762 Grundsätzlich sind alle Gutachten nach der Überzeugungskraft ihrer Argumente zu beurteilen, ein in der StPO ohnehin nicht vorgesehenes „Obergutachten“763 hat dabei keine höhere Beweiskraft. Bei ständig wiederkehrenden Sachverständigenfragen, die wegen ihrer Häufigkeit in 95 der Gerichtspraxis allen Beteiligten geläufig sind, kann die Schlüssigkeit des Ergebnisses bei einfachen Fragen unter Umständen auch ohne nähere Darlegung der standardisierten Untersuchungsmethoden zweifelsfrei sein,764 wie etwa bei der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen,765 ebenso bei einem daktyloskopischen Gutachten766 und mittlerweile bei der Analyse von Zellkern-DNA (vgl. Rn. 90a);767 die Anknüpfungstatsachen müssen aber auch dann in ausreichendem Maße dargelegt werden.768 Bei der DNA-Analyse gehören hierzu die Daten für die durchgeführte Wahrscheinlichkeitsberechnung, etwa – jedenfalls wenn der Angeklagte einer fremden Ethnie entstammt – zu der herangezogenen Vergleichspopulation und den jeweiligen Verbreitungswerten.769 Nicht zu den standardisierten Gutachten zählen sog. Glaubhaftigkeitsgutachten,770 zu dem bislang anthropologische Vergleichsgutachten und sog. Jeansfaltenvergleichsgutachten.771 Dasselbe gilt nach der bisherigen Praxis für die Begutachtung von Werkzeugspuren772 (vgl. Rn. 90b) sowie die mitochondriale DNA-Analyse (Rn. 90a).773
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Vgl. BGH bei Spiegel DAR 1986 200; bei Holtz MDR 1993 407; Sarstedt NJW 1968 180; vgl. Rn. 21; LR/Sander/Cirener § 250, 35. BGH NStZ 1981 488; 1990 244; 1994 503; bei Spiegel DAR 1978 158; vgl. LR/Becker § 244, 76 und die Erläuterungen bei § 267 m.w.N. BGH StV 1983 8. BGH StV 1997 62. BGH bei Holtz MDR 1977 810; vgl. LR/Becker § 244, 71. Vgl LR/Becker § 244, 324. BGHSt 12 314; 28 238; 39 291; BGH NStZ 1982 342; 1993 95; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 17; OLG Karlsruhe VRS 43 (1972) 135; 48 (1975) 129; OLG Köln VRS 56 (1979) 446 (Urteil beruht nicht auf Fehlern); HK/Julius 38; KMR/Stuckenberg 67; Meyer-Goßner/Appl Rn. 381 (z.B. Daktyloskopie); zum Umgang mit Messergebnissen, die mit anerkannten Geräten in standardi-
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765
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sierten Verfahren gewonnen werden, s. zudem BGHSt 39 291, 297, 300 (technische Geschwindigkeitsmessung) und 43 277, 284. BGHSt 54 15, 22; zum Verhältnis von Blutalkohol- zu Atemalkoholmesswerten s. BGHSt 46 358, 365 f.; Beschl. v. 26.1.2010 – 5 StR 520/09. BGH Beschl. v. 15.9.2010 – 5 StR 345/10. BGH Beschl. v. 12.10.2011 – 2 StR 362/11; Beschl. v. 6.3.2012 – 3 StR 41/12; Urt. v. 3.5.2012 – 3 StR 46/12. BGH VRS 27 (1964) 264; 31 (1966) 107. BGH Beschl. v. 6.3.2012 – 3 StR 41/12; Urt. v. 3.5.2012 – 3 StR 46/12 (zumindest wenn der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört); s. auch Beschl. v. 12.10.2011 – 2 StR 362/11; Beschl. v. 15.5.2012 – 3 StR 164/12. BGH Urt. v. 25.1.2011 – 5 StR 418/10. BGH NStZ 2000 106. BGH Beschl. v. 15.9.2010 – 5 StR 345/10. BGHSt 54 15, 22.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
Stützt das Tatgericht die Entscheidung im wesentlichen auf eigene Feststellungen und 96 Überlegungen, die ohne Mitwirkung des Sachverständigen gewonnen wurden, dann kann es genügen, wenn das Urteil den Inhalt des Gutachtens und Anknüpfungstatsachen nur bezüglich des bei der Entscheidung mitverwendeten Teils wiedergibt,774 vorausgesetzt, dass dadurch das Verständnis der mitgeteilten Erwägungen nicht leidet. 5. Beim Urkundenbeweis gilt die freie Beweiswürdigung für die Auslegung des Ur- 97 kundeninhalts,775 für die Beurteilung des Beweiswerts der Urkunde und die daraus zu ziehenden Schlüsse. Dies ist Sache des Tatgerichts. Diesem kommt bei der Würdigung von Urkunden wie etwa Verträgen, Erklärungen und Verwaltungsakten ein weiter Ermessensspielraum zu.776 Die unrichtige Feststellung des Wortlauts einer verlesenen Urkunde im Urteil wird dadurch aber selbstverständlich nicht gedeckt.777 Im Übrigen bestehen auch hier die Grenzen, die der freien Beweiswürdigung allgemein gesetzt sind, vor allem ihre Bindung an Denkgesetze und zwingende Erfahrungssätze,778 zu denen auch allgemeine Auslegungsregeln gehören.779 Kommt es dagegen nicht nur auf den Wortlaut, sondern auf die materielle Beschaffenheit oder das Erscheinungsbild (Schriftbild, Korrekturen, Veränderungen) einer Urkunde an, genügt es nicht, dass deren Wortlaut nach § 249 in das Verfahren eingeführt wurde. Vielmehr muss die Urkunde dann ausdrücklich auch zum Gegenstand eines im Hauptverhandlungsprotokoll festzuhaltenden Beweises durch Augenschein gemacht werden.780 Die StPO kennt keine Regelung, die bestimmten Urkunden einen besonderen Beweis- 98 wert zuerkennt. Insbesondere sind die Erklärungen öffentlicher Behörden mit keiner verstärkten Beweiskraft ausgestattet; die Ausnahme des § 274 ist für die tatgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen ohne praktische Bedeutung. Bei der Bewertung automatisiert erstellter Tank- und Einkaufsbelege darf das Tatgericht berücksichtigen, dass derartige Quittungen regelmäßig von solcher Qualität sind, dass die mit Hilfe elektronischer Registrierkassen erfassten Umsätze von der Finanzverwaltung als Nachweis im Steuer-
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776 777
OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1971 271. KG JR 1980 291 m. Anm. Volk; OLG Köln NStZ 1981 183; JMBlNW 1984 47; W. Schmid ZStW 85 (1973) 377; vgl. LR/Hanack 25 § 337, 117 f. m.w.N. auch zu den Grenzen der Revisibilität des Auslegungsergebnisses. BGH NStZ 2006 625, 627; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4. Die Überzeugungsbildung beruht dann auf einer Tatsachengrundlage, die nicht dem Inbegriff der Hauptverhandlung entnommen sein kann. Diesen Verstoß kann das Revisionsgericht feststellen, da es dazu keiner Rekonstruktion der Hauptverhandlung bedarf, BGHSt 29 21 = JR 1980 168 m. Anm. Peters; BGH StV 1983 321 (L); 1984 411; 1991 548; 1993 115; bei Holtz MDR 1976 989; 1986 625, BayObLG StV 1985 226; OLG Bremen VRS 48 (1975) 372; OLG Hamm MDR 1973 516; 1975 245; OLG Köln NJW 1974 1150; StV 1998
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364; OLG Zweibrücken StV 1994 545; KK/Schoreit 52; Meyer-Goßner 38a und § 337, 14; a.A. Willms FS Heusinger 405; vgl. LR/Hanack 25 § 337, 83 f., 105. BGH NStZ 2006 625, 627; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4. Vgl. LR/Hanack 25 § 337, 118 f. BGH NJW 1990 1189; NStZ 1991 143 (Vergleich zweier Schriftstücke) OLG Schleswig StV 1998 365; vgl. Meyer-Goßner 38a; SK/Schlüchter 25; wegen w.N. vgl. LR/Mosbacher § 249, 30. Dies gilt für das Verfahren nach § 249 Abs. 2 ebenfalls. Auch wenn bei diesem die Verfahrensbeteiligten die Urkunde selbst (und nicht nur eine Ablichtung) in die Hand bekommen sollten und damit auch ihre Beschaffenheit feststellen können, erübrigt sich dadurch der besondere Augenschein nicht, denn das Verfahren nach § 249 Abs. 2 kann nur das Verlesen der Urkunde in der Hauptverhandlung ersetzen.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
recht anerkannt werden.781 Bei – namentlich thematischen, stilistischen und textgestalterischen – Übereinstimmungen, die sich durch Analyse sog. Bekennerschreiben ergeben haben, handelt es sich regelmäßig um Indizien mit einem allenfalls äußerst geringen Beweiswert.782 Das Gericht kann aus einem in der Hauptverhandlung verlesenen rechtskräftigen Strafurteil nicht nur den Beweis der Verurteilung herleiten, sondern es auch für erwiesen halten, dass und wie der Verurteilte die Tat begangen hat.783 Es ist grundsätzlich auch insoweit zur freien Beweiswürdigung berechtigt und verpflichtet. Es darf jedoch nicht von einer eigenen Würdigung der Tatsachen absehen.784 Die tatsächliche und rechtliche Würdigung, die ein gleichgelagerter Sachverhalt durch andere Gerichte erfahren hat, bindet nur in Ausnahmefällen.785 Voraussetzung für die Einbeziehung einer Urkunde in die freie Beweiswürdigung ist 99 aber immer, dass deren Inhalt in einer verfahrensrechtlich zulässigen Weise zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.786 Dies muss – vor allem, wenn es nicht auf den genauen Wortlaut ankommt – nicht notwendig in den für den Urkundenbeweis vorgeschriebenen Formen (§ 249 ff.) geschehen.787 Denn der Inhalt einer Urkunde kann auch durch Zeugenaussagen oder durch Bekundungen des Angeklagten in die Hauptverhandlung eingeführt werden,788 wobei die Urkunde selbst auch zum Zwecke des Vorhalts oder sonst als Vernehmungsbehelf verwendet werden kann. Beweisgegenstand ist dann aber nicht die Urkunde selbst, sondern allein das, was der Angeklagte oder Zeuge zu ihr erklärt hat.789 Deshalb spricht es für einen Verstoß gegen § 261, wenn der Inhalt einer längeren Urkunde im Urteil ganz oder zum Teil wörtlich wiedergegeben wird, obwohl diese selbst nicht nach § 249 zu Beweiszwecken in die Hauptverhandlung eingeführt worden war. Denn anders als bei einem einzelnen kurzen Satz lässt sich durch einen Vernommenen zwar der Sinn, regelmäßig aber nicht der genaue Wortlaut eines längeren Textes in die Hauptverhandlung einführen.790
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6. Augenschein. Beweisgegenstände, die ordnungsgemäß durch Augenschein zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden,791 kann das Gericht bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigen. Hierzu kann auch die Besichtigung des Tatortes gehören, wenngleich häufig die situative Konstellation zur Tatzeit nicht exakt rekonstruierbar sein wird.792
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BGH wistra 2007 108, 110; s. auch BGH StraFo 2008 431. BGH Beschl. v. 11.3.2010 – StB 15/09. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 17 ff.; ferner etwa Alsberg/Nüse/Meyer 253. BGHSt 17 390; LR/Mosbacher § 249, 19. Vgl. BGH NJW 1973 1805; s. § 262. Vgl. Rn. 20; § 249, 2, 37. Maßgebend ist insoweit die Sitzungsniederschrift, sofern es sich um eine wesentliche Förmlichkeit handelt, vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 495; vgl. die Erläuterungen bei § 273. Wieweit die Aufklärungspflicht gebietet, den Wortlaut einer Urkunde nach § 249 in die Hauptverhandlung einzuführen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; vgl. LR/Becker § 244, 47 ff.; LR/Mosbacher § 249, 2.
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Etwa BGHSt 6 143; 11 159; BGH NJW 1985 465; vgl. LR/Becker § 249, 2, 31, 93, 102. Zu den Grenzen dieser Verfahrensgestaltung, die sich aus § 244 Abs. 2 und § 261 ergeben, vgl. Rn. 20 und LR/Mosbacher § 249, 93, 102. Vgl. Rn. 174 m.w.N.; ferner etwa KMR/ Stuckenberg 69. Vgl. Rn. 14; LR/Becker § 244, 342 ff.; ferner zum Nachweis des Augenscheins durch die Sitzungsniederschrift BGH StV 1985 223 (L); bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 495; OLG Hamm VRS 56 (1979) 362. BGH Urt. v. 12.6.2007 – 1 StR 73/07.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
Die Beweiswürdigung ist auch insoweit grundsätzlich frei, muss sich aber – wie stets – im Rahmen der Denkgesetze, der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der allgemeinen Erfahrungssätze halten.793 Das Gericht darf insbesondere aus dem Beweisgegenstand keine Schlüsse herleiten, die nach der Natur der Sache aus diesem nicht gezogen werden können,794 oder sich mit der Darlegung einer von mehreren möglichen Folgerungen begnügen.795 Wieweit der Gegenstand des Augenscheins in den Urteilsgründen darzustellen ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.796 Sind Bilder, Filme, Tonaufnahmen o.ä. bei der Beweiswürdigung entscheidungserheblich, muss das Gericht ihren Inhalt in dem für das Verständnis seiner Beweiswürdigung erforderlichen Umfang im Urteil sprachlich schildern, wobei die Möglichkeit der Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 eine gewisse Vereinfachung der Detailbeschreibung der Abbildung(en) erlaubt.797 Bild-Ton-Aufzeichnungen von Vernehmungen, die nach § 255a in Anwendung der für den Urkundenbeweis geltenden Grundsätze in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, müssen zum Gegenstand der umfassenden Beweiswürdigung des Gerichts gemacht und deshalb im gebotenen Umfang auch in den Urteilsgründen erörtert werden, sofern sie entscheidungserheblich sind.798 Werden Lichtbilder (z.B. Radarfotos) zur Identifizierung einer Person herangezogen, 101 genügt es in der Regel nicht, nur festzustellen, dass das Gericht von der Identität überzeugt ist. Die Urteilsgründe müssen dartun, worauf sich diese Überzeugung stützt. Soweit sich dies nicht durch die Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 erübrigt, muss das Urteil (neben der Bildqualität) die charakteristischen Merkmale anführen und aufzeigen, wieweit sie bei der Abbildung mit der zu identifizierenden Person übereinstimmen.799 Bei der Beweiswürdigung können – vor allem wenn der Vergleich zu keinem eindeutigen Ergebnis führt – auch sonstige, aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnene Erkenntnisse herangezogen werden.800 Aus der Tatsache, dass ein von der Pflicht zum Erscheinen entbundener Angeklagter (Betroffener) der Hauptverhandlung fernbleibt, kann nicht geschlossen werden, er sei nur ferngeblieben, um seine Identifizierung an Hand eines Bildes zu verhindern801 (zum Wiedererkennen des Täters vgl. im übrigen Rn. 82; § 58, 12 ff.). Protokolle über einen außerhalb der Hauptverhandlung vorgenommenen Augenschein 102 sind nach den Regeln des Urkundenbeweises (§ 249) in die Hauptverhandlung einzuführen.802 Dabei dürfen Angaben einer Auskunftsperson, die zum besseren Verständnis
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Vgl. Rn. 13; 42; 44 ff. Vgl. OLG Düsseldorf VRS 68 (1985) 220; OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 281; Rn. 50. Vgl. Rn. 56 ff. Zu den strittigen Fragen vgl. Rn. 58 ff.; LR/Hanack 25 § 337, 106 f.; Vor § 333, 4 sowie die Erläuterungen bei § 267. Wegen der Einzelheiten vgl. die Erläuterungen bei § 267 und LR/Hanack 25 § 337, 107, 138. Vgl. die Erläuterungen bei § 255a und § 267; ferner Rn. 58 ff. und zur Freiheit der Beweiswürdigung BGHSt 29 18 = JR 1980 168 m. Anm. Peters. BGHSt 29 18 = JR 1980 168 m. Anm. Peters; BGHSt 41 376; BGH StV 1981 55;
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BayObLGSt 1994 248; BayObLG MDR 1996 841; 1996 1059; VRS 61 (1981) 41; OLG Celle NStZ 1995 243; OLG Frankfurt NJW 1984 1128; OLG Hamm VRS 90 (1996) 196; OLG Karlsruhe Justiz 1996 65; OLG Köln VRS 61 (1981) 437; 94 (1998) 112; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1985 132; OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 281; Justiz 1991 202; LG Frankfurt StV 1985 228; 1986 13; 1986 291; Knußmann StV 1983 127; vgl. Rn. 16; 89. Vgl. Rn. 16. OLG Düsseldorf VRS 68 (1985) 220. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 24 ff.
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in das Protokoll aufgenommen wurden, zwar mitverlesen werden, sie dürfen aber, da sie kein zulässiges Beweismittel sind, bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt werden.803 Erforderlichenfalls ist die Auskunftsperson als Zeuge zu vernehmen.
VI. Im Zweifel für den Angeklagten 1. Bedeutung
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a) Die gesamte Urteilsfindung wird von dem Grundsatz beherrscht, dass bei Anwendung des materiellen Strafrechts jeder nach umfassender Beweiswürdigung nicht behebbare Zweifel im Tatsächlichen zugunsten des Angeklagten ausschlagen müsse (in dubio pro reo). Dieser „rechtsstaatliche Fundamentalgrundsatz“ 804 ist allgemein anerkannt. Nicht abschließend geklärt sind lediglich die Rechtsnatur und die Ableitung des in der Strafprozessordnung nirgends ausdrücklich ausgesprochenen Satzes.805 Dass Tatsachenzweifel, die das Gericht nicht überwinden kann, einer Verurteilung entgegenstehen, folgt schon daraus, dass § 261 bezüglich des Schuld- und Rechtsfolgenausspruchs die volle Überzeugung des Gerichts von den ihn tragenden Tatsachen voraussetzt. Verdachtsstrafen kennt das heutige Strafrecht nicht mehr, sie wären unzulässig. Insoweit entspricht der Zweifelssatz der ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden, in einigen Länderverfassungen und in Art. 6 Abs. 2 EMRK, Art. 14 Abs. 2 IPBPR ausdrücklich festgelegten Unschuldsvermutung.806 Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist das Gebot, bei nicht zu überwindenden Zweifeln für den Angeklagten zu entscheiden, ferner Ausdruck des dem Grundrechtsschutz und einer fairen Verfahrensgestaltung verpflichteten Rechtsstaatsprinzips, das jeden Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgten Rechte und Freiheiten, insbesondere aber jede Bestrafung nur dann zulässt, wenn die vom Gesetz tatbestandsmäßig festgelegten Voraussetzungen (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG) erfüllt sind,807 d.h. die entspre-
803
804 805
806
BGHSt 33 217 = NStZ 1985 468 m. Anm. Danckert; SK/Schlüchter 30; vgl. LR/Sander/Cirener § 250, 12. Roxin 25 § 15, 31 ff.; KK/Schoreit 56. Zu den Fragen der rechtsgeschichtlichen Entwicklung vgl. Holtappels Die Entwicklungsgeschichte des Grundsatzes in dubio pro reo; Sax FS Stock 143 ff.; Stree 14; Zopfs 107 ff.; Wasserburg ZStW 94 (1982) 922; ferner die Darstellungen bei Lehmann 65; Montenbruck In dubio 17 ff.; OLG Hamm NJW 1951 286 nimmt eine „gewohnheitsrechtlich entstandene Rechtsnorm“ an; ähnlich Schünemann ZStW 84 (1972) 870. Montenbruck (aaO) hält diese „vulgärrechtliche Formel“ (65) zur Lösung der Zweifelsfragen für entbehrlich. KMR/Stuckenberg 74; vgl. Stuckenberg Unschuldsvermutung 419 ff., 480 ff. und 579 (Zusammenfassung). Ob der Zweifelssatz aus der Unschuldsvermutung ableitbar ist, ist strittig; verneinend Montenbruck In dubio 67 ff. Nach Hoyer ZStW 105 (1993)
274
807
538 stellt die Unschuldsvermutung der EMRK keine eigenen Anforderungen für den Schuldnachweis auf, sondern verweist auf die ohnehin bestehenden Anforderungen des innerstaatlichen Rechts. Vgl. HK/Julius 16 (verstärkt Unschuldsvermutung). BayVerfGH 35 48 = NJW 1983 100 (Teilhabe am Verfassungsrang des Grundsatzes nulla poena sine culpa, sonst Freispruch geboten); Born Wahrunterstellung 28; Schöneborn MDR 1975 444; Wasserburg ZStW 94 (1982) 922; vgl. auch den Bericht der BReg BTDrucks 10 4608 Nr. 27 ff. (prozessuale Ergänzung des Satzes nulla poena sine culpa); ferner BGHSt 18 27 (Ausdruck fortschreitender Entwicklung rechtsstaatlichen Denkens); BVerfG MDR 1975 469; NJW 1988 477; 1992 35 lassen den eigenen Verfassungsrang des Zweifelssatzes offen. Nach KMR/Stuckenberg 74 nimmt der Satz als Ausprägung des Willkürverbots an dessen Verfassungsrang teil.
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chende Schuld des Angeklagten zur vollen gerichtlichen Überzeugung nachgewiesen ist. Eine Verurteilung, die trotz vorhandener Zweifel hinsichtlich des die Rechtsanwendung tragenden Sachverhalts erfolgt, verletzt auch das sachliche Recht, weil die dessen Anwendung tragenden Feststellungen defizitär sind. Dies ist auf die Sachrüge hin zu beachten.808 Insoweit ist der Zweifelssatz „die Kehrseite des materiellrechtlichen Schuldprinzips“, das eine Verurteilung auf Verdacht nicht zulässt.809 Er reicht aber darüber hinaus.810 Er verdeutlicht und ergänzt die Regeln über die richterliche Überzeugungsbildung im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 261. Aus ihm ergibt sich, wie zu entscheiden ist, wenn das Gericht die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit (Rn. 7 ff.) von einem bestimmten Sachverhalt oder einer entscheidungserheblichen Tatsache nicht gewinnen kann. Daher handelt es sich beim Grundsatz „in dubio pro reo“ anerkanntermaßen nicht um eine Beweis-, sondern um eine Entscheidungsregel.811 Der Grundsatz ist somit keine Regel für die Bildung der richterlichen Überzeu- 104 gung.812 Ihm ist nicht zu entnehmen, dass das Gericht bei Vorliegen bestimmter Beweistatsachen zweifeln müsse oder bei mehreren möglichen Schlussfolgerungen nur die für den Angeklagten günstigste für erwiesen halten dürfe.813 Eine Verletzung des Zweifelssatzes liegt nicht schon vor, wenn der Richter verurteilt hat, obwohl er – nach Ansicht Dritter, insbesondere des Revisionsführers – auf Grund bestimmter objektiver Gegebenheiten hätte zweifeln müssen, sondern nur dann, wenn die Urteilsgründe ersehen lassen, dass er hinsichtlich eines seine Entscheidung tragenden Umstandes gezweifelt hat.814 Das ist etwa der Fall, wenn er eine Verurteilung auf eine Tatsache stützt, die er nicht für erwiesen, sondern nur für wahrscheinlich oder unwiderlegbar gegeben hält.815 Der Grundsatz
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OGHSt 1 166; 1 361; BGHSt 10 37; 14 274; BGH LM Nr. 19; OLG Celle MDR 1957 435; OLG Koblenz VRS 44 (1973) 192; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1959 115; Arndt NJW 1959 7; Seibert NJW 1955 172; 1960 20; Sarstedt FS Hirsch 186; Stree JZ 1974 299; Volk JuS 1975 25; KK/Schoreit 56; Meyer-Goßner 26; Pfeiffer 20; vgl. ferner SK/Schlüchter 69 (materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Sicht kumulativ); andererseits etwa KMR/Stuckenberg 75 (nur Regel des Verfahrensrechts); jeweils m.w.N. zum Streitstand; dieser fällt praktisch kaum ins Gewicht, weil die aus den Urteilsgründen ersichtlichen Zweifel nach der h.M. schon auf die Sachrüge hin zu beachten sind; dass dadurch gleichzeitig auch das Verfahrensrecht verletzt ist, spielt dann keine Rolle, desgleichen auch der Verfassungsverstoß; ferner LR/Hanack 25 § 337, 14 m.w.N. Lehmann 83; Sax 1958 179; vgl. Frisch FS Henkel 283 (materiellrechtliche Rechtsanwendungsnorm); Montenbruck In dubio 52 ff. (Behandlung begünstigender Normen als negative Tatbestandsmerkmale); Volk JuS 1975 26 (zur Frage Beweisregel oder Beweislastregel); vgl. auch LR/Hanack 25 § 337, 14.
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Vgl. BGHSt 18 274; Montenbruck In dubio 33 ff.; früher war strittig, ob der Zweifelssatz für Strafausschließungsgründe gilt (verneinend etwa OGHSt 1 389; 2 126). BGH NStZ 2006 650; 2010 102, 103; NStZ-RR 2008 350, 351; 2009 90, 91; StraFo 2005 297; Urt. v. 1.7.2008 – 1 StR 654/07; Urt. v. 12.10.2011 – 2 StR 202/11; BayVerfGH 35 48 = NJW 1983 100; vgl. KK/Schoreit 56; Meyer-Goßner 26; SK/Schlüchter 69, 70. Vgl. etwa Meyer-Goßner 26; SK/Schlüchter 69. BGH NStZ-RR 2007 43. So h.M.; s. nur BGH Urt. v. 17.8.2004 – 5 StR 591/03; anders wohl nur, wenn allein auf die hohe objektive Wahrscheinlichkeit als Grundlage der Verurteilung abgestellt wird, der Zweifelssatz also nicht nach abgeschlossener Überzeugungsbildung greifen soll, vgl. etwa Hoyer ZStW 105 (1993) 523. Dies wird bei Rügen, die eine Verletzung dieses Grundsatzes behaupten, häufig übersehen, obwohl dies der h.M. entspricht, vgl. etwa BVerfG MDR 1975 469; BayVerfGH 35 48; BGH NJW 1957 1039; StV 2003 542; 2007 286 (Zeugenaussage, die das Tatgericht selbst in Zweifel zieht); bei Dallinger
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„in dubio pro reo“ kommt erst nach abschließender Beweiswürdigung zum Zuge,816 wenn also das Gericht alle Mittel der Sachaufklärung erschöpft hat, um zu eindeutigen Feststellungen zu gelangen.817 Er ist keine Beweisregel, die das Gericht zu bestimmten Tatsachenfeststellungen zwingt.818 Er gilt für die Feststellung rechtserheblicher Tatsachen, nicht aber für deren Bewertung.819 Lässt das Gericht bei seiner Beweiswürdigung naheliegende Umstände, die zugunsten des Angeklagten sprechen, ersichtlich außer Betracht oder entbehrt seine Überzeugung einer rational tragfähigen Grundlage, so dass sie in Wirklichkeit nur als eine Vermutung erscheint, so rechtfertigt diese Verletzung der für die Überzeugungsbildung maßgebenden Grundsätze zwar die Revision;820 der Zweifelsgrundsatz als solcher ist aber nach der hier vertretenen Auffassung nicht verletzt, weil er erst nach abgeschlossener Meinungsbildung des Gerichts eingreift.821
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b) Bei rechtlichen Zweifelsfragen, insbesondere bei Fragen der Gesetzesauslegung, ist der Satz „in dubio pro reo“ nicht anwendbar.822 Er gilt also beispielsweise nicht bei der Frage, wie ein Mordmerkmal (§ 211 StGB) auszulegen ist, der Begriff der Bande zu definieren ist oder ob eine Buchführungspflicht i.S. des § 283 Abs. 1 Nr. 5, 6 StGB besteht. Ob eine Auslegung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten angebracht ist, richtet sich nach den für die Auslegung der jeweiligen Norm maßgebenden Gesichtspunkten. So ist etwa bei der Auslegung von Grundrechten der für den Bürger günstigeren Auslegung grundsätzlich der Vorzug zu geben.823 Der Zweifelssatz gilt nicht bei der zur Gesetzesanwendung zählenden Vertragsauslegung,824 ferner nicht für die Bewertung der festgestellten Tatsachen825 und auch nicht bei Schwierigkeiten bei der Ermittlung ausländischen Rechts.826 Eine sachbedingte Einschränkung seines Anwendungsbereichs erfährt der Zweifelssatz 106 dort, wo das materielle Recht eine zukunftsbezogene Wahrscheinlichkeitsaussage erfordert, wie bei den Prognosen bezüglich eines Verhaltens, wenn etwa eine Rechtsfolgenentscheidung an die Erwartung eines künftigen straffreien Verhaltens oder die Gefahr weiterer Straftaten anknüpft. In solchen Fällen ist der Zweifelssatz auf die (prognostische) Einschätzung des künftigen Verhaltens selbst unanwendbar, die Basistatsachen, von de-
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MDR 1970 899; OLG Nürnberg DRiZ 1950 423; dazu krit. Wimmer DRZ 1950 395; ferner BGH NJW 1951 286; GA 1970 86; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1971 216; Seibert NJW 1955 172; KMR/Stuckenberg 173; Meyer-Goßner 26. BGH NJW 2009 2690, 2693 f.: Vorherige Erörterung der Beweisanzeichen, die „mit nicht geringem Gewicht für eine Strafbarkeit des Angeklagten sprechen können“. BGH NStZ 2006 650; 2008 216, 218; StraFo 2005 297; zum Vorrang der Aufklärungspflicht vgl. BGHSt 13 328; BGH NStZ-RR 1997 269; LR/Becker § 244, 46 m.w.N. OLG Koblenz VRS 44 (1973) 192. Vgl. Volk NStZ 1983 423 (die tatsächliche Ungewissheit bleibt, gesichert wird lediglich die eindeutige Rechtsentscheidung).
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BGH bei Martin DAR 1974 122. Vgl. Rn 1, 12 f. BGH NStZ 1992 48; StV 1997 120; KK/Schoreit 59; führen dagegen wegen des Mangels einer tragfähigen Grundlage für die Verurteilung insoweit auch den Zweifelsgrundsatz an; vgl. auch Hoyer ZStW 105 (1993) 523, der den Zweifelsgrundsatz schon vorher greifen lassen will. BGHSt 14 73; BGH bei Dallinger MDR 1972 572; OLG Hamm JMBl 1964 203; KK/Schoreit 61; KMR/Stuckenberg 87; Meyer-Goßner 37; Roxin/Schünemann § 45, 64; vgl. auch OLG Celle GA 1969 153. BVerfGE 15 281; 30 162. BGH bei Dallinger MDR 1972 572. BGH bei Martin DAR 1974 122. Vgl. SK/Schlüchter 72 (allenfalls wenn nicht ermittelbar).
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nen die Prognose ausgeht, müssen aber zur Überzeugung des Gerichts erwiesen sein,827 wenn daraus auch Schlüsse zu Lasten des Angeklagten gezogen werden sollen. Dagegen können zweifelhafte Tatsachen, die eine dem Angeklagten günstige Prognoseentscheidung rechtfertigen könnten, vom Gericht für seine Entscheidung mit herangezogen werden,828 nach vorzugswürdiger Ansicht allerdings nur mit dem ihnen zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrad. Hängt die günstige Kriminalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) beispielsweise davon ab, ob der Angeklagte eine auf Dauer angelegte Arbeit oder eine feste persönliche Bindung gefunden hat, ist dies aber zweifelhaft und nicht weiter aufzuklären, so darf dieser Umstand nicht zugunsten des Angeklagten unterstellt werden, sondern ist mit der ihm zukommenden Unsicherheit bei der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen.829 Derartige Tatsachen werden dann Bestandteil der Einschätzung der größeren oder geringeren Wahrscheinlichkeit des zu erwartenden Verhaltens. Für dem Urteil vorgelagerte vorläufige Entscheidungen, die im Rahmen des Strafverfahrens getroffen werden müssen, gilt der Zweifelssatz nicht. Für sie reicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit aus, insbesondere bei den an einen Tatverdacht unterschiedlicher Stärke gebundenen vorläufigen Anordnungen und Eingriffen.830 2. Keine Beweislast. Zu Lasten des Angeklagten darf das Gericht nur Tatsachen ver- 107 werten, die es für erwiesen hält. Dies gilt auch bei negativen Tatbestandsmerkmalen. Es gibt keine Umkehrung der Beweislast;831 es ist nicht Sache des Angeklagten, seine Unschuld darzutun.832 Für den Strafprozess wird die Rechtsfigur des Beweises des ersten Anscheins zu Recht allgemein,833 insbesondere vom BGH in ständiger Rechtsprechung abgelehnt,834 auch wenn die Überzeugungsbildung auf Grund von Erfahrungssätzen dem Beweis des ersten Anscheins im Ergebnis nahekommen kann.835 Die den Strafprozess
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BayObLGSt 1994 186; OLG Koblenz NJW 1978 2034; VRS 53 (1977) 29; AK/Maiwald 31; KMR/Stuckenberg 85; SK/Schlüchter 73; Montenbruck In dubio 100 ff. zieht diesen Ansatz in Zweifel (Auslegungsproblem). Zu den strittigen Fragen vgl. Montenbruck (aaO) 96 ff., 131 ff.; ferner Rn. 119 und die Kommentare zu §§ 56, 57, 63 ff. StGB m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1973 900; ausführlich zur Problematik Zopfs 301 ff. Schäfer/Sander/van Gemmeren Praxis der Strafzumessung Rn. 204. Meyer-Goßner 28; SK/Schlüchter 73. OLG Celle NdsRpfl. 1969 214; OLG Hamburg MDR 1953 121; OLG Hamm JMBlNW 1963 182; 1976 68; KG VRS 13 (1957) 53; Gössel § 22 C; Louven MDR 1970 295. Soweit die Rechtsprechung (z.B. BGH NJW 1951 530; 1968 1888) bei § 182 StGB a.F. annahm, bis zum Nachweis des Gegenteils sei von der Unbescholtenheit auszugehen, ist sie im Schrifttum auf Ablehnung gestoßen, vgl. Deubner NJW 1969 147; Stree 21; Van Els MDR 1971 635. Vgl. auch Volk JuS 1975 25.
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Eb. Schmidt I 366 ff.; vgl. etwa BGH StV 1983 186 (fehlerhaft, wenn Urteilsgründe besorgen lassen, Gericht habe sich nicht streng daran gehalten, dass es nicht Sache des Angeklagten sei, seine Unschuld darzutun). BayObLG VRS 63 (1982) 277; OLG Hamm JMBlNW 1976 68; Henkel FS Eb. Schmidt 589; Louven MDR 1970 295. S. nur BGH NStZ-RR 2005 147; 2007 86; Urt. v. 28.10.2010 – 4 StR 285/10. Volk GA 1973 161; ob im Zivilprozess der sich auf einen typischen Geschehensablauf gründende „Beweis des ersten Anscheins“ eine Umkehrung der Beweislast bewirkt, ist strittig; die vorherrschende Meinung sieht in ihm eine die Beweislast nicht berührende Beweiswürdigungsregel, die mit der freien richterlichen Überzeugungsbildung vereinbar ist, weil sie nur „eine immanente oder gewohnheitsrechtlich gezogene Schranke der Freiheit der Beweiswürdigung auf der Grenze zur Willkür“ bedeutet (Volk GA 1973 161 ff., insbes. 175 m.w.N.).
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beherrschenden Grundsätze für die richterliche Aufklärungspflicht und Überzeugungsbildung auf Grund von Erfahrungssätzen (evtl. auch bei mehrdeutiger Tatsachengrundlage) würden durch die Übernahme dieses Rechtsbegriffs nur verdunkelt. Soweit einzelne Entscheidungen wegen einer unzulässigen Verwendung des „Beweises des ersten Anscheins“ angegriffen werden, verbirgt sich hinter dieser Kritik oft der Vorwurf, dass das Gericht sich entweder mit einer Wahrscheinlichkeit der Schuld begnügt oder aber einen in Wirklichkeit nicht bestehenden Erfahrungssatz seiner Überzeugungsbildung zugrunde gelegt habe. Der Strafrichter darf sich nicht damit begnügen, dass der sich auf den Sachhergang 108 gründende erste Anschein die Schuld des Angeklagten nach der Lebenserfahrung als (äußerst) wahrscheinlich erscheinen lässt. Das gilt auch dann, wenn der Angeklagte nichts vorgetragen hat, was diese Wahrscheinlichkeit erschüttern könnte. Er muss vielmehr entsprechend seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2) allen konkreten Anhaltspunkten für einen anderen Geschehensablauf nachgehen und er darf nur verurteilen, wenn er die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten erlangt hat. Dass der auf einen typischen Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung bestehende erste Anschein dafür spricht, bindet den Strafrichter nicht mehr als andere, nicht zwingende Erfahrungssätze.836 In den wenigen Ausnahmefällen, in denen das materielle Recht die Beweisanzeichen 109 für das an sich strafwürdige Verhalten zu Tatbestandsmerkmalen verselbständigt hat (wie früher bei den Umständen i.S. des § 259 StGB a.F.), genügt deren sichere Feststellung.837 Insoweit gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ aber uneingeschränkt. Auch die Regelbeispiele des materiellen Strafrechts verschieben nur den Bezugspunkt 110 für die Beweisaufnahme und Beweiswürdigung.838 Sie heben aber den Zweifelsgrundsatz hinsichtlich der Feststellung der gesetzlichen Merkmale nicht auf. Soweit das materielle Strafrecht bei der Bemessung bestimmter Rechtsfolgen Schätzungen erlaubt,839 gilt dasselbe für die vom Tatgericht zugrundegelegten Ausgangstatsachen. 3. Geltung bei Anwendung des materiellen Rechts
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a) Nur sicher erwiesene Tatsachen. Der Grundsatz, dass im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden ist, gilt uneingeschränkt für die tatsächlichen Feststellungen, die die Anwendung des materiellen Rechts einschließlich der Bestimmung der Rechtsfolgen betreffen.840 Diese tragen eine Verurteilung nur, wenn sie zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen.841 Dieses muss einen zugunsten des Angeklagten wirkenden Umstand unterstellen, wenn es dessen Nichtvorhandensein nicht sicher für ausgeschlossen hält (s. aber auch Rn. 112, 114).842 Es darf zu Lasten des Angeklagten keine Rechtsfolgen
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Vgl. Rn. 48 ff. Henkel FS Eb. Schmidt 578; Sarstedt FS Heusinger 349; Roxin/Schünemann § 45, 57 weisen darauf hin, dass das materielle Strafrecht heute eigentliche Schuldvermutungen nicht mehr kennt. Die Ausnahmen seien nur scheinbar, so sei z.B. § 186 StGB als Risikodelikt ausgestaltet. Vgl. Rn. 66 ff. m.w.N. Vgl. Rn. 66. Vgl. Rn. 113 ff.; ferner LR/Becker § 244, 11 ff.
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Vgl. Rn. 7 ff.; 50. Ein fortbestehender Zweifel kommt z.B. dadurch zum Ausdruck, dass ein Gericht eine Tatsache „mit großer Wahrscheinlichkeit“ für gegeben hält (OLG Saarbrücken VRS 44 [1973] 218); vgl. KK/Schoreit 58; KMR/Stuckenberg 173. RGSt 73 58; BGH bei Holtz MDR 1979 635; StV 1990 535 (L).
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festsetzen, wenn es eine dafür erhebliche Tatsache nicht für erwiesen hält, weil insoweit noch Zweifel bestehen.843 Lässt sich nicht sicher klären, bei welcher von mehreren Taten ein strafschärfender Umstand vorlag, darf das Gericht ihn bei keiner annehmen.844 b) Der Zweifelsgrundsatz findet Anwendung bei allen Tatumständen, in denen das 112 Gericht die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands sieht. Dies trifft auch zu, wenn der Angeklagte die vom Gericht bezweifelte Tatsache selbst zu seiner Entlastung behauptet hat.845 Das Gericht darf aus der Einlassung des Angeklagten nur dann eine für ihn nachteilige Folgerung ableiten, wenn es von deren Richtigkeit überzeugt ist846 oder nach Lage des Falles für den Angeklagten günstigere Feststellungen nicht in Frage kommen,847 nicht aber, wenn es die Behauptung lediglich „für nicht widerlegt“ hält.848 Denn der Zweifelssatz fordert nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht, dass das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen.849 Denn es ist nicht geboten, zugunsten des Angeklagten eine Tatvariante zu unterstellen, für die ein realer Anknüpfungspunkt fehlt,850 so dass es sich bei einem in diese Richtung gehenden Zweifel um eine lediglich abstrakt-theoretische Möglichkeit handelt.851 Dies gilt umso mehr, wenn gewichtige Beweisanzeichen festgestellt sind, die gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen.852 Daher ist z.B. die Annahme fehlerhaft, der Angeklagte, der zuvor mittäterschaftlich das Opfer geschlagen und getreten hatte, könne den Tatort vor dem tödlichen Messerstich verlassen haben, wenn dies in den festgestellten Indizien keine Stütze findet.853 Dasselbe gilt für die Verneinung eines Tötungsvorsatzes, wenn der sein Opfer würgende Täter zum Tatort eine Garotte (sog. Würgeeisen) mitnimmt und sich im Kofferraum seines (rückwärts in der Einfahrt geparkten) Fahrzeugs eine Plane befindet, auf der er nach der Tat die Leiche zum Abtransport ablegt.854 Auch liegt die Feststellung fern, der Angeklagte, der sein Opfer in einen von ihm zu diesem Zweck betretenen Tiefkühlraum eingesperrt hat, könne dessen Funktion und die dort herrschende Temperatur von minus 20° C nicht bemerkt haben.855 Hält das Gericht auf Grund der getroffenen Feststellungen jedoch konkret eine für den Angeklagten günstigere Fallgestaltung für gleichfalls möglich, muss es von dieser auch dann ausgehen, wenn der Angeklagte hierzu nichts vorgetragen hat.856 843 844 845 846
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BGH NJW 1951 283; StV 1983 457; BayObLGSt 1958 244; vgl. Rn. 12. BGH StV 1990 535 (L). Vgl. OGHSt 1 361; BayObLGSt 1988 97; vgl. auch nachf. Fn. BGH NJW 1951 532; 1967 3267; 1988 779; NStZ 1986 325; 1987 474; VRS 30 (1966) 99; KK/Schoreit 57; Meyer-Goßner 29; SK/Schlüchter 70. OLG Hamm VRS 44 (1973) 46. BGH NJW 1951 532; 1967 2367; VRS 30 (1966) 99; BGH bei Dallinger MDR 1975 198; bei Holtz MDR 1979 637; OLG Hamm VRS 47 (1974) 279. BVerfG MDR 1957 468; BayVerfGH NJW 1983 1600; BGHSt 25 365; OLG Koblenz VRS 44 (1973) 192; 67 (1984) 267; KK/Schoreit 56; KMR/Stuckenberg 76; Meyer-Goßner 26; vgl. SK/Schlüchter 69 (vernünftige Zweifel).
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BGH NJW 2002 2188, 2189; 2007 92, 94; NStZ 2009 630; Urt. v. 14.9.2004 – 1 StR 180/04; Urt. v. 11.10.2005 – 1 StR 195/05; Urt. v. 12.6.2007 – 1 StR 73/07; Urt. v. 19.6.2007 – 1 StR 16/07; Urt. v. 21.6.2007 – 5 StR 532/06; Urt. v. 24.1.2008 – 5 StR 253/07; Urt. v. 19.3.2009 – 4 StR 516/08; Urt. v. 14.4.2011 – 4 StR 501/10; Beschl. v. 23.8.2011 – 1 StR 153/11; s. auch BGH NStZ-RR 2005 147, 148 zum schweigenden Angeklagten. BGH NStZ-RR 2007 86, 87; BGH Urt. v. 20.10.2004 – 1 StR 232/04; Urt. v. 19.12.2006 – 1 StR 326/06. BGH Urt. v. 30.10.2008 – 3 StR 416/08. BGH NStZ 2005 261. BGH Beschl. v. 19.6.2008 – 1 StR 217/08. BGH Urt. v. 17.3.2005 – 4 StR 581/04. Vgl. BGH StV 1986 5.
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Dem Angeklagten darf kein Nachteil daraus erwachsen, dass er dazu nicht in der Lage ist, weil er die Tat bestreitet857 oder zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf schweigt. Hat der Angeklagte sich hingegen geäußert, brauchen seine Angaben auch dann nicht 112a ohne weiteres als „unwiderlegt“ den Feststellungen zugrundegelegt zu werden, wenn es für ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit keine Beweise gibt. Vielmehr sind sie zuvor auf ihre Plausibilität858 und anhand des übrigen Beweisergebnisses auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.859 Dies gilt insbesondere für dargelegte Mengen getrunkenen Alkohols,860 vor allem, wenn diese in einem auffallenden Widerspruch zum Leistungsverhalten des Angeklagten bei der Tatbegehung stehen,861 ebenso für die Behauptung, Betäubungsmittel in großer Menge und über einen langen Zeitraum konsumiert zu haben, wenn die Lebensführung einschließlich der Berufstätigkeit sowie die Gesundheit des Angeklagten unbeeinträchtigt geblieben sind,862 aber auch hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen für eine geltend gemachte Spielsucht.863 Behauptet beispielsweise der Transporteur von Betäubungsmitteln, er habe diese lediglich im Auftrag eines Dritten nach Deutschland eingeführt, individualisiert diesen aber nicht, so braucht das Tatgericht dieser Schilderung nicht zu folgen, wenn keine zuverlässigen Anhaltspunkte für Auftrag und Person des Auftraggebers vorliegen.864 Anders verhält es sich, wenn die Gesamtwürdigung ergibt, dass mehrere Umstände die Version des Angeklagten stützen.865 Aus einer nicht bewiesenen Tatsache, die zugunsten eines Angeklagten als wahr unterstellt wird, darf keine für ihn oder einen Mitangeklagten nachteilige Folgerung hergeleitet werden.866 Dies kann zu wechselnden Unterstellungen zwingen (Rn. 120). Bleibt zweifelhaft, welche von mehreren Handlungen des Täters den Erfolg herbeigeführt hat, muss das Gericht von der Handlung ausgehen, bei der die Rechtslage für den Angeklagten am günstigsten ist.867
113
c) Schätzungen über die Zahl der Taten bei Serientätern sowie Schätzungen über den Tatumfang vermögen als Wahrscheinlichkeitsaussage für sich allein ein Urteil nicht zu tragen. Das Gericht darf nur von der Mindestzahl der Taten ausgehen, die es für erwiesen hält;868 dasselbe gilt für deren Mindestumfang.869 Hierzu bedarf es einer auf kon-
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BGH StV 1990 9; Meyer-Goßner 26; SK/Schlüchter 69. BGH NStZ 2006 652, 653: „fraglicher Wahrheitsgehalt“; 2008 510, 511; 2010 503, 504: „vom Angeklagten geschildertes Geschehen … weit außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit“; NStZ-RR 2007 279; wistra 2004 265, 267: „wenig plausible Einlassung“; s. auch Urt. v. 12.4.2011 – 1 StR 674/10; Beschl. v. 20.10.2011 – 1 StR 354/11. BGH NStZ-RR 2005 45; 2005 147; NStZ 2009 285; Urt. v. 28.10.2009 – 1 StR 205/09. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 41; BGH NStZ 2007 266; Beschl. v. 8.2.2005 – 3 StR 500/04; Urt. v. 18.9.2008 – 5 StR 224/08. BGH Beschl. v. 16.1.2008 – 3 StR 479/07. BGH NStZ-RR 2009 59; Beschl. v. 1.12.2009 – 3 StR 458/09.
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BGHSt 49 365, 370 f.; BGH Urt. v. 21.8.2003 – 3 StR 234/03. BGHSt 51 324. BGH NJW 2008 386, 388. RG JW 1931 2030; BGH StV 1983 140 m. Anm. Strate 1983 321; vgl. LR/Becker § 244, 300 m.w.N. RGSt 71 365; BGH bei Holtz MDR 1979 279; 1984 542; vgl. aber auch Wolter MDR 1981 441; ferner zur Unterstellung des jeweils günstigsten Sachverhalts Rn. 118. S. nur BGH NStZ-RR 2008 338; ferner 2007 343, 344. BGHSt 40 138, 159; 40 374; 42 107; BGH GA 1978 279; bei Theune NStZ 1986 493; StV 1998 472; 1998 474; Pelchen MDR 1982 10; vgl. LR/Gollwitzer 25 § 267, 40; ferner zum Mindestumfang einer fortgesetzten Tat BGH bei Dallinger MDR 1971 545; StV 1984 243 (L).
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kreten Anhaltspunkten basierenden,870 umfassenden und nachvollziehbaren Beweiswürdigung, die auch auf einem Indizienbeweis beruhen kann, in den die Schätzungen einfließen. Eine Hochrechnung der untersuchten Fälle auf die Gesamtzahl der Taten ist nicht zulässig.871 Gegenstand der Verurteilung kann stets nur eine wenigstens in den Umrissen noch genügend individualisierte Tat sein, deren äußerer und innerer Tatbestand nach Überzeugung des Gerichts erwiesen ist. Kann die Zahl gleichartiger Taten nicht festgestellt werden, muss das Urteil von der erwiesenen Mindestzahl ausgehen (vgl. Rn. 50). Vor allem bei Taten, die sich gegen höchstpersönliche Rechtsgüter richten, wie etwa bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, würde die Verteidigung des Angeklagten unerträglich eingeengt, wenn er die Möglichkeit verlöre, sich konkret gegen jede einzelne ihm vorgeworfene Tat zu wehren.872 Auch eine bloße Einschätzung des Ausmaßes des Schadens kann das Erfordernis des zur Überzeugung des Gerichts feststehenden Mindestumfangs jeder einzelnen Tat nicht ersetzen, auch nicht bei Vermögensdelikten. Gleiches gilt für den Tatumfang, etwa bei Betäubungsmittelstraftaten.873 Hier ist die Wirkstoffkonzentration des Rauschgiftes ggf. unter Heranziehung bestimmter Kriterien (z.B. Preis, Herkunft, Bewertung durch Konsumenten) oder anhand repräsentativer Stichproben zu schätzen.874 Ist die Buchhaltung eines Arbeitgebers unvollständig, kann die Höhe der Löhne und Gehälter geschätzt und daraus der Umfang der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge berechnet werden.875 Die Schwarzlohnsumme darf grundsätzlich auf zwei Drittel der Nettoumsätze geschätzt werden.876 Strittig ist, ob es bei Serientaten genügt, wenn nur der sicher für erwiesen erachtete 113a Gesamtschaden festgestellt wird, oder ob auch dann der Schaden auf die einzelnen Straftaten aufgeteilt werden muss. Geht man davon aus, dass nach Wegfall der fortgesetzten Tat jede einzelne Straftat selbständig ist und deshalb auch prozessual ein eigenständiges Schicksal (Rechtsmittelbeschränkung, Wiederaufnahme, Strafklageverbrauch usw.) haben kann, dann zeigt sich, dass die getrennte Feststellung des Schadens für jede Tat ebenso unerlässlich ist wie die Festsetzung der daran anknüpfenden Einzelstrafe, auch wenn dann wegen der tatsächlichen Schwierigkeiten einer genauen Zuordnung bei Beachtung des Zweifelssatzes der den Einzeltaten mit Sicherheit zuzuordnende Mindestschaden in der Summe hinter dem für erwiesen erachteten Gesamtschaden zurückbleibt.877 Es wird allerdings für zulässig gehalten, die Aufteilung des festgestellten Gesamtschadens im Wege der Schätzung vorzunehmen, weil sich der wesentliche Unrechtsgehalt der Serientaten nicht so sehr in ihrer Zahl als in ihrem Ausmaß offenbart.878 Diese
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BGH NStZ-RR 2008 349; NStZ 2009 467, 468. BGH StV 1996 362; 1998 63; bei Holtz MDR 1978 803; vgl. zur Problematik solcher Schätzungen im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität Körner StV 1998 627; ferner Rn. 50. Vgl. BGHSt 42 107; BGH StV 1998 472; 474 m. Anm. Hefendehl; vgl. auch KMR/Stuckenberg 80. Vgl. Bohnert NStZ 1995 460; Geppert NStZ 1996 118; Körner StV 1998 626; Zschockelt NStZ 1998 238. BGH StraFo 2010 71, 72; Beschl. v. 1.10.2008 – 2 StR 360/08; Beschl. v. 12.7.2011 – 1 StR 147/11.
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BGH Urt. v. 11.8.2010 – 1 StR 199/10; Beschl. v. 14.6.2011 – 1 StR 90/11. BGH wistra 2010, 148; Urt. v. 11.8.2010 – 1 StR 199/10; im Wesentlichen zustimmend Klemme/Schubert NStZ 2010 606, 609. Vgl. Bohnert NStZ 1995 461 (Verzicht auf fortgesetzte Tat eröffnet Strafbarkeitslücken). BGHSt 40 374; BGH NStZ 1994 586; StV 1998 472; 1998 474 m. Anm. Hefendehl; BGH wistra 1999 99; BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 1; 3; KMR/Stuckenberg 80.
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Überlegungen können aber unter dem Blickwinkel des Zweifelssatzes nicht rechtfertigen, bei der Festsetzung der Einzelstrafen über den bei der jeweiligen Tat zur Überzeugung des Gerichts erwiesenen Mindestumfang der Tatfolgen hinauszugehen. Weder erlauben sie, die Zahl der mindestens festgestellten Taten zu überschreiten, noch den Umfang des Schadens bei der Bildung der Gesamtstrafe höher festzustellen, als er sich aus der Summe der bei den Einzeltaten festgestellten Mindesthöhe des Schadens ergibt.879 Eine Hochrechnung ist daher nur dann mit dem Zweifelssatz vereinbar, wenn sie sich nicht allein in der Wiedergabe der auf der Hochrechnung beruhenden (meist hohen) Wahrscheinlichkeit erschöpft, sondern wenn ihr Ergebnis in eine alle Indizien umfassende, nachvollziehbare Beweiswürdigung eingeht, auf die sich die Überzeugung des Gerichts von dem für erwiesen erachteten Mindesttatumfang gründet.880 Dies gilt auch im Steuerstrafrecht, wo das Tatgericht nicht von den mittels Schätzung 113b nach § 162 AO festgesetzten Steuern ausgehen darf, sondern nur von den mit Sicherheit als verkürzt nachgewiesenen Beträgen.881 Denn im steuerrechtlichen Festsetzungsverfahren können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Sachverhalts zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirken.882 Das Gericht darf deshalb die Schätzungen des Finanzamts oder von der Zollverwaltung angegebene Werte nicht ungeprüft übernehmen.883 Eine eigene Schätzung der Besteuerungsgrundlagen – nicht dagegen der Steuer selbst 884 – wird dagegen in der Rechtsprechung für zulässig gehalten, sofern diese in sich schlüssig ist 885 und das Gericht die ihr zugrunde liegenden Tatsachen selbst feststellt sowie in den Urteilsgründen nachvollziehbar darlegt.886 Dabei wird es sich regelmäßig (zumindest) einer der bewährten Schätzungsmethoden (etwa Betriebsvermögensvergleich, Einnahme-Überschuss-Rechnung)887 bedienen oder diese ggf. kombinieren;888 bei der Auswahl kommt ihm ein revisionsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.889 Bei einem Gaststättenbetrieb oder Imbiss wird es beispielsweise naheliegen, den Umsatz auf der Basis in einem bestimmten Zeitraum eingekaufter Getränke und sonstiger Lebensmittel zu kalkulieren,890 bei einem Bordell zudem unter Berücksichtigung der von den Prostituierten erzielten Einnahmen und deren Abgaben
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In diesem Sinne auch BGHSt 40 374, 377; BGH NStZ-RR 2007 343, 344; Urt. v. 21.4.2004 – 5 StR 540/03. Eine durch Hochrechnung gewonnene Wahrscheinlichkeitsaussage von 99 % genügt für sich allein nicht, anders BGH NStZ 1990 149 m. Anm. Salditt. Zur Ansicht, die nur auf die objektive Wahrscheinlichkeit abstellen will, vgl. Hoyer ZStW 105 (1993) 523 ff. BGH NJW 1953 873; BB 1967 948; OLG Braunschweig NJW 1952 67; OLG Düsseldorf MDR 1973 337 (L); KK/Schoreit 50; Lohmeier SchlHA 1970 83. Klein/Rüsken § 162, 38; Griesel PStR 2007 101; zur Bezugnahme auf einen Erlass des Bundesfinanzministeriums s. zudem BGH NStZ 2003 550, 551. BGH StraFo 2010 71, 72; NStZ 2010 338. M. Jäger StraFo 2006 477, 480.
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BGH StraFo 2010 71, 72 (zur branchenüblichen Nettolohnquote bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen). BGH StV 1992 260; BGHR AO § 370 Steuerschätzung 1, 2; Volk FS Kohlmann 581, 587; D. Krause StraFo 2002 249, 253; Mitsch/Stumm INF 2005 539, 543, befürworten, einen Abschlag von der Schätzung der Finanzverwaltung vorzunehmen. BGH Urt. v. 6.9.2011 – 1 StR 633/10. Einen Überblick geben Wessing/Katzung SAM 2008 21, 23 ff.; s. auch Klein/Rüsken § 162, 41 ff.; M. Jäger StraFo 2006 477, 481; Mitsch/Stumm INF 2005 539 und allgemein D. Krause StraFo 2002 249, 252. BGH StraFo 2010 71, 72; Beschl. v. 14.6.2011 – 1 StR 90/11. BGH Beschl. v. 18.5.2011 – 1 StR 209/11 (Menge verbrauchten Fladenbrotes bekannt).
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(Anteil am Erlös, Zimmermiete) an den Betreiber.891 Bei unversteuert in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführten Zigaretten kann die Schätzung der verkürzten Einfuhrabgaben am üblichen Importpreis für Markenzigaretten des unteren Preissegments ansetzen oder die vom Bundesministerium der Finanzen festgesetzten „Anhaltswerte“ heranziehen.892 d) Beim Indizienbeweis (Rn. 60 ff.) gilt der Zweifelsgrundsatz für jede unmittelbar 114 entscheidungserhebliche Tatsache (Tatbestandsmerkmal usw.), die durch Indizien bewiesen werden soll.893 Sie muss nach der Gesamtwürdigung aller Beweisanzeichen zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Auf die einzelnen Verdachtsmomente, auf die sich der Indizienbeweis stützt, ist der Grundsatz „in dubio pro reo“ jedoch nicht zusätzlich anwendbar. Diese sind nur vorgelagerte, unselbständige Bestandteile des komplexen Vorgangs der einheitlichen richterlichen Beweiswürdigung.894 Deshalb darf aus dem Umstand, dass ein Tatmotiv lediglich „nicht zu erkennen“ ist, nicht auf das Fehlen eines solchen Motivs geschlossen werden.895 Das bedeutet aber nicht, dass ein Verdacht auf unbewiesene Tatsachen gestützt werden darf. Die Ausgangstatsachen (Beweisanzeichen) als solche müssen zur Überzeugung des Gerichts feststehen,896 anderenfalls scheiden sie aus der Beweismasse aus. Bleibt ungewiss, ob die Tatsachen vorliegen, aus denen ein Verdachtsmoment gefolgert werden könnte, darf dieses auch im Rahmen des Indizienbeweises nicht zu Lasten des Angeklagten herangezogen werden.897 Das Gericht ist aber andererseits nicht gehalten, bei der Gesamtwürdigung der Beweise zugunsten des Angeklagten zu unterstellen, dass das Verdachtsmoment widerlegt sei. Es kann insoweit im Rahmen der seiner Überzeugungsbildung gesetzten Grenzen diesen Umstand frei würdigen.898 Eine für den Angeklagten günstige unerwiesene Indiztatsache darf bei der Beweiswürdigung nicht zu dessen Gunsten als wahr unterstellt werden, sie ist aber in die auch Wahrscheinlichkeiten als solche mitberücksichtigende Gesamtbeweiswürdigung einzubeziehen.899 Da der Zweifelsatz nicht auf die einzelnen Indizien als solche anwendbar ist,
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Vertiefend zur Besteuerung im Rotlichtmilieu Mößmer/Moosburger wistra 2008 457. BGH NStZ 2010 338. KK/Schoreit 65; KMR/Stuckenberg 71; Meyer-Goßner 29; ferner KMR/Paulus § 244, 329 (Scheinproblem, da jeder Beweis Indizienbeweis und immer nur die Gesamtwürdigung maßgebend). Etwa Foth NJW 1974 1572; Grünwald FS Honig 65; Hanack JR 1974 383; JuS 1977 731; Schneider MDR 1974 945; Schöneborn MDR 1975 444; Stree JZ 1974 298; Tenckhoff JR 1978 348; Volk NStZ 1983 423; ferner Alsberg/Nüse/Meyer 665; KMR/Stuckenberg 83. BGH NStZ-RR 2009 90, 91. OGHSt 1 166; 1 361; BGHSt 36 286; BGH StV 1985 48 (L); BGH JR 1954 468; NJW 1990 779; NStZ 1981 33; bei Dallinger MDR 1969 194; Herdegen NStZ 1984 342; AK/Maiwald 26; HK/Julius 17, 39; KK/Schoreit 64; KMR/Stuckenberg 83;
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Meyer-Goßner 29; SK/Schlüchter 75; a.A. Grünwald FS Honig 58; Nack MDR 1986 368; Montenbruck Wahlfeststellung 55, der darauf hinweist, dass der Streit um die Zulässigkeit von Schlussfolgerungen aus wahrscheinlich vorliegenden Indizien meist ein Scheinproblem ist, da sich die Wahrscheinlichkeit ihrerseits auf festgestellte Tatsachen gründet. W.N. zum Streitstand Rn. 61. BGHSt 25 285 = JR 1975 34 m. Anm. Peters; BGH LM 19; VRS 30 (1966) 99; 78 (1990) 202; OLG Hamm VRS 40 (1971) 363; OLG Stuttgart Justiz 1971 63. Es gelten die allgemeinen Grundsätze für die Beweiswürdigung einschließlich der Bindung durch Erfahrungsgrundsätze und an zwingende Schlussfolgerungen; vgl. etwa Tenckhoff 1978 349. Vgl. BVerfG MDR 1975 468; BGHSt 35 308, 316; 36 286; 36 390 = JR 1990 294 m. Anm. Blau; BGHSt 43 66; BGH NJW 1983 1865; 1989 1043; 2005 2322, 2324;
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können im Übrigen im Rahmen des Indizienbeweises auch Verdachtsmomente, die nur eine Wahrscheinlichkeit für den indizierten Vorgang begründen, in die Gesamtbeweiswürdigung mit einbezogen werden. Sie müssen sich aber auf erwiesene Ausgangstatsachen gründen.900 Bei der unerlässlichen Gesamtschau muss das Gericht alle be- und entlastenden Indizien in ihrem Verhältnis zueinander unter Berücksichtigung ihres mitunter relativ geringen Beweiswerts würdigen, vor allem auch bei Wahrscheinlichkeitsaussagen.901 Bei unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten sind alle in Erwägung zu ziehen. Die dadurch gewonnene Überzeugung muss das Tatgericht lückenfrei und nachvollziehbar darlegen. Der Alibi-Beweis macht hiervon keine Ausnahme. Wegen der erstrebten negativen 115 Ausschließlichkeit des aus ihm abzuleitenden Schlusses stellt er lediglich eine besondere Form des Indizienbeweises dar.902 Die Pflicht, im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden, zwingt das Gericht daher nicht, ein misslungenes Alibi bei der Gesamtwürdigung der Beweise zugunsten des Angeklagten als zutreffend zu unterstellen.903 Der Angeklagte muss aber sein Alibi nicht beweisen. Ein misslungener Alibi-Beweis ist für sich allein kein Beweisanzeichen für die Täterschaft.904 Dasselbe gilt, wenn der Angeklagte erklärt, er wisse nicht, wo er zur Tatzeit war.905 Auch dass der Angeklagte bestrebt war, sich ein falsches Alibi zu verschaffen, trägt für sich allein den Schluss auf seine Täterschaft nicht.906 Anders liegt es, wenn er dabei im Wege der sog. Vorwegverteidigung versucht hat, einen Tatumstand zu entkräften, der zu diesem Zeitpunkt ausschließlich dem Täter bekannt war.907 Ein ungeklärtes Alibi muss – ebenso wie andere behauptete beweiserhebliche Tatsachen – bei der Gesamtbeweiswürdigung mit der ihm zukommenden Ungewissheit in die Erwägungen einbezogen werden.908 Das Gericht hat diesen Umstand in freier Beweiswürdigung ebenso zu prüfen wie eine andere nicht erwiesene, aber auch nicht widerlegte Einlassung des Angeklagten909 (vgl. Rn. 114). Es muss entscheiden, ob
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NStZ 2001 609; JR 1978 348 m. abl. Anm. Tenckhoff; KMR/Stuckenberg 83; SK/Schlüchter 76; insoweit besteht Übereinstimmung, auch wenn sonst strittig ist, ob der Zweifelssatz auch auf unerwiesene entlastende Indizien angewendet werden kann, so etwa BGH JR 1989 337 m. Anm. Blau; Herdegen NStZ 1984 342; vgl. dazu KK/Schoreit 65; SK/Schlüchter 74 f. m.w.N. Vgl. Rn. 61. Vgl. etwa BGH NStZ-RR 1997 269; StV 1993 509. Alsberg/Nüse/Meyer 578; Hanack JR 1974 383; Schneider MDR 1974 945; Stree JZ 1972 299; Volk JuS 1975 27; a.A. Peters § 37 III 1 d (Alibifrage ist keine Indizfrage). Vgl. Rn. 63. BGHSt 25 286 = LM Nr. 61 m. Anm. Willms. Die Entscheidung wird wegen einiger in ihrer Allgemeinheit missverständlicher Sätze kritisiert, vgl. die Anm. von Blei JA 1974 468; Stree JZ 1974 298; Hanack JR 1974 383; Foth NJW 1974 1574; Schneider 1974 512; Volk JuS 1975 25; ferner Peters Der neue Strafprozeß 174; s. ferner BGH JR
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1978 348 m. Anm. Tenckhoff; BGH NStZ 1983 422 m. Anm. Volk; OLG Hamm JZ 1968 676; OLG Celle JR 1977 82 m. Anm. Peters; KMR/Paulus § 244, 329; KMR/ Stuckenberg 84; Meyer-Goßner 29. BGHSt 41 158; BGH NStZ 1983 422 m. Anm. Volk; 1996 363; NStZ-RR 1998 303; BGH StV 1982 158 m. Anm. Strate; BGH StV 1986 369; 1992 259; 1994 175; 1997 9 (L); VRS 90 (1996) 389; HK/Julius 39; KK/Schoreit 66; Meyer-Goßner 25; SK/Schlüchter 76. BGHSt 41 153; BGH StV 1982 158 m. Anm. Strate; KMR/Stuckenberg 84; Meyer-Goßner 25; SK/Schlüchter 75. BGH StV 1984 495; anders, wenn damit ein nur dem Täter, nicht aber den Ermittlungsbeamten bekannter Tatumstand entkräftet werden sollte, BGH NStZ 1999 423; vgl. auch Rn. 63. BGH NStZ 1999 423; Urt. v. 1.2.2011 – 1 StR 408/10. BGH NStZ 1999 523; VRS 90 (1996) 389. BGH NStZ 1983 133; 1986 325; OLG Köln StV 1986 192; vgl. Rn. 73, 74 m.w.N.
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es unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich des ungeklärten Alibis des Angeklagten seine Tatbeteiligung für nicht erwiesen hält oder diese auf Grund anderer Umstände zu seiner Überzeugung feststeht, das Alibi also damit aufgrund der Würdigung aller Beweise widerlegt ist.910 e) Einzelfragen. Ob mehrere Tatbestandsverwirklichungen selbständige Straftaten 116 sind oder unselbständige Teile einer einheitlichen Tat, richtet sich zunächst danach, ob sie rechtlich einem mehrere Begehungsakte umfassenden Tatbestand zuzuordnen sind, etwa unter dem Blickwinkel eines Dauerdelikts oder einer Bewertungseinheit. Für die damit verbundenen Rechtsfragen gilt der Zweifelssatz nicht,911 er ist aber anzuwenden, wenn das Vorliegen einer für die Zuordnung entscheidenden Tatsache zweifelhaft bleibt. Ohne einen solchen konkreten Ansatzpunkt für einen Zweifel im Tatsächlichen ist von selbständigen Taten auszugehen.912 Die Rechtsprechung nimmt vielfach schon dann mehrere rechtlich selbständige Taten als den Regelfall an, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für den rechtlichen Gesichtspunkt nicht erwiesen sind, der die Zugehörigkeit mehrerer Tatbestandsverwirklichungen zu einer einheitlichen Tat begründet, so etwa, wenn nicht feststeht, dass mehrere Verkäufe von Betäubungsmitteln aus derselben für den Absatz erworbenen Rauschgiftmenge getätigt wurden.913 Ob Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt, kann ebenfalls eine Frage der rechtlichen 117 Subsumtion sein914 und damit nicht unter den Grundsatz „in dubio pro reo“ fallen. Hängt aber die Subsumtion von einer Tatsache ab, die das Gericht für nicht erwiesen hält, dann greift insoweit der Grundsatz ein. Im Zweifel ist dann zugunsten des Angeklagten von Tateinheit auszugehen.915 Allerdings müssen – den allgemeinen Maßstäben entsprechend (vgl. Rn. 112) – hinreichende Anhaltspunkte etwa für eine rechtliche Handlungseinheit gegeben sein, beispielsweise dafür, dass der Angeklagte mehrere Verträge zugleich bei einer von ihm geschädigten Versicherung eingereicht hat.916 Der Zweifelssatz gilt bei allen entscheidungserheblichen Tatsachen, vor allem bei 118 den objektiven und subjektiven 917 Tatbestandsmerkmalen. Er ist daher z.B. anwendbar, wenn zweifelhaft ist, ob der Angeklagte mit direktem oder (nur) bedingtem Vorsatz gehandelt hat918 oder ob er Täter,919 Anstifter oder Gehilfe war.920 Ebenso verhält es sich, wenn die tatsächlichen Grundlagen eines Tatbestandsirrtums921 oder eines Verbots-
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BGH NStZ 1983 422 m. Anm. Volk; ferner etwa HK/Julius 17; vgl. auch BGH bei Holtz 1978 460 (Wahrunterstellung des Alibis). Vgl. Rn. 105; ferner etwa SK/Schlüchter 78. HK/Julius 18; KMR/Stuckenberg 80. BGH StV 1995 417; 1997 20; 1997 470; 1997 636; 1998 594; 1999 431; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4 bis 6; Körner StV 1998 628; Zschockelt NStZ 1998 239; Meyer-Goßner 31; zur früheren Handhabung bei der seit BGHSt 40 138 faktisch aufgegebenen Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung s. LR/Gollwitzer 25. KK/Schoreit 61; vgl. Montenbruck In dubio 108 ff. BGH NStZ 1983 365; BGH bei Dallinger MDR 1972 925; bei Holtz MDR 1987 978; 1995 443; BGH StV 1984 242; 1988 202;
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1992 54; KK/Schoreit 61; SK/Schlüchter 78; Montenbruck In dubio 110 ff. wirft die Frage auf, ob die Annahme von Tateinheit für den Angeklagten immer günstiger ist. BGH Beschl. v. 23.1.2008 – 2 StR 575/07. Ausdrücklich hierzu BGH NStZ 2000 498, 499. BGH NJW 1984 1693; das Gericht muss dann unter Umständen prüfen, welche Annahme für den Angeklagten günstiger ist. Vgl. ferner BGH bei Holtz MDR 1984 542. BGH Urt. v. 1.8.2012 – 5 StR 176/12. Vgl. etwa BGH JZ 1983 115 m. Anm. Baumann = NStZ 1983 165 m. Anm. Dingeldey; eine Wahlfeststellung scheidet insoweit aus, vgl. Rn. 135. RGSt 64 26.
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irrtums922 oder die Voraussetzungen der Notwehr 923 oder des Notstands nicht sicher feststellbar sind 924 oder wenn Zweifel hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht behoben werden können.925 Der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt auch, wenn zweifelhaft bleibt, ob sonstige zugunsten des Angeklagten sprechende Umstände vorliegen, so bei Zweifeln hinsichtlich der Tatzeit,926 des freiwilligen Rücktritts vom Versuch,927 der besonderen Umstände i. S. des § 56 Abs. 2 StGB,928 ferner bezüglich der tatsächlichen Voraussetzungen des § 157 StGB,929 des § 199 StGB,930 des § 213 StGB931 und wenn zweifelhaft bleibt, ob Jugendstrafrecht anzuwenden ist932 oder ein für die Strafzumessung wesentlicher Umstand besteht.933 Zweifel, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Maßregel der Besserung und 119 Sicherung934 vorliegen, sind, soweit es im Rahmen der Gesamtwürdigung auf die zweifelhafte Tatsache überhaupt ankommt,935 zugunsten des Angeklagten zu entscheiden. Soweit es um Tatsachen geht, die für eine vom Gesetz vorgesehene Prognose bedeutsam sind, gilt dies allerdings nur in dem bereits dargestellten Rahmen (vgl. Rn. 106). Letztlich richtet es sich nach der jeweiligen Vorschrift, welche Folge es hat, wenn das Gericht nach Ausschöpfen aller Beweismittel die dort vorausgesetzte Erwartung nicht sicher beurteilen kann.936 Eine Beweislast trifft den Angeklagten aber auch insoweit nicht.
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f) Die Unterstellung der günstigeren Möglichkeit ist dafür maßgebend, ob und gegebenenfalls welche Rechtsfolge bei einem offenen Sachverhalt gegen den Angeklagten festgesetzt werden darf.937 Was im Einzelfall für den Angeklagten günstiger ist, kann letzt-
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BGH NStZ-RR 2008 12; BayObLG NJW 1954 811. BGH NStZ 2005 85. BGH NStZ 1983 453; StV 1986 6 (Putativnotwehr); 1991 511; 1995 463; KK/Schoreit 58; Meyer-Goßner 30; ferner zum rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB Montenbruck In dubio 126 ff. (mit Hinweis, dass Anwendung des Zweifelssatzes oft Wertung verdeckt). RGSt 70 127; 73 44; BGHSt 8 113; 14 70; 18 167; 33 308; BGH NJW 1967 297; 1990 778; NStZ 1987 70; GA 1965 250; bei Holtz MDR 1983 619 (Zweifel an Stärke des Affekts); Montenbruck In dubio 132; zur strittigen Frage der Zweifel an der Schuldunfähigkeit bei Rauschtaten im Sinne von § 323a StGB vgl. Rn. 132. BGHSt 18 274; OLG Oldenburg GA 1960 28. BGH NStZ 2008 508, 509; StV 1995 509; bei Dallinger MDR 1966 892; 1969 532; s. auch Urt. v. 8.12.2010 – 2 StR 536/10. BGH bei Dallinger MDR 1973 900. BGH GA 1968 304; BGH bei Dallinger MDR 1952 407. BGHSt 10 373 = JZ 1958 373 m. Anm. Kern; dazu Küper JZ 1968 656; BayObLGSt 1958 244; Roxin/Schünemann § 45, 59;
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a.A. Reiff NJW 1958 982; Schwarz NJW 1958 10. KK/Schoreit 58. BGHSt 5 366; 12 116; 12 129, 134; BGH bei Holtz MDR 1982 104; BGH Urt. v. 3.2.2005 – 4 StR 492/04; OLG Schleswig SchlHA 1978 193; LG Münster NJW 1979 938. BGH bei Holtz MDR 1986 622; Beschl. v. 13.4.2011 – 2 StR 664/10 (Taten vor oder nach Zäsur bildendem Urteil begangen). So setzt etwa die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus voraus, dass zweifelsfrei feststeht, dass der Angeklagte zumindest vermindert schuldfähig ist; vgl. BGHSt 18 167 m. Anm. Foth JZ 1963 404; BGH NJW 1967 297; GA 1965 250; bei Holtz MDR 1981 98; 1981 265; StV 1986 16; 1999 489; ferner auch BVerfGE 70 313; Bruns JZ 1958 647; Mösl NStZ 1982 456. Vgl. Rn. 106; ferner Montenbruck 101 ff., wonach bei Prognosen die sog. Basistatsachen in der Regel in der Gesamtbetrachtung aufgehen. Vgl. etwa BGH NJW 1978 768 zu § 60 StGB. Insoweit liegt der Entscheidung eine ungeklärte Tatsachenalternative zugrunde, also ebenso wie bei der sog. Wahlfeststellung
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lich nur nach den Rechtsfolgen beurteilt werden, die jede der betreffenden Tatsachen, sofern sie zur Gewissheit des Gerichts feststünde, auslösen würde.938 Da ein zweifelhafter Sachverhalt oft für verschiedene Rechtsfolgen von Bedeutung sein kann, muss für jede dieser Rechtsfolgen gesondert geprüft werden, welche Annahme die für den Angeklagten günstigste ist. Dies kann zu entgegengesetzten Unterstellungen bei einem und demselben Angeklagten führen.939 So kann bei der Feststellung des Blutalkoholgehalts für die Beurteilung der Schuldfähigkeit von einem hohen und für die Bewertung der Fahrtüchtigkeit von einem niedrigeren Wert auszugehen sein.940 Bei einem zweiaktigen Tatgeschehen kann dies bedeuten, dass ein Erfolg keinem der beiden Akte zugerechnet werden kann.941 Wendet das Gericht den für den Angeklagten günstigsten Tatbestand an, darf es die darin vorgesehenen schuld- oder straferhöhenden Umstände nur dann zu Lasten des Angeklagten annehmen, wenn diese zu seiner Überzeugung feststehen.942 Bei mehreren Angeklagten muss für jeden von den für ihn günstigsten Möglichkeiten ausgegangen werden.943 Dies kann die Annahme mehrerer, einander ausschließender Fallgestaltungen zur Folge haben. Wenn die Tatbeteiligung des einen Angeklagten beispielsweise nicht zweifelsfrei feststellbar ist und dieser deshalb freigesprochen wird, muss bei dem wegen der Tat allein verurteilten anderen Angeklagten trotzdem davon ausgegangen werden, dass der Freigesprochene daran teilgenommen hat,944 sofern dies den Schuldgehalt der verurteilten Tat mindert. Ebenso verhält es sich, wenn nicht aufklärbar ist, welcher von mehreren Mitangeklagten der Täter und welcher der Gehilfe war, weil dann bei jedem unterstellt werden muss, er sei nur Gehilfe gewesen.945 Lässt sich nicht klären, durch wie viele Handlungen ein Angeklagter als Mittäter oder Gehilfe eine Tat gefördert hat, ist zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass er nur einmal gehandelt hat.946 Haben mehrere unabhängig voneinander einen Dritten vergiftet, steht aber nicht fest, wessen Gift den Tod herbeigeführt hat, dann können alle nur wegen Versuchs bestraft werden.947 Eine lediglich unwiderlegte Einlassung eines Angeklagten darf nicht zu Lasten eines Mitangeklagten verwendet werden.948
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eine mehrdeutige Tatsachengrundlage; mitunter stehen die Alternativen auch in einem Stufenverhältnis, das den Rückgriff auf einen mit Sicherheit erfüllten Tatbestand erlaubt, so wie etwa bei Vollendung und Versuch; vgl. Rn. 135; ferner BGH JZ 1984 852 m. Anm. Ulsenheimer. BGH NStZ-RR 1997 268; BGH bei Holtz MDR 1981 455; bei Spiegel DAR 1982 206; KK/Schoreit 57. Vgl. etwa BGHSt 25 250; BGH NJW 1957 1643; dazu abl. Peters GA 1958 97; BGH StV 1992 7 (L); VRS 12 (1957) 211; 21 (1961) 54; KMR/Paulus § 244, 312 ff. m.w.Bsp. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986 114; StV 1993 519; VRS 21 (1961) 54; 23 (1962) 209; OLG Hamm NJW 1977 344; Martin DAR 1962 70; Salger DRiZ 1989 174; KK/Schoreit 57; KMR/Stuckenberg 78; Meyer-Goßner 32; SK/Schlüchter 70; zur
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Berechnung der Blutalkoholkonzentration im Zusammenhang mit der möglichen Widerstandsunfähigkeit des Opfers BGH NStZ 2010 212. BGH StV 1996 131; NStZ 1988 565 (Körperverletzung mit Todesfolge und versuchter Mord); ähnlich BGH bei Holtz MDR 1979 279 (versuchter Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge); dazu kritisch Wolter MDR 1981 441; KK/Schoreit 57. BGH StV 1988 328; BayObLGSt 1998 97; KMR/Stuckenberg 78. BayObLGSt 1952 45. BGH StV 1992 260; 1996 131; OLG Köln NJW 1953 157. RGSt 71 365; BGHSt 4 216; 10 373. BGH NStZ 1997 121. BGH GA 1992 470; KK/Schoreit 57; MeyerGoßner 32; SK/Schlüchter 71. OLG Köln VRS 14 (1958) 368.
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Soweit jedoch eine Rechtsfolge bei einem Angeklagten zu beurteilen ist, kann der Grundsatz „in dubio pro reo“ innerhalb eines Geschehnisses auf die Beweislage nur einmal angewendet werden. Die Unterstellung des für den Angeklagten günstigsten Sachverhalts bei Beurteilung der Schuldfrage kann beispielsweise nicht etwa deshalb ihrerseits wieder in Frage gestellt werden, weil die Möglichkeit eines eine schwerere Schuld begründenden Tathergangs nicht ausgeschlossen ist.949 Führt der Zweifelssatz beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte den Entschluss zur Zueignung der Beute erst nach der Tötung des Opfers gefasst hat und er daher nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags und Unterschlagung zu verurteilen ist, so vermag die Annahme, auf der Konkurrenzebene sei der Grundsatz „in dubio pro reo“ nochmals anzuwenden und daher wegen Totschlags in Tateinheit mit Unterschlagung (bzw. nach Einführung der Subsidiaritätsklausel in § 246 StGB allein wegen Totschlags950) zu verurteilen,951 nicht zu überzeugen. Die Verpflichtung, im Zweifelsfall den für den Angeklagten günstigsten Tatsachenver122 lauf zu unterstellen, gilt grundsätzlich auch, wenn diese Unterstellung nicht zum Freispruch, sondern nur zu einer milderen rechtlichen Beurteilung führt. Die zahlreichen Fragen, die sich hier stellen, insbesondere, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche (ggf. wahldeutige) Tatsachenfeststellung überhaupt noch eine Verurteilung zu tragen vermag, und vor allem die Anforderungen an die Einordnung der Tatbestände in ein diese Bewertung ermöglichendes Stufenverhältnis sind an anderer Stelle (Rn. 127 ff.) erörtert.
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4. Bei den Verfahrensvoraussetzungen ist im Einzelnen strittig, ob und wieweit der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt. Der BGH geht davon aus, dass eine einheitliche Lösung für alle Prozessvoraussetzungen und Verfahrenshindernisse nicht möglich ist, so dass diese Frage jeweils gesondert geprüft werden müsse.952 Der derzeitige Sach- und Streitstand und die Einzelheiten sind bei den jeweiligen Prozessvoraussetzungen erörtert.953 Überwiegend wird jedoch angenommen, dass der Zweifelssatz z.B. für die Frage der Verjährung954 und des Strafklageverbrauchs955 sowie für das Vorliegen eines formund fristgerechten Strafantrages gilt. Auch das Revisionsgericht hat ihn ggf. anzuwenden. Es ist jedoch ebenso wie das Tatgericht zu weiterer Prüfung im Freibeweisverfahren nur bei vorhandenen realen Anknüpfungstatsachen gedrängt.956
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5. Beim Nachweis der sonstigen verfahrensrechtlich erheblichen Tatsachen wendet die Rechtsprechung den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ nicht an.957 Wel-
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Peters GA 1958 97 abl. zu BGH GA 1958 109 = NJW 1957 1643. Vgl. BGH NStZ 1999 205; Foth NStZ 1996 423; ferner zu entgegengesetzten Unterstellungen bei den einzelnen Rechtsfolgen Rn. 120. BGHSt 47 243. BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 4. BGHSt 18 274; BayObLGSt 1968 75; NJW 1968 2118. Vgl. LR/Kühne Einl. I 48; K 44; LR/Stuckenberg § 206a, 37 ff.; LR/Hanack 25 § 337, 34; ferner etwa KK/Schoreit 62; KMR/Stuckenberg 142; Meyer-Goßner 34; SK/Schlüchter 83 ff.; Zopfs 345 ff., 381 ff.; aber auch
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HK/Julius § 206a, 5 (Einstellung, da Staat zum Nachweis der Prozessvoraussetzungen verpflichtet ist). BGHSt 18 274; BGH NStZ 1995 406, 407; NStZ-RR 2009 270; Urt. v. 24.1.2006 – 1 StR 362/05; Beschl. v. 16.6.2005 – 4 StR 124/05; Beschl. v. 1.12.2010 – 2 StR 469/10; Beschl. v. 19.1.2011 – 2 StR 556/10. BGH Beschl. v. 20.3.2002 – 5 StR 574/01. BGH Beschl. v. 23.10.2008 – 1 StR 526/08. BGHSt 16 164; 17 353; 21 10; BGH NStZ 2008 620, 621; Beschl. v. 3.5.2011 – 3 StR 277/10; w.N. Lehmann 52 ff.; ferner etwa Alsberg/Nüse/Meyer 894; Foth JR 1976
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che Bedeutung es hat, wenn eine für die Verfahrensgestaltung erhebliche Tatsache nicht sicher festgestellt werden kann, muss grundsätzlich nach Sinn und Zweck der jeweils in Betracht kommenden verfahrensrechtlichen Norm und unter Berücksichtigung der jeweiligen Verfahrensbelange und Verantwortungsbereiche entschieden werden. Eine undifferenzierte, formelhafte Heranziehung des nur zugunsten des Angeklagten wirkenden Zweifelssatzes würde dem nicht gerecht. So geht es etwa zu Lasten der Behörde, wenn interne Verfahrensabläufe ungeklärt bleiben.958 Ausnahmeregelungen sind nur anwendbar, wenn ihre Voraussetzungen sicher vorliegen. Desgleichen greift eine Verfahrensrüge nur durch, wenn der behauptete Verfahrensverstoß nachgewiesen ist.959 Insoweit kann der staatsanwaltschaftlichen Gegenerklärung (§ 347) in der Praxis große Bedeutung zukommen.960
VII. Verurteilung auf Grund mehrdeutiger Tatsachenfeststellungen (Wahlfeststellung)961 1. Mehrere Möglichkeiten des Tatsachenverlaufs. Kann das Gericht nach dem Aus- 125 schöpfen aller zur Sachaufklärung dienlichen Mittel nicht zu einer Überzeugung von einem bestimmten Sachhergang gelangen, sondern ist es lediglich davon überzeugt, dass für den Geschehensablauf mehrere Möglichkeiten in Betracht kommen, dann stellt sich die Frage, ob es den Angeklagten auf Grund dieser Alternativfeststellung verurteilen darf oder nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freisprechen muss, weil keine der ausschließlich in Betracht kommenden Varianten des Tatgeschehens zu seiner Überzeugung erwiesen ist.962 Es sind insofern verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden, die auch kombiniert963 auftreten können. Nachfolgend werden die wichtigsten erörtert, wobei jedoch immer vorausgesetzt wird, dass sich die Möglichkeiten des Tathergangs im Rahmen der angeklagten Tat (oder der angeklagten Taten) i.S. des § 264 halten, die Aburteilungsbefugnis des Gerichts also nicht überschritten wird.964 Unter dieser Voraussetzung ist
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255; Sax FS Stock 165; Stree 78; SK/ Schlüchter 692; KK/Schoreit 63. Im Schrifttum ist die Frage strittig. So neigen etwa Meyer-Goßner 33 (nur zum Teil); KMR/Paulus § 244, 345 ff.; Roxin/Schünemann § 45, 63; Eb. Schmidt JR 1962 109; Wasserburg ZStW 94 (1982) 514 zu einer differenzierenden Betrachtung; vgl. auch LR/Hanack 25 § 337, 76. Zu den einzelnen Lösungsansätzen Lehmann 36 ff.; dieser lehnt zwar die Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ ab, kommt aber unter Berufung auf das Rechtsstaatsprinzip und die Justizförmigkeit des Verfahrens zur Beachtlichkeit zweifelhafter Verfahrensverstöße; ähnlich Hauf MDR 1993 195. Vgl. etwa OLG Hamm NStZ 1997 97; KMR/Stuckenberg 145. Dies gilt nach BGHSt 16 164 selbst für die Behauptung eines Verstoßes gegen § 136a; ausführlich und m.w.N. BGH NStZ 2008 353. Wegen der strittigen Einzelheiten vgl.
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die Erläuterungen zu den einzelnen Verfahrensvorschriften, insbesondere LR/Gleß § 136a, 77 f. m.w.N.; ferner Montenbruck In dubio 163 ff.; KK/Schoreit 63; KMR/ Stuckenberg 143 ff.; Meyer-Goßner 35; SK/Schlüchter 80; je m.w.N. zum Streitstand. Vgl. Drescher NStZ 2003 296; Kalf NStZ 2005 190. Der übliche Begriff „Wahlfeststellung“ ist irreführend; vgl. Willms JZ 1962 628; LK/Tröndle 10 § 1, 64; LK/Dannecker Anh § 1, 2 und 20 (ungenau). Vgl. Rn. 118. Vgl. Hruschka NJW 1971 1392; 1973 1804; Jakobs GA 1971 258; Küper FS Lange 65; Wolter JuS 1983 363; 1983 602; 1983 769; 1984 37; 1984 530; 1984 606. BGHSt 10 137; 32 146; dazu Schröder NJW 1985 780; BGHSt 35 86; 38 172; BGH NJW 1955 1240; 1957 1886; GA 1967 184; JZ 1970 327; OLG Celle NdsRpfl. 1986
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eine Wahlfeststellung bei einer echten Alternative des historischen Geschehens auch zwischen Vorgängen möglich, die verschiedene prozessuale Taten sind.965 Bei mehreren Tatbeteiligten eines nur alternativ feststellbaren Sachhergangs muss für 126 jeden einzelnen gesondert geprüft werden, welche Geschehensvarianten bei ihm in Frage kommen und welche für ihn die günstigste Beurteilung ermöglicht. 2. Anwendung des Grundsatzes „im Zweifel für den Angeklagten“
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a) Der Grundsatz, dass im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden ist, führt zum Freispruch, wenn von den in Frage kommenden Möglichkeiten des Sachhergangs eine Alternative nicht sicher auszuschließen ist, bei der jede Strafbarkeit entfällt (exklusive Alternativität). Denn jede Verurteilung setzt voraus, dass zur sicheren Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Angeklagte sich nach jedem in Betracht kommenden Tatsachenverlauf strafbar gemacht hat.966 Dies erfordert häufig eine eingehende Begründung.967
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b) Rückgriff auf den mit Sicherheit gegebenen Tatbestand. Dieser Rückgriff bildet das alleinige Lösungsprinzip in all den Fällen, in denen ein Straftatbestand mit Sicherheit gegeben ist und die Tatsachenalternativität sich nur darauf beschränkt, dass daneben oder aber statt dessen auch ein anderer Straftatbestand zutreffen kann. Hier ist stets die dem Angeklagten günstigste Möglichkeit zu unterstellen. Wenn es die Anwendung des Zweifelssatzes ermöglicht, von einem eindeutig gegebenen Tatbestand auszugehen, hat dieser Weg den Vorrang vor einer wahldeutigen Verurteilung.968 Ist der sicher festgestellte Tatbestand der mildere, ist der Angeklagte nur wegen dieses Tatbestands zu verurteilen; würde dagegen die offengebliebene Alternative zu einer milderen Beurteilung der Tat führen, so ist zugunsten des Angeklagten von ihr auszugehen.969 Die Probleme der echten Gesetzesalternativität stellen sich bei dieser Fallgruppe nicht, denn der Rückgriff auf einen mit Sicherheit erfüllten minderschweren Tatbestand oder die Unterstellung eines nicht mit Sicherheit ausschließbaren Tathergangs zugunsten des Angeklagten ist immer zulässig. Hierher rechnen vor allem die Fälle, in denen die alternativ in Frage kommenden Straftatbestände in einem gesetzeslogischen oder wertmäßigen Stufenverhältnis stehen, und die sog. Auffangtatbestände.
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259 (unter Aufgabe von NJW 1968 2390); OLG Hamm GA 1974 84; a.A. BayObLGSt 1965 52 = JR 1965 430 m. abl. Anm. Koffka; vgl. ferner BayObLG NJW 1989 2828; NStZ 1991 405 (Erwähnung der Sachverhaltsalternative in der Anklage genügt); OLG Düsseldorf JR 1980 470. Die Fragen sind strittig, vgl. HK/Julius 19; KK/Schoreit 67; KMR/Stuckenberg 139; SK/Schlüchter 87; Rn. 163 und die Erläuterungen bei § 264 m.w.N. Wenn z.B. nicht feststeht, welche von zwei verschiedenen Aussagen falsch ist; s. RGSt 72 342; BGHSt 2 351; BGH NJW 1957 1887; OLG Braunschweig JZ 1951 235; NJW 1952 38. Auch bei BGHSt 13 70 lagen zwei alternierende Sachverhalte vor. Vgl. auch die Erläuterungen bei § 264.
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BGHSt 12 386; 16 184; 38 85; BGH NStZ 1987 474; StV 1987 378; OLG Celle NJW 1988 1225; OLG Hamm NJW 1972 836; Hruschka JW 1971 1392. Etwa BGH NJW 1983 405; NStZ 1981 333; 1986 373; KMR/Struckenberg 93; SK/Schlüchter 86; vgl. auch OLG Stuttgart NJW 1996 2879 (kein Ausschluss weiterer Varianten). BGH NJW 1983 405; GA 1984 373; OLG Hamm NJW 1981 2269; VRS 77 (1989) 136. BGHSt 11 100; 22 156; BayObLGSt 1975 98 = NJW 1976 860 m. Anm. Küper; vgl. ferner Rn. 130.
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c) Ein (sachlogisches) Stufenverhältnis liegt vor, wenn die zur Überzeugung des Ge- 129 richts festgestellten Tatsachen einen Straftatbestand erfüllen und der nicht eindeutig feststellbare Teil des Tathergangs sich nur auf Tatbestandsmerkmale bezieht, die denselben Grundtatbestand straferschwerend oder strafmildernd abwandeln, so dass ihr Vorwurf ein „Mehr“ oder „Weniger“ bedeutet. Hier greift der Grundsatz „in dubio pro reo“ ein. Ist das strafrechtlich relevante Mehr nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, darf selbstverständlich nur wegen des mit Sicherheit erfüllten weniger schweren Tatbestands verurteilt werden. Es stehen sich auf der normativen Ebene in Wahrheit nicht zwei einander ausschließende Alternativen gegenüber, das Lösungsprinzip ist hier die durch den Grundsatz „in dubio pro reo“ gebotene Reduktion des strafbaren Verhaltens auf einen sicher verwirklichten Grundtatbestand.970 Im Ergebnis verhält es sich ebenso, wenn beispielsweise unsicher bleibt, ob der Angeklagte den von ihm Verletzten töten wollte, so dass lediglich wegen des erfüllten Körperverletzungsdelikts verurteilt werden kann.971 Ein solches sachlogisches Stufenverhältnis besteht zwischen allen Grundtatbeständen 130 und den darauf aufbauenden Qualifizierungen972 und Privilegierungen, etwa zwischen § 153 und § 154 StGB973 sowie zwischen § 242 und §§ 244, 244a StGB einerseits und § 248b StGB andererseits,974 aber auch zwischen Mord und Totschlag.975 Die Rechtsprechung hat dies beispielsweise zudem angenommen zwischen versuchter Gewaltunzucht und versuchter Notzucht,976 Verführung und Notzucht,977 Beihilfe zum Diebstahl und Hehlerei und der Hehlerei allein,978 ferner zwischen Versuch und Vollendung.979 Bleibt zweifelhaft, ob der Angeklagte auch an der Ausführung eines verabredeten Verbrechens beteiligt war, ist er nur wegen der Verbrechensverabredung zu verurteilen.980 Präpendenz, Postpendenz. Eine ebenfalls nach dem Zweifelssatz zu behandelnde ein- 131 seitige Sachverhaltsungewissheit besteht dann, wenn von zwei sachlich aneinander anknüpfenden Taten die eine erwiesen ist, während die Beteiligung an der anderen möglich ist, aber nicht sicher festgestellt werden kann. Handelt es sich bei der sicher festgestellten Tat um die erste Tat und ist der Tatbestand der anderen nur möglicherweise erfüllt, spricht man von Präpendenz, während der umgekehrte Fall als Postpendenz bezeichnet wird.981 Die korrespondierenden Sachverhalte können je nach der Fallgestaltung eine oder mehrere prozessuale Taten (§ 264) sein. Soweit die Anklageschrift beide
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Schulz JuS 1974 635; NJW 1983 268; Küper NJW 1976 1828; ferner KK/Schoreit 68; KMR/Paulus § 244, 312; Meyer-Goßner 36; auch die Kommentare zu § 1 StGB. BGH NJW 1991 990; vgl. auch BGH MDR 1993 671. BayObLGSt 1954 41 = NJW 1954 122. BGHSt 13 70; BGH NJW 1957 1886; bei Dallinger MDR 1957 396; SK/Schlüchter 101e (normatives Stufenverhältnis). Vgl. KK/Schoreit 68; SK/Schlüchter 101e. BGHSt 35 305; Hruschka MDR 1967 265; nach BGH GA 1967 182 scheidet ein Stufenverhältnis aus, wenn nicht feststellbar ist, ob die Tat Mord, Totschlag oder leichte Körperverletzung war und der Tatbeitrag der beiden beteiligten Personen nicht aufklärbar ist.
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BGHSt 11 100 (zu § 176 Abs. 1 Nr. 1/§ 177 Abs. 1 StGB a.F.). BGHSt 22 154 (zu § 177/182 StGB a.F.); a.A. Deubner NJW 1969 147; SK/Schlüchter 101e. BGHSt 15 66. RGSt 41 352; BGHSt 22 156. Vgl. BGHSt 38 83 = JR 1993 247 m. Anm. Schmoller; KMR/Stuckenberg 108. Hruschka JZ 1970 641; NJW 1971 1393; ferner etwa BGHSt 35 86; Beulke/Fahl Jura 1998 266; Joerden JZ 1988 852; Küper FS Lange 69; Wolter 39; ders. JuS 1983 602; KMR/Stuckenberg 113 ff.; SK/Schlüchter 101 ff.
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Sachverhalte mit umfasst, darf auf den mit Sicherheit erfüllten (milderen) Tatbestand auch dann zurückgegriffen werden, wenn diese Tat bei Erweislichkeit der vorangegangenen Tat nur eine straflose Nachtat wäre, denn deren Tatbestand liegt vor und ist strafbar, wenn die Haupttat als nicht erweislich nach dem Zweifelssatz außer Betracht bleibt.982 Ist dies der Fall, bleibt auch eine Verurteilung wegen Nichtanzeige dieser Haupttat (§ 138 StGB) grundsätzlich zulässig.983 Die Frage, ob diese Grundsätze auch gelten, wenn die spätere Tat beim Nachweis der vorangegangenen tatbestandslos würde, etwa, weil ein erforderliches Tatbestandsmerkmal, nämlich die für ihren Tatbestand relevante Vortat eines anderen (z.B. § 259 StGB), nicht sicher erweislich ist, ist strittig,984 aber zu bejahen. Ein Postpendenzverhältnis wurde in der Rechtsprechung etwa angenommen zwischen Hehlerei und zweifelhafter Mittäterschaft am vorangegangenen Betrug,985 Diebstahl,986 Diebstahl und Unterschlagung987 und an der vorherigen schweren räuberischen Erpressung 988 sowie zwischen Geldwäsche und erpresserischem Menschenraub.989
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d) Bei den Auffangtatbeständen, die nach dem Willen des Gesetzgebers eingreifen sollen, wenn die Verwirklichung eines anderen, meist schwereren Tatbestands nicht nachweisbar ist, bleibt kein Raum für eine Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage.990 Beispielsweise wird § 323a StGB als Auffangtatbestand bzw. unter Verzicht auf diesen Begriff als Beispiel für ein normatives Stufenverhältnis991 angesehen. Die Vorschrift ist anwendbar, wenn nicht feststellbar ist, ob der Täter bei einer im Rausch begangenen Tat schuldunfähig oder nur vermindert schuldfähig war; eine wahldeutige Verurteilung zwischen § 323a StGB und der im Zustand verminderter Schuldfähigkeit (im Rausch) be-
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BGH JZ 1968 710; bei Dallinger MDR 1955 269; OLG Hamm JMBlNW 1955 236; 1974 190; vgl. KMR/Stuckenberg 115 ff.; SK/Schlüchter 101; ferner BGH GA 1984 373 (keine wahldeutige Verurteilung wegen Beihilfe zum Diebstahl und anschließender Hehlerei). BGH NStZ 2010 449 m. Anm. O. Hohmann NStZ 2011 33. Hruschka JZ 1970 641; ders. NJW 1971 1392 nimmt dies an, ebenso etwa Joerden JZ 1988 852, während die Rechtsprechung zur wahldeutigen Verurteilung neigt, etwa BGHSt 23 360; 35 86 = NStZ 1988 555 m. Anm. Wolter; BGH NJW 1990 1867; NStZ 1974 804; bei Holtz MDR 1991 482; DRiZ 1972 30; OLG Hamm JMBlNW 1967 138; OLG Saarbrücken NJW 1976 65 (auf Erlangung von Eigenbesitz gerichteter Betrug und Hehlerei). Zu den strittigen Fragen ferner Günther JZ 1976 665; Küper FS Lange 65; Montenbruck Wahlfeststellung 182; Otto FS Peters 374; Richter Jura 1994 133; Röhmel JA 1975 378; Schröder JZ 1971 141; Wolter GA 1974 161; JuS 1983 603; KMR/Stuckenberg 116;
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SK/Schlüchter 101a ff.; ferner die Kommentare zum StGB. BGH NJW 1989 1867; vgl. OLG Hamburg MDR 1994 712. BGH NStZ 1989 574; Beschl. v. 24.2.2011 – 4 StR 651/10; anders aber BGH bei Holtz MDR 1991 482; SK/Schlüchter 101e; vgl. auch OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 304; OLG Hamburg MDR 1994 712. OLG Stuttgart MDR 1991 176; SK/Schlüchter 101c und e; offengelassen BGH NJW 1974 1957; a.A. BGHSt 25 182. BGH StV 1988 196. OLG Hamburg MDR 1994 712; wegen weiterer Einzelfälle und deren strittiger Beurteilung vgl. die Aufstellung bei SK/Schlüchter 101e. Ob und mit welcher Tragweite eine Strafnorm Auffangtatbestand ist, ist durch Auslegung des materiellen Strafrechts zu ermitteln; vgl. auch Rn. 135 f. BGHSt 32 48, 55; BGH StV 1997 18; KMR/Stuckenberg 110; für Verzicht auf die Rechtsfigur des Auffangtatbestandes auch SK/Schlüchter 100.
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gangenen Tat scheidet nach der gesetzlichen Regelung aus.992 Bei der Strafzumessung ist auch hinsichtlich der Rechtsfolgen dem Zweifelssatz Rechnung zu tragen.993 e) Anders als bei dem gesetzeslogischen Stufenverhältnis, das durch den Tatbestands- 133 aufbau vorgegeben ist und bei dem immer ein mit Sicherheit erfüllter, milderer Straftatbestand bleibt, besteht bei dem sog. wertlogischen, normativen Stufenverhältnis an sich eine echte Alternativität der Straftatbestände. Keine der in Betracht kommenden Straftaten kann mit Sicherheit festgestellt werden. Es liegt daher eine wahldeutige Verurteilung vor. Die Besonderheit besteht jedoch darin, dass keine in etwa gleichwertigen Tatbestände zur Wahl stehen, sondern ungleichwertige, die nach der Art der Rechtsgutverletzung und nach ihrer Einordnung in den mehrdeutigen Geschehensablauf so miteinander korrespondieren, dass bei einem Unrechtsvergleich eine wertende Abstufung sicher möglich ist. Ähnlich wie beim echten Stufenverhältnis hält es eine allerdings strittige Auffassung für zulässig, die Verurteilung in Anwendung des Zweifelssatzes auf die mildeste Form der in Betracht kommenden Rechtsgutverletzungen zu stützen.994 Die Hilfskonstruktion der Rechtsprechung vom Auffangtatbestand bezweckt im Grunde nichts anderes. Ein solches Stufenverhältnis besteht zwar nicht in logischer, aber in rechtlich werten- 134 der Betrachtung zwischen der vorsätzlichen und der fahrlässigen Begehung desselben Delikts. Zwar ist die vorsätzliche Begehung im begriffslogischen Sinn kein Mehr gegenüber der fahrlässigen Tatbestandsverwirklichung.995 Denn die Fahrlässigkeit erfordert eine andere innere Einstellung als der Vorsatz. Beide sind qualitativ verschieden996 und schließen einander aus. In der rechtlichen Bewertung wiegt jedoch die Fahrlässigkeit regelmäßig weniger schwer als die vorsätzliche Tat. Die Einschätzung, dass der Täter fahrlässig gehandelt hat, ist dem Gericht häufig auch möglich, wenn es nicht festzustellen vermag, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Es kann deshalb, wenn es die Überzeugung von einem vorsätzlichen Handeln des Angeklagten nicht erlangt hat, dieses nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ verneinen und wegen einer fahrlässigen Tatbegehung verurteilen, sofern feststeht, dass die Tat zumindest fahrlässig begangen wurde.997 Die Rechtspre-
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Vgl. (zum Teil zu früheren Fassungen) BGHSt 9 390; 16 187; 32 48; BGH GA 1968 371; VRS 50 (1976) 358; 56 (1979) 447; BayObLGSt 1977 178; 1978 161 = NJW 1978 957 m. Anm. Montenbruck; a.A. SK/Schlüchter 101e; vgl. zu den strittigen Einzelfragen OLG Hamm VRS 53 (1977) 24; OLG Karlsruhe MDR 1979 778; OLG Köln VRS 60 (1981) 41; 68 (1985) 38; OLG Schleswig MDR 1977 247; bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1980 173; Dencker NJW 1980 2162; JZ 1984 453; Heiß NStZ 1983 67; Horn JR 1982 6; Montenbruck GA 1978 265; Wahlfeststellung 376; Otto FS Peters 382; Ranft JA 1983 197; Schuppner/Sippel NStZ 1984 67; Wolter JuS 1983 775; KMR/Stuckenberg 110; sowie die Kommentare zu § 323a StGB m.w.N. BGH MDR 1992 504; StV 1986 5; 1988 328. Zur Problematik vgl. etwa Schröder JZ 1971
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141 zu BGHSt 23 260; ferner BGH bei Holtz MDR 1979 635; Hruschka JZ 1970 715; Löhr JuS 1976 715; außerdem KK/Schoreit 69; wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentare zum StGB. So aber etwa RGSt 7 185; 41 389; 59 83. Vgl. Fuchs GA 1964 65: „Vorsatz ist wertfrei, kognitiv-psychologische Tatsache auf der Seins-Ebene, Fahrlässigkeit normativer Begriff auf der Wertebene.“ Dagegen Otto FS Peters 378 (Vorsatz ist als „Mehr“ zu verstehen; unterschiedlicher Grad der Rechtsgutverletzung). Vgl. ferner Blei NJW 1954 500; Heinitz JR 1957 126; v. Hippel FS Oehler 43; Jakobs GA 1971 260; Peters GA 1958 104; Schneider DRiZ 1956 12; Schröder JZ 1970 423; Schulz NJW 1983 268; KK/Schoreit 69; Eb. Schmidt § 244, 11. BVerfG GA 1969 246; im Ergebnis auch KK/Schoreit 69; KMR/Paulus § 244, 319; KMR/Stuckenberg 101; Meyer-Goßner 36.
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chung des BGH, die zunächst eine Wahlfeststellung angenommen hatte, begründete dieses Ergebnis zuerst unter dem Blickwinkel des Auffangtatbestands998 und später mit dem normethischen Stufenverhältnis.999 Für eine wahlweise Verurteilung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tatbestandsverwirklichung ist dann kein Raum.1000 Etwas anderes gilt nur für den Ausnahmefall, dass zwei getrennte tatsächliche Vorgänge zur Wahl stehen, von denen einer vorsätzlich, der andere fahrlässig begangen worden ist.1001 Ist nicht aufklärbar, ob der Angeklagte als Täter oder als Gehilfe gehandelt hat, dann 135 ist er aus der gleichen Überlegung heraus, dass er für den geringeren Unwert einzustehen habe, unter Anwendung des Zweifelssatzes als Gehilfe zu verurteilen.1002 Entsprechendes gilt im Verhältnis zwischen Beihilfe und Anstiftung.1003 Bleibt dagegen offen, ob Täterschaft oder Anstiftung vorliegt, ist eine Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage möglich.1004 Ist nicht feststellbar, ob ein strafrechtlich relevanter Erfolg durch ein Tun oder ein 136 Unterlassen herbeigeführt worden ist, wird – obwohl auch hier kein logisches Stufenverhältnis vorliegt – wegen der Strafmilderungsmöglichkeit nach § 13 Abs. 2 StGB im Zweifel zugunsten des Angeklagten von einer Tatbegehung durch Unterlassen auszugehen sein.1005
998
BGHSt 17 210 in Anlehnung an BGHSt 9 390; dazu Dreher MDR 1970 370; v. Hippel NJW 1963 1533; Willms JZ 1962 628. 999 BGHSt 32 48, 56; 35 305; BGH Urt. v. 10.2.2011 – 4 StR 576/10; KMR/Stuckenberg 101. 1000 Vorherrschende Meinung; vgl. Nachw. in den vorst. Fn.; SK/Schlüchter 90. Anders BGHSt 4 340, wo die Wahlfeststellung zwischen Meineid und unbewusst fahrlässigem Falscheid für zulässig erklärt wird, obwohl, wie die Urteilsbegründung zeigt, die festgestellten Tatsachen die Bewertung der Tat als fahrlässigen Falscheid rechtfertigen, weil der Angeklagte die Unrichtigkeit seiner Aussage hätte erkennen können und nur der für den Vorsatz erforderliche zusätzliche Nachweis fehlte, dass er die Unrichtigkeit auch erkannt hat. 1001 Fuchs GA 1964 74; vgl. Montenbruck Wahlfeststellung 360. 1002 BGHSt 23 207; 31 136 (dazu nachf. Fn.); BGH Beschl. v. 10.8.2011 – 4 StR 369/11. Ähnlich wie hier RGSt 71 365 (leichtere Form) und Dreher MDR 1970 369; BGHSt 23 204 (dazu Fuchs NJW 1970 1953) kommt zu gleichem Ergebnis, die Entscheidung will aber den Grundsatz „in dubio pro reo“ nur analog anwenden; ein Stufen-
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verhältnis (in logischem Sinn) wird wegen der psychologischen Andersartigkeit der Tatbegehung verneint; zust. Schröder JZ 1970 422; a.A. BGH MDR 1953 21 (Wahlfeststellung); Löhr JuS 1976 715; BayObLGSt 1966 137 = NJW 1967 361 (Auffangtatbestand), dazu abl. Fuchs NJW 1967 739; Otto FS Peters 379 (psychologische Andersartigkeit begründet keinen Artunterschied innerhalb des Unrechts); ferner Jakobs GA 1971 272. Wie hier KK/Schoreit 69; KMR/Stuckenberg 103; SK/Schlüchter 90; vgl. ferner OLG Hamm NJW 1981 2269 (zu § 14 OWiG). BGHSt 31 136 (= JZ 1983 115 m. Anm. Baumann = NStZ 1983 166 m. Anm. Dingeldey = JR 1983 202 m. Anm. Hruschka JR 1983 177) behandelt die Beihilfe als wertungsmäßige Abstufung gegenüber der Anstiftung und wendet deshalb den Grundsatz „in dubio pro reo“ an. Wahlfeststellung nehmen an BGHSt 1 127; OLG Düsseldorf NJW 1976 579; s. aber auch BGH NStZ 2009 258; ferner KK/Schoreit 75. BGH NJW 1964 731 m. Anm. Schröder JR 1964 227; KMR/Paulus § 244, 314; KMR/ Stuckenberg 108; SK/Schlüchter 90; vgl. auch Montenbruck In dubio 124 ff.
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3. Alleinige Tatsachenalternativität a) Bei der alleinigen Tatsachenalternativität legt das Gericht seinem Urteil zwar auch 137 eine mehrdeutige Tatsachenfeststellung zugrunde, diese führt aber zu keiner alternativen Gesetzesanwendung. Das bedeutet, dass die Eindeutigkeit des Schuldspruchs1006 von ihr nicht berührt wird. Eine solche Tatsachenalternativität liegt zunächst vor, wenn die Ungewissheit über 138 den tatsächlichen Geschehensverlauf überhaupt kein Tatbestandsmerkmal, sondern sonst für die Rechtsanwendung – etwa nur für die Strafzumessung – bedeutsame Umstände betrifft. Die Tatsachenalternativität kann aber auch daraus herrühren, dass nicht aufklärbar ist, ob der Angeklagte dasselbe Tatbestandsmerkmal durch das eine oder andere Verhalten erfüllt hat. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ungewiss bleibt, zu welchem Zeitpunkt oder durch welche von mehreren Handlungen der Täter das Tatbestandsmerkmal verwirklicht hat, etwa, welcher von mehreren Schüssen tödlich war,1007 aus welchen von mehreren als niedrig zu bewertenden Motiven ein Mord1008 oder an welchem von zwei in Betracht kommenden Tagen die Tat begangen wurde.1009 Schwierigkeiten ergeben sich bei dieser Fallgruppe nur, wenn die alternativen Tatsachen, welche den Straftatbestand erfüllen, örtlich und zeitlich so weit auseinanderliegen, dass sie nicht mehr demselben Lebensvorgang, d.h. derselben Tat i.S. des § 264 angehören.1010 b) Gleichwertige Tatbestandsmerkmale. Eine alternative Tatsachenfeststellung, die den 139 tenorierten Schuldspruch nicht beeinflusst, obwohl sie – anders als die vorerwähnten Fälle – zu einer alternativen Gesetzesanwendung führt, liegt vor, wenn nicht aufklärbar ist, ob das Verhalten des Angeklagten das eine oder das andere gleichwertige Tatbestandsmerkmal desselben Straftatbestands erfüllt hat.1011 Eine solche Alternativverurteilung, die nur in den Urteilsgründen zum Ausdruck kommt, wird seit jeher für zulässig gehalten, insbesondere auch für die alternative Annahme von Mordmerkmalen.1012 Sie liegt beispielsweise vor, wenn nicht feststellbar ist, ob sich ein Unfall auf die eine 140 oder andere, vom Angeklagten aber in jedem Fall verschuldete Weise ereignet hat, sofern hier nicht ohnehin nur dasselbe Tatbestandsmerkmal erfüllt worden ist,1013 oder ob der Tod eines Menschen durch die eine oder andere fahrlässige Verhaltensweise herbeigeführt worden ist.1014 In diesen Fällen berührt die Alternativfeststellung den Schuldspruch 1006 1007
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Hruschka MDR 1967 579. BGHSt 22 12; BGH bei Holtz MDR 1981 267; vgl. etwa auch OLG Karlsruhe VRS 33 (1967) 127 (verschiedene Unfallursachen). BGH NJW 1957 1643; dazu abl. Peters GA 1958 97; NJW 1966 1823; StV 1987 378; NStZ-RR 1999 106; VRS 62 (1982) 274; vgl. KK/Schoreit 72; ferner Montenbruck Wahlfeststellung 45 ff. (Lösung durch höheren Abstraktionsgrad des normativen Begriffs). OLG Braunschweig JZ 1951 255. Vgl. Rn. 125 und die Erläuterungen bei § 264. Vgl. Heinitz JZ 1952 100. Etwa BGHSt 22 12; BGH Urt. v. 8.3.2012 – 4 StR 498/11: jeweils Mord aus niedrigen
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Beweggründen oder zur Verdeckung einer Straftat. KK/Schoreit 72; KMR/Stuckenberg § 260, 54; SK/Schlüchter 101e. Vgl. BGHSt 2 351; BGH NJW 1959 1139; VRS 12 (1957) 213; 15 (1958) 432; bei Dallinger MDR 1955 270; BayObLGSt 1952 45; OLG Braunschweig JZ 1951 235; NJW 1952 38; OLG Celle VRS 40 (1971) 16; OLG Hamm VRS 8 (1953) 155; 10 (1956) 364; 16 (1959) 353; KG VRS 35 (1968) 390; OLG Karlsruhe VRS 33 (1967) 127; OLG Köln JMBlNW 1959 208; OLG Neustadt VRS 23 (1962) 448; MDR 1956 312; GA 1957 256; vgl. Rn. 137. OLG Karlsruhe NJW 1980 1859 gegen OLG Koblenz NJW 1965 1926; OLG Schleswig SchlHA 1978 185.
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des Urteils nicht, das Gericht muss aber im Übrigen, etwa bei der Bemessung der Rechtsfolgen, zugunsten des Angeklagten stets von der Alternative ausgehen, die nach der konkreten Fallgestaltung für den Angeklagten am günstigsten ist.1015 4. Verurteilung bei alternativ verletzten Strafgesetzen
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a) Eine Verurteilung wegen zweier oder mehrerer alternativ verletzter Strafbestimmungen, also die eigentliche wahldeutige Verurteilung, greift Platz, wenn eine eindeutige Verurteilung durch Rückgriff auf einen mit Sicherheit „zumindest“ erfüllten Tatbestand nicht möglich ist.1016 Auf Grund der vom Gericht festgestellten Tatsachen müssen sich mehrere für die rechtliche Zuordnung der Tat relevante Möglichkeiten des Tathergangs derart gegenüberstehen, dass sie sich gegenseitig ausschließen, das Gericht aber keine Überzeugung von der Richtigkeit einer Variante erlangen kann. Darüber hinaus muss für das Gericht zweifelsfrei feststehen, dass der Angeklagte entweder der einen oder der anderen Straftat schuldig ist. Es muss m.a.W. die Möglichkeit eines Tathergangs, bei dem sich der Angeklagte überhaupt nicht strafbar gemacht hätte, mit Sicherheit ausschließen können.1017 Anderenfalls ist nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freizusprechen (vgl. Rn. 127).
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b) Besteht eine solche echte Alternativität der Straftatbestände, dann lässt die Rechtsprechung1018 eine wahldeutige Verurteilung zu, wenn die in Betracht kommenden Tatbestände rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind.1019 Sie müssen nach ihrem kriminellen Gehalt untereinander nahe verwandt sein, sich gegen dasselbe oder zumindest gegen ein ähnliches Rechtsgut richten; die Handlungsweise des Täters muss die gleiche sittliche Missbilligung verdienen und eine im Wesentlichen gleichartige innere Einstellung
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BGH NJW 1959 1139. Vgl. etwa BGHSt 22 154; BGH MDR 1980 948; zu deren Vorrang vgl. Rn. 128; zum Erfordernis einer erschöpfenden Sachaufklärung vgl. Rn. 159. BGHSt 12 386; 15 63; BGH NJW 1983 405; s. auch BGH Beschl. v. 12.5.2010 – 4 StR 92/10; vgl. Rn. 127. Das RG hatte die Verurteilung auf Grund doppeldeutiger Feststellungen zunächst nur zugelassen, wenn verschiedene Ausführungsarten desselben Delikts (wenn auch in verschiedenen Vorschriften geregelt) in Betracht kamen. Erst in RGSt 68 257 erklärten die Vereinigten Strafsenate die Wahlfeststellung zwischen Diebstahl und Hehlerei für zulässig, um „einem dringenden praktischen Bedürfnis“ zu genügen, wobei hervorgehoben wurde, dass „die Sicherheit der Urteilsfindung und die Gerechtigkeit der Urteilswirkung bei Zulassung dieser stofflich streng begrenzten Ausnahme keinen Schaden“ litten. Der kurz darauf im Jahre 1935 eingefügte § 2b StGB führte die wahldeutige Verurteilung allge-
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mein ein. Nach seiner Aufhebung durch das Kontrollratsgesetz Nr. 11 kehrte die Rechtsprechung zu den Grundsätzen RGSt 68 257 zurück und ließ die wahldeutige Verurteilung innerhalb der dort angezeigten Grenzen zu (OGHSt 2 89). Auch der BGH vertritt nunmehr (seit BGHSt 9 390) in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass aus rechtsstaatlichen Gründen eine wahldeutige Feststellung nur zugelassen werden kann, wenn die zur Wahl stehenden Straftaten ethisch und psychologisch gleichwertig sind. Dem hat sich nur ein Teil des Schrifttums angeschlossen; vgl. etwa Fuchs DRiZ 1967 16; Koeniger 551; KK/Schoreit 73; dazu KMR/Stuckenberg 122; abl. etwa Alwart GA 1992 562; ferner zum Streitstand Rn. 145 ff. Im Schrifttum wird die Abgrenzungsformel von der rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit als unzutreffend und unbrauchbare Leerformel bekämpft; vgl. Hruschka MDR 1967 265; Deubner JuS 1962 23; NJW 1969 147; Dreher MDR 1957 179; Tröndle GA 1966 4.
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des Täters für ihre Begehung erfordern.1020 Wie die angeführten Beispiele (Rn. 148 ff.) zeigen, sind die von der Rechtsprechung gezogenen Grenzen im Einzelnen fließend und umstritten. Eine möglicherweise zunächst bestehende Tendenz, die Formel von der Vergleichbarkeit aus Gerechtigkeitserwägungen auszuweiten,1021 ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr zu beobachten. Ob einzelne Tatbestände vergleichbar sind, ist immer anhand der im Einzelfall als 143 Alternative in Betracht kommenden konkreten Formen der Tatbestandsverwirklichung zu ermitteln und nicht allgemein durch einen abstrakten Normenvergleich der mitunter sehr weitgespannten Tatbestände. Es ist erforderlich und ausreichend, wenn die Tatbestände in ihren konkreten Begehungsformen den Anforderungen genügen.1022 Liegt die notwendige Vergleichbarkeit nur bei einem Teil der alternativ möglichen 144 Straftatbestände vor, so schließt das die wahldeutige Verurteilung nicht aus; es müssen jedoch diejenigen Tatbestände oder qualifizierenden Tatbestandsmerkmale außer Betracht bleiben, bei denen diese Vergleichbarkeit fehlt, z.B. weil sie nur bei einer Alternative mit einem der vergleichbaren Tatbestände rechtlich zusammentreffen oder weil sie einen vergleichbaren Grundtatbestand zu einer unvergleichbar schwereren Tat qualifizieren.1023 c) Die unterschiedlichen Auffassungen des Schrifttums reichen von der Ablehnung 145 der wahldeutigen Verurteilung aus rechtsstaatlichen Überlegungen1024 bis zur Bejahung ihrer Zulässigkeit über die Rechtsprechung hinaus aus dem Blickwinkel eines kriminalpolitischen Bedürfnisses.1025 An Stelle der ethischen und psychologischen Vergleichbarkeit sieht eine im Schrifttum 146 in verschiedenen Varianten vertretene Auffassung in der Verwandtschaft des verletzten Rechtsguts und im gleichen Unrechtskern der Delikte die Voraussetzungen für die wahlweise Feststellung zwischen den bestehenden Tatbestandsalternativen.1026 In verschiedenen Varianten wird dabei abgestellt auf die Vergleichbarkeit des vertypten Unrechtswertgehalts, die Ähnlichkeit der Rechtsgutverletzung und die Gleichwertigkeit des Unrechts-
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BGHSt 25 184; vgl. ferner BGHSt 5 280; 9 394; 11 28; 16 187; 20 101; 21 153; 22 156; 23 204; 23 306; 30 77; BGH NStZ 1985 123; BGH bei Holtz MDR 1985 89; BayObLG NJW 1958 560; JR 1974 208; OLG Hamm NJW 1974 1958; 1982 192; GA 1974 85; OLG Karlsruhe NJW 1976 902; OLG Koblenz NJW 1965 1928; OLG Saarbrücken NJW 1976 67. Vgl. etwa die Kritik von Hruschka NJW 1973 1804; Tröndle JR 1974 133. OLG Saarbrücken NJW 1976 65; auch BayObLGSt 1977 35 = JR 1978 25 m. Anm. Hruschka; OLG Karlsruhe NJW 1976 902; Schulz JuS 1974 637; Wolter 107 ff.; KMR/Stuckenberg 122; BGH StV 1985 92 lässt dies offen; a.A. wohl BGHSt 11 28; 20 101; Günther JZ 1976 665. BGHSt 25 182 für Unterschlagung und den im schweren Raub enthaltenen Diebstahl; dazu Hruschka NJW 1973 1466; Schulz JuS 1974 635; Tröndle JR 1974 133; BGH
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NStZ 2008 646 für Hehlerei und den im Wohnungseinbruchdiebstahl enthaltenen „einfachen“ Diebstahl. Z.B. Endruweit 189 ff.; ferner (nur beschränkt auf die Erscheinungsformen desselben Delikts) Heinitz JZ 1952 100; ders. JR 1957 126; Eb. Schmidt § 244, 17; Schorn DRiZ 1964 45; SK/Schlüchter 95; Art. 103 Abs. 2 GG wird aber durch die wahldeutige Verurteilung, die sich auf gesetzlich festgelegte Straftatbestände stützt, nicht verletzt; dazu KMR/Stuckenberg 131. v. Hippel NJW 1963 1533; Nüse GA 1953 33; Zeiler ZStW 64 (1952) 156; 72 (1960) 4; dazu KMR/Stuckenberg 129 ff. Deubner NJW 1967 738; 1969 147; JuS 1962 23; Fleck GA 1966 336; Hartwig FS Eb. Schmidt 484; Hruschka JR 1978 26; Jakobs GA 1971 270; Otto FS Peters 373; Tröndle JR 1974 133; vgl. dazu Montenbruck Wahlfeststellung 141 ff.
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gehalts der Handlungsabläufe,1027 auf die Zurückführbarkeit der graduellen Unwertverschiedenheit auf einen gemeinsamen Grundtatbestand 1028 oder auf einen im Wege der Abstraktion gewonnenen Werttypus.1029 Generell lässt sich feststellen, dass die bisherigen Ansätze im Vergleich zum Lösungsweg der Rechtsprechung keine präzisere Begrifflichkeit hervorgebracht haben. Soweit dabei die Anforderungen an die Kriterien der Gleichwertigkeit von Art und Unrechtsgehalt nicht gelockert werden, führen die im Schrifttum vertretenen Auffassungen im Übrigen weitgehend zu den selben Ergebnissen wie die Kriterien der Rechtsprechung,1030 weil bei deren konkreter Anwendung weitgehend gleichartige Bewertungsgesichtspunkte herangezogen werden. Teilweise wird die Lösung in einer (erweiterten) Anwendung des Grundsatzes „in 147 dubio pro reo“ gesucht, wonach bei Nichterweisbarkeit des schwereren Tatbestands der bei der Verneinung des schwereren sicher gegebene leichtere Tatbestand Anwendung finden soll.1031
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d) Beispiele aus der Rechtsprechung. Die nachfolgenden Beispiele aus der Rechtsprechung sind zum Teil zu Straftatbeständen des materiellen Rechts ergangen, die sich inzwischen – mitunter mehrfach – geändert haben. Sie können daher nicht ohne weiteres für das gegenwärtig geltende Strafrecht übernommen werden. Unter ausdrücklicher Bejahung der ethischen und psychologischen Vergleichbarkeit wurde die alternative Verurteilung zugelassen zwischen vollendeter Abtreibung entweder in Tateinheit mit vollendetem Totschlag oder in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag;1032 zwischen falscher Aussage und wissentlich falscher Verdächtigung;1033 zwischen Meineid und falscher Verdächtigung,1034 Meineid und falscher Versicherung an Eides Statt,1035 Meineid und fahrlässigem Falscheid 1036 (beide Taten müssen aber der Urteilsfindung unterstellt sein, vgl. Rn. 125, 163); zwischen Betrug und Untreue,1037 Betrug und Hehlerei,1038 Betrug und Unterschlagung,1039 Betrug und Diebstahl in besonderen Fällen (Trick-Diebstahl) 1040 sowie Betrug und Computerbetrug;1041 zwischen betrügerischem Bankrott und Gläubigerbegünstigung;1042
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Wolter 117; GA 1974 161; JuS 1984 609; SK/Schlüchter 95 (Gleichwertigkeit von Rechtsgutverletzung und Handlungsunwert). Vgl. etwa Günther 106, 123; JZ 1976 665; ferner OLG Saarbrücken NJW 1976 67; v. Hippel FS Oehler 43 (funktionsgleichwertige Tatbestandsbildungen). Montenbruck Wahlfeststellung 117 ff. KMR/Stuckenberg 124. Dreher MDR 1970 371; wegen weiterer Einzelheiten vgl. die Kommentare und Erläuterungsbücher zum StGB. BGHSt 10 294. BGHSt 32 146; OLG Braunschweig NJW 1959 1114; BayObLG JZ 1974 392.
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BayObLGSt 1977 35 = JR 1978 25 m. Anm. Hruschka. OLG Hamm GA 1974 84. BGHSt 4 340; BayObLG NJW 1962 2211. BGH GA 1970 24; OLG Hamburg JR 1956 28. BGH NJW 1974 804 (jedoch nicht abschließend entschieden). OLG Hamm MDR 1974 682; NJW 1974 804; OLG Saarbrücken NJW 1976 65; dazu Günther JZ 1976 66. OLG Karlsruhe NJW 1976 902; BGH bei Holtz MDR 1985 89 lässt dies offen (vgl. auch Rn. 157). BGH Urt. v. 18.6.2008 – 2 StR 115/08. BGH GA 1955 365 bei Herlan.
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zwischen Diebstahl und Hehlerei,1043 auch wenn als dritte Möglichkeit noch die Beihilfe in Tatmehrheit mit Hehlerei dazukommt,1044 zwischen Diebstahl und (sachlicher) Begünstigung,1045 Diebstahl und Unterschlagung,1046 Diebstahl als Grundtatbestand des Raubes und Unterschlagung,1047 Diebstahl und erschwerter Amtsunterschlagung 1048 sowie Diebstahl und Pfandkehr,1049 ferner zwischen Diebstahl, Unterschlagung und Hehlerei,1050 schwerem Diebstahl, Unterschlagung und Hehlerei,1051 schwerem Diebstahl und gewerbsmäßiger Hehlerei1052 sowie Mundraub und Hehlerei;1053 bei den Regelbeispielen (§ 243 Abs. 1 Satz 2 StGB) für besonders schwere Fälle scheidet eine wahldeutige Verurteilung aus, da die einzelnen Modalitäten der erschwerten Tatbegehung keine Tatbestandsqualität haben; eine wahlweise Feststellung zwischen verschiedenen Begehungsformen des § 243 StGB ist aber möglich; zwischen Fahren in angetrunkenem Zustand und der Duldung, dass ein anderer in einem solchen Zustand oder ohne Fahrerlaubnis fährt;1054 zwischen einem vom Halter selbst begangenen Parkverstoß und der Förderung des Parkverstoßes eines anderen;1055 zwischen Mitgliedschaft in einer inländischen oder einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung;1056 zwischen Raub und räuberischer Erpressung,1057 Verabredung eines Raubes und räuberischer Erpressung1058 sowie zwischen versuchtem schweren Raub und versuchtem räuberischen Diebstahl;1059 zwischen Geiselnahme und Verabredung eines Verbrechens der Geiselnahme1060 und zwischen Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei.1061 Abgelehnt wurde eine wahldeutige Verurteilung beispielsweise zwischen
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BGHSt 1 302; 12 386; BGH NJW 1952 114; 1988 115; OLG Celle GA 1955 29; NdsRpfl. 1986 258. BGHSt 15 63; vgl. auch OLG Hamm MDR 1950 57; BGH bei Dallinger MDR 1970 13 lässt offen, ob die Wahlfeststellung auch zwischen Diebstahl und gewohnheitsmäßiger Hehlerei möglich ist; die Frage stellt sich aber nur, wenn die Gewohnheitsmäßigkeit durch mehrere Hehlereihandlungen, die sicher – und nicht nur auf wahldeutiger Grundlage – festgestellt sind, nachgewiesen ist. Vgl. ferner BGH bei Dallinger MDR 1967 549; 1971 547. BGHSt 23 260 = JZ 1971 141 m. Anm. Schröder; dazu Hruschka NJW 1971 1392; Wolter GA 1974 167. OLG Köln GA 1974 121; a.A. Hruschka NJW 1973 1805. BGHSt 5 182; Hruschka NJW 1973 1864; Tröndle JR 1974 133 (dazu Rn. 133). BayObLGSt 1958 17 = NJW 1958 560. OLG Düsseldorf NJW 1989 115.
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BGH NJW 1961 1936. BGHSt 16 184. BGHSt 11 26; BGH NJW 1954 931; JR 1959 300. OLG Neustadt NJW 1953 1443. OLG Celle NJW 1965 1173; OLG Hamm NJW 1982 192; OLG Karlsruhe NJW 1980 1859; OLG Köln GA 1968 24; a.A. OLG Koblenz NJW 1965 1926. BayObLG bei Rüth DAR 1983 107; OLG Hamm VRS 61 (1981) 368; KG StV 1984 107. BGH Beschl. v. 13.9.2011 – 3 StR 231/11. BGHSt 5 280; vgl. auch v. Hippel FS Oehler 55. BayObLGSt 1954 41 = NJW 1954 1248. BGH NStZ 1984 506. BGHSt 38 83 = JR 1993 245 m. Anm. Schmoller. BGHSt 4 128; 8 37; BGH GA 1954 242; BayObLGSt 1951 592; 1953 177 = NJW 1954 122.
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Mord und schwerer Körperverletzung,1062 Totschlag und Bedrohung,1063 vorsätzlicher Tötung und Beihilfe zur Körperverletzung1064 sowie Beteiligung an einem Tötungsdelikt und Strafvereitelung zugunsten anderer Täter dieses Delikts;1065 der Nichtanzeige eines Verbrechens und der Beteiligung an der anzuzeigenden Straftat (vgl. aber Rn. 131);1066 Landesverrat und landesverräterischer Fälschung;1067 Diebstahl und Betrug,1068 Diebstahl und Beihilfe zum Versicherungsbetrug,1069 Diebstahl und Erpressung,1070 Diebstahl und Vortäuschen einer Straftat1071 sowie zwischen Diebstahl, Hehlerei und Unterschlagung;1072 schwerem Raub und Hehlerei1073 sowie Beihilfe zum Raub und Strafvereitelung;1074 Betrug und Bestechlichkeit,1075 Betrug und Urkundenfälschung,1076 Betrug und Steuerhinterziehung1077 sowie Abtreibung und versuchtem Betrug;1078 Strafvereitelung und einem Betäubungsmitteldelikt;1079 Hehlerei und Untreue;1080 Gefährdung des Straßenverkehrs und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte1081 sowie zwischen Vollrausch (§ 323a StGB) und der im Rausch begangenen Tat.1082 158 Soweit BGHSt 21 152 die wahldeutige Verurteilung zwischen schwerem Raub und Hehlerei abgelehnt hatte,1083 ist die Entscheidung zum Teil in BGHSt 25 182 aufgegeben worden (vgl. Rn. 153). Eine wahldeutige Verurteilung wegen Beihilfe zum Diebstahl und anschließender Hehlerei scheidet aus, weil die beiden Alternativen sich nicht gegenseitig ausschließen1084 (zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Postpendenzverhältnis anzunehmen ist, vgl. Rn. 131). 5. Verfahrensfragen
159
a) Bevor das Gericht sich zu einer Verurteilung auf einer mehrdeutigen Tatsachengrundlage entschließt, muss es kraft seiner Aufklärungspflicht alle Beweismöglichkeiten ausschöpfen, um zu versuchen, doch noch zu eindeutigen Feststellungen zu gelangen.1085
1062 1063 1064 1065 1066 1067 1068 1069 1070 1071 1072 1073 1074 1075 1076 1077
BGH NJW 1991 990. OLG Karlsruhe MDR 1981 430. BGH NJW 1991 990; GA 1967 182. BGH Urt. v. 12.5.2010 – 2 StR 46/10. BGHSt 36 167, 174; BGH StV 1988 202; BGH bei Holtz MDR 1979 635; 1986 791. BGHSt 20 100; krit. Fleck GA 1966 334. BGH StV 1985 92 (für Sachbetrug); OLG Karlsruhe Justiz 1973 57; vgl. Rn. 151. BGH NStZ 1985 123. BGH DRiZ 1972 30. OLG Köln NJW 1982 347. OLG Stuttgart NStZ 1991 285 m. Anm. Stree. BGHSt 21 152. BGH bei Holtz MDR 1989 111. BGHSt 15 99. OLG Düsseldorf NJW 1974 1833. BGH bei Holtz MDR 1984 89.
300
1078 1079 1080 1081 1082 1083
1084 1085
BGH bei Dallinger MDR 1958 739. BGHSt 30 77 = JR 1982 80 m. Anm. Günther. BGHSt 15 266. OLG Hamm VRS 20 (1961) 347. BGHSt 1 275; 9 390; 32 48; vgl. Rn. 132. Vgl. dazu Deubner NJW 1967 738; Oellers MDR 1967 506; Fuchs DRiZ 1968 16; ferner Deubner NJW 1962 95, wonach die Wahlfeststellung zwischen der Unterschlagung und den als ihre Vortaten in Betracht kommenden Aneignungsdelikten zulässig ist. BGH GA 1984 373. RGSt 71 343; RG JW 1939 221; 1939 365; BGHSt 11 100; 12 388; 21 152; 22 154; BGH LM Nr. 16; BGH NJW 1954 932; GA 1970 24; bei Holtz MDR 1985 285; BayObLG NJW 1967 361; OLG Hamburg
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
Erst wenn alle Beweismöglichkeiten erschöpft sind, darf das Gericht sich mit der Feststellung einer doppeldeutigen Tatsachengrundlage begnügen, sofern es dann alle anderen Handlungsverläufe ausschließen kann, die – eventuell unter Anwendung des Zweifelssatzes – zu einem Freispruch führen würden. An Stelle der im Regelfall notwendigen Überzeugung, dass der Angeklagte so und nicht anders gehandelt hat, tritt die Überzeugung, dass nur mehrere, im einzelnen genau umschriebene, sich gegenseitig ausschließende Möglichkeiten vorgelegen haben können und alle anderen Varianten auszuschließen sind. b) Für diese Überzeugungsbildung gelten im Übrigen die allgemeinen Regeln. Das 160 Gericht darf deshalb unglaubhafte oder nur nicht widerlegte Angaben des Angeklagten den Varianten, von denen es unter Ausschluss aller anderen Möglichkeiten bei der Urteilsfindung ausgehen möchte, grundsätzlich ebensowenig zugrunde legen wie bei eindeutigen Feststellungen.1086 Nur wenn neben der Möglichkeit oder den Möglichkeiten, die das Gericht aus anderen Gründen als gegeben ansieht, nach seiner Überzeugung die Darstellung des Angeklagten richtig sein muss, falls jene andere Möglichkeit nicht zutreffen sollte, darf es bei Verurteilung auf doppeldeutiger Grundlage auch von der nicht widerlegten, vielleicht sogar für nicht sehr glaubhaft gehaltenen Darstellung des Angeklagten als einer weiteren Möglichkeit ausgehen.1087 Vermag das Gericht mehrere Varianten des Handlungshergangs nicht auszuschließen, ist die dem Angeklagten günstigste zugrunde zu legen. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ wandelt sich im Falle der Verurteilung auf doppel- oder mehrdeutiger Grundlage zum Grundsatz „in dubio mitius“ ab.1088 Allen diesen Fällen der Verurteilung auf doppel- oder mehrdeutiger Tatsachengrund- 161 lage ist gemeinsam, dass der Urteilspruch zum Teil auf einer tatsächlichen Annahme beruht, von deren Richtigkeit das Gericht, anders als im Regelfall, nicht die volle Überzeugung erlangen kann, weil es auch mindestens einen weiteren tatsächlichen Geschehensverlauf für nicht ausgeschlossen hält. Es muss darüber hinaus aber der gesicherten Überzeugung sein, dass außer den in die wahldeutige Verurteilung einbezogenen Tatalternativen keine weitere Modalität des Sachhergangs in Betracht kommt (exklusive Alternativität).1089 Die für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die Merkmale der Straftat liegen, sind für alle – sich gegenseitig ausschließenden – Varianten in der von § 267 geforderten Weise im Urteil nach Ort, Zeit und Umständen festzustellen.1090 Sind die Voraussetzungen für eine wahldeutige Feststellung gegeben, darf das Gericht nicht von ihr absehen.1091 Eine wahldeutige Verurteilung entfällt nicht deshalb, weil eine der in Frage kommen- 162 den Strafvorschriften nach der einen Tatalternative mit einer weiteren Strafvorschrift rechtlich zusammentreffen würde. Der nur bei einer Alternative zusätzlich gegebene rechtliche Gesichtspunkt, der bei den anderen Varianten keine Entsprechung findet, darf jedoch der Verurteilung nicht mit zugrunde gelegt werden.1092
1086 1087 1088 1089
NJW 1955 920; JR 1962 229; a.A. OLG Zweibrücken NJW 1966 1828 (bei Bagatellfällen in der Revisionsinstanz). Vgl. LR/Becker § 244, 47. BGH NJW 1954 932; bei Spiegel DAR 1983 159; vgl. Meyer-Goßner/Appl Rn. 345. BGH LM Nr. 16. Vgl. Rn. 122. BGH JR 1981 305 m. Anm. Peters; NJW
1090
1091 1092
1983 405; NStZ 1986 373; KMR/Stuckenberg 119; Meyer-Goßner/Appl Rn. 340; SK/Schlüchter 98; vgl. Rn. 141. BGH GA 1967 182; 184; JR 1981 305 m. Anm. Peters; NJW 1954 932; NStZ 1986 373; vgl. die Erläuterungen bei § 267. BayObLGSt 1953 177 = NJW 1954 122. BGH NJW 1957 1643; 1961 790; GA 1970 24.
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
163
Eine wahldeutige Verurteilung ist dagegen unzulässig, wenn auch nur bei einer für die Alternativverurteilung in Betracht kommenden Tat ein Verfahrenshindernis entgegensteht.1093 Handelt es sich bei den alternativ in Betracht kommenden Sachverhalten um zwei verschiedene Taten i.S. des § 264, setzt die wahldeutige Verurteilung voraus, dass die Anklage alle in Betracht kommenden Taten umfasst.1094 Ist dies nicht der Fall, weil nur eines von zwei in Betracht kommenden historischen Geschehen angeklagt ist, muss das andere im Wege der Nachtragsanklage oder, falls dies beispielsweise wegen fehlender Zustimmung des Angeklagten nicht möglich ist, im Wege einer getrennten Anklage und nachträglichen Verfahrensverbindung zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sein. Andernfalls ist eine wahldeutige Verurteilung nicht möglich, der Zweifelssatz würde dann Freispruch hinsichtlich der allein angeklagten Tat erfordern.
164
c) Das Gericht muss den Angeklagten auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts nach § 265 Abs. 1 hinweisen, wenn es ihn statt der angeklagten Straftat wahlweise auch wegen einer anderen verurteilen will,1095 wenn diese in der zugelassenen Anklage noch nicht enthalten war. Dabei genügt der Hinweis, dass auch eine Verurteilung unter dem Gesichtswinkel der anderen Straftat in Betracht kommen kann; auf die Möglichkeit einer Wahlfeststellung als solcher braucht sich der Hinweis in der Regel nicht zu erstrecken.1096 In Einzelfällen kann dies wegen der Veränderung der Sachlage und der veränderten Verteidigungsmöglichkeiten aber trotzdem angebracht sein.1097
165
d) Die Strafe ist dem Gesetz zu entnehmen, das nach der Lage des Einzelfalls die mildeste Bestrafung zulässt.1098 Dabei sind auch die konkret relevanten Milderungsmöglichkeiten eines an sich strengeren Gesetzes mit in Betracht zu ziehen.1099 Der Angeklagte darf durch die wahldeutige Feststellung keinen Nachteil erleiden, insbesondere darf der Verdacht der schweren Verfehlung nicht zu seinen Ungunsten ins Gewicht fallen. Dies gilt auch bei den Nebenfolgen. Auf sie darf nur erkannt werden, wenn sie bei allen die Verurteilung tragenden Tatbeständen rechtlich zulässig und bei jedem der möglichen Geschehensabläufe sachlich gerechtfertigt sind.1100
166
e) Die Fassung des Urteilsspruchs ist bei alleiniger Tatsachenalternativität (gleichartige Wahlfeststellung) unproblematisch, da die in Betracht kommenden Tatabläufe denselben Straftatbestand erfüllen und schon deshalb im Urteilstenor nicht erscheinen.1101 Auch bei einer Postpendenzfeststellung wird – wie bei allen dem Zweifelssatz Rechnung tragenden eindeutigen Verurteilungen – nur das angewandte Strafgesetz in die Urteilsformel aufgenommen.1102 Wie der Schuldspruch bei der Verurteilung auf Grund alternativ angewandter Straf167 bestimmungen (Gesetzesalternativität) zu lauten hat, ist nirgends vorgeschrieben. Seine 1093 1094
1095 1096 1097 1098
OLG Braunschweig NJW 1951 38. Zur wahldeutigen Anklageerhebung vgl. BGH NJW 1957 1886; Beulke/Fahl Jura 1998 263. KMR/Stuckenberg 135; SK/Schlüchter 84; ferner Rn. 125 m.w.N. zu den teilweise strittigen Fragen. Vgl. die Erläuterungen bei § 265; ferner etwa KMR/Stuckenberg 135. BGH bei Dallinger MDR 1974 369. Vgl. die Erläuterungen bei § 265. RGSt 68 363; 69 373; 70 281; 71 73; BGHSt 25 186; BGH NJW 1952 114; 1954 931; 1959 119; BGH bei Dallinger MDR
302
1099 1100 1101 1102
1957 397; Nüse GA 1953 42; Otto FS Peters 391; KK/Schoreit 79; KMR/ Stuckenberg 138; sowie die Kommentare zum StGB. BGHSt 13 70 (zu § 158 StGB); KMR/ Stuckenberg 138; SK/Schlüchter 98. RGSt 68 263; KK/Schoreit 79. KK/Schoreit § 260, 35; Meyer-Goßner § 260, 27; SK/Schlüchter § 260, 27. BGHSt 35 86, 89; BGH NStZ 1989 266; 574; Meyer-Goßner § 260, 27; SK/Schlüchter § 260, 27.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
Fassung steht somit nach § 260 Abs. 4 Satz 5 im Ermessen des Gerichts.1103 Die Rechtsprechung hat sowohl zugelassen, dass nur das mildeste Gesetz in den Urteilsspruch aufgenommen wird,1104 als auch, dass die wahlweise Verurteilung und das angewandte Strafgesetz im Urteilstenor angeführt werden.1105 Im Schrifttum wird sowohl die Auffassung vertreten, dass die wahlweise angewandten Gesetze in der Urteilsformel erscheinen müssen,1106 als auch, dass nur das mildeste Gesetz angeführt werden darf, um eine Benachteiligung des Angeklagten zu vermeiden.1107 Verschiedentlich wird zudem gefordert, dass zum Schutze des Angeklagten kenntlich zu machen ist, dass die Verurteilung auf Grund einer Wahlfeststellung erfolgt, etwa durch den Zusatz „Wahlfeststellung“ oder „auf wahldeutiger Grundlage“.1108 Vertreten werden auch einige dazwischenliegende Varianten, etwa, dass nur gleich schwer wiegende Vorschriften nebeneinander angeführt werden müssen, während sonst nur das mildere Gesetz anzugeben ist.1109 Geht man davon aus, dass die Fassung im pflichtgemäßen, am Zweck der Formel aus- 168 zurichtenden Ermessen des Gerichts steht, dann erscheint es angezeigt, wenn diejenige Formel gewählt wird, welche sicherstellt, dass der Angeklagte durch den Urteilsspruch – der allein im Strafregister eingetragen wird – nicht über Gebühr belastet wird. Das wäre aber beispielsweise der Fall, wenn später eine nur möglicherweise gegebene Straftat als voll erwiesen behandelt werden könnte. Welcher Teil der Verurteilung insofern einmal – z.B. unter dem Gesichtspunkt des Strafklageverbrauchs – Bedeutung erlangen wird, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit vorhersehen.1110 Dies spricht dafür, die wahldeutige Verurteilung auf jeden Fall in der Urteilsformel kenntlich zu machen1111 und hier die alternativ verletzten Gesetze anzuführen oder zumindest auf die Wahldeutigkeit in der Urteilsformel hinzuweisen. Wenn der Verurteilung in Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ Tatbestände 169 zugrunde liegen, zwischen denen zumindest in der juristischen Wertung ein Stufenverhältnis besteht, ist hingegen allein das mildeste Gesetz in die Urteilsformel aufzunehmen.1112
1103
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1106
BGHSt 1 302; 4 130; OLG Zweibrücken NJW 1966 1828; früher schrieb § 267b Abs. 1 StPO vor, dass in die Formel nur das anzuwendende (mildere) Gesetz aufzunehmen sei; hierzu Meyer-Goßner/Appl Rn. 68. BGHSt 1 302; 4 340; BGH NJW 1959 1140; JZ 1952 116; dazu Heinitz JZ 1952 100; OLG Celle NdsRpfl. 1951 91; OLG Hamburg MDR 1950 57; OLG f. Hessen HESt 2 110; OLG Hamm HESt 3 54; OLG Neustadt NJW 1953 1443; OLG Zweibrücken NJW 1966 1828. RGSt 68 261; OGHSt 2 93; BGHSt 8 34; 15 66; 25 186; BGH NJW 1973 1466; 1952 114; OLG Celle HannRpfl. 1947 48; JZ 1951 465; OLG Hamm SJZ 1950 55; OLG Braunschweig NJW 1957 1933. Jakobs GA 1971 272; Schönke/Schröder/ Eser/Hecker § 1, 107; Fischer § 1, 31; Eb. Schmidt 13, 14; HK/Julius § 260, 14; KK/Schoreit § 260, 35; Meyer-Goßner § 260, 27.
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1111 1112
Deubner JuS 1962 23; NJW 1967 359; Heinitz JZ 1952 101; Henkel § 92 Fn. 4; Jescheck/Weigend AT § 16 III 2 d; KMR/Stuckenberg 136. KMR/Stuckenberg 136; vgl. auch SK/Schlüchter § 260, 27. Hruschka MDR 1967 269; NJW 1973 1805. Man denke z.B. an die vorzeitige Straftilgung im Rahmen eines auf bestimmte Deliktsgruppen beschränkten Straffreiheitsgesetzes. Nach BGH bei Dallinger MDR 1970 899 war der Angeklagte bei der durch § 17 StGB a.F. (entsprach dem aufgehobenen § 48 StGB) geschaffenen Rechtslage nicht beschwert, wenn er statt wahldeutig wegen Diebstahls und Hehlerei allein wegen Hehlerei verurteilt wird. Meyer-Goßner/Appl Rn. 68 mit einem Beispiel für die Fassung des Urteilsspruchs. H.M.; vgl. etwa BGH GA 1954 22 (fahrlässiger Falscheid bei Zweifel, ob dieser oder Meineid vorliegt); Meyer-Goßner/ Appl Rn. 344.
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
169a
Wird der Angeklagte lediglich wegen einer der Alternativtaten verurteilt, weil das Gericht sich letztlich von seiner Schuld insofern überzeugt hat, erfolgt also eine eindeutige Verurteilung, so muss er vom Vorwurf der anderen zur Entscheidung unterbreiteten Tat freigesprochen werden, weil anderenfalls der Prozessgegenstand nicht ausgeschöpft wird und die Grenzen des Strafklageverbrauchs teilweise unbestimmt bleiben.1113
170
f) Die Urteilsgründe müssen, wie auch sonst, die sicher erwiesenen Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit dies an nicht behebbaren Zweifeln scheitert, die gerade zur Wahlfeststellung geführt haben, ist an deren Stelle der äußere und innere Sachverhalt der alternativen Verhaltensweise zu schildern, die nach der Überzeugung des Gerichts als allein möglich in Betracht kommt. Es muss erkennbar sein, dass und warum unter Ausschöpfung aller Beweismittel keine eindeutigen Feststellungen möglich waren1114 und statt dessen zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass nur eine der aufgezeigten, sich nach der konkreten Sachlage gegenseitig ausschließenden Alternativen in Betracht kommt1115 und insbesondere die Annahme eines straflosen Verhaltens mit Sicherheit ausscheidet. Dabei darf die Ungewissheit, welcher von mehreren Tatbeständen verwirklicht ist, nur darauf beruhen, dass jeweils die Verwirklichung der anderen Möglichkeiten nicht ausgeschlossen werden kann.1116 Da mit Divergenz und Anzahl der als möglich in Betracht kommenden Geschehensverläufe die Gefahr eines Irrtums wächst, werden an die Darstellung aller Tatmodalitäten und an die Ausführungen zum Ausschluss jeder anderen Möglichkeit strenge Anforderungen gestellt.1117 Bei Ermittlung des nach Sachlage mildesten Gesetzes sind zwar alle konkret in Betracht kommenden Umstände, insbesondere auch die für jede Alternative spezifischen Strafmilderungsgründe (hypothetisch) zu berücksichtigen, es ist aber nicht erforderlich, zu Vergleichszwecken für jede in Betracht kommende Tat die angemessene Rechtsfolge in den Urteilsgründen zu bestimmen.1118 Wenn sich das nicht von selbst ergibt, kann es aber zweckmäßig sein, in den Gründen aufzuzeigen, aus welchen Erwägungen die Strafvorschriften, die für die Bemessung der Strafe bestimmend waren, als milderes Gesetz angesehen wurden. Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßregeln der Besserung und Sicherung können nur angeordnet werden, wenn sie bei allen alternativ in Frage kommenden Tatbeständen rechtlich zulässig und sachlich angemessen sind.1119
VIII. Revision 171
1. Nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnene Umstände. Hat das Gericht Tatsachen, die nicht prozessordnungsgemäß zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind, bei seiner Urteilsfindung verwendet, kann dies mit der Verfahrensrüge nach § 261 geltend gemacht werden. Das Gebot, nur den Inbegriff der Hauptverhandlung der Entscheidung zugrunde zu legen, ist verletzt, wenn das Gericht in seine Überlegungen Erkenntnisse einbezieht, die es nicht in der Verhandlung gegen den
1113 1114
1115 1116
BGHSt 38 172, 173 f.; BGH NStZ 1998 635; Meyer-Goßner/Appl Rn. 68. OLG Hamburg NJW 1955 920; OLG München HRR 1936 1594; KMR/Stuckenberg 137; Meyer-Goßner/Appl Rn. 345. OLG Celle VRS 40 (1971) 16; vgl. Rn. 125. BGHSt 12 386.
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1117 1118 1119
BGH NJW 1983 405; NStZ 1986 373; JR 1981 304 m. Anm. Peters. BGH bei Dallinger MDR 1957 397; vgl. KMR/Stuckenberg 138. RGSt 68 257; KK/Schoreit 79; KMR/ Stuckenberg 138; SK/Schlüchter 98.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
betreffenden Angeklagten gewonnen hat.1120 Ein solcher Fehler liegt z.B. vor, wenn die Urteilsgründe Feststellungen enthalten, die aus einem Verfahrensteil stammen, in dem nicht gegen den betreffenden Angeklagten, sondern ausschließlich gegen Mitangeklagte verhandelt wurde,1121 oder die weder in den verwendeten Beweismitteln noch in den sonstigen zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehörenden Vorgängen eine Grundlage finden können.1122 Das ist etwa der Fall, wenn sie sich auf eine nicht in die Hauptverhandlung eingeführte Aussage eines Zeugen stützt1123 oder sonst auf ein Beweismittel, das nicht oder nicht in zulässiger Form in der Hauptverhandlung verwendet worden ist,1124 beispielsweise auf einen nicht verlesenen Bundeszentralregisterauszug1125 oder sonstige Urkunden.1126 Entsprechendes gilt, wenn das Gericht irrigerweise einen Verfahrensvorgang als in der Hauptverhandlung geschehen behandelt, so, wenn es Schlussfolgerungen aus einer in Wirklichkeit unterbliebenen Belehrung1127 oder Vereidigung1128 herleitet. Als Verstoß gegen § 261 kann auch gerügt werden, wenn das Gericht seinem Urteil offenkundige oder gerichtskundige Tatsachen zugrundelegt, ohne dass diese vorher in der Hauptverhandlung zur Erörterung gestellt worden waren.1129 Der Nachweis eines solchen Verstoßes gegen § 261 kann durch Vergleich der schrift- 172 lichen Urteilsgründe mit dem Sitzungsprotokoll erbracht werden, dessen positive und negative Beweiskraft (§ 274) die Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten und die Verwendung der Beweismittel in der Hauptverhandlung bezeugt.1130 Nur soweit die Beweiskraft der Sitzungsniederschrift nicht den Rückgriff auf andere Beweismittel verwehrt, weil es sich nicht um protokollierungspflichtige wesentliche Förmlichkeiten handelt oder die Beweiskraft ausnahmsweise erschüttert ist, gilt der Freibeweis, so etwa für die Frage, ob offen- oder gerichtskundige Tatsachen in der Hauptverhandlung erörtert worden sind.1131 Dann kann der Nachweis durch andere Erkenntnisquellen geführt werden, nicht zuletzt auch durch dienstliche Erklärungen der Richter und anderer Verfahrensbeteiligter.1132 2. Vom Ergebnis der Hauptverhandlung abweichende Urteilsfeststellungen. Von der 173 Rüge, der Beweisstoff sei außerhalb der Verhandlung geschöpft worden, ist die Rüge zu unterscheiden, ein in der Hauptverhandlung verwendetes Beweismittel habe inhaltlich etwas anderes ergeben, als im Urteil festgestellt worden ist. Diese Rüge scheitert in der Regel daran, dass die Feststellung, welchen Inhalt ein in der Hauptverhandlung verwen-
1120 1121 1122 1123
1124
1125 1126
Vgl. dazu Rn. 17 ff. Vgl. Rn. 17; LR/Becker § 231c, 24; 237, 27 m.w.N. BGH bei Spiegel DAR 1983 207. BGH bei Dallinger MDR 1976 989; NStZ 2010 409; Beschl. v. 25.4.2012 – 4 StR 30/12; Beschl. v. 7.5.2012 – 5 StR 210/12. Vgl. Rn. 14, 18; h.M.; etwa BGH StV 1985 401 m. Anm. Sieg; BGH StV 1992 359 (nicht verlesene Urkunde); OLG Köln StV 1998 364; vgl. ferner LR/Mosbacher § 249, 109 (Vorhalt); LR/Sander/Cirener § 250, 38 f. BGH Beschl. v. 15.3.2007 – 1 StR 27/07. BGH Beschl. v. 30.8.2011 – 2 StR 652/10 (Kontoauszüge); Beschl. v. 10.1.2012 – 1 StR 587/11; Beschl. v. 27.3.2012 – 5 StR
1127 1128
1129
1130
1131 1132
121/12 (jeweils Mitschriften aus Telekommunikationsüberwachung). BayObLGSt 1964 141 = JZ 1965 291. BGH bei Dallinger MDR 1955 297; vgl. aber zur neuen Rechtslage LR/Ignor/ Bertheau § 59, 31 ff. BGH NStZ 1995 246; BayObLG StV 1994 532; OLG Frankfurt StV 1999 138; vgl. Rn. 25 f. Zum Selbstleseverfahren gemäß § 249 Abs. 2 BGH NJW 2010 3382, 3383; Beschl. v. 14.9.2010 – 3 StR 131/10; Beschl. v. 15.10.2010 – 5 StR 119/10; vgl. Rn. 40 und die Erläuterungen bei den §§ 273, 274. BGHSt 36 354. Vgl. etwa BGHSt 22 26; Husmann MDR 1977 896; LR/Hanack 25 § 337, 74.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
detes Beweismittel, etwa die Aussage eines dort gehörten Zeugen, hat, grundsätzlich Sache des Tatgerichts ist. Was es darüber in den Urteilsgründen festgestellt hat, bindet das Revisionsgericht bei der Urteilsüberprüfung im Rahmen der Sachrüge. Aber auch der Versuch eines Gegenbeweises im Rahmen einer Verfahrensrüge scheitert grundsätzlich daran, dass dem Revisionsgericht die Rekonstruktion des Inhalts der Beweisaufnahme verwehrt ist. Es darf (und kann) in aller Regel weder selbst feststellen, welchen Inhalt eine Aussage in der Hauptverhandlung hatte, etwa um zu prüfen, ob sie in den Urteilsgründen richtig wiedergegeben ist, noch sonst das Ergebnis eines Beweiserhebungsvorgangs selbst würdigen.1133 Mit der Revision kann daher grundsätzlich nicht geltend gemacht werden, dass die im Strengbeweis getroffenen Feststellungen des Urteils dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht entsprechen.1134 Dies gilt auch dann, wenn die Aufzeichnungen eines Verfahrensbeteiligten über den Inhalt einer Zeugenaussage zum Protokoll genommen wurden.1135 Noch weniger Raum ist für die Rüge der Aktenwidrigkeit der im Urteil getroffenen Feststellungen.1136 Denn etwaige Differenzen dieser Art können im Rahmen der Beweisaufnahme eine plausible Erklärung gefunden haben.1137 Abweichungen zum Akteninhalt können daher allenfalls unter Darlegung aller dafür erforderlichen Tatsachen zur Begründung einer Aufklärungsrüge herangezogen werden.1138 Das Revisionsgericht muss grundsätzlich die tatgerichtlichen Feststellungen über den Inhalt einer Aussage,1139 über das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens oder eines Augenscheins1140 oder zur Einlassung des Angeklagten1141 als richtig und vollständig hinnehmen. Nur in den Ausnahmefällen, in denen es keiner inhaltlichen Rekonstruktion der Be174 weisaufnahme bedarf, weil schon äußere Umstände ergeben, dass das Urteil sich auf Vorgänge oder Tatsachen stützt, die so nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen sein können, hat die Revision Erfolg. Wenn das Gericht sein Urteil beispielsweise auf den Wortlaut oder den Inhalt einer in der Hauptverhandlung verlesenen Ver-
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BGHSt 21 149; 21 371; 26 56; 29 21; BGH bei Holtz MDR 1986 625; StV 1993 459; vgl. LR/Gollwitzer 25 § 267, 1, 165; LR/Hanack 25 § 337, 77 ff. m.w.N.; ferner etwa KK/Schoreit 53; KMR/Stuckenberg 156; Meyer-Goßner 38a; SK/Schlüchter 106; einschränkend Fezer JZ 1992 108. Vgl. etwa BGHSt 15 347; 17 352; 21 149; 26 56; 43 212; BGH NJW 1992 2840; NStZ-RR 1998 17; StV 1992 2; 1993 115; 1993 459; 1997 561; VRS 37 (1969) 28; bei Dallinger MDR 1975 369; 1981 268; bei Holtz MDR 1986 625; LM Nr. 15 m. Anm. Hengsberger; OLG Hamm NJW 1997 69; Husmann MDR 1977 894; Eb. Schmidt JZ 1970 340; Hamm 281; Willms FS Heusinger 402 Fn. 25; KK/Schoreit 53; KMR/Stuckenberg 156; Meyer-Goßner 38a; SK/Schlüchter 104b. BGHSt 15 347; 43 212; BGH NStZ 1990 35; Herdegen JZ 1998 55; KMR/Stuckenberg 156; Meyer-Goßner 38a. BGH NJW 1992 2840; OLG Koblenz VRS
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46 (1974) 441; Hamm 281; KMR/Stuckenberg 156; SK/Schlüchter 104b; Eb. Schmidt 34. S. nur BGH Urt. v. 2.3.2005 – 5 StR 518/04. Vgl. LR/Becker § 244, 363; ferner etwa Herdegen FS Salger 313; Herdegen StV 1992 540; Pelz NStZ 1993 364; G. Schäfer StV 1995 147, 156; Schlothauer StV 1992 134; SK/Schlüchter 104c; aber auch Rn. 183. BGHSt 21 149; 21 372; 26 62; BGH bei Holtz MDR 1986 625; OLG Hamm NJW 1974 1150; vgl. LR/Hanack25 § 337, 77 ff. m.w.N. BGH bei Kusch NStZ 1995 220; MeyerGoßner 38a; vgl. Rn. 100 f. und LR/Hanack 25 § 337, 85 m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1975 369; ferner BGH bei Holtz MDR 1981 268; OLG Hamm MDR 1973 516; VRS 29 (1965) 39; die Erläuterungen bei § 267 und LR/Hanack 25 § 337, 77 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
nehmungsniederschrift oder einer verlesenen bzw. nach § 249 Abs. 2 in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunde gründet, die in Wirklichkeit einen anderen Inhalt oder Wortlaut hatte,1142 kann dies ohne jede Rekonstruktion der Hauptverhandlung und ohne Eingriff in den eigentlichen Beweiswürdigungsvorgang vom Revisionsgericht festgestellt werden.1143 Gleiches gilt für ein sog. Behördengutachten (§ 256 Abs. 1 Nr. 1a),1144 eine schriftliche, als Anlage zum Protokoll genommene Erklärung des Angeklagten sowie bei Aussagen, die nach § 273 Abs. 3 wörtlich in das Protokoll aufgenommen und genehmigt worden sind1145 oder deren Inhalt deshalb eindeutig festgestellt werden kann, weil sie nach den §§ 247a, 255a durch eine Videoaufzeichnung in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.1146 Ebenso liegt es, wenn das im Urteil für den Identitätsnachweis herangezogene Lichtbild absolut unergiebig ist, so dass schlechthin ausgeschlossen werden kann, dass darauf irgendwelche Vergleiche haben gestützt werden können.1147 Die Grenze besteht dort, wo das Bild trotz seiner den Beweiswert erheblich mindernden Mängel noch die Heranziehung seines Inhalts für die Beweiswürdigung ermöglicht, denn diese ist dann allein Sache des Tatgerichts.1148 Gleiches dürfte bei einer mangelhaften oder lückenhaften Bild-Ton-Aufzeichnung gelten, bei der dann – zumindest in dem von den Mängeln betroffenen Bereich – die sichere Feststellung eines Fehlers einer Rekonstruktion der Beweisaufnahme bedürfte, die dem Revisionsgericht verwehrt ist. Rügt die Revision, zugleich mit § 261 sei auch der Verfassungsgrundsatz der Gewäh- 175 rung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden, weil sich das Urteil auf Tatsachen stützt, zu denen der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung nicht gehört wurde, so hat das Revisionsgericht nach Ansicht des BGH unter Heranziehung aller Beweismittel im Wege des Freibeweises nachzuprüfen, ob der behauptete Verfassungsverstoß, der zugleich ein Verfahrungsverstoß wäre, zutrifft. Es würde der Prozesswirtschaftlichkeit widersprechen, die Entscheidung hierüber nach Erschöpfung des Rechtszugs dem BVerfG zu überlassen.1149 Unterbleibt eine demnach uneingeschränkt mögliche Verfahrensrüge, hat dies zur Folge, dass eine spätere Verfassungsbeschwerde an der Nichtausschöpfung des Rechtswegs scheitert.
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BGH StV 2008 566; zur Frage, wann ein anderer Inhalt vorliegt, vgl. BGH bei Miebach NStZ 1988 212; LR/Hanack 25 § 337, 81. Vgl. LR/Hanack 25 § 337, 79 ff. m.w.N. BGH Beschl. v. 7.12.2010 – 4 StR 401/10. BGHSt 38 14 = JZ 1992 106 m. Anm. Fezer; BGH NStZ 1991 500; OLG Zweibrücken StV 1994 545; vgl. LR/Hanack 25 § 337, 86 m.w.N. Vgl. die Erläuterungen bei § 255a; ferner KMR/Stuckenberg 157, auch zur Konstruktion der Rüge („nicht existenten Inhalt des Beweismittels gewürdigt“, bzw. ohne Rekonstruktion der tatrichterlichen Beweisaufnahme offensichtlicher Fehler); dazu ferner LR/Hanack 25 § 337, 79 ff. Vgl. etwa BGHSt 41 376, 381; Herdegen StV 1992 594; Maul FS Pfeiffer 424;
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G. Schäfer StV 1995 147, 156; KMR/ Stuckenberg 157; ferner LR/Hanack 25 § 337, 85. Vgl. BGHSt 29 18 = JR 1980 168 m. Anm. Peters; KMR/Stuckenberg 157; Meyer-Goßner 38a; vgl. aber auch BGHSt 23 64 (Schallplattenaufnahme). BGHSt 22 26 m. zust. Anm. Eb. Schmidt JZ 1968 435; zust. Hanack JZ 1973 729; OLG Düsseldorf VRS 64 (1983) 128; Husmann MDR 1977 896; Meyer FS Kleinknecht 275; KK/Schoreit 55; KMR/Stuckenberg 155; SK/Schlüchter 107. Nach Herdegen StV 1992 593; ders. FS Salger 315 ff. ist der Umweg über Art. 103 Abs. 2 GG nicht nötig, da es sich um eine Frage des äußeren Ablaufs der Hauptverhandlung und nicht um die Feststellung und Würdigung eines Beweisergebnisses handelt.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
3. Nichtberücksichtigung von Teilen der Verhandlung. Die Rüge, das Gericht habe nicht das ganze Ergebnis der Hauptverhandlung seiner Entscheidung zugrunde gelegt, greift durch, wenn schon äußere Umstände dies belegen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn aus der Sitzungsniederschrift erkennbar ist, dass das Gericht sein Urteil nach einem Wiedereintritt in die Hauptverhandlung ohne erneute Beratung und damit ohne Berücksichtigung des nach dem Wiedereintritt verhandelten Verfahrensstoffes verkündet hat.1150 Ebenso verhält es sich, wenn sich ergibt, dass Mitglieder des Gerichts einen Teil der Vorgänge in der Hauptverhandlung nicht wahrgenommen haben können, sei es, dass ihre Fähigkeit zur Wahrnehmung der Verhandlungsvorgänge aufgehoben war (Schlaf, andere Abhaltungen, ungünstige räumliche Gegebenheiten usw.), sei es, dass ihnen die Kenntnisnahme unmöglich war, weil ihnen Schriften, die nach § 249 Abs. 2 in die Verhandlung eingeführt werden sollten, nicht zugänglich gemacht worden waren.1151 Die Nichtberücksichtigung eines Verhandlungsteils liegt auch dann vor, wenn das Gericht im Urteil davon ausgeht, dass der Angeklagte zu den Vorwürfen geschwiegen habe, während er sich tatsächlich zur Sache geäußert hatte,1152 oder wenn es in der irrigen Annahme eines Beweisverwertungsverbots einen in die Hauptverhandlung eingeführten entscheidungserheblichen Umstand bei der Urteilsfindung unberücksichtigt gelassen hat.1153 Letztlich führen alle Verfahrensfehler, die den für die Urteilsfindung zu würdigenden Verhandlungsstoff zu Unrecht schmälern, zugleich auch zu einem Verstoß gegen § 261. Grundsätzlich kann zwar nicht allein aus dem Schweigen der Urteilsgründe der Schluss hergeleitet werden, das Gericht habe einen Vorgang der Hauptverhandlung oder ein verwendetes Beweismittel, etwa den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten oder die Aussage eines Zeugen, zu Unrecht nicht gewürdigt. Das Tatgericht muss nicht alles, was Gegenstand der Hauptverhandlung war, in die schriftlichen Urteilsgründe aufnehmen.1154 Soweit dies jedoch notwendig ist, um die gewonnene Überzeugung und ihre objektive, rationale Grundlage nachvollziehbar darzulegen, fordert die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Auseinandersetzung mit allen sich nach der Sachlage aufdrängenden wesentlichen beweiserheblichen Umständen.1155 Eine generelle Grenzziehung für die Erörterungspflicht ist insoweit nicht möglich (vgl. Rn. 6 und bei § 267; ferner § 337, 82 ff. und die dortige Darstellung der Revisionsrechtsprechung, in der sich in diesem Be-
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Vgl. etwa BGHSt 24 170; Rieß GA 1978 263; KK/Schoreit 20; Rn. 14 ff.; LR/Gollwitzer 25 § 258, 54; § 260, 4; je m.w.N. Nach SK/Schlüchter 104a rechtfertigt der Verstoß gegen § 260 für sich allein aber nicht den Schluss, das Gericht habe Teile der Hauptverhandlung nicht in seine Beratung einbezogen; es muss dadurch die notwendige erneute Würdigung unterblieben sein. Vgl. SK/Schlüchter 103; ferner LR/Mosbacher § 249, 111; LR/Gollwitzer 25 § 258, 47, 51. BGH StV 1983 8; 1992 1; 2008 235; KK/Schoreit 20; KMR/Stuckenberg 159; vgl. auch OLG Koblenz VRS 71 (1986) 42 (Verpflichtung, sich mit der im Urteil nicht erwähnten, im Protokoll aber festgehalte-
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nen Einlassung des Angeklagten auseinanderzusetzen). Vgl. KMR/Stuckenberg 154 für den umgekehrten Fall. § 261 ist nicht nur bei Überschreiten seiner Rahmenfunktion verletzt (so SK/Schlüchter 105 ff.), sondern auch, wenn der Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft wurde, so dass ihm unterfallende Verfahrensvorgänge in die Beweiswürdigung fehlerhaft nicht mit einbezogen worden sind. Etwa BGH NJW 1992 2849; 2010 882, 883; StV 1991 340; KK/Schoreit 20; SK/Schlüchter 14, 104; LR/Hanack 25 § 337, 82 m.w.N. LR/Hanack25 § 337, 82 ff., 144 ff.; vgl. Rn. 178 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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reich die Unterschiede zwischen Verfahrens- und Sachrüge verwischt haben).1156 Wird ein Angeklagter freigesprochen, bedarf es aber in aller Regel der Würdigung, dass er ausweislich eines verlesenen Urteils bereits rechtskräftig wegen einer Tat verurteilt worden ist, die mit der ihm nunmehr zur Last gelegten „fast identisch“ ist.1157 Im Falle einer Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln darf eine einschlägige Vorstrafe der den Angeklagten belastenden Zeugin nicht unberücksichtigt bleiben, sofern diese für die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Aussage bedeutsam ist.1158 Weichen die in der Hauptverhandlung gemachten Zeugenangaben eines durch einen Verkehrsunfall Geschädigten erheblich von der Schilderung ab, die in der verlesenen Schadensanzeige an die Versicherung abgegeben worden ist, so hat sich das Tatgericht mit den Widersprüchen auseinanderzusetzen.1159 Über Telefonverbindungsdaten darf es nicht hinweggehen, wenn diese die Angaben des Angeklagten zu stützen geeignet sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt am Tatort eingetroffen zu sein,1160 über den Inhalt eines Notrufs nicht, wenn dieser die Darstellung der Geschädigten, mit einem Messer bedroht worden zu sein, bestätigen kann.1161 4. Die tatrichterliche Überzeugung, die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom 177 Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts als solche, muss das Revisionsgericht ebenso hinnehmen wie das aus konkreten Umständen abgeleitete Unvermögen des Tatgerichts, verbliebene Zweifel zu überwinden.1162 Es darf und kann, schon weil ihm die aus dem Inbegriff der gesamten Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse fehlen, seine eigene Überzeugung nicht an die Stelle der tatgerichtlichen setzen.1163 Nachprüfbar an Hand der Urteilsgründe ist aber, ob das Tatgericht die rechtlichen 178 Anforderungen an die Überzeugungsbildung verkannt hat. Dies ist der Fall, wenn die Urteilsausführungen zeigen, dass an das für die objektiven oder subjektiven Grundlagen der Überzeugung erforderliche Maß an Gewissheit zu niedrige oder zu hohe Anforderungen gestellt worden sind. Waren die Anforderungen überhöht („überspannt“), wird dies meist zur Aufhebung eines Freispruchs oder einer den Angeklagten sonst begünstigenden Entscheidung, z.B. eines ungerechtfertigt milden Rechtsfolgenausspruchs, führen. Dies ist etwa zu bejahen, wenn das Tatgericht annimmt, die Überzeugung setze eine mathematische Sicherheit und den Ausschluss jedes abstrakt denkbaren, im Einzelfall aber nur theoretischen Zweifels voraus1164 (wegen der Einzelheiten vgl. Rn. 8 ff.; ferner § 337, 157 ff.). Denn eine absolute, das Gegenteil logisch ausschließende und von niemandem 1156 1157
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Vgl. LR/Hanack 25 § 337, 68, 120 ff., 127 ff. BGH Urt. v. 21.11.2006 – 1 StR 392/06; s. aber BGH Urt. v. 6.11.2007 – 1 StR 394/07 (Grundlagen der Vorstrafe dürfen sachgerecht zusammengefasst werden); s. ferner BGH Urt. v. 15.9.2005 – 4 StR 107/05 zu einem für den erhobenen Betrugsvorwurf relevanten Schreiben. BGH NStZ 2008 475. BGH NStZ-RR 2008 83; zu differierenden Angaben des Angeklagten im Rahmen polizeilicher Vernehmungen s. BGH Beschl. v. 8.7.2008 – 3 StR 167/08. BGH StV 2008 568. BGH Urt. v. 15.12.2010 – 2 StR 495/10; zu sich aus einem verlesenen Durch-
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suchungsbericht ergebenden Hinweisen auf geleistete Aufklärungshilfe s. BGH Beschl. v. 10.3.2011 – 2 StR 49/11; ferner Beschl. v. 27.3.2012 – 3 StR 49/12. Vgl. Rn. 12; LR/Hanack 25 § 337, 144, 153 ff. m.w.N. BGH Urt. v. 15.2.2005 – 5 StR 449/04; Urt. v. 20.6.2007 – 2 StR 161/07; Urt. v. 9.11.2010 – 5 StR 297/10. BGHR StPO § 261 Einlassung 5; Rn. 8; LR/Hanack 25 § 337, 144 ff., 157 m.w.N.; Hanack JuS 1977 731; ferner etwa OLG Koblenz VRS 70 (1986) 18 (unwahrscheinlicher Geschehensverlauf kann nur unterstellt werden, wenn dies im Urteil plausibel begründet wird).
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anzweifelbare Gewissheit ist gerade nicht erforderlich, vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht mehr zulässt.1165 Daher bedarf es zur Überführung eines Angeklagten auch nicht unbedingt einer „geschlossenen Indizienkette“1166 oder „zwingender Schlussfolgerungen“.1167 Ein Tatgericht, das zwar „keine ernsthaft in Betracht kommenden Hinweise dafür“ sieht, dass die den Angeklagten belastenden Bekundungen eines Zeugen unrichtig sein könnten, diesem aber dennoch nicht glaubt, stellt zu hohe Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung.1168 Vom Revisionsgericht überprüfbar ist ferner, ob die Überzeugung des Tatgerichts in 179 den getroffenen Feststellungen und den daraus hergeleiteten Schlussfolgerungen objektiv eine zureichende Grundlage findet.1169 Es ist heute allgemein anerkannt,1170 dass sich die subjektive Gewissheit des Tatrichters auf tragfähige, konkrete Tatsachenfeststellungen und rationale und lückenlose Schlüsse gründen muss, die mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung vereinbar sind und das gefundene Ergebnis auch objektiv durch die hochgradige Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit als hinreichend gesichert1171 erscheinen lassen. Bloße Vermutungen oder eine rein irrational fundierte Gewissheit genügen dafür nicht.1172 Stehen nach den insoweit allein maßgeblichen schriftlichen Urteilsgründen die getrof180 fenen Feststellungen nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, etwa, weil sich ausdrücklich oder aus dem Gesamtzusammenhang der Darstellung ergibt, dass das Gericht hinsichtlich eines die Entscheidung tragenden Umstands selbst zweifelte, so begründet auch dies eine Revision. Dies ist etwa der Fall, wenn die Ausführungen ersehen lassen, dass das Gericht nur von dem wahrscheinlichen Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals oder eines sonst entscheidungstragenden Umstands ausgegangen ist. Denn die Verurteilung darf sich nur auf Tatsachen stützen, die das Gericht für erwiesen hält.1173 Dagegen kann
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BGH NStZ-RR 2007 43, 44; wistra 2008 107; NStZ 2010 292; BGH Urt. v. 4.2.2004 – 2 StR 355/03; Urt. v. 8.2.2006 – 5 StR 431/05; Urt. v. 21.12.2006 – 3 StR 427/06. BGH Urt. v. 29.8.2007 – 2 StR 284/07; Urt. v. 20.12.2007 – 4 StR 306/07. BGH NStZ 2010 102, 103; Urt. v. 25.2.2004 – 4 StR 475/03; Urt. v. 1.7.2008 – 1 StR 654/07; Beschl. v. 19.6.2008 – 1 StR 217/08; Urt. v. 30.7.2009 – 3 StR 273/09; s. auch BGH NStZ-RR 2004 238, 240; Urt. v. 29.10.2003 – 5 StR 358/03; Urt. v. 21.4.2011 – 3 StR 46/11. BGH NStZ-RR 2005 149; Urt. v. 4.12.2008 – 4 StR 371/08. S. etwa BGH Beschl. v. 24.1.2008 – 3 StR 486/07. Vgl. etwa Fincke GA 1973 272; Gössel GA 1979 241; Gössel Tatsachenfeststellung in der Revisionsinstanz, in Schlosser/Jonquères/Tasenack/Chapus/Gössel/Decocq Arbeiten zur Rechtsvergleichung Bd. 112 (1982) 132; Herdegen FS Kleinknecht 175; Herdegen NStZ 1987 193; ders. StV 1992 527;
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Jerouschek GA 1992 493; Klug FS Möhring 363; Krause FS Peters 45; Küper FS II Peters 45; Maul FS Pfeiffer 409; Paeffgen FS II Peters 85; Peters FS Gmür 316; ders. JR 1972 30; ders. JR 1977 84; Rieß GA 1978 257; Roxin/Schünemann § 45, 43; Hamm 909; G. Schäfer StV 1995 147; G. Schäfer 935, 937; Schlüchter 567, 694.1; Schneider MDR 1962 868; Stree In dubio pro reo 40. Vgl. Rn. 13 und LR/Hanack 25 § 337, 157 ff. Im Schrifttum (vgl. Rn. 9 ff.) werden an den Grad der Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Anforderungen gestellt (hinreichend, hochgradig, an Sicherheit grenzend usw.); vgl. dazu KMR/Stuckenberg 24; große Bedeutung dürften diese Unterscheidungen kaum haben, da die Revisionsgerichte die als Ausdruck rationaler Argumentation geforderte hohe Plausibilität der Gründe immer nur einzelfallbezogen beurteilen. Vgl. wegen der Einzelheiten Rn. 13; 42 ff. sowie LR/Hanack 25 § 337, 159. Vgl. Rn. 103; LR/Hanack 25 § 337, 160 f.
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unter dem Blickwinkel des § 261 nicht gerügt werden, dass das Tatgericht hätte zweifeln müssen.1174 Bei einer wahldeutigen Verurteilung müssen sich deren Voraussetzungen aus den 181 Urteilsgründen ergeben (wegen der Einzelheiten vgl. Rn. 170). Die Beweiswürdigung des Tatgerichts als solche ist der Nachprüfung des Revisions- 182 gerichts entzogen,1175 sofern sich die in den Urteilsgründen mitgeteilten Erwägungen im Rahmen der durch das Gesetz gezogenen Grenzen halten,1176 mit den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vereinbar sind1177 und der Pflicht zur Darlegung der Beweisgründe und zu einer objektiv nachvollziehbaren und erschöpfenden Beweiswürdigung genügen,1178 mithin rechtsfehlerfrei sind.1179 Die Ausführungen des Urteils dürfen weder Argumentationslücken aufweisen noch die Erörterung sich aufdrängender Gesichtspunkte vermissen lassen,1180 also etwa bei einem Freispruch schwerwiegende Verdachtsmomente nicht übergehen.1181 Dies ist jedoch anzunehmen, wenn das Urteil zur abgegebenen Einlassung des Angeklagten schweigt, nur die Einlassung des Angeklagten und die Aussagen der Zeugen wiedergibt, ohne sich selbst damit auseinanderzusetzen,1182 oder den Ausführungen eines Angeklagten oder Zeugen nur zum Teil folgt, ohne plausibel darzutun, warum es den einen Teil der Aussage für glaubhaft hält und den anderen nicht.1183 Das Revisionsgericht hat nur zu beurteilen, ob das Gericht bei seiner Beweiswürdigung diesen Vorgaben Rechnung getragen sowie die sich aus ihnen ergebenden Gesichtspunkte in ihrer Wertigkeit richtig erkannt, gegeneinander abgewogen und folgerichtig bewertet hat. Ein Rechtsfehler kann daher im Einzelfall auch darin liegen, dass das Tatgericht einem Indiz einen zu geringen Beweiswert zugemessen hat.1184 Die revisionsgerichtliche Nachprüfung betrifft aber grundsätzlich immer nur den rational fassbaren, objektivierbaren Teil der Beweiswürdigung, nicht aber den darauf aufbauenden subjektiven Wertungsvorgang, der letztlich erst die Überzeugung des Tatrichters begründet. Hat die Beweiswürdigung alle festgestellten Tatsachen ausgeschöpft, sind die tatgerichtlichen Schlüsse möglich und mit den getroffenen Feststellungen vereinbar, dann kann das Revisionsgericht das Ergebnis nicht deshalb in Zweifel ziehen, weil es selbst davon nicht überzeugt ist und anders entschieden hätte (Rn. 180). Dies gilt – unabhängig von der Bedeutung und dem Gewicht des strafrechtlichen Vorwurfs1185 – nach ständiger Rechtsprechung des BGH selbst dann, wenn die nach Ansicht des Revisionsgerichts mögliche andere Beurteilung sogar näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre1186 oder die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen gar „lebensfremd“ erscheinen.1187
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Vgl. LR/Hanack 25 § 337, 161. Vgl. Rn. 41 ff., 56 ff.; LR/Hanack 25 § 337, 144, 146 ff.; unter dem Gesichtspunkt des gesetzlichen Richters kritisch zu der Entwicklung, die revisionsgerichtliche Kontrolle auszuweiten, Foth NStZ 1992 444. Vgl. Rn. 43 ff. Vgl. Rn. 44 ff.; LR/Hanack 25 § 337, 165 ff. Vgl. etwa Herdegen StV 1992 590; LR/Hanack 25 § 337, 148 ff.; Rn. 56 ff. BGH NJW 2005 2322, 2326; 2007 384, 387. Vgl. etwa BGH StV 1993 115; 1999 139; NStZ-RR 1999 301; OLG Karlsruhe StV 1999 139. BGH wistra 2010 70, 71.
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BGH NStZ-RR 1999 45; OLG Hamm VRS 95 (1998) 162. BGH bei Miebach/Kusch NStZ 1991 229; StV 1997 292; NStZ-RR 2010 152, 153. BGH Urt. v. 15.10.2009 – 4 StR 287/09. BGH NJW 2005 2322, 2326. BGH NJW 2007 384, 387; NStZ-RR 2008 309, 310; s. auch BGH Urt. v. 30.11.2005 – 2 StR 402/05; Urt. v. 7.6.2006 – 2 StR 72/06; Urt. v. 23.8.2007 – 4 StR 295/07; es kommt auch nicht darauf an, was ein anderes Tatgericht hypothetisch entschieden hätte, vgl. BGH Urt. v. 22.7.2008 – 5 StR 61/08. BGH Urt. v. 27.1.2011 – 4 StR 502/10.
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5. Alternativrügen. Nicht abschließend geklärt ist, ob das Urteil mit einer alternativen Verfahrensrüge angegriffen werden kann, wenn die Urteilsgründe einen nach Ansicht der Revision beweiserheblichen Umstand mit Schweigen übergangen haben. Ist der Umstand wirklich (potentiell) für die Entscheidung relevant, stellt sich die Frage, ob das Gericht ihn bei seiner Beweiswürdigung versehentlich unberücksichtigt gelassen oder ob und aus welchen Erwägungen es ihn als unerheblich betrachtet hat. In solchen Fällen kann entweder gegen das Gebot zu einer den ganzen Inbegriff der Hauptverhandlung ausschöpfenden Beweiswürdigung oder aber gegen die von der Rechtsprechung entwickelte Pflicht, in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzulegen, warum dieser Umstand das Ergebnis seiner Beweiswürdigung nicht beeinflussen konnte, verstoßen worden sein. Die ohne Rekonstruktion der Beweiswürdigung mögliche Überprüfung eines Vorgangs der Beweismittelverwendung überschneidet sich hier mit der Möglichkeit, dass die im Urteil nicht erwähnte Tatsache vom Gericht bei seiner Beweiswürdigung zwar berücksichtigt, die Mitteilung des Ergebnisses dieser Würdigung aber pflichtwidrig unterlassen wurde. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Alternativrüge wird deshalb eingewandt, dass sie eine unzulässige Rekonstruktion der tatgerichtlichen Beweiswürdigung in der Hauptverhandlung erfordern würde.1188 Dieser Einwand trifft jedoch nur dann zu, wenn zumindest bei der einen Rügealternative aufgeklärt werden müsste, wie das Tatgericht den fraglichen Umstand bei seiner Beweiswürdigung gewichtet hat. Einer solchen Nachprüfung des eigentlichen Beweiswürdigungsvorgangs bedarf es aber in den Fällen nicht, in denen das Tatgericht nach der neueren Rechtsprechung im Urteil aufzeigen muss, warum es einer zumindest potentiell erheblichen Tatsache bei seiner Beweiswürdigung kein entscheidendes Gewicht beigemessen hat.1189 Bei dieser Konstellation ist das Schweigen der Urteilsgründe für das Revisionsgericht bewertbar, ohne dass es einer Rekonstruktion der Beweiswürdigung selbst bedarf. Denn ob die im Urteil übergangene Tatsache zumindest potentiell beweiserheblich und damit erörterungspflichtig war, kann im Wege des Freibeweises durch einen Vergleich mit den Urteilsgründen ebenso festgestellt werden wie der Umstand, dass sie das Gericht bei seiner Beweiswürdigung hätte mit heranziehen müssen, weil sie in die Hauptverhandlung eingeführt worden war oder in Erfüllung der Aufklärungspflicht dort hätte eingeführt werden müssen;1190 mitunter enthält schon das Protokoll hierüber eine beweiskräftige Aussage. Steht die Erörterungsbedürftigkeit fest, kann das Schweigen des Urteils nur bedeuten, dass das Gericht die Tatsache entweder übersehen oder es versäumt hat, im Urteil die Gründe dafür aufzuzeigen, warum es ihr kein entscheidendes Gewicht beigemessen hat. Es hat also entweder seine Aufklärungs- bzw. Ausschöpfungspflicht1191 verletzt oder seine Begründungspflicht. Hinter dem Begründungsmangel kann sich ein Würdigungsfehler verbergen. Diese – soweit die Beweiskraft des Protokolls nicht ohnehin eingreift – dem Freibeweis zugänglichen äußeren Tatsachen einschließlich der Form der Einführung (oder die Nichtein-
1188
1189
1190
BGH NJW 1992 2840; NStZ 1997 294; StV 1995 175; Meyer-Goßner § 337, 15a; vgl. andererseits auch BGH StV 1990 454; 1990 485; 1992 2; OLG Zweibrücken StV 1994 545; dazu ferner G. Schäfer StV 1995 147, 154 ff. Vgl. Rn. 58. Soweit diese Prämisse nicht greift, ist das Schweigen der Urteilsgründe für das Revisionsgericht nicht bewertbar. Die Pflicht zum Ausschöpfen der in die
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Hauptverhandlung eingeführten Tatsachen wird aus der Aufklärungspflicht abgeleitet; vgl. etwa KMR/Stuckenberg 159; SK/Schlüchter 104a, 104c (Aufklärungsrüge bzw. „verlängerte Aufklärungsrüge“); ferner Herdegen StV 1992 590 ff. sowie LR/Hanack 25 § 337, 83; zur Übereinstimmung dieser Pflichten vgl. auch Rn. 14. Zu der im Einzelnen strittigen Erörterungspflicht vgl. LR/Hanack 25 § 337, 83, 151 ff.
Günther M. Sander
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 261
führung) in die Hauptverhandlung sind im Revisionsverfahren ebenso feststellbar wie auch sonst die tatsächlichen Grundlagen anderer Verfahrensrügen. Der Rückgriff auf den Akteninhalt, der nicht mit der unzulässigen Rüge der Aktenwidrigkeit der Urteilsfeststellungen gleichgesetzt werden darf, ist hier, wie auch sonst bei Verfahrensrügen und vor allem bei der normalen Aufklärungsrüge, zulässig.1192 Dies spricht für die Ansicht, die eine solche Alternativrüge für die dargelegte Fallgestaltung als zulässig ansieht,1193 auch um zu verhindern, dass sich das Tatgericht seiner Pflicht zu einer erschöpfenden Beweiswürdigung gerade bei einem seiner gewonnenen Überzeugung widerstreitenden Umstand dadurch entziehen kann, dass es diesen entgegen seiner Erörterungspflicht im Urteil mit Stillschweigen übergeht. 6. Die Verletzung der Pflicht zur eigenen Entscheidung kann als Verstoß gegen § 261 184 gerügt werden, wenn das Gericht sich in einer Frage zu Unrecht an die Vorentscheidung einer anderen Stelle, ein anderes Urteil1194 oder die Festsetzungen bzw. Empfehlungen einer Verwaltungsbehörde gebunden geglaubt und so den ihm eingeräumten Raum zur eigenverantwortlichen Entscheidung nicht genutzt hat.1195 Gleiches gilt auch, wenn es die Ausführungen und das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens ungeprüft übernimmt1196 (zu den Einzelheiten wird auf Rn. 29 f. und auf § 267 verwiesen). 7. Zur Begründung einer Verfahrensrüge muss der Revisionsführer nach § 344 Abs. 2 185 Satz 2 sämtliche Tatsachen anführen, die notwendig sind, um den Verstoß gegen § 261 unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden tatsächlichen Varianten aufzuzeigen. Der Umfang des erforderlichen Tatsachenvortrags ist je nach Art und Richtung der Rüge unterschiedlich. Während es genügen kann, wenn vorgetragen wird, dass die Urteilsfeststellung über den Blutalkoholgehalt des Angeklagten ohne Beweiserhebung getroffen worden sei,1197 weil kein dazu taugliches Beweismittel verwendet worden ist, etwa das Gutachten eines Sachverständigen ohne dessen Anhörung in der Hauptverhandlung verwertet worden sei,1198 bedarf es in anderen Fällen für die Rüge der Verwertung einer nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Tatsache eines eingehenderen Tatsachenvortrags. Denn dieser muss aufzeigen, dass die festgestellte Tatsache weder durch die Einlassung des Angeklagten noch durch ein Beweismittel in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist.1199 Wird beanstandet, dass im Urteil eine Urkunde zu Unrecht verwertet wurde, muss die Revision den Inhalt der Urkunde anführen und darlegen, dass diese auf keinem zulässigen Weg als Beweismittel in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, vorsorglich unter Umständen auch, dass der Inhalt nicht dadurch zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde, dass er auf Grund eines Vorhalts von einer Beweisperson bestätigt worden ist.1200 Eine Rüge, das Tatgericht habe
1192 1193
1194 1195
Vgl. LR/Becker § 244, 369. Etwa Herdegen FS Salger 318; ders. StV 1992 596; Hebenstreit FS Widmaier 267; ders. HRRS 2008 172, 179; Hamm 289; Schlothauer StV 1992 139; Ziegert StV 1996 279; KMR/Stuckenberg 148, 161, 172 sowie LR/Hanack 25 § 337, 84. Vgl. ferner BGHSt 43 216; BGH NStZ 1999 423 (in engen Grenzen). BGH NStZ 2008 685. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1973 1990; s. auch KK/Schoreit 13; KMR/Stuckenberg
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12; Rn. 29 ff. m.w.N.; a.A. SK/Schlüchter 103 (Sachrüge, da Gericht entschieden hat, wenn auch unter Verletzung der Pflicht, selbst abzuwägen). Vgl. Rn. 30, 92; ferner LR/Becker § 244, 322 ff. und die Erläuterungen bei § 217. Vgl. etwa OLG Hamburg MDR 1981 693. BGH StV 2002 524. BGH bei Sander NStZ-RR 2006 69. Vgl. etwa BGH NJW 1990 1189; StV 1999 197 (L); NStZ 2001 425; OLG Düsseldorf StV 1995 38 m. abl. Anm. Hellmann; OLG
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§ 262
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
sich im Urteil mit Angaben eines Zeugen zu Unrecht nicht auseinandergesetzt, muss den Inhalt der Aussage im Einzelnen mitteilen.1201 Eine Revisionsbegründung, die sich nur in Angriffen gegen die Beweiswürdigung erschöpft, genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2.
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8. Mit der Sachrüge können nur die aus den Urteilsgründen ersichtlichen Fehler oder Mängel bei der Beweiswürdigung, Verstöße gegen Beweisverbote, zu strenge oder zu geringe Anforderungen an die Überzeugungsbildung oder die Verwertung nicht erwiesener Tatsachen gerügt werden, so auch, wenn die Schlussfolgerungen des Urteils einer hinreichenden Tatsachengrundlage entbehren und mangels jeder objektiv einsichtigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung nur Vermutungen sind, die eine Verurteilung nicht zu tragen vermögen.1202 Mit der Sachrüge kann auch beanstandet werden, wenn das Urteil keine Beweisgründe und keine Beweiswürdigung enthält, da dann nicht nachprüfbar ist, ob es auf einer tragfähigen Beweisgrundlage beruht1203 (zu den Einzelheiten vgl. § 337, 99 ff.).
§ 262 (1) Hängt die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurteilung eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses ab, so entscheidet das Strafgericht auch über dieses nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften. (2) Das Gericht ist jedoch befugt, die Untersuchung auszusetzen und einem der Beteiligten zur Erhebung der Zivilklage eine Frist zu bestimmen oder das Urteil des Zivilgerichts abzuwarten. Schrifttum Arnhold Strafbarer Ungehorsam gegen rechtswidrige Verwaltungsakte, JZ 1977 789; Benfer Zum Begriff „Rechtmäßigkeit der Amtshandlung“ in § 113 Abs. 3 StGB, NStZ 1985 255; Bruns Bindet die Rechtskraft deklaratorischer Urteile der Zivil- und Verwaltungsgerichte auch den Strafrichter? FS Lent (1957) 107; Eggert Die Bedeutung der Statusakte i.S. des § 1600a BGB für den Strafrichter, MDR 1974 445; Erichsen/Knocke Bestandskraft von Verwaltungsakten, NVwZ 1983 185; Fortun Die behördliche Genehmigung im strafrechtlichen Deliktsaufbau, Diss. Tübingen 1998; Franzheim Die Bewältigung der Verwaltungsrechtsakzessorietät in der Praxis, JR 1988 319; Gerhards Die Strafbarkeit des Ungehorsams gegen Verwaltungsakte, NJW 1978 86; Glauben Strafbarkeit von Amtsträgern, Abfallbesitzern und Anlagenbetreibern bei der Sonderabfallentsorgung, DRiZ 1998 23; Haaf Die Fernwirkung gerichtlicher und behördlicher Entscheidungen. Dargestellt am Problem der Bindung des Strafrichters an Zivil- und Verwaltungsgerichtsurteile sowie an Verwaltungsakte (1984); Hamm Mißbrauch des Strafrechts, NJW 1996 2981; Haueisen Unterschiede in den Bindungswirkungen von Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlichem Vertrag, gerichtlichem Vergleich und Urteil, NJW 1963 1329; Heine Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts, NJW 1990 2425; Hellmann Die Bindung des Strafrichters an Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsurteile, Diss. Mün-
1201 1202
Köln StV 1998 364; vgl. LR/Mosbacher § 249, 102, 108. BGH bei Sander NStZ-RR 2006 69 (zwei Urteile). BGH NStZ 1981 33; 1986 373; 1990 501; bei Kusch NStZ-RR 1997 377; StV 1982
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1203
95; KMR/Stuckenberg 166; Meyer-Goßner 38; SK/Schlüchter 111, 118; vgl. Rn. 13; zu kritisch Graf/Eschelbach 63 („Simulation einer effektiven Rechtsschutzmöglichkeit“). BGH NStZ-RR 1999 45.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 262
ster 1954; Hundt Die Wirkungsweise der öffentlich-rechtlichen Genehmigung (1994); Isensee Aussetzung des Steuerstrafverfahrens – rechtsstaatliche Ermessensdirektiven, NJW 1985 1007; Jörgensen Die Aussetzung des Strafverfahrens zur Klärung außerstrafrechtlicher Rechtsverhältnisse (1991); Kaiser Die Bindung des Strafrichters an Zivilurteile im Verfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht, NJW 1972 1847; Kern Die Aussetzung des Strafverfahrens zur Klärung präjudizieller Fragen nach § 262 Abs. 2 StPO, FS Reichsgericht 131; Kissel „Fremde“ Verfahrensgegenstände des deutschen Strafverfahrens, FS Pfeiffer 189; Knöpfle „Tatbestands“- und „Feststellungswirkung“ als Grundlage der Verbindlichkeit von gerichtlichen Entscheidungen und Verwaltungsakten, BayVBl. 1982 225; Kühl Probleme der Verwaltungsakzessorietät des Strafrechts, insbesondere im Umweltstrafrecht, FS Lackner 815; Lagemann Der Ungehorsam gegenüber sanktionsbewehrten Verwaltungsakten (1978); Lorenz Die Folgepflicht gegenüber rechtswidrigen Verwaltungsakten und die Strafbarkeit des Ungehorsams, DVBl. 1971 165; Marx Die behördliche Genehmigung im Strafrecht (1993); Merten Bestandskraft von Verwaltungsakten, NJW 1983 1993; Mittenzwei Die Aussetzung des Prozesses zur Klärung von Vorfragen (1971); Mohrbotter Bindung des Strafrichters an das Handeln der Verwaltung? JZ 1971 213; von Mutius Sind Gerichte im verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren antragsbefugt? VerwArch. 1973 95; Nicklisch Die Bindung des Gerichts an gestaltende Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsakte (1969); Ostendorf Die strafrechtliche Rechtmäßigkeit rechtswidrigen hoheitlichen Handelns, JZ 1981 165; Rogall Die Verwaltungsrechtsakzessiorietät des Umweltstrafrechts – alte Streitfragen, neues Recht, GA 1995 299; Rühl Grundfragen der Verwaltungsakzessorietät, JuS 1999 521; Scheele Zur Bindung des Strafrichters an fehlerhafte behördliche Genehmigungen (1993); Schenke Probleme der Bestandskraft von Verwaltungsakten, DÖV 1983 320; Schenke Die Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen einen sofort vollziehbaren, nachträglich aufgehobenen Verwaltungsakt, JR 1970 449; Schima Gedanken zur Auslegung behördlicher Entscheidungen, FS Larenz (1983) 265; Schlüchter Verfahrensaussetzung nach § 296 AO als Funktion des Prozeßzwecks, JR 1985 360; Schwab Bindung des Strafrichters an rechtskräftige Zivilurteile? NJW 1960 2169; Schwarz Zum richtigen Verständnis der Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts, GA 1993 318; Skouris Die schwebende Rechtssatzprüfung als Aussetzungsgrund gerichtlicher Verfahren, NJW 1975 713; Trousil Die Bindung des Zivilrichters an strafgerichtliche Erkenntnisse (2005); Waniorek Zur Straf- oder Bußgeldbewehrung rechtswidriger Verwaltungsakte – OLG Karlsruhe NJW 1988, 1604, JuS 1989 24; Weber Freiheit und Bindung des Strafrichters bei der Beurteilung bürgerlicher Rechtsverhältnisse (§ 262 Abs. 1 StPO), FS Trusen (1994) 591; Weidemann Tatbestandswirkung und Rechtskraftbindung im Steuerstrafverfahren? GA 1987 205; Wüterich Die Bedeutung von Verwaltungsakten für die Strafbarkeit wegen Umweltvergehen (§§ 324 ff. StGB), NStZ 1987 106; Zaczyk Bindungswirkungen eines rechtskräftigen Strafurteils für das materielle Strafrecht, GA 1988 356. Weitere Hinweise: Zur Frage, wieweit bei den einzelnen Straftatbeständen die materielle Rechtmäßigkeit eines Hoheitsaktes Tatbestandsmerkmal ist, vgl. die Kommentarliteratur zu den einzelnen Straftatbeständen des StGB und des Nebenstrafrechts; zur Vorlage an das BVerfG vgl. bei § 337, 26 ff. sowie die Kommentarliteratur zu Art. 100 GG; zur Vorlage an den EuGH vgl. die Kommentarliteratur zum früheren Art. 234 EGV und jetzt zu Art. 267 AEUV.
Bezeichnung bis 1924: § 261 Übersicht Rn. I. Bedeutung der Vorschrift
. . . . . . . .
II. Anwendungsbereich 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlende Vorfragenkompetenz des Strafgerichts a) Ausschließliche Entscheidungskompetenz einer anderen Stelle . . b) Ausnahmsweise Bindung an rechtskräftige Entscheidungen . . . . . . 3. Fehlende Präjudizialität
1 4
9 15
Rn. a) Gestaltungswirkung . . . . . . . . b) Tatbestandswirkung . . . . . . . . c) Akte fremder Hoheitsgewalt . . . .
16 24 30
III. Rechtsfolgen des Absatzes 1 . . . . . . .
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IV. Die Aussetzung des Verfahrens (Absatz 2) 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung über die Aussetzung a) Gerichtliches Ermessen . . . . . . . b) Ausnahmsweise Aussetzungspflicht?
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39 46 47
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rn.
3. Beschluss des Gerichts a) Beschluss . . . . . . . . . . . . b) Begründung . . . . . . . . . . c) Bekanntmachung . . . . . . . 4. Fristbestimmung a) Adressat . . . . . . . . . . . . b) Frist . . . . . . . . . . . . . . c) Fristablauf ohne Klageerhebung 5. Folgen der Aussetzung
. . . . . .
48 49 50
. . . . . .
51 52 53
Rn. a) Änderbarkeit des Aussetzungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . b) Verjährung . . . . . . . . . . . . . c) Keine Bindung an Vorfragenentscheidung . . . . . . . . . . . . . V. Rechtsmittel 1. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . 2. Revision . . . . . . . . . . . . . . .
54 55 56 57 60
Alphabetische Übersicht Abhilfeverfahren 52 Anhörung der Verfahrensbeteiligten 48 Asylverfahren 14 Aufforderung zur Klageerhebung 51 ff., 59 Aufklärungspflicht 36, 53, 61 f. Auslegung des Bußgeld- oder Straftatbestandes 21, 24 ff., 27, 35, 38 Auslegungsregeln anderer Rechtsgebiete 32 Ausschließliche Entscheidungskompetenz anderer Stellen 9 ff. Aussetzung des Strafverfahrens 6, 8, 12 f., 39 ff. Beschluss des Gerichts 48 ff., 54 Beamteneigenschaft 19 Befehlende Verwaltungsakte 21 Berufungsinstanz 40 Beschleunigungsgebot 45 f., 58 Beschwerde 49 f., 57 f. Beschwerdeverfahren 41 Beweisregeln 1, 31 Beweisverwendung anderer Urteile 36, 56 Beweiswürdigung, freie 31 Bindung durch andere Hoheitsakte 15, 16 ff., 24 ff. Bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnisse 1, 6, 34 f. Bußgeldverfahren 7, 14, 40 Ehe, Gültigkeit 18, 34 Entscheidungen anderer Strafgerichte 37, 45 Entscheidungen für und gegen alle 15 Ermessen des Gerichts 46, 56, 58 Europäischer Gerichtshof 13, 15, 30, 45 Feststellungsurteile 15 Frist für Klageerhebung 51 ff. Gebrauchsmuster 19 Gesetzlicher Richter 3, 62 Gestaltende Urteile und Verwaltungsakte 16 ff. Hoheitsakte, ausländische 30
Kartellgerichte 14 Landesrecht 9, 12, 30 Musterverfahren 45 Normenkontrolle, verfassungsgerichtliche 10 f. Normenkontrollverfahren (§ 47 VwGO) 12, 15 Nichtige Hoheitsakte 17, 47 Patent 19 Präjudizialität s. Vorgreiflichkeit Prozesswirtschaftlichkeit 45, 56 Rechtsbeschwerdeinstanz 40 Revisionsinstanz 40 Revision 60 ff. Rückwirkung 23 Staatsangehörigkeit 19 Staatsanwaltschaft 42 Statusurteil 15 Steuerstrafverfahren 7, 38 f. Strafregister 20 Tatbestandswirkung 24 ff. Unterhaltspflichtverletzung 34 Urteil eines anderen Gerichts 33 ff. Verfassungsgerichte 10 f., 15 Verjährung 55 Verkehrszeichen 27 Verwaltungsakt – Auslegung 29 – gestaltende 19 ff. – Unanfechtbarkeit, Vollziehbarkeit 23, 28, 47 Vorabentscheidungsverfahren 8, 13 Vorfragenkompetenz 1 ff., 9 ff. Vorgreiflichkeit 4 ff., 16 ff., 44 Vorlagepflicht 10 f., 13 Warenzeichen 19 Zeuge 51 Zwischenverfahren 39, 48
I. Bedeutung der Vorschrift 1
Absatz 1 enthält den Grundsatz, dass der Strafrichter Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten selbst entscheiden kann (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG) nach den für Strafsachen geltenden Verfahrens- und Beweisregeln. Die seit 1877 unveränderte Vorschrift bezieht sich ausdrücklich nur auf bürgerliche Rechtsverhältnisse, weil zur Entstehungszeit nur das Verhältnis zur Zivilgerichtsbarkeit einer Regelung bedurfte, da erst wenige Länder Verwaltungsgerichte eingerichtet hatten und an die übrigen heute bestehenden Gerichts-
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barkeiten noch nicht zu denken war, jedoch ist sie ihrem Zweck nach auf Vorfragen aus allen Rechtsgebieten übertragbar (Rn. 6). Der Grund für die Vorfragenkompetenz des Strafrichters liegt in der Wahrung der strafprozessualen Verfahrensmaximen, vornehmlich der Sicherung des Prinzips der materiellen Wahrheit, mit dem die Anwendung von (Beweis-)Vorschriften anderer Verfahrensordnungen, die anderen Verfahrenszwecken dienen, und insbesondere eine Bindung an die formelle Wahrheit der Zivilurteile unvereinbar ist.1 Aber auch Verfahren, die dem Untersuchungsgrundsatz folgen, weisen zahlreiche Unterschiede zur strafprozessualen Tatsachenfeststellung auf, die eine Bindung des Strafrichters ebenfalls ausschließen.2 Die praktisch wenig bedeutsame Vorschrift des Absatzes 2 stellt die Vorfragenkompe- 2 tenz nicht in Frage, sondern beruht nach den Motiven auf Gründen praktischer Zweckmäßigkeit und soll den Missbrauch der für den Anzeigeerstatter kostengünstigen strafprozessualen Amtsermittlung zur inzidenten Klärung zivilrechtlicher Streitfragen verhindern.3 Allerdings ist die bloße Fristsetzung dazu untauglich,4 weil im Gegensatz zu § 154d Satz 3 das Verfahren auch dann fortzusetzen ist, wenn die Beteiligten sich weigern, eine Zivilklage zu erheben. Zudem trägt der Missbrauchsgedanke nur im Zivilrecht, nicht beim Verwaltungs-, Finanz- oder Sozialgerichtsprozess, auf welche die Vorschrift nach heute einhelliger Auffassung erstreckt wird (Rn. 6). Der Zweck der Norm ist daher heute abweichend vom historischen Willen des Gesetzgebers so zu bestimmen, dass vor allem – wie bei den Parallelvorschriften der §§ 148, 149 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 74 FGO, § 114 SGG, § 94 VwGO –, doppelte Beweiserhebungen über denselben Gegenstand sowie einander widersprechende Entscheidungen verschiedener Gerichtszweige vermieden werden sollen (Entscheidungsharmonie).5 Aus der verschiedenartigen Ausgestaltung der Verfahrensrechte kann sich indes ergeben,6 dass das Streben nach Entscheidungsharmonie zurücktreten muss, etwa wenn das Prinzip der materiellen Wahrheit oder der Zweifelssatz im Strafprozess ein von einem vorherigen rechtskräftigen Zivilurteil abweichendes Ergebnis erzwingt7. Die dem Strafrichter eingeräumte Befugnis, über Vorfragen aus anderen Rechtsgebie- 3 ten zu entscheiden, lässt ihn auch für diese Vorfrage zum gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) werden.8 Nur wenn die Kompetenz zur Entscheidung einer Frage ausschließlich einem anderen Richter vorbehalten ist, ist der Strafrichter, da nicht entscheidungsbefugt, auch nicht gesetzlicher Richter.9
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Hahn 200 f.; RGSt 14 364, 374; 43 373, 377; OLG Oldenburg NJW 1952 118; vgl. BVerfG NStZ 1991 88, 89 (zu § 396 AO); KK/Engelhardt 3. KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 5; Schenke/Roth WiVerw 1997 81, 110 ff. (zum Verwaltungsprozess). Hahn 201 f.; zur Gesetzesgenese Kern FS Reichsgericht 131, 132 f. Zu späteren Entwürfen Hamm NJW 1996 2981 f.; Groß GA 1996 151 ff. Das Problem ist unvermindert aktuell, vgl. nur van Venrooy ZRP 2009 74; auch Reese JR 2006 225 ff. Zutr. Kern FS Reichsgericht 131, 139. BayObLGSt 1994 74, 76; KMR/Stuckenberg 2; Jörgensen 10 ff., 16 ff.; Kissel FS Pfeiffer 189, 197; a.A. OLG Köln wistra 1991 74,
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76; LR/Gollwitzer 25 5; SK/Schlüchter/ Velten 1, 13. Vgl. Kissel FS Pfeiffer 189, 197 ff. BGHSt 5 106, 110 f.; Alsberg/Nüse/Meyer 438 m.w.N. BayVerfGHE NF 16 II 64 = GA 1963 375 f.; BGH NJW 1963 446, 447. Vgl. BVerfGE 3 359, 363; 9 213, 215; 13 132, 143; 18 442, 447; 23 288, 319; 64 1, 14; 75 329, 346; 80 244, 256; BayVerfGH NJW 1985 2894. Ein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters liegt aber nur vor, wenn die Bejahung der eigenen Zuständigkeit willkürlich, nämlich bei objektiver Betrachtung unverständlich und völlig unhaltbar war.
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II. Anwendungsbereich 4
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1. Grundsatz. § 262 setzt Vorgreiflichkeit (Präjudizialität) der außerstrafrechtlichen Vorfrage in dem Sinne voraus, dass im zu entscheidenden konkreten Fall die Strafbarkeit von der Beurteilung der Rechtsfolge einer außerstrafrechtlichen Norm „abhängt“ (Abs. 1). Die Vorfrage kann sowohl die Schuldfrage, zumeist die Bejahung oder Verneinung eines Tatbestandsmerkmals, betreffen als auch die Strafzumessung, etwa das Schadensausmaß bei § 263 StGB oder § 370 AO.10 Stets muss es auf die Klärung einer außerstrafrechtlichen Rechtsfrage ankommen. § 262 betrifft nicht den Fall, dass Tatsachen, die im Strafverfahren erheblich sind, auch in einem anderen Verfahren Bedeutung haben.11 Die Feststellung dieser Tatsachen darf das Strafgericht nicht dem anderen Verfahren überlassen.12 Tatsächliche Umstände, die etwa in einem Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung zu ermitteln sind, muss das Strafgericht selbständig feststellen. Es darf also nicht abwarten, zu welchem Ergebnis die Beweisaufnahme eines denselben Fall betreffenden Schadensersatzprozesses führt.13 Ausdrücklich betrifft § 262 nur zivilrechtliche Vorfragen, weil die übrigen heutigen Gerichtszweige bei Schaffung der seit 1877 inhaltlich unveränderten Norm noch fehlten (Rn. 1); die jüngere, erstmals 1931 eingeführte und dem § 262 nachgebildete Parallelvorschrift für das Ermittlungsverfahren (heute § 154d) nennt schon sowohl zivil- als auch verwaltungsrechtliche Vorfragen. Heute besteht Einigkeit darüber, dass beide Absätze des § 262 entsprechend auf Vorfragen aus allen außerstrafrechtlichen Rechtsgebieten anzuwenden sind,14 gleichgültig, ob diese vom Beibringungs- oder Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht werden (Rn. 1). Eine Aussetzung entsprechend Absatz 2 ist daher auch möglich, um die Klärung einer entscheidungserheblichen Frage durch die Verwaltungs-, Finanz-, Sozial- oder Arbeitsgerichte anzuregen oder abzuwarten. § 262 gilt auch im Bußgeldverfahren (§ 46 Abs. 1, § 71 OWiG) sowie in Verfahren des Strafvollzugs (§ 120 Abs. 1 StVollzG). Eine Sonderregelung enthält § 396 AO, der dem Strafrichter erlaubt, ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Besteuerungsverfahrens auszusetzen.15 Unanwendbar ist § 262, wenn aufgrund gesetzlicher Sonderregeln einer anderen staatlichen Instanz ausschließliche Entscheidungskompetenz über die Vorfrage zukommt (Rn. 9 ff.) oder eine ergangene Entscheidung zu respektieren ist, ohne dass Zwang zur Herbeiführung einer Vorabentscheidung bestünde (Rn. 15) oder wenn sich tatsächlich keine Vorfrage stellt, weil das betreffende Rechtsverhältnis keiner Überprüfung zugänglich, sondern als institutionelle Tatsache hinzunehmen ist (Rn. 16 ff.).
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Jörgensen 47; a.A. wohl OLG Düsseldorf MDR 1992 989. Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1992 989. KK/Engelhardt 7; Meyer-Goßner 10. KK/Engelhardt 7; Eb. Schmidt 5. RGSt 12 1, 3; 17 21, 26; 39 62, 64; 43 373, 377; BayVerfGHE NF 16 II 64, 65 = GA 1963 375, 376; BayObLGSt 1960 94, 95 f. = NJW 1960 1534; OLG Hamburg NStZ 1999 431, 432; OLG Köln wistra 1991 74, 75; AK/Moschüring 2; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 5; MeyerGoßner 1; SK/Schlüchter/Velten 2, 13;
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Eb. Schmidt 2; Kaiser NJW 1961 1190; Kirchhof NJW 1985 2982; a.A. Wagner/ Hermann NZG 2000 520 für öffentlichrechtliche Vorfragen (zum Abrechnungsbetrug wegen Scheingesellschaftsvertrags trotz bestandskräftiger Kassenzulassung; die Frage der Beachtlichkeit des Verwaltungsakts betrifft jedoch das materiell-rechtliche Problem der Verwaltungsrechtsakzessorietät). Zur entsprechenden Auslegung des § 154d siehe dort Rn. 4. Siehe § 154d, 7 m.w.N.
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2. Fehlende Vorfragenkompetenz des Strafgerichts a) Ausschließliche Entscheidungskompetenz einer anderen Stelle. Der Grundsatz, dass das Strafgericht Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten nach den für den Strafprozess geltenden Grundsätzen selbst entscheidet, erfährt dort Ausnahmen, wo der Gesetzgeber die Entscheidung bestimmter Fragen ausdrücklich einem anderen Gericht oder einer anderen Stelle vorbehalten hat. In diesen Fällen muss das Gericht das Verfahren aussetzen und selbst die Entscheidung der Vorfrage durch die allein dazu berufene Stelle herbeiführen. Landesrecht kann Ausnahmen von den Regeln der §§ 261, 262 nur insoweit zulassen, als die Strafprozessordnung und die §§ 3 und 6 EGStPO sie ausdrücklich gestatten. Über die Verfassungsmäßigkeit nachkonstitutioneller formeller Gesetze entscheidet ausschließlich das BVerfG im Verfahren der konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG. Hält das Strafgericht eine Norm, von deren Gültigkeit die Entscheidung im Einzelfall abhängt, für verfassungswidrig, muss es das Verfahren aussetzen und die Sache dem BVerfG vorlegen.16 Die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsverordnungen prüft das Strafgericht selbst.17 Eine Aussetzung nach Art. 100 Abs. 1 GG ohne gleichzeitige Vorlage ist unzulässig, das Gericht darf also nicht lediglich eine anstehende Entscheidung des BVerfG abwarten;18 möglich erscheint aber eine analoge Anwendung von § 262 Abs. 2, siehe Rn. 45. Bei Zweifeln über die Fortgeltung vorkonstitutionellen Rechts als Bundesrecht entscheidet nach Art. 126 GG, § 13 Nr. 14, § 86 Abs. 2 BVerfGG ausschließlich das BVerfG, ebenso darüber, ob eine Regel des Völkerrechts (etwa bei Fragen der Exterritorialität, § 18 GVG) Bestandteil des Bundesrechts ist, Art. 100 Abs. 2 GG, § 13 Nr. 12, §§ 83, 84 i.V.m. §§ 80 ff. BVerfGG.19 Eine Aussetzungspflicht besteht nicht bei landesverfassungsrechtlichen Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO,20 weil der Strafrichter keine „Behörde“ ist, auch wenn die Entscheidung der Oberverwaltungsgerichte über die Gültigkeit von Landesrecht ihn bindet. Jedoch kann das Strafgericht in entsprechender Anwendung das Verfahren nach Absatz 2 aussetzen.21 Soweit dem Europäischen Gerichtshof die Vorabentscheidungskompetenz für Fragen der Auslegung und Gültigkeit von Gemeinschafts- und Unionsrecht eingeräumt ist nach Art. 267 AEUV, Art. 150 EURATOM, kann er von jedem Strafgericht angerufen werden. Eine Vorlage- und Aussetzungspflicht besteht nur für Gerichte letzter Instanz.22 Über die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als Asylbewerber entscheidet einzig das Bundesamt für Asylverfahren.23 Im Kartellrecht hat die 6. GWB-Novelle die Trennung von kartellrechtlicher Hauptfrage und Vorfrage aufgegeben. Die Kompetenz für Bußgeldsachen richtet sich nun nach §§ 81 ff. GWB;24 kartellrechtliche Beurteilungen
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Zu den strengen Anforderungen im Einzelnen vgl. die einschlägigen Erläuterungswerke. BVerfGE 1 184 ff. BGHSt 24 6, 8 ff.; OLG Köln NJW 1961 2269; OLG Schleswig SchlHA 1976 178. BGHSt 32 275, 287; 35 216, 218; 37 305, 307 ff., 312. BayVerfGH BayVBl. 1972 327, 329 f.; VGH Mannheim DVBl. 1963 399, 400 f.; HessVGH DÖV 1967 420, 421 f.; a.M.
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Menger VerwArch. 1963 393, 402; von Mutius VerwArch. 1973 95 ff. BayObLGSt 1994 74, 76 f.; Pfeiffer 2; unten Rn. 45. Vgl. die Erläuterungswerke zu den Verträgen sowie BVerfGE 75 223, 233 ff.; BGHSt 33 76, 78; 36 92, 94 f.; 37 168, 175; 37 333, 336. BayObLGSt 1985 39 = NStZ 1985 321. Hingegen besteht die ausschließliche Entscheidungskompetenz der Kartellgerichte
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wie etwa die der rechtswidrigen Absprache bei § 298 StGB25 nehmen die Strafgerichte selbst vor.
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b) Ausnahmsweise Bindung an rechtskräftige Entscheidungen. Grundsätzlich ist das Strafgericht nicht an rechtskräftige Urteile anderer Gerichte gebunden (Rn. 33 ff.), vielmehr ist es, sofern keine Sondervorschriften bestehen, frei, ob es ein solches Urteil zur Grundlage seiner Entscheidung machen will. Zu den besonders geregelten Ausnahmen, in denen das Gesetz eine solche Bindungswirkung anordnet, gehören Entscheidungen der Verfassungsgerichte,26 sofern sie eine für andere Verfahren geltende Bindung an eine bestimmte Rechtsauffassung entfalten. Wird im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO eine im Rang unter den Landesgesetzen stehende Norm (Verordnung u.a.) für ungültig erklärt, ist dies auch für die Strafgerichte verbindlich.27 Bindend für den Strafrichter sind auch Feststellungsurteile, die für und gegen alle wirken und daher der Wirkung eines Gestaltungsurteils nahekommen (nächste Rn.); hier geht das Interesse an der Entscheidungsharmonie (Einheit der Rechtsordnung) der Durchsetzung der strafprozessualen Verfahrensgrundsätze vor,28 z.B. bei Statusurteilen, die die Vaterschaft feststellen nach § 1600d BGB, § 640h Abs. 1 Satz 1 ZPO.29 Seit dem 1.9.2009 ist das 6. Buch der ZPO aufgehoben und durch das FGG-RG30 ersetzt, so dass an die Stelle der Vorschrift des § 640h ZPO der insoweit fast wortgleiche § 182 Abs. 2 FamFG getreten ist. Die Verbindlichkeit einer in anderer Sache ergangenen strafrichterlichen Entscheidung begründet das Gesetz ausnahmsweise in § 190 StGB. 3. Fehlende Präjudizialität
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a) Gestaltungswirkung. Ein Rechtsverhältnis ist nicht mehr vorgreiflich vom Strafgericht zu entscheiden, wenn darüber bereits von anderer Stelle eine konstitutive Entscheidung ergangen ist. Gestaltende Hoheitsakte ändern die materielle Rechtslage. Die Frage, wie das ursprünglich zugrunde liegende Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, stellt sich nicht mehr, vielmehr bleibt nur noch die Frage nach der Wirksamkeit oder Nichtigkeit des Gestaltungsakts. Eine Bindung entfällt, wenn das Gestaltungsurteil oder der Verwaltungsakt (gemäß 17 § 44 VwVfG) nichtig ist.31 Das Strafgericht kann, sofern dies nicht ausnahmsweise einem besonderen Verfahren vorbehalten ist, ihre Nichtigkeit selbst feststellen, es kann jedoch auch das Verfahren nach § 262 Abs. 2 aussetzen, wenn die Nichtigkeit Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist. Sofern ein Gestaltungsurteil vor seiner eigenen Entscheidung rechtskräftig ergangen 18 ist, hat der Strafrichter es wegen seiner Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3
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nach §§ 87, 95 GWB nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, MüKo-GWB/Keßler § 87, 3; Bechtold § 87, 4, 8; § 95, 1 GWB. Vgl. nur BGHSt 49 201, 205; BGH NStZ 2006 687. Vgl. § 31 BVerfGG. Vgl. die Kommentare zu § 47 VwGO. RGSt 14 364, 374; BayObLG StV 1990 165; KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 31; Meyer-Goßner 3; Spendel NJW 1966 1102, 1104.
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Vgl. zu § 1600a a.F. BGB, § 640 a.F. ZPO BGHSt 26 111, 115 gegen BGHSt 5 106; OLG Hamm NJW 1973 2306; NStZ 2004 686; OLG Stuttgart NJW 1973 2305; OLG Zweibrücken MDR 1974 1034; LG Zweibrücken NStZ 1993 300; w.N. bei LK/Dippel § 170, 27; KMR/Stuckenberg 15. BGBl. 2008 I S. 2586. BayVerfGHE 16 II 64, 65 = GA 1963 375, 376; BayObLGSt 1959 257, 261; KMR/ Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 8.
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GG) zu beachten, etwa Ehescheidungs- und -aufhebungsurteile,32 Grenzentscheidungsurteile (§ 920 BGB), Aufhebung eines Verwaltungsakts. Gestaltende Verwaltungsakte hat der Strafrichter zu beachten, wenn sie nicht nichtig sind, etwa die Verleihung der Beamteneigenschaft (§ 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB) und deutschen Staatsangehörigkeit,33 Entscheidungen des Patentamts über Erteilung, Nichtigkeit oder Zurücknahme von Patenten34 oder die Eintragung von Warenzeichen in die Zeichenrolle,35 aber nicht von Gebrauchsmustern36. Über die Tilgung von Eintragungen in das Bundeszentralregister entscheidet allein das Bundesamt für Justiz als Registerbehörde mit gestaltender Wirkung. Zwar muss der Strafrichter prüfen, ob Eintragungen zu Unrecht getilgt wurde, aber ohne vorherige Registeränderung darf er die getilgte Vorstrafe nicht verwerten.37 Nach verbreiteter Ansicht sollen zu den gestaltenden Verwaltungsakten in einem weiten Sinne auch diejenigen gehören, die vor allem im Polizei- und Ordnungsrecht Pflichten für den Bürger begründen, indem sie bestimmtes Handeln befehlen oder verbieten.38 Dem ist nicht beizupflichten, vor allem nicht der damit angedeuteten Art der Bindung des Strafrichters. Das Kennzeichen gestaltender Hoheitsakte ist, dass sie institutionelle (rechtliche) Tatsachen schaffen, mithin der Vollstreckung weder fähig noch bedürftig sind. Eine ordnungsrechtliche Verfügung hingegen ist regelmäßig ein befehlender Verwaltungsakt, daher vollstreckungsfähig und oft auch -bedürftig. Eine Gleichstellung befehlender mit gestaltenden Hoheitsakten ist aus strafrechtlicher Sicht weder geboten noch sachgerecht. Denn ob die etwa durch Ordnungsverfügungen begründeten Pflichten vom Strafrichter ungeprüft hinzunehmen sind, ob die Strafbarkeit nur an die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts anknüpft oder auch dessen Rechtmäßigkeit voraussetzt, ist eine Frage der Auslegung des materiellen Rechts (Rn. 24 ff.). Nach herrschender Meinung muss der Gestaltungsakt vor der Tat erfolgt sein, wenn er ein Tatbestandsmerkmal betrifft.39 Dies ist wegen Art. 103 Abs. 2 GG nur selbstverständlich, wenn die Rechtsgestaltung zur Strafbegründung führt. Umstritten ist, ob ein nachträglicher Gestaltungsakt strafaufhebend wirken kann. Rückwirkende Gestaltungsurteile sollen für den Strafrichter grundsätzlich nicht bindend sein.40 Ein solcher Grundsatz ist jedoch nicht anzuerkennen. Ob und inwieweit etwa rückwirkende zivilrechtliche Statusurteile im Strafrecht zu beachten sind, hängt – ebenso wie die Relevanz sonstiger zivilrechtlicher Fiktionen – vom jeweiligen Straftatbestand ab.41 Insbesondere die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der Tatbestandswirkung entfaltet (unten Rn. 24 ff.), durch das Verwaltungsgericht mit Wirkung ex tunc soll
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RGSt 14 364, 374; KK/Engelhardt 5. KK/Engelhardt 6; KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 8; SK/Schlüchter/Velten 5. RGSt 3 252, 254; 7 146, 147; 14 261, 263; vgl. RGZ 59 133; 61 21; BGH GRUR 1957 270; Spendel NJW 1966 1104; KK/Engelhardt 6; KMR/Stuckenberg 19; Meyer-Goßner 8; SK/Schlüchter/Velten 5. RGSt 28 275, 277; 30 211, 214; 42 87, 88; 44 192, 194; 46 21, 23; 48 389, 391; KK/ Engelhardt 6; KMR/Stuckenberg 19; MeyerGoßner 8; SK/Schlüchter/Velten 5. RGSt 46 92, 93; s.a. BGH GRUR 1957 270 ff.
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RGSt 56 75, 76; BGHSt 20 205, 206 f. LR/Gollwitzer 25 15; Meyer-Goßner 8; SK/Schlüchter/Velten 5; dagegen KMR/ Stuckenberg 21. Meyer-Goßner 4; vgl. BayObLGSt 1959 257, 260; 1961 253, 256. Vgl. OLG Hamm NJW 1969 805; Alsberg/ Nüse/Meyer 437 Fn. 79 m.w.N.; a.A. jetzt OLG Hamm NStZ 2004 686 (zur Vaterschaftsanfechtung). Vgl. LK/Dippel § 170, 27 m.w.N.; OLG Hamm NStZ 2004 686 f.
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die Strafbarkeit der Zuwiderhandlung nicht entfallen lassen, weil es allein auf die Umstände zum Tatzeitpunkt ankomme.42 Dem ist zu widersprechen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die verfassungskonforme Auslegung des materiellen Strafrechts in der Regel ergeben wird, dass die Strafbarkeit nicht nur die Existenz eines Verwaltungsakts, sondern auch dessen Rechtmäßigkeit voraussetzt, weil der Zweck eines Strafgesetzes selten allein die Ahndung bloßer Unbotmäßigkeit ist („Geßlerhuteffekt“);43 dann aber entfaltet der Verwaltungsakt schon keine „Tatbestandswirkung“ und seine Rechtmäßigkeit ist vom Strafrichter selbst zu prüfen (Rn. 25 ff.). Ergibt die Auslegung des Strafgesetzes jedoch, dass es nur auf die Existenz (und Vollziehbarkeit) des Verwaltungsakts ungeachtet seiner Rechtmäßigkeit ankommt, so ist seine rückwirkende Aufhebung im Verwaltungsrechtsweg stets beachtlich. Dies ergibt sich sowohl aus strafrechtlichen als auch aus verwaltungsrechtlichen Prinzipien. Aus strafrechtlicher Sicht wäre es ein kaum verständlicher Wertungswiderspruch, wenn zwar die Aufhebung eines zur Tatzeit geltenden Strafgesetzes, einer abstrakt-generellen Norm, die dadurch begründete Strafbarkeit rückwirkend entfallen lässt nach dem Meistbegünstigungsprinzip des § 2 Abs. 3 StGB, hingegen die Aufhebung einer konkret-individuellen (Verwaltungsakt mit individualisierten Adressaten) oder konkret-generellen (Allgemeinverfügung) Norm, wenn sie nicht als Zeitgesetz (§ 2 Abs. 4 StGB) anzusehen ist, die durch sie mitbegründete Strafbarkeit unberührt ließe, mithin die strafbegründende Kraft eines (rechtswidrigen!) Verwaltungsakts die eines Bundesgesetzes überdauerte. Die verwaltungsgerichtliche Aufhebung eines Verwaltungsakts ist demnach der legislativen Aufhebung einer blankettausfüllenden Norm44 gleichzustellen. Aus verwaltungsrechtlicher Sicht wäre es nicht nur ungereimt, sondern rechtsstaatswidrig, wenn zwar zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gesetzesbindung der Verwaltung der rechtswidrige Verwaltungsakt nun „als nicht ergangen zu behandeln“ und die Rechtsstellung des Klägers wiederherzustellen ist, folglich die verwaltungsrechtlichen Vollzugsfolgen zu beseitigen sind,45 er womöglich Schadensersatz aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG erhält, aber die Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen den als „nicht ergangen“ anzusehenden Verwaltungsakt bestehen bliebe. Der aufgehobene Verwaltungsakt – und damit der in ihm verkörperte, vom Verwaltungsgericht festgestellte staatliche Rechtsverstoß – würde ausgerechnet im Strafurteil überleben, seiner schärfsten Folge, denn die Strafbewehrung dient der Verstärkung der Mittel des Verwaltungszwangs46. Dass konsequenterweise auch sanktionsaufhebende Folgenbeseitigung47 eintreten muss, war schon in der Verwaltungsrechtslehre des 19. Jahrhunderts selbstver-
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BGHSt 23 86, 91, 93 ff. für Verkehrszeichen; vgl. den Vorlagebeschluss BayObLG VRS 35 (1968) 195 ff., dazu Schreven NJW 1970 155; BGH NJW 1982 189; BayObLGSt 1952 226, 227; 1962 26, 31; OLG Celle NJW 1967 743 f.; 1967 1623; OLG Hamburg NJW 1980 1007 f. mit Anm. Oehler JR 1981 33; OLG Karlsruhe NJW 1978 116 f. = Justiz 1977 354; NJW 1988 1604, 1605; AG Frankfurt NVwZ 1983 702; Alsberg/ Nüse/Meyer 439 Fn. 91 m.w.N.; KK/Engelhardt 8; Meyer-Goßner 8; SK/Schlüchter/ Velten 6; Horn NJW 1981 1, 8; Lorenz DVBl. 1971 165, 168. Zur Gegenmeinung s. die folgenden Fn. sowie KMR/Stuckenberg 23.
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Haaf Die Fernwirkung gerichtlicher und behördlicher Entscheidungen (1984) 237. Vgl. nur Jakobs 4/71; NK-StGB/Hassemer/ Kargl § 2, 41 m.w.N. Kopp/Schenke § 113, 8; 80 ff. VwGO; Hk-VwGO/Kröninger/Wahrendorf § 113, 56 ff.; Posser/Wolff/Decker § 113, 43 ff., 47 VwGO; Bader/Kuntze § 113, 44 VwGO; Eyermann/Schmidt § 113, 28 ff. VwGO; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Gerhardt § 113, 6 ff., 9 VwGO; Sodan/Ziekow/Wolff § 113, 196 f., 210 ff. VwGO. Berg WiVerw 1982 169, 179. Schenke JR 1970 449, 451; Stern FS Lange 859, 863.
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ständlich.48 Zu Recht anerkannt ist der rückwirkende Wegfall der Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wenn das rechtskräftige Fahrverbot im Wiederaufnahmeverfahren mit dem Urteil aufgehoben wird;49 dies muss erst recht gelten, wenn das Verwaltungsgericht z.B. eine rechtswidrige Fahrerlaubnisentziehung nach § 15b StVZO aufhebt50. b) Tatbestandswirkung hat ein Urteil, Verwaltungsakt oder sonstiger Hoheitsakt, 24 wenn die anzuwendende Strafnorm nicht auf das vorgreifliche Rechtsverhältnis unmittelbar, sondern allein auf die (rechtliche) Tatsache, dass dazu eine wirksame Entscheidung oder Regelung ergangen ist, abstellt. Die übliche Redeweise, dass der Strafrichter an diesen Hoheitsakt „gebunden“ sei, kann zu Missverständnissen führen, denn die Bindungswirkung geht nicht von dem Hoheitsakt aus, sondern beruht allein auf dem Strafgesetz, das den Hoheitsakt in Bezug nimmt. § 262 ist daher nicht anwendbar, wenn die Subsumtion unter den Straftatbestand eine „Vorfrage“ über ein außerstrafrechtliches Rechtsverhältnis gar nicht aufwirft, sondern nur die Feststellung einer darauf bereits gegebenen hoheitlichen „Antwort“ erfordert, für deren Nachprüfung kein Bedarf und kein Raum ist. Ob und inwieweit der Strafrichter die Kompetenz insbesondere zur Beurteilung von 25 Verwaltungsakten besitzt, ist weder durch den Grundsatz der Gewaltenteilung noch sonstige Verfassungssätze allgemein festgelegt.51 Als allgemeine Regel des einfachen Rechts ist die den Verwaltungsakten unter der Bezeichnung „Tatbestandswirkung“ 52 zugeschriebene generelle Drittbindungswirkung gegenüber den Strafgerichten und gar zu Lasten des Angeklagten nicht zu begründen. Es ist eine gesetzgeberische Entscheidung, ob der Richter an Verwaltungsentscheidungen gebunden oder ihm Beurteilungskompetenz eingeräumt wird,53 ob die Strafbarkeit von der Existenz (Beachtlichkeit, Wirksamkeit) eines Verwaltungsakts oder von dessen Rechtmäßigkeit54 abhängt. Dabei sind die Anforderungen der jeweils eingeschränkten Grundrechte zu beachten, die ergeben können, dass die Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen einen Verwaltungsakt nur bei dessen materieller Rechtmäßigkeit zulässig ist, obwohl für den Vollzug des Verwaltungsakts wegen Situationsgebundenheit oder Eilbedarfs die formelle Rechtmäßigkeit genügt.55 Umgekehrt kann dies dazu führen, dass das Strafgericht sich nicht mit dem Fehlen eines begünstigen-
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Dazu Erichsen Verwaltungs- und verfassungsrechtliche Grundlagen der Lehre vom fehlerhaften belastenden Verwaltungsakt und seiner Aufhebung im Prozeß (1971) 200 Fn. 90 m.w.N.; im Ergebnis wie hier OLG Frankfurt NJW 1967 262; AG Bonn JZ 1968 106; und das verwaltungsrechtliche Schrifttum: Kopp/Schenke § 80, 32; § 113, 11 m.w.N.; Arnhold Die Strafbarkeit rechtswidriger Verwaltungsakte (1978) 14 ff., 166 ff.; Arnhold JZ 1977 789; Berg WiVerw 1982 169 ff.; Gerhards NJW 1978 86; Janicki JZ 1968 94; Mohrbotter JZ 1971 213 ff.; Schenke JR 1970 449 ff.; Schreven NJW 1970 155; Stern FS Lange 859, 863; Waniorek JuS 1989 24, 25 ff.; Wüterich NStZ 1987 106, 107 f.; ähnlich OLG Frankfurt NVwZ 1988 287; Schenke/Roth WiVerw 1997 81, 110 ff.
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BayObLG NJW 1992 1120 f., das zu Unrecht keinen Widerspruch zu BGHSt 23 86 sieht. Anders noch BayObLGSt 1952 226, 227. BVerfGE 87 399, 407 f. Zu den unterschiedlichen Definitionen dieses auf Kormann AöR 30 (1913) 253, 255 („Wirkung, die ein Staatsakt als solcher durch die bloße Tatsache seines Vorhandenseins hat“) zurückgehenden Begriffs vgl. Kopp/Ramsauer § 43, 17 m.w.N.; Knöpfle BayVerwBl. 1982 225, 236; ferner Jörgensen 118 f.; Rogall GA 1995 299, 304. BVerfGE 87 399, 407 f. Wie bei §§ 113 Abs. 3, 136 Abs. 3 StGB. BVerfGE 87 399, 408 ff. (zu § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG); 92 191, 199 ff. (zu § 111 OWiG).
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den Verwaltungsakts begnügen darf (negative Tatbestandswirkung), sondern selbst prüfen muss, ob der Angeklagte einen Anspruch auf behördliche Erlaubnis usw. hatte.56 Ein deutliches Anzeichen für Tatbestandswirkung ist, dass ein Hoheitsakt Tatbestandsmerkmal oder objektive Strafbarkeitsbedingung einer Strafnorm („ohne Erlaubnis“) 57 ist, z.B. Verbot einer Partei oder Ersatzorganisation (§§ 84, 85 Abs. 1 Nr. 2 StGB), Preisregelungsverfügungen (§ 3 WiStG), vollstreckungsfähiges Strafurteil (§§ 145c, 258 Abs. 2 StGB), Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (§§ 283 ff. StGB),58 Verbot eines Vereins (§ 3 VereinsG) oder Feststellungen der Verwaltungsbehörde nach § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG (§ 20 Nr. 2 VereinsG). Stets ist die Auslegung des materiellen Strafgesetzes im Lichte der Grundrechte maßgebend,59 wobei die Poenalisierung des Ungehorsams auch gegen rechtswidrige Verwaltungsakte deutlich erkennbar sein muss, sonst ist Art. 103 Abs. 2 GG verletzt.60 Die Rechtsprechung hat bisher Verkehrszeichen61 Tatbestandswirkung zuerkannt, Hausverboten,62 der Aufforderung im Rahmen der Volkszählung63 und anderen Statistiken64, der atomrechtlichen Genehmigung65 und der Genehmigung einer Abfallentsorgungsanlage66. Ein Hoheitsakt mit Tatbestandswirkung „bindet“67 den Strafrichter, wenn er vor Tatbegehung68 ergangen und nicht nichtig ist, unabhängig davon, ob zugleich eine Wirkung inter omnes besteht69. Ein Urteil muss regelmäßig rechtskräftig, ein Verwaltungsakt unanfechtbar oder sofort vollziehbar sein, da es nicht vom Belieben des betroffenen Bürgers abhängen kann, ob die Befolgung des Verwaltungsakts für ihn verbindlich ist.70 Zur rückwirkenden Aufhebung von Verwaltungsakten mit Tatbestandswirkung siehe oben Rn. 23. Die Auslegung des Verwaltungsaktes zur näheren Bestimmung seines Gegenstands und Inhalts, bei einer Strafbewehrung nicht zuletzt auch zur Kontrolle der erforderlichen rechtsstaatlichen Bestimmtheit, obliegt dem Strafrichter, auch wenn er von dessen Vorliegen auszugehen hat. Er muss den Inhalt nach den für die Auslegung des öffentlichen Rechts maßgebenden Grundsätzen feststellen. Maßgebend ist der erklärte Wille, so wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen muss. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung.71
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Vgl. BVerfG NStZ 2003 488, 489 (zu § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG) mit Anm. Mosbacher; s.a. OLG Schleswig NStZ 2005 408 mit Anm. Schwedler. RGSt 32 106, 109 f. RGSt 26 37. Vgl. BVerfGE 75 329, 346 f.; Lorenz DVBl. 1971 165, 170; Rühl JuS 1999 521, 528. BVerfGE 87 399, 411. BGHSt 23 86, 91 ff.; BayObLGSt 1967 69, 73 f.; 1985 11, 12; OLG Celle NJW 1967 1623, 1624; OLG Hamburg JZ 1970 586; OLG Hamm VRS 30 (1966) 478, 479 f.; OLG Karlsruhe NJW 1967 1625; OLG Stuttgart DÖV 1967 132 mit krit. Anm. Bachof. OLG Karlsruhe NJW 1978 116; OLG Hamburg NJW 1980 1007 f. mit Anm. Oehler JR 1981 33. OLG Karlsruhe NJW 1988 1604, 1605 mit abl. Anm. Waniorek JuS 1989 24, 25 f.
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BayObLG NStZ 1986 36; OLG Düsseldorf NStZ 1981 68 f. BVerfGE 75 329, 346; LG Hanau NJW 1988 571, 574 ff. mit Anm. Winkelbauer JuS 1988 691. OLG Köln wistra 1991 74 f. Siehe Rn. 24 und RGSt 18 436, 440; 43 373, 375; BGHSt 23 86, 91 f. BayObLGSt 1961 253, 257 f. SK/Schlüchter/Velten 7. BTDrucks. 7 550, S. 194; BGHSt 23 86, 91 f.; BayObLGSt 1957 204, 206; 1985 64, 65; OLG Düsseldorf NStZ 1981 68 f.; OLG Karlsruhe NJW 1978 116 f.; 1988 1604, 1605; Jörgensen 144 ff.; Odenthal NStZ 1991 418 ff.; diff. SK/Schlüchter/Velten 8; s.a. OVG Münster NVwZ-RR 1993 385, 386. BGHSt 31 314 und Hinweis auf BVerwGE 60 228; Rogall GA 1995 299, 307.
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c) Akte fremder Hoheitsgewalt. Die Entscheidungen aller Gerichte der Bundesrepu- 30 blik sind in dem aufgezeigten Rahmen beachtlich, auch soweit sie nicht auf einer bundeseinheitlichen Verfahrensordnung, sondern auf Landesrecht beruhen. Ausländische Urteile sind insoweit beachtlich, als sich dies aus einem innerstaatlichen Rechtssatz oder dem Völkerrecht, vor allem aus internationalen Vereinbarungen ergibt, so vor allem auch die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union. Aus der bundesstaatlichen Kompetenzordnung folgt ferner, dass auch Hoheitsakte eines anderen Bundeslandes, vor allem rechtsgestaltende Verwaltungsakte, in den anderen Ländern zu beachten sind, und zwar ganz gleich, ob sie auf Grund Bundesrechts72 oder Landesrechts erlassen werden.73 Soweit dies durch Rechtssatz, auch internationale Abkommen, ausdrücklich festgelegt ist, gilt dies auch für Hoheitsakte ausländischer Staaten und Staatengemeinschaften.74 Gleiches gilt nach Art. 18, 19 EinigungsV in den dort bezeichneten Grenzen für Urteile und andere Hoheitsakte der früheren DDR (vgl. 24. Aufl., Nachtr. II Rn. C 4 ff.).
III. Rechtsfolgen des Absatzes 1 Absatz 1 bestimmt, dass die für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen gelten- 31 den Vorschriften auch für die Beurteilung des außerstrafrechtlichen Rechtsverhältnisses gelten, mithin insbesondere die Instruktionsmaxime und der Grundsatz der freien Beweiswürdigung75 nach § 261 einschließlich des Zweifelssatzes76. In anderen Prozessordnungen77 enthaltene Beweisregeln aller Art – Beweismaß-, formelle und materielle Beweislastregeln – sind im Strafverfahren grundsätzlich unanwendbar.78 Inwieweit spezielle, oft im materiellen Recht platzierte, gesetzliche Vermutungen und Fiktionen anderer Rechtsgebiete ausnahmsweise zu beachten sind, hängt sowohl vom normativ zu bestimmenden Anwendungsbereich79 der jeweiligen Vermutung oder Fiktion als auch vom betroffenen Straftatbestand ab. Oft mag sich erweisen, dass der Regelungszweck der Vermutung im Strafrecht keine Beachtung erheischt;80 anders kann es aber bei Statusregelungen wie den §§ 1591 ff. BGB sein, bei denen ein hohes Interesse an Entscheidungsharmonie und damit an rechtsgebietsübergreifender Anwendung besteht.81 An Auslegungsregeln des Zivilrechts und sonstiger Rechtsgebiete ist der Strafrichter 32 hingegen gebunden, weil Auslegung Rechtsanwendung ist.82 Auch die Auslegung eines 72 73 74
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So BVerfGE 11 6, 19; vgl. BVerfGE 76 1, 77. Zu den wenig geklärten Fragen vgl. Bleckmann NVwZ 1986 1. Vgl. Bleckmann JZ 1985 1072 m.w.N.; ferner zur Rechtsnatur der öffentlichen Gewalt zwischenstaatlicher Einrichtungen etwa BVerfGE 58 1, 26 ff.; 112 1, 24 ff. RGSt 43 373, 377. Pfeiffer 1; Weber FS Trusen 591, 593 ff. Z.B. §§ 417 ff. ZPO. Dazu Weber FS Trusen 591, 599 ff. und LR/Sander § 261, 41, 68. In welchen Anwendungskontexten eine Vermutung oder Fiktion gelten soll, bestimmt allein die Entscheidung des Gesetzgebers, die durch Auslegung zu ermitteln ist, vgl. Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1998) 467 ff. m.w.N. Die äußer-
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liche Klassifizierung einer Regel als „materiell-rechtlich“ oder „verfahrensrechtlich“ hilft allein nicht weiter. Z.B. der §§ 280 Abs. 1 Satz 2, 891, 1006 Abs. 1 Satz 1, 1253 Abs. 2 Satz 1, 1362 BGB; dazu RGSt 36 332, 333 f. Die nach überwiegender Ansicht im Rahmen des § 170 StGB in einem Strafverfahren anwendbar sind, OLG Braunschweig NdsRpfl. 1959 230; OLG Celle NJW 1962 600; OLG Hamm NStZ 2004 686; Koffka JR 1968 228; Mattmer NJW 1967 1593; Schröder JZ 1959 347; vgl. auch OLG Braunschweig NJW 1964 214; a.A. OLG Celle NJW 1955 563. W. Nachw. bei LK/ Dippel § 170, 26; Weber FS Trusen 591, 598. Weber FS Trusen 591, 601 f.
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Verwaltungsakts muss er selbst vornehmen nach den Regeln des Verwaltungsrechts, so dass Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen.83 Im Übrigen besteht grundsätzlich keine Bindung des Strafrichters, insbesondere weder 33 an rechtskräftige Urteile noch an die Rechtsansichten84 der Gerichte anderer Gerichtszweige, auch soweit in diesen Verfahren der Grundsatz der Amtsuntersuchung gilt.85 Denn weder aus dem Prinzip der Gewaltenteilung noch aus dem ungeschriebenen Grundsatz der gegenseitigen Respektierung kompetenzgerechter Hoheitsakte noch aus einer nur inter partes bestehenden Rechtskraftwirkung (§ 121 VwGO)86 ergibt sich eine solche umfassende Bindung.87 Ob und wieweit die Vorfragenkompetenz des Strafrichters eingeschränkt wird, kann der Gesetzgeber unter Berücksichtigung etwaiger besonderer Schutzanforderungen der betroffenen Grundrechte frei bestimmen.88 Keine Bindung besteht somit auch an Entscheidungen der Zivilgerichte über die Gül34 tigkeit einer Ehe; die Reichstagskommission hatte einen Antrag, der eine abweichende Behandlung dieses Falls bezweckte, abgelehnt.89 Über die Frage der Unterhaltspflicht im Rahmen des § 170 StGB muss der Strafrichter auch dann selbständig entscheiden, wenn bereits ein rechtskräftiges Zivilurteil darüber ergangen ist.90 Hat allerdings das Zivilgericht das Bestehen einer Pflicht zur Zahlung von Unterhalt rechtskräftig verneint, wirkt dies insofern zugunsten des Angeklagten, weil er dann regelmäßig in einem nicht vorwerfbaren Verbotsirrtum gehandelt haben dürfte. Nach umstrittener Ansicht darf darüber hinaus die zivilrechtlich nicht durchsetzbare Pflicht strafrechtlich nicht poenalisiert werden.91 Abzulehnen ist insbesondere die Ansicht, dass Zivilurteile, die bereits vor der Tat das 35 Bestehen oder Nichtbestehen eines durch Rechtssatz begründeten Rechtsverhältnisses mit Wirkung gegen den Angeklagten rechtskräftig festgestellt haben, das Strafgericht binden, sofern sie nicht erschlichen sind.92 Die Bindung des Strafgerichts an die Entscheidung eines anderen Gerichts kann nicht davon abhängen, wann diese Entscheidung ergangen ist. Eine andere Frage ist, ob ein vor der Tat ergangenes Urteil nach dem materiellen
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BGHSt 31 314, 315 f. mit BVerwGE 60 228, 229. BVerfGE 75 329, 346; OLG Hamburg NStZ 1999 431, 432 (bzgl. Strafvollstreckungskammer). KMR/Stuckenberg 1, 5; Meyer-Goßner 5; SK/Schlüchter/Velten 2. Zu den Grenzen der nicht nur auf den Bereich der Verwaltungsrechtspflege beschränkten materiellen Bindung der Beteiligten durch § 121 VwGO vgl. die Kommentare zur VwGO; ferner etwa BGHZ 15 19; BGH DÖV 1981 337 (zu § 47 VwGO); NVwZ 1982 148. Zur Ableitung der wechselseitigen Bindung der Gerichte aus allgemeinen Grundsätzen vgl. Knöpfle BayVBl. 1982 225 ff. m.w.N., dessen Erwägungen nicht ohne weiteres auf den Strafprozess übertragbar sind. Vgl. etwa BVerfGE 75 329, 346; 80 244, 256; 87 399, 407, 410. Hahn 889 ff.
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BGHSt 5 106, 108 ff.; BayObLGSt 1967 1, 2; BayObLG StV 2001 349; OLG Bremen NJW 1964 1286; OLG Celle NJW 1955 563; OLG Hamm NJW 1954 1340; NStZ 2004 686; OLG Oldenburg NJW 1952 118; OLG Stuttgart NJW 1960 2204; Alsberg/Nüse/ Meyer 437 f.; KK/Engelhardt 3; Pfeiffer 4; SK/Schlüchter/Velten 3; Eb. Schmidt Nachtr. I 6; a.A. BGHSt 26 111, 115; OLG Braunschweig NJW 1953 558; Rosenberg/Schwab/ Gottwald § 10 Rn. 8 ff.; Dünnebier JZ 1961 672 f.; Kaiser NJW 1972 1847; Schwab NJW 1960 2169 ff.; diff. HK/Julius 5; vgl. die Kommentare zu § 170 StGB. HK/Julius 5; a.A. BGH NJW 1954 82; OLG Stuttgart NJW 1960 2205; AK/ Moschüring 6. Wie hier BGHSt 5 106, 108; OLG Stuttgart NJW 1960 2204; a.A. OLG Königsberg GA 56 (1909) 254; OLG Dresden GA 61 (1914) 370; Binding Abh. 2 306; dazu vgl. Schwab NJW 1960 2169 ff.
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Recht als eine Pflichten begründende oder beseitigende Tatsache zu beachten ist.93 Dies muss durch Auslegung des einzelnen Straftatbestands ermittelt werden. Im Einzelfall mag eine solche Auslegung des materiellen Rechts angebracht sein, wollte man dies aber allgemein annehmen, so würde das bedeuten, dass jedem Urteil Gestaltungswirkung beigemessen würde. Freilich ergeben die Motive,94 dass die Tatsache eines vor der Tat ergangenen zivilrechtlichen Urteils nicht schlechthin als bedeutungslos bezeichnet werden sollte. Ein solches Urteil kann nicht nur als Beweisanzeichen, sondern aus sachlichrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen unmittelbar die Entscheidung des Strafgerichts beeinflussen, wofür der Gesetzgeber aber keine auf alle möglichen Fälle passenden Vorschriften geben zu können glaubte. Eine Bindung tritt auch nicht dadurch ein, dass das Gericht das Verfahren nach 36 Absatz 2 oder nach § 154d ausgesetzt und die Entscheidung eines anderen Gerichts abgewartet hat. Sofern dieser nicht aus einem anderen Grund Bindungswirkung zukommt, steht es in seinem an der Aufklärungspflicht auszurichtenden, pflichtgemäßen Ermessen, ob es ein solches Urteil seiner Entscheidung zugrunde legen will.95 Das Strafgericht, das die Entscheidung eines Zivilgerichts für zutreffend hält, kann, wie die §§ 262, 359 Nr. 4 zeigen, sein Urteil auf diese Entscheidung stützen (unten Rn. 56). Rechtskräftige strafgerichtliche Urteile aus einem anderen Verfahren96 binden den 37 Strafrichter nicht, selbst wenn sie dieselbe Tat betreffen, wie etwa das abgetrennte Verfahren gegen einen Mittäter. Nur in ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen, wie etwa § 190 StGB, wird der Grundsatz durchbrochen (Rn. 15). Ebenso besteht keine generelle Bindung an Entscheidungen der Verwaltungsbehörden, 38 weder aufgrund der Gewaltenteilung (Rn. 25) noch wegen des Instituts der Bestandskraft der Verwaltungsakte, die keine höhere Dignität genießen können als rechtskräftige fachfremde Urteile oder die Rechtsnormen, auf denen sie beruhen,97 noch wegen einer generellen „Tatbestandswirkung“, die nicht ohne Berücksichtigung des Wortlauts und Normzwecks des jeweiligen Strafgesetzes bejaht werden kann, sondern Folge der Ausgestaltung der Strafnorm ist98. Zwar wird grundsätzlich infolge Vertrauensschutzes 99 die Befolgung eines wirksamen, aber rechtswidrigen Verwaltungsakts nicht strafbar sein, doch ob dies auch in Fällen durch Täuschung oder aufgrund Kollusion ergangener Genehmigungen usw. gilt, kann nur die Auslegung der jeweiligen Strafvorschrift klären.100 Umgekehrt wird selten anzunehmen sein, dass Zuwiderhandlung gegen einen wirksamen, aber rechtswidrigen Verwaltungsakt für sich allein Strafe begründen soll. Auch im Steuerstrafverfahren gibt es keine Bindung des Strafgerichts an rechtskräftige Entscheidungen der
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Die Motive (Hahn 201) sahen in der Unterscheidung nach dem Zeitpunkt des Urteils die Lösung des Problems, ähnlich OLG Braunschweig NJW 1953 558; Dünnebier JZ 1961 672 und Bötticher FS zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentags I 511 ff.; vgl. dazu Schwab NJW 1960 2169 ff. Hahn 202. BayObLGSt 1952 224; OLG Oldenburg NJW 1952 118; KK/Engelhardt 3. Zu unterscheiden davon sind die innerhalb des gleichen Verfahrens durch Rechtsmittel-
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beschränkung oder begrenzter Zurückverweisung eintretenden Bindungen sowie die Bindungen durch § 358 Abs. 1. Rühl JuS 1999 521, 524 f. m.w.N. Rn. 24 ff.; w. Nachw. bei Kopp/Ramsauer § 43 Rn. 22. Rühl JuS 1999 521, 525 ff.; vgl. Wagner/ Hermann NZG 2000 520 ff. (wirksame Kassenzulassung stehe Betrugsvorwurf wegen Scheingesellschaft entgegen). Zu den Problemfällen BVerfGE 75 329, 346; BGHSt 39 281; vgl. jetzt § 330d Nr. 5 StGB.
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Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren.101 Die Rechtsauffassung anderer Behörden, ihre allgemein oder in der gleichen Sache vertretene Ansicht, ist für den Strafrichter unverbindlich.102 Sie befreit ihn grundsätzlich nicht von der Pflicht, die jeweilige Frage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht selbst zu prüfen und zu entscheiden, sofern das Strafgesetz der Entscheidung der Behörde keine Tatbestandswirkung beilegt.
IV. Die Aussetzung des Verfahrens (Absatz 2) 39
1. Anwendungsbereich. Zum sachlichen Anwendungsbereich siehe Rn. 4 ff. Sondervorschriften enthalten § 154e Abs. 2 mit der Pflicht zur Einstellung des Verfahrens wegen falscher Verdächtigung und Beleidigung bis zum Abschluss des Straf- oder Disziplinarverfahrens und der dem § 262 ähnelnde § 396 AO, der die Möglichkeit der Aussetzung des Steuerstrafverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Besteuerungsverfahrens eröffnet. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 262 Abs. 2 umfasst nicht nur die Hauptverhandlung, auf die er, wie die Stellung im Gesetz zeigt, sich in erster Linie bezieht, sondern auch das Zwischenverfahren sowie das Hauptverfahren vor der Hauptverhandlung.103 Absatz 2 gilt über § 332 auch in der Berufungsinstanz. Im Verfahren vor den Revi40 sionsgerichten soll er nach vorherrschender, zumeist unbegründeter Meinung nicht anwendbar sein.104 Dem ist zu widersprechen. Richtig ist, dass ein Anwendungsfall des § 262 Abs. 2 sich aufgrund der eingeschränkten Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts nur selten ergeben wird. Prüft es aufgrund der Sachrüge die Anwendung des materiellen Rechts, ist es auch bei den Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten auf die tatrichterlichen Feststellungen in den Gründen des angefochtenen Urteils beschränkt. Sofern es aber auf reine Rechtsfragen aus anderen Rechtsgebieten ankommt, ist § 262 Abs. 2 auch in der Revision anwendbar.105 Entsprechendes gilt für das Rechtsbeschwerdegericht in Bußgeldsachen. Auch hier kann eine Aussetzung in Betracht kommen, etwa wenn die außerstrafrechtliche Rechtsnorm, die Grundlage der Verurteilung bildet, Gegenstand eines anhängigen und nicht offensichtlich unbegründeten Normenkontrollverfahrens ist und ein Freispruch auf der Grundlage der sonstigen tatrichterlichen Feststellungen nicht in Betracht kommt.106 Im normalen Beschwerdeverfahren ist § 262 Abs. 2 entsprechend anwendbar, etwa 41 um die Entscheidung über einen Sicherungshaftbefehl bis zur Entscheidung der ausländischen Behörde über ein Auslieferungsbegehren abzuwarten.107 § 262 Abs. 2 gilt auch im Auslieferungsverfahren.108 101
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BVerfG NStZ 1991 88, 89; BGHSt 34 272, 279; BFH NJW 1984 1255 m.w.N.; KMR/Stuckenberg 33. So etwa BVerfGE 75 329, 346; BayObLGSt 1960 94, 95 = NJW 1960 1534 mit Anm. Karch; OLG Karlsruhe Justiz 1983 133; vgl. auch Franzheim JR 1988 319; Rogall GA 1995 306 ff. OLG Köln Alsb.E 2 Nr. 67; KK/Engelhardt 12; KMR/Stuckenberg 34; Meyer-Goßner 9; SK/Schlüchter/Velten 13; Eb. Schmidt 10. KG VRS 41 (1971) 288, 290; OLG Koblenz OLGSt LMBG § 17 Nr. 42; KK/Engelhardt 12; LR/Gollwitzer 25 27; SK/Schlüchter/
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Velten 14; jeweils unter unzutreffender Berufung auf RGSt 3 252, 255 (vgl. dazu BayObLGSt 1994 74, 75 f.). BayObLGSt 1994 74, 75 ff. = NJW 1994 2104 mit eingehender Begründung; ebenso KMR/Stuckenberg 34; Meyer-Goßner 9; Jörgensen 51 ff., 350 ff. BayObLGSt 1994 74, 75; KMR/Stuckenberg 9, 37; Pfeiffer 2. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 105. OLG Karlsruhe NJW 1986 3035; wistra 2005 360.
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Die Staatsanwaltschaft ist durch § 262 nicht unmittelbar angesprochen. Sie ist aber ebenfalls befugt, im Ermittlungsverfahren innezuhalten und die gerichtliche Entscheidung eines für das Strafverfahren vorgreiflichen Rechtsverhältnisses abzuwarten. Bei Vergehen bestimmt § 154d als lex specialis, dass dem Anzeigeerstatter eine Frist zur Klageerhebung gesetzt werden kann; nach der Gegenansicht109 soll § 262 Abs. 2 entsprechend anwendbar sein. Der Grundgedanke, auf dem § 262 beruht, gilt freilich auch für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren.110 Unanwendbar ist Absatz 2 in den Fällen, in denen der Richter zur eigenen Entscheidung der Vorfrage nicht befugt ist, sei es, (1) dass sich eine Vorfrage nicht stellt, weil er einen Hoheitsakt mit Gestaltungs- oder Tatbestandswirkung (Rn. 16 ff., 24 ff.) hinnehmen muss, so dass eine Aussetzung nicht in Frage kommt, sei es, (2) dass er die Vorfrage nicht beantworten darf wegen der exklusiven Kompetenz eines anderen Gerichts oder einer Behörde mit der Folge einer Aussetzungspflicht (Rn. 9 ff.). Unzulässig mangels Vorgreiflichkeit ist die Aussetzung zu dem Zweck, lediglich die Beweisergebnisse eines anderen Verfahrens (Rn. 5) oder die bevorstehende höchstrichterliche Klärung der einschlägigen einfachrechtlichen – erst recht einer strafrechtlichen – Rechtsfrage abzuwarten. So darf das Gericht eine entscheidungsreife Strafsache nicht etwa deswegen nach § 262 aussetzen, weil der BGH oder dessen Großer Senat die zur Entscheidung anstehende grundsätzliche Frage in einer anderen Sache in Bälde entscheiden wird.111 In diesen Fällen ist aber eine Aussetzung in entsprechender Anwendung des § 262 zu erwägen. Für die Parallelvorschrift des § 94 VwGO nehmen die Verwaltungsgerichte überwiegend in analoger Anwendung eine Aussetzungsmöglichkeit für Musterverfahren über entscheidungserhebliche Rechtsfragen vor Revisionsgerichten, dem BVerfG oder dem EuGH an,112 im Zivilprozess ist diese Möglichkeit bei § 148 ZPO umstritten113. Zur Wahrung einheitlicher Rechtsprechung und im Interesse der Verfahrensökonomie114 erscheint es ausnahmsweise vertretbar,115 in solchen Fällen § 262 Abs. 2 entsprechend anzuwenden, allerdings wegen des Beschleunigungsgebots nur dann, wenn eine Entscheidung im Muster- oder Grundsatzverfahren unmittelbar bevorsteht und die Verzögerung für den Angeklagten keine unzumutbaren Belastungen mit sich bringt, wobei zu bedenken ist, dass durch eine Aussetzung auch Verzögerungen durch Revision oder Wiederaufnahme (§§ 79 Abs. 1, 95 Abs. 3 BVerfGG) vermieden werden können.
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Eb. Schmidt 10; LR/Gollwitzer 25 28; SK/Schlüchter/Velten 15; a.A. KMR/ Stuckenberg 34; Meyer-Goßner 9; Jörgensen 61 ff. Eb. Schmidt 10. OLG Hamm HESt 2 102 f.; AK/Moschüring 30; KK/Engelhardt 7; Meyer-Goßner 10; SK/Schlüchter/Velten 16; Eb. Schmidt 7; vgl. Jörgensen 26 ff. Kopp/Schenke § 94, 4a m.w.N. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 148, 20, 29 m.w.N.
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Vgl. BVerfGE 3 58, 74. So OLG Stuttgart StV 2004 142 (Abwarten der Entscheidung des Großen Senats); KMR/Stuckenberg 37; offen lassend BGH NStZ 1993 296, 297 (für anhängige Verfahren vor dem BVerfG); ebenso BayVerfGH NJW 2000 3705, 3706; abl. LG Osnabrück MDR 1986 517; LR/Gollwitzer 25 33; Meyer-Goßner 10; sowie die Nachw. in Fn. 18.
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2. Die Entscheidung über die Aussetzung
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a) Falls nicht aufgrund ausschließlicher anderweitiger Vorfragenkompetenz die Aussetzung zwingend vorgeschrieben ist,116 hat das Strafgericht nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob es von der Befugnis, das Verfahren nach Absatz 2 auszusetzen, Gebrauch machen will.117 Die Entscheidung ergeht von Amts wegen oder auf Antrag. Nach Art und Bedeutung der Strafsache, Umfang und Schwierigkeit der Vorfrage sowie ihrer Bedeutung für das anhängige Verfahren ist zu entscheiden, ob eine Aussetzung das Verfahren in angemessener Weise fördert und dem Beschleunigungsgebot genügt.118 Unerheblich ist, ob das die Vorfrage betreffende Verfahren schon anhängig ist oder erst anhängig gemacht werden soll. Der Angeklagte kann nicht verlangen, dass die Untersuchung bis zur Entscheidung über einen von ihm anhängig gemachten Zivilprozess ausgesetzt werde.119 Umgekehrt gibt der Umstand, dass noch keine Zivilklage erhoben ist, dem Staatsanwalt auch keine Handhabe, die Aussetzung zu verhindern.
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b) Eine Reduzierung des Ermessens auf eine Pflicht zur Aussetzung kommt nur ausnahmsweise120 in Betracht, so wenn in einem anderen Verfahren die Nichtigkeit eines rechtsgestaltenden Aktes geltend gemacht wird 121 sowie nach der hier vertretenen Ansicht (Rn. 23) auch bei Anfechtung eines vollziehbaren Verwaltungsakts, weil die Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen ihn entfällt, wenn das Verwaltungsgericht ihn mit Wirkung ex tunc aufhebt. Nach bisher herrschender Auffassung muss in aller Regel ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung von der Aufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen abhängt,122 die bei § 93 StVollzG problematisch werden kann;123 mit der Neufassung des § 17 II 2 GVG dürfte diese Ansicht überholt sein124. Darüber hinaus kann die Vermeidung gegenläufiger Entscheidungen allein auch über die gerichtliche Fürsorgepflicht eine Aussetzungspflicht nie begründen, weil dies dem Sinn der Ermessenseröffnung, nämlich der gesetzgeberischen Entscheidung für die grundsätzliche Vorfragenkompetenz des Strafrichters, widerspricht.125 Vereinzelt wird bei offensichtlichem Missbrauch des Strafverfahrens nur zur Durchsetzung oder Vorbereitung außerstrafrechtlicher Ansprüche eine Aussetzungspflicht unter Hinweis auf den Zweck des § 262 angenommen.126
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Vgl. RGSt 7 146, 149; oben Rn. 9 ff. RGSt 49 309, 310; BayVerfGHE 16 II 64 = GA 1963 375; OLG Düsseldorf StV 1995 459 (L); KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 38; Meyer-Goßner 11; SK/Schlüchter/ Velten 19; Jörgensen 192; Kissel FS Pfeiffer 189, 196. Eingehend Jörgensen 192 ff.; Kissel FS Pfeiffer 189, 196 ff. RG Recht 1911 Nr. 1856. Bei der parallelen Vorschrift des § 396 AO ist die Frage der Ermessensreduzierung umstritten, verneinend: BVerfG NStZ 1991 88 f.; BGHSt 34 272, 274; 37 266, 269; BGH NStZ 1985 126; OLG Karlsruhe JR 1985 387 mit Anm. Schlüchter 360 ff.; LG Bonn NJW 1985 3033 f.; Rößler NJW
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1986 972 f.; a.M. HK/Julius 9 m.w.N.; Isensee NJW 1985 1007 ff.; Kirchhof NJW 1985 2977, 2982 ff.; offenlassend BVerfG NJW 1985 1950. Vgl. die Kommentare zu § 396 AO. A.A. AK/Moschüring 33. Vgl. BGHZ 16 124, 134; BSGE 19 207, 210; BVerwGE 77 19, 24. KG NStZ-RR 2003 317; OLG Hamm NStZ 1987 190, 191; a.A. OLG München NStZ 1987 45, 46 mit Anm. Seebode; OLG Stuttgart NStZ 1986 47, 48; AK/Moschüring 34. Schenke/Ruthig NJW 1992 2508 ff. m.w.N.; Kopp/Schenke § 40, 45. Kissel FS Pfeiffer 189, 199. HK/Julius 9.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 262
3. Beschluss des Gerichts a) Durch Beschluss ordnet das Gericht die Aussetzung an. In der Hauptverhandlung 48 entscheidet nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten (§ 33) das erkennende Gericht unter Mitwirkung der Schöffen, im Zwischenverfahren und nach Eröffnung des Hauptverfahrens das nach §§ 201 ff. zuständige Gericht. b) Der Beschluss, der die Aussetzung anordnet, muss entweder das anderweitig an- 49 hängige Verfahren und die Frage benennen, wegen der das Strafverfahren ausgesetzt wird oder er muss unter Fristsetzung festlegen, von wem und weswegen eine Klage erhoben werden soll.127 Darüber hinaus bedarf er keiner Begründung,128 sofern er nicht ausnahmsweise (Rn. 58) durch die Beschwerde anfechtbar ist129. Der Beschluss, durch den ein Antrag auf Aussetzung abgelehnt wird, ist nach § 34 Alt. 2 zu begründen, auch wenn es sich in der Regel um eine Ermessensentscheidung handelt und § 305 Satz 1 der Beschwerde entgegensteht.130 c) Der Beschluss des Gerichts, durch den ein Beteiligter zur Klageerhebung binnen 50 einer bestimmten Frist aufgefordert wird, ist allen Verfahrensbeteiligten nach § 35 zur Kenntnis zu bringen. Wird ein Dritter zur Klageerhebung binnen einer bestimmten Frist aufgefordert, so ist er auch diesem bekannt zu machen, sofern er nicht in der Hauptverhandlung in Anwesenheit dieses Beteiligten verkündet wird (§ 35 Abs. 1 Satz 1). Einer förmlichen Zustellung bedarf es nicht, da der Beteiligte trotz Fristsetzung durch den Beschluss zu nichts verpflichtet wird.131 Da er deshalb durch ihn auch nicht beschwert ist, hat er hiergegen kein Beschwerderecht. 4. Fristbestimmung a) Adressat. Wenn das Verfahren nicht ausgesetzt wird, um das Ergebnis eines bereits 51 anhängigen Verfahrens abzuwarten, muss das Gericht zugleich einem Beteiligten eine Frist für die Klageerhebung setzen. Beteiligte in diesem Sinn sind neben dem Angeklagten alle Personen, die im Strafverfahren als Anzeigeerstatter, Strafantragsteller, Privat- oder Nebenkläger aufgetreten sind.132 Auch ein als Zeuge im Verfahren auftretender Verletzter kann Beteiligter in diesem weiten Sinn sein. Der Beteiligte muss allerdings rechtlich in der Lage sein, durch Klageerhebung eine Klärung des fraglichen Rechtsverhältnisses herbeizuführen und es darf nicht bereits offensichtlich sein, dass er nicht klagen will. b) Die Frist, die zweckmäßigerweise dem Datum nach bestimmt wird, kann verhältnis- 52 mäßig kurz bemessen werden, da sie nur für die Klageerhebung gilt133 und dem aussetzenden Gericht Gewissheit verschaffen soll, ob überhaupt die Entscheidung der Vorfrage durch ein anderes Gericht zu erwarten ist. Soweit die Anfechtung eines Verwaltungsaktes in Frage kommt, muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Betroffene unter
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KMR/Stuckenberg 41; SK/Schlüchter/Velten 21. Vgl. AK/Moschüring 38; KK/Engelhardt 9; Meyer-Goßner 13. KMR/Stuckenberg 40; a.A. SK/Schlüchter/ Velten 20 (immer). RGSt 7 146, 150; HK/Julius 11; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 40; SK/Schlüch-
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ter/Velten 20; a.A. Meyer-Goßner 13; vgl. RGSt 57 44 f. AK/Moschüring 39; KMR/Stuckenberg 40; SK/Schlüchter/Velten 22. KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 42; Meyer-Goßner 12; SK/Schlüchter/Velten 21; Eb. Schmidt 14. Meyer-Goßner 12; Eb. Schmidt 14.
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Umständen erst das Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO durchzuführen hat. Das gleiche gilt, wenn sonst ein Abhilfeverfahren der Klageerhebung vorausgehen muss.134
53
c) Die Fristsetzung begründet für den betroffenen Beteiligten keine Verpflichtung zur Klageerhebung. Lässt er die Frist ungenutzt verstreichen, wird das Strafverfahren fortgesetzt, in der Regel also die Hauptverhandlung neu begonnen (§ 229). Förmliche prozessuale Nachteile erwachsen daraus für ihn nicht; allenfalls kann die Nichterhebung der Klage ein im Rahmen der Beweiswürdigung verwertbares Indiz sein, doch ist das Gericht nicht berechtigt zur Verneinung des vorfraglichen Rechtsverhältnisses (vgl. hingegen § 154d Satz 3), worin eine unzulässige Verschiebung der Aufklärungslast auf den Prozessbeteiligten läge. Das Gericht sollte deshalb mit der Bekanntmachung des Beschlusses an den Beteiligten keine Warnung oder gar Androhung verbinden.135 Eine Warnung wäre überdies für andere Personen als den Angeklagten ohnehin meist bedeutungslos, insbesondere wird sie jemanden, der seine Zivilansprüche erst nach Klärung des Sachverhalts durch das Strafverfahren geltend machen will, kaum zu einer vorzeitigen Klageerhebung unter Übernahme des Prozessrisikos bewegen.136 5. Folgen der Aussetzung
54
a) Das Gericht ist an seinen Beschluss nicht gebunden. Es kann schon vor Ablauf der Frist oder trotz Klageerhebung das Verfahren fortsetzen, wenn es dies aus sachlichen Gründen für angezeigt hält.137 Dies ist insbesondere dann angebracht, wenn der Beteiligte dem Gericht zweifelsfrei zu verstehen gibt, dass er nicht beabsichtige, die ihm angesonnene Klage zu erheben.
55
b) Setzt das Gericht gemäß § 262 Abs. 2 nach pflichtgemäßem Ermessen das Verfahren aus, so ruht die Verjährung nicht.138 § 78b Abs. 1 StGB trifft nur den Fall, in dem das Gericht das Verfahren wegen der Notwendigkeit der Entscheidung der Vorfrage in einem anderen Verfahren aussetzen muss.139 Sonderregeln für die Verjährung bestehen in den Fällen der § 154e Abs. 3 StPO und § 396 Abs. 3 AO.
56
c) Welche Bedeutung die abgewartete Entscheidung für das weitere Strafverfahren hat, steht grundsätzlich im Ermessen des Strafrichters.140 Er ist weder an die Rechtsauffassung noch an die in dem anderen Verfahren getroffenen Tatsachenfeststellungen gebunden, sofern nicht einer der oben (Rn. 9 ff.) genannten Ausnahmefälle vorliegt.141 Vielmehr muss der Strafrichter die abgewartete Entscheidung wie jedes andere Beweismittel stets selbstverantwortlich würdigen und darf sie seiner eigenen Entscheidung nur zugrunde legen (vgl. § 359 Nr. 4), wenn er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.142 Dazu braucht er
134 135
136 137 138
KMR/Stuckenberg 42; SK/Schlüchter/Velten 21. KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 42; SK/Schlüchter/Velten 23; Eb. Schmidt 14; a.A. Kern FS Reichsgericht 129, 139. KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 42; SK/Schlüchter/Velten 23; Eb. Schmidt 14. KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 43; Meyer-Goßner 13. KK/Engelhardt 11; KMR/Stuckenberg 43; Meyer-Goßner 13; SK/Schlüchter/Velten 26; Eb. Schmidt 18.
332
139
140 141 142
Vgl. BVerfGE 7 36; BGHSt 24 6, 10; OLG Düsseldorf NJW 1968 117; OLG Hamm GA 1969 63; OLG Schleswig SchlHA 1962 175 f. sowie die Kommentare zu § 78 StGB. Hahn 202. RGSt 14 364, 374 f.; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 44. Vgl. Hahn 202; RG GA 61 (1914) 509; BGHSt 5 106, 108 f.; BayObLGSt 1952 224; OLG Celle NJW 1955 563 f.; OLG Oldenburg NJW 1952 118.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 262
nach überwiegender Ansicht die Beweise nicht nochmals zu erheben; es soll genügen, wenn er etwa die zivilgerichtliche Beweisaufnahme für ausreichend befindet.143 Demnach kann zum Beispiel ein Zivilurteil, vor allem wenn rechtskräftig, hinsichtlich des Rechtsverhältnisses die strafgerichtliche Beweisführung ersetzen, also selbst als Beweismittel wirken, sofern es für das Strafgericht überzeugend ist, was zwar der Verfahrensökonomie dient, aber mit Blick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht unbedenklich erscheint.
V. Rechtsmittel 1. Beschwerde. Der Beschluss, der die Aussetzung nach § 262 Abs. 2 ablehnt, ist, 57 wenn er vom erkennenden Gericht erlassen worden ist, nicht mit der Beschwerde anfechtbar, da er im Sinne des § 305 Satz 1 der Vorbereitung des Urteils dient.144 Bei dem die Aussetzung anordnenden Beschluss schließt § 305 Satz 1 die Beschwerde 58 grundsätzlich ebenfalls aus, da auch er die Förderung des Verfahrens bezweckt. Ob das Gericht eine entscheidungserhebliche Vorfrage selbst entscheiden oder die vorgreifliche Entscheidung eines anderen Gerichts abwarten will, ist seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen überlassen, in das ein übergeordnetes Gericht nicht dadurch eingreifen kann, dass es sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des erkennenden Gerichts setzt.145 Mit der einfachen Beschwerde kann aber unbeschadet146 des § 305 Satz 1 ein Ermessensfehlgebrauch geltend gemacht werden. Dazu gehört, dass ein Ermessen überhaupt nicht eröffnet war, weil die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht vorlagen,147 etwa weil die Strafbarkeit der Tat überhaupt nicht von der Vorfrage abhängt, wegen der ausgesetzt wurde. Die Beschwer liegt dann in der Verletzung des Beschleunigungsgebots. Die neuere Rechtsprechung sieht zum Teil für die Statthaftigkeit der Beschwerde als maßgebend an, aus welchen Gründen und zu welchem Zweck die Aussetzung beschlossen worden ist, wovon abhänge, ob ein innerer Zusammenhang mit der Urteilsfällung im Sinne des § 305 Satz 1 gegeben sei.148 Weiterhin kann der Ermessensnichtgebrauch mit der Beschwerde angefochten werden, wenn also das Gericht irrig die ausschließliche Vorfragenkompetenz einer anderen Stelle angenommen149 und dadurch verkannt hatte, dass es insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte. Sodann kann mit der Beschwerde beanstandet werden, wenn die Aussetzung ersichtlich ermessensfehlerhaft ist, weil nach den Umständen nicht in noch vertretbarer Zeit mit einem entscheidungserheblichen Ergebnis in einem anderen Verfahren zu rechnen ist, die nutzlose Aussetzung also das Verfahren nicht fördern kann und das Beschleunigungsgebot verletzt.
143
144
145 146
KMR/Stuckenberg 44; LR/Gollwitzer 25 10; Meyer-Goßner 14; a.A. Jörgensen 331 ff. (Verstoß gegen Unmittelbarkeitsgrundsatz). RGSt 43 179, 181; BayObLGSt 9 (1910) 408; OLG Celle GA 38 (1891) 218 f.; OLG Hamm NJW 1978 283 f. m.w.N.; KG GA 73 (1929) 260 f.; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 45; Meyer-Goßner 16; SK/Schlüchter/Velten 27; Eb. Schmidt 17. Vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1985 227 zu § 396 AO. Der für den Beschwerdeausschluss erforderliche innere Zusammenhang mit der Urteilsfindung fehlt dann, vgl. bei § 305.
147
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OLG Düsseldorf MDR 1992 989; OLG Frankfurt NJW 1954 1012; 1966 992; LG Osnabrück MDR 1986 517; AK/ Moschüring 45; HK/Julius 12; KMR/ Stuckenberg 45; Meyer-Goßner 16; SK/Schlüchter/Velten 27; Eb. Schmidt 16; Roxin § 54, 6. OLG Braunschweig NJW 1955 565; StV 1987 332; OLG Karlsruhe NStZ 1985 227; Justiz 1977 277; OLG Köln StV 1991 551, 552 m.w.N.; OLG Stuttgart NJW 1973 2309, 2310. KMR/Stuckenberg 45.
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333
§ 262 59
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die Aufforderung zur Klageerhebung binnen einer bestimmten Frist (Rn. 51 ff.) kann als solche schon mangels Beschwer von keinem Verfahrensbeteiligten, auch nicht vom Adressaten der Aufforderung, mit der Beschwerde angefochten werden.150
60
2. Revision. Mit der Revision kann unter dem Blickwinkel einer Verletzung der §§ 261, 262 Abs. 1 beanstandet werden, dass der Strafrichter sich zu Unrecht an ein anderes Urteil oder durch die Auffassung einer Verwaltungsbehörde gebunden glaubte und dieses deshalb ohne eigene Nachprüfung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.151 Gerügt werden kann auch der umgekehrte Fall, dass das Gericht in Verkennung seiner Entscheidungskompetenz eine Vorfrage selbst entschieden hat, zu deren Prüfung es nicht befugt war, so, wenn es sich dabei zu Unrecht über die Bindung durch die Entscheidung eines anderen Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde hinweggesetzt hat.152 Macht das Gericht von der Befugnis, das Verfahren nach § 262 Abs. 2 auszusetzen, 61 keinen Gebrauch, so kann eine Aufklärungsrüge in der Regel nicht darauf gestützt werden.153 Dies gilt auch dann, wenn das Gericht einen Aussetzungsantrag nicht ausdrücklich beschieden hat.154 Denn bei dem weiten Ermessensrahmen des Absatzes 2 ist allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen denkbar, dass dem Gericht als einzige sachgerechte Entscheidung nur die Aussetzung verblieb (Rn. 47). Die Revision müsste ein entscheidungserhebliches Aufklärungsdefizit aufzeigen können, etwa dass ein entscheidungstragender Umstand nur durch die Aussetzung hinreichend aufzuklären gewesen wäre. Ein revisibler Verfahrensfehler liegt jedoch stets vor, wenn das Gericht gegen eine spe62 zialgesetzliche Aussetzungs- und Vorlagepflicht verstoßen155 und damit zugleich seine Aufklärungspflicht156 verletzt hat. In der Verletzung einer Aussetzungs- und Vorlagepflicht liegt nur dann zugleich ein Entzug des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn die Bejahung der eigenen Zuständigkeit willkürlich war.157 Ein Verfassungsverstoß liegt im Übrigen nicht bereits vor, wenn der Strafrichter an einen konstitutiven Verwaltungsakt ohne Nachprüfung seiner Rechtmäßigkeit gebunden ist, denn die Betroffenen haben die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren Gehör und richterliche Überprüfung herbeizuführen.158
150
151 152
153
AK/Moschüring 46; HK/Julius 12; KMR/Stuckenberg 45; Meyer-Goßner 16; SK/Schlüchter/Velten 27. KK/Engelhardt 13; KMR/Stuckenberg 46; Meyer-Goßner 17; SK/Schlüchter/Velten 29. AK/Moschüring 46; KK/Engelhardt 13; KMR/Stuckenberg 46; SK/Schlüchter/Velten 29. RGSt 18 123; BGH NStZ 1985 126; OLG Düsseldorf StV 1995 459; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187; HK/Julius 14; KMR/Stuckenberg 46; MeyerGoßner 17; SK/Schlüchter/Velten 30; Jörgensen 361 ff.
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154 155 156
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BGH 30.8.1957 – 1 StR 285/57 bei KK/Engelhardt 13; AK/Moschüring 48. RGSt 7 146, 149. OLG Saarbrücken JBlSaar 1964 208, 209; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187; Jörgensen 365. Vgl. BVerfGE 3 359, 363; 67 90, 95; 86 133, 143; BGHSt 38 212, 213; 52 24, 30; zur Vorlagepflicht nach Art. 234 (Art. 177 a.F.) EGV BVerfGE 82 159, 195 f. Vgl. etwa BVerfG NStZ 1990 545; BGH NJW 1963 446, 447; BayObLGSt 1959 257, 260; vgl. SK/Schlüchter/Velten 29.
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§ 263
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 263 (1) Zu jeder dem Angeklagten nachteiligen Entscheidung über die Schuldfrage und die Rechtsfolgen der Tat ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich. (2) Die Schuldfrage umfaßt auch solche vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen. (3) Die Schuldfrage umfaßt nicht die Voraussetzungen der Verjährung. Schrifttum Beling Bindings Lehre von der Abstimmung im Strafgericht, ZStW 37 (1916) 365; ders. Zur Lehre von der ratsgerichtlichen Abstimmung, ZStW 42 (1921) 599; Binding Die Beschlussfassung im Kollegialgericht, Abh. II 141 (1915); Grünhut Das Minderheitsvotum, FS Eb. Schmidt 620; Kern Die qualifizierten Mehrheiten im Strafverfahren, DJ 1938 1386; Mellinghoff Fragestellung, Abstimmungsverfahren und Abstimmungsgeheimnis im Strafverfahren (1988); Michel Beratung, Abstimmung und Beratungsgeheimnis, DRiZ 1992 263. Vgl. auch das Schrifttum zu §§ 192 ff. GVG.
Entstehungsgeschichte. Ursprünglich (bis 1924) forderte § 263 nur für den Schuldspruch die Zweidrittelmehrheit; im übrigen genügte die einfache Mehrheit. Absatz 3 ist als Rest der alten Regelung stehen geblieben, nur die Erwähnung des Rückfalls wurde dort durch Art. 21 Nr. 67 Buchst. b EGStGB 1974 gestrichen. Seine jetzige Fassung hat Absatz 1 durch Art. 21 EGStGB erhalten, der eine frühere Neufassung dieses Absatzes durch Art. 2 AGGewVerbrG ablöste. Der 1953 durch das 3. StRÄndG eingefügte Absatz 4, der die Strafaussetzung zur Bewährung betraf, ist durch Art. 21 Nr. 67 Buchst. c EGStGB wieder aufgehoben worden. Bezeichnung bis 1924: § 262. Übersicht Rn. I. Bedeutung und Anwendungsbereich der Vorschrift 1. Verhältnis zu §§ 192 ff. GVG . . . . 2. Abgrenzung von Schuld- und Rechtsfolgenfrage . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrheit von zwei Dritteln . . . . . 4. Geltungsbereich . . . . . . . . . . .
.
1
. . .
2 3 4
II. Mit Zweidrittelmehrheit zu entscheidende Fragen 1. Schuldfrage a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Umstände, welche die Strafbarkeit ausschließen . . . . . . . . . . . .
5 8
Rn. c) Umstände, welche die Strafbarkeit vermindern . . . . . . . . . . . d) Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen . . . . . . . . . . . . . e) Einheit der Entscheidung . . . . 2. Festsetzung von Rechtsfolgen . . .
. .
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III. Einfache Stimmenmehrheit 1. Alle sonstigen Fragen . . . . . 2. Verfahrensfragen . . . . . . . . 3. Kosten . . . . . . . . . . . . . 4. Vermögensrechtliche Ansprüche IV. Revision
. . . .
. . . .
I. Bedeutung und Anwendungsbereich der Vorschrift 1. Die allgemeinen Regeln der §§ 192 ff. GVG, §§ 43, 45 DRiG über Abstimmung 1 und Beratung gelten grundsätzlich auch im Strafprozess.1 Danach entscheidet ein Kollegialgericht gemäß § 196 Abs. 1 GVG mit einfacher absoluter Mehrheit der Stimmen. 1
KK/Engelhardt 1; KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 1; SK/Schlüchter/Velten 3; Eb. Schmidt 2.
Carl-Friedrich Stuckenberg
335
§ 263
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 263 bestimmt als davon abweichende Sondervorschrift für das Strafverfahren, dass für den Angeklagten nachteilige Entscheidungen über die Schuldfrage und die Rechtsfolgen der Tat im Kollegialgericht einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen bedürfen.
2
2. Ursprünglich war § 263 eine Sonderregel vornehmlich über die für den Wahrspruch der Geschworenen nötige qualifizierte Mehrheit (acht von zwölf Geschworenen); die Bestimmungen des Umfangs der Schuldfrage in den Absätzen 2 und 3 grenzten zugleich die Entscheidungskompetenzen von Geschworenenbank und Richterbank ab.2 Nach der Aufhebung der Geschworenengerichte 1924 blieb nur noch die Funktion der Bestimmung der qualifizierten Mehrheit, die zugleich auf die Bemessung der Strafe, später alle nachteiligen Rechtsfolgenentscheidungen erstreckt wurde. Die Abgrenzung von Schuldund Rechtsfolgenfrage, die für den ganzen Strafprozess bedeutsam ist und entsprechend §§ 318, 344, 353 vorzunehmen ist,3 ist für das Maß der Stimmenmehrheit heute bedeutungslos. Bei der Abstimmung spielt der Unterschied im Rahmen des § 196 Abs. 3 GVG jedoch weiterhin eine Rolle, da über Schuld- und Straffrage getrennt und über die Schuldfrage einheitlich abzustimmen ist (Rn. 11).
3
3. Mehrheit von zwei Dritteln. Für das Schöffengericht in seinem regelmäßigen Bestand – Richter beim Amtsgericht und zwei Schöffen, § 29 Abs. 1 GVG – ist die Vorschrift ohne Bedeutung, da in diesem die Zweidrittelmehrheit mit der einfachen Mehrheit zusammenfällt. Dasselbe gilt von der kleinen Strafkammer, § 76 Abs. 2 GVG. Dagegen ist bei dem erweiterten, mit zwei Berufsrichtern und zwei Laien besetzten Schöffengericht (§ 29 Abs. 2 GVG) eine Mehrheit von drei Stimmen erforderlich.4 Ebenso kann in der mit drei Richtern und zwei Schöffen besetzten großen Strafkammer (§ 76 Abs. 2 GVG) eine dem Angeklagten nachteilige Entscheidung der Schuldfrage und des Strafmaßes nur mit mindestens vier Stimmen erfolgen. Bei einer nur mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzten großen Strafkammer sind auch für die Zweidrittelmehrheit drei Stimmen notwendig. Entscheidet das Oberlandesgericht als Gericht erster Instanz (§§ 120, 122 Abs. 2 GVG), erfordern seine Entscheidungen nach § 263 Abs. 1, 2 ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit von vier Stimmen.5
4
4. § 263 ist über § 332 im Berufungsrechtszug entsprechend anwendbar.6 Für die Revisionsinstanz fehlt eine vergleichbare Vorschrift, denn das Revisionsgericht entscheidet in der Regel nur über Rechtsfragen. Es ist ihm verwehrt, sich eine selbständige Überzeugung über die seinem Spruch zugrunde liegenden Tatsachen zu bilden (§ 354, 1). Folglich genügt die einfache Stimmenmehrheit, es sei denn, das Revisionsgericht entscheidet ausnahmsweise nach § 354 Abs. 1, 1a oder 1b zu Lasten des Angeklagten in der Sache selbst, worauf § 263 analog anzuwenden ist.7 Die Fälle des § 349 Abs. 2 und 4 erfordern Einstimmigkeit.
2 3
4
Hahn 202 ff.; vgl. noch BayObLGSt 1949/51 110 f. KMR/Stuckenberg 2; Meyer-Goßner 3; SK/Schlüchter/Velten 8; Eb. Schmidt 8; a.A. OLG Hamm MDR 1954 631, das § 157 StGB bei § 263 zur Schuldfrage und bei der Rechtsmittelbeschränkung zur Straffrage rechnet. KMR/Stuckenberg 3; Deisberg/Hohendorf DRiZ 1984 261.
336
5 6 7
KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 3; SK/Schlüchter/Velten 7; Eb. Schmidt 11. KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 1. AK/Moschüring 2; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner § 351, 7 m.w.N.; Pfeiffer 1; SK/Schlüchter/Velten 3; Eb. Schmidt 11; Roxin 25 § 53, 73; erwägend BGHSt 49 371, 375; a.A. Beling 429; ders. GA 67 (1919) 141, 159 ff.; Peters § 75 IV 4;
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 263
II. Mit Zweidrittelmehrheit zu entscheidende Fragen 1. Schuldfrage a) Die Zweidrittelmehrheit muss jede dem Angeklagten nachteilige Entscheidung in 5 der Schuldfrage decken, die sich nicht nur auf die Schuld im materiellrechtlichen Sinne bezieht, sondern die gesamte Entscheidung über die tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte8 Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestands meint einschließlich der Beteiligungs- und Konkurrenzform sowie nötigenfalls der wahldeutigen Verurteilung. Objektive Strafbarkeitsbedingungen sind materielle Strafvoraussetzungen und Bestand- 6 teil des Garantietatbestands 9 und gehören daher zur (prozessualen) Schuldfrage.10 Bei § 186 StGB ist dies für die Nichterweislichkeit der Wahrheit der behaupteten Tatsache auch von der herrschenden Meinung anerkannt.11 Die Schuldfrage umfasst auch die in Absatz 2 zur Klarstellung besonders aufgeführten 7 strafmildernden, straferhöhenden oder strafausschließenden Umstände (vgl. §§ 265 Abs. 2, 267 Abs. 2). Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass die Vorschrift nicht auf den materiell-rechtlichen Verbrechensaufbau, sondern auf die historische Zuordnung einer Frage zu Geschworenen- oder Richterbank (Rn. 2) ausgerichtet ist. b) Umstände, welche die Strafbarkeit ausschließen. Dieser Ausdruck umfasst neben 8 dem Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB)12 sämtliche Rechtfertigungsgründe wie Notwehr, Notstand, rechtlich beachtliche Einwilligung, Wahrnehmung berechtigter Interessen, auch wenn sie sich nicht aus dem Strafgesetz, sondern aus anderen Gesetzen ergeben, wie §§ 228, 904 BGB, §§ 758, 758a ZPO; § 127 Abs. 1 StPO,13 und die Schuldausschließungsgründe, wie unvermeidbarer Verbotsirrtum, Schuldunfähigkeit, Überschreitung der Notwehr, entschuldigender Notstand, als auch die Strafausschließungsgründe (etwa §§ 173 Abs. 3 StGB, 258 Abs. 6 StGB) und die Strafaufhebungsgründe (z.B. §§ 24, 31, 139 Abs. 3 und 4, 163 Abs. 2, 306e, 314a StGB). Die große Strafkammer muss also freisprechen, wenn zwei Richter die Schuldunfähigkeit des Angeklagten bezweifeln oder Notwehr, freiwilligen Rücktritt vom Versuch, Wahrheit der behaupteten ehrenrührigen Tatsache oder rechtzeitiges Löschen des Brandes seitens des Täters für dargetan erachten.14 c) Umstände, welche die Strafbarkeit vermindern, sind alle im Gesetz tatbestands- 9 mäßig abschließend festgelegten Privilegierungen, welche die mildere Beurteilung eines Grundtatbestandes gebieten,15 wie etwa §§ 216, 248a, 263 Abs. 4 StGB sowie §§ 157, 158 StGB16. § 213 1. Alt StGB ist keine Privilegierung, sondern dem Wortlaut nach
8 9 10
11
Mellinghoff 46 ff., 149 ff. (Zweidrittelmehrheit bei jeder nachteiligen Sachentscheidung). BayObLGSt 1968 70, 73 f. = NJW 1968 2299. Vgl. nur Jakobs 6/53; Roxin (StrafR I) § 5, 41. HK/Julius 3; KMR/Stuckenberg 6; SK/ Schlüchter/Velten 6; Mellinghoff 32, 117 f. m.w.N.; Roxin 25 § 46, 12; a.A. KK/Engelhardt 8; LR/Gollwitzer 25 15; Meyer-Goßner 1; Eb. Schmidt 7. RGRspr 4 (1882) 782, 784; KK/Engel-
12 13
14 15 16
hardt 4; LR/Gollwitzer 25 7; SK/Schlüchter/ Velten 10. KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 8; SK/Schlüchter/Velten 10. KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 8; Meyer-Goßner 4; SK/Schlüchter/Velten 10; Eb. Schmidt 4. RGRspr. 4 (1882) 782, 784. KK/Engelhardt 5; KMR/Stuckenberg 9; Meyer-Goßner 5. Zu § 157 StGB RGSt 1 423, 424 f.; OLG Hamm MDR 1954 631; diff. OLG Braun-
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§ 263
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
(„oder liegt ein sonst minder schweren Fall vor“) selbst ein minder schwerer Fall, über den im Rahmen der Straffrage zu beraten ist.17 Die vom Reichsgericht begründete Gegenmeinung klassifiziert § 213 1. Alt StGB zwar zutreffend als minder schweren Fall, zählt ihn aber dennoch zur Schuldfrage, weil er im Gesetz besonders erwähnt ist, wofür der Wortlaut („besonders vorgesehene Umstände“) des § 263 Abs. 2 spricht. Dies entspricht wohl auch dem Willen des historischen Gesetzgebers, wonach nur die „mildernden Umstände im Allgemeinen“ zur Straffrage gehören und im Schwurgericht den Berufsrichtern vorbehalten sein sollten.18 Heute kann es aber allein auf die „besondere Erwähnung“ nicht mehr ankommen, weil sonst auch alle Regelbeispiele zur Schuldfrage gerechnet werden müssten, was einhellig und zu Recht abgelehnt wird. Vielmehr wird man diesen Ausdruck im gleichen Sinn zu verstehen haben wie bei § 267 Abs. 2. Über das Vorliegen von nur „in der Regel“ straferhöhenden Umständen oder den unbenannten besonders schweren Fällen ist daher, wie der Gesetzgeber in § 267 Abs. 3 Satz 3 klargestellt hat, im Rahmen der Straffrage zu entscheiden.19 Umstritten ist weiterhin, ob § 21 StGB als strafbarkeitsmindernder Umstand zur Schuldfrage20 oder aber zur Straffrage21 zu zählen ist. Zwar führt die Vorschrift nicht zwingend zur Minderung, doch betrifft sie Fälle geminderter Schuld im engeren materiellen Sinne 22 und fällt daher unter § 263 Abs. 2.
10
d) Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, sind alle qualifizierenden Merkmale, die tatbestandlich abschließend und zwingend eine gegenüber dem Grundtatbestand erhöhte Strafe anordnen, wie beispielsweise die §§ 224 bis 227 StGB gegenüber der einfachen Körperverletzung oder die öffentliche Begehung einer Beleidigung.23 Hierher gehört bei bestimmten Tatbeständen, dass der Täter Amtsträger ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) oder gewerbs- oder gewohnheitsmäßig gehandelt hat.24 Hingegen gehören unbenannte „besonders schwere“ Strafschärfungsgründe und Regelbeispiele zur Straffrage (Rn. 14).
11
e) Einheit der Entscheidung. Für jede Handlung nach Maßgabe des materiellen Strafrechts (§§ 52 ff. StGB) 25 ist über die Schuldfrage, d.h. über die Verwirklichung eines bestimmten Straftatbestands (Rn. 13), einheitlich abzustimmen26 und nicht etwa getrennt nach einzelnen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten wie z.B. einzelnen Tatbe-
17
18 19
20 21
schweig NdsRpfl 1953 166 f.; a.M. (Straffrage) BGHSt 2 379 f.; Mellinghoff 125 f. KMR/Stuckenberg 10; SK/Schlüchter/Velten 11; LK/Jähnke 11 § 213, 2; Jakobs 6/103, alle m.w.N.; a.A. RGSt 14 298, 300 f.; BayObLGSt 1949/51 110, 111; KK/Engelhardt 5; Meyer-Goßner 5; LR/Gollwitzer 25 8; Eb. Schmidt 5. Hahn 204. BGH NJW 1959 996 f.; 1977 1830; HK/ Julius 4; KMR/Stuckenberg 12, 16; MeyerGoßner 6, 8; Pfeiffer 3; SK/Schlüchter/ Velten 5; Rieß GA 2007 377, 382 f. OLG Hamm NJW 1972 1149; KMR/Stuckenberg 11; Eb. Schmidt 5. Offen lassend LR/Gollwitzer 25 8; diff. SK/Schlüchter/Velten 12 (Straffrage, wenn nicht § 20 StGB in Betracht kommt).
338
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25
26
Vgl. nur LK/Schöch § 21, 1 f.; SK-StGB/ Rudolphi § 21, 5; Jakobs 18/28 ff. BayObLGSt 1960 248 = NJW 1961 569; OLG Hamm JMBlNW 1951 63. KK/Engelhardt 6; KMR/Stuckenberg 12; Meyer-Goßner 6; Eb. Schmidt 6. Vgl. auch BGH bei Dallinger MDR 1952 532 (Gewinnsucht). AK/Moschüring 5; HK/Julius 2; KMR/ Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 2; SK/Schlüchter/Velten 4; a.A. OGH NJW 1950 195, der auf den verfahrensrechtlichen Tatbegriff des § 264 abstellte. RGSt 18 218, 220; HK/Julius 2; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 2; SK/Schlüchter/Velten 9; Mellinghoff 30 ff., 116 ff.; Michel DRiZ 1992 263, 264.
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§ 263
standsmerkmalen. In diesem Sinne hat das Gericht eine „Totalabstimmung“ 27 und keine „Abstimmung nach Gründen“ vorzunehmen. Das schließt nicht aus, die Meinung zu Einzelfragen durch informelle Abstimmungen vorweg abzuklären. Diese rein informatorischen Einzelabstimmungen haben aber keine bindende Wirkung für die einheitliche Abstimmung über die Schuldfrage.28 Gerade in umfangreichen Sachen wird es zweckmäßig sein, etwa vorab den Erkenntniswert eines Beweismittels zu beurteilen oder einzelne Gründe für einen Freispruch darzulegen.29 Umstritten ist, ob über die modifizierenden Umstände nach Absatz 2 gesondert 30 12 oder im Zuge der Totalabstimmung31 zu entscheiden ist. Hierbei ist zu unterscheiden: Über alle notwendigen Bedingungen der Strafbarkeit, mithin auch über die Gründe, die zur Verneinung der Strafbarkeit führen, kann nur einheitlich abgestimmt werden.32 Dagegen sind Privilegierungs- und Qualifikationstatbestände selbständig und folglich gesondert abzustimmen.33 Stehen nur Modifikationen des Schuldumfangs oder fakultative Strafmilderung oder Absehen von Strafe in Frage, ist Teilabstimmung zweckmäßig.34 Bei der Totalabstimmung darf freilich die Schuld des Angeklagten nicht nur allgemein 13 bejaht werden; abzustimmen ist darüber, ob er bei Würdigung aller Gesichtspunkte einer bestimmten Straftat oder Ordnungswidrigkeit schuldig ist.35 Bei mehreren Straftaten ist über jede einzeln abzustimmen, auch wenn sie tateinheitlich zusammentreffen. Bei der fortgesetzten Handlung wurde früher angenommen, dass über jede der nur durch einen Gesamtvorsatz verknüpften Einzeltaten gesondert abzustimmen ist.36 Bei wahldeutiger Verurteilung ist zunächst über die einzelnen zur Wahl stehenden Delikte und sodann über die wahldeutige Verurteilung abzustimmen.37 Wird die Zweidrittelmehrheit für eine bestimmte rechtliche Würdigung der Tat nicht erzielt, indem etwa von den fünf Richtern einer großen Strafkammer drei die Tat als Betrug und zwei als Unterschlagung ansehen, dann kann der Angeklagte wegen dieser Delikte nicht verurteilt werden.38 Verurteilt werden kann aber bei solchen Divergenzen wegen eines Delikts, das in den streitigen Tatbeständen enthalten ist; so kann wegen Diebstahls verurteilt werden, wenn nach der insoweit übereinstimmenden Auffassung von zwei Dritteln der Richter mindestens dessen Voraussetzungen vorliegen, auch wenn im Übrigen strittig bleibt, ob Raub oder Diebstahl vorliegt.39 Ist die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Subsumtion unter
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Vgl. Eb. Schmidt § 194, 11 GVG; Mellinghoff 13, 25 f.; anders im Zivilverfahren Stein/Jonas/Leipold 21 § 309, 8. RGSt 61 217, 220; BGH bei Holtz MDR 1976 989 f.; OLG Bamberg NStZ 1981 191, 192; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 2; SK/Schlüchter/Velten 9; Mellinghoff 18 m.w.N., 54. RGSt 61 217, 220; BGH bei Holtz MDR 1976 989 f.; sowie BGHSt 17 337, 339. LR/Wickern § 194, 15 f. GVG. Meyer-Goßner § 194, 1 GVG; diff. Eb. Schmidt § 194, 18 ff. GVG; Mellinghoff 33 ff., 115 ff. m.w.N. Eb. Schmidt § 194, 21 GVG; KMR/Stuckenberg 14.
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Vgl. zur Reihenfolge Eb. Schmidt § 194, 18 f. GVG. Eb. Schmidt § 194, 20 GVG; KMR/Stuckenberg 14; Mellinghoff 124 ff. OLG Hamm MDR 1964 863 f. = JMBlNW 1964 7; AK/Moschüring 6; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 2; SK/Schlüchter/Velten 4, 9; Eb. Schmidt 12. AK/Moschüring 5. AK/Moschüring 6; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 15; SK/Schlüchter/ Velten 9. Vgl. HK/Julius 3; KMR/Stuckenberg 15; SK/Schlüchter/Velten 9; sowie AK/Moschüring 6 mit weiteren Beispielen. Michel DRiZ 1992 263, 265; HK/Julius 3.
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eine bestimmte Vorschrift oder für Wahlfeststellung nicht zu erreichen, so ist der Angeklagte freizusprechen.40 Zu Einzelheiten der Abstimmung siehe die Erläuterungen zu § 194 GVG.41
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2. Bei der Festsetzung der Rechtsfolgen, bei ihrer Auswahl und Bemessung erfordert ebenfalls jede dem Angeklagten nachteilige Entscheidung eine Zweidrittelmehrheit, wobei über jede einzelne Rechtsfolge gesondert 42 abzustimmen ist. Dies gilt für Art und Maß aller staatlichen Reaktionsmittel, die im Strafverfahren festgesetzt werden, für die Haupt- und Nebenstrafen ebenso wie für Maßregeln der Besserung und Sicherung und sonstige Nebenfolgen oder die Verhängung einer Geldbuße bei Ordnungswidrigkeiten und die Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel des Jugendrechts. Die Straffrage umfasst insbesondere auch die Entscheidung, ob Jugendrecht oder Erwachsenenrecht anzuwenden ist 43 und ob ein unbenannter oder nicht tatbestandlich, sondern durch Regelbeispiele illustrierter, minder oder besonders schwerer Fall vorliegt 44. Zu ihr gehört ferner, ob anstelle einer Freiheitsstrafe nach dem § 47 StGB eine Geldstrafe zu verhängen, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung nach § 51 StGB anzurechnen sowie, ob von Strafe abzusehen oder der Täter für straffrei zu erklären (199 StGB)45 ist. Auch bei der Strafaussetzung zur Bewährung bedarf es jetzt nach Wegfall des früheren Absatzes 4 der Zweidrittelmehrheit, wenn sie zu Lasten des Angeklagten versagt werden soll.46
III. Einfache Stimmenmehrheit 15
1. Bei allen sonstigen im Prozess zu entscheidenden Fragen bleibt es bei der Regel des § 196 Abs. 1 GVG. Es genügt einfache Stimmenmehrheit, insbesondere bei den nachfolgenden Entscheidungen:
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2. Über Verfahrensfragen entscheidet das Gericht mit einfacher Mehrheit, namentlich über Verfahrensvoraussetzungen,47 wie Absatz 3 für die Verjährung besonders und heute überflüssig 48 hervorhebt. Die mit der einfachen Mehrheit getroffenen Feststellungen über die tatsächlichen Grundlagen der Verfahrensvoraussetzungen dürfen allerdings nicht den Feststellungen widersprechen, die im Rahmen der Schuldfrage getroffen worden sind. Dies gilt insbesondere auch für die bei Prüfung der Verjährung getroffene Feststellung
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OLG Hamm MDR 1964 863, 864; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 15; SK/Schlüchter/Velten 9; Mellinghoff 37 f. Sowie Eb. Schmidt § 194, 13 ff. GVG; Michel DRiZ 1992 263, 265; Mellinghoff 37 ff. Vgl. § 196 Abs. 3 GVG; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 8; Pfeiffer 3; SK/Schlüchter/Velten 9; Eb. Schmidt 13; § 194, 25 ff. GVG; Mellinghoff 38 ff., 127 ff.; Michel DRiZ 1992 263, 265. BGHSt 5 207, 209; BayObLGSt 1956 7 = NJW 1956 921; AK/Moschüring 8; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 7; KMR/ Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 8;
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SK/Schlüchter/Velten 5; Potrykus NJW 1954 821, 822. BGH NJW 1959 996 f.; 1977 1830; HK/Julius 4; KK/Engelhardt 5, 7; KMR/ Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 8; Pfeiffer 3; SK/Schlüchter/Velten 5; oben Rn. 9. A.A. RGSt 17 346, 347. KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 8. BGH bei Dallinger MDR 1952 532; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 1; SK/Schlüchter/Velten 6; Friedlaender JW 1924 277 f.; näher Mellinghoff 40 ff., 112 ff. m.w.N. Zu fehlendem Strafantrag RGSt 20 161, 162 f. Dazu SK/Schlüchter/Velten 14.
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über die Tatzeit.49 Mit einfacher Mehrheit wird auch über sonstige Verfahrensfragen abgestimmt, so über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen50 oder darüber, auf welches Beweismittel bei der Beratung die Entscheidung gestützt werden soll,51 oder ob das Verfahren nach §§ 153 ff. einzustellen ist52. Bei doppelrelevanten Tatsachen sind die mit Zweidrittelmehrheit beim Schuldspruch festzustellenden Tatsachen maßgebend.53 3. Über Kosten einschließlich der Entscheidung über die Erstattung der notwendigen 17 Auslagen und über die Entschädigung für unschuldig erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen wird mit einfacher Mehrheit entschieden.54 4. Vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten gegen den Angeklagten, die im Ad- 18 häsionsverfahren nach den §§ 403 ff. geltend gemacht werden, werden nach § 196 Abs. 1 GVG mit einfacher Mehrheit entschieden.55
IV. Revision Fehler bei der Abstimmung können mit der Revision nach § 337 gerügt werden. Sie 19 müssen aber vom Revisionsführer konkret unter Anführung der Tatsachen, aus denen sich der Fehler ergibt, behauptet werden (§ 344 Abs. 2 Satz 2). Die bloße Behauptung, bei der Abstimmung sei gesetzwidrig verfahren worden, genügt nicht.56 Die substantiierte Darlegung einer solchen Rüge und ihr Nachweis werden meist am Beratungsgeheimnis (§ 43 DRiG) scheitern, da grundsätzlich das Ergebnis der Abstimmung weder in den Urteilsgründen noch in sonstiger Weise offenzulegen ist,57 um die richterliche Unabhängigkeit58 und die Autorität der Kollegialentscheidung59 zu wahren. Das Beratungsgeheimnis begründet regelmäßig ein Beweiserhebungsverbot, so dass mit der Revisionsrüge die Offenlegung der Abstimmung, etwa durch die Vernehmung der betreffenden Richter oder durch dienstliche Äußerung, nicht erzwungen werden kann.60 Allerdings sollen frei-
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RGSt 15 107; vgl. Koeniger 435. RGSt 61 217, 220; BGH DRiZ 1976 319. KK/Engelhardt 8. KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 1; a.A. Mellinghoff 147 ff., 149. KMR/Stuckenberg 19; Mellinghoff 146 f.; vgl. LR/Becker § 244, 34 f. RGSt 39 291, 293; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 18; SK/Schlüchter/ Velten 6; Eb. Schmidt 14. AK/Moschüring 2; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 18; SK/Schlüchter/ Velten 6. BGH VRS 48 (1975) 362, 364; OLG Koblenz MDR 1974 421 f.; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 20; Meyer-Goßner 10; SK/Schlüchter/Velten 15. BGH DRiZ 1976 319; Meyer-Goßner 9; vgl. Niebler FS Tröndle 585 ff.; a.A. mit beachtlichen Gründen Mellinghoff 152 ff., 175 ff.
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BTDrucks. III 516 S. 47; RGSt 26 202, 204; 61 217, 219. Vgl. OGHSt 1 217, 222 f.; OLG Düsseldorf NStZ 1981 25 m.w.N.; Schmidt-Räntsch § 43, 1 ff., 4 DRiG; Spendel ZStW 65 (1953) 403, 406 ff. Str., wie hier RGSt 26 202, 204 ff.; 36 371, 373; 61 217, 219, 221; RG GA 56 (1909) 212; 64 (1917) 553; RG JW 1930 762 mit Anm. Alsberg; AK/Moschüring 14; KMR/Stuckenberg 20; Pfeiffer 5; SK/Schlüchter/Velten 15; Michel DRiZ 1992 263, 267 m.w.N.; wohl auch LR/Gollwitzer 25 19; a.A. KG NStZ 1990 355 mit Anm. Wohlers NStZ 1991 300; RGZ 89 13, 16 f.; Kissel § 193, 12 GVG; LR/Schäfer 23 § 43, 24 f. DRiG; SchmidtRäntsch § 43, 17 DRiG m.w.N.; Spendel ZStW 65 (1953) 403, 413 ff.; offen gelassen von BGH 17.12.1991 – 5 StR 569/91; zu Ausnahmen vgl. BTDrucks. III 516 S. 47.
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willige Angaben von Mitgliedern des Spruchkörpers verwertbar sein, auch wenn sie unter Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gemacht wurden.61 Eine Verletzung des § 263 kann daher nur in Ausnahmefällen bewiesen werden, so 20 wenn das Gericht in den Urteilsgründen auf ein möglicherweise gesetzwidriges Verfahren, wie einen von ihm selbst erkannten Abstimmungsfehler,62 hinweist, worin eine zulässige und gebotene63 Durchbrechung des Beratungsgeheimnisses liegen kann. Auch bei Zweifeln oder Meinungsverschiedenheiten des Gerichts über Abstimmungsfragen kann es angebracht sein, wenn es von sich aus in der schriftlichen Begründung des Urteils die Art der Abstimmung, die Reihenfolge und das Stimmverhältnis darlegt, um dem Revisionsgericht die rechtliche Nachprüfung zu ermöglichen.64 Schließlich mögen die Richter aus sonstigen die Rechtssicherheit überwiegenden Gründen der Einzelfallgerechtigkeit bereit sein, über Art und Ergebnis der Beratung und Abstimmung auszusagen.65 Soweit durch Vortrag der entsprechenden Tatsachen belegbar, kann mit der Revision 21 auch gerügt werden, dass eine Beratung und Abstimmung nicht stattgefunden haben, hingegen nicht, dass die Dauer von Beratung und Abstimmung unzureichend gewesen sei (§ 260, 138).
§ 264 (1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.
Schrifttum Achenbach Strafprozessuale Ergänzungsklage und materielle Rechtskraft, ZStW 87 (1975) 74; ders. Tat, Straftat, Handlung und die Strafrechtsreform, MDR 1975 19; Arzt Die fortgesetzte Handlung geht – die Probleme bleiben, JZ 1994 1000: Barthel Der Begriff der Tat im Strafprozeßrecht (1972); Bauer Erneute Neubestimmung des Tatbegriffs als Konsequenz der Postpendenz-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wistra 1990 218; ders. Der Tatbegriff im Steuerstrafrecht, wistra 1991 56; ders. Der prozessuale Tatbegriff, NStZ 2003 174; ders. Der prozessuale Tatbegriff bei Steuerhinterziehung, wistra 2008 374; Behrendt Der Tatbegriff im materiellen und formellen Steuerstrafrecht, ZStW 94 (1982) 888; Bertel Die Identität der Tat. Der Umfang von Prozeßgegenstand und Sperrwirkung im Strafprozeß (1970); Beulke Der prozessuale Tatbegriff, FS II BGH 781; Beulke/Fahl Prozessualer Tatbegriff und Wahlfeststellung – Strafprozessuale Probleme der alternativen Tatsachenfeststellung, Jura 1998 262; Bindokat Zur Frage des prozessualen Tatbegriffs, GA
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OGHSt 1 217, 222; BayObLG JW 1929 1062, 1063 mit Anm. Mannheim; OLG Celle MDR 1958 182; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 20; Meyer-Goßner 10; siehe aber RG GA 56 (1909) 212; RGSt 61 217, 219; offen lassend BGH VRS 48 (1975) 362, 364. KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 9; SK/Schlüchter/Velten 15 m.w.N.
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KK/Engelhardt 9; SK/Schlüchter/Velten 15. RGRspr 4 (1882) 198, 204 f.; RGSt 8 218, 219; 60 295, 296; BGH DRiZ 1976 319; BayObLG JW 1929 1062, 1063; OLG Celle MDR 1958 182; OLG Hamm MDR 1964 863 f.; KMR/Stuckenberg 21; MeyerGoßner 10. KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 21; SK/Schlüchter/Velten 15; Eb. Schmidt 15; krit. Mellinghoff 154 ff. m.w.N.
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1967 362; Bohnert Tatmehrheit, Verfahrensmehrheit und nachträgliche Gesamtstrafenbildung, GA 1994 97; Bringewat Fortsetzungstat und in dubio pro reo – BGHSt 23, 33, JuS 1970 329; Büchner Der Begriff der strafprozessualen Tat, Diss. Würzburg 1976; Cording Der Strafklageverbrauch bei Dauer- und Organisationsdelikten (1993); Dedes Die Identität der Tat im Strafprozeß, GA 1965 102; Detmer Der Begriff der Tat im strafprozessualen Sinn (1989); Dreyer Wahlfeststellung und prozessualer Tatbegriff (1999); Dürig Art. 103 III GG und die „Zeugen Jehovas“, JZ 1967 426; Erb Die Reichweite des Strafklageverbrauchs bei Dauerdelikten und bei fortgesetzten Taten, GA 1994 265; Endriß/Kinzig Eine Straftat – zwei Strafen – Nachdenken über ein erweitertes „ne bis in idem“, StV 1997 666; Fezer §§ 129, 129a StGB und der strafprozessuale Tatbegriff, in: K. Schmidt, Rechtsdogmatik und Rechtspolitik (1990) 125; Fleischer Verhältnis von Dauerstraftat und Einzelstraftaten, NJW 1979 1337; Fliedner Die verfassungsrechtlichen Grenzen mehrfacher staatlicher Bestrafungen auf Grund desselben Verhaltens, AöR 99 (1974) 242; Geerds Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht (1961); Geisler Der Beschluß des großen Senats zum Fortsetzungszusammenhang, Jura 1995 74; Gillmeister Zur normativ-faktischen Bestimmung der strafprozessualen Tat, NStZ 1989 1; Grünwald Der Verbrauch der Strafklage bei Verurteilungen nach den §§ 129, 129a StGB, FS Bockelmann 737; Hamm Das Ende der fortgesetzten Handlung, NJW 1994 1636; v. Heintschel-Heinegg Die Entbehrlichkeit des Fortsetzungszusammenhangs, JA 1994 586; Hellebrand Gerechtigkeit oder Rechtssicherheit? GedS Schlüchter 473; ders. Rechtsdogmatik und Strafverfolgungsalltag, FS Schwind 305; Helmken Strafklageverbrauch, Rechtssicherheit contra Einzelfallgerechtigkeit, MDR 1982 715; Herzberg Ne bis in idem, JuS 1972 113; Hruschka Der Begriff der Tat im Strafverfahrensrecht, JZ 1966 700; Jähnke Grenzen des Fortsetzungszusammenhangs, GA 1989 376; Jakobs Probleme der Wahlfeststellung, GA 1971 257; Jung Die fortgesetzte Handlung, JuS 1989 289; Kinnen Zum verfahrensrechtlichen Begriff der Tat, MDR 1978 545; Körner Zur Praxis im Bereich des Betäubungsmittelrechts nach Wegfall der fortgesetzten Tat, StV 1998 626; Kraatz Strafklageverbrauch beim Unterlassungsdauerdelikt, Jura 2007 854; Kröpil Verfahrensrechtliche Konsequenzen aus dem prozessualen Tatbegriff im Verkehrsstrafrecht, DAR 1987 75; ders. Prozessualer Tatbegriff und Wahlfeststellung, NJW 1988 1188; ders. Die prozessuale Tat als Zentralbegriff in der strafrechtlichen Ausbildung und Prüfung, JuS 1986 211; ders. Die Bedeutung der Tatbegriffe für den Strafklageverbrauch, DRiZ 1986 448; Krauth Zum Umfang der Rechtskraftwirkung bei Verurteilung von Mitgliedern krimineller und terroristischer Vereinigungen, FS Kleinknecht 215; Liu Der Begriff der Identität der Tat (1927); Loos Probleme der beschränkten Sperrwirkung strafprozessualer Entscheidungen, JZ 1978 592; Maatz Doppelverurteilung in Fällen fortgesetzter Handlungen, MDR 1986 285; ders. Zur materiell- und verfahrensrechtlichen Beurteilung verbotenen Waffenbesitzes in Notwehrfällen, MDR 1985 881; ders. Strafklageverbrauch und Gerechtigkeit, FS Meyer-Goßner 257; Marxen Straftatsystem und Strafprozeß (1984); ders. Der prozessuale Tatbegriff in der neueren Rechtsprechung, StV 1985 472; Mitsch Dauerdelikt und Strafklageverbrauch, MDR 1988 1005; Müller Zur Frage des Strafklageverbrauchs bei dem Verleih, der Vermittlung oder der Beschäftigung illegaler Arbeitnehmer, NStZ 1985 343; Neuhaus Der strafverfahrensrechtliche Tatbegriff – ne bis in idem (1985); ders. Fortsetzungszusammenhang und Strafklageverbrauch – BGH NJW 1985, 2429 und NJW 1985, 1174, JuS 1986 964; ders. Der strafprozessuale Tatbegriff und seine Identität, MDR 1988 1012; Oehler Neuere Verschiebungen beim prozessualen Tatbegriff, GedS Schröder 439; ders. Die Identität der Tat, FS Rosenfeld 139; Paeffgen § 129a StGB und der prozessuale Tatbegriff, NStZ 2002 281; ders. Prozessualer Tatbegriff und das Kriterium der Untersuchungsrichtung, GedS Heinze 615; Palder Anklage – Eröffnungsbeschluss – Urteil. Eine Trias mit Tücken, JR 1986 143; R. Peters Was bleibt von der „Idealkonkurrenz durch Klammerwirkung“? JR 1993 265; Puppe Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen (1979); dies. Funktion und Konstitution der ungleichartigen Idealkonkurrenz, GA 1982 143; dies. Die Individualisierung der Tat in Anklageschrift und Bußgeldbescheid und ihre nachträgliche Korrigierbarkeit, NStZ 1982 230; Radtke Zur Systematik des Strafklageverbrauchs verfahrenserledigender Entscheidungen im Strafprozeß (1994); Ruppert Der Tag danach: Praktische Auswirkungen des Beschlusses zur fortgesetzten Handlung, MDR 1994 973; Salditt Die vervielfachte Umsatzsteuer-Hinterziehung. PStR 2005 30; ders. Die Tat bei der Hinterziehung von Einkommensteuer, FS Volk 637; Schlehofer Der Verbrauch der Strafklage für die abgeurteilte Tat, GA 1997 101; Schlüchter Von der Unabhängigkeitsthese zu materiell-rechtlich begrenzter Tateinheit beim Dauerdelikt, JZ 1991 1057; M. J. Schmid Verletzung gleichrangiger Unterhaltspflichten – eine prozessuale Tat? MDR 1978 547; Schöneborn Zum Problem der materiellrechtlichen und prozes-
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sualen Tateinheit durch Verklammerung, NJW 1974 735; ders. Alternativität der Handlungsvorgänge als Kriterium des strafprozessualen Tatbegriffs, MDR 1974 529; C. Schröder Wahlfeststellung und Anklageprinzip, NJW 1985 780; Schumann Fortgesetzte Tat, Verjährungsbeginn und Art. 103 Abs. 2 GG, StV 1992 392; Schwinge Identität der Tat im Sinne der Strafprozeßordnung, ZStW 52 (1932) 203; Stein Strafprozessualer Tatbegriff und Alternativität von Vorwürfen, JR 1980 444; Struensee Mehrfache Zivildienstverweigerung, JZ 1984 645; Tiedemann Entwicklungstendenzen der strafprozessualen Rechtskraftlehre (1969); Webel Umsatzsteuer: Voranmeldungen und Jahreserklärung, eine oder mehrere Taten? PStR 2008 109; Werle Die Beteiligung an kriminellen Vereinigungen und das Problem der Klammerwirkung, JR 1979 93; ders. Konkurrenz und Strafklageverbrauch bei der mitgliedschaftlichen Beteiligung an kriminellen und terroristischen Vereinigungen, NJW 1980 2671; ders. Die Konkurrenz bei Dauerdelikt, Fortsetzungstat und zeitlich gestreckter Gesetzesverletzung (1981); Wolter Verurteilung aus nicht tatbestandsmäßiger Nachtat, GA 1974 161; ders. Tatidentität und Tatumgestaltung im Strafprozeß, GA 1986 143; ders. Natürliche Handlungseinheit, normative Sinneinheit und Gesamtgeschehen, StV 1986 315; Zschockelt Die praktische Handhabung nach dem Beschluss des Großen Senats für Strafsachen zur fortgesetzten Handlung, NStZ 1994 361; ders. Verbrechen und Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, NStZ 1998 238.
Bezeichnung bis 1924: 263.
Übersicht Rn. I. Bedeutung der Vorschrift 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . II. Der verfahrensrechtliche Tatbegriff 1. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 2. Normative Vorgaben a) Aufgaben des Tatbegriffs . . . . . . b) Idem crimen, idem factum . . . . . c) Systematische Vorgaben . . . . . . . 3. Kriterien der Tatidentität in der Rechtsprechung a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Tatumfang . . . . . . . . . . . . . c) Tatmodifikation . . . . . . . . . . . d) Normativierung des Tatbegriffs? . . 4. Einwände und abweichende Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tatbegriff und Prozessgegenstand a) Unteilbarkeit . . . . . . . . . . . . b) Prozessgegenstand und Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft . . . . . c) Umfassende Kognitionspflicht des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtliche Grenzen der Kognitionspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . e) Insbesondere: Verwertung nicht angeklagter Taten . . . . . . . . . . III. Die „Umgestaltung“ der Anklage (Absatz 2) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Umgestaltung“ in tatsächlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die „Umgestaltung“ in rechtlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. IV. Einzelheiten zum Tatbegriff 1. Tatumfang . . . . . . . . . . . . . . . a) Materiell-rechtliche Einheiten aa) Natürliche Handlung, tatbestandliche und natürliche Handlungseinheit . . . . . . . . . . . . . . bb) Fortsetzungszusammenhang . . cc) Dauerstraftaten und Organisationsdelikte . . . . . . . . . . . dd) Sammel-, Serien-, Wiederholungstaten . . . . . . . . . . . . . . ee) Bewertungseinheiten . . . . . . ff) Tateinheit . . . . . . . . . . . . gg) Divergenz prozessualer und materieller Tateinheit a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Besonderheiten bei Organisations- und Dauerdelikten . . g) Verklammerung . . . . . . . b) Materiell-rechtliche Tatmehrheit aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . 2. Tatmodifikation (Auswechslung von Tatumständen) a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Unwesentliche Veränderungen des Tatbilds . . . . . . . . . . . . . . . c) Wesentliche Veränderungen des Tatbilds . . . . . . . . . . . . . . . 3. Alternative Sachverhalte a) Keine Identität aufgrund Alternativität . . . . . . . . . . . . . . . b) Anklageerfordernis . . . . . . . . . 4. Subsidiäre Straftaten . . . . . . . . . . V. Rechtsbehelfe
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. . . . . . . . . . . . . . 115
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
Alphabetische Übersicht Adhäsionsverfahren 3 Alternativität der Handlungen 107 ff. Angeklagte, mehrere 18 Angriffsrichtung 20, 27 Anklagegrundsatz 5 Aufklärungspflicht 5, 29, 37 ff. Aussagedelikte 36, 59, 87 Aussetzung der Hauptverhandlung 54, 111 Berichtigungsklage 31 Berufungsgericht 34, 49 Beschränkung nach § 154a 43, 51, 118 Betäubungsmitteldelikt 69, 72 f., 76, 86, 94 Bewertungseinheit 69 f. Brandstiftung und Betrug 89 Dauerstraftat 64 ff., 76 ff., 80 ff., 86 Doppelbestrafung, Verbot der 4 ff., 115 ff. Ehrdelikte 60, 72 Eigentums- und Vermögensdelikte 103, 105 f. Einstellung nach § 154 42 Einstellung nach § 260 Abs. 3 116 Erfolgsdelikte 97 Ergänzungsklage 31, 39 Ersatzdienstverweigerung 68 Erschöpfung der Anklage 37 ff., 55, 117 fortgesetzte Tat 61 ff. Flucht 72, 93 Freibeweis 115 Freispruch 63 Geheimdienstliche Agententätigkeit 65 Gerechtigkeit, materielle 5, 13 Gesamtplan des Täters 17, 73 Gewerbsmäßigkeit 67 f. Gleichzeitigkeit von Straftaten 72 f. Handlung im natürlichen Sinn 59 Handlungseinheit – natürliche 59 f. – tatbestandliche 59 Hinweispflicht des Gerichts 11, 37, 44, 57, 67, 112 Idem crimen, idem factum 10 Identitätsthese 25, 71 ff. Immunität 41 Inzidentfeststellung nicht angeklagter Taten 44 ff. Klammerwirkung s. Verklammerung Kognitionsmöglichkeit, tatsächliche 29 Kognitionspflicht des Gerichts 37 ff., 76 Korruptionstaten 102, 106 mehraktige Delikte 59 Nachtat 45, 47, 109, 114 Nachtragsanklage 6, 34, 45, 52, 67, 78, 108, 111 Ordnungswidrigkeiten 3, 56, 90 ff. Organisationsdelikte 65 f., 76 ff., 80 ff., 86 Postpendenzfeststellung 110 Prozessgegenstand 4, 33 ff.
Rechtshängigkeit, mehrfache 40 Rechtskraft, materielle s. Verbrauch der Strafklage Rechtsmittelbeschränkung 50 Revision 115 ff. Sammelstraftat 67 f. Serienstraftat 67 f., 100 ff. Sexualstraftaten 100 f., 102, 106 Spezialitätsgrundsatz 41 Steuerstraftaten 3, 17, 60, 89 Straßenverkehrsdelikte 56, 72 f., 81 f., 86 f., 90 ff., 105 f. subsidiäre Tatbestände 83, 114 Tatbegriff – einheitlicher 7 – materiell-rechtlicher 8, 25, 59 ff. – Normativierung 20 f., 27 f. – verfassungsrechtlicher 7, 11 Tatbild der Anklage 19, 95 ff. Tateinheit nach § 52 StGB 71 ff. Tätigkeitsdelikte 98 Tatmehrheit nach § 53 StGB 87 ff. Tatmodifikation 9, 19, 53, 95 ff. Tatopfer 102 Tatort 11, 17, 19, 95, 97 f., 100 f., 103, 106 Tatsachenverhandlung, letzte 16, 38, 49, 62, 64 Tatumfang, Bestimmung des 9, 15 ff., 53, 58 ff. Tatzeit 11, 17, 19, 95, 97 f., 101, 103, 106 Teilurteil 39 Trennung des Verfahrens 33, 39 f. Umgestaltung der Strafklage 2, 48 ff. Unschuldsvermutung 45 f., 85 Unterlassungsdelikte 99 Untersuchungsgrundsatz 5 ff. Untersuchungspflicht des Gerichts s. Kognitionspflicht Untersuchungsrichtung 30 Urteil, Erledigungswirkung 39 ff., 62 Urteilsfindung, Gegenstand der, s. Kognitionspflicht Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes 55 ff. Verbrauch der Strafklage 4 ff. Vereinsgesetz, Vergehen gegen 69 Verfahrensvoraussetzungen 41 ff., 51 Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft 35 f. Verklammerung 83 ff. Vervollständigungsklage 31, 39 Verteidigung des Angeklagten 6, 54, 57 Völkermord 86 Vorbehalt der anderweitigen Verfolgung 39 Vortat 105, 107, 109 Waffenbesitz; Waffenführen 72 f., 76, 81 f., 86 Wehrdienstverweigerung 68 Wiederaufnahme 4, 12 Zivildienstverweigerung s. Ersatzdienstverweigerung
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
I. Bedeutung der Vorschrift 1. § 264 behandelt das Verhältnis des Urteils zur Anklage und zum Eröffnungsbeschluss. Bereits § 155 Abs. 1 bestimmt, dass nur die Tat, die durch die Anklage (oder einen sie ersetzenden Verfahrensvorgang) formell der Entscheidung des Gerichts unterbreitet worden ist, den Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung bildet. § 264 Abs. 1 wiederholt, dass Gegenstand der Urteilsfindung eben diese angeklagte Tat ist, und präzisiert, dass es diese Tat aber in der Gestalt ist, die sie nach dem „Ergebnis der Verhandlung“ erhalten hat. Dies bringt die Konzeption der Prozessordnung zum Ausdruck, dass die Hauptverhandlung nicht nur eine Schlussverhandlung sein soll, die die in der Anklage erhobene Beschuldigung bestätigt oder verwirft, sondern, dass sie die eigentliche Untersuchung ist, in der erst die wahre Beschaffenheit der durch die Anklage vor Gericht gebrachten Tat ermittelt und festgestellt werden muss.1 Das Gericht ist somit zu einer selbständigen und erschöpfenden Beurteilung des ihm in der Hauptverhandlung unterbreiteten Prozessstoffs berechtigt und verpflichtet (§§ 155 Abs. 2, 202, 244 Abs. 2), deren einzige Grenze die Identität der durch die Anklage festgelegten Tat – nicht zuletzt auch zum Schutze des Angeklagten vor Überraschungen – ist. Folgerichtig regeln §§ 155 Abs. 2, 206 und § 264 Abs. 2, dass das Gericht weder an 2 die tatsächliche und rechtliche Beurteilung der Tat seitens der Staatsanwaltschaft in der Anklage gebunden ist noch an die vorherige – regelmäßig eigene – tatsächliche und rechtliche Beurteilung im Eröffnungsbeschluss, der die unmittelbare Verhandlungs- und Urteilsgrundlage2 bildet. Pflicht und Befugnis zu allseitiger Kognition können also dazu führen, dass die angeklagte Tat, obschon sie noch als dieselbe anzusehen ist, am Schluss der Verhandlung ihre Gestalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht deutlich verändert hat; dies wie üblich3 als „Umgestaltung der Strafklage“ zu bezeichnen, ist wenig treffend, weil die Anklage nicht umgestaltet werden kann, sondern vielmehr der gerichtlichen Untersuchung unverrückbare Grenzen setzt 4.
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2. Der Tatbegriff des § 264 gilt ebenso im Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 84 OWiG) sowie im Steuerstrafverfahren5. Im Adhäsionsverfahren ist der Strafrichter nur verpflichtet, solche zivilrechtlichen Ansprüche zu prüfen, die sich aus derselben Tat i.S. des § 264 ergeben können, wegen der der Angeklagte verurteilt wurde.6
II. Der verfahrensrechtliche Tatbegriff 4
1. Funktionen. Die Strafprozessordnung verwendet den Begriff der „Tat“ in mehreren Funktionszusammenhängen, von denen hier, mit Blick auf die Hauptverhandlung,7
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Hahn 206. Vgl. Eb. Schmidt 3. Z.B. RGSt 72 99, 105; BGHSt 2 371, 374. Der Ausdruck ist historisch eingeführt als „Anklageänderung“ oder „Klagänderung“, vgl. etwa Hahn 207. Krit. SK/Velten 57. Eb. Schmidt 7; I 296 Fn. 528. OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 141, 142 m.w.N.; Leise NJW 1953 167 ff.; Reinisch MDR 1966 896; Behrendt ZStW 94 (1982) 888 ff., 910 ff. BGH NStZ 2003 321 f. m.w.N.
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7
Im Ermittlungsverfahren kommt dem gesetzlichen Ausdruck „Tat“ notwendigerweise ein anderer Sinn zu, vgl. LR/Kühne Einl. K 59. Zum abweichenden Tatbegriff des § 121 siehe nur LR/Hilger § 121, 14 ff., 14b; jüngst OLG Naumburg StraFo 2009 148; OLG Stuttgart StV 2008 85 f., alle m.w.N. Bei § 111g ist str., ob der Tatbegriff mit § 264 übereinstimmt, bejahend OLG Hamm wistra 2002 398 ff.; verneinend OLG Köln NJW 2003 2546 ff.; vgl. LR/Schäfer 25 § 111g, 5 m.w.N.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
zwei interessieren. Zum einen geht es darum, wer den Gegenstand einer aktuellen gerichtlichen „Untersuchung und Entscheidung“ (§ 155 Abs. 1) bzw. der „Urteilsfindung“ (§ 264 Abs. 1) bestimmt, sowie darum, ob und wie dieser Gegenstand geändert werden kann und von wem. Die „Tat“ ist somit wesentlicher Bestandteil des Prozessgegenstands (Rn. 33 ff.). Zugleich ist damit der Umfang der Rechtshängigkeit (§ 12) zur Verhinderung konkurrierender paralleler Verfahren festgelegt. Zum anderen geht es retrospektiv um den Umfang des abgeschlossenen Verfahrens und der damit verbundenen Sperrwirkung für eine erneute Strafverfolgung, mithin um den Umfang der materiellen Rechtskraft, des bildhaft so genannten „Verbrauchs der Strafklage“. Dieses Verbot eines neuen Verfahrens über denselben Prozessgegenstand (ne bis in idem) wird von der Strafprozessordnung, wie am Wiederaufnahmeverfahren ersichtlich, vorausgesetzt, aber nicht ausdrücklich geregelt; eine nur in der Formulierung unvollständige8 Gewährleistung trifft Art. 103 Abs. 3 GG. In beiden Funktionszusammenhängen erfolgt mit der Definition des Tatbegriffs zu- 5 gleich die Fixierung des Verhältnisses von jeweils zwei gegenläufigen Verfahrensprinzipien. Bei der Bestimmung des Verfahrensgegenstands schränken sich die Maximen des Anklageund Untersuchungsgrundsatzes wechselseitig ein: Während das Akkusationsprinzip im Verteidigungsinteresse des Angeklagten nach einem engen und scharf umgrenzten Prozessgegenstand verlangt, wird die Inquisitionsmaxime am besten mit einer weiten und flexiblen Kognitionsbefugnis verwirklicht.9 Bei der Bestimmung des Umfangs des Strafklageverbrauchs stehen sich als gegenläufige Prinzipien die materielle Rechtskraft und die materielle Gerechtigkeit gegenüber. Der Gedanke der materiellen Rechtskraft verlangt die Einmaligkeit und Endgültigkeit des abgeschlossenen Verfahrens ungeachtet etwaiger Fehler und dient damit dem Interesse des Angeklagten, nicht erneut wegen desselben Prozessthemas mit einem Strafverfahren überzogen zu werden und in die Gefahr einer Bestrafung zu geraten,10 sowie der Rechtssicherheit und Schaffung von Rechtsfrieden, somit Elementen der formellen Gerechtigkeit. Die materielle Gerechtigkeit hingegen duldet keine fehlerhafte oder unvollständige Anwendung des materiellen Strafrechts und gebietet daher stets die nachträgliche Korrektur der getroffenen Entscheidung, wenn sich die Kenntnis des Sachverhalts verbessert und dadurch die rechtliche Bewertung verändert hat. Es bedarf einer rechtspolitischen Entscheidung, welche Regelungsziele in welchem 6 Maße Vorrang genießen sollen,11 weil diese Prinzipienkollisionen nicht durch eine bestimmte, sei es enge, sei es weite, Festlegung des Tatbegriffs vermieden werden können.12 Zwar mag ein enger Tatbegriff den Angeklagten vor unvorhergesehener Ausdehnung des Verfahrensstoffs bewahren und ihm die Verteidigung erleichtern, indem die Kognitionsbefugnis des Gerichts und die Möglichkeit zur „Umgestaltung der Strafklage“ eingeschränkt werden, was zugleich das Verfahren erschwert und verzögert, da häufiger Nachtragsanklagen nötig werden. Ein enger Tatbegriff bewirkt aber auch eine eng umgrenzte Rechtskraftwirkung, die wiederum die Gefahr neuer Verfahren aufgrund neuer Erkenntnisse und die Möglichkeit der Verwirklichung des materiellen Strafrechts vergrößert. Ein
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BVerfGE 3 248, 250 f. Vgl. BGHSt 11 130, 133. BVerfGE 12 62, 66; 56 22, 31 f.; BGHSt 5 323, 328; 28 119, 121; 29 288, 292; Mittermaier ArchCrimR NF 1850 497, 509; Glaser GS 23 (1871) 1, 72; Grünwald TeheranBeiheft ZStW 86 (1974) 94, 106 f.; ders.
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FS Bockelmann 737, 755; AK/Loos § 264 Anh. 27; KMR/Stuckenberg 4. LR/Kühne Einl. K 52. Vgl. LR/Kühne Einl. K 52; KMR/Stuckenberg 5; Gillmeister NStZ 1989 1, 5; Marxen StV 1985 472, 476; Wolter GA 1986 143, 149 ff.; Radtke 118.
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weit gefasster Tatbegriff erleichtert dem Gericht die Durchführung des Strafverfahrens13 und erschwert die Verteidigung des Angeklagten, gewährt ihm dafür aber größeren Schutz vor erneuter Verfolgung um den Preis verminderter Durchsetzbarkeit des materiellen Strafrechts bei ungenügender Sachaufklärung. Es ist auch kein gangbarer Weg, für jede der beiden Funktionen einen eigenen Tatbe7 griff zu bilden, etwa einen weiten Tatbegriff für die Kognitionsbefugnis und einen engen Tatbegriff für die Sperrwirkung der Rechtskraft14 oder umgekehrt 15. Der in Art. 103 Abs. 3 GG ausgesprochene „Grundsatz der Einmaligkeit der Strafverfolgung“ will vorrangig dem Angeklagten eine erneute Strafverfolgung wegen des Prozessstoffs, über den schon einmal rechtskräftig entschieden wurde, ersparen16 sowie das formell-rechtsstaatliche Ziel der Rechtssicherheit befördern. Der Verbrauch der Strafklage ist somit die Kehrseite der Kognitionspflicht und Umgestaltungsbefugnis.17 Der Tatbegriff des Verbots der doppelten Strafverfolgung folgt deshalb grundsätzlich dem Umfang der Kognitionsbefugnis des Gerichts,18 nicht nur dem Umfang der getroffenen Entscheidung, wie schon der Wortlaut des Art. 103 Abs. 3 GG nahelegt19. Allenfalls ist eine Abweichung der Tatbegriffe in der Weise möglich, dass die Sperrwirkung der Rechtskraft großzügiger bemessen wird, also den Gegenstand der Urteilsfindung überschreitet, jedoch darf sie nicht hinter diesem zurückbleiben.20 Grundsätzlich21 gilt für §§ 155 Abs. 1, 264 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 3 GG daher ein einheitlicher Tatbegriff.22 Außer in den Fällen der Wiederaufnahme 13 14
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RGSt 28 321, 323. So aber Peters § 36 II, § 54 II 3; Büchner 112 ff., 159 ff.; Marxen StV 1985 472, 476 f.; Neuhaus StV 1990 342, 344; Krauth FS Kleinknecht 215, 227 ff., 233; Bauer NStZ 1999 207, 208; ders. NStZ 2003 174, 177 ff.; Paeffgen GedS Heinze 615, 631 f.; wohl auch Maatz FS Meyer-Goßner 257, 258 f., 262 f.; dazu Detmer 76 ff.; Radtke 113 ff. HK/Julius 2. Zum verfassungsrechtlichen Tatbegriff s. BVerfGE 23 191, 202 ff.; 45 434, 435 f.; 56 22, 27 ff.; BVerfGK 5 7, 8; 7 417, 418; BGHSt 5 323, 328 ff.; 29 288, 292; BGH bei Holtz MDR 1985 92; Dreier/Schulze-Fielitz Art. 103 III, 17 ff. GG; Maunz/Dürig/ Schmidt-Aßmann Art. 103 Abs. 3, 281 ff. GG; von Mangoldt/Klein/Nolte Art. 103 Abs. 3, 201 ff. GG; Fliedner AöR 99 (1974) 242 ff.; Maatz FS Meyer-Goßner 257, 262 f. RGSt 72 99, 105. RGSt 4 243, 245; 7 229, 230; 21 78, 80; 24 419; 49 272, 274; 51 241, 242; 51 253, 254; 56 161, 166; 56 324, 325; 66 19, 20; 72 99, 105; BGHSt 15 289 f.; 29 288, 292 mit Anm. Rieß NStZ 1981 74; BGH StV 1999 352, 353; OLG Hamm MDR 1972 440, 441; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 6; SK/Velten 5; Eb. Schmidt I 295; Schanze ZStW 4 (1884) 437, 471 ff.; Erb GA 1994 265, 268 f.; Wolter GA 1986 143, 155.
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Fezer 18/49. Der Umfang der Entscheidung wird freilich maßgebend, wenn das Gericht eine nicht angeklagte Tat aburteilt und dieses fehlerhafte Urteil rechtskräftig wird, s. Krack JR 2001 423 f. Vgl. BGHSt 32 146, 150; a.A. BVerfGE 56 22, 35 f. angesichts der Rspr. zur fortgesetzten Tat und zur Verklammerung; Maunz/ Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 Abs. 3, 284 GG; von Mangoldt/Klein/Nolte Art. 103 Abs. 3, 207 GG; Maatz FS Meyer-Goßner 257, 258 f., 262 f. Anders nach der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen: BVerfGE 56 22, 34 ff.; BGHSt 29 288, 293 ff.; 32 146, 150; BayObLGSt 1991 51, 54 mit Anm. Neuhaus NStZ 1993 202 und Schlüchter JZ 1991 1057 ff.; siehe unten Rn. 80 ff. So bereits das RG (wie Fn. 18); BVerfGE 23 191, 202; 45 434, 435; BGHSt 6 92, 95; 29 288, 292; 32 146, 150; 35 60, 61; 35 318, 323; BayObLG NJW 1965 2211, 2212; OLG Stuttgart Justiz 2001 497, 498; AK/Loos 2, § 264 Anh. 27; KK/Engelhardt 2; KMR/ Stuckenberg 6; LR/Kühne Einl. K 53; MeyerGoßner 1; Pfeiffer 1; SK/Velten 2, 20 f.; Roxin/Schünemann § 20, 2; Oehler FS Rosenfeld 139, 142; ders. GedS Schröder 439, 443; Bindokat GA 1967 362, 366 ff., 370; Schöneborn MDR 1974 529, 530; Wolter GA 1986 143, 154 f.; Radtke 117 ff.; a.A. die in Fn. 14 Genannten.
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nach §§ 359 ff. als vom Verfassungsgeber akzeptierte23 Beschränkung des Art. 103 Abs. 3 GG gibt es daher keine Möglichkeit der Korrektur rechtskräftiger Entscheidungen aufgrund nachträglicher besserer Sachverhaltserkenntnis. Aus dieser Funktionsbetrachtung ergibt sich schließlich, dass allein prozessuale Rege- 8 lungsziele den Inhalt des verfahrensrechtlichen Tatbegriffs bestimmen, der daher grundsätzlich unabhängig von materiell-rechtlicher Begrifflichkeit zu bilden ist,24 was nicht heißt, dass materiell-rechtlicher und prozessualer Tatbegriff beziehungslos nebeneinander stehen müssen,25 vielmehr mögen sich Überschneidungen ergeben und Anbindungen sachgerecht sein (unten Rn. 58 ff.). Lediglich die Minimalgröße einer prozessualen Tat wird durch die materiell-rechtliche Beschreibung festgelegt, da sie wenigstens soviele Tatsachen umfassen muss als zur Begründung von Strafbarkeit nötig ist (Rn. 11). 2. Normative Vorgaben a) Die Aufgabe des Tatbegriffs besteht darin, Identitätskriterien für den Prozessgegen- 9 stand anzugeben, mithin den Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung, des Urteils und der Rechtskraft in einer Weise zu beschreiben, dass er unverwechselbar ist. Bei der Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft stellt sich in der Regel die Frage, ob später neu entdeckte Tatsachen Bestandteil der abgeurteilten Tat sind oder nicht. Während der laufenden Hauptverhandlung können sich faktische oder rechtliche Elemente des Anklagevorwurfs ändern, so dass der Tatbegriff auch die Grenzen noch zulässiger „Umgestaltung der Strafklage“ festlegen muss. Solche Änderungen lassen sich auf zwei Grundformen26 zurückführen: Die Änderung des Tatumfangs, meist als Tatvermehrung (zu den angeklagten Umständen treten weitere kumulativ oder alternativ hinzu), sowie die Tatmodifikation (die angeklagten Umstände werden teilweise durch andere ersetzt). b) Es gibt, wie historische und rechtsvergleichende Betrachtung bestätigt, im Grund- 10 satz zwei Möglichkeiten, den Tatbegriff zu definieren, entweder als idem crimen oder idem factum. Idem crimen meint, dass der Prozessgegenstand durch bestimmte Tatsachen und deren materiell-rechtliche Qualifikation bestimmt wird, so dass eine andere rechtliche Wertung derselben Umstände eine andere Tat darstellt. Idem factum hingegen meint, dass der Prozessgegenstand durch die in der Anklage bezeichneten Tatsachen ungeachtet ihrer rechtlichen Qualifikation fixiert wird. Zwischen diesen beiden Polen sind mancherlei Zwischenformen denkbar, etwa dass ein rechtskräftiges Urteil nur die An-
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Freilich ohne jegliche Erörterung, JöR NF 1 (1951) 741, 743 f. BVerfGE 45 434, 435; 56 22, 29 ff. mit abl. Anm Grünwald StV 1981 326; BVerfGK 5 7, 8; 7 417, 418; RGSt 61 314, 317; 62 112; 72 339, 340 m.w.N.; BGHSt 23 141, 145; 29 288, 292 mit Anm. Rieß NStZ 1981 74 f; BGHSt 35 60, 61; 35 318, 323; 43 252, 256; BGH NJW 1953 1522; BayObLGSt 1957 196, 199; 1960 5, 8; BayObLG VRS 38 (1970) 448 f.; NStZ-RR 1997 279, 280; OLG Düsseldorf NJW 1983 767, 768; NStZ-RR 1999 176, 177; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 141, 142; OLG Hamm StV
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1986 241, 242 mit abl. Anm. Grünwald; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996 173; Justiz 2001 497, 498; AK/Loos § 264 Anh. 34; KMR/Stuckenberg 3; Meyer-Goßner 6; Pfeiffer 2; Eb. Schmidt I 295, 301; § 264, 8; Erb GA 1994 265, 268; ders. JR 1995 169, 170; Mitsch NStZ 2002 159, 160; Neuhaus StV 1990 342 f.; Oehler FS Rosenfeld 139, 147; diff. SK/Velten 14, 28; s.a. unten Rn. 74 ff. BGH NStZ 2009 705, 706. Ähnlich Wolter GA 1986 143, 148; vgl. auch Hahn 205 f.
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wendung solcher Straftatbestände auf dieselben Tatsachen sperrt, die dasselbe oder ein verwandtes Rechtsgut schützen.
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c) Aus dem systematischen Zusammenhang des Gesetzes ergeben sich entscheidende Vorgaben für die Bestimmung des prozessualen Tatbegriffs: So wird die „in der Anklage bezeichnete Tat“ gemäß § 200 Abs. 1 (sowie § 409 StPO; § 66 OWiG) durch faktische Umstände wie Zeit und Ort beschrieben, zu der die gesetzlichen Merkmale der Straftat hinzutreten (§ 200, 13). Die Handlung oder Unterlassung muss so individualisiert sein, dass Verwechslungen ausgeschlossen sind.27 Enger als wenigstens eine angeklagte tatbestandliche Handlung kann die prozessuale Tat folglich nicht gefasst werden.28 Eine vorrangig normative Bestimmung der Tat (idem crimen) anhand der behaupteten Verletzung bestimmter Straftatbestände oder Rechtsgüter scheidet gleichwohl aus,29 denn das Gesetz geht davon aus, dass die „Tat“ nicht identisch mit der Verletzung eines Strafgesetzes ist, sondern mehrere Gesetzesverletzungen umfassen kann (§ 154a Abs. 1 Satz 1),30 dass das Gericht frei ist in der rechtlichen Bewertung (§§ 155 Abs. 2, 264 Abs. 2), deren Veränderung allein keine neue Anklage erfordert (vgl. § 207 Abs. 2 Nr. 3, § 265), also den Prozessgegenstand nicht verändert. Auch erhebliche Unterschiede im Unrechtsgehalt berühren die Tatidentität nicht, wie sich an § 373a StPO; §§ 84 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 3 Satz 2 OWiG zeigt. Der Prozessgegenstand muss folglich im Sinne von idem factum verstanden werden, was dem Willen des historischen Gesetzgebers entspricht.31 Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Gericht die Fakten bekannt waren oder sein konnten (§ 359 Nr. 5 StPO; § 85 Abs. 3 Satz 2 OWiG). Da Art. 103 Abs. 3 GG den bei Erlass des Grundgesetzes gesicherten rechtlichen Kernbestand des Verbots doppelter Strafverfolgung aufgreift,32 sind angesichts dieser einfach-rechtlichen Lage und der entsprechenden ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (Rn. 14) materiell-rechtliche Kriterien wie die Art der Rechtsgutsverletzung oder Schwere des Unrechts als maßgebliche Kriterien zur Bestimmung des einheitlichen Tatbegriffs auch für § 264 verfassungsrechtlich ausgeschlossen.33 Dies ergibt sich zusätzlich aus der teleologischen Auslegung, denn durch Gleichsetzung der prozessualen Tat mit dem materiell-rechtlichen crimen würde die Garantie des Art. 103 Abs. 3 GG praktisch wertlos.34 Aus dem Wiederaufnahmerecht folgt unmittelbar nichts für die Bestimmung des Tat12 begriffs, da dort vorausgesetzt wird, dass dieselbe rechtskräftig abgeurteilte Tat betroffen ist.35 Da aber der Anwendungsbereich der Wiederaufnahme vom Umfang des Tatbegriffs abhängt, darf dessen Definition das Wiederaufnahmerecht nicht funktionslos machen und insbesondere die gesetzgeberische Entscheidung, keine Wiederaufnahme propter
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Vgl. LR/Stuckenberg § 200, 14 ff. m.w.N. und BGHSt 22 375, 385; 23 336, 340; 40 44, 45; BGH NJW 1991 2716; 1994 2966; NStZ 1992 553; StV 1991 245; 1995 113, 114; 1996 362; OLG Düsseldorf NStZ 1996 298, 300; OLG Hamm NStZ-RR 1997 139; SK/Velten 5, 8. SK/Velten 14, 28; Gillmeister NStZ 1989 1, 3. BGHSt 22 105, 106; 35 60, 64; BGH bei Dallinger MDR 1956 394, 395; Schöneborn MDR 1974 529, 531 ff.; AK/Loos § 264 Anh. 37 m.w.N. Vgl. BRDrucks. 9/62 S. 36; BTDrucks. 8 976 S. 40.
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Hahn 205 ff. BVerfGE 3 248, 252 f.; 45 434, 435; 56 22, 27 ff., 34 f.; BVerfGK 7 417, 418; BGHSt 6 122, 125. AK/Loos § 264 Anh. 37; KMR/Stuckenberg 11. Vgl. die Nachweise zum früheren französischen und zum anglo-amerikanischen Recht bei KMR/Stuckenberg 11 a.E. sowie Stuckenberg Double Jeopardy (2000). Oehler GedS Schröder 437, 441 f.; KMR/ Stuckenberg 12.
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nova zu Ungunsten des Angeklagten vorzusehen, nicht unterlaufen.36 Der Tatbegriff darf also nicht so eng gefasst werden, dass schon neue Fakten oder neue rechtliche Würdigung allein zu einer neuen „Tat“ führen (vgl. Rn. 29). Schließlich ist ein direkter Rückgriff auf die „materielle Gerechtigkeit“, etwa zur Be- 13 schränkung des Strafklageverbrauchs bei „völliger Verkennung des Unwertgehalts“ im ersten Verfahren, unzulässig, weil Art. 103 Abs. 3 GG die Abwägung zwischen Individualschutz und Rechtssicherheit auf der einen und umfassender Verwirklichung des materiellen Strafrechts auf der anderen Seite bereits entschieden hat, nämlich zugunsten der ersteren.37 Denn die Wirkung der ne bis in idem-Garantie besteht gerade darin, dass auch ein begründeter Strafanspruch nicht verwirklicht wird, wodurch stets die materielle Gerechtigkeit leidet (Rn. 5),38 indem das Risiko der unvollständigen Sachaufklärung dem Staat aufgebürdet wird.39 Da Veränderungen im Unrechtsgehalt die Tatidentität nicht berühren, ist der mit der rechtskräftigen Verurteilung aus einem drastisch milderen Gesetz eingetretene Verbrauch der Strafklage auch für einen schweren Gesetzesverstoß trotz materieller „Ungerechtigkeit“ hinzunehmen, sofern nicht Wiederaufnahme zulässig ist (§ 373a StPO; §§ 84, 85 OWiG).40 Es widerspräche dem Sinn der Vorschrift des Art. 103 Abs. 3 GG, den Schutz vor doppelter Strafverfolgung einer Art immanenter „Unerträglichkeitsgrenze“ zu unterwerfen.41 Dass auch Missbräuche nicht auszuschließen sind, durch geschicktes Aussageverhalten der Strafklageverbrauch erschlichen werden mag,42 steht dem nicht entgegen. Eingeschränkt ist das Grundrecht vielmehr allein durch die Wiederaufnahmegründe.43 3. Kriterien der Tatidentität in der Rechtsprechung a) Grundsatz. Die Motive meinten, dass es keine allgemeinen Regeln zur Feststellung 14 der Tatidentität geben, diese vielmehr nur im Einzelfall beurteilt werden könne.44 Das
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AK/Loos § 264 Anh. 37 a.E.; KMR/Stuckenberg 12; Roxin/Schünemann § 52, 16; Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 86 f.; Gillmeister NStZ 1989 1, 5; insoweit zutr. Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 112 ff.; vgl. Radtke 130 ff. AK/Loos § 264 Anh. 31; KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten 21; von Mangoldt/Klein/Nolte Art. 103 Abs. 3, 179 f. GG; Grünwald FS Bockelmann 737, 758; Fliedner AöR 99 (1974) 242, 253 m.w.N.; Erb GA 1994 265, 266 Fn. 7 m.w.N.; Paeffgen GedS Heinze 615, 636; auch RGSt 4 243, 245; 70 26, 30 f.; BGHSt 20 77, 80. Grünwald JZ 1970 330, 331; ders. StV 1986 243, 245; Herzberg JuS 1972 113, 120; Paeffgen GedS Heinze 615, 636; Hellebrand GedS Schlüchter 473, 493 f.; s.a. LR/Kühne Einl. K 80. OLG München NJW 1967 2219, 2220; sog. „Sanktionsfunktion der Rechtskraft“, vgl. Roxin/Schünemann § 52, 8; Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 87; Neuhaus StV 1990 342, 344; ders. NStZ 1993 202, 204; Hellebrand GedS Schlüchter 473, 493; krit.
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AK/Loos § 264 Anh. 31 a.E.; Loos JZ 1978 592, 593 Fn. 9. RGSt 4 243, 245; 70 26, 30 f.; BGH StV 1983 457; KK/Engelhardt 23; KMR/Stuckenberg 13; LR/Gollwitzer 25 10 f.; LR/Schäfer 24 Einl. 12 28 ff.; auch bei Strafbefehl BVerfGE 65 377, 381 ff.; zur älteren Rechtslage BVerfGE 3 248. Vgl. Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 Abs. 3, 284 GG; von Mangoldt/Klein/Nolte Art. 103 Abs. 3, 179 f. GG; KMR/Stuckenberg 13; siehe aber Neuhaus NStZ 1987 138, 140; ders. MDR 1989 213, 221; ders. NStZ 1993 202, 203. Dazu Hellebrand GedS Schlüchter 473, 493 f.; Dreier/Schulze-Fielitz Art. 103 III, 35 GG; von Münch/Kunig Art. 103, 40 GG. Zu deren Verfassungsmäßigkeit BGHSt 5 323, 328 ff.; Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 97, 103; Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 98; alle m.w.N.; krit. von Mangoldt/Klein/Nolte Art. 103 Abs. 3, 221 ff. GG. Hahn 205.
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Reichsgericht übernahm diese Ansicht 45 und stellte wie vom Gesetzgeber gewollt auf das tatsächliche Geschehen ab. Anders als zuvor das Preußische Obertribunal, das für den Verbrauch der Strafklage die vollständige Übereinstimmung der konkreten Tatsachen verlangte,46 ließ das Reichsgericht für Tatidentität bereits „dasselbe historische Vorkommnis in seinen wesentlichen Momenten“ genügen,47 wobei es Strafklageverbrauch für alle, auch die bei Aburteilung nicht erkannten, rechtlichen Gesichtspunkte annahm48. Später bildete es die noch heute geläufige Definition aus, wonach die prozessuale Tat „das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch den Eröffnungsbeschluss bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet“, umfasst 49 und von materiell-rechtlichen Wertungen und Begriffen wie der Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter 50 unabhängig ist.51 Der Bundesgerichtshof hat diese Judikatur zu diesem sogenannten faktischen, natürlichen, naturalistischen oder auch ontologischen Tatbegriff fortgesetzt. Es gebe keine allgemeine Begriffsbestimmung der „Tat“, die eine zweifelsfreie Entscheidung jedes Falles erlaube; maßgebend sei die Abgrenzung im Einzelfall.52 Zu unterscheiden (Rn. 9) sind im weiteren Änderungen des Tatumfangs, regelmäßig durch Hinzutreten neu bekannt gewordener Umstände, und solche des Tatinhalts durch Auswechslung faktischer Umstände.
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b) Tatumfang. Ausgangspunkt zur Bestimmung des Tatumfangs ist nach ständiger Rechtsprechung die Definition der Tat im prozessualen Sinn als „das gesamte Verhalten des Beschuldigten, soweit es mit dem durch die Strafverfolgungsorgane bezeichneten geschichtlichen Vorgang nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet“,53 wobei zwischen den einzelnen Verhaltensweisen des Täters eine innere Verknüpfung bestehen müsse dergestalt, „dass ihre getrennte Aburteilung in verschiedenen erstinstanzlichen Verfahren als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs
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RGSt 3 406, 408; 8 135, 139; 9 420, 421; 12 187, 189. PrObTrib GA 22 (1874) 670; w.N. bei KMR/Stuckenberg 14. RGSt 5 249, 250 f.; 8 135, 139; 9 420, 421; 12 187, 188 f.; 15 9, 11; 15 133, 136; 44 28, 30 f.; 54 299, 300; 55 76, 77 f. RGSt 4 243, 244 f.; 8 135, 139 f.; 12 187, 188 f.; 21 78, 80; 44 28, 31; 49 272, 274; 51 241, 242 f.; 56 324, 325; 72 99, 105. RGSt 51 127, 128; 56 324 f.; 61 236, 237; 72 339, 340. RG JW 1893 333, 334. RGSt 8 135, 140; 9 420, 421; 14 78, 79; 21 78, 83; 25 334, 336; 33 426, 427; 56 324, 325; 61 314, 317; 62 112; 72 339, 340; RG HRR 1940 118. Näher zur Judikatur des RG KMR/Stuckenberg 15 m.w.N. BGHSt 13 21, 25; 43 252, 255; BGH NJW 1999 1413, 1414; StV 1985 181; auch OLG Braunschweig NStZ-RR 1997 80, 81; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177; OLG Hamm NStZ-RR 1997 79, 80. BGHSt 10 396, 397; 13 320, 321; 23 141, 145; 22 307, 308; 25 388, 389; 27 168, 172;
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29 288, 292; 29 341, 342; 32 215, 216 mit Anm. Roxin JR 1984 346 und Jung JZ 1984 533; BGHSt 35 60, 61; 35 80, 81 mit Anm. Roxin JZ 1988 260; BGHSt 41 292, 297; 43 252, 255; 45 211, 212 f.; BGH NJW 1957 1886, 1887; 1992 2838; StV 1981 127, 128; 1981 167, 168; 1983 322; 1985 181; NStZ 1995 46, 47; 1996 243; 563 f.; 2004 582 mit Anm. Wegner wistra 2004 273; StraFo 2012 190; auch BVerfGE 23 191, 202; 45 434, 435; 56 22, 28; BVerfG 16.3.2001 – 2 BvR 65/01; BayObLGSt 1957 196, 199; 1991 51, 52 mit abl. Anm. Neuhaus NStZ 1993 202 und Anm. Schlüchter JZ 1991 1057 ff.; BayObLGSt 2001 134, 135; OLG Braunschweig NStZ-RR 1997 80 f.; OLG Celle JZ 1985 147, 148; OLG Düsseldorf NJW 1967 1768, 1769; 1983 767 f.; DAR 1987 26; OLG Jena NStZ 1999 516, 517; OLG Karlsruhe Justiz 1973 27; OLG Köln NJW 1990 587; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1955 159; OLG Rostock VRS 109 (2005) 27, 28; OLG Schleswig SchlHA 2007 288; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996 173.
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empfunden würde“54. Die „natürliche Betrachtung“ kann etwa bei Wirtschaftsstraftaten die Anschauungen des die Taten prägenden Wirtschaftsverkehrs berücksichtigen.55 Gemäß Absatz 1 ist das Ergebnis der Hauptverhandlung die Grundlage für die Beur- 16 teilung der Einheitlichkeit eines Lebensvorgangs. Folglich kommt es nicht darauf an, ob ein Sachverhaltselement in Anklage oder Eröffnungsbeschluss erwähnt oder der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht bekannt war.56 Vom Verbrauch der Strafklage sind sogar solche tatsächlichen Elemente desselben historischen Vorgangs erfasst, die das Gericht weder kannte noch kennen konnte.57 Nötig ist jedoch, dass das Gericht zur Aburteilung aller Elemente der Tat, falls es sie gekannt hätte, rechtlich in der Lage gewesen (Rn. 41) wäre.58 Daher gehören alle Elemente, ob bekannt oder unbekannt, auf die sich die rechtliche Aburteilungsbefugnis des Gerichts nicht erstreckt hat oder nicht erstreckt hätte, nicht zur prozessualen Tat. Die Beendigung der letzten Tatsacheninstanz bildet zugleich die zeitliche Grenze der prozessualen Tat.59 Die zur Einheitlichkeit eines geschichtlichen Vorgangs geforderte innere Verknüp- 17 fung (Rn. 15) zwischen den Ereignissen muss in ihnen selbst liegen.60 Herangezogen wurden eine Reihe von Kriterien, von denen keines notwendig oder für sich hinreichend ist61 – umgekehrt hindert deren Divergenz die Bejahung prozessualer Tateinheit auch keineswegs zwingend62. Die Vorgehensweise ist mithin topisch und führt zur Betrachtung sämtlicher Aspekte des Einzelfalls, die identitätsstiftend sein könnten,63 da „Verknüpfungen aller Art und Intensität eine Rolle spielen“64 können. Beispielhaft: zeitliche oder örtliche Nähe,65 aber zeitliches Zusammentreffen der einzelnen Handlungen ist allein weder erforderlich noch ausreichend,66 ebenso wenig Gleichzeitigkeit der Geschehensabläufe67; teilweises Überschneiden der äußeren Abläufe kann aber im Einzelfall eine enge Verbindung begründen68; monatelange Unterbrechung kann eine Zäsur bewirken;69 Tatort und Tatzeit gelten aber regelmäßig nur als bedeutsam, wenn sie die einzigen Konkretisierungsmerkmale sind,70 so dass auch erhebliche zeitliche Unterschiede die Tatidentität zwingend nicht beseitigen71; kausale, finale oder logische
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BGHSt 41 385, 388 und Rn. 17. BGH NStZ 1995 46, 47. BGHSt 13 320, 321; 29 341, 342; 32 215, 216; 41 292, 298; 45 211, 213 f.; BGH NJW 1992 1776, 1777; NStZ 1995 46, 47; 1996 243, 244; 1998 199, 200; OLG Braunschweig NStZ-RR 1997 80 f.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177. BGHSt 6 92, 95; missverständlich LG Memmingen NStZ-RR 1997 140, 141. RGSt 32 57, 58; 33 405 ff.; 46 363, 367; 49 272, 274; 56 161, 166; BGHSt 6 92, 95; 15 259 f.; BGH NJW 1953 393; offen lassend BGHSt 44 91, 94 f.; abl. Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 116 mit Fn. 77. Zum Fortsetzungszusammenhang s. Rn. 61. BGHSt 13 21, 26. Vgl. BGH NJW 1992 1776, 1777. RGSt 8 135, 139; 9 420 f. Exemplarisch BGHSt 41 292, 298 ff. BGH StV 1985 181.
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BGHSt 35 14, 18; 45 211, 213. BGH NJW 1992 1776, 1777; NStZ 2001 436, 437 mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159; bei Becker NStZ-RR 2007 4; StraFo 2008 383, 384; BayObLGSt 1984 78 f.; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 141, 142. BGH bei Holtz MDR 1985 92; KG NStZ-RR 2008 48 f.; OLG Stuttgart Justiz 2001 497 ff.; unten Rn. 73. BGH NStZ 2002 105, 106. BGHSt 41 292, 299. BGH NJW 1999 802; 1994 2966; StV 1999 243, 244; BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 9; BGH NStZ 1995 46, 47; StV 1985 181; OLG Frankfurt NStZ 1988 92; OLG München NStZ-RR 2005 350 f. BGHSt 38 37, 40 (Irrelevanz langer Zeiträume zwischen Abgabe der Steuererklärung und weiteren falschen Angaben gegenüber den Finanzbehörden); OLG Hamm NStZ-RR 1997 79, 80 (irrelevant, dass Unterschlagung 2 Jahre früher als angeklagt stattfand);
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Abfolge;72 Identität des verletzten Rechtsguts73 oder Tatobjekts74; Identität der Beteiligten75 oder persönlicher Zusammenhang76 im Sinne des § 3; gleichartige Begehensweise, einheitliche Tatsituation,77 wobei etwa planmäßige arbeitsteilige Begehung im Rahmen desselben Geschäftsbetriebs noch keine „Klammerwirkung durch Gewerbebetrieb“ entfaltet;78 einheitliche Motivation79 oder umfassende Planung (Gesamtplan)80 im Gegensatz zu neuem Willensentschluss81; Gleichzeitigkeit und Identität der Vorbereitungshandlungen82. Bloße Wiederholung zu anderer Zeit genügt nicht.83 Ein trennender Faktor ist stets die personale Identität. Die Prüfung prozessualer Tat18 identität hat für jeden Beteiligten gesondert zu erfolgen.84 Werden Vorwürfe gegen mehrere Beschuldigte auf denselben geschichtlichen Vorgang gestützt, liegen daher so viele Taten vor wie Beschuldigte.85
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c) Tatmodifikation. Das Kriterium des „einheitlichen Lebensvorgangs“ betrifft nur die Bestimmung des Tatumfangs und hilft bei (teilweiser) Auswechslung der in der Anklage geschilderten Umstände nicht weiter,86 also etwa, wenn die angeklagte Trunkenheitsfahrt am 13. statt am 16. Tag desselben Monats begangen wurde. Die Rechtsprechung stellt hier darauf ab, ob eine wesentliche Änderung des Tatbildes im Vergleich zur Anklage vorliegt. Unwesentliche Änderungen berühren die Tatidentität nicht. Betrachtet wird die Übereinstimmung von Tatort, Tatzeit und Täterverhalten und der ihm innewohnenden Zielrichtung sowie des Tatobjekts. Einzelheiten unten Rn. 95 ff.
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OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 141, 142 (Steuerhinterziehungstat kann mehrere Jahre umfassen). BGHSt 41 385, 389; 43 96 98; BGH bei Holtz MDR 1985 92; NStZ 1983 87; 2000 318; vgl. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 33 (kausale Verknüpfung genügt nicht). BGH StV 1981 167, 168. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 29; StraFo 2008 383, 384. BGH StV 1981 606; KK/Engelhardt 6. BGHSt 11 130, 132 ff.; 13 21, 25; BGH StV 1985 181; Meyer-Goßner 2b. Vgl. BGHSt 26 284, 287; BGH StV 1981 606; StraFo 2008 383, 384. BGHSt 26 284 ff., 287; 35 14, 19; OLG Celle NJW 1992 190; AK/Loos § 264 Anh. 3; Pfeiffer 4; siehe aber OLG Düsseldorf NStZ 1987 375, 376. BGHSt 13 21, 27; gleicher Endzweck: BGH NStZ 1983 87; 2009 585 (motivatorischer Zusammenhang mehrfacher Anstiftungsversuche zur Brandstiftung); bei Holtz MDR 1985 92; StV 1981 167, 168; OLG Celle NJW 1992 190; so insbesondere SK/Velten 28, die aber die Problematik der beliebigen Beschreibbarkeit von Handlungen hinsichtlich der Feinkörnigkeit und des Umfangs einräumt.
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BGHSt 13 21, 26; 23 141, 145; 29 288, 293; 35 14, 17 ff. mit Anm. Otto JR 1988 27; BGH StV 1981 167, 168; 1985 181; 1996 432 f.; BayObLGSt 1985 131, 134; OLG Stuttgart MDR 1986 693. BGHSt 36 151, 153 f.; BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 22, 29; BGH NStZ 1996 243, 244; BGH 16.1.1992 – 4 StR 509/91, insoweit nicht in NStZ 1992 233; OLG Düsseldorf NJW 1967 1768, 1769 mit Anm. Oppe; so sollen das Ausspähen eines Lokals und der wenige Stunden später stattfindende Überfall zwei Taten darstellen, wenn beim Ausspähen noch nicht feststand, ob und wie ein Überfall erfolgen solle, der somit auf einem neuen Entschluss beruhte, BGH NStZ 2001 436, 437 mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159; anders allerdings bei Straßenverkehrsdelikten: BGHSt 23 141, 144 ff.; KG DAR 1968 244; dagegen wiederum OLG München NZV 2005 544 f. BGHSt 35 14, 18; BGH bei Holtz MDR 1985 92; BayObLGSt 1985 131, 133, 135. BGH 27.5.2008 – 4 StR 200/08; MeyerGoßner 2. BGHSt 32 215, 217; BGH VRS 83 (1992) 185, 188. Meyer-Goßner 1. Detmer 28, 35 ff.
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d) Normativierung des Tatbegriffs? Einzelne Entscheidungen des Bundesgerichtshofs 20 aus jüngerer Zeit benutzen ergänzend normative Kriterien zur Bestimmung der Tatidentität. So wurde bei real konkurrierenden Straftaten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Tatidentität verneint unter Hinweis auf die Verschiedenartigkeit des bedrohten Rechtsguts und des Unrechtsgehalts der Taten,87 andererseits die Irrelevanz unterschiedlicher Angriffsrichtungen für die Tatidentität konstatiert.88 Vor allem BGHSt 32 215 und 35 60 wurden im Schrifttum als Abkehr vom rein faktischen Tatbegriff und Neuorientierung hin zu einer Kombination von „Handlungstheorie“ und „Rechtsgutsverletzungstheorie“ gewertet.89 Mit einigem zeitlichem Abstand kann indes ein Richtungswechsel beim Verständnis des prozessualen Tatbegriffs nicht festgestellt werden. Zum einen wurden in den fraglichen Judikaten verschiedene prozessuale Taten jeweils unter Betonung der faktischen Differenz des Geschehensabläufe angenommen90 und nur ergänzend auf die unterschiedliche, einmal eigen-, einmal fremdnützige Angriffsrichtung abgestellt91. Zum anderen sind solche Erwägungen danach eher selten und ebenfalls lediglich ergänzend anzutreffen.92 Allerdings wird trotz steter Betonung der Maßgeblichkeit der natürlichen Betrach- 21 tungsweise bisweilen in unklarer Weise die strafrechtliche Bedeutung der Vorgänge hervorgehoben,93 und, da der Begriff der Tat eine gewisse Unschärfe aufweise,94 ergänzend auf die materielle Gerechtigkeit des Ergebnisses verwiesen bzw. auf einen „Grundsatz gerechter Gesetzesanwendung“ oder „-auslegung“,95 auf den Vertrauensschutz,96 auf die „Vereinbarkeit mit anderen verfahrensrechtlichen Gestaltungen“97 oder „elementare Ge-
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BGHSt 13 21, 26; auch OLG Koblenz NJW 1978 716, 717 mit abl. Anm. Kinnen MDR 1978 545 f.; ähnl. OLG Hamm wistra 2002 400; 12.12.2007 – 3 Ss 430/07; OLG Stuttgart Justiz 2001 497, 499. BGHSt 23 270, 275. Roxin JR 1984 346, 348; ders. JZ 1988 260, 261; Schlüchter JZ 1991 1057, 1060; Bauer wistra 1995 170, 179 f.; vgl. Marxen StV 1985 472, 473 ff. So von Hehlerei und Raub (BGHSt 35 60, 64) sowie von Diebstahl und Begünstigung. BGHSt 35 80, 82 mit Anm. Roxin JZ 1988 260 und Gillmeister NStZ 1989 1; vgl. auch BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 9; BGH NStZ-RR 1998 304, 305; OLG Celle NJW 1988 1225, 1226; OLG Frankfurt NStZ 1988 92; OLG Hamm NStZ-RR 1997 79, 80; KG 13.2.2002 – (5) 1 Ss 5/02; abw. OLG Köln NJW 1990 587, 588; s.a. BGH NJW 1989 1867 f. (eine Tat wegen engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs von Betrug und Hehlerei). BGH NStZ-RR 2002 98; BayObLGSt 1989 56, 59; siehe aber OLG Celle NdsRpfl. 1997 264; OLG Hamm wistra 2002 400; 12.12.2007 – 3 Ss 430/07; OLG Schleswig SchlHA 2007 288 f.; Bauer wistra 1990
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218 f.; 1995 170, 179 f.; krit. Schlüchter/ Duttge NStZ 1996 457, 462. BGHSt 13 21, 26; 23 141, 146; 23 270, 273; 41 292, 300; BGH StV 1985 181; BGH 27.5.1992 – 2 StR 94/92 (Art und Gewicht des Unrechts); 16.1.1992 – 4 StR 509/91 (Rechtsgüter); BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 9 (Richtung auf ein Tatobjekt); OLG Celle NJW 1985 393 (Richtung des Täterverhaltens); NdsRpfl. 1997 264 (Rechtsgüter); OLG Hamburg NStZ-RR 1999 247, 248; OLG Hamm StV 1984 15, 16; NStZ-RR 1997 79, 80; OLG Köln NStZ 1988 568, 569. BGHSt 43 252, 255. BGHSt 23 141, 150; 29 288, 296, 297; 35 14, 19; 36 151, 155; 41 292, 300; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177; OLG Hamburg NStZ-RR 1999 247, 248; OLG Hamm StV 1986 241, 242; krit. Helmken MDR 1982 715, 717. BGHSt 29 288, 296 f.; 35 14, 19 f. mit Anm. Karl NStZ 1988 79; BGHSt 36 151, 155; 43 252, 255, 257; BGH NStZ 2001 436, 438 mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177. BGHSt 43 252, 255; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177.
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rechtigkeits- und Strafzumessungserwägungen“98. Diese normativen Gesichtspunkte spielen bisher allenfalls eine untergeordnete Rolle zur Bekräftigung eines mit den herkömmlichen Kriterien begründeten Ergebnisses.99
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4. Einwände und abweichende Vorschläge. Die Judikatur zum Tatbegriff ist unübersichtlich und nicht widerspruchsfrei,100 leider nicht nur in schwierigen und seltenen Zweifelsfällen, sondern auch in den typischen Konstellationen alltäglicher Massenkriminalität wie bei Straßenverkehrs-101 und Betäubungsmitteldelikten102 (Rn. 73, 90 ff.). Die Rechtsprechung hat die Problematik ihrer Tatdefinition freilich weder verkannt noch geleugnet.103 Darüber, ob mehrere Vorgänge ein einheitliches geschichtliches Ereignis sind, könnten wegen des weitgefassten Begriffs „sehr oft verschiedene Auffassungen vertreten werden“.104 Dies ist die Konsequenz der vom historischen Gesetzgeber verschuldeten (Rn. 14) haarsträubenden Behauptung, dass es keine allgemeingültigen Abgrenzungskriterien geben könne und die Entscheidung allein von den Besonderheiten des Einzelfalles abhänge. Ernst genommen werden darf diese Aussage offensichtlich nicht, denn wer keine Maßstäbe für eine Unterscheidung angeben kann und will, urteilt nach Willkür, mögen auch die Ergebnisse solcher Kadijustiz (im Weberschen Sinne) im Einzelfall oft plausibel sein. Tatsächlich aber lassen sich die meisten Fälle in klarer konturierte Untergruppen einordnen (Rn. 58 ff.). Es verwundert daher nicht, dass seit langem methodische Kritik an der Begriffsver23 weigerung der Rechtsprechung sowie an der kriterienlosen und insoweit „vordogmatischen“105 „heuristischen Formel“ von der „natürlichen Auffassung des Lebens“ geübt wird,106 die ebenso berechtigt wie wohlfeil ist. Über irgendwelche, geschweige denn präzise Merkmale verfügt die „natürliche Einheit“ nicht, so dass ihre Anwendung daher über einen Zirkelschluss nicht hinauskommen kann. Die behauptete Maßgeblichkeit einer „natürlichen Lebensauffassung“ ist überdies irreführend, weil es sich ausnahmslos um eine Beurteilung (materiell-)rechtlich bewerteten Geschehens für (verfahrens-)rechtliche Zwecke, somit um eine rechtliche Betrachtung handelt.107 Ebenso wenig haltbar108 ist die Ansicht, dass der Tatbegriff „vorrechtlich“ sei,109 sich also im „natürlichen Leben“ präexistente Einheiten losgelöst von jeglichem spezifischen Erkenntnisinteresse finden ließen, denn das materielle Strafrecht ist es doch, das erst die Gesichtspunkte liefert, die
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BGHSt 49 359, 364. BGHSt 35 80, 82; 41 292, 299 f.; BGH 16.1.1992 – 4 StR 509/91; BayObLGSt 1989 56, 59; siehe aber OLG Celle NdsRpfl. 1997 264. Zusammenfassend Beulke FS II BGH 781 ff.; s.a. Neuhaus MDR 1988 1012 ff.; ders. MDR 1989 213 ff.; Schlüchter JZ 1991 1057, 1060; Bauer wistra 1995 170, 179 f. Krit. zu Recht Seitz JR 2002 524 f. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis bei Hellebrand GedS Schlüchter 473, 480 ff.; ders. FS Schwind 305 ff. Oben Fn. 52; BayObLGSt 1989 56, 58 hält sie für „praktisch unbrauchbar“. BGHSt 11 130, 133. Marxen StV 1985 472, 473. Siehe nur Bauer NStZ 2003 174 f.; wistra
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2008 374; Bertel 35 f.; Herzberg JuS 1972 113, 115; Hruschka JZ 1966 700, 703; Jescheck JZ 1957 29, 30; Kindhäuser JZ 1997 101; Kühne 642; Marxen StV 1985 472, 473 f.; Neuhaus StV 1990 342; Paeffgen NStZ 2002 281, 286; ders. GedS Heinze 615, 618 ff.; auch BayObLGSt 1989 56, 58; s.a. LR/Kühne Einl. K 61. Liu 16 ff.; Schwinge ZStW 52 (1932) 203, 220 f.; Bertel 21 f., 35 f.; Hruschka JZ 1966 700, 701; Kindhäuser JZ 1997 101; AK/Loos § 264 Anh. 35 m.w.N.; SK/Velten 27. Hruschka JZ 1966 700, 703. BGHSt 43 252, 256; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 141, 142; Rieß NStZ 1981 74, 75.
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aus einem Geschehensablauf relevant sind,110 vgl. Rn. 28. Der Zusatz, dass eine getrennte Aburteilung als „unnatürliche“ Aufspaltung empfunden werden müsste, ist tautologisch.111 Die Tatformel ist daher lediglich eine Tarnkappe für ein Bündel von Identitätskriterien für verschiedene Situationen. Ihr einziger Vorzug besteht in der Ermöglichung von Flexibilität, mithin einzelfalladäquater Entscheidung,112 ohne zur Begründung dieser Entscheidung etwas beitragen zu können. Ein großer Teil der Literatur stimmt der Auffassung der Rechtsprechung jedenfalls im 24 Grundsatz zu.113 Denn hinter der methodisch haltlosen Tatformel der Rechtsprechung verbargen sich lange Zeit im Kern stabile Fallgruppen (Rn. 58 ff.),114 deren Ergebnisse auch heute noch vom Schrifttum kaum in Frage gestellt werden. Von den zahlreichen abweichenden Vorschläge des Schrifttums,115 die überwiegend eine Verengung des Tatbegriffs bezwecken oder bewirken, seien die wesentlichen nachfolgend kurz angesprochen, obschon keiner davon sich bis heute durchsetzen konnte. Die früher 116 auch von der Rechtsprechung 117 weithin vertretene Anbindung des pro- 25 zessualen Tatbegriffs an den der materiell-rechtlichen Handlung118 und in der Konsequenz damit an die Konkurrenzlehre119 („Identitätsthese“) reduziert die Urteilsungewissheit gegenüber der „natürlichen Betrachtungsweise“ beträchtlich, wenn auch nicht restlos, und dient der Prozessökonomie vor allem in Großverfahren. Andererseits hat der prozessuale Tatbegriff andere Funktionen zu erfüllen als die Strafzumessungsregeln der §§ 52 ff. StGB (Rn. 8).120 Schwierigkeiten ergeben sich zudem daraus, welcher Zeitpunkt für die zur Feststellung rechtlicher Handlungseinheiten nötigen sachlich-rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen wäre: Eine Beschränkung auf die Subsumtion der Anklage verbietet sich nach §§ 155 Abs. 2, 206, 264 Abs. 2; dann aber müsste das Ergebnis der richterlichen Kognition ihren Umfang bestimmen,121 weshalb die Identitätsthese nicht konsequent durchführbar ist. Peters hält die Richtung des Tätigkeitsaktes für maßgebend. So sei ein Schuss in die 26 Luft etwas anderes als ein Schuss auf einen Menschen.122 Wenn dies nicht auf eine rechtliche Wertung hinauslaufen soll, handelt es sich um ein faktenbezogenes Kriterium, dessen Unschärfe keinen Gewinn bringt. Die angeführten Beispiele – Verurteilung wegen Wilderei hindert die Anklage wegen Mordes durch denselben Schuss nicht, wohl aber umgekehrt – überzeugen nicht.123 Gleiches gilt im Ergebnis für den ähnlichen Vorschlag,124 auf den sozialen Sinnzusammenhang abzustellen.
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Vgl. BGH StV 1985 181; LR/Gollwitzer 25 6, 10. KMR/Stuckenberg 28; Pfeiffer 2. Zutr. Kindhäuser JZ 1997 101. KK/Engelhardt 3; LR/Gollwitzer 25 4 ff.; Meyer-Goßner 2; Pfeiffer 2; SK/Velten 28; Eb. Schmidt I 296 ff.; Grünwald TeheranBeiheft ZStW 86 (1974) 94, 107 ff.; Rieß NStZ 1981 74 f. Grünwald JZ 1970 330. Überblicke und weitere Nachw. bei Radtke 109 ff., 113 ff.; Wolter GA 1986 143, 157 ff. Vgl. nur Jescheck JZ 1957 29, 30 m.w.N. Nachw. bei KMR/Stuckenberg 15. Oehler FS Rosenfeld 139, 148 ff., 157 f.; ders. GedS Schröder 439, 444 ff.
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Behrendt ZStW 94 (1982) 888, 910 ff.; strikt Herzberg JuS 1972 113, 117 ff. (völlige Übereinstimmung materieller und prozessualer Tateinheit mit Ausnahme der fortgesetzten Tat); anders aber Oehler (Fn. 118). Eingehend Wolter GA 1986 143, 157 f. BGHSt 43 252, 256; KMR/Stuckenberg 30; LR/Gollwitzer 25 11; Wolter GA 1986 143, 158. Peters § 54 II 3 b bb, S. 508 ff.; zust. Jescheck JZ 1957 29, 30; ähnl. Gillmeister NStZ 1989 1, 2. Dazu KMR/Sax 6 Einl. XIII, 27. Geerds 359 ff., 362 f.; ähnl. Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 91.
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Vielfach wird angenommen, dass bei Bestimmung der „Tat“ ohne Einbeziehung der rechtlichen Bewertung nicht auszukommen sei. So müsse etwa zur Identität des geschichtlichen Vorgangs auch Übereinstimmung im wesentlichen Unrechtsgehalt hinzutreten, so dass im klassischen – heute durch § 85 Abs. 3 Satz 2 OWiG überholten – Beispiel125 die Verurteilung wegen Schießens an bewohnten Orten (§ 367 Abs. 1 Nr. 8 StGB a.F.) eine Anklage wegen Mordes, begangen durch denselben Schuss, nicht sperre.126 Ähnlich, aber enger nimmt Hruschka Tatidentität nur an, wenn der „rechtliche Kern eines nach Raum, Zeit und Tatgegenstand festlegbaren Vorganges“ übereinstimme. Im Zweifel soll ein wertender Vergleich zwischen den betreffenden Tatbeständen nach dem Vorbild der Wahlfeststellung erfolgen.127 Mitunter wird auch die teilweise Identität der Rechtsgutsverletzung im Sinne der Teilidentität des Rechtsguts und der Verletzungshandlung gefordert.128 Beulke stellt normativierend auf die Zielrichtung bzw. Angriffsrichtung des Handelns ab, die der Tat ihr „rechtliches Gepräge“ gebe.129 Doch steht, wie oben (Rn. 4 ff., 8) angeführt, allen materiell-rechtlich orientierten Vorschlägen entgegen, dass einerseits das Gesetz zu Recht davon ausgeht, dass die prozessuale Tat unabhängig von der materiell-rechtlichen Bewertung ist und dass andererseits diese Vorschläge – sofern es nicht einzig um die Verbindung real konkurrierender Taten geht – entweder die Pflicht und Befugnis des Gerichts zur allseitigen Kognition und damit die in §§ 155 Abs. 2, 202, 264 Abs. 2 statuierte Subsumtionsfreiheit beschränken130 oder den Umfang der Kognitionsbefugnis von deren Ergebnis abhängig machen müssen (Rn. 25) und somit nur den Umfang des Verbrauchs der Strafklage angeben können, was dem Erfordernis eines einheitlichen Tatbegriffs (Rn. 7) widerstreitet. Schließlich wird vorgeschlagen, die faktische mit der normativen Betrachtungsweise 28 zu kombinieren: Eine Tat liege vor bei faktisch untrennbaren, ineinander übergehenden Vorgängen sowie bei abtrennbaren und tatmehrheitlich begangenen Straftaten, sofern sie in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und ihr Unrechtsgehalt vergleichbar sei,131 etwa in Fällen (unechter) Gesetzeskonkurrenz. Teilweise sollen normative Kriterien die „ontologischen“ nur ergänzen: So nimmt Schlüchter zunächst eine natürliche oder ontologische Betrachtung vor, die durch normative Kriterien der Parallelität von Handlung, Handlungsobjekt und Rechtsgut ergänzt werden.132 Daran ist zutreffend, dass bei Straftatbeständen, deren Unrechtsbeschreibung phänotypisch unauffällige,
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Nach RGSt 4 243, 244 f.; 70 26, 30 f.; vgl. LG Freiburg StV 1991 16 f. Henkel 387. Hruschka JZ 1966 700, 703; ähnlich, aber vager Barthel 93 ff. (Vergleichbarkeit des Unrechtsgehalts unter Einschluss faktischer Aspekte). Bertel 140 ff. Beulke (Strafprozessrecht) 519, 521; ders. FS II BGH 781, 804 ff.; vgl. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 33. KMR/Stuckenberg 32; LR/Gollwitzer 25 10 f.; Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 89. Roxin 25 § 20, 5; ders. JR 1984 346, 348; ders. JZ 1988 260, 261; ähnl. Wolter GA 1986 143, 164 ff., 175 („Untrennbarkeit von Verhaltensweisen oder Wesensgleichheit ihres Sach- und Unrechtskerns ohne Ver-
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wechslungsgefahr bei Kontinuität“); Detmer 210 ff., 327; Otto JR 1988 27, 29 f.; ders. NStZ 2005 515 f.; Gillmeister NStZ 1989 1, 4 f. (faktische Einheit oder tatbestandlicher Bezug zwischen faktisch selbständigen Taten); zuerst wohl Schwinge ZStW 52 (1932) 203, 221 ff., 231 ff.; ders. DJ 1941 1063 f. (Teilidentität der Ausführungshandlung oder Bezug auf dasselbe Rechtsgut oder Fortsetzungszusammenhang bzw. Sammelstraftat). SK/Schlüchter (Loseblattausgabe) 17, 40; dies. JZ 1991 1057, 1060 f.; ähnl. LR/Gollwitzer 25 6, 11 für Zweifelsfälle, in denen die normative Unrechtsbeschreibung der angeklagten Tat heranzuziehen sei („faktischnormativer Tatbegriff“).
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merkmalsarme oder massenhaft auftretende Verhaltensweisen entweder erfasst oder darin typischerweise eingebettet ist (z.B. Unterlassungs- und Straßenverkehrsdelikte), deutlicher bewusst wird als bei typischerweise durch unverwechselbare Vorkommnisse erfüllten Delikten (wie Verletzungsdelikten, auch bestimmten Tätigkeitsdelikten wie Aussagedelikten), dass der angeklagte Sachverhalt stets mit den Augen des Rechtsanwenders133 beurteilt wird, die „natürliche“ Betrachtung natürlich nichts anderes als eine juristische sein kann (Rn. 23). Allerdings steht die grundsätzliche Irrelevanz materiell-rechtlicher Bewertungen jenseits des gemeinsamen Minimums (Rn. 8) ihrer auch nur partiellen Berücksichtigung oder Heranziehung für Sonderfälle entgegen. Einen „Schritt in den Abgrund“134 macht der Vorschlag, den Tatbegriff auf die tat- 29 sächliche Kognitionsmöglichkeit des Gerichts zu beschränken,135 um den Verbrauch der Strafklage hinsichtlich solcher Umstände auszuschließen, die das Gericht auch bei sorgfältiger Erfüllung seiner Aufklärungspflicht nicht erkennen konnte. Dagegen spricht nicht die angenommene136 praktische Schwierigkeit festzustellen, was das Gericht bei sorgfältiger Aufklärung hätte kennen können, sondern die Verkennung der ratio der formell-rechtsstaatlichen Garantie des Art. 103 Abs. 3 GG.137 Zugleich würde dem grundsätzlichen Verbot der Wiederaufnahme propter nova zu Ungunsten des Angeklagten der Boden entzogen; auch die Ausnahmen in §§ 373a StPO, 85 Abs. 3 Satz 2 OWiG ließen sich kaum noch erklären.138 Auf eine normative Komponente in Gestalt prozessualer Pflichtverletzungen stellt das 30 Kriterium der Untersuchungsrichtung139 ab, wonach alle die Geschehnisse von der prozessualen Tat umfasst werden, die von der Staatsanwaltschaft mitangeklagt oder vom Gericht bei pflichtgemäßer Ausübung seiner Kognition mitverhandelt hätten werden müssen. Dies soll jedenfalls für Geschehnisse gelten, die den Strafverfolgungsbehörden bekannt waren, und wohl auch für solche, die grob fahrlässig unbekannt blieben.140 Mithin kommt es nicht nur darauf an, was Staatsanwaltschaft und Gericht kennen konnten, sondern vor allem darauf, was sie kennen mussten. Der Ansatz zielt primär, aber nicht nur, auf die Problemfälle der Dauer- und Organisationsdelikte und betont die bekannte Sanktionsfunktion der Rechtskraft,141 um missbräuchlichen Aufspaltungen von Sachverhalten142 vorzubeugen. Letzteres ist gewiss ein Ziel des Art. 103 Abs. 3 GG, doch ist zum einen alles andere als klar konturiert, welches denn nun die äußeren Grenzen des Prozessstoffs sein sollen, zum anderen treffen diesen Ansatz dieselben Einwände wie den vorherigen, der auf die tatsächliche Kognitionsmöglichkeit, die der Frage nach der Pflichtverletzung vorgelagert ist, abhebt. 133
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Geerds 362 spricht zu Recht von der „individualisierenden Funktion der Deliktstypen“; ähnl. LR/Gollwitzer 25 10; Otto JR 1988 27, 29; ders. NStZ 2005 515; vgl. BVerfG 16.3.2001 – 2 BvR 65/01: Der Gegenstand des geschichtlichen Lebenssachverhalts „Unfallflucht“ sei „rechtsgutsorientiert“ zu bestimmen, d.h. die Zeitspanne des § 142 Abs. 2 StGB einzubeziehen. Eb. Schmidt 19. Henkel 388 ff. So aber Radtke 121; SK/Velten 26. Abl. daher Eb. Schmidt I 312 mit Fn. 551; § 264, 19; Achenbach ZStW 87 (1975) 74,
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90; Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 109 f.; Bertel 13 f.; AK/Loos § 264 Anh. 27, 33; KMR/Stuckenberg 34; SK/Velten 26. Zutr. Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 114 f. Paeffgen GedS Heinze 615, 630 ff., 633 ff.; ähnl. zuvor ders. NStZ 2002 281, 286; s.a SK/Paeffgen § 121, 11c. Paeffgen GedS Heinze 615, 634 m. Fn. 110. Oben Fn. 39. S.a. Erb NStZ 1998 253, 254; Verrel JR 2002 212, 214; zur Vermehrung der Verfahren zur Pflege des Pensenschlüssels s. Hellebrand FS Schwind 305, 306, 308.
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Sodann wurde zur Vermeidung „unerträglicher Gerechtigkeitsverstöße“ eine Ergänzungsklage vorgeschlagen, einmal in Form einer Vervollständigungsklage143 zur Erfassung von Umständen, die nach dem rechtskräftigen Urteil eingetreten sind, also darin gar nicht berücksichtigt werden konnten, z.B. wenn das Opfer einer rechtskräftig abgeurteilten Körperverletzung danach an den Verletzungsfolgen stirbt,144 zum anderen in Gestalt einer Berichtigungsklage145 zur nachträglichen Verfolgung von im ersten Verfahren unbekannt gebliebenen Umständen. Beide Formen führten zu Verfahren, in denen über eine rechtskräftig abgeurteilte Tat oder Teile derselben erneut entschieden wird, und sind daher mit Art. 103 Abs. 3 GG unvereinbar,146 der auch eine Reaktion auf die „Nichtigkeitsbeschwerde“147 und den „außerordentlichen Einspruch“148 der NS-Zeit darstellt.149 Anknüpfungspunkt für die prozessuale Tat muss somit der in der Anklageschrift 32 (Anklagesatz, § 200 Abs. 1 Satz 1) geschilderte Sachverhalt bleiben. Zu eng angesichts §§ 155 Abs. 2, 202, 244 Abs. 2 ist jedoch, zu einer Tat nur die Gesetzesverletzungen zu zählen, die in der Anklageschrift als zeit- und ortgleich bezeichnet sind,150 weil dies den Verfahrensgegenstand weitgehend auf die crimina reduziert151. Im Grundsatz zuzustimmen ist dem Ansatz Fezers, der zur Konturierung eines auf das tatsächliche Geschehen bezogenen Tatbegriffs die prozessuale Tat in Abhängigkeit von der richterlichen Kognitionspflicht als den in der Anklageschrift geschilderten Geschehensablauf bestimmt, zu dem dort nicht erwähnte Verhaltensweisen nur dann gehören, wenn sie mit der im Anklagesatz beschriebenen Handlung in natürlicher oder rechtlicher Handlungseinheit stehen oder mit ihr teilidentisch sind;152 zu Ausnahmen siehe unten Rn. 74 ff. 5. Tatbegriff und Prozessgegenstand
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a) Unteilbarkeit. Der Tatbegriff umgrenzt – in Verbindung mit der Identität der Person des Beschuldigten153 – den Prozessgegenstand (Rn. 4). Das Strafverfahren hat wenigstens eine „Tat“ zum Gegenstand. Die beiden Begriffe der prozessualen Tat und des Prozessgegenstands sind insofern nicht inhaltsgleich, weil zum Prozessgegenstand alle Um-
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Begriff von Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 75 f. LR/Schäfer 23 Einl. 12 32 Fn. 6; Fezer 17/83; Kühne 650; Roxin § 50, 17; Roxin/Schünemann § 52, 15; Rüping 568; Bonn.Komm./ Rüping Art. 103 III, Rn. 20. Henkel 388 ff., 390; weitere Nachw. bei Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 77 ff.; abl. Roxin/Schünemann § 52, 16. BVerfGE 65 377, 381 mit Anm. Schnarr NStZ 1984 326; Neumann NJW 1984 779; Kühne JZ 1984 376; Groth MDR 1985 716 ff.; AK/Loos § 264 Anh. 46; KMR/ Stuckenberg 35; LR/Schäfer 24 Einl. 12 36a; Meyer-Goßner Einl. 171; Eb. Schmidt 19; Schlüchter 604.2 m.w.N.; Detmer 332 ff.; Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 80 ff., 95 ff.; Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 115; Herzberg JuS 1972 113, 120 m.w.N.; Krauth FS Kleinknecht 215, 239; Puppe JR 1986 205 f. Fn. 3; ähnl.
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KMR/Sax 6 Einl. XIII, 28, 34; zu früheren Gesetzgebungsvorschlägen vgl. Achenbach ZStW 87 (1975) 74, 80 ff.; Grünwald FS Bockelmann 737, 753 ff. m.w.N. §§ 34 ff. der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften vom 21.2.1940, RGBl. 1940 I S. 405, 410. § 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrens, der Wehrstrafverfahrens und des Strafgesetzbuchs vom 16.9.1939, RGBl. 1939 I S. 1841. Paeffgen GedS Heinze 615, 617. So Schlehofer GA 1997 101, 109 ff., 117 f. Zutr. Kühne 655. Fezer 18/14. BGHSt 30 131, 138 f.; 32 215, 217; LR/Kühne Einl. K 58; LR/Gollwitzer 25 4; Roxin/Schünemann § 20, 3; vgl. Rn. 18.
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stände gehören, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2); er kann somit mehrere „Taten“ umfassen, wenn über mehrere Taten derselben Person bzw. Taten mehrerer Personen verbunden (§§ 2, 4, 237) verhandelt wird. Abgesehen von der Möglichkeit der Trennung verbundener Verfahren ist der Prozessgegenstand unteilbar. Der Gegenstand des Prozesses wird durch die Anklage vorgegeben (§ 155 Abs. 1)154 34 und endgültig durch den Eröffnungsbeschluss festgelegt, der jedoch nur Beschränkungen in sachlicher und persönlicher Hinsicht (§ 207 Abs. 2) vornehmen und keine Tat zum Gegenstand haben kann, die in der Anklage nicht enthalten ist (vgl. § 207 Abs. 1)155. Diese Festlegung durch Anklage und Eröffnungsbeschluss – und nicht etwa durch das Ersturteil – bindet auch das Berufungsgericht156 und das Tatgericht nach Zurückverweisung gemäß § 354 Abs. 2157. Eingeschränkt werden kann die Untersuchung aus rechtlichen Gründen (unten Rn. 41 ff.) beim Zusammentreffen von verfolgbaren und nicht mehr verfolgbaren Handlungen. Abgesehen von der Möglichkeit einer „Umgestaltung der Strafklage“ sowie der Nachtragsanklage ist der Prozessgegenstand unveränderlich. Nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses kann auch mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft etwa der identitätsbestimmende Tatzeitraum bei Serientaten nicht mehr geändert werden, auch wenn es sich um die Korrektur eines Versehens handelt (§ 156).158 b) Prozessgegenstand und Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft. Enthält die An- 35 klageschrift mehrere Taten i.S. des § 264, so sind nur diejenigen angeklagt, auf die sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft bezieht. Dies gewinnt besondere Bedeutung bei alternativen Sachverhalten (Rn. 107).159 Erfasst ist stets der im Anklagesatz beschriebene Sachverhaltskomplex unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Bewertung durch die Staatsanwaltschaft. Nötigenfalls ist zur Auslegung der Anklage ergänzend das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen (§ 200 Abs. 2 Satz 1) heranzuziehen.160 Etwas anderes gilt nur, wenn den Akten, dem Anklagesatz oder den Ausführungen zum wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zu entnehmen ist, dass die Staatsanwaltschaft ein bestimmtes, als selbständige prozessuale Tat zu wertendes Geschehen nicht der Kognition des Gerichts unterwerfen wollte.161 Nicht „Gegenstand der Urteilsfindung“ sind daher Vorgänge, die außerhalb der angeklagten Tat stehen und nur zu deren Beweis oder zum besseren Verständnis der Gesamtumstände in der Anklage erwähnt, aber vom Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft selbst nicht umfasst sind.162 Der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft ist jedoch nur von Bedeutung, wenn bei- 36 läufig erwähntes Geschehen eine weitere selbständige Tat i.S. des § 264 StPO darstellt.163 Da die vom Anklagesatz bezeichnete Tat alle mit dem geschilderten geschichtlichen Vor154 155 156
157 158 159 160 161
BGHSt 30 131, 138 f. BGH NJW 1959 898; Eb. Schmidt 2 f.; Nachtr. 1. RGSt 61 399; 62 130, 131; BGHSt 16 237, 238 f.; BayObLGSt 1957 217, 219 f.; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 289. BGHSt 9 324, 326 f.; BayObLGSt 1957 217, 219 f. BGHSt 46 130, 135. Dazu Dreyer 162 ff. § 200, 15, 87 ff.; vgl. nur BGHSt 41 292, 298; 43 96, 100; BGH wistra 2010 219 f. BGH NJW 2000 154, 157; s.a. BGH wistra 2003 150 f.
162
163
BGHSt 13 21, 26; 16 200, 202; 23 141, 146; 32 146, 149; 35 80, 81; 41 292, 297 f.; 43 96, 99 ff.; BGH NJW 1959 898; NStZ 2000 216; StV 1995 522, 523; 1996 432, 433; 1999 415 mit Anm. Pauly und Bauer NStZ 1999 207; BayObLGSt 1991 3; AK/Loos 3; KK/Engelhardt 6, 9; KMR/Stuckenberg 39; SK/Velten 51. BGHSt 16 200, 202; BGH StV 1981 127, 128; BayObLGSt 1991 3, 5; OLG Stuttgart MDR 1975 423.
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
gang zusammenhängenden Umstände erfasst, die geeignet sind, das Verhalten des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen, zu qualifizieren oder zu mildern (Rn. 14 ff.), kann auch ein Vorgang zur Tat gehören und damit Gegenstand der Anklage und Urteilsfindung sein, auf den sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft anfangs nicht richtete, weil der Zusammenhang nicht bekannt war oder verkannt wurde.164 Folglich ist der (rechtliche) „Verfolgungswille“ der Staatsanwaltschaft innerhalb der angeklagten Tat unteilbar. Deshalb ist es weder nötig noch vom Gericht erzwingbar, dass die Staatsanwaltschaft eine den angeklagten Sachverhalt rechtlich nicht ausschöpfende, aber bereits zugelassene Anklage nachträglich ergänzt.165 Beschränkungen auf Tatteile sind nur nach § 154a möglich, sonstige faktische Beschränkungen auf bestimmte zur Tat gehörige Vorgänge sind rechtlich unbeachtlich.166 Wird z.B. erst in der Hauptverhandlung bekannt, dass bei einem Unfall mehrere Personen verletzt wurden, hatte die Staatsanwaltschaft aber das besondere öffentliche Interesse gemäß § 230 StGB nur bzgl. einer Person erklärt, so hat das Gericht dennoch alle Körperverletzungen mit abzuurteilen.167 Enthält eine Aussage mehrere falsche Angaben, kann die Verurteilung auch auf einen nicht in der Anklage genannten Teil der Aussage gestützt werden.168
37
c) Umfassende Kognitionspflicht des Gerichts. Das Gericht muss die Anklage, wie sie im Eröffnungsbeschluss zugelassen ist, vollständig erschöpfen (§ 260, 36), genauer: die den Untersuchungsgegenstand bildende angeklagte Tat restlos nach allen tatsächlichen (§ 244 Abs. 2) und denkbaren rechtlichen (§ 265) Gesichtspunkten aufklären und aburteilen169 ohne Rücksicht auf die der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte rechtliche Bewertung (§§ 155 Abs. 2, 264 Abs. 2), sofern keine Beschränkung (§§ 154a, 207 Abs. 2) oder andere rechtliche Gründe (Rn. 41 ff.) entgegenstehen.170 Auch
164 165
166
167 168
BGHSt 32 215, 216; 41 292, 298; vgl. auch BGHSt 35 172, 174 f. So aber OLG Hamm NJW 1977 68 mit abl. Anm. Bliesener 874; vgl. KK/Engelhardt 9 (praktisch bedeutungslos); vgl. § 207 Abs. 3. BGHSt 16 200, 202; 23 270, 275; BGH StV 1981 127, 128; BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 32; BayObLGSt 1960 160, 161; 1964 95; 1965 46, 48; 1991 3, 4 f.; OLG Braunschweig MDR 1975 862 f.; OLG Düsseldorf NJW 1983 767, 768; OLG Frankfurt StV 1994 119; OLG Jena StV 2007 230, 231; OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376; AK/Loos 3; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 2b, 7a; Pfeiffer 1; Hanack JZ 1972 355, 356. OLG Braunschweig MDR 1975 862 f. RGSt 61 225 m.w.N.; BGHSt 15 274, 275; BGH bei Dallinger MDR 1969 904; KK/Engelhardt 9; zum Strafklageverbrauch OLG München NJW 1967 2219 gegen OLG Düsseldorf NJW 1965 2070, 2071.
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169
170
RGSt 13 146, 147; BGHSt 16 200, 202 f.; 18 381, 385 f.; 22 105, 106; 25 72, 75 f.; 25 388, 389 f.; 39 164, 165; 49 209, 211; BGH NStZ 1983 174, 175; 1999 415 f.; 2000 208; 2008 471, 472; 2010 222, 223; NStZ-RR 1996 203; StV 1981 127, 128; 1987 52 f.; 1999 415 mit Anm. Pauly und Bauer NStZ 1999 207; BayObLGSt 1960 160, 161; 1964 95; 1965 46, 48; 1991 3, 4 f.; OLG Braunschweig MDR 1975 862; OLG Düsseldorf NJW 1983 767, 768; OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376; KK/Engelhardt 1, 10; KMR/Stuckenberg 41; Meyer-Goßner 10. Zur Berücksichtigung subsidiärer Gesetze siehe BayObLGSt 1991 51, 52 ff. mit abl. Anm. Neuhaus NStZ 1993 202 und Schlüchter JZ 1991 1057 (eingeschränkte Kognitionspflicht für subsidiäre Taten nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG). BGHSt 32 84, 85; BGH NStZ 1983 174 f.; NStZ-RR 1996 203; KK/Engelhardt 10 m.w.N.; KMR/Stuckenberg 41.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
im Strafverfahren sind daher Ordnungswidrigkeiten zu prüfen (§ 82 OWiG)171 und umgekehrt im Bußgeldverfahren auch Straftaten (§ 81 OWiG)172. Diese umfassende gerichtliche Kognitionspflicht gilt bis zur letzten Tatsachenentschei- 38 dung über den Schuldspruch,173 also auch für die Berufungsinstanz und das Tatgericht, an das infolge Revision zurückverwiesen wurde, soweit keine (horizontale) Teilrechtskraft entgegensteht174. Folglich ist nach Anklageerhebung wegen einer bestimmten prozessualen Tat ein sie betreffendes Klageerzwingungsverfahren auch dann nicht mehr zulässig, wenn es auf die Verfolgung einer in der Anklage nicht angeführten Gesetzesverletzung oder eines dort nicht gewürdigten Tatteils gerichtet ist.175 Über eine Tat ist nur ein Urteil möglich:176 Die Entscheidung über eine prozessuale 39 Tat kann immer nur einheitlich sein, es darf nicht wegen eines Tatteils verurteilt und wegen eines anderen freigesprochen werden (§ 260, 17, 40 ff.). Es gibt ferner keine Teilurteile (§ 260, 17 f.), keine Teilverweisung nach §§ 225a, 270 innerhalb derselben Tat177 und keine Abtrennung von Tatteilen178. Unzulässig ist es, etwa die Beweisaufnahme aus Kostengründen auf einen Teil der angeklagten Tat zu beschränken179 oder den Vorbehalt einer anderweitigen Strafverfolgung zu machen, um den Verbrauch der Strafklage einzuschränken180. Lediglich hinsichtlich einiger Rechtsfolgen lässt die StPO ein Nachverfahren zu.181 Eine Ergänzungsklage oder Vervollständigungsklage sieht die StPO nicht vor (Rn. 31). Wenn z.B. eine Tat als Erpressung verfolgt wird, aber in der Hauptverhandlung nicht nachzuweisen ist, es jedoch möglich ist, dass die Tat nach weiterer, derzeit nicht sogleich durchführbarer Beweisaufnahme als Betrug beurteilt werden kann, so darf wegen § 244 Abs. 2 kein Urteil ergehen, sondern muss die Hauptverhandlung ausgesetzt (§ 228) werden.182 Eine irrigerweise dennoch vorgenommene Beschränkung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt kann nicht verhindern, dass der Strafklageverbrauch wie stets die ganze Tat unter allen rechtlichen Gesichtspunkten erfasst,183 einschließlich der nach § 154a ausgeschiedenen Teile,184 ebenso bei „Teilverurteilung“ oder „Teilfreispruch“185. Bei mehreren Taten i.S. des § 264, die nicht alle entscheidungsreif sind, ist ggf. abzu- 40 trennen und gesondert zu entscheiden.186 Wurde versehentlich eine von mehreren ange-
171 172 173 174
175
176 177 178 179 180
Bei Tateinheit tritt die Ordnungswidrigkeit hinter die Straftat zurück, § 21 OWiG. BayObLG MDR 1977 246 f. BGHSt 9 324, 326 ff. m.w.N.; KK/Engelhardt 12; KMR/Stuckenberg 42. RGSt 62 130; BGHSt 28 119, 121 f.; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 289, 290; KMR/Stuckenberg 42. OLG Karlsruhe NJW 1977 62 f. mit Anm. Ries NJW 1977 860 und Meyer-Goßner JR 1977 216 gegen OLG Hamm MDR 1965 765; NJW 1974 68, 69; Bliesener NJW 1974 874; KK/Engelhardt 9. BGHSt 21 326, 327; 29 341, 342; 49 209, 211. RGSt 61 225, 226; 72 339; BGH bei Dallinger MDR 1975 544. BGH NStZ 2002 105, 106; Meyer-Goßner 5. BGH bei Holtz MDR 1978 460. Hahn 207; RGSt 13 146, 147; 44 116, 118; 48 89, 91; 56 324, 325; 61 225, 226
181 182 183
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m.w.N.; BGHSt 18 381, 386 mit Anm. Eb. Schmidt JZ 1963 715; BGH NJW 1953 273; bei Dallinger MDR 1975 544; StV 1987 52, 53; KK/Engelhardt 11; KMR/Stuckenberg 43. Vgl. §§ 275a, 439, 440, 442. Vgl. AK/Loos 8; KK/Engelhardt 11; KMR/Stuckenberg 43. RGSt 15 133, 136; 61 225, 226 m.w.N.; 62 112, 113; BGHSt 18 381, 386 mit Anm. Eb. Schmidt JZ 1963 715; BGH bei Dallinger MDR 1975 544; NStZ 1991 549, 550; AK/Loos 8; KMR/Stuckenberg 43; MeyerGoßner 10; Eb. Schmidt I 297, jeweils m.w.N. BGHSt 21 326, 327; 29 341, 342; BGH MDR 1989 474, 475; AK/Loos § 264 Anh. 65; LR/Beulke § 154a, 43 m.w.N. RGSt 61 225 f.; 71 78, 84; BGH StV 1987 52 f. AK/Loos 9; KMR/Stuckenberg 44.
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
klagten Taten nicht abgeurteilt, so bleibt sie bei dem Tatgericht anhängig.187 Ist ein einheitlicher Lebensvorgang bei zwei verschiedenen Gerichten angeklagt, muss von Amts wegen nach den für die Beseitigung der doppelten Rechtshängigkeit geltenden Grundsätzen die Voraussetzung für eine umfassende einheitliche Aburteilung geschaffen werden.188
41
d) Rechtliche Grenzen der Kognitionspflicht. Das Recht und die Pflicht des Gerichts, innerhalb der durch die Tatidentität gezogenen Grenzen den in der Hauptverhandlung erwiesenen Sachverhalt tatsächlich und rechtlich voll auszuschöpfen, können eingeschränkt sein. So kann der Aburteilung einer Gesetzesverletzung ein Verfahrenshindernis entgegenstehen, z.B. Exterritorialität (§§ 18 ff. GVG),189 Immunität von Abgeordneten,190 Verjährung,191 Fehlen oder Rücknahme des Strafantrags,192 Teilrechtskraft (§§ 318, 344, 352)193 oder in Auslieferungssachen der Grundsatz der Spezialität194. Die Aburteilung der Tat im übrigen wird dadurch nicht gehindert.195 Wenn das Gericht den von einem ausländischen Staat ausgelieferten Angeklagten wegen einer Tat, derentwegen er nicht ausgeliefert ist, verurteilt und das Urteil rechtskräftig wird, steht jedoch der Einwand der bereits entschiedenen Sache einer späteren, nunmehr die Auslieferungsbedingungen nicht verletzenden Aburteilung wegen derselben Tat entgegen.196 Dies gilt auch, soweit die Sperrwirkung des § 153a Abs. 1 Satz 5 reicht.197 Hat die 42 Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen einer Tat nach § 154 Abs. 1 vorläufig eingestellt, kann das Gericht sie mangels Anklage nicht in das eine andere Tat betreffende Strafverfahren miteinbeziehen; anders allerdings, wenn § 154 Abs. 1 fälschlich angewendet wurde und die Einstellung in Wirklichkeit nur einen abtrennbaren Teil der angeklagten Tat i.S. von § 154a betraf.198 Die Staatsanwaltschaft kann die von ihr vorläufig eingestellten Verfahren jederzeit wiederaufnehmen.199 Bei den nach § 154 Abs. 2 vorläufig eingestellten Verfahren ist dies dagegen dem Gericht von Amts wegen nur nach Maßgabe von § 154 Abs. 3 bis 5 möglich.
187 188 189
Näher Rn. 119. Vgl. BGH NStZ-RR 2000 332 f.; LR/Kühne Einl. K 57; Erl. zu § 12 und § 237. Vgl. BGH NJW 1953 393; OLG Schleswig NStZ 1982 122. Dies kann vor allem für die Umgestaltung der Strafklage nach § 264 bedeutsam werden, wenn der Angeklagte nicht voll von der deutschen Strafgerichtsbarkeit befreit ist, sondern nur in bestimmten Fällen nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden darf; ferner wenn sonst die deutsche Gerichtsbarkeit für bestimmte Straftaten nicht besteht, wie dies etwa früher bei bestimmten Verstößen der Fall war, deren Ahndung sich die Besatzungsmächte vorbehalten hatten. Internationale Vereinbarungen können auch vorsehen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Aburteilung bestimmter Taten oder Personen ausschließlich einem anderen Staat oder einem internationalen Gerichtshof obliegt.
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190 191 192 193 194
195
196 197 198 199
BGHSt 15 274, 275. RGSt 39 353, 355. RGSt 62 83, 87 f.; BGHSt 17 157 f.; OLG Frankfurt NJW 1952 1388. BGHSt 16 237, 239. Vgl. etwa § 11 IRG; Art. 14 EuAlÜbK. RGSt 66 172, 173 f.; 66 347, 348; BGHSt 22 307, 308; BGH NJW 1953 393; NStZ 1999 363 m.w.N.; 2003 186; NStZ-RR 2000 333 f.; StraFo 2004 144; OLG Karlsruhe MDR 1991 1191. RGSt 62 83, 88; zum Auslieferungsrecht vgl. BGH NStZ 1985 318; 1986 557 f. m.w.N.; KK/Engelhardt 13. LR/Gollwitzer 25 70. BGH StV 1984 366; OLG Frankfurt NJW 1985 1850. BGHSt 25 388, 390; 49 359, 365 mit krit. Anm. Kudlich JR 2005 170, 171 f. LR/Beulke § 154, 35 m.w.N.; BGHSt 30 165 f.; 37 10, 13; BGH NStZ-RR 2007 20 f.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
Eine Beschränkung der richterlichen Kognition innerhalb der angeklagten Tat tritt 43 auch ein, wenn rechtliche Gesichtspunkte nach § 154a ausgeschieden worden sind; dies gilt jedoch nur, solange die ausgeschiedenen Teile oder Gesetzesverletzungen nicht wieder einbezogen werden, denn die Verfolgungsbeschränkungen nach § 154a bilden kein Prozesshindernis200. Zur Wiedereinbeziehung eines ausgeschiedenen Tatteils ist das Gericht von Amts wegen201 verpflichtet, wenn es wegen des nicht ausgeschiedenen Teils nicht verurteilen kann202 oder wenn sich erst dann beurteilen lässt, ob eine Tat verjährt ist.203 Die Pflicht zur Einbeziehung entfällt nur dann, wenn auch wegen des ausgeschiedenen Teils Freispruch geboten wäre.204 e) Insbesondere: Verwertung nicht angeklagter Taten. Die Bindung an die in der 44 Anklage bezeichnete Tat begrenzt nur den Verfahrensstoff, der für die Entscheidung der Schuldfrage maßgebend ist. Ohne förmliche Anklageerhebung können daher Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten festgestellt und, falls sie erwiesen sind,205 als Indizien oder Strafzumessungsgründe für die angeklagte verfahrensgegenständliche Tat verwertet werden, sofern dies lediglich der Würdigung der unter Anklage gestellten Straftat und damit auch der für das Strafmaß wesentlichen Beurteilung der Persönlichkeit des Täters dient.206 Dabei war die Rechtsprechung lange Zeit der Ansicht, dass es unerheblich sei, ob die betreffenden Taten verjährt sind, ob ein Strafverfahren darüber mit Verurteilung, Freispruch oder Einstellung geendet hat oder ob sie nach §§ 154, 154a aus dem anhängigen Verfahren ausgeschieden wurden,207 jedoch ist bei nach § 154a ausgeschiedenen Tatteilen ein Hinweis gem. § 265 nötig208. Erst in jüngerer Zeit sind Zweifel bezüglich der strafschärfenden Verwertung früherer Freisprüche aufgekommen.209 Grundsätzlich steht die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK, Art. 14 Abs. 2 45 IPBPR) der inzidenten Verwertung nicht von der Anklage umfasster Tatsachen nicht entgegen, da sie nach bisher herrschender Ansicht nicht verlangt, (noch) nicht abgeurteilte Straftaten als nicht existent zu betrachten.210 Nach anderer Ansicht ist hingegen nur die 200
201 202
203 204 205
206
Sofern nicht § 154a fälschlich angewendet wurde und prozessual tatsächlich eine Einstellung nach § 154 Abs. 1 vorlag, BGH StraFo 2004 98. BGHSt 21 326 ff. sowie nächste Fn. BGHSt 22 105, 106 f.; 29 315 ff.; 32 84, 85 f. mit Anm. Bruns NStZ 1984 130 und Maiwald JR 1984 479; BGH NJW 1981 354; 1989 2481, 2482 m.w.N.; NStZ 1982 517, 518; NStZ-RR 2006 311; 2001 263; StV 1986 45; BGHR § 154a Beschränkung 3; BayObLG JR 1990 382, 383 f. mit Anm. Geerds; OLG Hamm NJW 1967 1433, 1434; OLG Hamburg NStZ 1983 170; KK/Engelhardt 13; KMR/Stuckenberg 47. BGHSt 29 315; vgl. bei 154a. BGH NJW 1989 2481, 2482; NStZ-RR 2006 311; StV 1997 566, 567. Bloßer Verdacht genügt nicht, BGH NStZ-RR 1997 130; NStZ 1981 99 f.; 1981 100; 1982 326. Vgl. § 46 Abs. 2 StGB, § 160 Abs. 3 StPO;
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209 210
BVerfG 5.4.2010 – 2 BvR 366/10; BGHSt 30 165, 166; 34 209, 210 f. mit abl. Anm. Vogler NStZ 1987 127; zust. Anm. Gollwitzer JR 1988 341, 344; BGH NJW 1951 769, 770; bei Dallinger MDR 1957 654; NStZ 1981 99 f.; 1982 326; NStZ-RR 1997 130; bei Spiegel DAR 1977 147; KK/Engelhardt 24; KMR/Stuckenberg 124; MeyerGoßner 11; Eb. Schmidt 17. BGHSt 30 147 f.; 30 165 f. mit Anm. Bruns StV 1982 18; BGHSt 31 302; BGH JR 1986 165 mit Anm. Pelchen; KK/Engelhardt 24 m.w.N. BGHSt 30 147 f.; 30 165 f.; 30 197 f.; 31 302 f.; BGH NStZ 1981 100; LR/Beulke § 154a, 37. BGH NStZ 2006 620 = StraFo 2006 422; dazu Stuckenberg StV 2007 655 ff. BVerfG NJW 1988 1715, 1716; NStZ 1991 30; BVerfG 25.5.1987 – 2 BvR 1383/86; BGHSt 34 209, 210 f. m.w.N.; KMR/ Stuckenberg 125; LR/Gollwitzer 25 3b; LR/Gollwitzer 25 Art. 6, 146 f. EMRK;
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Berücksichtigung von Vorkommnissen zulässig, die nicht als selbständige strafbare Handlungen zum Gegenstand einer Anklage gemacht werden können,211 denn da strafbare Vor- und Nachtaten unter dem Schutz der Unschuldsvermutung stünden, könnten sie vom Gericht nur nach förmlicher Einbeziehung gemäß § 266 berücksichtigt werden212. Die jüngere Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat sich 46 jedoch der letztgenannten Ansicht partiell angenähert, indem festgestellt wird, dass die Unschuldsvermutung eine Schuldfeststellung außerhalb des Strafverfahrens vor dem zuständigen Tatgericht ausschließt, jedenfalls soweit strafgleiche Nachteile daran geknüpft werden wie z.B. ein Bewährungswiderruf.213 Dies dürfte für alle strafschärfenden Erwägungen gleichermaßen gelten, die sich auf die Begehung nicht abgeurteilter Taten, gleichgültig, ob noch nicht verfolgt oder schon eingestellt, stützen.214 Zulässig ist aber die Heranziehung nicht angeklagter Taten etwa zur Persönlichkeitsbewertung.215 Eine zweite Rechtsprechungslinie nimmt an, dass Art. 6 Abs. 2 EMRK es verbiete, die Unschuld eines rechtskräftig Freigesprochenen in Zweifel zu ziehen.216 Die strafschärfende Verwertung früherer Freisprüche wegen abweichender Tatsachenwürdigung, etwa Bejahung fortbestehenden Tatverdachts, verstößt demnach ebenfalls gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK.217 Soweit die Verwertung nicht abgeurteilter Taten im Hinblick auf die Unschuldsver47 mutung noch verfahrensrechtlich218 zulässig bleibt, ist stets sicherzustellen, dass aufgrund solcher „überschießender Feststellungen“ keine anderweitige Tatschuld in die Verurteilung einfließt, also keine nicht angeklagten Taten geahndet werden 219 oder eine Mehrfachverwertung etwa von Nachtaten erfolgt. Mithin stehen auch praktische Schwierigkeiten entgegen, die zu Zurückhaltung und Sorgfalt mahnen, weil die Unterscheidung zwischen strafzumessungsrelevanter Indizverwertung und unzulässiger Ahndung der nicht angeklagten Tat 220 – und damit die Wahrung des Anklagegrundsatzes und des Doppelbestrafungsverbots – schwer durchzuführen ist.221
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Meyer-Goßner Art. 6, 14 EMRK; Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1998) 570 f.; zusammenfassend ders. StV 2007 655, 657 ff. m.w.N. HK/Julius 3. HK/Julius 3; Vogler FS Kleinknecht 429 ff., 441 ff.; NStZ 1987 127 f.; weitere Nachw. bei Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1998) 135 ff.; StV 2007 655, 658 f. EGMR, Böhmer v. Germany, 3.10.2002, Nr. 37568/97, § 67, StV 2003 82 mit Anm. Pauly 85 = NJW 2004 43 = NStZ 2004 159 = StraFo 2003 47 mit Anm. Boetticher 51; dazu Neubacher GA 2004 402; Peglau ZRP 2003 242; ders. NStZ 2004 248; Krumm NJW 2005 1832; Seher ZStW 118 (2006) 101; übersehen von BVerfG 5.4.2010 – 2 BvR 366/10. Näher Stuckenberg StV 2007 655, 660 f., 662, 663. EGMR, Böhmer v. Germany (Fn. 213), §§ 55, 64.
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EGMR, Sekanina v. Austria, 25.8.1993, Serie A 266-A = ÖJZ 1993 816, § 30; Asan Rushiti v. Austria, 21.3.2000, Nr. 28389/95, §§ 27 ff., 31; Lamanna v. Austria, 10.7.2001, Nr. 28923/95, §§ 38 ff.; Weixelbraun v. Austria, 20.12.2001, Nr. 33730/96, §§ 25–31; Vostic v. Austria, 17.10.2002, Nr. 38549/97, §§ 19 ff.; Demir v. Austria, 5.11.2002, Nr. 35437/97, §§ 27 ff.; O. v. Norway, Nr. 29327/95, §§ 39 ff.; Hammern v. Norway Nr. 30287/96, § 47; Puig Panella c. Espagne, 25.4.2006, Nr. 1483/02, § 57. Näher Stuckenberg StV 2007 655, 661 ff. Zur generellen Zweifelhaftigkeit der Aspekte des Rückfalls oder der „Warnfunktion“ früherer Verfahren Stuckenberg StV 2007 655 ff., 662 f. m.w.N. BGH bei Dallinger MDR 1970 199; NStZ 1981 99 f. Bruns StV 1982 18 f. Ablehnend daher HK/Julius 3; krit. auch KMR/Stuckenberg 126.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
III. Die „Umgestaltung“ der Anklage (Absatz 2) 1. Allgemeines. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung stellt sich der Prozessgegenstand in tatsächlicher, rechtlicher oder beiderlei Hinsicht nicht selten anders dar als im zugelassenen Anklagesatz. Innerhalb der Grenzen der angeklagten Tat ist nach Absatz 1 und 2 der Urteilsfindung nur das Ergebnis der Hauptverhandlung zugrunde zu legen ohne Rücksicht auf die eventuell abweichende Schilderung oder rechtliche Bewertung des Sachverhalts in Anklage und Eröffnungsbeschluss. So mag sich etwa zeigen, dass der Angeklagte innerhalb des einheitlichen geschichtlichen Vorgangs viel mehr oder viel weniger an Strafbarem getan hat, insbesondere dass die angeklagte Handlung einen zuvor nicht bekannten oder einen anderen als bisher angenommenen strafrechtlich relevanten Erfolg verursacht hat.222 Diesen Veränderungen als Folge der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2) und Subsumtionsfreiheit (§§ 155 Abs. 2, 202, 264 Abs. 2) müssen Staatsanwaltschaft und Tatgericht Rechnung tragen. Dies meint die missverständliche, aber überkommene (Rn. 2) Bezeichnung „Umgestaltung der Strafklage“. Jede über den Schuldspruch urteilende Tatsacheninstanz ist innerhalb der Grenzen der Tatidentität berechtigt und verpflichtet, das entscheidungsrelevante Tatgeschehen unabhängig von Anklage und Vorinstanzen selbst festzustellen, so vor allem das Berufungsgericht,223 dessen Urteilsfindung bei uneingeschränkter Anfechtung nicht durch das Ersturteil, sondern durch die zugelassene Anklage bestimmt und begrenzt wird.224 Sein Urteil muss sich nicht nur auf alles erstrecken, was vom angefochtenen Urteil im Rahmen des § 264 bei erschöpfender tatsächlicher und rechtlicher Würdigung als die unter Anklage gestellte Tat zu erfassen gewesen wäre, sondern auch noch auf die zu dieser Tat gehörenden Ereignisse, die erst nach dem angefochtenen Urteil eingetreten sind.225 Dies war früher insbesondere bei fortgesetzten Taten und ist heute bei Dauertaten von Bedeutung (Rn. 63 f.). Unerheblich ist dabei, wer das Urteil angefochten hat. Hebt das Revisionsgericht das Urteil im Schuldspruch samt den Feststellungen auf und verweist es die Sache an den Tatrichter zurück, so ist auch dieser zur Umgestaltung befugt.226 Ist dagegen ein Rechtsmittel wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden, so endet mit der Möglichkeit der Umgestaltung auch die Möglichkeit der Einbeziehung weiterer, zur abgeurteilten Tat gehörender Einzelhandlungen.227 Gleiches gilt, wenn nach einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Zurückverweisung der Schuldspruch nicht mehr der Nachprüfung unterliegt. Die rechtlichen Grenzen der Umgestaltungsbefugnis ergeben sich aus den allgemeinen Grenzen der Kognitionsbefugnis des Gerichts, d.h. außer den Grenzen der angeklagten Tat noch aus Prozesshindernissen und Beschränkungen wie nach § 154a (Rn. 41 ff.). Da der Tatbegriff an die Personenidentität gebunden ist (Rn. 18), darf das Gericht die Untersuchung auch nicht auf andere als die angeklagten Personen ausdehnen, also etwa nicht auf einen Zeugen, selbst wenn er einräumt, an der dem Angeklagten vorgeworfenen Tat beteiligt gewesen zu sein oder diese allein begangen zu haben.
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Zur Möglichkeit einer „Ergänzungs-“ oder „Berichtigungsklage“, wenn diese Folge erst nach dem letzten tatrichterlichen Urteil eintritt, siehe Rn. 31. RGSt 60 39, 43; 62 130, 131; 66 45, 48 f. RGSt 60 39, 43; 62 130, 131; RG JW 1931 2311; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 289; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1955 158, 160;
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OLG Jena 8.6.2005 – 1 Ss 84/05; KK/Engelhardt 12; vgl. bei § 327; zur Nachholung der Entscheidung, wenn das Urteil den Eröffnungsbeschluss nicht erschöpft s. Rn. 119. RGSt 62 130, 131; 66 45, 48; BGHSt 9 324; BayObLGSt 1957 218 = NJW 1958 110. BGHSt 9 324; BayObLGSt 1957 217. Vgl. bei § 318.
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2. Die „Umgestaltung“ in tatsächlicher Hinsicht. Jede sachliche Erweiterung oder Veränderung des Prozessgegenstands muss die Identität der angeklagten Tat wahren.228 Der Umfang der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht richtet sich nach der Tat und nicht umgekehrt die Grenzen der Tat nach der notwendigen Sachaufklärung.229 Eine andere Tat darf das Gericht nicht aburteilen, auch wenn sie nur eine Wiederholung der angeklagten Tat ist.230 Eine in der Hauptverhandlung neu entdeckte Tat i.S. der §§ 155 Abs. 1, 264 Abs. 1 kann somit nur durch Nachtragsanklage gem. § 266 noch Prozessgegenstand werden; ist das nicht möglich oder nicht zweckmäßig, muss das Verfahren über seinen derzeitigen Gegenstand fortgeführt oder zwecks späterer Verbindung (§§ 3, 4) mit dem neu einzuleitenden Verfahren ausgesetzt werden. Im Übrigen ist es unerheblich, ob die Umstände, die zur anderen Beurteilung des Prozessstoffes führen, in der Hauptverhandlung neu zu Tage getreten sind,231 oder ob sie schon aus den Akten ersichtlich waren. Die freie Beurteilung des Gerichts greift innerhalb der Grenzen der angeklagten Tat selbst bei solchen Umständen Platz, die als unerheblich oder unerwiesen ausdrücklich ausgeschieden wurden, so auch, wenn – ohne dass ein Fall des § 154a vorlag – die Anklage nur beschränkt zugelassen worden ist. Wie oben erwähnt (Rn. 14 a.E.) lässt sich die Veränderung des Geschehens in zwei 53 Grundformen einteilen: (1.) Zu den angeklagten Umständen treten weitere hinzu: Ob die Identität der Tat gewahrt ist, bestimmt sich nach den Kriterien zur Bestimmung des Tatumfangs, zu Einzelheiten siehe Rn. 58 ff. (2.) Die angeklagten Umstände verändern sich bzw. werden ganz oder teilweise durch andere ersetzt; zu dieser Tatmodifikation siehe Rn. 95 ff. Die praktisch häufigen Mischformen beurteilen sich entsprechend. Die Verteidigung des Angeklagten darf durch die Umgestaltung nicht beeinträchtigt 54 werden. Er muss wissen, aus welchen Tatsachen ein Schuldvorwurf gegen ihn hergeleitet werden soll, um sich dagegen zur Wehr zu setzen und sachgerechte Beweisanträge stellen zu können. Die gegenüber der Anklage veränderten Umstände müssen in einer Form zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden, dass für den Angeklagten kein Zweifel besteht, dass auch diese Vorkommnisse Gegenstand des gegen ihn erhobenen Vorwurfs sind. Ist der Angeklagte mit seiner Verteidigung nicht genügend darauf vorbereitet, so hat das Gericht unter Umständen die Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 auszusetzen.232
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3. Die „Umgestaltung“ in rechtlicher Hinsicht. Sofern keine rechtlichen Gründe entgegenstehen (Rn. 41 ff., 51), ist das Gericht in rechtlicher Hinsicht zur völligen Ausschöpfung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat und zur Entscheidung über alle hiernach möglichen Rechtsfolgen verpflichtet. Eine Änderung des Sachverhalts hat häufig auch eine Änderung der rechtlichen Subsumtion zur Folge. Absatz 2 gilt freilich auch dann, wenn in der Hauptverhandlung genau der gleiche wie von der zugelassenen Anklage angenommene Sachverhalt festgestellt wird, jedoch ist eine veränderte rechtliche Bewertung zumeist mit Veränderung der faktischen Grundlage verbunden.233 Soweit die sachliche Umgestaltung der Strafklage (Rn. 52 ff., 95 ff.) zulässig ist, besteht für die recht-
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Vgl. nur BGHSt 32 215, 218; BGH NStZ 1998 304, 305; NStZ-RR 1996 203; WM 2000 2357, 2358. BGHSt 32 215, 221; BGH StV 1997 169; Erb GA 1994 265, 275. RGRspr. 2 (1880) 101 f.; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 43, 44 f.
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OLG Saarbrücken VRS 46 (1974) 22. BGHSt 8 92, 96 f.; 19 88, 89; KK/Engelhardt 18; KMR/Stuckenberg 53. Zutr. Oehler FS Rosenfeld 139, 148; ders. GedS Schröder 439, 446.
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liche Umgestaltung grundsätzlich, freilich stets unter Beachtung der §§ 265, 270, 331, 358 Abs. 2, keine Grenze.234 Selbst ein erheblich höherer Unrechtsgehalt beseitigt die Tatidentität nicht, so dass etwa wegen Mordversuches anstelle der angeklagten fahrlässigen Körperverletzung verurteilt werden kann.235 Das Gericht kann auch ein Strafgesetz anwenden, das der Eröffnungsbeschluss ausdrücklich ausschließt.236 Hat etwa nach einem Straßenverkehrsunfall die Staatsanwaltschaft den verletzten 56 Strafantragsteller auf den Privatklageweg verwiesen oder das Verfahren insoweit gemäß § 153 eingestellt und die Sache zur Ahndung der derselben Handlung zugrunde liegenden Ordnungswidrigkeit an die Verwaltungsbehörde abgegeben (§ 43 Abs. 1 OWiG), so muss, wenn gegen einen wegen der Ordnungswidrigkeit ergangenen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt ist, das Gericht die Tat auch unter dem Gesichtspunkt des § 229 StGB würdigen und gemäß § 81 OWiG ins Strafverfahren übergehen, weil die vorausgegangene Entscheidung der Staatsanwaltschaft kein Verfahrenshindernis begründet, insbesondere keinen Strafklageverbrauch bewirkt hat.237 Auch hier gilt, dass die infolge der „Umgestaltung“ veränderte rechtliche Würdigung 57 die Verteidigung des Angeklagten nicht beeinträchtigen darf, so dass regelmäßig ein Hinweis nach § 265 geboten ist.
IV. Einzelheiten zum Tatbegriff 1. Tatumfang. Ungeachtet der prinzipiellen Selbständigkeit des prozessualen Tatbe- 58 griffs (Rn. 4 ff., 8) gibt es regelmäßige Anbindungen an die materiell-rechtliche Beurteilung. Da die prozessuale Tat grundsätzlich keinen geringeren Umfang haben kann als eine materielle Straftat (zu Sonderfällen s. Rn. 74 ff.), liegt es nahe, dass auch sonstige materiell-rechtliche Einheiten für den Tatumfang bedeutsam sind: a) Materiell-rechtliche Einheiten aa) Natürliche Handlung, tatbestandliche und natürliche Handlungseinheit. So liegt 59 grundsätzlich in Fällen materiell-rechtlicher Handlungseinheit auch nur eine Tat im prozessualen Sinne vor. Dies ist offenkundig, wenn nur eine Handlung „im natürlichen Sinne“ (eine Körperbewegung) oder eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegt, die mehrere natürliche Handlungen wie mehraktige Delikte zusammenfasst.238 Beispiele: Eine Aussage, die mehrere falsche Angaben enthält, ist in der Regel eine Tat; so ist bei Meineid oder fahrlässigem Falscheid die gesamte beeidigte Aussage Gegenstand des Verfahrens; das Gericht kann also die Verurteilung auch auf in der Anklage nicht genannte Teile der Aussage stützen.239 Auch eine in mehreren Punkten falsche uneidliche Aussage ist nur eine Tat i.S. des § 264,240 nicht aber mehrere bei verschiedener Gelegenheit abge234
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BGH NJW 1989 1867; BayObLGSt 1989 56, 60; OLG Köln NJW 1990 587, 588; KK/Engelhardt 23; KMR/Stuckenberg 54. KK/Engelhardt 23; KMR/Stuckenberg 54; SK/Velten 53; Roxin/Schünemann § 20, 16. RGSt 10 56 f.; 62 130 f.; KMR/Stuckenberg 54. BayObLG MDR 1977 246, 247; dazu Kellner MDR 1977 626; OLG Hamm MDR
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1972 440, 441; vgl. OLG Köln NJW 1970 211. Wolter GA 1986 143, 173. RGSt 61 225; 62 154; BGH bei Dallinger MDR 1969 904; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1958 99; zu § 163 StGB vgl. BGHSt 15 274, 275. OLG München NJW 1967 2219 f.; a.A. OLG Düsseldorf NJW 1965 2070 mit Anm. Oppe.
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gebene, inhaltlich verschiedene Aussagen.241 Gleiches gilt für Herstellen und Inverkehrbringen von Falschgeld,242 mehrfache Verletzung der Fürsorgepflicht,243 alle auf Beseitigung derselben Menge Abfall gerichteten Aktivitäten,244 mehrere Rechtsbeugungshandlungen eines Staatsanwalts in demselben Strafverfahren245 oder mehrere Präsentation, die den Tatbestand der progressiven Kundenwerbung246 erfüllen. Zu den Sonderfällen, in denen ein Tatbestand eine Vielzahl von Handlungen über lange Zeiträume zusammenfassen kann wie bei Dauer- und Organisationsdelikten, siehe Rn. 64, 80 ff. Nach der Rechtsprechung liegt eine „natürliche“ Handlungseinheit vor, „wenn zwi60 schen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte auch durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind“.247 Die Definition ähnelt der des prozessualen Tatbegriffs deutlich, so dass nicht verwundert, dass eine natürliche Handlungseinheit grundsätzlich ebenfalls eine prozessuale Tat darstellt,248 so bei mehrfacher öffentlicher Aufforderung zu Straftaten,249 mehrfachen Beleidigungen250 oder falscher Steuererklärung und anschließender falscher Angaben gegenüber dem Finanzamt zur Verkürzung derselben Steuer251.
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bb) Fortsetzungszusammenhang. Nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs252 ist die Figur der fortgesetzten Tat praktisch aufgegeben,253 so dass für Serientaten Tatmehrheit anzunehmen ist (Rn. 67), sofern nicht ausnahmsweise die Verbindung zu einer Bewertungseinheit (Rn. 69 f.) möglich ist. Soweit doch noch eine von einem Gesamtvorsatz zu einer Einheit zusammengefassten Begehung mehrere an sich selbständiger Tatbestandsverwirklichungen in Frage kommt, behalten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ihre Geltung, die ferner bei funktionell ähnlichen Zusammenfassungen wie Dauertaten (Rn. 64) oder Bewertungseinheiten (Rn. 69) weiterhin Beachtung finden.
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BGHSt 32 146, 148 ff.; BGH NJW 1955 1240; 1957 1886, 1887. BGH wistra 1993 193 zu § 146 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB; NJW 2011 792 zu § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB. BGHSt 8 92, 95; 43 1, 3 zu § 170d a.F./ 170 n.F. StGB. BGH StV 1994 426, 427 (insoweit nicht in BGHSt 40 79) zu § 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB. BGHSt 41 247, 250; KG 18.2.2000 – 3 AR 3/00, 3 Ws 47/00. OLG Jena StraFo 2006 293 f. zu § 6c a.F. UWG. Vgl. nur BGHSt 10 230, 231; 22 67, 76 (Polizeiflucht); 41 368 mit Anm. Puppe JR 1996 513. Vgl. BGHSt 43 96, 98; 43 312, 315 f.; BGH NJW 1999 1413, 1414; BGH bei Holtz
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249 250 251 252 253
MDR 1985 92; BayObLGSt 1985 131, 132; KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 59; zweifelnd AK/Loos § 264 Anh. 48; zu Straßenverkehrsdelikten siehe unten Rn. 90 ff. RG JW 1925 2781 f. mit Anm. Schreiber (zu § 111 StGB). OLG Hamburg NStZ-RR 1997 103. BGHSt 36 105, 115 f.; 38 37, 39 ff. BGHSt 40 138. HK/Julius 4; KMR/Stuckenberg 62; Meurer NJW 2000 2936, 2940; Ruppert MDR 1994 973 ff.; Schlüchter/Duttge NStZ 1996 45, 465 m.w.N.; krit. zur früheren Rspr. AK/Loos § 264 Anh. 49 ff. m.w.N.; zu Einzelheiten vgl. LR/Gollwitzer 25 32 ff.; SK/Velten 33 f.; Fischer Vor § 52, 49 StGB; LR/Rissing-van Saan Vor § 52, 65 StGB m.w.N.
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Die fortgesetzte Tat wurde ebenso wie die Dauerstraftat sowohl materiell- als auch 62 verfahrensrechtlich als eine Tat angesehen.254 Alle in Fortsetzungszusammenhang stehenden, auch die nicht in der Anklage aufgeführten Einzelakte gehören zur angeklagten Tat.255 Selbst wenn nur ein einziger vor dem Eröffnungsbeschluss begangener Teilakt angeklagt ist,256 ist Gegenstand der Aburteilung der gesamte Fortsetzungszusammenhang einschließlich der nach dem Eröffnungsbeschluss bis zur Urteilsverkündung in der letzten Tatsachenverhandlung,257 auch der Berufungsinstanz,258 begangenen Teilakte. Das rechtskräftige Urteil verbraucht im Sinne einer umfassenden Erledigungswirkung die Strafklage für alle zugehörigen Einzelakte, gleichgültig, ob das Gericht sie kannte oder kennen konnte.259 Im Falle des Freispruchs wurde der Strafklageverbrauch aber beschränkt auf die dem 63 Gericht bei Aburteilung tatsächlich bekannten Einzelakte, weil zwischen straflosen und strafbaren Handlungen kein Fortsetzungszusammenhang bestehen könne.260 Das Urteil bildete stets eine Zäsur, so dass danach begangene weitere Teilakte ohne weiteres verfolgbar waren.261 Die fortgesetzte Tat muss allerdings als solche und nicht als selbständiger Einzelakt262 oder nicht nur in einem Teilakt in Tateinheit mit einem schwereren Delikt angeklagt sein. Bei Verkennung des Fortsetzungszusammenhangs im Ersturteil bleibt die spätere Verfolgung weiterer, nicht vom Urteil erfasster Einzelakte somit möglich.263 cc) Dauerstraftaten und Organisationsdelikte. Für Dauerstraftaten gelten dieselben 64 Grundsätze wie früher zum Fortsetzungszusammenhang.264 Die Einbeziehung eines Teilaktes ist möglich bis zur letzten Tatsacheninstanz, sofern nicht Teilrechtskraft eingetreten ist265; die Verkündung des tatrichterlichen Urteils stellt stets eine Zäsur dar266. Dies wurde auch für Unterlassungsdauerdelikte angenommen, so dass, wenn das strafbare Unterlassen nach einer ersten rechtskräftigen Verurteilung fortdauert, erneute Strafverfolgung möglich ist, z.B. bei Insolvenzverschleppung267 oder Verletzung der Unterhaltspflicht268. In der Annahme einer solchen Zäsur hat das Bundesverfassungsgericht jedoch 254
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256 257 258 259 260
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BGHSt 15 268, 272; 26 24, 285; 29 63, 64; BGH bei Holtz MDR 1989 308; BayObLGSt 1985 131, 132. BGHSt 6 92, 95; 6 122, 124; 27 115, 116; BGH NStZ 1982 128; 1982 213 f.; 1982 519; 1985 325; näher LR/Gollwitzer 25 32 m.w.N. BGHSt 27 115, 116. BGHSt 9 324, 326, 334; 27 115, 116 f.; BGH StV 1986 141. BGHSt 17 5, 9; 21 256, 259. RGSt 47 397, 400; 51 253, 254; 54 333, 334; BGHSt 6 92, 95; BGH StV 1986 141. RGSt 47 397, 399 ff.; 54 333, 334 f.; 66 26; BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 19 m.w.N.; OLG Köln VRS 27 (1964) 216; so auch bei Kollektiv- und Sammeldelikten RGSt 23 230, 232; 24 419, 420; 41 108, 110; 66 19, 20. BGHSt 5 136, 138; 6 122, 124 f.; 9 324, 326. RGSt 54 283, 285; BGHSt 29 63, 64; BGH NJW 1963 549 Nr. 16.
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RGSt 47 307, 401; 54 283, 285; BGHSt 29 63, 64; BGH bei Dallinger MDR 1953 273; NJW 1963 549, 550; StV 1985 183 m.w.N.; a.A. BGHSt 33 122, 123 ff. mit Anm. Gössel JZ 1986 45. BGHSt 8 92, 95; 29 288, 295; BayObLGSt 1957 218, 219 f.; 1971 125, 126; 1980 54; OLG Braunschweig NJW 1964 1237; OLG Düsseldorf VRS 61 (1981) 301, 302 f.; OLG Stuttgart NStZ 1982 514; NZV 1997 243; KK/Engelhardt 20; KMR/Stuckenberg 63; SK/Velten 35. Zum Strafklageverbrauch bei irrtümlicher Annahme einer Dauerstraftat siehe LG Memmingen NStZ-RR 1997 140 f. BayObLG GA 1978 81. BGH NStZ 1984 171, 172. RGSt 47 154, 155; BGHSt 14 280, 281; dazu Kraatz Jura 2007 854, 857 ff. BayObLGSt 1977 39 f.
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jüngst in einem Fall von Kindesentziehung durch Unterlassen269 einen mehrfachen Verstoß gegen das Schuldprinzip erblickt, jedenfalls sofern das Gericht kein erneutes rechtswidriges Verhalten dargetan hat.270 Dass der Staat selbst durch Verweis auf eine Zäsurwirkung die Voraussetzungen für eine erneute Verurteilung schaffe, verletze das Schuldprinzip, weil nicht individuelle Schuld, sondern die Zufälligkeiten des Ablaufs der Strafverfolgung Grundlage der Strafe seien, und zudem die u.U. mehrfache erneute Bestrafung nicht mehr Schuldausgleich sei, sondern Beugemaßnahme wegen des fortdauernden Ungehorsams271 des Täters. Ein erneuter Tatentschluss dürfe nicht mittels der Zäsurwirkung einer Verurteilung fingiert werden. Dem ist zu widersprechen, sofern zum einen durch die rechtlich verbotene Untätigkeit das betroffene Rechtsgut kontinuierlich weiter geschädigt wird, so dass nicht bloßer „Ungehorsam“, sondern materiell begründetes Unrecht vorliegt, dessen schuldhafte Verursachung für eine Verurteilung selbstredend festgestellt werden muss. Zum anderen kann Gegenstand strafender Reaktion stets nur vergangenes Verhalten sein, ein Strafurteil folglich nicht auch künftige Tatwiederholung gleich mit abgelten und somit einen „Freibrief“272 dafür ausstellen, wobei es unerhebliche Äußerlichkeit ist, ob die Wiederholung neuer aktiver Handlungen oder weiteren Nichtstuns bedarf, ob der Tatbestand als Zustands- oder Dauerdelikt ausgestaltet ist. Bei Organisationsdelikten werden alle Beteiligungsakte, etwa an einer terroristischen 65 Vereinigung273 oder einem verbotenen Verein274, als materiell-rechtlich und prozessual einheitliche Tat gewertet. Weitere Beispiele275 bilden die Fortführung verbotener Parteien und Verstöße gegen ein Vereinigungsverbot (§§ 84, 85 StGB),276 geheimdienstliche Agententätigkeit (§ 99 StGB),277 Beteiligung an verbotenen Vereinen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, aber nicht Nr. 4 VereinsG) 278, Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschriften (§ 148 GewO),279 Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG)280. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat indes erwogen, mehrere prozessuale 66 Taten anzunehmen, wenn nur einzelne Betätigungen des Mitglieds Gegenstand eines früheren Verfahrens waren und der Angeklagte nicht darauf vertrauen durfte oder konnte, dass durch das zuerst eingeleitete Verfahren alle Betätigungsakte für die Vereinigung erfasst werden.281 Zum Zusammentreffen mehrerer Dauerdelikte oder eines Dauerdelikts und eines Zustandsdelikts siehe Rn. 73. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn andere schwerere Delikte mit Einzelakten von Dauer- oder Organisationsdelikten zu-
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Zur Zäsur bei § 235 StGB noch BGH NStZ 2006 447, 448. BVerfGK 10 134, 141 f. = StraFo 2007 369 = EuGRZ 2007 64 mit krit. Bespr. Kraatz Jura 2007 854. Ob auch Art. 103 Abs. 3 GG verletzt sei, ließ die Kammer offen. Zum vergleichbaren Fall wiederholter Ersatzdienstverweigerung s. Rn. 68. So RGSt 47 154, 155, wonach die Strafe „die Bedeutung eines Zwangsmittels“ habe. RGSt 47 154, 156; ähnl. Kraatz Jura 2007 854, 858 f. BGHSt 29 288, 295 f. zu §§ 129, 129a StGB. BGH NStZ 2001 436, 438 mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159 zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG. Vgl. auch BGHSt 43 1, 3.
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276 277 278
279 280 281
BGHSt 43 312, 214 f. m.w.N. BGHSt 43 1, 4 ff. mit Bespr. Paeffgen JR 1999 89 ff. BGHSt 43 312, 314 f.; 46 6, 9 mit Anm. Puppe JZ 2000 735; BGH NStZ 1999 38; 1999 411, 412; 2001 436, 438 mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159; BGH 10.12.1997 – 3 StR 389/97; a.A. OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997 123, 124. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 22. LG Memmingen NStZ-RR 1997 140, 141 m.w.N. BGHSt 46 349, 355 ff., 358 mit Anm. Verrel JR 2002 210; BGH NStZ 2001 436, 438 mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159; vgl. bei Bewertungseinheiten BGHSt 43 252, 257.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
sammentreffen, vor allem, wenn letztere einen langen Zeitraum umfassen, dazu unten Rn. 74 ff., 83 ff. dd) Sammel- und Serienstraftaten, Wiederholungstaten. Die geschäfts-, gewohnheits- 67 oder gewerbsmäßige Begehensweise mehrerer Handlungen begründet für sich noch keine einheitliche prozessuale Tat.282 Nur in bestimmten Fällen ermöglicht die Figur der Bewertungseinheit eine Zusammenfassung (unten Rn. 69 f.).283 Die einzelnen Vorfälle einer Serientat, die früher mit Hilfe des Fortsetzungszusammenhanges zusammengefasst werden konnten, sind nunmehr materiell-rechtlich und prozessual selbständige Taten,284 so dass das Gericht nicht wegen einer höheren als der angeklagten Zahl von Einzelfällen verurteilen darf285. Werden im Laufe der Verhandlung weitere Einzelakte bekannt oder erweitert sich der Tatzeitraum, so genügt ein Hinweis nach § 265 nicht, vielmehr muss Nachtragsanklage (§ 266) erhoben werden.286 Beispiele: Mehrere nicht arbeitsteilig begangene Betrügereien im Rahmen eines Ge- 68 schäftsbetriebes sind mehrere Taten,287 anders aber, wenn eine einmalige Anordnung oder Planung ein in vielen Einzelakten geplantes Betrugsunternehmen ins Werk setzt288. Trotz enger zeitlicher und örtlicher Folge mehrerer Diebstähle liegt keine Tatidentität vor, wenn die Vorgänge nicht derart miteinander verknüpft sind, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden könnte.289 Hingegen gilt wiederholte Ersatzdienstverweigerung (§ 53 ZDG) aufgrund der Bindung an dieselbe Gewissensentscheidung i.S. des Art. 4 Abs. 3 GG als eine Tat.290 Mehrere Taten soll jedoch wiederholte Kriegs- oder Zivildienstverweigerung darstellen, wenn eine dauerhafte Gewissensentscheidung nicht klar erwiesen sei, etwa bei nicht anerkannten oder abgelehnten Kriegsdienstverweigerern.291 ee) Bewertungseinheiten. Bei Verstößen gegen das BtMG ergeben sich Besonderheiten 69 aufgrund der Figur der Bewertungseinheit,292 die bei Absatzdelikten und § 29 Abs. 1
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So auch die Rspr. nach Aufgabe des „Sammeldelikts“: RGSt 72 164, 166 ff.; 73 216 f.; BGHSt 1 41, 42 f.; 35 14, 19; OLG Celle NJW 1992 190 f.; AK/Loos § 264 Anh. 63; KK/Engelhardt 21; KMR/Stuckenberg 67; SK/Velten 47; Roxin/Schünemann § 20, 13; a.M. Eb. Schmidt I 309 ff., 311. Zur Beurteilung dieser Fälle als Handlungseinheit Schlüchter/Duttge NStZ 1996 457, 465 f.; Geppert NStZ 1996 57, 59 ff.; 118, 119; Roxin/Schünemann § 20, 13. BGH NStZ 1995 200; HK/Julius 4; KMR/Stuckenberg 68; Pfeiffer 4. BGH StV 1997 169; bei Kusch NStZ-RR 1999 274; KK/Engelhardt 19; KMR/ Stuckenberg 68. BGH StV 1997 169; 1996 361; zur Verwertung solcher Akte im Rahmen der Strafzumessung Ruppert MDR 1994 973, 975 und oben Rn. 44 ff. BGHSt 26 284 ff., 287. BGHSt 26 284, 285 f. m.w.N. BGH NStZ 1997 508; StV 1981 167, 168.
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BVerfGE 23 191, 203, 205 f.; BayObLG StV 1983 369 ff. mit Anm. Werner; 1985 315 ff.; LG Duisburg StV 1985 53 ff.; 1986 99 f.; von Mangoldt/Klein/Nolte Art. 103 Abs. 3, 209 f. GG; SK/Velten 47; abw. Struensee JZ 1984 645, 649 ff. (Leistung sei nur einmal geschuldet); ebenso AK/Loos § 264 Anh. 64; Nestler-Tremel StV 1985 343, 352; anders (mehrere Taten, deren Ahndung aber das Übermaßverbot entgegenstehe): Roxin/Schünemann § 52, 17; Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 117. BVerfG NJW 1983 1600; 1984 1675 f.; BayObLG JZ 1970 609; StV 1983 369 ff. mit Anm. Werner; 1985 315 ff.; OLG Celle JZ 1970 610; StV 1986 8 mit krit. Anm. Struensee JZ 1985 955; OLG Düsseldorf StV 1986 8 f. mit Anm. Friedeck; OLG Nürnberg NStZ 1983 33; abl. ; SK/Velten 47; Roxin/Schünemann § 52, 17; Werner KJ 1988 104 ff. Dazu statt vieler BGHSt 30 28, 31; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1 ff.; BGH
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
BtMG alle Einzeltätigkeiten des Täters, die auf ein und denselben Güterumsatz gerichtet sind, zu einer materiell-rechtlichen Tat zusammenfasst, unabhängig davon, ob diese Aktivitäten alle von vornherein geplant waren oder sich der Täter zu ihnen erst im Laufe der Absatzbemühungen entschloss; entsprechend wird auch nur eine prozessuale Tat angenommen.293 Entsprechendes gilt bei verschiedenen Handlungen zur Durchsetzung derselben verbotenen Kartellabsprache;294 bei mehrfachen Verstößen gegen die Buchführungspflicht (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 StGB);295 bei Funktionsträgern verbotener Vereine (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG)296. Der Umsatz getrennt erworbener Rauschgiftmengen bildet hingegen ebenso wenig eine Bewertungseinheit297 wie der gleichzeitige Besitz298 oder die gleichzeitige Bezahlung mehrerer sonst selbständiger Rauschgiftgeschäfte299. Bei einer Bewertungseinheit ist wie bei der vormaligen fortgesetzten Tat dem Gericht 70 die gesamte Tat zur Kognition unterbreitet, auch wenn nur einer der Tätigkeitsakte angeklagt ist.300 Eine rechtskräftige Entscheidung über einen Teilakt eines einheitlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln begründet also Strafklageverbrauch für die gesamte Tat.301 Wie beim Fortsetzungszusammenhang bildet der rechtskräftige Schuldspruch eine Zäsur; nachheriger Absatz einer Restmenge gehört somit nicht mehr zur abgeurteilten Tat.302 Auch im Rahmen der Bewertungseinheit neigt die Rechtsprechung nun zu einer Begrenzung des prozessualen Tatbegriffs,303 dies zu Recht, weil sich durch die weite Ausdehnung dieser materiellen Tateinheit, die „gänzlich anderen Zwecken dient“304 als der prozessuale Tatbegriff, und zudem einen Akt der Wertung erfordert, parallele Probleme ergeben wie bei Dauer- und Organisationsdelikten305.
71
ff) Tateinheit. Es besteht eine grundsätzliche Parallelität von prozessualer und materieller Tateinheit: Delikte, die gemäß § 52 StGB in Tateinheit stehen, bilden grundsätzlich auch nur eine Tat im prozessualen Sinne,306 da die wenigstens teilidentischen Sachver-
293
294 295 296 297 298 299 300
StV 2001 460; Körner § 29, 845 ff. BtMG; Weber § 29, 435 ff.; MüKo-StGB/Rahlf § 29, 381 ff. BtMG; Körner StV 1998 626, 627 f.; s.a. Puppe JZ 2000 735, 736 (Idealkonkurrenz kraft Erfolgseinheit). BGHSt 25 290, 291 f.; 30 28, 31; 42 162, 164; BGH NStZ 1994 495; 1999 192; 2009 705, 706; StV 1981 127, 128; 1982 60; 1984 366 f.; 1995 256; 1996 95; 1996 650; 1997 20; 1997 470; 1997 636; 1998 26; OLG Karlsruhe StV 1998 28; dazu Zschockelt NStZ 1997 224, 226 f. m.w.N.; 1998 238, 239 f.; Körner StV 1998 626 ff.; krit. Maatz FS Meyer-Goßner 257, 260 ff.; Hellebrand GedS Schlüchter 473, 477 ff. BGHSt 41 385, 394 mit Anm. Kindhäuser JZ 1997 101; BGH NJW 2004 1539, 1540. BGH NStZ 1995 347. BGHSt 46 6, 9 mit krit. Anm. Puppe JZ 2000 735. BGH NStZ 1997 243 f. BGH NStZ 1982 512; 1995 37; 1995 38; 1996 604; 1997 243 f.; 1997 344. BGH NStZ 1999 411. BGH NStZ 1994 495 f.
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301 302 303
304 305 306
BGH NStZ 1997 508 f. OLG Karlsruhe Justiz 1998 127. Vgl. BGHSt 43 252, 257 f. (offen lassend, da die gewaltsame Wiederbeschaffung gestohlenen, zum Handeltreiben bestimmten Rauschgifts im Verhältnis zum früheren Handeltreiben eine eigene Tat im materiellrechtlichen und prozessualen Sinn sei) mit Anm. Erb NStZ 1998 253 und Fürstenau StV 1998 482; s.a. Hellebrand GedS Schlüchter 473, 484 ff.; BGH NStZ 1999 411. Vgl. BVerfGE 56 22, 32. Näher Maatz FS Meyer-Goßner 257, 260 ff., 272 ff. m.w.N. BGHSt 8 92, 94 f.; 13 21, 23; 26 284, 285; 29 288, 293; 38 37, 41; 41 385, 389; 43 96, 98; 43 252, 255; 48 153, 161; BGH NStZ 1984 171, 172; 1991 549; 2009 705, 706; StV 1981 116; 1981 167, 168; 1983 457; 1984 366; BayObLGSt 1957 196, 200; OLG München VRS 109 (2005) 32, 33 f.; AK/Loos § 264 Anh. 38 m.w.N.; KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 73; Meyer-Goßner 6; Pfeiffer 3; Roxin/Schünemann § 20, 8.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
halte notwendigerweise „eng zusammenhängen“. Voraussetzung für die Erstreckung der Untersuchung und Urteilsfindung auf ein tateinheitlich verwirklichtes Delikt soll allerdings sein, dass das angeklagte Delikt auch erwiesen ist, denn zwischen einer erwiesenen und einer nicht erwiesenen Tat könne keine Tateinheit (wie früher auch kein Fortsetzungszusammenhang, Rn. 63) bestehen,307 was zweifelhaft erscheint, weil es sich um einen Fall der Tatersetzung handeln dürfte und es zudem regelmäßig nur um einen hypothetischen einheitlichen Lebensvorgang geht. Beispiele für übereinstimmende materielle und prozessuale Tateinheit: mehrere belei- 72 digende Äußerungen in einem Brief;308 gleichzeitige Einfuhr von Waffen und Drogen;309 gleichzeitige Einfuhr mehrere Betäubungsmittel;310 gleichzeitiger Besitz mehrerer Waffen verbunden mit sonstigen Verstößen gegen das WaffG;311 gleichzeitiger Transport von Waffen und Schriften312 – wobei Gleichzeitigkeit allein richtigerweise noch nicht für Tateinheit genügt (Rn. 73); Vergewaltigung und Menschenhandel, wenn die Vergewaltigung dazu dient, den Widerstand des Opfers gegen die Prostitutionsausübung zu brechen;313 Betrug durch Submissionsabsprache und Kartellordnungswidrigkeit314. Als eine Tat sind Fahren ohne Fahrerlaubnis und vorausgehende räuberische Erpressung angesehen worden, weil es bei dieser, anders als beim Diebstahl von Geld oder kleinen Dingen, wesentlich auf die Art der Flucht ankomme.315 Transportiert der Täter eines Diebstahls die Beute mit dem Kfz ab und begeht dabei eine Tat nach §§ 21 StVG, 316 StGB, so bildet die Fahrt mit dem Diebstahl nur dann eine materiell-rechtliche und prozessuale Tat, wenn erst sie zur Vollendung des Diebstahls durch Begründung neuen Gewahrsams führt,316 mithin nicht bei kleinen Gegenständen, wohl aber bei großer oder schwerer Beute317. Eine Tat können auch Führen eines Kfz ohne Fahrerlaubnis oder in fahruntüchtigem Zustand und ein bei dieser Fahrt begangenes Delikt nach § 237 a.F. StGB318 bzw. nach §§ 177, 178 StGB319 sein. Zur Tateinheit mit Dauerdelikten siehe weiter im Folgenden. Treffen mehrere Dauerdelikte oder ein Dauerdelikt und ein Zustandsdelikt zusam- 73 men, so begründet allerdings deren bloße Gleichzeitigkeit – ohne innere Verknüpfung der Handlungen in ihrer strafrechtlichen Bedeutung 320 – weder materielle noch prozessuale Tateinheit.321 So bildet eine Straßenverkehrsordnungswidrigkeit mit einer Dauerordnungswidrigkeit nach der StVZO nur dann eine Tat, wenn erstere nicht nur gleichzeitig mit oder gelegentlich der Dauerordnungswidrigkeit begangen ist, sondern Identität in
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308 309
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316
BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 24; BGH NStZ 2002 328; OLG Hamm VRS 53 (1977) 359, 360. RGSt 62 83, 85; siehe Fischer § 185, 20 StGB m.w.N. BGH NJW 1989 726 f.; OLG Braunschweig NStZ-RR 1997 80, 81 (sowie Menschenhandel). BGH StV 2010 120. BGH NStZ 1984 171 f.; StV 1999 643; 644; 645. BGH NStZ 1995 351 f. BGH NStZ 1999 311. BGH NStZ 2004 567 f. BGH StV 1996 472; BGHR § 154a Beschränkung 3; krit. Müller-Christmann JuS 1996 726, 727. Vgl. BGHSt 26 24, 25 f.
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320 321
BGH GA 1961 346 f.; StV 1981 167, 168; NStZ 1997 508; krit. Helmken MDR 1982 715 ff. BGH bei Dallinger MDR 1973 566; StV 1981 116 f.; unten Rn. 83. BGH bei Dallinger MDR 1975 544; StV 1983 457; anders (zwei Taten), wenn der Tatentschluss zu § 178 StGB erst im Lauf der Fahrt gefasst und bei einer Fahrtunterbrechung ausgeführt wurde, OLG Koblenz NJW 1978 716, 717 mit abl. Anm. Kinnen MDR 1978 545 f.; krit. Neuhaus MDR 1989 213, 216 f. m.w.N. Dazu Rn. 86 und BGH NStZ 2004 694; Hellebrand FS Schwind 305, 312 ff. Vgl. dagegen aber NK-StGB/Puppe § 52, 37 ff. StGB m.w.N.
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
einem für beide Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil vorliegt.322 Keine einheitliche Tat sind etwa der Verstoß gegen Aufenthaltsbeschränkungen des AsylVfG bei gleichzeitigem Waffenbesitz,323 der gleichzeitige Besitz von Sprengstoff und Drogen324 oder Rauschfahrt mit Drogenbesitz325. Hier bestehen noch einige Unsicherheit,326 die ebenso schon die materiell-rechtlichen Kriterien für Idealkonkurrenz mit Dauerdelikten beherrscht. Abzustellen ist vielmehr auf Verhaltenseinheit dergestalt, dass ein Delikt die (versuchte) Begehung des anderen bewirkt oder mit der Beendigung des Dauerdelikts unverträglich ist; bloße Einheitlichkeit des subjektiven Sinns genügt hingegen nicht.327 In solchen Fällen mehrere prozessuale Taten anzunehmen ist verfassungsrechtlich zulässig.328 gg) Divergenz prozessualer und materieller Tateinheit
74
a) Allgemeines. Früher brachte der weite Umfang der Fortsetzungstat es mit sich, in bestimmten Fällen Ausnahmen vom Gleichlauf materieller und prozessualer Tateinheit zu postulieren (Rn. 63); dies hat die Rechtsprechung nun auch für bestimmte Organisations- und Dauerdelikte anerkannt (Rn. 80). Letztere betreffen vor allem zwei Fallgruppen: Das Zusammentreffen eines Zustandsdelikts mit einem leichteren Dauerdelikt sowie das Zusammentreffen von wenigstens zwei unter sich selbständigen Zustandsdelikten mit einem leichteren Dauerdelikt,329 für die ähnliche Überlegungen gelten. Das Ziel ist jeweils, den Umfang der Tat und damit des Strafklageverbrauchs zu reduzieren. Die Zulässigkeit solcher Ausnahmen wird bestritten mit dem Argument, dass Ideal75 konkurrenz ausnahmslos auch zur prozessualen Tatidentität führen müsse, weil alles, das eine einheitliche Rechtsfolge nach sich ziehe, auch Gegenstand eines einheitlichen Verfahrens sein müsse, da das Gesetz – anders bei §§ 53, 55 StGB, 460 StPO – eine nachträgliche Bildung der einheitlichen Strafe nach § 52 StGB nicht kenne.330 Vereinzelt hat der Bundesgerichtshof diese Argumentation übernommen.331 Teilweise wird generell vorgeschlagen, die Tateinheit zum schwereren Delikt aufzulösen und Realkonkurrenz anzunehmen, die regelmäßig wie gewünscht zu verschiedenen prozessualen Taten führe.332
322 323 324 325 326
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BGHSt 27 66, 67. OLG Stuttgart Justiz 2001 497, 498 f. KG NStZ-RR 2008 48 f. Unten Fn. 391 f. und 467. Vgl. OLG Braunschweig StV 2002 241 (Ladendiebstahl mit Drogenbesitz: eine Tat); OLG Saarbrücken VRS 110 (2006) 362 (Trunkenheitsfahrt mit verbotener Handybenutzung: eine Tat); weitere Beispiele aus dem BtM-Bereich bei Hellebrand GedS Schlüchter 473, 480 ff.; ders. FS Schwind 305, 308 ff. Vgl. nur Fischer Vor § 52, 25 StGB m.w.N.; Jakobs 33/10; NK/Puppe § 52, 40 StGB, jew. m.w.N. BVerfGK 7 417, 419 f. Zur „Verklammerung“ s. Rn. 83 ff. SK/Velten 40, 42; Schlüchter JZ 1991 1057, 1059 m.w.N.; Schlüchter/Duttge NStZ 1996 457, 461; Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 107 f.; ders. StV 1981 326,
376
331 332
327; ders. StV 1986 243, 244 ff.; ders. FS Bockelmann 742 ff., 747; NK-StGB/ Puppe § 52, 60 ff. StGB; Puppe JR 1986 205 f.; Bohnert GA 1994 96, 99; a.A. AK/Loos § 264 Anh. 40; LR/Gollwitzer 25 3; Bertel 193 ff.; Erb GA 1994 265 268, 272 ff.; ders. NStZ 1998 253, 254; Krauth FS Kleinknecht 215, 234 ff.; Mitsch NStZ 2002 159, 160 (anders noch ders. NStZ 1987 457); Neuhaus 48 f., 74 ff.; ders. NStZ 1987 138, 139; ders. StV 1990 342, 343; ders. NStZ 1993 202, 203; Rieß NStZ 1981 74, 75; Schlehofer GA 1997 101, 113 ff. BGH NStZ 1997 508 f.; StV 1999 643. Puppe 210 ff.; NK-StGB/Puppe § 52, 44 ff., 48 f. StGB; dies. GA 1982 143, 159 m.w.N.; dies. JR 1986 205, 206 ff.; zust. Mitsch MDR 1988 1005, 1011 (anders jetzt ders. NStZ 2002 159, 160); ebenso Werle 167 ff., 211 ff.; ders. NJW 1980 2671, 2675 ff.; ders. JR 1979 93, 95 ff.; Detmer 258 ff.;
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
Dagegen spricht jedoch die Vervielfachung der Strafbarkeit wegen des aufgespaltenen Dauerdelikts.333 Auch bleibt das Problem bestehen, dass womöglich im früheren Verfahren schon über bestimmte Einzelakte des Dauer- oder Organisationsdeliktes befunden wurde.334 Geht man von der grundsätzlichen Selbständigkeit eines faktenbezogenen prozessua- 76 len Tatbegriffs aus (Rn. 8), so ist die konkurrenzrechtliche Beurteilung nicht entscheidend. Wegen der unterschiedlichen Funktionen der Einheitenbildung im Strafzumessungs- und Prozessrecht ist es trotz weitgehender Parallelität des prozessualen Tatbegriffs mit den Ergebnissen der Konkurrenzlehre nicht geboten,335 auch bei materiell-rechtlichen „Kunstprodukten“336 der Handlungseinheit wie Fortsetzungszusammenhang oder Klammerwirkung prozessuale Tatidentität anzunehmen. So angemessen es ist, alle zu einem Dauerdelikt zusammengefassten Verhaltensweisen auch als eine prozessuale Tat anzusehen, so unangemessen ist es vor allem bei diskontinuierlichen Dauerdelikten wie §§ 129, 129a StGB und den Besitztatbeständen des § 53 WaffG, die Kognitionsbefugnis ohne zusätzliche Anklage auf sämtliche ideal konkurrierenden Straftaten zu erstrecken, ebenso, durch Überdehnung des Strafklageverbrauchs der Verurteilung wegen des Dauerdelikts die Wirkung einer umfassenden Straffreistellung im übrigen für unter Umständen lange Jahre krimineller Existenz zu verleihen. Eine solche Ausdehnung der Kognitionspflicht würde nicht nur die Leistungsfähigkeit des Tatrichters überfordern, der gezwungen wäre, „das ganze Leben des Angeklagten lückenlos zu durchleuchten“, sondern auch den Anklagegrundsatz aushöhlen.337 Die verfehlte338 materiell-rechtliche Struktur dieser Dauerdelikte, insbesondere der Organisationsdelikte, darf nicht prozessual überkompensiert werden.339 Eine funktionsgerechte Lösung, die weder den Tatbegriff zugunsten der Konkurrenz- 77 regeln überfordert noch letztere zugunsten prozessualer Erfordernisse verformt, müsste die materiell-rechtliche Regelung im Zweitverfahren berücksichtigen und dort das materiell-rechtlich richtige Ergebnis herstellen.340 Denn das materiell-rechtliche Erfordernis einer einheitlichen Strafe für mehrere strafbare Verhaltensweisen kann prinzipiell sowohl in einem einzigen als auch in mehreren sukzessiven Verfahren erfüllt werden. Ein Verfahren ist fraglos vorzugswürdig, nicht nur aus Gründen der Prozessökonomie. Bei sukzessiven Verfahren müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden, um die Einheitlichkeit der Straffolge herzustellen. Dafür sind mehrere rechtstechnische Möglichkeiten denkbar, wie die §§ 55 StGB, 460 StPO zeigen. Da die Problemkonstellation bei Prozesshindernissen bzgl. einzelner ideal konkurrierender Straftaten341 zwar lange bekannt, aber prak-
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334 335 336
SK/Schlüchter 29–35, 37 m.w.N.; Schlüchter JZ 1991 1057, 1059; s.a. BGHSt 36 151, 153 ff.; OLG Zweibrücken NJW 1986 2841, 2842; zuerst wohl OLG Karlsruhe NJW 1977 2222 f. mit Anm. Meyer JR 1978 35 (zu § 129 StGB), bestätigt in BVerfGE 45 434; siehe unten Rn. 82; abl. SK/Velten 41 f.; Cording 69 ff., 80. Krit. Beulke FS II BGH 781, 804; Erb GA 1994 265, 271 f.; ders. JR 1995 169, 170; Paeffgen GedS Heinze 615, 627 f. Vgl. BGHSt 6 92, 96 f.; unten Rn. 84. Otto JR 1988 27, 29 hält dies sogar für „sachwidrig“; a.A. SK/Velten 42. Ausdruck von Gössel JZ 1986 45, 47.
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339 340
341
BGHSt 43 252, 257 im Anschluss an Erb GA 1994 265, 267; BGHSt 46 349, 358 mit Anm. Verrel JR 2002 212; ähnl. Neuhaus NStZ 1993 202, 204. Rieß NStZ 1981 74; Grünwald StV 1986 243, 245; Fezer Strafprozeßrecht II (1. Aufl. 1986) 18/91 ff. AK/Loos § 264 Anh. 58; Fezer (wie vorige Fn.) Ebenso AK/Loos § 264 Anh. 58; LR/Gollwitzer 25 3; ähnlich Neuhaus NStZ 1987 138 ff. RGSt 49 272, 274; 49 354; 49 356; 50 237, 238; 56 161, 167 f.; 62 83, 87 f., 89 f. m.w.N.; auch RGSt 39 353, 355; 53 50;
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
tisch selten ist, und bei Verklammerung mit Dauer- und Organisationsdelikten erst spät auftauchte, fehlen positive gesetzliche Lösungen zur nachträglichen Bildung der einen Strafe nach § 52 StGB. Ein Gegenschluss ist daraus nicht zu ziehen.342 Materiell-rechtliche Tateinheit steht der Annahme mehrerer prozessualer Taten daher an sich nicht zwingend entgegen. Zweifelhaft ist vielmehr, ob ein Eingriff in die Rechtskraft des ersten Urteils praeter 78 legem, etwa in Analogie zu §§ 55 StGB, 460 StPO stattfinden darf.343 Die Rechtsprechung stellt den Angeklagten – im Ergebnis zutreffend – auch bei Verneinung prozessualer Tatidentität so, als ob er in einem Verfahren abgeurteilt worden wäre.344 Wäre die im ersten Verfahren verhängte Strafe im zweiten Verfahren nicht ausgesprochen worden, so soll sie wegfallen,345 eine Geldstrafe ist zurückzuzahlen,346 eine verbüßte Freiheitsstrafe könnte jedoch nur durch Anrechnung kompensiert werden.347 Für einen solchen „Wegfall“ der ersten Strafe fehlt indes eine gesetzliche Grundlage.348 Die vom OLG Hamm349 vorgeschlagene Strafmilderung oder Analogie zu § 51 StGB350 ebenso wie die in BGHSt 29 288, 298 erwogene351 Berücksichtigung bereits verbüßter Freiheitsstrafe im Rahmen der Strafvollstreckung lässt das Ersturteil zwar intakt, schafft aber dadurch das Problem, dass zwei Strafaussprüche existieren, wo es nur einen geben dürfte. Auch der derzeit konsequenteste Vorschlag zur Trennung von materiell-rechtlicher und prozessualer Tateinheit von Erb352 entgeht dieser Misslichkeit nicht: Die mehrfache Erfüllung der Bestrafungsvoraussetzungen bei einem Dauerdelikt gemäß § 52 StGB sei nicht für die Strafbegründung, sondern nur für die Strafzumessung relevant. Von Rechtshängigkeit und Rechtskraft erfasst würden nur die in der Anklage oder Nachtragsanklage ausdrücklich bestimmten Einzelakte bzw. Phasen. Die nachträgliche Verfolgung weiterer Einzelakte scheitere nicht an der Rechtskraft, sondern an § 52 Abs. 1 StGB, d.h. dem Gebot der einheitlichen Strafe. Der Verfolgung eines später entdeckten schwereren ideal konkurrierenden Delikts, das nicht zum abgeurteilten geschichtlichen Vorgang gehört, stehe weder die Rechtskraft noch § 52 StGB entgegen, vielmehr müsse die nach § 52 Abs. 2 StGB korrekte Strafe aus dem höheren Strafrahmen ausgesprochen werden unter Anrechnung der ersten Strafe analog §§ 51, 52 Abs. 1 StGB.353 Eine befriedigende Lösung
342
343
344
BGHSt 15 259, 262 f.; zur fortgesetzten Tat: RGSt 74 203, 205 ff.; BGHSt 17 157, 158. Bertel 193 ff.; Neuhaus 206 f.; ders. MDR 1989 213, 217; ders. StV 1990 342 f.; Erb GA 1994 265, 279 f. und Schlehofer GA 1997 101, 114 konstatieren eine „planwidrige Lücke“ bei § 52 StGB. Neuhaus 206 f.; ders. MDR 1989 213, 217; ders. StV 1990 342 f.; Schlehofer GA 1997 101, 114 f.; für erneuten Schuldspruch mit einheitlicher Strafe unter Wegfall der ersten Strafe: Krauth FS Kleinknecht 215, 234 ff.; AK/Loos § 264 Anh. 40; vgl. den entsprechenden Vorschlag von Maatz FS MeyerGoßner 257, 274, für Bewertungseinheiten; abl. SK/Velten 42. RGSt 49 272, 274; 50 237, 240 f.; 56 161, 167 f.; BGHSt 15 252, 262 mit Verweis auf § 79 a.F./§ 55 n.F. StGB; BGHSt 29 288, 297 f.; BGH GA 1979 189; vgl. Rieß NStZ 1981 74, 75.
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345 346 347 348 349
350 351 352
353
RGSt 56 161, 168; BGHSt 15 259, 262 f. BGHSt 15 259, 263; zum Strafbefehl BGH NJW 1951 894 Nr. 25. RGSt 56 161, 168; BGH GA 1979 189; abw. noch RGSt 50 237, 241. RGSt 50 237, 240 f. OLG Hamm StV 1986 241, 243 mit abl. Anm. Grünwald StV 1986 243, 244, s.a. Rn. 120. Ähnl. RGSt 56 161, 168 (Analogie zu § 7 a.F. StGB); dagegen noch RGSt 50 237, 241. Ähnl. schon RGSt 50 237, 240 f. Erb GA 1995 265, 276 ff.; ders. JR 1995 169, 170 f.; ders. NStZ 1998 253, 254; zust. Mitsch NStZ 2002 159, 160, dessen Verweis auf § 31 JGG die Probleme im allgemeinen Strafrecht nicht löst. Krit. NK-StGB/Puppe § 52, 44, 61; Paeffgen GedS Heinze 615, 629 f.; auch Bauer NStZ 2003 174, 177.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
ist unter der gegenwärtigen Gesetzeslage nicht zu erreichen. Daher ist eine gesetzliche Regelung der nachträglichen Bildung der Einheitsstrafe nach dem Vorbild des § 55 StGB wünschenswert. Sofern zwei parallele Verfahren wegen der „materiell-rechtlichen Verzahnung“ dem 79 fair trial-Gebot widersprächen,354 muss der einheitliche prozessuale Tatbegriff nicht aufgegeben werden,355 soweit die Verfahren verbunden bzw. eines ausgesetzt werden kann356. b) Besonderheiten bei Organisations- und Dauerdelikten. Nach Ansicht der Recht- 80 sprechung soll eine Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nicht die Strafklage wegen solcher tateinheitlich verwirklichter schwerer wiegender Delikte wie §§ 211 ff. StGB verbrauchen, die tatsächlich nicht Gegenstand der Anklage und Urteilsfindung im früheren Verfahren waren. Dies beruhe auf der besonderen Struktur des § 129 StGB, die mit anderen Dauerdelikten nicht vergleichbar sei, und der gesetzgeberischen Intention, die Strafverfolgung krimineller Vereinigungen zu erleichtern.357 Der Angeklagte sei aber im Ergebnis so zu stellen, als ob nur ein Strafverfahren durchgeführt worden wäre (oben Rn. 78). Gleiches gilt für das leichtere Organisationsdelikt des § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG.358 Diese Argumentation wurde auf andere Dauerdelikte übertragen359 wie Zuhälterei,360 81 Förderung der Prostitution,361 Steuerhinterziehung362 oder sogar Fahren ohne Fahrerlaubnis363. Ebenso soll eine Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes und Führens einer Waffe ein Strafverfahren wegen eines ideal konkurrierenden schwereren Zustandsdelikts (Tötungsdelikt) nicht hindern.364 Bei Waffendelikten (§ 53 WaffG) hingegen nimmt der Bundesgerichtshof wegen ihrer 82 Besonderheiten Tatmehrheit an.365 Während bei § 129 StGB die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung die Bereitschaft voraussetze, im Sinne der Zielsetzung der Vereinigung kriminell tätig zu werden, so dass ein dahin gehender Entschluss keine Zäsur darstelle, die das Organisationsdelikt teilen könne, gründe die Strafbarkeit beim Dauerdelikt des Waffenbesitzes (entsprechend bei §§ 316 StGB, 21 StVG) auf dessen genereller Gefährlichkeit, unabhängig davon, ob der Täter bereit oder gar von vornherein willens
354 355 356 357
358
BGHSt 29 288, 297; krit. Rieß NStZ 1981 74, 75; vgl. Erb GA 1994 265, 278 f. So aber Krauth FS Kleinknecht 215, 227 ff., 233; vgl. Radtke 105 f. AK/Loos § 264 Anh. 41. BGHSt 29 288, 293 ff.; BGH StV 1999 352, 353; krit. Rieß NStZ 1981 74, 75; Werle NJW 1980 2671 ff.; bestätigt in BVerfGE 56 22, 34 ff. mit abl. Anm. Grünwald StV 1981 326, 327 f.; Gössel JR 1982 111 ff.; Krauth FS Kleinknecht 215 ff.; zust. LR/Gollwitzer 25 7a; Fezer Strafprozeßrecht II (1. Aufl. 1986) 18/91 ff.; abl. Cording 207 ff., 211; anders noch OLG Karlsruhe NJW 1977 2222 f. mit Anm. Meyer JR 1978 35: Tatmehrheit. BGH NStZ 2001 436, 437 f. mit Anm. Mitsch NStZ 2002 159.
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360 361 362 363 364
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A.A. jetzt aber BGH StV 1999 643; s.a. BGH StV 1981 116, 117 zu §§ 316, 237, 177 StGB. BGHSt 39 390, 391. OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177. BGH wistra 1994 57, 61. LG Memmingen NStZ-RR 1997 140, 141. OLG Hamm StV 1986 241 mit abl. Anm. Grünwald; Mitsch NStZ 1987 457; krit. Puppe JR 1986 205; zust. Neuhaus NStZ 1987 138, 140; Kröpil DRiZ 1986 448, 449; KK/Engelhardt 8. BGHSt 36 151, 153 f. mit Anm. Mitsch JR 1990 162; Neuhaus StV 1990 342; BGH StV 1999 643, 644; ebenso schon OLG Zweibrücken NJW 1986 2841, 2842 mit Anm. Mitsch NStZ 1987 457; Kröpil DRiZ 1986 448, 449 f.; a.A. OLG Hamm vorige Fn.
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
sei, die Waffe zu anderen Straftaten zu nutzen. Der Entschluss des Täters, seine Waffe bei einer anderen schwerer wiegenden Straftat zu benutzen, stelle einen entscheidenden Einschnitt dar. Diese sachlich-rechtliche Zäsur führe in der Regel auch zu verschiedenen prozessualen Taten, wenn nicht besondere Umstände deren Zusammenfassung geböten.366 Doch kann der neue Willensentschluss des Täters nicht allein maßgebend sein, weil sonst derjenige, der von Anfang an die bewaffnete Begehung anderer Delikte plant, nur eine Verurteilung nach dem WaffG anzustreben hätte, um Strafklageverbrauch hinsichtlich der schwereren Delikte zu erreichen.367 Diese Judikatur ist inzwischen vereinzelt auf das Verhältnis von Verstößen gegen Aufenthaltsbeschränkungen nach dem AsylVfG und Diebstahlstaten übernommen worden.368
83
g) Verklammerung. Anfangs ist die Rechtsprechung von der grundsätzlichen Parallelität zwischen materiell-rechtlicher (§ 52 StGB) und prozessualer Tateinheit (§ 264) auch in Fällen der materiell-rechtlichen Figur der Tateinheit durch Verklammerung369 ausgegangen, in denen mehrere unter sich selbständige Handlungen mit Teilakten desselben mehraktigen Delikts oder Dauerdelikts zusammentreffen. Ist die Dauerstraftat schwerer als oder annähernd gleich schwer wie die durch sie verbundenen selbständigen Delikte, so liegt in der Regel auch eine Tat nach § 264 vor.370 Ist das verbindende Delikt minder schwer, so vermag es die mit ihm zusammentreffenden Delikte grundsätzlich nicht zur Tateinheit i.S. des § 52 StGB371 und damit auch nicht zu einer prozessualen Tat zu verschmelzen372. Gleiches gilt für subsidiäre Auffangdelikte, auch wenn ihre Strafdrohung nicht geringer ist.373 Ist nur eines der Außendelikte schwerer als das verbindende Delikt, so tritt die sachlich-rechtliche Klammerwirkung gleichwohl ein.374 So verband § 237 a.F. StGB Fahren ohne Fahrerlaubnis und versuchte Vergewaltigung mit der Folge, dass eine Verurteilung wegen § 21 StVG bzw. § 316 StGB die Strafklage auch für die anderen tateinheitlichen Delikte verbrauchte.375 Zwischenzeitlich vertrat die Rechtsprechung eine abweichende Sicht des Inhalts, dass 84 die mit einer minderschweren Fortsetzungs- oder Dauerstraftat zusammentreffenden schwereren Delikte verfahrensrechtlich auch dann zu einer Tat verbunden werden, wenn keine materiell-rechtliche Tateinheit eintrete, weil mit der Aburteilung der Dauerstraftat alle ihre Einzelhandlungen verbraucht seien und daher nicht einmal unter dem Gesichtspunkt des Zusammentreffens mit einer weiteren schwereren Straftat verfolgt werden könnten.376 Diese Ansicht ist im wesentlichen wieder aufgegeben.377
366 367 368 369 370
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BGHSt 36 151, 154 f.; vgl. BGHSt 21 203, 204 f. zu § 316 StGB. HK/Julius 13; KMR/Stuckenberg 88; Mitsch JR 1990 162, 163. OLG Hamburg NStZ-RR 1999 247, 248; a.A. OLG Stuttgart NStZ-RR 1997 173. Dazu NK-StGB/Puppe § 52, 41 ff.; Fischer Vor § 52, 30 ff. StGB. BGHSt 29 288, 291 f.; BGH bei Dallinger MDR 1973 556; KK/Engelhardt 8; Pfeiffer 5. St. Rspr., BGHSt 1 67, 68 f.; 3 165, 166; 18 66, 69; 23 141, 149; 29 288, 291 f.; BGH MDR 1980 684, 685; NStZ 1991 549, 550; jeweils m.w.N.
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374 375 376 377
BGHSt 23 141, 149 f.; 29 288, 291 f.; dagegen Grünwald FS Bockelmann 737, 743 ff.; SK/Velten 40, 42. BGHSt 42 162, 165 f. (zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG); s.a. BGH NStZ 2009 705, 706. BGHSt 31 29, 30 f. gegen BGHSt 3 165 ff. BGH bei Dallinger MDR 1973 556; StV 1981 116 f. BGHSt 6 92, 96 f.; BGH VRS 21 (1961) 341, 343 f. gegen BGHSt 3 165, 166. BGHSt 23 141, 149 f.; 23 270, 274 f. (für § 316 StGB im Verhältnis zu §§ 315c, 230 a.F.; 142 StGB); anders aber wieder BGH StV 1983 457.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
Kritik hat das Kriterium der Deliktsschwere erfahren.378 Die Unschuldsvermutung ist 85 allerdings durch die schon zu Verfahrensbeginn nötige Bewertung des Gerichts, der Angeklagte habe das schwerere Delikt verwirklicht, nicht einmal berührt,379 da sie den Verdacht einer bestimmten Straftat nicht hindert380. Maßgebend für die Beurteilung der Einheitlichkeit der prozessualen Tat kann hier allerdings nicht die konkurrenzrechtliche Beurteilung sein, namentlich das Schwerekriterium steht in keinem Zusammenhang mit den Funktionen des Tatbegriffs. Der Strafklageverbrauch hängt vielmehr davon ab, ob bereits abgeurteilte Tatsachen zur Begründung des Tatvorwurfs in einem zweiten Verfahren erneut verwendet werden müssen.381 Beispiele aus der Rechtsprechung: § 129 StGB verbindet nicht damit zusammentref- 86 fende Verbrechen;382 Förderung der Prostitution verklammert nicht (schweren) Menschenhandel;383 Völkermord verklammert die einzelnen Mordtaten materiell-rechtlich,384 aber nicht zwingend auch prozessual zu einer Tat;385 Trunkenheitsfahrt verbindet in der Regel nicht mehrere voneinander unabhängige Unfallgeschehen zu einer Tat;386 ebenso wenig verklammert Fahren ohne Fahrerlaubnis selbständige Diebstähle an verschiedenen Orten;387 hingegen verklammert eine Trunkenheitsfahrt ohne Fahrerlaubnis mit dem gestohlenen Kfz eine dabei begangene fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung und Unfallflucht mit Diebstahl;388 ein Verstoß gegen das WaffG verklammert nicht mit der unerlaubt geführten Waffe begangene Raub-, Erpressungs- oder Tötungsdelikte;389 umgekehrt ermöglicht eine Anklage wegen eines mit einer Schusswaffe begangenen Tötungsdelikts nicht die Aburteilung des vor- und nachherigen unerlaubten Waffenbesitzes;390 das Auffangdelikt des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbindet nicht deren Erwerb und ein konsumbedingtes späteres Straßenverkehrsdelikt zu einer prozessualen Tat,391 es sei denn, ein innerer Beziehungs- bzw. Bedingungszusammenhang liegt vor, z.B. wenn die Fahrt gerade zum Transport der Drogen dient, so dass eine Verurteilung nach § 316 StGB die Strafklage sowohl hinsichtlich des unerlaubten Besitzes und tateinheitlich verbundenen Sichverschaffens und Abgebens verbraucht392. Zu Straßenverkehrsdelikten s. Rn. 90 ff.
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382 383 384
385
AK/Loos § 264 Anh. 55; HK/Julius 13; KMR/Stuckenberg 91; SK/Velten 40; Cording 208 f.; Gillmeister NStZ 1989 1, 3; Krauth FS Kleinknecht 215, 228, 240; dagegen Neuhaus NStZ 1993 202, 204. Entgegen Mitsch MDR 1988 1005, 1009. Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1998) 76 Fn. 250. Insoweit zutr. BGHSt 6 92, 96 f.; ähnl. AK/Loos § 264 Anh. 55 („Wiederverwendungsverbot“); KMR/Stuckenberg 91. BGHSt 29 288, 291 f.; oben Rn. 80. OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 176, 177; Rn. 81. BGHSt 45 65, 89 ff. mit Anm. Ambos NStZ 1999 404; Lüder NJW 2000 269; Lagodny/ Nill-Theobald JR 2000 205; Werle JZ 1999 1181; Bungenberg AVR 39 (2001) 170 ff.; BGHSt 48 153, 160 f. BGHSt 48 153, 161 mit Anm. Loos NStZ 2003 680; Gössel JR 2003 517; Ziemann JR
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2006 409, 414; s.a. Werle JZ 1999 1181, 1184. BGHSt 23 141, 149 ff. mit krit. Anm. Grünwald JZ 1970 330; BGHSt 23 270, 274 f. BGH GA 1961 346 f., siehe auch oben Rn. 65, 72, 81 ff. OLG Koblenz VRS 46 (1974) 204 f. BGHSt 36 151 ff.; BGH StraFo 2008 383, 384 (auch nicht Beteiligung an einer Schlägerei); zust. Beulke 519; Schlüchter JZ 1991 1057, 1061; oben Rn. 80 f. BGH NStZ 1981 299. BGH NStZ 2004 694, 695 mit Anm. Bohnen und Ferner SVR 2005 194; dazu auch Hellebrand FS Schwind 305, 308 ff., 312 ff. (zur inneren Beziehung); BayObLGSt 1991 51, 52 ff. mit Anm. Neuhaus NStZ 1993 202 und Schlüchter JZ 1991 1057. S.a. BVerfGK 7 417, 419 f. und Fn. 467. BGH NStZ 2009 705, 706.
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b) Materiell-rechtliche Tatmehrheit
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aa) Grundsatz. Bei materiell-rechtlicher Tatmehrheit (§ 53 StGB) liegen regelmäßig auch mehrere prozessuale Taten vor.393 Beispielhaft: Unfallflucht und falsche Angaben Stunden später über einen Unfallbeteiligten;394 Falschaussagen bei verschiedenen Gelegenheiten (vor der Polizei und vor Gericht), auch wenn sie in demselben Strafverfahren erstattet werden und denselben Lebenssachverhalt betreffen, insbesondere, wenn sie sich inhaltlich wesentlich unterscheiden,395 auch wenn die eine den Beweis für die andere erbringt396; mehrere Verletzungen der Unterhaltspflicht sind mehrere prozessuale Taten, wenn der Unterhaltspflichtige Zahlungen an rangverschiedene, voneinander getrennt lebende Unterhaltsberechtigte unterlässt,397 aber nur eine prozessuale Tat, falls die Berechtigten gleichrangige Gläubiger sind398; Übersenden und Verlesen eines beleidigenden schriftlichen Beweisantrags;399 fortgesetzte versuchte Abtreibung und Kindstötung an aufeinanderfolgenden Tagen wegen der „Andersartigkeit des rechtlich missbilligten Verhaltens, des bedrohten Rechtsguts und des Unrechtsgehalts der Tat“;400 Diebstahl und § 214 a.F. StGB;401 versuchter und vollendeter Einbruchsdiebstahl an demselben Tatobjekt in dreitägigen Abstand aufgrund neuen Entschlusses;402 in der Regel Diebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis zum Tatort und zurück;403 Erpressung und spätere Wegnahme des Beuteanteils eines anderen;404 Betrug bezüglich derselben Sache durch Täuschung verschiedener Personen;405 Versicherungsbetrug und Betrug durch Anforderung oder Annahme der Versicherungsleistung;406 Untreue und spätere Körperschaftssteuerhinterziehung;407 Untreue und unordentliche Buchführung;408 Herstellen einer unechten Urkunde und deutlich späteres, nicht von vornherein geplantes Gebrauchmachen;409 Bestechlichkeit und Falschbeurkundung im Amt;410 gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und anschließender geplanter Prozessbetrug bei fingiertem Unfall;411 Verschaffen und Verwerten von Geschäftsgeheimnissen;412 Nichtabführen von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen;413 Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten verschiedener
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397 398
399 400
BGHSt 13 21, 25 f.; 35 14, 19; 36 151, 154; 41 385, 394 f.; 43 96, 99; 44 91, 94 mit Anm. Beulke NStZ 1999 26; BGH NJW 2004 1539, 1540; NStZ 2001 195, 196; 2004 694, 695; 2009 705, 706; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996 173; Justiz 2001 497, 498; Meyer-Goßner 6; Roxin/Schünemann § 20, 12. BayObLG bei Rüth DAR 1977 206. RGSt 72 339, 341; BGHSt 32 146, 148; BGH NJW 1955 1240; 1957 1886, 1887 mit Anm. Schmitt; a.A. BGH NJW 1952 755, 756. BGH NJW 1955 1240; anders früher bei Fortsetzungszusammenhang OLG Stuttgart NJW 1978 711 f. BayObLGSt 1960 5, 8. OLG Köln NJW 1958 720, 721; OLG Stuttgart MDR 1977 1034 mit abl. Anm. Schmid MDR 1978 547; OLG Hamm NJW 1978 2210; a.A. BayObLGSt 1960 8. OLG Hamburg NStZ-RR 1997 103 f. BGHSt 13 21, 26 f.
382
401 402 403 404
405 406 407 408 409 410 411
412 413
RGSt 57 51, 52 (Revolverschüsse bei Einbruchsversuch), zweifelhaft. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 29. BGH GA 1961 346, 347; StV 1981 167, 168; siehe Rn. 93 f. BGHSt 35 86, 87 f. mit Anm. Wolter NStZ 1988 456 und Joerden JZ 1988 847; siehe Rn. 109. BGH bei Dallinger MDR 1970 199. BGHSt 11 398 (zu § 265 a.F. StGB). BGH StV 1996 432 f. BGH wistra 2003 111. BayObLGSt 1957 196, 199 f.; KG StraFo 2012 375 f. BGH bei Dallinger MDR 1958 565. BGH 16.1.1992 – 4 StR 509/91 (insoweit nicht in NStZ 1992 233); vgl. aber BGHSt 45 211; Rn. 89. BGHSt 43 96, 98 f. (zu § 17 Abs. 2 Nr. 1, 2 UWG). BGHSt 35 14, 17 ff. mit Anm. Otto JR 1988 27; Karl NStZ 1988 79; OLG Stuttgart MDR 1986 693; BayObLGSt 1985 131,
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
Personen414. Zu bloß gleichzeitigen Dauerdelikten siehe Rn. 73, zu Straßenverkehrsdelikten unten Rn. 90 ff. bb) Ausnahmen. In Ausnahmefällen415 können real konkurrierende Straftaten eine 88 Tat im prozessualen Sinne bilden, wenn zwischen den einzelnen Verhaltensweisen eine innere Verknüpfung derart besteht, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, gewürdigt werden kann und dass ihre getrennte Verfolgung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde.416 Die notwendige innere Verknüpfung der Straftaten muss sich „unmittelbar aus den ihnen zugrunde liegenden Handlungen oder Ereignissen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung“ ergeben.417 Dabei ist die Wendung, dass „keine der Beschuldigungen für sich allein verständlich abgeurteilt werden kann“, kein selbständiges Kriterium.418 Im Einzelfall hält der Bundesgerichtshof es für geboten,419 das Ergebnis auf seine Vereinbarkeit mit anderen verfahrensrechtlichen Gestaltungen, dem Gerechtigkeitsgedanken und dem Gedanken des Vertrauensschutzes zu überprüfen (Rn. 21). Beispiele aus der Rechtsprechung für eine prozessuale Tat trotz Realkonkurrenz:420 89 Brandstiftung und der darauf beruhende versuchte Betrug zum Nachteil der Versicherung421 sowie Anstiftung zur Brandstiftung und versuchter Betrug zu Lasten der Versicherung422; Geiselnahme zur Erzwingung der Beteiligung eines Mittäters an einem vorgetäuschten Verkehrsunfall und Versicherungsbetrug;423 tatmehrheitliche Körperverletzungen oder Tötungshandlungen an verschiedenen Personen im Rahmen desselben tumulthaften Geschehens;424 Betrug und anschließendes betrügerisches Leugnen im Zivilprozess;425 Körperverletzung und nachfolgende Vergewaltigung;426 Vergewaltigung427 oder Körperverletzungen und anschließende unterlassene Hilfeleistung;428 § 223b a.F.
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132 ff. mit Anm. Brauns StV 1986 534; a.A. OLG Zweibrücken NJW 1975 128 f.; OLG Stuttgart NStZ 1982 514. BayObLGSt 1994 108, 110 f.; 2000 26, 28. BGHSt 41 385, 390; 43 96, 99; 49 359, 363. BVerfGE 45 434, 435 ff.; BVerfGK 7 417, 418 f.; BGHSt 9 10, 11; 10 396, 397; 13 21, 26; 16 200, 202; 23 141, 146 f.; 23 270, 273; 24 185, 186; 29 288, 292 f.; 35 14, 17; 35 318, 323; 41 398, 390; 43 96, 99; 43 252, 255; 45 211, 213; 49 359, 362 f.; BGH NStZ 1983 87; 2002 105, 106; 2008 411 f.; 2009 705, 706; StV 1981 127, 128; 1981 167, 168; 1996 432 f.; 2002 105, 106; BayObLGSt 1983 109; 1985 131, 134 f. mit Anm. Brauns StV 1986 534; BayObLG NStZ-RR 1997 279, 280; OLG Braunschweig NStZ-RR 1997 80 f.; OLG Celle NJW 1992 190; StV 1995 179, 180; OLG Düsseldorf NJW 1983 767, 768; OLG Hamburg NStZ-RR 1997 103 f.; OLG Hamm NJW 1981 237, 238; StV 1984 15, 16; KG DAR 1968 244; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996 173; krit. AK/Loos § 264 Anh. 59, 62.
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BGHSt 13 21, 26; 23 141, 146; 23 270, 273; 29 288, 292 f.; 45 211, 213; BGH StV 1981 127, 128; 1981 167, 168; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996 173 f. BGHSt 23 141, 146; vgl. BGH StV 1981 167, 168; OLG Karlsruhe Justiz 1973 27; OLG Frankfurt StV 1994 119; OLG Celle StV 1995 179, 180. BGHSt 23 141, 150; 35 14, 19 f. Vgl. auch SK/Velten 45. BGHSt 45 211, 213 ff. mit Anm. Radtke JR 2000 428; BGH NStZ-RR 2002 259 f.; 2004 366 f.; siehe dagegen aber BGH 16.1.1992 – 4 StR 509/91. BGH NStZ 2006 350 f. BGH NStZ 2002 105 f. BGH NStZ 1996 243, 244. BGH StV 1983 322. BGH NStZ-RR 2003 82 f. OLG Düsseldorf NJW 1983 767, 768. BGHSt 16 200, 202 f.; OLG Celle NJW 1961 1080, 1081; s.a. Rn. 104.
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StGB und Mord;429 Raub und Verstoß gegen Aufenthaltsbeschränkungen nach dem AsylVfG;430 falsche Umsatzsteuervoranmeldung und anschließende Umsatzsteuerjahreserklärung431 sowie falsche Steuererklärung und spätere Nichtberichtigung,432 auch wenn dazwischen lange Zeiträume liegen; auf einheitlicher Nachlässigkeit beruhende mehrfache Verstöße gegen das Lebensmittelrecht433. Besondere praktische Bedeutung hat diese Ausnahme für Straßenverkehrsdelikte: Eine 90 Tat trotz Realkonkurrenz liegt vor bei schuldhafter Herbeiführung eines Unfalls im Straßenverkehr und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), wenn der Täter ohne Halt oder nach einer nur kurzfristigen Unterbrechung weitergefahren ist.434 Die notwendige innere strafrechtliche Verknüpfung sei gegeben, gleichviel ob das für den Unfall ursächliche Fehlverhalten eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat darstelle.435 Unerheblich ist auch, ob die Fahrt selbst gegen ein gesetzliches Verbot wie etwa §§ 316 StGB, 21 StVG verstößt.436 Hingegen sind voneinander unabhängige Unfallgeschehen auch verfahrensrechtlich selbständige Taten.437 Daher ist eine auf der Weiterfahrt begangene neue strafbare Handlung nach § 315c StGB auch dann eine andere prozessuale Tat, wenn der gesamte Vorgang zugleich § 316 StGB oder § 21 StVG erfüllt.438 Im Übrigen sollen die Einzelfallumstände entscheiden, ob mehrere im Lauf einer Fahrt 91 verwirklichte Verkehrsstraftaten oder -ordnungswidrigkeiten eine prozessuale Tat bilden. Zumeist wird das eine Tat bildende Vorkommnis mit dem Ende eines bestimmten Verkehrsvorgangs abgeschlossen, den ein anderer Vorgang ablöst.439 Auch während einer ununterbrochenen Fahrt von einiger Dauer stellen sich dem Fahrer ständig neue Verkehrslagen, für die er jeweils neue Entscheidungen über sein Fahrverhalten treffen muss.440 Kriterien für die Einheitlichkeit des Verkehrsvorgangs sind enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang, Gleichheit der objektiven und subjektiven Grundsituation,441 namentlich die Einheitlichkeit des Willens,442 wodurch sich zugleich natürliche
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BGH StV 1985 181. OLG Stuttgart NStZ-RR 1996 173 f.; a.A. OLG Hamburg NStZ-RR 1999 247 f.; OLG Celle 13.4.2010 – 32 Ss 7/10. BGHSt 49 359, 362 ff. mit Anm. Kudlich JR 2005 170; Otto NStZ 2005 515; Salditt PStR 2005 30; BGH wistra 2005 145 ff.; s.a. Webel PStR 2008 109, 112 f. Hier läge an sich wie in den Fällen in Fn. 251 schon eine materielle Handlungs- oder Bewertungseinheit nahe, so auch Kudlich JR 2005 170, 171 Fn. 13; Salditt PStR 2005 30, 32. BGH NStZ 2008 411 f. mit Anm. Bauer wistra 2008 374 ff. und Leplow wistra 2008 384. Dazu Iburg NStZ 2005 673, 675 f. BGHSt 23 141, 145 ff.; 23 270, 272 ff., 276 f.; 24 185, 186; 25 72, 75 f.; 25 388, 390; KG VRS 34 (1968) 433 f.; 35 (1968) 347 f.; 39 (1970) 71 f.; OLG Celle VRS 54 (1978) 38, 39; OLG Hamburg VRS 49 (1975) 378; OLG Hamm NJW 1970 1244, 1245; 1974 68, 69; OLG München NJW
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1970 261, 262; OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376; Brückner NZV 1996 266 ff. BGHSt 23 270, 274. BGHSt 23 270, 274 ff. BGHSt 23 141, 148; 23 270, 273; Pfeiffer 6. BGHSt 23 141, 149 f. mit abl. Anm. Grünwald JZ 1970 330 f. BayObLGSt 2001 134, 136 mit krit. Anm. Seitz JR 2002 524; BayObLG NZV 1994 448; 1997 489, 490; OLG Düsseldorf VRS 67 (1984) 129, 130 m.w.N.; 71 (1986) 375, 376; OLG Hamm VRS 53 (1977) 359, 360; OLG Köln VRS 77 (1989) 278, 279; NStZ 1988 568, 569. BayObLGSt 2001 134, 135 f. mit krit. Anm. Seitz JR 2002 524 f.; OLG München NZV 2005 544 f. OLG Karlsruhe Justiz 1973 27. Hingegen genügt die bloße Neigung, sich über Verkehrsvorschriften hinwegzusetzen, nicht, BayObLGSt 1968 57, 58; 2001 134, 137; OLG Hamm DAR 1974 22, 23.
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Handlungseinheit ergeben kann, Gleichheit der Anforderungen der Regelungssituation bzw. besonderen Verkehrssituation, in der der Fahrer versagt443. Beispiele: In der Regel stellen mehrere, auch gleichartige Verstöße während derselben 92 Fahrt mehrere prozessuale Taten dar.444 Mehrfaches unbefugtes Linksfahren jeweils nach Rückkehr auf die rechte Fahrspur sind mehrere Taten,445 ebenso mehrere falsche Überholvorhänge446. Mehrere trennbare Geschwindigkeitsüberschreitungen sind grundsätzlich mehrere Taten.447 Bei engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang kann jedoch eine Tat vorliegen,448 so oft bei Verstößen gegen unmittelbar aufeinander folgende Geschwindigkeitsbegrenzungen;449 auch ist der Wille bedeutsam, eine Strecke möglichst schnell zu durchfahren450. Doch wurden mehrere Straßenverkehrstaten auf einer bestimmten, vom Täter geplanten Fahrt ungeachtet eventueller längerer Unterbrechungen als eine Tat angesehen, so bei einer Trunkenheitsfahrt, auf der mehrere Gaststätten angesteuert werden.451 Bei anhand von Diagrammscheiben festzustellenden Geschwindigkeitsüberschreitungen soll ein neuer Verkehrsvorgang und damit eine neue Tat im prozessualen Sinn gegeben sein, wenn das Fahrzeug zwischendurch – nicht verkehrsbedingt – zum Stillstand gekommen ist; entsprechend wird regelmäßig der gesamte Zeitraum zwischen zwei nicht verkehrsbedingten Anhaltevorgängen eines Lkw als eine Tat angesehen.452 Auf die Art des Nachweises kann es indes nicht ankommen.453 Weitere Beispiele für eine prozessuale Tat im Bereich der Straßenverkehrsdelikte: 93 Straßenverkehrsdelikt und nachfolgender § 113 StGB;454 Straßenverkehrsgefährdung, fahrlässige Unfallflucht und § 142 Abs. 2 StGB;455 falsches Überholen oder Geschwindigkeitsüberschreitung oder Trunkenheitsfahrt mit anschließender Beleidigung456 oder
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OLG Hamm VRS 46 (1974) 277, 278 ff.; OLG Jena NStZ 1999 516, 517. BayObLGSt 1968 57, 58 f.; 2001 134, 135 mit Anm. Seitz JR 2002 524; OLG Hamm VRS 46 (1974) 277, 278 ff.; OLG Rostock VRS 109 (2005) 27, 28 f.; a.A. OLG Stuttgart VRS 60 (1981) 64, 65 m.w.N. BayObLGSt 1968 57, 58 f. BayObLG bei Rüth DAR 1974 187; OLG München NZV 2005 544 f.; a.A. (ausnahmsweise eine Tat bei dicht aufeinanderfolgenden Überholvorgängen) OLG Karlsruhe VRS 57 (1979) 114 f. BayObLGSt 1995 91, 93 f.; 1995 150, 151; 2001 134, 135 f. (41 Minuten und 107 km Abstand); BayObLG NZV 1997 282; OLG Jena NStZ 1999 516, 517 f. m.w.N. (75 Minuten und 130 km Zwischenraum auf derselben Pkw-Fahrt). OLG Hamm ZfSch 2009 651 (zwei Geschwindigkeitsverstöße im Abstand von knapp über einer Minute auf einer 2,3 km langen Strecke derselben Autobahn). OLG Hamburg VRS 27 (1964) 144, 146 (trotz Tatmehrheit); BayObLG VRS 50 (1976) 392 f. (natürliche Handlungseinheit); OLG Düsseldorf VRS 67 (1984) 129, 130; OLG Köln NZV 1994 292 (30 bis 35 Minu-
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ten Zwischenraum); OLG Stuttgart NZV 1997 243 m.w.N. BayObLG NZV 1994 448, 449; OLG Düsseldorf VRS 67 (1984) 129, 130; 71 (1986) 375, 376; 75 (1988) 360, 361; 90 (1996) 296, 299; OLG Stuttgart NZV 1997 243; ähnl. OLG Hamm VRS 46 (1974) 277, 278. KG VRS 57 (1979) 354; ähnl. OLG Karlsruhe Justiz 1973 27; OLG Hamburg VRS 35 (1968) 184, 186 f.; OLG Celle VRS 30 (1966) 196, 197; a.A. OLG Düsseldorf NJW 1967 1768, 1769 mit Anm. Oppe für Trunkenheitsfahrt, die aufgrund neuen Handlungsentschlusses fortgesetzt wird. BayObLGSt 1997 17, 18; BayObLG NZV 1997 489, 490; OLG Düsseldorf NZV 1994 118 f.; 1996 503, 504 f.; 2001 273; VRS 90 (1996) 296, 299; OLG Hamm NStZ-RR 1999 23; OLG Köln NZV 1994 292; differenzierend OLG Jena NStZ 1999 516, 517 f. Seitz JR 2002 524. OLG Stuttgart MDR 1975 423; OLG Hamburg NStZ-RR 1999 247 m.w.N. BGH bei Holtz MDR 1982 626; OLG Saarbrücken NStZ 2005 117, 118. BayObLGSt 1971 22 f.; OLG Celle StV 1995 179, 180.
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Verweigerung der Personalienangabe457; Trunkenheitsfahrt mit gefälschten Fahrzeugpapieren458 oder verbotener Handybenutzung459; Fahren ohne Fahrerlaubnis mit gefälschtem Führerschein;460 Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unfallverursachung461 oder Unfallflucht462; unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und anschließende Unfallflucht, wenn sich der Unfall auf der Flucht vor der das Drogengeschäft verfolgenden Polizei ereignet hat463. Weitere Beispiele für mehrere prozessuale Taten im Bereich der Straßenverkehrsdelikte: 94 Erwerb von Betäubungsmitteln und Straßenverkehrsgefährdung neben Unfallflucht aufgrund rauschgiftbedingter Fahruntüchtigkeit;464 Trunkenheitsfahrt und bei deren Unterbrechung begangenes Sexualdelikt;465 mehrere Trunkenheitsfahrten;466 Rauschfahrt und Betäubungsmittelbesitz;467 an verschiedenen Tagen begangene Geschwindigkeitsüberschreitungen;468 Nichtvorführung eines Kfz nach § 29 StVZO und dessen spätere Benutzung469. 2. Tatmodifikation (Auswechslung von Tatumständen)
95
a) Allgemeines. Schwieriger noch als die Bestimmung der Grenzen des Umfangs des Prozessgegenstands erscheint die den seit der Antike bekannten philosophischen Paradoxa470 entsprechende Frage, wie viele Veränderungen der in der Anklage umrissene Sachverhalt durch die gerichtliche Untersuchung erleiden darf, bis sich die Identität der Tat ändert. Die Rechtsprechung formuliert, dass keine wesentliche Änderung des Tatbildes eintreten dürfe: „Verändert sich im Laufe des Verfahrens das Bild des Geschehens, auf das die Anklage hinweist, so kommt es stets darauf an, ob die Nämlichkeit der Tat trotz dieser Veränderung noch gewahrt ist. Bedeutsam ist, ob bestimmte Merkmale die Tat als einmaliges unverwechselbares Geschehen kennzeichnen“.471 Das Tatbild kennzeichne sich in der Regel durch Ort und Zeit des Vorgangs, das Täterverhalten, die ihm innewohnende Richtung und das Objekt, auf das sich der Vorgang bezieht,472 wobei kein Kriterium allein maßgebend ist. Bei ineinander übergehenden, sich überschneiden457
458 459 460 461 462 463 464
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OLG Düsseldorf MDR 1971 320 f.; s.a. BayObLGSt 1993 24, 25 (Ruhestörung und verweigerte Personalienangabe). OLG Frankfurt VRS 56 (1979) 37. OLG Saarbrücken VRS 110 (2006) 362. OLG Köln VRS 49 (1975) 360. OLG München VRS 109 (2005) 32. OLG Karlsruhe VRS 92 (1997) 255, 256. OLG Frankfurt StV 1994 119. BayObLGSt 1991 51, 52 ff. mit Anm. Neuhaus NStZ 1993 202 und Schlüchter JZ 1991 1057. OLG Koblenz MDR 1978 245 f.; krit. Kinnen MDR 1978 545 f. OLG Köln NStZ 1988 568, 569. BVerfGK 7 417, 418 ff. (verfassungsrechtlich unbedenklich); BGH NStZ 2004 694 mit Anm. Bohnen gegen OLG Oldenburg StV 2002 240 f.; dazu Hellebrand FS Schwind 305, 308 ff.; OLG Hamm NStZ-RR 2010 154; KG NStZ-RR 2012 155; a.A. aber noch OLG Köln VRS 108 (2005) 45 f.
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468 469 470
471 472
OLG Köln VRS 77 (1989) 278 f. BayObLG bei Rüth DAR 1971 201. Wie Theseus’ Schiff, Heraklits Fluss, John Lockes Socke, Jeannots Messer oder Georg Washingtons Axt, bei denen es jeweils darum geht, ob trotz Austauschens einiger bis aller Bestandteile die daraus zusammengesetzte Sache noch „dieselbe“ bleibt. Maßgebend ist die Begriffsverwendung, vgl. Quine Quiddities (1987) 91. BGHSt 32 215, 218 f.; 35 60, 62; BGH NStZ-RR 1998 304, 305; NStZ 2002 659. BGHSt 32 215, 218, 220 mit Anm. Roxin JR 1984 346; BGHSt 35 60, 63 f.; 35 80, 82 mit Anm. Roxin JZ 1988 260 und Gillmeister NStZ 1989 1; BGHSt 36 151, 154; BGH NStZ-RR 1998 304, 305; OLG Celle NJW 1985 393; OLG Frankfurt NStZ 1988 92; OLG Köln NStZ 1988 568, 569.
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den Geschehensabläufen ist es unschädlich, wenn ein Teil des Geschehens in der Anklage nicht erwähnt war oder wenn es einem mitangeklagten Mittäter zugeordnet war;473 anders jedoch bei trennbaren Geschehensabläufen474. Einziges allgemeines Kriterium zur Abgrenzung, ob es sich noch um „dieselbe Tat“ handelt, ist daher, ob die gleich gebliebenen Umstände den betreffenden Vorgang noch hinreichend individualisieren, folglich Zweifel an der Tatidentität und eine Verwechslungsgefahr mit anderen ähnlichen Taten ausschließen.475 Ein anderes Geschehen darf das die Tat bildende geschichtliche Ereignis, welches der zugelassenen Anklage zugrunde liegt, weder ersetzen noch zu ihm hinzutreten; für seine Einbeziehung fehlen die Prozessvoraussetzungen der Anklageerhebung und des Eröffnungsbeschlusses.476 Die Umgestaltung kann der Anklage jedoch eine völlig andere Richtung geben:477 So darf etwa einem Mitangeklagten anstelle des ursprünglichen Vorwurfs der Beteiligung an einer Straftat des A nunmehr die Teilnahme an einer ebenfalls zu untersuchenden Straftat des B zur Last gelegt werden, sofern die Vorgänge, in denen der neue Vorwurf liegt, schon im zugelassenen Anklagesatz enthalten sind. Erfolgsdelikte sind regelmäßig durch die Art des Erfolges und das Tatopfer oder Tatobjekt hinreichend konkretisiert, etwa einen Leichenfund mit Verdacht auf Tötungsverbrechen,478 so dass Abweichungen vom zugelassenen Anklagesatz hinsichtlich Zeit, Ort, Art der Begehung und/oder Opfer der Tat oft ohne Belang sind.479 Reine Tätigkeitsdelikte wie viele Straßenverkehrsdelikte ohne konkrete Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung sind dagegen regelmäßig nur nach Zeit, Ort und Handlung konkretisierbar. Abweichungen dieser Merkmale beseitigen daher die Tatidentität, wenn diese nicht durch die Beschreibung des Fahrzeugs, des Tathergangs und etwa einer Kontrollstelle gewährleistet ist.480 Bei Unterlassungsdelikten kommt es weniger auf die zeitliche Einordnung als darauf an, ob zwischen den Situationen, die die Handlungspflicht begründen, ein enger Zusammenhang besteht.481 Serientaten sind regelmäßig vor allem durch ihre Anzahl und einen zeitlichen Rahmen bestimmt. Anders als in den Fällen, bei denen der Tatvorwurf nach individualisierenden 473 474 475
476
BGH NStZ 1996 243 f.; Meyer-Goßner 9. BGHSt 32 215, 216 f. Puppe NStZ 1982 230 ff., 234; Roxin/ Schünemann § 20, 6; Jakobs GA 1971 257, 258; AK/Loos § 264 Anh. 47; KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 104; SK/Velten 5, 8; ähnl. RGRspr. 3 (1881) 493, 494; BGHSt 10 137, 139; 22 375, 385; 32 215, 218 f.; 40 44, 46; BGH NJW 1999 802; 1994 2966; NStZ-RR 1998 304, 305; BayObLG bei Rüth DAR 1978 213; VRS 99 (2000) 467, 468; OLG Celle DAR 1998 241 mit Anm. Schäpe; OLG Hamm GA 1972 60; NStZ-RR 1997 79, 80; OLG Karlsruhe VRS 62 (1982) 278, 279; OLG Saarbrücken VRS 50 (1976) 438, 439; OLG Zweibrücken VRS 85 (1993) 212, 213. BayObLGSt 1957 196, 199; BayObLG NJW 1953 1482; zu weitgehend BGH bei Dallinger MDR 1957 396.
477 478 479
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BGHSt 2 371, 374. BGHSt 22 375, 385. Puppe NStZ 1982 230, 234; vgl. RGSt 10 149, 151; 23 293, 296; 24 370; BGHSt 40 44, 46; BGH bei Dallinger MDR 1957 397. Vgl. BGHSt 40 44, 46; OLG Celle NZV 1997 531 (zu § 240 StGB); zu § 36 Abs. 2 StVZO vgl. BayObLG VRS 47 (1974) 297, 298 f.; 59 (1980) 270; 61 (1981) 447; 62 (1982) 131; OLG Köln VRS 77 (1989) 278, 279; NJW 1970 961, 962; NStZ 1988 568, 569; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1986 115; OLG Stuttgart VRS 27 (1964) 361; DAR 1972 193; AG Gemünden NJW 1980 1477 gegen OLG Saarbrücken VRS 50 (1976) 438. BGH NStZ 1995 46, 47; KMR/Stuckenberg 108; Meyer-Goßner 9.
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Eigenheiten der Tatausführung weitgehend unabhängig von der angenommenen Tatzeit konkretisiert ist, können die Veränderung und Erweiterung des Tatzeitraums bei solchen gleichartigen, nicht durch individuelle Tatmerkmale unterscheidbaren Serientaten zum Auseinanderfallen von angeklagten und abgeurteilten Taten führen;482 ebenso bei Änderungen des Tatorts und der Tatmodalitäten483. Eine Verschiebung der Tatzeit berührt die Tatidentität somit nicht, wenn der histori101 sche Lebensvorgang ansonsten eindeutig bestimmt bleibt,484 etwa sich vom gleichförmigen Handlungsmuster einer Serie klar abhebt485. Besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Anklagevorwurf und abgeurteilter Tat, so kann auch eine größere zeitliche Abweichung unschädlich sein.486 Eine exakte Bestimmung der Tatzeit kann entbehrlich sein („in nicht rechtsverjährter Zeit“), wenn andere Umstände die Tat eindeutig charakterisieren; anders ist es aber, wenn eine Begehung der Tat zu einem anderen Zeitpunkt nicht in Betracht käme.487 Unter Umständen ist sogar die fehlende Angabe von Zeit und Ort der Tat unschädlich, wenn die Tat anderweitig hinreichend konkretisiert ist.488 Hingegen kann bei einem Geschwindigkeitsverstoß die bloße zeitliche Verschiebung um zwei Tage die Tatidentität beseitigen.489 Der Tatort kann erheblich sein bei Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten,490 hingegen ist eine Tatortabweichung bei Eigentums- und Vermögensdelikten (Rn. 103) zumeist unschädlich491. Bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bewirkt der Austausch des Tatopfers 102 in aller Regel auch die Änderung der Tatidentität.492 Dies ist aber nicht zwingend,493 da andere Umstände die Tat unverwechselbar beschreiben können. Tötungshandlungen gegen verschiedene bestimmte Personen sind regelmäßig auch verschiedene Taten.494 Bei Bestechung und Bestechlichkeit (§ 332, 334 StGB) prägt die Person des Vorteilsgebers das Tatbild entscheidend, so dass ein Personenaustausch die Tatidentität aufhebt.495 Blei-
482
483 484
485 486
BGHSt 46 130, 133; BGH NJW 1994 2966; 1999 802; NStZ 2002 659; StV 1996 361; NStZ-RR 2004 146; 2006 316 f.; OLG München NStZ-RR 2005 350 f.; vgl. aber auch BGH NStZ 1999 42. BGH NStZ-RR 2005 320; 2009 146. RGRspr. 3 (1881) 493 494; BGHSt 22 90, 91; BGH NJW 1999 802 (insoweit nicht in BGHSt 44 256; mehrere Tage); BGH NStZ 1999 42; vgl. BGHSt 19 88, 89 (2 Monate); OLG Hamm GA 1972 160; VRS 49 (1975) 128, 129; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001 141, 142; OLG Saarbrücken VRS 50 (1976) 438, 439; OLG Karlsruhe VRS 62 (1982) 278, 279. BGH NStZ 2002 659; NStZ-RR 2006 316 f. BGH NJW 1992 1776 (Verrat von Geschäftsgeheimnissen, § 17 UWG); OLG Hamm NStZ-RR 1997 79, 80 (Unterschlagungsakt zwei Jahre früher als angeklagt); vgl. dagegen BGH NJW 1957 1886, 1887 f. (keine Tatidentität von mehr bei zehn Monate auseinander liegenden Falschaussagen in verschiedenen Verfahren); 1955 1240 (auch bei nur zwei Monaten Abweichung in verschiedenen Rechtszügen).
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487 488
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491 492
493 494 495
BGHSt 22 90, 91. KG VRS 57 (1979) 436 f.; OLG Koblenz MDR 1976 1043 f. m.w.N.; OLG Celle DAR 1998 241 mit abl. Anm. Schäpe. AG Gemünden NJW 1980 1477 gegen OLG Saarbrücken VRS 50 (1976) 438, 439 ff. KG VRS 57 (1979) 436 f.; OLG Hamm VRS 36 (1969) 122, 123; OLG Koblenz MDR 1976 1043 f. m.w.N.; OLG Köln NJW 1970 961, 962; OLG Stuttgart VRS 27 (1964) 361; DAR 1972 193; aber BayObLG VRS 99 (2000) 467, 468 und OLG Hamm NJW 1973 1709 (andere Straße beseitigt Tatidentität noch nicht). Unten Fn. 498. BGH bei Dallinger MDR 1956 271 ff.; BGH 31.8.1993 – 4 StR 437/93; KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 112; s. aber BGH bei Dallinger MDR 1954 17 f. Puppe NStZ 1982 230, 234; KMR/Stuckenberg 112. BGH StraFo 2008 383, 384. BGH NStZ 2000 318 mit Anm. Bittmann wistra 2002 405.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 264
ben diese und die wesentlichen Umstände aber gleich, ändert auch eine deutliche zeitliche Verschiebung das Tatbild nicht.496 Bei Eigentums- und Vermögensdelikten ist eine Abweichung bzgl. der Person des Ge- 103 schädigten,497 Ort der Tat,498 Art der Begehung und Gegenstand der Tat (wenn Ort und Zeit gleich bleiben)499 regelmäßig unschädlich500. Bleibt das Tatobjekt gleich, ändern sich aber Zeit und Durchführung erheblich, kann Tatidentität fehlen.501 Doch wurde zumeist der Identität des Tatobjekts ein gewisser Vorrang gegenüber Übereinstimmung von Tatzeit und Tatort eingeräumt, namentlich im Verhältnis von Diebstahl oder Raub und Hehlerei an derselben Sache: Nach ständiger Rechtsprechung können §§ 242, 259 StGB oder §§ 249, 259 StGB eine Tat bilden, wenn der in der Anklage nach Objekt, Ort und Zeit der Handlung konkretisierte Diebstahl oder Raub Grundlage der Verurteilung wegen Hehlerei bleibt;502 umgekehrt verbrauchte eine Verurteilung wegen Hehlerei die Strafklage wegen Diebstahls503. Nach Ansicht des 4. Senats kann dies nur noch gelten, wenn ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang vorliegt, Identität des Tatobjekts genüge nicht,504 während der 1. Senat an der überkommenen Rechtsprechung festhält,505 ohne die Widersprüche auszuräumen506. Eine Tat soll vorliegen, wenn beide Vorgänge bereits in der Anklage erörtert werden.507 Zwei Taten liegen dagegen unstrittig vor, wenn Diebstahlsbeteiligung nicht erwiesen ist und die hehlerisch erworbenen Sachen nicht aus dem angeklagten Diebstahl stammen.508 b) Unwesentliche Veränderungen des Tatbilds, die folglich die Tatidentität nicht auf- 104 heben, wurden in folgenden Fällen angenommen: Tun statt Unterlassen und umgekehrt;509 Fahrlässigkeit statt Vorsatz und umgekehrt;510 Anstiftung 511 oder Beihilfe 512 statt Täterschaft und umgekehrt513 – versuchte Anstiftung zur Tötung und die spätere eigenhändige Tötung derselben Person sind jedoch zwei Taten514; versuchte Kettenanstiftung statt versuchter Anstiftung zur Brandstiftung desselben Gebäudes;515 Teilnahme an der Straftat des B statt Teilnahme an der Straftat des A;516 Tatmehrheit statt Tateinheit517.
496 497 498 499 500 501 502
503 504
BGH wistra 2003 385. BGH 17.9.1963 – 5 StR 277/63 bei KK/Engelhardt 16. BGHSt 32 215, 219 f. m.w.N.; BGH NJW 1970 904. RGSt 24 370, 372; BGH bei Dallinger MDR 1954 17; 1957 397. KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 113. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 17. RGSt 5 249, 250 f.; 8 135, 137 ff.; 9 420, 421; 12 187, 189 f.; 55 187 f.; BGH bei Dallinger MDR 1954 17; BGHR § 264 Tatidentität 1; weitere Nachw. bei BGHSt 32 215, 219 f.; 35 60, 62; s. aber BGHR § 264 Tatidentität 9. RGSt 8 135, 137 ff., 141. BGHSt 35 60, 64 (verneinend für Raub und Hehlerei); BGH NStZ 1999 363 f.; ebenso OLG Frankfurt NStZ 1988 92 f.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 304 f.
505 506 507
508 509 510
511 512 513 514 515 516 517
BGHSt 35 172, 174; BGH NStZ 1999 523. Zutr. BayObLGSt 1989 56, 58 f.; Bauer wistra 1990 218. BGHSt 35 60, 63; 35 172, 174 – ungenau; zu Alternativverhältnissen siehe Rn. 107 ff., 109. BGH 4.5.2000 – 1 StR 6/00. RGSt 14 78, 79; 28 321, 322 f.; BGH StV 1985 181; OLG Stuttgart NStZ 1982 514. St. Rspr. seit RGRspr. 1 (1879/80) 798 f.; 2 (1880) 332, 336; RGSt 2 347, 350; BGH NStZ 1983 174; VRS 48 (1975) 354; 49 (1975) 177. RGSt 3 95, 97. RGSt 9 161, 163; 13 146, 147. RGRspr. 6 (1884) 654 f. BGH NStZ 2000 216. BGH NStZ 2009 585. BGHSt 2 371, 374. RGRspr. 2 (1880) 163 f.
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§ 264 105
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Weiterhin ist in dem Vorwurf, ein Katalogdelikt aus § 138 StGB begangen oder dazu angestiftet518 zu haben, zugleich auch im Sinne derselben Tat der Vorwurf enthalten, die beabsichtigte Begehung dieses Delikts nicht angezeigt zu haben, und umgekehrt.519 Noch dieselbe Tat ist Unfallflucht statt der zum Unfall führenden Gesetzesverstöße;520 ein Tötungsdelikt statt eines Waffenvergehens oder Wilderei;521 Körperverletzung statt unterlassener Hilfeleistung;522 tateinheitliche versuchte Körperverletzung und Nötigung statt versuchten schweren Raubes, wenn der Angeklagte bei identischem Opfer und Tatort unter Anwendung von Gewalt einen Vermögensgegenstand herausverlangt hat und nur Tatzeit, Art der Gewaltanwendung und Motive des Täters von der Darstellung in der Anklage abweichen, die Angriffsrichtung aber gleich bleibt;523 Nötigung und Unterschlagung statt schweren Raubes;524 regelmäßig Diebstahl statt Hehlerei und umgekehrt, aber u.U. nicht Raub statt Hehlerei (dazu Rn. 103, 109); Unterschlagung statt Diebstahl;525 Anstiftung zur Unterschlagung statt Hehlerei;526 Unterschlagung statt Betrug und umgekehrt 527 oder statt Untreue 528; Begünstigung statt Beteiligung an der Vortat529 oder statt Hehlerei an derselben Sache 530; Strafvereitelung statt Begehung der Vortat, jedenfalls dann, wenn das Nachtatverhalten in der Anklage beschrieben ist;531 miteinander verknüpfte Ein- und Auszahlungsvorgänge trotz zeitlichen Abstands bei Geldwäsche;532 Geldwäsche statt Beteiligung an erpresserischem Menschenraub;533 Betrug zum Nachteil eines anderen Geschädigten;534 Betrug statt Unterschlagung und umgekehrt (siehe weiter oben); Betrug statt Untreue;535 Betrug statt Kapitalanlagebetrug;536 Urkundenfälschung statt Betrug;537 unterlassene Hilfeleistung statt Raubes oder Körperverletzung 538 oder statt Beihilfe zum Raub 539 oder statt Brandstiftung 540 (vgl. Rn. 89); Versprechen eines Vorteils statt Vorteilsgewährung bei Angestelltenbestechung;541 Falschbeurkundung im Amt statt fahrlässiger Tötung;542 Veränderungen von Einzelvorkommnissen bei Verrat und Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen;543 Fahren über den Gehweg
518
519
520 521 522 523 524 525 526 527 528 529
BGH 24.1.2003 – 2 StR 215/02 (insoweit nicht in BGHSt 48 183) mit. Anm. Mitsch NStZ 2004 395. RGSt 14 78, 79; 21 78, 80 f.; 28 12, 13 f.; 53 169, 170; BGH JZ 1955 343, 344 mit Anm. Henkel; BGH NStZ 1993 50 f. m.w.N.; NStZ-RR 1998 204; BGH 25.7.2000 – 4 StR 229/00; auch BGHSt 36 167, 168 f.; KK/Engelhardt 15 m.w.N. Zur Anwendung des Zweifelssatzes vgl. BGH NJW 2010 2291 mit Anm. Schiemann. BGHSt 25 388, 389 f. Vgl. RGSt 4 243, 244 f.; 70 26, 30 f. BGH StV 1984 190, 191. BGH 22.10.1992 – 1 StR 575/92, insoweit nicht in NStZ 1993 141. BGH NStZ-RR 2005 376 f. RGSt 12 88, 90. RGRspr. 9 (1887) 722, 723. RGSt 9 420, 422; 44 118, 120; 46 218, 220 f. RGSt 2 116, 117. RGSt 25 334, 336; 55 76, 77; 62 112; BGHSt 2 372, 374; a.A. im Einzelfall
390
530 531 532 533 534 535 536 537 538 539 540 541 542 543
BGHSt 35 80, 81 f.; OLG Frankfurt NStZ 1988 92 f. (jeweils zu Begünstigung statt Diebstahl); diff. OLG Köln NJW 1990 587, 588. BGHSt 13 320, 322. BGH StV 1999 415 mit Anm. Pauly und Bauer NStZ 1999 207. BGH VersR 2002 507. BGH StV 1995 522, 523. RGSt 13 146, 147; OLG Stuttgart NJW 1965 2218. RG GA 42 (1892) 124. BGH WM 2000 2357, 2358. RGSt 44 29, 32. BGH StV 1984 190, 191; NStZ 1997 127; OLG Celle NJW 1961 1080, 1081. BGH bei Holtz MDR 1985 284 f. BGHSt 39 164, 165 ff. BGH wistra 2003 385. RG JW 1893 333, 334 (falsche Bescheinigung über Trichinenbeschau). BGH NJW 1992 1776, 1777 (zu § 17 Abs. 2 UWG).
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§ 264
statt Parken darauf;544 Betrug durch Nichtanzeige der Arbeitsaufnahme statt Nichtmitteilung des weiteren Eingangs von Arbeitslosengeld545. c) Wesentliche Veränderungen des Tatbilds wurden regelmäßig angenommen bei Aus- 106 wechslung des Tatopfers von Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, etwa bei Sexualdelikten (Rn. 102); Mord statt Strafvereitelung durch Wegschaffen der Leiche;546 Vortäuschen einer Straftat statt Betrugs 547 oder statt Begehen der vorgetäuschten Verkehrsstraftat,548 anders aber, wenn beide Handlungsvorgänge im Anklagesachverhalt genannt sind549; Raub statt Hehlerei (Rn. 103); Unterschlagung statt Betrugs zu anderer Zeit mit anderem Schaden;550 Begünstigung durch Aufbewahren von Schmuck statt Diebstahls desselben551 (dazu Rn. 103, 109); Strafvereitelung statt Unfallflucht, ungeachtet engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs;552 Betrug durch Gebrauch einer unechten Urkunde erfasst nicht ohne weiteres auch den Vorwurf der Urkundenfälschung;553 Austausch des Vorteilsgebers bei Bestechlichkeit und Bestechung (Rn. 102); fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässige Körperverletzung durch eigenhändiges Fahren im angetrunkenen Zustand statt durch Überlassen des Fahrzeugs an die führerscheinlose Ehefrau554 sowie umgekehrt Überlassen des Fahrzeugs an Mitfahrer ohne Führerschein statt eigenhändiger Trunkenheitsfahrt555; Unterlassen der Ummeldung des Kfz statt verbotswidrigen Parkens;556 Gefährdung durch Linksfahren statt Vorfahrtverstoßes an anderem Ort;557 Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an anderem Ort und zu anderer Zeit;558 Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Pistole statt deren zeitlich früherer Erwerb mit Überlassung und Einsatz559. 3. Alternative Sachverhalte a) Keine Identität aufgrund Alternativität. Eine früher vertretene Ansicht nahm an, 107 dass aufgrund eines untrennbaren gedanklichen Zusammenhangs nur eine Tat vorliege bei sich wechselseitig ausschließenden Tatvorwürfen, d.h. zur Tat gehöre auch ihr negatives Spiegelbild,560 so etwa Vortäuschen einer Straftat und Begehung eben dieser Straftat oder wenn bei zwei Verfahren die Gefahr unvereinbarer Entscheidungen bestehe,561 z.B. 544 545 546 547 548
549 550 551 552 553 554
BayObLG VRS 41 (1971) 209. OLG Hamburg wistra 2004 151 ff. mit Anm. Peglau 316. BGHSt 32 215, 220 f.; a.A. RGSt 25 334, 336. BGH NStZ 1992 555. BayObLG bei Bär DAR 1991 370; OLG Celle NJW 1985 393; NdsRpfl. 1997 264; a.A. noch OLG Celle NJW 1968 2390, 2392 mit Anm. Fuchs; OLG Hamm NJW 1981 237, 238 f. wegen Alternativität, vgl. Rn. 107. BayObLGSt 1989 56, 59 f. (§ 145d statt § 99 StGB). OLG Zweibrücken StraFo 2009 423 f. BGHSt 35 80, 81 f. BayObLGSt 1984 78 f. unter Aufgabe von BayObLGSt 1983 109. BGH 12.8.1992 – 3 StR 457/91. BayObLG bei Rüth DAR 1979 241.
555 556 557 558 559 560
561
BayObLG VRS 65 (1983) 208, 209 f. OLG Koblenz VRS 58 (1980) 378. OLG Hamm VRS 36 (1969) 122. OLG Köln NJW 1970 961, 962; BayObLG bei Rüth DAR 1985 245. BGH NStZ 2002 328. RGSt 15 133, 137; BGH bei Dallinger MDR 1954 17; BayObLG NJW 1965 2211, 2212 m.w.N.; OLG Celle NJW 1968 2390, 2392 mit Anm. Fuchs; 1979 228; OLG Düsseldorf JR 1980 470; OLG Hamm NJW 1981 237 ff.; OLG Zweibrücken NJW 1980 2144; ebenso Schöneborn MDR 1974 529, 531 ff., 535; Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 108 f.; dazu ausführlich Dreyer 80 ff.; Stein JR 1980 444 ff.; Beulke/Fahl Jura 1998 262 ff. Grünwald Teheran-Beiheft ZStW 86 (1974) 94, 108 f.; a.A. Stein JR 1980 444, 447 f.
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§ 264
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Nichtanzeige eines Verbrechens und Anstiftung zu diesem Verbrechen. Teilweise wird angenommen, die von einzelnen Tatbeständen wie Begünstigung und Hehlerei tatbestandlich geforderten Negativfeststellungen der Vortatbeteiligung gehörten zur Tat jedenfalls dazu.562 Als allgemeine Kriterien sind diese Vorschläge jedoch zu eng, weil sie sich nicht gegenseitig ausschließende, aber zeitlich eng zusammenhängende Vorgänge nicht erfassen können,563 zum anderen sind sie zu weit, weil die inkompatiblen Vorgänge u.U. zeitlich weit auseinander liegen können.564 Die neuere Rechtsprechung hat dieses Alternativitätskriterium zutreffend abgelehnt.565 108 Auch Sachverhaltsalternativen, von denen nur eine wahr sein kann, bilden daher nach allgemeiner Regel nur dann eine Tat i.S. des § 264, wenn sie in einen nach Tatbild, Tatort, Tatzeit und Tatobjekt566 einheitlichen geschichtlichen Vorgang eingebettet sind.567 Die Gefahren sich widersprechender Entscheidungen sind allerdings mit den Möglichkeiten der §§ 266, 359 nicht gänzlich zu beseitigen.568 Verschiedene prozessuale Taten wegen Verschiedenheit der Lebensvorgänge (dazu 109 Rn. 106) wurden beispielsweise angenommen, wenn nach Anklage wegen Hehlerei sich Beteiligung am vorhergehenden Raub herausstellt,569 ebenso, wenn statt Diebstahlsbeihilfe Begünstigung übrig bleibt, wobei bestätigend auf die unterschiedliche, einmal eigen-, einmal fremdnützige Angriffsrichtung hingewiesen wurde,570 oder Diebstahl eines Beuteanteils statt Beteiligung an einer räuberischen Erpressung571. Auf Anklage wegen Hehlerei oder Begünstigung ist zwar notwendig zu untersuchen, ob nicht Beteiligung an der Vortat vorliegt,572 die näheren Umstände der Vortat müssen aber nicht festgestellt werden573. Hingegen erfasst eine Anklage wegen §§ 242, 249 StGB o.ä. eine eventuelle Nachtat nicht notwendigerweise, so dass der Strafklageverbrauch davon abhängen kann, welcher Tatbestand zuerst angeklagt wird.574 Zur Beseitigung unvereinbarer Verurteilungen s. Rn. 120. Die allgemeinen Regeln gelten ebenso für Postpendenzfeststellungen,575 wo oft ein 110 enger sachlicher Zusammenhang und damit eine Tat vorliegen wird, z.B. Diebstahl und
562 563 564
565
566 567
Gillmeister NStZ 1989 1, 3 ff.; Bauer wistra 1990 218, 220 f.; SK/Velten 49 f. Vgl. BGHSt 23 141, oben Rn. 90. BGHSt 35 60, 64; OLG Frankfurt NStZ 1988 92; AK/Loos § 264 Anh. 43, 61; KMR/Stuckenberg 116; LR/Gollwitzer 25 9, 40 ff., 42; Roxin 25 § 50, 18; Bauer wistra 2008 374, 375; Gillmeister NStZ 1989 1, 4; Stein JR 1980 444, 448 f.; Wolter GA 1986 143, 161 ff. BGHSt 32 146, 148 ff.; 35 60, 62 f. mit Anm. Roxin JZ 1988 260; dem folgend BayObLGSt 1984 78 f.; BayObLG bei Bär DAR 1991 370; OLG Celle NJW 1988 1225 f.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 304; OLG Frankfurt NStZ 1988 92 f.; unklar BGH NStZ 2008 411, 412 (obiter zu §§ 242, 259 StGB); OLG Rostock VRS 109 (2005) 27, 28 f. Vgl. BGHSt 35 60, 64 f.; 36 151, 154 f. BGH NStZ 1999 363 f. (Beuteteilung unmittelbar nach der Tat bei §§ 242/259 StGB); OLG Celle NJW 1988 1225 f.;
392
568 569
570
571 572 573 574 575
OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 304; Meyer-Goßner 2a; siehe aber BGH NStZ 1999, 523 f.; unzutr. BayObLGSt 1991 3, 4 (eine Tat schon dann, wenn die Alternativen im Anklagesatz aufgeführt sind). AK/Loos § 264 Anh. 43; KMR/Stuckenberg 117. BGHSt 35 60, 64 mit zust. Anm. Roxin JZ 1988 260; bestätigt durch BVerfG (Kammer) 2 BvR 1394/87 bei Gillmeister NStZ 1989 1, 4; Beulke/Fahl Jura 1998 262, 264; krit. Bauer wistra 2008 374, 375. BGHSt 35 80, 82 mit Anm. Roxin JZ 1988 260; OLG Frankfurt NStZ 1988 92 f.; a.A. RGSt 55 76, 77 f.; OLG Köln NJW 1990 587, 588; OLG Schleswig SchlHA 2007 288 f.; Roxin JZ 1988 260, 261. BGHSt 35 86, 87 f. Gillmeister NStZ 1989 1, 3 ff. BGHSt 35 60, 63; Meyer-Goßner 2a. Krit. Radtke 136. Dazu Bauer wistra 1990 218 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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Hehlerei an demselben Tatobjekt;576 ebenso, wenn der Beuteanteil entweder durch Beteiligung an der angeklagten räuberischen Erpressung oder Hehlerei erlangt wurde577 oder durch Betrug oder Hehlerei578. b) Anklageerfordernis. Betreffen mehrdeutige Feststellungen selbständige prozessuale 111 Taten, etwa Aussagen zu verschiedenen Zeitpunkten, von denen eine falsch sein muss, so kann die (eindeutige oder wahldeutige) Verurteilung nur erfolgen, wenn sämtliche einbezogenen Taten angeklagt sind,579 ggf. ist Nachtragsanklage bzw. Aussetzung und Verbindung der Verfahren nötig580. Zur Frage, wann weitere selbständige Taten der Kognition des Gerichts unterbreitet 112 sind, siehe oben Rn. 35 f. Nach der neueren Rechtsprechung bezieht sich der Verfolgungswille regelmäßig auch auf zusätzlich in den Anklagesatz – Erwähnung im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen genügt nicht581 – aufgenommenes tatsächliches Geschehen, insbesondere wenn dieses und die hervorgehobene Tat Wahl- oder Postpendenzfeststellungen zulassen582. Diese Einbeziehung selbständiger Taten, die nur im Anklagesatz auch ohne Angabe der gesetzlichen Merkmale der Straftat erwähnt sind, folgt konsequent aus dem Untersuchungsgrundsatz, steht aber in Spannung mit dem Akkusationsprinzip, weil eine selbständige Tat Verfahrensgegenstand wird, ohne dass die Erfordernisse des § 200 Abs. 1 und 2 erfüllt sind,583 so dass die Informationsfunktion der Anklage leidet, was durch einen Hinweis nach § 265 zu kompensieren ist584. Alternativ angeklagte Taten sind jeweils selbständige Taten i.S. des § 264, unabhän- 113 gig davon, ob eine eindeutige oder eine mehrdeutige Verurteilung im Wege der Wahlfeststellung erfolgen soll. Wird der Angeklagte nur wegen einer der alternativ angeklagten Taten eindeutig schuldig gesprochen, muss er vom Vorwurf der anderen Tat freigesprochen werden.585 4. Subsidiäre Straftaten. Ob zeitlich getrennte Vorbereitungs-, Verwertungs-, Siche- 114 rungshandlungen oder Anschlusstaten usw. selbständige Taten i.S. des § 264 sind, auch wenn sie materiell-rechtlich als mitbestrafte Vor- oder Nachtat unselbständig sind, bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln; dies gilt auch für subsidiäre Beteiligungsformen und Delikte.586 Maßgebend ist auch hier, ob der betreffende Lebenssachverhalt von der Anklage umfasst ist.587 576 577 578 579
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581 582
BGHSt 35 172, 174; vgl. OLG Schleswig SchlHA 2007 288 f. BGHSt 35 86, 88 mit Anm. Wolter NStZ 1988 456; Joerden JZ 1988 847. BGH NJW 1989 1867 f. Siehe nur BGHSt 32 146, 150 f.; BGH NStZ 1999 363, 364; OLG Celle NJW 1988 1225 f.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 304; Dreyer 69 ff., 109 ff.; KMR/Stuckenberg § 261, 139 f. m.w.N. BGH wie vorige Fn.; zu den u.U. erheblichen praktischen Schwierigkeiten Beulke/ Fahl Jura 1998 262, 266 ff.; ausf. Dreyer 109 ff. BGHR § 264 Abs. 1 Tatidentität 19; BayObLGSt 1989 56, 58. BGHSt 43 96, 100; vgl. BGH StV 1995 522, 523; 1999 415 mit Anm. Pauly und Bauer
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NStZ 1999 207; BayObLGSt 1989 56, 58 ff.; ungenau 1991 3, 4 f. Krit. Dreyer 170 ff. m.w.N.; Bauer NStZ 1999 207. Vgl. Schlüchter/Duttge NStZ 1996 457, 463 m.w.N. LR/Stuckenberg § 260, 66; KMR/Stuckenberg § 261, 140; BGHSt 38 172, 173 f.; BGH NStZ 1998 635 f.; Pfeiffer 6; a.A. wohl LR/Gollwitzer 25 43; unklar BGHSt 35 60, 63 (die Verurteilung wegen eines Geschehnisses verbrauche die Strafklage für beide). BGH NJW 1986 1820, 1821; NStZ 2000 216; OLG Celle NJW 1961 1080, 1081; KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 123; a.A. Detmer 241 ff. Zutr. BGH StV 1999 415 mit Anm. Pauly und Bauer NStZ 1999 207; KMR/Stucken-
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V. Rechtsbehelfe Im Rechtsmittelverfahren ist von Amts wegen zu prüfen, ob das Gericht die Grenzen seiner Aburteilungsbefugnis überschritten hat. Es darf keine Taten einbezogen haben, die nicht Gegenstand der zugelassenen Anklage waren.588 Von Amts wegen zu beachten ist ferner, wenn die abgeurteilte Tat anderweitig rechtshängig oder bereits Gegenstand eines früheren Strafverfahrens war, die neue Befassung eines Gerichts somit gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Doppelbestrafung verstößt.589 Dies ist vom Revisionsgericht selbständig und auf Grund einer eigenen Untersuchung der Sache im Freibeweisverfahren aufzuklären.590 Sind dazu weitere Beweiserhebungen erforderlich, kann das Revisionsgericht die Ermittlung und Würdigung dieser Tatsachen dem Tatrichter überlassen und die Sache unter Aufhebung des Urteils an diesen zurückverweisen.591 Bei tatsächlichen Zweifeln darüber, ob die Sache anderweitig rechtshängig ist oder die Strafklage bereits verbraucht ist, gilt in dubio pro reo zugunsten des Angeklagten.592 Hat das Gericht die Abgrenzung des Prozessgegenstands in sachlicher oder persön116 licher Hinsicht überschritten, ist die Entscheidung insoweit aufzuheben und das Verfahren wegen Prozesshindernisses (fehlende Anklage, § 151) einzustellen, §§ 206a, 260 Abs. 3.593 Ist allein wegen einer nicht angeklagten Tat verurteilt worden, so spricht das Revisionsgericht frei, wenn die angeklagte Tat nicht erwiesen war; zusätzlich ist das ohne Anklage geführte Verfahren einzustellen.594 War auch wegen einer nicht angeklagten Tat verurteilt worden, so korrigiert das Revisionsgericht den Schuldspruch.595 Ist wegen einer nicht angeklagten Tat freigesprochen worden, so hebt das Revisionsgericht das Urteil auf und stellt das Verfahren ein.596 Das Verbot der Doppelbestrafung ist auch dann zu berücksichtigen, wenn erst nach Erlass des angefochtenen Urteils eine irrige, aber rechtskräftige Einbeziehung einer früheren Verurteilung in eine andere Gesamtstrafe dazu geführt hat.597 Ein Verstoß kann noch in der Strafvollstreckung mit § 458 geltend gemacht werden.598
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berg 123; a.A. zum Auffangdelikt des § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG BayObLGSt 1991 51, 53 f. mit Anm. Neuhaus NStZ 1993 202 und Schlüchter JZ 1991 1057. Zu § 138 StGB s. Rn. 105; zu § 145d StGB s. Rn. 106; zu §§ 257, 259 StGB s. Rn. 103, 109; zu § 258 StGB und zu § 323c s. Rn. 105 f. BGHSt 27 115, 117. BGHSt 6 92, 93; 9 190, 192; 20 292, 293; BGH NJW 1952 432; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 127; Meyer-Goßner Einl. 145, 171 ff.; SK/Velten 58. LR/Hanack 25 § 337, 33; Meyer-Goßner § 337, 6, jew. m.w.N. BGHSt 16 399; OLG Düsseldorf MDR 1997 716; OLG Karlsruhe GA 1985 134. BGHSt 35 318, 324; BGH StV 1996 472, 473; 2002 235, 236; BayObLG NJW 1968 2118 f.; OLG Schleswig StV 1988 56; KG StV 1989 197; KK/Engelhardt 25; KMR/Stuckenberg § 261, 142; anders aber BGHSt 35 318, 324 f.; BGH StV 1993 288
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für das Vorliegen eines Gesamtvorsatzes einer fortgesetzten Tat. BGHSt 27 115, 117; 35 80; BGH NJW 1992 2838; NStZ 1981 519; AK/Loos 11; KK/Engelhardt 1, 25; KMR/Stuckenberg 129. BGHSt 27 115, 117; 46 130, 135 ff.; BayObLGSt 1970 29 f.; 1974 58, 62; OLG Jena StV 2007 230; LR/Stuckenberg § 260, 117; KMR/Stuckenberg 129; MeyerGoßner 12; a.A. zuvor BayObLG VRS 57 (1979) 39, 41; 58 (1980) 432, 434; NJW 1994 2303, 2305; KG VRS 64 (1983) 42, 43; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 372, 373; OLG Stuttgart VRS 71 (1986) 294, 295 f.; LR/Gollwitzer 25 73. OLG Koblenz VRS 71 (1986) 43, 45; KMR/Stuckenberg 129; Meyer-Goßner 12. BGHSt 46 130, 135 ff. BGHSt 9 190; 20 292; 44 1. OLG Koblenz NStZ 1981 195, 196; HK/Julius 18.
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Umgekehrt berechtigt auch die nicht erschöpfende Aburteilung der angeklagten Tat in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, in der zugleich ein sachlich-rechtlicher Mangel liegt,599 die Staatsanwaltschaft (Nebenkläger, Privatkläger) zur Revision.600 Zumeist wird auch ein Verstoß gegen § 261 vorliegen; wurden wesentliche Tatsachen nicht geklärt, kann auch die Aufklärungsrüge (§ 244) begründet sein. Dem Angeklagten fehlt die Beschwer.601 Nur bei der fortgesetzten Tat konnte er ausnahmsweise rügen, dass nur ein Teilakt abgeurteilt wurde, weil er durch die Möglichkeit weiterer Strafverfahren wegen der übrigen Teilakte beschwert war.602 Hat der Tatrichter versäumt, nach § 154a vorläufig von der Verfolgung ausgenommene Vorwürfe von Amts wegen in seine Prüfung einzubeziehen, wenn er den Angeklagten von dem Tatvorwurf, auf den die Anklage beschränkt war, freisprechen will, so bedarf es nach bisheriger zutreffender Rechtsprechung der Verfahrensrüge,603 nach Auffassung des 1. Senats genügt die Sachrüge604. Ist die Anklage in der Weise nicht ausgeschöpft, dass hinsichtlich einer angeklagten Tat ein Urteilsspruch fehlt – festzustellen durch einen Vergleich der Urteilsformel mit der zugelassenen Anklage605 – so bleibt die Tat insoweit beim Tatgericht anhängig606. Sowohl dem Berufungsgericht607 als auch dem Revisionsgericht ist es verwehrt, darüber eine wie auch immer geartete Entscheidung zu treffen.608 Wenn Raub oder Diebstahl und das Anschlussdelikt der Hehlerei verschiedene prozessuale Taten darstellen können (Rn. 103, 109), der Angeklagte demnach zuerst wegen Hehlerei und in einem zweiten Verfahren wegen Raubes oder Diebstahls desselben Tatobjekts verurteilt werden kann, so kann die damit unvereinbare Verurteilung wegen Hehlerei nicht bestehen bleiben. Umstritten ist, ob das Gericht die Befugnis zur Aufhebung des wegen Hehlerei ergangenen Urteils mit Anrechnung der dort erkannten Strafe nach § 51 Abs. 2 StGB hat,609 die Aufhebung der ersten Verurteilung nur im Wege der Wiederaufnahme möglich ist 610 oder lediglich die Strafe wegen Hehlerei auf die neue Strafe anzurechnen ist 611.
599
600
601 602 603
604 605
BGH StV 1981 127, 128 m.w.N.; NStZ 1983 174, 175; 2010 222, 223; KK/Engelhardt 25; KMR/Stuckenberg 130; Meyer-Goßner 12. BGHSt 16 200; BGH StV 1981 127, 128; NStZ 2002 105, 106; BayObLGSt 1986 100, 102; KK/Engelhardt 25; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 58; vgl. LR/Stuckenberg § 260, 36; KMR/Stuckenberg § 261, 158 ff. BayObLGSt 1986 100, 102 f.; Meyer-Goßner JR 1985 452. BayObLGSt 1982 92, 93. BGHSt 32 84, 85 f.; BGH NStZ 1982 517, 518; 1985 515; 1996 241 m.w.N.; NJW 1989 2481; Meyer-Goßner 12. BGH NStZ 1995 540, 541. BGH NJW 1993 3338, 3339 m.w.N.; LR/Stuckenberg § 260, 36.
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BGHSt 46 130, 138; KK/Engelhardt 12; KMR/Stuckenberg 132; Meyer-Goßner JR 1985 452, 453 f.; offen lassend AK/Loos 9 (ungeklärt). BayObLGSt 1999 29, 31. BGH NJW 1993 3338, 3339; 2000 3293, 3295; NStZ 2001 32, 33 m.w.N.; MeyerGoßner JR 1985 452, 453 f. Meyer-Goßner 13; zum Ganzen ders. FS Salger 345, 352 ff.; Bauer NStZ 2003 174 ff. Zutr. LG Saarbrücken NStZ 1989 546 f. mit zust. Anm. Gössel; HK/Julius 19; Roxin/Schünemann § 20, 12. BGHSt 35 60, 66 mit Anm. Roxin JZ 1988 260.
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§ 265 (1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne dass er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist. (2) Ebenso ist zu verfahren, wenn sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung rechtfertigen. (3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den im zweiten Absatz bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen. (4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint. Schrifttum Dahs Das rechtliche Gehör im Strafprozeß (1965); Ditzen Was versteht § 264 Abs. 1 StPO unter einem anderen Strafgesetz, LZ 1917 1213; Furtner Der „schwere“, „besonders schwere“ und „minder schwere Fall“ im Strafrecht, JR 1969 11; Geis Mordverurteilung durch das Revisionsgericht, NJW 1990 2735; Gillmeister Die Hinweispflicht des Tatrichters, StraFo 1997 8; ders. Die Hinweispflicht des Tatrichters, FS Friebertshäuser 223; Hänlein/Moos Zur Reichweite und rechtlichen Problematik der Hinweispflicht nach § 265 I StPO, NStZ 1990 481; Heldmann Der verhinderte Verteidiger, StV 1981 82; Heubel Die Verschiebung der Hauptverhandlung wegen Verspätung des Verteidigers, NJW 1981 2678; Kästner Aussetzen heißt nicht Unterbrechen – BGH, NJW 2003, 1748, JuS 2003 849; Küpper Die Hinweispflicht nach § 265 StPO bei verschiedenen Begehungsformen desselben Strafgesetzes, NStZ 1986 249; Lachnit Voraussetzungen und Umfang der Pflicht zum Hinweis auf die Veränderungen des rechtlichen Gesichtspunktes nach § 265 (1965); Meves Was will § 264 der Strafprozessordnung? GA 38 (1891) 93, 253; Meyer Entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 1 StPO bei veränderter Sachlage, GA 1965 257; Michel Die richterliche Hinweispflicht, JuS 1991 850; ders. Richterliche Hinweis- und Protokollierungspflicht, MDR 1996 773; Niemöller Die Hinweispflicht des Strafrichters bei Abweichen vom Tatbild der Anklage (1988); Scheffler Die Rückkehr zur bisherigen Rechtsauffassung nach einem rechtlichen Hinweis gem. § 265 I StPO ohne erneuten Hinweis? JR 1989 232; Schlothauer Gerichtliche Hinweispflichten in der Hauptverhandlung, StV 1986 213; Schorn Die Fürsorgepflicht im Strafverfahren, MDR 1966 639; Wachsmuth Die Hinweispflicht nach § 265 StPO – Lückenloser Schutz des Angeklagten vor Überraschungsentscheidungen? ZRP 2006 121.
Entstehungsgeschichte. Die jetzige Fassung des Absatzes 2 geht auf Art. 2 Nr. 23 AGGewVerbrG zurück. Sie ersetzte, ohne dass sich daraus eine sachliche Änderung ergab, die ursprüngliche Fassung: „wenn … Umstände behauptet werden“, durch die Wendung: „wenn sich … Umstände ergeben“, und fügte die Umstände hinzu, welche „die Anordnung einer Maßregel der Sicherung und Besserung rechtfertigen“; im Übrigen hat Art. 3 Nr. 117 VereinhG 1950 die alte Fassung der Absätze 1 und 2 wieder hergestellt. Art. 7 Nr. 12 StPÄG 1964 ersetzte – als Folge der Neufassung des § 207 – in den Absätzen 1 und 3 die Worte „in dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens“ durch „in der gerichtlich zugelassenen Anklage“. Art. 21 Nr. 68 EGStGB hat in Absatz 2 nur die Worte „Sicherung“ und „Besserung“ vertauscht. Der durch Art. 1 Nr. 15 des
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
1. StVRErgG 1974 neu eingefügte Absatz 5 wurde durch Art. 1 Nr. 19 StVÄG mit Wirkung vom 1.4.1987 wieder gestrichen, da seine Regelung in den neu geschaffenen § 234a übernommen wurde. Bezeichnung bis 1924: § 264.
Übersicht Rn. I. Bedeutung der Vorschrift 1. Regelungsziel . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszusammenhang . . . . . . . II. Die Hinweispflicht nach Absatz 1 und Absatz 2 1. Allgemeine Voraussetzungen a) Abweichung der rechtlichen Beurteilung von der Anklage . . . . . . b) Der Anklage gleich stehende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . c) Weiterer Verfahrensgang . . . . . . d) Nur bei Verurteilung . . . . . . . . e) Keine Ersetzung . . . . . . . . . . 2. Anderes Strafgesetz (Absatz 1) a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . b) Verschiedene Begehungsweisen . . . c) Wahldeutige Verurteilung . . . . . d) Anwendung eines milderen Gesetzes e) Änderung der Zurechnungsform . . f) Änderung der Konkurrenzen . . . . h) Allgemein geltende Vorschriften . . i) Bestimmung der Unrechtsfolgen . . j) Anwendung von Jugendrecht . . . 3. Beispiele aus der Rechtsprechung a) Hinweis erforderlich . . . . . . . . b) Hinweis entbehrlich . . . . . . . . 4. Straferhöhende Umstände und Maßregeln der Besserung und Sicherung (Absatz 2) a) Straferhöhende Umstände . . . . . b) Maßregeln der Besserung und Sicherung . . . . . . . . . . . . . 5. Art und Weise der Erteilung des Hinweises a) Vorsitzender . . . . . . . . . . . . b) Adressat . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitpunkt des Hinweises . . . . . . d) Form . . . . . . . . . . . . . . . . e) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . f) Gelegenheit zur Verteidigung . . .
Rn. 6. Wirkung des Hinweises . . . . . . . . 7. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . .
1 5
III. Hinweispflichten jenseits des Wortlauts der Absätze 1 und 2 1. Nebenstrafen und Nebenfolgen . . . 2. Bloße Änderung der Sachlage a) Problem . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsgrundlagen . . . . . . . . c) Umfang der Hinweispflicht . . . d) Art der Erteilung . . . . . . . . . e) Sitzungsniederschrift . . . . . . . 3. Veränderung der Verfahrenslage . .
9 11 14 17 21
.
72
. . . . . .
73 74 76 80 83 86
IV. Aussetzung bei veränderter Sach- und Rechtslage (Absatz 3) 1. Recht auf Aussetzung . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen a) Veränderung der Sachlage . . . . . b) Anwendung eines schwereren Strafgesetzes . . . . . . . . . . . . . . c) Bestreiten . . . . . . . . . . . . . d) Antrag . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entscheidung des Gerichts . . . . . .
23 25 27 28 29 32 33 34 36
V. Aussetzung bei veränderter Sachlage (Absatz 4) 1. Bedeutung des Absatzes 4 . . . . 2. Veränderungen a) Änderung des Sachverhalts . . b) Änderung der Verfahrenslage 3. Entscheidung des Gerichts . . . 4. Dauer der Aussetzung . . . . . .
38 39
40 46
. . . . . . .
. . . .
VI. Rechtsbehelfe 1. Antrag auf gerichtliche Entscheidung 2. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . 3. Revision a) Verstoß gegen die Absätze 1 bis 4 b) Begründung der Revision . . . . c) Beruhen . . . . . . . . . . . . . d) Andere Verfahrensrügen . . . . .
48 49 57 59 61 65
67 69
89 90 92 93 94 96
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. . . .
102 104 109 112
. .
113 114
. . . .
115 118 120 122
Alphabetische Übersicht Abwesenheit des Angeklagten 50 ff. Akteneinsicht, ungenügende 105 Alibi 77 allgemein geltende Vorschriften 33 analoge Anwendung des Absatzes 1, 2 72 ff. Anklage, Konkretisierung ungenauer 78, 83, 103 Anklage im beschleunigten Verfahren 11 Änderung
– – – –
der Person des Verletzten 26 der Tatbeteiligten 62, 73, 77, 80 der Tatrichtung 73, 77, 80 f. der tatsächlichen Grundlagen 3, 6, 26, 62, 71, 73 ff., 80 ff., 117 – der Tatzeit 73, 77 f., 80, 83 f. – des Tatwerkzeuges 80 Aufklärungspflicht 7, 53, 74, 81, 109, 122
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Aussetzung 89 ff., 98 ff. – Dauer 97, 112 – Entscheidung des Gerichts über 96, 109 f. – Recht des Angeklagten auf 89, 97 – unzulässige Gründe 100 Begehungsweisen – verschiedene 25, 61 – wesensgleiche 25 Beispiele aus der Rechtsprechung 28, 37 ff. Berufungsverfahren 14 Beschleunigungsgebot 97, 109 f. Beschwerde 114 Beteiligungsform, Änderung der 28 Beweismittel, neue 91 Bußgeldbescheid 11 Dauerstraftat 103 Einbeziehung ausgeschiedener Taten oder Tatteile 87 Einstellung des Verfahrens 18 Einvernahme, kommissarische 54, 58 Einvernahme zur Anklage (§ 243 Abs. 5) 58, 74 f., 81 Ermessen des Gerichts bei Aussetzung 89, 97, 98, 109, 112, 116 Fahrverbot 47, 72 faires Verfahren 1, 4, 5, 64, 75, 79, 86, 88, 99, 105, 109 fortgesetzte Tat 32, 103 Freibeweis 71, 85, 117 Freispruch 17 Fürsorgepflicht 5, 44, 68, 74, 88 f., 109, 122 Gang der Hauptverhandlung 44, 78, 82, 118 Geständnis 82 Hinweis, förmlicher 48 ff., 69 ff. – an Angeklagten 49 ff. – an Verteidiger 50 ff., 55 – bei mehreren Angeklagten 49 – bei bloß tatsächlichen Veränderungen? 3, 73 ff. – durch Vorsitzenden 21, 48 – Ersatz durch Erörterung im Verfahren 14 f., 17, 21 – Inhalt 61 ff. – wesentliche Förmlichkeit 69 ff., 117 – Wiederholung 13 ff. – Wirkung 67 ff. – Zeitpunkt 57 Hinweis nach § 81 Abs. 2 OWiG 11 Jugendrecht 36 Kompensation 31
Konkurrenzen 32 Maßregeln der Besserung und Sicherung 17, 21, 34, 46 f., 72, 90 f. Nebenbeteiligte 98, 112 Nebenkläger 21, 98, 115 Nebenstrafen, Nebenfolgen 35, 72 Ordnungswidrigkeiten 11, 17 f., 24 Privatklageverfahren 89 rechtliches Gehör 6, 73 ff., 81, 84, 109, 122 Rechtsfolgen 34, 72 Rechtsmittelverfahren 14 f. Regelbeispiele 42 f. Revision 115 ff. Revisionsverfahren 15 Schreibfehler in Anklage 9 Sitzungsniederschrift 59, 69 ff., 73 ff., 81 f., 83 ff., 87, 111, 117 Strafantrag 31 strafbarkeitserhöhende Umstände 23, 34, 40 f., 92 Strafbefehl 11, 47 Straffreiheitsgesetz 19 Strafgesetz – anderes 23 ff. – milderes 28 ff., 40, 45 Strafmilderungsgründe 45 Strafschärfungsgründe, unbenannte 33 subjektive Tatseite, Änderung 29 Tatumfang 103 Tatzeit 73, 77 f., 80, 83 f. Unterbrechung der Verhandlung 97, 98, 106, 112 Unterlassen 25 Verjährung 24, 88 Verständigung 22 Versuch 29, 120 Verteidiger, Verhinderung, Wechsel 106 ff. Vertrauenslage, von Gericht geschaffen 68, 78, 86 f. Verurteilung 17 ff. Verweisungsbeschluss 12, 20, 22, 118 Wahldeutige Verurteilung 27 Wegfall straferhöhender Umstände 40 Wegfall von Straftatbeständen 30, 32 Wiederaufnahmeverfahren 16 Wiederholung der Beweisaufnahme 112 Wiederholung des Hinweises 13 ff. Zahl der Straftaten 26
I. Bedeutung der Vorschrift 1
1. Regelungsziel. § 265 dient der Sicherstellung einer effektiven Verteidigung1 und damit eines fairen Verfahrens (Rn. 5) durch die Verpflichtung, den Angeklagten auf Veränderungen des gegen ihn erhobenen Vorwurfs im Zuge der Hauptverhandlung hinzuweisen (Absätze 1 und 2) und ihm nötigenfalls die erforderliche Zeit einzuräumen, um seine Verteidigung daran anzupassen (Absätze 3 und 4).
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Hahn 208; RGSt 53 185; 59 423; BGHSt 2 371, 373; 11 18, 19; 13 320, 323; 18 66, 68;
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18 288, 289; 23 95, 96; 25 287, 289; 29 124, 128; 29 274, 278; 48 183, 187 f.; BGH NJW
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
Um sich wirkungsvoll verteidigen zu können, muss der Angeklagte wissen, welcher 2 strafrechtliche Vorwurf gegen ihn erhoben wird, d.h. welches Strafgesetz er durch welches Verhalten erfüllt haben soll (Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK, Art. 14 Abs. 3 lit. a IPBPR). Die §§ 200 Abs. 1, 201 Abs. 1, 215, 243 Abs. 3 sorgen dafür, dass der Angeklagte Kenntnis von der Anklageschrift und dem eventuell nach § 207 Abs. 2 Nr. 3 abgeänderten Eröffnungsbeschluss erhält. Die Hinweise nach § 265 Abs. 1 und 2 ergänzen diese Informationspflichten 2 und schützen den Angeklagten vor Überraschungsentscheidungen, wenn der Prozessgegenstand in der Hauptverhandlung infolge der umfassenden Kognitionspflicht des Gerichts Änderungen erfährt. Denn das Gericht muss in der Hauptverhandlung den in der zugelassenen Anklage umschriebenen tatsächlichen Vorgang, die Tat im Sinne des § 264, unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten umfassend würdigen (§ 244 Abs. 2; vgl. § 260, 36; § 264, 37 ff.). Es ist an die Rechtsauffassung der Anklage nicht gebunden (§§ 155 Abs. 2, 264 Abs. 2) und zur „Umgestaltung der Strafklage“ (§ 264, 2, 48 ff.) befugt, so dass in der Hauptverhandlung neue rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte auftreten können, die Schuldspruch und Strafmaß beeinflussen. Jedoch betreffen die in § 265 Abs. 1 und 2 statuierten Hinweispflichten nur Verände- 3 rungen des rechtlichen Gesichtspunkts. Da tatsächliche Abweichungen vom angeklagten Sachverhalt für die Verteidigung genauso bedeutsam sein können wie neue rechtliche Bewertungen, steht es heute außer Zweifel, dass das Gericht den Angeklagten trotz gleichbleibenden rechtlichen Vorwurfs auch auf wesentliche Änderungen der Tatsachen hinweisen muss, aus denen er hergeleitet werden soll. Umstritten sind hingegen Rechtsgrundlage und Form dieser Hinweispflicht (Rn. 5 ff.). Eine wirkungsvolle Ausübung des Verteidigungsrechts erfordert neben der Kenntnis 4 des Vorwurfs auch genügende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 lit. b EMRK, Art. 14 Abs. 3 lit. b IPBPR), die schon nach Absatz 1 zu gewähren sind und, für den Fall, dass eine Unterbrechung dazu nicht genügt, durch die Aussetzungsmöglichkeiten nach den Absätzen 3 und 4 ergänzt werden. Der Aussetzungsanspruch des Absatzes 3 schließt an die Hinweispflicht der Absätze 1 und 2 an, besteht aber nur – insoweit enger als die Hinweispflicht – bei Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes zu Lasten des Angeklagten oder bei möglicher Maßregelanordnung. Absatz 4 geht darüber weit hinaus und eröffnet eine Aussetzungsmöglichkeit nach Ermessen des Gerichts zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens3 bei jedweder veränderter Sachlage, also auch zur besseren Vorbereitung der Anklagevertretung. Ob die Spezialregelung des Absatzes 3 angesichts des Absatzes 4 nicht verzichtbar wäre, erscheint erwägenswert.4 2. Regelungszusammenhang. Indem § 265 verhindern soll, dass der Angeklagte 5 durch eine Verlagerung der rechtlichen Bewertung überrascht und gehindert wird, seine Verteidigung dieser Änderung anzupassen, lässt er sich als gesetzlich geregelter Fall der
1964 459; 1980 714; StV 1982 408; 1985 489 f.; 1998 582, 583; BayObLGSt 1954 45; 1964 133, 135; OLG Hamm NJW 1980 1587; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 2; Eb. Schmidt 1, 3; SK/Velten 3; Roxin 25 § 42, 24; Berz NStZ 1986 86; Küpper NStZ 1986 249 f.; Scheffler JR 1989 232 f.; Schlothauer StV 1986 213, 216.
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BGHSt 13 320, 324; BayObLGSt 1964 133, 134; KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 6; Wachsmuth ZRP 2006 121, 122; ders. StV 2008 343. Vgl. BGH NJW 1965 2164, 2165 mit Anm. Schmidt-Leichner; OLG Celle NJW 1965 2264; krit. Heubel NJW 1981 2678, 2679. Mitsch NStZ 2004 295, 396.
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
gerichtlichen Fürsorgepflicht5 sowie als Ausprägung des Anspruchs auf ein faires Verfahren6 (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 14 Abs. 1 IPBPR), das ohne eine präzise und vollständige Information über die tatsächliche und rechtliche Seite des Anklagevorwurfs nicht denkbar ist,7 verstehen. Das Verhältnis des § 265 zu der verfassungsrechtlichen Garantie des Rechts auf recht6 liches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG wird uneinheitlich beurteilt. Die Hinweispflichten der präkonstitutionellen Vorschrift des § 265 können in der Tat nicht ohne Weiteres als bloße Ableitungen aus dem Prozessgrundrecht oder als dessen Konkretisierung oder Sicherung verstanden werden,8 zumal die Rechtsfolgen beider Vorschriften divergieren – § 265 Abs. 1 und 2 garantiert explizit nur Hinweise zu Veränderungen des rechtlichen Gesichtspunkts, während Art. 103 Abs. 1 GG vorrangig auf Tatsachen bezogen wurde –, trotz zunehmender Konvergenz, zumindest bei analoger Anwendung des § 265 auf veränderte Tatsachenlagen (Rn. 73 ff.). Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweismittel zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten,9 was die Kenntnis dieser Tatsachen erfordert. Daher ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG auch ein Anspruch auf Information über den Verfahrensstoff als notwendige Bedingung des Anhörungsrechts.10 Damit sind Hinweispflichten allerdings nur im Kern garantiert,11 zumal die als Minimalgarantie12 konzipierte Verfassungsnorm dem Gericht keine umfassende Informationspflicht auferlegt13. Zwar gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG den Verfahrensbeteiligten auch das Recht, sich zur Rechtslage zu äußern,14 doch ist ein Gericht von Verfassungs wegen zu einem Rechtsgespräch oder zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung nur ausnahmsweise verpflichtet, nämlich nur dann, wenn sonst der Anspruch auf rechtliches Gehör leerliefe, weil auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter mit diesen rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu rechnen brauchte; im Übrigen muss ein Verfahrensbeteiligter auch bei umstrittener oder problematischer Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen.15 Insoweit geht
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KK/Engelhardt 1; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 3; Pfeiffer 1; SK/Velten 3, 5, 9, 63; Roxin 25 § 42, 23 f.; Küpper NStZ 1986 249; Maiwald FS Lange 745, 746; Scheffler JR 1989 232, 233; Schorn MDR 1966 639, 640; vgl. LR/Kühne Einl. I 121 ff.; LR/Becker Vor § 226, 23 f. BGHSt 29 274, 278; OLG Hamm NJW 1980 1587; KMR/Stuckenberg 4 f.; Pfeiffer 1; SK/Velten 49; vgl. BGHSt 36 305, 308 ff.; krit. AK/Loos 2; Hanack JZ 1972 433, 434; Schlothauer StV 1986 213, 215. Vgl. EGMR Pélissier et Sassi c. France, Nr. 25444/94, § 52; dazu Sommer StraFo 1999 402, 406; w. Nachw. bei KMR/Stuckenberg 5. LR/Gollwitzer 25 4; so aber BGHSt 11 88, 91; 22 29, 30 f.; BGH StV 1994 232, 233; 1996 197, 198; BayObLGSt 1964 133, 134; OLG Celle NdsRpfl. 1964 234, 235; Bonn.Komm./Rüping Art. 103 I, 47; Maunz/ Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 I, 77, 141 GG; AK/Loos 2; Meyer-Goßner 5;
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SK/Velten 5, 39, 52; Roxin 25 § 42, 24; Roxin/Schünemann § 44, 26; Dahs (Rechtliches Gehör) 96 ff.; Schlothauer StV 1986 213, 214 f.; Eb. Schmidt JZ 1960 228; vgl. schon RGSt 25 340, 342; siehe auch KG VRS 53 (1977) 42, 43; das Verhältnis der beiden Vorschriften offen lassend BGHSt 16 47, 48 f. St. Rspr., BVerfGE 7 275, 278; 13 132, 144 f.; 20 280, 282; 26 37, 40; 67 96, 99; 84 188, 190. AK/Loos 2; KMR/Stuckenberg 3. Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 I, 77 GG. Vgl. BVerfGE 7 53, 56 f.; 60 7, 14. BVerfGE 66 116, 147; 67 90, 96; 74 1, 5; 84 188, 190; 96 189, 204. BVerfGE 60 175, 210 ff.; 64 135, 143; 65 277, 234; BVerfG 3.11.1983 – 2 BvR 348/83; 7.10.2009 – 1 BvR 178/09 Rn. 8 = GRUR-RR 2009 441 f. BVerfGE 84 188, 190; 86 133, 144 f.; 96 189, 204; 98 218, 263; BVerfG 7.10.2009 – 1 BvR 178/09 Rn. 8 = GRUR-RR 2009 441 f.;
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
§ 265 über Art. 103 Abs. 1 GG deutlich hinaus und kann als dessen einfachrechtliche ausweitende Ausgestaltung angesehen werden. Folglich liegt in einem Verstoß gegen § 265 Abs. 1 oder 2 nicht zwangsläufig auch eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG.16 Umgekehrt bleibt § 265 Abs. 1 und 2 hinter Art. 103 Abs. 1 GG zurück, insofern keine Hinweispflicht bei bloßen Veränderungen der Tatsachenlage vorgesehen ist, die sich wiederum direkt aus dem Grundrecht ergeben können (Rn. 74). Schließlich können die Hinweise nach § 265 zwar zur Aufklärung des Sachverhalts 7 beitragen,17 indem der Angeklagte sich zur veränderten Rechts- und Sachlage einlässt. Die Sachaufklärung ist jedoch kein Zweck des § 265, da der Hinweis unabhängig davon zu erteilen ist, ob der Angeklagte sich äußern wird oder sein Schweigen sicher zu erwarten ist.18 Um dem Zweck der Sicherung der sachgerechten Verteidigung und ggf. des recht- 8 lichen Gehörs gerecht zu werden, sind die Hinweispflichten der § 265 Abs. 1 und 2 grundsätzlich in großzügiger Weise auszulegen und anzuwenden,19 somit ist in Zweifelsfällen stets ein Hinweis zu erteilen.
II. Die Hinweispflicht nach Absatz 1 und 2 1. Allgemeine Voraussetzungen a) Abweichung der rechtlichen Beurteilung von der Anklage. Die Absätze 1 und 2 9 setzen voraus, dass sich – mit oder ohne Veränderung der tatsächlichen Umstände20 – die rechtliche Beurteilung der Tat gegenüber der zugelassenen Anklage ändert, der Angeklagte also auf Grund eines anderen Strafgesetzes oder eines dort nicht angeführten straferhöhenden Umstandes verurteilt oder eine dort nicht angegebene Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn verhängt werden soll. Die Veränderung muss sich im Rahmen einer zulässigen Umgestaltung der Strafklage (§ 264, 48 ff.) bewegen. Eine andere prozessuale Tat kann nicht durch rechtlichen Hinweis zum Verfahrensgegenstand gemacht werden, sondern nur durch Nachtragsanklage und Einbeziehung nach
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15.10.2009 – 1 BvR 3522/08 = BauR 2009 1793; BayVerfGHE 51 49, 54; BayVerfGH 27.10.2004 – 11-VI-02 Rn. 46; weitergehend OLG Hamm DAR 2010 99; OLG Jena VRS 113 (2007) 330, 331. BGHSt 16 47, 48 f.; 22 336, 339 f.; Maunz/ Dürig/Schmidt-Aßmann Art. 103 I, 77 GG (aber doch oft zugleich); Eb. Schmidt Nachtr. I 2; KK/Engelhardt 1; LR/Gollwitzer 25 4, 116 Fn. 409; SK/Velten 5; a.A. Arndt NJW 1959 1297, 1300; Jarass/Pieroth Art. 103, 17 GG; Dahs (Rechtliches Gehör) 97 ff.; Schlothauer StV 1986 213, 214 f.; offen lassend BVerfGE 8 197, 206; BGHSt 13 320, 325 mit Anm. Eb. Schmidt JZ 1960 228. Vgl. BVerfG NJW 2004 1443; zur Unzulässigkeit der pauschalen Rüge, ein Verstoß gegen § 265 verletze Art. 103 Abs. 1 GG siehe BVerfG 21.8.2001 – 2 BvR
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2290/00. Zum gleichlautenden Art. 91 Abs. 1 BayVerf siehe BayVerfGHE 11 II 190, 195 mit Anm. Röhl NJW 1959 285; BayVerfGHE 15 II 38, 40; 17 II 72, 74; 33 II 103, 105 (dass § 265 Abs. 1 sich nicht mit dem Recht auf rechtliches Gehör überschneide, ist für Art. 103 Abs. 1 GG durch die jüngere Rspr des BVerfG überholt); BayVerfGH 27.10.2004 – 11-VI-02 Rn. 46. RGSt 5 211, 212 f.; 76 82, 85; BGHSt 19 141, 142; 28 196, 198; BayObLGSt 1964 133 f.; Meyer-Goßner 4; Pfeiffer 1; SK/Velten 2. AK/Loos 3; KMR/Stuckenberg 6. BayObLGSt 1964 133, 134; KMR/Stuckenberg 10. BGHSt 18 288; KK/Engelhardt 2; MeyerGoßner 8a.
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 266.21 Geht es nicht einmal um eine Änderung der rechtlichen Bewertung, sondern nur um die Beseitigung eines Schreibfehlers oder eines sonstigen Versehens in der zugelassenen Anklage, wenn etwa eine falsche Paragraphenzahl angeführt ist oder die Angabe der verletzten Strafbestimmung überhaupt fehlt, die Tat aber mit ihren gesetzlichen Merkmalen richtig bezeichnet ist, dann bedarf es keines Hinweises nach § 265.22 Vergleichsmaßstab ist die Anklage, so wie sie vom Gericht im Eröffnungsbeschluss 10 gemäß § 207 zugelassen wurde. Hat das Gericht die Anklage nur mit Änderungen zugelassen, etwa mit einer anderen rechtlichen Würdigung nach § 207 Abs. 2 Nr. 3, so ist sie in dieser Form und nicht etwa in der ursprünglichen Fassung maßgebend. Es ist also ein Hinweis notwendig, wenn das Gericht zu der Rechtsauffassung der ursprünglichen Anklage zurückkehren will.23 Zur Anklage im Sinne des § 265 Abs. 1 gehört auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen (§ 200 Abs. 2 S. 1), ein darin enthaltener Hinweis kann genügen.24 Es reicht aber nicht aus, dass ein Strafgesetz nur in der Paragraphenliste erscheint.25 Bei der Möglichkeit der Heilung mangelhafter Anklagen durch einen Hinweis nach § 265 ist zu unterscheiden, ob der Mangel in der Umgrenzungsfunktion vorliegt, den das Gericht grundsätzlich nicht heilen kann, oder in der Informationsfunktion, siehe § 200, 88, 90. b) Der zugelassenen Anklage stehen gleich der Strafbefehl 26 sowie die mündliche Anklage im beschleunigten Verfahren nach § 418 Abs. 3 sowie die Nachtragsanklage mit Einbeziehungsbeschluss nach § 266, wobei bei den mündlich erhobenen Anklagen der Vermerk über ihren Inhalt im Sitzungsprotokoll maßgebend ist.27 Gleiches gilt für den Hinweis nach § 81 Abs. 2 OWiG, durch den das gerichtliche Bußgeldverfahren in ein Strafverfahren übergeleitet wird. Will das Gericht den Angeklagten wegen eines rechtlichen Gesichtspunktes verurteilen, der nicht Gegenstand des Hinweises nach § 81 Abs. 2 OWiG war, muss es ihn nach § 265 Abs. 1 auf die erneute Veränderung hinweisen.28 Neben dem Hinweis nach § 81 Abs. 2 OWiG kann aber der Bußgeldbescheid insoweit weiterhin die zugelassene Anklage ersetzen, als das übergeleitete Strafverfahren zusätzlich auch Ordnungswidrigkeiten umfasst. Ebenso tritt im gerichtlichen Bußgeldverfahren, in dem § 265 entsprechend anwendbar ist, der Bußgeldbescheid an die Stelle der zugelassenen Anklage.29 Verweist das Gericht die Sache nach § 270 an ein Gericht höherer Ordnung, so tritt 12 der Verweisungsbeschluss an die Stelle der zugelassenen Anklage. Auf die dort angeführten rechtlichen Gesichtspunkte braucht demnach nicht nochmals besonders hingewiesen zu werden.30 Wenn das Gericht in der rechtlichen Würdigung von diesem Beschluss abweichen will, muss es auf die Veränderung selbst dann hinweisen, wenn es zur ursprüng-
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Vgl. BGH NStZ 1994 495 f.; 1995 245; NStZ-RR 1999 274; 2000 290; 2002 258; StV 1985 488; 1997 169; StraFo 2004 98; OLG Jena 22.6.2006 – 1 Ss 232/04 (insoweit nicht in StV 2007 230). RGSt 6 169, 170; 53 185, 186; RG GA 46 (1898/99) 214; KK/Engelhardt 3; KMR/ Stuckenberg 14; Meyer-Goßner 8a; Eb. Schmidt 8; zurückhaltend SK/Velten 12. OLG Hamm HESt 3 52; AK/Loos 6; KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten 13; Scheffler JR 1989 232, 233. OGHSt 2 322; BGH NStZ 2001 162.
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BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 34. BayObLGSt 2004 43 = NJW 2004 2607. KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 12; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 12; Eb. Schmidt 6. Vgl. die Kommentare zu § 81 OWiG. BGH VRS 59 (1980) 129; BayObLGSt 1981 25; BayObLG NStZ 1984 225; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 372; 71 (1986) 209; OLG Oldenburg NZV 1993 278. BGHSt 22 29, 31; Hanack JZ 1972 433, 434.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
lichen Rechtsauffassung der Anklage zurückkehrt,31 sogar, wenn neben dem Verweisungsbeschluss fälschlich der ursprüngliche Anklagesatz mitverlesen wurde.32 Gleiches gilt für den Beschluss, mit dem ein Gericht eine Sache übernimmt, die außerhalb der Hauptverhandlung nach § 225a abgegeben wurde, ferner für ein Verweisungsurteil. Wird die Verhandlung nach einem Hinweis nach § 265 ausgesetzt, um dem Angeklag- 13 ten Gelegenheit zu geben, seine Verteidigung der veränderten Rechtslage anzupassen, dann bedarf es in der erneuerten Hauptverhandlung in der Regel keines nochmaligen Hinweises. Dies gilt auch sonst bei einer Aussetzung des Verfahrens, sofern nicht nach den Umständen anzunehmen ist, dass der Angeklagte den früheren Hinweis vergessen haben kann.33 c) In der Berufungsinstanz gilt § 265 entsprechend (§ 332). Das Berufungsgericht 14 muss den Angeklagten darauf hinweisen, wenn sich der rechtliche Gesichtspunkt gegenüber der zugelassenen Anklage ändert. Ein in erster Instanz ordnungsgemäß erteilter Hinweis braucht in der Regel jedoch nicht wiederholt zu werden,34 auch wenn nicht dem Hinweis entsprechend verurteilt wurde,35 sofern nicht ausnahmsweise anzunehmen ist, dass ihn der Angeklagte nicht mehr in Erinnerung hat36. Im Zweifel empfiehlt sich aber, den Hinweis zu wiederholen, sofern der rechtliche Gesichtspunkt nicht in das Urteil eingegangen ist und nicht ersichtlich ist, dass der Angeklagte bei seiner Verteidigung auch den früheren Hinweis berücksichtigt.37 Hat allerdings bereits das Erstgericht wegen eines veränderten Gesichtspunkts verurteilt, dann bedarf es insoweit keines Hinweises mehr,38 auch wenn der Hinweis in der ersten Instanz unterlassen wurde. Ein solcher kann aber umgekehrt angezeigt sein, wenn das Berufungsgericht wieder zur rechtlichen Würdigung der Anklage zurückkehren will. Nur wenn der Angeklagte nach der Verfahrenslage ohnehin damit rechnen muss, dass dies geschehen kann, ist der Hinweis entbehrlich.39 Bei einer der Anklage entsprechenden Verurteilung erübrigt sich der ausdrückliche Hinweis in der Berufungsinstanz aber nicht schon allein dadurch, dass im angefochtenen Urteil der nicht zum Tragen gekommene rechtliche Gesichtspunkt bereits mit erörtert wurde.40 In der Revisionsinstanz kann ein Hinweis nach § 265 nicht nachgeholt werden, weil 15 der Angeklagte sich in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr verteidigen, insbesondere keine Beweisanträge mehr stellen kann.41 Zur Zulässigkeit der Schuldspruchberichtigung in den Fällen, in denen ein Hinweis nicht nachgeholt werden müsste, vgl. die Erläuterungen
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RGSt 65 363; AK/Loos 6; KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 12. RGSt 15 286, 289; KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 13; SK/Velten 12; Eb. Schmidt 5. BGH bei Dallinger MDR 1971 364; KK/Engelhardt 20; KMR/Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 25; SK/Velten 37; Eb. Schmidt 20; BGH NStZ 1998 529 lässt dies offen. RGSt 59 423; BayObLGSt 1994 158, 162; KK/Engelhardt 20; KMR/Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 26; SK/Velten 12; Eb. Schmidt 20; weitergehend LR/Gollwitzer 25 13. BGH bei Dallinger MDR 1971 363 f.
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Vgl. BayObLGSt 1994 158, 162. LR/Gollwitzer 25 13; vgl. OLG Schleswig SchlHA 1956 332. RG GA 71 (1927) 17 f.; OLG Koblenz VRS 52 (1977) 428, 431; OLG Köln NJW 1957 473; OLG Stuttgart MDR 1967 233 f.; KMR/Stuckenberg 17; Meyer-Goßner 26; SK/Velten 12. OLG Koblenz VRS 52 (1977) 428, 431; KK/Engelhardt 20; KMR/Stuckenberg 17; SK/Velten 12 f. BayObLG VRS 61 (1981) 31; SK/Velten 36. RGSt 73 71, 75; 75 52, 55 f.; BGH NJW 1953 752, 754; 1967 789; 1981 1744, 1745; OLG Stuttgart VRS 52 (1977) 33, 36; KMR/Stuckenberg 9; Geis NJW 1990 2735 f.; unzutr. Hamm 1179.
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
zu § 354. Nach Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung soll es keines erneuten Hinweises bedürfen,42 ebenso wenig, wenn der neue Gesichtspunkt im aufgehobenen oder aufhebenden Urteil erörtert wird,43 sofern das aufhebende Urteil dem Angeklagten durch Verlesung44 oder auch nur durch Zustellung45 bekanntgemacht worden ist. Der Schutzzweck des § 265 dürfte hier aber regelmäßig einen Hinweis gebieten, um den Angeklagten nicht zu überfordern,46 namentlich bei umfangreichen und eine Fülle von verschiedenen Fragen betreffenden Entscheidungen des Rechtsmittelgerichts47. Im Wiederaufnahmeverfahren braucht der Hinweis nicht wiederholt zu werden, wenn 16 der Angeklagte bereits in der früheren Hauptverhandlung unter diesem Gesichtspunkt verurteilt worden war;48 anders dagegen, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass ein nicht in das Urteil eingegangener früherer Hinweis dem Angeklagten noch geläufig ist49.
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d) Nur bei einer Verurteilung ist ein Hinweis nach Absatz 1 oder 2 erforderlich, nicht aber, wenn das Gericht im Zusammenhang mit einem Freispruch auch andere in der Anklage nicht erwähnte rechtliche Gesichtspunkte erörtert. Eine Verurteilung im Sinne des § 265 Abs. 1, 2 ist jede gegen den Angeklagten ausgesprochene Strafe, Maßregel der Besserung und Sicherung oder sonstige Rechtsfolge. Eine Verurteilung in diesem Sinn liegt auch vor, wenn das Gericht von Strafe absieht (§ 260, 50),50 ferner, wenn es wegen einer Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße verhängt oder gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden auf Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel erkennt.51 Vor einer Einstellung bedarf es in der Regel keines Hinweises. Etwas anderes gilt aber 18 dann, wenn die mitangeklagte Tat, hinsichtlich der das Verfahren eingestellt wird, Auswirkungen auf die Schuld- und Rechtsfolgenfrage eines bis zur Verurteilung fortgeführten anderen Verfahrensteils haben kann, wenn etwa die (verjährte) Verkehrsordnungswidrigkeit weiterhin Bedeutung für den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung hat,52 vgl. aber Rn. 88. Ein Hinweis ist auch notwendig, wenn das Gericht das Verfahren unter Anwendung 19 eines anderen als des in der Anklage angeführten Strafgesetzes auf Grund eines Straffreiheitsgesetzes einstellen will, weil der Angeklagte dadurch genauso wie durch eine Verurteilung überrascht und in der Wahrnehmung seiner Rechte aus dem Straffreiheitsgesetz beeinträchtigt sein kann.53 Bei anderen Entscheidungen, etwa einem Verweisungsbeschluss nach § 270 oder der 20 Versagung der Auslagenerstattung,54 wird ein Hinweis nicht gefordert.
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BGH bei Dallinger MDR 1971 363 f. RG GA 46 (1898/99) 340; 49 (1903) 273; BGHSt 22 29, 31; BGH JZ 1951 655; StV 2008 342 mit krit. Anm. Wachsmuth; OLG Stuttgart MDR 1967 233 f.; NJW 1976 2223, 2225; KK/Engelhardt 21; LR/Gollwitzer 25 12; Meyer-Goßner 25; SK/Velten 11, 36. RG GA 49 (1903) 272 f.; krit. Eb. Schmidt 17. RG GA 41 (1893) 262; BGH JZ 1951 655; LR/Gollwitzer 25 12; a.A. Eb. Schmidt 20. KMR/Stuckenberg 17. Wachsmuth StV 2008 343, 344. RGSt 57 10 f.; 58 52; Meyer-Goßner 27; a.A. SK/Velten 36.
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Vgl. RGSt 65 363 zu § 270; KMR/Stuckenberg 17. KK/Engelhardt 5; Meyer-Goßner 7; SK/Velten 14. KMR/Stuckenberg 15. BayObLGSt 1964 133, 134 f. = VRS 28 (1965) 215; BayObLG bei Rüth DAR 1978 211; OLG Karlsruhe NJW 1965 1773, 1774; KK/Engelhardt 5; KMR/Stuckenberg 26; SK/Velten 14. BGH NJW 1952 1346 f.; KK/Engelhardt 5; KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 7; Eb. Schmidt 7; SK/Velten 14. OLG Köln JMBlNW 1960 222, 223; KMR/Stuckenberg 15.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
e) Der Hinweis bleibt auch notwendig, wenn der rechtliche Gesichtspunkt, auf den 21 hinzuweisen ist, schon im Ermittlungsverfahren55 oder in der Hauptverhandlung zwischen den Verfahrensbeteiligten erörtert wurde56 und zwar selbst dann, wenn das Gericht dabei mitgewirkt hatte57 oder wenn der Staatsanwalt den Hinweis angeregt oder die Verurteilung unter diesem Gesichtspunkt beantragt hatte58 oder dieser vom Verteidiger oder sonst einem Verfahrensbeteiligten, Nebenkläger, Zeugen oder Sachverständigen oder auch vom Angeklagten selbst angesprochen worden ist.59 Einer solchen Erörterung fehlt die verbindliche Wirkung der gerichtlichen Handlung. Sie würde nicht bedeuten, dass das Gericht die Anwendung des anderen Gesetzes, den straferhöhenden Umstand oder die Maßregel der Besserung und Sicherung in Abweichung von der von ihm zugelassenen Anklage ernsthaft erwägt. Dass dies der Fall ist, muss dem Angeklagten unmissverständlich durch das Gericht, in der Regel durch den Vorsitzenden (Rn. 48), selbst zur Kenntnis gebracht werden.60 Abgesehen von solchen gerichtlichen Entscheidungen, die – wie etwa ein Verwei- 22 sungsbeschluss nach § 270 – in Änderung oder Ergänzung des Eröffnungsbeschlusses den neuen Gesichtspunkt förmlich zum Gegenstand der Hauptverhandlung machen (Rn. 12 ff.), wird der Hinweis nicht durch Rechtsausführungen in anderen Entscheidungen ersetzt. Es genügt nicht, dass er aus Anlass einer anderen Entscheidung dort angesprochen wurde, etwa, dass der neue rechtliche Gesichtspunkt zur Begründung eines die Haftfortdauer anordnenden Beschlusses mit angeführt worden ist61 oder dass das Gericht damit einen Beweisantrag abgelehnt hat.62 Folglich kann auch in der gerichtlichen Anordnung, ein Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit und einer eventuellen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus einzuholen, nicht zugleich der nach § 265 erforderliche Hinweis liegen,63 ebenso wenig in einer vorbereitenden Sicherungsmaßnahme (Rn. 47). Ein Hinweis wird auch nicht dadurch entbehrlich, dass dem Urteil eine Verständigung nach § 257c vorausgegangen war und das Gericht die Strafe dem Verständigungsstrafrahmen entnommen hat.64
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BGH NStZ 2009 227 (Gutachtenauftrag an einen Sachverständigen). RGSt 1 254 f.; 20 33, 34; BGHSt 19 141; 22 29, 31; 23 95, 98; BGH MDR 1977 63; NStZ 1998 529 f.; 2007 116 f.; 2009 227; 2009 468; NStZ-RR 2002 271; 2004 297; 2005 376; 2010 215; StV 1994 232, 233; 2003 151; 2008 344; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30, 31; OLG Köln MDR 1975 164, 165; VRS 56 (1979) 281, 282. Vgl. BGH NJW 1964 459. BGHSt 16 47, 49; BGH bei Dallinger MDR 1952 532; 1973 19; bei Holtz MDR 1976 815; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 32; bei Kusch NStZ 1994 25; NStZ-RR 2005 376; bei Becker 2007 5 Nr. 12; StV 1988 329; 1997 64; BayObLG VRS 62 (1982) 129; OLG Hamm VRS 41 (1971) 100, 101; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30, 31; OLG Köln VRS 56 (1979) 281, 282. RGSt 20 33; RG JW 1927 2046 (vor Haupt-
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verhandlung eingereichte Schutzschrift); BGHSt 19 141; 22 29; BGH bei Dallinger MDR 1952 532; 1976 815. BGH MDR 1977 63; NStZ 1985 325; NStZ-RR 2002 271; StV 1994 232, 233; 1995 116; 1996 584, 585; OLG Köln MDR 1975 164 f.; AK/Loos 27; HK/Julius 11; KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 29; SK/Velten 29. BGHSt 22 29, 31 = LM Nr. 27 mit Anm. Willms; Hanack JZ 1972 433, 434; KK/Engelhardt 16; Meyer-Goßner 29. KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 29; SK/Velten 30. LR/Gollwitzer 25 55; a.A. (Beschluss muss aber eindeutig erkennen lassen, auf welche Maßregel das Gericht zu erkennen gedenkt) BGH NStZ 1992 249; 2009 468; NStZ-RR 2009 378. BGH NJW 2011 2377, 2378 (Mittäterschaft statt Beihilfe).
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Anderes Strafgesetz (Absatz 1) a) Der Begriff des „anderen Strafgesetzes“ in Absatz 1 ist im Zusammenhang mit den in Absatz 2 davon unterschiedenen „besonders vorgesehenen Umständen, welche die Strafbarkeit erhöhen“, wenig klar,65 doch wird heute, dem Normzweck folgend, darunter jede Bestimmung verstanden, die zum notwendigen Inhalt des Anklagesatzes gehört und in irgendeiner Weise den Schuldspruch66 oder Rechtsfolgenausspruch beeinflussen und sich damit auf die Gestaltung der Verteidigung des Angeklagten auswirken kann.67 Das andere Strafgesetz kann anstatt oder neben einem in der zugelassenen Anklage 24 angeführten Straftatbestand in Betracht kommen,68 wobei gleichgültig ist, ob dies auf einer anderen rechtlichen Bewertung des in der Anklage geschilderten Sachverhalts oder aufgrund der Würdigung in der Hauptverhandlung neu hervorgetretener Tatsachen beruht69. Nicht notwendig ist dabei, dass der neue Tatbestand auch in der Urteilsformel erscheint; es genügt, wenn seine Anwendung dem Schuldvorwurf eine andere oder weitere Grundlage gibt oder sonst für die Entscheidung von Bedeutung ist. Es muss deshalb auch auf eine wegen Verjährung nicht anwendbare Strafvorschrift hingewiesen werden70 oder auf eine Ordnungswidrigkeit, auch wenn diese nach § 21 OWiG im Urteilsspruch nicht erscheint.71 Dagegen bedarf es keines Hinweises, wenn das Vorliegen des verjährten Straftatbestands oder des Ordnungswidrigkeitentatbestandes für die Beurteilung der Schuldfrage ohne Bedeutung ist und auch für die Strafzumessung keine Rolle spielt (vgl. Rn. 88).
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b) Verschiedene Begehungsweisen. Ein „anderes Strafgesetz“ im Sinne des Absatzes 1 wird auch angenommen, wenn verschiedene Tatbestände aus äußeren Gründen in einem Satz derselben Strafvorschrift zusammengefasst sind, sofern die Begehungsweisen „wesensverschieden“ sind.72 Nur bei einem Wechsel zwischen wesensgleichen Begehungsformen derselben Straftat bedarf es keines Hinweises.73 Ob zwei Begehungsformen gleich sind, bestimmt sich nicht nach ihrem rechtlichen Gewicht, auch nicht allein nach den äußeren Tatbestandsmerkmalen. Entscheidend ist nach dem Regelungszweck, ob der Wechsel des Vorwurfs dem Angeklagten Anlass geben kann, seine Verteidigung zu ändern.74 Bei Tatbestandsmerkmalen, die im konkreten Fall auf andere normausfüllende Tatsachen abstellen oder eine andere innere Einstellung des Täters voraussetzen oder die der Tat eine andere Zielrichtung geben, ferner bei Übergang von einem tatbezogenen zu einem täter65
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Näher KMR/Stuckenberg 19 f. m.w.N.; Rieß GA 2007 377, 381; Wachsmuth ZRP 2006 121 f. BGHSt 29 124, 127; 29 274, 276 f. OGH NJW 1950 195; BGHSt 23 95, 97 f.; 25 287, 289. BGHSt 22 336, 338; Küpper NStZ 1986 249, 250; Schlothauer StV 1986 213, 216. BGHSt 2 85, 86; 18 288, 289. Vgl. Rn. 18 m. Nachw. in Fn. 52. KMR/Stuckenberg 26. BGHSt 23 95, 96; 25 287, 289; BGH MDR 1953 629; NJW 1954 1616; StV 1997 237; KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 24; Meyer-Goßner 12; Pfeiffer 3; SK/Velten 18; eingehend Küpper NStZ 1986 249 f. Vgl. etwa RGSt 30 176, 177 f.; 70 357, 359
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m.w.N.; BGHSt 21 1 (Verfälschen oder Nachmachen von Wein); BGH MDR 1953 629; bei Miebach NStZ 1988 212, 213 Nr. 18; OLG Stuttgart DAR 1989 392 zum Bußgeldverfahren; KMR/Stuckenberg 28; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 19 f. m.w.N. RGSt 19 401, 403; 24 89, 90; OGH NJW 1950 195; BGHSt 23 95, 97 f. = LM Nr. 29 mit Anm. Martin; 25 287, 289 = LM Nr. 32 mit Anm. Kohlhaas; BGH bei Holtz MDR 1981 102; NJW 1984 2593; NStZ 1983 34; 1984 328; OLG Stuttgart DAR 1989 392; AK/Loos 12; KK/Engelhardt 7; KMR/ Stuckenberg 24; Hanack JZ 1972 433; Küpper NStZ 1986 249, 250; Schlothauer StV 1986 213, 217.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
bezogenen Merkmal ist in der Regel ein Hinweis geboten. Hinzuweisen ist der Angeklagte auch, wenn an Stelle der Tatbegehung durch ein Tun nunmehr die Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen angenommen wird oder umgekehrt.75 Ist zweifelhaft, ob eine gleichartige Erscheinungsform desselben Straftatbestandes oder aber eine andersartige Begehungsform vorliegt, so empfiehlt sich zur Vermeidung von Revisionsrügen immer ein Hinweis.76 Der qualitativen Veränderung soll eine quantitative Änderung zu Lasten des Ange- 26 klagten durch Erhöhung der Zahl der Verstöße gegen das gleiche Strafgesetz, sofern es sich nicht um selbständige prozessuale Taten handelt (Rn. 9), gleichstehen,77 ebenso, wenn durch das Hinzutreten eines weiteren Verletzten78 nunmehr statt des einen zwei tateinheitliche Verstöße gegen den gleichen Tatbestand in Frage kommen. Wird jedoch abweichend von der Anklage eine andere Person als Verletzter der gleichen Straftat angesehen, so liegt darin nicht die Anwendung eines anderen Strafgesetzes, sondern eine Veränderung der tatsächlichen Grundlage der Anklage.79 Einige Entscheidungen haben dies dagegen unter Hinweis auf den Zweck des Absatzes 1 angenommen.80 Zu der hier maßgebenden Streitfrage der analogen Anwendung des Absatzes 1 bei Veränderung der tatsächlichen Grundlagen der Anklage vgl. Rn. 73 und zur Veränderung der Tatzeit Rn. 77. c) Ein anderes Strafgesetz ist auch dann Grund der Verurteilung, wenn es vom Ge- 27 richt wahlweise mit einem in der Anklage bezeichneten Straftatbestand angewandt werden soll.81 In der Regel genügt der Hinweis, dass auch das andere Strafgesetz in Betracht kommt. Auf die Möglichkeit der Wahlfeststellung als solche braucht dann nach § 265 Abs. 1 nicht noch besonders hingewiesen werden.82 Sind mehrere Straftaten wahldeutig angeklagt, wird aber nur wegen einer von ihnen (eindeutig) verurteilt, bedarf es keines Hinweises.83 d) Die Anwendung eines milderen Gesetzes oder einer milderen Begehungsform macht 28 den Hinweis nicht überflüssig.84 Der Angeklagte muss die Möglichkeit erhalten, darzutun, dass auch das mildere Gesetz in seinem Fall nicht verletzt ist.85 Beispielhaft wurde
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BGH StV 1984 367; 2002 183; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 1; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 17; Michel MDR 1996 773. KMR/Stuckenberg 24; LR/Gollwitzer 25 30; Küpper NStZ 1986 249, 253. BGH bei Holtz MDR 1977 461 (sieben statt der angeklagten fünf Urkundenfälschungen); BGH NStZ 1985 563 (sieben Fälle der Zuhälterei statt eines einzigen); KMR/Stuckenberg 27; Meyer-Goßner 8a, 22; Pfeiffer 3; SK/Velten 21; krit. AK/Loos 15. Vgl. BGH GA 1962 338 f. (unmittelbar aus Abs. 1); OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183 Nr. 110; KK/Engelhardt 11; KMR/Stuckenberg 27. LR/Gollwitzer 25 31, 79 Fn. 264; KMR/ Stuckenberg 27. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183 Nr. 110; OLG Stuttgart
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MDR 1967 233 f.; HK/Julius 9; KK/Engelhardt 11; Meyer-Goßner 22 (bei Änderung der Tatrichtung Abs. 1 analog); auch Schlothauer StV 1986 213, 224. RGSt 63 430; RG HRR 1937 Nr. 837; BGH NJW 1985 2488; BGH NStZ 1990 449; bei Holtz MDR 1977 108; OLG Düsseldorf DAR 1970 190 f.; OLG Hamburg NJW 1955 920. BGH bei Dallinger MDR 1974 369; KK/Engelhardt 11; KMR/Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 10; Pfeiffer 3; SK/Velten 21; a.A. AK/Loos 14; HK/Julius 5; SK-StGB/ Rudolphi/Wolter Anh. zu § 55, 11; krit. Hamm 1165. OLG Karlsruhe Justiz 1985 445; KMR/ Stuckenberg 26. Hahn 209. AK/Loos 13; KK/Engelhardt 12; KMR/ Stuckenberg 23; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 14. Zur Frage der Schuldspruchänderung ohne Hinweis siehe die Erl. zu § 354.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
eine Hinweispflicht bejaht bei möglicher Verurteilung aus § 145d statt § 164 StGB;86 § 212 statt § 211 StGB;87 § 222 statt § 221 Abs. 3 StGB a.F.;88 § 223a a.F. statt § 212 StGB;89 §§ 240, 246, 52 statt § 250 StGB;90 § 241 statt § 253 StGB;91 § 250 Abs. 1 Nr. 1b statt § 250 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 3 StGB;92 § 24a StVG statt § 316 StGB 93.
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e) Eine Änderung der subjektiven Tatseite (Vorsatz statt Fahrlässigkeit 94 und umgekehrt 95) erfordert einen Hinweis, denn insbesondere der Vorwurf der Fahrlässigkeit erfordert meist eine andere Verteidigung. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn beide Begehungsweisen im gleichen Straftatbestand erfasst werden, denn der Angeklagte darf seine Verteidigung allein auf den in der zugelassenen Anklage erhobenen Schuldvorwurf abstellen.96 Fehlt die Angabe der Schuldform überhaupt, bedarf es zumindest dann eines Hinweises, wenn das Gericht Vorsatz annehmen will,97 andernfalls ist vom Vorwurf der Fahrlässigkeit auszugehen98. Ein Wechsel in der Beteiligungsform – etwa unmittelbare statt mittelbarer Täterschaft, Alleintäterschaft statt Mittäterschaft99 oder umgekehrt 100, Täterschaft statt Anstiftung oder Begünstigung und umgekehrt 101 – erfordert wegen der Möglichkeit einer anderen sachgemäßen Verteidigung ebenfalls einen Hinweis nach § 265 Abs. 1,102 desgleichen, wenn statt Täterschaft Teilnahme im weiten Sinn des § 14
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BGHSt 18 56, 57. RG DJZ 1926 379; BGH bei Dallinger MDR 1952 532; NStZ-RR 1996 10; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 1; BGH StV 2008 342 mit Anm. Wachsmuth; SK/Velten 14. Jedoch hat die Rechtsprechung hier oft das Beruhen verneint, vgl. Rn. 115 Fn. 478. BGH StV 1983 445. BGH StV 1997 237. BGH NStZ-RR 2005 376 f. OLG Köln StV 2001 158. BGH StV 2002 588. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1981 94 f. Nr. 68. BGH VRS 49 (1975) 184; BayObLG bei Rüth DAR 1977 206 Nr. 12; 1986 248 Nr. 11a; OLG Dresden DAR 2004 102 (Rotlichtverstoß); OLG Hamm MDR 1973 783; VRS 63 (1982) 56; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 50; ZfSch 2003 615. RGSt 6 349; 65 363; BGH bei Dallinger MDR 1952 532; OLG Hamm JMBlNW 1968 284; OLG Neustadt JR 1958 352 mit Anm. Sarstedt; a.A. BayObLG bei Rüth DAR 1971 207 Nr. 3a. OLG Köln NStZ-RR 1998 370; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 9, 11. BayObLG bei Rüth DAR 1986 248; 1988 368 f.; OLG Brandenburg NStZ-RR 2000 54; OLG Braunschweig NStZ-RR 2002 179; OLG Düsseldorf NStZ 1994 347 (aber nicht förmlich); OLG Hamm MDR 1973 783;
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VRS 61 (1981) 292, 293 f.; 63 (1982) 56; OLG Köln NStZ-RR 1998 370; OLG Oldenburg NJW 2009 3669 f.; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1975 191; OLG Stuttgart StV 2008 626; KMR/ Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 11; Doller DRiZ 1981 202. BayObLG DAR 1988 368 f.; OLG Brandenburg NStZ-RR 2000 54; OLG Düsseldorf NStZ 1994 347; OLG Hamm MDR 1973 783; VRS 63 (1982) 56; OLG Karlsruhe ZfSch 2008 112 f.; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1975 191; 2001 138. RGSt 22 367; BGHSt 11 18, 19; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 33; 1983 569 f.; 1990 449; StV 1984 368; 1990 54; 1997 64; 2002 236; OLG Düsseldorf StraFo 1999 200 f.; offen lassend BGH NStZ 1986 85 mit Anm. Berz. BGHSt 11 18, 19; BGH NJW 1952 1385 Nr. 20; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1981 296; 1984 212 f.; 1992 292, 293; 1995 247; 2005 261; StV 1983 403 f.; 1984 190, 191; 1984 368; 1985 490; 1994 116; 1996 82. BGH MDR 1977 63; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 34; StV 1984 368. RGSt 63 430; RGRspr. 5 (1883) 23; 190; RG GA 43 (1895) 393 f.; 54 (1907) 71; HRR 1937 Nr. 984; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 14; SK/Velten 17; Schlothauer StV 1986 213, 217.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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OWiG angenommen wird.103 Erforderlich ist ein Hinweis auch, wenn Versuch statt Vollendung104 angenommen wird und umgekehrt105. Der Hinweis ist nur entbehrlich, wenn auszuschließen ist, dass die mildere rechtliche 30 Beurteilung die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten auch hinsichtlich der verbleibenden Vorwürfe berührt, so, wenn das mildere Gesetz lediglich deshalb angewendet wird, weil ein Tatbestandsmerkmal des in der Anklage bezeichneten schwereren Gesetzes wegfällt und damit keine darüber hinausgehende Umgestaltung des Sachverhalts verbunden ist.106 Dies trifft etwa zu beim Übergang von § 255 StGB zu § 253 StGB oder von § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu § 242 StGB.107 Beim Übergang von Verleumdung zur üblen Nachrede ist dagegen ein Hinweis notwendig, da beide Tatbestände rechtlich „nichts gemein“ haben.108 Eines Hinweises bedarf es nicht, wenn eines von mehreren tateinheitlich angeklagten Strafgesetzen ausscheidet,109 sofern sich dadurch nicht ausnahmsweise auch andere Verteidigungsmöglichkeiten hinsichtlich der verbleibenden Tat eröffnen können. Ein Hinweis ist jedoch erforderlich, wenn zugleich zusätzliche rechtliche Gesichtspunkte 31 relevant werden, etwa die Strafverfolgung von einem Antrag abhängig wird,110 sich die Möglichkeit einer Kompensation (§ 199 StGB) eröffnet, der Beginn des „unmittelbaren Ansetzens“ zur Tatbestandsverwirklichung sich verändert111 oder wenn nunmehr den Strafrahmen beeinflussende Umstände geltend gemacht werden können112. f) Ein Hinweis ist notwendig, wenn sich das Konkurrenzverhältnis ändert, etwa tat- 32 mehrheitliches statt tateinheitliches Zusammentreffen113 und umgekehrt114 angenommen wird. Gleiches galt bei Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs statt mehrerer selbständiger Einzelhandlungen115 und umgekehrt116 oder einer fortgesetzten Handlung statt
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BayObLGSt 1978 175, 176 = VRS 57 (1979) 33; OLG Düsseldorf VRS 56 (1979) 363 f. RG GA 49 (1903) 272; BGHSt 2 250; BGH bei Miebach/Kusch NStZ 1991 229; BayObLG bei Rüth DAR 1971 207 Nr. 3b; OLG Köln VRS 56 (1979) 281, 282; OLG Schleswig SchlHA 2005 262; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26; SK/Velten 14; a.A. KK/Engelhardt 12. BGH bei Holtz MDR 1954 531. RGSt 53 100 f.; 59 423, 424; RG GA 55 (1908) 309; JW 1930 2792, 2793; KMR/Stuckenberg 30 f.; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 14. RGSt 53 100 f.; 56 333, 334 f.; BGH NJW 1970 904, 905; KMR/Stuckenberg 31. RGSt 5 211, 212; 20 33, 34; RG JW 1922 301; a.A. RGRspr. 2 (1880) 191 f. RGSt 37 102, 106; HK/Julius 6; KK/Engelhardt 12; KMR/Stuckenberg 31; MeyerGoßner 9; SK/Velten 14; Eb. Schmidt 13. RGSt 5 199, 200; 7 199, 200 f.; RGRspr. 6 (1884) 213 f.; RG GA 49 (1903) 266; KK/Engelhardt 12; KMR/Stuckenberg 30; SK/Velten 14; abl. Ditzen LZ 1917 1213, 1222 ff.
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RGSt 51 125, 126; 53 100 f. (versuchter Diebstahl statt versuchter Einsteigediebstahl); a.M. Eb. Schmidt 12; LR/Gollwitzer 25 24 Fn. 62. RGSt 7 199, 200; 17 293, 296; KMR/ Stuckenberg 30. RGSt 9 426, 429; 16 437, 438 f.; 56 58; RGRspr. 2 (1880) 163; BGH StV 1991 101, 102; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 17; Schlothauer StV 1986 213, 217. BGH StV 1996 584; a.A. KK/Engelhardt 12 (anders dort in Rn. 10). RGSt 20 226, 227 f.; RGRspr. 8 (1886) 659; RG GA 58 (1911) 194; BGH bei Dallinger MDR 1951 464; 1974 369; StV 1984 26; 1985 489 f.; OLG Schleswig Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187 Nr. 89; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26; SK/Velten 17; Schlothauer StV 1986 213, 217. RGSt 9 426, 429; BGH bei Dallinger MDR 1973 19.
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
einer Einzeltat117 und umgekehrt118. Dagegen bedurfte es keines Hinweises nach Absatz 1, wenn einzelne von mehreren Einzelakten in den Fortsetzungszusammenhang einbezogen wurden119 oder aus ihm ausschieden, selbst wenn nur eine Einzeltat übrig blieb120; ferner nicht, wenn statt Tatmehrheit121 oder der fortgesetzten Begehung natürliche Handlungseinheit angenommen wurde.122
33
h) Allgemein geltende Vorschriften. Keines Hinweises nach § 265 bedarf es, soweit in der zugelassenen Anklage nur solche Vorschriften nicht angeführt sind, die, wie etwa § 18 StGB, allgemein bestimmte Straftatbestände zugunsten des Täters inhaltlich ändern,123 oder die neben dem Strafgesetz berücksichtigt werden müssen, wie etwa §§ 11, 28, 29 StGB,124 oder die, wie etwa §§ 21, 49 Abs. 1 StGB125 oder §§ 157, 213 StGB, bei der Strafzumessung sich allgemein zugunsten des Angeklagten auswirken.126 Dies wird aus der Funktion des § 265 Abs. 1 und 2, die Anklageschrift zu ergänzen, abgeleitet, so dass Gegenstand des Hinweises nur sein könne, was auch Inhalt des Anklagesatzes sein könne.127
34
i) Eine generelle Hinweispflicht auf alle Vorschriften, die für die Bestimmung der Unrechtsfolgen der Tat allgemein in Betracht kommen können, schreibt § 265 Abs. 1, 2 nicht vor. Wieweit diese in der zugelassenen Anklage aufzuführen sind, ist strittig (§ 200, 30 ff.). Die Hinweispflicht des Absatzes 1 ist grundsätzlich auf die für den Schuldspruch maßgebenden Strafgesetze ausgerichtet, sie betrifft nicht alle Vorschriften, welche die Rechtsfolgen regeln. In Absatz 2 wird die Hinweispflicht nur auf die Umstände ausgedehnt, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung rechtfertigen. Wegen der Einzelheiten vgl. Rn. 40 ff. Eines besonderen Hinweises, dass neben der lebenslangen Freiheitsstrafe auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a StGB) in Betracht kommt, bedarf es nicht, da hierüber bei jeder lebenslangen Freiheitsstrafe entschieden werden muss;128 er empfiehlt sich indes, wenn die Anklageschrift einen solchen Hinweis nicht enthält129.
117
118 119 120 121 122
123
124
RG HRR 1937 Nr. 906; BGH bei Herlan MDR 1954 656; bei Kusch NStZ 1994 24 f. Nr. 14; StV 1984 26; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 26. BGHSt 2 250; OLG Hamburg NJW 1955 920. BGH NStZ 1985 325 (aber Unterrichtung nach § 265 Abs. 4). BGH 26.1.1956 – 3 StR 438/55 bei KK/Engelhardt 10. OLG Frankfurt NStZ-RR 2004 74, 75 (Wegfall erschwerenden Umstands). BGH 24.2.1976 – 1 StR 764/75 nach KK/Engelhardt 10; ebenso zum umgekehrten Fall OLG Dresden DRiZ 1928 Nr. 969. RGSt 4 40, 41; 29 21 f.; BGHSt 29 274, 277; BGH NJW 1956 1246 (zu § 56 a.F. StGB); AK/Loos 13; HK/Julius 6; KK/Engelhardt 6; LR/Gollwitzer 25 32; SK/Velten 16; Küpper NStZ 1986 249, 250. KK/Engelhardt 6.
410
125 126
127
128
129
BGH NStZ 1988 191 mit Anm. HilgendorfSchmidt; Meyer-Goßner 9. RGSt 4 40; 29 21; 53 185; vgl. ferner RGSt 50 11 zum ehem. § 151 GewO (jetzt § 1 StGB); Eb. Schmidt 8 hält diese Entscheidung für bedenklich. BGHSt 16 47, 48; 22 336, 338; 29 124, 127; 29 274, 276 f.; KG VRS 53 (1977) 42, 43; OLG Stuttgart VRS 44 (1973) 134, 135; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 32; Meyer GA 1971 518; a.A. Hanack JZ 1972 433. BGH NJW 1996 3285; StV 2006 60 mit abl. Anm. Lüderssen; LR/Gollwitzer 25 34; Pfeiffer 3; Roxin 25 § 42, 27; Kintzi DRiZ 1993 343; zweifelnd BGH bei Becker NStZ-RR 2003 291; a.A. HK/Julius 5; Wollweber NJW 1998 121 f.; für analoge Anwendung unter dem Blickwinkel der Fürsorgepflicht auch HK/Julius 5. Meyer-Goßner 15a; KMR/Stuckenberg 21.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
Nicht hinzuweisen ist nach der vorherrschenden Meinung auf Vorschriften, die die 35 Anordnung von Nebenstrafen und Nebenfolgen festlegen.130 Der Angeklagte muss sich danach selbst darüber unterrichten, welche Unrechtsfolgen außer den von § 265 Abs. 1, 2 erfassten Hauptstrafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung ihn treffen können,131 unabhängig davon, ob diese zwingend vorgeschrieben sind oder im Ermessen des Gerichts stehen132. So wurde eine Hinweispflicht auf die Möglichkeit der Einziehung,133 die früher mögliche Anordnung der Polizeiaufsicht134 oder die nach § 32a StGB a.F. zulässige Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte135 verneint. Hier ist jedoch eine analoge Anwendung von § 265 Abs. 1 und 2 geboten (Rn. 72). j) Anwendung von Jugendrecht. Wird erst in der Hauptverhandlung bekannt, dass 36 der Angeklagte Jugendlicher oder Heranwachsender ist, so muss er auf das Eingreifen der Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes hingewiesen werden.136 Eines erneuten Hinweises bedarf es aber nicht, wenn das Gericht dann trotz eines solchen Hinweises doch Erwachsenenrecht anwendet.137 3. Beispiele aus der Rechtsprechung. Die nachstehend angeführten Beispiele138 aus 37 der Rechtsprechung zur Hinweispflicht bei Veränderungen der Tatmodalitäten sind zu verschiedenen Fassungen der jeweiligen Strafgesetze ergangen. Es ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob der Grund, warum damals die Hinweispflicht bejaht oder verneint wurde, auch nach dem nunmehr geltenden Recht noch zutrifft. a) In den folgenden Fällen hielt die Rechtsprechung einen Hinweis für erforderlich: 38 § 113 StGB – tätlicher Angriff statt Widerstandsleistung, wobei zu beachten ist, dass im einzelnen Fall dieselbe Handlung zugleich Angriff und Widerstand sein kann;139 § 123 StGB – widerrechtliches Eindringen statt unbefugten Verweilens;140 § 142 StGB – Absatz 2 statt Absatz 1 und umgekehrt;141 § 146 StGB – Absatz 1 Nr. 3 statt Absatz 1 Nr. 1;142
130
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133
RGSt 33 398, 399 (Bekanntmachungsbefugnis); RG GA 63 (1917) 432; BGHSt 2 85, 88; BGH GA 1968 303; KG VRS 53 (1977) 42; OLG Stuttgart VRS 44 (1973) 134. RGSt 5 137, 139; BGHSt 29 274, 277 m.w.N.; KG VRS 53 (1977) 42 f.; KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 47; Meyer JR 1971 518. BGHSt 22 336, 338; 29 274, 277; KG VRS 53 (1977) 42; OLG Stuttgart VRS 44 (1972) 134; KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 47; a.A. für fakultative Nebenfolgen OLG Hamm VRS 41 (1971) 100 f.; Hanack JZ 1972 433; Schlothauer StV 1986 213, 221; differenzierend AK/Loos 20 (bei Vertatbestandlichung in Form richterlicher Regelbildung); krit. HK/Julius 4. BGHSt 16 47; anders aber BGH StV 1984 453 mit Anm. Schlothauer; Schlothauer StV 1986 213, 222.
134 135 136
137 138
139 140 141
142
BGHSt 18 66; BGH MDR 1955 530. BGHSt 22 339 = LM Nr. 28 mit Anm. Martin; BGH GA 1968 303. HK/Julius 36; KK/Engelhardt 11; Pfeiffer 3; Eb. Schmidt 14; so schon zum früheren Recht RGSt 33 166 ff.; 53 185, 187. BGH NJW 1998 3654, 3655. Vgl. auch KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 25 f.; Meyer-Goßner 12 ff.; SK/Velten 19. RGSt 28 98, 99; RG GA 48 (1901) 359. RGSt 19 401, 402 f. BayObLG VRS 61 (1981) 31; OLG Brandenburg StraFo 2002 193; OLG Celle VRS 54 (1998) 38, 39 f.; OLG Frankfurt StV 1992 60; OLG Schleswig bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1985 132 Nr. 61. BGH wistra 1993 193 f.
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 163 StGB – fahrlässige statt vorsätzlicher Verletzung der Eidespflicht.143 Legt jedoch der Eröffnungsbeschluss dem Angeklagten ein Vergehen gegen § 153 in Fortsetzungszusammenhang mit Meineid zur Last, und hält das Gericht nur die Verurteilung wegen Meineids für zulässig, weil die uneidliche Falschaussage durch den Meineid aufgezehrt werde, bedarf es keines Hinweises;144 § 166 StGB – Beschimpfung kirchlicher Gebräuche statt beschimpfenden Unfugs in einer Kirche;145 § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. – versuchte gewaltsame Vornahme unzüchtiger Handlungen statt versuchter Notzucht;146 § 177 StGB – Verurteilung aus § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB statt nur aus Nr. 1;147 § 181a StGB – verschiedene Begehungsformen;148 §§ 185, 187 StGB – Beleidigung statt Verleumdung; Beleidigung statt Unzucht mit Minderjährigen;149 § 211 StGB – Mord zur Verdeckung einer Straftat oder aus Hass statt Mord zur Befriedigung des Geschlechtstriebs;150 zur Begehung oder Verdeckung einer Straftat und umgekehrt, auch bei einer anderen als der in der Anklage bezeichneten Tat,151 oder Tötung aus Rachgier statt aus Habsucht152; grausame Tötung statt aus niedrigen Beweggründen;153 niedere Beweggründe statt Befriedigung des Geschlechtstriebs oder statt Heimtücke; Verdeckungsabsicht statt Wut oder Rachsucht;154 § 222 StGB – statt Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3 StGB), die trotz § 18 StGB ein anderer Tatbestand ist;155 § 223a StGB a.F. – Verübung mit gefährlichen Werkzeugen statt gemeinschaftlich156 oder durch hinterlistigen Überfall157; § 224 StGB a.F. – andere Tatfolgen;158 § 243 StGB a.F. – Erbrechen eines Behältnisses statt Einbruchs oder Einbruch statt Einsteigen;159 die einzelnen Regelbeispiele der Neufassung des § 243 StGB sind keine Tatbestandsmerkmale mehr, dazu Rn. 42; §§ 243, 252 StGB – schwerer (a.F.) statt räuberischer Diebstahl;160
143 144 145 146 147 148 149 150
151
152
RGSt 65 363. BGH LM Nr. 12. RG Recht 1910 Nr. 1470. RG HRR 1940 Nr. 206 (zur früheren Fassung). BGH StV 2006 5 (aber Beruhen verneint). RG JW 1936 2554. BGH GA 1962 338. OGH NJW 1950 195; BGHSt 23 95, 97 f.; OLG Kiel SchlHA 1948 191; Küpper NStZ 1986 249, 251. BGH StV 1984 367; bei Holtz MDR 1981 102; 12.1.2011 – 1 StR 582/10; offen gelassen in BGHSt 23 95, 97 f.; 25 287, 289 f.; BGH NStZ-RR 1999 235, 236; Küpper NStZ 1986 249, 251. KG HESt 1 189 = SJZ 1947 447 mit abl. Anm. Exner.
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153 154 155 156
157 158 159 160
BGH bei Dallinger MDR 1970 382 f. BGHSt 25 287, 289 f.; Geis NJW 1990 2735 f.; Küpper NStZ 1986 249, 251. BGH NStZ 1983 424; Schlothauer StV 1986 213, 217. RGSt 12 379; 30 177; RGRspr. 9 (1887) 204; BGH NStZ 1984 328; vgl. Küpper NStZ 1986 249, 251 zu den einzelnen Tatbestandsvariationen des § 223a StGB a.F. BGH nach KK/Engelhardt 8; vgl. auch BGH NStZ 1997 237. BGH NStZ 1984 328; StV 1997 237; Küpper NStZ 1986 249, 251. RGRspr. 7 (1885) 138; RG GA 46 (1898/ 1899) 321; Oetker JW 1922 1016. RG Recht 1927 Nr. 231; BGH VRS 65 (1983) 128.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
§ 244 StGB – Bandendiebstahl statt Diebstahls unter Mitführung einer Schusswaffe;161 §§ 246, 266 StGB – Unterschlagung statt Untreue162 oder statt Amtsunterschlagung 163; § 250 StGB – Bandenraub statt Raubes mit Waffen; Verabredung zum schweren Raub statt Raubes mit Waffen;164 § 257 StGB – persönliche statt sachlicher Begünstigung;165 eigennützige sachliche Begünstigung statt Anstiftung zum Diebstahl und Hehlerei;166 § 259 StGB a.F. – Mitwirken zum Absatz statt Ansichbringens oder Verheimlichens oder dieses statt Ansichbringens;167 § 260 StGB – gewerbsmäßige statt gewohnheitsmäßiger Hehlerei;168 § 266 StGB – Treubruchtatbestand statt des Missbrauchstatbestands;169 für den umgekehrten Fall kann etwas anderes gelten;170 § 267 StGB – Herstellen statt Gebrauchmachen;171 § 274 StGB – Wegnahme statt Unkenntlichmachen eines Grenzmerkmals;172 anders aber bei fälschlichem Setzen statt Verrücken (Rn. 39); § 289 StGB – Wegnahme einer fremden statt der eigenen Sache;173 § 308 StGB a.F. – Übergang von der zweiten zur ersten Alternative;174 § 315c StGB – Abs. 1 Nr. 2d statt Nr. 2b;175 § 316 StGB und § 24a StVG;176 § 323a (§ 330a a.F.) StGB – bei Änderungen der Rauschtat;177 oder Verurteilung aus § 323a StGB anstelle der Rauschtat;178 § 348 Abs. 2 StGB – Vernichtung einer amtlich zugänglichen statt einer amtlich anvertrauten Urkunde;179 verschiedene Verkehrsverstöße sind in der Regel keine gleichartigen Erscheinungsformen derselben Tat;180 Art. 6 §§ 1, 2 MietRVerbG – Zerstörung einer Wohnung statt Leerstehenlassen.181
161 162 163 164 165 166 167 168 169 170
171 172 173 174
BGH bei Dallinger MDR 1974 548. RGSt 46 378. RGSt 17 294. BGHSt 26 167, 174 m.w.N.; BGH NStZ 1994 285; KK/Engelhardt 8 m.w.N. RG JW 1920 649. BGHSt 2 371. RG GA 42 (1894) 395; 51 (1904) 354; JW 1928 2259; a.A. RG GA 65 (1918) 544. RGSt 27 138 f. BGH NJW 1954 1616; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1988 449 Nr. 14. BGH JR 1985 28 mit Anm. Otto; OLG Oldenburg HESt 2 45; dazu Küpper NStZ 1986 249, 252 f. BGH StV 1985 490. RG GA 52 (1905) 244. RG Recht 1902 Nr. 2772. BGH StV 1989 468, 469.
175 176 177
178 179 180
181
OLG Hamm VRS 42 (1972) 115 f. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1981 94. BGH bei Dallinger MDR 1967 175; BayObLGSt 1954 45 = NJW 1954 1579; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1969 153 Nr. 61; Schlothauer StV 1986 213, 217. OLG Köln NStZ-RR 1998 370; OLG Oldenburg NJW 2009 3669 f. RGSt 24 89 f. BayObLGSt 1956 286; OLG Hamm VRS 42 (1972) 115; KG VRS 10 (1956) 58; OLG Köln VRS 12 (1957) 284; OLG München DAR 1951 67; OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 187; OLG Schleswig DAR 1962 157; bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1980 176; vgl. aber auch KG VRS 12 (1957) 451. OLG Köln NStZ 1983 31.
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§ 265 39
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
b) Der Hinweis wurde für entbehrlich gehalten: § 117 StGB – vom Eigentümer bestellter Aufseher statt Forstbeamter;182 § 176 Nr. 3 StGB a.F. – Verleitung zur Verübung einer unzüchtigen Handlung statt Verübung einer solchen;183 § 180 StGB a.F. – Absatz 2 statt Absatz 1;184 § 223a StGB a.F. – Benutzung eines gefährlichen Werkzeugs statt einer Waffe;185 § 223b StGB a.F. – Vernachlässigen statt Quälen;186 § 224 a.F. StGB – Lähmung statt Verlust eines Gliedes;187 § 250 StGB – Mittel statt Werkzeugs;188 § 257 StGB – Begünstigung eines Vergehens statt eines Verbrechens;189 § 263 StGB – Vorspiegelung falscher statt Unterdrückung wahrer Tatsachen;190 § 266 StGB – Vermögensgefährdung statt Vermögensbeschädigung;191 § 274 StGB – Unterdrückung statt Vernichtung einer Urkunde;192 fälschliches Setzen eines Grenzsteins statt Verrückung;193 § 284 StGB – Bereitstellen einer Einrichtung statt Veranstalten von Glücksspielen;194 § 286 StGB – Lotterie statt Ausspielung;195 § 302a StGB a.F. (vgl. jetzt § 291 StGB) – Ausbeutung des Leichtsinns statt Notlage;196 § 4 Nr. 1 LebMG a.F. – Verfälschen statt Nachmachen;197 §§ 239, 240 KO a.F. (vgl. jetzt §§ 283 StGB ff.). – Zahlungseinstellung statt Konkurseröffnung;198 einfacher statt betrügerischer Bankrott;199 unordentliches Führen der Bücher statt Unterlassen der Buchführung.200 4. Straferhöhende Umstände und Maßregeln der Besserung und Sicherung (Absatz 2)
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a) Straferhöhende Umstände im Sinne des Absatzes 2 sind nur in der Hauptverhandlung neu hervorgetretene Tatsachen, die zur Anwendung einer nach Art oder Umfang schwereren oder einer zusätzlichen Strafsanktion führen können und die der Angeklagte nicht aus der zugelassenen Anklage entnehmen und auf die er sich daher zu seiner Verteidigung nicht vorbereiten konnte.201 Gleichzustellen ist entgegen der Rechtsprechung der Fall, dass in der Anklage bereits benannte Umstände erst in der Hauptverhandlung als 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192
RGSt 33 224. RG LZ 1914 784. RGSt 63 160. RGSt 30 176, 177; krit. Küpper NStZ 1986 249, 252. RGSt 70 357, 358 f. BGH NJW 1988 2622 mit abl. Anm Kratzsch JR 1989 295. BGH bei Miebach NStZ 1988 212 f. Nr. 18; BGHR § 265 Hinweispflicht 1. RGSt 13 134, 136. BGH 6.6.1955 – 3 StR 260/54 bei KK/Engelhardt 9. BGH 24.6.1979 – 1 StR 785/79 bei KK/Engelhardt 9. RGSt 40 114 f.
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193 194 195 196 197
198 199 200 201
RGSt 19 401, 402; RGRspr. 4 (1882) 62 f. OLG Düsseldorf JMBlNW 1991 19, 20. RGSt 31 71. RGSt 17 440, 441 f. BGHSt 21 1; dazu Hanack JZ 1972 433; zur Rechtslage nach dem LFBG vgl. die einschlägigen Kommentare. RGSt 36 266. BGH LM Nr. 9. RGSt 3 417, 418; 19 401, 402. RGSt 39 17, 18 f.; 52 249, 250; RG JW 1926 1217; BGHSt 29 274, 279; OLG Jena StV 2007 230, 231; KK/Engelhardt 13; KMR/Stuckenberg 32; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 22; Wachsmuth ZRP 2006 121 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
straferhöhend erkannt werden,202 zumal dies für die Maßregelanordnung stets anerkannt war (Rn. 46). Beim Wegfall straferhöhender Umstände oder beim Hinzutreten eines strafmildernden Gesichtspunkts203 sowie beim Wegfall in der Anklage genannter strafmildernd wirkender Tatsachen204 bedarf es in der Regel keines Hinweises. Unter den „vom Strafgesetz besonders vorgesehenen Umständen“, welche die Straf- 41 barkeit erhöhen, ist grundsätzlich dasselbe wie in § 263 Abs. 2 zu verstehen (§ 263, 10).205 Dazu gehören unstreitig alle echten Qualifikationstatbestände, bei denen durch Festlegung bestimmter zusätzlicher Tatumstände ein gegenüber dem Grundtatbestand verselbständigter neuer Tatbestand geschaffen wurde, wie etwa § 221 Abs. 2, 3; §§ 224, 226; § 239 Abs. 3, 4; § 239a Abs. 3 oder § 250 Abs. 1; § 260 Abs. 1 StGB.206 Bei den nur durch Regelbeispiele verdeutlichten Strafschärfungsgründen, die keine 42 tatbestandsmäßige Verselbständigung bedeuten,207 war die Hinweispflicht strittig, da Absatz 2 – ebenso wie § 263 Abs. 2, § 267 Abs. 2 – nur auf die tatbestandsmäßig ausformulierten Fälle abstellte. Die jetzt vorherrschende Meinung nimmt in analoger Anwendung des Absatzes 2 eine Hinweispflicht an, sofern sich das Vorliegen der für das Regelbeispiel maßgebenden Tatumstände nicht bereits aus dem Sachverhalt der Anklage ergibt,208 vor allem, wenn er erst später hervorgetreten ist, aber auch, wenn er nicht ohne Weiteres dem äußeren Sachverhalt der Anklage zu entnehmen ist. Hingegen fallen unbenannte Strafschärfungsgründe, die für nicht tatbestandsmäßig 43 näher umschriebene besonders schwere Fälle eine höhere Strafe androhen, nicht unter Absatz 2,209 genau so wenig sonstige schwere Fälle außerhalb vom Gesetz aufgezählter Regelbeispiele210. Bloße Strafzumessungsgründe, die innerhalb des ordentlichen Strafrahmens zu berücksichtigen sind, fallen nicht unter Absatz 2.211 202
203
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AK/Loos 7; HK/Julius 8; KMR/Stuckenberg 32; SK/Velten 23 f.; Eb. Schmidt 12; Schlothauer StV 1986 213, 220, 222; a.A. BGHSt 29 274, 279; Wachsmuth ZRP 2006 121, 123 f. (keine planwidrige Lücke, daher Gesetzesänderung nötig). RGSt 53 100; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 310, 311; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 14; KMR/Stuckenberg 33; Meyer-Goßner 17; SK/Velten 27; Eb. Schmidt 12. BGH NJW 1955 31 (zu § 157 StGB); 1988 501 mit Anm. Hilgendorf-Schmidt NStZ 1988 191 (Wegfall des § 21 StGB); KK/Engelhardt 14; KMR/Stuckenberg 33; Meyer-Goßner 17; SK/Velten 27. BGHSt 3 30, 32; krit. Schlothauer StV 1986 213, 220. RGSt 70 357, 358; BGHSt 29 274, 279 f.; BGH NJW 1955 31; 1959 996; 1977 1830; OLG Jena StV 2007 230, 231; KK/Engelhardt 14; KMR/Stuckenberg 34; MeyerGoßner 18. RGSt 70 357; BGH NJW 1959 996; 1977 1830 mit Anm. Braunsteffer NJW 1978 60. BGH NJW 1980 714 unter Einschränkung von BGH NJW 1977 1830 (für die Gewerbsmäßigkeit beim Handeln mit Betäu-
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bungsmitteln); StV 1987 427; ebenso AK/Loos 17; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 14; KMR/Stuckenberg 35; LR/Gollwitzer 25 43; Meyer-Goßner 19; SK/Velten 25 f.; Hamm 1167; Arzt JuS 1972 515, 516 f.; Braunsteffer NJW 1978 60; Fabry NJW 1986 15; Furtner JR 1969 11, 13; Roxin 25 § 42, 27; Roxin/Schünemann § 44, 30; Schlüchter 366.3; Schlothauer StV 1986 213, 221; Rieß GA 2007 377, 380 ff.; Wessels FS Maurach 295, 308. RGSt 70 357, 358; RG JW 1935 2433; BGHSt 29 274; 279 f.; BGH NJW 1959 996; 1977 1830; StV 2000 298; VRS 56 (1979) 189, 191; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 14; KMR/Stuckenberg 35; MeyerGoßner 19; Schlothauer StV 1986 213, 220, 221; a.A. AK/Loos 17; SK/Velten 25. KMR/Stuckenberg 35; Meyer-Goßner 19; LR/Gollwitzer 25 44; Arzt JuS 1972 515, 517; a.A. AK/Loos 17 für Fälle richterlicher Regelbildung; HK/Julius 7; Furtner JR 1969 11, 13; Schlothauer StV 1986 213, 221; unklar Hamm 1167. Vgl. OLG Hamm NJW 1980 1587; die Frage, ob wegen der Befugnis zur Einspruchszurücknahme der Betroffene auf die
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Unabhängig von der strittigen Tragweite der analogen Anwendung des Absatzes 2 kann in den vorgenannten Fällen aber die prozessuale Fürsorgepflicht einen ausdrücklichen Hinweis gebieten. Die Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs und zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens erfordert einen Hinweis zudem immer dann, wenn das Gericht einem tatsächlichen Umstand für die Findung des Strafrahmens Gewicht beimessen will und dies dem Angeklagten weder aus der Anklage noch aus dem Gang der Hauptverhandlung ersichtlich ist.212 Der Angeklagte muss zu diesen Tatsachen und ihrer Bedeutung gehört werden, er muss seine Verteidigung auch hierauf erstrecken können. Die Anwendung besonderer gesetzlicher Milderungsgründe ist auch ohne einen ent45 sprechenden Hinweis zulässig;213 etwas anderes gilt, wenn sich der mildere Fall zu einem Sonderstraftatbestand verfestigt hat (Rn. 28).
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b) Kommt eine Maßregel der Besserung und Sicherung in Betracht, bedarf es stets eines Hinweises, wenn die Anklage die Möglichkeit ihrer Anordnung nicht erwähnt hat. Dies gilt schon, wenn im Übrigen der angeklagte Sachverhalt unverändert geblieben ist und es gilt erst recht, wenn erst die in der Hauptverhandlung festgestellten Tatsachen ergeben, dass eine solche Maßregel in Betracht kommen kann. Der Schutzzweck des Absatzes 2 erfordert, dass der Angeklagte nicht im Zweifel darüber bleibt, auf Grund welcher Tatsachen das Gericht die Anordnung einer bestimmten Maßregel erwägt.214 Da die einzelnen Maßregeln der Besserung und Sicherung ihrem Wesen nach verschieden sind, ersetzt der Hinweis auf eine Maßnahme den Hinweis auf eine andere möglicherweise auch in Betracht zu ziehende Maßnahme nicht. Deshalb muss der Angeklagte nach Absatz 2 auch darauf hingewiesen werden, wenn eine andere Maßregel in Betracht kommt als die zugelassene Anklage angeführt hat.215 Soll beispielsweise ein Berufsverbot ausgesprochen werden, so ist der Angeklagte in 47 der Hauptverhandlung ausdrücklich auf die Möglichkeit dieser Maßregel hinzuweisen, wenn die ihm zur Last gelegten Straftaten im Eröffnungsbeschluss nicht als Voraussetzungen dafür gekennzeichnet sind.216 Gleiches gilt für die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus,217 in einer Entziehungsanstalt,218 für die Anordnung der Sicherungsverwahrung,219 für die Führungsaufsicht220 und für die Entziehung der Fahrerlaubnis,221
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Möglichkeit einer höheren Geldbuße hinzuweisen ist, ist keine Frage des § 265 Abs. 1, 2; vgl. OLG Dresden DAR 2003 181. Auch bei höherem Bußgeld: OLG Jena VRS 113 (2007) 330 (Überraschungsentscheidung); KG VRS 113 (2007) 293 (Vertrauenstatbestand). BGH NJW 1956 1246; Meyer-Goßner 17. BGHSt 2 85, 87; 18 288, 289; BGH StV 1988 329; 1991 8; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30; Schlothauer 1986 213, 218; AK/Loos 19; KK/Engelhardt 15; KMR/ Stuckenberg 37; Meyer-Goßner 20; SK/Velten 28. RG HRR 1939 Nr. 133; BGHSt 29 274, 279; BGH StV 1991 198; KK/Engelhardt 15; KMR/Stuckenberg 37; Meyer-Goßner 20; SK/Velten 28.
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BGHSt 2 85. BGHSt 22 29; BGH NJW 1964 459; bei Holtz MDR 1976 815; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 32; 1992 249; NStZ-RR 2002 271; 2010 215; StV 1982 4; Schlothauer StV 1986 213, 218. BGH StV 1988 329; 1991 198; 2008 344. BGH GA 1966 180; NStZ 2009 227; 2009 468; NStZ-RR 2004 297; 2009 378; StV 1994 232 f.; bei Holtz MDR 1976 815. Offen lassend für den Übergang von § 66 Abs. 2 auf Abs. 3 StGB BGH StraFo 2003 198 f.; verneinend Meyer-Goßner 20. Schlothauer StV 1986 213, 219. BGHSt 18 288 = JZ 1963 514 mit Anm. Weber; BGH StV 1991 198; 1993 395; StraFo 2003 276; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 30; Schlothauer StV 1986 213, 219.
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dies auch dann, wenn zuvor im Strafbefehl bereits ein Fahrverbot verhängt worden war222. Der Hinweis ist auch nicht als entbehrlich anzusehen, wenn der Angeklagte diese Möglichkeit bereits aufgrund einer vorläufigen Sicherungsmaßnahme (etwa nach § 111a StPO) kennt,223 und keinesfalls, wenn diese wieder zurückgenommen worden war224. 5. Art und Weise der Erteilung des Hinweises a) Der Vorsitzende erteilt den Hinweis (§ 238 Abs. 1) für das Gericht.225 Er kann ihn 48 ohne vorgängigen Gerichtsbeschluss aussprechen;226 er muss ihn geben, wenn das Gericht dies (etwa im Rahmen der Urteilsberatung) beschlossen hat. Der Hinweis kann auch durch Gerichtsbeschluss erteilt werden, etwa im Falle des § 238 Abs. 2, wenn der Vorsitzende einen darauf gerichteten Antrag abgelehnt hat. b) Der Hinweis, der den Inhalt der Anklage verändert, ist dem Angeklagten grund- 49 sätzlich persönlich zu erteilen. Bei mehreren Angeklagten ist im Interesse der Verfahrensklarheit grundsätzlich jeder gesondert und ausdrücklich auf die für ihn in Betracht kommenden Veränderungen hinzuweisen,227 auch wenn die jeweiligen Änderungen zueinander in einem Wechselverhältnis stehen und sich gegenseitig bedingen, wie etwa eine geänderte Rollenverteilung bei der Tatbeteiligung. Ein gemeinsamer Hinweis ist nur dann unschädlich, wenn dadurch die Verständlichkeit nicht leidet und jeder Mitangeklagte eindeutig erkennen kann, was ihm nunmehr zur Last gelegt werden soll. Vor allem bei Angeklagten ohne Verteidiger sind deshalb gesonderte Hinweise vorzuziehen. Sind zwei Angeklagte als Mittäter beschuldigt worden, ersetzt der Hinweis gegenüber dem einen, dass er auch wegen Beihilfe bestraft werden könne, in der Regel nicht den Hinweis an den anderen, dass er nun als Alleintäter angesehen werden könne.228 Die Abwesenheit des Angeklagten lässt die Hinweispflicht des Gerichts unberührt. 50 Ein Hinweis, der dem Angeklagten nicht in der Hauptverhandlung eröffnet werden kann, ist ihm in geeigneter Form zur Kenntnis zu bringen. Vielfach kann er der Ladung beigefügt werden, wenn ein neuer Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung bestimmt werden muss.229 Nur wenn ohne Anwesenheit des Angeklagten verhandelt wird, können nach § 234a dem Verteidiger die Hinweise nach den Absätzen 1 und 2 erteilt werden, unabhängig davon, ob der Verteidiger zur Vertretung des Angeklagten nach § 234 bevollmächtigt ist. Gleiches gilt nach § 74 Abs. 4 OWiG. Die Tragweite dieser Ausnahme ist vor allem dort strittig, wo das Gesetz die Abwesenheitsverhandlung davon abhängig macht, dass der Angeklagte zur Anklage gehört wurde, was auch die Anhörung zu deren Veränderung einschließt. Im Einzelnen:
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BayObLGSt 2004 43; Meyer-Goßner 20. So aber BayObLG bei Rüth DAR 1974 182; HK/Julius 7; KMR/Stuckenberg 37; SK/Velten 30. OLG Koblenz VRS 71 (1986) 209, 211. BGHSt 22 29, 31; BGH StV 1994 232, 233; AK/Loos 26; KK/Engelhardt 16; KMR/ Stuckenberg 38; Meyer-Goßner 28; SK/Velten 29. KMR/Stuckenberg 38; SK/Velten 29. RG GA 43 (1895) 393 f.; HK/Julius 24; KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 39;
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Pfeiffer 9; SK/Velten 31; dagegen lassen einen mittelbaren und konkludenten Hinweis genügen BGH NStZ 1983 569 f.; 1986 85 mit abl. Anm. Berz; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 2; KK/Engelhardt 10; MeyerGoßner 31; Niemöller (Hinweispflicht) 74 f. Fn. 152. RG GA 43 (1895) 393 f.; AK/Loos 11; KK/Engelhardt 16. Vgl. BayObLG bei Rüth DAR 1986 248; KK/Engelhardt 19; KMR/Stuckenberg 39; Meyer-Goßner 30.
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Ist der Angeklagte nach § 247 von der Teilnahme an einzelnen Teilen der Hauptverhandlung zeitweilig ausgeschlossen, ist ihm persönlich der Hinweis nach seiner Wiederzulassung zu erteilen.230 Es genügt nicht, dass der anwesende Verteidiger in seiner Abwesenheit auf die Veränderungen hingewiesen wird. Hat der Angeklagte, der nach § 231b von der Teilnahme an der Verhandlung ausgeschlossen wurde, keinen Verteidiger, so ist ihm der Hinweis nach seiner Wiederzulassung in der Hauptverhandlung zu erteilen. Ist dies nicht möglich oder wegen besonderer Umstände nicht angezeigt, genügt es, wenn ihm der in der Hauptverhandlung ergehende Hinweis schriftlich oder durch einen beauftragten Richter mündlich bekannt gegeben wird.231 Die Fortsetzung der Hauptverhandlung ohne den Angeklagten nach § 231 Abs. 2 setzt dessen Anhörung zur Anklage voraus. Hinweise nach § 265 Abs. 1 und 2 können daher nur erteilt werden, wenn ein Verteidiger mitwirkt (§ 234a),232 sofern nicht andere Gründe, wie etwa die Aufklärungspflicht, die persönliche Anhörung des Angeklagten zu dem geänderten Vorwurf erforderlich erscheinen lassen. Bei der Abwesenheitsverhandlung nach § 233 kann der Hinweis nach § 265 Abs. 1, 2 dem Angeklagten schon vor der Hauptverhandlung bereits bei seiner kommissarischen Einvernahme nach § 233 Abs. 2 erteilt werden. Gleiches gilt, wenn die sich in der Hauptverhandlung abzeichnende Sach- und Rechtslage seine erneute Einvernahme zur Gewährung des rechtlichen Gehörs oder zur Sachaufklärung notwendig erscheinen lässt. Hingegen genügt es nicht, dass der Hinweis seinem an der Hauptverhandlung teilnehmenden Verteidiger nach § 234a gegeben und diesem überlassen wird, ob er wegen Veränderung die Aussetzung und nochmalige kommissarische Einvernahme beantragen will, weil der Hinweis den Inhalt der Anklage ändert, zu der der Angeklagte aber nach § 233 Abs. 2 vernommen werden muss.233 Dem Verteidiger wird der Hinweis in der Hauptverhandlung dadurch zur Kenntnis gebracht, dass er in seiner Gegenwart dem anwesenden Angeklagten als dem eigentlichen Adressaten erteilt wird, und zwar auch dann, wenn dieser jede Einlassung zur Sache abgelehnt hat.234 Ist allerdings der Angeklagte in der Hauptverhandlung nicht anwesend, gestattet § 234a, dem Verteidiger den Hinweis zu erteilen (Rn. 50 ff.). Die in der Hauptverhandlung anwesenden anderen Verfahrensbeteiligten erhalten schon durch den Hinweis an den Angeklagten Kenntnis von der vom Gericht erwogenen Änderung. Ein zusätzlicher förmlicher Hinweis an sie ist nicht vorgeschrieben und für die sachgemäße Wahrung ihrer Verfahrensinteressen auch entbehrlich. Ein Verfahrensbeteiligter, der nach § 433 Abs. 1 Angeklagtenbefugnisse hat und dem nach § 435 Abs. 2 die Anklage mitzuteilen ist, muss aber auch von deren rechtlicher Veränderung in Kenntnis gesetzt werden, sofern diese auch seine Verfahrensinteressen betrifft und der Hinweis weder in seiner Gegenwart oder in Gegenwart einer ihn vertretenden Person (§ 434) bekannt gegeben wurde.
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BTDrucks. 10 1313 S. 27; KMR/Stuckenberg 39; LR/Gollwitzer 25 68. KK/Engelhardt 19; KMR/Stuckenberg 39; Meyer-Goßner 30; SK/Velten 31. AK/Loos 26; HK/Julius § 231, 8; KK/Engelhardt 19; Meyer-Goßner 30 und § 231, 21; SK/Velten 31; LR/Becker § 231, 28.
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KK/Gmel § 234a, 3; Meyer-Goßner 30 und § 233, 16; a.A. HK/Julius § 234a, 2; LR/Gollwitzer 25 71; ferner LR/Becker § 234a, 5 m.w.N.; SK/Deiters § 234a, 5 f. Vgl. BGH NStZ 1983 35; 1993 200.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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c) Ein Zeitpunkt für den Hinweis wird von § 265 nicht vorgeschrieben.235 Aus dem 57 Zweck des § 265, eine sachgemäße Verteidigung zu sichern, folgt jedoch in Übereinstimmung mit Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK, dass der Hinweis so früh wie möglich zu geben ist.236 Dies ist notwendig, damit der Angeklagte möglichst frühzeitig den neuen Gesichtspunkt in seine Verteidigung mit einbeziehen kann; es beugt auch Verfahrensverzögerungen vor, wie sie ein erst kurz vor Verfahrensabschluss erteilter Hinweis auslösen kann. Der Hinweis sollte andererseits aber erst erteilt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass eine Verurteilung unter dem neuen rechtlichen Gesichtspunkt ernsthaft in Betracht kommen kann (vgl. Rn. 61). Der Hinweis muss dem Angeklagten aber nicht notwendig in der Hauptverhandlung 58 erteilt werden. Er kann ihm auch außerhalb der Hauptverhandlung zur Kenntnis gebracht werden, etwa bei der Einvernahme durch einen ersuchten Richter oder schriftlich bei einer Ladung zu einem neuen Termin oder auch schon im Eröffnungsbeschluss.237 Fehlen in der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss Angaben dazu, welche Tatbestandsalternative eines Straftatbestandes dem Angeklagten vorgeworfen wird, so ist dies vor der Vernehmung des Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 5 Satz 2) durch einen Hinweis nachzuholen und klarzustellen.238 Der Hinweis ist zulässig bis zur Verkündung des Urteils; ergibt sich die Notwendigkeit einer Umgestaltung der Strafklage erst in der Urteilsberatung, ist nochmals in die Verhandlung einzutreten und der Hinweis zu erteilen sowie § 258 zu beachten (§ 258, 8, 69).239 d) Form. Der Hinweis nach Absatz 1, 2 muss nicht in einer bestimmten Form er- 59 gehen, sondern kann ebenso mündlich wie schriftlich erteilt werden. Der Wortlaut des Absatzes 1 („besonders hingewiesen“) und der Normzweck erfordert allerdings eine ausdrückliche Erklärung,240 die eine den rechtlichen Rahmen der Hauptverhandlung bestimmende Prozesshandlung ist und nur durch das Sitzungsprotokoll bewiesen werden kann (Rn. 69 ff.). Daher ersetzt ein Beschluss, in dem das Gericht lediglich die Einholung eines Gutachtens über die Schuldfähigkeit des Angeklagten und über die Notwendigkeit seiner eventuellen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnet, nicht den Hinweis nach Absatz 1 oder 2 (Rn. 22). Der förmliche Hinweis auf eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts ist nicht 60 Teil der Zeugenvernehmung. Ist nur während dieser die Öffentlichkeit ausgeschlossen, darf er erst nach deren Wiederherstellung erteilt werden,241 der nicht förmliche Hinweis auf mögliche tatsächliche Veränderungen kann dagegen Teil einer Zeugenvernehmung sein und auch schon während dieser ausgesprochen werden.242 e) Inhalt. Auch der Inhalt des Hinweises wird von § 265 nicht näher vorgeschrieben 61 und ergibt sich allein aus dem Zweck der Regelung. Der Hinweis soll Angeklagten und Verteidiger in die Lage versetzen, die Verteidigung auf den neuen Gesichtspunkt einzu-
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RGRspr. 6 (1884) 174, 175. BGH NStZ 2007 234, 235; AK/Loos 30; HK/Julius 11; KK/Engelhardt 18; KMR/ Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 32; SK/Velten 34; Eb. Schmidt 18. BGHSt 23 304, 306 = LM § 200 Nr. 3 mit Anm. Martin; AK/Loos 30; KK/Engelhardt 18; KMR/Stuckenberg 40; Meyer-Goßner 32; SK/Velten 34.
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BGH StV 1984 63; OLG Frankfurt StV 1992 60. BGHSt 19 156; BGH StV 1994 63; NStZ-RR 2005 259; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweis 1; Eb. Schmidt 19. KMR/Stuckenberg 41; a.A. Niemöller (Hinweispflicht) 74 f. Vgl. BGH NStZ 1996 49; StV 2003 271 f. BGH StV 2000 248 mit Anm. Ventzke.
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richten.243 Aus dem Hinweis selbst – ggf. in Verbindung mit Anklage und Eröffnungsbeschluss und den Umständen der Hauptverhandlung244 – muss eindeutig erkennbar sein, welches Strafgesetz, gegebenenfalls welche Begehungsform,245 das Gericht bei einem bestimmten Sachverhalt in Betracht zieht und in welchen Tatsachen die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale gesehen werden246. Fehlen etwa die Angaben zur Begehungsform schon in der zugelassenen Anklage, muss ein solcher Hinweis sie nachholen.247 Was der Hinweis im Einzelnen enthalten muss, folgt aus der jeweiligen Sachlage und aus seinem Zweck, den Angeklagten im Interesse einer effektiven Verteidigung vor Überraschungen zu schützen. Bei ungeklärter Rechtslage nur vorsorglich erteilte Hinweise auf nur theoretisch denkbare Veränderungen belasten das Verfahren unnötig,248 ebenso eine Vielzahl von Hinweisen auf einander ausschließende Verurteilungsalternativen.249 Erläuterungen tatsächlicher Art können je nach den Umständen zur Ergänzung des 62 Hinweises notwendig werden, wenn dieser von einem Sachhergang ausgeht, der sich von den tatsächlichen Annahmen der zugelassenen Anklage entfernt hat. Je schwerer der neu erhobene Vorwurf wiegt, desto strenger sind die Anforderungen an die Angabe von Tatsachen.250 Verändert sich mit dem rechtlichen Gesichtspunkt auch die Richtung des Vorwurfs (Begünstigung des A, statt Hehlerei nach Diebstahl des B), so muss auch das aus dem Hinweis hervorgehen;251 ebenso, wenn dies mit einer Änderung des Tatobjekts oder der Tatbeteiligten verbunden ist. Ein Hinweis auf die Tatsachen erübrigt sich demnach nur dann, wenn sie nach dem Gang der Hauptverhandlung außer Zweifel stehen.252 Verbleiben nach dem Hinweis Unklarheiten, auf welche tatsächlichen Vorgänge das Gericht nunmehr abstellen will, ist es dem Angeklagten oder seinem Verteidiger unbenommen, hierüber vom Gericht eine eindeutige Konkretisierung der Tatsachen zu verlangen, auf die es die rechtliche Veränderung gegenüber der Anklage stützt.253 Nicht genügt die bloße Befragung des Angeklagten, ob er für den Fall der Veränderung 63 des rechtlichen Gesichtspunktes Anträge zu stellen habe,254 oder, wenn der Angeklagte
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BGHSt 2 371, 373; 13 320, 323 f.; 18 56, 57; BGH bei Dallinger MDR 1957 653 f.; 1975 545; StV 1982 408; 1985 489, 490; 1995 462; 1998 582, 583; BayObLGSt 1954 45; OLG Oldenburg NJW 2009 3669 f. Vgl. BGH VRS 65 (1983) 128; KK/Engelhardt 17. BGHSt 2 371, 373; zu § 211 StGB: BGHSt 23 95, 96; 25 287, 288 f.; BGH bei Dallinger MDR 1975 545; NStZ 2005 111; 2007 116; StV 1982 408; 1984 367 f.; 1991 501 f.; 1993 179; 1998 582, 583; 1998 583 f.; zu § 223a StGB a.F.: BGH StV 1984 190, 191; 1997 237; zu § 267 StGB: BGH StV 1985 490; vgl. BayObLG VRS 57 (1979) 33, 34. BGHSt 2 371, 374; 13 320, 323 f. mit Anm. Eb. Schmidt JZ 1960 228; BGHSt 18 56, 57; 19 141, 143; 22 29, 30; BGH bei Dallinger MDR 1970 198 f.; bei Pfeiffer NStZ 1982 190; 2005 111; StV 1982 408; 1985 489, 490; 1988 329; 1993 179; 1998 582, 583; 2007 229; BayObLG bei Rüth
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DAR 1974 182; OLG Köln StraFo 2001 158; OLG Oldenburg NJW 2009 3669; KK/Engelhardt 17; KMR/Stuckenberg 42; Meyer-Goßner 31; SK/Velten 33; Eb. Schmidt 17; Hänlein/Moos NStZ 1990 481. Vgl. etwa BGHSt 40 44; BGH bei Holtz MDR 1991 1025; NJW 1998 3654; 1998 3788; NStZ 1996 295. KMR/Stuckenberg 43, 50; Pfeiffer 10. Scheffler JR 1989 232 ff. mit eindrucksvollem Beispiel; vgl. Hamm 1162. BGH StV 1998 582, 583. BGHSt 2 371, 373 f.; OLG Köln MDR 1975 164; KMR/Stuckenberg 45 f.; Schlothauer StV 1986 213, 225. BGHSt 13 320; BGH StV 1984 190, 191 f.; Hanack JZ 1972 433, 434; SK/Velten 43. BGHSt 13 320, 325; BGH StV 1984 190, 192; 1998 416 mit Anm. Park; Hanack JZ 1972 433, 434. RGSt 2 116; RGRspr. 8 (1886) 623; Meves 253.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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rechtsunkundig ist, die bloße Bezeichnung der neu in Betracht kommenden Paragraphen – diese können allenfalls ausreichen, wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat,255 sofern für diesen eindeutig ersichtlich ist, in welchen Tatsachen das Gericht die Tatbestandsmerkmale des neuen rechtlichen Gesichtspunktes erblickt 256 oder wenn nur eine andere Würdigung des unverändert gebliebenen Sachverhalts erwogen wird.257 Umgekehrt ist es unschädlich, wenn es daneben die Nummern der Paragraphen nicht erwähnt.258 Der Text der neuen Vorschrift muss auch nicht verlesen werden.259 Der Hinweis kann in Ausnahmefällen durch Bezugnahme auf die Ausführungen eines anderen Prozessbeteiligten, etwa des Staatsanwalts, erteilt werden,260 jedoch muss dann stets zweifelsfrei klargestellt werden, dass das Gericht die Anwendung des rechtlichen Gesichtspunkts in Betracht zieht. Die Erwägungen, aus denen das Gericht den neuen rechtlichen Gesichtspunkt oder 64 den erschwerenden Umstand für gegeben hält, braucht es bei dem Hinweis nicht offenzulegen.261 Der Hinweis braucht mit keiner Belehrung und keinem Rechtsgespräch, das freilich zulässig (vgl. § 257b sowie §§ 202a, 212) und nicht selten zweckmäßig ist, verbunden zu werden. Zur Offenlegung seiner (vorläufigen) Beweiswürdigung, die dieser Veränderung zugrunde liegen kann, ist es, wie auch sonst, nicht verpflichtet,262 sofern sich dies nicht im Einzelfall aus dem Gebot eines fairen Verfahrens ergibt, weil anders eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich ist;263 vgl. auch § 257b. f) Nach dem Hinweis muss der Angeklagte ausreichend Gelegenheit zur Verteidigung 65 erhalten. Wenn der Hinweis unmittelbar vor der Urteilsverkündung erteilt wird, vor allem, wenn erst nach der Beratung die Hauptverhandlung zur Erteilung des Hinweises wieder aufgenommen wird (§ 258, 8), muss der Vorsitzende durch sein Verhalten unzweideutig zum Ausdruck bringen, dass das Gericht bereit ist, mit Rücksicht auf die eingetretene Veränderung Erklärungen und Anträge des Angeklagten entgegen zu nehmen. Dem Angeklagten muss zu solchen Erklärungen und Anträgen ausreichend Zeit gelassen werden,264 notfalls durch Terminsverschiebung265. Auch soweit die nochmalige Befragung des Angeklagten nicht schon nach § 243 Abs. 5 geboten ist, erscheint es ratsam, wenn der Vorsitzende den Angeklagten ausdrücklich fragt, was er dem veränderten Gesichtspunkt gegenüber zu seiner Verteidigung anzuführen habe.266
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BGHSt 13 320, 324; 18 56, 57 f.; BGH bei Dallinger MDR 1957 653, 654; 1970 198 f.; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweis 2; BayObLGSt 1964 133, 134; AK/Loos 28; KK/Engelhardt 17; KMR/Stuckenberg 43; Meyer-Goßner 31. BGHSt 18 56, 57; AK/Loos 28; KK/Engelhardt 17; Meyer-Goßner 31. BGH bei Dallinger MDR 1970 198. BGHR § 265 Abs. 1 Hinweis 2; AK/Loos 28; KK/Engelhardt 17; KMR/Stuckenberg 43. RG GA 71 (1927) 17, 18. RG ZStW 47 (1927) 269. BGHSt 13 320, 324; BGH NJW 1954 1089; bei Dallinger MDR 1971 18; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweis 2; KK/Engelhardt 17; KMR/Stuckenberg 47; Meyer-Goßner 31; SK/Velten 33.
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BGHSt 43 212, 214 f. mit Anm. Herdegen JZ 1998 54 und König StV 1998 113; BGH NStZ 2009 468, 469; bei Becker NStZ-RR 2005 259 Nr. 11; StV 1987 427, 428; 2001 387 f.; StraFo 2003 95; AK/Loos 24; KMR/ Stuckenberg 47; Meyer-Goßner 7a; Roxin 25 § 42, 24; Meyer GA 1965 257, 260 Fn. 18; krit. König FG Friebertshäuser 211, 216 ff. BGH StV 1987 427, 428; 1988 9 f.; AK/Loos 24; KMR/Stuckenberg 47. RGSt 21 372, 374; 25 340, 341 ff.; BGH NStZ 1990 449; StV 1996 197 f.; KK/Engelhardt 22; KMR/Stuckenberg 48; Eb. Schmidt 18; Dahs (Rechtliches Gehör) 99 f. BayObLG bei Rüth DAR 1986 248. RGSt 25 340, 342; KMR/Stuckenberg 48; SK/Velten 34; Eb. Schmidt 18.
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§ 265 66
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Bei Erteilung des Hinweises auf die rechtliche Veränderung muss das Gericht den Angeklagten gegebenenfalls auch darüber belehren, dass nunmehr ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, sowie, dass er die Bestellung eines Pflichtverteidigers beantragen könne. Die geänderte Bewertung der Tat kann das Gericht auch veranlassen, den Pflichtverteidiger von Amts wegen zu bestellen.267
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6. Wirkung. Der Hinweis wirkt grundsätzlich für das gesamte weitere Verfahren. Zur Rechtslage bei mehreren Instanzen und nach Aussetzung vgl. Rn. 13 ff. Er gestattet dem Gericht, sein Urteil abweichend von der zugelassenen Anklage auf die im Hinweis angeführten rechtlichen Gesichtspunkte zu stützen, er verwehrt ihm aber auch nicht, der Rechtsauffassung der zugelassenen Anklage zu folgen. Die Prozessbeteiligten, vor allem der Angeklagte und sein Verteidiger müssen nach einem Hinweis grundsätzlich mit beiden Möglichkeiten rechnen und sie bei ihrem Prozessverhalten berücksichtigen.268 Ein neuer Hinweis ist aber geboten, wenn Gericht oder Vorsitzender ausdrücklich zu 68 erkennen gegeben haben, dass eine Verurteilung unter dem ursprünglichen rechtlichen Gesichtspunkt der Anklage nicht mehr erwogen werde und das Verteidigungsverhalten deswegen auf den neuen Gesichtspunkt beschränkt wurde. Dann erfordert die Fürsorgepflicht wegen des dadurch entstandenen Vertrauenstatbestandes einen neuen Hinweis, wenn das Gericht zur ursprünglichen Rechtsauffassung der Anklage zurückkehren will.269 Die ausdrückliche Erklärung, dass der ursprüngliche Vorwurf nicht mehr erwogen werde, kann zur Prozessbeschleunigung sinnvoll sein, da hierdurch überflüssige Ausführungen und Anträge der Prozessbeteiligten vermieden werden. Im bloßen Hinweis nach § 265 Abs. 1, 2 ist eine solche Erklärung in der Regel jedoch nicht enthalten, auch wenn der Eindruck erweckt wird, die alte Vorschrift komme nicht mehr in Betracht.270 Wollen die Verfahrensbeteiligten auf Grund des Hinweises ihr Prozessverhalten ausschließlich auf den neuen Gesichtspunkt beschränken, ist es deshalb ratsam, vorher eine ausdrückliche Erklärung des Gerichts hierüber herbeizuführen.
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7. Als wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens kann der Hinweis nach § 265 Abs. 1, 2 nur durch die Sitzungsniederschrift nachgewiesen werden.271 Ein Vermerk in den Urteilsgründen reicht hierzu nicht aus.272 Zu den wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens gehört aber nicht nur, dass ein 70 Hinweis erteilt wurde, sondern auch, welchen wesentlichen Inhalt er hatte,273 also beispielsweise bei einem Strafgesetz, das mehrere Begehungsarten kennt, die Angabe der
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Vgl. etwa OLG Düsseldorf StV 1984 369; KG StV 1995 184; wegen der Einzelheiten vgl. bei §§ 140, 141. AK/Loos 32; KK/Engelhardt 20; KMR/ Stuckenberg 50; diff. SK/Velten 37. BGH bei Dallinger MDR 1972 925. Weitergehend (stets neuer Hinweis) Scheffler JR 1989 232; HK/Julius 14. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1972 925. RGSt 1 254 f.; BGHSt 2 371, 373; 19 141, 143; 23 95, 96; BGH bei Dallinger MDR 1970 198 f.; 1975 545; StV 1984 63, 64; 1994 232, 233; 1998 583 f.; BayObLG VRS 62 (1982) 129; OLG Brandenburg NStZ-RR
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2000 54; OLG Braunschweig NStZ-RR 2002 179; OLG Hamm JMBlNW 1974 214; NJW 1980 1587; OLG Köln MDR 1975 164; OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 187, 188; OLG Schleswig SchlHA 1980 57; OLG Stuttgart DAR 1989 392. RGRspr. 1 (1879) 67; vgl. § 274, 21. BGHSt 2 371, 373; 19 141, 143; BGH bei Dallinger MDR 1957 653, 654; 1970 198; AK/Loos 31; HK/Julius 33; KK/Engelhardt 23; KMR/Stuckenberg 51; Meyer-Goßner 33; SK/Velten 35. Das Reichsgericht (RG JW 1922 1394) hatte dies nicht gefordert.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
Begehungsart, die das Gericht für anwendbar hält. Der Wortlaut des Hinweises muss dabei nicht in das Protokoll aufgenommen werden, doch genügt es nicht, wenn das Protokoll lediglich anführt, dass der Angeklagte auf die mögliche Anwendbarkeit eines bestimmten Paragraphen hingewiesen wurde. Sofern das Gericht nach Absatz 1, 2 mehr zu tun hat (Rn. 61 ff.), muss auch das Protokoll dies ausweisen, denn es ist gemäß § 274 davon auszugehen, dass der Hinweis den aus dem Protokoll ersichtlichen Inhalt hatte. Sofern mit dem Hinweis Erläuterungen der zugrunde liegenden Tatsachen zu verbinden sind (Rn. 62), ist ein Protokollvermerk hierüber jedenfalls zweckmäßig;274 ob er auch erforderlich ist, ist wenig geklärt275. Gibt das Protokoll aber den Wortlaut des Hinweises wieder, so erstreckt sich seine 71 Beweiskraft auch darauf. Will dagegen das Protokoll ersichtlich nicht den genauen Wortlaut des Hinweises beurkunden, sondern ihn nur in einer inhaltlichen Zusammenfassung festhalten, oder ist sonst aus ihm ersichtlich, dass seine Angaben unvollständig sind, dann schließt seine Beweiskraft nach § 274 nicht aus, dass das Revisionsgericht im Wege des Freibeweises feststellt, welchen genauen Inhalt der erteilte Hinweis hatte 276 sowie welche Tatsachen zusammen mit ihm vom Gericht angesprochen wurden. Im Wege des Freibeweises sind gegebenenfalls auch die äußeren Umstände festzustellen, unter denen der Hinweis erteilt wurde, ferner, woraus sich ergab, dass die Verfahrensbeteiligten erkannten, welche tatsächlichen Änderungen dem Hinweis zugrunde lagen. Auch wenn es sich nach der vorherrschenden Meinung insoweit nicht um eine protokollierungspflichtigen Umstand im Sinne des § 273 Abs. 1 handelt, wird zu Recht empfohlen, wegen dieser Streitfrage, aber auch zur Erleichterung des Freibeweises etwaige in diesem Zusammenhang erteilten Hinweise schriftlich zu fixieren und in das Protokoll aufzunehmen.
III. Hinweispflichten jenseits des Wortlauts der Absätze 1 und 2 1. Nebenstrafen und Nebenfolgen. Aus dem Wortlaut der Absätze 1 und 2 folgert die 72 herrschende Ansicht (Rn. 35), dass auf Rechtsfolgen mit Ausnahme der in Absatz 2 genannten Maßregeln nicht hingewiesen werden müsse, folglich insbesondere nicht auf Nebenstrafen und Nebenfolgen, weil diese ebenso wenig wie andere Bestimmungen, die gleichermaßen für alle Straftaten gelten (Rn. 34), zum notwendigen Inhalt des Anklagesatzes gehörten. Dennoch bejaht die uneinheitliche Rechtsprechung eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 1, 2 bei solchen Nebenfolgen, deren Anordnung besondere Umstände voraussetzt wie das Fahrverbot des § 25 StVG,277 während auf das Fahrverbot
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BGH NJW 1998 3728; StV 1996 297; bei Kusch NStZ 1997 71; Eb. Schmidt JR 1964 188; LR/Gollwitzer 25 78. Dagegen BGHSt 19 141, 143; LR/Gollwitzer 25 77; anders wohl BGHSt 2 371, 373; BGH bei Dallinger MDR 1957 653, 654; 1970 198; Niemöller (Hinweispflicht) 77. BGHSt 13 320, 323; 19 141, 143; OLG Frankfurt StV 1985 224; AK/Loos 31; HK/Julius 30; KK/Engelhardt 23; KMR/ Stuckenberg 51; Meyer-Goßner 33; Pfeiffer 12; SK/Velten 35; a.A. Hänlein/Moos NStZ 1990 481, 482; wohl auch BGHSt 2 371,
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373; BGH bei Dallinger MDR 1957 653, 654; 1970 198. BGHSt 29 274, 278; KG VRS 59 (1980) 42, 43; OLG Düsseldorf VRS 54 (1978) 206; 77 (1989) 367; 87 (1994) 203 f.; OLG Hamm DAR 1975 219; MDR 1980 161; StraFo 2005 298; OLG Jena VRS 118 (2010) 365; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 209, 210 f.; OLG Köln VRS 48 (1975) 52, 53; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1971 220 Nr. 103; OLG Stuttgart VRS 44 (1973) 134 f.; LR/Gollwitzer 25 35; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 48; a.A. OLG Saarbrücken OLGSt § 265 S. 15.
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
des § 44 StGB,278 das keine über die Erfüllung des jeweiligen Straftatbestandes hinausreichenden Feststellungen verlangt, kein Hinweis nötig sei. Ebenso wenig bedürfe es eines Hinweises bei Anordnung des Verfalls, der Einziehung, der Bekanntmachungsbefugnis nach § 200 StGB usw. (Rn. 35). Diese Praxis ist abzulehnen, da sie weder dem Zweck der großzügig auszulegenden (Rn. 8) Vorschrift noch dem Informationsanspruch der Verteidigung genügt. Da die Anklageschrift eine sachgerechte Verteidigung ermöglichen soll, sind in ihr auch die Vorschriften aufzunehmen, die nur die Rechtsfolgen betreffen,279 während die engherzige Gegenmeinung,280 die nur auf die Umgrenzungsfunktion der Anklage abstellt, weder vom Wortlaut des § 200 Abs. 1 Satz 1 gefordert noch sachlich berechtigt ist. Die von RGSt 5 137, 139 begründete Ansicht, jeder Angeklagte müsse sich über die Unrechtsfolgen selbst unterrichten, ist heute jedenfalls bei Fehlen eines Verteidigers mit dem „Vorstellungsbild unserer freiheitlichen Staatsordnung“281 von der Subjektstellung des Angeklagten schwerlich vereinbar. Eine Differenzierung zwischen Maßregeln und Nebenstrafen/Nebenfolgen ist aus Sicht der Verteidigung sachwidrig.282 § 265 Abs. 1, 2 weist insofern eine (nachträgliche283) Regelungslücke auf. Für eine konsistente entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 1 und 2 sind allein die Belange der Verteidigung maßgebend: Eine förmliche Hinweispflicht in entsprechender Anwendung des Absatzes 2 entsteht immer, wenn eine neu in Betracht kommende Rechtsfolge zu einer Änderung der Verteidigung führen kann,284 also nicht zwingend bereits mit Bejahung des Straftatbestands zu verhängen ist. Dies ist der Fall, wenn entweder die Anordnung einer Rechtsfolge von besonderen Umständen abhängt285 oder im Ermessen des Gerichts steht286. So ist ein Hinweis auch nötig, wenn in der Anklage auf §§ 69, 69a StGB hingewiesen ist, statt dessen aber nur ein Fahrverbot verhängt werden soll,287 nicht aber, wenn das Gericht nur die Dauer des im Bußgeldbescheid bereits angeordneten Fahrverbots verlängern will 288. 2. Bloße Änderung der Sachlage
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a) Problem. Ändert sich in der Hauptverhandlung die Sachlage, ohne dass damit eine Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts verbunden ist, so sind die Absätze 1 und 2 ihrem Wortlaut nach nicht anwendbar, jedoch eröffnet Absatz 4 die Möglichkeit einer
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KG VRS 53 (1977) 42, 43; OLG Koblenz NJW 1971 1472 f. mit abl. Anm. Händel; KK/Engelhardt 6, 15; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 48; a.A. BayObLGSt 1978 89, 92 f.; OLG Düsseldorf VerkMitt. 1973 14; OLG Hamm VRS 41 (1971) 100 f. mit abl. Anm. Meyer JR 1971 518; GA 1981 174; HK/Julius 7; KMR/Stuckenberg 54; Roxin 25 § 42, 27; Hanack JZ 1972 433; Schlothauer StV 1986 213, 221 f.; offen lassend BGHSt 29 274, 281; OLG Hamm VRS 34 (1968) 418, 419 (aber Hinweis aufgrund Art. 103 Abs. 1 GG); erwägend OLG Celle VRS 54 (1978) 268, 269. § 200, 30 f. m.w.N. RGSt 5 137, 139; 33 398, 399; BGHSt 16 47, 48; 22 336, 338; 29 124, 126; die Rechtsprechung des Reichsgerichts vor Aufnahme
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der Maßregeln in Absatz 2 im Jahr 1933 ist nur bedingt verwertbar. BayObLGSt 1964 133, 134. Vgl. OLG Hamm VRS 34 (1968) 418, 419; 41 (1971) 100, 101. Vgl. Fn. 304. BGHSt 29 274, 278 f.; insoweit a.A. LR/Gollwitzer 25 79 (Hinweis geboten, aber nicht stets förmlich). BGHSt 29 274, 280; LR/Gollwitzer 25 35; Schlothauer StV 1986 213, 220 ff. BGH StV 1984 453 mit Anm. Schlothauer; KMR/Stuckenberg 54; Hanack JZ 1972 433; Schlothauer StV 1986 213, 221 f.; vgl. BGH StV 1983 327 f. A.A. OLG Celle VRS 54 (1978) 268. BayObLGSt 1999 138, 141 = VRS 98 (2000) 33.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
Aussetzung. Eine Hinweispflicht hatte der insoweit unverändert Gesetz gewordene Entwurf bewusst nicht vorgesehen, weil der Angeklagte vermöge seiner ununterbrochenen Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung und seines Rechtes, Zeugen zu befragen sowie ggf. eine Abschrift des Sitzungsprotokolls zu erbitten, ausreichende Gelegenheit habe, sich mit den Ergebnissen der Hauptverhandlung bekannt zu machen.289 Dies wurde schon früh und zu recht bemängelt,290 denn zum einen kann nicht nur in umfangreichen und komplizierten Sachen die Veränderung der Tatsachengrundlage selbst für den verteidigten Angeklagten schwer zu erkennen sein, und zum anderen kann es für die Verteidigung mitunter weit bedeutsamer sein als die Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunktes, wenn die Tatbestandsmerkmale der angeklagten Tat möglicherweise in anderen als den von der Anklage herausgestellten Tatsachen gesehen werden oder wenn sich der mit in Betracht zu ziehende Tathergang hinsichtlich Ort, Zeit, beteiligten oder betroffenen Personen wesentlich ändert. Es entspricht daher seit langem der allgemeinen Auffassung291 und ist heute durch Art. 103 Abs. 1 GG garantiert (Rn. 6), dass die Verfahrensbeteiligten und vor allem der Angeklagte, der seine Verteidigung auf den in der Anklage herausgestellten Sachverhalt abgestellt hat, vom Gericht nicht im Unklaren gelassen werden darf, wenn es in Erfüllung seiner den gesamten geschichtlichen Sachverhalt umfassenden Kognitionspflicht den rechtlichen Vorwurf der Anklage auf andere Tatsachen stützen will, in denen nunmehr die Tatbestandsmerkmale gesehen werden oder durch die sich Tatrichtung, Tatort, Tatopfer, Tatbeteiligte oder Tatzeit wesentlich ändern. Der Angeklagte muss dann ausreichende Gelegenheit erhalten, sich auch gegen den dadurch veränderten Vorwurf zu verteidigen. Strittig ist vor allem, (1.) bei welchen Tatsachen ein ausdrücklicher gerichtlicher Hinweis nötig ist und wann es genügt, dass der Angeklagte auf sonstigem Wege die nötige Kenntnis erlangt hat, (2.) auf welcher Rechtsgrundlage eine etwaige Hinweispflicht beruht und (3.) ob der Hinweis förmlich erteilt, mithin protokolliert werden muss. b) Rechtsgrundlagen. Die Rechtsprechung zieht in uneinheitlicher Weise292 sowohl 74 den Grundgedanken des § 265 Abs. 1,293 als auch die Aussetzungsbefugnis aus § 265 289
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Hahn 209; dazu Meyer GA 1965 257, 267 Fn. 47; Niemöller (Hinweispflicht) 13 ff.; Gillmeister StraFo 1997 8; vgl. Lachnit (Voraussetzungen) 140 ff. Ditzen LZ 1917 1213, 1214; Alsberg JW 1922 811 („eine der bedenklichsten Lücken der StPO“); dazu Meyer GA 1965 257, 258 ff.; Niemöller (Hinweispflicht) 15 ff., 83. So bereits RGSt 76 82, 85; RG JW 1928 820; HRR 1931 Nr. 636; BGHSt 8 92, 96 f.; 11 88, 91 mit Anm. Eb. Schmidt JR 1958 267; BGHSt 19 141, 142 f. mit Anm. Dünnebier JR 1964 66; BGHSt 28 196, 197; BGH bei Holtz MDR 1980 107 f.; NJW 1987 1652; NStZ 1981 190 f.; StV 1988 329; 1988 472 f.; 1991 149, 150; 1994 116; 1999 304; BayObLGSt 1971 91 f.; OLG Bremen StV 1996 301 f.; OLG Hamm NJW 1980 1587; StraFo 2000 342, 343; OLG Köln NStZ 1983 31; KK/Engelhardt 24;
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KMR/Stuckenberg 55; LR/Gollwitzer 25 5, 79 f.; Meyer-Goßner 22 f.; SK/Velten 38 f.; Hamm 1170; Niemöller (Hinweispflicht) 15 ff.; Alsberg JW 1922 811; Ditzen LZ 1917 1213; Gillmeister StraFo 1997 8 ff.; Hanack JZ 1972 433 f.; Meyer GA 1965 257 ff.; Schlothauer StV 1986 213, 222 ff. Bei Änderung der Tatrichtung wurde mitunter ohne nähere Erörterung ein Hinweis nach § 265 Abs. 1 gefordert, so etwa, wenn bei einer Anklage wegen Beihilfe die Person des Haupttäters wechselt (OLG Hamburg HESt 3 54) oder wenn statt der Gefährdung des Kindes A die Gefährdung des Kindes B (BGH bei Dallinger MDR 1954 17) oder statt Betrug zum Nachteil des A Betrug zum Nachteil des B (OLG Stuttgart MDR 1967 233) in Frage kommt; nach BGH GA 1962 338 auch, wenn das Gericht nicht nur wegen Beleidigung des belästigten Mädchens, sondern auch wegen Beleidigung
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Abs. 4, die eine Unterrichtung voraussetze,294 die Vernehmung zur Sache nach § 243 Abs. 4 Satz 2 a.F., die gerichtliche Aufklärungs- und Fürsorgepflicht nach § 244 Abs. 2 sowie den Grundsatz rechtlichen Gehörs heran.295 Andere Ansichten gründen die Unterrichtungspflicht entweder allein auf das Erfordernis zu erneuter Vernehmung zur Sache gemäß §§ 243 Abs. 4 a.F., 136 Abs. 2,296 Art. 103 Abs. 1 GG 297 oder Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK, Art. 14 Abs. 3 lit. a IPBPR298 oder auf alles zusammen299. Schließlich wird in ausdehnender Auslegung des Absatzes 1 oder in dessen analoger Anwendung 300 bei jeder Änderung der den Tatbestand des Anklagevorwurfs tragenden Tatsachen ein förmlicher Hinweis verlangt, wobei die Grenzen zu den nicht von der Analogie erfassten sonstigen Tatsachenänderungen unterschiedlich gezogen werden und auch die Frage unterschiedlich beantwortet wird, ob ein solcher Hinweis dann beweiskräftig nur durch das Protokoll nachgewiesen werden kann. In der Tat kann eine gerichtliche Pflicht, auf neu hervorgetretene Tatsachen hinzu75 weisen, mehrfach begründet sein, wobei allerdings weder der genaue Umfang noch die Protokollierungspflicht eindeutig herleitbar ist. Zunächst ist festzuhalten, dass, wie die Gesetzesgenese zeigt,301 die Aussetzungsbefugnis nach § 265 Abs. 4 weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Unterrichtung voraussetzt302 und dass § 243 Abs. 5 Satz 2 und § 136 Abs. 2 „Nachvernehmungen“ nicht regeln und demnach selbst analoger Ausdehnung bedürften303. § 265 Abs. 1 weist, wie vorstehend (Rn. 73) gezeigt, keine anfängliche Gesetzeslücke auf, was jedoch eine analoge Anwendung entgegen der Absicht des historischen Gesetzgebers hier ausnahmsweise nicht verbietet, weil zum einen seine Einschätzung, der Angeklagte nehme Änderungen der Tatsachengrundlage ohnehin zur Kenntnis, sich als unzutreffend erwiesen hat, und zum anderen unter der Geltung des Grundgesetzes im Lichte der grundrechtsgleichen Garantien des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens, die der Notwendigkeit der Information des Angeklagten erhöhten Nachdruck verleihen, obsolet geworden ist,304 so dass sich hier eine nachträgliche Gesetzeslücke annehmen lässt.305 Eine analoge Anwendung des Absatzes 1 ist demnach möglich, aber nicht nötig, weil die Hinweispflicht bei Änderungen aller subsumtionsrelevanten Tatsachen bereits aus Art. 6 Abs. 3 lit. a, b EMRK 306 und bei allen sonstigen entscheidungserheblichen Tatsachen, die der Angeklagte nicht kennt, aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt. Ob diese Hinweise in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen sind, ergibt sich
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seiner Eltern verurteilen will; die Notwendigkeit des Hinweises folgt hier jedoch direkt aus § 265 Abs. 1, da die mehreren Beleidigungen tateinheitlich zusammentreffen. BGHSt 19 88, 89. BGHSt 19 141, 142; krit. Meyer GA 1965 257, 267 f.; Niemöller (Hinweispflicht) 37. RGSt 76 82, 85; BGH NStZ 1981 190 f.; StV 1985 134, 135; 1988 329; 1994 116. Meyer GA 1965 257, 260 ff.; AK/Loos 21; LR/Gollwitzer 25 5; Schlothauer StV 1986 213, 223. SK/Velten 39; Frohn Rechtliches Gehör und richterliche Entscheidung (1989) 76 f.; Gillmeister StraFo 1997 8, 9; a.A. Niemöller (Hinweispflicht) 43 ff.
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Niemöller (Hinweispflicht) 51 ff.; dazu Trechsel StV 1989 228 f.; vgl. LR/Gollwitzer 25 80; krit. AK/Loos 22. Hamm 1170; für Gesamtschau auch LR/Gollwitzer 25 5, 80. AK/Loos 22; HK/Julius 2, 9; Meyer-Goßner 22; LR/Gollwitzer 25 80 f.; Hamm 1170; a.A. Meyer GA 1965 257, 270; Niemöller (Hinweispflicht) 38 f. Oben Fn. 289. Zutr. Niemöller (Hinweispflicht) 36 f. Niemöller (Hinweispflicht) 41 ff. Zu diesem „Alterungsprozess“ der RStPO vgl. BVerfGE 82 6, 12. Dazu KMR/Stuckenberg 57 m.w.N. Rn. 4; Niemöller (Hinweispflicht) 51 ff. m.w.N.; KMR/Stuckenberg 57.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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freilich zwingend weder aus Art. 6 Abs. 3 EMRK oder Art. 103 Abs. 1 GG noch aus der analogen Anwendung des § 265 Abs. 1,307 sondern bedarf eigenständiger Erörterung (Rn. 83 ff.). c) Umfang der Hinweispflicht. Umstritten ist in der Sache vor allem, welche Tatsachen 76 es sind, deren Veränderung im Zuge der Hauptverhandlung das Gericht zu einem ausdrücklichen Hinweis nötigt. Die Rechtsprechung hielt bisweilen einen Hinweis nur bei subsumtionsrelevanten Tatsachen für geboten, daher regelmäßig nicht bei Feststellungen, die allein die Tatplanung oder -vorbereitung betreffen308 oder weder einen äußeren Tatumstand betreffen noch unmittelbaren Bezug zu einem Tatbestandsmerkmal haben309. Dies erscheint zu eng: Geboten ist ein Hinweis bei allen Veränderungen im äußeren Tatgeschehen, die für den Schuldspruch bedeutsam sein können, gleichgültig, ob sie unmittelbar ein Tatbestandsmerkmal betreffen oder nicht.310 Eine Hinweispflicht wurde in der Rechtsprechung bei folgenden Sachverhaltsände- 77 rungen bejaht: Bei Änderung der Tatrichtung,311 etwa durch Austausch der vorgeworfenen Handlung oder Unterlassung auch ohne Auswirkung auf den Schuldspruch,312 Austausch des Tatopfers313 oder des Tatobjekts314; Veränderung der Tatzeit, sofern sie für den Schuldspruch relevant ist,315 so weil der Angeklagte für die angeklagte Zeit ein Alibi vorbringt; auch bei Erweiterung des Tatzeitraums;316 bei Wechsel in der Person eines Beteiligten, etwa des Haupttäters bei Anklage wegen Beihilfe, des Mittäters bei Anklage wegen Mittäterschaft,317 aber nicht bei Wechsel in der Person des Vortäters bei Steuerhehlerei318 oder wenn das tatbestandsverwirklichende Kerngeschehen im Wesentlichen gleichbleibt319. Vielfach wurde eine Hinweispflicht auch bei der Konkretisierung eines ungenauen, 78 aber zulässigen Anklagesatzes bejaht, der noch seiner Umgrenzungsfunktion, aber nicht seiner Informationsfunktion genügte, etwa bei Serientaten nur einen Tatzeitraum angibt, während das Gericht von nach Ort, Zeit und Tatbegehung konkret bestimmten Taten ausgehen will.320 Demgegenüber will die neuere Rechtsprechung dies nur noch aus-
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Wie hier LR/Gollwitzer 25 81, 85; KMR/ Stuckenberg 57 a.E.; a.A. AK/Loos 21. BGH StV 1988 472, 473; NStZ 2000 48; NStZ-RR 2001 263 f.; BGH 5.4.2000 – 3 StR 95/00; Roxin 25 § 42, 25. BGH NStZ 2000 216 (Tatmotiv). LR/Gollwitzer 25 81; KMR/Stuckenberg 58; Roxin/Schünemann § 44, 28. BGH NStZ-RR 1999 37. BGHSt 28 196, 198; BGH NStZ 1991 550, 551; StV 1991 501, 502; vgl. Schlothauer StV 1986 213, 225. BGH GA 1962 338, 339; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183 Nr. 110; Schlothauer StV 1986 213, 224; wohl auch OLG Stuttgart MDR 1967 233 f.; a.A. BGHSt 19 141, 142 f. BGH StV 1990 249 f. (andere Forderung bei § 288 StGB). BGHSt 19 88 mit Anm. Dünnebier JR 1964 66 = LM Nr. 24 mit Anm. Willms; BGHSt
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46 130, 133; BGH NJW 1991 1900, 1902; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1987 220 Nr. 18; NStZ-RR 2006 213 f.; StV 1984 368 f.; 1988 9; 1988 95 f.; 1995 116; 1997 237 f.; 1998 381; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 8; OLG Bremen StV 1996 301 f. BGH StV 1996 584 f.; NStZ-RR 2006 316, 317; OLG Frankfurt StV 1985 224; OLG Köln StV 1984 414; OLG Schleswig MDR 1980 516, 517; auch SK/Velten 40. BGH bei Holtz MDR 1977 108 f. (Hinweispflicht aus § 265 Abs. 4); NStZ-RR 2002 98 f.; BGHR § 265 Abs. 4 Hinweis 1; vgl. OLG Hamburg HESt 3 54 (Hinweispflicht aus § 265 Abs. 1, vgl. Fn. 292). BGH wistra 2010 154. BGHR § 265 Abs. 2 Hinweispflicht 8. BGHSt 40 44, 45; 43 293, 299; 44 153, 157 (regelmäßig zu protokollieren); BGH NStZ 1999 42 f.; StV 1984 63; 1996 197 f. Zur Heilung sonstiger Anklagemängel durch
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nahmsweise annehmen, etwa wenn das Tatgericht durch eine zunächst geäußerte Sacheinschätzung einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aber im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung zu anderen Erkenntnissen gelangt, oder wenn aus dem Verteidigungsverhalten des Angeklagten offenbar wird, dass er nicht erkannt hat, dass sich das ihm mit der Anklage noch unbestimmt vorgeworfene Verhalten in bestimmter Weise konkretisiert hat.321 Richtig daran ist, dass der Maßstab für eine Hinweispflicht auch hier (vgl. Rn. 80 f.) die Garantie der Verteidigungsrechte ist, somit die Frage, ob der Angeklagte in gebotenem Maß über den Verfahrensstand informiert und vor Überraschung geschützt ist, so dass nutzlose Wiederholungen von allen Beteiligten durch den Gang der Verhandlung offensichtlich bekannten Konkretisierungen, etwa der Aussage des einzigen Belastungszeugen,322 nicht geboten sein können. Keine Unterrichtungspflicht besteht dagegen in der Regel, wenn das Gericht selbst 79 weiterhin vom unveränderten Sachverhalt ausgeht, andere Verfahrensbeteiligte aber in ihren Ausführungen solche Änderung für gegeben halten. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, den Angeklagten darauf hinzuweisen, wenn es den für ihn günstigen Ausführungen im Plädoyer des Staatsanwalts nicht folgen will.323 Auf Schlussfolgerungen, die das Gericht aus Tatsachen und Beweisergebnissen zieht, die Gegenstand der Verhandlung waren, muss es in der Regel nur hinweisen, wenn das Gebot eines fairen Verfahrens dies im Einzelfall gebietet.324
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d) Art der Erteilung. Für eine förmliche Hinweispflicht spricht zwar die Möglichkeit der analogen Anwendung des Absatzes 1, mithin der auch bei wesentlichen tatsächlichen Änderungen zutreffende Rechtsgedanke.325 Gegen eine Formalisierung der Hinweispflicht bei Veränderung der den Tatbestand bildenden oder die Tatrichtung bestimmenden Tatsachen spricht aber, dass es – anders als bei der eindeutig feststellbaren Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts – wenig sinnvoll erscheint, solche tatsächlichen Veränderungen von den anderen Veränderungen entscheidungserheblicher Tatsachen abzugrenzen. Notwendigkeit und angemessene Form der gebotenen Unterrichtung hängen immer vom Einzelfall ab, von der Ausformung des jeweiligen Tatbestandes, der Struktur des angeklagten Geschehens und auch vom Prozessverhalten des Angeklagten. Insoweit besteht zwischen den Tatsachen, die den Anklagevorwurf konstituieren und den sonstigen entscheidungserheblichen Tatsachen, bei denen die analoge Anwendung des Absatzes 1 allgemein abgelehnt wird, kein Unterschied. Der Angeklagte ist grundsätzlich in beiden Fällen zu hören und ihm sind in beiden Fällen alle Verteidigungsmöglichkeiten zu eröffnen. Es hängt vom Einzelfall ab, welches Gewicht eine tatsächliche Veränderung für die Verteidigung hat. Selbst wenn sie eindeutig ein Tatbestandsmerkmal betrifft, kann es sich um eine für die Verteidigung letztlich belanglose Tatmodalität handeln, während andererseits eine nicht unmittelbar tatbestandsverändernde Verschiebung der tatsächlichen Annahmen entscheidendes Gewicht für die Verteidigung haben kann. So kann etwa je nach Einzelfall eine geringfügige Änderung der Tatzeit für die Führung der Verteidigung
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einen Hinweis nach § 265 siehe die Erläuterungen zu § 200, 88, 90. BGHSt 48 221, 226 ff. mit zust. Anm. Maier NStZ 2003 674; abl. Roxin/Schünemann § 44, 28. Vgl. BGHSt 48 221, 227 f.; Maier NStZ 2004 674, 675.
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BGH bei Dallinger MDR 1971 18 f.; LR/Gollwitzer 25 84. BGH 4.2.1998 – 2 StR 605/97; OLG Hamm StraFo 2000 342, 343 f. (Glaubwürdigkeit eines Zeugen). LR/Gollwitzer 25 81.
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§ 265
belanglos sein oder aber entscheidende Bedeutung haben.326 Gleiches gilt für eine Änderung beim Tatwerkzeug oder bei personellen Veränderungen, bei anderen Tatbeteiligten oder anderen Geschädigten. Der konkrete Verfahrensgang ist auch bestimmend dafür, was das Gericht tun muss, um sicherzustellen, dass die Verfahrensbeteiligten und vor allem der Angeklagte erkennen, welchen tatsächlichen Sachhergang das Gericht nunmehr in Erwägung zieht und gegen welche tatsächlichen Annahmen sich der Angeklagte nunmehr verteidigen muss. Dies spricht gegen die Annahme einer protokollpflichtigen wesentlichen Förmlichkeit (Rn. 83 ff.) und dafür, es dem Gericht zu überlassen, in welcher Form es dafür sorgen will, dass alle möglicherweise entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände von den Verfahrensbeteiligten in dieser Bedeutung erkannt und in der Hauptverhandlung angesprochen werden können. Verneint man eine Protokollpflicht (dazu im Folgenden), besteht kein Anlass, bei der Unterrichtungspflicht des Gerichts zwischen den zwei Gruppen der Änderung entscheidungserheblicher Tatsachen zu unterscheiden.327 Verneint man eine förmliche Hinweispflicht analog Absatz 1 bei Änderungen der tat- 81 sächlichen Annahmen der Anklage, auch wenn sich daraus andere Tatbestandsmerkmale oder eine andere Tatrichtung ergeben, dann muss das Gericht, namentlich der die Verhandlung leitende Vorsitzende, in Beachtung der Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 3 EMRK sowie der dem Gericht obliegenden Fürsorge- und Aufklärungspflicht bei allen möglicherweise entscheidungserheblichen tatsächlichen Veränderungen gegenüber der Anklage dafür sorgen, dass alle Verfahrensbeteiligten dazu Stellung nehmen können, vor allem aber, dass der Angeklagte sich nach § 243 Abs. 5 dazu äußern und seine Verteidigung auch darauf einstellen kann. Aus dieser Zielsetzung ist abzuleiten, ob, in welcher Form und in welchem Umfang auf die Veränderungen hinzuweisen ist. Es gelten somit grundsätzlich die gleichen Gesichtspunkte wie bei einer mit einer Tat- 82 sachenänderung verbundenen Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes (Rn. 21 f.; 61 ff.). Daher genügt es nicht, dass der neue tatsächliche Gesichtspunkt von einer Beweisperson oder einem anderen Verfahrensbeteiligten angesprochen wurde,328 denn es muss für den Angeklagten deutlich erkennbar sein, dass auch das Gericht diesen neuen Gesichtspunkt in seine Urteilsfindung mit einbeziehen will. Der Angeklagte muss Gelegenheit erhalten, sich dazu zu äußern und Beweisanträge zu stellen;329 dies erfordert in der Regel eine ausdrückliche Befragung des Angeklagten.330 Entbehrlich sind Hinweise nur, wenn feststeht – worauf sich das Gericht aber nicht verlassen darf –, dass er die Veränderung ohnehin aus dem Gang der Verhandlung erkannt hat,331 so, wenn er sich dazu
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Näher LR/Gollwitzer 25 82; ebenso BGH StV 1999 304, 305. LR/Gollwitzer 25 81 Fn. 277. BGH NStZ-RR 2006 213 f.; StV 1985 134, 135; 1988 95, 96; 1995 116; 1996 584 f.; 1997 237, 238; 1998 381; OLG Bremen StV 1996 301 f. BGHSt 19 141, 142 mit Anm. Eb. Schmidt JR 1964 188; BGHSt 28 196, 198; BGH StV 1985 134, 135; 1991 149, 150; 1999 304. BGHSt 28 196, 198; BGH StV 1985 134, 135; 1988 95, 96; 1996 197, 198; KK/Engelhardt 24; KMR/Stuckenberg 62; MeyerGoßner 23.
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BGHSt 11 88, 91; 19 141, 143; 28 196, 198; BGH bei Holtz MDR 1980 107, 108; NStZ 1981 190 f.; bei Kusch 1993 30 Nr. 24; 2000 48; NStZ-RR 2001 263 f.; 2002 98 f.; StV 1988 329, 330; 1991 149, 150; 1991 502; 1994 116; 1996 297 f.; 1998 381; 1999 304 f.; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 8; § 265 Abs. 4 Hinweis 1; Hinweispflicht 10; BayObLGSt 1992 161, 162 f.; OLG Frankfurt StV 1985 224; LR/Gollwitzer 25 83; Meyer-Goßner 23; SK/Velten 42; krit. Eb. Schmidt JR 1964 188.
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geäußert hat, vor allem, wenn sie durch sein Geständnis in das Verfahren eingeführt332 oder ersichtlich schon in das Verteidigungsverhalten einbezogen333 wurden.
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e) Sitzungsniederschrift. Überwiegend wird die Notwendigkeit der Aufnahme eines für geboten erachteten Hinweises in die Sitzungsniederschrift verneint,334 auch wenn eine schriftliche Fixierung zweckmäßig sei335.Vereinzelt hat vor allem die frühere Rechtsprechung bisweilen einen förmlichen Hinweis für nötig erachtet bei Auswechslung der Tatzeit336 und bei der Konkretisierung ungenauer Anklagesätze337. Im Schrifttum wird von einigen Stimmen generell eine Protokollierungspflicht befürwortet,338 von anderen nur bei tatbestandsrelevanten Tatsachen339. Gegen eine Protokollierungspflicht spricht die bei der Frage des ausdrücklichen Hin84 weises dargelegte Schwierigkeit der Abgrenzung der relevanten Tatsachen (Rn. 80). Ebenso wenig leuchtet eine vordergründige Differenzierung zwischen Tatzeitänderung und anderen Änderungen der Sachlage ein. Freilich ergibt sich aus dem Fehlen eines Protokollierungszwangs auch kein Protokollierungsverbot, denn wenn es um die Sicherung der verfassungsrechtlich garantierten Rechte auf rechtliches Gehör und effektive Verteidigung geht, „kann an formeller Genauigkeit und Behutsamkeit schwerlich zu viel getan werden“340. Je entscheidungserheblicher die Sachverhaltsänderung ist, desto dringender empfiehlt sich die Protokollierung,341 erst recht dort, wo die Grenzen zur förmlichen Hinweispflicht des Absatzes 1 zweifelhaft sein können. Das Revisionsgericht muss deshalb in allen Fällen einer entscheidungserheblichen 85 tatsächlichen Änderung im Wege des Freibeweises klären, ob eine Unterrichtung des Angeklagten bei der besonderen Lage des Einzelfalls notwendig war und ob sie mit der erforderlichen Eindeutigkeit erteilt worden ist; das Schweigen des Protokolls ist nicht
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BGHR § 265 Abs. 4 Hinweispflicht 10; OLG Saarbrücken VRS 50 (1976) 438, 441 f.; a.A. Niemöller (Hinweispflicht) 70: Beruhensfrage. BGH NStZ 1981 190, 191. Eingehend BGH StV 1999 304 f. (insoweit nicht in BGHSt 44 256); BGHSt 19 141, 144 mit zust. Anm. Eb. Schmidt JR 1964 188; BGHSt 28 196, 197 f.; 44 153, 157; BGH NStZ 1981 190 f.; bei Kusch 1993 30 Nr. 24; 1999 42, 43; 2000 48; NStZ-RR 2001 263 f.; 2002 98 f.; StV 1984 368 f.; 1985 134 f.; 1988 329, 330; 1991 149, 150; 1991 502; 1994 116; 1996 297 f.; 1996 584, 585; 1997 237; 1998 381; BayObLGSt 1992 161, 162 f.; OLG Frankfurt StV 1985 224; OLG Saarbrücken VRS 50 (1976) 438, 441 f.; AK/Loos 21; KMR/Stuckenberg 63; Meyer-Goßner 23; LR/Gollwitzer 25 81 f., 85; Meyer GA 1965 257, 261, 263; Hanack JZ 1972 433, 434. BGH NStZ 1999 42, 43; StV 1996 297 f.; 1996 584, 585; AK/Loos 21; KMR/Stuckenberg 63; LR/Gollwitzer 25 78, 85; MeyerGoßner 23. BGHSt 19 88, 89 mit Anm. Dünnebier JR
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1964 66; BGH StV 1988 9; BayObLG DAR 1962 216; OLG Hamm VRS 16 (1959) 461 f.; OLG Köln StV 1984 414; OLG Schleswig MDR 1980 516, 517; nur bei ausschlaggebender Bedeutung: BGH 1.3.1966 – 5 StR 21/66; 24.2.1976 – 1 StR 764/75, zitiert bei BGH NStZ 1981 190, 191; unklar BGH StV 1991 149, 150; BGHR § 265 Abs. 4 Hinweispflicht 6; offen gelassen in BGH NJW 1991 1900, 1902; NStZ 1991 550, 551; StV 1988 95, 96; 1995 116; 1996 584 f.; BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 8; OLG Bremen StV 1996 301, 302. BGHSt 44 153; später aufgegeben: BGH StraFo 2003 95; auch mit BGHSt 48 221 unverträglich, vgl. Maier NStZ 2004 674, 676. Hamm 1175; Roxin 25 § 42, 25; Roxin/ Schünemann § 44, 28; Niemöller (Hinweispflicht) 75 ff.; Frohn Rechtliches Gehör und richterliche Entscheidung (1989) 77; Gillmeister StraFo 1997 8, 10; Schlothauer StV 1986 213, 223; SK/Velten 45. KK/Engelhardt 24; Pfeiffer 8; SK/Velten 45. Eb. Schmidt JR 1964 188. Vgl. die Nachweise in Fn. 335.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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beweiskräftig.342 Das Unterlassen einer Befragung des Angeklagten kann sich bereits aus der Darstellung seiner Einlassung in den Urteilsgründen ergeben.343 Anders als bei der Aufklärungsrüge ist hier in gewissem Umfang die „Rekonstruktion der Hauptverhandlung“ zulässig, weil unvermeidbar.344 3. Veränderung der Verfahrenslage. Aus dem hinter § 265 Abs. 1, 2 stehenden allge- 86 meinen Rechtsgedanken des Vertrauensschutzes als Ausprägung des Gebots des fairen Verfahrens folgt, dass auch in bestimmten Verfahrenslagen ein Hinweis notwendig sein kann, wenn der Anschein tatsächlich nicht bestehender Verfahrenslagen entstanden ist oder das Gericht Vertrauenstatbestände geschaffen hat, von denen es nun abweichen will.345 Die Rechtsprechung wendet in solchen Zusammenhängen in uneinheitlicher Weise § 265 Abs. 1 entsprechend an oder zieht den Gedanken des § 265 Abs. 4 heran.346 Eine Hinweispflicht wurde beispielsweise bejaht347 bei Auswechslung der die Verur- 87 teilung tragenden Indizien;348 bei Abkehr von der Zusage einer Wahrunterstellung349 oder der Zusage, einen Umstand nicht belastend zu verwerten350; vor belastender Verwertung eines Umstands, über den eine Beweisaufnahme zuvor wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt wurde;351 bei Berücksichtigung nach § 154 eingestellter Taten bei der Strafzumessung,352 auch wenn der Angeklagte sie gestanden hat; entsprechendes gilt für die Verwertung gemäß § 154a ausgeschiedener Tatteile im Rahmen der Beweiswürdigung und Strafzumessung353 sowie bei deren Wiedereinbeziehung gemäß § 154a Abs. 3,354 sofern das Gericht im Einzelfall einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, der das Verteidigungshandeln beeinflusst hatte und bei verständiger Einschätzung der Verfahrenslage auch haben konnte;355 wenn das Gericht selbst die teilweise Einstellung des Verfahrens nach § 154 angeregt hat, aber später zu einer anderen Beurteilung gelangt ist;356 diese Hinweise stellen ebenso wie die zur veränderten Tatsachengrundlage keine wesentlichen Verfahrensförmlichkeiten dar,357 wobei auch hier die Aufnahme in die Sitzungsniederschrift durchaus zweckmäßig sein mag358. Wenn die Aussage eines fehlerhaft vereidigten Zeugen als unbeeidete gewertet werden soll, ist der Hinweis protokollierungs-
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BGHSt 19 141, 143; 28 196, 197 f.; BGH StV 1991 502 f.; 1999 304, 305; OLG Frankfurt StV 1985 224; KMR/Stuckenberg 64; Meyer-Goßner 23; SK/Velten 35, 45; Eb. Schmidt JR 1964 188. BGHSt 28 196, 198 f.; BGH StV 1984 368 f. Meyer GA 1965 257, 268 ff. BGHSt 36 210, 216 m.w.N.; BGH StV 1986 191; dazu Schlothauer StV 1986 213, 225 ff.; Gillmeister StraFo 1997 8, 11 ff.; Hamm 1187 f. BGH NStZ 1998 312. Vgl. KMR/Stuckenberg 65 f.; Schlothauer StV 1986 213, 226 f. BGHSt 11 88, 91. BGHSt 1 51, 53 ff.; 21 38 f.; 32 44, 47 m.w.N. BGH StV 2001 387 f. BGH StV 1988 9 f.; 1993 173, 174; vgl. StV 1986 191.
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BGH StV 2000 656; OLG München NJW 2010 1826 f. Nachw. bei LR/Beulke § 154, 56 ff., 59 Fn. 205; KMR/Stuckenberg 66. BGH NStZ 1994 495; zur Frage der Wiedereinbeziehung von Nebenklagedelikten durch Hinweis nach § 265 Abs. 1 vgl. LR/Beulke § 154a, 37 m.w.N. BGH StV 1985 221 f.; 1997 514 f.; StraFo 2001 236; NStZ 2004 277; BGHR § 154 Abs. 1 Hinweispflicht 1; OLG Hamm NStZ-RR 2002 14 f. BGH StV 1999 353 f. Vgl. BGH StV 2011 399; Pelchen JR 1986 166, 167; Schimansky MDR 1986 283; a.A. OLG Hamm NStZ-RR 2003 368; OLG München NJW 2010 1826, 1827; LR/Beulke § 154, 59; Beulke/Stoffer StV 2011 442, 446 ff.; Rieß NStZ 1987 134, 135. BGH StV 2011 399.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
bedürftig;359 bei Umstellen der Verlesungsgrundlage innerhalb des § 251360 sowie früher nach gescheiterter Strafmaßabsprache,361 vgl. dazu jetzt § 257c Abs. 4 Satz 4. Hingegen soll keine Notwendigkeit bestehen, auf die Verwertbarkeit prozessord88 nungsgemäß festgestellten, aber wegen Verjährung nicht verfolgbaren Geschehens im Rahmen der Beweiswürdigung hinzuweisen. Anders als bei einem Vorgehen gemäß §§ 154, 154a StPO könne eine Einstellung wegen Verjährung nicht Grundlage eines nur durch einen Hinweis zu beseitigenden Missverständnisses sein, verjährte Taten blieben in jeder Hinsicht unberücksichtigt.362 Wenn das Gericht aber erkennt, dass die Verteidigung des Angeklagten an einem solchen Irrtum leidet, wird der Grundsatz des fairen Verfahrens und die Fürsorgepflicht einen Hinweis erfordern.
IV. Aussetzung bei veränderter Sach- und Rechtslage (Absatz 3) 89
1. Der Angeklagte hat ein uneingeschränktes Recht auf Aussetzung, wenn bei ihm selbst – und nicht etwa nur bei einem Mitangeklagten363 – die Voraussetzungen des Absatzes 3 sämtlich vorliegen und er einen entsprechenden Antrag stellt. Das Gericht besitzt kein Ermessen und darf folglich den Angeklagten nicht etwa darauf verweisen, bis zum nächsten Fortsetzungstermin bleibe ohnehin genügend Zeit zur Vorbereitung.364 Absatz 3 verpflichtet das Gericht nicht, den Angeklagten über diesen Anspruch zu belehren. Ob es in Ausnahmefällen die Fürsorgepflicht gebietet, dass das Gericht einen Angeklagten ohne Verteidiger auf die Möglichkeit eines solchen Antrags hinweist, ist strittig.365 Ein solcher Hinweis kann vor allem bei unverteidigten Angeklagten angezeigt sein, so etwa, wenn der Angeklagte vorträgt, dass er auf die Widerlegung der neuen Sachannahmen nicht genügend vorbereitet sei, oder sonst einen Aussetzungsantrag nicht stellt, obwohl dies vernünftigerweise zu erwarten wäre. Wenn das Gericht sich auch selbst von der Aussetzung eine bessere Förderung des Verfahrens verspricht, kann und muss es dieses unabhängig von jedem Antrag des Angeklagten ohnehin nach Absatz 4 von Amts wegen aussetzen. Im Privatklageverfahren entfällt das Recht aus Absatz 3, während die anderen Absätze auch im Privatklageverfahren gelten (§ 384 Abs. 3).
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BGHSt 4 130, 131 f.; BGH StV 1981 329; 1982 346; 1986 89; NJW 2000 2517, 2519; OLG Bremen StV 1984 369; differenzierend BGH StV 1986 89 mit abl. Anm. Schlothauer; anders bei Auslandsvernehmung BGH StV 2001 5. BGH StV 1997 512 f. mit Anm. Wönne NStZ 1998 313. BGHSt 36 210, 216; 42 46, 49 f.; 43 195, 210; BGH NJW 2003 1404; NStZ 2002 219 f. mit Bespr. Weider NStZ 2002 174 ff.; BGH NStZ 2005 87 f.; OLG Köln StV 1998 176; auch im Bußgeldverfahren, vgl. OLG Oldenburg NZV 1993 278, 279; Hamm 1185. BGH NStZ 2004 277 f.; zur grundsätzlichen Problematik vgl. Eisenberg (Beweisrecht) 418 ff., 424. HK/Julius 25; ob die nur bei einem anderen
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Mitangeklagten gegebenen Voraussetzungen des Absatzes 3 für den davon nicht unmittelbar betroffenen Mitangeklagten eine wesentliche Veränderung sind, auf die ein Aussetzungsantrag nach Absatz 4 gestützt werden kann, hängt davon ab, wieweit sie im Einzelfall auch seine eigenen Verfahrensinteressen berührt, vgl. Gollwitzer FS Sarstedt 15, 32. OLG Jena StV 2007 230, 231; vgl. BGHSt 48 183, 186. Bejahend RGSt 57 147, 148; 65 246, 248; OLG Düsseldorf StV 1982 559, 560; AK/Loos 38; HK/Julius 15; KK/Engelhardt 28; KMR/Stuckenberg 73; Pfeiffer 13; SK/Velten 55; Eb. Schmidt 22; a.A. MeyerGoßner 35; ähnlich LR/Gollwitzer 25 86; offen lassend BGH NStZ 1998 82.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
2. Voraussetzungen a) Die Veränderung der Sachlage muss in einem oder mehreren neu hervorgetretenen 90 Umständen bestehen, die zur Anwendung eines schwereren Strafgesetzes oder zur Anordnung einer Maßregel führen können. Änderungen nur der Tatsachengrundlage – dann kommt Absatz 4 in Betracht – oder nur der rechtlichen Bewertung genügen nicht;366 dies gilt auch, wenn das Gericht aus dem unveränderten Sachverhalt der Anklage andere Schlüsse zieht.367 Neu ist ein Umstand bei Hervortreten neuer Tatsachen oder tatsächlicher Verhält- 91 nisse, die der Angeklagte weder aus dem Eröffnungsbeschluss noch aus der Anklageschrift ersehen, auch nicht aus einer früheren Hauptverhandlung entnehmen konnte.368 Aus den bei Rn. 46 f. erörterten Gründen liegen neue Tatsachen im Sinne des Absatz 3 auch vor, wenn das Gericht die Tatsachen als Voraussetzung für die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung bezeichnet, die Anklage und Eröffnungsbeschluss nicht in diesem Sinne gekennzeichnet haben. Gleichgültig ist, ob die neue Tatsache zur äußeren oder inneren Tatseite gehört. Ein neues Beweismittel ist kein neu hervorgetretener Umstand;369 insoweit gilt § 246. b) Unter dem schwereren Strafgesetz ist ein solches zu verstehen, das aufgrund einer 92 abstrakt370 schwereren Strafandrohung die Verhängung einer schwereren Strafe gegen den Angeklagten zulässt als das in der zugelassenen Anklage angeführte Strafgesetz. Art und Maß der im vorliegenden Fall wirklich zu verhängenden Strafe kann die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung nicht begründen. Es ist nicht vorgeschrieben, das in Betracht kommende Strafgesetz durch Verlesung bekanntzugeben.371 Den Umständen, die die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes rechtfertigen, stehen diejenigen gleich, die straferhöhend wirken (Rn. 40 ff.) oder zur Anwendung einer Maßregel der Besserung und Sicherung führen können. c) Der Angeklagte muss die neu hervorgetretenen Umstände bestreiten, d.h. die Rich- 93 tigkeit der Tatsachen in Abrede stellen.372 Widerspricht er nur in rechtlicher Beziehung, so liegt die Voraussetzung des Absatzes 3 nicht vor; desgleichen nicht, wenn er die neue Tatsache als solche einräumt, die Aussetzung aber zur besseren Vorbereitung seiner Verteidigung begehrt.373 d) Der Angeklagte muss die Aussetzung beantragen374 und behaupten, auf die Vertei- 94 digung nicht genügend vorbereitet zu sein. Die Richtigkeit dieser Behauptung unterliegt nicht der Prüfung des Gerichts;375 dieses darf also die Aussetzung nicht deshalb verweigern, weil eine anderweitige Vorbereitung der Verteidigung nicht erforderlich ist.
366 367 368
369 370
RGSt 39 17, 18. BGH nach KK/Engelhardt 26 (Aussetzung nach Absatz 4 zu beurteilen). RGSt 39 19; 52 250; RGRspr. 7 (1885) 474; BGH wistra 2006 191; KK/Engelhardt 26; Meyer-Goßner 36. RGSt 52 251; Meyer-Goßner 36; SK/Velten 56. AK/Loos 36; HK/Julius 15; KK/Engelhardt 26; KMR/Stuckenberg 70; Meyer-Goßner 36; Pfeiffer 13; SK/Velten 56.
371 372 373
374 375
RG GA 71 (1927) 17. Krit. Mitsch NStZ 2004 395, 396. BGH wistra 2006 191; HK/Julius 15; KK/Engelhardt 27; KMR/Stuckenberg 71; SK/Velten 57. Vgl. Burhoff StV 1997 432, 434. AK/Loos 37; HK/Julius 15; KK/Engelhardt 27; KMR/Stuckenberg 72; Meyer-Goßner 36; SK/Velten 57; Eb. Schmidt 23; krit. Mitsch NStZ 2004 395, 396.
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§ 265 95
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Eine andere Frage ist die, ob neue Umstände wirklich in der Weise hervorgetreten sind, dass von ihrer Berücksichtigung bei der Urteilsfällung die Rede sein kann. In dieser Beziehung ist das Ermessen des Angeklagten nicht maßgebend, da ihm sonst in vielen Fällen die Handhabe geboten sein würde, willkürlich Aussetzungen herbeizuführen und seine Verurteilung hinzuhalten. Es ist allein Sache des Gerichts, zu beurteilen, ob die Umstände im Urteil als erwiesen angesehen und dem Angeklagten zur Last gelegt werden und ob dies zur Anwendung eines schwereren Strafgesetzes oder zu schwereren Rechtsfolgen oder Maßregeln führen kann. Ist dies nicht der Fall, so kann der Angeklagte aus der Ablehnung seines Aussetzungsantrags keinen Beschwerdegrund entnehmen. Die Frage ist also vom Gericht zu entscheiden.376
96
3. Die Entscheidung des Gerichts über den Aussetzungsantrag soll unverzüglich ergehen.377 Sie hängt aber mitunter von dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme ab. Daher muss das Gericht für befugt erachtet werden, den Beschluss über den Aussetzungsantrag bis zum Schluss der Beweisaufnahme aufzuschieben. Er muss aber noch in der Hauptverhandlung bekanntgegeben und begründet werden, denn der Angeklagte muss nach Ablehnung seines Aussetzungsantrags Gelegenheit haben, noch in der Hauptverhandlung weitere Ausführungen zu machen und weitere Anträge zu stellen.378 Die Entscheidung darf daher nicht dem Urteil vorbehalten werden. Bei Bemessung der Dauer der Aussetzung muss das Gericht dem Angeklagten unter 97 Würdigung seiner im Aussetzungsantrag dafür vorgetragenen Umstände379 ausreichende Zeit für die Vorbereitung seiner Verteidigung gegen den neu aufgetauchten Gesichtspunkt einräumen, im Übrigen bestimmt sich die Dauer der Aussetzung nach dem Ermessen des Gerichts, bei dessen Ausübung auch das Beschleunigungsgebot und die allgemeine Terminlage des Gerichts zu berücksichtigen sind.380 Gerade im Hinblick auf letztere erscheint es auch zulässig, wenn das Gericht den Termin für den Neubeginn der Hauptverhandlung nicht im Aussetzungsbeschluss festlegt, sondern einer späteren Bestimmung vorbehält. Die früher umstrittene Frage, ob es im Ermessen des Gerichts steht, statt einer Aussetzung eine Unterbrechung der Verhandlung anzuordnen, sofern diese zur Vorbereitung der Verteidigung ausreicht,381 hat die neuere Rechtsprechung382 ablehnend beantwortet.
V. Aussetzung bei veränderter Sachlage (Absatz 4) 98
1. Bedeutung des Absatzes 4. Während die nachteilige Veränderung der Sach- und Rechtslage dem Angeklagten unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 einen Anspruch auf Aussetzung gibt, steht die Aussetzung bei bloß veränderter Sachlage im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.383 Es muss auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten (Staats-
376 377 378 379
380
AK/Loos 36; KK/Engelhardt 26; KMR/Stuckenberg 72; SK/Velten 56. KMR/Stuckenberg 74; SK/Velten 59. AK/Loos 39; KK/Engelhardt 28; KMR/ Stuckenberg 74; SK/Velten 59; vgl. Rn. 110. Vgl. HK/Julius 28, wonach der Aussetzungsantrag nach Absatz 3 auch die Mindestzeit angeben sollte, die zur Vorbereitung der Verteidigung benötigt wird. A.A. SK/Velten 59 (allein maßgebend sind Bedürfnisse der Verteidigung).
434
381
382
383
Bejahend KMR/Stuckenberg 74, 85; Kleinknecht/Meyer-Goßner 46 37; LR/Gollwitzer 25 94, 108; verneinend AK/Loos 39; HK/Julius 16; SK/Velten 59. BGHSt 48 183, 186 ff. mit Anm. Mitsch NStZ 2004 395, 396; dazu Kästner JuS 2003 849; Kudlich/Kraemer JA 2004 108. Hahn 209; RGSt 61 217, 221; BGH NJW 1958 1736, 1738.
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§ 265
anwalt, Privatkläger, Nebenbeteiligte mit Angeklagtenbefugnissen, aber nicht mehr der Nebenkläger384) oder von Amts wegen prüfen, ob die Veränderung der Sachlage die Aussetzung, eventuell auch nur eine Unterbrechung zur besseren Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung, aber auch allgemein zur besseren Sachaufklärung,385 angezeigt erscheinen lässt. Absatz 4 darf nicht eng ausgelegt werden.386 Er enthält einen über die vorangehenden 99 Absätze hinausweisenden Grundsatz, der besagt, dass das Gericht im Rahmen seiner Justizgewährungspflicht für eine Verfahrensgestaltung zu sorgen hat, die die Wahrung der Verfahrensinteressen aller Verfahrensbeteiligten, vor allem aber die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht verkürzt. Die Verpflichtung zur fairen Verfahrensgestaltung kommt hierin ebenso zum Ausdruck wie in der Verpflichtung, gegebenenfalls durch entsprechende Hinweise sicherzustellen, dass die Verfahrensbeteiligten die Veränderungen der Sachlage und ihre mögliche Bedeutung für die Entscheidung erkennen und bei ihrer Verfahrensführung berücksichtigen und nicht etwa aus Unkenntnis einen aus ihrer Sicht angezeigten Aussetzungsantrag nach Absatz 4 unterlassen. Eine Aussetzung der Hauptverhandlung zu anderen Zwecken, etwa damit das Gericht 100 sich selbst auf die Veränderung besser einstellen kann,387 um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, sich bis zur nächsten Hauptverhandlung zu bewähren,388 oder um die Entscheidung eines anderen Gerichts abzuwarten,389 kann nicht mit der (analogen) Anwendung des § 265 Abs. 4 begründet werden. Absatz 4 ist nach § 154a Abs. 3 Satz 3 entsprechend anzuwenden, wenn Teile einer 101 Tat, die nach §§ 154a, 207 Abs. 2 ausgeschieden worden sind, wieder in das Verfahren einbezogen und zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden sollen.390 2. Veränderungen a) Änderung des Sachverhalts. Eine veränderte Sachlage liegt vor, wenn im Rahmen 102 des § 264 Handlungen oder sonstige Tatsachen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden sollen, die in der zugelassenen Anklage nicht erwähnt worden sind. Diese neuen Tatsachen müssen entscheidungserheblich sein. Sie können den Umfang der Schuld betreffen, sie können aber auch für den Strafausspruch oder die Anordnung einer Maßregel der Besserung oder Sicherung von Bedeutung sein. Es muss sich aber immer um neu zutage getretene, in der zugelassenen Anklage nicht erwähnte tatsächliche Umstände handeln, mit deren Verwertung die Verfahrensbeteiligten nicht zu rechnen brauchten391 und zu denen sie sich daher in der Hauptverhandlung nicht abschließend äußern können.
384
385 386
AK/Loos 40; KK/Engelhardt 29; MeyerGoßner 39; vgl. LR/Hilger § 397, 10; a.A. KMR/Stuckenberg 84; SK/Velten 64. Vgl. AK/Loos 40. RG JW 1926 1219; BGH NJW 1958 1736, 1737; OLG Hamburg NJW 1966 843; OLG Zweibrücken StV 1984 148; LG Duisburg StV 1984 19, 20; AK/Loos 41; KK/Engelhardt 29; KMR/Stuckenberg 76; Pfeiffer 14; SK/Velten 60; a.A. mit Blick auf den Beschleunigungsgrundsatz Schmitt
387
388 389 390 391
StraFo 2008 313, 319; tendenziell auch Meyer-Goßner 39. Insoweit ist auch nur eine Unterbrechung möglich, KMR/Stuckenberg 76; LR/Gollwitzer 25 95; a.A. Eb. Schmidt 25. OLG Karlsruhe Justiz 1974 97; AK/Loos 41; KK/Engelhardt 29; KMR/Stuckenberg 76. BGHSt 31 323, 327. Vgl. bei § 154a. BayObLGSt 1971 91 = VRS 41 (1971) 374.
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§ 265 103
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Es hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Aussetzung zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung erforderlich ist. Dies kann, muss aber nicht zutreffen, wenn bei einer angeklagten Dauerstraftat oder bei einem mehrere Verhaltensweisen tatbestandsmäßig zu einer einzigen Tat zusammenfassenden Straftatbestand („Bewertungseinheit“) oder früher bei einer fortgesetzten Straftat nicht mitangeklagte Taten, die sich als deren unselbständige Teilakte darstellen, in das Verfahren mit einbezogen werden.392 Kommen in einem wegen des Vorwurfs eines Vergehens nach § 171 StGB durchgeführten Strafverfahren Handlungen des Angeklagten zur Sprache, die in der Anklage nicht erwähnt wurden und von denen der Angeklagte deshalb nicht anzunehmen brauchte, dass sie ihm zur Last gelegt werden sollen, so kann diese Veränderung der Sachlage zur Aussetzung zwingen.393 Dass der Umfang der Tat, etwa der Beute eines Diebstahls, größer war, als in der Anklage angenommen, wird meist – es kommt auch hier auf den Einzelfall an – noch nicht als eine wesentliche Veränderung der Sachlage aufzufassen sein,394 ebenso, wenn neu eingeführte Sachbeweismittel dem Angeklagten bereits bekannt sind.395 Vom Einzelfall hängt auch ab, ob die Konkretisierung einer ungenau gefassten Anklage hinsichtlich Ort, Zeit und Tathergang (Rn. 77) eine so wesentliche Veränderung bringt, dass dies die Aussetzung nach Absatz 4 rechtfertigt.
104
b) Die Veränderung der Sachlage kann aber auch in Veränderungen der Verfahrenslage liegen, sofern diese eine weitere Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung notwendig macht. Vernimmt beispielsweise das Gericht in der Hauptverhandlung einen neuen Belastungszeugen, so kann zur Vorbereitung der Verteidigung und zur Gewährung des rechtlichen Gehörs die Aussetzung geboten sein, so, wenn der Angeklagte von der Pflicht zum Erscheinen entbunden und auch nicht durch einen Verteidiger vertreten war.396 Gleiches gilt, wenn der Verteidiger keine Gelegenheit hatte, die Stichhaltigkeit des Gutachtens eines erst in der Hauptverhandlung zugezogenen Sachverständigen nachzuprüfen397 oder wenn erst in der Hauptverhandlung möglicherweise zur Entlastung geeignete Akten oder Beweismittel (z.B. Lichtbilder) vorgelegt werden398 oder wenn dem Verteidiger keine oder nur unzureichende Akteneinsicht gewährt wurde399 oder der Angeklagte die Anklageschrift nicht erhalten hatte.400 Eine wesentliche Veränderung der Verfahrenslage liegt nicht allein darin, dass ein der 105 deutschen Sprache unkundiger Angeklagter die Anklage nur in deutscher Sprache ohne beigefügte Übersetzung erhalten hat. War der Gegenstand der Anschuldigung leicht überschaubar und dem Angeklagten bereits aus seiner Einvernahme im Ermittlungsverfahren bekannt, so reicht es in der Regel aus, wenn ihm die Anklage bei Beginn der Hauptver392
393 394
395 396 397 398
BGH NStZ 1985 325; bei Kusch NStZ 1994 24; bei Holtz MDR 1992 935; Schlothauer StV 1986 213, 225. BGHSt 8 92, 96 f. = LM Nr. 6 zu § 170d a.F. StGB mit Anm. Kohlhaas. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187 Nr. 90; KK/Engelhardt 30; KMR/Stuckenberg 77. LG Bochum NJW 1988 1833; AK/Loos 45; vgl. LR/Becker § 246, 16. Vgl. OLG München HRR 1940 484; BayObLGSt 1971 91 = VRS 41 (1971) 374. OLG Koblenz VRS 60 (1981) 119. BGHSt 36 305, 313; BayObLGSt 1981 14 = VRS 61 (1981) 129; BayObLG VRS 60
436
399
400
(1981) 378; KG StV 1989 8 mit Anm. Danckert; LG Bochum NJW 1988 1533; LG Duisburg StV 1984 19; LG NürnbergFürth JZ 1982 260; LG Leipzig StV 2008 514; Odenthal StV 1991 441, 446 f.; Schlag FS Koch 238; AK/Loos 43; KK/Engelhardt 29; KMR/Stuckenberg 78; Meyer-Goßner 42; SK/Velten 63. BGHSt 50 224, 227 ff.; BGH StV 1985 4; 1996 268; 1998 415; VRS 31 (1966) 188; KG StV 1982 10; OLG Hamburg NJW 1966 843 f.; OLG Köln VRS 85 (1993) 443, 445; vgl. OLG Karlsruhe VRS 118 (2010) 211. BGH bei Holtz MDR 1978 111; vgl. auch OLG Celle StraFo 1998 19.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
handlung mündlich übersetzt wird (§ 201, 18),401 etwas anderes kann aber dann gelten, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass seine Möglichkeiten zur Vorbereitung der Verteidigung dadurch wesentlich beeinträchtigt worden sind. Zu beachten ist dabei stets, dass das Recht auf ein faires Verfahren es gebietet, den der deutschen Sprache nicht oder nicht hinreichend mächtigen Angeklagten in die Lage zu versetzen, die ihn betreffenden wesentlichen Verfahrensvorgänge verstehen und sich im Verfahren verständlich machen zu können.402 Eine wesentliche Veränderung der Verfahrenslage kann auch dadurch eintreten, dass das Gericht darauf hinweist, dass es an einer früher bestimmt zugesagten Sachbehandlung nicht mehr festhalten will, sofern diese Zusage das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten wesentlich bestimmt hat.403 Einer Aussetzung bedarf es aber nur, wenn Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Änderung bereits im laufenden Verfahren ohne Beeinträchtigung der Verteidigung Rechnung getragen werden kann, so etwa durch Nachholen unterbliebener Beweisanträge. Erhebliche praktische Bedeutung hat Absatz 4 bei der Gewährleistung des Rechts, 106 sich des Beistands eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen (Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK),404 wenn dieser aus vom Angeklagten nicht zu vertretenden Gründen verhindert ist und ihm nach Lage der Sache eine Verhandlung ohne Verteidiger oder mit einem vom Gericht ad hoc bestellten Verteidiger nicht zumutbar ist.405 § 145 Abs. 3 regelt die Pflicht des Gerichts zur Aussetzung oder Unterbrechung nicht abschließend. Er berührt insbesondere die Pflicht des Gerichts nicht, von Amts wegen auszusetzen, wenn dies § 265 Abs. 4 zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung erfordert. Gleiches gilt für § 228 Abs. 2.406 Umgekehrt machen diese Vorschriften aber auch deutlich, dass der Angeklagte nicht in jedem Fall wegen der Verhinderung seines Verteidigers die Aussetzung verlangen kann. Es kommt auf Anlass, Vorhersehbarkeit und Dauer der Verhinderung sowie auf die Bedeutung der Sache und die sonstigen Umstände des Einzelfalls an, ob bei Abwägung aller Belange die Aussetzung nach Absatz 4 aus der Sicht des unverteidigten Angeklagten407 geboten ist. In Betracht kommen verschiedenartige Ursachen, sie reichen von der plötzlichen Er- 107 krankung408 oder dem Tod 409 des Verteidigers bis zu dessen für den Angeklagten unvorhersehbaren Verhinderung,410 wie etwa infolge einer Fahrzeugpanne.411 Die Verpflich-
401
402 403 404
405
Vgl. OLG Celle StraFo 2005 30 mit abl. Anm. Rübenstahl; OLG Düsseldorf JZ 1985 200; OLG Hamburg MDR 1993 164; KMR/Stuckenberg 79. BVerfGE 64 135, 145; BVerfG NJW 2004 1443. Vgl. etwa BGHSt 36 210; KK/Engelhardt 31a. Vgl. etwa BVerfGE 9 36, 38; 39 238, 243; 68 237, 256; BGH StV 1992 53; 1998 415 sowie bei § 142 und Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK. BGH NJW 2000 1350; BayObLG VRS 64 (1983) 129; OLG Celle NJW 1965 2264; OLG Düsseldorf wistra 1993 352; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 304; OLG Hamm MDR 1971 68; 1972 254; DRiZ 1977 84; OLG Zweibrücken StV 1984 148; KK/Engelhardt 31; Meyer-Goßner 42a;
406
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411
SK/Velten 63; vgl. LR/Becker § 228, 21 ff.; Heldmann StV 1981 82; Heubel NJW 1981 2678; Schlothauer StV 1986 213, 228. BGH bei Dallinger MDR 1966 26; OLG Düsseldorf wistra 1993 252; KMR/Stuckenberg 80. Vgl. LR/Becker § 228, 21 ff., 25 und bei § 145. BayObLG StV 1983 270 mit Anm. Weider. OLG Celle NJW 1965 2264 f.; OLG Düsseldorf StV 1995 69 f. BayObLG VRS 64 (1983) 129; StV 1983 270 mit Anm. Weider. OLG Düsseldorf VRS 63 (1982) 458; OLG Zweibrücken StV 1984 148; vgl. aber auch BGH MDR 1977 767 mit abl. Anm Sieg; ferner LG Dortmund StV 1986 13; Heldmann StV 1981 82; LR/Becker § 228, 25. BayObLG StV 1985 6 f.; 1989 94, 95; OLG Düsseldorf wistra 1993 352.
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tung, eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen, kann die Aussetzung erfordern, wenn der Verteidiger für den Angeklagten nicht vorhersehbar sein Mandat zu einem Zeitpunkt niederlegt, in dem es dem Angeklagten nicht mehr möglich war, rechtzeitig einen anderen Verteidiger zu bestellen412 oder wenn ein als Verteidiger geladener Referendar für den abwesenden Angeklagten unvorhersehbar vom Gericht nicht als Wahlverteidiger zugelassen wird413 oder wenn der Verteidiger wegen unvorschriftsmäßiger Kleidung zurückgewiesen wird414 oder wenn dem nicht rechtskundigen Angeklagten die Ablehnung seines rechtzeitig gestellten Antrags auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers so spät mitgeteilt wird, dass er weder eine Änderung des Beschlusses herbeiführen noch einen Wahlverteidiger beauftragen kann.415 Eine Aussetzung kann aber auch notwendig werden bei unvorhergesehenem Verteidigerwechsel, wenn etwa im Falle einer notwendigen Verteidigung der eine von zwei gewählten Verteidigern das Mandat niederlegt und der andere wegen der zwischen ihnen abgesprochenen Aufgabenteilung die Verantwortung für die ganze Verteidigung nicht zu übernehmen bereit ist,416 ferner, wenn der Angeklagte wegen der Untätigkeit des Pflichtverteidigers417 oder wegen der Verhinderung seines Verteidigers einen Anwalt seiner Wahl beauftragt und dieser sich nicht mehr rechtzeitig vorbereiten kann418 oder wenn bei einem vom Angeklagten nicht zu vertretenden Verteidigerwechsel die Wiederholung der verfahrensentscheidenden Beweisaufnahme in Gegenwart des neuen Verteidigers für die sachgerechte Verteidigung unerlässlich ist,419 was aber auch ohne Aussetzung möglich ist420. Dasselbe gilt auch, wenn ein neu bestellter Pflichtverteidiger die Verteidigung nach einer für die Schwierigkeit der Sache ersichtlich nicht ausreichenden Vorbereitungszeit übernimmt.421 Grundsätzlich kann jede vom Angeklagten nicht verschuldete Verschlechterung seiner 108 Verteidigungsmöglichkeit den Anlass zur Aussetzung geben, beispielsweise auch, wenn der Verteidiger ohne Verschulden des in der Hauptverhandlung nicht anwesenden Angeklagten außerstande ist, sich bei einem neu aufgetretenen Gesichtspunkt zur Sache zu äußern422 oder wenn das Gericht entgegen der in Aussicht gestellten Einstellung in Abwesenheit des Verteidigers dann doch zur Sache verhandelt,423 oder wenn das Gericht nach Weggang des Wahlverteidigers eines minderjährigen Angeklagten vor der Urteilsverkündung unerwartet nochmals in die mündliche Verhandlung eintritt und auf eine vom Angeklagten in der Tragweite nicht übersehbare Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts hinweist;424 unter Umständen auch, wenn dem Gericht mitgeteilt wurde, der Verteidiger werde sich verspäten.425 Andererseits kann der Verteidiger im Falle einer nicht notwendigen Verteidigung die Aussetzung nicht dadurch erzwingen, dass er nach Ablehnung seines Vertagungsantrags zur Hauptverhandlung nicht erscheint 426 oder sein Mandat ohne sonst einen dies sachlich rechtfertigenden Grund niederlegt.427 Im Übrigen
412
413 414 415 416
417 418
BGH NJW 2000 1350; OLG Celle NdsRpfl. 1964 234, 235; OLG Zweibrücken MDR 1966 528 f. OLG Köln NJW 1970 720 f. OLG Köln VRS 70 (1986) 21. RGSt 57 147, 148; RG JW 1932 406 f.; OLG Hamm NJW 1973 381 f. RGSt 71 353, 354; OLG Köln VRS 23 (1962) 295; vgl. auch RG JW 1926 1218 mit Anm. Oetker/Mamroth. BGH NJW 1958 1736. BGH VRS 26 (1964) 46; 31 (1966) 188.
438
419 420 421
422 423 424 425 426 427
BGH NJW 2000 1350; vgl. auch BGHSt 13 337, 340. Vgl. BGH NStZ-RR 2002 270 f. BGH NJW 1965 2164 mit Anm. SchmidtLeichner; MDR 1977 767 mit Anm. Sieg; NStZ 1983 281; 2009 650 f. BayObLG DAR 1957 131. BayObLG VRS 63 (1982) 279. OLG Saarbrücken VRS 25 (1963) 66. Vgl. LR/Becker § 228, 30 m.w.N. OLG Köln VRS 23 (1962) 295. BGH NJW 2000 1350 lässt dies offen.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265
kann Urlaub des Verteidigers grundsätzlich zu den anzuerkennenden Gründen gehören,428 eine Fortbildungsveranstaltung429 des Wahlverteidigers jedoch nicht ohne Weiteres. Ob ein neuer Verteidiger für die Erfüllung seiner Aufgabe hinreichend vorbereitet ist, hat er in erster Linie selbst zu beurteilen und es ist grundsätzlich nicht Sache des Gerichts, dies nachzuprüfen; erklärt also der neu bestellte Verteidiger, er sei zur Verteidigung genügend vorbereitet, darf sich das Gericht im Normalfall darauf verlassen,430 sofern ihm nicht Umstände bekannt sind, die dem widersprechen.431 3. Entscheidung des Gerichts. Ob das Verfahren nach Absatz 4 auszusetzen ist, hat 109 das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Für die Ausübung des Ermessens ist neben den Anforderungen, die sich aus der Aufklärungspflicht und der Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG ergeben, vor allem die Pflicht zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens und die daraus folgende Fürsorgepflicht maßgebend. Zu berücksichtigende Gesichtspunkte sind die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage, die Fähigkeit des Angeklagten, sich selbst zu verteidigen, sowie das Beschleunigungsgebot, wobei auch zu bedenken ist, innerhalb welcher Zeit das Gericht bei seiner Geschäftsbelastung mit der Neuverhandlung der Sache beginnen könnte, ob sonstige Verfahrensnachteile wie ein zu befürchtender Beweismittelverlust oder Verlängerung der Untersuchungshaft entgegenstehen.432 Eine Aussetzung liegt daher nahe, wenn die Beeinträchtigung der Verteidigung durch das Gericht verursacht wurde,433 hingegen nicht, wenn der Angeklagte die Verhinderung seines Verteidigers oder die mangelhafte Vorbereitung selbst zu vertreten hat;434 auf ein etwaiges Verschulden des Verteidigers kommt es nicht an,435 vgl. Rn. 108. Wäre infolge veränderter Sachlage dem Angeklagten die Fortsetzung der Hauptverhandlung ohne Beistand eines Verteidigers unzumutbar, kann sich der Ermessenspielraum zur Pflicht verdichten.436
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429 430
431
432
Vgl. OLG Celle StV 1984 503; OLG Frankfurt StV 1997 402; OLG Köln DAR 2005 576 f.; OLG München NStZ 1994 451; auch OLG Hamm NZV 1997 90. BGH NStZ-RR 2007 81 mit Anm. Eidam JR 2007 211. BGH NStZ 1997 401 mit Anm. Rogat JR 1998 252; NStZ 1998 111; bei Holtz MDR 1996 120; StV 2000 402 mit Anm. Stern sowie bei § 145. Etwa BGH NJW 1965 2164 mit Anm. Schmidt-Leichner; BGH NJW 1973 1985; NStZ 1983 281; 1998 531; vgl. auch Rn. 106; zur Aussetzungs- oder Unterbrechungspflicht im umgekehrten Fall vgl. bei § 145. BGH NJW 1973 1985, 1986 mit Anm. Peters JR 1974 248; MDR 1977 767 mit Anm. Sieg; NStZ 1983 281; NStZ-RR 2005 259 f.; StV 2000 183 f.; KG NZV 1993 411; OLG Celle StraFo 1998 19, 20; OLG Düsseldorf StV 1982 559, 560; 1995 69, 70; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 304, 305 m.w.N.; OLG Hamm VRS 41 (1971) 45 f.; 59 (1980) 449; OLG Köln VRS 42 (1972)
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284, 285; OLG Koblenz VRS 52 (1977) 428, 430; OLG Stuttgart StV 1988 145 f.; OLG Zweibrücken StV 1984 148; LG Bochum NJW 1988 1533 f.; AK/Loos 45; HK/Julius 3, 21; KK/Engelhardt 31; KMR/Stuckenberg 81; Meyer-Goßner 43; SK/Velten 60, 64; vgl. BVerfG NJW 1984 862 f. (verfassungsrechtlich unbedenklich). BayObLG VRS 63 (1982) 279 f.; StV 1984 13 f.; OLG Düsseldorf GA 1958 54 f.; StV 1982 559 f.; OLG Hamburg NJW 1967 1577, 1578; OLG Koblenz VRS 52 (1977) 428, 430; OLG Stuttgart StV 1988 145, 146; LG Dortmund StV 1986 13. Vgl. BGH NJW 1958 1736, 1737 f.; NStZ-RR 2006 272, 273; OLG Düsseldorf GA 1979 226, 227; OLG Köln VRS 23 (1962) 295 f.; AK/Loos 44; KK/Engelhardt 31; KMR/Stuckenberg 83; SK/Velten 63. OLG Hamburg NJW 1967 1577, 1578. BayObLG StV 1983 270 mit Anm. Weider; OLG Celle NJW 1965 2264; OLG Düsseldorf GA 1979 226, 227; StV 1982 559 f.; 1995 69 f.; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 304, 305; OLG Hamm GA 1971 25; 1974
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Ein Aussetzungsantrag nach Absatz 4 muss in der Hauptverhandlung beschieden werden und nicht erst mit der Urteilsverkündung.437 Der ablehnende Beschluss muss die dafür wesentlichen Gesichtspunkte anführen.438 Wird das Verfahren nur für eine kürzere als die beantragte Zeit ausgesetzt oder unterbrochen, ist auch anzuführen, weshalb (Sachgründe, Beschleunigungsgebot) diese Frist nach Ansicht des Gerichts ausreichen muss. Die Begründung muss den Prozessbeteiligten ermöglichen, noch in der Hauptverhandlung ihr weiteres Prozessverhalten danach einstellen und die entsprechenden Anträge stellen zu können. Der Aussetzungsantrag ist eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens, die im Proto111 koll festzuhalten ist und nur durch dieses bewiesen werden kann (§ 274). Gleiches gilt für den darüber entscheidenden Gerichtsbeschluss, der eine nach § 273 Abs. 1 im Protokoll aufzunehmende Entscheidung ist.
112
4. Die Dauer der Aussetzung nach Absatz 3 und 4 wird durch das richterliche Ermessen bestimmt, das danach auszurichten ist, welche Zeit der Angeklagte und sein Verteidiger – im Falle des Absatzes 4 gegebenenfalls auch die Staatsanwaltschaft oder Nebenbeteiligte mit Angeklagtenbefugnissen – brauchen, um ihre Rechte sachgemäß wahrnehmen zu können. Die Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage und die Bedeutung der neu aufgetretenen Umstände sowie das Erfordernis angekündigter Nachforschungen sind dabei zu berücksichtigen. Nach ihnen bemisst sich der Zeitraum, der für die weitere Vorbereitung einschließlich etwaiger notwendig gewordener Ermittlungen zuzubilligen ist. Dem Gericht ist es unbenommen, die Antragsteller über die nach ihrer Ansicht zur weiteren Vorbereitung beabsichtigten Maßnahmen und die dafür erforderliche Zeit zu befragen. Der nach Ansicht des Gerichts dafür angemessene Zeitbedarf ist entscheidend dafür, ob hierfür eine bloße Unterbrechung der Verhandlung genügt – die anders als bei Absatz 3 als zulässig anzusehen ist439 – und wie lange diese zu bemessen ist.440 Mitunter muss ohne Rücksicht auf die Fristen des § 229 die Hauptverhandlung neu begonnen werden, so, wenn bei einem Verteidigerwechsel der neue Verteidiger wichtigen Vorgängen der Beweisaufnahme nicht beiwohnen konnte, ihm also mangels persönlichen Eindrucks eine Beurteilung der wesentlichen Belastungszeugen nicht möglich war.441 In Einzelfällen können allerdings besondere Umstände vorliegen, die zur Wahrung der Verteidigungsinteressen einen Neubeginn der Hauptverhandlung, eventuell aber auch nur eine Wiederholung der Beweisaufnahme erforderlich erscheinen lassen.442 In solchen Fällen muss die sachgemäße Ausübung der prozessualen Rechte von Anklage und Verteidigung gesichert bleiben. Der Angeklagte soll nicht hilflos einer veränderten prozessualen Lage ausgesetzt werden, sondern Gelegenheit erhalten, seine wohlverstandenen Belange im
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346; MDR 1972 254 f.; NJW 1973 381 f.; VRS 47 (1974) 358; OLG Koblenz VRS 52 (1977) 428, 430; OLG Stuttgart StV 1988 145, 146. OLG Dresden GA 72 (1928) 388, 389; AK/Loos 46; HK/Julius 19; KK/Engelhardt 28, 29; KMR/Stuckenberg 85; Meyer-Goßner 45; SK/Velten 64. BGH StV 1986 516; KK/Engelhardt 31; KMR/Stuckenberg 85; SK/Velten 64. Meyer-Goßner 45; vgl. Rn. 97. Vgl. BGH 12.6.1956 – 5 StR 126/56 bei
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KK/Engelhardt 30 (Unterbrechung über Wochenende); BGH StV 1993 289 (zwei Stunden unzureichend bei Mordmerkmalen); Heubel NJW 1981 2678 (Hinausschieben des Verhandlungsbeginns); ferner HK/Julius 19; KMR/Stuckenberg 85; MeyerGoßner 45. BGH NJW 2000 1350; NStZ 1983 281; VRS 26 (1964) 46 (notwendige Verteidigung). Vgl. BGH NJW 2000 1350.
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§ 265
Verfahren wahrzunehmen.443 Ist nach der Sachlage allerdings damit zu rechnen, dass sich ein bei Terminbeginn ausgebliebener Verteidiger lediglich verspätet, ist für eine sofortige Entscheidung über die Aussetzung kein Raum. Das Gericht muss zunächst die nach der Sachlage angemessene Zeit zuwarten, ob der Verteidiger doch noch erscheint.444
VI. Rechtsbehelfe 1. Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Der Hinweis nach Absatz 1 und 2 ist keine 113 Anordnung im Sinne des § 238 Abs. 2, so dass gegen ihn das Gericht nicht angerufen werden kann.445 Lehnt der Vorsitzende hingegen einen Hinweis ab, gilt § 238 Abs. 2.446 2. Beschwerde. Der Hinweis nach Absatz 1, 2 oder die Unterrichtung über sachliche 114 Veränderungen sind keine beschwerdefähigen Verfügungen im Sinne des § 304 Abs. 1.447 Im Übrigen sind auch gerichtliche Entscheidungen über Erteilung oder Unterlassen eines Hinweises durch § 305 der Beschwerde entzogen. Sie können nur im Rahmen der Urteilsanfechtung beanstandet werden. Gleiches gilt für den Beschluss, der die Aussetzung des Verfahrens ablehnt und grundsätzlich auch für den Beschluss, der nach Absatz 3 oder 4 das Verfahren aussetzt.448 Nur in Ausnahmefällen, in denen der aussetzende Beschluss nicht der Vorbereitung der Urteilsfindung dient, sondern einen von § 265 nicht gedeckten Zweck verfolgt (vgl. Rn. 100), kann ebenso wie bei §§ 228, 246 die Beschwerde zulässig sein449. 3. Revision a) Ein Verstoß gegen die Absätze 1 bis 4 eröffnet die Revision nach § 337 und, 115 soweit ein Beschluss des Gerichts die Verteidigung beschränkt hat, etwa einen Aussetzungsantrag des Angeklagten nach Absatz 3 oder 4 zu Unrecht abgelehnt oder nicht beschieden hat, auch nach § 338 Nr. 8.450 Soweit ausschließlich die Verteidigung des Angeklagten gesichert werden soll, kann die Verletzung nicht zu seinen Ungunsten von Staatsanwalt, Nebenkläger oder Privatkläger geltend gemacht werden, § 339.451 Ein Verstoß gegen die Absätze 1 und 2 setzt voraus, dass ein nach diesen Absätzen notwendiger Hinweis überhaupt nicht oder nur mit einem den Gesetzeszweck verfehlenden unzulänglichen Inhalt erteilt wurde. Dass er in der Hauptverhandlung zu spät erteilt wurde, so dass sich die Prozessführung nicht mehr darauf einstellen konnte, kann allenfalls in Ver-
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OLG Hamm NJW 1973 381; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 294; OLG Saarbrücken VRS 65 (1963) 66; KK/Engelhardt 31. Wegen der Einzelheiten der Wartepflicht vgl. LR/Becker § 228, 30; HK/Julius 20, jew. m.w.N.; zur Fürsorgepflicht des Gerichts OLG Köln StV 1990 257. KK/Engelhardt 16; KMR/Stuckenberg 86; SK/Velten 29; Eb. Schmidt 15. KMR/Stuckenberg 86; Meyer-Goßner 28; SK/Velten 29. KG StV 1989 8, 9 mit Anm. Danckert. OLG Dresden JR 2008 304, 305 mit Anm. Gössel; Meyer-Goßner 37.
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Vgl. LR/Becker § 228, 35. BGH NJW 1965 2164, 2165 f.; NStZ 1983 281; StV 1985 4; 1996 298; 1998 414 f.; 2000 183; OLG Celle NdsRpfl. 1964 234 f.; NJW 1965 2264; OLG Zweibrücken MDR 1966 528; AK/Loos 48; KK/Engelhardt 32; KMR/Stuckenberg 88; Eb. Schmidt 28. RGSt 5 218, 221; BGH bei Dallinger MDR 1966 18; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1974 183; OLG Stuttgart MDR 1955 505; KK/Engelhardt 32; KMR/ Stuckenberg 89; Meyer-Goßner 46; offen lassend BGH bei Dallinger MDR 1955 652.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
bindung mit einem darauf gestützten Aussetzungsantrag unter dem Blickwinkel eines Verstoßes gegen Absatz 4 gerügt werden.452 Ein Verstoß gegen Absatz 3 setzt voraus, dass das Gericht den Aussetzungsantrag des Angeklagten abgelehnt hat, obwohl alle in diesem Absatz dafür geforderten Voraussetzungen vorlagen. Als Verletzung des Absatzes 4 kann dagegen nur geltend gemacht werden, dass das 116 Gericht die Voraussetzungen dieses Absatzes, namentlich die das Ermessen eröffnende Veränderung der Sachlage,453 verkannt oder bei dessen Anwendung Rechtsbegriffe falsch, zu eng oder zu weit ausgelegt oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.454 Formelhafte Begründung des ablehnenden Beschlusses kann auf Ermessensfehlgebrauch hindeuten.455 Fehlerhaft ist es auch, einen Vertagungsantrag, der zur Beibringung von Belegen für ein Verteidigungsvorbringen gestellt wird, mit der Begründung abzulehnen, das Gegenteil der Schutzbehauptung sei erwiesen.456 Ist ein Hinweis nach § 265 Abs. 1 gegeben worden, und ist für die Anwendung des neuen Strafgesetzes ein Tatumstand von Bedeutung, der bei Anwendung des in der Anklage angeführten Strafgesetzes unerheblich gewesen wäre, dann darf der Antrag, die Verhandlung nach Absatz 4 auszusetzen, um das Vorliegen jenes Tatumstands zu klären, nicht als Beweisermittlungsantrag zurückgewiesen werden.457 Nicht überprüfbar ist, ob eine Aussetzung oder eine andere geeignete Maßnahme zur Sicherstellung der Verteidigung zweckmäßiger war.458 Eine Verletzung der Hinweispflicht führt regelmäßig auch zu einem Verstoß gegen Absatz 4, wenn dem Angeklagten die nötige Vorbereitung der Verteidigung genommen wurde.459 Ob ein Verstoß gegen die Absätze 1 oder 2 vorliegt, ist unter Berücksichtigung der 117 Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls zu beurteilen.460 Für sonst erforderliche Hinweise auf tatsächliche Veränderungen gegenüber der Anklage gilt dies nicht.461 Ob ein solcher Hinweis nach der Verfahrenslage angezeigt war und ob und in welcher Form er erteilt wurde, ist im Wege des Freibeweises festzustellen.462 Ob der Angeklagte einen Anspruch auf Aussetzung nach Absatz 3 hatte, kann das Revisionsgericht im Wege des Freibeweises auch unter Heranziehung des Akteninhalts feststellen.463 Gleiches gilt für die tatsächlichen Voraussetzungen der Ermessensentscheidung nach Absatz 4. Es geht zu Lasten des Beschwerdeführers, wenn die Behauptung einer unzureichenden Belehrung im Freibeweisverfahren nicht erwiesen ist.464
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b) Zur Begründung der Revision muss der Revisionsführer angeben (§ 344 Abs. 2), wie die zugelassene Anklage in dem betreffenden Punkt lautete, sowie, dass das Gericht den Angeklagten ohne den erforderlichen Hinweis wegen einer anderen Vorschrift oder wegen eines anderen Sachverhalts abgeurteilt hat.465 Die Mitteilung von Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss soll nur ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn das Revisions452 453 454
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BGH NStZ 2007 234, 235; HK/Julius30; KK/Engelhardt 18. RGSt 28 124. BGHSt 8 92, 96; 11 88, 91; BGH NJW 1958 1736; NStZ 1983 281; 1998 82; BayObLG VRS 63 (1982) 279, OLG Koblenz VRS 51 (1976) 288; KK/Engelhardt 32; KMR/ Stuckenberg 97 f.; Meyer-Goßner 46; Hamm 1174; a.A. SK/Velten 61, 63, 66. Vgl. BGH StV 1986 516; OLG Braunschweig StV 2008 293 f. RG GA 75 (1931) 213. RG JW 1933 967.
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RG HRR 1931 Nr. 636; OLG Dresden JR 2008 304, 305 mit Anm. Gössel; vgl. OLG Stuttgart Justiz 2000 91 ff. m.w.N.; OLG Karlsruhe NStZ 1985 227; OLG Koblenz VRS 51 (1976) 288, 289. BGHSt 8 92, 96 ff. Vgl. Rn. 69 ff. Vgl. Rn. 83 ff. Vgl. Rn. 85. KK/Engelhardt 32; KMR/Stuckenberg 96. BGHSt 19 143; vgl. aber auch BGH NStZ 1985 325 (Behauptung nicht widerlegt). OLG Hamm NStZ-RR 2001 273 f.
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gericht bei der amtswegigen Prüfung der Prozessvoraussetzungen deren Inhalt ohnehin zur Kenntnis nimmt 466 – was es freilich immer muss, daher kann die Mitteilung nicht notwendig, wohl aber empfehlenswert sein467. Es empfiehlt sich auch, den Verfahrensgang und etwaige Verweisungsbeschlüsse anzuführen.468 Wird gerügt, erteilte Hinweise seien unvollständig gewesen, hat dies nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Verteidigung um Klärung gebeten hat.469 Sind mehrere Fälle angeklagt, muss die Revision die Einzelfälle bezeichnen, in denen ohne Hinweis von der Würdigung der Anklage abgewichen wurde.470 Die Rüge, das Gericht habe versäumt, auf wesentliche Veränderungen bei den von ihm als entscheidungserheblich angesehenen Tatsachen hinzuweisen, erfordert von der Revision den Vortrag, in welchen konkreten Tatsachen das Gericht in Abweichung von der zugelassenen Anklage die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands gefunden hat, dass das Gericht hierauf nicht hingewiesen habe und dass deren Bedeutung für den Revisionsführer auch nicht bereits aus dem Gang der Hauptverhandlung ersichtlich gewesen sei.471 Im Hinblick auf die Beruhensfrage ist es ratsam,472 dass die Revisionsbegründung aufzeigt, welche besseren Verteidigungsmöglichkeiten der Angeklagte bei einem ordnungsmäßigen Hinweis gehabt hätte.473 Wird beanstandet, dass das Gericht die Aussetzung abgelehnt habe, müssen der ge- 119 stellte Antrag und der ablehnende Beschluss dem Inhalt nach – am besten aber wörtlich – mitgeteilt werden.474 Bei der Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf Aussetzung nach Absatz 3 muss die Sachdarstellung außerdem aufzeigen, dass alle Voraussetzungen dieses Anspruchs gegeben waren; bei der Behauptung eines Verstoßes gegen Absatz 4 muss unter Anführung aller Tatsachen dargelegt werden, aus welchen Gründen eine Vertagung geboten gewesen wäre und warum die ablehnende Entscheidung ermessensfehlerhaft war.475 Ausführungen zum Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensverstoß sind an sich nicht unbedingt erforderlich, sie können aber zweckmäßig sein (vgl. Rn. 120). Wird geltend gemacht, die Verteidigung habe aus Zeitmangel nicht mehr den veränderten Umständen angepasst werden können, muss die Revision diese Umstände und den Verfahrensgang dartun und sie muss aufzeigen, warum die Zeit nicht ausreichte und welches Vorbringen und welche Fragen oder Anträge dadurch verhindert wurden.476 c) Beruhen. Die Revision hat Erfolg, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Urteil 120 auf dem Verfahrensverstoß beruht (§§ 337, 338 Nr. 8). Dass dies nur wenig wahrschein-
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OLG Stuttgart MDR 1990 569; OLG Hamm NStZ-RR 2001 273, 274; siehe aber BGH 30.5.1996 – 4 StR 109/96 (insoweit nicht in NStZ-RR 1997 65). BGH StraFo 2009 115; Meyer-Goßner 47; ähnl. OLG Hamm NStZ-RR 2001 273, 274. BGH 30.5.1996 – 4 StR 109/96. BGH StV 1998 416 mit abl. Anm. Park. BGH bei Herlan MDR 1955 652; bei Holtz MDR 1977 461; KMR/Stuckenberg 90. BGH StV 1991 502 f.; BGH 9.3.1995 – 4 StR 60/95; BayObLGSt 1992 161, 162 f.; Meyer-Goßner 47. Nur bei einer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs muss vorgetragen werden, was der Beschwerdeführer bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgebracht
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hätte, vgl. BVerfGE 28 17 ff.; 82 236, 257; BVerfG NJW 2004 1443; OLG Jena VRS 107 (2004) 289 ff. BGHR § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 9; BGH 14.1.2010 – 1 StR 587/09; Meyer-Goßner 48; Hamm 1178. OLG Koblenz VRS 51 (1976) 288, 289. BGH StV 1990 532; 1996 298; 1998 414; 2004 303; BGHR § 265 Abs. 4 Verteidigung, angemessene 7; OLG Koblenz VRS 51 (1976) 288, 289; HK/Julius 33; KMR/ Stuckenberg 99; Meyer-Goßner 46; SK/Velten 67. BGH NStZ 1996 99 („ähnlich wie bei Aufklärungsrüge“); vgl. auch BGH StV 1988 HK/Julius 30; KMR/Stuckenberg 96; MeyerGoßner 47.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
lich ist, genügt nicht, um die Möglichkeit einer anderweitigen Verteidigung und damit auch das Beruhen zu verneinen. Ob und wieweit dies ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, hängt von der Sach- und Rechtslage des Einzelfalls ab. Es muss feststehen, dass der Angeklagte und sein Verteidiger sich auch bei einem Hinweis nicht anders und erfolgreicher hätten verteidigen können.477 Dies kann hinsichtlich des Schuldspruchs der Fall sein, wenn ein wegen Mordes Angeklagter wegen Totschlags verurteilt wird, da der Vorwurf des Mordes (in der Regel) den Vorwurf des Totschlags so in sich schließt, dass sich der Angeklagte dagegen nur in derselben Weise verteidigen kann.478 Das Gleiche gilt, wenn Mittäterschaft statt Alleintäterschaft angenommen wird und der Angeklagte alle zum Tatbestand gehörenden Ausführungshandlungen in eigener Person verwirklicht hat479 oder wenn das unveränderte Tatgeschehen nur aus Rechtsgründen statt als vollendeter nur als versuchter Diebstahl gewertet wird.480 Das Beruhen wurde ferner verneint, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger zu dem rechtlichen Gesichtspunkt auch ohne Hinweis durch das Gericht in der Hauptverhandlung ausführlich Stellung genommen haben,481 etwa, weil der Staatsanwalt in seinen Schlussausführungen eine dementsprechende Rechtsansicht vertreten hat482 und ersichtlich keine andere Verteidigungsmöglichkeit bestand.483 Dass der veränderte Gesichtspunkt nur von anderen Verfahrensbeteiligten, etwa dem Staatsanwalt, angesprochen wurde, nicht aber vom Angeklagten und seinem Verteidiger, reicht in der Regel nicht, um das Beruhen auszuschließen;484 desgleichen nicht, dass der Angeklagte die Tat insgesamt bestreitet485 oder dass er jede Einlassung zur Sache verweigert, denn in diesen und ähnlichen Fällen ist kaum mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass er sich anders verteidigt hätte, wenn ihm ein Hinweis des Gerichts die Bedeutung der Veränderung vor Augen geführt hätte. Soweit die Aussetzung nach Absatz 3 oder 4 zu Unrecht abgelehnt wurde, wird das Be121 ruhen des Urteils auf diesem Verstoß nur in Ausnahmefällen verneint werden können.486
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d) Andere Verfahrensrügen. Ein Verstoß gegen § 265 kann auch gleichzeitig unter dem Blickwinkel einer Verletzung des Rechts auf Gehör 487 oder der Aufklärungspflicht bean-
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BGHSt 2 250, 251; 29 124, 127 f.; BGH bei Dallinger MDR 1974 548; 1977 63; NJW 1952 1385; 1964 459; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 33; 1992 292, 293; NStZ-RR 1996 10; StV 1988 329, 330; 1998 582, 583; 2008 316; VRS 49 (1975) 184 f.; OLG Frankfurt StV 1992 60 m.w.N.; OLG Köln NJW 1947/48 148 f.; VRS 56 (1979) 281, 282; OLG Neustadt JR 1958 352 mit abl. Anm. Sarstedt; OLG Stuttgart StV 2008 626; HK/Julius 30; KK/Engelhardt 33; KMR/Stuckenberg 93 ff.; Meyer-Goßner 48; SK/Velten 67. RG DJZ 1926 379; BGH NStZ-RR 1996 10; StV 2008 342 mit Anm. Wachsmuth; anders BGH bei Dallinger MDR 1952 532; KK/Engelhardt 33. RGSt 63 430, 431; BGH NJW 1952 1385; NStZ 1992 292, 293; 1995 247; im umgekehrten Fall BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358 Nr. 33.
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BGH StV 1998 8 (anders zum Strafausspruch). BGH NStZ-RR 2008 316. BGH NJW 1951 726; 1995 247; bei Kusch NStZ 1994 25; StV 1988 329 (L); KG JR 1950 633; OLG Köln NJW 1948 148; KK/Engelhardt 33; KMR/Stuckenberg 94; SK/Velten 67. BGH MDR 1977 63; OLG Köln MDR 1975 164, 165; OLG Schleswig SchlHA 2003 192. AK/Loos 51. BGH 25.2.1958 – 1 StR 17/58 bei KK/Engelhardt 33; BGH 2.3.1993 – 1 StR 882/92; OLG Saarbrücken MDR 1970 439; a.A. BGH StV 1998 583 f.; OLG Frankfurt StV 1992 60 f.; HK/Julius 30; LR/Gollwitzer 25 114. Vgl. etwa BGHSt 8 92, 96; AK/Loos 52; KMR/Stuckenberg 100. Vgl. etwa BVerfGE 49 252; 60 305; 310; 74 228, 233; BayVerfGH NJW 1959 285
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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standet werden, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen für diese Rügen, die nicht notwendig mit denen der Rüge nach § 265 übereinstimmen (Rn. 6), gegeben sind. Gerügt werden können in diesem Zusammenhang etwa auch Verstöße gegen die Fürsorgepflicht oder das Recht auf Anhörung (§ 243 Abs. 5) oder auf Unterrichtung über den Gegenstand der Anklage und die Rechte auf Verteidigung und auf einen Verteidiger der eigenen Wahl (Art. 6 Abs. 3 lit. a, c EMRK; Art. 14 Abs. 3 lit. a, d IPBPR) oder auf Bestellung eines durch die Änderung notwendig gewordenen Pflichtverteidigers.488 Erging der Hinweis nicht in der gebotenen Öffentlichkeit, liegt hierin ein Verstoß gegen § 338 Nr. 6.489 Werden zugleich mit der Verletzung des § 265 auch andere Rechtsvorschriften als verletzt beanstandet, muss die Revision auch insoweit sämtliche Tatsachen, aus denen der (zusätzliche) Rechtsverstoß hergeleitet wird, vollständig und lückenlos zu ihrer Begründung anführen. Wird eine „Inbegriffsrüge“ erhoben, weil das Gericht nach § 154 eingestellte Sachverhalte strafschärfend verwertet habe, ohne sie in der Hauptverhandlung zu erörtern, kann dies als Rüge der Verletzung des § 265 Abs. 1, 2 zu interpretieren sein.490
§ 265a 1 Kommen
Auflagen oder Weisungen (§§ 56b, 56c, 59a Abs. 2 des Strafgesetzbuches) in Betracht, so ist der Angeklagte in geeigneten Fällen zu befragen, ob er sich zu Leistungen erbietet, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, oder Zusagen für seine künftige Lebensführung macht. 2 Kommt die Weisung in Betracht, sich einer Heilbehandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen, so ist er zu befragen, ob er hierzu seine Einwilligung gibt. Entstehungsgeschichte. § 265a ist durch Art. 9 Nr. 12 des 1. StrRG 1969 eingefügt worden. Er steht im engen Zusammenhang mit der am 1.4.1970 in Kraft getretenen Neuregelung der Strafaussetzung zur Bewährung (§§ 23 ff. StGB a.F.) durch das 1. StrRG. Später hat Art. 21 Nr. 69 EGStGB die Verweisungen auf das Strafgesetzbuch den neuen Paragraphennummern angepasst. Übersicht Rn. 1. Bedeutung und Geltungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen für die Befragung nach Satz 1 a) Wahrscheinlichkeit der Strafaussetzung b) Geeigneter Fall . . . . . . . . . . . . 3. Weisung nach Satz 2 . . . . . . . . . . . 4. Befragung a) Aufgabe des Vorsitzenden . . . . . . .
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Rn. b) bei Abwesenheit des Angeklagten c) keine Antwortpflicht des Angeklagten . . . . . . . . . . . . . d) Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . 5. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . 6. Rechtsmittel a) Beschwerde . . . . . . . . . . . b) Revision . . . . . . . . . . . . .
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mit Anm. Röhl, dazu Arndt NJW 1959 1300; BGHSt 16 47; 19 141; 22 336; BGH NJW 1958 1963; ferner auch OLG Düsseldorf (Rechtsbeschwerde nach OWiG) NStZ 1984 320 mit Anm. Bauckelmann 297; Eckert NStZ 1985 32.
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Vgl. etwa KG StV 1984 184. Vgl. BGH StV 2000 248; 2003 271 f. Zur Beruhensfrage BGH NStZ 1996 49. OLG München NJW 2010 1826, 1827.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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1. Bedeutung und Geltungsbereich der Vorschrift. Wird die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so kann das Gericht dem Angeklagten nach § 56b StGB die dort in Absatz 2 vorgesehenen Auflagen machen und es kann ihm nach § 56c StGB Weisungen für seine Lebensführung erteilen. Erbietet sich der verurteilte Angeklagte aber selbst zu angemessenen Leistungen oder macht er Zusagen für seine künftige Lebensführung, so soll das Gericht in der Regel von Auflagen und Weisungen absehen, wenn zu erwarten ist, dass der Angeklagte sein Versprechen hält (§ 56b Abs. 3, § 56c Abs. 4 StGB). Um eine sachgerechte Entscheidung vorzubereiten1 und um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, seinen Willen zur Wiedergutmachung und Sühne seiner Tat und seine Bereitschaft zur Änderung seiner Lebensführung unter Beweis zu stellen, sieht § 265a Satz 1 vor, dass das Gericht ihm in der Hauptverhandlung Gelegenheit gibt, entsprechende Erklärungen abzugeben. Gleiches gilt bei Auflagen und Weisungen nach § 59a Abs. 2 Satz 3 StGB. § 265a soll ferner dem Gericht ermöglichen, in der Hauptverhandlung den Angeklag2 ten dazu zu hören, welche Auflagen und Weisungen für ihn zumutbar (§ 56b Abs. 1 Satz 2, § 56c Abs. 1 Satz 2 StGB) sind.2 Hierdurch kann Auflagen und Weisungen vorgebeugt werden, welche nicht den besonderen Lebensverhältnissen des Täters Rechnung tragen und deshalb leicht ihren Zweck verfehlen. Zugleich soll für den Täter der Anreiz geschaffen werden, sich selbst Gedanken darüber zu machen, auf welche Art er dem Verletzten oder der Allgemeinheit Genugtuung für seine Tat leisten will, sowie, ob eine Änderung seiner Lebensführung angezeigt ist. Es soll ein Anreiz für den Täter geschaffen werden, aktiv – und nicht nur passiv – an der Wiedergutmachung seiner Tat und an seiner Resozialisierung mitzuwirken.3 Die nach Satz 2 vorgesehene Frage, ob der Angeklagte bereit ist, sich einer Heilbe3 handlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder in einem Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen, ist ferner deshalb notwendig, weil nach § 56c Abs. 3, § 59a Abs. 2 Satz 3 StGB derartige Weisungen die Einwilligung des Angeklagten erfordern. In der Berufungsinstanz und nach Zurückverweisung gemäß § 354 Abs. 2 gilt § 265a 4 ebenfalls, weil über etwaige Auflagen und Weisungen neu zu entscheiden ist (vgl. § 268a, 19). Bei nachträglichen Entscheidungen gemäß § 56e StGB, § 453 StPO ist er entsprechend anzuwenden. Sofern Jugendstrafrecht angewendet wird, gehen hingegen die Sondervorschrift der § 57 Abs. 3, § 109 Abs. 2 JGG vor. 2. Voraussetzungen der Befragung nach Satz 1
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a) Die genannten Auflagen und Weisungen müssen „in Betracht kommen“. Das Gericht muss also der Ansicht sein, dass ein Schuldspruch und die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Es muss ferner in Erwägung ziehen, diese mit Auflagen und Weisungen zu verbinden. Wenn der Angeklagte nicht voll geständig ist, wird diese Einschätzung regelmäßig eine Zwischenberatung erfordern.4
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b) Nach Satz 1 muss ein „geeigneter Fall“ vorliegen. Ein solcher dürfte vor allem dann gegeben sein, wenn der Angeklagte nach seiner Persönlichkeit erwarten lässt, dass
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KK/Engelhardt 1; KMR/Stuckenberg 1; Meyer-Goßner 2. KK/Engelhardt 1; Meyer-Goßner 2. AK/Loos 1; HK/Julius 1; SK/Velten 1.
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KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 3; Meyer-Goßner 5; SK/Velten 4; SchmidtHieber NJW 1982 1017, 1020.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 265a
seine Zusagen glaubhaft sind.5 Bestreitet der Angeklagte seine Schuld nachdrücklich, so wird allerdings bei ihm keine Bereitschaft zu irgendwelchen Zusagen in der Hauptverhandlung bestehen, zu seinem Verteidigungsverhalten widersprechen würden.6 Ob dann die Befragung nach Satz 1 trotzdem angebracht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. 3. Wenn eine Weisung nach Satz 2 in Betracht kommt, ist der Angeklagte immer – 7 also nicht nur wie bei Satz 1 „in geeigneten Fällen“ – zu befragen, ob er in die vorgeschriebene Maßnahme einwilligt. Ohne Einwilligung wäre die Weisung nach § 56c Abs. 3 StGB nicht zulässig. Weisungen nach Satz 2 haben in der Regel nur Erfolg, wenn der Angeklagte auch 8 innerlich gewillt ist, die meist längere Zeit erfordernde Behandlung auf sich zu nehmen. Es erscheint daher angezeigt, wenn das Gericht bei Befragung des Angeklagten klärt, ob er dazu bereit ist. Dies setzt voraus, dass der Vorsitzende den Angeklagten über die Bedeutung seiner Einwilligung und über die Behandlungsmaßnahme aufklärt, die das Gericht zum Gegenstand einer Weisung machen will.7 Die nach § 268a Abs. 2 vorgeschriebene Belehrung, die dem Beschluss nachfolgt, der die Auflagen und Weisungen festsetzt, käme zu spät. In ihrem Rahmen ist für die Erörterung der Zweckmäßigkeit der einzelnen Maßnahmen kein Raum mehr. Gerade letzteres aber will die Neuregelung erreichen, wenn sie vorschreibt, dass der Angeklagte vorher gehört werden soll. 4. Befragung a) Die Befragung ist als Maßnahme nach § 238 Abs. 1 Aufgabe des Vorsitzenden, der 9 vorher mit den übrigen Mitgliedern des Gerichts abklären muss, ob nach der Verfahrenslage eine solche Frage überhaupt in Betracht kommt (Rn. 5). Da der Angeklagte zu befragen ist, bevor das Gericht über seine Schuld endgültig entschieden hat, muss der Vorsitzende alles unterlassen, was den Eindruck erwecken könnte, er nehme vor Abschluss der Hauptverhandlung deren Ergebnis vorweg (vgl. Rn. 13). b) Ist der Angeklagte nicht anwesend, so kann auch ein zu seiner Vertretung berech- 10 tigter Verteidiger (§ 234) befragt werden und die entsprechenden Erklärungen für ihn abgeben.8 Bei einem von der Pflicht zum Erscheinen entbundenen Angeklagten (§ 233) ist dieser grundsätzlich bereits bei seiner kommissarischen Einvernahme auch selbst zu befragen.9 c) Keine Antwortpflicht des Angeklagten. Ihm steht es frei, ob er die Frage beantwor- 11 ten will. Dass er die Einlassung dazu verweigert, darf als solches nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.10 Soweit allerdings seine Einwilligung in eine der in Satz 2 aufge-
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OLG Koblenz VRS 71 (1986) 44; AK/Loos 4; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 6. AK/Loos 4; HK/Julius 2; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 6; Wulf JZ 1970 160, 161. KK/Engelhardt 1; KMR/Stuckenberg 8; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 5; Eb. Schmidt Nachtr. II 6, 8.
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KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 4; vgl. LR/Becker § 233, 37; § 234, 13. Vgl. LR/Becker § 233, 24, 37. AK/Loos 7; KMR/Stuckenberg 7; MeyerGoßner 8.
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§ 265a
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
führten Maßnahmen erforderlich ist, darf diese ohne ausdrückliche Zustimmung nicht zum Gegenstand einer Weisung nach § 56 Abs. 3 StGB gemacht werden. Das Gericht muss dann prüfen, ob es die Strafaussetzung mit anderen Weisungen anordnen kann oder ob es überhaupt von ihr Abstand nehmen muss, weil ihr Zweck ohne eine entsprechende Behandlung des Angeklagten nicht erreichbar erscheint. Bleiben Zusagen des Angeklagten bei der Entscheidung nach § 268a unberücksichtigt, muss das Gericht in der Begründung seines Beschlusses auch darauf eingehen.11 Der Angeklagte kann seine Einwilligung bis zur Erteilung der Weisung widerrufen.12 12 Ist die Weisung erteilt, kann er nur nach § 56e StGB beantragen, sie nachträglich zu ändern. Das Gericht hat dann im Verfahren nach § 453 darüber zu entscheiden.
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d) Der Zeitpunkt der Befragung, den das Gesetz nicht festsetzt, ist regelmäßig so zu wählen, dass der Eindruck einer Vorverurteilung vermieden werden kann. Die Befragung erscheint in der Regel erst nach Beendigung der Beweisaufnahme vor dem letzten Wort13 angezeigt. Nur in den Fällen, in denen der Angeklagte voll geständig ist, kann es zweckmäßig sein, die Frage schon bei der Vernehmung des Angeklagten zur Sache zu stellen.14 Kommen eine Heilbehandlung, eine Entziehungskur oder sonst ein Anstaltsaufenthalt als Gegenstand einer Weisung in Betracht, so kann die Frage an den Angeklagten, ob er damit einverstanden sei, unter Umständen auch nach Einvernahme eines Sachverständigen, der in seinem Gutachten diese Möglichkeit erörtert hat, gestellt werden.15 Sie ist dann zweckmäßigerweise mit der Befragung nach § 257 zu verbinden. Die Befragung muss vor Verkündung des Urteils nachgeholt werden, wenn das Ge14 richt erst auf Grund der Urteilsberatung zu dem Ergebnis kommt, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung mit entsprechenden Auflagen oder Weisungen in Betracht kommt. Das Gericht muss dann nochmals in die Hauptverhandlung eintreten.16 Hält das Gericht eine Befragung des Angeklagten vor Verkündung des Urteils für un15 geeignet, so ist es durch § 265a andererseits nicht gehindert, nach Verkündung des Urteils, aber vor Verkündung des Beschlusses nach § 268a, den Angeklagten zu befragen und dann erst den Beschluss nach erneuter Beratung zu erlassen.17
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5. In die Sitzungsniederschrift ist aufzunehmen, dass der Angeklagte nach Satz 1 und gegebenenfalls auch nach Satz 2 befragt wurde, sowie, ob und welche Zusagen er gemacht und zu welchen Leistungen er sich erboten hat, desgleichen, in welche konkrete Maßnahme nach Satz 2 er einwilligt oder aber die Einwilligung verweigert hat. Die Befragung und die daraufhin abgegebenen Erklärungen sind wesentliche Förmlichkeiten nach § 273 Abs. 1.18
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HK/Julius 4; vgl. LR/Stuckenberg § 268a, 5. BGHSt 36 97, 99; OLG Celle MDR 1987 956; KMR/Stuckenberg 9; Meyer-Goßner 8; SK/Velten 4. AK/Loos 6; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 10; Meyer-Goßner 10; SK/Velten 3; Wulf JZ 1970 160, 161. SK/Velten 3. KMR/Stuckenberg 10. KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 10;
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Meyer-Goßner 10; SK/Velten 3; Eb. Schmidt Nachtr. II 3; vgl. LR/Stuckenberg § 258, 4. KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 10; Meyer-Goßner 10; SK/Velten 3; Wulf JZ 1970 160, 161 unter Hinweis auf den schriftlichen Bericht des Sonderausschusses des Bundestags BTDrucks. V 4094 S. 42. AK/Loos 7; HK/Julius 4; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 11; Meyer-Goßner 11; SK/Velten 4; Eb. Schmidt Nachtr. II 6, 10.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
6. Rechtsmittel a) Mit der Beschwerde gegen den Beschluss nach § 268a kann nur geltend gemacht 17 werden, dass eine Auflage oder Weisung gesetzwidrig ist. Dies ist der Fall, wenn bei einer Weisung nach §§ 56c Abs. 3, 59 Abs. 2 Satz 3 StGB die Einwilligung fehlt19 oder wenn eine Auflage oder Weisung unzumutbar ist. Das bloße Unterlassen der Anhörung als solches macht die Anordnung aber noch nicht gesetzwidrig.20 b) Mit der Revision kann allenfalls unter dem Blickwinkel einer Verletzung der Auf- 18 klärungspflicht beanstandet werden, dass das Gericht eine sich nach Sach- und Verfahrenslage aufdrängende Befragung nach § 265a unterlassen und deshalb die Strafaussetzung zur Bewährung versagt hat.21 Im Übrigen aber können Verstöße gegen § 265a schon deshalb nicht mit der Revision geltend gemacht werden, weil auf ihnen nicht das Urteil, sondern allenfalls der Beschluss nach § 268a beruhen kann.22 Werden Weisungen und Auflagen versehentlich in das Urteil aufgenommen, ist dieser Urteilsteil in Wirklichkeit ein Beschluss nach § 268a, eine sich hiergegen richtende Revision ist als Beschwerde zu behandeln.23
§ 266 (1) Erstreckt der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung die Anklage auf weitere Straftaten des Angeklagten, so kann das Gericht sie durch Beschluß in das Verfahren einbeziehen, wenn es für sie zuständig ist und der Angeklagte zustimmt. (2) 1 Die Nachtragsanklage kann mündlich erhoben werden. 2 Ihr Inhalt entspricht dem § 200 Abs. 1. 3 Sie wird in die Sitzungsniederschrift aufgenommen. 4 Der Vorsitzende gibt dem Angeklagten Gelegenheit, sich zu verteidigen. (3) 1 Die Verhandlung wird unterbrochen, wenn es der Vorsitzende für erforderlich hält oder wenn der Angeklagte es beantragt und sein Antrag nicht offenbar mutwillig oder nur zur Verzögerung des Verfahrens gestellt ist. 2 Auf das Recht, die Unterbrechung zu beantragen, wird der Angeklagte hingewiesen.
Schrifttum Gubitz/Bock Zur Verbindung weiterer Verfahren während einer bereits begonnenen Hauptverhandlung gegen denselben Angeklagten, StraFo 2007 225; Hilger Kann auf eine Nachtragsanklage (§ 266) die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt werden? JR 1983 441; Meyer-Goßner Nachtragsanklage und Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens, JR 1984 53; ders. Nachholung fehlender Entscheidungen durch das Rechtsmittelgericht, JR 1985 452; ders. Prozesshindernisse und Einstellung des Verfahrens, FS Eser 373; Palder Anklage – Eröffnungsbeschluss – Urteil. Ein Trias mit Tücken, JR 1986 94.
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OLG Hamm StV 1990 308. OLG Köln NJW 2005 1671, 1673; AK/Loos 9; KMR/Stuckenberg 13; MeyerGoßner 12. HK/Julius 7; KMR/Stuckenberg 14; SK/Velten 6.
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BGH 8.3.1977 – 5 StR 607/76 nach KK/Engelhardt 4; KMR/Stuckenberg 14; Meyer-Goßner 13; vgl. LR/Stuckenberg § 268a, 5. AK/Loos 10; KK/Engelhardt 4; KMR/ Stuckenberg 14; Meyer-Goßner 13.
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§ 266
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Entstehungsgeschichte. Eine dem § 266 entsprechende Vorschrift fehlt in den Entwürfen. Sie wurde erst von der Reichstagskommission (Hahn 921, 1377) aufgenommen. Die ursprüngliche Fassung lautete: (1) Wird der Angeklagte im Laufe der Hauptverhandlung noch einer anderen Tat beschuldigt, als wegen welcher das Hauptverfahren wider ihn eröffnet worden, so kann sie auf Antrag der Staatsanwaltschaft und mit Zustimmung des Angeklagten zum Gegenstande derselben Aburteilung gemacht werden. (2) Diese Bestimmung findet nicht Anwendung, wenn die Tat als ein Verbrechen sich darstellt oder ihre Aburteilung die Zuständigkeit des Gerichts überschreitet. Die jetzt geltende Fassung beruht auf Art. 9 § 7 der 2. VereinfVO vom 13.8.1942 und auf Art. 3 Nr. 118 VereinhG, das die Fassung der 2. Vereinfachungsverordnung übernahm, aber die dort beseitigte Zustimmung des Angeklagten wieder zur Voraussetzung der Einbeziehung machte.
Bezeichnung bis 1924: § 265. Übersicht Rn. I. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Nachtragsanklage 1. Voraussetzungen a) weitere Straftat . . . . . . b) hinreichender Tatverdacht c) Ermessen des Staatsanwalts 2. Zeitpunkt und Gestaltung a) Zeitpunkt . . . . . . . . b) Form . . . . . . . . . . . c) Inhalt . . . . . . . . . .
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III. Der Einbeziehungsbeschluss 1. Voraussetzungen a) Zuständigkeit des Gerichts . . . b) hinreichender Tatverdacht . . . c) Zustimmung des Angeklagten . 2. Entscheidung über die Einbeziehung der Nachtragsanklage a) Ermessen des Gerichts . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . . .
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Rn. c) Form . . . . . . . . . . . d) Folgen der Einbeziehung . 3. Ablehnung der Einbeziehung a) Ablehnungsgründe . . . . b) Begründung . . . . . . . c) Folgen der Ablehnung . .
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IV. Verfahren nach Erlass des Einbeziehungsbeschlusses 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterbrechung des Verfahrens . . . . a) zur Vorbereitung der Verhandlung . b) von Amts wegen . . . . . . . . . . c) auf Antrag des Angeklagten . . . . d) andere Prozessbeteiligte . . . . . .
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V. Sitzungsniederschrift
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VI. Rechtsbehelfe 1. Entscheidung des Gerichts . . . . . . 2. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . 3. Revision . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift 1
Die Vorschrift dient der Vereinfachung und Beschleunigung, die unter Überspringung gewisser regelmäßig vorgeschriebener Verfahrenshandlungen durch eine außergewöhnliche Art der Verbindung erreicht wird. Die in der Hauptverhandlung mündlich erhobene Nachtragsanklage vereint Anklage und Antrag auf Verbindung des neuen Verfahrens, das ohne Ermittlungs- und Zwischenverfahren gleich in das Hauptverfahren eintreten soll. Die Vermeidung unnötiger Weitläufigkeiten ermöglicht § 266 namentlich dann, wenn die Untersuchung mehrere gleichartige Straftaten betrifft, in der Hauptverhandlung aber sich noch neue Straffälle ergeben, die alsbald ohne Schwierigkeit abgeurteilt werden können,1 1
Bericht der Reichstagskommission 71; Hahn 921, 1377; vgl. auch zur Entstehungs-
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geschichte unter Einbeziehung der Reformentwürfe Rieß FS Reichsjustizamt 373, 403 f.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
weil die Beweismittel präsent sind oder der Angeklagte geständig ist. Eine solche Einbeziehung dient der Prozesswirtschaftlichkeit. Sie kann auch im Interesse des Angeklagten liegen, dem dadurch die Belastungen und Kosten eines gesondert durchgeführten Strafverfahrens erspart werden.2 Um zu verhindern, dass der Angeklagte gleichsam überrumpelt und in seiner Verteidigung beeinträchtigt wird, macht das Gesetz die Einbeziehung der neu angeklagten Tat von seiner Zustimmung abhängig und gewährt ihm Gelegenheit zur Verteidigung sowie einen Unterbrechungsanspruch. Die Nachtragsanklage ist die einzige Form der Erweiterung des Gegenstands eines 2 laufenden Hauptverfahrens, die das Gesetz vorsieht; eine Anklageerweiterung darf dem Angeklagten auch nicht auf anderen Wegen aufgezwungen werden. Eine Umgehung insbesondere des Zustimmungserfordernisses durch gesonderte Anklage einer weiteren Tat, deren Eröffnung und Verbindung (§ 4) mit der laufenden Hauptverhandlung ist unzulässig; in einem solchen Fall muss mit der Hauptverhandlung neu begonnen werden.3 Anwendbar ist die Vorschrift stets nur vor einem erstinstanzlichen Strafgericht; im Ver- 3 fahren vor dem Berufungs- und dem Revisionsgericht ist eine Nachtragsanklage nicht möglich (Rn. 13 f.). Im Einspruchsverfahren nach einem Bußgeldbescheid kommt eine entsprechende Anwendung des § 266 nicht in Betracht.4 Im Strafverfahren kann die Staatsanwaltschaft wegen einer Ordnungswidrigkeit Nachtragsanklage nur erheben, wenn sie deren Verfolgung nach § 42 OWiG übernimmt.5
II. Die Nachtragsanklage 1. Voraussetzungen a) Auf „weitere Straftaten“ kann die Anklage erstreckt werden. „Straftat“ ist hier nicht 4 im Sinne des materiellen Strafrechts (§ 53 StGB) zu verstehen, sondern im Sinne des prozessualen Tatbegriffs des § 264. Die Nachtragsanklage setzt begriffsnotwendig voraus, dass eine andere Tat, ein anderes geschichtliches Ereignis als das von der zugelassenen Anklage bereits erfasste Geschehen zusätzlich der Entscheidung des Gerichts unterstellt werden soll,6 wofür ein Hinweis gem. § 265 nicht genügt7. Die Nachtragsanklage bestätigt den Anklagegrundsatz, denn durch sie wird für die zusätzliche Tat die Prozessvoraussetzung der öffentlichen Klage und durch den Einbeziehungsbeschluss die Prozessvoraussetzung des Eröffnungsbeschlusses erfüllt.8
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AK/Loos 1; HK/Julius 1; KMR/Stuckenberg 1; SK/Velten 2, 4; Gollwitzer JR 1985 126. BGHSt 53 108, 111 f.; BGH NStZ-RR 1999 303; StraFo 2010 337; Graf/Eschelbach 1; Meyer-Goßner 4 sowie § 4, 9; SK/Velten 28; Gubitz/Bock StraFo 2007 225, 227 ff.; offen lassend noch BGH StV 2008 226 f. BayObLGSt 1970 31 = VRS 38 (1976) 36; OLG Koblenz VRS 60 (1981) 49; 60 (1981) 458; 63 (1982) 140; Göhler/Seitz § 71, 52 OWiG; HK/Julius 20; KMR/Stuckenberg 5. Göhler/Gürtler § 42, 11; Göhler/Seitz § 71, 52 OWiG; HK/Julius 20; Meyer-Goßner 2. BGH JZ 1971 105 mit Anm. Kleinknecht;
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OLG Koblenz VRS 46 (1974) 204; OLG Saarbrücken NJW 1974 375; AK/Loos 2; Graf/Eschelbach 2; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 2, 6; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 8; Eb. Schmidt 3; Achenbach MDR 1975 19, 20. Dass die 2. VereinfVO „Tat“ durch „Straftat“ ersetzte, ändert daran nichts. Die Formulierung mag durch den damaligen Streit, ob zwischen dem materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Tatbegriff ein Unterschied bestehe (vgl. Eb. Schmidt I 300), beeinflusst worden sein. OLG Jena StV 2007 230. RGSt 66 19, 21; 68 105, 107; BGHSt 9 243, 245; BayObLGSt 1953 1 f.; Graf/Eschel-
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Innerhalb der angeklagten Tat hat das Gericht ohnehin von Amts wegen die Untersuchung auf alle in Betracht kommenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu erstrecken, so dass es insoweit keiner Nachtragsanklage, sondern nur der „Umgestaltung der Strafklage“ (§ 264, 48 ff.) bedarf.9 Insbesondere muss das Gericht auch ohne Nachtragsanklage weitere, erst nachträglich bekannt werdende Teilakte einer Dauerstraftat oder einer mehrere Tatbestandsverwirklichungen zusammenschließenden einheitlichen Tat (Bewertungseinheit u.a.)10 wie bei der früheren fortgesetzten Handlung11 in die Untersuchung mit einbeziehen,12 aber nicht eine höhere Anzahl von Serientaten13. Eine Nachtragsanklage ist hingegen notwendig, wenn die in der Anklage allein einem Mitangeklagten zur Last gelegte Tat nunmehr nicht diesem, sondern einen anderen Mitangeklagten als Allein- oder Mittäter angelastet werden soll.14 Die weitere Straftat braucht im Übrigen mit der bereits angeklagten Tat in keinerlei 6 sachlichem Zusammenhang (§ 3) zu stehen.15 Sie braucht weder gleichartig zu sein, noch kommt es darauf an, ob die Bildung einer Gesamtstrafe zu erwarten ist. Gleichgültig ist ferner, ob der Angeklagte wegen der in der zugelassenen Anklage bezeichneten Tat verurteilt oder freigesprochen oder ob das Verfahren wegen der anderen Tat eingestellt wird,16 ferner, ob die weitere Straftat ein Verbrechen (anders die frühere Fassung) oder ein Vergehen17 oder eine Ordnungswidrigkeit ist.18
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b) Voraussetzung für die Erhebung der Nachtragsanklage ist ebenso wie bei der Erhebung der Anklage nach § 170 Abs. 1, dass dafür ein genügender Anlass besteht. Es muss also ein hinreichender Tatverdacht gegeben sein, der eine Verurteilung wahrscheinlich erscheinen lässt.19
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c) Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Staatsanwalts, ob er Nachtragsanklage erheben oder ob er die Verfolgung der neuen Straftat einem gesonderten Verfahren vorbehalten will.20 Hierbei muss er die je nach Fall verschieden zu gewichtenden Gesichtspunkte der Prozesswirtschaftlichkeit der Einbeziehung und der dadurch mitunter ohne zusätzlichen Prozessaufwand möglichen schnellen Aburteilung der weiteren Tat ebenso abwägen wie die Auswirkungen auf die zügige Erledigung der bereits anhängigen und möglicherweise nach Absatz 3 zu unterbrechenden Hauptverhandlung. Das Gericht kann insoweit allenfalls mit Anregungen an die Staatsanwaltschaft herantreten.
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bach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Stuckenberg 2; Meyer-Goßner 6, 21; Meyer-Goßner JR 1984 53. BGH NJW 1970 904; OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376; Eb. Schmidt 3; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 2. KMR/Stuckenberg 6; Meyer-Goßner 2; zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter KRG Nr. 10 vgl. OGHSt 1 260. Dazu LR/Gollwitzer 25 3 m.w.N. Vgl. § 264, 59 ff., 64 ff. m.w.N.; MeyerGoßner 2. BGH StV 1997 169 f.; Graf/Eschelbach 2. BGH StV 1985 448; BGH bei KK/Engelhardt 2; Graf/Eschelbach 2; KMR/Stuckenberg 6.
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AK/Loos 3; KK/Engelhardt 2; KMR/Stuckenberg 7; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 8. BGH NStZ 1986 276 lässt offen, ob für eine Nachtragsanklage Raum ist, wenn die andere Tat wegen Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung (Eröffnungsbeschluss) eingestellt werden muss. KK/Engelhardt 2; Eb. Schmidt 8. Göhler/Gürtler § 42, 11 OWiG; KMR/ Stuckenberg 7. AK/Loos 4, 14; KK/Engelhardt 1; KMR/ Stuckenberg 9; Meyer-Goßner 16; SK/Velten 9. Graf/Eschelbach 3; KMR/Stuckenberg 10; Meyer-Goßner 4; SK/Velten 9; Gollwitzer JR 1996 474, 476; Lüttger GA 1957 193, 206.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
2. Zeitpunkt und Gestaltung a) Zeitpunkt. Die Hauptverhandlung muss wegen einer anderen Tat im Sinne des 9 § 264 bereits begonnen haben. Sie darf im Zeitpunkt der Erhebung der Nachtragsanklage noch nicht beendet sein; unerheblich ist dagegen, mit welchem Ergebnis sie danach wegen der anderen Tat abzuschließen ist (Rn. 6). Die Nachtragsanklage kann bis zum Schluss der Verhandlung, also bis zum Abschluss der Urteilsverkündung (§ 268), erhoben werden.21 Die Gegenmeinung hält die Erhebung der Nachtragsanklage dagegen nur bis zum Beginn der Urteilsverkündung für zulässig.22 Diese Streitfrage dürfte kaum große Bedeutung haben. In der Regel wird das Gericht bei einer nach Beginn der Urteilsverkündung erhobenen Nachtragsanklage im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot ohnehin die Einbeziehung ablehnen, es sei denn, dass die Nachtragsanklage nur erhoben wird, um das erst verspätet erkannte Fehlen einer Prozessvoraussetzung für eine ohne ordnungsgemäße Anklage zum Gegenstand des Verfahrens und der Urteilsfindung gemachten Tat zu beseitigen. Wird die Nachtragsanklage nach Abschluss der Beweisaufnahme erhoben, muss das Gericht erneut in die mündliche Verhandlung eintreten, den Angeklagten dazu hören und unabhängig von einer etwaigen weiteren Beweisaufnahme erneut Gelegenheit zu den Schlussanträgen und zum letzten Wort (§ 258) gewähren. b) Form. Die Nachtragsanklage muss immer vom Staatsanwalt in der Hauptverhand- 10 lung mündlich erhoben werden.23 Der Wortlaut („kann“) scheint auf ein Ermessen hinzudeuten, das aber nicht gemeint sein kann, weil Anträge in der Hauptverhandlung immer mündlich anzubringen sind. Reicht der Staatsanwalt – was zweckmäßig sein kann – vorher eine Anklageschrift ein, wird diese erst dadurch, dass sie in der Hauptverhandlung mündlich vorgetragen wird, zu der in der Hauptverhandlung abzugebenden Prozesserklärung. Dies gilt auch dann, wenn die schriftliche Abfassung der Nachtragsanklage dem Gericht, dem Angeklagten und den anderen Verfahrensbeteiligten zur Verfügung gestellt wurde. Überreicht der Staatsanwalt eine Anklageschrift unter mündlichem Vortrag ihres Inhalts, so kann diese Schrift als Anlage zum Protokoll genommen und zu seinem Bestandteil gemacht werden.24 c) Der Inhalt der Nachtragsanklage muss, auch wenn sie nur mündlich vorgetragen 11 wird, gemäß Absatz 2 Satz 2 dem § 200 Abs. 1 entsprechen. Sie hat entsprechend der Umgrenzungs- und Informationsfunktion25 jeder Anklage die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und der konkreten Tatsachen, die diese Merkmale erfüllen, sowie Ort und Zeit der Tatbegehung anzuführen und das anzuwendende Strafgesetz zu bezeichnen.26 Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen braucht nicht mitgeteilt zu werden, denn auf § 200 Abs. 2 wird in Absatz 2 Satz 2 nicht verwiesen.27
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Graf/Eschelbach 5; KMR/Stuckenberg 9; LR/Gollwitzer 25 9; SK/Velten 12. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1955 397; AK/Loos 7; HK/Julius 3; KK/Engelhardt 4; Meyer-Goßner 4; Pfeiffer 2; Eb. Schmidt 7. AK/Loos 6; Graf/Eschelbach 4; HK/Julius 4; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 12; SK/Velten 10; Eb. Schmidt 6. KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 12; Meyer-Goßner 5, 7; SK/Velten 10; vgl. BayObLG bei Rüth DAR 1985 245 Nr. 2.
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Vgl. § 200, 3 ff. BGH NStZ 1986 276; NStZ-RR 1996 14; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986 207; BayObLGSt 1953 1 = NJW 1953 674; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 43; Graf/ Eschelbach 6; KK/Engelhardt 3; KMR/ Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 11. AK/Loos 5; Graf/Eschelbach 7; KK/Engelhardt 3; KMR/Stuckenberg 13; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 11; Eb. Schmidt 8.
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§ 266
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
III. Der Einbeziehungsbeschluss 1. Voraussetzungen a) Voraussetzung für die Einbeziehung der nachträglichen angeklagten Tat ist, wie Absatz 1 verdeutlicht, die Zuständigkeit des Gerichts. Das Gericht muss zur Aburteilung – einschließlich einer etwaigen Gesamtstrafenbildung28 – sachlich zuständig sein. Die Nachtragsanklage darf nicht die Zuständigkeit eines höheren Gerichts begründen. Dagegen ist es, wie die ursprüngliche Fassung des Absatzes 2 deutlicher gezeigt hat, unschädlich, wenn die nachträglich angeklagte weitere Tat für sich allein vor ein Gericht niederer Ordnung gehören würde (§ 269); das höherrangige Gericht ist auch sonst zur Aburteilung solcher Taten befugt, die mit den in seine Zuständigkeit fallenden Straftaten gemeinsam angeklagt oder verbunden werden. Eine Straftat dagegen, deren Aburteilung seine Zuständigkeit übersteigt, darf das Gericht auch nicht zu dem Zweck einbeziehen, sie danach entweder allein oder zusammen mit den übrigen bereits anhängigen Taten nach § 270 an das zuständige höhere Gericht zu verweisen.29 Stellt sich allerdings erst im Laufe des weiteren Verfahrens heraus, dass die einbezogene Tat vor ein Gericht höherer Ordnung gehört, so kann das Gericht abtrennen und nach § 270 verfahren.30 Die örtliche Zuständigkeit ist stets gegeben (§ 13). In der Berufungsinstanz scheitert die Möglichkeit einer Nachtragsanklage jetzt in der 13 Regel schon daran, dass – abgesehen von der großen Jugendkammer – das mit der Berufung befasste Gericht für ein Verfahren der ersten Instanz funktional nicht mehr zuständig ist, eine Hürde, die auch durch das Einverständnis des Angeklagten nicht beseitigt werden kann.31 Auch vor der Zuständigkeitsänderung durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz 1993 war die Zulässigkeit einer Nachtragsanklage vor dem Berufungsgericht wegen des damit verbundenen Instanzverlustes abzulehnen.32 Wenn das Gericht des ersten Rechtszuges den Angeklagten auch wegen einer Tat ver14 urteilt hatte, die nicht von Anklage und Eröffnungsbeschluss umfasst war, soll nach strittiger Ansicht der Mangel dieser Prozessvoraussetzung im Berufungsrechtszuge durch Nachtragsanklage analog § 266 behoben werden können.33 Die fehlende Prozessvoraussetzung der zugelassenen Anklage kann aber nicht im Wege der Nachtragsanklage, die nur die Einbeziehung einer zusätzlichen Tat ermöglichen soll, geheilt werden.34 In der Revisionsinstanz kann keine Nachtragsanklage erhoben werden, weil dem Re15 visionsgericht in dieser Eigenschaft jede tatrichterliche Zuständigkeit fehlt.35
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KMR/Stuckenberg 8; SK/Velten 13. RGRspr. 3 (1881) 91; AK/Loos 13; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 6; KMR/ Stuckenberg 8; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 13; Meyer-Goßner JR 1985 452, 455. Vgl. ferner Deisberg/Hohendorf DRiZ 1984 265 (keine Verweisung vom einfachen an das erweiterte Schöffengericht). KMR/Stuckenberg 8; Eb. Schmidt 10. OLG Stuttgart NStZ 1995 51; AK/Loos 8; Graf/Eschelbach 14; HK/Julius 5; KMR/ Stuckenberg 3; Meyer-Goßner 10; SK/Velten 5. RGSt 42 91 f.; 62 130, 132; RG GA 42 (1894) 251, 252; Eb. Schmidt 5; a.A.
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KK/Engelhardt 5. Zum Streitstand vgl. Meyer-Goßner JR 1985 452, 454; Palder JR 1986 94, 96 sowie LR/Gollwitzer 24 11 m.w.N. RGSt 56 113, 114; OLG Hamm JMBlNW 1955 83; OLG Hamburg MDR 1985 604 f.; a.A. Palder JR 1986 94, 96. BGHSt 33 167, 168 mit Anm. Naucke JR 1986 120; AK/Loos 8; KK/Engelhardt 2, 5; KMR/Stuckenberg 4; Meyer-Goßner 10; ders. JR 1985 452, 454 f.; Eb. Schmidt 5; SK/Velten 5. So schon RG HRR 1928 Nr. 295; KMR/ Stuckenberg 5; Eb. Schmidt 5; SK/Velten 5.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
b) Der Einbeziehungsbeschluss erfordert ferner, dass hinsichtlich der einzubeziehen- 16 den Tat ein hinreichender Tatverdacht vom Gericht bejaht wird.36 Insoweit besteht kein Unterschied zum Eröffnungsbeschluss. c) Zustimmung des Angeklagten. Der Angeklagte muss zu dem Antrag des Staatsan- 17 walts gehört werden. Er muss der Einbeziehung ausdrücklich und unzweideutig zustimmen. Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis kennt das Gesetz nicht.37 Es genügt nicht, dass er schweigt und keine Einwendungen erhebt oder sich nur auf die neu erhobene Anklage einlässt38 oder die Unterbrechung beantragt.39 Wird die Nachtragsanklage gegen mehrere Mitangeklagte erhoben, muss jeder von ihnen für sich zustimmen. Nicht erforderlich ist dagegen die Zustimmung von Mitangeklagten, gegen die sich die Nachtragsanklage nicht richtet.40 Die Zustimmungserklärung des Angeklagten gehört zu den das Verfahren gestalten- 18 den Willenserklärungen. Die Zustimmung kann deshalb nicht widerrufen werden.41 Ist allerdings im Zeitpunkt des Widerrufs der Einbeziehungsbeschluss des Gerichts noch nicht ergangen, wird das Gericht prüfen müssen, ob es nicht wegen des „Widerrufs“ die beantragte Einbeziehung ablehnen sollte.42 Die Zustimmung zur Einbeziehung kann nur der Angeklagte selbst erteilen. Wird die 19 Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt, kann auch ein zur Vertretung des Angeklagten nach § 234 ermächtigter Verteidiger diese Zustimmung nicht für den Angeklagten erklären.43 Ebenso wenig kann es genügen, dass der Verteidiger zustimmt und der anwesende Angeklagte bloß nicht widerspricht, weil dieser damit nicht ausdrücklich zugestimmt hat.44 Eine vom Verteidiger in Gegenwart des Angeklagten erklärte Zustimmung ist unwirksam, wenn der Angeklagte ihr widerspricht.45 Ein Widerspruch des Verteidigers gegen die Einbeziehung ist hingegen unbeachtlich, wenn der Angeklagte ihr zustimmt.46 Hier handelt es sich nicht lediglich um die Ausübung einer prozessualen Befugnis bei Führung der Verteidigung gegenüber der erhobenen Anklage, bei der der Wille des fachkundigen Verteidigers den Vorrang hat, sondern – ähnlich der Rechtslage bei § 297 – um die höchstpersönliche Entscheidung des Angeklagten,47 ob er sich der neuen
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AK/Loos 14; Graf/Eschelbach 18; Hilger JR 1983 441; Lüttger GA 1957 193, 206; Meyer-Goßner JR 1984 53; sowie Fn. 19. BGH NStZ-RR 1999 303: allenfalls bei missbräuchlicher Verweigerung, dazu krit. Jahn/Schmitz wistra 2001 328, 334. RG GA 47 (1900) 154, 155; BGH NJW 1984 2172 mit Anm. Gollwitzer JR 1985 126; BayObLGSt 1953 1 = NJW 1953 674; KG DAR 1956 334 f.; LG München I MDR 1978 161; KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 15; Meyer-Goßner 11; SK/Velten 15; a.A. RGSt 4 76. OLG Hamm StV 1996 532 f. HK/Julius 13 f.; KMR/Stuckenberg 17; Gollwitzer FS Sarstedt 15, 32. Graf/Eschelbach 17; KMR/Stuckenberg 18; Meyer-Goßner 13. AK/Loos 10; KK/Engelhardt 7; KMR/ Stuckenberg 18; Eb. Schmidt 11.
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AK/Loos 9; Graf/Eschelbach 15; KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 15; Eb. Schmidt Nachtr. II 15; vgl. LR/Becker § 234, 11 m.w.N. auch zur Gegenmeinung. AK/Loos 9; KMR/Stuckenberg 16; SK/Velten 15; a.A. HK/Julius 5; Meyer-Goßner 12; ähnl. LR/Gollwitzer 16 (ausdrückliche Befragung sei besser und stets möglich). KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 16. Beling 151; AK/Loos 9; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 16; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 15; a.A. Rieß NJW 1977 881, 883 Fn. 34; Spendel JZ 1959 737, 741. Vgl. Beling 151: Abwägung der Vor- und Nachteile der Einbeziehung ist eigene Angelegenheit des Angeklagten; RGSt 4 80.
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§ 266
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Anklage sofort stellen will. Selbst wenn er dies nur tut, um sich Aufregung oder Kosten zu sparen, muss sein Wille dem des Verteidigers vorgehen. Dem Angeklagten sollte allerdings Gelegenheit gegeben werden, sich vor einer endgültigen Erklärung mit seinem Verteidiger zu besprechen.48 Eine andere Frage ist, welche Folgerungen das Gericht daraus ziehen muss, wenn der Verteidiger erklärt, er sei außerstande, die Verteidigung wegen der neuen Tat zu führen und ankündigt, dass er dann die Aussetzung beantragen werde. Dann muss das Gericht nach den bei § 265 Abs. 4 erörterten Gesichtspunkten prüfen, ob insoweit die Verhandlung ohne Verteidiger zumutbar ist;49 ist dies nicht der Fall, wird es unter Umständen von der Einbeziehung trotz der Einwilligung des Angeklagten im Interesse der Verfahrensbeschleunigung absehen. Der Mangel der Zustimmung ist ein Verfahrensfehler, der einen gleichwohl ergangenen 20 Einbeziehungsbeschluss unwirksam macht50 und für die in der Nachtragsanklage aufgeführte Tat ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis51 begründet. Die herrschende Gegenmeinung leidet an Widersprüchlichkeit,52 wenn sie sowohl die Unwirksamkeit des Einbeziehungsbeschlusses 53 als auch das Vorliegen eines Prozesshindernisses verneint54 und einen nur auf Rüge zu beachtenden Verfahrensverstoß annimmt, der aber gleichwohl zur Einstellung führen soll 55. Wird jedoch mit der Verfahrenseinstellung die Rechtsfolge eines Verfahrenshindernisses ausgesprochen,56 so kann dessen Vorliegen nicht geleugnet, sondern muss vielmehr von Amts wegen geprüft werden. Ob der Mangel einer vorherigen Zustimmung dadurch geheilt werden kann, dass der Angeklagte der Einbeziehung nachträglich zustimmt, ist strittig, aber entgegen der vorherrschenden Meinung57 abzulehnen, weil die Verfahrensvoraussetzung nicht rückwirkend geschaffen werden kann58. 2. Entscheidung über die Einbeziehung der Nachtragsanklage
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a) Auch wenn alle förmlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung gegeben sind und insbesondere auch der Angeklagte damit einverstanden ist, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es die weitere Tat einbeziehen will. Entsprechend dem prozessökonomischen Zweck des § 266 wird es dabei zu berücksichtigen haben, dass die Einbeziehung in der Regel nur dann sinnvoll ist, wenn dadurch die weitere Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht gefährdet wird.59 Wie Absatz 3 zeigt, muss die Einbeziehung mit dem Gebot der beschleunigten und zügigen Erledigung des bereits anhängigen Verfahrens vereinbar sein.
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AK/Loos 9. Dazu § 265, 106 ff. OLG Hamm StV 1996 532; Graf/Eschelbach 17. LG München I MDR 1978 161; Graf/Eschelbach 17; KMR/Stuckenberg 19; Meyer-Goßner 14; ders. FS Eser 373, 379 ff.; Radtke/ Hohmann 20; SK/Velten 19; erwägend AK/Loos 12. Zutr. LG München I MDR 1978 161 f.; Meyer-Goßner 14 und Einl. 60a; näher ders. FS Eser 373, 379 ff., 381 ff. BGH 24.4.1956 – 5 StR 92/56. BGH bei Holtz MDR 1977 984; NStZ-RR 1999 303, 304; StV 2002 183, 184; OLG Karlsruhe StV 2002 184, 185 mit Anm.
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Keller/Kelnhofer; KK/Engelhardt 7, 11; LR/Gollwitzer 25 17, 37; Pfeiffer 3; Greff Die strafverfahrensrechtliche Bewältigung wahldeutiger Verurteilungen bei mehreren prozessualen Taten (2002) 128 f. RG GA 47 (1900) 154, 155; BGH wie Fn. 54; OLG Hamm StV 1996 532, 533; OLG Karlsruhe wie Fn. 54. Meyer-Goßner wie Fn. 52; zustimmend Graf/Eschelbach 33. Bejahend Graf/Eschelbach 17; LR/Gollwitzer 25 17. LG München I MDR 1978 161; AK/Loos 10; KMR/Stuckenberg 19. AK/Loos 15; Graf/Eschelbach 22; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 20; SK/Velten 20.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
b) Inhalt. Der Beschluss, durch den die weitere Straftat in das Verfahren einbezogen 22 wird, ersetzt den Eröffnungsbeschluss, so dass ebenso wie bei diesem die in die Hauptverhandlung einbezogene Tat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eindeutig umrissen sein muss. Nicht notwendig ist aber, dass der Beschluss alle dafür erforderlichen Angaben selbst anführt. Er kann auf die vorgetragene und protokollierte Nachtragsanklage oder auf die als Anlage zum Protokoll genommene Nachtragsanklageschrift Bezug nehmen, falls er nicht in rechtlicher oder tatsächlicher Beziehung von ihr abweicht (§ 207 Abs. 2). In diesem Fall müssen sich die Abweichungen aus dem Beschluss ergeben. Dass für den Einbeziehungsbeschluss nicht dieselbe Formstrenge wie für den Eröffnungsbeschluss gilt, kann daraus entnommen werden, dass § 266 nicht auf § 207 verweist, während hinsichtlich der Nachtragsanklage auf § 200 Abs. 1 verwiesen wird.60 Der Einbeziehungsbeschluss muss aber für sich allein oder in Verbindung mit der aus dem Protokoll ersichtlichen Anklage für alle Verfahrensbeteiligten eindeutig erkennen lassen, welche tatsächlichen Vorgänge und welche rechtlichen Vorwürfe durch die Nachtragsanklage zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden.61 c) Form. Für den Einbeziehungsbeschluss ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. 23 Er muss nicht schriftlich erlassen,62 wohl aber in der Hauptverhandlung vom Gericht – nicht vom Vorsitzenden – verkündet werden (§ 35 Abs. 1).63 Einer über die eindeutige tatsächliche und rechtliche Umschreibung des erhobenen Vorwurfs hinaus gehenden Begründung bedarf es nicht. Als Verfahrensvoraussetzung ist der Erlass des Einbeziehungsbeschlusses eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens. Er kann nicht „stillschweigend“ dadurch ergehen, dass die Tat nach Erhebung der Nachtragsanklage für die Verfahrensbeteiligten ersichtlich zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wird.64 Ebenso wenig genügt es, dass der Vorsitzende erklärt, ein Einbeziehungsbeschluss sei ergangen.65 In Ausnahmefällen wurde in der Rechtsprechung das Fehlen eines ausdrücklichen Einbeziehungsbeschlusses als unschädlich angesehen, wenn das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass die Vorwürfe der Nachtragsanklage Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung sind.66 Dem ist nicht zu folgen.67 Der Einbeziehungsbeschluss ist eine Verfahrensvoraussetzung, die die Kognitionsbefugnis des Gerichts auf die neu einbezogene Tat ausdehnt. Wegen der Folgen der Einbeziehung muss eindeutig und durch das Sitzungsprotokoll nachweisbar sein, dass und mit welchem Inhalt sie förmlich zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde.
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OLG Oldenburg MDR 1970 946; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 15. BayObLGSt 1953 1 = NJW 1953 674; AK/Loos 16; HK/Julius 6; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 21; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 22. BGH NJW 1990 1055; StV 1996 5, 6. BGH StV 1995 342; AK/Loos 16; HK/Julius 10; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 22; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 21. BGH StV 1995 342; 1996 5, 6; 2002 183, 184; OLG Hamburg 15.9.2004 – II-72/04; AK/Loos 16; Graf/Eschelbach 24;
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KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 22; SK/Velten 21. BGH StV 2002 183, 184. OLG Oldenburg JR 1963 109; MDR 1970 946; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1969 153; vgl. ferner den Sonderfall BGH NJW 1990 1055 (Verhandlung nur noch über die Nachtragsanklage nach Einstellung aller anderen Vorwürfe); zustimmend insoweit Graf/Eschelbach 24; KK/Engelhardt 8; Meyer-Goßner 15; zweifelnd HK/Julius 6. KMR/Stuckenberg 22; krit. auch HK/Julius 6.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
d) Folgen der Einbeziehung. Mit der Verkündung des Einbeziehungsbeschlusses wird die nachträglich angeklagte Tat rechtshängig und der Disposition der Staatsanwaltschaft entzogen (§ 156). Auch das Gericht kann die Einbeziehung nicht mehr widerrufen.68 Es treten die vollen Wirkungen der Rechtshängigkeit ein; das Verfahren bleibt auch dann bei dem Gericht rechtshängig, wenn es später insoweit abgetrennt wird; zum weiteren Verfahrensgang siehe Rn. 29 ff. Die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit eines fehlerhaften Einbeziehungsbeschlusses beurteilt sich im Übrigen nach den gleichen Gesichtspunkten wie bei einem normalen Eröffnungsbeschluss (§ 207, 62 ff.). 3. Ablehnung der Einbeziehung
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a) Die Nachtragsanklage ist vom Gericht durch Beschluss als unzulässig zurückzuweisen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anklage bei ihm nicht gegeben sind, etwa, wenn die Sache in die Zuständigkeit eines Gerichtes höherer Ordnung fällt.69 Hat die Staatsanwaltschaft (zu Unrecht) Nachtragsanklage erhoben, obwohl es sich um einen Teil der bereits angeklagten Tat handelt, so braucht nach einer Ansicht das Gericht keinen förmlichen Beschluss zu erlassen. Es genüge, wenn der Vorsitzende einen Hinweis darauf erteile, dass die Nachtragsanklage überflüssig ist, weil der Sachverhalt der Nachtragsanklage ohnehin bereits als Teil der ursprünglich angeklagten Tat (§ 264) der umfassenden Kognition des Gerichts unterliegt.70 Vorzugswürdig erscheint es aber, die Nachtragsanklage förmlich durch Beschluss als unnötig zurückzuweisen,71 wenn sie nicht von der Staatsanwaltschaft zurückgenommen wird. Ein Einbeziehungsbeschluss erscheint allenfalls in den Fällen vertretbar, in denen es 26 zweifelhaft sein kann, ob es sich noch um die gleiche Tat im Sinne des § 264 handelt und der späteren Rüge einer Überschreitung der Grenzen des § 264 damit vorgebeugt werden kann. Notwendig ist in solchen Fällen jedoch immer eine Klarstellung der Rechtslage in der Hauptverhandlung. Diese kann mit den meist ohnehin erforderlich werdenden Hinweisen nach § 265 verbunden werden.72 Sicherzustellen ist, dass bei den Prozessbeteiligten und insbesondere beim Angeklagten außer jedem Zweifel klargestellt ist, dass die nachträglich angeklagte Tat trotz Zurückweisung der Nachtragsanklage bereits Gegenstand des Verfahrens ist.73
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b) Der ablehnende Beschluss ist immer zu begründen, da mit ihm ein Antrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen wird (§ 34 2. Alt.), obgleich er unanfechtbar ist (§ 210 Abs. 2).74 Dementgegen verneint die wohl überwiegende Meinung eine Begrün-
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Die formale Aufhebung des Einbeziehungsbeschlusses durch das Gericht, das ihn erlassen hat, ist allenfalls zur Klarstellung zulässig, wenn Wirksamkeit und Bestand des Einbeziehungsbeschlusses ohnehin wegen eines Verfahrensfehlers entfallen würde. Anders früher Oetker Das Verfahren vor den Schwur- und Schöffengerichten (1907) 340, 641. Diese Ansicht hängt jedoch mit einer früher vertretenen Rechtsauffassung zusammen, die aus dem ursprünglichen Wortlaut des § 266 („zum Gegenstand derselben Aburteilung gemacht“) eine Akzessorietät der „Zusatz-“ oder „Incident“-Klage her-
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leitete, die diese hinfällig werden ließ, wenn die gemeinsame Aburteilung nicht möglich war (Rosenfeld Reichsstrafprozess [1912] 291). Vgl. Rn. 12; HK/Julius 7; Meyer-Goßner 19; SK/Velten 23. HK/Julius 17; KK/Engelhardt 2; LR/Gollwitzer 25 23; Meyer-Goßner 19; Kleinknecht JZ 1971 106. AK/Loos 2; KMR/Stuckenberg 24; SK/Velten 23; Kleinknecht JZ 1951 106. OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376. OLG Saarbrücken NJW 1974 375, 376. Graf/Eschelbach 26; KMR/Stuckenberg 25.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
dungspflicht generell, weil es sich um eine Ermessensentscheidung handelt;75 zum Teil wird eine Begründung nur verlangt, wenn das Gericht die Einbeziehung als unzulässig zurückweist, während eine auf der Ausübung des gerichtlichen Ermessens beruhende Zurückweisung keiner Begründung bedürfe76. Damit ist offenbar gemeint, dass schon die Ablehnung ausdrücke, dass das Gericht die Einbeziehung nicht für sachdienlich hält. Da die Ablehnung aber nicht in jedem Fall auf Ermessensausübung beruhen muss, sondern ebenso auf Verneinung der Voraussetzungen des Ermessens, kann eine generelle Befreiung von der Begründungspflicht darauf nicht gestützt werden.77 Dass Ermessenentscheidungen keiner Begründung bedürften, ist im Übrigen weder ein allgemeiner Grundsatz des Strafprozessrechts78 noch des Verwaltungsrechts79 und trägt auch hier nicht. c) Folgen der Ablehnung. Mit der Ablehnung der Einbeziehung ist die Tat, die Gegen- 28 stand der Nachtragsanklage bildet, nicht mehr bei Gericht anhängig, denn die Nachtragsanklage verliert entsprechend der prozessökonomischen Zielsetzung des § 266 mit Ablehnung der Einbeziehung jede verfahrensrechtliche Wirkung, so dass auch ein Eröffnungsbeschluss außerhalb der Hauptverhandlung80 ausscheidet. Sie wird dadurch gegenstandslos, ohne dass es einer Rücknahme nach § 156 bedarf oder einer besonderen Verfahrenseinstellung hinsichtlich ihres Gegenstandes.81 Begründet das Gericht die Ablehnung damit, dass ein hinreichender Tatverdacht nicht bestehe, so löst dies nicht die Sperrwirkung aus, die der Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Gericht normalerweise zukommt. § 211 gilt hier nicht.82 Die Staatsanwaltschaft kann die durch Ablehnung der Einbeziehung nicht rechtshängig gewordene Tat ohne jede Bindung erneut zum gleichen oder einem anderen Gericht anklagen.
IV. Verfahren nach Erlass des Einbeziehungsbeschlusses 1. Allgemeines. Mit Erlass des Einbeziehungsbeschlusses wird die weitere Tat (im Sinne 29 des § 264) der Untersuchung und Entscheidung des Gerichts unterstellt. Einer Verlesung des bereits durch die mündliche Klageerhebung in die Verhandlung eingeführten Anklagesatzes nach § 243 Abs. 3 Satz 1 bedarf es nicht.83 Da die Nachtragsanklage auch noch erhoben werden kann, wenn das ursprüngliche Verfahren bereits einen fortgeschrittenen Stand erreicht hat, kann der regelmäßige Verfahrensgang, so wie ihn die §§ 243, 244 Abs. 1 vorsehen, in der Regel nicht mehr eingehalten werden.84 Eine vorherige Verständigung kann infolge der neu angeklagten Taten gem. § 257c Abs. 4 Satz 1 hinfällig werden.85 Für die Entscheidung über die nachträglich angeklagte Tat sind die Vorgänge der ge- 30 samten Hauptverhandlung verwertbar, auch soweit sie vor dem Einbeziehungsbeschluss
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AK/Loos 15; KK/Engelhardt 8; Meyer-Goßner 18; Meyer-Goßner JR 1984 53. LR/Gollwitzer 25 24; SK/Velten 23. KMR/Stuckenberg 25; LR/Gollwitzer 25 24; SK/Velten 23. Vgl. nur LR/Graalmann-Scheerer § 34, 11. Vgl. nur § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG. BGH StraFo 2005 203; OLG Karlsruhe StV 2002 184,185 mit Anm. Keller/Kelnhofer; Meyer-Goßner 21a.
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Vgl. OLG Karlsruhe StV 2002 184, 185; a.A. Graf/Eschelbach 9. AK/Loos 15; KMR/Stuckenberg 26; MeyerGoßner 18; SK/Velten 24; Meyer-Goßner JR 1984 53; a.A. Graf/Eschelbach 10, 31; Hilger JR 1983 441, 442 f. KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 22; vgl. BGH NJW 1956 1366, 1367. BGH bei Dallinger MDR 1955 387. Vgl. zuvor BGH NStZ 2009 562.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
lagen. Sofern sie in Gegenwart des Angeklagten86 stattfanden, gehören sie zum Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261). Die Urteilsfindung kann sich uneingeschränkt darauf stützen. Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedarf es insoweit nicht.87 Das Recht des Angeklagten, sich gegen die Nachtragsanklage zu verteidigen (Absatz 2 Satz 3), schließt aber die Befugnis ein, zu den früheren Beweisergebnissen unter den durch die Nachtragsanklage möglicherweise veränderten Gesichtspunkten erneut Stellung zu nehmen. Ob deswegen eine bereits durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen ist, richtet sich nach § 244 Abs. 2.88 Der Angeklagte muss also nach der Einbeziehung zum Gegenstand der Nachtrags31 anklage vernommen werden (§ 243 Abs. 5 Satz 2).89 Dass er vor Erlass des Einbeziehungsbeschlusses Gelegenheit hatte, zur Nachtragsanklage Stellung zu nehmen, ersetzt seine spätere Einvernahme zur Sache nicht;90 dies gilt auch für seine Anhörung vor der Entscheidung über die Einbeziehung91. Eine erneute Belehrung über sein Schweigerecht nach § 243 Abs. 5 Satz 1 ist geboten,92 um dem Angeklagten zu verdeutlichen, dass er zum neuen Vorwurf der Nachtragsanklage auch schweigen darf, obwohl er der Einbeziehung zugestimmt hat. Dass diese – für den neuen Tatvorwurf erstmalige – Belehrung entbehrlich wäre, ergibt sich weder aus § 266, der die Prinzipien des Strafprozessrechts, die die grundlegenden Verteidigungspositionen des Angeklagten gewährleisten, nicht außer Kraft setzt,93 noch aus der Zustimmungserklärung. 2. Unterbrechung des Verfahrens
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a) Der ausdrückliche Hinweis an den Angeklagten, dass er das Recht habe, die Unterbrechung der Hauptverhandlung zu beantragen (Absatz 3 Satz 2), ist spätestens nach Erlass des Einbeziehungsbeschlusses und noch vor seiner Einvernahme zur Nachtragsanklage zu erteilen, sofern dies nicht bereits früher, etwa bei der Befragung, ob er der Einbeziehung zustimme, geschehen ist.94
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b) Absatz 3 lässt zur Vorbereitung der Verhandlung über die Nachtragsanklage nur die Unterbrechung der Hauptverhandlung im Rahmen der in § 229 festgelegten Höchstdauer zu und nicht, wie etwa § 265 Abs. 3 und 4, auch die Aussetzung. Der Grund liegt darin, dass eine Tat, bei der die Aussetzung der Hauptverhandlung erforderlich wird, nicht in das Verfahren einbezogen werden soll, weil in diesem Fall der mit Zulassung der Nachtragsanklage erstrebte prozessökonomische Zweck sich in sein Gegenteil verkehren
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Anders aber für die Erkenntnisse, die wegen einer zeitweiligen Verfahrenstrennung aus einem allein gegenüber einem Mitangeklagten geführten Verhandlungsteil gewonnen wurden; vgl. BGH NJW 1984 2172 mit Anm. Gollwitzer JR 1985 126. BGH bei Dallinger MDR 1955 397; BGH NJW 1984 2172 mit Anm. Gollwitzer JR 1985 126; Graf/Eschelbach 29; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 33; MeyerGoßner 21; SK/Velten 26. HK/Julius 10. BGHSt 9 243, 245; BGH NJW 1956 1366, 1367; Graf/Eschelbach 28; HK/Julius 10;
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KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 28; Meyer-Goßner 21; SK/Velten 27; a.A. OLG Frankfurt HESt 2 109. BGH NJW 1956 1366, 1367. BGHSt 9 243, 245. Graf/Eschelbach 28 (aber ohne Beweisverwertungsverbot nach fehlender Belehrung); HK/Julius 10; KMR/Stuckenberg 28; SK/Velten 26; a.A. KK/Engelhardt 9; LR/Gollwitzer 25 25; Meyer-Goßner 21; ähnl. AK/Loos 18 (Belehrung nur ratsam). BGH NJW 1984 2172. AK/Loos 21; HK/Julius 9; KMR/Stuckenberg 31.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
würde.95 Der Angeklagte, dessen Verteidigungsbelange bereits durch das Zustimmungserfordernis geschützt werden, soll nicht die Zustimmung zur Einbeziehung dafür benutzen können, den Fortgang des gesamten Verfahrens durch einen Aussetzungsantrag zu hemmen und eine neue Hauptverhandlung zu erzwingen. Normalerweise wird eine Einbeziehung nur in Frage kommen, wenn die Hauptverhandlung innerhalb der Dreiwochenfrist des § 229 Abs. 1 fortgesetzt werden kann. Erscheint eine längere Unterbrechung im Rahmen des § 229 Abs. 2 möglich und notwendig, so werden in der Regel das Gebot der Verfahrensbeschleunigung und die Erfordernisse der Prozesswirtschaftlichkeit gegen die Einbeziehung sprechen. Zulässig ist eine solche Unterbrechung nach Absatz 3 aber dennoch. Eine Aussetzung des Verfahrens kann zwar nicht auf Absatz 3 gestützt werden, je- 34 doch bleiben andere Aussetzungsgründe davon unberührt.96 Einen Verzicht des Angeklagten auf Aussetzung nach anderen verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten (vor allem § 265 Abs. 4) enthält die Zustimmung des Angeklagten zur Einbeziehung nicht. Es ist zulässig, die mit der Einbeziehung der weiteren Straftat ausgesprochene Verbindung der Strafsachen wieder rückgängig zu machen und nur das Verfahren wegen der einbezogenen Tat nach Abtrennung auszusetzen.97 c) Der Vorsitzende und bei längerer Dauer das Gericht (§ 228 Abs. 1 Satz 1) ordnen 35 die Unterbrechung von Amts wegen an (Absatz 3 Satz 1 1. Alt.), wenn sie sie für erforderlich für die sachgemäße Vorbereitung des weiteren Verfahrens halten, insbesondere, um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, seine Verteidigung vorzubereiten oder um selbst weitere Beweismittel beizuziehen oder um den Verfahrensbeteiligten weitere Nachforschungen zu ermöglichen. Ob diese Voraussetzungen oder sonstige Gründe für eine Unterbrechung von Amts wegen gegeben sind und für welche Zeitspanne die jeweiligen Gründe eine Unterbrechung erfordern, ist dabei unter Berücksichtigung der gesamten Prozesslage nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden. d) Auf Antrag des Angeklagten muss der Vorsitzende die Hauptverhandlung unter- 36 brechen, sofern nicht offenkundig ist, dass der Antrag mutwillig, das heißt ohne jeden, ein nachvollziehbares Verteidigungsinteresse verfolgenden sachlichen Grund, etwa aus Lust am Widerspruch oder nur zur Verzögerung des Verfahrens, gestellt ist.98 Diese alleinigen Gründe für die Ablehnung des Unterbrechungsantrags des Angeklagten müssen zweifelsfrei vorliegen.99 Eine mutwillige Antragstellung scheidet schon dann aus, wenn der Angeklagte dafür ein nachvollziehbares Verteidigungsinteresse anführt, denn insoweit ist nur die Sicht des Angeklagten maßgebend. Andere Gründe rechtfertigen es nicht, den Unterbrechungsantrag des Angeklagten abzulehnen. d) Beantragen dagegen andere Prozessbeteiligte, etwa der Staatsanwalt oder ein Mit- 37 angeklagter, dessen Verfahrensinteressen durch die nicht gegen ihn gerichtete Nachtragsanklage berührt werden,100 oder sonst ein Verfahrensbeteiligter die Unterbrechung, dann
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AK/Loos 19; KK/Engelhardt 10; KMR/ Stuckenberg 32; Meyer-Goßner 33; Eb. Schmidt 16. AK/Loos 19; Graf/Eschelbach 30; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 32; SK/Velten 27. KMR/Stuckenberg 32. AK/Loos 22; KK/Engelhardt 10; KMR/
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Stuckenberg 30; SK/Velten 27; krit. Fahl Rechtsmißbrauch im Strafprozeß (2004) 46 f., 599 f. Vgl. auch Burhoff StV 1997 432, 434; HK/Julius 15 (Antragstellung, um Einstellung nach § 154 zu erreichen). HK/Julius 14.
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§ 266
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
ist dieser Antrag, sofern er nicht ohnehin nur als eine Anregung der Unterbrechung von Amts wegen zu verstehen ist, nicht an die engen Ablehnungsgründe des Absatzes 3 gebunden. Der Vorsitzende kann den aus anderen Rechtsgrundlagen (§ 265 Abs. 4) herzuleitenden Antrag auch aus anderen als den in Absatz 3 Satz 1 angeführten Gründen ablehnen.
V. Sitzungsniederschrift 38
Die Erhebung der Nachtragsanklage, ihr Inhalt, die Zustimmung des Angeklagten und Inhalt und Verkündung des Einbeziehungsbeschlusses gehören zu den wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens (§ 273), die nur durch das Protokoll bewiesen werden können.101 Ist der Wortlaut der Nachtragsanklage in einem besonderen Schriftstück dem Protokoll beigefügt, muss diese Anlage durch ausdrückliche Bezugnahme zum Gegenstand des Protokolls gemacht werden.102 Die Zustimmung des Angeklagten muss dem Protokoll eindeutig zu entnehmen sein; der Satz, dass gegen die Einbeziehung „keine Bedenken erhoben“ wurden, genügt dafür ebenso wenig wie der Vermerk, dass der Angeklagte auf Befragen die Unterbrechung nicht beantragt habe.103 Zu den protokollpflichtigen wesentlichen Förmlichkeiten gehört ferner, dass der An39 geklagte hinsichtlich des Gegenstands der Nachtragsanklage zur Sache vernommen wurde,104 sowie, dass er nach Absatz 3 Satz 2 belehrt wurde. In das Protokoll aufzunehmen ist auch, wenn der Angeklagte die Unterbrechung beantragt hat sowie die Entscheidung über diesen Antrag; ferner, wenn gegen eine Entscheidung des Vorsitzenden das Gericht nach § 238 Abs. 2 angerufen wurde sowie dessen Entscheidung hierüber.
VI. Rechtsbehelfe 40
1. Die Entscheidung des Vorsitzenden über die Anordnung der Unterbrechung (§ 228 Abs. 1 Satz 2) ist eine Maßnahme der Sachleitung (§ 238 Abs. 1). Gegen sie kann um Entscheidung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 nachgesucht werden.105
41
2. Beschwerde. Der Beschluss, der die Einbeziehung einer nachträglich angeklagten Tat anordnet, ferner der Beschluss, der die Unterbrechung der Verhandlung nach Absatz 3 Satz 1 anordnet oder ablehnt, wird durch § 305 Satz 1 der Beschwerde entzogen.106 Nicht anfechtbar ist nach der vorherrschenden Meinung auch der Beschluss, der die Einbeziehung der im Wege der Nachtragsanklage vor Gericht gebrachten Tat ablehnt.107 Nur wer entgegen dieser Meinung annimmt, der ablehnende Beschluss löse die
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102 103
BGH bei Holtz MDR 1977 984; NJW 1984 2172 mit Anm. Gollwitzer JR 1985 126; StV 2002 183; OLG Hamm StV 1996 532; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 43; OLG Stuttgart NStZ 1995 51; LG München I MDR 1978 161; AK/Loos 6, 11, 17; HK/Julius 12; KK/Engelhardt 3, 7; KMR/ Stuckenberg 34; Meyer-Goßner 7, 13, 17; SK/Velten 25. BayObLG bei Rüth DAR 1985 245. BGH bei Holtz MDR 1977 984; NJW 1984 2172 mit Anm. Gollwitzer JR 1985 126;
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OLG Hamm StV 1996 532 f.; AK/Loos 11; KK/Engelhardt 7; KMR/Stuckenberg 34; Meyer-Goßner 13. OLG Frankfurt HESt 2 109; KK/Engelhardt 9; KMR/Stuckenberg 34. KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 36; Meyer-Goßner 22. AK/Loos 23; Graf/Eschelbach 32; KK/Engelhardt 8; KMR/Stuckenberg 35; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 29. KMR/Stuckenberg 35; Meyer-Goßner JR 1984 53.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 266
Sperrwirkung des § 211 aus, müsste der Staatsanwaltschaft in entsprechender Anwendung des § 210 Abs. 2 das Recht zur sofortigen Beschwerde einräumen.108 3. Revision. Die Erhebung der Nachtragsanklage und der Einbeziehungsbeschluss in 42 einer den Mindestanforderungen genügenden Form109 gehören zu den Verfahrensvoraussetzungen (Rn. 4). Fehlen sie, ist dieser Mangel in jeder Lage des Verfahrens auch ohne diesbezügliche Rüge von Amts wegen zu berücksichtigen und das Verfahren einzustellen.110 Das Fehlen einer Nachtragsanklage wird nicht dadurch geheilt, dass das Gericht das Verfahren wegen der einzubeziehenden Tat nach § 270 an ein anderes Gericht verwiesen und der Staatsanwalt diesen Verweisungsbeschluss verlesen hat.111 Die ausdrückliche Zustimmung des Angeklagten zur Einbeziehung ist nach hier vertretener Ansicht (Rn. 20) Wirksamkeitsvoraussetzung des Einbeziehungsbeschlusses und folglich ebenfalls von Amts wegen zu prüfen. Die Umgehung der Anforderungen der Nachtragsanklage (Rn. 2) kann im Wege der Verfahrensrüge als Verletzung von § 266 i.V. mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens geltend gemacht werden.112 Sonstige Fehler bei Anwendung des § 266, wie etwa die unterbliebene oder unzulängli- 43 che Unterrichtung über das Recht auf Unterbrechung (Absatz 3 Satz 2) oder sonst nur unzulänglich eröffnete Verteidigungsmöglichkeiten oder entgegen § 243 Abs. 5 Satz 2 unterbliebene Vernehmung zur Nachtragsanklage, sind nur auf ausdrückliche Rüge hin zu beachten, sofern der Revisionsführer alle zu ihrer Begründung erforderlichen Tatsachen (§ 344 Abs. 2) vorgetragen hat. Die unnötige Nachtragsanklage stellt zwar einen Verfahrensfehler dar, auf dem das Urteil indes nicht beruhen kann.113 In geeigneten Fällen (etwa bei einem unzulänglichen Einbeziehungsbeschluss114 und einer auch sonst notwendigen Zurückverweisung) kann die Sache statt der an sich gebotenen Einstellung nach § 260 Abs. 3 an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.115 Wird die Sache aus anderen Gründen zurückverwiesen, wird danach eine Nachtragsanklage erneut möglich.116 Die Ablehnung der Unterbrechung nach Absatz 3 oder eine zeitlich für die Vorbe- 44 reitung der Verteidigung nicht ausreichende Unterbrechung kann der Angeklagte nach § 338 Nr. 8 rügen, wenn ein Beschluss des Gerichts hierüber ergangen ist.117 Ohne einen solchen Beschluss kann er die ablehnende Entscheidung nach § 337 beanstanden.118 Wieweit ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, ist im Einzelfall zu prüfen.119
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Graf/Eschelbach 31; Hilger JR 1983 441, 442 f. BGH NStZ 1986 276; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986 207; BayObLGSt 1953 1 = NJW 1953 674. BGH NJW 1970 904, 905; StV 1996 5; NStZ 2002 328; wistra 2003 111; BayObLG 17.4.1998 – 3 St RR 44/98; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 43; OLG Stuttgart StV 1994 644, 645. BGH StV 1982 256, 257. BGHSt 53 108, 109, 111 f. BGH NJW 1970 904; NStZ 1999 523, 524; Graf/Eschelbach 33. Vgl. OLG Koblenz VRS 49 (1975) 43.
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BayObLGSt 1963 115; vgl. BGH NJW 1984 2172 mit Anm. Gollwitzer JR 1985 126; BGH NJW 1970 904 (hier fehlte allerdings keine Verfahrensvoraussetzung, da die Nachtragsanklage gar keine andere Tat im Sinne des § 264 betraf); KK/Engelhardt 11; KMR/Stuckenberg 38; a.A. SK/Velten 30. Vgl. BGH NJW 1993 3338, 3339. Graf/Eschelbach 35; KMR/Stuckenberg 39; SK/Velten 30. KMR/Stuckenberg 39. Vgl. BGH NJW 1970 904, 905 mit Anm. Kleinknecht JZ 1971 106; KK/Engelhardt 10; KMR/Stuckenberg 39.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 267 (1) 1 Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. 2 Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. 3Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden. (2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden. (3) 1 Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. 2 Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. 3 Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. 4Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. 5 Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben. (4) 1 Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. 2 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. 3 Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. 4 Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. (5) 1 Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. 2 Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. 3Absatz 4 Satz 3 ist anzuwenden. (6) 1 Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
nicht vorbehalten worden ist. 2 Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
Schrifttum Baldus Versäumte Gelegenheiten; zur Auslegung des § 338 Nr. 8 und des § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO, FS Heusinger 373; Blunk Beweiswürdigung und rechtliche Würdigung im Strafurteil, MDR 1970 470; Brüggemann Die richterliche Begründungspflicht (1971); Brünger Noch einmal: Das abgekürzte Strafurteil, DRiZ 1974 230; Bruns Zum Revisionsgrund der – ohne sonstige Rechtsfehler – „ungerecht“ bemessenen Strafe, FS Engisch 709; ders. Zum Verbot der Doppelbewertung von Tatbestandsmerkmalen oder strafrahmenbildenden Umständen, FS Mayer 353; ders. Zur Tragweite des Verbots der Doppelverwertung von Strafmilderungsgründen, JR 1980 226; Cuypers Die Revisibilität der strafrichterlichen Beweiswürdigung, Diss. Bochum 1976; Dahm Das freisprechende Urteil (1936); Doller Urteilsgründe in Bußgeldsachen, DRiZ 1981 209; Eschelbach Sachlich-rechtliche Fehler in Strafurteilen nach aktueller BGH-Rechtsprechung, JA 1998 498; Exner Studien über die Strafzumessungspraxis der deutschen Gerichte (1931); von Feldmann Richter müssen zuviel schreiben, DRiZ 1977 183; Foth Angabe der Beweismittel im Strafurteil, DRiZ 1974 23; Franke Nochmals: Richter müssen zuviel schreiben, DRiZ 1977 244; Frisch Revisionsrechtliche Probleme der Strafzumessung (1971); Fuhrmann Ist die Bezugnahme auf ein früheres Urteil in den Urteilsgründen zulässig? JR 1962 81; Furtner Das Urteil im Strafprozess (1970); ders. Feststellung und Beweiswürdigung im Strafurteil, JuS 1969 419; ders. Der „schwere“, „besonders schwere“ und „minder schwere Fall“ im Strafrecht, JR 1969 11; Gollwitzer Überlegungen zur Dokumentation von Hauptverhandlung und Urteil im Strafverfahren, FS Gössel 543; Graßberger Die Strafzumessung (1932); Hassemer Die Formalisierung der Strafzumessungsentscheidung, ZStW 90 (1978) 64; Henkel Die „richtige“ Strafe (1969); von Hentig Die Strafe (1932); Huber Das Strafurteil (1993); Hülle Die Begründung der Urteile in Strafsachen, DRiZ 1952 92; Jäger Anforderungen an die Sachdarstellung im Urteil bei Steuerhinterziehung, StraFo 2006 477; Janke Die Verwendung von Abbildungen bei der Begründung des Strafurteils (2009); Kalf Der Umfang revisionsrechtlicher Prüfung bei minder schweren und besonders schweren Fällen, NJW 1996 1447; Köndgen Ehrverletzung durch Gerichtsentscheid und Spruchrichterprivileg, JZ 1979 246; Krehl Die Ermittlung der Tatsachengrundlage zur Bemessung der Tagessatzhöhe bei der Geldstrafe (1985); Kudlich/Christensen Zum Relevanzhorizont strafgerichtlicher Entscheidungsbegründungen, GA 2002 337; Maul Die Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen durch das Revisionsgericht in der neueren Rechtsprechung des BGH, FS Pfeiffer 409; Meurer Beweiswürdigung und Strafurteil, FS Kirchner 249; Meves Das Urteil im deutschen Strafverfahren, GA 36 (1888) 102; Meyer-Goßner Hinweise zur Abfassung des Strafurteils aus revisionsrechtlicher Sicht, NStZ 1988 529; Noster Die abgekürzte Urteilsbegründung im Strafprozess (2010); Paeffgen Ermessen und Kontrolle, FS II Peters 61; Pelz Die revisionsgerichtliche Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung, NStZ 1993 361; Peters Die Aufgaben des Gerichts bei der Anwendung der Strafen, ZStW 81 (1969) 63; ders. Die Persönlichkeitserforschung im Strafverfahren, GedS Schröder 425; Rieß Die schriftlichen Urteilsgründe des Tatrichters. Materialien zur Reform des § 267 StPO, FS Rissing-van Saan 491; Sachs Beweiswürdigung und Strafzumessung (1932); Sander Zur Beweiswürdigung, vor allem bei Aussage gegen Aussage, StV 2000 45; G. Schäfer Freie Beweiswürdigung und revisionsgerichtliche Kontrolle, StV 1995 147; von Schledorn Die Darlegungs- und Beweiswürdigungspflicht des Tatrichters im Falle der Verurteilung (1997); Schlösser Die Darstellung der Schadenshöhe in den Urteilsgründen, StV 2009 157; Schlothauer Unvollständige und unzutreffende tatrichterliche Urteilsfeststellungen – Verteidigungsmöglichkeiten in der Revisions- und Tatsacheninstanz, StV 1992 134; Seebald Ausgeglichene Strafzumessung und tatrichterliche Selbstkontrolle, GA 1974 193; ders. Fehler bei Strafurteilen, DRiZ 1955 32; Seibert Angreifbare Strafurteile, NJW 1960 1285; Streng Die Strafzumessungsbegründung und ihre Orientierungspunkte, NStZ 1989 393; Theune Grundsätze und Einzelfragen der Strafzumessung aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, StV 1985 162; 205; Tröndle Die Aufgabe des Gerichts bei
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
der Anwendung der Strafen, ZStW 81 (1969) 84; Wagner Die Beweiswürdigungspflicht im tatrichterlichen Urteil im Falle der Verurteilung, ZStW 106 (1994) 259; von Weber Die richterliche Strafzumessung (1956); Wenzel Das Fehlen der Beweisgründe im Strafurteil als Revisionsgrund, NJW 1966 577; Werner Das abgekürzte Strafurteil, DRiZ 1974 125; Wilhelm „Versteckte Gesetzesverstöße“ in der Revision: Zur Revisibilität der fehlerhaften oder unvollständigen Mitteilung der Ergebnisse der Beweisaufnahme in der Urteilsniederschrift, ZStW 117 (2005) 143; Winkler Schreiben wir uns tot? – Vom Mut zur Kürze bei der Begründung eines Urteils in Strafsachen, SchlHA 2006 245; Wolf Das Wesen des gerichtlichen Urteils, GedS R. Bruns 221; Zillmer Lückenhafte Beweiswürdigung im Strafprozess als Revisionsgrund, NJW 1961 720. Zu Fragen der freien Beweiswürdigung vgl. das bei § 261 aufgeführte Schrifttum. Wegen des Schrifttums zu den materiell-rechtlichen Fragen der Strafrahmenbestimmung, der besonders schweren und minder schweren Fälle und der Strafzumessung muss auf die Nachweise in den Kommentaren zum StGB verwiesen werden.
Entstehungsgeschichte. Die jetzige Fassung des § 267 ist das Ergebnis mehrfacher Änderungen und Ergänzungen, mit denen den Änderungen des materiellen Strafrechts Rechnung getragen und die Anforderungen an die Begründungspflicht teils erweitert, teils wieder vereinfacht wurden. Eine grundlegende Neukonzeption der für die schriftliche Abfassung der Urteile maßgebenden Vorschrift war damit nicht verbunden, wenn man von der Änderung des Absatzes 3 absieht, die ab 1951 zur Angabe der Strafzumessungsgründe verpflichtete. Die Änderungen im Einzelnen: In dem im Prinzip unverändert gebliebenen Absatz 1 hat Art. 21 Nr. 70 Buchst. a EGStGB nur „strafbare Handlung“ durch „Straftat“ ersetzt. Ferner hat Art. 1 Nr. 22 Buchst. a StVÄG 1979 den Satz 3 angefügt. Bei Absatz 3 wurde die ursprüngliche Sollvorschrift des Satzes 1 durch Art. 3 Nr. 119 VereinhG zu einer Mussvorschrift. Der auf Art. 9 Nr. 13 des 1. StrRG beruhende Wortlaut des Satzes 2 wurde durch Art. 21 Nr. 70 Buchst. b EGStGB neu gefasst. Art. 21 Nr. 71 Buchst. c EGStGB fügte gleichzeitig den jetzigen Satz 3 neu ein, während der bisherige Satz 3, der auf Art. 4 Nr. 30 des 3. StRÄndG beruhte, unter Neufassung seines zweiten Halbsatzes zu Satz 4 wurde. Satz 5 wurde durch Art. 1 Nr. 9 Buchst. a des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2353) angehängt. Der auf das Entlastungsgesetz 1921 zurückgehende Absatz 4, der ursprünglich sogar die später wieder beseitigte Vereinfachung enthielt, dass bei Angabe der für erwiesen erachteten Tatsachen auf den Eröffnungsbeschluss Bezug genommen werden durfte, wurde durch Art. 1 Nr. 76 Buchst. a des 1. StVRG neugefasst, der die Änderung durch Art. 21 Nr. 70 Buchst. a EGStGB mit übernahm. Zur weiteren Vereinfachung der Urteilsbegründung bei den nicht angefochtenen Urteilen lässt ein durch Art. 1 Nr. 20 Buchst. b StVÄG 1979 bei Satz 1 angefügter Halbsatz jetzt wiederum bei bestimmten Urteilen die Bezugnahme auf den Anklagesatz oder auf ihm gleichstehende Schriftstücke zu. Diese Vereinfachungsmöglichkeit war zunächst nur bei Urteilen des Strafrichters und der Schöffengerichte vorgesehen. Durch Art. 1 Nr. 20 StVÄG 1987 ist diese Einschränkung entfallen. Im Zuge der Neuregelung des beschleunigten Verfahrens hat das Verbrechensbekämpfungsgesetz von 1994 die Verweisung auf den früheren § 212a Abs. 2 Satz 3 ohne sachliche Änderung durch die Verweisung auf § 418 Abs. 3 Satz 2 ersetzt. Art. 14 Nr. 4 des 2. JuMoG hat die Verweisungsmöglichkeit auf Urteile, die auf Verwarnung mit Strafvorbehalt lauten, erstreckt. Der jetzige Satz 2 wurde durch Art. 1 Nr. 9 Buchst. b des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren eingefügt. Bei Absatz 5 hat Art. 1 Nr. 76 Buchst. 1 des 1. StVRG die Sätze 2 und 3 angefügt. Der Verweis in Satz 3 auf „Absatz 4 Satz 3“ geht seit Einfügung des neuen Satzes 2 in Absatz 4 durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren fehl, weil
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
der vormalige Satz 3 nun Satz 4 geworden ist, und müsste in „Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden“ geändert werden. Der auf Art. 2 Nr. 27 AGGewVerbrG und auf Art. 3 Nr. 120 VereinhG zurückgehende Absatz 6 Satz 1 und der auf dem 2. Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs beruhende Absatz 6 Satz 2 wurden durch Art. 21 Nr. 70 Buchst. e und f EGStGB redaktionell dem neuen Strafrecht angepasst. Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom 21.8.2002 (BGBl. I S. 3344) hat § 267 Abs. 6 Satz 1 neu gefasst. Die dort normierte Begründungspflicht wurde auf die Anordnung des durch dieses Gesetz neu eingefügten Vorbehalts der Sicherungsverwahrung (§ 66a StGB) ausgedehnt. Gleich wie bei der Sicherungsverwahrung ist die positive und negative Entscheidung zu begründen. Es muss deshalb auch begründet werden, warum entgegen einem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag die Sicherungsverwahrung nicht vorbehalten wurde. Bezeichnung bis 1924: § 266. Übersicht Rn. I. Bedeutung der Urteilsgründe 1. Gegenstand und Zweck a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Gegenstand der Urteilsgründe . . . c) Zweck . . . . . . . . . . . . . . 2. Übereinstimmung mit dem Beratungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . II. Form der Urteilsgründe 1. Geschlossene Darstellung . . . . 2. Bezugnahme auf Abbildungen (Absatz 1 Satz 3) a) Zweck . . . . . . . . . . . . b) Alle Arten von bildlichen Darstellungen . . . . . . . . . . . c) Bei den Akten befindlich . . . d) Urteilsgründe bei Bezugnahme e) Freisprechende oder einstellende Urteile . . . . . . . . . . . . 3. Keine Bezugnahme auf Tonträger und Schriften a) Keine analoge Anwendung von Absatz 1 Satz 3 . . . . . . . . b) Urteilsgründe bei Schriften . . c) Urteilsgründe bei Tonträgern . 4. Bezugnahme auf Urteile a) Urteile in anderer Sache . . . . b) Urteile in gleicher Sache . . . . c) Ausnahme für Berufungsurteile 5. Verwendung von Vordrucken . .
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III. Feststellungen zum Tathergang 1. Merkmale der Straftat a) Aus sich selbst heraus verständliche Darstellung . . . . . . . . b) Äußere Tatseite . . . . . . . . . c) Innere Tatseite . . . . . . . . . d) Mehrdeutige Tatsachengrundlage 2. Angabe der Beweistatsachen (Absatz 1 Satz 2) a) Pflicht zur Feststellung . . . . . b) Urteilsstelle . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
35 37 44 49
. .
50 54
Rn. 3. Wiedergabe der Beweiswürdigung a) Keine ausdrückliche Regelung . . b) Auseinandersetzung mit festgestellten Tatsachen . . . . . . . . . 4. Einzelfragen a) Eingehen auf einzelne Beweismittel . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorbringen der Prozessbeteiligten . c) Zeugenaussagen . . . . . . . . . d) Sachverständigengutachten . . . . e) Ergebnis eines Augenscheins . . . f) Verfahrensrechtlich gebotene Erörterungen . . . . . . . . . . . . 5. Besondere Umstände, die die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen (Absatz 2) a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . b) Erörterungspflicht bei Behauptung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine wesentliche Förmlichkeit . . d) Erörterungspflicht ohne Behauptung . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bezeichnung des angewandten Strafgesetzes (Absatz 3 Satz 1 1. Halbsatz) 1. Angewandte Strafgesetze . . . . . . . 2. Nicht angewandte Bestimmungen . . 3. Weitere Rechtsausführungen . . . . . V. Begründung des Rechtsfolgenausspruchs (Absatz 3 Satz 1 2. Halbsatz) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 2. Persönliche Verhältnisse des Angeklagten . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände a) Keine erschöpfende Aufzählung . b) Angewandte Strafrahmen . . . . c) Selbständige einzelfallbezogene Feststellung . . . . . . . . . . . d) Feststellung der besonderen Schwere der Schuld . . . . . . .
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55 56
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467
§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rn.
4. Geldstrafe . . . . . . . . . . . . . 5. Geldbußen . . . . . . . . . . . . . 6. Gesamtstrafe . . . . . . . . . . . . 7. Jugendrecht . . . . . . . . . . . . . 8. Minder schwere und besonders schwere Fälle (Absatz 3 Satz 2 und 3) a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . b) Einzelne Fälle . . . . . . . . . . c) Antrag . . . . . . . . . . . . . . 9. Freiheitsstrafe unter 6 Monaten . . 10. Strafaussetzung zur Bewährung (Absatz 3 Satz 4) a) Bewilligung, Ablehnung . . . . . b) Antrag . . . . . . . . . . . . . . c) Bewährungsanordnungen . . . . d) Jugendstrafverfahren . . . . . . 11. Verwarnung mit Strafvorbehalt . . . 12. Absehen von Strafe . . . . . . . . . 13. Verständigung (Absatz 3 Satz 5) . . 14. Maßregeln der Besserung und Sicherung (Absatz 6) a) Allgemeines . . . . . . . . . . . b) Vorbehalt der Sicherungsverwahrung . . . . . . . . . . . c) Formelle Begründungspflichten . d) Entziehung der Fahrerlaubnis . . 15. Fahrverbot . . . . . . . . . . . . . 16. Verfall, Einziehung, Unbrauchbarmachung und sonstige Nebenfolgen VI. Abgekürztes Urteil 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . 3. Ermessen des Gerichts . . . . . . . 4. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bezugnahme auf Anklage a) Zweck . . . . . . . . . . . . . . b) Tragende Urteilsfeststellungen . . c) Voraussetzungen der Bezugnahme d) Gegenstand der Bezugnahme . .
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Rn. e) Ermessen des Gerichts . . . . . f) Keine bestimmte Formel . . . . 6. Hinweis auf Verständigung (Absatz 4 Satz 2) . . . . . . . . . 7. Nachträgliche Ergänzung des abgekürzten Urteils a) Zweck . . . . . . . . . . . . . b) Frist . . . . . . . . . . . . . . c) Entsprechende Anwendung . . d) Sonstige Verfahrensfragen . . .
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VII. Freisprechendes Urteil 1. Begründung nach Absatz 5 Satz 1 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . b) Freispruch in tatsächlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . c) Freispruch in rechtlicher Hinsicht d) Bezugnahme auf Abbildungen . . 2. Abgekürztes freisprechendes Urteil . 3. Maßregel der Besserung und Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . .
168
VIII. Prozessurteil 1. Notwendiger Inhalt des einstellenden Urteils . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige Formalentscheidungen . .
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IX. Förmlichkeiten, Berichtigung . . . . . .
171
X. Revision 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . 2. Verstoß gegen Absatz 1 a) Nicht genügende Urteilsbegründung . . . . . . . . . . . . . . b) § 267 Abs. 1 Satz 2 . . . . . . c) Beweiswürdigung . . . . . . . 3. Absatz 2 . . . . . . . . . . . . . 4. Anführung des angewandten Gesetzes . . . . . . . . . . . . . 5. Strafzumessung . . . . . . . . . . 6. Verstoß gegen Absatz 4 . . . . . . 7. Verstoß gegen Absatz 6 Satz 1 . .
Alphabetische Übersicht Abbildungen, Verweisung auf 12, 14 ff., 67, 164, 169, 174 Abgabenverkürzung 40 Abgekürztes Urteil 131 ff., 142 ff., 165 ff., 169, 185 Absehen von Strafe 116 Akteninhalt 12, 19 ff. Allgemeine, floskelhafte Wendungen 34, 74, 87, 110 Anklage 9, 12, 73 Anklage, Bezugnahme auf 139 ff. Antragsabhängige Begründungspflichten 72 ff., 102 ff., 107 ff., 172, 179, 184 Aufklärungspflicht 2 Aufklärungsrüge 180 Aufzählung der Beweismittel 2, 60 Augenschein 25, 67 Ausländerrechtliche Tatfolgen 88
. .
Ausländische Verurteilungen 97 Äußere Tatseite 37 Bagatellfälle 53, 57, 83, 88, 138 Begründungspflicht, formell ausgelöste 137, 184 Beratung 2, 10, 87, 172, 176, 183 Berechnungsgrundlagen 29 Berichtigung des Urteils 36, 156, 171, 181 Berufsgerichtliches Verfahren 6 Berufsrechtliche Folgen 120, 182 Berufung, Übergang zur Revision 155 Berufungsurteile 33, 79, 143, 158, 170, 186 Beschleunigte Verfahren 146 Beschleunigungsgebot 82 Besondere Schuldschwere 94 Besonders schwere Fälle 69, 74, 90, 99 ff. Bewährungsanordnungen 112
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159 161 163 164 165
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung Beweistatsachen 50 ff., 55, 161 ff. Beweiswürdigung, umfassende 55 ff., 177 Bewertungseinheit 43 Bezugnahmen im Urteil 12, 14 ff., 31 ff., 110, 139 ff., 158, 164, 169, 173, 183 Bezugnahme auf Urteile in gleicher Sache 32 ff. Bildträger 13, 16 f. Blankettgesetze 37, 77 Bußgeldbescheid 12, 146 Bußgeldverfahren 131, 146 Darstellung, geschlossene 11 f., 24, 35, 59, 168 Denkfehler 57, 177 Diapositive 17 Dienststrafverfahren 6 Doppelverwertungsverbot 90 Einheit der Urteilsgründe 36 Einheitliche Tat 43, 104 Einlassung des Angeklagten 60, 62 Einstellungsurteil 26, 169 Einziehung 128 ff., 142, 144 Elektronische Bildträger 17 Entziehung der Fahrerlaubnis 126 f., 142, 144, 151 Ergebnis der Hauptverhandlung 2 Eröffnungsbeschluss 12, 71 Erwiesene Tatsachen (§ 244 Abs. 3 Satz 2) 68 Eventualbegründungen s. Hilfserwägungen Fachausdrücke 8 Fahrlässige Tatbegehung 44 ff. Fahrverbot 127, 144 Faires Verfahren 1, 3, 82 Fortgesetzte Tat 43 Freibeweis 173, 179 Freiheitsstrafe unter sechs Monaten 106 Freisprechendes Urteil 26, 131, 159 ff. Frist für nachträgliche Urteilsbegründung 155, 167 Gedichtform, Urteile in 8 Geldbuße 88, 96, 131 Geldstrafe 88, 95, 106, 138, 141 f., 144 Generalprävention 106, 182 Gesamtstrafe 97 Gesetzesbindung der Strafgewalt 1, 5, 77 Gliederung der Urteilsgründe 11, 85 Gnadenrecht 6 Heilung von Verfahrensfehlern 3 Hilfsbeweisanträge 3 Hilfserwägungen 45, 50, 91, 111 Hypothetischer Sachhergang 90 f. Identifizierung des Angeklagten 24, 67 Individualisierung der Tat 37, 41 Innere Tatseite 44 ff., 62, 162 Jugendrecht 70, 98 Jugendstrafe 98, 113, 131 Kompensation von Rechtsverletzungen 82 Landkarte 18 Lockspitzel 182 Lückenhafte Feststellungen 55, 58 ff., 173, 177 Lustige Urteilsgründe 8 Maßregeln der Besserung und Sicherung 118 ff., 168 Mehrdeutige Tatsachengrundlage 49 Merkmale der Straftat 35 ff. Mehrzahl von Straftaten 41 f., 48 Messprotokolle 18
§ 267
Minder schwere Fälle 69, 90, 99 ff. Mittäter 41, 92 Nachtatverhalten 83, 182 Nachträgliche Urteilsergänzung 154 ff., 167 Nachtragsanklage 147 Nebenfolgen 128 ff., 144 Notwehr 160 Offenkundige Tatsachen 3, 13 Persönliche Verhältnisse des Angeklagten 32, 83 ff., 162, 182 Prognoseentscheidungen 83, 86, 110 f., 118 ff. Prozessurteil 169 f. Prozessvoraussetzungen 4, 71 Rechtfertigungsgründe 62, 69, 160 Rechtliches Gehör 1, 61 Rechtsausführungen 81, 163, 166 Rechtsbegriffe 38 Rechtsfolgen, Bemessung 87 ff., 182 Regelbeispiele 69, 101, 126 Rekonstruktion der Hauptverhandlung 176 Revision 172 ff. Sachrüge 172 ff. Sachverständigengutachten 47, 66, 123 Satirische Urteilsgründe 8 Schätzung 40, 42, 95 Schreibversehen 79 Schriftstücke 12, 18, 28 ff., 31 ff. Schuldausschließungsgründe 160 Schuldfähigkeit 47, 70, 85, 119, 160, 166, 178 Serientaten 9, 42 Sicherungsverwahrung 120 ff., 187 f. Sitzungsprotokoll 2, 75, 103, 108, 117, 176 Sprache der Urteilsgründe 8 Strafaussetzung zur Bewährung 107 ff. Strafbarkeit erhöhende oder vermindernde Umstände 69 ff. Strafbefehl 146, 170 Strafgesetz, angewandtes 77 ff. Strafrahmen 77, 90 ff. Strafregisterauszug 86 Strafzumessungsempfehlungen 93 Strafzumessungsgründe, bestimmende 87 ff., 182 f. Subsumtion 35 Tabellarische Darstellung von Serientaten u.ä. 41 Täter-Opfer-Ausgleich 182 Textbausteine 34 Tonträger 13, 27 ff., 30, 173 Übernahmebeschluss 147 Unbrauchbarmachung 128 Unklare Feststellungen 28, 33, 36 Unrechtsbewusstsein 46 Unterhaltspflichtverletzung 40 Untersuchungsverfahren, standardisierte 66 Urteile, aufgehobene 32 Verbrauch der Strafklage 1, 6, 150 Verfahrensrüge 172 ff. Verfahrensvorgänge 3 Verfall 128 ff. Verkehrszuwiderhandlungen 39 Verständigung 7, 62, 117, 153, 184 Verwarnung mit Strafvorbehalt 114 f., 142, 144 Verweisungsbeschluss nach § 270 147
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Verwertbarkeit von Beweisen 60, 176 Videoaufzeichnungen 17, 25 Videodistanzauswertungen 18 Vorbehaltene Strafe 115 Vorbringen der Prozessbeteiligten 1, 61 Vordrucke 34 Vorsatz 45 Vorstrafen 86 Wahrung berechtigter Interessen 160 Wahrunterstellung 68
Wesentliche Förmlichkeit 75, 103, 108 Widersprüchliche Feststellungen 36, 161, 177 Wiederaufnahmeverfahren 6, 21, 161 Wiedereinsetzung 154 f., 167 Zahlungserleichterungen 95 Zeugenaussagen 63 Zeugnis vom Hörensagen 65 Zeugnisverweigerung 65 Zusammenfassungen 41, 43, 48, 97 Zweifelssatz 42 f., 182
I. Bedeutung der Urteilsgründe 1. Gegenstand und Zweck
1
a) Allgemeines. § 267 geht davon aus, dass ein Urteil schriftlich zu begründen ist. Dies ist aus mehrerlei Gründen nötig, so um den Lebenssachverhalt zu umreißen, über den entschieden wurde (Definitionsfunktion), als Grundlage für die Nachprüfung des Urteils durch ein übergeordnetes Gericht (Kontrollfunktion), aber auch wegen des späteren Rückgriffs anderer Stellen auf das rechtskräftige Urteil (Informationsfunktion), denn ohne schriftlich festgehaltene Gründe wäre der Urteilstenor allein nicht genügend aussagekräftig. Hauptzweck der schriftlichen Urteilsgründe muss aber sein, dem Angeklagten als dem eigentlichen Adressaten1 und den anderen Verfahrensbeteiligten sichtbar zu machen, welche nachvollziehbaren sachlichen Erwägungen den Spruch des Gerichts bestimmt haben.2 Die Urteilsgründe sollen belegen, dass die Entscheidung in willkürfreier Anwendung des Rechts gefunden wurde, so wie es dem für die Ausübung aller Staatsgewalt verbindlichen Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) entspricht.3 Verurteilende Erkenntnisse müssen zur Legitimation des in ihnen angeordneten Eingriffs aufzeigen, dass und welche rational einsichtigen Erwägungen sie rechtfertigen und die ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung widerlegen.4 Soweit das Urteil mit einem Rechtsmittel anfechtbar ist, ergibt sich die Begründungspflicht gegenüber dem Anfechtungsberechtigten auch daraus, dass jede effektive Anfechtung voraussetzt, dass die Anfechtungsberechtigten die Gründe kennen, auf denen die Entscheidung beruht.5 Unter diesem Blickwinkel hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch aus dem Gebot eines fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 EMRK; Art. 14 Abs. 1 IPBPR) die Pflicht zur Begründung anfechtbarer Entscheidungen hergeleitet.6 Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht dazu, seine Beachtung dadurch aufzuzeigen, dass es sich in den tragenden Gründen seiner Entscheidung mit den wesentlichen vorgetragenen Argumenten auseinandersetzt.7 Aus dem
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Vgl. BGH GA 1965 208; Wagner ZStW 106 (1994) 259, 277. Wagner ZStW 106 (1994) 259, 281. Wagner ZStW 106 (1994) 259, 277; ferner Rn. 5; abw. AK/Wassermann 3. Wagner ZStW 106 (1994) 259, 273 ff., 283; HK/Julius 1. AK/Wassermann 2 leitet deshalb die Begründungspflicht auch aus Art. 19 Abs. 4 GG ab. Vgl. EGMR EuGRZ 1993 70; LR/Esser Art. 6, 231 EMRK.
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Bonn.Komm./Rüping Art. 103 Abs. 1, 73 GG; Dreier/Schulze-Fielitz Art. 103, 76 GG; Jarass/ Pieroth Art. 103, 32 f. GG; von Mangoldt/ Klein/Starck/Nolte Art. 103, 57 GG; Maunz/ Dürig/Schmid-Aßmann Art. 103 Abs. 1, 99 GG; von Münch/Kunig Art. 103, 15 GG; Sachs/Degenhart Art. 103, 40 GG; SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hopfauf/Schmahl Art. 103, 13 GG; AK/Wassermann 2; HK/Julius 1; Starck VVDStRL 34 (1976) 72; Wagner ZStW 106 (1994) 273, 278; auch
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
Recht auf Gehör kann aber nach weitgehend herrschender Meinung nicht hergeleitet werden, dass das Gericht gehalten ist, in den Urteilsgründen auf jedes einzelne Vorbringen einzugehen.8 Dass das Gericht auch ein im Urteil nicht erwähntes Vorbringen zur Kenntnis genommen hat, wird vermutet, sofern nicht schon die Urteilsgründe selbst oder andere Tatsachen ergeben, dass dies nicht geschehen ist.9 b) Gegenstand der Urteilsgründe. Die Urteilsgründe haben die tatsächlichen und recht- 2 lichen Grundlagen aufzuzeigen, auf die sich die im Wesentlichen in der Urteilsformel (§ 260) zum Ausdruck gekommene Entscheidung des Gerichts stützt. Sie halten das für den Urteilsspruch maßgebliche Ergebnis der Hauptverhandlung fest, so wie es aufgrund der Beratung zur Überzeugung des Gerichts feststeht,10 nicht aber deren Inbegriff.11 Sie sind keine Dokumentation aller Vorgänge, aus denen das Gericht seine Entscheidung nach § 261 gewonnen hat. Schweigen sie zu bestimmten Vorgängen in der Hauptverhandlung, so kann daraus allein noch nicht gefolgert werden, dass das Gericht diese Beweismittel nicht gewürdigt habe.12 Die formelhafte Aufzählung der in der Hauptverhandlung herangezogenen Beweismittel beweist insoweit nichts.13 Sie ist ebenso überflüssig wie die bloße inhaltliche Wiedergabe aller Aussagen, die deren Wertung im Rahmen der eigenen Beweiswürdigung nicht ersetzen kann.14 Die Dokumentation von Gang und Ergebnis der Hauptverhandlung ist Sache des Sitzungsprotokolls (§ 273), nicht der Urteilsgründe.15 Die Pflicht zur erschöpfenden Würdigung aller Beweise (§ 261) wirkt sich jedoch insoweit auf den Inhalt der schriftlichen Urteilsgründe aus, als diese durch Erörterung der Sachargumente unter Umständen dartun müssen, dass sie beachtet wurde (Rn. 50 ff.). Gleiches gilt für die Erfüllung der Aufklärungspflicht. Verfahrensvorgänge sind im Urteil grundsätzlich nicht zu erörtern.16 Eine Ausnahme 3 gilt dann, wenn die Entscheidung über Anträge, die in der Hauptverhandlung gestellt wurden, dem Urteil vorbehalten worden ist, wie etwa die Entscheidung über Hilfsbeweisanträge.17 Dann muss auch der Inhalt der Hilfsbeweisanträge im Urteil mitgeteilt werden.18 Aus § 267 ergibt sich weiterhin keine Verpflichtung des Tatrichters, die Einhal-
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Kunze NJW 1995 2750, 2752; vgl. BVerfGE 54 86, 91 f.; 71 122, 135; 81 97, 106. BVerfGE 5 22, 24; 13 132, 149; 22 267, 274; 25 137, 140; 27 248, 252; 28 378, 384; 40 101, 104 f.; 47 182, 187; 54 86, 91; 66 211, 213; 86 133, 146; 87 363, 392 f.; 96 205, 217; 115 166, 180; Bonn.Komm./Rüping Art. 103 Abs. 1, 74 GG; Maunz/Dürig/ Schmidt-Aßmann Art. 103 Abs. 1, 99 GG. Vgl. BVerfGE 27 248, 251 f.; 40 101, 104 f.; 42 364, 368; 47 182, 187; 51 126, 129; 54 43, 46; BayVerfGHE 20 61. KK/Engelhardt 1 f.; KMR/Paulus 4. BGH NStZ 1998 51; bei Kusch NStZ 1995 20; BGHR § 267 Darstellung 1; KK/Engelhardt 2; Meyer-Goßner 3; ders. NStZ 1988 531. BGH NJW 1951 325; 1951 413; 1951 533; GA 1961 172; 1965 109; 1969 280; OLG Hamm NJW 1970 69; MDR 1973 516; VRS 41 (1971) 123; 42 (1972) 43; OLG
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Koblenz VRS 46 (1974) 436; Foth DRiZ 1974 23 (Erwähnung sinnvoll, soweit das einzelne Beweismittel Gegenstand der ausdrücklichen Beweiswürdigung ist; sonst nur Gefahrenquelle für Bestand des Urteils). BGH GA 1969 280; NJW 1951 533; NStZ 1985 184; 1998 51; 1998 475; 2000 48; 2000 211; NStZ-RR 1997 270; OLG Hamm NJW 1970 70; Foth DRiZ 1974 23. BGH NStZ 1997 377; 1998 475; NStZ-RR 1997 290; 1998 277; 1998 474; 1999 272; bei Kusch NStZ 1995 220; 1996 326; NStZ-RR 2000 293; 2001 264; NJW 2012 694, 695; vgl. auch Fn. 13. BGH bei Kusch NStZ 1995 20; MeyerGoßner 1. KK/Engelhardt 2; Meyer-Goßner 1. LR/Becker § 244, 150 ff. Vgl. etwa BGHSt 2 300, 303; OLG Hamm NJW 1962 66; KK/Engelhardt 2; LR/Becker § 244, 157 ff.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
tung verfahrensrechtlicher Vorschriften in den Urteilsgründen zu dokumentieren,19 doch kann es nötig sein, in die Urteilsgründe ausdrückliche Feststellungen aufzunehmen, etwa wenn ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 EMRK) infolge unzulässiger Tatprovokation gegeben ist20. Ob Ausführungen im Urteil geeignet sind, einen bei der Beratung erkannten und berücksichtigten Verfahrensfehler zu heilen, hängt von der Art des jeweiligen Fehlers ab sowie davon, ob es notwendig ist, die prozessuale Lage noch in der Hauptverhandlung für alle Beteiligten klarzustellen. Zur Frage, wieweit die Erörterung der Tatsachen notwendig ist, die in der Hauptverhandlung als offenkundig oder erwiesen behandelt wurden oder deren Unterstellung als wahr zugesichert wurde, vgl. Rn. 68. Ist zweifelhaft, ob die Prozessvoraussetzungen gegeben sind, so kann – trotz der Ver4 pflichtung, dies in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen – eine Erörterung im Urteil angezeigt sein.21 Zur Begründung des Einstellungsurteils vgl. Rn. 169.
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c) Zweck. Die Urteilsgründe sollen den Leser, nicht zuletzt den Angeklagten selbst, von der Richtigkeit und Gerechtigkeit des Urteils überzeugen. Dieser Zweck muss die Art der Darstellung bestimmen.22 Durch die Erwägungen, die den individuellen Fall einer allgemeinen Norm zuordnen, legitimieren sie den an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gebundenen Richterspruch.23 Sie sollen zeigen, dass er auf einer willkürfreien Anwendung des geltenden Rechts beruht; zugleich verdeutlichen und bestätigen sie die für die Gemeinschaft verbindlichen Wertvorstellungen.24 Der Zwang, die maßgebenden Urteilsgründe schriftlich festzulegen, dient auch der Eigenkontrolle der Richter; schon bei der Beratung müssen sie im Auge behalten, ob das gewonnene Urteil mit den erwiesenen Tatsachen und den sich darauf stützenden nachvollziehbaren Schlussfolgerungen hinreichend zu begründen ist.25 Die schriftlichen Urteilsgründe sind bedeutsam für das weitere Verfahren in derselben 6 Sache, insbesondere für das Rechtsmittelverfahren. Sie sollen dem Revisionsgericht die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils ermöglichen.26 Die Zulässigkeit einer Rechtsmittelbeschränkung hängt davon ab, dass die nicht angefochtenen Teile der Entscheidung widerspruchsfrei und so ausreichend begründet sind, dass das Rechtsmittelgericht eine sichere Grundlage für die ihm verbleibende Entscheidung findet (vgl. bei § 318 und § 344). Ob der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 gegeben ist, lässt sich nur aus den
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BGH NStZ 2001 53. BGHSt 45 321, 323; BGH StV 2000 604; Rn. 82; LR/Esser Art. 6, 249 ff. EMRK. OLG Hamburg MDR 1989 666; OLG Hamm GA 1986 562; Meyer-Goßner 1. Dann entfällt der Vorwurf, dass die Urteile nicht mehr für den Angeklagten, sondern nur noch für die Revisionsgerichte geschrieben werden (Kunkis DRiZ 1993 191), auch wenn der Urteilsinhalt gleichzeitig den von der Revisionsrechtsprechung aufgestellten Anforderungen Rechnung trägt. So etwa Wagner ZStW 106 (1994) 259, 278 m.w.N. Starck VVDStRL 34 (1976) 72; Roxin/
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Schünemann § 50, 4; Wagner StV 1984 190; Wolf GedS R. Bruns 230. Krehl GA 1987 170; Wagner ZStW 106 (1994) 259, 279; SK/Velten 3; vgl. auch Maul FS Pfeiffer 420 (Begründungszwang wirkt objektivierend auf Beratung zurück). Vgl. dazu LR/Franke § 337, 2 ff.; ferner zu den ständig steigenden Anforderungen der Revisionsgerichte an die Urteilsgründe im Rahmen der Darstellungsrüge LR/Franke § 337, 120 ff.; vgl. aber auch Sarstedt FS Dreher 685 (Richter soll bekunden, wovon er überzeugt ist; es ist nicht seine Aufgabe, den Revisionsrichter zu überzeugen).
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
Urteilsgründen ermitteln.27 Aus ihnen ist zu entnehmen, welche Tat im Sinne des § 264 abgeurteilt ist, wie weit also die klageverbrauchende Wirkung des Urteils reicht.28 Sie bilden eine wichtige Grundlage für die Ausübung des Gnadenrechts, können aber auch für andere Verfahren von großer Bedeutung sein, so für die Strafzumessung, die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem späteren Strafverfahren, für ein Dienststrafverfahren oder ein berufs- oder ehrengerichtliches Verfahren. Wenn sie den Inhalt von Zeugenaussagen wiedergeben, können sie eine Grundlage für ein späteres Verfahren wegen Meineids oder falscher uneidlicher Aussage bieten.29 Diese Zielsetzungen und die daraus folgenden Anforderungen gelten unvermindert, 7 wenn dem Urteil eine Verständigung nach § 257c vorausgegangen ist (vgl. Absatz 3 Satz 5), so dass das Tatgericht nicht von der Pflicht entbunden wird, Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe anzuwenden.30 Der Aufgabe, von der sachlichen und gedanklichen Richtigkeit, der inneren Schlüssig- 8 keit und der Gerechtigkeit der gefällten Entscheidung zu überzeugen, werden die Urteilsgründe am besten gerecht, wenn sie die entscheidenden Überlegungen in klarer und einfacher Sprache aufzeigen und auf alle Weitschweifigkeit, unnötige juristische Förmelei und papierne Gelehrsamkeit verzichten. Frei von polemischer Schärfe und Ironie sollen sie die Sachlichkeit und Ausgewogenheit der Urteilsfindung dokumentieren und sich jeder unnötigen, weil für die Begründung der Entscheidung nicht erforderlichen persönlichen Herabsetzung von Angeklagten und Zeugen enthalten.31 Stil und Wortwahl der Urteilsgründe sollen der Bedeutung des Strafurteils als eines mitunter in die Rechte eines Bürgers schwer eingreifenden staatlichen Rechtsspruchs angemessen sein. Damit verträgt sich grundsätzlich nicht, dass sie betont lustig, ironisch oder in der Form einer Satire abgefasst werden.32 Die Verwendung von Fachausdrücken ist zulässig und oft wegen der anders nicht erzielbaren Genauigkeit des Ausdrucks geboten, solange das Urteil insgesamt verständlich bleibt;33 die Fachausdrücke gehören der deutschen Gerichtssprache (§ 184 GVG) an, auch wenn sie einer Fremdsprache entstammen.34 Zu einer auf den Einzelfall bezogenen, sachlichen und zugleich lebensnahen Darstel- 9 lung gehört beispielsweise auch, dass die Verfahrensbeteiligten mit ihrem Namen und nicht etwa nur mit ihrer Verfahrensrolle bezeichnet werden.35 Die Urteilsgründe können ihren Zweck nur dann voll erfüllen, wenn sie nach sorgfältiger Sichtung des verhandelten und erwiesenen Stoffes unter Verzicht auf alle unwichtigen Einzelheiten das für die Entscheidung Wesentliche gedanklich und zeitlich gut geordnet und übersichtlich gegliedert darstellen.36 Bei einer größeren Zahl von Taten, vor allem bei Serientaten, ist es zur Erleichterung der Übersicht zweckmäßig, die einzelnen Taten mit eigenen Ordnungsziffern so zu kennzeichnen, dass die jeweiligen Ausführungen mühelos den einzelnen
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32
Vgl. LR/Gössel § 359, 90, 92. Vgl. LR/Stuckenberg § 264, 4 ff. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 17 ff. BGH NStZ-RR 2010 336; 2011 213 f. Meyer-Goßner/Appl 240; zur Beleidigung durch Urteilsgründe OLG Oldenburg NdsRpfl. 1981 88; Köndgen JZ 1979 246; ferner BGHSt 10 298; BGH NJW 1978 824; BGHZ 70 1 = NJW 1971 824 mit Anm. Wolf; zur Zulässigkeit einer dienstaufsichtlichen Beanstandung vgl. § 26 DRiG. BGH bei Kusch NStZ-RR 1999 261; 2000
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293. Zu Urteilen in Gedichtform vgl. etwa OLG Karlsruhe NJW 1990 2009; LG Frankfurt NJW 1982 650; LG Köln NJW 1987 1421; AG München NJW 1987 1425; dazu Putzo NJW 1987 1426; Beaumont NJW 1989 372; ders. NJW 1990 1969. OLG Hamm NStZ-RR 2010 348, 349. LR/Wickern § 184, 3 GVG. Obermeyer DRiZ 1971 58. Wegen der Einzelheiten vgl. Meyer-Goßner/ Appl, insb. auch zum Stil der Urteilsgründe.
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Taten eindeutig zugeordnet werden können. Dabei kann es sich empfehlen, die Nummerierung der einzelnen Taten aus der Anklage zu übernehmen oder aber, wenn das Urteil die Taten in einer anderen Abfolge wiedergibt, den Ordnungsziffern des Urteils diejenigen der Anklage in Klammern beizufügen,37 wobei eine Vermengung der Zählung in Urteil und Anklageschrift peinlichst zu vermeiden ist.38
10
2. Übereinstimmung mit dem Beratungsergebnis. Die Urteilsgründe müssen, ohne dass die abweichende Ansicht des überstimmten Urteilsverfassers Ausdruck finden darf, so angegeben werden, wie sie in der Beratung kraft des Willens der Mehrheit oder der nach § 263 maßgebenden Minderheit beschlossen worden sind. Dabei hat der Berufsrichter die Überzeugungsbildung der Mehrheit der Laienrichter zu respektieren und darf nicht durch eine bestimmte Fassung der Gründe einer Urteilsaufhebung in der Revision den Weg bereiten.39 Es ist sowohl unzulässig, nachträglich angestellte Erwägungen oder Erkenntnisse hineinzuarbeiten,40 als auch, um das Urteil vor erfolgreicher Anfechtung zu bewahren, Gründe herzustellen, die von denen abweichen, mit denen sich die obsiegende Mehrheit oder Minderheit durchgesetzt hat.41 Auch über die Einzelheiten der Urteilsfassung und ihr Übereinstimmen mit dem Beratungsergebnis entscheiden die Berufsrichter mit Stimmenmehrheit.42
II. Form der Urteilsgründe 11
1. Geschlossene Darstellung. Die Urteilsgründe müssen aus sich heraus verständlich sein und allen Erfordernissen des § 267 entsprechen.43 Üblicherweise werden die Urteilsgründe zum leichteren Verständnis in sachlich getrennte Abschnitte unterteilt, die als solche zwar keiner besonderen Überschrift bedürfen, die aber gedanklich und auch in der Form der Darstellung auseinander gehalten werden sollten. Bei einer Verurteilung ergeben sich fünf Hauptabschnitte, nämlich 1. die Erörterungen der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten (Rn. 83 ff.), 2. die Feststellungen zum Tathergang unter Angabe der für erwiesen erachteten äußeren und inneren Tatsachen (Rn. 35 ff.) und der nach Absatz 2 zu berücksichtigenden Umstände (Rn. 69 ff.), 3. die Darlegung der Beweiswürdigung unter Angabe der Tatsachen, die den festgestellten Tathergang tragen (Rn. 50 ff.), 4. die Angaben über das angewandte Recht (Rn. 77 ff.) und 5. die Begründung des Rechtsfolgenausspruchs (Rn. 82 ff.).44 Bei umfangreichen Urteilen empfiehlt es sich, eine
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41
BGH NStZ 1994 400; NStZ-RR 1996 336; 1999 139 (L); bei Kusch NStZ 1997 72. Winkler SchlHA 2006 245 f. OLG Oldenburg NStZ 2005 469. RG JW 1928 2270; BGH bei Miebach NStZ 1988 213 (Verhalten des Angeklagten nach Urteilsverkündung); AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 1. AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 1; KMR/Paulus 4; Jung JW 1927 363; Sachse GA 70 (1926) 161; Seibert MDR 1957 597; teilweise a.A. Alsberg JW 1926 2164; ders. JW 1930 2521; zur Zulässigkeit der Bekanntgabe der abweichenden Meinung vgl. die Erläuterungen zu § 43 DRiG.
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BGHSt 26 92; vgl. LR/Stuckenberg § 275, 38 m.w.N. BGHSt 30 225, 227; 33 59, 60; BGH NStZ 1992 49; 1994 400; NStZ-RR 1996 109; 2000 304; 2009 116; StV 1981 396; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Kusch NStZ 1992 225; OLG Bremen NJW 1964 738; OLG Schleswig SchlHA 2005 260; KK/Engelhardt 3; KMR/Paulus 18, 21; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 12. Vgl. Meyer-Goßner/Appl 231 ff.; ferner etwa AK/Wassermann 6, der die Erörterung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten den Rechtsfolgen zuordnet.
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Inhaltsübersicht voranzustellen, die die Gliederung des Urteils nebst den Zwischenüberschriften und die entsprechenden Seitenzahlen wiedergibt.45 Für das Verständnis des Urteils unerlässlich ist es in der Regel, dass der vom Gericht 12 aufgrund der Hauptverhandlung für erwiesen erachtete Sachhergang (§ 261) in einer geschlossenen Darstellung46 geschildert wird und nicht aus verstreuten Einzelfeststellungen einer umfangreichen Beweiswürdigung erschlossen werden muss.47 Das Gericht darf das Urteil nur auf seine eigenen Feststellungen gründen und diese durch keine Verweisung auf andere Schriften, auch nicht in den Akten, ersetzen, selbst wenn sie „angesiegelt“48 werden. Auch das „Einrücken“ von Teilen der Anklageschrift in die Urteilsgründe ist als unzulässig anzusehen.49 Nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 darf die Bezugnahme auf die dort genannten Urkunden an die Stelle der eigenen Sachverhaltsdarstellung treten. Im Übrigen genügt weder ein Hinweis auf die Anklageschrift50 noch auf den Eröffnungsbeschluss51 noch auf einen vorangegangenen Bußgeldbescheid52 noch auf die Sitzungsniederschrift53 noch auf den Inhalt eines bei den Akten befindlichen Gutachtens54 oder auf bei den Akten befindliche Schriftstücke55 noch sonst auf den Akteninhalt.56 Unzulässig ist weiterhin die Bezugnahme auf eine bei den Akten befindliche Skizze oder ein dort befindliches Lichtbild,57 sofern sie an die Stelle der Sachverhaltsdarstellung treten sollen;58 nur wegen der Einzelheiten lässt Absatz 1 Satz 3 eine ergänzende Verweisung auf solche Abbildungen zu (Rn. 14 ff.). Hinweise auf Schriften in den Urteilsgründen sind grundsätzlich (zu Ausnahmen Rn. 18) für das Revisionsgericht unbeachtlich (Rn. 27 ff.). Sie gefährden den Bestand des Urteils nur dann nicht, wenn dieses unbeschadet des Hinweises selbst alle erforderlichen Feststellungen enthält und die Geschlossenheit und Lückenlosigkeit der Darstellung durch den Hinweis auch nicht in Frage gestellt wird.59 Die möglichst wörtliche Wiedergabe der entscheidungserheblichen Teile einer Schrift 13 oder einer Tonaufnahme ist deshalb unerlässlich. Mitunter kann eine Schrift dem Urteil beigeheftet und in dieser Form als Bestandteil des Urteils in die geschlossene Darstellung
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BGH NStZ-RR 2001 107; KK/Engelhardt 1; Winkler SchlHA 2006 245 f. BGH VRS 5 (1953) 606; BGH nach KK/Engelhardt 8; sowie Rn. 35 m.w.N. BGH StV 1991 346; zur Trennung zwischen der Feststellung der erwiesenen Tatsachen und der Beweiswürdigung vgl. BGH bei Kusch NStZ 1992 225; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 2 ff. BGH NStZ 2007 478, 479; OLG Frankfurt NJW 2010 3107, 3109 mit Anm. Krumm; KK/Engelhardt 3; Meyer-Goßner 2. BGH wistra 1999 425 f.; NStZ-RR 2011 52; StV 2011 8. RGSt 4 382, 384; RG HRR 1927 Nr. 769; BGH NStZ 2004 493; bei Becker NStZ-RR 2003 99; BGH bei KK/Engelhardt 3; OLG Hamm StraFo 2002 132. RGSt 4 382, 384; OLG Braunschweig NJW 1956 27.
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OLG Bremen NStZ 1996 287; OLG Düsseldorf wistra 1990 78. RGRspr. 1 (1879/80) 558; BGH NStZ-RR 2000 304; BGH bei KK/Engelhardt 3. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 171. BGH NStZ-RR 1999 139 (L); 2000 304; vgl. Rn. 13, 28 ff. RGSt 62 216; BGH nach KK/Engelhardt 3. BGH VRS 5 (1953) 393; OLG Braunschweig NJW 1956 72; OLG Frankfurt DAR 1957 191; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 200. RGSt 41 22; RG Recht 1915 Nr. 278; 1918 Nr. 1646; OLG Frankfurt DAR 1957 191; OLG Stuttgart DAR 1968 337; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 161. BGH 13.11.1979 – 1 StR 526/79 bei KK/Engelhardt 3.
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der Entscheidungsgründe integriert werden.60 Ist dies wegen des Umfangs der Schrift oder wegen der Gemengelage der über das Werk verstreuten entscheidungserheblichen Teile nicht möglich oder zu deren klarer und eindeutiger Herausstellung nicht förderlich, muss bei einer auszugsweisen Wiedergabe in den Urteilsgründen auch dargetan werden, in welchem Sinnzusammenhang diese Teile untereinander und zum Gesamtinhalt des Werkes stehen und welche Bedeutung ihnen aus der Sicht des Gesamtinhaltes zukommt. Da das Urteil aus sich heraus verständlich sein muss, entfallen die erforderlichen Feststellungen des den Tatbestand einer Straftat erfüllenden Inhalts einer Schrift oder eines Tonoder Bildträgers nicht etwa deshalb, weil der Inhalt des allgemein zugänglichen Werkes offenkundig ist.61 Auch allgemeinkundige Tatsachen müssen in den Urteilsgründen festgestellt werden; das Revisionsgericht darf fehlende tatsächliche Feststellungen über die den Straftatbestand erfüllenden Tatsachen nicht von sich aus unter Hinweis auf die Offenkundigkeit ergänzen. Werden Bilder oder Skizzen in das Urteil selbst aufgenommen, so kann dies zur Verdeutlichung der sprachlichen Sachverhaltsfeststellung dienen, es kann sie aber nicht völlig ersetzen.62 2. Bezugnahme auf Abbildungen (Absatz 1 Satz 3)
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a) Zweck des in Absatz 1 nachträglich eingefügten Satzes 3 ist es, „zur Vereinfachung der schriftlichen Urteilsgründe und zur Verringerung des Schreibwerks“63 die Bezugnahme auf Abbildungen zuzulassen, die sich bei den Akten befinden. Das Prinzip, dass die Urteilsgründe aus sich selbst heraus verständlich sein müssen, wird beibehalten. Die wenn auch knappe Schilderung des wesentlichen Aussagegehalts der Abbildung bleibt erforderlich,64 nur wegen der Einzelheiten darf ergänzend auf die Abbildung verwiesen werden. Der Gesetzgeber wollte auch bei Abbildungen das Verweisungsverbot nur in „einer vorsichtigen, die Verständlichkeit der schriftlichen Urteilsgründe nicht beeinträchtigenden Form“ lockern.65 Früher musste der Inhalt einer dem Urteil nicht beigefügten Abbildung auch hinsichtlich aller entscheidungserheblichen Einzelheiten in den Urteilsgründen mit Worten umständlich beschrieben werden, obwohl die Betrachtung der bei den Akten befindlichen Abbildung einen viel exakteren und anschaulicheren Eindruck vermittelt. Die Anwendung von Absatz 1 Satz 3 kann auch aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geboten sein, etwa weil es sich verbietet, Kopien pornographischer Bilder in die Urteilsgründe aufzunehmen.66 Durch die Verweisung wird die Abbildung als Ganzes so zum Bestandteil der Urteils15 gründe,67 als ob sie in diese aufgenommen worden wäre (Rn. 13). Das Revisionsgericht, 60 61
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Vgl. RGSt 53 257; BGHSt 23 40; BGH NStZ 1987 374; ferner Rn. 28. So aber Heiligmann NJW 1972 1961; KMR/Paulus 11; mit Einschränkung auch W. Schmid ZStW 85 (1973) 903; vgl. LR/Franke § 337, 106. BayObLGSt 1996 34 = JR 1997 38 mit Anm. Göhler; OLG Düsseldorf VRS 112 (2007) 43; OLG Jena VRS 110 (2006) 424; Eb. Schmidt 4; eingehend Janke 137 ff. BTDrucks. 8 976 S. 24; vgl. Rn. 24. BayObLGSt 1992 150; OLG Düsseldorf VRS 74 (1988) 449; JMBlNW 1997 263; OLG Frankfurt JZ 1974 516; OLG Stuttgart
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GA 1979 471; AK/Wassermann 9; HK/Julius 8; KK/Engelhardt 6; KMR/Paulus 17; Meyer-Goßner 10; SK/Velten 20; Rieß NJW 1978 2279; vgl. Rn. 24. BTDrucks. 8 976 S. 55. BGH NJW 2006 1890, 1891 (insoweit nicht in BGHSt 50 370); OLG Hamm 10.1.2008 – 3 Ss 550/07; Meyer-Goßner 10. BGHSt 41 376, 382; BGH NStZ 2000 307, 309 f.; OLG Bamberg NZV 2008 469; OLG Düsseldorf VRS 93 (1997) 178, 180; 112 (2007) 43, 45; OLG Hamm VRS 95 (1998) 232, 234; 108 (2008) 27, 28; Meyer-Goßner 10; Rieß NJW 1978 2270.
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das bisher bei der Beurteilung einer Abbildung im Rahmen der Sachrüge ausschließlich auf den Urteilsinhalt beschränkt und an die dortigen Feststellungen gebunden war, kann die bei den Akten befindliche Abbildung aus eigener Anschauung würdigen und zumindest prüfen, ob die vom Tatrichter aus der Abbildung gezogenen Schlüsse tatsächlich möglich und rechtlich fehlerfrei sind.68 Damit werden überflüssige Aufhebungen wegen einer ungenügenden Beschreibung der Darstellung in den Urteilsgründen vermieden und dem Revisionsgericht wird eine bessere und umfassendere Überprüfung der Schlüssigkeit der tatsächlichen Urteilsgrundlagen ermöglicht.69 Die technisch mitunter schwierige Aufnahme einer Abbildung in das Urteil erübrigt sich. b) Alle Arten von bildlichen Darstellungen, also alle durch Gesichts- und Tastsinn in 16 ihrem Aussagegehalt erfassbaren Gebilde,70 können durch Verweisung zum Bestandteil der Urteilsgründe gemacht werden. Der Regierungsentwurf nennt als Beispiele beleidigende oder pornographische Darstellungen oder Lichtbilder, ferner Skizzen zur Verdeutlichung einer Örtlichkeit.71 Es kommt jede Art von Abbildung in Betracht, in der der Tatbestand einer Straftat gefunden wird oder die sonst für eine zu treffende Tatsachenfeststellung von Bedeutung ist, also nicht nur gemalte oder gezeichnete Bilder oder Lichtbilder, sondern auch Lageskizzen oder Landkarten; auch sonstige, der optischen Wahrnehmung durch Augenschein zugängliche Aufzeichnungen gehören hierher, wie etwa technische Diagramme oder die graphische Darstellung einer Statistik. Format und Material des Bildträgers spielen dabei ebenso wenig eine Rolle wie die Mittel der bildlichen Gestaltung oder Gegenstand und Zweck der Darstellung oder die Frage, ob es sich um ein Original oder eine Kopie handelt. Nach Ansicht des BGH72 liegt keine für die Bezugnahme geeignete Abbildung vor, 17 wenn technische Hilfsmittel notwendig sind, um sie betrachten zu können wie bei Videoaufzeichnungen,73 weil die Abbildung dann nicht unmittelbar Bestandteil der Akten geworden sei. Entsprechendes müsste dann für Abbildungen in Mikroformat, bei Diapositiven oder bei Verwendung elektronischer Bildträger74 gelten. Vom Regelungszweck her wird man die Verweisung auf Bilder oder Bildteile bei Filmen und Videoaufnahmen jedoch bejahen und als zulässig ansehen müssen,75 während die sie begleitende Musik und ihr Begleittext nicht mehr dazu gerechnet werden können.76 Das Argument, dass es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts sei, das Urteil tragende Umstände selbst herauszu-
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Zu den strittigen Fragen, in welchem Umfang die verwiesene Abbildung bei der revisionsrichterlichen Nachprüfung herangezogen werden kann vgl. etwa BGHSt 41 380; BayObLGSt 1992 150; Neumann GA 1988 396; LR/Franke § 337, 107 m.w.N. BTDrucks. 8 976 S. 55; KK/Engelhardt 6; zur Problematik LR/Franke § 337, 107. AK/Wassermann 8; HK/Julius 8; KK/Engelhardt 6; KMR/Paulus 15; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 19; enger Neumann GA 1988 396 (nur Darstellungen, die ein tatsächliches Geschehen beschreiben oder beweisen sollen, nicht Karikaturen); vgl. auch die Erläuterungen zum Begriff der Abbildung bei § 11 Abs. 3 StGB.
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74 75 76
BTDrucks. 8 967 S. 55. BGH NStZ 2012 228 f. mit Anm. Deutscher und Sandherr NZV 2012 143. A.A. noch OLG Bamberg DAR 2011 401; OLG Brandenburg NStZ-RR 2010 89; OLG Dresden NZV 2009 520, 521; OLG Zweibrücken VRS 102 (2002) 102, 103; LR/Gollwitzer 25 14; offenlassend OLG Brandenburg DAR 2005 635, 637; krit. OLG Schleswig SchlHA 1997 170 („nicht ohne weiteres“). Für Zulässigkeit hingegen KK/Engelhardt 6. LR/Gollwitzer 25 14. HK/Julius 8; SK/Velten 19, 22.
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finden, trägt entgegen der Auffassung des BGH77 dann nicht, wenn etwa eine Videosequenz auf dem Speichermedium präzise bezeichnet und eingegrenzt ist. Die Unzulässigkeit der Verweisung auf Schriftstücke (Rn. 28) schließt die Verweisung 18 auf Abbildungen nicht aus, wenn diese zu ihrer Ergänzung einen unselbständigen Text enthalten. Soweit sich seine Bedeutung darin erschöpft, das Verständnis der Abbildung zu erleichtern oder sie zu erläutern, wie etwa bei Straßennamen auf Landkarten oder Begleittexten bei Statistiken, wird er von der Bezugnahme mitumfasst. Die Grenze dürfte dort liegen, wo ein auf einer Abbildung angebrachter Vermerk nicht mehr im Wege des Augenscheins, sondern im Wege des Urkundenbeweises nach § 249 in die Hauptverhandlung eingeführt werden muss, weil sein gedanklicher Inhalt aus sich heraus verständlich ist und eine vom Inhalt der Darstellung lösbare eigene Beweisbedeutung hat.78 Keine Abbildungen im Sinne der Vorschrift, sondern Urkunden sind demnach auf Abbildungen beruhende Auswertungen wie Messprotokolle, auch wenn sie auf einem Radarfoto eingeblendet sind,79 oder Videodistanzauswertungen80 oder Fahrausweise81.
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c) Voraussetzung für die Zulässigkeit der Bezugnahme ist, dass sich die Abbildung im Zeitpunkt der Urteilsfindung bei den Akten befindet und zu erwarten ist, dass sie zumindest für die Dauer des Verfahrens dort verbleibt. Nur dann ist sie – weil für Gericht und Verfahrensbeteiligte jederzeit einsehbar – geeignet, das Urteil zu ergänzen. Abbildungen im Besitz anderer Behörden oder von Privatpersonen scheiden für die Verweisung ebenso aus wie Abbildungen, die zwar in allgemein zugänglichen, offenkundigen Schriften einsehbar sind,82 ohne dass jedoch ein Stück den Akten beiliegt. Auch auf ein Bild, das sich nur in den Handakten der Staatsanwaltschaft befindet, darf nicht verwiesen werden. Bei den Akten befindet sich eine Abbildung nicht nur dann, wenn sie in die Haupt20 akten eingeheftet ist; es genügt, wenn sie rechtlich Bestandteil der Akten des betreffenden Strafverfahrens ist, auch wenn sie gesondert aufbewahrt wird.83 Es dürfte ausreichen, wenn sich die Abbildung in den Strafakten eines im Zeitpunkt des Urteils mit dem Verfahren gegen den Angeklagten verbundenen anderen Verfahrens befindet, oder in Akten, die zum Strafverfahren beigezogen worden sind,84 denn auch dann sind die Abbildungen später bei Bedarf für Gericht und Verfahrensbeteiligte greifbar. Abbildungen, die dem Gericht in einem anderen, nicht verbundenen Verfahren vorliegen, kommen dagegen für die Bezugnahme nicht in Betracht. Bei Abbildungen, die nach Rechtskraft des Verfahrens an andere Personen hinausgege21 ben werden müssen, wie etwa von Dritten erlangte Beweismittel,85 könnte die Zulässigkeit der Bezugnahme fraglich sein. Diese Abbildungen stehen bei einer späteren Verwendung des rechtskräftigen Urteils (Strafvollstreckung, Gnadenverfahren, Wiederaufnahmeverfahren usw.) nicht mehr zur Verfügung und sind unter Umständen später auch nicht mehr beizubringen. Da die Bezugnahme das Urteil jedoch nur hinsichtlich der Einzelheiten ergänzt und seine Allgemeinverständlichkeit nicht beeinträchtigt, scheint sie auch dann noch rechtlich vertretbar, wenn die Abbildung nach Rechtskraft des Urteils aus den Akten entfernt und an eine andere Person hinausgegeben werden muss.86 Praktisch sollte späteren Schwie-
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BGH NStZ 2012 228 f. mit Anm. Deutscher und Sandherr NZV 2012 143. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 9, 30; LR/Sander/ Cirener § 250, 11 ff. OLG Hamm NStZ-RR 2009 151; VRR 2008 43; OLG Koblenz NZV 2007 255. OLG Brandenburg NStZ 2005 413.
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OLG Celle NStZ 2008 118, 119. Vgl. Rn. 13. KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 10; vgl. bei § 147 und § 199. KK/Engelhardt 6; a.A. SK/Velten 18. Vgl. bei §§ 94, 98, 111k. A.A. SK/Velten 18.
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rigkeiten allerdings dadurch vorgebeugt werden, dass in solchen Fällen ein Lichtbild oder eine Kopie der Abbildung dauerhaft zu den Hauptakten genommen wird. Eine Bezugnahme muss nach dem Sinn der Regelung unterbleiben, wenn sich die be- 22 treffende Abbildung im Zeitpunkt der Urteilsabsetzung bereits nicht mehr bei den Akten befindet oder wenn voraussehbar ist, dass sie nicht mehr greifbar sein wird, wenn sich die nächste Instanz, vor allem das Revisionsgericht, mit dem Urteil befasst. Der Umstand, dass das Urteil auf eine Abbildung Bezug genommen hat, würde für sich allein ihre Herausgabe an den Berechtigten (vgl. § 111k) nicht hindern. Schwierigkeiten für die Praxis dürften hieraus allerdings kaum entstehen, denn eine Bezugnahme kommt nur bei entscheidungserheblichen Abbildungen in Frage, also bei Bildern, die ohnehin noch für die Zwecke des Strafverfahrens benötigt werden und bei denen schon deshalb eine vorzeitige Freigabe ausscheidet. Das Original der Abbildung braucht nicht vorzuliegen, es darf auch auf eine in den 23 Akten befindliche Kopie verwiesen werden. Durch die Reproduktion bedingte wesentliche Unterschiede in der Wiedergabe (z.B. schwarz-weiß statt farbig) sind in den Urteilsgründen darzulegen. Soweit sie entscheidungserhebliche Tatsachen betreffen, bedarf es unter Umständen ergänzender Feststellungen. d) Urteilsgründe bei Bezugnahme. Die Bezugnahme nach Absatz 1 Satz 3 soll nur die 24 Schilderung der Einzelheiten ersetzen, nicht jedoch die für die Verständlichkeit des Urteils aus sich heraus notwendige zusammenhängende, in sich geschlossene Darstellung aller Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden.87 Was hierzu notwendig ist, bestimmt sich nach den Erfordernissen einer aus sich heraus verständlichen Gesamtdarstellung sowie danach, unter welchem Gesichtspunkt die Abbildung rechtlich für die Urteilsfindung relevant ist, kann also je nach der Bedeutung der Abbildung für die Urteilsfindung unterschiedlich zu beurteilen sein. Aber auch wo ihr Inhalt als solcher den objektiven Straftatbestand erfüllt, genügt es, wenn sich das Urteil auf eine knappe Hervorhebung des Wesentlichen beschränkt. Alle Einzelheiten, etwa die Details einer beleidigenden oder pornographischen Darstellung, können auch dann durch die Verweisung ersetzt werden, wenn sie für die Urteilsfindung von Bedeutung sind.88 Im Zuge von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen entstandene Beweisfotos bedürfen keiner näheren Erörterungen, wenn sie generell zur Identifizierung des Fahrers geeignet sind; bestehen aber Zweifel, muss der Richter ausführen, anhand welcher Merkmale er den Betroffenen identifiziert hat.89
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Vgl. Rn. 35 ff. Unzureichend sind daher Pauschalverweise wie „Die Videoaufzeichnung gibt das objektive Tatgeschehen wieder. Zur Darstellung der Einzelheiten wird auf die Videoaufzeichnung Bezug genommen“, OLG Brandenburg NStZ-RR 2010 89 f. Fn. 66 und BGH AfP 1978 103 (keine Verpflichtung, sexualbezogene Filmszenen mit besonderer Genauigkeit zu schildern); ähnlich OLG Frankfurt JZ 1974 516; OLG Hamm OLGSt § 184 StGB 63. Die bloße Wiedergabe des Ergebnisses der Wertung genügt aber nicht: BGH NStZ-RR 2010 108; OLG Stuttgart GA 1979 471 (Nackt-
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filme mit pornographischem Inhalt); OLG Karlsruhe NJW 1974 2016; ferner BayObLG NJW 1972 1961. BGHSt 41 376; BayObLGSt 96 34 = JR 1997 38 mit zust. Anm. Göhler; OLG Brandenburg ZfSch 2010 527; OLG Dresden DAR 2000 279; ZfSch 2008 707; OLG Düsseldorf ZfSch 2002 256; DAR 2011 408 f.; OLG Hamm VRS 104 (2003) 368; 105 (2003) 353; NStZ-RR 2009 250; OLG Rostock VRS 108 (2005) 29; 109 (2005) 35; OLG Schleswig SchlHA 2001 138; 2003 192; 2005 261 f.; Meyer-Goßner 10 m.w.N.
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Form der Bezugnahme. Dass zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen wegen der Einzelheiten auf eine bestimmte, in den Akten befindliche Abbildung verwiesen wird, muss in den Urteilsgründen eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck kommen.90 Dies braucht, obwohl zweckmäßig, nicht unbedingt mit dem Wortlaut des Gesetzes geschehen.91 Es genügt aber nicht, wenn die Urteilsgründe lediglich anführen, dass die betreffende Abbildung „in Augenschein“ genommen wurde.92 Die Bezugnahme muss das Auffinden der betreffenden Abbildung in den Akten eindeutig ermöglichen.93 Auch wenn der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich fordert,94 sollte deshalb die Aktenstelle angegeben werden. Bei mehreren Abbildungen ähnlichen Inhalts, die nicht alle in Bezug genommen werden, bei umfangreichen Akten oder bei Bezugnahme auf eine den Beiakten einliegende Abbildung ist dies unerlässlich. Sofern man die Verweisung auf Videoaufnahmen als zulässig ansieht, ist der Gegenstand der Bezugnahme möglichst genau anzugeben.95
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e) Freisprechende oder einstellende Urteile. Die Bezugnahme auf Abbildungen nach Absatz 1 Satz 3 ist bei freisprechenden Urteilen im gleichen Ausmaß wie bei verurteilenden Erkenntnissen zulässig.96 Soweit diese tatsächliche Feststellungen enthalten müssen, ging der Gesetzgeber davon aus, dass Absatz 1 Satz 3 aufgrund des Gesamtzusammenhangs des § 267 ebenfalls anwendbar ist. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die Absatz 1 Satz 3 bei Absatz 5 für entsprechend anwendbar erklärt, wurde für entbehrlich gehalten.97 Bei einstellenden Urteilen muss dann das Gleiche gelten, da insoweit an die Urteilsbegründung auch der Form nach keine strengeren Anforderungen gestellt werden können als bei verurteilenden Erkenntnissen nach § 267 Abs. 1 bis 4. 3. Keine Bezugnahme auf Tonträger und Schriftstücke
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a) Keine analoge Anwendung von Absatz 1 Satz 3. Tonträger, deren Inhalt akustisch wahrnehmbar ist, fallen nicht unter den Begriff der Abbildung. Bei ihnen wäre die Möglichkeit einer Bezugnahme genauso sinnvoll und zweckmäßig wie bei Abbildungen. Die analoge Anwendung des Absatzes 1 Satz 3 auf Tonträger läge deshalb nahe. Gegen sie spricht jedoch derzeit, dass der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung für Abbildungen bewusst eng gefasst und die Zulässigkeit der Bezugnahme auf Schriftstücke ausdrücklich abgelehnt hat.98 90 91
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OLG Jena NZV 2008 165; Meyer-Goßner 8. OLG Celle NdsRpfl. 1987 258; OLG Hamm VRS 108 (2005) 27; AK/Wassermann 8; Meyer-Goßner 8; SK/Velten 20; vgl. auch Fn. 92. KG VRS 113 (2007) 300; OLG Bamberg NZV 2008 469 f.; DAR 2011 401 f.; OLG Brandenburg NStZ-RR 1998 240; OLG Hamm NStZ-RR 1998 238; VRS 92 (1997) 418; 93 (1997) 349; 106 (2004) 463; 107 (2004) 203; 112 (2007) 274; 113 (2007) 432; OLG Köln NJW 2004 3274; OLG Schleswig SchlHA 2003 192; 2005 261; Meyer-Goßner 8; vgl. auch Fn. 91; a.A. jetzt BGH NStZ 2012 228 f. mit Anm. Deutscher und Sandherr NZV 2012 143 (auch präzise Bezugnahmen sind unzulässig). Vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2009 322
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(Verweis auf „die Lichtbilder“ zulässig, wenn Verwechslungen ausgeschlossen und Feststellungen eindeutig sind). Der Entwurf des Bundesrats (BTDrucks. 8 354 S. 6) hatte eine „Bezugnahme mit Angabe der Aktenstelle“ vorgesehen. OLG Brandenburg DAR 2005 635 hält daher eine Bezugnahme auf die ganze Aufzeichnung für unzulässig; a.A. OLG Dresden NZV 2009 520 f.; OLG Zweibrücken VRS 102 (2002) 102, 103; offen lassend OLG Hamm VRR 2010 232 f. Vgl. BGH NStZ 1991 596; KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 8. BTDrucks. 8 976 S. 55. Paeffgen FS II Peters 83; für die Ausdehnung de lege ferenda AK/Wassermann 6.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
Schriftstücke dürfen nicht durch Verweisung zum Bestandteil der Urteilsgründe ge- 28 macht werden, auch wenn sie umfangreich99 sind. Der Gesetzgeber hat dies in Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf entgegen dem Vorschlag des Bundesrates abgelehnt, weil er eine solche Regelung wegen praktischer Schwierigkeiten und der nur geringen Arbeitsentlastung nicht für sachgerecht hielt.100 Der Regierungsentwurf hatte darauf hingewiesen, dass die wörtliche Aufnahme von Schriftstücken in die Urteilsgründe wegen der Möglichkeit, Abdrucke in die Urteilsgründe einzufügen, weder Richter noch Kanzleien wesentlich belaste; wo dies nicht notwendig sei, würde der Zwang, neben der Verweisung noch den wesentlichen Inhalt der Urkunde in eigenen Worten zusammenzufassen, eher zu einer Mehrarbeit führen und außerdem die Gefahr von Unklarheiten und Widersprüchen in den Urteilsfeststellungen in sich bergen.101 Bei dem erklärten gegenteiligen Willen des Gesetzgebers ist für eine analoge Anwendung des Absatzes 1 Satz 3 auf Schriftstücke kein Raum. b) Urteilsgründe bei entscheidungserheblichen Schriften. Ergeben sich die Merkmale 29 einer Straftat aus einem Schriftstück, etwa einem Brief oder einem Zeitungsaufsatz oder einer anderen Druckschrift, so muss der für die Entscheidung bedeutsame wesentliche Inhalt des Schriftstücks in die Urteilsgründe aufgenommen werden. Diese müssen in sich verständlich sein, eine Verweisung auf das in den Akten enthaltene Schriftstück reicht nicht aus.102 Es bedarf nicht immer einer vollständigen und wörtlichen Wiedergabe oder, wenn eine Mehrzahl von Schriftstücken strafbaren Inhalts in Betracht kommt, einer Erörterung aller einzelnen Schriftstücke. Es genügt, wenn das Gericht in den Urteilsgründen den Inhalt des Schriftstücks so beschreibt, dass die Nachprüfung rechtsirrtumsfreier Anwendung des Strafgesetzes ermöglicht wird, und wenn es bezüglich der mitherangezogenen Schriftstücke feststellt, dass diese einen gleichen oder durchaus ähnlichen Inhalt haben.103 Soweit es allerdings auf den Wortlaut ankommt, muss dieser in seinen für die Strafrechtsanwendung wesentlichen Sätzen wiedergegeben werden.104 Entsprechendes gilt für den Kontext etwa einer beleidigenden Äußerung.105 Auch die Berechnungsgrundlagen für die Höhe einer hinterzogenen Abgabe und für den Wertersatz müssen in den Urteilsgründen enthalten sein; auch insoweit dürfen sich diese nicht auf Einzelheiten in den Akten beziehen.106 Zulässig ist dagegen, derartige Berechnungen und Aufstellungen in einer dem Urteil als Bestandteil beigefügten Anlage aufzunehmen.107 Wird entgegen dem zuvor besprochenen Erfordernis im Urteil auf ein den strafbaren Tatbestand erfüllendes Schriftstück ohne ausreichende Wiedergabe seines Inhalts verwiesen, so fehlt die von § 267 geforderte Urteilsbegründung;108 der Bestand des Urteils ist nur dann nicht gefährdet, wenn seine sonstigen Feststellungen ausreichen, um die Verurteilung zweifelsfrei zu tragen.
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OLG Hamm NStZ-RR 2002 147. RAussch. BTDrucks. 8 1844 S. 32. BTDrucks. 8 967 S. 55. RGSt 53 258; 62 216; 66 8; RG JW 1929 1051; 1931 1571; HRR 1939 Nr. 548; 1009; BGHSt 11 29, 31; 17 389; 23 78; BayObLG NJW 1972 1961; OLG Braunschweig NJW 1956 72; OLG Hamm NStZ-RR 2002 147 f.; KK/Engelhardt 3; KMR/Paulus 11; Eb. Schmidt 4; Hanack JZ 1972 488. RG JW 1929 2739.
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BayObLG NJW 1972 1961 mit abl. Anm. Heiligmann. Vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2006 206. RG HRR 1938 Nr. 637. BGH NStZ 1987 374; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 12. RGSt 66 4; RG DRiZ 1927 Nr. 841; BGH LM § 352 Nr. 4; KK/Engelhardt 3; vgl. § 337, 136.
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c) Urteilsgründe bei Tonträgern. Erfüllt der Inhalt einer Schallplatte oder CD-ROM (Text und Musik) den Tatbestand einer strafbaren Handlung, dann müssen die Urteilsgründe den wesentlichen Inhalt der Platte wiedergeben; unter Umständen muss auch die musikalische Untermalung in ihrer Eigenart geschildert werden, soweit dies für die strafrechtliche Würdigung von Bedeutung sein kann.109 Für andere Tonträger gilt gleiches. 4. Bezugnahme auf Urteile
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a) Auf Urteile, die in einer anderen Sache ergangen sind, darf nicht verwiesen werden, um die vom Gericht selbst zu treffenden tatsächlichen Feststellungen zu ersetzen oder um selbständige Formulierungen zu ersparen. Dabei ist es gleich, ob diese Urteile gegen den Angeklagten oder eine andere Person ergangen sind.110 Auch bei der Bildung einer Gesamtstrafe nach § 55 StGB darf der Tatrichter nicht auf die Strafzumessungsgründe in dem einbezogenen Urteil Bezug nehmen, sondern muss die Strafzumessungserwägungen in dem neuen Urteil wiedergeben, um dem Revisionsgericht eine vollständige Überprüfung der Bildung der Gesamtstrafe, insbesondere der in Bezug genommenen Strafzumessungserwägungen, zu ermöglichen.111
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b) Bei Urteilen, die in der gleichen Sache ergangen sind, ist zu unterscheiden: Sind tatsächliche Feststellungen in früheren Urteilen für das weitere Verfahren bindend geworden, etwa weil ein Rechtsmittel wirksam beschränkt oder die Sache nur zum Teil zur neuen Entscheidung zurückverwiesen wurde, darf hierauf verwiesen werden,112 jedoch ist eine Wiederholung oder Bezugnahme nicht erforderlich113. Insoweit ist das Gericht zu eigenen Feststellungen nicht befugt, die bindend gewordenen Teile der früheren Entscheidungen sind Bestandteil der aus mehreren sich ergänzenden Urteilen zusammengesetzten (einheitlichen) Gesamtentscheidung.114 Unzulässig ist dagegen die Bezugnahme auf frühere Urteile oder Urteilsteile, die samt den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben wurden, so die Bezugnahme auf ein aufgehobenes eigenes Urteil115 oder auf ein Revisionsurteil, das ein früheres Urteil samt Feststellungen aufgehoben und die Sache an die Vor-
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OLG Köln GA 1968 344; vgl. auch BGHSt 23 78. RGSt 4 367; 30 143; RG GA 51 (1904) 394; 69 92; JW 1923 395; 1932 404; 1934 44; BGH NJW 1951 413; NStZ-RR 2007 22; BayObLGSt 1959 71; OLG Köln MDR 1954 413; Fuhrmann JR 1962 81; AK/Wassermann 7; KK/Engelhardt 4; KMR/Paulus 10; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 14; vgl. auch BGH NStZ 1992 49 (nur Verweisung wegen Einzelheiten). BGH NStZ-RR 2009 277. BGHSt 24 274; 30 225; 33 59; BGH NJW 1982 589; 1985 638; Fuhrmann JR 1962 81; KK/Engelhardt 4; KMR/Paulus 10; MeyerGoßner § 354, 46. BGH NStZ-RR 2001 202; NStZ 2002 260. BGHSt 30 225; BGH NJW 1985 638; vgl. aber BayObLG bei Rüth DAR 1983 253
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(zum Umfang der Bezugnahme bei Rechtsmittelbeschränkung auf Rechtsfolgenausspruch). RG JW 1934 44; 1938 1814 mit Anm. Klee; HRR 1942 Nr. 746; BGHSt 24 274; BGH NJW 1977 1247; JR 1956 307; StV 1982 105; 1991 503; StraFo 2004 211; 2011 97; BGH bei Holtz MDR 1978 460; bei Martin DAR 1975 121; bei Pfeiffer NStZ 1982 196; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 18; bei Miebach/Kusch NStZ 1991 122; bei Spiegel DAR 1985 193; BayObLGSt 1959 71; OLG Bremen NJW 1964 738; a.A. RG JW 1938 513; OLG Saarbrücken NJW 1960 590. BGHSt 30 225 lässt offen, ob dies auch uneingeschränkt gilt, wenn das erkennende Gericht dieselben Feststellungen erneut in eigener Verantwortung getroffen hat; vgl. Fn. 122.
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§ 267
instanz zurückverwiesen hatte.116 Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten müssen grundsätzlich nach jeder den Rechtsfolgenausspruch betreffenden Aufhebung im neuen Urteil neu festgestellt werden; soweit sie für die zu treffende Entscheidung relevant sind, scheidet die Verweisung auf die Ausführungen in einem früheren Urteil aus.117 Auch bei Begründung der Strafe und der sonstigen Rechtsfolgen, die dem neu erkennenden Gericht eigene Erwägungen und Abwägungen abverlangt, dürfen die Ausführungen aus einem früheren Urteil nicht einfach durch Bezugnahme übernommen werden.118 Dies gilt auch, wenn das neu erkennende Gericht die gleichen Feststellungen wie im früheren Urteil treffen will.119 Mit dem Ausschluss der Verweisung soll in diesen Fällen nicht nur die Urteilsklarheit, sondern auch die Pflicht zu eigenständiger Würdigung und Feststellung gesichert werden.120 Deshalb kann auch in der wörtlichen Wiederholung der Feststellungen eines aufgehobenen Urteils eine unzulässige Bezugnahme liegen.121 Stimmen einige Absätze des neuen Urteils wörtlich mit dem aufgehobenen Urteil überein, so bedeutet das noch nicht, dass das Gericht seine Überzeugung nicht aus der neuen Hauptverhandlung gewonnen habe.122 Hat die neue Verhandlung die Richtigkeit der Feststellungen des aufgehobenen Urteils ergeben, soll aber eine wörtliche Übernahme zulässig sein.123 c) Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung lediglich für Berufungsurteile, in denen 33 auf das gegen den Beschwerdeführer ergangene Urteil der ersten Instanz Bezug genommen wird. Voraussetzung für eine solche Bezugnahme ist aber, dass genau und zweifelsfrei angegeben ist, in welchem Umfang das Berufungsgericht die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen übernimmt.124 Die Gesamtdarstellung darf dadurch in keinem Stück unsicher oder unklar oder der Umfang der Verweisung zweifelhaft werden.125 Es muss erkennbar sein, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht zu eigenen Feststellungen und zur eigenen Beweiswürdigung voll nachgekommen ist.126 Unzulässig sind daher in
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RG JW 1938 1814 mit Anm. Klee; BGHSt 24 275; BGH JR 1956 307; NJW 1977 1247; LM § 253 Nr. 4. BGH NJW 1977 1247; NStZ 1985 309; 1992 49; NStZ-RR 2002 99; StV 1981 115; VRS 50 (1976) 342; bei Holtz MDR 1978 460; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 213; 358; 1984 18; NStZ 1985 207; 1987 220; bei Miebach NStZ 1989 15; bei Miebach/Kusch NStZ 1991 121; bei Kusch NStZ 1992 29; 1994 25; bei Becker NStZ-RR 2005 66; bei Spiegel DAR 1985 193; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 3. BGH StV 1982 105; 1989 5; NStZ-RR 2005 260; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1986 208 Nr. 15; bei Becker NStZ-RR 2003 5; vgl. auch Fn. 119. BGH NJW 1977 1247; StV 1991 503; NStZ 2000 441; NStZ-RR 2002 99; bei Holtz MDR 1978 460; bei KK/Engelhardt 4; OLG Schleswig SchlHA 2005 260. Fuhrmann JR 1962 81; KK/Engelhardt 4; KMR/Paulus 10.
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BGH StV 1982 105; OLG Stuttgart NJW 1982 897; vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 213 (Feststellungen, die nahezu wörtlich mit denen des aufgehobenen Urteils übereinstimmen). Es ist aber immer nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen, ob die Eigenständigkeit der Feststellungen gesichert ist, so BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 3. BGH bei Dallinger MDR 1957 653; KK/Engelhardt 4. BGH NStZ-RR 2009 91; 2009 148 f.; LR/Franke § 354, 81 m.w.N.; Meyer-Goßner § 354, 46. Vgl. BVerfG NJW 2004 209, 210; OLG Hamm NStZ-RR 1997 369; OLG Schleswig SchlHA 2005 260; OLG Stuttgart NStZ-RR 2003 83; KK/Engelhardt 5; Meyer-Goßner 2a (genaue Angabe der in Bezug genommenen Urteilsstellen nach Seite, Absatz und Zeile). BGHSt 33 59; OLG Hamm VRS 94 (1993) 117; StV 2009 403. BGH StV 1989 5; OLG Stuttgart StV 1991 340; NStZ-RR 2003 83.
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der Regel Pauschalverweisungen.127 Gleiches gilt für Bezugnahmen „soweit sich nicht aus dem Folgenden Abweichendes ergibt“ oder „im Wesentlichen“, denn das Berufungsgericht darf nicht dem Leser überlassen, die Abweichungen durch einen Vergleich beider Urteile zu ermitteln.128 Eine Bezugnahme auf Teile des Ersturteils wird verschiedentlich auch dann als unzulässig angesehen, wenn nicht gesichert erscheint, dass die Pflicht zu eigenen Feststellungen voll beachtet wurde, etwa, wenn auf die Gründe des Ersturteils verwiesen wurde, obwohl das Berufungsurteil auf einer anderen Beweisgrundlage ergangen ist,129 oder wenn trotz Änderung des Schuldspruchs (Beihilfe statt Mittäterschaft) auf die „zutreffenden“ Strafzumessungsgründe des Ersturteils Bezug genommen wurde.130 Bei einer auf den Strafausspruch beschränkten Berufung bedarf es keiner Bezugnahme auf den rechtskräftigen Schuldspruch.131
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5. Die Verwendung von Vordrucken für die Urteilsbegründung ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es muss aber für die individuelle Feststellung der Besonderheiten des Einzelfalls genügend Raum bleiben und dieser muss auch genutzt werden.132 Die Einzelfallbezogenheit der Urteilsfeststellungen muss erkennbar gewahrt sein. Daran fehlt es, wenn der Vordruck, um einer Vielzahl von Fällen gerecht zu werden, so verallgemeinernd gehalten ist, dass er die Besonderheiten des Tatgeschehens nicht mehr hinreichend kennzeichnet.133 Die von § 267 Abs. 1 Satz 1 geforderten eigenen Feststellungen des konkreten Sachverhalts dürfen nicht durch formelhafte Wendungen ersetzt werden. Ein Vordruck, der für die Feststellung aller Besonderheiten des Einzelfalls Raum lässt, wäre zwar nicht zu beanstanden, sein Rationalisierungseffekt ist aber gering. Die Übersendung des Vordrucks als Urteilsausfertigung an außenstehende Prozessbeteiligte sollte auf jeden Fall unterbleiben, da sie weder der Bedeutung des Strafurteils noch der Würde des Gerichts entspricht.134 Die Verwendung elektronisch gespeicherter Textbausteine ist ebenfalls zulässig, sofern die Einzelfallbezogenheit der Urteilsgründe gewahrt bleibt.
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OLG Stuttgart Justiz 1979 270, 271; OLG Schleswig SchlHA 2000 130; KMR/Paulus 13; SK/Velten 16 (generelles Verweisungsverbot); vgl. Fn. 128. RGSt 59 78; 59 427; 66 8; RG JW 1931 212; OLG Hamm NJW 1952 77; JMBlNW 1980 71; OLG Karlsruhe Justiz 1974 98; OLG Koblenz GA 1977 248; VRS 53 (1977) 186; OLG Köln VRS 7 (1954) 219; MDR 1954 566; OLG Neustadt VRS 23 (1962) 40; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1954 35; OLG Saarbrücken NJW 1960 590; OLG Stuttgart GA 1968 285; Justiz 1973 332; 1979 271; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1975 191; Fuhrmann JR 1962 81; Lichti DRiZ 1952 152; Seibert JR 1952 77; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1970 200 hält es für zulässig, wenn auf bestimmte Seiten des Ersturteils „soweit rot eingeklammert“ Bezug genommen wird. Für das Revisionsgericht mag damit zwar der Umfang der
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Bezugnahme genau erkennbar sein, für die anderen Prozessbeteiligten ist er aber ohne Akteneinsicht nicht feststellbar. OLG Hamm JMBlNW 1970 145; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1954 95; nach KMR/Paulus 13 kann die eigene Beweiswürdigung im Urteil nicht durch Bezugnahme ersetzt werden. OLG Köln MDR 1979 865; OLG München wistra 2006 160; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1985 133; MeyerGoßner 2a; vgl. Rn. 92; s.a. OLG München StraFo 2009 290. BGH NStZ-RR 2001 202; OLG Hamm VRS 102 (2002) 206; Meyer-Goßner 2a. BVerfG NJW 1982 29; BayObLG bei Rüth DAR 1977 207; KMR/Paulus 9. OLG Frankfurt VRS 35 (1968) 375; 37 (1969) 60; MDR 1969 72; OLG Hamm JMBlNW 1980 69. KK/Engelhardt 7.
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III. Feststellungen zum Tathergang 1. Merkmale der Straftat a) Die Urteilsgründe müssen in einer geschlossenen, aus sich selbst heraus verständ- 35 lichen Darstellung (Rn. 11) die für erwiesen erachteten konkreten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. In der Schilderung des vom Gericht für erwiesen erachteten Sachverhalts müssen alle Merkmale der Straftat, jedoch aufgelöst in bestimmte Tatsachen,135 wiederkehren. Eine Feststellung, die nur die Worte des Gesetzes wiederholt,136 oder mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen, formelhaften Redewendung137 umschreibt, reicht nicht aus. Umgekehrt sind Nacherzählungen des Ablaufs der Ermittlungen oder des Gangs der Hauptverhandlung ebenso verfehlt, denn die Urteilsgründe beschränken sich auf die wesentlichen, d.h. die Entscheidung tragenden Feststellungen.138 Die abstrakten Tatbestandsmerkmale müssen in einzelne, konkrete Tatsachen des für erwiesen erachteten Lebensvorgangs aufgelöst werden, wobei bei normativen Merkmalen zusätzlich zu den rein deskriptiven Tatsachen auch deren Wertung mitzuteilen ist.139 Die Darstellung muss so eingehend und klar sein, dass das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob das Strafgesetz mit Recht auf das nachgewiesene Ereignis angewendet worden ist.140 Die tatrichterliche Subsumtion muss zu erkennen sein, mithin, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können.141 Nach dem Zweck der Urteilsgründe (Rn. 5) darf die geschlossene Darstellung grundsätzlich nicht durch verstreute Feststellungen, vor allem in der Beweiswürdigung, ersetzt werden; denn dann besteht weder die erforderliche Sicherheit, dass alle die Entscheidung tragenden Umstände auch Eingang in die Urteilsgründe gefunden haben, noch ist das Revisionsgericht gehalten, sich die tatsächlichen Feststellungen zusammenzusuchen.142 Die zusammenhängende, zeitlich und gedanklich geordnete Darstellung des Sachver- 36 halts zur äußeren und inneren Tatseite, von dem das Gericht bei der rechtlichen Beurteilung ausgeht, hat keinen verfahrensrechtlichen Selbstzweck in dem Sinne, dass eine sie missachtende Urteilsbegründung bei entsprechender Revisionsrüge stets zur Aufhebung des Urteils führen müsste. Die verfahrensrechtliche Forderung steht vielmehr im Dienste der richtigen Anwendung des sachlichen Rechts. Die Forderung einer in sich geschlosse-
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Dazu LR/Franke § 337, 106; ferner etwa BGH NStZ 1992 49; 2000 607; StV 1984 64; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 2, 3; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 213; OGHSt 1 87; BayObLGSt 1949/51 546. BGH NStZ 1982 79 lässt ausnahmsweise die bloße Angabe der Tatbestandsmerkmale genügen, da die Gesamtheit der Urteilsgründe mit der erforderlichen Sicherheit ergab, dass die zugrunde liegenden Tatsachen einwandfrei festgestellt waren. BGH NStZ 2000 607; NStZ-RR 2011 245; Meyer-Goßner 5. BGH NStZ-RR 2010 108 („Pornofilm“); Meyer-Goßner 5. BGH NStZ 2007 720; NStZ-RR 2009 183; vgl. Rn. 9.
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Vgl. dazu LR/Franke § 337, 85 ff. m.w.N.; ferner OLG Düsseldorf JR 1985 157 mit Anm. Lampe und Rn. 24. RGSt 2 419; 3 201; 71 25; RGRspr. 1 (1879/80) 558; 2 (1880) 112; 3 (1881) 636; 4 (1882) 281; OGHSt 1 117; 148; BGH NStZ 2000 607; BayObLGSt 1949/51 546; 1952 40; OLG Hamm VRS 43 (1972) 448; KG DAR 1962 56; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 210; 47 (1974) 265; 51 (1976) 106; Fuhrmann JR 1962 81; Meyer-Goßner NStZ 1988 531; Seibert NJW 1960 1285. BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13; BGH StraFo 2005 214; NStZ-RR 2008 83; Meyer-Goßner/Appl 281 ff., 287. BGH StV 1991 346; BGH nach KK/Engelhardt 8; vgl. auch BGH VRS 5 (1953) 606; StV 1984 213; LR/Franke § 337, 94.
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nen Darstellung der für erwiesen erachteten Tatsachen bezweckt, den festgestellten Sachverhalt als Grundlage für die Anwendung des materiellen Rechts eindeutig und nachvollziehbar aufzuzeigen. Da alle Urteilsgründe eine Einheit bilden und deshalb alle als solche erkennbaren tatsächlichen Feststellungen unabhängig von ihrem Standort im Urteil zu berücksichtigen sind,143 wird zwar der Bestand des Urteils nicht schon durch das Fehlen einer geordneten zusammenhängenden Sachdarstellung gefährdet, wohl aber dann, wenn wegen dieses Mangels unklar bleibt, welche Tatsachen das Gericht aufgrund der Hauptverhandlung für erwiesen hält und welchen Sachverhalt es seiner rechtlichen Beurteilung eigentlich zugrunde gelegt hat.144 In sich widersprüchliche, unklare oder unvollständige Feststellungen können dem Revisionsgericht die Nachprüfung der richtigen Anwendung des sachlichen Rechts unmöglich machen.145 Fehlen zwingend vorgeschriebene Urteilsgründe, so können sie durch einen Berichtigungsbeschluss nicht rechtswirksam nachgeschoben werden.146
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b) Die für erwiesen erachteten äußeren Tatsachen müssen sich vollständig aus dem möglichst in gedrängter Kürze darzustellenden, für erwiesen erachteten Sachverhalt ergeben.147 Alle den angewandten Tatbestand tragenden Tatsachen sind konkret anzuführen (Rn. 35), abstrakte Begriffe oder vage allgemeine Umschreibungen ohne Angabe bestimmter, genau umrissener Lebensvorgänge reichen dafür nicht aus.148 Ort und Zeit der Tat sind möglichst genau festzustellen. Sie sind anzuführen, wenn dies zu einer ausreichenden Individualisierung der Tat notwendig ist,149 denn die konkret abgeurteilte Tat, ihre Reichweite und ihr Schuldumfang müssen eindeutig und zweifelsfrei feststehen. Gleiches gilt für die Namen der Beteiligten und Verletzten, soweit diese feststellbar sind.150 Bei Blankettgesetzen sind sowohl der Tatbestand der Blankettbestimmung als auch die jeweils blankettausfüllenden Normen durch ausreichende tatsächliche Feststellungen zu belegen. Allgemein bekannte und verständliche Rechtsbegriffe wie Kauf und Verkauf können 38 verwendet werden, ohne dass es ihrer Auflösung in die zugrundeliegenden tatsächlichen Vorgänge bedarf. Im Einzelfall kann dies jedoch zum Verständnis des Geschehens notwendig sein. Kompliziertere oder in ihrem tatsächlichen Gehalt nicht eindeutig festliegende Rechtsbegriffe müssen durch Feststellung der ihnen zugrunde liegenden Tatsachen im Urteil belegt werden.151 Eine formelhafte Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt nicht.152
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BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Feststellungen 1; BGH AfP 1978 103; BayObLGSt 1989 4 = VRS 76 (1989) 446; KK/Engelhardt 8; KMR/Paulus 18; Meyer-Goßner 3; Bedenken hiergegen bei HK/Julius 9. OGHSt 2 270; OLG Oldenburg NJW 1962 693 (geschlossene Darstellung nicht zwingend; „soll“). RG HRR 1937 Nr. 541; OGHSt 1 146; 2 269; BGHSt 7 77; w. Nachw. in Fn. 135, 140; LR/Franke § 337, 124, 127 f. RG HRR 1939 Nr. 1010; vgl. LR/Stuckenberg § 268, 44 ff. m.w.N. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 213 Nr. 30; 1986 208; bei Miebach NStZ 1989 15 Nr. 6; bei Becker NStZ-RR 2003 4; OLG Düsseldorf JZ 1991 10; StV 1994 545.
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BGH NStZ 1986 275; 1994 352; NStZ-RR 2008 83; 2010 108; Meyer-Goßner 5. BGHSt 22 90, 92, dazu Hanack JZ 1972 488; BGH StV 2010 61; KG JW 1927 925; OLG Hamm NJW 1962 66; OLG Koblenz VRS 51 (1976) 41; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1975 191; Schäfer JR 1988 476; vgl. Rn. 41 und § 264, 97 f. BGH NStZ 1992 602 mit Anm. Molketin; BGH bei Holtz MDR 1985 81; KK/Engelhardt 9; Meyer-Goßner 5; SK/Velten 29. Wie etwa bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte alle Umstände einschließlich des Dienstgrades des Beamten, aus denen sich die Rechtmäßigkeit seines Handelns ergibt (OLG Schleswig StV 1983 204) oder der Inhalt einer pornographischen
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
Bei Verkehrsstrafsachen muss der gesamte Verkehrsvorgang dargestellt werden mit 39 Angaben von Ort und Zeit153 und allen Tatsachen, die den Verkehrsverstoß und die daraus entstandenen Folgen kennzeichnen.154 Dies gilt auch bei Ordnungswidrigkeiten.155 Bei Betäubungsmitteldelikten muss der Tatrichter Feststellungen zur Qualität und zum Wirkstoffgehalt des gehandelten Rauschgifts treffen, ansonsten ließe er einen für die Bestimmung des Schuldumfangs wesentlichen Umstand außer Acht.156 War Rauschgift auch für den Eigenverbrauch bestimmt, darf dessen Mengenanteil nicht offen bleiben.157 Bei Verurteilungen wegen Betruges oder Untreue muss die Schadenshöhe angegeben 40 werden.158 Bei Abgabenverkürzung müssen die Tatsachen, aus denen sich der verkürzte Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach ergibt, in der Regel für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt im Urteil aufgezeigt werden, um die Berechnung der verkürzten Steuern nachprüfbar zu machen.159 Wird der Mindestumfang der hinterzogenen Steuer durch Schätzung ermittelt, müssen deren auf eigenen Feststellungen des Gerichts beruhende tatsächliche Grundlagen in den Urteilsgründen nachvollziehbar festgestellt werden, eine Bezugnahme auf die Feststellungen der Finanzbehörden genügt nicht,160 wohl aber das Geständnis einer sachkundigen Angeklagten161. Ein freisprechendes Urteil muss
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Schrift (BayObLG NJW 1972 1691; OLG Düsseldorf JR 1985 157 mit Anm. Lampe; OLG Stuttgart GA 1979 471; dazu Rn. 29) oder das Vorliegen einer Pfändung (BayObLGSt 1951 439), das Bestehen einer Unterhaltspflicht (OLG Köln NJW 1958 720) oder die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft (OLG Zweibrücken NStZ-RR 2001 56) oder bei Verstößen gegen das Wohnungsbindungsgesetz die überhöhte Mietforderung (OLG Köln MDR 1971 1030) oder eine Sicherungsübereignung (BGH nach KK/Engelhardt 9); vgl. ferner LR/Franke § 337, 115. OLG Braunschweig NJW 1954 363 (zum öffentlichen Interesse); OLG Köln MDR 1971 1030; s.a. Fn. 137. Vgl. Rn. 37; nur in Ausnahmefällen stellt eine fehlende oder falsche Angabe der Tatzeit die Identität der Tat nicht in Frage; vgl. § 264, 98 m.w.N. Etwa die Unübersichtlichkeit einer Straße (BayObLGSt 1951 546; DAR 1962 272; KG VRS 11 (1956) 71; 30 (1966) 383; OLG Hamm VRS 38 (1970) 50; 51 (1976) 449; OLG Koblenz VRS 53 (1977) 360); die Umstände, aus denen sich die Vorfahrt ergibt (OLG Koblenz VRS 64 (1983) 297; OLG Schleswig SchlHA 1960 148) oder die überhöhte Geschwindigkeit (BGH VRS 38 (1970) 432; OLG Hamm VRS 51 (1976) 448; OLG Koblenz VRS 50 (1976) 289; 53 (1977) 360; OLG Stuttgart DAR 1963 335; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1979 205; vgl. aber auch KG VRS
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33 (1967) 55; OLG Köln VRS 26 (1964) 223). Für weitere Beispiele vgl. etwa BayObLGSt 1952 40; NJW 1968 313; OLG Hamm VRS 48 (1975) 377; OLG Koblenz VRS 61 (1981) 437; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 271; LR/Franke § 337, 115. OLG Hamm VRS 59 (1980) 271; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1985 132 (Rotlichtverstoß); Doller DRiZ 1981 209. BGH StV 2006 184; 2008 451 f.; NStZ 2008 471; BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 18 und 19 m.w.N.; OLG Köln StV 1999 440. BGH NStZ-RR 2008 153. BGHSt 53 199, 203 f.; dazu Schlösser StV 2010 157. BGH NJW 1983 404; NStZ 1984 498; 1990 496; 2009 2546; NStZ-RR 2009 311; StV 1981 222; 1982 458 (L); 1992 260; 1996 375; wistra 1992 103; 2009 68; bei Holtz MDR 1980 455; 1990 1967; BGHR AO § 370 Berechnungsdarstellung 2 bis 8; BayObLGSt 1993 69 = StV 1993 528; OLG Düsseldorf MDR 1973 337; JMBlNW 1984 92; NJW 2005 1960; OLG Saarbrücken wistra 2000 38; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 192; näher Jäger StraFo 2006 477 ff. BGH NStZ 1990 496; StV 1992 260; 1998 473; BGH bei Kusch NStZ 1993 29; BayObLGSt 1993 69 = StV 1993 528. BGH NStZ 2001 200.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Erörterungen zum Inhalt der abgegebenen Steuererklärungen und zu den von den Finanzbehörden festgesetzten Steuern enthalten.162 Bei einer Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht sind die Einkommensverhältnisse des Angeklagten, seine anderweitigen Verpflichtungen sowie die ihm danach möglichen Leistungen zahlenmäßig darzulegen.163 Wird der Angeklagte wegen mehrerer selbständiger Straftaten verurteilt, so müssen 41 die Gründe für jede Tat die erwiesenen Tatsachen angeben, und zwar nach Zeit, Ort und Art der Begehung so deutlich, dass das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob das Strafgesetz auf jede einzelne Tat ohne Rechtsirrtum angewandt ist, und dass nach Eintritt der Rechtskraft beim Auftauchen einer neuen Beschuldigung gegen den Verurteilten festgestellt werden kann, ob er wegen dieser Tat schon abgeurteilt worden ist.164 Zusammenfassungen sind nur insoweit möglich, als dadurch die Identifizierung jeder einzelnen Tat in ihrem konkreten Verlauf nicht vereitelt wird.165 Die Sachdarstellung darf nicht durch eine Tabelle mit pauschalen Angaben über die einzelnen Taten (Tatzeit, Tatort, Tatbeteiligte, Diebesgut usw.) ersetzt werden, wenn daraus bei der einzelnen Tat weder die Modalitäten der jeweiligen Tatausführung noch die Art des Tatbeitrags der einzelnen Mittäter noch die sonstigen für die Strafzumessung erforderlichen Einzelheiten entnommen werden können.166 Bei Serientaten mit im Wesentlichen gleichen Tatverläufen gelten an sich die gleichen 42 Grundsätze. Jede Tat muss mit dem vollen äußeren und inneren Sachverhalt unter Angabe von Tatort, Tatzeit, Tatopfer und dem konkreten Geschehen eindeutig individualisierbar festgestellt werden, wobei es für die Individualisierung als unverwechselbares einmaliges Geschehen aber auch ausreichen kann, wenn einige der an sich erforderlichen Angaben nicht oder nur ungenau möglich sind.167 Eine sich allein mit Wahrscheinlichkeitsüberlegungen begnügende bloße Schätzung der Zahl der Taten würde dem Grundsatz widersprechen, dass der Richter von jeder einzelnen Tat überzeugt sein muss;168 allerdings wird bei Steuer- und Vermögensdelikten eine Schätzung des Schuldumfangs unter Beachtung des Zweifelssatzes für zulässig gehalten.169 Bei nicht mehr näher konkretisierbaren Geschehensverläufen ist es bei gleichartigen Taten aber zulässig, dem Urteil die Mindestzahl der Taten zugrunde zu legen, die nach sicherer Überzeugung des
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BGH NStZ-RR 2005 209. BayObLGSt 2000 50; OLG Bremen JR 1961 227; OLG Hamm NJW 1975 457; OLG Jena StV 2005 213; OLG Köln NJW 1958 720; OLG Schleswig StV 1985 110; OLG Oldenburg StraFo 2009 334; ferner Fn. 107. RG HRR 1939 Nr. 1011; vgl. BGHSt 1 222; BGH GA 1959 371; NStZ 1992 602 mit Anm. Molketin; 2008 352; KK/Engelhardt 9; Meyer-Goßner 5. Vgl. etwa BGH NStZ 1982 79; 1994 555; MDR 1992 596; StV 1997 173; OLG Köln StV 1996 369; zur Problematik bei nicht völlig gleichgelagerten Fällen vgl. BGH NStZ 1992 602 mit Anm. Molketin; Achenbach NStZ 1993 429; ferner bei Rn. 42. BGH JR 1988 475 mit Anm. G. Schäfer; NJW 1992 1709; NStZ 2008 352; NStZ-RR 2010 54; 2011 213 f.; StV 2010 60; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 1, 6;
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HK/Julius 10; Meyer-Goßner 5; SK/Velten 25; vgl. aber BGH wistra 1996 62; BayObLGSt 2004 152; Winkler SchlHA 2006 245, 247. Vgl. BGHSt 40 138; 42 107, 109; BGH NStZ 1994 352; 1994 393; 1994 502; 1994 555; 2007 354; StV 1995 287; 1995 342 (L); 1996 6; 1998 472; 1999 137; 2002 523; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Mindestfeststellungen 7, 8; Meyer-Goßner 6a; Pfeiffer 7; SK/Velten 30; Erb GA 1995 437; Kuckein StraFo 1997 37. Dies würde eine den Zweifelssatz verletzende Verdachtsverurteilung bedeuten; zur Problematik vgl. Zopfs Anm. zu BGH StV 2000 60; ferner LR/Sander § 261, 50, 113. BGHSt 40 374, 377; BGH NStZ 1999 581; 2004 568; Hofmann StraFo 2003 70, 72; a.A. Zschockelt StraFo 1996 131, 135.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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Gerichts innerhalb eines bestimmten Zeitraums begangen wurden, so etwa bei Sexualstraftaten gegenüber dem gleichen Opfer170 oder bei einer Serie von Diebstählen. Bei einer rechtlich einheitlichen Tat, die mehrere an sich selbständige Handlungen 43 unter einem rechtlichen Gesichtspunkt (Bewertungseinheit usw.) zusammenfasst wie bei der früheren fortgesetzten Tat, so wie sie bis zur Entscheidung des Großen Senats des BGH171 in der Rechtsprechung anerkannt war, ist das Tatgeschehen grundsätzlich so darzustellen, dass die Tatbestandsmäßigkeit jedes Einzelakts rechtlich nachprüfbar ist.172 Zusammenfassungen bei der Beschreibung gleichartiger Einzelfälle sind zulässig, jedoch ist jeder Einzelfall zusätzlich durch ihn allein betreffende Angaben so zu individualisieren, dass über seine rechtskräftige Aburteilung keine Zweifel auftreten können.173 Dem Urteil dürfen nur die mit Sicherheit erwiesenen Teilakte zugrunde gelegt werden.174 Werden mehrere an sich selbständige Handlungen rechtlich zu einer Tat verklammert, wie früher bei der fortgesetzten Handlung, so ist auch hier beim Schuld- und Strafausspruch nur deren erwiesene (Verdacht genügt nicht) Mindestzahl 175 anzugeben.176 Die rein mathematische Hochrechnung ist unzulässig.177 Das Fehlen von Angaben über die dem Urteil zugrunde liegende Mindestzahl der festgestellten Einzelhandlungen ist nur dann unschädlich, wenn der erfasste Schuldumfang anderweitig sicher feststeht oder jede Tat anderweitig (Zeit, Ort, Ausmaß, beteiligte Personen) sicher eingegrenzt ist.178 c) Die gesetzlichen Merkmale der inneren Tatseite sind ebenfalls durch tatsächliche 44 Feststellungen zu belegen. Ihr Fehlen ist nur dort unschädlich, wo sie eindeutig schon den Darlegungen zur äußeren Tatseite zu entnehmen sind.179 Unerheblich ist, ob die jeweilige Strafnorm die subjektiven Tatbestandsmerkmale ausdrücklich hervorhebt oder ob sie sich nur aus dem Zusammenhang ergeben.180 Die Rechtsbegriffe des inneren Tatbestandes müssen in ihre tatsächlichen Bestandteile aufgelöst und diese klar aufgezeigt werden.181 Dies gilt vor allem bei fahrlässiger Tatbegehung, bei der auch die Tatsachen 170
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Vgl. etwa BGH NStZ 1994 352; 1994 393; 1994 502; 1998 208; 2005 113; NStZ-RR 1999 79; StV 1994 361; 1998 472; 2002 523; BGH bei Holtz MDR 1985 91; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Mindestfeststellungen 2; Sachdarstellung 9. BGHSt 42 138. BGH GA 1965 92; JR 1954 268; NStZ 1982 128; 1984 565. BGH NStZ 1983 326; 1984 565; 1985 310 (L); 1995 287; StV 1981 542; bei Holtz MDR 1985 91; OLG Düsseldorf JMBlNW 1987 287; VRS 74 (1988) 50; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1975 19; KK/Engelhardt 9; KMR/Paulus 23; MeyerGoßner 6; SK/Velten 30; vgl. auch Fn. 172. BGH JR 1954 268. BGH GA 1959 326; JR 1954 268; NStZ 1983 326; bei Dallinger MDR 1971 545; bei Holtz MDR 1985 91; OLG Düsseldorf VRS 74 (1988) 204; OLG Hamm VRS 48 (1979) 239. BGH bei Holtz MDR 1985 326; vgl. LR/Sander § 261, 50, 113.
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BGH bei Holtz MDR 1978 803; MeyerGoßner 6; Pfeiffer 7. Der Umfang des Mindestschadens kann im Wege einer statistischen Berechnung ermittelt werden, vgl. BGHSt 36 320 mit Anm. Salditt StV 1990 149; ferner LR/Sander § 261, 50, 113 m.w.N. BGH 1983 326; vgl. auch BGH GA 1959 371. RG JW 1926 1183; OLG Celle NJW 1966 2325; OLG Düsseldorf VRS 87 (1994) 378; OLG Hamm VRS 98 (2000) 440; OLG Koblenz VRS 47 (1974) 24; OLG Saarbrücken VRS 40 (1971) 450; NJW 1974 1391; vgl. LR/Franke § 337, 116. BGHSt 5 143, 144; KK/Engelhardt 10; Meyer-Goßner 7; SK/Velten 26; wegen der gegenteiligen frühen Rechtsprechung des RG vgl. Fn. 185. KG DAR 1962 56; OLG Köln VRS 82 (1992) 30; OLG Oldenburg VRS 32 (1967) 272; KK/Engelhardt 10; Meyer-Goßner 7. Wieweit die äußeren Umstände hervorzuheben sind, aus denen sie erschlossen wer-
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anzugeben sind, aus denen die Pflichtwidrigkeit des Handelns und die Vermeidbarkeit des Erfolgs gefolgert wurde.182 Unterscheiden sich zwei Straftatbestände nur durch die subjektive Tatseite, so muss die Urteilsbegründung zweifelsfrei dartun, welche Form des Handlungsunrechts für erwiesen erachtet wurde183 und auf welchen erwiesenen äußeren Tatsachen dies beruht.184 Die Tatsachen, die den Vorsatz des Täters aufzeigen, sowie die daraus gewonnene 45 Überzeugung von der Vorsätzlichkeit der Tatbegehung sind in dem durch die Lage des Einzelfalls gebotenen Umfang festzustellen. Dies gilt auch, wenn der Vorsatz ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist und in der Hauptverhandlung kein Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 StGB) behauptet wird.185 Das vorsätzliche Handeln muss für alle relevanten Tatbestandsmerkmale aus der Sicht des Täters festgestellt werden. Es kann, sofern kein glaubwürdiges Geständnis vorliegt, nur aus den festgestellten Indizien erschlossen werden,186 wobei eine Auseinandersetzung mit den kognitiven und voluntativen Vorsatzelementen187 erforderlich sein kann. Bei der Darstellung ist zwischen dem Kennen und Wollen der einzelnen Tatbestandsmerkmale und dem Kennenkönnen und Kennenmüssen deutlich zu unterscheiden, denn beim Vorsatz kommt es darauf an, was der Täter tatsächlich erkannt und gewollt hat und nicht, was er hätte erkennen können und müssen.188 Die sorgfältige Darstellung der inneren Tatseite ist vor allem notwendig beim bedingten Vorsatz, der mit der bewussten Fahrlässigkeit nahe beisammen liegt.189 Die Wendung, der Täter habe den Erfolg in Kauf genommen, ist allein noch nicht ausreichend.190 Sofern das bedingt vorsätzliche Handeln nicht offen zu Tage liegt,191 ist näher aufzuzeigen, dass der Täter die als möglich erkannte Folge seines Handelns auch für den Fall ihres Eintritts im Voraus billigte, dass also bewusst fahrlässiges Handeln aus-
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den, hängt von der Lage des Falles ab. OLG Hamburg MDR 1971 414 verneint dies im Regelfall; ähnlich KMR/Paulus 29. Vgl. auch OLG Celle NdsRpfl. 1981 150 (Trunkenheit im Verkehr); LR/Franke § 337, 116. BGH NStZ 1983 134; OLG Brandenburg DAR 2000 79 f.; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 354; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1971 217. BayObLG DAR 1977 201; OLG Saarbrücken NJW 1974 1391; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1971 220; bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1981 95. Vgl. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 183. Heute unbestritten, BGHSt 5 143, 144; KK/Engelhardt 10; KMR/Paulus 31; MeyerGoßner 7; SK/Velten 26; Eb. Schmidt 8; a.A. früher RGSt 1 169; 8 46; 27 179; 51 204. Zu den Problemen des Nachweises fremdpsychischer Sachverhalte vgl. Freund Normative Probleme der Tatsachenfeststellung (1987); Stuckenberg Vorstudien zu Vorsatz und Irrtum im Völkerstrafrecht (2007) 384 ff.
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OLG Bamberg DAR 2010 708 (Abstandsunterschreitung im Straßenverkehr); OLG Koblenz NZV 2007 255. Vgl. BayObLG VRS 91 (1996) 280; OLG Hamm NStZ-RR 1997 90; MeyerGoßner NStZ 1988 536; HK/Julius 11 („hat erkannt“ und nicht „war für Angeklagten erkennbar“). Vgl. RGSt 72 43; 76 115; BGHSt 7 369; 19 101; 36 1, 9; BGH NStZ 1982 506; 1983 407; 1987 362 mit Anm. Puppe; NStZ 1988 175; StV 1982 509; 1984 187; 1991 510; 1997 7; VRS 50 (1976) 94; 59 (1980) 183; 64 (1983) 112; bei Dallinger MDR 1952 16; bei Holtz MDR 1977 105; 485; 1978 458; 1980 812; bei Hürxthal DRiZ 1981 103; Freund JR 1988 116; Schneider NJW 1957 372; vgl. Fn. 190 und LR/Franke § 337, 116. Vgl. BGH VRS 50 (1976) 94; bei Holtz MDR 1977 105; HK/Julius 11; KK/Engelhardt 10; KMR/Paulus 31; Spendel FS Lackner 167. Vgl. BGH NStZ 2007 150; 2011 210 f.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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scheidet.192 Erfordert der Straftatbestand eine bestimmte Absicht, ist darzutun, dass der Angeklagte den betreffenden Erfolg herbeiführen wollte oder dass dieser von seinem Streben mitumfasst war.193 Fehlerhaft sind Darlegungen, die – ohne dass insoweit eine wahldeutige Feststellung beabsichtigt ist194 – an die Feststellung, dass der Täter mit direktem Vorsatz gehandelt habe, die Hilfserwägung anschließen, dass er aber jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Hilfserwägungen dieser Art erwecken den Verdacht, dass das Gericht entgegen der vorangegangenen Versicherung vom unbedingten Vorsatz nicht überzeugt ist. Dadurch kann eine den Bestand des Urteils gefährdende Unsicherheit in die Feststellungen hineingetragen werden.195 Zur inneren Tatseite gehört auch, ob der Angeklagte das Unrechtsbewusstsein (§ 17 46 StGB) hatte196 oder ob er sich irrte. Ausführungen im Urteil sind dazu jedoch nur erforderlich, wenn der Angeklagte behauptet hat, im Irrtum gehandelt zu haben, oder wenn der Sachverhalt auch ohne eine diesbezügliche Behauptung des Angeklagten dazu Anlass bietet.197 Zur Frage der Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums ist erst Stellung zu nehmen, wenn er feststeht oder seine Möglichkeit nicht ausgeräumt werden kann. Die Schuldfähigkeit braucht im Urteil nur erörtert zu werden, wenn Anhaltspunkte 47 vorliegen, dass sie beeinträchtigt sein könnte. Werden allerdings Umstände ersichtlich, die dies nahelegen, dann muss sich das Urteil ausdrücklich damit auseinandersetzen.198 Je nach den Umständen muss es auch aufzeigen, dass das Gericht die Frage aus eigener Sachkunde beurteilen konnte. Wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, sind die maßgebenden Anknüpfungs- und Befundtatsachen sowie die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen wiederzugeben.199 Begeht ein Täter mehrere gleichartige Straftaten, brauchen die dazugehörenden Fest- 48 stellungen zur inneren Tatseite nicht notwendig in jedem Falle mit besonderen Worten getroffen zu werden. Im Urteil können vielmehr in solchen Fällen aus Gründen der besseren Darstellung oder aus anderen Gründen Feststellungen zur inneren Tatseite, die für mehrere Fälle in gleicher Weise zutreffen, gemeinsam nach der Erörterung der Besonderheiten des äußeren Tathergangs getroffen werden, wenn nur kein Zweifel darüber entstehen kann, auf welche Fälle sich solche Feststellungen zur inneren Tatseite im Einzelnen beziehen.200
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Eine Auseinandersetzung mit beiden Schuldformen im Urteil kann geboten sein, vgl. BGH NStZ 1982 506; 1983 407; GA 1979 106; Meyer-Goßner NStZ 1986 49; ferner BGHSt 31 1, 11 (Prüfung des voluntativen Vorsatzelementes unerlässlich). BGHSt 4 107; 16 1; 18 151; BGH NJW 1953 835; 1963 915; Oehler NJW 1966 1633; KK/Engelhardt 10; KMR/Paulus 33; SK/Velten 26; ferner die Erläuterungsbücher zum StGB. Zur Anwendung des Grundsatzes „im Zweifel für den Angeklagten“ vgl. LR/Sander § 261, 103 ff., 111 ff.; KMR/Stuckenberg § 261, 72 ff. RG JW 1931 3559; KK/Engelhardt 10. BGHSt 2 199; OLG Braunschweig NJW 1957 640; OLG Köln MDR 1980 161; OLG Oldenburg VRS 32 (1967) 276;
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OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 161. BGH nach Meyer-Goßner 7; OLG Braunschweig NJW 1957 639, 640; OLG Hamm wistra 1999 436; KK/Engelhardt 10; KMR/Paulus 32; SK/Velten 27; vgl. Rn. 62; LR/Franke § 337, 116. Vgl. BGH NJW 1964 2213; VRS 34 (1968) 274; 61 (1981) 261; StV 1984 419; 1984 463; OLG Düsseldorf NJW 1983 354 (L); OLG Köln VRS 65 (1983) 426; 68 (1985) 351; JMBlNW 1984 251; OLG Hamburg VRS 60 (1981) 190; 61 (1981) 341; KK/Engelhardt 10; SK/Velten 27; vgl. LR/Becker § 244, 76 ff. Vgl. Rn. 66 und LR/Sander § 261, 93; ferner LR/Becker § 244, 326 ff.; LR/Franke § 337, 113. Vgl. OGHSt 3 36; ferner Rn. 43.
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§ 267 49
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
d) Mehrdeutige Tatsachengrundlagen. Kann das Gericht zu keinen eindeutigen Tatsachenfeststellungen kommen, weil es keine von mehreren Möglichkeiten des tatsächlichen Geschehens mit Sicherheit ausschließen kann, so muss es an Stelle der für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die Merkmale der Straftat zu finden sind, den äußeren und inneren Sachverhalt der Verhaltensweisen schildern, die nach der Überzeugung des Gerichts als allein möglich in Betracht kommen.201 Die Zulässigkeit der Verurteilung auf einer mehrdeutigen Tatsachengrundlage und die bei der Urteilsbegründung zu beachtenden Einzelheiten sind bei § 261, 159 ff. erörtert. 2. Angabe der Beweistatsachen (Absatz 1 Satz 2)
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a) Pflicht zur Feststellung im Urteil. Der Entwurf der StPO wollte die Beweisgründe nicht in das Urteil aufnehmen, weil nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten bei dem einen Richter auf anderen Gründen beruhen kann als bei dem anderen.202 Die Reichstagskommission hielt es jedoch für notwendig, das unbeschränkte richterliche Ermessen einer Art von Selbstüberwachung zu unterwerfen; sie nahm deshalb die Bestimmung des Absatzes 1 Satz 2 auf.203 Nach dieser „sollen“ die Beweistatsachen, also die Tatsachen, aus denen der Beweis der Tat „gefolgert“ wird (Anzeichen), in den Urteilsgründen angeführt werden. Wird z.B. der Angeklagte des ihm zur Last gelegten Diebstahls für schuldig erachtet, weil man ihn um die Zeit der Tat in der Nähe des Tatortes bemerkt, weil er nach der Tat ungewöhnliche Ausgaben gemacht hat usw., so bedarf es der Anführung dieser Tatsachen. Nur voll bewiesene Tatsachen, nicht aber nur mögliche oder wahrscheinliche, von deren Vorliegen das Gericht nicht überzeugt ist, können als Beweistatsache festgestellt werden.204 Hilfserwägungen dazu, wie es wäre, wenn bestimmte festgestellte Tatsachen nicht festgestellt worden wären, sind zu vermeiden, weil dadurch die Klarheit der Urteilsbegründung leidet und Missdeutungen hervorgerufen werden können.205 Aus der Fassung der Bestimmung („sollen“) wurde früher gefolgert, dass sie nur eine 51 Ordnungsvorschrift ist, die mangelnde Angabe der Beweistatsachen also unter dem Blickwinkel des § 267 Abs. 1 Satz 2 keine Gesetzesverletzung im Sinn des § 337 enthält.206 Angesichts des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift wird man nicht bestreiten können, dass die bei der Gesetzgebung beteiligten Organe § 267 Abs. 1 seinerzeit in diesem Sinne verstanden wissen wollten. Trotzdem muss bezweifelt werden, ob § 267 Abs. 1 auch heute noch so verstanden werden darf. Tatsächlich geschieht es in der Praxis nicht. Abgesehen von den Fällen des Absatzes 4 besteht im Ergebnis weitgehend Übereinstimmung, dass die Gerichte verpflichtet sind, in den Urteilsgründen nicht nur
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BGHSt 12 386, 388; BGH JR 1981 305 mit Anm. Peters; KK/Engelhardt 11; LR/Sander § 261, 170 m.w.N. Hahn 211. Hahn 876 f., 1378 f. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Baldus FS Heusinger 373, 385; Meurer FS Kirchner 349 ff.; Wenzel NJW 1966 577. OGHSt 1 166. Zum Indizienbeweis vgl. LR/Sander § 261, 60 ff., 114 ff. und LR/Franke § 337, 125. BGH NStZ-RR 2005 264, 265; s.a. Rn. 45, 91.
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BGHSt 12 311, 315; vgl. auch BGHSt 14 165; so schon RGSt 47 100, 109; ferner z.B. OLG Celle NdsRpfl. 1965 161; OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 381; OLG Karlsruhe Justiz 1977 244; GA 1977 24; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 182; 1979 205; Börker DRiZ 1953 64; Wenzel NJW 1966 578; Blunk MDR 1970 47; zu BGHSt 12 311, 315 vgl. Baldus FS Heusinger 373, 384.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
den alle Tatbestandsmerkmale belegenden Sachverhalt anzugeben, von dessen Vorliegen sie überzeugt sind, sondern dass sie, soweit dies zum Verständnis und zur Nachprüfung der Entscheidung notwendig ist207 auch aufzeigen müssen, aufgrund welcher festgestellter Tatsachen und welcher Überlegungen sie diese Überzeugung gewonnen haben. Diese Begründungspflicht, die nur hinsichtlich Ableitung208 und Abgrenzung209 unterschiedlich beurteilt wird, reicht nach heutiger Auffassung über die von § 267 Abs. 1 Satz 2 geforderte Angaben der Beweistatsachen hinaus. Sie wird daraus hergeleitet, dass für die Nachprüfbarkeit der Anwendung des materiellen Rechts die Wiedergabe der Beweiswürdigung einschließlich der ihr zugrunde liegenden Tatsachen erforderlich ist, sowie auch daraus, dass die Angabe der Beweistatsachen notwendig ist, um die von § 261 geforderte erschöpfende Beweiswürdigung nachvollziehbar aufzuzeigen.210 Neben dieser umfassenden Begründungspflicht ist es praktisch ohne Bedeutung, mit welcher Stringenz auch § 267 Abs. 1 Satz 2 die Angabe der Beweistatsachen fordert. Da diese Angaben in der Regel für die Darstellung der Beweiswürdigung unentbehrlich sind, kann heute aber die Sollvorschrift nicht mehr als bloße Ordnungsvorschrift verstanden werden.211 Wenn man nicht annimmt, Richtergewohnheitsrecht habe die Sollvorschrift des Ab- 52 satzes 1 Satz 2 in eine Mussvorschrift verwandelt,212 lassen Wortlaut und Entstehungsgeschichte die Deutung des Satzes 2 als einer absoluten Mussvorschrift nicht zu. Das von Baldus213 aufgezeigte Verständnis der Sollvorschrift als eine Norm, die das richterliche Ermessen zwar nicht aufhebt, für seine Ausübung aber eine bestimmte Richtung aufzeigt, eröffnet den Weg für eine praktisch brauchbare Lösung, die die Anforderungen an die aus verschiedenen Prinzipien abgeleiteten Begründungspflichten weitgehend zur Konkordanz bringt und dem an sich denkbaren Rückschluss den Boden entzieht, dass die Beweiswürdigung nur insoweit nachprüfbar ist, als eine Pflicht besteht, sie und die ihr zugrunde liegenden Indizien in das Urteil aufzunehmen (vgl. Rn. 55 f.).
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Vgl. BGH NStZ 1985 184; OLG Bremen VRS 50 (1978) 129; OLG Celle NdsRpfl. 1965 161; OLG Hamburg MDR 1971 414; OLG Hamm VRS 39 (1970) 347; ferner etwa Baldus FS Heusinger 373, 386; Hanack JZ 1972 489. Eb. Schmidt 6 führt unter Berufung auf v. Hippel (364) aus, dass ein Indizienurteil, das nur die für erwiesen erachteten Tatsachen enthält, in denen das Gericht die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung gefunden hat, ohne die Beweisanzeichen anzugeben und zu erörtern, auf denen diese Feststellungen beruhen, in Wahrheit nur Behauptungen enthält, aber keine Begründung. Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen einer die Beweiswürdigung einschließenden Begründungspflicht vgl. Rn. 1. Vgl. Wagner ZStW 106 (1994) 259 ff. m.w.N.; ferner AK/Wassermann 10 (Verpflichtung); Meyer-Goßner 11 (soweit für Nachprüfbarkeit erforderlich); SK/Velten 34; KK/Engelhardt 12 (Streit wegen sach-
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lich rechtlicher Begründungspflicht nur noch von untergeordneter Bedeutung). Vgl. Maul FS Pfeiffer 412, 420 (Gebot einer rational nachvollziehbaren Urteilsfindung macht Wiedergabe der Beweiswürdigung unabweislich). So etwa Eb. Schmidt 6; Nachtr. I 3 (bei vernünftiger rechtsstaatlicher Auslegung keine Ordnungsvorschrift); ferner Baldus FS Heusinger 373, 385; Wenzel NJW 1966 578; SK/Velten 33 Fn. 169; anders die frühere Rspr. (vgl. Fn. 206 und zu deren Entwicklung LR/Franke § 337, 94 ff.). Nach KMR/Paulus 38 ist Absatz 1 Satz 2 eine entbehrliche Ordnungsvorschrift, weil er nur unvollständig eine Folge aus § 261 normiert; nicht seine Verletzung, sondern der Verstoß gegen § 261 begründe die Revision. Vgl. Jerouscheck GA 1992 508; Rieß GA 1978 264 (Gewohnheitsrecht); ferner LR/Franke § 337, 118 ff. FS Heusinger 386 ff.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Nach dieser Auffassung ist bei Absetzung des Urteils zu entscheiden, ob die besonderen Umstände des Falles bei Berücksichtigung der Bedeutung der Sache und des Zweckes der Urteilsbegründung (Rn. 1 ff.) erlauben, von der durch die Sollvorschrift aufgestellten Regel ausnahmsweise abzugehen, weil die Bedeutung der Sache so gering und die Rechtsund Sachlage so einfach ist, dass auf die Wiedergabe der Beweistatsachen verzichtet werden kann.214 Der Tatrichter hat zwar noch einen gewissen Ermessensspielraum, er ist jedoch schon durch die Sollvorgabe bei seiner Ermessensausübung weitgehend gebunden, zumal er auch in deren Rahmen zu berücksichtigen hat, wenn Begründungspflichten, die sich aus anderen Rechtsgrundsätzen ergeben, wie etwa die Beweiswürdigungspflicht, den nur die Angabe der Beweistatsachen fordernden Absatz 1 Satz 2 mit einschließen. In solchen Fällen einer fehlenden oder unzureichenden Beweiswürdigung wird zwar in der Regel die als Verletzung des materiellen Rechts behandelte Darstellungsrüge im Vordergrund des Revisionsangriffs stehen.215 Jedoch verstößt der dann zugleich vorliegende Fehlgebrauch des Ermessens auch gegen den verfassungskonform auszulegenden Absatz 1 Satz 2, was auch mit der entsprechenden Verfahrensrüge gerügt werden kann,216 wie auch sonst die Überschreitung der Ermessensgrenzen bei der Verfahrensgestaltung.
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b) Die Urteilsstelle, an der die festgestellten Beweistatsachen (Indizien) mitzuteilen sind, ist nicht festgelegt. Zweckmäßigkeitsgründe, vor allem die Erfordernisse einer verständlichen Darstellung, entscheiden darüber, ob die Beweisanzeichen bereits in der Sachverhaltsdarstellung oder erst im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung abzuhandeln sind. Es kommt also auf den Einzelfall an;217 wichtig ist aber immer, dass eindeutig aus dem Urteil ersichtlich ist, welche konkreten Beweisanzeichen das Gericht für erwiesen hält. 3. Wiedergabe der Beweiswürdigung
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a) Keine ausdrückliche Regelung. Eine Pflicht des Gerichts, die volle Beweiswürdigung im Urteil wiederzugeben, findet sich in § 267 nicht. Der Gesetzgeber hat sich mit der Sollvorschrift über die Angabe der Beweistatsachen beim Indizienbeweis begnügt (vgl. Rn. 51). Die bloße Aneinanderreihung von Beweistatsachen könnte aber keine verfahrensrechtliche Aufgabe erfüllen. Absatz 1 Satz 2 gewinnt nur einen Sinn, wenn die Urteilsgründe auch aufzeigen, welche Schlüsse das Gericht bei seiner Beweiswürdigung aus ihnen gezogen hat.218 Die Beweisbeziehung der festgestellten Indizien zu den Tatsachen, die die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale begründen, muss lückenlos aufgezeigt werden.219 Dies deckt sich mit der heute herrschenden Auffassung, dass über die Angabe
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BGH bei Dallinger MDR 1975 198; bei Holtz MDR 1980 631; OLG Celle NdsRpfl. 1965 161; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1975 191; 1976 171; KK/Engelhardt 18; KMR/Paulus 39. Nach Wenzel NJW 1966 580 rechtfertigen auch einfach gelagerte Sachen keine Ausnahme, allerdings aufgrund materiell-rechtlicher Ableitung der Begründungspflicht, nicht infolge § 267 Abs. 1 Satz 2. Hanack JZ 1972 489; LR/Franke § 337, 117 ff. Zur Revisibilität von Sollvorschriften vgl.
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LR/Franke § 337, 15 ff.; ferner § 337, 94 ff., 131, 117 ff. BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 14 (bei einer Vielzahl von Indizien werden diese besser in der Beweiswürdigung abgehandelt); Schäfer 1484; Eb. Schmidt Nachtr. I 13 hält die Mitteilung im Rahmen der Beweiswürdigung für angebracht. Baldus FS Heusinger 386. BGH NJW 1959 780; StV 1981 161; vgl. LR/Sander § 261, 60 ff.; ferner LR/Franke § 337, 125.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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der Indiztatsachen und deren Würdigung hinaus die Urteilsgründe allgemein die rationalen Grundlagen der Beweiswürdigung durch Mitteilung der sie tragenden Gründe aufzeigen müssen, um darzutun, dass das Gericht seiner Pflicht zur erschöpfenden Würdigung der Beweise nachgekommen ist220 und dass das materielle Recht richtig angewendet wurde. Um den Revisionsgerichten diese Nachprüfung, einschließlich der Beachtung der Denkgesetze und Erfahrungssätze zu ermöglichen, muss das Urteil alle unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten und sonstiger sich aufdrängender Umstände entscheidungserheblichen Teile der Beweiswürdigung lückenlos mitteilen.221 Dies gilt aber nur für die nachprüfbaren, rationalen Grundlagen der Überzeugungsbildung; eine Offenlegung aller Einzelheiten des komplexen psychologischen Vorgangs der Gewinnung der richterlichen Überzeugung222 oder aller nur irgendwie denkbaren Gesichtspunkte 223 wird nicht gefordert, im Gegenteil, eine übermäßig breite Schilderung rein hypothetischer Geschehensabläufe kann den Bestand des Urteils gefährden.224 b) Auseinandersetzung mit festgestellten Tatsachen. Nach der herrschenden Meinung 56 muss sich das Gericht mit den im Urteil wiedergegebenen Tatsachen und mit den nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten des Geschehensablaufs unter allen rechtlich oder sachlich für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkten auseinandersetzen.225 Die Begründungsanforderungen zur Gewährleistung einer umfassenden Nachprüfung, die die Schlüssigkeit und Plausibilität der Beweiswürdigung mit einschließt, überlagern die geringeren Anforderungen, die sich aus dem Wortlaut des § 267 Abs. 1 ergeben. Dies stimmt mit den heute in verschiedenen Varianten vertretenen Auffassungen überein, die bei wechselnden Ableitungen im Ergebnis übereinstimmend sowohl einen Mangel in der sachlichen Begründung als auch einen Verfahrensverstoß bejahen, wenn das Urteil zur Beweiswürdigung und den dazu festgestellten Tatsachen schweigt oder seine Ausführungen dazu unvollständig oder lückenhaft sind.226 Die Frage, ob das Schweigen des Urteils zu den Beweistatsachen und zur Beweiswürdigung ermessensfehlerhaft ist (Rn. 53), lässt sich anhand der übrigen Urteilsgründe beurteilen.227
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AK/Wassermann 11; HK/Julius 13; KK/Engelhardt 12, 13; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 33, 36; Maul FS Pfeiffer 412 ff.; Wagner ZStW 106 (1994) 259 ff.; ferner LR/Sander § 261, 58 ff. und bei LR/Franke § 337, 117 ff. Z.B. BGHSt 12 311; 14 165; BGH NJW 1961 2069; GA 1965 109; StV 1981 509; bei Dallinger MDR 1971 898; 1974 502; 1975 198; bei Holtz MDR 1980 631; NStZ-RR 2006 82 f.; NStZ 2007 538 = JR 2007 127 mit Anm. Deckers; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 15; OLG Bremen VRS 50 (1976) 129; OLG Celle NdsRpfl. 1976 181; OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 381; OLG Hamm NJW 1966 581; 1972 916; JMBlNW 1980 69; OLG Karlsruhe Justiz 1977 244; OLG Koblenz VRS 57 (1979) 32; 64 (1983) 281; OLG Köln VRS 51 (1976) 213. BGH NJW 1951 413; GA 1961 172;
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NStZ 2009 403 f.; NStZ-RR 2010 247 f.; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1979 205; 2009 273 f.; KK/Engelhardt 12; KMR/Paulus 37; Meyer-Goßner 13. BGH StraFo 2010 426. BGH NStZ-RR 2003 49. BGHSt 6 68; 12 314; 15 285; 20 315; 20 331; BGH NJW 1959 780; 1980 2423; GA 1974 61; StV 1981 169; 1984 188 mit Anm. Wagner; BayObLGSt 1954 39; OLG Celle NdsRpfl. 1985 47; OLG Koblenz VRS 56 (1979) 360; OLG Celle NdsRpfl. 1985 47; OLG Frankfurt VRS 64 (1983) 34. A.A. KMR/Paulus 38 (nur § 261 verletzt). Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1952 272: Gericht muss Umstände erörtern, die erfahrungsgemäß berücksichtigt werden müssen; ferner OLG Neustadt DAR 1961 204 und Rn. 58.
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Nur in den wenigen Ausnahmefällen aber, in denen wegen der geringen Bedeutung der Sache und wegen einer klaren und einsichtigen Beweislage besondere Ausführungen zur Beweiswürdigung sachlich entbehrlich sind, kann das Urteil nicht schon allein wegen des Fehlens der von § 267 Abs. 1 Satz 2 geforderten eigenen Feststellungen beanstandet werden.228 Der beim partiellen Fehlen von Urteilsausführungen in Betracht kommende Schluss, dass sich dahinter möglicherweise ein Rechts- oder Denkfehler verbergen könnte, ist dann nicht ohne weiteres zulässig.229 Für ihn ist nur Raum, soweit die Begründungspflicht reicht, immer aber, wo der Gesamtzusammenhang des Urteils oder einzelne Ausführungen das Schweigen bewertbar machen, wie etwa, wenn festgestellte Tatsachen, die eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen können, ungewürdigt geblieben sind. Die Beweiswürdigung ist trotz ihrer beschränkten Nachprüfbarkeit insoweit darzu58 stellen als dies notwendig ist, um aufzuzeigen, auf welche Tatsachen und rational nachvollziehbare Erwägungen sich die Überzeugung des Gerichts von dem für erwiesen erachteten Sachverhalt gründet, dass hierbei weder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde und dass alle nach der Beweislage naheliegenden Möglichkeiten erwogen worden sind. Die Wiedergabe der Beweiswürdigung ist unvollständig, wenn eine im Urteil festgestellte Tatsache unerörtert bleibt, die für das Hereinspielen eines im Urteil nicht erwähnten rechtlichen Gesichtspunkts spricht oder die an sich geeignet wäre, das Beweisergebnis in einem entgegengesetzten Sinn zu beeinflussen,230 ferner wenn die festgestellten Tatsachen in erheblicher Weise voneinander abweichen.231 Fehlerhaft ist auch, wenn von mehreren naheliegenden Möglichkeiten nur eine erörtert, die Begründung also lückenhaft wird.232 Die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung muss in sich logisch geschlossen, klar und 59 lückenfrei sein.233 Sie muss die Grundzüge der Überlegungen des Gerichts und die Vertretbarkeit des gefundenen Ergebnisses sowie die Vertretbarkeit des Unterlassens einer weiteren Würdigung aufzeigen. Es müssen alle aus dem Urteil ersichtlichen Tatsachen und Umstände, die Schlüsse zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zulassen, ausdrücklich erörtert werden.234 Das Urteil enthält einen sachlich-rechtlichen Mangel, wenn seine Beweiserwägungen diesen Anforderungen nicht entsprechen.235 Eine darüber hinausgehende Detailschilderung oder eine erschöpfende Würdigung aller, auch der fernerliegenden Umstände oder nur theoretischen Möglichkeiten kann nicht gefordert werden.236 Denn die Urteilsgründe dienen nicht der Dokumentation der Beweisaufnahme, es
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BGH NStZ 1985 323; bei Dallinger MDR 1975 198; KK/Engelhardt 18; SK/Velten 35. Blunk MDR 1970 471; vgl. auch KG JR 1962 389 mit krit. Anm. Dünnebier; a.A. Wenzel NJW 1966 577 ff., der eine Lösung des Problems im Rahmen der Sachrüge sucht. Zur umfangreichen Rspr. vgl. RGSt 77 79; 77 261; BGH NJW 1953 1440; 1959 780; 1962 549; 1967 1140; VRS 53 (1977) 110; MDR 1974 502; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 15; OLG Bremen NJW 1954 613; OLG Hamburg MDR 1971 414; OLG Hamm MDR 1950 120; NJW 1960 398; 1963 405; 1972 916; OLG Köln NJW 1954 1091; OLG Koblenz VRS 56 (1979) 360.
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OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 42; JMBlNW 1983 274; OLG Saarbrücken VRS 47 (1974) 49. BGHSt 25 365; BGH MDR 1951 276; vgl. LR/Franke § 337, 129. BGHSt 3 213; BGH StV 1984 188 mit Anm. Wagner; NStZ-RR 2003 49; 2006 82 f.; vgl. LR/Sander § 261, 12 ff. und LR/Franke § 337, 121. BGH MDR 1974 502; LR/Franke § 337, 124. Z.B. BGHSt 1 266; 12 311; 14 162; 15 1; 18 204; w. Nachw. bei LR/Sander § 261, 58 und LR/Franke § 337, 122 ff. BGH NJW 1951 325; Baldus FS Heusinger 373, 390; Koeniger 524 (nur Hauptgesichtspunkte); Eb. Schmidt Nachtr. I 3.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
besteht keine verfahrensrechtliche Pflicht, im Urteil alles zu erörtern, was Gegenstand der Hauptverhandlung war.237 4. Einzelfragen a) Wieweit auf einzelne Beweismittel im Rahmen der mitgeteilten Beweiswürdigung 60 einzugehen ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles und nicht zuletzt von der Einlassung des Angeklagten ab. Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich nach Beweislage und Bedeutung der Beweisfrage unter Berücksichtigung von Inhalt und Richtung der Verteidigung.238 Die Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Angeklagte, und das Revisionsgericht müssen in der Lage sein, die für die Schuldfeststellung entscheidenden Gründe rechtlich sowie daraufhin zu überprüfen, ob sie auf rational nachvollziehbaren Erwägungen beruhen und im Einklang mit den für die Überzeugungsbildung maßgebenden Grundsätzen, insbesondere den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen, stehen.239 Das kann mitunter erfordern, auch abweichende Fallgestaltungen oder mögliche Fehlerquellen zu erwähnen und darzulegen, weshalb sie auszuschließen sind.240 Schweigt das Urteil zu einem bestimmten Beweismittel, während es andere erwähnt, so kann daraus allein noch nicht geschlossen werden, das Gericht habe entgegen § 261 das unerwähnt gebliebene Beweismittel bei seiner Beweiswürdigung übersehen.241 Andererseits besagt die bloße Erwähnung eines Beweismittels noch nichts darüber, ob sich daraus etwas Wesentliches für die Urteilsfindung ergeben habe;242 die bloße Aufzählung aller Beweismittel ist überflüssig, da sie die eigene Beweiswürdigung nicht ersetzen kann.243 Ausführungen zur Verwertbarkeit von Beweismitteln sind regelmäßig nicht geboten;244 anders ist es, wenn ein Beweiserhebungs- oder Beweisverwertungsverbot nach den Umständen naheliegt.245 b) In der Regel ist es nicht notwendig, das tatsächliche Vorbringen der Prozessbeteilig- 61 ten, insbesondere die Angaben des Angeklagten und seines Verteidigers in allen Einzelheiten referierend wiederzugeben246 und sich mit jeder Schutzbehauptung auseinanderzuset237
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BGH NJW 2012 694, 695; NStZ-RR 2006 346; wistra 2004 150; bei Becker NStZ-RR 2001 264 Nr. 24; OLG Schleswig SchlHA 2009 273 f.; vgl. Rn. 2 f. BGHSt 12 311; BGH MDR 1974 562; NJW 1967 1140; NStZ 1985 184; StV 1983 360; 1985 184; OLG Köln VRS 47 (1974) 281; Maul FS Pfeiffer 412. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 357; BayObLG bei Rüth DAR 1985 246; OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 42; JMBlNW 1983 274; w. Nachw. bei LR/Sander § 261, 44 und LR/Franke § 337, 138 ff. BayObLG VRS 61 (1981) 41; 143; OLG Düsseldorf VRS 66 (1984) 359. BGH GA 1969 28; StV 1991 340; 2001 552 f.; anders im Fall des § 273 Abs. 3, OLG Hamm NStZ-RR 2006 18; Rn. 177. OLG Hamm VRS 41 (1971) 123. BGH NStZ-RR 1999 272; 2002 243; 2009 183; wistra 2004 150; bei Kusch NStZ 1997
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377; bei Kusch NStZ-RR 2000 293; Rn. 3 m.w.N. BGHSt 51 1, 5; BGH NStZ-RR 2007 244; NJW 2009 2612, 2613; 2012 694, 695; StraFo 2009 19 f.; StV 2008 63, 65; MeyerGoßner 12. So können etwa je nach Messmethode Ausführungen zur Anlassbezogenheit von Videoaufnahmen im Straßenverkehr geboten sein, OLG Brandenburg VRR 2011 113 mit Verweis auf BVerfG NJW 2009 3293. BGH NJW 2010 882, 883; NStZ 1985 184; 2000 48; 2000 211; 2007 720; NStZ-RR 1997 270; 1998 277; 1998 474; 2001 264; bei Kusch NStZ 1995 220; 1996 326; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 2 Einlassung 1; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 37; Basdorf SchlHA 1993 57; Meyer-Goßner NStZ 1988 532; Sander StV 2000 46; ferner bei Rn. 3.
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zen.247 Auch das Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) fordert dies nicht.248 In sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung wird es für zulässig angesehen, wenn das Gericht auf die Wiedergabe des Prozessvorbringens ganz verzichtet.249 Die Einlassung des Angeklagten250 ist grundsätzlich mitzuteilen.251 Das Urteil muss 62 vor allem aber aufzeigen, wie das Gericht die Einlassung des Angeklagten gewürdigt hat, gegebenenfalls auch, aufgrund welcher festgestellten Tatsachen es sie für zutreffend, für widerlegt oder als neben der Sache liegend erachtet.252 Bei einem als glaubhaft angesehenen Geständnis ist dessen wesentlicher Inhalt mitzuteilen, da sonst nicht beurteilt werden kann, ob dieses alle Feststellungen zur äußeren oder inneren Tatseite trägt.253 Erfolgt das Geständnis im Rahmen einer Verständigung, ändert dies an den Begründungsanforderungen nichts (Rn. 7). Auch für die Feststellungen zur inneren Tatseite, für die Beurteilung eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes oder bei erheblichen Widersprüchen mit den Bekundungen eines Zeugen254 ist die Mitteilung der Einlassung des Angeklagten in der Regel unentbehrlich. Andernfalls würden mitunter Zweifel bleiben, ob das Gericht sich mit der Einlassung des Angeklagten überhaupt auseinandergesetzt oder ihn zu neu aufgetretenen Tatsachen gehört hat.255 Wechselndes Aussageverhalten, etwa der Widerruf eines „taktischen“ Geständnisses, bedarf sorgfältiger Würdigung und entsprechender Darlegung in den Urteilsgründen.256 Schweigt oder bestreitet der Angeklagte, muss jede ernsthaft in Betracht kommende Fallgestaltung erwogen und abgehandelt werden.257 Lässt sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung anders ein als im Vorverfahren, muss das Gericht sich damit auseinandersetzen.258 247
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BGH GA 1961 172; NJW 1951 325; 1951 413; 1951 533; OLG Hamm NJW 1970 69; VRS 42 (1972) 43; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 161. Vgl. die Nachw. in Fn. 8; anders nur, wenn eindeutig erkennbar ist, dass das Gericht wesentliches tatsächliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung nicht erwogen hat, vgl. BVerfGE 27 248, 251; 42 364, 368; 47 182, 187 f. Wagner ZStW 106 (1994) 259, 282, fordert, dass das Urteil erkennen lassen muss, ob und gegebenenfalls wie der Angeklagte sich eingelassen hat; vgl. auch BayObLG bei Bär DAR 1994 386. BGH NStZ 1985 323; bei Dallinger MDR 1975 198; OLG Hamm StraFo 2003 133; KK/Engelhardt 14; KMR/Paulus 39 (bei Geständnis des Angeklagten); SK/Velten 37. Sie gehört nicht zur Feststellung des erwiesenen Sachverhalts, sondern ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu erörtern, BGH 29.4. 1960 – 4 StR 544/59 bei KK/Engelhardt 14. BGH NStZ-RR 1997 172; OLG Hamm StraFo 2003 133; StV 2008 401; OLG Jena VRS 114 (2008) 458; KG StV 2000 188; KK/Engelhardt 14; Meyer-Goßner 12; SK/Velten 37 (soweit dies zur Ermöglichung einer materiell-rechtlichen Nachprüfung geboten ist).
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BGH GA 1965 109; 1965 208; NJW 1953 1441; NStZ 1984 233; NStZ-RR 1997 172; 1; StV 1981 509; 1984 64 (L); 1984 188 mit Anm. Wagner; BayObLGSt 1972 103 = NJW 1972 1433; VRS 57 (1979) 32; bei Rüth DAR 1979 243; 1970 70; 1972 916; KG StV 2000 188; OLG Düsseldorf NStZ 1985 232; VRS 88 (1995) 444; OLG Köln VRS 87 (1994) 205; StraFo 2003 313; OLG Stuttgart NJW 1977 1410; Justiz 1990 372; OLG Zweibrücken VRS 51 (1976) 213, 214; v. Schledorn 158; Blunk MDR 1970 471; Sander StV 2000 45; Schäfer StV 1995 151; Wagner ZStW 106 (1994) 259, 282; Wenzel NJW 1966 577. BGH NStZ 2004 493; bei Kusch NStZ 1997 72; KG StV 2000 188. Vgl. etwa OLG Düsseldorf VRS 65 (1983) 43; JMBlNW 1983 274; Sander StV 2000 46; Schäfer StV 1995 153; ferner Rn. 64. Vgl. BGHSt 28 196; LR/Franke § 337, 123. BGH StV 2009 419 f. BGH bei Holtz MDR 1980 108; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 212; NStZ-RR 2002 243 f.; 2003 166; 2003 206; OLG Koblenz VRS 57 (1979) 33; vgl. LR/Franke § 337, 123; w. Nachw. bei LR/Sander § 261, 76. OLG Hamm StV 2007 630.
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c) Die Zeugenaussagen müssen in den Urteilsgründen grundsätzlich nicht in allen 63 Fällen inhaltlich wiedergegeben und erörtert werden.259 Dies ist nur dann und nur in dem Umfang notwendig, in dem das Verständnis des Urteilsspruchs und seine Nachprüfbarkeit dies erfordern. Maßgebend sind stets die Umstände des Einzelfalls.260 Nach diesen beurteilt sich, was das Gericht anführen muss, um aufzuzeigen, dass es seiner Pflicht zu einer rational nachvollziehbaren und umfassenden Beweiswürdigung genügt hat;261 so ist etwa der Teil der Aussage mitzuteilen, dem bei einem sonst unklaren Beweisergebnis entscheidende Bedeutung beigemessen wurde.262 Hat das Gericht einen die Vereidigung des Zeugen ausschließenden Tatverdacht verneint, muss es in den Urteilsgründen nur dann darauf eingehen, wenn die festgestellten Tatsachen einen solchen Verdacht als naheliegend erscheinen lassen.263 Umgekehrt kann eine Pflicht zur Erörterung der Zeugenaussage daraus erwachsen, dass sich das Urteil im Wesentlichen auf die Aussage eines Zeugen stützt, obwohl nach § 61 Nr. 3 a.F. von der Vereidigung mit der Begründung abgesehen wurde, dass die Aussage keine wesentliche Bedeutung habe.264 Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit Zeugenaussagen verlangt die Rechtspre- 64 chung jedoch insoweit, wie die Bedeutung der Aussage oder die Besonderheiten der Beweislage dies erfordern,265 so etwa dann, wenn der Angeklagte schweigt und das Urteil allein auf den Bekundungen von Belastungszeugen beruht266 oder wenn Abweichungen oder Widersprüche aufgetreten sind,267 so wenn Aussage gegen Aussage steht,268 wenn auf Aussagekonstanz abgestellt wird269 oder nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der anderen Urteilsfeststellungen Zweifel in der Zuverlässigkeit einer Zeugenaussage bestehen können,270 etwa weil eine wahre Aussage selbstbelastend wäre,271 oder wenn nur ein Teil der Bekundungen für glaubwürdig gehalten wird.272 Wird die Aussage in
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Vgl. BGH bei Holtz MDR 1979 637; OLG Koblenz VRS 46 (1974) 436; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 161; 1973 87; 1975 191; ferner LR/Sander § 261, 58, 81 ff. und Rn. 60. Stets ungenügend sind inhaltsleere Formeln etwa der Art, dass die Zeugen „die den Urteilsfeststellungen entsprechenden Angaben gemacht“ haben, OLG Brandenburg NStZ-RR 2010 89 f. BGH NStZ 1983 133; bei Holtz MDR 1978 988; 1979 637; 1985 630; bei Spiegel DAR 1985 197; OLG Düsseldorf VRS 88 (1995) 442; OLG Koblenz GA 1976 185; KK/Engelhardt 15; KMR/Paulus 42; MeyerGoßner 12; SK/Velten 38; Überblick bei Brause NStZ 2007 505, 506 ff.; vgl. LR/ Sander § 261, 58; LR/Franke § 337, 117 ff. BGH NStZ 1985 563 (L). BGH bei Spiegel DAR 1985 194; vgl. LR/Ignor/Bertheau § 60, 35. OLG Schleswig SchlHA 1991 43. Vgl. etwa BGHSt 12 315; BayObLG bei Rüth DAR 1984 245; OLG Köln VRS 47 (1974) 282; 59 374. OLG Koblenz GA 1976 25; VRS 50 (1976) 442; ferner BGH StV 2000 599 (Angaben
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eines Mitangeklagten); vgl. LR/Sander § 261, 75 ff. Vgl. RGSt 71 25; BGH NJW 1961 2069; StV 1987 516 (L); 1995 563; 2011 6 f.; bei Martin DAR 1971 123; OLG Köln VRS 30 (1966) 313. BGHSt 44 153; BGH NStZ 2000 496; 2003 165 f.; 2007 538 = JR 2007 127 mit Anm. Deckers; NStZ 2008 254; 2009 106; 2009 107; 2010 182 f.; NStZ-RR 2002 146; 2010 20; StV 1983 445; 1996 365; 1998 250; 1998 362; 2009 347; KG NStZ 2010 533; OLG Frankfurt NZV 2004 158; OLG Hamm StV 2008 130; Sander StV 2000 45; LR/Sander § 261, 72, 83c. BGH StV 2008 237. BGH NStZ 1990 402; StV 1984 190 (L); 1988 237 mit Anm. Weider; StV 1992 2; 1992 556; StraFo 2003 274; OLG Hamm VRS 58 (1960) 380 (Geschwindigkeitsschätzungen); OLG Köln VRS 59 (1980) 374 (Zweifel an Zuverlässigkeit des Zeugen); vgl. LR/Sander § 261, 83 ff.; LR/Franke § 337, 122. BGH StV 2008 565 f. BGHSt 44 153; BGH NStZ 2000 496; StV 1983 321; 1988 8; 1994 358; bei Holtz
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den Urteilsgründen wiedergegeben, müssen diese zweifelsfrei erkennen lassen, ob das Gericht damit nur ihren Inhalt mitteilen wollte oder ob es deren Inhalt als erwiesen der Entscheidung zugrunde gelegt hat. Auch hier kann die Darstellung der erhobenen Beweise die Wiedergabe der eigenverantwortlichen Beweiswürdigung nicht ersetzen.273 Unter besonderen Umständen kann es sogar notwendig sein, den Teil einer Zeugenaussage in den Urteilsgründen mitzuteilen und zu erörtern, den das Gericht bei der Urteilsfindung nicht verwertet hat.274 Mitzuteilen sind stets die näheren Umstände der Verweigerung des Zeugnisses oder 65 der Auskunft. Beruht die Überführung des Angeklagten auf Mitteilungen Dritter (Zeugnis vom Hörensagen) über frühere Angaben von Tatzeugen, die ihrerseits inzwischen die Auskunft wegen Gefahr der Selbstbelastung verweigern, dann muss das Urteil ausweisen, mit welcher Begründung die Auskunft verweigert wurde und, gegebenenfalls, aufgrund welcher Umstände und Erwägungen der Tatrichter dies für berechtigt gehalten hat.275
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d) Bei Sachverständigengutachten fordert die Rechtsprechung 276 neben den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen eine eigene Stellungnahme des Gerichts zu der Fachfrage, um aufzuzeigen, dass es gemäß dem Gebot zur freien Beweiswürdigung (§ 261) die Frage mit Hilfe der Sachverständigen selbst entschieden hat. Schließt sich das Gericht dem Gutachten im Vertrauen auf die Sachkunde des Gutachters an, so muss es dies deutlich zum Ausdruck bringen. Es muss dann die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen des Gutachtens (Anknüpfungstatsachen), die vom Sachverständigen daraus gezogenen Schlussfolgerungen (Befundtatsachen) und die das Gutachten tragenden fachlichen Begründungen insoweit mitteilen, als dies zum Verständnis des Gutachtens und seiner gedanklichen Schlüssigkeit nötig ist.277 Handelt es sich dabei um neue, noch nicht allgemein anerkannte
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MDR 1978 988; OLG Braunschweig StV 2009 120; OLG Celle OLGSt § 267 Abs. 3, 8; OLG Köln JMBlNW 1973 15; OLG Koblenz VRS 57 (1979) 33; LR/Sander § 261, 83a f. BGH NJW 1998 1788; 1999 802; NStZ 1985 184; StV 1982 157; 1983 445; 1988 8; 1990 533; 1992 261; 1996 367; Rn. 60; LR/Sander § 261, 71; LR/Franke § 337, 123. OLG Celle OLGSt § 267 Abs. 3, 8 (Auseinandersetzung mit Glaubwürdigkeit und Beweiswert der Angaben eines Alibi-Zeugen bei einem Indizienurteil); OLG Köln JMBlNW 1973 151 (Aussage des Verletzten). OLG Brandenburg NStZ 2002 611. BGHSt 8 118; 12 311; BGH GA 1977 275; StV 1982 210; NStZ 2009 284; bei Spiegel DAR 1980 208; 1982 206; BayObLG bei Rüth DAR 1981 281; 1984 253; KG VRS 120 (2011) 89; OLG Hamm VRS 40 (1971) 197; StV 2000 547; OLG Koblenz VRS 56 (1979) 360; 67 (1984) 442; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1977 182; bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 112; ferner zu Fragen der Blutalkoholgutachten:
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BGHSt 28 238; OLG Düsseldorf NJW 1978 1208; VRS 56 (1979) 292; OLG Hamburg MDR 1979 693; 1979 1261; OLG Hamm VRS 47 (1974) 296; OLG Karlsruhe Justiz 1977 20; OLG Köln VRS 57 (1979) 23; OLG Koblenz VRS 56 (1979) 361; OLG Schleswig NJW 1978 1209; bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1984 106. BGHSt 7 238; 8 118; 12 311; 34 29; 39 291, 296; 55 5; BGH NStZ 1981 488; 1986 311; 1991 596; 1998 83; 2000 106; StV 1983 210; 1984 241; 1987 528; 1991 339; StraFo 2008 120; VRS 27 (1964) 264; 31 (1966) 107; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 77; 1985 200; bei Kusch NStZ 1994 228; BayObLGSt 1968 70 = NJW 1968 2299; BayObLG bei Rüth DAR 1985 246; KG VRR 2010 363; OLG Bremen VRS 48 (1974) 272; OLG Celle MDR 1963 334; 1972 259; VRS 25 (1963) 55; OLG Düsseldorf NStZ 1983 283; VRS 64 (1983) 208; OLG Hamm NJW 1963 405; 1967 691; StraFo 2002 58; VRS 40 (1971) 197; 41 (1971) 276; 99 (2000) 204; 107 (2004) 371; OLG Jena VRS 110 (2006) 115; OLG Köln GA 1965 156; 1983 43; VRS 47 (1974) 281;
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Erkenntnisse, bedürfen sowohl die methodischen Grundlagen des Gutachters einschließlich der Gegenmeinungen als auch die Abwägung der für und gegen die Anwendung im konkreten Fall sprechenden Gesichtspunkte einer eingehenden Erörterung in einem sich darauf stützenden Urteil.278 Folgt es dem Gutachten nicht, müssen die Urteilsgründe die Überlegungen des Gutachtens und die nach Ansicht des Gerichts dagegen sprechenden Erwägungen aufzeigen.279 Gleiches gilt bei einander widersprechenden Gutachten280 oder wenn das Gericht eine nicht allgemeinkundige Fachfrage aus eigenem Wissen entscheidet.281 Die Notwendigkeit, die eigene Sachkunde und unter Umständen auch ihre Grundlage im Urteil darzulegen, entfällt nur dann, wenn die Beweislage so eindeutig und die hereinspielenden Fachfragen so bekannt sind, dass das Revisionsgericht die Richtigkeit des Ergebnisses auch ohne diese Ausführungen beurteilen kann.282 So kann bei standardisierten Untersuchungsverfahren die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens ausreichen, vor allem, wenn von keiner Seite Einwendungen gegen die Begutachtung und das Ergebnis erhoben worden sind.283 e) Ist das Ergebnis eines Augenscheins eine wesentliche Grundlage der Entscheidung, 67 müssen die Urteilsgründe in nachprüfbarer Weise darlegen, auf welche festgestellten Einzelheiten und welche daran anknüpfenden Erwägungen sich die Beweiswürdigung des Gerichts stützt.284 Bei Identifizierung eines Angeklagten anhand eines Bildes (Foto, Video-
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DAR 2005 699; OLG Koblenz DAR 1974 134; VRS 51 (1976) 116; 53 (1977) 360; 56 (1976) 360; OLG Schleswig bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1983 12; 1984 106. BGHSt 41 206; BGH NStZ 1994 250; 2000 106; KG VRR 2010 363 (Cannabiskonsum). BGH GA 1977 275; NStZ 1983 377; 1985 421; 1994 503; 2000 550, 551; 2005 628; 2007 114; 2009 571; StV 1990 248; 1993 234; 1994 359; StraFo 2008 334; 2009 71; bei Dallinger MDR 1972 570; bei Holtz MDR 1977 284; 1977 637; 1977 810; 1994 436; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; OLG Stuttgart Justiz 1971 312; Schäfer 1489; w. Nachw. bei LR/Becker § 244, 74; LR/Franke § 337, 113; vgl. ferner LR/Sander § 261, 91. BGH StV 1983 8 f. mit Anm. Jungfer; 1990 339; 2004 580; 2005 653 f.; NStZ 2006 296; BayObLG NZV 2003 204; OLG Hamm StV 2001 221 mit Anm. Neuhaus; KK/Engelhardt 16; Meyer-Goßner 13; SK/Velten 39. BGHSt 12 18; vgl. LR/Becker § 244, 74, 319 ff. Vgl. BGH bei Spiegel DAR 1983 207. BGHSt 39 291, 297 ff.; BGH NStZ 1991 596; 1993 95; 2000 106, 107; KG VRS 111 (2006) 449, 451; VRR 2010 363; MeyerGoßner 13. Als standardisierte Verfahren wurden angesehen: Blutgruppenbestimmung: BGHSt 12 311, 314; 39 291, 299;
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Blutalkoholbestimmung: BGHSt 28 235, 237 f.; 39 291, 298; chemisch-toxikologische Untersuchungen: BGHSt 39 291, 299; daktyloskopische Gutachten: BGH NStZ 1993 95; ordnungsgemäß benutzte Geschwindigkeitsmessgeräte: BGHSt 39 291, 300 ff.; KG VRS 116 (2009) 446; OLG Koblenz DAR 2006 101; VRR 2010 123; Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren: BGH DAR 1993 474; OLG Köln VRS 97 (1999) 442; abl. für anthropologische Vergleichsgutachten: BGH NStZ 2000 106 (Jeansfaltenvergleichsgutachten); 2005 458; OLG Bamberg DAR 2010 390; OLG Braunschweig StV 2000 546; OLG Jena DAR 2006 523; VRS 110 (2006) 115; 110 (2006) 424 f.; StV 2010 123; OLG Oldenburg VRS 115 (2008) 362, 363; s.a. OLG Hamm DAR 2008 395, 397; SVR 2009 269 (humanbiologische Gutachten); ebenso für Schriftsachverständigengutachten: OLG Frankfurt StV 1994 9; morphologische Gutachten: OLG Celle NZV 2002 472 f.; OLG Karlsruhe Justiz 2000 41; aussagepsychologische Gutachten: OLG Hamm StV 2008 240; Vergleich von Werkzeugspuren: BGH NStZ 2011 171; Abstandsmesssysteme durch Nachfahren: OLG Jena VRS 119 (2010) 366 m.w.N. Vgl. LR/Becker § 244, 351; LR/Sander § 261, 100 und bei § 86.
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aufnahme) muss das Urteil, auch wenn es wegen der Einzelheiten der Abbildung auf diese Bezug nimmt,285 in eigener Beweiswürdigung neben der Bildqualität grundsätzlich auch erörtern, in welchen charakteristischen Merkmalen die Abbildung und das Erscheinungsbild der zu identifizierenden Person übereinstimmen, sofern es die Identität von beiden bejahen will.286 Einer solchen Erörterung bedarf es auch, wenn es die Übereinstimmung verneint.
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f) Verfahrensrechtlich gebotene Erörterung. Soweit im vorausgegangenen Verfahren Tatsachen als erwiesen oder unerheblich behandelt oder ihre Unterstellung als wahr zugesichert worden ist, muss die Beweiswürdigung dem Rechnung tragen.287 Wenn nicht offensichtlich ist, dass dies geschehen ist, wird je nach den Umständen in den Urteilsgründen darauf einzugehen sein.288 Wegen der strittigen Einzelheiten vgl. bei § 244 und § 261.289 5. Besondere Umstände, die die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen (Absatz 2)
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a) Begriff. Um die Urteilsbegründung zu erleichtern und nicht mit unnötigen negativen Feststellungen zu belasten, fordert Absatz 2 eine Erörterung der dort genannten Umstände nur, wenn sie behauptet worden sind. Ebenso wie § 263 Abs. 2 betrifft Absatz 2 nur diejenigen Umstände, welche gesetzlich nach Art einer Tatbestandsschilderung konkretisiert sind.290 Sie müssen in einem Gesetz besonders vorgesehen sein. Hierzu gehören die Rechtfertigungs-, Schuld- oder Strafausschließungsgründe sowie die Strafmilderungsoder -erhöhungsgründe, wenn sie tatbestandsmäßig voll umschrieben sind.291 Beschränkt sich das Strafgesetz darauf, Regelbeispiele für besonders schwere Fälle (z.B. § 243 StGB) oder unbenannte Strafmilderungs- oder Strafschärfungsgründe aufzustellen, so fallen diese nicht unter Absatz 2, sondern unter Absatz 3.292 Beispielsweise fallen unter Absatz 2 die Voraussetzungen der erheblich verminderten 70 Schuldfähigkeit nach § 21 StGB,293 die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2294 und Abs. 3295 StGB, § 24 Abs. 1 StGB,296 die Bereicherungsabsicht nach § 41 StGB,297 ferner § 60
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Zu Grenzen der Bezugnahme vgl. Rn. 14 ff. Aus der umfangreichen Rechtsprechung vgl. BGHSt 29 18 = JR 1980 169 mit Anm. Peters; BGHSt 41 376; BGH NStZ-RR 2008 148; BayObLGSt 1996 34 = JR 1997 38 mit Anm. Göhler; BayObLG VRS 61 (1981) 41; bei Rüth DAR 1982 253; OLG Düsseldorf VRS 92 (1997) 417; OLG Hamm NStZ 1990 546 mit Anm. Janiszewski; VRS 90 (1996) 290; OLG Köln DAR 1982 24; OLG Oldenburg VRS 92 (1997) 337; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 170; OLG Zweibrücken JBlRhPf 2007 271; vgl. Fn. 89; LR/Sander § 261, 101 m.w.N. Vgl. LR/Sander § 261, 94. Vgl. BGH NStZ 2011 231. Zur Wahrunterstellung LR/Becker § 244, 288 ff.; ferner BGH StV 1984 142.
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292 293 294 295 296 297
AK/Wassermann 13; HK/Julius 15; KK/Engelhardt 19; KMR/Paulus 26; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 41; vgl. § 263, 9. AK/Wassermann 13; KK/Engelhardt 19; Meyer-Goßner 15; a.A. KMR/Paulus 25; SK/Velten 41 (Absatz 3). KK/Engelhardt 19; Meyer-Goßner 15; w. Nachw. in § 263, 9 f. OLG Hamm NJW 1972 1149; KK/Engelhardt 19; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 41. KK/Engelhardt 19; KMR/Paulus 26; Meyer-Goßner 15. KMR/Paulus 26. KK/Engelhardt 19; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 41. AK/Wassermann 13; KK/Engelhardt 19; KMR/Paulus 26; Meyer-Goßner 15.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
StGB298 oder die Straftatbestände, die auf § 49 StGB verweisen299. Unter Absatz 2 fallen ferner neben Tatbeständen des besonderen Teils auch zahlreiche Tatbestände des Nebenstrafrechts.300 Auf den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Verteidigers, Jugendrecht anzuwenden, ist Absatz 2 entsprechend anwendbar.301 Nicht nach Absatz 2 zu beurteilen sind die Begründungspflichten bei der Behauptung, 71 dass eine Prozessvoraussetzung fehle302 oder dass die Tat einer vom Eröffnungsbeschluss abweichenden rechtlichen Beurteilung zu unterziehen sei303. Noch weniger kann von einer Verletzung des Absatzes 2 die Rede sein, wenn andere Behauptungen tatsächlicher Art in den Urteilsgründen nicht widerlegt oder nicht angeführt sind.304 b) Erörterungspflicht bei Behauptung. Werden in der Hauptverhandlung Umstände 72 im Sinne des Absatzes 2 behauptet, so muss das Gericht in den Urteilsgründen darlegen, ob sie gegeben sind oder aufgrund welcher tatsächlichen oder rechtlichen Überlegungen sie entfallen. Die Erörterungspflicht nach Absatz 2 wird durch die bloße Behauptung solcher Umstände ausgelöst,305 die auch ohne ausdrückliche Benennung des jeweiligen Umstandes in einem entsprechenden Sachvortrag liegen kann; die bloße Beantragung einer „milden Strafe“ genügt dafür aber nicht.306 Unerheblich ist, ob die Behauptung vom Angeklagten oder seinem Verteidiger oder aber vom Staatsanwalt oder Nebenkläger aufgestellt worden ist, sowie, ob die vom Gericht festgestellten Tatsachen zu der Erörterung dieser Umstände drängten (vgl. aber Rn. 76). Nach Absatz 2 ist auch zu verfahren, wenn solche Umstände entgegen der zugelasse- 73 nen Anklage für nicht erwiesen erachtet werden;307 denn mit der zugelassenen Anklage wurden diese ausdrücklich zum Gegenstand der Verhandlung, sie sind also in ihr „behauptet“ worden. Das Gericht muss bei einer anderen Würdigung ausdrücklich aussprechen, welche Merkmale nicht festgestellt sind. Dessen bedarf es nicht, wenn es eine Abweichung zwar erwägt, im Ergebnis aber verneint.308 Die Erörterung muss den behaupteten Umstand sachlich und rechtlich erschöpfend 74 unter Darlegung der für und gegen ihn sprechenden Umstände309 abhandeln. Die floskelhafte Wendung, „ein besonders schwerer Fall liege nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor“, genügt in der Regel den Anforderungen des Absatzes 2 nicht.310
298 299 300
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Meyer-Goßner 15. AK/Wassermann 13; KK/Engelhardt 19; SK/Velten 41. Etwa § 31 Nr. 1 BtMG (BGHSt 31 139; OLG Köln JMBlNW 1984 188); vgl. HK/Julius 15; KMR/Paulus 26. BGH bei Herlan GA 1956 367; KK/Engelhardt 19. RGSt 53 59; KMR/Paulus 25; MeyerGoßner/Appl 403. RGSt 20 351; zur materiell-rechtlichen Begründungspflicht, wenn andererseits die festgestellten Umstände zur Erörterung drängten, vgl. Rn. 76. Vgl. dazu Rn. 61; LR/Sander § 261, 73. AK/Wassermann 13; HK/Julius 15;
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309 310
KK/Engelhardt 20; KMR/Paulus 27; SK/Velten 41. Vgl. BGHSt 31 139. BGH nach KK/Engelhardt 20; Eb. Schmidt 17. Vgl. RGSt 60 22 (Hinweis nach § 265 löst keine Erörterungspflicht hinsichtlich der nichtangewandten Tatbestände aus); ob dies auch gilt, wenn auf Umstände nach Absatz 2 hingewiesen wurde, erscheint fraglich. OLG Düsseldorf JR 1948 199; KMR/Paulus 27. BGH bei Dallinger MDR 1972 199; vgl. auch BGHSt 31 139; AK/Wassermann 13.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
75
c) Die Behauptung eines Umstandes nach Absatz 2 in der Hauptverhandlung ist keine wesentliche Förmlichkeit (§ 273), die nur durch das Sitzungsprotokoll nachgewiesen werden könnte (§ 274).311
76
d) Auch ohne Behauptung nach Absatz 2 müssen die Urteilsgründe zum Vorliegen der dort genannten Umstände Stellung nehmen, wenn der festgestellte Sachverhalt dies nahelegt und andernfalls die richtige Anwendung des sachlichen Rechts nicht nachgeprüft werden könnte.312
IV. Bezeichnung des angewandten Strafgesetzes (Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 1) 77
1. Die Urteilsgründe müssen die angewandten Strafgesetze ersehen lassen. Absatz 3 Satz 1 trägt der Bindung der Strafgewalt an das Gesetz (Art. 103 Abs. 2 GG) Rechnung,313 wenn er fordert, dass die Urteilsgründe zur Legitimation des angeordneten Eingriffs anführen, welche gesetzlich festgelegten Straftatbestände und welche konkrete Begehungsart das Gericht für gegeben hielt und welche Vorschriften für die Bestimmung der Rechtsfolgen, vor allem für die Bemessung der Strafe maßgebend waren.314 Auch die Vorschriften über den Versuch und die Art der Teilnahme und die Konkurrenzen gehören hierher;315 ferner die Vorschrift, der der Strafrahmen entnommen wurde, sofern er sich nicht bereits aus dem angeführten Gesetz ergibt.316 Bei Blankettgesetzen sind auch die blankettausfüllenden Normen aufzuführen, bei Tateinheit alle Vorschriften, gegen die der Täter verstoßen hat. Die hinter dem Urteilstenor anzuführende Liste der angewandten Vorschriften (§ 260 Abs. 5) ersetzt die Bezeichnung der angewandten Vorschriften in den Urteilsgründen nicht.317 Zweck der Vorschrift ist es, jeden Zweifel darüber auszuschließen, welche gesetzlichen 78 Bestimmungen vom Gericht angewendet wurden.318 Es muss eindeutig ersichtlich sein, dass das Gericht die Rechtslage des entschiedenen Falles in ihrer vollen Breite erkannt und in all ihren im konkreten Fall hereinspielenden Verästelungen bedacht und gewürdigt hat.319 Dies erleichtert sowohl das Verständnis des Urteils als auch seine Nachprüfung.
311
312
BGHSt 31 139 = NJW 1983 186 mit abl. Anm. Sieg NJW 1983 2014 = NStZ 1983 278 mit abl. Anm. Fezer; BayObLGSt 1960 300 = JR 1961 151; OLG Hamm NJW 1972 1149; HK/Julius 15; KK/Engelhardt 20; KMR/Paulus 26; SK/Velten 41. Soweit unter Berufung auf RGSt 17 346 die Ansicht vertreten wird, dass der Nachweis einer solchen Behauptung nur aus der Sitzungsniederschrift geführt werden könne, kann dem nicht gefolgt werden. RGSt 17 346 betrifft die Anwendung der §§ 199, 233 StGB, die ohnehin nicht unter Absatz 2, sondern unter Absatz 3 fällt (Eb. Schmidt 15). Das Reichsgericht hat dies in späteren Entscheidungen auch nicht gefordert, vgl. Fn. 640. OLG Braunschweig NJW 1957 639; OLG Düsseldorf NJW 1983 358; OLG Köln MDR 1980 245; VRS 68 (1985) 351; 69 (1985) 38; Meyer-Goßner NStZ 1988 533;
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HK/Julius 15; zur materiell-rechtlichen Begründungspflicht vgl. Rn. 46, 56 f. AK/Wassermann 14; HK/Julius 14; KMR/Paulus 45; vgl. Rn. 1, 5. RGRspr. 5 (1883) 175; RGSt 54 202; RG GA 45 (1897) 367; KG VRS 16 (1959) 44; DAR 1962 56; AK/Wassermann 14; KK/Engelhardt 21; KMR/Paulus 45; Eb. Schmidt 17. RGSt 19 213; 25 418; 32 351; OGHSt 1 53; AK/Wassermann 14; KK/Engelhardt 21; KMR/Paulus 45; SK/Velten 43. OLG Schleswig SchlHA 1982 96; Mösl NStZ 1981 136. AK/Wassermann 14; KMR/Paulus 45; Meyer-Goßner 17; SK/Velten 42. OGHSt 1 54; KG VRS 16 (1959) 44; OLG Hamm MDR 1999 1019 f.; KK/Engelhardt 21; vgl. BayObLGSt 1988 181 = NJW 1989 1685. Vgl. etwa SK/Velten 42.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
Die Form, in der das angewandte Strafgesetz zu bezeichnen ist, legt Absatz 3 Satz 1 79 nicht näher fest; erforderlich ist nur, dass das Urteil zweifelsfrei ersehen lässt, welche gesetzliche Vorschrift – bei mehreren Begehungsarten eines Straftatbestandes auch, welche von ihnen – das Gericht für gegeben erachtet hat.320 Ein bloßes Schreibversehen bei der Angabe der Paragraphenzahl ist unschädlich. Fehlt diese überhaupt, so genügt auch die zweifelsfreie Bezeichnung des Gesetzes durch Wiedergabe seines Wortlauts.321 Es kann ferner genügen, wenn sich das angewandte Gesetz eindeutig aus dem Zusammenhang der sonstigen Urteilsausführungen322 ergibt, etwa daraus, dass ein Berufungsurteil ausführt, weswegen der Angeklagte in der ersten Instanz verurteilt wurde und dann darlegt, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.323 2. Nicht angewendete gesetzliche Bestimmungen, deren Anwendung das Gericht 80 zwar erwogen, dann aber verworfen hat, brauchen nach dem Wortlaut des Absatzes 3 Satz 1 im Urteil nicht erwähnt zu werden, es sei denn, dass das Gericht sich damit wegen der besonderen Begründungspflichten (§ 267 Abs. 2, Abs. 3 Sätze 2 bis 4; Abs. 6)324 oder wegen der besonderen Lage des konkreten Falls325 auseinandersetzen muss. 3. Ob und in welchem Ausmaß die Urteilsgründe außer der Anführung des ange- 81 wandten Strafgesetzes weitere Rechtsausführungen enthalten müssen, hängt von den jeweiligen Umständen ab, vor allem davon, ob solche Betrachtungen zum Verständnis der Rechtsanwendung erforderlich sind. Es darf nicht zweifelhaft bleiben, ob das Gericht eine sich im konkreten Fall aufdrängende Rechtsfrage erkannt und wie es sie beurteilt hat.326 Rechtsausführungen sind zum Beispiel auch bei Ermittlung des milderen Gesetzes nach § 2 Abs. 3 StGB im Regelfall angezeigt. Mehr als nach der Sachlage zur Begründung des Urteilsspruches und zur Abhandlung sich aufdrängender Rechtsfragen nötig, sollte jedoch nicht erörtert und entschieden werden.327 Rechtstheoretische Abhandlungen sind in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle ebenso überflüssig wie das Belegen der vertretenen Meinung mit Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum. Hier das rechte Maß zu finden, ist – nicht zuletzt im Hinblick auf das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten – auch eine Frage des richterlichen Taktes.328
V. Begründung des Rechtsfolgenausspruchs (Absatz 3 Satz 1 2. Halbsatz) 1. Allgemeines. Seit dem VereinhG 1950 schreibt § 267 Abs. 3 Satz 1 zwingend vor, 82 die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände in den Urteilsgründen wiederzugeben.329 Welche Umstände bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfen und
320 321
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KMR/Paulus 45; vgl. Fn. 318; ferner BGHSt 1 53. Vgl. RGSt 51 33; KK/Engelhardt 21; KMR/Paulus 45; SK/Velten 42; ferner Meyer-Goßner NStZ 1988 533 (in der Regel überflüssig). BGH nach KK/Engelhardt 21; AK/Wassermann 14; KK/Engelhardt 21; Meyer-Goßner NStZ 1988 533. OGHSt 1 53; OLG Karlsruhe DAR 1959 217; KMR/Paulus 45. Vgl. Rn. 72, 102, 107, 114, 116.
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Vgl. Rn. 81. KK/Engelhardt 22; KMR/Paulus 46; MeyerGoßner 17; vgl. etwa BGH bei Holtz MDR 1980 104. Meyer-Goßner/Appl 410; KK/Engelhardt 27; KMR/Paulus 45; Meyer-Goßner 17; Blunk MDR 1970 473 hält weitere Rechtsausführungen immer für überflüssig. Meyer-Goßner/Appl 224 ff., 410. Zur Umwandlung der ehemaligen Sollvorschrift in zwingendes Recht vgl. Entstehungsgeschichte.
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müssen, hängt davon ab, wie man die Frage nach dem Sinn und Zweck der Strafe beantwortet und welche Anforderungen das sachliche Recht, vor allem §§ 46 ff. StGB, an die Begründung der jeweiligen Rechtsfolge stellt.330 Im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs muss das Gericht aber auch etwaige Beeinträchtigungen kompensieren, die der Angeklagte dadurch erlitten hat, dass im Zusammenhang mit dem Strafverfahren in seine durch die Verfassung oder durch die Menschenrechtskonventionen geschützten Rechte ungerechtfertigt eingegriffen wurde. Vor allem kommen hier die Verletzung des Beschleunigungsgebots durch einen den Staatsorganen anzulastenden verzögerlichen Betrieb des Strafverfahrens331 oder auch Verstöße gegen das Gebot eines fairen Verfahrens332 in Betracht. Diese erlittene Beeinträchtigung muss das Gericht nach Möglichkeit noch im anhängigen Strafverfahren ausgleichen. Nach früherer Rechtsprechung war insbesondere eine Verletzung des Beschleunigungsgebots durch Milderung der an sich verwirkten Strafe zu kompensieren.333 Nach dem Urteil des Großen Senats aus dem Jahr 2008334 ist stattdessen die „Vollstreckungslösung“ zu wählen, indem anstelle der Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verzögerung im Wege einer Strafmilderung ein Teil der festgesetzten Strafe im Urteilstenor für vollstreckt erklärt wird. Zuvor sind aber wie bisher Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und als Grundlage für die Strafzumessung im Urteil konkret festzustellen. In wertender Betrachtung ist zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil sowie die besonderen Belastungen, denen der Angeklagte wegen der überlangen Verfahrensdauer ausgesetzt war, bei der Straffestsetzung mildernd zu berücksichtigen sind. Diese Erörterungen sind in den Urteilsgründen nach § 267 Abs. 3 Satz 1 kenntlich zu machen, wobei es einer Bezifferung des Maßes der Strafmilderung nicht bedarf. Hieran anschließend ist zu prüfen, ob zur Kompensation die ausdrückliche Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung genügt; ist dies der Fall, so muss diese Feststellung in den Urteilsgründen klar hervortreten. Erst wenn diese Feststellung als Entschädigung nicht genügt, muss das Gericht festlegen, welcher bezifferte Teil der Strafe zur Kompensation der Verzögerung als vollstreckt gilt.335
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Die zur Begründung des Rechtsfolgenausspruchs notwendigen Feststellungen bemessen sich nach dem, was jeweils zur Darlegung der richtigen Anwendung des materiellen Rechts erforderlich ist; insoweit wird auf die Erläuterungsbücher zum StGB verwiesen. BGHSt 24 239; 45 368; BGH NJW 1990 56; NStZ 1982 292; 1983 167; 1986 217; 1992 229; 1996 328; 1999 181; NStZ-RR 1999 108; vgl. ferner LR/Esser Art. 6, 307 EMRK. Vgl. BGHSt 32 345; 41 64; 45 321; 47 44; BGH NJW 2000 1123; NStZ 2004 345; 2005 43 (gegen das Gebot eines fairen Verfahrens, Art. 6 Abs. 1 MRK, verstoßender Lockspitzeleinsatz). BVerfG NJW 1995 1277; 2003 2225; 2006 680, 681; BVerfGK 2 239, 247; BGHSt 24
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239; 49 342, 344 ff.; BGH NJW 2003 2759; NStZ 1997 543, 544; 2004 639, 641; NStZ-RR 1999 108; vgl. LR/Jäger Vor § 213, 23; Meyer-Goßner Art. 6, 9 ff. EMRK. BGHSt 52 124; dazu Bußmann NStZ 2008 236; Gaede JZ 2008 422; Ignor/Bertheau NJW 2008 2209; Keiser GA 2008 686; Kraatz JR 2008 189; Volkmer NStZ 2008 608; Ziegert StraFo 2008 321; Scheffler ZIS 2008, 269; ders. StV 2009 719; Celik StV 2010 657; I. Roxin GA 2010 425; dies. FS Volk 617, 624 ff. BGHSt 52 124, 146; 54 236, 240; BGH StV 2008 399; 2008 404 f.; StraFo 2008 297; 2008 336; NStZ-RR 2009 248; 2010 106; 2011 171; 2011 239; OLG Jena StV 2009 132; zum Jugendrecht BGH StV 2009 93.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
2. Auf die persönlichen Verhältnisse und den Werdegang des Angeklagten einzu- 83 gehen, fordert § 267 nicht ausdrücklich.336 Nach heutiger Auffassung lässt sich jedoch ohne Kenntnis der Persönlichkeit des Täters, seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und seiner sonstigen Lebensumstände weder das Maß seiner Schuld noch seine Strafempfindlichkeit noch seine Resozialisierungsbedürftigkeit sicher beurteilen.337 Soweit diese Umstände für die Strafzumessung mitbestimmend sind, müssen sie auch in den Urteilsgründen wiedergegeben werden,338 ihr Fehlen stellt einen Sachmangel dar (Rn. 183). Vor allem, wenn eine Prognoseentscheidung zu treffen ist339 oder wenn die Angemessenheit einer Rechtsfolge nicht ohne Ganzheitsbetrachtung von Tatgeschehen und Täterpersönlichkeit sicher beurteilt und die gebotene Berücksichtigung aller Gesichtspunkte vom Revisionsgericht andernfalls nicht nachgeprüft werden kann, muss das Urteil in dem nach Lage des Einzelfalls gebotenen Umfang auch Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten enthalten.340 Ganz weggelassen werden dürfen sie allenfalls bei massenhaft auftretenden, typischen Bagatelltaten, wenn sie weder für die Beurteilung der Tat noch für die Bemessung der im Bereich des Üblichen liegenden Rechtsfolge ins Gewicht fallen.341 In allen anderen Fällen ist ein Mindestmaß an Feststellungen zur Person des Angeklagten unerlässlich. Wenn zwischen der Entscheidung des Berufungsgerichts und dem Ersturteil ein langer Zeitraum vergangen ist, müssen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den persönlichen Verhältnissen auch das Nachtatverhalten in der Zeit nach dem Ersturteil mit umfassen.342 Unterbleiben die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen ganz oder sind sie in wesentlichen Teilen unvollständig, gefährdet diese Lücke den Bestand des Rechtsfolgenausspruchs, da die Revisionsgerichte im Regelfall nicht ausschließen können, dass das Gericht der Pflicht zur umfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit nicht genügt habe.443 Verweigert der Angeklagte die Angaben hierzu, muss das Gericht versuchen, sich durch andere Beweismittel (Zeugen, frühere Urteile usw.) ein Bild von Person und Lebensumständen des Angeklagten zu
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Dies erklärt sich aus der damaligen Sicht, bei der die Ahndung der Tat im Vordergrund der strafrichterlichen Wertung stand. Zur Ganzheitsbetrachtung von Tatgeschehen und Täterpersönlichkeit (als Forderung des materiellen Rechts) vgl. etwa BGHSt 7 31; 16 353; 24 270; BGH JR 1977 162 mit Anm. Bruns; NStZ 1981 389; StV 1990 438; 1992 463; bei Holtz MDR 1979 105; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 213; 1984 18; bei Spiegel DAR 1978 160; 1982 203; Mösl NStZ 1981 161; Schäfer 1461; HK/Julius 18; KK/Engelhardt 26; KMR/Paulus 81. § 267 Abs. 3 Satz 1 fordert damit mitunter weniger als das materielle Recht; vgl. KK/Engelhardt 25; ferner etwa Bruns NStZ 1982 288; Zipf JR 1980 425; LR/Franke § 337, 154. Etwa im Zusammenhang mit einer Maßregel der Besserung und Sicherung oder der Strafaussetzung zur Bewährung vgl. Rn. 118. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind u.a. für die Bemessung des Tagessatzes
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unentbehrlich. Zur Feststellung der Vorstrafen vgl. Rn. 86. Vgl. Fn. 337; BGH JR 1977 162 mit Anm. Bruns; NJW 1976 2220; NStZ 1991 231; 1996 49; StV 1992 463; BGHR § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 8; ferner etwa BGH NStZ 1981 389 (bei schwereren Schuldvorwürfen sorgfältige Erörterung der Persönlichkeit des Täters und seines Vorlebens unerlässlich). Nach HK/Julius 18 ist das Gewicht der Straftat unerheblich, da jede strafrechtliche Schuld nicht ohne Schilderung der Täterpersönlichkeit plausibel erklärt werden kann. Vgl. Doller DRiZ 1981 209 und Fn. 340. OLG Stuttgart StV 1991 340; vgl. auch Rn. 82. Vgl. BGH NStZ 1981 389; 1982 433 (L); bei Holtz MDR 1979 105; bei Pfeiffer NStZ 1981 296; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 213; 1983 358; 1984 18; 1985 207; OLG Köln GA 1980 267; KK/Engelhardt 26; LR/Franke § 337, 156.
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machen.344 Soweit ihm auch dann genauere Feststellungen zum Lebensgang des Angeklagten nicht möglich sind, muss das Urteil zumindest darlegen, dass und wodurch sich das Gericht um anderweitige Aufklärung bemüht hat.345 In welcher Ausführlichkeit das Urteil die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten 84 erörtern muss, richtet sich nach den Erfordernissen des sachlichen Rechts, nach der Art der Straftat und den in Betracht kommenden Sanktionen. Danach beurteilt sich auch, in welchem Umfang Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten notwendig sind.346 Soweit Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen mit einer Bloßstellung oder sonst mit einem Eingriff in den höchstpersönlichen Bereich des Angeklagten oder einer anderen Person verbunden sind, ist zu prüfen, ob sie zur Begründung des Urteilsspruches überhaupt erforderlich sind, sowie bejahendenfalls, ob bei Abwägung der kollidierenden Interessen die Schwere der Straftat den mit der Erörterung verbundenen Eingriff rechtfertigt. Alle für das Verständnis der Rechtsanwendung nicht erforderlichen Ausführungen, die den Angeklagten unnötig herabwürdigen oder bloßstellen, sollten unterbleiben,347 da sie die Akzeptanz des Urteils erschweren und die Resozialisierung gefährden können. Üblicherweise werden in einem eigenen Abschnitt die persönlichen und wirtschaft85 lichen Verhältnisse des Angeklagten, sein Werdegang, seine Anlagen und seine Umwelt geschildert. Die Ausführungen stehen meist am Anfang der Urteilsgründe, auch wenn sie nur für den Rechtsfolgenausspruch und nicht auch für den Schuldspruch, wie etwa bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit, Bedeutung haben. Notwendig ist dies nicht.348 Sofern die Klarheit der Urteilsfeststellungen nicht darunter leidet, können die jeweils erforderlichen Feststellungen auch an anderer Stelle der Urteilsgründe mitgeteilt werden.349 Für die Feststellung der für die Rechtsfolgen erheblichen Umstände gelten dieselben 86 Grundsätze wie für die Feststellung der Tatsachen, in denen der Strafrichter die Merkmale der Straftat findet.350 Sie müssen, soweit das Gericht daraus negative Schlüsse herleitet, erwiesen sein. So reicht es beispielsweise nicht aus, eine ungünstige Täterprognose allein daraus herzuleiten, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung einen ungünstigen Eindruck gemacht habe.351 Eine negative Persönlichkeitsbeurteilung muss von den festgestellten Tatsachen getragen werden.352 Pauschalbewertungen, die nicht durch Tatsachen belegt sind, genügen nicht.353 Frühere Verfehlungen sind nach Art, Zeit, Umfang und Vollstreckung festzustellen,354 soweit sie für die getroffene Entscheidung von Bedeu344
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BGH NStZ 1991 231; bei Kusch NStZ 1993 30; BGHR § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 8 ff.; OLG Stuttgart StV 1991 340; HK/Julius 18. BGH NJW 1976 2220; NStZ 1991 231; NStZ-RR 1998 17; StV 1986 287; 1992 463. KK/Engelhardt 26. Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1991 277. Meyer-Goßner/Appl 268; Peters GedS Schröder 426. Meyer-Goßner/Appl 267; Meyer-Goßner 4; vgl. ferner Fn. 349. Bedenken gegen das Voranstellen der Ausführungen finden sich bei Peters GedS Schröder 426. AK/Wassermann 6; KK/Engelhardt 26 (dort zu erörtern, wo es für das Verständnis
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350 351 352
353 354
der Entscheidung notwendig); vgl. auch KMR/Paulus 20 (dort, wo für Urteil bedeutsam); vgl. BGHSt 24 271; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358. BGHSt 1 51; vgl. Rn. 35 ff.; LR/Franke § 337, 154 ff. OLG Köln GA 1967 187; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1969 153. Vgl. OLG Köln VRS 34 (1968) 104; OLG Koblenz VRS 69 (1985) 298; HK/Julius 18; KK/Engelhardt 26. BGH wistra 1988 64; KK/Engelhardt 26. BGH bei Dallinger MDR 1976 13 („erheblich vorbestraft“ genügt nicht); OLG Düsseldorf VRS 68 (1985) 65; OLG Koblenz VRS 64 (1983) 215; zur Verwertbarkeit
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tung sind.355 Es ist dann in einer auf das Wesentliche beschränkten, knappen Schilderung der früheren Verfehlung und ihres Anlasses darzutun, weshalb sie im gegebenen Fall straferschwerend ins Gewicht fällt oder eine Prognoseentscheidung beeinflusst.356 Die eigene Feststellung der relevanten Vorstrafen dürfen nicht dadurch ersetzt werden, dass lediglich ein ungekürzter Ausdruck des Bundeszentralregisters in die Urteilsgründe eingefügt wird.357 Die Verwertungsverbote des BZRG sind zu beachten.358 Bei einer positiven Prognose muss sich das Gericht mit festgestellten Vorstrafen auseinandersetzen.359 Zu den strittigen Fragen, wieweit das Gericht nicht rechtskräftig abgeurteilte Straftaten bei der Strafzumessung berücksichtigen darf, vgl. die Kommentare zum StGB, § 261, 17 und bei § 154. 3. Die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände a) Absatz 3 Satz 1 fordert nur die Anführung der Umstände, die für die Strafzumes- 87 sung bestimmend gewesen sind, er verlangt keine erschöpfende Aufzählung.360 Mit Recht sieht Eb. Schmidt 361 den Sinn der Vorschrift darin, dass sie den Tatrichter dazu anhält, diejenigen Umstände und Erwägungen wahrheitsgemäß anzugeben, die ihn bei der Beratung dazu bestimmt haben, diese und keine andere (höhere oder geringere) Strafe zu verhängen.362 Das Gericht muss in einer „Gesamtschau“363 die als erwiesen erachteten Tatsachen, durch die sein Rechtsfolgenausspruch im Wesentlichen bestimmt wird, in einer sie wertenden und gegeneinander abwägenden Darstellung mitteilen.364 Die für Auswahl und Bemessung der Rechtsfolgen maßgebenden Feststellungen und Erwägungen und ihr Bezug zum konkreten Sachverhalt des Schuldspruchs und zur Person des Angeklagten müssen nachvollziehbar sein. Eine bloße Aufzählung der in Betracht kommenden Ge-
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sonstiger Verfehlungen BGHSt 30 147; 30 165; ferner etwa BGH NJW 1954 1416; 1971 1758; BayObLG NStZ 1982 288 mit Anm. Bruns (zu den Grenzen der Verwertbarkeit). BGH NStZ-RR 2002 100; BGHR § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 16; vgl. auch Rn. 84. BGH StV 1984 151; 1992 120; OLG Düsseldorf StV 1992 120; OLG Frankfurt StV 1989 155; NStZ-RR 2009 23; OLG Koblenz VRS 71 (1986) 46; OLG Köln StV 1996 321; VRS 74 (1988) 210. BGH NStZ 1995 300; das Einkopieren eines Auszugs aus dem Strafregister soll nach BayObLGSt 2004 152, 154 hingegen nicht zu beanstanden sein. Es kommt darauf an, ob das Verbot in der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz wirksam geworden ist, vgl. BGH NStZ 1983 30; OLG Düsseldorf VRS 54 (1978) 50; OLG Hamburg MDR 1977 162; OLG Hamm NStZ 1983 175; VRS 47 (1974) 42; OLG Karlsruhe VRS 55 (1978) 284; OLG Stuttgart Justiz 1985 174; Mösl NStZ 1983 493.
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OLG Koblenz VRS 62 (1982) 442. BGHSt 3 179; 7 28; 8 205; 20 246; 24 268 = NJW 1972 454 mit Anm. Jagusch; BGHSt 27 2; BGH GA 1961 172; VRS 18 (1960) 432; NJW 1976 2220; 1979 21; NStZ 1981 299; NStZ-RR 2008 343 f.; bei Dallinger MDR 1951 276; 1970 899; 1971 721; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 358; OLG Hamburg JZ 1980 160 mit Anm. Spiegel; OLG Hamm NJW 1972 1150; HK/Julius 17; KK/Engelhardt 24 (Leitgesichtspunkte); Meyer-Goßner 18; vgl. ferner KMR/Paulus 49; SK/Velten 46; Mösl NStZ 1981 131. Eb. Schmidt 19; ebenso KK/Engelhardt 24. Vgl. Hassemer ZStW 90 (1978) 64 zur Schwierigkeit, Darstellung und emotional mitbeeinflusste Entscheidungsmotive in Einklang zu bringen. Vgl. BGH NStZ 1991 231; bei Kusch NStZ 1996 326. Vgl. BGH StV 1989 546 (L); bei Holtz MDR 1980 105; OLG Koblenz VRS 56 (1979) 338; Bruns ZStW 94 (1982) 123; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 46; Schäfer 1503.
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sichtspunkte genügt dafür nicht, ebenso wenig allgemeine und nichtssagende Wendungen dergestalt, dass die Strafe nach Abwägung aller strafschärfenden und strafmildernden Umstände angemessen sei oder dass das Gericht sie als angemessene und erforderliche Sühne ansehe.365 Es brauchen aber nicht alle nach materiellem Recht denkbaren Umstände abgehandelt zu werden,366 auch die Feststellungen zur Person sind kein Selbstzweck367. Aus dem Schweigen des Urteils zu bestimmten Gesichtspunkten kann daher nicht geschlossen werden, diese seien übersehen worden.368 Freilich ist es rechtsfehlerhaft, wenn der Tatrichter bei der Strafrahmenwahl einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt erkennbar außer Acht lässt.369 Der Umfang der Darlegungspflicht und die Gesichtspunkte, auf die hierbei ausdrück88 lich einzugehen ist, richten sich nach dem materiellen Strafrecht, vor allem nach §§ 46 ff. StGB, aber auch nach den sich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls aufdrängenden Umständen.370 Hierbei ist es auch von Bedeutung, ob die vom Gericht ausgesprochene Strafe sich im Rahmen des bei Durchschnittsfällen gleicher Art Üblichen hält. Weicht das Gericht hiervon erheblich nach unten oder oben ab, muss es die Gründe hierfür besonders sorgfältig angeben,371 um aufzuzeigen, dass es bei der Bewertung des Einzelfalls weder willkürlich gehandelt noch bei dem festgestellten Sachverhalt naheliegende Strafzumessungserwägungen übersehen oder unzutreffend gewürdigt hat. Je knapper die verhängte Strafe eine an sich noch bewährungsfähige Strafe übersteigt, desto eingehender müssen die Strafzumessungserwägungen ausfallen.372 Bei Verhängung der Höchststrafe dürfen Milderungsgründe nicht unerörtert bleiben.373 Besonderer Darlegungen zum Ausschluss der Willkür bedarf es auch, wenn ein Gericht nach Zurückverweisung trotz niedrigeren Strafrahmens auf die gleiche Strafe erkennt.374 Bei Bagatellfällen, bei denen Geldstrafen oder Geldbußen nahe der unteren Grenze ausgesprochen werden, kann nach den Grundsätzen der Prozessökonomie keine umfangreiche Begründung gefordert werden.375 Erhebliche Abweichungen von den Sätzen eines Bußgeldkatalogs können aber auch hier
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Vgl. BGH NJW 1976 220; BayObLG NJW 1954 1212; OLG Celle StV 1994 131; OLG Frankfurt VRS 37 (1969) 60; OLG Hamm VRS 69 (1985) 137; KK/Engelhardt 24; Eb. Schmidt 23. BGH nach KK/Engelhardt 24. BGHR § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 20. BGH wistra 1999 376. BGH NStZ-RR 2009 203. Vgl. etwa Mösl NStZ 1983 496; MeyerGoßner NStZ 1988 534; Schäfer 1515; AK/Wassermann 17; HK/Julius 17; KK/Engelhardt 24; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 47; LR/Franke § 337, 154, 162 ff. BGHSt 1 136; 20 265; BGH GA 1974 78; MDR 1954 495; NJW 1990 846; StV 1984 152; 1986 57; 1988 202; 1992 271; bei Dallinger MDR 1967 698; bei Herlan MDR 1954 331; bei Holtz MDR 1978 623; bei Spiegel DAR 1978 149; BGHR StGB § 46 Beurteilungsrahmen 9; OLG Hamm NJW 1977 2087; OLG Karlsruhe NJW 1980 133;
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OLG Köln NJW 1954 1053; Grünwald MDR 1959 714; Hanack JZ 1973 728; Mösl DRiZ 1979 166; Stöckel NJW 1968 1862; Theune StV 1985 205; ders. FS Pfeiffer 455; AK/Wassermann 17; KK/Engelhardt 25; KMR/Paulus 31; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 48; vgl. LR/Franke § 337, 159 f., 170 ff. BGH StV 2002 190. BGH bei Dallinger MDR 1976 14 Fn. 3; bei Holtz MDR 1978 110; KK/Engelhardt 25; KMR/Paulus 52; vgl. Müller NStZ 1985 158; LR/Franke § 337, 160. BGH JR 1983 376 mit Anm. Terhorst; OLG Braunschweig StV 1984 77 (L); OLG Hamm StV 1993 365 (L); StraFo 2005 33; OLG Köln NJW 1986 2328, 2329. OLG Celle NdsRpfl. 1972 122; AK/Wassermann 17; KK/Engelhardt 25; KMR/Paulus 49; vgl. BGH VRS 25 (1963) 42 (Strafe an Untergrenze); aber auch OLG Frankfurt VRS 37 (1969) 60.
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eine Begründung aus den Besonderheiten des Einzelfalls erfordern.376 Ausländerrechtliche Folgen einer Tat gehören in der Regel nicht zu den bestimmenden Strafzumessungsgründen,377 anders als beamtenrechtliche378 Konsequenzen. Die Strafzumessungsgründe setzen sich aus Tatsachen und Erwägungen zusammen,379 89 ohne dass freilich immer scharf zwischen beiden unterschieden werden kann. Soweit das Gericht für die Strafzumessung noch andere Tatsachen als diejenigen, die dem Schuldspruch zugrunde liegen, verwertet, müssen auch diese zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen. Es ist rechtlich fehlerhaft, nicht voll Bewiesenes, nur Mögliches, also einen bloßen Verdacht, strafschärfend zu berücksichtigen.380 Wertneutrale Gesichtspunkte dürfen nicht strafschärfend oder strafmildernd gewichtet werden. Sind aus einer festgestellten Tatsache sowohl strafschärfende als auch strafmildernde Gesichtspunkte abzuleiten, muss sich das Gericht mit beiden Möglichkeiten auseinandersetzen.381 Statt negativen Erwägungen (keine Milderungsgründe ersichtlich) sollten positive Aussagen gewählt werden.382 b) Der angewandte Strafrahmen muss ausdrücklich angegeben werden, sofern er nicht 90 von selbst feststeht.383 So ist etwa bei einer ungleichen Tateinheit (§ 52 StGB) anzugeben, welcher Vorschrift die Strafe entnommen wurde. Sind Sonderstrafrahmen mit in Betracht zu ziehen, wie sie etwa für minder schwere oder besonders schwere Fälle im Gesetz vorgesehen sein können oder ergibt sich wegen des Vorliegens sogenannter vertypter Milderungsgründe die zwingende oder fakultative Möglichkeit einer Strafmilderung z.B. nach § 49 StGB, so muss das Urteil aufzeigen, von welchem Strafrahmen das Gericht ausgegangen ist und warum es diesen und nicht einen anderen angewendet hat.384 Je nach den Umständen ist aufzuzeigen, dass das Gericht die verschiedenen Möglichkeiten der Strafrahmenbildung erkannt, gegeneinander abgewogen und aus welchen Gründen es sich für eine von ihnen entschieden hat. Das Doppelverwertungsverbot des § 50 StGB ist zu beachten. Auszugehen ist immer nur von den im konkreten Fall festgestellten Umständen. Das 91 Gericht darf nicht stattdessen von einem nur vorgestellten Sachverhalt ausgehen und erwägen, welche Strafe in diesem Falle angemessen wäre. Kann also z.B. die Strafe nach § 49 StGB gemildert werden und entschließt sich das Gericht, von der Möglichkeit der Milderung Gebrauch zu machen, so muss es bei der Strafzumessung von dem danach sich ergebenden Strafrahmen ausgehen. Es widerstreitet der Forderung nach der wahrheitsgemäßen Angabe der bestimmenden Strafzumessungsgründe, müsste allerdings wohl auch als sachlich-rechtlich fehlerhaft angesehen werden, wenn das Gericht zunächst
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BayObLG NJW 1972 70; 1972 1150; VRS 45 (1973) 472; 50 (1976) 70; 50 (1976) 304; 51 (1976) 294; 54 (1978) 290; OLG Düsseldorf VRS 58 (1980) 268; OLG Koblenz VRS 52 (1977) 200; OLG Köln NJW 1972 1152; KMR/Paulus 51; vgl. Rn. 93 und bei LR/Sander § 261, 32. BGH NStZ 1996 595; NStZ-RR 2000 297; OLG Stuttgart StV 2000 82; anders bei zwingend folgender Ausweisung, BGH NStZ 1999 240. BGH NStZ-RR 2010 39. Wimmer NJW 1947/48 126; 176; Bruns ZStW 94 (1982) 121 ff.; LR/Franke § 337, 60 ff.
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RG HRR 1932 Nr. 1183; BayObLG NJW 1951 311; KK/Engelhardt 26; vgl. bei LR/Sander § 261, 111. BGH StV 1987 62; VRS 56 (1979) 189; Meyer-Goßner/Appl 426. Mösl NStZ 1981 131. OLG Düsseldorf StV 2001 224. BGH MDR 1980 104 (Aufhebung, wenn zweifelhaft, ob dies beachtet wurde); BGH NStZ 1983 407; 1984 213; 1984 357; 1985 30; OLG Celle NdsRpfl. 1985 284; Bruns ZStW 94 (1982) 121; Schäfer 1508; vgl. Rn. 77; LR/Franke § 337, 189.
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erwägen wollte, welche Strafe angemessen wäre, wenn der Milderungsgrund nicht vorläge, um dann die Strafe zu ermäßigen.385 Eventualbegründungen sind unvereinbar mit dem Erfordernis, bei der Bemessung der Rechtsfolgen eindeutig an dem für erwiesen erachteten Straftatbestand anzuknüpfen. Die Hilfserwägung, das Gericht hätte dieselbe Strafe auch dann ausgesprochen, wenn es bei der Strafzumessung tatsächlich oder rechtlich von einem anderen Sachverhalt hätte ausgehen müssen, als es ihn für erwiesen erachtet hat, ist unbeachtlich. Sie gefährdet zwar einen durch die Haupterwägungen ausreichend getragenen Strafausspruch nicht, sie versagt aber gerade in dem Fall, in dem das Revisionsgericht die Beurteilung des Sachverhalts durch den Tatrichter nicht billigt, sondern im Gegensatz zu ihm gerade diejenige Sach- und Rechtslage für gegeben hält, für die die Hilfserwägung gelten soll.386
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c) Das Gericht muss die Strafe selbständig und bezogen auf den abzuurteilenden Einzelfall bestimmen. Dem Absatz 3 Satz 1 wird nicht Genüge getan, wenn das Urteil wegen der Strafzumessungsgründe nur pauschal auf die Ausführungen zur Bestimmung des Strafrahmens Bezug nimmt387 oder wenn es auf ein anderes Urteil 388 oder die „ständige Praxis“389 verweist. Die Art, wie Mittäter von anderen Gerichten bestraft worden sind, darf den Tatrichter nur dann zu einer ähnlichen Strafe veranlassen, wenn er sie auch im konkreten Fall nach seiner eigenen Überzeugung für rechtlich geboten hält. Das muss aus dem Urteil hervorgehen.390 Dieses hat aber andererseits auch zu berücksichtigen, dass die bei mehreren Tatbeteiligten verhängten Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen.391 Dem Erfordernis einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden Strafzumessung genügt es in der Regel nicht, von einem nicht näher definierten „Durchschnittsfall“ auszugehen und die Strafhöhe des Einzelfalls durch einen Vergleich mit dieser zu bestimmen.392 Wird die Strafe vom Revisionsgericht nebst den dazugehörenden Feststellungen aufgehoben, hat der Tatrichter ohne Bindung an seine frühere Entscheidung die für die Strafzumessung wichtigen Tatsachen, soweit sie nicht durch die Rechtskraft des Schuldspruchs und die diesem zugrundeliegenden Tatsachen feststehen, erneut zu ermitteln und sie mit seinen Erwägungen in den Urteilsgründen darzulegen. Er darf weder ausdrücklich noch stillschweigend auf die – aufgehobenen – früheren Strafzumessungsgründe verweisen oder sich durch sie für gebunden erachten.393
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RGSt 59 154; OGHSt 1 194; BGHSt 1 115; KK/Engelhardt 25. RGSt 70 400, 403; 71 101, 104; RG JW 1935 1938; BGHSt 7 359; 55 174, 179; BGH JR 1955 228; NStZ 1998 305, 306; BGH bei Dallinger MDR 1955 269; OLG Celle DAR 1958 273; OLG Schleswig SchlHA 1978 182; AK/Wassermann 18; KK/Engelhardt 25; KMR/Paulus 57; MeyerGoßner 20; SK/Velten 48; anders aber OLG Hamm VRS 12 (1957) 434 (unschädlich, wenn kein Einfluss auf Höhe der Strafe). BGH StV 1991 346. BGH NJW 1951 413; OLG Hamm JMBlNW 1980 71; KK/Engelhardt 25. BGH JR 1979 382, dazu Bruns JR 1979 353; OLG Hamburg NJW 1963 2387; OLG
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Hamm NJW 1964 254; OLG Köln NJW 1966 895; OLG Neustadt DAR 1963 304; KK/Engelhardt 25; Leonhard DAR 1979 89; vgl. auch LR/Sander § 261, 32 und zur neueren Tendenz, das „für vergleichbare Fälle übliche Maß“ mit heranzuziehen, LR/Franke § 337, 176 m.w.N. BGHSt 28 323; BGH NJW 1951 532; NStZ 1991 581; BGH bei Holtz MDR 1977 808; 1979 986; vgl. LR/Franke § 337, 176. BGH StV 1991 557; 1998 481; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1. BGH NStZ 1984 450; andererseits aber auch BGH StV 1984 450; zur Vergleichbarkeit als Prüfungskriterium vgl. LR/Franke § 337, 176. Vgl. Rn. 32.
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Diese Pflicht ist auch verletzt, wenn der Tatrichter sich durch amtliche oder private 93 Strafzumessungsempfehlungen, Richtsätze oder von der Verwaltung aufgestellte Bußgeldkataloge gebunden glaubt. Die letzteren geben jedoch eine Orientierungshilfe für die gleichmäßige Behandlung massenhaft vorkommender Durchschnittsfälle. Der dem Gebot der Gleichbehandlung ebenfalls verpflichtete Richter muss deshalb im Urteil die besonderen Umstände darlegen, wenn er eine davon erheblich abweichende Strafe oder Buße festsetzen will.394 d) Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die nach den §§ 57a, 57b 94 StGB bei einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe schon der Tatrichter im Urteil zu treffen hat,395 erfordert eine einzelfallbezogene Gesamtwürdigung von Tat und Täter. Für diese gelten die gleichen Erfordernisse wie bei den eigentlichen Strafzumessungsgründen.396 4. Bei der Geldstrafe ist sowohl die Zahl der Tagessätze als auch die Höhe des einzel- 95 nen Tagessatzes festzustellen und unter Angabe der dafür maßgebenden Feststellungen und Erwägungen zu begründen und zwar auch dann, wenn die Geldstrafe in eine Gesamtstrafe einbezogen wird.397 Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten ist aufzuzeigen, welche Gesichtspunkte für die nach den allgemeinen Strafzumessungsgrundsätzen zu bestimmende Zahl der Tagessätze maßgebend waren und wie das Gericht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten das für die Tagessatzhöhe maßgebende Nettoeinkommen ermittelt hat, gegebenenfalls auch, welche sonstigen Gesichtspunkte für die Festsetzung des Tagessatzes mit in Erwägung gezogen wurden; eine erschöpfende Erörterung aller Umstände ist nicht erforderlich.398 Maßgebend ist vor allem § 46 StGB für die Bemessung der Zahl und § 42 Abs. 2 StGB für die Bestimmung der Höhe der Tagessätze.399 Folgt der Richter der dort aufgestellten Regel nicht, so muss er darlegen, welche besonderen Umstände ihn dazu veranlasst haben. Folgt er dagegen der Regel, so muss er nur bei Vorliegen besonderer Umstände dartun, warum diese keine Abweichung von der Regel erfordern.400 Bei extrem hohen oder niedrigen Gesamtsummen muss dargetan werden, dass sie die Ermessensgrenze nicht überschreiten, die darin liegt, dass Strafe und Bedeutung der Tat in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen.401 Wegen der im Einzelnen mitunter strittigen
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BGH bei Martin DAR 1963 187; BayObLG DAR 1969 277; OLG Braunschweig VRS 52 (1977) 262; OLG Celle NdsRpfl. 1984 16; VRS 40 (1971) 125; OLG Düsseldorf JMBlNW 1969 223; MDR 1991 561; VRS 58 (1980) 268; 61 (1981) 454; 99 (2000) 136; 137; OLG Hamburg VRS 58 (1980) 52; 220; 397; OLG Hamm NJW 1972 1150; 1975 1848; MDR 1964 254; 1987 1050; VRS 53 (1977) 63; 56 (1979) 368; KG VRS 30 (1966) 280; OLG Köln NJW 1966 895; VRS 62 (1982) 138; OLG Stuttgart VRS 38 (1970) 211; Göhler NStZ 1986 19; Jagusch NJW 1970 401; Janiszewski NStZ 1985 544; Schall NStZ 1986 1; Sebald GA 1974 197; AK/Wassermann 18; KK/Engelhardt 25; KMR/Paulus 55;
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vgl. Rn. 88, 96; LR/Sander § 261, 32; LR/Franke § 337, 170 ff. BVerfG 86 288; BGHSt 40 366; dazu Krey JR 1995 223; Krümpelmann NStZ 1995 337; Hamm 79 ff. BGH NStZ-RR 1996 321; Stree NStZ 1992 464; Meyer-Goßner 20a. BGHSt 30 93; OLG Hamm JZ 1978 408; Meyer-Goßner/Appl 454; Mösl NStZ 1981 425. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 165; Meyer MDR 1981 280. Meyer-Goßner/Appl 433 ff. BayObLGSt 1975 73 = MDR 1975 1038; KK/Engelhardt 27. BGH NJW 1976 1510; OLG Hamburg NJW 1978 551 mit Anm. Naucke NJW 1978 1171; Horn NStZ 1990 270.
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Fragen wird auf die Erläuterungsbücher zum StGB verwiesen. Macht das Gericht von der Möglichkeit der Schätzung (§ 40 Abs. 3 StGB) Gebrauch, muss es die Tatsachen und Überlegungen, auf die sich seine Schätzung gründet, im Urteil festhalten.402 Die Entscheidung über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen braucht zwar nicht nach § 267 Abs. 3 besonders begründet zu werden. Eine Erörterung kann jedoch zur Darlegung der richtigen Anwendung des materiellen Rechts auch unabhängig von jedem Antrag notwendig sein.403
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5. Bei Geldbußen nach § 17 OWiG sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft, sowie dessen wirtschaftliche Verhältnisse in Betracht zu ziehen.404 Bei geringfügigeren Ordnungswidrigkeiten, die sich im Rahmen des Üblichen halten, braucht jedoch auf letztere im Urteil nicht besonders eingegangen zu werden, wenn sich auch die Geldbuße in diesem Rahmen hält.405 Die Anforderungen an die Begründungspflicht dürfen in solchen Fällen nicht überspannt werden. An die Bußgeldkataloge der Verwaltungsbehörden sind die Gerichte nicht gebunden; eine wesentliche Abweichung bedarf jedoch der Begründung.406
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6. Die Bildung der Gesamtstrafe (§§ 54, 55 StGB) ist ein gesonderter Strafzumessungsvorgang, der neben der Bestimmung der Einzelstrafen im Urteil gesondert zu begründen ist.407 Das bedeutet jedoch nicht, dass für jede der Einzelstrafen gesondert alle Gründe schriftlich niedergelegt werden müssten und unabhängig davon die Gründe für die Gesamtstrafe ohne jede Beziehung zu den Einzelstrafen darzulegen sind.408 Schon im Interesse einer übersichtlichen und gefälligen Darstellung ist es den Gerichten nicht verwehrt, eine Mehrzahl von Straftaten für die Darlegung der bestimmenden Strafzumessungsgründe zusammenzufassen, wobei die allen Straftaten eigenen, für die Strafzumessung wichtigen Umstände gemeinsam geschildert und die nur für einige von ihnen kennzeichnenden Tatsachen gesondert angegeben werden.409 Soweit allerdings eine frühere Verurteilung in die Gesamtstrafe miteinbezogen wird, ist die im früheren Urteil festgelegte Begründung der rechtskräftigen Einzelstrafen jeder Neubewertung entzogen, wobei diese Begründung mitzuteilen und nicht etwa bloß in Bezug zu nehmen ist (Rn. 31). Für eine zusammenfassende Würdigung ist insoweit kein Raum.410 Eine von einem ausländischen Gericht verhängte Strafe kann nicht in eine Gesamtstrafe einbezogen werden. Dies ist bei der Bemessung der innerstaatlichen Strafe ausgleichend zu berücksichtigen.411 Eingehend muss die Gesamtstrafe dann begründet werden, wenn eine
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Vgl. LR/Becker § 244, 11 ff. und bei § 261; ferner etwa BGH GA 1978 279; OLG Celle NJW 1984 185; OLG Frankfurt StV 1984 157; OLG Hamm JR 1978 165; OLG Koblenz NJW 1976 1275; Grebing JR 1978 142; Hellmann GA 1997 503 ff.; Meyer MDR 1981 275; Meyer-Goßner/Appl 439. BGHSt 33 40; Zipf zu OLG Schleswig JR 1980 425. Vgl. die Kommentare zu § 17 OWiG und bei Verkehrsordnungswidrigkeiten zu § 24 StVG; ferner Meyer-Goßner/Appl 783 ff.; Kaiser NJW 1979 1533; dazu Schnupp NJW 1979 2240; Schall NStZ 1986 1 zu OLG Düsseldorf NStZ 1986 36.
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OLG Düsseldorf VRS 99 (2000) 131; OLG Frankfurt VRS 54 (1978) 290; 57 (1979) 358; OLG Zweibrücken VRS 53 (1977) 61. Wegen der Einzelheiten vgl. Meyer-Goßner/Appl 788 und die Kommentierungen zu § 17 Abs. 3 OWiG. Dazu Rn. 93. BGHSt 24 268 = NJW 1972 454 mit Anm. Jagusch; BGH NJW 1995 2234; h.M. Vgl. BGH NStZ 2009 565. AK/Wassermann 18; KK/Engelhardt 28. KK/Engelhardt 28. BGHSt 36 270; BGH NJW 1990 523; NStZ-RR 2000 105.
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Einsatzstrafe nur unerheblich überschritten oder die Summe aller Einsatzstrafen nahezu erreicht wird 412 oder wenn eine Geldstrafe in die Gesamtstrafe einbezogen wird und die Gesamtstrafe dadurch zu einem schwereren Übel wird, weil die Bedingungen für die Strafaussetzung erschwert werden.413 Das Gesamtstrafenübel bedarf einer ausdrücklichen Erörterung dann nicht, wenn es sich nicht in einer außergewöhnlich hohen Strafe ausdrückt.414 Überlässt das Gericht die Einbeziehung einer früheren Verurteilung dem Nachverfahren, muss es in den Urteilsgründen darlegen, warum es ausnahmsweise von der Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB absehen durfte, etwa weil die dafür erforderlichen Unterlagen unzureichend sind oder weil damit zu rechnen ist, dass die zu bildende Gesamtstrafe wegen anderer Verfahren später wieder aufgelöst werden müsste.415 Ist eine solche Gesamtstrafenbildung nicht mehr möglich, weil die an sich einzubeziehende Strafe bereits vollstreckt ist, muss aufgezeigt werden, wieweit die darin liegende Härte im Rahmen der Strafzumessung ausgeglichen wurde.416 7. Bei Anwendung von Jugendstrafrecht gegen Jugendliche oder Heranwachsende muss 98 auch das Erwachsenengericht bei der Begründung seines Urteils den besonderen (zusätzlichen) Anforderungen von § 54 JGG genügen, bei einer Jugendstrafe ist deren Erziehungszweck (§ 18 Abs. 2 JGG) zu erörtern.417 Nach sachlich-rechtlichen Gesichtspunkten bestimmt sich auch, ob Erörterungen über die Tatschwere erforderlich sind, auch wenn die Bewertung als besonders schwerer oder minderschwerer Fall hier keinen eigenen Strafrahmen eröffnet.418 Wird Erwachsenenstrafrecht angewandt (§ 105 Abs. 1 JGG) bedarf dies einer eingehenden Begründung.419 8. Minder schwere und besonders schwere Fälle (Absatz 3 Satz 2 und 3) a) Grundsatz. Die Vorschrift spricht nicht mehr von mildernden Umständen und 99 sonstigen, allgemein umschriebenen Fällen, von denen das Strafrecht Milderungen oder Strafschärfungen abhängig macht, sondern nur noch von minder schweren und besonders schweren Fällen.420 Für die Abgrenzung zu den Fällen des Absatzes 2 ist aber weiterhin von Bedeutung, dass Absatz 2 die tatbestandsmäßig festgelegten, benannten Strafänderungen betrifft,421 während Absatz 3 Satz 2 und 3 die unbenannten Strafände-
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BGHSt 8 205; 24 268; BGH NJW 1995 2234; OLG Hamburg NJW 1981 1282; vgl. Rn. 88; KK/Engelhardt 28; KMR/Paulus 86; LR/Franke § 337, 172. BGH VRS 43 (1972) 422; BGH bei Dallinger MDR 1973 17; KK/Engelhardt 28; KMR/Paulus 86; vgl. auch OLG Koblenz GA 1978 188 (Begründung der Wahl, Gesamtstrafe zu bilden oder Geldstrafe neben der Freiheitsstrafe gesondert zu verhängen); OLG Schleswig SchlHA 1976 166. BGH NStZ 2000 137. BGH NJW 1997 2892; OLG Düsseldorf VRS 68 (1985) 365; OLG Hamm NJW 1970 1200; OLG Stuttgart Justiz 1968 233; Mösl NStZ 1983 493, 495. BGHSt 31 102, 103; 33 131; 34 310 = NStZ
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1996 382 mit Anm. Peters; BGHSt 43 34, 36; BGH NStZ-RR 2008 234; StV 2010 240; 2011 225; KK/Engelhardt 28; Arnoldi/Rutkowsky NStZ 2011 493, 497. Vgl. dazu die Kommentare zu § 54 JGG; ferner etwa BGHSt 15 224; BGH StV 1998 334; AK/Wassermann 18; HK/Julius 41; KMR/Paulus 88; Meyer-Goßner 22. BGH NStZ 1993 551; NStZ-RR 2010 88 f.; KK/Engelhardt 29. BGH MDR 1964 694; OLG Hamm MDR 1969 113; OLG Zweibrücken VRS 54 (1978) 115; AK/Wassermann 18. Seit der Neufassung durch Art. 21 Nr. 70 Buchst. b, c EGStGB zur Anpassung an die Änderungen des materiellen Strafrechts. Vgl. Rn. 69.
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rungen erfasst, einschließlich der Fälle, in denen eine abschließende tatbestandsmäßige Ausformung der Milderungs- und Erschwerungsgründe fehlt. Verfahrensrechtlich muss – unabhängig davon, ob nach dem festgestellten Sachverhalt naheliegende Umstände eine materiell-rechtliche Erörterungspflicht auslösen422 – im Prinzip jeweils nur die Ausnahme von der Regel besonders gerechtfertigt werden.423
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b) Einzelne Fälle. Bei den minder schweren Fällen, die an die Stelle der mildernden Umstände und des besonders leichten Falls getreten sind,424 muss das Gericht im Urteil die Umstände angeben, auf die es seine Annahme eines solchen Falles stützt. Soweit sich diese nicht bereits aus den Feststellungen zur äußeren und inneren Tatseite ergeben, bedarf es dazu besonderer Feststellungen. Da diese den Strafrahmen bestimmen, sind sie grundsätzlich von den Ausführungen zur Strafzumessung zu trennen.425 Das Urteil muss zweifelsfrei erkennen lassen, von welchem Strafrahmen das Gericht ausgegangen ist und dass es dabei auch die mögliche Anwendbarkeit anderer Strafrahmen erkannt und erwogen hat.426 Bei der Bestimmung des Strafrahmens kann das Gericht alle Umstände heranziehen, die für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder ihr nachfolgen. Entscheidend ist die in Abwägung dieser Umstände gewonnene Gesamtwürdigung.427 Bei den besonders schweren Fällen, die im Strafgesetz durch Regelbeispiele verdeut101 licht sind, stellt Absatz 3 Satz 3 jetzt klar, dass sie nicht unter Absatz 2 fallen und dass die Abweichungen von der Regel besonders zu begründen sind. Das Gericht muss besonders darlegen, warum es trotz Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eines Regelbeispiels einen besonders schweren Fall verneint und es muss umgekehrt die Umstände dartun, in denen es einen besonders schweren Fall erblickt, wenn kein Regelbeispiel eingreift.428 Wird ein besonders schwerer Fall trotz Vorliegens eines Regelbeispiels verneint und darüber hinaus sogar ein minder schwerer Fall angenommen, so bedarf die nur bei ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht kommende doppelte Milderung des Strafrahmens einer eingehenden Begründung.429
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c) Antrag. Bei Verneinung eines minder schweren Falles fordert Absatz 3 Satz 2 eine Begründung nur, wenn in der Hauptverhandlung die Annahme eines solchen Falls etwa
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Vgl. Rn. 101. BGH GA 1987 226; NStZ-RR 2010 57; bei Holtz MDR 1978 987; 1979 105; BayObLGSt 1973 65 = NJW 1973 1808; KG JR 1966 307; OLG Koblenz VRS 57 (1979) 22; AK/Wassermann 19; HK/Julius 16; KK/Engelhardt 29; KMR/Paulus 61; Meyer-Goßner 21; Schäfer 1511. BGHSt 26 97 = JR 1976 24 mit Anm. Zipf. BGH GA 1984 374; NStZ 1983 407; 1984 357; 1985 546; BGH bei Holtz MDR 1980 104; OLG Frankfurt StV 1994 131; Dankert StV 1983 476; KK/Engelhardt 30; SK/Velten 44. Zur Strafrahmenwahl vgl. die Beispiele bei Meyer-Goßner/Appl 444 ff., ferner die in den jährlichen Übersichten von Detter ange-
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führten Entscheidungen, etwa NStZ 2006 146; 2006 560; 2007 206; 2007 627; 2008 264; 2008 554; 2009 74; 2009 487; 2010 135; 2010 560; 2010 615; 2011 330; 2011 390; 2012 135; 2012 200. BGHSt 4 8; BGH GA 1976 303; 1979 313; 1979 339; 1984 374; NStZ 1981 389; StV 1981 169; bei Holtz MDR 1979 105; bei Spiegel DAR 1982 202; OLG Karlsruhe NJW 1980 133; OLG Koblenz VRS 57 (1979) 22; KMR/Paulus 58 ff.; MeyerGoßner/Appl 444 ff. Vgl. BGH GA 1980 143; NStZ 1982 465; BGH bei Holtz MDR 1975 368; 1976 16; 1977 638. BayObLG NJW 1991 1245.
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in den Schlussanträgen beantragt worden war.430 Die bloße Behauptung entsprechender Umstände löst – anders als bei Absatz 2 – noch keine Begründungspflicht aus.431 Der Antrag muss nicht ausdrücklich auf die Anwendung des besonderen Milderungs- oder Schärfungsgrundes lauten, es kann genügen, wenn eine Strafe beantragt wird, die nur bei Vorliegen eines solchen Grundes verhängt werden darf. Ein solcher Antrag liegt also auch darin, dass die „mildeste Strafe“ oder eine nur bei Annahme eines minder schweren Falls zulässige Strafe beantragt wird.432 Dass eine „milde Strafe“ beantragt wird, genügt nicht.433 Der Antrag, der die Begründungspflicht auslöst, ist eine wesentliche Förmlichkeit, die 103 nur durch das Sitzungsprotokoll nachgewiesen werden kann (§§ 273, 274).434 Es ist jedoch unschädlich, wenn das Urteil die Frage erörtert, obwohl das Protokoll zu einem solchen Antrag schweigt.435 Welche Ausführungen zur Begründung notwendig sind, richtet sich nach den Erfor- 104 dernissen des sachlichen Rechts und nach den Umständen des Einzelfalls. Wird einem Antrag nicht entsprochen, so muss sich das Urteil ausdrücklich damit auseinandersetzen. Es dürfte dann nicht genügen, wenn aus dem Gesamtinhalt der Urteilsausführungen die Gründe der versagenden Entscheidung ersichtlich sind,436 jedoch wird in einem solchen Fall ausgeschlossen werden können, dass das Urteil auf dem Unterlassen der Begründung beruht. Der Antrag muss auch abgehandelt werden, wenn die einheitliche Tat mehrere Strafgesetze verletzt, von denen nur eines einen minder schweren Fall vorsieht.437 Dies gilt nach Ansicht des BayObLG jedoch nur, wenn die Annahme zu einem milderen Strafrahmen führen kann.438 Eine meist weitergehende Begründungspflicht kann sich daraus ergeben, dass die Dar- 105 legung der richtigen Anwendung des materiellen Rechts Ausführungen zu diesen Fragen erfordert. Werden Umstände festgestellt, die einen minder schweren oder besonders schweren Fall nahelegen, muss sich das Gericht im Urteil damit auseinandersetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob in der Hauptverhandlung ein diesbezüglicher Antrag gestellt wurde.439 Ob ein minder schwerer oder besonders schwerer Fall vorliegt, ist für jeden Angeklagten in Würdigung seines Tatbeitrags gesondert zu begründen.440 9. Erkennt das Gericht auf Freiheitsstrafe unter sechs Monaten, so muss es nach 106 § 267 Abs. 3 Satz 2 die Umstände darlegen, aufgrund derer es die Voraussetzungen des § 47 StGB für gegeben erachtete, während umgekehrt eine Begründung nur gefordert
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Nach KMR/Paulus 61 folgt die Begründungspflicht aus § 34 und nicht so sehr aus § 267 Abs. 3. BGH bei Dallinger MDR 1953 149; vgl. auch BGH GA 1961 172; KK/Engelhardt 31; KMR/Paulus 61. RGSt 29 276; 43 297; 45 331; BGH bei Dallinger MDR 1953 149; 1967 15; BayObLGSt 1955 254; OLG Köln NJW 1952 198; AK/Wassermann 19; KK/Engelhardt 31; KMR/Paulus 81; SK/Velten 45. BGH MDR 1953 149; AK/Wassermann 19. RGSt 29 277; AK/Wassermann 19; KK/Engelhardt 31; Meyer-Goßner 21; SK/Velten 45; Dankert StV 1983 476.
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Eb. Schmidt Nachtr. II 1. KK/Engelhardt 31; a.A. OLG Köln NJW 1952 198; KMR/Paulus 61. RGRspr. 10 (1888) 158; RGSt 5 156; 14 10. BayObLGSt 1955 254. Etwa BGH NStZ 1982 465; StV 1981 169; 1999 138; OLG Düsseldorf StV 1991 68; OLG Koblenz VRS 57 (1979) 22; KMR/Paulus 58, 61; SK/Velten 44; Mösl NStZ 1981 131, 134; 1984 494; Schlothauer StV 1990 101. BGHSt 29 244; BGH NStZ 1982 206; 1984 27.
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wird, wenn ein Antrag auf Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten abgelehnt wurde. Die Rechtslage ist insoweit die gleiche wie bei den minder schweren Fällen.441 Nach der kriminalpolitischen Zielsetzung442 ist dem Begründungserfordernis mit allgemeinen Wendungen nicht genügt.443 Damit die Rechtsanwendung nachprüfbar ist, müssen auf den Einzelfall bezogene, aus Tat oder Täter rational hergeleitete Gründe dafür angeführt werden, weshalb die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe unerlässlich ist. Auch wenn dies mit der Verteidigung der Rechtsordnung begründet werden soll, darf dies nicht allein mit generalpräventiven Gesichtspunkten444 geschehen. Notwendig ist auch hier eine eingehende Würdigung von Tat und Täter.445 Der Umfang des formellen Begründungszwangs nach § 267 Abs. 3 Satz 2 deckt sich insoweit mit den strengen Anforderungen, die das materielle Recht an die Darlegung der Unerlässlichkeit einer kurzfristigen Freiheitsstrafe stellt. Die Rechtsprechung nimmt aber auch eine aus der sachlich-rechtlichen Begründungspflicht abgeleitete Erörterungspflicht an, wenn trotz eines gewichtigen Tatvorwurfs, der eine Freiheitsstrafe nahelegt, nur auf eine Geldstrafe erkannt wurde.446 10. Strafaussetzung zur Bewährung (Absatz 3 Satz 4)
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a) Die Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung ist im Urteil unter Darlegung der dafür maßgeblichen Erwägungen (vgl. § 56 StGB) in einer den Anforderungen des sachlichen Rechts genügenden Weise zu begründen.447 Für die Ablehnung fordert Absatz 3 Satz 4 eine Begründung nur, wenn die Strafaussetzung beantragt worden war.448
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b) Der Antrag ist nicht dem Angeklagten und seinem Verteidiger vorbehalten, auch der Staatsanwalt kann ihn stellen. Der Antrag kann auch hilfsweise, etwa bei den Schlussanträgen in Verbindung mit einem Hauptantrag auf Freispruch, eingebracht werden.449 Wird er ausdrücklich gestellt, ist er als wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens in der Sitzungsniederschrift zu beurkunden.450 Der Antrag muss aber nicht ausdrücklich auf Zubilligung von Strafaussetzung zur Bewährung lauten. Ähnlich wie bei Absatz 3 Satz 2 genügt auch hier, wenn das Begehren nach Strafaussetzung in einem anderen Antrag mittelbar oder hilfsweise mit enthalten ist,451 etwa auf Freispruch oder auf Verwerfung der eine Freiheitsstrafe anstrebenden Berufung der Staatsanwaltschaft.452 Ob ein anderer
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Vgl. Horstkotte NJW 1969 1601 (Ausnahme von der Regel). Eb. Schmidt Nachtr. II 3; Wulf JZ 1970 160. OLG Braunschweig NdsRpfl. 1969 67; OLG Karlsruhe Justiz 1981 132 (Hinweis auf Rückfall); OLG Stuttgart StraFo 2009 118; KK/Engelhardt 32. BGH NStZ 1982 463; 1983 501; 1984 409; 1986 358; OLG Düsseldorf StV 1992 232; OLG Hamburg StV 2000 353. BGH StV 1994 370; RuP 2006 101; BayObLGSt 1971 191; Eb. Schmidt Nachtr. II 3; wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentarliteratur zu § 47 StGB; ferner KMR/Paulus 62. OLG Braunschweig GA 1970 87; OLG Hamm MDR 1986 72; OLG Koblenz MDR
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1970 693; OLG Stuttgart VRS 41 (1971) 413; KK/Engelhardt 32; KMR/Paulus 62. Mösl NStZ 1983 493, 496. BGH StV 1982 61 mit Anm. Schlothauer; StV 1982 257; BGH bei Schmidt MDR 1983 4. BayObLG MDR 1980 951; OLG Düsseldorf StV 1997 123; OLG Hamm VRS 81 (1991) 20; Meyer-Goßner 23. KK/Engelhardt 33; SK/Velten 53, 45; wegen der ähnlichen Rechtslage vgl. Rn. 103; ferner LR/Stuckenberg § 273, 23. AK/Wassermann 20; HK/Julius 24; KK/Engelhardt 33; KMR/Paulus 90; SK/Velten 53, 45; Eb. Schmidt 30. OLG Braunschweig NJW 1954 284; OLG Bremen NJW 1954 613; KG JR 1964 107.
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Antrag das Begehren auf Strafaussetzung sinngemäß mit einschließt, ist eine Auslegungsfrage, die nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist.453 Obwohl § 267 Abs. 3 Satz 4 eine Begründung nur für den Fall vorschreibt, dass die 109 Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder ein darauf gerichteter Antrag abgelehnt wird, kann aus dem Zwang zur Anführung der bestimmenden Strafzumessungsgründe und aus sachlich-rechtlichen Erwägungen die Verpflichtung zu näheren Ausführungen erwachsen; so, wenn nach der Höhe der Strafe und den sonstigen Feststellungen eine Strafaussetzung naheliegt, das Gericht von ihr aber absieht, ohne dass ein solcher Antrag gestellt worden war. Das gilt vor allem, wenn der Angeklagte nicht gut einen Antrag auf Strafaussetzung stellen konnte, ohne sich mit seiner sonstigen Verteidigung in Widerspruch zu setzen.454 Die Urteilsgründe müssen in solchen Fällen, aber auch sonst, wenn die festgestellten Umstände dies nahelegen, die Frage der Strafaussetzung unabhängig von jeder Antragstellung erörtern. Zumindest müssen sie erkennen lassen, dass das Gericht die Möglichkeit, nach § 56 StGB zu verfahren, geprüft hat. Ohne solche Darlegungen kann meist nicht ausgeschlossen werden, dass § 56 StGB übersehen wurde oder das Gericht insofern von rechtlich fehlerhaften Erwägungen ausgegangen ist.455 Aus der materiell-rechtlichen Prüfungspflicht, die immer besteht, erwächst jedoch nicht immer auch eine uneingeschränkte Begründungspflicht für die ablehnende Entscheidung des Gerichts. Sind keine dahin drängenden Umstände ersichtlich, kann die innere Schlüssigkeit der Urteilsgründe auch gewahrt sein, wenn das Gericht die Strafaussetzung zur Bewährung ohne nähere Erörterung der bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte ablehnt.456 Dies gilt insbesondere für die Fälle des § 56 Abs. 2 StGB, in denen Strafaussetzung nur ausnahmsweise gewährt werden darf. Sind keine besonderen Umstände im Urteil festgestellt oder nach der Sachlage naheliegend, dann gebietet das materielle Recht keine Erörterung dieser Ausnahmefälle im Urteil.457 Eine nähere Begründung der Versagung ist dann nur veranlasst, wenn ein gestellter Antrag die Begründungspflicht nach Absatz 3 Satz 3 auslöst. Zur Erfüllung der Begründungspflicht genügen die Wiederholung des Gesetzeswort- 110 lauts oder allgemeine Wendungen nicht,458 auch nicht die Bezugnahme auf die Darlegun-
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So z.B. auch, ob im Einzelfall im Antrag auf „milde Beurteilung“ ein Antrag nach Absatz 3 Satz 4 enthalten ist; bejahend OLG Braunschweig NJW 1954 284; HK/Julius 24; Meyer-Goßner 23; KMR/ Paulus 90; verneinend BGH nach KK/Engelhardt 33; SK/Velten 53, 45. KG JR 1962 389 mit Anm. Dünnebier lässt dies offen. Wegen der weitgehenden Darlegungspflicht bei Anwendung des sachlichen Rechts (Rn. 109) hat diese Frage kaum noch praktische Bedeutung; ebenso KK/Engelhardt 33. BGH JR 1955 471; LM Nr. 27 zu § 23 StGB a.F.; BayObLG OLGSt 21; KG JR 1964 107; VRS 22 (1962) 33; KK/Engelhardt 33; Meyer-Goßner 23; SK/Velten 53; KMR/Paulus 90 (verfahrensrechtliche Begründungspflicht). BGHSt 6 68; 6 172; BGH NStZ 1986 374; BayObLG bei Rüth DAR 1975 203; KG JR
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1964 107; VRS 22 (1962) 33; OLG Hamm VRS 8 (1955) 121; 36 (1969) 177; 54 (1978) 28; OLG Koblenz GA 1975 370; OLG Köln NJW 1954 1091; OLG Oldenburg StV 1983 274 (L); OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 106; KK/Engelhardt 33; KMR/Paulus 90; Eb. Schmidt 30; ferner die Kommentare zu § 56 StGB. KG JR 1962 389 mit krit. Anm. Dünnebier; vgl. OLG Köln NStZ 1985 139 (L); auch OLG Braunschweig NJW 1954 284. BGH NJW 1976 1414; OLG Hamm VRS 46 (1974) 131; OLG Karlsruhe NJW 1980 133; OLG Köln VRS 61 (1981) 367; vgl. aber auch BGHSt 24 5. BGH bei Holtz MDR 1977 808; BGH StV 1982 569; NJW 1983 1624; NStZ 2000 607; OLG Celle DAR 1956 248; KG GA 1955 219; KK/Engelhardt 33; KMR/Paulus 92; SK/Velten 53. Vgl. aber auch OLG Köln
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gen in einem einbezogenen Urteil 459 oder der pauschale Hinweis auf Vorverurteilungen. Wird auf letztere abgestellt, müssen die ihnen zugrunde liegenden Taten und die daraus hergeleitete Prognose dargelegt werden.460 Unzureichend ist in der Regel auch die nicht näher begründete Ansicht, dass die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Strafe erfordere.461 Die Strafaussetzung zur Bewährung darf bei Straftaten bestimmter Art nicht grundsätzlich und allgemein versagt werden.462 Es kommt vielmehr stets auf die Umstände des einzelnen Falles an, die darzulegen sind. Rechtlich fehlerhaft wäre es, die an sich angemessene Strafe höher zu bemessen, weil der Angeklagte keine Strafaussetzung zur Bewährung verdient, sondern seine Strafe verbüßen muss.463 Ob die Strafe zur Bewährung auszusetzen ist, muss aufgrund einer Gesamtwürdigung 111 der in § 56 StGB aufgeführten Umstände entschieden werden, wobei unter Umständen eine günstige Täterprognose mit den sich aus § 56 Abs. 3 StGB ergebenden besonderen Belangen abzuwägen ist.464 Kommt eine Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB nicht in Betracht, kann der Tatrichter auf eine ausdrückliche Erörterung dieser Frage in den Urteilsgründen verzichten, die jedoch unerlässlich ist, wenn Grundlage der Verurteilung ein Sachverhalt ist, der die Notwendigkeit der Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lässt.465 Ebenso wie bei der Bemessung der Strafart und der Strafhöhe haben auch hier nur hilfsweise mitgeteilte Überlegungen zu unterbleiben, da sie die Entscheidung bei Fehlerhaftigkeit der Haupterwägung in der Regel nicht zu retten vermögen und sie zudem nur unnötig gefährden.466
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c) Die Bewährungsanordnungen (Bewährungszeit, Auflagen und Weisungen) werden in einem besonderen Beschluss festgesetzt (§ 268a). In den Urteilsgründen sind diese Anordnungen nicht zu behandeln.467
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d) Im Jugendstrafverfahren ist § 267 Abs. 3 Satz 4 auf die Entscheidung über die Aussetzung einer Jugendstrafe entsprechend anzuwenden (§ 57 Abs. 4 JGG).468
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11. Für die Verwarnung mit Strafvorbehalt gilt nach § 267 Abs. 3 Satz 4 ebenfalls, dass das Gericht die Anwendung dieser mildesten Sanktion des Strafrechts unter Darlegung der Voraussetzungen des § 59 StGB entsprechend den Anforderungen des materiellen Rechts begründen muss, während die Nichtanwendung nur bei einem entsprechenden Antrag zu erörtern ist. Ein solcher Antrag kann auch hilfsweise im Schluss-
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461 462 463 464
MDR 1985 248; Meyer-Goßner 23 (Unterlassen von Ausführungen zu § 56 Abs. 3 StGB nicht immer fehlerhaft); Zipf JR 1974 520. BGH NJW 1983 1624; NStZ 1992 50; HK/Julius 24. OLG Koblenz VRS 71 (1986) 444; OLG Köln StV 1996 321; vgl. OLG Düsseldorf VRS 99 (2000) 117. Meyer-Goßner 23. BGHSt 6 298; KK/Engelhardt 33; vgl. im Übrigen die Kommentare zu § 56 StGB. BGH NJW 1954 39; KK/Engelhardt 33. BGH NJW 1955 996; NStZ 1994 336;
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1995 341; BayObLGSt 1974 32 = JR 1974 517 mit Anm. Zipf; BayObLG NJW 1988 3027; OLG Hamm NJW 1967 1332; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 318; KK/Engelhardt 33; KMR/Paulus 92. BGH NStZ 1989 527; OLG Düsseldorf VRS 91 (1996) 355; 96 (1999) 443. BGHSt 7 359; KK/Engelhardt 33; MeyerGoßner 23. Vgl. § 268a, 1. Auch wenn ein Antrag nach § 267 Abs. 3 Satz 4 gestellt wird, kann die Entscheidung dem Nachverfahren vorbehalten werden, BGH NJW 1960 587.
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vortrag gestellt werden.469 Wenn die festgestellten Umstände die Anwendung des § 59 StGB so nahelegen, dass die Unterlassung von Ausführungen nach sachlichem Recht fehlerhaft wäre, besteht unabhängig von der Antragstellung eine Erörterungspflicht.470 Die vorbehaltene Strafe muss bei der Verwarnung mit Strafvorbehalt in den Urteils- 115 gründen nach den allgemein für die Begründung einer Strafe geltenden Grundsätzen (Rn. 87 ff.) begründet werden.471 12. Absehen von Strafe (Absatz 3 Satz 4 zweiter Halbsatz). Soweit das Gericht nach 116 § 60 StGB oder aufgrund einer Sondervorschrift wie etwa § 157 Abs. 2, § 158 Abs. 1 oder § 182 Abs. 6 StGB von Strafe absieht, muss es dies begründen. Das gleiche gilt, wenn es einem darauf abzielenden Antrag nicht entspricht. Im Übrigen gelten die gleichen Gesichtspunkte, wie sie bei Rn. 106 ff. erörtert sind. Die Ausführungen des Gerichts müssen erkennen lassen, dass es alle nach der Sachlage sich aufdrängenden Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen hat.472 13. Verständigung (Absatz 3 Satz 5). Um „für die Urteilsgründe Transparenz herzu- 117 stellen“,473 ist in den Urteilsgründen anzugeben, ob dem Urteil eine Verständigung gemäß § 257c in der Hauptverhandlung vorausgegangen ist. Die Angabe hat lediglich informatorische Wirkung, denn Beweiswirkung, ob eine Verständigung stattgefunden hat oder nicht, kommt allein dem Protokoll zu (§ 273 Abs. 1a); bei Widersprüchen zwischen Urteilsgründen und Protokoll ist allein das Protokoll maßgeblich.474 Der Wortlaut von Absatz 3 Satz 5 lässt offen, ob nur auf Verständigungen hinzuweisen ist, auf denen das Urteil beruht, oder auch auf solche, die zwar stattgefunden haben, aber nachher gescheitert sind (§ 257c Abs. 4 Satz 4). Das gesetzgeberische Motiv der Transparenz spricht dafür, alle in der Hauptverhandlung zustande gekommenen Verständigungen ungeachtet ihres etwaigen Scheiterns in den Gründen anzugeben.475 Der Inhalt der Verständigung muss nicht mitgeteilt werden,476 zumal dies wegen § 273 Abs. 1a entbehrlich ist. Anzuführen ist aber, ob sich das Gericht nach § 257c Abs. 4 von der Verständigung gelöst hat.477 Bezieht sich bei mehreren Angeklagten die Verständigung nur auf einzelne von ihnen, ist dies anzugeben.478 An welcher Stelle der Urteilsgründe die Verständigung erwähnt wird, steht im Ermessen des Gerichts. 14. Maßregeln der Besserung und Sicherung (Absatz 6) a) Allgemeines. Absatz 6 stellt ebenfalls die bereits bei Absatz 3 Satz 2 bis 4 erörterte 118 Regel auf, dass das Urteil angeordnete oder vorbehaltene Maßregeln unter Darlegung der vom materiellen Recht vorausgesetzten Tatsachen und Prognoseentscheidungen zu 469
470
BayObLG MDR 1980 951; OLG Celle StV 2001 159; OLG Düsseldorf StV 1997 123. Nach Horn NJW 1980 106 ist auch die erfolglose Zustimmung des Angeklagten zur Verfahrenseinstellung als ein die Begründungspflicht auslösender Antrag zu werten. OLG Zweibrücken VRS 66 (1984) 196; KK/Engelhardt 34; vgl. OLG Düsseldorf JR 1985 376 mit Anm. Schöch = NStZ 1985 362 mit Anm. Horn (materiell-rechtliche Darlegungspflicht nur in Ausnahmefällen); ferner Rn. 109.
471 472 473 474 475 476 477 478
KK/Engelhardt 34. OLG Karlsruhe NJW 1974 1005. BTDrucks. 16 12310 S. 15. Niemöller/Schlothauer/Weider 10. Niemöller/Schlothauer/Weider 5. BGH NStZ 2010 348; 2011 170; StV 2011 76, 78; Meyer-Goßner 23a. Meyer-Goßner 23a. Niemöller/Schlothauer/Weider 8.
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begründen hat, während beim Unterbleiben einer solchen Anordnung oder eines Vorbehalts verfahrensrechtlich erst ein in der Verhandlung gestellter Antrag die Begründungspflicht auslöst.479 Eine über Absatz 6 hinausgehende Begründungspflicht kann sich jedoch daraus er119 geben, dass die ausdrückliche Erörterung einer nach den Umständen in Betracht zu ziehenden Maßregel einschließlich der für die Prognose wichtigen Tatsachen notwendig ist, um die richtige Anwendung des sachlichen Rechts aufzuzeigen.480 So müssen bei fehlender oder erheblich verminderter Schuldfähigkeit die Urteilsgründe erkennen lassen, ob das Gericht die Notwendigkeit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) geprüft hat, sofern die Sachlage zu Überlegungen in dieser Richtung drängt.481 Gleiches gilt, wenn das Urteil die Frage der Anordnung einer sonstigen Maßregel übergeht, obwohl die festgestellten Umstände dies nahegelegt hätten.482 Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Begründung, mit der Maß120 regeln der Besserung und Sicherung gerechtfertigt werden, wenn diese mit einem erheblichen Eingriff in die Freiheit verbunden sind wie die Sicherungsverwahrung,483 oder einen einschneidenden Eingriff in die Handlungsfreiheit bedeuten, wie etwa beim Berufsverbot. Die einzelnen Anforderungen, denen die Begründung genügen muss, ergeben sich aus dem materiellen Recht.484 Soweit die Anordnung der Maßregel im Ermessen des Gerichts steht, muss das Urteil auch erkennen lassen, dass sich das Gericht dieses Umstandes bewusst war und die für und gegen die Anordnung sprechenden Gesichtspunkte erwogen hat.485 Sind den Voraussetzungen nach mehrere Maßregeln zulässig und geeignet, muss das Gericht seine Wahl begründen, wobei gegebenenfalls auch darzulegen ist, weshalb der Angeklagte durch die angeordnete Maßregel am wenigsten beschwert ist.486 Kommt nach dem festgestellten Sachverhalt die Anordnung mehrerer Maßnahmen nebeneinander in Betracht, muss das Urteil sich damit ausdrücklich auseinandersetzen.487 Ordnet das Gericht den Vorwegvollzug der Strafe vor der Maßregel (§ 67 Abs. 2 StGB) an, bedarf es einer auf die Umstände des Einzelfalls eingehenden besonderen Begründung, die auch darlegen muss, dass dies zur Erreichung des Maßregelziels förderlicher ist, als die umgekehrte Reihenfolge.488 Auch die Möglichkeit, einen Teil der Strafe vorweg zu vollstrecken, muss dabei erwogen werden.489
121
b) Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Nach § 260 Abs. 4 Satz 4 kann das Gericht bei der Verurteilung wegen einer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Straftaten die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung wegen der unsicheren Prognose der künftigen Straffälligkeit einem späteren Nachverfahren vorbehalten. Es muss dann aber in den Urteilsgründen mit derselben Genauigkeit wie bei der Anordnung der Sicherungsverwah-
479 480
481 482
KK/Engelhardt 35; KMR/Paulus 98; MeyerGoßner 37; Meyer-Goßner/Appl 555. BGHSt 50 93, 105; HK/Julius 26; KK/Engelhardt 35; Meyer-Goßner 37; SK/Velten 67. Vgl. BGHR StGB § 64 Anordnung 1; KMR/Paulus 98. Vgl. etwa BGHSt 37 6; BGH bei Holtz MDR 1990 886 (Entziehungsanstalt); BGH NJW 1999 2606 f. mit Bespr. Eisenberg/Schlüter NJW 2001 188 = JR 2000 207 mit Anm. Schöch (Sicherungsverwahrung).
522
483 484 485 486 487 488 489
BGH NStZ-RR 2001 103; 2010 77 f.; BGHR StGB § 66 Darstellung 1 ff. Vgl. die Erläuterungen zu §§ 62 ff. StGB; ferner Meyer-Goßner/Appl 553 ff. BGH StV 1994 479; 1996 541; HK/Julius 26. Vgl. BGH bei Holtz MDR 1981 809; auch BGH StV 1988 260. Vgl. BGH NJW 2000 3015. BGH NJW 1986 141; 1986 142; ferner die Kommentare zu § 67 StGB. Meyer-Goßner NStZ 1988 536.
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rung darlegen, dass alle anderen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB gegeben sind, so auch die Vorverurteilungen und die frühere Strafverbüßung. Denn nur, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorliegen, hat es Sinn, ihre Anordnung wegen der Unsicherheit der Prognose über die künftige Gefährlichkeit des Angeklagten einem Nachverfahren vorzubehalten. Die von Absatz 6 Satz 1 (erste Alternative) geforderte Begründung des Vorbehalts der 122 Sicherungsverwahrung verlangt daher – abgesehen von der noch offenen Prognose über die künftige Straffälligkeit des Täters – die lückenlose Darlegung aller vom materiellen Recht geforderten Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung. Die hierüber getroffenen Urteilsfeststellungen sind die allein maßgebenden Grundlagen dafür, wenn später im Nachverfahren über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung zu entscheiden ist. Dieses hat lediglich die Ergänzung des Haupturteils hinsichtlich der nur mehr wegen der Unsicherheit der Prognose vorbehaltenen Entscheidung über diese Maßregel zum Gegenstand, nicht aber das Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung. Die im Haupturteil über Tat und Täter festgestellten Tatsachen und die dort vertretene rechtskräftig gewordene Rechtsauffassung ist für das Nachverfahren verbindlich. Sie müssen daher in den Urteilsgründen mit der gleichen Genauigkeit wie bei der unmittelbaren Anordnung der Sicherungsverwahrung festgestellt werden, damit auf ihrer Grundlage später das Gericht im Nachverfahren die Sicherungsverwahrung verhängen kann, wenn es die künftige Gefährlichkeit des Verurteilten bejahen sollte. Bei der Abfassung der Urteilsgründe ist zu berücksichtigen, dass unterbliebene oder unzureichende Feststellungen über das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung im Nachverfahren nicht mehr nachgeholt werden können. Zur Rechtfertigung des Vorbehalts muss das Urteil die Gründe aufzeigen, warum das 123 Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfindung nicht mit genügender Sicherheit feststellen konnte, ob vom Angeklagten auch künftig erhebliche Straftaten zu befürchten sind, durch die die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden können. Es muss darlegen, warum sich diese Möglichkeit aufgrund der in der Hauptverhandlung gewonnenen Feststellungen über Tat und Täter im Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht ausschließen lässt und dass andererseits in diesem Zeitpunkt aber auch nicht mit der für die sofortige Anordnung der Sicherungsverwahrung notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, dass vom Angeklagten im Zeitpunkt seiner Entlassung aus dem Strafvollzug weitere erhebliche Straftaten der vorstehend bezeichneten Art zu erwarten sind. Warum beide Alternativen noch offen sind, muss unter Würdigung aller festgestellten Tatsachen und aller in der Hauptverhandlung ausgeschöpften Erkenntnisquellen dargelegt werden, wozu auch die Mitteilung der wesentlichen Ergebnisse der angehörten Sachverständigen und eine Auseinandersetzung mit deren Auffassung gehört.490 Damit die richtige Anwendung des materiellen Rechts überprüft werden kann, müssen die Urteilsgründe dies unter Würdigung aller festgestellten Tatsachen lückenlos nachvollziehbar aufzeigen. Dazu gehört auch, welche nach der Sachlage für die Prognose relevanten Umstände offen bleiben mussten, so dass die Anordnung des Vorbehalts notwendig war. c) Formelle Begründungspflichten. Bei Anordnung der Sicherungsverwahrung folgt die 124 Pflicht zur Begründung aus der ersten Alternative des Absatzes 6 Satz 1. Diese deckt sich mit der bereits vorstehend erörterten Pflicht zur Darlegung der richtigen Anwendung des
490
Vgl. Rn. 66.
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materiellen Rechts. Insoweit besteht auch die formelle Begründungspflicht unabhängig davon, ob und welche Anträge zur Sicherungsverwahrung gestellt wurden. Wieweit sich das Urteil bei Anordnung der Sicherungsverwahrung auch mit den Argumenten auseinandersetzen muss, die für eine Verschiebung dieser Entscheidung in das Nachverfahren vorgebracht wurden, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wichtig ist, dass die Urteilsgründe zweifelsfrei aufzeigen, warum das Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung alle Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung für sicher gegeben hielt oder aber, dass ihm eine sofortige Entscheidung über diese Maßregel nicht möglich war, weil es aufgrund des Ergebnisses der Hauptverhandlung die künftige Gefährlichkeit des Angeklagten nicht sicher beurteilen konnte. Die Tatsachen und Erwägungen, die einer sicheren Prognose entgegenstanden, sind darzulegen, denn § 66a StGB lässt das Nachverfahren nur zu, wenn das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen kann, ob der Verurteilte für die Allgemeinheit im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch künftig gefährlich ist. Die immer bestehende Möglichkeit, dass nach der Strafvollstreckung die vom Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung mit der erforderlichen Sicherheit für gegeben erachteten Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung später wegfallen, reicht für sich allein nicht aus, um die nach den Feststellungen im Zeitpunkt der Urteilsfällung gebotene sofortige Anordnung der Sicherungsverwahrung durch den Vorbehalt des Nachverfahrens zu ersetzen. Hat das Gericht entgegen einem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag von der 125 Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen, muss es nach der zweiten Alternative von Absatz 6 Satz 1 seine dafür maßgebenden Erwägungen in den Urteilsgründen darlegen. Diese formelle Begründungspflicht gilt auch, wenn es die Entscheidung dem Nachverfahren vorbehält, statt, wie beantragt, selbst darüber endgültig zu entscheiden. Die formelle Begründungspflicht wird aber nur ausgelöst, wenn das Gericht hinter einem Antrag zurückgeblieben ist, der auf Anordnung der Sicherungsverwahrung oder auf deren Vorbehalt für das Nachverfahren gerichtet war. Das endgültige Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung kann allerdings jetzt nicht mehr damit begründet werden, dass im Zeitpunkt der Urteilsfällung die für eine solche Anordnung unerlässliche Bejahung der künftigen Gefährlichkeit des Verurteilten nicht mit der erforderlichen Sicherheit möglich war. Gerade für diesen Fall sieht das Gesetz jetzt den Vorbehalt vor, der es erlaubt, darüber später unter Verwendung der durch den Strafvollzug gewonnenen zusätzlichen Erkenntnisse über die Person des Verurteilten im Nachverfahren zu entscheiden.
126
d) Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB und der an ihre Stelle tretenden Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB erweitert Absatz 6 Satz 2 die Begründungspflicht. Das Gericht muss also nicht nur nach Satz 1 die Anordnung einer solchen Maßnahme begründen, sondern es muss auch, ohne Rücksicht darauf, ob ein dementsprechender Antrag gestellt wurde, in den Urteilsgründen darlegen, weshalb es die Maßregel nicht angeordnet hat, wenn ihre Verhängung nach der Art der Straftat in Betracht kam.491 Bei allen mit Strafe bedrohten Handlungen, die bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurden, muss also das Gericht
491
Zweck dieser Erweiterung ist, dem Ergebnis des Strafverfahrens nach § 4 Abs. 3 StVG den Vorrang vor Entscheidungen im Verwaltungswege zu sichern; vgl. OLG Hamm VRS
524
43 (1972) 21; Lackner JZ 1965 125; KK/Engelhardt 35; KMR/Paulus 99; MeyerGoßner 37; SK/Velten 66.
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im Urteil zur Anwendbarkeit des § 69 StGB Stellung nehmen, ganz gleich, wie es sich entschieden hat. Die Begründungspflicht besteht ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls bereits dann, wenn die objektiven Voraussetzungen des § 69 StGB gegeben sind.492 Wegen der Erfordernisse der Begründung, insbesondere wegen der Bedeutung der Regelbeispiele des § 69 Abs. 2 StGB, die auch der Erleichterung der Begründung dienen,493 wird auf die Erläuterungen zu § 69 StGB verwiesen. 15. Für das Fahrverbot nach § 44 StGB, § 25 StVG gilt die erweiterte Begründungs- 127 pflicht nach Absatz 6 Satz 2 nicht. Wird diese Nebenstrafe verhängt, sind nach § 267 Abs. 3 Satz 1 die dafür bestimmenden Gesichtspunkte in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des materiellen Rechts darzulegen,494 wobei mitunter gleichzeitig die Ablehnung der Entziehung der Fahrerlaubnis zu begründen ist (Rn. 126). Wird ein Fahrverbot nicht angeordnet, braucht dies nur begründet zu werden, wenn die festgestellten Umstände dazu drängten und dies notwendig ist, um die fehlerfreie Anwendung des materiellen Rechts aufzuzeigen.495 16. Verfall, Einziehung, Unbrauchbarmachung und sonstige Nebenfolgen. Soweit diese 128 Nebenfolgen Strafcharakter haben, folgt die Verpflichtung, die Umstände, die für ihre Verhängung bestimmend waren, im Urteil anzugeben, aus Absatz 3 Satz 1.496 Werden Nebenfolgen verhängt, muss das Urteil die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen dafür angeben. Was im Einzelnen anzuführen ist, richtet sich nach den Anforderungen des materiellen Rechts, dessen richtige Anwendung aufzuzeigen ist. § 267 enthält insoweit keine speziellen Vorschriften. Die Maßnahmen sind in die für die Findung einer schuldangemessenen Sanktion erforderliche Gesamtschau aller Strafen mit einzubeziehen, sofern ihre Auswirkungen dabei ins Gewicht fallen, wie etwa bei Einziehung einer Sache von beträchtlichem Wert.497 Soweit eine Nebenfolge als Strafe oder als Sicherungsmaßnahme angeordnet werden kann, wie etwa die Einziehung, muss schon wegen der jeweils zu berücksichtigenden verschiedenen Gesichtspunkte erkennbar sein, ob das Gericht sie zum Zwecke der Ahndung oder zum Zwecke der Sicherung angeordnet hat.498 Bei Sicherungsmaßnahmen muss wegen des auch hier geltenden Übermaßverbotes erörtert werden, ob der Zweck dieser Anordnungen mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreichbar ist.499 Bei Verfall und Einziehung müssen die Voraussetzungen, von denen sie abhängen, tat- 129 bestandsmäßig aufgezeigt werden, bei § 74 StGB also die Beziehung der genau zu bezeichnenden eingezogenen Sache zur Tat sowie, dass die Sache dem Täter gehört oder die Allgemeinheit gefährdet usw. Insoweit muss auf die Erläuterungen zu §§ 73 ff. StGB ver-
492 493 494 495 496
497
OLG Hamm VRS 43 (1972) 21. Vgl. Meyer-Goßner/Appl 588; Schreiner DAR 1978 272. Vgl. Meyer-Goßner/Appl 524. Vgl. Rn. 88. Nach BGH bei KK/Engelhardt 36 folgt die Begründungspflicht nur aus dem sachlichen Recht und nicht aus der analogen Anwendung des Absatzes 3 Satz 1; noch anders SK/Velten 69, die die Begründungspflicht aus § 34 ableitet. BGH GA 1983 521; NStZ 1985 362; StV 1989 529; 1993 360; 1995 301; OLG
498 499
Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1985 140; anders, wenn nach der Sachlage die Einziehung die Bemessung der Hauptstrafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag, BGH MDR 1984 241; StV 1988 201; vgl. ferner etwa BGHSt 28 369; OLG Köln NJW 1965 2360; OLG Saarbrücken NJW 1975 66. BayObLG NJW 1994 535. BGHSt 23 269; BGH bei Holtz MDR 1981 266; OLG Düsseldorf VRS 80 (1991) 23; OLG Stuttgart NJW 1975 66.
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wiesen werden.500 Steht die Anordnung im Ermessen des Gerichts, müssen die Gründe erkennen lassen, dass sich das Gericht dieses Umstandes bewusst war.501 Gleiches gilt, wenn dem Gericht mehrere Alternativen zur Wahl standen.502 Werden Verfall, Einziehung oder die Anordnung einer sonstigen Nebenfolge nicht 130 ausgesprochen, obwohl sie nach den getroffenen Feststellungen in Betracht kommen, dann müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, weshalb dies unterblieben ist.503
VI. Abgekürztes Urteil (Absatz 4) 131
1. Anwendungsbereich. Absatz 4 betrifft nur die abgekürzte Begründung eines verurteilenden Erkenntnisses. Für die Abkürzung freisprechender Urteile gilt Absatz 5 Satz 2 und 3.504 Enthält das Urteil neben der Verurteilung einen Freispruch, so ist für Zulässigkeit und Inhalt der abgekürzten Fassung im einen Fall Absatz 4, im anderen Absatz 5 Satz 2 maßgebend. Im Jugendstrafverfahren sind diese Bestimmungen entsprechend anwendbar, das Urteil muss hier jedoch den von § 54 JGG geforderten Inhalt haben, so dass sich bei Verurteilungen der Entlastungseffekt des Absatzes 4 meist in Grenzen hält.505 Im Bußgeldverfahren enthält § 77b OWiG eine weitgehend gleichartige Regelung, die jedoch seit der Neufassung von 1998 die abgekürzte Fassung des Urteils auch in einigen Fällen zulässt, in denen es noch nicht rechtskräftig geworden ist, so, wenn die Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat, ferner bei Geldbußen bis zu 250 € auch, wenn der Betroffene von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden und im Verlauf der Hauptverhandlung von einem Verteidiger vertreten war.506 In diesen Fällen lässt § 77b Abs. 2 OWiG dann die nachträgliche Ergänzung des Urteils zu.507
132
2. Rechtskraft. Voraussetzung für die abgekürzte Abfassung des Urteils ist, dass das Urteil im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch unanfechtbar geworden ist.508 Alle, die den konkreten Urteilsspruch in einem Punkt anfechten können,509 müssen entweder auf Rechtsmittel verzichtet oder innerhalb der eventuell unterschiedlich endenden Anfechtungsfristen kein Rechtsmittel eingelegt haben. Dem steht es gleich, wenn ein eingelegtes Rechtsmittel zurückgenommen worden ist oder wenn ein Anfechtungsberechtigter auf Rechtsmittel verzichtet hat, während die anderen die Anfechtungsfrist ungenützt verstreichen ließen. Unerlässlich ist seit der Neufassung nur noch, dass im Zeitpunkt der Urteilsabfassung feststeht, dass das Urteil in seinen entscheidenden Teilen, also sowohl hinsichtlich des Schuld- als auch des Rechtsfolgenausspruchs, unanfechtbar geworden ist. Dass
500 501
502 503 504
Vgl. KMR/Paulus 95. BGHSt 19 256 („war einzuziehen“ genügt dafür nicht); BGH bei Dallinger MDR 1951 657; OLG Köln NJW 1965 2360; OLG Koblenz GA 1974 378; OLG Saarbrücken NJW 1975 66; KMR/Paulus 95; SK/Velten 69. OLG Oldenburg NJW 1971 769; KMR/Paulus 95; vgl. BGHSt 28 369. KK/Engelhardt 36; SK/Velten 69. Vgl. Rn. 165 und zur Frage der abgekürzten Fassung bei Einstellungsurteilen Rn. 169.
526
505 506 507 508
509
Peters § 52 IV (§ 54 JGG ist vorgehende Spezialvorschrift); Meyer-Goßner/Appl 746. Vgl. Katholnigg NJW 1998 571. Wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentare zu § 77b OWiG. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 112; KK/Engelhardt 37; Meyer-Goßner 24; a.A. Niehaus NZV 2003 409, 412. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1971 898; ferner bei § 296.
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die Kostenentscheidung mit Beschwerde nach § 464 Abs. 3 angefochten ist oder dass die Entscheidung nach § 8 Abs. 3 StrEG oder der Beschluss nach § 268a Gegenstand einer Beschwerde ist, schließt die abgekürzte Fassung nicht aus.510 Für Urteile, die überhaupt keiner Anfechtung unterliegen, weil sie mit der Verkün- 133 dung rechtskräftig werden, wie etwa die Urteile der Revisionsgerichte, gilt Absatz 4 nicht.511 Betraf das Urteil mehrere Angeklagte und ist es nur gegen einen unanfechtbar gewor- 134 den, so ist die abgekürzte Abfassung nur hinsichtlich solcher Taten möglich, an denen die Mitangeklagten unbeteiligt waren.512 Bei mehreren Taten im Sinne des § 264 kann für die eine die Abkürzung zulässig sein und für die andere nicht.513 3. Ermessen des Gerichts. Ob das Gericht von der Möglichkeit des Absatzes 4 Ge- 135 brauch machen will, steht in seinem Belieben (Satz 3). Auch wenn die Voraussetzungen vorliegen, ist es dazu nicht verpflichtet. Es kann von der Arbeitsweise her rationeller sein, wenn das Urteil sofort nach der Hauptverhandlung vollständig abgesetzt wird, als abzuwarten, ob nach Ablauf der Anfechtungsfrist die Voraussetzungen für ein abgekürztes Urteil eintreten.514 4. Inhalt. Eine abgekürzte Urteilsfassung sollte das Gericht durch einen entsprechen- 136 den Vermerk – zweckmäßigerweise in Verbindung mit der Überschrift „Gründe“ „abgekürzt nach § 267 Abs. 4 StPO“ – kenntlich machen.515 Die abgekürzten Urteilsgründe müssen nur die für erwiesen erachteten Tatsachen 137 angeben, in denen das Gericht die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden hat (vgl. Rn. 35 ff.) sowie das angewandte Strafgesetz (Rn. 77 ff.); Ausführungen zur Beweislage bedarf es nicht. Anzugeben sind ferner die verhängten Rechtsfolgen und die sie tragenden Bestimmungen.516 Die durch § 267 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3 und 6 Satz 1 festgelegten besonderen Begründungspflichten sind für das abgekürzte Urteil nicht zwingend.517 Die Angaben nach Absatz 6 Satz 2 sind dagegen wegen der Bindungswirkung des Strafurteils stets erforderlich.518 Abgesehen von dem durch Absatz 4 Satz 1 und 2 festgelegten Mindestinhalt entschei- 138 det das Ermessen des Gerichts, was unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls in die Urteilsbegründung noch aufzunehmen ist. Dieses Ermessen hat sich am Zweck der
510 511
512 513 514
515
KK/Engelhardt 37; KMR/Paulus 108; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 59. BVerfG NJW 2004 209, 210 (Berufungsurteil nach Jugendrecht); KK/Engelhardt 37; Meyer-Goßner 24; SK/Velten 59; Eb. Schmidt 34. BGH bei Dallinger MDR 1971 898; KMR/Paulus 108. HK/Julius 28; KK/Engelhardt 37; MeyerGoßner 24. Brünger DRiZ 1974 230; Rieß NJW 1975 87; Werner DRiZ 1974 125; KK/Engelhardt 37; KMR/Paulus 109. KK/Engelhardt 37; KMR/Paulus 109; Meyer-Goßner 24; Meyer-Goßner/Appl 613
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m.w. Beispielen („bezüglich der Verurteilung wegen … abgekürzt gem. § 267 Abs. 4“ oder „in Richtung gegen den Angeklagten A abgekürzt gem. § 267 Abs. 4“). KK/Engelhardt 38; KMR/Paulus 110; Meyer-Goßner 25; Meyer-Goßner/Appl 614 ff. Vgl. KK/Engelhardt 38; KMR/Paulus 110; Meyer-Goßner 25; Meyer-Goßner/Appl 614; SK/Velten 60. Zur Sachdienlichkeit solcher Angaben vgl. Rn. 169. BTDrucks. 8 976 S. 56 (wegen § 4 Abs. 2, 3 StVG immer erforderlich); BayVerwGH 11.7.2007 – 11 CS 07.535 Rn. 16; vgl. auch Rn. 126.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Urteilsgründe zu orientieren,519 wobei allerdings der Gesichtspunkt, dass dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Rechtsanwendung ermöglicht werden soll, ausscheidet. Gedacht ist vor allem an Ausführungen, die für den Strafvollzug, für nachträgliche Entscheidungen über die Rechtsfolgen, wie den Widerruf der Strafaussetzung oder über die bedingte Entlassung, wichtig sind oder die für spätere Verfahren Bedeutung haben, jedoch nicht ohne weiteres aus den Akten feststellbar sind.520 Vor allem bei der Anordnung längerer Freiheitsstrafen oder bei Maßregeln der Besserung und Sicherung ist die Würdigung der Täterpersönlichkeit und die Mitteilung der für die Strafzumessung und die Anordnung der Maßregel bestimmenden Erwägungen am Platze.521 Überhaupt wird auch beim abgekürzten Urteil die Bedeutung der Sache die Ermessensausübung beeinflussen müssen; während sich bei Bagatellsachen, die mit einer Geldstrafe geahndet werden, meist jede über den Mindestinhalt hinausgehende Begründung erübrigt,522 sind bei schwerwiegenden Strafen zusätzliche Ausführungen meist angezeigt. 5. Bezugnahme auf Anklage
139
a) Zweck. Um die schnelle Urteilsabsetzung bei rechtskräftigen Urteilen noch weiter zu erleichtern, Richter und Schreibkanzleien von überflüssigem Aufwand zu entlasten und so zur Verfahrensbeschleunigung beizutragen, lässt Absatz 4 Satz 1 zweiter Halbsatz jetzt bei allen Urteilen zu, die nach Satz 1 auch bei abgekürzten Urteilen erforderliche Angabe der erwiesenen tatbestandsrelevanten Tatsachen und der angewandten Rechtsvorschriften durch die Bezugnahme auf den Anklagesatz bzw. die ihm gleichgestellten Schriftstücke (Rn. 146 f.) zu ersetzen.523 Vor allem bei geständigen Tätern ergibt die Hauptverhandlung vielfach den gleichen Sachverhalt wie er bereits der Anklage zugrunde liegt, so dass es als überflüssiges Schreibwerk erscheint, wenn dieser im Urteil nochmals wiederholt werden muss, obwohl er dem Angeklagten und allen Verfahrensbeteiligten bereits aus der Anklageschrift bekannt ist. Die Bezugnahme auf den Anklagesatz soll vor allem den Richtern die besondere Urteilsabsetzung ersparen. Bei allseitigem Rechtsmittelverzicht können sie das Urteil nebst den auf die Bezugnahme beschränkten Gründen gleich in das Hauptverhandlungsprotokoll gemäß § 275 Abs. 1 Satz 2 aufnehmen.524
140
b) Die tragenden Urteilsfeststellungen werden durch die Bezugnahme auf den Anklagesatz ersetzt. Anders als bei der nur ergänzenden Verweisung auf die Einzelheiten von Abbildungen nach Absatz 1 Satz 3 wird hier der Grundsatz durchbrochen, dass das Urteil aus sich heraus verständlich sein muss.525 Durch die Bezugnahme wird der Wortlaut des Anklagesatzes inhaltlich zum Bestandteil des Urteils.526 Seine Kenntnis ist zum Verständ-
519 520
521
522 523
BTDrucks. 7 551 S. 82; s.a. Werner DRiZ 1974 125. KK/Engelhardt 38; Meyer-Goßner 28; SK/Velten 60; ferner etwa Meyer-Goßner/ Appl 616; Rieß NJW 1975 87; Schäfer 1538; Werner DRiZ 1974 125. KMR/Paulus 110; Franke DRiZ 1977 244 gegen Feldmann DRiZ 1977 183; Schalast/ Leygraf DRiZ 1994 174. Meyer-Goßner 28; Meyer-Goßner/Appl 616; Schäfer 1538. Das StVÄG 1979 hat die Bezugnahme auf den Anklagesatz erneut zugelassen, nach-
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dem die 1921 eröffnete Möglichkeit der Bezugnahme auf den Eröffnungsbeschluss – später dann auf die Anklageschrift – durch das Vereinheitlichungsgesetz 1950 entfallen war. Zu den früheren Regelungen vgl. Kiesow JW 1921 376; Dittmann JW 1922 993. BTDrucks. 8 976 S. 56; Rieß NJW 1978 2271. Hiergegen hatte das Schrifttum bereits früher Bedenken erhoben; vgl. v. Hippel 366; auch Meyer-Goßner/Appl 617; Meyer-Goßner NJW 1987 1164. KMR/Paulus 115; Meyer-Goßner 26.
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§ 267
nis des Urteils unerlässlich. Deshalb muss er den Urteilsausfertigungen zumindest dann in Abschrift oder Ablichtung beigefügt werden, wenn diese an Personen oder Stellen hinausgehen, die nicht die Anklageschrift oder die sie ersetzende Schrift (vgl. Rn. 146 f.) in Händen haben.527 Es wird ferner dafür zu sorgen sein, dass die zur Ergänzung des Urteils notwendigen Aktenteile ebenso lange aufbewahrt werden wie das rechtskräftige Urteil. Die Verweisung ist auch wegen einzelner, prozessual selbständiger Taten möglich, bei 141 denen die Tatsachen unverändert geblieben sind.528 Dies gilt allerdings nicht, wenn die auf Geldstrafe lautende Einzelstrafe bei einer solchen Tat in eine auf Freiheitsstrafe lautende Gesamtstrafe mit einbezogen wird.529 Das Urteil als Grundlage der Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird in diesen Fällen ohne Verweisungen abzufassen sein. Dies erscheint um so eher angezeigt, als in solchen Fällen der Vereinfachungseffekt der Bezugnahme gering wäre. c) Voraussetzungen der Bezugnahme sind, dass das Urteil keine anderen als die in 142 Absatz 4 Satz 1 zweiter Halbsatz angeführten Rechtsfolgen (Geldstrafe, Fahrverbot, Entziehung der Fahrerlaubnis, Einziehung des Führerscheins, Verwarnung mit Strafvorbehalt) verhängt (Rn. 144) und dass es den gleichen Sachverhalt für erwiesen hält, wie der in Bezug genommene Anklagesatz. Liegen diese keiner ausdehnenden Auslegung zugänglichen Voraussetzungen nicht vor, dürfen die auch bei abgekürzten Urteilen in den Urteilsgründen zu treffenden Feststellungen der für erwiesen erachteten Tatsachen (Rn. 137) nicht durch eine Bezugnahme auf den Anklagesatz ersetzt werden. Die frühere Beschränkung der Bezugnahme auf die Urteile des Strafrichters und des 143 Schöffengerichts ist entfallen, so dass jetzt die abgekürzten Urteile aller Gerichte,530 deren Rechtsfolgenausspruch sich in den vorgegebenen Grenzen hält, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können. Dies dürfte sogar für ein Berufungsurteil gelten, das unter Aufhebung des Ersturteils eine Geldstrafe verhängt. In der Regel dürfte dies aber weder eine nennenswerte Vereinfachung bringen noch der Sache gerecht werden. Das Urteil darf nur auf Geldstrafe lauten; daneben darf allenfalls ein Fahrverbot oder 144 die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine mit dieser verbundene Einziehung des Führerscheins (§ 69 Abs. 3 Satz 2; § 74 Abs. 4 StGB) sowie eine Verwarnung mit Strafvorbehalt angeordnet worden sein. Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten stehen den Geldstrafen gleich.531 Bei anderen Strafen oder Nebenfolgen muss wegen der Bedeutung der Strafe oder den Besonderheiten der erkannten Rechtsfolgen die Bezugnahme auf den Anklagesatz unterbleiben. Vor allem bei abgekürzten Urteilen, die auf Freiheitsstrafe lauten oder die eine andere Maßregel der Besserung und Sicherung verhängen, ist für einen Ersatz der eigenen Urteilsbegründung durch eine Bezugnahme kein Raum.532 d) Gegenstand der Bezugnahme ist der Anklagesatz (§ 200 Abs. 1 Satz 1), so wie ihn 145 das Gericht zugelassen hat. Sofern das Gericht die erhobene Anklage nur mit Änderungen zulässt, ist dies der Anklagesatz der nachgereichten Anklage nach § 207 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder der Anklagesatz, der gemäß § 243 Abs. 3 Satz 3 mündlich vorgetragenen 527 528 529
AK/Wassermann 26; KMR/Paulus 115; Meyer-Goßner 26; SK/Velten 60. BTDrucks. 8 976 S. 56; KMR/Paulus 112; Meyer-Goßner 26. OLG Braunschweig StraFo 2008 247; KMR/Paulus 112; Meyer-Goßner 26.
530 531 532
KK/Engelhardt 38; Meyer-Goßner 26; vgl. auch Rieß/Hilger NJW 1987 1164. Vgl. § 46 OWiG; KK/Engelhardt 38; aber auch § 77b OWiG und Rn. 131. Vgl. KMR/Paulus 112.
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Anklage nach § 207 Abs. 2 Nr. 3, 4.533 Dabei wird vorausgesetzt, dass letzterer in den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 in seinem Wortlaut eindeutig feststellbar ist und keine Unklarheiten entstehen. Fälle einer veränderten Anklage dürften sich deshalb für die Bezugnahme nur in Ausnahmefällen empfehlen. Der zugelassenen Anklage stehen der Anklagesatz im Strafbefehl und im Strafbefehls146 antrag (§§ 408 Abs. 2, 409 Abs. 1 Nr. 3, 4) gleich,534 ferner die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 im beschleunigten Verfahren.535 Im Bußgeldverfahren folgt aus der sinngemäßen Anwendung (§ 46 OWiG) des § 267 Abs. 4, dass das Urteil auf den Bußgeldbescheid verweisen darf.536 Der Verweisungsbeschluss nach § 270 Abs. 2537 oder der Übernahmebeschluss nach 147 § 225a Abs. 3 scheiden für die Bezugnahme ebenso aus wie die Nachtragsanklage nach § 266 Abs. 2.538
148
e) Ermessen des Gerichts. Ob die Begründung eines abgekürzten Urteils durch die Bezugnahme auf den Anklagesatz noch weiter verkürzt werden kann, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Entscheidung obliegt an sich nicht dem Vorsitzenden oder dem Urteilsverfasser allein, sondern ist von den für die Urteilsfassung verantwortlichen Berufsrichtern539 zu treffen. Die Ermessensausübung hat sich an dem Zweck der schriftlichen Urteilsgründe zu 149 orientieren, die den Verfahrensbeteiligten und den später mit dem Urteil befassten Personen Klarheit über den Grund der Verurteilung und über den Gegenstand der Urteilsfindung verschaffen sollen. Die Bezugnahme setzt voraus, dass nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung im Wesentlichen die gleichen Tatsachen erwiesen sind, die im Anklagesatz angegeben wurden. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte540 und dem Vereinfachungszweck der Bezugnahme, der nicht erreicht würde, wenn man neben der Bezugnahme noch abweichende Tatsachenfeststellungen hinsichtlich der gesetzlichen Merkmale der Straftat zulassen würde. Es ist zwar möglich, einige zusätzliche klarstellende Feststellungen in das Urteil aufzunehmen, etwa Tatort oder Tatzeit zu präzisieren, um der Klarheit der Urteilsgründe willen bleibt dafür aber nur ein eng begrenzter Raum.541 Unklarheiten durch die Bezugnahme dürfen nicht entstehen. Sind größere Ergänzun150 gen zur Klarstellung notwendig, so ist der mit der Verweisung erstrebte Vereinfachungseffekt ohnehin nicht erreichbar. Grundsätzlich kommt für die Bezugnahme nur ein Anklagesatz in Frage, der sich nach Inhalt und Wortlaut uneingeschränkt dafür eignet, vom Gericht für die Wiedergabe der eigenen Feststellungen übernommen zu werden. Vor allem muss in ihm auch die Tat so konkret beschrieben sein, dass später keine Zweifel hinsichtlich des Gegenstandes der Aburteilung und des Verbrauchs der Strafklage entstehen können. Wird die Anklage nur mit Änderungen zugelassen, so wird vielfach von einer Bezugnahme abzusehen sein.542
533 534 535 536
BTDrucks. 8 976 S. 56; KMR/Paulus 113; Meyer-Goßner 27. KK/Engelhardt 38; Meyer-Goßner 27; SK/Velten 60. KK/Engelhardt 38; Meyer-Goßner 27; SK/Velten 60. BTDrucks. 8 976 S. 56; OLG Hamm VRS 62 (1982) 294; 64 (1983) 44; KK/Engelhardt 38; vgl. aber § 77b OWiG (Absehen von Urteilsgründen).
530
537 538 539 540 541
542
KK/Engelhardt 38; KMR/Paulus 113. KMR/Paulus 113. Vgl. LR/Stuckenberg § 275, 35 ff. BTDrucks. 8 976 S. 56. Vgl. Rieß NJW 1978 2271 (Deckung in allen wesentlichen Feststellungen); KMR/Paulus 114; Schäfer 1539. Vgl. Rn. 145.
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Unterbleiben sollte die Bezugnahme auch sonst, wenn von ihr keine Vereinfachung zu 151 erwarten ist, etwa bei der Verweisung auf ganz kurze Anklagesätze, deren inhaltliche Wiedergabe im Urteil nicht mehr Aufwand erfordert als die Formulierung der Verweisung, ferner, wenn der Rechtsfolgenausspruch eine nähere Begründung erfordert,543 die auch auf den zum Tatbestand festgestellten Sachverhalt eingehen muss, etwa, um aufzuzeigen, weshalb trotz der festgestellten Tatsachen eine Entziehung der Fahrerlaubnis unterbleiben konnte.544 Eine Bezugnahme auf den Anklagesatz würde in solchen und ähnlichen Fällen nur das Verständnis des Urteils erschweren, ohne dessen beschleunigte Absetzung wesentlich zu fördern. f) Für die Bezugnahme selbst ist keine bestimmte Formel vorgeschrieben; es muss 152 jedoch eindeutig erkennbar sein, dass, gegebenenfalls in welchem Umfang, sich das Gericht die im zugelassenen Anklagesatz enthaltenen Feststellungen zu eigen macht. Dies kann auch dadurch geschehen, dass das Gericht ausführt, es erachte die im Anklagesatz bezeichnete Tat für erwiesen.545 6. Hinweis auf Verständigung (Absatz 4 Satz 2). Um auch bei einem abgekürzten Urteil 153 für die Gründe „Transparenz herzustellen“,546 ist der Hinweis, dass dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist, zwingend vorgeschrieben, so dass der im Jahr 2009 eingefügte neue Satz 2 des Absatzes 4 zwar auf den neuen Absatz 3 Satz 5 verweist, sich aber nur darauf beziehen kann, dass innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird, weil ein Rechtsmittelverzicht nach einer Verständigung ausscheidet (§ 302 Abs. 1 Satz 2). 7. Nachträgliche Ergänzung des abgekürzten Urteils a) Zweck. Absatz 4 Satz 4 lässt die nachträgliche Ergänzung eines abgekürzten Ur- 154 teils zu, wenn die Unanfechtbarkeit als Voraussetzung für die Kurzfassung nachträglich entfällt, weil einem Anfechtungsberechtigten gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung gewährt worden ist. Der Grundsatz von der Unabänderlichkeit der Urteilsbegründung erfährt dadurch eine Ausnahme.547 Das abgekürzte Urteil ist zwar ein mit Gründen versehenes Urteil im Sinne des § 338 Nr. 7,548 wird es aber der Nachprüfung durch das höhere Gericht unterstellt, muss sein Inhalt den Anforderungen genügen, die sich aus dem sachlichen Recht und den § 267 Abs. 1 bis 3, 6 ergeben.549 Um unnötige Aufhebungen zu vermeiden, ist die nachträgliche Ergänzung notwendig.550 Für eine Bezugnahme auf den Anklagesatz ist dann kein Raum mehr; die Tatbestandsmerkmale sind durch eigene Feststellungen in den Urteilsgründen zu belegen.
543 544 545 546 547
Vgl. Rn. 138. Vgl. Rn. 137. Vgl. die Beispiele bei Meyer-Goßner/Appl 617; ferner Kiesow JW 1921 376. BTDrucks. 16 12310 S. 15. OLG Stuttgart MDR 1984 118. Zu unterscheiden ist zwischen der bei allen Urteilen – auch den abgekürzten Urteilen – bestehenden Möglichkeit, die Gründe zu ändern oder zu ergänzen, solange sie den internen Gerichtsbereich noch nicht verlassen haben (vgl. OLG Köln VRS 63 (1982) 460; LR/Stuckenberg § 268, 43; § 275, 55 ff.)
548 549 550
und der bei abgekürzten Urteilen unabhängig davon bestehenden, aber erst nach diesem Zeitpunkt praktisch bedeutsamen Änderungsbefugnis nach § 267 Abs. 4 Satz 4. KMR/Paulus 122; KK/Engelhardt 37. BGH nach KK/Engelhardt 37; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 112. Gössel § 33 D IIIc 5; SK/Velten 62. Peters Der neue Strafprozess (1975) 178 lehnt die nachträgliche Ergänzung wegen der Durchbrechung des Grundsatzes der Unveränderlichkeit des einmal festgelegten Urteils ab.
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b) Die Ergänzung des Urteils ist nur innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 zulässig. Diese Frist (fünf Wochen, ggf. länger) läuft von der Verkündung des Urteils an. Nach dem Wortlaut von Absatz 4 Satz 4 könnte angenommen werden, dass die eigentliche Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 auch hier der Ergänzung des Urteils eine absolute zeitliche Grenze setzt, ohne Rücksicht darauf, wann die Wiedereinsetzung gewährt worden ist. Dies würde mit dem Zweck des § 275 Abs. 1 Satz 2 übereinstimmen, der den Gefahren einer zu lange nach der Urteilsverkündung zu Papier gebrachten Urteilsbegründung begegnen will. Gegen diese Auslegung lässt sich aber anführen, dass die Wiedereinsetzung mitunter erst nach Ablauf der von der Urteilsverkündung an laufenden Frist beantragt oder bewilligt wird, es aber nicht Sinn der Regelung sein kann, die Ergänzung der Begründung in diesen Fällen auszuschließen und den Bestand des zulässigerweise in abgekürzter Form erstellten Urteils zu gefährden. Nach vorherrschender Ansicht bestimmt die Verweisung nur die Dauer der Frist.551 Der Beginn des Fristlaufs war lange Zeit umstritten. Die ehemals herrschende Meinung stellte auf den Erlass des die Wiedereinsetzung bewilligenden Beschlusses ab,552 andere auf dessen Zustellung553 oder den Eingang der Akten554 bei dem für die Ergänzung zuständigen Gericht. Dem Gesetzeszweck, dem Tatgericht in jedem Fall nach gewährter Wiedereinsetzung die Möglichkeit zur Urteilsergänzung innerhalb der Frist des § 275 zu geben, wird nur die letztgenannte Ansicht gerecht,555 denn wenn es auf den Erlass des Wiedereinsetzungsbeschlusses ankäme, hinge es von den Unwägbarkeiten des Aktenrücklaufs zum Tatgericht ab, ob und wieviel Zeit für die Urteilsergänzung zur Verfügung bliebe. Maßgebend ist demnach der anhand des Eingangsstempels leicht feststellbare Eingang bei dem für die Ergänzung zuständigen Gericht, nicht dem zur Ergänzung berufenen Richter selbst.556 Eine nach Ablauf der Frist vorgenommene Ergänzung ist für das Revisionsgericht unbeachtlich.557 Im Übrigen aber scheitert die Ergänzung nach Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht daran, dass das Urteil in der abgekürzten Fassung an Verfahrensbeteiligte hinausgegeben worden ist. Wird gegen ein abgekürzt begründetes Urteil nach Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist erst Berufung eingelegt und sodann zur Revision übergegangen, so beginnt die Frist zur Urteilsergänzung erst mit dem Übergang von Berufung zur Revision.558
156
c) Wird das Urteil vom Gericht in Unkenntnis seiner rechtzeitigen Anfechtung – etwa, weil die rechtzeitig eingegangene Rechtsmittelschrift verspätet zu den Akten gelangte – in abgekürzter Form erstellt, so scheidet nach der vorherrschenden Meinung eine Urteilsergänzung in entsprechender Anwendung von Absatz 4 Satz 4 aus, weil die
551 552
553 554
BGHSt 52 349, 352; BayObLGSt 1977 77, 79; Stuckenberg JR 2009 166 f. m.w.N. BayObLGSt 1981 84 = NJW 1981 2589; vgl. auch BayObLGSt 1979 148 = VRS 58 (1980) 34; BayObLGSt 1977 77 = MDR 1977 778 (aufgegeben in OLG München 23.7.2009 – 4 StRR 107/09); OLG Düsseldorf JMBlNW 1982 139; OLG Köln VRS 63 (1982) 460; AK/Wassermann 27; KK/Engelhardt 39; LR/Gollwitzer 25 144. Kleinknecht 33 29. Rieß NStZ 1982 441, 445 Fn. 101; MeyerGoßner 30; Meyer-Goßner/Appl 618; SK/Velten 63; SK/Frister § 275, 14; obiter auch BGH NStZ 2004 508, 509; bei Becker
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NStZ-RR 2002 26; BGH 12.6.2008 – 5 StR 114/08. BGHSt 52 349, 352 ff. mit zust. Anm. Rieß NStZ 2009 229 und Stuckenberg JR 2009 166; BGH StV 2010 120; OLG München 23.7.2009 – 4 StRR 107/09; entsprechend für die Rechtsbeschwerde OLG Brandenburg VRS 116 (2009) 450 f.; OLG Hamm VRR 2009 358. BGHSt 52 349, 354. OLG Hamburg MDR 1978 247; KK/Engelhardt 39; Meyer-Goßner 30. Vgl. LR/Stuckenberg § 275, 17. OLG München NJW 2007 96, 97; MeyerGoßner 30; krit. Rieß NStZ 2009 229, 230.
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Voraussetzungen für die Abkürzung von Anfang an nicht vorlagen und der Grundsatz von der Unabänderlichkeit des Urteils es verbiete, bei Rechtsmitteleinlegung nachträgliche Änderungen zuzulassen.559 Anders soll es sein in besonders gelagerten, der Wiedereinsetzung ähnlichen Ausnahmefällen, etwa bei unerkannt unwirksamer Rücknahme einer Revision.560 Zwingend ist diese grundsätzliche Ablehnung nicht, zumal der Gesetzgeber den Grundsatz von der Unabänderlichkeit des abgekürzten Urteils aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit selbst gelockert hat, die nachträgliche Ergänzung der Gründe auch keine schützenswerten Belange des Angeklagten und der anderen Verfahrensbeteiligten beeinträchtigt und so eine Urteilsaufhebung aus Formalgründen vermieden werden kann. Die Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit, die auch sonst die Auslegung des Absatzes 4 bestimmen, sprechen dafür, seinen Satz 4 entsprechend anzuwenden, wenn das Gericht in Unkenntnis der Anfechtung das Urteil in abgekürzter Form erstellt hat.561 Die Änderungsfrist beginnt dann mit der Kenntnis des Gerichts vom Nichteintritt der Rechtskraft zu laufen. Der analogen Anwendung der Ergänzungsbefugnis des Absatzes 4 Satz 4 bedarf es nicht, wenn das abgekürzte Urteil den internen Gerichtsbereich noch nicht verlassen hat. Dann ist seine Ergänzung nach den allgemein für Änderungen geltenden Grundsätzen bis zum Ablauf der Absetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 ohnehin möglich.562 Nach Ablauf dieser Frist ist ebenso wie nach der Hinausgabe aus dem inneren Geschäftsbereich nur noch innerhalb enger Grenzen eine Berichtigung des Urteils zur Richtigstellung offensichtlicher Versehen möglich, die zweifelsfrei erkennbar und klar zu Tage liegen müssen.563 d) Sonstige Verfahrensfragen. Werden die abgekürzten Urteilsgründe zu einer voll- 157 ständigen Urteilsbegründung ausgeweitet, wird in der Regel zur Vermeidung urteilsgefährdender Unklarheiten die Neufassung der Gründe angezeigt sein. In ihr ist klarzustellen, dass sie an die Stelle der abgekürzten Urteilsfassung tritt, die aber bei den Akten bleibt. Die Wahrung der Ergänzungsfrist ist – ebenso wie bei der ursprünglichen Kurzfassung die Wahrung der Absetzungsfrist (§ 275 Abs. 1 Satz 5) – von der Geschäftsstelle zu vermerken.564 Die neue Fassung des Urteils ist den Verfahrensbeteiligten neu zuzustellen, um die Frist für die Rechtsmittelbegründung in Lauf zu setzen.565 Eine nach Ablauf
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BGH bei Holtz MDR 1990 490; BayObLGSt 1977 77 = MDR 1977 778; 1977 137 = VRS 53 (1977) 441; 1981 84 = NJW 1981 2589; NStZ 1991 342; KG VRS 82 (1992) 135; OLG Celle StV 1997 402; OLG Düsseldorf MDR 1993 894; OLGSt NF 3; OLG Hamm VRS 69 (1985) 137; OLG Koblenz VRS 70 (1980) 24; OLG Köln VRS 56 (1979) 149; 63 (1982) 460; 67 (1984) 45; OLG Stuttgart MDR 1984 118; OLG Schleswig bei Ernesti/ Lorenzen 1981 95; KK/Engelhardt 39; KMR/Paulus 120; Meyer-Goßner 30. Vgl. auch BGHSt 43 22 = JR 1998 74 mit Anm. Gollwitzer; OLG Hamburg MDR 1978 247 lässt die Frage offen. BGH NStZ-RR 2002 261; NStZ 2008 646 f.; KK/Engelhardt 39. Ebenso Gollwitzer FS Kleinknecht 169; Rieß NStZ 1982 445; SK/Velten 62. Vgl.
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auch BGHSt 43 22, 26 = JR 1998 74 mit Anm. Gollwitzer (zu § 77b OWiG), ferner die Ausweitung der nachträglichen Urteilsbegründung durch den neugefassten § 77 Abs. 2 OWiG. BGHSt 43 22; BayObLGSt 1981 84 = NJW 1981 2589; BayObLG bei Rüth DAR 1985 246; OLG Düsseldorf MDR 1993 894; OLG Köln VRS 63 (1982) 460; MeyerGoßner 39; SK/Velten 70; vgl. LR/Stuckenberg § 268, 43; § 275, 5 ff. BGH GA 1969 119; BayObLG NStZ-RR 1999 140; OLG Düsseldorf MDR 1981 606; Meyer-Goßner 39; a.A. SK/Velten 73. Vgl. LR/Stuckenberg § 275, 53, 57. BGHSt 12 376; BayObLG NStZ-RR 1999 140; OLG Düsseldorf OLGSt NF 3; vgl. LR/Stuckenberg § 268, 44 ff.
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der Ergänzungsfrist zu den Akten gegebene komplette Fassung des Urteils ist dagegen für das Revisionsgericht unbeachtlich566 und nicht geeignet, das ursprüngliche abgekürzte Urteil zu ersetzen. Mangels einer Verweisung auf § 275 Abs. 1 Satz 4 darf die Urteilsergänzungsfrist auch bei Eintritt eines nicht vorhersehbaren, unabwendbaren Umstands nicht überschritten werden.567 Hat ein Urteil, das nur im Schuldspruch nicht angefochten worden war, zu Unrecht 158 auf den Anklagesatz Bezug genommen, ist die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam, weil eigene Feststellungen zum Schuldspruch im angefochtenen Urteil fehlen. Das Berufungsgericht muss deshalb zum Schuld- und Rechtsfolgenausspruch neu verhandeln und in seinem Urteil eigene Feststellungen dazu treffen.568
VII. Das freisprechende Urteil 1. Begründung nach Absatz 5 Satz 1
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a) Allgemeines. Das Gesetz „fordert von den Gründen eines freisprechenden Urteils zum mindesten ein klares und bestimmtes Auseinanderhalten der tatsächlichen und der rechtlichen Gesichtspunkte, andererseits in tatsächlicher Beziehung eine deutliche Bezeichnung derjenigen Tatsachen, welche das erkennende Gericht als nicht erwiesen erachtet, und in rechtlicher Beziehung eine Hervorhebung des Rechtsgrundes, welcher für die Entscheidung bestimmend gewesen ist“.569 Die Urteilsgründe müssen den Anklagevorwurf und die für erwiesen erachteten Tatsachen mitteilen sowie anführen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen nicht erwiesen sind und auf dieser Grundlage den Sachverhalt unter allen für die Entscheidung über die angeklagte Tat (§ 264) nach der Sachlage vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten – also nicht nur unter dem Blickwinkel der von der Anklage angenommenen Straftaten – erschöpfend würdigen,570 wobei die Anforderungen an die Feststellungen nicht geringer sind als bei einem verurteilenden Erkenntnis571. Dem Revisionsgericht muss die Prüfung ermöglicht werden, ob der Sachverhalt erschöpfend und frei von sachlich-rechtlichen Mängeln gewürdigt worden ist,572 insbesondere, ob überspannte Anforderungen
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OLG Köln VRS 56 (1979) 149; vgl. LR/Stuckenberg § 275, 17. BGHSt 52 349, 354; BGH NStZ 2004 508 f.; BayObLGSt 1979 148, 151; OLG Hamburg MDR 1978 247 f.; MeyerGoßner 30; Rieß NStZ 1982 441, 445; Stuckenberg JR 2009 166, 167; a.A. LR/Gollwitzer 25 146 (entsprechende Anwendung möglich). OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 112; Rieß NStZ 2009 229, 230. So schon RGRspr. 1 (1879/80) 811; RGSt 3 147; 5 225; 13 34; 15 217; 41 19; OLG Hamm MDR 1964 853; vgl. auch Wimmer ZStW 80 (1968) 369 und Fn. 570. BGHSt 37 21, 22; 52 314, 315; BGH NJW 1980 2423; 1999 1015; 2002 1811; NStZ 1990 448; 1991 596; 2002 48; 2009 401,
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403; 2009 512, 513; NStZ-RR 2003 333 f.; 2010 182 f.; wistra 2010 219 f.; BGH bei Miebach/Kusch NStZ 1991 230; BGH 22.5.2007 – 1 StR 582/05 mit Anm. Dietmeier ZIS 2008 101; AK/Wassermann 28; HK/Julius 30; KK/Engelhardt 41; MeyerGoßner 33; SK/Velten 54 f.; vgl. auch Fn. 572. BGH NStZ 2002 446; 2009 512, 513; OLG Bamberg DAR 2011 147; Meyer-Goßner 33. BGHSt 37 21, 22; 52 314, 315; BGH NJW 1959 780; 2005 2322, 2325; BGH wistra 1991 63; 2004 105, 109; NStZ-RR 2009 116; 2010 182; StV 1994 580; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 15; bei Holtz MDR 1980 406; OLG Köln VRS 65 (1983) 383; OLG Oldenburg VRS 57 (1979) 62; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1979 205; KK/Engelhardt 41 f.;
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an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind.573 Einer vollständigen Darlegung aller Umstände, vor allem die ausdrückliche Verneinung nicht erwiesener Möglichkeiten, bedarf es aber nicht.574 Ist das Urteil in tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung mangelhaft, so wird dieser Mangel durch einen Hinweis auf die Anklageschrift 575 oder auf die Gründe eines anderen Urteils nicht ersetzt.576 Bei einem Freispruch unter dem Gesichtspunkt der Notwehr sind deren tatsächliche 160 Voraussetzungen so darzustellen, dass sie die Rechtsanwendung tragen.577 Im Verfahren wegen übler Nachrede (§ 186 StGB) ist grundsätzlich auf die Frage der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) erst einzugehen, nachdem die Erweislichkeit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache geprüft worden ist.578 Liegen mehrere Rechtfertigungsgründe vor, genügt es, die Voraussetzungen eines von ihnen festzustellen. Rechtfertigungsgründe sind in der Regel vor Schuldausschließungsgründen zu behandeln.579 b) Hält das Gericht den Angeklagten in tatsächlicher Hinsicht für nicht überführt, 161 muss die Begründung die erwiesenen Tatsachen feststellen und dartun, welche Merkmale des angeklagten Straftatbestandes vom Gericht für nicht erwiesen gehalten werden.580 Sie muss die getroffenen Feststellungen unter allen nach der konkreten Sachlage naheliegenden Gesichtspunkten würdigen581 und darlegen, warum die getroffenen und möglichen Feststellungen nach seiner Überzeugung zum Nachweis des Straftatbestandes nicht ausreichen. Diese Maßstäbe dürfen jedoch nicht schematisch angewandt werden. Dies gilt insbesondere, wenn weitere Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen nicht möglich sind.582 Es lässt sich daher nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen,583 in welchem Umfang das Gericht im Übrigen gehalten ist, die Grundlagen seiner Beweiswürdigung und den Inhalt der erhobenen, zum Nachweis eines Straftatbestandes nicht ausreichenden oder gegen das Vorliegen eines solchen sprechenden Beweise mitzuteilen. Zu der von Absatz 5 geforderten Angabe, ob der Angeklagte für nicht überführt erachtet worden ist, gehört eine Erörterung der Einzelheiten des warum nicht unbedingt;584 aller-
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KMR/Paulus 103; Meyer-Goßner 33; sowie Fn. 570; Rechtsprechungsübersicht bei Brause NStZ-RR 2010 329. St. Rspr., BGH NJW 2005 1727; NStZ 2002 48; 2009 512, 513; NStZ-RR 2000 171; 2003 369, 370; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25. BGH bei Holtz MDR 1978 281; AK/Wassermann 29; KMR/Paulus 103; Meyer-Goßner 33; Meyer-Goßner/Appl 209; vgl. Rn. 50, 56 ff. RGSt 4 137; wegen der nur bei nicht angefochtenen Urteilen zulässigen Bezugnahme vgl. Rn. 139 ff., 165 ff. RGSt 30 145; RG GA 51 (1904) 394; AK/Wassermann 28; KMR/Paulus 103. BGH NStZ-RR 2009 70, 71; OLG Hamm Rpfleger 1956 240; KK/Engelhardt 42; SK/Velten 56. BGHSt 4 198; 7 391; 11 273; Meyer-Goßner 33a; Meyer-Goßner/Appl 626; Graul NStZ 1991 437. Hirsch JR 1980 113 zu BGH JR 1980 113,
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der dahinstehen ließ, ob die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) gegeben waren, weil der Angeklagte jedenfalls nach § 35 StGB ohne Schuld gehandelt habe; vgl. Schäfer 1534 (Feststellungen zu den nach Deliktsaufbau vorrangigen Gesichtspunkten). BGH NStZ-RR 2008 206; bei Becker NStZ-RR 2005 67; OLG Bamberg NJW 2006 2197, 2198; 2006 2935, 2936; KK/Engelhardt 41. BGH GA 1974 61; NJW 1951 325; 1959 780; 1980 2423; bei Holtz MDR 1978 806; 1980 108; BayObLGSt 1954 39; OLG Köln VRS 65 (1983) 383; OLGSt 51. BGH NStZ-RR 2005 211; 2009 116; 2011 88; BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 12. Vgl. BGH NStZ-RR 2000 171. Blunk MDR 1970 473 hält es für ausreichend, wenn das Gericht beim Freispruch aus tatsächlichen Gründen angibt, welche den Straftatbestand begründenden Tat-
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dings müssen die gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erörtert werden.585 Um die richtige Anwendung des materiellen Rechts aufzuzeigen und um darzutun, dass die Beweiswürdigung des Gerichts frei von Widersprüchen und Denkverstößen ist, dass bei ihr naheliegende Gesichtspunkte nicht außer Acht geblieben sind und dass die Anforderungen an die richterliche Überzeugung nicht überspannt worden sind, muss sich das Gericht mit entscheidungserheblichen Beweisergebnissen,586 mit den für den Freispruch maßgebenden Teilen eines Gutachtens,587 eventuell auch mit Zeugenaussagen588 auseinandersetzen. Entlastende Angaben des Angeklagten, deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit offen ist, darf es nicht ohne weiteres als unwiderlegt der Entscheidung zugrunde legen.589 Mitunter wird auch gefordert, die Gründe müssten so ausführlich sein, dass das mit der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betraute Gericht die Frage beantworten könne, ob eine falsche Urkunde oder ein falsches Zeugnis oder Gutachten das Urteil im Sinn des § 362 Nr. 1, 2 beeinflusst habe.590 Die Feststellung des äußeren Tatbestands ist zwar nicht unter allen Umständen erfor162 derlich; ausnahmsweise kann allein die Verneinung der inneren Tatseite genügen, sofern nur der Rechtsstandpunkt, von dem das Gericht ausging, klar erkennbar ist.591 Für den Regelfall gilt jedoch, dass sich einwandfreie Feststellungen zur inneren Tatseite erst treffen lassen, nachdem zuvor festgestellt ist, was der Angeklagte im Einzelnen getan hat, weil häufig erst daraus Schlüsse auf die Richtung seines Willens und den Inhalt seines Bewusstseins gezogen werden können. Verneinende Feststellungen zur inneren Tatseite vermögen allein die Freisprechung dann nicht zu tragen, wenn sie wegen fehlender – aber möglicher – Aufklärung der äußeren Tatseite der Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 ausgesetzt sind.592 Dies gilt insbesondere auch beim Freispruch wegen Schuldunfähigkeit,593 wobei im Einzelfall Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten nötig sein können594.
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c) In rechtlicher Hinsicht muss das freisprechende Urteil die Erwägungen aufzeigen, aufgrund derer es im festgestellten Sachverhalt keine Straftat sieht,595 wobei die fest-
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sachen es für erwiesen und welche es für nicht erwiesen hält; die Beweiswürdigung mitzuteilen, sei nicht erforderlich; SK/Velten 55. BGH NStZ-RR 2002 338; NStZ 2009 512, 513; Meyer-Goßner 33. Vgl. RGSt 77 160; BGH NJW 1962 549; KK/Engelhardt 41; Rn. 56; LR/Franke § 337, 135. Vgl. etwa OLG Köln MDR 1978 338 und Rn. 66. Vgl. BGH NStZ-RR 2009 181 und Rn. 55 ff., 63 ff., 67. BGH NStZ 1983 133; 1990 448; 2009 512, 513; vgl. Rn. 62 und LR/Sander § 261, 73 ff. BayObLG JW 1931 957 mit Anm. Mannheim; OLG Hamm NJW 1964 863; vgl. Fn. 581. RGSt 4 355; 43 397; 47 419; RG JW 1917 555; BGHSt 16 374; 31 286; BGH GA 1974
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61; NJW 1980 2423; KK/Engelhardt 41; KMR/Paulus 105; Meyer-Goßner 33a; SK/Velten 55; vgl. auch Meyer-Goßner/Appl 626 (seltene Ausnahmefälle); ferner Hirsch Anm. zu BGH JR 1980 113. RGSt 47 417; OGHSt 1 188; BGH NJW 1991 2094; bei Dallinger MDR 1956 272; vgl. BGHSt 14 165; BGH NJW 1962 549; 1980 2423; GA 1974 61; BayObLGSt 1985 61; 1988 148; 1998 15; KK/Engelhardt 41; KMR/Paulus 105. BGH NStZ 1983 280; bei Dallinger MDR 1956 272; KK/Engelhardt 41. BGHSt 52 314, 315 mit zust. Anm. Gössel JR 2009 217; BGH NStZ 2000 91 f.; 2010 529; NStZ-RR 2008 206; 2011 51, 52. H.M., etwa BGH NStZ-RR 1997 374; OLG Oldenburg VRS 57 (1979) 62; AK/Wassermann 30; KK/Engelhardt 42; Meyer-Goßner 34; SK/Velten 56.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
gestellten Tatsachen unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen sind.596 Der Umfang der erforderlichen Rechtsausführungen hängt dabei von den Besonderheiten der jeweiligen Rechtslage ab; er sollte sich jedoch stets auf die für das Verständnis der Entscheidung unerlässlichen Erörterungen beschränken. Rechtsfragen, die dahingestellt bleiben können, sollten nicht erörtert werden. Soweit es nur um Rechtsfragen geht, ist eine Beweiswürdigung entbehrlich.597 d) Die Bezugnahme auf Abbildungen nach Absatz 1 Satz 3 ist auch bei den freispre- 164 chenden Urteilen zulässig, soweit diese tatsächliche Feststellungen enthalten müssen.598 2. Ein abgekürztes freisprechendes Urteil ist nach Absatz 5 Satz 2 jetzt ebenfalls zu- 165 lässig. Die Voraussetzungen sind die gleichen wie bei Absatz 4 Satz 1. Gegen das Urteil darf innerhalb der Einlegungsfrist kein Rechtsmittel eingelegt worden sein. Wegen der Einzelheiten vgl. Rn. 131 ff. Die Urteilsgründe können sich beim abgekürzten Urteil darauf beschränken, anzu- 166 geben, ob eine Straftat aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen verneint wurde. Feststellungen zum Sachverhalt erübrigen sich.599 Der Anklagesatz und die nicht für erwiesen gehaltenen Tatbestandsmerkmale sollten in bündiger Kürze angeführt werden,600 zwingend notwendig ist dies jedoch nicht, da er auch aus den Akten festgestellt werden kann. Deshalb ist es unschädlich, wenn das abgekürzte Urteil ausdrücklich darauf verweist.601 Rechtsausführungen sind in der Regel entbehrlich; beim Freispruch aus Rechtsgründen sollte jedoch der für die Rechtsauffassung bestimmende Gesichtspunkt angegeben werden. Bei Freispruch wegen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) ist dies wegen § 11 BZRG in den Urteilsgründen festzustellen.602 Die Ergänzung der abgekürzten Urteilsgründe ist bei Wiedereinsetzung eines Anfech- 167 tungsberechtigten gegen die Versäumung der Einlegungsfrist unter den gleichen Voraussetzungen zulässig wie bei Absatz 4 Satz 4, obschon die Verweisung in Absatz 5 Satz 3 irrtümlich noch „Absatz 4 Satz 3“ lautet, da eine entsprechende Folgeänderung im Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009, das in Absatz 4 einen neuen Satz 2 eingefügt hat, vergessen wurde. Auch hier beginnt die Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 mit dem Eingang der Akten beim zuständigen Tatgericht.603 3. Wird eine Maßregel der Besserung und Sicherung neben dem Freispruch angeord- 168 net, so gelten für die Begründung des Freispruchs keine Besonderheiten. Zur Begründung der angeordneten Maßregel muss das Urteil jedoch – ebenso wie sonst ein verurteilendes Erkenntnis – den Sachverhalt, auf den es die Maßregel stützt, in einer geschlossenen
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BGH GA 1974 61; BayObLGSt 1954 42; KK/Engelhardt 42; SK/Velten 56. KK/Engelhardt 42; Meyer-Goßner 34; SK/Velten 56. Vgl. Rn. 14 ff.; Absatz 1 Satz 3 ist aufgrund des Zusammenhangs des § 267 anwendbar (Rn. 26). KK/Engelhardt 44; KMR/Paulus 116; Meyer-Goßner 36; SK/Velten 61; MeyerGoßner/Appl 639 ff.; Schäfer 1540. Vgl. Fn. 599. Absatz 5 Satz 3 verweist nur auf Absatz 4
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Satz 3 (a.F.), nicht auf dessen sonstigen Inhalt. Deshalb kann zweifelhaft sein, ob der Gesetzgeber die Bezugnahme auf den Anklagesatz auch für das freisprechende Urteil übernehmen wollte. Die vorherrschende Meinung bejaht dies, vgl. KK/Engelhardt 44; KMR/Paulus 116; Meyer-Goßner 36. KMR/Paulus 116; Meyer-Goßner/Appl 640; Rieß NJW 1975 87. Wegen der Einzelheiten vgl. Rn. 154 bis 157.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Schilderung feststellen, insoweit Anknüpfungstatsachen und Beweiswürdigung nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2, Absatz 6 wiedergeben und die angeordnete Rechtsfolge auch sonst nach den Anforderungen des sachlichen Rechts begründen.604
VIII. Prozessurteil 169
1. Über den notwendigen Inhalt der Begründung eines auf Einstellung lautenden Urteils enthält der auf Sachentscheidungen ausgerichtete § 267 keine Vorschrift. Der Begründungszwang ergibt sich vielmehr aus § 34 und der Natur der Sache.605 Die Begründung muss darlegen, an welcher Verfahrensvoraussetzung es fehlt oder welches Verfahrenshindernis der Durchführung des Verfahrens entgegensteht. Bei der Mannigfaltigkeit und Unterschiedlichkeit der einzelnen Verfahrensvoraussetzungen und -hindernisse hängt es ganz von der Art des Hindernisses ab, was das Urteil an notwendigen Feststellungen enthalten muss. Jedenfalls muss das Gericht zunächst von dem unter Anklage gestellten Sachverhalt ausgehen und in einer vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise606 seine Verfahrensentscheidung begründen. Ob dabei Feststellungen über die Erwiesenheit der angeklagten Tat in das Urteil aufzunehmen sind, richtet sich nach dem Grund für die Einstellung.607 Das Gericht muss aber immer in den Urteilsgründen seine Rechtsauffassung darlegen sowie den für das Einstellungsurteil maßgebenden Tatsachenstoff unterbreiten, auch wenn das Revisionsgericht in der Lage wäre, diesen selbständig zu ermitteln. Solche Feststellungen können z.B. unerlässlich sein, wenn ein Fall der Verjährung vorliegt,608 wenn für die Prüfung der Rechtzeitigkeit des Strafantrags der Zeitpunkt der Tat oder der Zeitpunkt der Kenntnis des Verletzten von ihr Bedeutung gewinnt oder wenn für das Eingreifen eines Amnestiegesetzes die Modalitäten einer Tat oder der Zeitpunkt ihrer Begehung wichtig sind.609 Unter den gleichen Voraussetzungen wie beim verurteilenden oder freisprechenden Erkenntnis nach § 267 dürften aber auch beim einstellenden Urteil Bezugnahmen auf Abbildungen (vgl. Rn. 14) oder nach Eintritt der Rechtskraft eine abgekürzte Fassung zulässig sein, denn an Prozessentscheidungen sind insoweit keine strengeren Anforderungen zu stellen als an Sachentscheidungen.610
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2. Formalentscheidungen, die das Verfahren aus sonstigen verfahrensrechtlichen Gründen abschließen, etwa, indem sie den Einspruch gegen den Strafbefehl nach § 412 oder gegen den Bußgeldbescheid nach § 74 Abs. 2 OWiG oder die Berufung nach § 329 verwerfen, fallen ebenfalls nicht unter § 267. Die Pflicht zu ihrer Begründung folgt aus § 34 und den jeweiligen Sondervorschriften, deren Voraussetzungen und richtige Anwendung aufzuzeigen ist. Die Einzelheiten sind bei den betreffenden Vorschriften erläutert.
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KK/Engelhardt 43; KMR/Paulus 103; Meyer-Goßner 37; Meyer-Goßner/Appl 640. RGSt 69 159; KK/Engelhardt 45; KMR/Paulus 106; Meyer-Goßner 29; SK/Velten 64; Eb. Schmidt 38; vgl. MeyerGoßner/Appl 643; Schäfer 1536 (kein festes Schema).
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RGSt 69 159; KK/Engelhardt 45; SK/Velten 64; Eb. Schmidt 38. Vgl. OLG Hamm MDR 1986 778; OLG Köln NJW 1963 1265; Meyer-Goßner 29; SK/Velten 64; Eb. Schmidt 38. BGHSt 56 6. SK/Velten 64; Eb. Schmidt 38. SK/Velten 64.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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IX. Förmlichkeiten, Berichtigung § 267 betrifft nur den verfahrensrechtlichen Mindestinhalt der schriftlichen Urteils- 171 gründe. Die Formalien der Urteilsbegründung sind in § 275 geregelt und dort behandelt, desgleichen auch die Fragen des Ersatzes einer verloren gegangenen Urschrift des Urteils. Wegen der Zulässigkeit und der Grenzen einer Berichtigung der Urteilsgründe wird auf § 268, 44 ff. verwiesen; wegen der Übersetzung in eine fremde Sprache siehe §§ 184 ff. GVG.
X. Revision 1. Allgemeines. Die schriftlichen Urteilsgründe sind die allein maßgebliche Grundlage 172 für die Sachrüge.611 Der mündlichen Urteilsbegründung kommt insoweit keine Bedeutung zu.612 Ob die schriftlichen Urteilsgründe wirklich das für das Urteil bestimmende Ergebnis der Hauptverhandlung beurkunden, so wie es aufgrund der Beratung beschlossen wurde, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich nicht nachprüfbar.613 Die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 267 mit ihren aus heutiger Sicht unvollkommen geregelten Begründungserfordernissen hat unter anderem den Zweck, die Nachprüfung des Urteils durch das Revisionsgericht in sachlich-rechtlicher Beziehung sicherzustellen.614 Diesem Zweck dienen auch die speziellen Begründungspflichten der Absätze 2, 3 Satz 2 bis 4 und Absatz 6. Verstöße gegen § 267 führen in der Regel zu unzureichenden Urteilsfeststellungen, bei denen die Sachrüge durchgreift. Deshalb fällt die an sich mögliche Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 267 neben der Sachrüge in der Regel kaum ins Gewicht,615 sie erlangt jedoch dort eine eigenständige Bedeutung, wo die formell festgelegten Begründungspflichten des § 267 auch greifen, wenn im Einzelfall weder die Anwendung des materiellen Rechts noch die Darlegung der erschöpfenden Beweiswürdigung im Urteil eine Begründung erfordern würden. Anders als die hier mitunter ebenfalls in Betracht kommenden Verfahrensrügen eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 2 oder § 261 kann sie auch nur dahin gehen, dass wegen eines Verstoßes gegen § 267 die Rechtsanwendung des Tatrichters nicht nachprüfbar sei bzw. dass wegen des Fehlens entsprechender Urteilsausführungen nicht ersichtlich sei, ob das Gericht bei der Urteilsfindung den übergangenen Gesichtspunkt berücksichtigt habe. Fehlen die Urteilsgründe überhaupt oder sind sie nicht fristgerecht zu den Akten gebracht worden, greift auch der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 durch.616 2. Verstoß gegen Absatz 1 a) Bei einer dem Absatz 1 Satz 1 nicht genügenden Urteilsbegründung, die nicht 173 sämtliche Merkmale des Unrechtstatbestandes durch festgestellte Tatsachen belegt, enthält das Urteil zugleich einen sachlich-rechtlichen Mangel.617 Deshalb führt in solchen
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LR/Stuckenberg § 268, 20; § 275, 2, 70 ff.; LR/Franke § 337, 75. RGSt 4 382; RG GA 64 (1917) 553; BGHSt 2 66; 7 370; 15 263; BGH bei Dallinger MDR 1951 539; KK/Engelhardt 47; SK/Velten 76; LR/Stuckenberg § 268, 20; LR/Franke § 337, 76 m.w.N. Rn. 1, 10. Vgl. Maul FS Pfeiffer 404.
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KK/Engelhardt 47. Vgl. Rn. 35, 55 ff.; Hamm 273 ff.; SK/Velten 75, 34 f. Vgl. LR/Stuckenberg § 275, 70; LR/Franke § 338, 116. Vgl. Rn. 6, 35 ff. Zur Darstellungsrüge vgl. etwa Hamm 265 ff.; LR/Franke § 337, 94 ff.
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Fällen schon die Sachrüge zum Ziel, ohne dass es einer besonderen, auf die Verletzung des § 267 gestützten Verfahrensrüge bedarf. Geben also die Urteilsgründe entgegen § 267 nicht die für erwiesen erachteten Tatsachen klar und widerspruchsfrei an, in denen das Gericht die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden hat, oder ist sonst nicht sicher erkennbar, welchen Sachverhalt der Tatrichter der Verurteilung zugrunde gelegt hat, etwa durch eine ungenaue Bezugnahme,618 so kann das Revisionsgericht die Anwendung des sachlichen Rechts nicht zuverlässig nachprüfen; das Urteil muss dann schon auf die allgemeine Sachrüge hin aufgehoben werden. Eine unzulässige Verweisung auf die Gründe eines anderen Urteils oder eine andere Urkunde oder einen Bild- oder Tonträger gefährdet den Bestand des Urteils nur dann nicht, wenn die Feststellungen in den Urteilsgründen auch ohne die Verweisung für sich allein noch ausreichen, um das Urteil zu tragen.619 Soweit die Feststellungen eines Urteils unzureichend sind, muss ihre Ergänzung dem Tatrichter überlassen bleiben. Eigene Feststellungen zur Ausfüllung der Lücken sind dem Revisionsgericht verwehrt,620 es darf insoweit auch nicht im Wege des Freibeweises auf die Sitzungsniederschrift zurückgreifen.621 Verstöße gegen Absatz 1 Satz 3 sind für das Revisionsgericht nur insoweit beachtlich, 174 als durch eine danach unzulässige Bezugnahme die Urteilsfeststellungen unzureichend werden und nicht mehr den an sie zu stellenden inhaltlichen Anforderungen genügen,622 so dass bereits die Sachrüge durchgreift. Dies gilt auch, wenn eine in Bezug genommene Abbildung in den Akten nicht mehr auffindbar ist und deshalb, aus welchen Gründen auch immer, im späteren Verfahren nicht mehr zur Ergänzung des Urteils herangezogen werden kann. Ist eine ausdrückliche Bezugnahme versehentlich unterblieben und kann eine solche Bezugnahme auch nicht der Gesamtheit der Urteilsgründe im Wege der Auslegung entnommen werden, dann ist dem Revisionsgericht die Ergänzung der Urteilsfeststellungen durch einen Rückgriff auf die bei den Akten befindliche Abbildung weiterhin verwehrt.623 b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 267 Abs. 1 Satz 2 erscheint zwar möglich,624 gegenüber der Sachrüge hat sie aber wegen der gestiegenen Anforderungen an die Darstellung der materiellen Rechtsanwendung nur geringe selbständige Bedeutung. In Grenzfällen, in denen zweifelhaft ist, ob die Sachrüge beim Schweigen des Urteils zu den Beweistatsachen greift oder wo dem Revisionsgericht eine über die Bindung an die Urteilsgründe hinausreichende Nachprüfung eröffnet werden soll, kann es zweckmäßig sein, sie zusätzlich zu erheben.625 Ob die Urteilsfeststellungen dem in der Urteilsberatung festgestellten Ergebnis der 176 Hauptverhandlung entsprechen, kann das Revisionsgericht dagegen grundsätzlich nicht nachprüfen,626 dies gilt auch für die Frage, ob ein bestimmtes Beweismittel verwertet worden ist.627 Die Feststellung des Inhalts einer Zeugenaussage ist Sache der tatrichter-
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Rn. 31 ff. BGH bei Kusch NStZ 1995 20; KK/Engelhardt 3. Vgl. LR/Franke § 337, 105. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 188. Vgl. Rn. 24 ff. Vgl. LR/Franke § 337, 80 ff., 109 ff. Rn. 51 ff.; a.A. BGHSt 12 315; w. Nachw. in Fn. 216 f.; LR/Franke § 337, 154.
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Zu den strittigen Fragen vgl. Rn. 51; ferner etwa KMR/Paulus 38, wonach nicht die Verletzung der Sollvorschrift des § 267 Abs. 1 Satz 2, sondern der Verstoß gegen § 261 Revisionsgrund ist; vgl. LR/Franke § 337, 100, 117 ff. Vgl. LR/Sander § 261, 1, 6; ferner LR/Franke § 337, 105. Zum Schweigen der Urteilsgründe vgl. Rn. 1, 60, 63, 66.
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lichen Würdigung und damit der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.628 Eine Beweiserhebung über den Inhalt einer Zeugenaussage ist dem Revisionsgericht grundsätzlich verwehrt; es kann nicht mit der Revision geltend gemacht werden, dass der im Urteil wiedergegebene Inhalt einer Aussage unrichtig wiedergegeben ist, etwa, dass sie nach den Aufzeichnungen eines Verfahrensbeteiligten einen anderen Inhalt hatte629 und nach der vorherrschenden Meinung auch nicht, dass sie mit den in das Sitzungsprotokoll nach § 273 Abs. 2 aufgenommenen Angaben ihres wesentlichen Inhalts nicht übereinstimmt.630 Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Nichtübereinstimmung der Urteilsfeststellungen mit einer im Wortlaut fixierten Aussage nach § 273 Abs. 3 oder in einem in die Hauptverhandlung eingeführten Vernehmungsprotokoll ohne Rekonstruktion der Hauptverhandlung festgestellt werden kann.631 c) Die Beweiswürdigung ist als solche nur angreifbar, wenn das Urteil lückenhaft 177 oder in sich widersprüchlich ist oder wenn die Ausführungen in den Urteilsgründen es als möglich erscheinen lassen, dass sie durch einen Verstoß gegen wissenschaftliche Erfahrungssätze oder einen sonstigen Denkfehler beeinflusst ist.632 Weder kann eine Beweiswürdigung ihrer Natur nach noch muss sie von Rechts wegen erschöpfend in dem Sinne sein, dass alle irgendwie denkbaren Gesichtspunkte und Würdigungsvarianten in den Urteilsgründen ausdrücklich abgehandelt werden. Aus einzelnen denkbaren oder tatsächlichen Lücken in der ausdrücklichen Erörterung kann daher nicht abgeleitet werden, der Tatrichter habe nach den sonstigen Urteilsfeststellungen auf der Hand liegende Wertungsgesichtspunkte nicht bedacht.633 Auch die fehlende Erwähnung einer Indiztatsache in einem bestimmten Beweiszusammenhang begründet nur dann eine revisionsrechtlich relevante Lücke der Beweiswürdigung, wenn sie nach ihrer Beweisbedeutung zwingend ausdrücklich zu erörtern war.634 Fehlt die Beweiswürdigung im Urteil ganz, kann darin eine Verletzung der aus § 261 oder dem materiellen Recht abgeleiteten Begründungspflichten liegen.635 3. Für die in Absatz 2 aufgeführten Umstände gilt, dass ein Urteil auch ohne die Rüge 178 der Verletzung dieser Vorschrift auf die Sachrüge hin aufgehoben werden muss, wenn der Inhalt der Urteilsgründe den Verdacht begründet, dass ungeprüft blieb, ob einer der Um-
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H.M., so BGHSt 15 349; 17 351; 21 151; dazu Hanack JZ 1973 729; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187; OLG Hamm VRS 40 (1971) 456; w. Nachw. bei LR/Sander § 261, 182. BGHSt 15 349. BGHSt 29 18; 38 14 = JZ 1992 106 mit Anm. Fezer; BGH NJW 1967 61; 1969 1074; JR 1966 305 mit Anm. Lackner; BGH bei Dallinger MDR 1966 164; 1974 369; BayObLGSt NStZ 1990 508; OLG Hamm NJW 1970 69; VRS 40 (1971) 456; OLG Koblenz VRS 46 (1974) 435; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187; 1975 192; a.A. LR/Franke § 337, 62; vgl. auch LR/Sander § 261, 173; LR/Stuckenberg § 273, 68. BGHSt 38 14; BGH NStZ 1991 500; OLG
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Bremen VRS 48 (1975) 372; OLG Düsseldorf VRS 64 (1983) 112; OLG Hamm MDR 1973 516; 1975 245, OLG Köln MDR 1974 420; a.A. OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1973 188; LR/Franke § 337, 62; vgl. auch Fn. 630, ferner LR/Sander § 261, 173; LR/Stuckenberg § 273, 68 jew. m.w.N. Vgl. LR/Sander § 261, 44 ff., 182 und LR/Franke § 337, 127 ff., 138 ff. BGH StraFo 2010 386; NStZ-RR 2011 50. BGH NJW 2005 2322, 2326; StraFo 2009 23; Rn. 60. Rn. 55 ff.; etwa BGH GA 1974 61; NJW 1980 2423; NStZ 1981 401; vgl. LR/Sander § 261, 12, 56 ff. und LR/Franke § 337, 98 ff.
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stände vorliegt, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen.636 So muss beispielsweise das Gericht im Urteil erörtern, ob die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert (§ 21 StGB) war, wenn es Umstände (z.B. erheblichen Alkoholgenuss) feststellt, die dies als möglich erscheinen lassen.637 In der Nichterörterung des Eidesnotstandes nach § 157 StGB kann ein die Revision begründender sachlich-rechtlicher Mangel auch dann liegen, wenn der eine Eidesverletzung in Abrede stellende Angeklagte sich nicht darauf beruft (und nach der Art seiner Verteidigung auch nicht gut darauf berufen kann), im Eidesnotstand gehandelt zu haben.638 Die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 267 Abs. 2 hat neben der allgemeinen 179 Sachrüge Bedeutung, wenn die Ausführungen des angefochtenen Urteils keine solchen Umstände ersehen lassen, solche Umstände in der Hauptverhandlung aber behauptet worden sind. Nach Ansicht von BGHSt 31 139639 kann das Revisionsgericht nicht durch eine eigene Beweiserhebung prüfen, ob der Angeklagte besondere Umstände im Sinne des Absatzes 2 vorgetragen hat, denn dies würde auf eine der Ordnung des Revisionsverfahrens widersprechende Wiederholung der tatrichterlichen Verhandlung hinauslaufen. Die frühere Rechtsprechung und das Schrifttum640 vertreten demgegenüber zu Recht641 die Ansicht, dass das Revisionsgericht im Wege des Freibeweises nachprüfen kann, ob in der Hauptverhandlung ein Umstand behauptet wurde, der nach Absatz 2 im Urteil hätte erörtert werden müssen. Dass eine solche Behauptung aufgestellt wurde, kann sich beispielsweise schon aus den Urteilsgründen642 oder aus dem Gang der Hauptverhandlung643 ergeben, so kann aus der Vernehmung eines Psychiaters als Sachverständigen auf die Behauptung der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit geschlossen werden,644 oder aus dem Protokoll645 nach § 273 Abs. 2. Auch die Einholung dienstlicher Erklärungen erscheint zulässig. Die Feststellung, ob in der Hauptverhandlung ein die Begründungspflicht auslösender Umstand im Sinne des Absatzes 2 behauptet wurde, betrifft einen äußeren Vorgang und erfordert in der Regel keine inhaltliche Bewertung des betreffenden Vorbringens. Die Aufklärungsrüge ist in solchen Fällen ebenfalls denkbar, sie setzt aber voraus, 180 dass die Sachlage insoweit zu einer weiteren Sachaufklärung drängte,646 was bei der bloßen Behauptung eines Umstandes im Sinne des § 267 Abs. 2 oft, aber nicht immer der Fall sein wird.
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638 639 640
Vgl. Rn. 76. BGH bei Dallinger MDR 1956 526; OLG Koblenz VRS 43 (1972) 260; OLG Köln MDR 1957 858; vgl. LR/Sander § 261, 58 ff. und unter dem Blickwinkel der Aufklärungsrüge LR/Becker § 244, 78 ff.; ferner bei LR/Franke § 337, 121 ff. OLG Düsseldorf StV 1991 68; OLG Hamm JZ 1950 207; vgl. auch BGHSt 17 131. Vgl. Fn. 311; ebenso OLG Hamm HESt 2 255; einschränkend auch KK/Engelhardt 20. RG JW 1922 495; 1927 2628; 1930 1601 mit Anm. Alsberg; BayObLGSt 1960 300 = JR 1961 151; Fezer NStZ 1983 278; ders. Hanack-Symp. 89; Herdegen FS Salger 306, 316; Sieg NJW 1983 2014; AK/Wassermann
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13; KMR/Paulus 28; Meyer-Goßner 15 (referierend); Meyer-Goßner/Appl 406; v. Schledorn 153. Vgl. LR/Franke § 337, 56; ferner Fezer NStZ 1983 278; Sieg NJW 1983 2014. Da auch keine Protokollierungspflicht besteht (vgl. Fn. 311) würde Absatz 2 andernfalls leerlaufen; es hinge von den Umständen ab, ob ein Verstoß gegen die Begründungspflicht im Rahmen der Sachrüge durchgreifen würde. OLG Dresden JW 1931 1625. BayObLGSt 1960 300 = JR 1961 151. RG JW 1930 1601. OLG Hamm NJW 1972 1149. Vgl. LR/Becker § 244, 40 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
4. Fehlt im Urteil die Anführung des angewandten Gesetzes (Absatz 3 Satz 1), so 181 kann dies der Sachrüge nur zum Erfolg verhelfen, wenn auch unter Heranziehung der Urteilsformel und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe zweifelhaft bleibt, welche Strafvorschrift das Gericht für gegeben erachtete;647 im Übrigen ist lediglich das Urteil zu berichtigen. Gleiches gilt für die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 267 Abs. 3 Satz 1, die nur Erfolg haben könnte, wenn das Urteil auf diesem Begründungsfehler beruht.648 Dies kann unter Umständen nicht auszuschließen sein, wenn wegen der fehlenden Erörterung einer Gesetzesbestimmung die Möglichkeit besteht, dass eine weitere Feststellungen erfordernde Frage deshalb ungeprüft geblieben ist oder dass bei Abwägungsfragen die volle Tragweite der hereinspielenden rechtlichen Gesichtspunkte nicht erkannt wurde.649 5. Bei Revisionsangriffen gegen die Strafzumessung und die Anordnung der sonstigen 182 Rechtsfolgen ist ebenfalls das sachliche Strafrecht (§§ 46 ff. StGB) der bessere Ausgangspunkt als § 267 Abs. 3 Satz 1. Soweit der Angriff gegen die Strafzumessung darauf gestützt wird, dass der Tatrichter bei der Strafzumessung unter Verletzung des Zweifelssatzes von verfahrensrechtlich nicht sicher erwiesenen Tatsachen ausgegangen sei, dienen dem Angriff nicht § 267 Abs. 3, sondern andere verfahrensrechtliche Vorschriften zur Stütze.650 Soweit geltend gemacht wird, der Tatrichter habe die von ihm bei der Strafzumessung berücksichtigten Umstände rechtlich fehlerhaft oder unter Verletzung der Denkgesetze oder der Lebenserfahrung falsch gewürdigt, wird eine Verletzung des sachlichen Rechts behauptet. Gleiches gilt, wenn gerügt wird, eine nach den Umständen sich aufdrängende Strafzumessungserwägung sei unerörtert geblieben oder das Urteil habe dadurch gegen die allgemeinen Bewertungsgrundsätze verstoßen, dass es einen danach zu berücksichtigenden Gesichtspunkt völlig überging, so, wenn Ausführungen zur Person des Täters,651 zu seinem Vorleben und seinem Nachtatverhalten einschließlich seiner Bemühungen um Schadenswiedergutmachung652 oder zu den für ihn mit der Tat verbundenen Folgen653 fehlen oder wenn sonst nach der Sachlage naheliegende Gesichtspunkte, wie etwa die besonderen Auswirkungen auf das Tatopfer oder Besonderheiten des Tathergangs654 oder die Beteiligung Dritter oder unter Umständen auch die Erfordernisse der Spezial- oder Generalprävention655 übergangen werden. Alle diese Gesichtspunkte folgen aus dem materiellen Recht. Dessen richtige Anwendung ist im Rahmen der Sachrüge nicht nur daraufhin zu prüfen, ob die mitgeteilten Strafzumessungserwägungen frei von Rechtsfehlern, Denkverstößen und Widersprüchen sind, sondern auch daraufhin, ob sie dem Erfordernis einer umfassenden Würdigung von Tat und Täter genügen.656 Bleiben Erwägungen von Gewicht, die sich aufgrund der festgestellten Tatsachen hätten aufdrängen müssen, völlig unerwähnt,657 ist in der Regel davon auszugehen, dass das Gericht ihnen zu Unrecht keinen bestimmenden Einfluss auf seine Strafzumessung beigemessen hat. Denn die in den schriftlichen Urteilsgründen niedergelegten Strafzumes-
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Vgl. OLG Hamm MDR 1999 1019 f. (Ordnungswidrigkeitentatbestand). RGSt 32 35; 43 299; KK/Engelhardt 21; vgl. Rn. 78, 81; LR/Franke § 337, 82. Vgl. Rn. 81; KK/Engelhardt 22. BGHSt 1 51; vgl. Rn. 89; LR/Franke § 337, 153 ff. Vgl. Rn. 83 ff. Vgl. BGH bei Detter 2000 186.
653 654 655 656 657
Z.B. berufsrechtliche Folgen, vgl. etwa BGH bei Detter NStZ 2000 186. Etwa Verleitung durch einen Lockspitzel, BGH NJW 2000 1123; KG NJW 1982 838. Vgl. OLG Düsseldorf StV 1992 232; Theune FS Pfeiffer 453. Vgl. LR/Franke § 337, 154 ff. Vgl. Rn. 87 und LR/Franke § 337, 161.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
sungserwägungen müssen als die für die Straffindung des Gerichts bestimmenden Gesichtspunkte angesehen werden, die auch hinsichtlich ihrer Vollständigkeit an den strenger gewordenen Anforderungen des materiellen Rechts gemessen werden. Wegen der zu berücksichtigenden einzelnen Gesichtspunkte muss auf die Erläuterungen zu den einschlägigen Vorschriften des StGB verwiesen werden. Die Fragen der grundsätzlichen Revisibilität der Strafzumessung sind bei § 337, 162 ff. behandelt, die bei den einzelnen Rechtsfolgen bestehenden Fragen in der Voraufl. bei § 337, 205 ff. Wer die Verletzung des § 267 Abs. 3 Satz 1 rügen will, muss geltend machen, dass das 183 Urteil die bestimmenden Strafzumessungsgründe vermissen lasse. Dem völligen Fehlen solcher Ausführungen steht es gleich, wenn das Gericht sich mit allgemeinen, nichtssagenden Wendungen begnügt.658 Dies sind Fehler, die auch im Rahmen der Sachrüge zu beachten sind.659 Die vielfach zu beobachtende Gepflogenheit, Angriffe gegen die Strafzumessung damit zu begründen, dass § 267 Abs. 3 Satz 1 verletzt sei, übersieht die rechtlichen Gegebenheiten. Nicht weil diese Vorschrift verletzt, sondern weil sie beachtet wurde, und die in den Urteilsgründen enthaltenen Strafzumessungsgründe als die bestimmenden Strafzumessungsgründe angesehen werden müssen, ergibt sich die Möglichkeit, sie als fehlerhaft zu bekämpfen. Das kann regelmäßig nur aus sachlich-rechtlichen Erwägungen geschehen. Als Verstoß gegen § 267 Abs. 3 Satz 1 könnte gedanklich die Rüge in Betracht kommen, dass das Gericht der ihm durch § 267 Abs. 3 auferlegten Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angabe der Strafzumessungsgründe nicht genügt habe, sondern sich in Wirklichkeit von anderen als in den Urteilsgründen angegebenen Gründen habe leiten lassen. Eine solche Rüge wird jedoch kaum beweisbar sein, denn dass anderen als dem in der Begründung angeführten Gesichtspunkten bei der Urteilsberatung Gewicht beigemessen wurde, ist grundsätzlich dem Beweis nicht zugänglich.660 Möglich ist diese Verfahrensrüge dagegen, wenn die Begründung fehlt oder nichtssagend ist oder wenn das Urteil selbst ergibt, dass es nicht alle vom Gericht als bestimmend angesehenen Umstände ordnungsgemäß wiedergegeben worden sind, wie etwa bei einer unzulässigen und damit unbeachtlichen Bezugnahme661 oder einem unzulässig abgekürzten Urteil.662 Hat ein Antrag formelle Begründungspflichten nach § 267 Abs. 3 Satz 2 bis 5 oder 184 Abs. 6 Satz 1 ausgelöst, kann auch mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden, dass das Gericht seiner Erörterungspflicht nicht genügt hat, obwohl es dem Antrag nicht entsprochen hatte.663 Dass ein solcher Antrag664 gestellt worden war, muss die Revisionsbegründung unter Angabe der entsprechenden Tatsachen vortragen (§ 344 Abs. 2). Fehlt im Urteil eine nach diesen Vorschriften erforderliche Begründung, so kann dies der Revision zum Erfolg verhelfen, sofern das Urteil auf dem Verstoß beruhen kann;665 dies ist
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660
Vgl. Rn. 8; LR/Franke § 337, 161. Vgl. BGH NStZ-RR 2010 39; BGHR § 267 Abs. 1 Satz 1 Strafzumessung 8, 10; OLG Bamberg NZV 2011 44, 45; OLG Köln StraFo 2003 313; 2009 242. BGH nach KK/Engelhardt 47; BGH bei Dallinger MDR 1970 899 spricht nur undifferenziert davon, dass unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten gerügt werden kann, dass das Gericht die Umstände nicht anführt, die für die Strafzumessung bestimmend waren. Vgl. Rn. 172.
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Etwa BGH NStZ-RR 2000 304; vgl. Rn. 31. Vgl. Rn. 132 ff., 165 ff. BGH StV 2008 345 (L); OLG Düsseldorf StraFo 2004 142; vgl. Rn. 99, 109. Wesentliche Förmlichkeit, vgl. Rn. 103, 108. RGSt 43 298; vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984 359 (nicht auszuschließen, dass der Richter zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, wenn er die Begründungspflicht erwogen hätte); BGH StV 2011 76, 77 f.; BayObLG MDR 1980 951.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 267
bei einem Verstoß gegen die Hinweispflicht nach Absatz 3 Satz 5 in der Regel nicht anzunehmen,666 wenn auch sonst nicht ersichtlich ist, dass das Gericht die Verständigung bei der Beratung außer Acht gelassen hätte. 6. Ist ein Urteil unter Verstoß gegen Absatz 4, aber innerhalb der Frist des § 275 185 Abs. 1 Satz 2 in abgekürzter Form zu den Akten gebracht worden, so kann der Mangel ausreichender tatsächlicher Feststellungen (die Verweisung ist dann unbeachtlich) 667 der Sachrüge zum Erfolg verhelfen, soweit das Urteil bzw. die Unmöglichkeit seiner Überprüfung auf dem gerügten Verstoß beruht.668 Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 ist dagegen nicht gegeben, denn das abgekürzte Urteil ist kein Urteil ohne Gründe.669 Für das abgekürzte freisprechende Urteil nach Absatz 5 Satz 2, 3 gilt Gleiches. Das Berufungsgericht kann dagegen bei seiner Nachprüfung des Urteils (§ 327) die 186 fehlenden Feststellungen selbst nachholen.670 7. Mit der Verfahrensrüge kann als Verstoß gegen Absatz 6 Satz 1 gerügt werden, 187 wenn das Gericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung oder die Anordnung des Vorbehalts nicht begründet hat. Gleiches gilt, wenn die Urteilsgründe nicht aufzeigen, warum entgegen einem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag die Sicherungsverwahrung weder angeordnet noch einem Nachverfahren vorbehalten wurde.671 Ist kein diesbezüglicher Antrag in der Hauptverhandlung gestellt worden, liegt im Schweigen des Urteils zu den Gründen, aus denen das Gericht von der Anordnung der Sicherungsverwahrung oder von deren Vorbehalt abgesehen hat, kein Verfahrensfehler nach Absatz 6 Satz 1. Mit der Sachrüge können alle materiell-rechtlichen Fehler bei der Anwendung der 188 §§ 66, 66a StGB in beide Richtungen gerügt werden, also auch, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorbehalt der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung nicht ausreichend dargelegt oder nicht frei von Rechtsfehlern bejaht oder verneint wurden.672 Schweigen die Urteilsgründe zur Frage, warum keine Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten wurde, kann dies, auch wenn insoweit kein förmlicher Antrag gestellt wurde, ein mit der Sachrüge als Rechtsfehler zu beanstandender Mangel sein. Voraussetzung ist aber, dass nach den im Urteil festgestellten Umständen die Anordnung einer solchen Maßregel oder deren Vorbehalt so nahelag, dass zur Dokumentation der richtigen Rechtsanwendung das Urteil die Gründe aufzeigen muss, warum das Gericht trotzdem davon abgesehen hat.673
666 667 668 669 670
BGH StV 2011 76, 78. Vgl. Rn. 157. Rn. 157; vgl. LR/Franke § 338, 116 ff. BayObLG bei Rüth DAR 1985 246; vgl. Rn. 154 Fn. 548; LR/Franke § 338, 117. Vgl. Rn. 158; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1983 112.
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Vgl. Rn. 184. Vgl. Rn. 119. BGH JR 2000 207 mit Anm. Schöch; ferner etwa Kudlich/Christensen GA 2002 337, 340.
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§ 268
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 268 (1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. (2) 1 Das Urteil wird durch Verlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe verkündet. 2 Die Eröffnung der Urteilsgründe geschieht durch Verlesung oder durch mündliche Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts. 3 Die Verlesung der Urteilsformel hat in jedem Falle der Mitteilung der Urteilsgründe voranzugehen. (3) 1 Das Urteil soll am Schluß der Verhandlung verkündet werden. 2 Es muß spätestens am elften Tage danach verkündet werden, andernfalls mit der Hauptverhandlung von neuem zu beginnen ist. 3 § 229 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend. (4) War die Verkündung des Urteils ausgesetzt, so sind die Urteilsgründe tunlichst vorher schriftlich festzustellen.
Schrifttum Batereau Die Schuldspruchberichtigung (1971); Bertel Die Urteilsberichtigung im Strafverfahren, Juristische Blätter 1968 541; Hammerstein Beschränkung der Verteidigung durch Hinausschieben der Beratung und Urteilsverkündung, Hanack-Symp. 71; ders. Der öffentliche Tadel. Über die mündliche Urteilsbegründung im Strafprozeß, FS Beusch 351; Hillenkamp Die Urteilsabsetzungs- und die Revisionsbegründungsfrist im deutschen Strafprozeß (1998); Laubenthal Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten eines vor Rechtskraft des Urteils verstorbenen Angeklagten? GA 1989 20; Molketin Die Anwesenheit des Verteidigers während der Urteilsverkündung im Strafverfahren, AnwBl. 1983 254; Perels Zum Verhältnis von Wiederaufnahmeantrag und Urteilsberichtigung und seinen kostenrechtlichen Folgen, NStZ 1985 538; Poppe Urteilsverkündung in Abwesenheit notwendiger Prozeßbeteiligter, NJW 1954 1914; ders. Urteilsverkündung unter Ausschluß der Öffentlichkeit, NJW 1955 6; W. Schmid Zur Heilung gerichtlicher Verfahrensfehler durch den Instanzrichter, JZ 1969 757; Schönfelder Die Urteilsberichtigung im Strafverfahren, JR 1962 368; Seibert Berichtigung des Urteilsspruchs in Strafsachen, NJW 1964 239; Thier Aussetzung der Urteilsverkündung im Strafprozeß, NJW 1958 1478; Werner Mündliche und schriftliche Urteilsbegründung im Strafprozeß, JZ 1951 779; Wiedemann Die Korrektur strafprozessualer Entscheidungen außerhalb des Rechtsmittelverfahrens (1981); Zietkern Das Urteilsberichtigungsverfahren (1932).
Entstehungsgeschichte. Das Gesetz vom 27.12.1926 änderte Absatz 2 und fügte einen Absatz 4 an, der die Rechtsmittelbelehrung vorschrieb und durch Art. 4 Nr. 31 des 3. StRÄndG 1953 mit Rücksicht auf die allgemeine Vorschrift des § 35a wieder gestrichen wurde. Im Übrigen hatte Art. 3 Nr. 121 VereinhG 1950 die Frist für die Urteilsverkündung (damals Absatz 2) auf vier Tage verkürzt und im jetzigen Absatz 4 (damals Absatz 3) das Wort „tunlichst“ eingefügt. Die jetzige Fassung beruht im wesentlichen auf Art. 1 Nr. 77 des 1. StVRG, das in einem neuen Absatz 3 den Zeitpunkt, bis zu dem das Urteil verkündet sein muss, neu regelte und im Zusammenhang damit auch Absatz 2 Satz 1 neu fasste. Der bisherige Absatz 3 wurde zu Absatz 4. Art. 1 Nr. 20 StVÄG 1984 hat lediglich Absatz 3 Satz 3 neu gefasst, um durch die Änderung der Verweisung auf § 229 Absatz 3 und Absatz 4 Satz 2 auch den Ablauf der Urteilsverkündungsfrist bei einer Erkrankung des Angeklagten im gleichen Maße wie bei der Unterbrechungsfrist nach § 229 Abs. 3 zu hemmen. Bezeichnung bis 1924: § 267.
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§ 268
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
Übersicht Rn. I. Urteilsverkündung 1. Teil der Hauptverhandlung a) Schluss der Verhandlung . . . . . b) Neue Anträge . . . . . . . . . . 2. Anwesenheit . . . . . . . . . . . . 3. Verkündungstermin . . . . . . . . . 4. Frist für Urteilsverkündung . . . . . 5. Verkündung durch den Vorsitzenden a) Eingangssatz . . . . . . . . . . . b) Aufgabe des Vorsitzenden . . . . c) Reihenfolge . . . . . . . . . . . d) Urteilsformel und Urteilsgründe . e) Verlesen der Urteilsformel . . . . f) Jugendlicher Angeklagter . . . . g) Öffentlichkeit . . . . . . . . . . h) Dolmetscher . . . . . . . . . . . 6. Schriftliche Feststellung der Urteilsgründe (Absatz 4) . . . . . . . . . . 7. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . 8. Zustellung des Urteils . . . . . . . . 9. Rechtsmittelbelehrung a) Vorgabe des § 35a . . . . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . c) Form . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Abänderung und Berichtigung des Urteils 1. Zulässigkeit der Abänderung
Rn. a) Urteilsformel . . . . . . . . . . . b) Schriftliche Urteilsbegründung . . 2. Berichtigung a) Keine inhaltliche Änderung . . . b) Abgrenzung zwischen Berichtigung und Änderung . . . . . . . . . . c) Zugunsten und zu Ungunsten des Angeklagten . . . . . . . . . . . 3. Beschluss des erkennenden Gerichts 4. Anfechtung a) Berichtigungsbeschluss als Teil der Sachentscheidung . . . . . . . . b) Beschwerde . . . . . . . . . . . c) Entscheidung nach § 458 Abs. 1 .
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III. Heilung von Mängeln bei der Verkündung 1. Nur bis Abschluss der Verkündung . . 2. Zurückverweisung zur Nachholung der Verkündung . . . . . . . . . . . . . . IV. Revision 1. Verkündungsfehler . . . 2. Widersprüche . . . . . . 3. Überschreitung der Frist 4. Anwesenheit (§ 338 Nr. 5) 5. Öffentlichkeit . . . . . . 6. Aufklärungsrüge . . . .
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Alphabetische Übersicht Angeklagter 2, 7, 9, 13 ff., 18, 21, 51, 55 Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 4 Anträge, neue 3 ff., 64, 74 Anwesenheitspflicht 5 ff. Aufklärungspflicht 4, 74 Ausländer 25, 37 Belehrungen 19, 35 ff., 41 Beratung 4, 8 f., 12 ff., 47, 71 Berechnung der Verkündungsfrist 11 ff. Berichtigung 44 ff. – Anfechtung 58 ff. – Berichtigungsbeschlus 56 – Berichtigungsvermerk auf Urteilsurkunde 57 Beschlüsse nach §§ 268a ff. 2, 19, 36, 41 Beschwerde 60 ff. Dienstliche Erklärungen 56 Dolmetscher 25, 37 Einziehungsbeteiligte 33 Erkrankung des Angeklagten 7, 13 ff. Erkrankung der Richter 13 ff. Fassungsversehen 47 f. Heilung von Verkündungsmängeln 64 Hemmung der Verkündungsfrist 13 ff. Hinausgabe aus dem inneren Gerichtsbereich 27, 43 Jugendlicher Angeklagter 23 f. Kostenentscheidung 36, 54 Ladung zum Verkündungstermin 9 Liste der angewendeten Vorschriften 19 Namensverwechslung 51
Nebenkläger 33 Öffentlichkeit 21, 24, 73 Privatkläger 6 Rechenfehler 50 Rechtsmittelbelehrung 19, 35 ff., 41 – Merkblätter 37 Referendar 17 Revision 15, 26, 59 ff., 66 ff. Staatsanwalt 6, 35 f. Schluss der Hauptverhandlung 1 f. Schlussvorträge 4 Schreibfehler 50, 70 Sitzungsniederschrift 28 ff., 70 Strafvollstreckung 63 Tod eines Richters 4, 20 Unterschrift der Berufsrichter 26 Urkundsbeamter 6, 64, 70 Urteil – Eingangssatz 16, 66 – Zustellung 32 ff. Urteilsberichtigung 44 ff. – Abgrenzung zur Änderung 46 ff. – Anfechtung 58 ff. Urteilsformel 2, 19 ff., 22, 28 f., 67 ff., 70 – Eröffnung 2, 20, 38 ff. – Unabänderlichkeit 42 – Verlesen 22, 68 – Widerspruch zwischen Urteilsformel und Urteilsgründen 54, 70
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§ 268
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Urteilsgründe – Änderung 27, 43 – Aufnahme ins Protokoll 27 – Eröffnung 2, 20 f., 26 f., 38 ff. – mündliche Begründung 2, 19 ff., 26 ff., 69 f. – schriftliche Urteilsgründe 20, 43, 70 ff. – Widerspruch zwischen mündlichen und schriftlichen Urteilsgründen 70 Urteilsverkündung – Abschluss 18, 25, 64 – Frist 10 ff., 71 – Mängel 17, 26, 66 ff. – Nachholung 65
– Neubeginn 18, 64, 71 – Reihenfolge bei Verkündung 18 – Unterbrechung 4 – Wiederholung 64 Verkündungstermin, besonderer 1, 9, 31 Verteidiger 6 Verwaltungsbehörden 34 Vorberatung 12, 21 Vorführung des Angeklagten 7 Vorsitzender 17, 20, 41 Wesentlicher Teil der Hauptverhandlung 20 Wiedereintritt in mündliche Verhandlung 2, 4
I. Urteilsverkündung 1. Teil der Hauptverhandlung
1
a) Schluss der Verhandlung. Die Urteilsverkündung bildet einen Teil der Hauptverhandlung (§ 260 Abs. 1 Satz 1), ganz gleich, ob sie sich unmittelbar an die Verhandlung mit den Verfahrensbeteiligten anschließt, also „am Schluß der Verhandlung“ vorgenommen wird, oder erst nachher in einem besonderen Verkündungstermin. Soweit Absatz 3 vom Schluss der Verhandlung spricht, ist damit nur der Schluss des Verhandelns mit den Verfahrensbeteiligten im Gerichtssaal gemeint. Die Ansicht, dass deshalb die „ausgesetzte“ Urteilsverkündung nicht mehr Teil der mündlichen Verhandlung sei,1 wird – soweit ersichtlich – heute nicht mehr vertreten.2 Die Hauptverhandlung ist erst abgeschlossen, wenn in ihr das Urteil, bestehend aus 2 Urteilsformel und Urteilsgründen, vollständig eröffnet, die Verkündung des Urteils also beendet ist,3 und wenn das Gericht die etwa sonst noch erforderlichen Entscheidungen (§§ 268a, 268b) erlassen und die notwendigen Belehrungen (§§ 35a, 268a Abs. 3, § 268c) erteilt hat. Vorgänge bei der Urteilsverkündung, etwa das Verhalten des Angeklagten während der Urteilsverkündung, dürfen aber nicht mehr in das bereits vorher beschlossene Urteil einfließen.4 Wenn das Gericht sie verwerten will, muss es die Urteilsverkündung unterbrechen, den Vorfall zum Gegenstand der wieder aufgenommenen Verhandlung machen und nach deren ordnungsgemäßem Abschluss und erneuter Beratung das Urteil neu verkünden.
3
b) Neue Anträge. Da die Verkündung Teil der Hauptverhandlung ist, können auch in einem zur Urteilsverkündung anberaumten Termin noch neue Anträge, insbesondere neue Beweisanträge, gestellt werden. Werden sie vor der Verkündung gestellt, müssen sie vom Gericht noch beschieden werden.5
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Hegler JW 1932 679. Wie hier KK/Engelhardt 7; KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 14; Pfeiffer 4; SK/Velten 3; Eb. Schmidt 3; vgl. LR/Stuckenberg § 260, 1, 24. RGSt 47 232; 57 142; 61 390; BGHSt 8 41; 15 263; 25 333; BGH NJW 1953 155; vgl. Rn. 19.
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BGH bei Kusch NStZ 2000 203. RG GA 44 (1896) 27; 59 (1912) 343; JW 1926 1215; Recht 1912 Nr. 961; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 171; zu Beweisanträgen vgl. LR/Becker § 244, 125; § 246, 2.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 268
Hat das Gericht mit der Verkündung des Urteils begonnen, hat der Antragsteller kei- 4 nen Anspruch mehr darauf, dass das Gericht die Verkündung unterbricht und ihm Gelegenheit zur Antragstellung gibt, noch weniger, dass es die mündliche Verhandlung nochmals aufnimmt und seinen Antrag sachlich bescheidet.6 Der Vorsitzende, zu dessen Aufgabe die Urteilsverkündung gehört, kann deren Unterbrechung ablehnen. Diese Entscheidung bedarf keiner Begründung.7 Der Antragsteller kann dagegen nicht das Gericht nach § 238 Abs. 2 anrufen.8 Der Vorsitzende darf die Verkündung auch noch fortsetzen, wenn er sich mit dem Kollegium beraten hat, ob der Antrag Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gibt. Ein Wiedereintritt in die Hauptverhandlung liegt in einer solchen Beratung und der Mitteilung der Ablehnung des Wiedereintritts noch nicht.9 Das Gericht kann aber den Antrag zum Anlass nehmen, nochmals in die Verhandlung einzutreten, solange die Verkündung noch nicht beendet, das Urteil also noch nicht endgültig erlassen und deshalb noch abänderbar ist.10 Es muss dies tun, wenn es die Aufklärungspflicht erfordert.11 Tut es das, so muss es die neu aufgenommene mündliche Verhandlung nach den allgemeinen Grundsätzen zu Ende führen und nach Gewährung der Schlussvorträge und des letzten Wortes sowie nach erneuter Beratung das Urteil nochmals neu verkünden.12 2. Alle Personen, deren Anwesenheit für die Hauptverhandlung vorgeschrieben ist 5 (§§ 226, 230 Abs. 1, § 145), müssen bei der Verkündung des Urteils anwesend sein. Die Verkündung kann deshalb nur in Gegenwart der Berufs- und Laienrichter, die in der Hauptverhandlung mitgewirkt haben, stattfinden.13 Ist das Gericht aus irgendeinem Grund, zum Beispiel wegen des Todes eines Richters, am Zusammentritt in der früheren Besetzung verhindert, muss die Hauptverhandlung erneuert werden.14 Eine Ausnahme kann selbst dann nicht zugelassen werden, wenn das Urteil schon nach § 268 Abs. 4, § 275 zu den Akten gebracht ist. Bei der Verkündung müssen ferner ein Staatsanwalt, ein Urkundsbeamter der Ge- 6 schäftsstelle sowie, wenn die Verteidigung eine notwendige ist, auch der Verteidiger anwesend sein.15 Die Abwesenheit des Pflichtverteidigers ist unschädlich, wenn mit seinem Einverständnis ein vom Gericht nach § 138 Abs. 2 zugelassener Verteidiger anwesend ist.16 Ob der Privatkläger bei der Urteilsverkündung anwesend sein muss und ob
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RGSt 57 142; 59 420; BGHSt 15 263, 264; BGH StV 1985 398; bei Dallinger MDR 1975 23; OLG Neustadt NJW 1962 1632; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1972 161. Dem Gericht ist es jedoch unbenommen, in den schriftlichen Urteilsgründen darzutun, warum die Sachaufklärung keinen Wiedereintritt in die Hauptverhandlung erforderte, BGH NStZ 1986 182. BGH bei Dallinger MDR 1975 24; KK/Engelhardt 14; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 4; vgl. LR/Becker § 238, 24. BGH bei Dallinger MDR 1975 24; Alsberg/ Nüse/Meyer 387; KK/Engelhardt 14; MeyerGoßner 15; SK/Velten 4; vgl. LR/Stuckenberg § 258, 10. BGHSt 25 336; BGH StV 1985 398; bei
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Dallinger MDR 1972 199. Zur Möglichkeit des Verteidigers, noch in diesem Verfahrensabschnitt offensichtliche Versehen zu korrigieren vgl. Molketin AnwBl. 1983 254. BGH NStZ 1986 182; VRS 36 (1969) 368; Alsberg/Nüse/Meyer 388; Molketin AnwBl. 1983 254; HK/Julius 8; KK/Engelhardt 14; Meyer-Goßner 15; SK/Velten 4. Vgl. LR/Stuckenberg § 258, 4 ff., 12 f.; § 260, 5, 9. Vgl. LR/Becker § 226, 4 ff. RGSt 3 116; 62 198. RGSt 57 264; 63 249 (RGSt 54 292 ist aufgegeben); vgl. LR/Becker § 226, 6 ff., 16 und bei § 140; ferner Molketin AnwBl. 1983 254 (nicht nur nobile officium für jeden Verteidiger). OLG Bremen VRS 65 (1982) 36.
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sein Ausbleiben bei einem besonderen Verkündungstermin die Versäumnisfolge des § 391 Abs. 2 nach sich zieht, ist strittig.17 Der Angeklagte muss bei der Verkündung ebenfalls anwesend sein, sofern nicht die 7 Voraussetzungen der §§ 231 Abs. 2, 231a, 231b, 232, 233 vorliegen,18 die die Verhandlung und Urteilsverkündung in seiner Abwesenheit rechtfertigen, oder die Sonderfälle der § 329 Abs. 1, 2, § 412 gegeben sind. Greifen diese Sonderbestimmungen nicht ein, fehlt es etwa an der Eigenmacht im Sinne des § 231 Abs. 2, weil der Angeklagte nach unterbrochener Hauptverhandlung verspätet erscheint19 oder weil er durch eine ernsthafte Erkrankung am Erscheinen verhindert ist, so muss das Gericht die Verhandlung unterbrechen oder, wenn dies nicht ausreicht, aussetzen.20 Der nicht auf freiem Fuß befindliche Angeklagte muss zur Urteilsverkündung gleich wie zur sonstigen Verhandlung vorgeführt werden.21
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3. Verkündungstermin. Die Anberaumung eines besonderen Verkündungstermins ist entbehrlich, wenn das Urteil unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung beraten und verkündet werden soll, auch wenn die Beratung – eventuell mit Pausen – bis zum nächsten Tag dauert.22 Beabsichtigt das Gericht dagegen nicht, das Urteil unmittelbar im Anschluss an die 9 Verhandlung zu beraten und zu verkünden, muss der Vorsitzende den Zeitpunkt der Urteilsverkündung am Ende der Verhandlung bekanntgeben. Der anwesende Angeklagte braucht nicht geladen zu werden, da der Verkündungstermin Teil der Hauptverhandlung ist. Wird der Termin dagegen außerhalb der Hauptverhandlung bestimmt, etwa nachträglich auf einen früheren oder späteren Zeitpunkt verlegt, so sind die Verfahrensbeteiligten, vor allem der Angeklagte, zum neuen Termin zu laden.23 Dies kann nach § 35 Abs. 2 Satz 2 auch mündlich geschehen.24
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4. Frist für die Urteilsverkündung. Nach Absatz 3 soll das Urteil nach Möglichkeit am Schluss der mündlichen Verhandlung, also ohne Anberaumung eines eigenen Verkündungstermins (Rn. 8), verkündet werden. Ist dies nicht möglich, so hat dies spätestens am elften Tag danach zu geschehen, andernfalls muss die Hauptverhandlung von neuem begonnen werden. Die Frist in Absatz 3 Satz 2 entspricht seit der Änderung durch das 1. JuMoG nicht mehr der Normalfrist des § 229 Abs. 1, womit sich wieder die vor dem 1. StVRG bestehende Situation ergibt, dass die Verkündungsfrist kürzer ist als die Unterbrechungsfrist.25 Die frühere Ansicht, die strengere Frist des § 268 Abs. 3 Satz 2 nur als Ordnungsvorschrift anzusehen, ist mit dem Wortlaut nicht vereinbar, denn danach (keine
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Vgl. LR/Hilger § 391, 29 ff. Etwa BGHSt 16 180; KK/Engelhardt 7; KMR/Voll 6; Meyer-Goßner 14; SK/Velten 3; vgl. LR/Becker § 231, 9 ff. OLG Bremen StV 1985 50. OLG Düsseldorf GA 1957 417; vgl. LR/Becker § 231, 16. RGSt 31 398; RG Recht 1922 696; LR/Becker § 231, 24 ff. RG JW 1930 3326; Koeniger 461; MeyerGoßner 16. KMR/Voll 10. Vgl. BGHSt 38 271, 273; BayObLG NZV 1999 306; OLG Hamm NStZ 1992 498,
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499; OLG Köln NStZ 1991 92; MeyerGoßner 16; a.A. (schriftliche Ladung nötig) BGH NStZ 1984 41 mit abl. Anm. Hilger; OLG Karlsruhe NJW 1981 934; KMR/Voll 10; SK/Velten 9; vgl. RiStBV Nr. 117. Damals vier Tage in § 268 Abs. 3 a.F. gegenüber zehn Tagen in § 229 Abs. 1 a.F., vgl. dazu LR/Gollwitzer 22 3; damals wurde § 268 Abs. 3 überwiegend als Sollvorschrift gedeutet, BGHSt 9 302, 303 f.; Eb. Schmidt 15 m.w.N. zum früheren Streitstand; so heute obiter auch der 5. Strafsenat in BGH NJW 2007 96 mit abl. Anm. von Freier HRRS 2007 139, 140 f.
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Verweisung auf § 229 Abs. 2) und nach dem Willen des Gesetzgebers 26 ist die Frist für die Urteilsverkündung in Absatz 3 abschließend geregelt.27 Auch in Großverfahren kann die Urteilsverkündung nicht über den elften Tag hinaus aufgeschoben werden.28 Bei der Berechnung der Frist zählen die Sonn- und Feiertage mit; das Urteil muss also 11 spätestens am elften Kalendertag nach dem Schluss der Verhandlung verkündet werden. Kann die Verkündung, die aus Bekanntgabe der Urteilsformel und der Urteilsgründe besteht, wegen ihres Umfangs nicht am elften Tag abgeschlossen werden, so ist dies unschädlich, es sei denn, dass das Gericht nur formal am elften Tag mit der Verkündung begonnen hatte. Ist der elfte Tag ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, dann darf, da Absatz 3 Satz 3 den § 229 Abs. 4 Satz 2 für entsprechend anwendbar erklärt, der Beginn der Verkündung auf den nächstfolgenden Werktag verschoben werden.29 Die Frist läuft auch während der Zeit der Beratung, die nach der herrschenden Mei- 12 nung nicht zur Verhandlung rechnet.30 Die Schwierigkeiten, die sich bei großen Verfahren mit einer längere Zeit erfordernden Beratung ergeben können, müssen dadurch gemeistert werden, dass das Gericht noch während der Hauptverhandlung die einzelnen Punkte vorberät.31 Nicht angängig ist es dagegen, zunächst einen Verkündungstermin unter Einhaltung der Frist des § 268 anzuberaumen und dann in diesem die Urteilsverkündung insgesamt über die Frist des § 229 Abs. 1 hinaus zu verlegen.32 Tritt dagegen das Gericht im Verkündungstermin erneut in die mündliche Verhandlung ein, beginnt die Frist nach deren Abschluss erneut zu laufen.33 Hemmung der Frist des § 268 Abs. 3 Satz 2. Der Ablauf der nicht verlängerbaren 13 Höchstfrist für die Urteilsverkündung ist nach dem entsprechend anwendbaren § 229 Abs. 3 gehemmt, wenn ein Angeklagter während ihres Laufes so schwer erkrankt, dass er an dem vorgesehenen Verkündungstermin nicht teilnehmen kann und dieser abgesetzt werden muss, weil kein Fall vorliegt, in dem das Gesetz die Verkündung des Urteils in Abwesenheit des Angeklagten gestattet. Soweit dies zulässig ist, etwa weil § 231 Abs. 2
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Vgl. BTDrucks. 15 999 S. 24 f. und 15 1508 S. 25. BGH StraFo 1999 339; NStZ 2004 52; NJW 2007 448 f. mit Anm. Knauer StV 2007 340, 342; dazu auch von Freier HRRS 2007 139 und Mosbacher JuS 2007 724, 725 f.; BGH StV 2006 516; 2007 457 f.; 2007 458 mit Anm. Wolf HRRS 2007 285; LR/Becker § 229, 5; Graf/Peglau 15 f.; KMR/Voll 23; Behm/Wesemann StraFo 2006 354, 357. BTDrucks. 7 551 S. 3; BGH StV 1982 4 mit Anm. Peters; NStZ 2004 52; StV 2006 516; 2007 457; vgl. LR/Becker § 229, 5; KK/Engelhardt 9; Meyer-Goßner 16; Rieß NJW 1975 86. Bedenken gegen die Länge der Frist hat Hammerstein Hanack-Symp. 71 ff.; für eine Angleichung an § 229 Abs. 1 Wolf HRRS 2007 285, 286. Vgl. LR/Becker § 229, 6. KK/Engelhardt 8; Meyer-Goßner 16; Roxin/ Schünemann § 44, 7; so auch die herrschende Meinung beim früheren Absatz 2,
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etwa Eb. Schmidt 13; s.a. LR/Stuckenberg § 260, 11; a.A. Thier NJW 1958 1467; Peters § 53 II, wonach die Beratung noch ein Teil der Verhandlung im Sinne des § 268 ist, so dass die Frist erst vom Beratungsschluss an läuft, die Frist des § 229 muss aber gewahrt bleiben (auch Peters StV 1982 5). Gegen diese Auslegung sprachen der Wortlaut des Absatzes 2 und die Entstehungsgeschichte (Dallinger MDR 1956 528). Für den jetzigen Absatz 3 folgt dies aus der amtlichen Begründung des Entwurfs BTDrucks. 7 551 S. 83. Vgl. LR/Stuckenberg § 258, 16; Bedenken dagegen bei Peters § 53 II 3 (Gefahr der Verletzung des rechtlichen Gehörs vorprogrammiert); vgl. Rn. 21 a.E. Vgl. RGSt 57 423. Die zulässige Dauer der ersten, im Endergebnis nicht zur Urteilsverkündung führenden Unterbrechung beurteilt sich dann unmittelbar nach § 229, vgl. LR/Becker § 229, 14 ff.
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anwendbar ist, besteht vom Regelungszweck her kein Anlass, die Urteilsverkündung hinauszuschieben. Es ist dann unerheblich, ob der Fristablauf an sich gehemmt wäre. Die Neufassung des § 229 Abs. 3 durch das 1. JuMoG bewirkt, dass eine Fristhemmung auch bei Erkrankung einer zur Urteilsfindung berufenen Person eintritt, sofern kein Ergänzungsrichter oder -schöffe (§ 192 Abs. 2 GVG) bestellt ist.34 War allerdings die Höchstfrist für die Urteilsverkündung bei Eintritt der Erkrankung bereits abgelaufen, bewirkt die spätere Erkrankung keine Hemmung mehr.35 Beginn und Ende der Hemmung sind von Amts wegen (Freibeweis) durch einen unan14 fechtbaren Gerichtsbeschluss festzustellen. Sind alle Voraussetzungen des § 229 Abs. 3 gegeben, tritt die Hemmung mit Beginn des Tages ein, an dem der Angeklagte durch seine Erkrankung unfähig wurde, am Verkündungstermin teilzunehmen. Es kommt dabei nur auf diese Wirkung und nicht auf Art und Ursache der Erkrankung an. Ist die Erkrankung allerdings von so kurzer Dauer, dass der Angeklagte am vorgesehenen Verkündungstermin wieder teilnehmen kann, hat sie keine Fristhemmung zur Folge. Ist der Angeklagte dagegen am vorgesehenen Verkündungstermin noch teilnahmeunfähig, ist die Verkündungsfrist bis zu dem Tage gehemmt, an dem seine Teilnahmefähigkeit wieder hergestellt ist. Die Hemmung ist allerdings auf höchstens sechs Wochen begrenzt. Mit dem Ende der Hemmung beginnt die Zehntagefrist des § 229 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz zu laufen, so dass das Urteil spätestens an dem ihrem Ablauf folgenden Tag, bzw., wenn dies ein Samstag oder ein Sonn- oder Feiertag ist, an dem darauf folgenden Werktag verkündet werden muss.36 Für Urteile des Revisionsgerichts ist die auf die Verhältnisse der Tatsacheninstanzen 15 abstellende Frist des § 268 Abs. 3 ohne Bedeutung.37 5. Verkündung durch den Vorsitzenden
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a) Eingangssatz. Das Urteil ergeht im Namen des Volkes (Absatz 1), denn nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus; dies gilt mittelbar auch für die richterliche Gewalt.38 Es ist aber kein den Bestand des Urteils gefährdender Verfahrensverstoß (Sollvorschrift), wenn diese Worte nicht gebraucht werden.39
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b) Es ist Aufgabe des Vorsitzenden als Verhandlungsleiter, die Urteilsformel zu verlesen und den wesentlichen Inhalt der Urteilsgründe mitzuteilen.40 Dass er sich aus besonderen Gründen – etwa bei stimmlicher Behinderung – durch ein berufsrichterliches Mitglied des erkennenden Gerichts darin vertreten lässt, wird man für zulässig halten müssen.41 Unzulässig ist es dagegen, den Staatsanwalt oder einen dem Gericht zur Ausbildung überwiesenen Referendar damit zu betrauen.42 Der Mangel der ordnungsmäßi-
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Vgl. Knauer/Wolf NJW 2004 2932, 2934. BGH bei Kusch NStZ-RR 2000 293. Wegen der Einzelheiten vgl. LR/Becker § 229, 6, 14 ff. RGSt 27 116; a.A. KK/Engelhardt 10; SK/Velten 11 (nach § 356 anwendbar, aber keine Anfechtbarkeit). Eingehend dazu AK/Wassermann 2, 3; KK/Engelhardt 1; vgl. ferner die Kommentare zu Art. 20 Abs. 2 GG und zu den einschlägigen Artikeln der einzelnen Landesverfassungen.
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RG Recht 1934 Nr. 221; AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 1, 15; KMR/Voll 21; Meyer-Goßner 1; Eb. Schmidt 7; Gössel § 33 D IVc. BGH bei Dallinger MDR 1975 24. KK/Engelhardt 2; KMR/Voll 2; MeyerGoßner 3. OLG Oldenburg NJW 1952 1310; Graf/ Peglau 12; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 6; Eb. Schmidt 6.
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gen Verkündung wird auch nicht durch Zustellung des Urteils geheilt. Das falsch verkündete Urteil ist aber nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (§ 338 Nr. 1). c) Reihenfolge. Absatz 2 Satz 3 schreibt vor, dass zunächst die Urteilsformel verlesen 18 werden muss, ehe die Urteilsgründe mitgeteilt werden. Dadurch wird die Bedeutung der Urteilsformel besonders hervorgehoben. Die Vorschrift nimmt zugleich Rücksicht auf die Lage des Angeklagten, für den es eine starke seelische Belastung bedeuten kann, einer vielleicht langen Urteilsbegründung folgen zu müssen, ehe er das Ergebnis erfährt, auf das es ihm regelmäßig am meisten ankommt. Wird die Verkündung unterbrochen, um die Formel zu ändern, muss mit der Bekanntgabe der Gründe nochmals neu begonnen werden.43 d) Die Verkündung des Urteils muss sich stets, auch wenn der Angeklagte nicht an- 19 wesend ist, auf Urteilsformel und Urteilsgründe erstrecken. Beide bilden eine Einheit, so dass die Verkündung des Urteils erst mit Bekanntgabe der Gründe abgeschlossen ist.44 Auch wenn der Angeklagte nicht anwesend ist, wird das Urteil mit der Verkündung – und nicht etwa erst mit der Zustellung an ihn – existent.45 Die Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5) wird nicht mit verkündet.46 Die Verkündung eines Beschlusses nach §§ 268a, 268b und die zu erteilenden Belehrungen gehören nicht mehr zur Urteilsbegründung.47 Nicht zur Verkündung gehört auch ein etwaiges mündliches Vorwort des Vorsitzenden.48 Die Urteilsformel enthält den eigentlichen Urteilsspruch. Nur wenn sie verlautbart 20 wird, liegt ein Urteil im Rechtssinne vor.49 Ihre Bekanntgabe ist ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung im Sinne des § 338 Nr. 5.50 Die mündliche Eröffnung der Urteilsgründe durch den Vorsitzenden ist dagegen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für das Urteil. Unterbleibt sie, so liegt trotzdem ein wirksames Urteil vor.51 Dies gilt auch, wenn der Vorsitzende nach der Verlesung der Urteilsformel während der Eröffnung der Urteilsgründe krank wird oder stirbt.52 Die Gründe, auf denen das Urteil beruht, werden nur durch die von allen Berufsrichtern unterzeichnete, schriftliche Begründung des Urteils nachgewiesen, nicht durch die vom Vorsitzenden mündlich eröffneten Gründe.53 Die mündliche Urteilsbegründung hat die Aufgabe, die Verfahrensbeteiligten vorläufig darüber zu unterrichten, welche Gründe das Gericht zu seiner Entscheidung bestimmt haben.54 Unterbleibt sie, vermag dieser Mangel regelmäßig nicht die Anfechtung des Urteils zu
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KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 8. RGSt 4 179; 46 326; 61 388, 390; BGHSt 5 5, 9; 25 333, 335; BGH NStZ 1984 279; OLG Düsseldorf MDR 1984 604; OLG Hamm VRS 57 (1979) 35; KK/Engelhardt 4; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 3, 8; vgl. Rn. 2. Roeder ZStW 79 (1967) 279. BGH NStZ-RR 1997 166; Meyer-Goßner § 260, 51; vgl. LR/Stuckenberg § 260, 128. BGHSt 25 333, 335; BGH NStZ 1984 279; KK/Engelhardt 6; KMR/Voll 3; MeyerGoßner 8; LR/Stuckenberg § 268a, 2. KMR/Voll 3; krit. zu dieser Praxis Thielmann StV 2009 607. BGHSt 8 41; 15 263, 264; 25 333, 335; w. Nachw. bei LR/Stuckenberg § 260, 25.
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BGH bei Dallinger MDR 1973 373; OLG Bremen StV 1985 50. OLG Düsseldorf MDR 1984 604; KMR/Voll 3, 6; Meyer-Goßner 6; SK/Velten 5. BGHSt 8 41. Vgl. LR/Stuckenberg § 267, 173; § 275, 62. BGHSt 2 66. Anders Peters § 53 II 5, der die mündliche Begründung aufwerten und die „Doppelbegründung“ abschaffen will. Vgl. auch Peters FS v. Weber 384, wo er vorschlägt, entgegen der herrschenden Meinung die in der Hauptverhandlung gegebene Urteilsbegründung für maßgebend zu erklären; der schriftlichen Urteilsbegründung will er aber die Beweiskraft des § 274 beimessen, so dass nur, wenn diese entfällt, der maßgebliche Inhalt der mündlichen Begründung im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann.
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begründen.55 Die vorherrschende Meinung sieht in ihrer Eröffnung deshalb keinen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung.56 Die Bedeutung der mündlichen Urteilsgründe darf nicht danach beurteilt werden, 21 dass sie für das Revisionsgericht hinter die schriftliche Begründung zurücktreten und dass sich die Frage, ob ein Urteil existent geworden ist, allein nach der Verlesung der Urteilsformel richtet. Während die schriftlichen Urteilsgründe hauptsächlich – wenn auch selbstverständlich nicht nur – ein Werk von Juristen für Juristen sind, ist die mündliche Urteilsbegründung „eine der ganz wenigen Gelegenheiten, wo das Gericht die Welt der Akten verlässt und unmittelbar der Öffentlichkeit gegenübergestellt ist“57. Die Gründe, die die Entscheidung tragen, sind daher in einer für den Empfängerkreis allgemeinverständlichen Wortwahl sachlich und unter Verzicht auf alle sachlich nicht notwendigen Herabwürdigungen darzulegen.58 Aus Art und Form der mündlichen Urteilsbegründung wird der Angeklagte ein Urteil darüber gewinnen, ob Richter mit Mut und Verantwortungsbewusstsein, mit Menschenkenntnis und Lebenserfahrung, aber auch mit Mitgefühl und Herz bemüht gewesen sind, in seinem Falle das richtige und gerechte Urteil zu finden.59 Auch die breite Öffentlichkeit wird sich ihr Bild von der Strafrechtspflege zu einem nicht geringen Teil aus der mündlichen Urteilsbegründung formen. Im Bewusstsein einer solchen weiten Wirkungsmöglichkeit sollte der Vorsitzende bei der Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsbegründung seine Worte mit Bedacht wählen.60 Auf Vorberatungen beruhende schriftliche Gründe zu verlesen ist nicht unzulässig, sofern sie dem abschließenden Beratungsergebnis entsprechen.61
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e) Die Urteilsformel muss stets verlesen, folglich vor der Verkündung des Urteils niedergeschrieben werden; die Bestimmung will die Möglichkeit einer Abweichung der verkündeten von der beschlossenen Entscheidung ausschließen.62 Dass die Urteilsformel vor der Verkündung protokolliert, unterschrieben und aus dem Sitzungsprotokoll verlesen werde, ist nicht vorgeschrieben.63 Der Zettel, auf dem die Urteilsformel für das Verlesen niedergeschrieben wird, braucht nicht unterschrieben zu werden.64 Bis zur Verkündung ist die niedergeschriebene Urteilsformel ein jederzeit abänderbarer Entwurf.65 Dies gilt auch bei einer vorgefertigten Urteilsformel, z.B. einem Formular, das bis auf die Strafhöhe ausgefüllt ist.66
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f) Einem jugendlichen Angeklagten und einem Heranwachsenden, dessen Tat nach Jugendstrafrecht beurteilt wird (§§ 105, 109 Abs. 2 JGG), sind die Urteilsgründe nicht mitzuteilen, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind (§ 54 Abs. 2 JGG).67 55 56
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Vgl. Rn. 69. Vgl. BGHSt 15 263; KMR/Voll 7; MeyerGoßner 6; SK/Velten 3; a.A. RG JW 1938 1644; HK/Julius 1; w. Nachw. bei LR/Franke § 338, 85. Werner JZ 1951 779. AK/Wassermann 8. Der Angeklagte sollte deshalb nach Möglichkeit persönlich angesprochen werden, Less JZ 1951 468; KMR/Voll 5; vgl. auch Nagel DRiZ 1974 79. Ähnlich AK/Wassermann 8; Eb. Schmidt 9. BGH wistra 2005 110 f.; Graf/Peglau 6; Meyer-Goßner 6.
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RGSt 3 131; KK/Engelhardt 3. RGRspr. 4 (1882) 382; RGSt 60 270; MeyerGoßner 4; SK/Velten 6. OLG Hamm JMBlNW 1975 165; Eb. Schmidt 8. KMR/Voll 7; vgl. LR/Stuckenberg § 258, 15. OLG Hamm JMBlNW 1975 165; OLG Karlsruhe Justiz 1972 42; vgl. LR/Sander § 261, 37; ferner BVerwG BayVerwBl. 1980 56. Wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentare zum JGG.
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g) Die Öffentlichkeit darf bei Verkündung der Urteilsformel niemals ausgeschlossen 24 werden (§ 173 Abs. 1 GVG; vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 EMRK; Art. 14 Abs. 1 IPBPR). Für die Verkündung der Urteilsgründe ist dagegen ein Ausschluss der Öffentlichkeit zulässig.68 Im Jugendgerichtsverfahren ist dagegen die Öffentlichkeit nach § 48 Abs. 1 JGG auch bei der Verkündung des Urteils ausgeschlossen. h) Ein Dolmetscher ist zur Urteilsverkündung hinzuzuziehen, wenn der Angeklagte 25 der deutschen Sprache nicht mächtig oder taub oder stumm ist (§§ 185, 18 GVG). Er muss Formel und Begründung des Urteils dem Angeklagten übersetzen.69 Die Verkündung der Urteilsgründe ist erst dann abgeschlossen, wenn der Dolmetscher dem Angeklagten den letzten Satz zur Kenntnis gebracht hat.70 6. Die vorherige schriftliche Feststellung der Urteilsgründe ist auch dann nicht zwin- 26 gend vorgeschrieben, wenn die Urteilsverkündung ausgesetzt war. Absatz 4 ist, wie die Einfügung des Wortes „tunlichst“ zeigt, keine zwingende Vorschrift, so dass die Revision nicht darauf gestützt werden kann, wenn dies unterblieben ist.71 Zur schriftlichen Feststellung der Urteilsgründe gehört die Unterschrift sämtlicher Berufsrichter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben (§ 275 Abs. 2).72 Auch wenn die Urteilsgründe nach Absatz 4 vorher schriftlich festgestellt worden sind, können sie durch die mündliche Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts eröffnet werden. Eine Verlesung der schriftlichen Gründe ist nicht erforderlich.73 Liegen die in diesem Sinne schriftlich festgestellten Gründe bei der Verkündung als 27 ihre Unterlage vor, dürfen sie unstreitig nachträglich mit nebensächlichen Zusätzen versehen, insbesondere in der sprachlichen Fassung verbessert werden. Strittig ist dagegen, ob sie auch sachlichen Änderungen noch offen sind, solange das fristbezogene Änderungsverbot des § 275 Abs. 1 Satz 3 nicht Platz greift und die Urteilsurkunde den inneren Bereich des Gerichts noch nicht verlassen hat. Da in der mündlichen Eröffnung der Urteilsgründe als solcher noch keine Hinausgabe der schriftlichen Begründung liegen dürfte, wird man die Änderungsbefugnis auch insoweit bejahen können.74 Die von allen Richtern unterschriebene Urteilsbegründung darf aber nicht bereits von dem Vorsitzenden zur Hinausgabe bestimmt und von einem Verfahrensberechtigten eingesehen worden sein. Ist das Urteil nach Absatz 4 in das Protokoll aufgenommen worden, kann es nachträglich nicht mehr als besondere Urkunde nach § 275 Abs. 1 zu den Akten gegeben werden.75 7. Sitzungsniederschrift. Die Verkündung des Urteils muss durch das Protokoll beur- 28 kundet werden. Die Urteilsformel ist in das Protokoll aufzunehmen (§ 273 Abs. 1), wobei sich empfiehlt, die vor Verkündung niedergeschriebene Urteilsformel in das Sitzungsprotokoll zu integrieren, indem sie darin eingefügt oder als Anlage zum Protokoll
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Vgl. bei § 173 GVG und LR/Esser Art. 6, 419 EMRK. BGH GA 1963 148; SK/Velten 3; vgl. LR/Stuckenberg § 259, 3 und bei § 185 GVG. BGH NStZ-RR 1996 337; Graf/Peglau 11; HK/Julius 7; KMR/Voll 3; Pfeiffer 4. KK/Engelhardt 19; KMR/Voll 11; MeyerGoßner 20; SK/Velten 12.
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RGSt 13 66, 68; 54 256; 73 217, 219. RGRspr. 9 (1887) 603; SK/Velten 12. KK/Engelhardt 12; KMR/Voll 11; LR/Gollwitzer 25 25; Meyer-Goßner 17; SK/Velten 12; a.A. RGSt 44 308 und die Vorauflagen (z.B. LR/Gollwitzer 23 29). BayObLG NStZ-RR 2000 87 lässt dies offen. BayObLG NStZ-RR 2000 87.
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genommen wird.76 Bei den Gründen ist dagegen lediglich zu vermerken, dass sie eröffnet wurden. Sie können aber auch – wie § 275 Abs. 1 zeigt – in die Sitzungsniederschrift aufgenommen werden. Zweckmäßig ist das aber nur bei kurzen Begründungen.77 Weicht die Formel, die in das Protokoll aufgenommen ist, von der Formel in der 29 Schrift ab, die zum Verlesen der Urteilsformel gedient hat, so ist nach § 274 die in der Sitzungsniederschrift beurkundete Fassung maßgebend.78 Gleiches gilt, wenn die in der Urteilsurkunde wiedergegebene Formel nicht mit der protokollierten übereinstimmt. Ist allerdings der Protokollvermerk selbst widersprüchlich oder ungenau, verliert er seine Beweiskraft.79 Nur der neue Urteilsspruch ist maßgebend, wenn das Gericht die Verkündung unter30 brochen hat, um nochmals in die mündliche Verhandlung einzutreten oder um seine Entscheidung zu ändern; dann ist nur der neue Urteilsspruch, nicht aber der nicht wirksam gewordene überholte, in das Protokoll aufzunehmen.80 Der erste Urteilsspruch ist dagegen ebenfalls im Protokoll festzuhalten, wenn das Gericht das zweite (korrigierende) Urteil erst zu einem Zeitpunkt erlassen hat, an dem das erste nicht mehr geändert werden durfte.81 Im Protokoll zu beurkunden ist auch, wenn ein besonderer Verkündungstermin be31 stimmt wird.
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8. Zustellung des Urteils. War der Angeklagte bei der Verkündung des Urteils nicht anwesend (§ 231 Abs. 2, § 231a Abs. 2; §§ 232, 233) oder hatte er sich vor Abschluss der Verkündung entfernt, so muss ihm das Urteil mit den Gründen durch Zustellung bekanntgemacht werden.82 Dies gilt nach der vorherrschenden Meinung auch, wenn die Urteilsformel noch in seiner Gegenwart verkündet worden war.83 Fehlt in der zugestellten Ausfertigung ebenso wie in der Urteilsurschrift versehentlich die Urteilsformel, so ist die Zustellung gleichwohl wirksam.84 Dem Einziehungsbeteiligten, der bei der Urteilsverkündung weder anwesend noch 33 vertreten war, ist das Urteil gemäß § 436 Abs. 4 zuzustellen. Das gleiche gilt für ein Urteil, das gegen eine in der Hauptverhandlung nicht vertretene juristische Person oder eine Personenvereinigung ergeht (§ 444 Abs. 2). Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu den §§ 436 Abs. 4 und 444 Abs. 2 verwiesen, wegen der Zustellung an den Nebenkläger auf § 401. Soweit Sondervorschriften, wie etwa § 407 Abs. 2 AO bei Steuerstraftaten oder §§ 83 34 Abs. 1, 76 Abs. 4 OWiG dies vorschreiben, ist das Urteil auch bestimmten Verwaltungsbehörden mitzuteilen.
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Vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2002 100; OLG Köln NStZ 2007 481. Vgl. LR/Stuckenberg § 275, 19. RGRspr. 4 (1882) 398, 399; BGHSt 34 11, 12; bei Becker NStZ-RR 2002 100; BGH 20.10.2009 – 4 StR 340/09; OLG Hamm VRS 60 (1981) 206; 7.5.2009 – 3 Ss 85/08 (insoweit nicht in StV 2010 5); OLG Köln NStZ 2007 481; KK/Engelhardt 16; KMR/ Voll 12; Meyer-Goßner 18; SK/Velten 6. Vgl. OLG Celle NdsRpfl. 1952 231; OLG Hamm VRS 60 (1981) 206; ferner LR/Stuckenberg § 274, 28 ff.; § 275, 63.
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BGH NJW 1952 155; vgl. auch Fn. 81. Dazu BGH NStZ 1984 279. Vom Vorsitzenden anzuordnen; vgl. BGH bei Holtz MDR 1976 814; BayObLGSt 1982 12 = MDR 1982 600. BGHSt 15 265; BayObLGSt 1993 60; OLG Düsseldorf MDR 1984 118; OLG Stuttgart NStZ 1986 521 mit abl. Anm. Paulus; HK/Julius 3; Meyer-Goßner 19; a.A. KG NJW 1955 565. Zur Streitfrage vgl. LR/Franke § 341, 22 und bei § 314. BGH wistra 2007 475.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 268
9. Rechtsmittelbelehrung a) Bis zum Inkrafttreten des § 35a sah der 1926 eingefügte Absatz 4 eine Rechtsmit- 35 telbelehrung in der Form einer Ordnungsvorschrift vor (vgl. Entstehungsgeschichte). Nunmehr ist sie durch § 35a allgemein und zwingend vorgeschrieben. Diese Vorschrift greift bei der Verkündung von Urteilen ein, soweit sie durch ein Rechtsmittel anfechtbar sind. Die Unterlassung der Belehrung begründet die Wiedereinsetzung (§ 44 Satz 2). Soweit nur die Staatsanwaltschaft ein Rechtsmittel hat, bedarf es keiner Belehrung.85 b) Der Inhalt der Belehrung ist nicht im einzelnen vom Gesetz vorgeschrieben, jedoch 36 sind der Angeklagte und die sonst Anfechtungsberechtigten außer der Staatsanwaltschaft 86 auf alle in Betracht kommenden Rechtsmittel hinzuweisen. Eine in der Hauptverhandlung zu Tage getretene unrichtige Rechtsauffassung hinsichtlich der Anfechtbarkeit des Urteils muss dabei unter Umständen korrigiert werden.87 Die ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung kann auch den Hinweis erfordern, dass das Rechtsmittel in deutscher Sprache eingelegt werden muss.88 Neben die allgemeine Rechtsmittelbelehrung nach § 35a, die auch die Belehrung über die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung nach § 464 Abs. 3 mit einschließen muss, treten gegebenenfalls noch die in den §§ 268a und 268c vorgesehenen besonderen Belehrungen. c) Form. Die Belehrung ist grundsätzlich mündlich zu erteilen; wegen der Einzel- 37 heiten ist die Verweisung auf ein ausgehändigtes Merkblatt89 möglich. Bei nicht genügend sprachkundigen Ausländern kann sich trotz Übersetzung durch den Dolmetscher empfehlen, ihnen ein Merkblatt in einer ihnen geläufigen Sprache auszuhändigen.90 Die Belehrung ist in der Sitzungsniederschrift festzuhalten.91 War der Angeklagte bei der Verkündung des Urteils nicht anwesend, ist bei der Zustellung des Urteils eine schriftliche Rechtsmittelbelehrung beizufügen.92 Wegen der Einzelheiten, auch wegen der Möglichkeit eines Verzichts auf die Belehrung vgl. § 35a.
II. Abänderung und Berichtigung des Urteils 1. Zulässigkeit der Abänderung a) Der Urteilsformel kommt zwar gegenüber den Urteilsgründen das größere Ge- 38 wicht zu, da sie die Willenserklärung des Gerichts enthält, den Umfang der Rechtskraft bestimmt 93 und ein der Rechtskraft fähiges Urteil auch dann vorliegt, wenn die Eröffnung der Urteilsgründe aus irgendeinem Anlass unterbleibt.94 Die Eröffnung der Urteilsgründe bildet aber zusammen mit der Verlesung der Urteilsformel ein zusammengehörendes
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Vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 8. Vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 8 ff. So OLG Köln VRS 47 (1974) 189 hinsichtlich der Unwirksamkeit einer bereits im Schlussplädoyer vorsorglich erklärten Anfechtung. BGHSt 30 182; LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 20 m.w.N. Vgl. Nr. 142 Abs. 1 RiStBV; LR/GraalmannScheerer § 35a, 17 f. Meyer ZStW 93 (1981) 526; vgl. bei
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LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 17 f., 20 und bei § 185 GVG sowie LR/Esser Art. 6, 847 EMRK. Wesentliche Förmlichkeit (§ 273 Abs. 1); vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 30; Nr. 142 Abs. 1 RiStBV. Nr. 142 Abs. 3 RiStBV; LR/GraalmannScheerer § 35a, 18, 33. RGSt 57 52; RG DRiZ 1929 Nr. 304. BGHSt 8 40; Rn. 20.
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Ganzes, so dass die Verkündung erst mit der vollständigen Eröffnung beider Urteilsteile abgeschlossen ist (Rn. 19). Bis zum Abschluss der Verkündung kann das in der Urteilsformel zum Ausdruck gekommene Urteil ohne weiteres noch vom Gericht geändert werden, wenn sich hierzu während der Eröffnung – mit oder ohne Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung – ein Anlass ergibt.95 Auch die Ergänzung der Urteilsformel ist bis zu diesem Zeitpunkt zulässig. Dies geschieht am besten dadurch, dass die Verkündung der Gründe an geeigneter Stelle unterbrochen und zur Klarstellung die ganze Formel in der neuen Fassung nochmals bekanntgegeben wird. Jedoch ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn nur die Ergänzung nachgeholt wird,96 sofern die Klarheit des Urteilsspruchs dadurch nicht leidet. Nach der Bekanntgabe der Änderungen der Urteilsformel ist mit der Eröffnung der Urteilsgründe neu zu beginnen.97 Nach Beendigung der Verkündung, also nach dem letzten Satz, mit dem die Bekanntgabe der Urteilsgründe erkennbar abgeschlossen wurde,98 ist jede sachliche Änderung oder Ergänzung des ergangenen Urteilsspruchs unstatthaft.99 Nur Fassungsfehler können dann noch berichtigt werden, wenn offen zu Tage liegt, wie das Gericht in Wirklichkeit entscheiden wollte (Rn. 44 ff.). Die Unabänderlichkeit des Urteils tritt auch dann mit dem Abschluss der Urteilsbegründung ein, wenn anschließend noch Beschlüsse über Bewährungsauflagen (§ 268a) oder über die Fortdauer der Untersuchungshaft verkündet werden müssen100 oder wenn noch die Rechtsmittelbelehrung101 oder andere Belehrungen zu erteilen sind. Unerheblich ist insoweit auch, dass der Vorsitzende die Hauptverhandlung noch nicht förmlich für geschlossen erklärt hat.102 Ist das Urteil unabänderlich, dann darf das Gericht weder die mündliche Verhandlung wieder eröffnen, um über einen übergangenen Antrag zu entscheiden,103 oder um einen vergessenen Urteilsausspruch nachzuholen,104 noch darf ein sachlicher oder rechtlicher Fehler korrigiert werden. Wird ein solcher nachträglich offenbar, bleibt dem Gericht nur die Möglichkeit, in den schriftlichen Urteilsgründen – sofern sie noch nicht abgefasst sind – auf den Fehler hinzuweisen, um dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit einer Richtigstellung zu eröffnen.105 Für nachträgliche Anordnungen, welche den Urteilsinhalt verändern, ist nur dort Raum, wo sie durch Sondervorschriften ausdrücklich zugelassen sind. 95
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RGSt 47 323; 57 142; 61 390; 71 379; BGHSt 2 248; 3 248; 8 41; 15 263; 25 333, 336; BGH NJW 1953 155 = LM Nr. 6 mit Anm. Kohlhaas; BayObLGSt 1952 110 = MDR 1952 631 mit Anm. Mittelbach; OLG Düsseldorf VRS 89 (1995) 124; 90 (1996) 47; OLG Hamm JMBlNW 1965 105; OLG Koblenz VRS 49 (1975) 194; 72 (1987) 194; OLG Berlin NJW 1968 1734; AK/Wassermann 11; Graf/Peglau 19; HK/Julius 6; KK/Engelhardt 4; KMR/Voll 7; Meyer-Goßner 9; SK/Velten 14; Eb. Schmidt 5; v. Stackelberg NJW 1951 774. OLG Koblenz VRS 49 (1975) 94. Vgl. Rn. 69. Wird das Urteil dem Angeklagten übersetzt, ist dies erst der Abschluss der Sprachübertragung, vgl. Rn. 25.
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RGSt 28 81; 247; RG JW 1926 553; GA 71 (1927) 379; BGHSt 2 248; 3 245; 8 41; 15 263; 25 335; BGH GA 1969 119; NStZ 1984 279; BGH bei Kusch NStZ 1993 30; OLG Hamm VRS 57 (1979) 35; vgl. ferner BGH NStZ-RR 1996 337. BGHSt 25 333 = LM Nr. 15 mit Anm. Börtzler; h.M.; vgl. Fn. 95, 99. BGH NStZ 1984 279. RGSt 5 173; RGRspr. 7 (1885) 245; RG Recht 1911 Nr. 959. H.M., so schon RGSt 42 341; 61 388. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; LG Bonn AnwBl. 1978 318. Kohlhaas NJW 1953 402; Schorn Strafrichter 312 (nobile officium).
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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b) Die schriftliche Urteilsbegründung ist nur innerhalb der durch § 275 Abs. 1 Satz 2 43 mit 4 gezogenen Frist und nur solange abänderbar, solange das schriftliche Urteil den inneren Bereich des Gerichts noch nicht verlassen hat.106 Wegen der Einzelheiten vgl. § 275, 55 ff. und wegen der Besonderheiten für die Ergänzung abgekürzter Urteile § 267, 155 ff., 166. 2. Berichtigung a) Die Berichtigung bedeutet keine inhaltliche Änderung des vom Gericht beschlosse- 44 nen Urteils. Sie soll im Gegenteil dem Beschlossenen besseren Ausdruck verleihen, wenn es in der verkündeten Urteilsformel oder in einer aus dem inneren Gerichtsbereich hinausgegebenen schriftlichen Begründung ungenau oder unrichtig wiedergegeben ist. Einer nachträglichen Berichtigung der mündlichen Urteilsbegründung bedarf es dagegen nicht,107 da nicht diese, sondern nur die schriftlichen Urteilsgründe das Beratungsergebnis verbindlich wiedergeben (Rn. 20). Die Strafprozessordnung enthält keine dem § 319 ZPO entsprechende Vorschrift,108 45 jedoch folgern Rechtsprechung und Lehre die Zulässigkeit der Urteilsberichtigung in den oben erörterten Grenzen aus § 267, der das Gericht verpflichtet, im Urteil die Ergebnisse der Hauptverhandlung (§ 261) so, wie sie in der Beratung gesehen und gewürdigt wurden, vollständig und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Eindeutige Versehen, die diese Übereinstimmung in Frage stellen, können und sollen deshalb durch einen nachfolgenden Beschluss des Gerichts behoben werden.109 b) Die Abgrenzung zwischen Berichtigung und Änderung liegt darin, dass bei der 46 Änderung oder Ergänzung des Urteils nachträglich etwas sachlich Neues, eine auf einem neuen Denkvorgang beruhende Erkenntnis rechtlicher oder tatsächlicher Art, in das Urteil hineingenommen wird.110 Eine solche inhaltliche Änderung oder Ergänzung ist nach Beendigung der Urteilsverkündung nicht mehr möglich. Berichtigt werden können danach nur noch offensichtliche Fehler oder Unklarheiten in der äußeren Urteilsfassung, nicht dagegen Fehler bei der Urteilsfindung.111 Irrtümer des Gerichts bei der Beweiswürdigung oder Rechtsfehler dürfen deshalb niemals im Wege der Urteilsberichtigung behoben werden.112 Ob ein Fehler des Urteils auf einem bloßen Fassungsversehen oder auf einem Rechts- 47 oder Denkfehler bei der Urteilsfindung beruht, ist mitunter für andere Personen als die
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Vgl. etwa RGSt 54 21; RG GA 71 (1927) 92; BayObLGSt 1963 138 = NJW 1963 1512; OLG Köln VRS 63 (1982) 460; vgl. auch Rn. 27; LR/Stuckenberg § 275, 58 ff. Schönfelder JR 1962 368, 371; AK/Wassermann 12. § 319 ZPO wird teilweise ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt (z.B. BGHSt 7 75; OLG Hamm MDR 1957 501; OLG Hamburg NJW 1968 215; OLG Saarbrücken VRS 28 [1965] 439); KMR/Voll 14), es dürfte aber nicht diese, einem anderen Verfahren zugehörige Vorschrift als solche entsprechend anwendbar sein, sondern der allgemeine Rechtsgedanke, der in
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§ 319 ZPO, § 118 VwGO, § 138 SGG und anderen vergleichbaren Verfahrensvorschriften seinen Ausdruck gefunden hat. BGHSt 12 376; Wiedemann 31 ff. RGSt 56 233; 61 388; OGHSt 3 93; BGHSt 2 248; 3 245; 12 374; BGH StV 1985 401 mit Anm. Sieg; OLG Celle GA 1960 218; Sieg MDR 1986 16; KMR/Voll 15; Wiedemann 39. Hanack JZ 1972 489; KMR/Voll 15; MeyerGoßner 10; Schönfelder JR 1962 368; Wiedemann 42; vgl. ferner die Entscheidungen Fn. 110. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1973 902 (Irrtum bei der Bemessung der Einsatzstrafe).
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beteiligten Richter nicht ersichtlich; so kann beispielsweise die bei der Beratung beschlossene Verhängung einer Nebenstrafe nur versehentlich in der Urteilsformel keinen Ausdruck gefunden haben, das Gericht kann aber auch übersehen haben, darüber bei der Beratung einen Beschluss zu fassen. In solchen Zweifelsfällen kann nicht auf das an sich allein maßgebende Ergebnis der Beratung abgestellt werden, sondern nur auf das, was das Gericht als seine Entscheidung verkündet hat, wobei allerdings das erkennbar Entschiedene nicht allein aus dem Wortlaut der Formel, sondern auch aus der Gesamtheit der Verlautbarungen des Gerichts bei der Verkündung erschlossen werden kann. Es ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass sich hinter der Berich48 tigung eine unzulässige Abänderung des Urteils verbirgt.113 Die Rechtsprechung ist insoweit nicht immer einheitlich,114 sie stimmt aber grundsätzlich darin überein, dass eine Berichtigung schon dann unzulässig ist, wenn das Versehen des Gerichts und das wirklich Gewollte nicht eindeutig ersichtlich sind und daher die Möglichkeit einer unzulässigen nachträglichen sachlichen Korrektur der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann.115 Sobald dieser Zweifel Platz greifen kann, hat „das Bedürfnis, die schriftlichen Urteilsgründe dem anzupassen, was das Gericht auf Grund des Ergebnisses der Hauptverhandlung in der allein maßgeblichen Beratung sachlich festgestellt und rechtlich gewollt hat, gegenüber der Geltungskraft zurückzutreten, welche dem von den beteiligten Richtern unterzeichneten und den Verfahrensbeteiligten mitgeteilten Urteil zukommt“.116
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BGHSt 12 376; BGH NJW 1954 730; OLG Düsseldorf MDR 1981 606. Da die einzelnen Entscheidungen auf den Einzelfall und seine Besonderheiten abstellen, sind sie nicht immer vergleichbar. Nach OLG Hamm JMBlNW 1965 105 ist der unterbliebene Ausspruch der Ersatzfreiheitsstrafe (früher notwendig) nicht im Wege der Berichtigung nachholbar; KG JR 1962 69 ließ demgegenüber zu, dass eine bei einer Übertretung ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen Gefängnis in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen Haft berichtigt wurde, da es „ausgeschlossen ist, dass das Gericht eine Ersatzgefängnisstrafe auch nur erwogen haben könnte“. Vgl. ferner OLG Neustadt JR 1958 352 (Auswechseln des verletzten Strafgesetzes in der Urteilsformel) mit abl. Anm. Sarstedt; BGHSt 3 145 hielt demgegenüber ein Auswechseln des in der Urteilsformel angeführten Strafgesetzes (§ 174 Abs. 1 Nr. 1 statt § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.) trotz des offensichtlichen Fehlers für unzulässig; ähnlich BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 212; BGH GA 1969 119 erhob dagegen insoweit keine Bedenken; vgl. ferner RGSt 5 173 (keine nachträgliche Anrechnung der Untersuchungshaft); BGH NJW 1953 155 und RGSt 61 388 (Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte); RGSt 56 233; (Ableh-
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nung der nachträglichen Anordnung des Wertersatzes); BGH NStZ 2009 43 (keine Einbeziehung früherer Verurteilung nach § 31 JGG); OLG Düsseldorf MDR 1981 606 (Nichteinbeziehung einer früheren Verurteilung in Gesamtstrafe). Vgl. etwa zu Ergänzungen oder Änderungen der Urteilsformel BGHSt 3 245; BGH NStZ 1984 279; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 212; bei Kusch NStZ 1993 30; OLG Düsseldorf VRS 88 (1995) 358; 89 (1995) 124; OLG Zweibrücken NStZ-RR 2008 381 f.; zu Andeutung der Urteilsgründe BGH bei Miebach NStZ 1990 229; bei Miebach/Kusch NStZ 1991 121. Weitere Beispiele bei SK/Velten 18. Sprechen die Umstände dafür, dass das Gericht die fehlerhafte Formel bewusst beschlossen hat (Sitzungsniederschrift, schriftliche Festlegung der Formel usw.), so kann sie nach der Verkündung nicht berichtigt werden (BGH NJW 1953 155 für den Fall einer unrichtigen Gesamtstrafe). BGHSt 12 376. In RGSt 61 388, 390 hat das Reichsgericht die früher vertretene Ansicht, die es – selbst wenn das Versehen nicht „offenbar“ war – gestattete, einen beschlossenen, aber nicht mitverkündeten Teil eines Urteils innerhalb der in § 268 bestimmten Frist durch die Verkündung eines Nachtragsurteils herauszubringen (RGSt 15 271;
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Die Berichtigung setzt somit voraus, dass aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe 49 oder den Vorgängen bei der Verkündung offenkundig ist, dass ein bloßes Fassungsversehen vorliegt, ferner aber auch, dass erkennbar ist, was das Gericht tatsächlich gewollt hat. Es muss also nicht nur das Versehen aus den zu Tage liegenden Tatsachen für alle Verfahrensbeteiligten, einschließlich des Angeklagten – und auch für jeden Dritten, der die gesamten Vorgänge kennt – zweifelsfrei hervorgehen,117 es muss darüber hinaus auch ersichtlich sein, was das Gericht tatsächlich ausdrücken wollte;118 bei einem Fassungsfehler der Urteilsformel also insbesondere, wie es in Wirklichkeit entschieden hat.119 Schreib- und Rechenfehler, bei denen sich die Unrichtigkeit eindeutig aus den übrigen 50 Urteilsausführungen ergibt, können berichtigt werden.120 Dies gilt auch, wenn die Gesamtzahl der Taten, deretwegen der Angeklagte verurteilt wurde, falsch zusammengezählt ist, sofern die richtige Zahl aus den in der mündlichen Urteilsbegründung erörterten Einzelfällen zweifelsfrei hervorgeht,121 oder bei einem Multiplikationsfehler.122 Zulässig ist die Berichtigung auch, wenn sich beim Abschreiben einer wörtlich in die 51 schriftlichen Urteilsgründe aufgenommenen Urkunde ein Schreibfehler eingeschlichen hat, der unter Zuhilfenahme des Akteninhalts auch ohne Berichtigung zweifelsfrei als solcher zu erkennen gewesen wäre,123 oder wenn der Name eines in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen in den Urteilsgründen falsch wiedergegeben wird, sofern ersichtlich ist, dass das Urteil mit dem falschen Namen den wirklich in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen meinte.124 Auch die Berichtigung des Namens des Angeklagten ist zulässig, wenn sich nachträglich ergibt, dass gegen ihn unter einem falschen Namen verhandelt worden war.125
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RG GA 41 [1893] 45), mit der zutreffenden Begründung aufgegeben, dass das, was in der Urteilsformel durch Verlesung als Urteil verkündet werde, als das vollständige Urteil, als die beschlossene Entscheidung angesehen werden müsse (im wesentlichen wie hier Eb. Schmidt 20 bis 24). OLG Düsseldorf MDR 1981 606; Schönfelder JR 1962 368, 369; AK/Wassermann 14; HK/Julius 6; enger (Beteiligte): BGHSt 5 5; BGH NJW 1953 155; OLG Düsseldorf MDR 1990 359; KK/Engelhardt § 267, 46; KMR/Voll 13; Meyer-Goßner 10; SK/Velten 17. Zur unterschiedlichen Rechtsprechung, für wen der Fehler offensichtlich sein muss, vgl. Vent JR 1980 403; Wiedemann 33 ff. Da es sich um ein offen zu Tage liegendes und damit auch für Dritte bei Kenntnis der Umstände einsichtiges Versehen handeln muss, besteht kaum ein praktischer Unterschied. BGHSt 12 376; BGH NJW 1954 730; GA 1969 119; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 212; LG Zweibrücken NZV 2006 610; Schönfelder JR 1962 368, 369; vgl. Sarstedt LM Nr. 17 zu § 267, wonach Berichtigungen im Allgemeinen nur zulässig sind, wenn sie nicht nötig sind; ferner OLG Zweibrücken MDR 1971 597 („Fahrer“ statt
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„Halter“); LG Flensburg (keine Berichtigung: zehn Tage in zehn Monate). BGH GA 1969 119; BGH bei Pfeiffer/Miebach 1983 212; Wiedemann 38; vgl. auch RG GA 71 (1927) 92. Vgl. die Beispiele bei Schönfelder JR 1962 368, 369; „drei Fässer Bier“ statt „drei Gläser Bier“ oder die Angabe einer erst in der Zukunft liegenden Tatzeit. Etwa OGHSt 3 93; BGH NStZ 2000 386 (Zahl der abgeurteilten Fälle); wistra 2003 99, 100; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 212; bei Kusch NStZ-RR 2000 293; OLG Stuttgart Justiz 2003 564 (Höhe einer Einzelstrafe); Seibert NJW 1964 239 mit weiteren Beispielen; vgl. ferner RGSt 13 267; 28 82; 28 250; 56 233; 61 392. LG Zweibrücken NStZ-RR 1997 311. BGH NJW 1952 797. OLG Köln JMBlNW 1968 130. KG NStZ-RR 2004 240; OLG Düsseldorf MDR 1994 609; OLG Köln MDR 1983 174; a.A. BayObLG JW 1929 2750; zweifelnd Perels NStZ 1985 538; Meyer-Goßner Einl. 174; vgl. ferner BVerfG 10.9.2010 – 2 BvR 2242/09, dazu Jahn JuS 2011 83, sowie Meyer-Goßner ZIS 2009 519, 525; LR/Kühne Einl. K 122; LR/Becker § 230, 9.
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Unter der Voraussetzung, dass eindeutig feststeht, was das Gericht in Wirklichkeit wollte, darf die Urteilsformel ergänzt, geändert und sogar in ihr Gegenteil verkehrt werden, so etwa, wenn die mündliche Urteilsbegründung eindeutig ergibt, dass das Revisionsgericht der Revision stattgeben wollte, während die Formel auf Verwerfung lautete,126 oder wenn ein Vergehen nach § 265a StGB angenommen wurde, die Urteilsformel aber statt dessen § 263 StGB anführte127 oder wenn ein der Beihilfe zur Aussageerpressung für schuldig befundener Angeklagter im Urteilssatz wegen Aussageerpressung verurteilt worden ist.128 Für zulässig wurde ferner gehalten, eine in der Urteilsformel nicht erwähnte, aber bei 53 Eröffnung der Urteilsgründe erörterte Nebenstrafe im Wege der Berichtigung in die Urteilsformel einzufügen129 oder die schriftlichen Urteilsgründe, die durch ein Übertragungsversehen keine Ausführungen zu den in der mündlichen Urteilsbegründung und in der Hauptverhandlung eingehend erörterten Rückfallvoraussetzungen enthielten, entsprechend zu ergänzen130 oder um das Urteil richtigzustellen, wenn bei einer Freiheitsstrafe von drei Jahren versehentlich die Strafaussetzung zur Bewährung mit verkündet wurde.131 Die nachträglich gefertigte schriftliche Urteilsbegründung reicht für sich allein nicht 54 aus, um gegenüber einer unvollständigen oder unrichtigen Urteilsformel die wahre Entscheidung des Gerichts aufzuzeigen,132 wenn diese nicht auch bereits aus der mündlichen Urteilsbegründung erkennbar geworden ist. Die Berichtigung einer unvollständigen Kostenentscheidung wird deshalb schon aus diesem Grunde sehr oft nicht möglich sein.133 Im Übrigen ist zwar bei einem Widerspruch zwischen Urteilsformel und Gründen die Formel dafür maßgebend, was das Gericht entschieden hat,134 dies gilt aber nur bei einem echten Widerspruch, der durch die Berichtigung ohnehin nicht behebbar ist. Ist dagegen das vom Gericht Gewollte offenkundig, dann kann aus der gedanklichen Einheit des Urteils heraus auch die Formel berichtigt und so die nur scheinbar gestörte Übereinstimmung zwischen Formel und Gründen hergestellt werden.135
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BGHSt 5 5; vgl. auch BGHSt 7 75. OLG Saarbrücken JMBlSaar 1962 59. OGH NJW 1950 316. Vgl. ferner OLG Hamburg NJW 1968 215 (Körperverletzung statt Hausfriedensbruch); OLG Saarbrücken MDR 1975 334; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1981 95 (fahrlässige statt vorsätzliche Tatbegehung im Tenor). BGH NJW 1953 155 = LM Nr. 6 mit Anm. Kohlhaas. BGHSt 12 374. OLG Karlsruhe NStZ-RR 1999 113. OGHSt 3 93; OLG Düsseldorf MDR 1981 606; OLG Hamm JMBlNW 1958 32; 1976 105. Vgl. OLG Celle GA 1960 217 (keine Berichtigung, wenn Berufungsgericht nach Zurückverweisung nicht über die Revisionskosten entschieden hat); BayObLGSt 1960 146 = NJW 1960 2065; OLG Frankfurt
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NJW 1970 1432; OLG Karlsruhe DRpfl. 1961 350; OLG Koblenz StraFo 2003 425; OLG Saarbrücken JMBlSaar 1962 15 (keine Nachholung der Entscheidung über die notwendigen Auslagen); LG Berlin NJW 1968 1734 (keine Nachholung der unterlassenen Kostenentscheidung); LG Bonn AnwBl. 1978 319; LG Dortmund AnwBl. 1975 367; OLG Hamm JMBlNW 1976 105; OLG Hamm JMBlNW 1954 190 lässt dagegen zu, dass in einem Privatklageverfahren der Freispruch auf Kosten der Staatskasse in einen Freispruch auf Kosten des Privatklägers berichtigt wird. BGH LM Nr. 1; vgl. Rn. 70 m.w.N. Vgl. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1978 188; Jagusch LM Nr. 7; Schönfelder JR 1962 368, 371; Meyer-Goßner 11; Eb. Schmidt 26, 27 mit weiteren Beispielen.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 268
c) Ist nach den Umständen des Einzelfalls ausgeschlossen, dass sich hinter der Berich- 55 tigung eine sachliche Änderung des Urteils verbirgt, und liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung auch im Übrigen vor, dann darf diese durchgeführt werden, ohne Rücksicht darauf, ob sie sich zugunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten auswirkt,136 ob das berichtigte Urteil angefochten oder rechtskräftig ist137 und ob sie einer schon erhobenen Revisionsrüge den Boden entzieht.138 Es kommt insoweit dann auch nicht darauf an, ob die Berichtigung nur einen nebensächlichen oder einen entscheidungserheblichen Umstand betrifft,139 sofern nur die Grenzen der Berichtigung – Offenkundigkeit des Fehlers und des vom Gericht Gewollten – eingehalten werden. 3. Die Berichtigung wird durch einen Beschluss des erkennenden Gerichts herbeige- 56 führt, der auf Anregung eines Beteiligten oder von Amts wegen ergeht. Das Gericht erlässt ihn in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung zuständigen Besetzung. Da nicht der sachliche Inhalt, sondern für jedermann erkennbare Unstimmigkeiten berichtigt werden können, ist der eine absolute Mehrheit (§ 196 Abs. 1 GVG) erfordernde Beschluss entgegen vorherrschender Ansicht nicht notwendig den Richtern vorbehalten, die das Urteil erlassen haben.140 Soweit sich der Irrtum nicht ohne weiteres aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt, können dienstliche Erklärungen über die Vorgänge eingeholt werden. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.141 Einer Anhörung der betroffenen Verfahrensbeteiligten bedarf es nur, wenn das Gericht nicht lediglich offensichtliche Unrichtigkeiten sofort ohne weiteres bereinigt, sondern wenn es in einem Berichtigungsverfahren Erklärungen anderer Verfahrensbeteiligter eingeholt hat und diese mitverwerten will.142 Der Berichtigungsbeschluss ist den Verfahrensbeteiligten zuzustellen. Auf ihn ist durch 57 einen Vermerk auf der Urteilsurkunde hinzuweisen.143 Er ergänzt das Urteil, dessen Feststellungen er zwar nicht der Sache nach, wohl aber im Sinne einer Klarstellung verändert. Ist der Berichtigungsbeschluss zulässig, so wird die Frist zur Begründung der Revision
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RGSt 61 388, 392; Jagusch LM Nr. 7; AK/Wassermann 15; KMR/Voll 17; Eb. Schmidt 21; Wiedemann 81 (keine echte Änderung). Schönfelder JR 1962 368, 370; AK/Wassermann 15; anders Sarstedt JR 1958 352. BGHSt 12 374; BGH NJW 1952 797; 1953 155; 1954 730; NStZ 1991 195; KG JR 1962 69; KK/Engelhardt § 267, 46; KMR/Voll 17; Eb. Schmidt 24. Schönfelder JR 1962 368, 370. Strittig; wie hier RGSt 61 388, 392; auch BGHSt 7 75; OLG Schleswig bei Ernesti/ Lorenzen SchlHA 1981 95 (aber fehlerhafte Zusammensetzung unschädlich); AK/Wassermann 16; ferner h.M. bei § 319 ZPO, etwa BGHZ 20 192; 78 22, 23; 106 373; BGH NJW-RR 2001 61; OLG Hamburg MDR 1978 583; BAG NJW 1964 1877; ferner bei § 118 VwGO; 138 SGG. Die
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Gegenmeinung (nur die Richter, die am Urteil mitgewirkt und Urteil unterschrieben haben; evtl. ersetzt durch Verhinderungsvermerk) wird im Anschluss an eine Entscheidung des BGH bei Kusch NStZ 1993 30 von OLG Karlsruhe NStZ 2009 587 mit Anm. Beukelmann; Graf/Peglau § 267, 64; KK/Engelhardt § 267, 46; KMR/Voll 16; Meyer-Goßner § 267, 39 vertreten; würde man ihr folgen, dürften die Instanzgerichte im Rahmen ihrer Befugnisse das Urteil zwar sachlich richtigstellen, aber niemals die Wortfassung der Urteilsurkunde selbst berichtigen. BVerfGE 9 235. Vgl. AK/Wassermann 16 (Gewährung rechtlichen Gehörs). RG HRR 1927 Nr. 443; AK/Wassermann 16; KMR/Voll 16.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
regelmäßig erst durch die Zustellung des Berichtigungsbeschlusses in Lauf gesetzt,144 sofern die Berichtigung nicht nur die vergessene oder unvollständige Urteilsformel,145 deren maßgeblicher Inhalt sich aus dem Protokoll ergibt, oder einen für die Anfechtung in jeder Hinsicht bedeutungslosen Urteilsinhalt betrifft.146 4. Anfechtung
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a) Der Berichtigungsbeschluss wird Teil der Sachentscheidung und damit Grundlage für die sachliche Überprüfung des Urteils. Ob die Berichtigung zulässig war oder ob der Beschluss eine unzulässige Änderung des Urteils bedeutete, ist im weiteren Verfahren von Amts wegen zu prüfen.147 Eine unzulässige Berichtigung ist grundsätzlich unbeachtlich.148 Dies gilt uneingeschränkt bei lediglich ergänzender Berichtigung. Wird der Urteilsinhalt dagegen durch die Berichtigung geändert, kann dies zur Folge haben, dass der ursprüngliche Urteilsinhalt nicht mehr durch die Unterschrift der Richter gedeckt ist und die Urteilsgründe dadurch lückenhaft werden.149 Je nach Sachlage kann dies zur Aufhebung des Urteils auf die Sachrüge hin führen. Vor allem das Revisionsgericht hat auch ohne besondere Verfahrensrüge im Rahmen 59 einer zulässigen Revision nachzuprüfen, ob eine Berichtigung zulässig war. Eine vom Tatrichter unterlassene Berichtigung kann es nachholen.150 Es kann in seiner Entscheidung den Urteilsspruch des angefochtenen Urteils auf Grund der darin getroffenen Feststellung auch dann richtigstellen, wenn eine vorgenommene Berichtigung für das Revisionsgericht unbeachtlich ist.151
60
b) Beschwerde. Nach der vorherrschenden Ansicht ist die Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss zwar grundsätzlich statthaft, jedoch unzulässig, solange das berichtigte Urteil angefochten werden kann oder wenn es (hinsichtlich des berichtigten Teils) angefochten und damit ohnehin der Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht unterstellt worden ist.152 Dies wird daraus gefolgert, dass der Berichtigungsbeschluss auch ohne gesonderte Anfechtung zusammen mit der Sachentscheidung der Nachprüfung
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BGHSt 12 374, 375, dazu Hanack JZ 1972 489; BGH NStZ 1991 195; RG HRR 1939 Nr. 1010; OLG Düsseldorf MDR 1994 87; AK/Wassermann 16; KK/Engelhardt § 267, 46; KMR/Voll 16. BGH wistra 2007 475; NJW 1999 800 (insoweit nicht in BGHSt 44 251); a.A. OLG Düsseldorf MDR 1994 87; vgl. auch BGH NStZ 1989 584 (fehlerhaftes Rubrum). BayObLGSt 1982 12 = MDR 1982 600; BGHSt 12 375 und RG HRR 1939 Nr. 1010 (Fn. 144) haben dies offen gelassen. OLG Hamm MDR 1973 951; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1981 95. BGHSt 2 248; 3 245; 7 75; BGH NJW 1991 1900; StV 1985 401 mit Anm. Sieg; BGH 21.12.2010 – 3 StR 440/10; OLG Celle GA 1960 217; OLG Düsseldorf VRS 88 (1995) 358.
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BGHSt 7 75; OLG Celle MDR 1973 951; AK/Wassermann 16. BGH 27.10.2009 – 1 StR 515/09; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 172; Meyer-Goßner 12. Vgl. auch OLG Köln VRS 63 (1982) 460 (zur Ergänzung eines abgekürzten Urteils). BGHSt 3 245, 247; vgl. OLG Stuttgart Justiz 1974 270; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 106. OLG Düsseldorf MDR 1981 606; OLG Hamburg NJW 1966 362; OLG Oldenburg MDR 1959 60; OLG Stuttgart Justiz 1974 270; OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1984 106; bei Lorenzen/Görl SchlHA 1990 119; Graf/Peglau § 267, 64; KK/Engelhardt § 267, 46; KMR/Voll 17; Meyer-Goßner 12.
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durch das Rechtsmittelgericht unterliegt und dass auch die Beschwerdeentscheidung das Revisionsgericht nicht bindet, dass widersprechende Entscheidungen über die Zulässigkeit der Berichtigung dadurch vermieden werden und dass bei anhängigem Rechtsmittel in der Sache ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis nicht besteht.153 Ein genereller Ausschluss der Beschwerde allein wegen der noch bestehenden Möglichkeit einer Anfechtung durch Berufung und Revision ist zu verneinen (vgl. Rn. 61). Bei einem unanfechtbar gewordenen Urteil besteht ein Bedürfnis für die Überprüfung des Berichtigungsbeschlusses.154 Der Ansicht, dass es der Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde, gegen die Berichtigung einer Entscheidung ein Rechtsmittel zu eröffnen, wenn diese selbst nicht angefochten werden könne,155 ist nicht zu folgen.156 Das Argument, der Berichtigungsbeschluss sei Teil der Sachentscheidung, versagt gerade dort, wo die eigentliche Bedeutung der Beschwerde liegt, nämlich dort, wo geltend gemacht wird, es liege keine Berichtigung eines offensichtlichen Versehens, sondern eine unzulässige Änderung des Urteils vor. Hier bei einer unanfechtbaren Entscheidung die Beschwerde auszuschließen, wäre von der Sache her völlig ungerechtfertigt, zumal die Berichtigung auch einen für die Vollstreckung bedeutsamen Teil der Urteilsformel betroffen haben kann. Die einfache Beschwerde nach § 304 (nicht etwa die sofortige Beschwerde in analoger 61 Anwendung des § 319 Abs. 3 ZPO) sollte aber auch entgegen der vorherrschenden Meinung (Rn. 60) ohne Rücksicht auf Anfechtung und Anfechtbarkeit des Urteils für zulässig angesehen werden. Offensichtliche Unrichtigkeiten beschweren wegen der vermeintlichen Dokumentationswirkung und der damit verbundenen Gefahr von Missverständnissen die Verfahrensbeteiligten, die auch insoweit eine in Nebenpunkten richtige und zweifelsfreie Fixierung des ergangenen Urteils beanspruchen können. Sie können auch ein rechtlich anzuerkennendes Interesse daran haben, dass schon vor der Entscheidung über ihr Rechtsmittel geklärt wird, ob die Berichtigung Bestand hat; hiervon kann die Entscheidung über die Durchführung des Rechtsmittels in der Hauptsache abhängen, vor allem, wenn zweifelhaft ist, ob die Grenzen der Berichtigung bei einer Änderung der Urteilsformel nicht überschritten sind.157 Die Beschwerde kann allerdings durch die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts in der Sache überholt werden,158 wenn dieses das berichtigte Urteil zur Grundlage der Rechtsmittelentscheidung macht oder aber, wenn es dabei den Berichtigungsbeschluss für unbeachtlich erklärt. Der Beschluss, der einen Antrag auf Berichtigung ablehnt, dürfte der Beschwerde unter 62 den gleichen Voraussetzungen wie ein Berichtigungsbeschluss zugänglich sein.159 Diese
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Ob die Zulässigkeit der Beschwerde der StPO ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt, ist strittig; vgl. verneinend AK/Wassermann 17; LR/Hanack 25 Vor § 296, 56. OLG Celle GA 1960 217; OLG Köln JMBlNW 1968 130; OLG Stuttgart Justiz 1972 42; Wiedemann 85; AK/Wassermann 17; HK/Julius 9; KMR/Voll 18; vgl. ferner die Nachw. Fn. 152. OLG Hamm MDR 1957 501. Diese Ansicht knüpft an eine auch bei § 319 ZPO vertretene Meinung an, vgl. OLG Breslau JW 1931 1764 (mit abl. Anm. Roquette); 1938 859; OLG Düsseldorf NJW 1952 1220; OLG Karlsruhe MDR 1968 421; a.A. (Beschwerde statthaft) OLG Braunschweig
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JW 1935 1046; OLG Frankfurt MDR 1984 823; OLG Hamm MDR 1969 850; ferner die Mittelmeinung OLG Düsseldorf NJW 1973 1132; KG NJW 1972 1132. Vgl. dazu die Kommentare zu § 319 ZPO. Zur Unanfechtbarkeit nachgeholter Nebenentscheidungen bei Unanfechtbarkeit der ergänzten Entscheidung vgl. BayObLG GA 1971 247. Vor allem, wenn dem Rechtsmittel andernfalls die Grundlage entzogen würde; vgl. BGHSt 12 377 und die Fälle Rn. 52 ff. Vgl. Vor § 304. KMR/Voll 18. Nach Wiedemann 86 ist die Zurückweisung der Berichtigung nicht mit der Beschwerde anfechtbar, sondern nur mit dem Rechtsmittel gegen das Urteil selbst. Bei
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kann jedoch nach Lage der Dinge im wesentlichen nur darauf gestützt werden, dass das Gericht die Voraussetzungen nicht geprüft oder die Berichtigung aus rechtsirrigen Erwägungen, etwa in Verkennung der an die Offenkundigkeit des Fehlers zu stellenden Anforderungen, abgelehnt hat.
63
c) Über die Zulässigkeit einer sich auf die Strafvollstreckung auswirkenden Berichtigung kann nach Eintritt der Rechtskraft auch nach § 458 Abs. 1 eine Entscheidung des Gerichts herbeigeführt werden.160
III. Heilung von Mängeln bei der Verkündung 64
1. Mit dem Abschluss der Verkündung wird auch ein nicht ordnungsgemäß verkündetes Urteil existent.161 Das erkennende Gericht verliert die Befugnis, Formfehler bei der Verkündung und sachliche Fehler des Urteilsinhalts selbst zu beheben. Für Fehler aus der Zeit vor der Urteilsverkündung ist dies unstreitig.162 Fehler, die bei der Urteilsverkündung begangen werden, können ebenfalls nur bis zum Abschluss der Verkündung durch Wiederholung der Verkündung geheilt werden.163 Vereinzelt wird allerdings eine nachträgliche Heilung durch eine Wiederholung der bereits abgeschlossenen Urteilsverkündung in fehlerfreier Form für zulässig gehalten, sofern dies innerhalb der Frist des § 268 Abs. 3 Satz 2 möglich ist,164 etwa, dass das versehentlich in Abwesenheit des Urkundsbeamten verkündete Urteil zur Heilung des Verfahrensverstoßes in formgerechter Weise nochmals verkündet wird.165 Für diese Ansicht sprechen zwar Gründe der Prozessökonomie, gegen sie spricht jedoch, dass das fehlerhaft verkündete Urteil, das nur anfechtbar und nicht etwa nichtig ist, mit Beendigung der fehlerhaften Verkündung für das erkennende Gericht unabänderlich geworden ist.166 Jede Wiederholung der Verkündung würde die bereits abgeschlossene Hauptverhandlung wiedereröffnen und Raum für neue Anträge geben, die zu einem anderen Urteil, zumindest aber zu einer neuen Beschlussfassung über das Urteil führen müssten. Es wird also nicht lediglich ein und dasselbe Urteil zweimal verkündet, sondern das bereits existente Urteil unzulässigerweise durch ein zweites ersetzt, das aber ebenfalls nicht nichtig ist und deshalb – im Gegensatz zum ersetzten Urteil – in Rechtskraft erwachsen kann, wenn es unangefochten bleibt.167 Ob man eine Neuverkündung der Urteilsformel als Beschluss zur Berichtigung des Urteils umdeuten kann,168 hängt vom Gegenstand und Inhalt der Richtigstellung ab (inhaltlicher Fehler, nicht äußerer Verfahrensfehler bei der Verkündung).
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§ 319 ZPO lässt die herrschende Meinung nach dem ZPO-RG die Beschwerde auch bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit oder bei Ablehnung nur aus prozessualen Gründen nicht zu, BGH NJW-RR 2004 1654, 1655; vgl. nur Zöller/Vollkommer § 319, 27 ZPO. Vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 458, 2. OLG Schleswig SchlHA 1979 21. Vgl. RG JW 1906 475; OLG Bremen StV 1985 50; OLG Hamm JMBlNW 1955 237; Rn. 40 ff. Vgl. Rn. 39; W. Schmid JZ 1969 762. Poppe NJW 1954 1914; 1955 6; dagegen
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Eb. Schmidt 4; W. Schmid JZ 1969 764; AK/Wassermann 11; zur Gegenmeinung vgl. auch Fn. 165. OLG Bremen StV 1985 50; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1954 34; vgl. auch RG GA 41 (1893) 45 (Wiederholung der nicht öffentlichen Urteilsverkündung); Meyer-Goßner § 338, 3; a.A. (wie hier) KMR/Voll 13. BGHSt 25 335; BGH NStZ 1984 279; vgl. Rn. 40 ff.; LR/Franke § 337, 76 m.w.N. BGH NStZ 1984 279; KMR/Voll 13. Vgl. OLG Oldenburg NdsRpfl. 1994 165.
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2. Aus denselben Gründen erscheint auch fraglich, ob das Revisionsgericht bei einer 65 entsprechenden Rüge des Verkündungsfehlers das Urteil lediglich zur Nachholung der ordnungsgemäßen Verkündung und nicht zur erneuten Verhandlung an die Vorinstanz zurückverweisen kann.
IV. Revision 1. Verkündungsfehler. Wird entgegen Absatz 1 bei der Verkündung des Urteils nicht zum Ausdruck gebracht, dass das Urteil im Namen des Volkes ergeht, so begründet dies nicht die Revision.169 Gleiches gilt, wenn der Sollvorschrift des Absatzes 4 nicht entsprochen wurde.170 Ist die Verkündung der Formel völlig unterblieben, liegt kein Urteil im Rechtssinne vor (Rn. 20). Dies schließt jedoch nicht aus, diesen Fehler mit der Revision zu rügen, da auch nur scheinbar existente Urteile im Rechtsmittelverfahren beseitigt werden können.171 Ist das Urteil von einer dazu nicht befugten Person verkündet worden, kann dies nach § 338 Nr. 4 beanstandet werden.172 Ist die Formel nicht durch Verlesen verkündet worden, bildet dies nicht ohne weiteres einen Revisionsgrund, zumal das Urteil nicht auf diesem Verfahrensfehler beruht.173 Es muss eine Verschiedenheit zwischen der verkündeten Urteilsformel (Protokoll174) und der Urteilsformel in der Urteilsurkunde behauptet und deren Erheblichkeit für die Entscheidung durch Anführung aller relevanter Tatsachen dargetan werden.175 Ein Widerspruch kann aber auch aufgrund der Sachrüge beachtlich sein, wenn die Urteilsgründe die in der Formel verkündete Entscheidung nicht zu tragen vermögen (vgl. Rn. 70). Unterblieb die Eröffnung der Urteilsgründe, vermag dieser Mangel der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.176 Auf dem Verstoß gegen Absatz 2 kann das vorher beschlossene Urteil nicht beruhen (§ 337). Gleiches gilt, wenn das Gericht die Verkündung der Urteilsgründe unterbrochen hat, um die Urteilsformel zu berichtigen oder zu ergänzen und wenn es danach die Verkündung der Gründe einfach fortgesetzt und nicht, wie es die Reihenfolge des Absatzes 2 Satz 3 erfordert, damit nochmals neu begonnen hat.177 Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 gilt nur für die schriftlichen Entscheidungsgründe, nicht für die mündliche Urteilsbegründung nach § 268 Abs. 2.178 Allerdings beginnt der Lauf der Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels in diesem Falle nicht schon mit der Verkündung, sondern erst mit der (deshalb hier notwendigen) Zustellung des Urteils.179
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172 173
Rn. 16. Vgl. Rn. 26. HK/Julius 11; KMR/Voll 22; SK/Velten 20; LR/Kühne Einl. K 129; Meyer-Goßner Einl. 109; Gössel § 33 D III d 2; IV c 1. BGH bei Dallinger MDR 1954 151; OLG Oldenburg NJW 1952 1310; vgl. Rn. 17. RGSt 71 379; BGH NJW 1986 1820; OLG Düsseldorf VRS 88 (1985) 358; OLG Hamm VRS 60 (1981) 206; KK/Engelhardt 16; KMR/Voll 22; SK/Velten 6; vgl. OLG Hamm JMBlNW 1975 165 (Verwendung eines Vordrucks, in dem nachträglich die Geldbuße eingesetzt wird).
174 175
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177 178 179
Vgl. Rn. 29. RGSt 3 131; 16 317; RGRspr. 4 (1882) 398; 7 233; Schmid FS Lange 785; KK/Engelhardt 16; SK/Velten 6. RGRspr. 1 (1879/80) 249; 467; 2 (1880) 51; BGHSt 8 40; 15 265; vgl. Meyer-Goßner 20; SK/Velten 20. BGH nach KK/Engelhardt 5; SK/Velten 20; vgl. Rn. 18, 39. H.M., so schon Oetker JW 1926 1216; 1928 267. RGSt 1 192; 2 78; BGH NStZ 2000 498; OLG Stuttgart NStZ 1986 520.
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2. Bei einem Widerspruch zwischen den mündlich eröffneten und den schriftlich festgestellten Urteilsgründen sind letztere maßgebend. Auf die Nichtübereinstimmung der mündlich verkündeten Gründe mit den schriftlich abgefassten kann die Revision nicht gestützt werden.180 Dagegen kann ein echter Widerspruch zwischen der Urteilsformel und den schriftlichen Urteilsgründen die Revision begründen, da beide zusammen eine untrennbare Einheit bilden, deren Inkongruenz in einem entscheidungserheblichen Teil meist zur Aufhebung führt.181 Ob ein Widerspruch besteht, beurteilt sich nach dem im Sitzungsprotokoll festgehaltenen Wortlaut der Formel.182 Ist der verkündete Urteilsspruch dort unvollständig wiedergegeben, entfällt die Beweiskraft des Protokolls (§ 274) auch ohne Berichtigung, wenn Protokollführer und Vorsitzender dies nachträglich erklären.183 Nennt der verkündete Urteilssatz eine niedrigere Strafe als die schriftlichen Urteilsgründe und beruht die Angabe in den Gründen zur Gewissheit des Revisionsgerichts auf einem Schreibversehen, nötigt der scheinbare Widerspruch nicht zur Aufhebung des Urteils. Maßgebend ist dann der verkündete Urteilssatz.184 Auch umgekehrt ist bei einem offensichtlich irrigen Abweichen des Urteilssatzes vom Inhalt des verkündeten Urteils eine Berichtigung zur Behebung des nur scheinbaren Widerspruchs möglich (vgl. Rn. 49 ff.).
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3. Die Überschreitung der Frist des Absatzes 3 Satz 2 ist ein Rechtsfehler, der einer darauf gestützten Revision nach § 337 zum Erfolg verhilft, da nur in Ausnahmefällen – wenn etwa die abschließende Urteilsberatung noch innerhalb der Frist stattgefunden hat185 – ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil darauf beruht.186 Die Begründung der Verfahrensrüge erfordert hier nach § 344 Abs. 2 die Angabe des Tages, an dem die Frist begonnen hat und des Tages der Urteilsverkündung, nicht dagegen die Angabe des Tages, an dem die Frist abgelaufen ist.187
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4. Anwesenheit. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 greift durch, wenn die Urteilsformel in Abwesenheit des Staatsanwalts oder einer Person, deren Anwesenheit
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RGRspr. 4 (1882) 210; RGSt 4 382; 13 68; 71 379; RG GA 64 (1917) 553; BGHSt 2 66; 7 370; 8 42; 15 263; 16 178; BGH VRS 10 (1956) 213; 25 (1963) 113; LM Nr. 1; BGH bei Dallinger MDR 1951 539; BayObLGSt 1952 234 = NJW 1953 248; OLG Hamburg SJZ 1948 700; OLG Koblenz VRS 47 (1974) 446; OLGSt 9; KK/Engelhardt § 267, 47; KMR/Voll 22; Eb. Schmidt 26. RGSt 46 326; BGH StV 2007 410; KG VRS 16 (1959) 44; OLG Bamberg VRS 113 (2007) 238; OLG Hamm ZfSch 2003 40; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1971 217; Graf/Peglau § 267, 65; KK/Engelhardt 16; KMR/Voll 22; Eb. Schmidt 27; Gössel § 33 D III d 2. 3. Vgl. Rn. 28 ff., 54; ferner LR/Stuckenberg § 275, 62. OLG Hamm VRS 60 (1981) 206; die förmliche Protokollberichtigung ist in solchen Fällen aber angezeigt.
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RG HRR 1927 Nr. 443; BGHSt 34 11, 12; BGH JZ 1952 282; NJW 1952 797; NStZ-RR 2000 292; BGH 20.10.2009 – 4 StR 340/09; KMR/Voll 22; Eb. Schmidt 27. BGH StV 1982 4, 5 mit Anm. Peters; BGH NJW 2007 96 mit Anm. von Freier HRRS 2007 139, 141. RGSt 57 422, 423; 69 23; BGH StV 1982 5 mit Anm. Peters; BGH StV 1990 100; StraFo 1999 339; NStZ 2004 52; NJW 2007 448 mit Anm. Knauer StV 2007 342; von Freier HRRS 2007 139; Mosbacher JuS 2007 724, 725 f.; BGH StV 2007 457; 2007 458 mit Anm. Wolf HRRS 2007 285; BGHR § 268 Abs. 3 Verkündung 1; KK/Engelhardt 18; HK/Julius 13; KMR/Voll 23; Meyer-Goßner 20; SK/Velten 21. Vgl. Rn. 10 ff. BGH StV 1982 4, 5 mit Anm. Peters; KK/Engelhardt 18.
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das Gesetz vorschreibt, ergangen ist.188 Ob dies auch für die Verkündung der Urteilsgründe gilt, ist strittig. Im Gegensatz zur Verkündung der Urteilsformel sieht vor allem die Rechtsprechung in der Verkündung der Urteilsgründe keinen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung im Sinne des § 338 Nr. 5.189 Haben sich die Richter oder der Staatsanwalt während der zur Verkündung der Urteilsgründe gehörenden Übersetzung der Urteilsbegründung für den Angeklagten entfernt,190 so greifen die absoluten Revisionsgründe des § 338 Nr. 1, 5 nicht. Auf den darin liegenden Verstoß gegen § 268 Abs. 2 kann das Urteil in der Regel nicht beruhen, es sei denn, der Angeklagte kann in seiner Revision plausibel geltend machen, dass er bei Anwesenheit des Gerichts einen Gesichtspunkt vorgetragen hätte, der dieses zum Abbruch der Begründung und zum Wiedereintritt in die Verhandlung hätte veranlassen müssen.191 5. Öffentlichkeit. Ist das Urteil nicht in öffentlicher Sitzung verkündet worden, greift 73 der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 ein. Er ist auch gegeben, wenn die Öffentlichkeit nur während der Urteilsbegründung in einer nicht dem § 173 Abs. 2 GVG entsprechenden Weise ausgeschlossen worden ist.192 Das Unterlassen der Verkündung der Urteilsgründe kann unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes gerügt werden.193 6. Aufklärungsrüge. Hat der Vorsitzende einem während der Urteilsverkündung ge- 74 stellten Antrag, diese zu unterbrechen und wegen eines entscheidungsrelevanten Umstands erneut in die Beweisaufnahme einzutreten, keine Folge gegeben, so kann dies auch dann, wenn zugleich mit diesem Antrag ein neuer Beweisantrag gestellt wurde, allenfalls unter dem Blickwinkel der Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt werden. Voraussetzung ist, dass mit dem nach § 344 Abs. 2 erforderlichen Tatsachenvortrag aufgezeigt werden kann, dass die für den Wiedereintritt in die Hauptverhandlung angeführten Tatsachen das Gericht hinsichtlich des von ihm für erwiesen erachteten Sachverhalts zu einer weiteren Sachaufklärung hätten drängen müssen.194
§ 268a (1) Wird in dem Urteil die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt, so trifft das Gericht die in den §§ 56a bis 56d und 59a des Strafgesetzbuches bezeichneten Entscheidungen durch Beschluß; dieser ist mit dem Urteil zu verkünden. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn in dem Urteil eine Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt oder neben der Strafe Führungsaufsicht angeord-
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BGHSt 8 41; 15 263; 16 180; BGH NJW 1953 155; BGH bei Dallinger MDR 1956 11; 1957 141; 1973 372; OLG Bremen StV 1985 50; KK/Engelhardt 17; SK/Velten 3, 21; vgl. Rn. 5 ff.; LR/Franke § 338, 80 ff., 138 m.w.N. BGHSt 15 263; 16 180; LM § 338 Ziff. 5 Nr. 7; a.A. RG JW 1938 1644 mit Anm. Rilk; vgl. Rn. 20; ferner LR/Franke § 338, 84 f. m.w.N.
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193 194
Vgl. Rn. 25. BGH NStZ-RR 1996 337; vgl. Rn. 74. BGHSt 4 279; KK/Engelhardt 17; KMR/Voll 20; SK/Velten 3, 20; vgl. LR/Franke § 338, 112; ferner bei § 173 GVG m.w.N. KMR/Voll 20. Vgl. BGH bei Dallinger MDR 1975 24; Molketin AnwBl. 1983 254, 255; HK/Julius 8, 14; KK/Engelhardt 14; KMR/Voll 22; Rn. 4.
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net wird und das Gericht Entscheidungen nach den §§ 68a bis 68c des Strafgesetzbuches trifft. (3) 1 Der Vorsitzende belehrt den Angeklagten über die Bedeutung der Aussetzung der Strafe oder Maßregel zur Bewährung, der Verwarnung mit Strafvorbehalt oder der Führungsaufsicht, über die Dauer der Bewährungszeit oder der Führungsaufsicht, über die Auflagen und Weisungen sowie über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung oder der Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 56f Abs. 1, §§ 59b, 67g Abs. 1 des Strafgesetzbuches). 2 Erteilt das Gericht dem Angeklagten Weisungen nach § 68b Abs. 1 des Strafgesetzbuches, so belehrt der Vorsitzende ihn auch über die Möglichkeit einer Bestrafung nach § 145a des Strafgesetzbuches. 3 Die Belehrung ist in der Regel im Anschluß an die Verkündung des Beschlusses nach den Absätzen 1 oder 2 zu erteilen. 4 Wird die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung ausgesetzt, so kann der Vorsitzende von der Belehrung über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung absehen. Entstehungsgeschichte. § 268a wurde durch das 3. Strafrechtsänderungsgesetz 1953 als verfahrensrechtliche Ergänzung zu der durch dasselbe Gesetz geregelten Strafaussetzung zur Bewährung (§§ 23 ff. StGB a.F.) eingefügt. Die Änderung des materiellen Rechts durch Art. 9 Nr. 14 des 1. StrRG vom 25.6.1969 führte zur Angleichung des § 268a an den neuen Rechtszustand (Berichtigung der Verweisung in Absatz 1, Neufassung des Absatzes 2 Satz 1; vgl. Wulf JZ 1970 161). Die jetzige Fassung hat § 268a durch Art. 21 Nr. 71 EGStGB erhalten, der die Vorschrift an das neue Strafrecht anpasste. Übersicht Rn. 1. Urteil und ergänzender Beschluss a) Inhaltliche Abgrenzung . . . . . . . . b) Kein Teil des Urteils . . . . . . . . . . 2. Inhalt des Beschlusses a) Maßgeblichkeit des materiellen Rechts b) Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung . . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitpunkt für den Erlass des Beschlusses a) In der Hauptverhandlung . . . . . . . b) Nicht anwesender Angeklagter . . . . c) Kein Aufschub . . . . . . . . . . . .
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Rn. 4. Belehrung (Absatz 3) a) Zwingend vorgeschrieben . . . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeit und Form . . . . . . . . . . . . d) Beschwerderecht nach § 305a . . . . . 5. Sitzungsniederschrift . . . . . . . . . . . 6. Berufungsgericht . . . . . . . . . . . . . 7. Revisionsgericht . . . . . . . . . . . . . 8. Nachholung von Beschluss und Belehrung 9. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . 10. Folgen einer unrichtigen Belehrung . . .
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1. Urteil und ergänzender Beschluss
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a) Inhaltliche Abgrenzung. Die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung, die Verwarnung unter Strafvorbehalt, die Aussetzung einer Maßregel der Besserung und Sicherung und die Anordnung der Führungsaufsicht spricht das Gericht im Urteil aus.1 Die vom Strafgesetzbuch vorgesehenen weiteren Anordnungen, die diese Entscheidungen erfordern oder zulassen (§§ 56a bis 56d, 59a, 67b, 68a bis 68c StGB) verweist § 268a in einen besonderen Beschluss.2 Dies entlastet den Urteilsspruch und ist auch deshalb
1 2
Vgl. LR/Stuckenberg § 260, 96 ff. BGHSt 6 302; BGH NJW 1954 522; Pentz NJW 1954 14.
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zweckmäßig, weil die Anordnungen und Weisungen nachträglich geändert oder ergänzt werden können (vgl. § 56a Abs. 2 Satz 2, §§ 56e, 59a, 68b, 68d, 70a StGB). b) Der Beschluss, den das Gericht in der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen 2 Besetzung – also unter Mitwirkung der Laienrichter – trifft, ist mit dem Urteil zu verkünden (Absatz 1 letzter Halbsatz). Er schließt an das Urteil an, dessen Anordnung über die Strafaussetzung zur Bewährung u.a. er näher regelt. Er ist kein Teil des Urteils,3 steht aber mit diesem in einem akzessorischen sachlichen Zusammenhang, so dass er ohne das Urteil, dem er zugeordnet ist, keinen Bestand haben kann. Er wird von selbst gegenstandslos, wenn das Urteil nicht rechtskräftig wird. 2. Inhalt des Beschlusses a) Maßgeblichkeit des materiellen Rechts. Das jeweils angewandte materielle Recht 3 bestimmt Gegenstand und Inhalt des Beschlusses;4 insoweit muss auf die Erläuterungsbücher zum Strafgesetzbuch verwiesen werden. Neben § 265a regelt dieses auch die sonstigen Erfordernisse, von denen die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der einzelnen Anordnungen abhängt, so etwa das Erfordernis der Einwilligung des Angeklagten (§ 56c Abs. 3 StGB). b) Im Tenor des Beschlusses sind die einzelnen Anordnungen, etwa die Dauer der Be- 4 währungszeit, die einzelnen Auflagen und Weisungen, die Anordnung der Führungsaufsicht entsprechend den jeweiligen Erfordernissen des materiellen Strafrechts eindeutig und möglichst konkret festzulegen. Besonders bei den Weisungen während der Dauer der Führungsaufsicht fordert das Gesetz, dass das Gericht in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau bestimmt (§ 68b Abs. 1 Satz 2 StGB). Eine dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG genügende Festlegung der einzelnen Gebote oder Verbote nach Zeit, Ort und Gegenstand ist hier deshalb unerlässlich, weil eine Zuwiderhandlung gegen die Weisungen nach § 68b Abs. 1 StGB in § 145a StGB mit Strafe bedroht ist. c) Der Beschluss ist zu begründen (§ 34). Zwar bedarf es in der Regel keiner näheren 5 Begründung, soweit das Gericht bei der Anordnung von Auflagen und Weisungen sein Ermessen ausübt,5 es muss aber erkennbar sein, dass das Gericht sich in den seinem Ermessen gezogenen Grenzen hielt; darzulegen ist auch, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnungen und die sonstigen rechtlichen Erfordernisse – insbesondere die Einwilligung des Angeklagten – gegeben sind. Dass eine Begründung des Beschlusses in § 268a nicht verlangt wird, rechtfertigt hier – ebenso wie bei § 453 6 – nicht den Schluss, dass eine Begründung nicht erforderlich sei.7 Nach der Neuregelung der §§ 56 ff. StGB kann dies noch weniger angenommen werden, weil nicht alle der zu
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BGHSt 25 333; KG StraFo 2010 426 f.; KMR/Voll 2; LR/Stuckenberg § 268, 19 m.w.N. Vgl. KK/Engelhardt 3 ff.; KMR/Voll 1; MeyerGoßner 5. Vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 34, 11; KK/Engelhardt 8; SK/Velten 8. Vgl. bei § 453.
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KK/Engelhardt 8; Eb. Schmidt 6; a.A. (keine Begründung): Graf/Peglau 3; KMR/Voll 4; Meyer-Goßner 7 (nur wenn Gericht auf Anerbieten nach § 265a nicht eingegangen ist); Pentz NJW 1954 141; vgl. OLG Köln StV 1998 176, 177.
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treffenden Entscheidungen dem reinen Ermessen des Gerichts überlassen sind. So bedarf etwa die Unterstellung unter die Aufsicht eines Bewährungshelfers im Regelfall des § 56d Abs. 2 StGB dann einer näheren Begründung, wenn Tatsachen naheliegen, aus denen sich das Fehlen der Voraussetzungen des § 56d Abs. 1 StGB ergeben könnte, wohingegen stets zu begründen ist, wenn das Gericht ausnahmsweise von der Regel des Absatzes 2 absehen möchte.8 In der Begründung wird regelmäßig auch darzulegen sein, wenn das Gericht von Auflagen oder Weisungen nur deshalb vorläufig abgesehen hat, weil der Angeklagte entsprechende Zusagen gemacht hatte (§ 56b Abs. 3, § 56c Abs. 4 StGB). Zu begründen ist auch, warum das Gericht ein Anerbieten des Angeklagten als nicht sachdienlich oder angemessen erachtet oder wenn es der Ansicht ist, dass eine Erfüllung dieses Anerbietens nicht zu erwarten ist (§ 56b Abs. 2, § 56c Abs. 4 StGB).9 3. Zeitpunkt für den Erlass des Beschlusses
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a) Der Beschluss ist in der Hauptverhandlung zu verkünden, wobei es dem Gericht überlassen ist, ob es unmittelbar im Anschluss an die Verlesung der Urteilsformel auch den Tenor des Beschlusses bekannt gibt, um den Angeklagten schnell über die Tragweite aller Entscheidungen ins Bild zu setzen, oder ob es es für zweckmäßiger hält, den Beschluss erst nach Bekanntgabe der Urteilsgründe zu verkünden.10 Eine Abschrift des Beschlusses über Strafaussetzung zur Bewährung ist nach Nr. 140 7 RiStBV11 mit Rechtskraft des Urteils dem Verurteilten und seinem Verteidiger zu übersenden. Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende sowie in Staatsschutzsachen kann davon abgesehen werden. Ein Antrag nach § 35 Abs. 1 Satz 2 ist nicht erforderlich.
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b) Dem nicht anwesenden Angeklagten wird der Beschluss zusammen mit dem Urteil zugestellt. Soweit neben einem Strafbefehl ein Beschluss nach § 268a in Betracht kommt (Verwarnung mit Strafvorbehalt), wird er zugleich mit dem Strafbefehl vom Richter erlassen und dem Angeklagten zugestellt.12 Notwendig ist die Zustellung des Beschlusses an sich nicht (§ 35 Abs. 2 Satz 2).
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c) Die Möglichkeit nachträglicher Entscheidungen über die Strafaussetzung zur Bewährung nach § 453 gestattet dem erkennenden Gericht nicht, bereits die erste Entscheidung über Dauer und Modalitäten der Strafaussetzung dem späteren Verfahren vorzubehalten.13 Das erkennende Gericht muss diese Entscheidung selbst treffen. Es ist aufgrund der ihm durch die Hauptverhandlung vermittelten Erkenntnisse und aufgrund seines persönlichen Eindrucks vom Angeklagten dazu auch am besten in der Lage. Die Frage, ob Auflagen und insbesondere Weisungen bei der Persönlichkeit des Angeklagten erfolgversprechend sind, ist mitunter entscheidend dafür, ob eine Strafaussetzung überhaupt angeordnet werden kann. Die Bestellung eines Bewährungshelfers nach § 68a StGB kann allerdings zurückgestellt werden, wenn der Verurteilte eine Freiheitsstrafe verbüßt.14
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Vgl. die Kommentare zum StGB. KK/Engelhardt 8; Meyer-Goßner 7; vgl. LR/Stuckenberg § 265a, 11. Vgl. BGHSt 25 333, 337; OLG Köln StV 1998 176, 177; KK/Engelhardt 9; KMR/ Voll 2; Meyer-Goßner 6. Für Bayern enthält Nr. 1.3 EBekRiStBV (JMBl. 1976 358) eine von Nr. 140 RiStBV
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abweichende Regelung, die ebenfalls die Übersendung einer Abschrift des Beschlusses nach § 268a an den Angeklagten vorschreibt. KMR/Voll 3; KK/Engelhardt 10. KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 1. OLG Hamm NStZ 1982 260 (L); KMR/ Voll 2; KK/Engelhardt 5; SK/Velten 5.
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4. Belehrung (Absatz 3) a) Absatz 3 schreibt, ähnlich wie § 35a für die Rechtsmittelbelehrung, zwingend vor, 10 dass der Vorsitzende den Angeklagten über Inhalt, Bedeutung und Folgen belehrt, wenn das Gericht eine der in § 268a Abs. 1, 2 aufgezählten Entscheidungen getroffen hat.15 Die Bestandskraft des Beschlusses nach Absatz 1, 2 hängt aber nicht davon ab, dass, wann und in welcher Form eine Belehrung erteilt wurde.16 Eine Ausnahme enthält insoweit lediglich Satz 4, der es bei der Aussetzung der Unter- 11 bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in das pflichtgemäße Ermessen des Vorsitzenden stellt, ob er den Angeklagten über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung belehren will. Über die Dauer der Bewährungszeit und, wenn das Gericht wegen der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht Weisungen nach § 68b StGB erteilt, hinsichtlich dieser Weisungen muss der Angeklagte aber auch in diesem Fall belehrt werden. b) Den Inhalt der Belehrung legt Absatz 3 Satz 1, 2 nur durch die Aufzählung einiger 12 Mindestvoraussetzungen fest. Die kriminalpolitische Zielsetzung der Vorschrift erfordert, dass sich der konkrete Inhalt der Belehrung und ihre Intensität an den Erfordernissen des jeweiligen Einzelfalls orientiert. Die Belehrung soll nach Möglichkeit persönlich gehalten werden. Eine rein formale und unpersönliche Wiederholung des abstrakten Gesetzestextes verfehlt meist ihren Zweck. Nach Satz 1 muss die Belehrung dem Angeklagten die Bedeutung der ausgesetzten 13 Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, der Verwarnung mit Strafvorbehalt oder der Führungsaufsicht vor Augen führen. Sie muss ihm nachdrücklich bewusst machen, dass er den Widerruf der Aussetzung oder die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe zu erwarten hat, wenn er die in ihn gesetzten Erwartungen enttäuscht, vor allem, wenn er innerhalb der Bewährungszeit erneut straffällig wird. Auch auf die sonstigen Widerrufsgründe des materiellen Rechts ist, sofern dies im Einzelfall angezeigt erscheint, einzugehen. Gleichzeitig sind dem Angeklagten die Bedeutung und Tragweite der Pflichten vor 14 Augen zu halten, die ihm aus den auferlegten Auflagen und Weisungen erwachsen, sowie die Folgen, die ein Verstoß gegen diese Pflichten auslösen kann.17 Dies ist besonders bedeutsam bei Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68b Abs. 1 StGB, deren Missachtung in § 145a StGB mit Strafe bedroht ist. Auf die Möglichkeit einer solchen Bestrafung ist der Angeklagte bei der Belehrung ausdrücklich hinzuweisen, wie Absatz 3 Satz 2 vorschreibt. c) Zeit und Form der Belehrung. Die in Absatz 3 vorgeschriebene Belehrung ist vom 15 Vorsitzenden in der Regel im Anschluss an die Verkündung des Beschlusses nach den Absätzen 1 und 2 zu erteilen (Absatz 3 Satz 3), sie kann aber auch später erfolgen;18 insbesondere können, wenn noch weitere Beschlüsse zu verkünden und weitere Belehrungen (z.B. nach § 268c) notwendig sind, alle Belehrungen am Ende der Verhandlung zusammengefasst werden. Ist die Belehrung in der Hauptverhandlung versehentlich unterblieben oder war sie aus irgendeinem Grund nicht möglich, so muss sie nach § 453a nachgeholt werden; das gleiche gilt, wenn der Vorsitzende aus Zweckmäßigkeitsgründen in
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OLG Celle MDR 1972 967; KK/Engelhardt 11. SK/Velten 10; vgl. aber Rn. 25 f.
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Vgl. Koch NJW 1977 419; AK/Wassermann 5. KMR/Voll 10; KK/Engelhardt 14.
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der Hauptverhandlung davon abgesehen hat, was in Ausnahmefällen zulässig sein kann (vgl. Absatz 3 Satz 4), etwa, wenn der Angeklagte nicht in der Lage ist, die Belehrung aufzunehmen.19 Die Belehrung nach § 268a ist grundsätzlich mündlich zu erteilen.20 Dies schließt 16 jedoch nicht aus, dass dem Angeklagten in Verbindung mit der mündlichen Belehrung ein Merkblatt übergeben werden kann, in welchem die wichtigsten Gesichtspunkte nochmals zusammengefasst sind. Bei Ausländern kann zusätzlich zur Übersetzung durch den Dolmetscher die Aushändigung eines Merkblatts in einer ihnen geläufigen Sprache angezeigt sein.21 Die eindrucksvollere mündliche Belehrung, durch die der Angeklagte vom Richter persönlich angesprochen wird, darf jedoch dadurch in der Regel nicht ersetzt werden. Im Strafbefehlsverfahren wird die von § 409 Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebene Belehrung grundsätzlich zugleich mit dem Strafbefehl und dem Beschluss nach § 268a schriftlich erteilt.22 Ist sie unterblieben, kann sie nach § 453a nachgeholt werden.
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d) Über sein Beschwerderecht nach § 305a braucht der Angeklagte bei Bekanntgabe des Beschlusses nach § 268a nicht belehrt zu werden, da dieses Rechtsmittel nicht befristet ist (§ 35a).23 Die hinsichtlich des Urteils zu erteilende Rechtsmittelbelehrung muss sich also nicht auf die Anfechtungsmöglichkeiten des Beschlusses nach § 268a erstrecken; gleiches gilt für die Belehrung nach Absatz 3.
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5. Sitzungsniederschrift. Der Beschluss nach § 268a Abs. 1, 2 ist nach § 273 Abs. 1 (Entscheidung) mit dem Wortlaut seines Tenors in der Sitzungsniederschrift zu beurkunden.24 Auch die Tatsache der Belehrung nach Absatz 3 (nicht ihr Wortlaut) ist eine wesentliche Förmlichkeit, die in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist.25
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6. Das Berufungsgericht hat über die Anordnungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, neu zu entscheiden, wenn es nach durchgeführter Berufung eine Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzt oder eine bereits vom Erstrichter angeordnete Strafaussetzung unter Verwerfung des Rechtsmittels bestätigt. § 268a gilt auch für die Berufungsinstanz (§ 332).26 Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung weder durch den Beschluss des Erstrichters noch durch den nur für die Beschwerdeentscheidung geltenden § 305a gebunden. Wegen des akzessorischen Zusammenhangs zwischen Urteil und Beschluss (Rn. 2) wird der Beschluss des Erstrichters mit Erlass des Berufungsurteils von selbst gegenstandslos.27 Das Berufungsgericht muss ihn durch eine eigene Entscheidung ersetzen, die allerdings auch dahin lauten kann, dass es den Beschluss des Erstrichters
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KMR/Voll 10; Meyer-Goßner 9. KMR/Voll 10; KK/Engelhardt 13; MeyerGoßner 9; SK/Velten 10. Vgl. LR/Stuckenberg § 268, 37; LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 20. KK/Engelhardt 13; KMR/Voll 10; SK/ Velten 10; Böttcher/Mayer NStZ 1993 156; vgl. bei §§ 408, 409. KK/Engelhardt 12. KK/Engelhardt 15. KK/Engelhardt 15; KMR/Voll 10; MeyerGoßner 9; Eb. Schmidt 11.
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H.M., etwa OLG Celle NStZ-RR 2008 359; OLG Düsseldorf MDR 1982 1042; KK/Engelhardt 1, 16; KMR/Voll 5; MeyerGoßner 2. KG StraFo 2010 426 f.; OLG Celle MDR 1970 68; NStZ-RR 2008 359; OLG Dresden NJ 2001 323 mit Anm. König; OLG Düsseldorf MDR 1982 1042; OLG Hamm NJW 1967 510; MDR 1992 989; LG Osnabrück NStZ 1985 378; KK/Engelhardt 1, 16; KMR/Voll 5; Meyer-Goßner 2, 10; SK/Velten 2.
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bestätigt.28 Versäumt das Berufungsgericht die gebotene eigene Entscheidung überhaupt, muss es sie analog § 453 Abs. 1 nachholen.29 Das Berufungsgericht erlässt den neuen Beschluss als erstinstanzielles Gericht, das eine 20 mit dem Berufungsurteil in innerer Wechselwirkung stehende, unselbständige Nebenentscheidung selbst trifft, und nicht als Beschwerdegericht nach § 305a. Es ist daher unerheblich, ob neben dem Ersturteil auch der Beschluss des Erstrichters mit Beschwerde angefochten worden ist,30 denn auch diese wird gegenstandslos, wenn durch das Berufungsurteil der angefochtene Beschluss gegenstandslos geworden ist.31 Das Verschlechterungsverbot (§ 331) erfasst die neue Entscheidung weder unmittelbar noch kann es analog herangezogen werden,32 da der Beschluss nach § 268a unter dem Vorbehalt nachträglicher Änderungen steht, dem Angeklagten also keine Rechtsposition einräumt, auf die er vertrauen darf. Außerdem steht der analogen Anwendung auch die kriminalpolitische Zielsetzung der Regelung entgegen,33 die gerade keine starren Festlegungen schaffen, sondern eine flexible Anpassung der einzelnen Anordnungen ermöglichen sollte. Die neue Entscheidung des Berufungsgerichts ist mit der Beschwerde nach § 305a anfechtbar.34 7. Das Revisionsgericht muss die Entscheidung nach § 268a grundsätzlich dem Tat- 21 richter überlassen.35 Nur wenn es in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft die Mindestdauer der Bewährungszeit für angemessen hält, kann es diese neben dem (verwerfenden) Urteil selbst durch Beschluss festsetzen, wobei aber auch dann die Entscheidung über die Auflagen dem Tatrichter (in Nachverfahren) vorbehalten ist.36 Hebt es auf die Revision das Urteil in einem für den Beschluss nach § 268a relevanten Teil auf, wird dieser gegenstandslos.37 8. Nachholung von Beschluss und Belehrung. Ist in der Hauptverhandlung der nach 22 dem Urteilsinhalt notwendige Beschluss nach § 268a versehentlich nicht verkündet wor-
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OLG Hamm NJW 1967 510; MDR 1992 989; KMR/Voll 5; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 2. OLG Düsseldorf MDR 1982 1042; OLG Koblenz MDR 1981 423; wegen der hier bestehenden Streitfragen vgl. Rn. 22. OLG Celle MDR 1970 68; OLG Düsseldorf NJW 1956 1889; OLG Hamm JMBlNW 1964 176; 1967 510; MDR 1992 989; KG VRS 11 (1956) 364; LG München DAR 1956 111; KK/Engelhardt 1; Meyer-Goßner 10. Vgl. etwa OLG Hamm NJW 1967 510; O. H. Schmitt NJW 1956 1729 in der abl. Anm. zur gegenteiligen Ansicht von BayObLG NJW 1956 1728, ferner Fn. 30. BGH bei Kusch NStZ 1995 200; KG StraFo 2010 426; OLG Celle NStZ-RR 2008 359; OLG Düsseldorf NStZ 1994 199; JMBlNW 1986 273; OLG Hamburg NJW 1981 470 mit Anm. Loos NStZ 1981 363; OLG Hamm NJW 1978 1596; OLG Karlsruhe Justiz 1979 211; OLG Koblenz NStZ 1981 154; OLG Oldenburg NStZ-RR 1997 9; KMR/Voll 6; Meyer-Goßner 3; vgl. auch Horn MDR 1981
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15; ferner (zu § 358 Abs. 2) BGH NJW 1982 1544 mit Anm. Meyer JR 1982 338 (die Entscheidung lässt die Streitfrage offen, was gilt, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Abänderung nicht vorlagen), ebenso KG NStZ-RR 2006 137 f.; a.A. OLG Koblenz JR 1977 346 mit abl. Anm. Gollwitzer; OLG Frankfurt NJW 1978 959; HK/Julius 6; SK/Velten 3; Wittschier Das Verbot der reformatio in peius im strafprozessualen Beschlussverfahren (1985) 134 ff.; zweifelnd AK/Wassermann 6. OLG Hamburg NJW 1981 470. Vgl. Gollwitzer JR 1977 347. Vgl. bei § 305a. Vgl. BGH NStZ-RR 1999 281; wistra 2007 231; bei Kusch NStZ 1997 73; KK/Engelhardt 2; KMR/Voll 7; Meyer-Goßner 4; vgl. bei § 305a. BGH bei Kusch NStZ 1997 73; BGH nach KK/Engelhardt 2. KK/Engelhardt 16; KMR/Voll 7; vgl. Rn. 19 und bei § 305a.
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den, gilt zunächst nur die Mindestbewährungszeit von zwei Jahren ohne Auflagen und Weisungen.38 Der versehentlich unterbliebene Beschluss darf aber bis zur Rechtskraft des Urteils von dem Gericht, das den Beschluss hätte erlassen müssen,39 analog § 453 nach Anhörung des Angeklagten40 und danach von dem nach § 462a zuständigen Gericht noch nachgeholt werden. Durch das bloße Unterlassen des gesetzlich zwingend gebotenen Beschlusses wird kein Vertrauenstatbestand geschaffen; jede Strafaussetzung zur Bewährung steht ohnehin unter dem Vorbehalt späterer Änderungen sowohl hinsichtlich ihrer Dauer als auch hinsichtlich des Inhalts der mit ihr verknüpften Auflagen und Weisungen. Das Verschlechterungsverbot greift nach der vorherrschenden Meinung insoweit nicht.41 Strittig ist, ob die Nachholbefugnis uneingeschränkt besteht 42 oder nur insoweit, als das materielle Recht ohnehin nachträgliche Abänderungen zulässt (vgl. § 56e StGB)43 oder, noch enger, ob die versehentlich unterbliebenen Anordnungen nur insoweit nachgeholt werden dürfen, als deren Modalitäten bereits aus den Urteilsgründen ersichtlich und nachvollziehbar sind.44 In jüngster Zeit wird zunehmend die Ansicht vertreten, dass aufgrund des Wortlauts und des Zusammenhangs mit der dem gesamten Spruchkörper (Schöffen) vorbehaltenen Entscheidungsfindung jede Nachholung des Beschlusses zu unterbleiben hat,45 so dass es bei der Mindestdauer der Bewährungszeit frei von Auflagen und Weisungen sein Bewenden haben muss. Einer Nachholung bedarf es nicht, wenn Berufung eingelegt ist, weil das Berufungsgericht den Beschluss neu erlassen muss, so dass auch kein Raum für eine Zurückverweisung ist.46 Eine unterbliebene Belehrung nach Absatz 3 ist nachzuholen (Rn. 15).
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9. Rechtsbehelfe. Während die Berufung gegen das Urteil automatisch zu einer neuen, eigenen Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 268a führt,47 kann eine allein gegen den Beschluss gerichtete Beschwerde nach § 305a nur darauf gestützt werden, dass eine der dort getroffenen Anordnungen gesetzwidrig ist, also insbesondere den im materiellen Strafrecht getroffenen Einzelregelungen widerspricht.48 Auf eine unterbliebene Belehrung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden, da der Bestand des Beschlusses
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H.M., etwa OLG Düsseldorf StV 2008 512; OLG Frankfurt StV 1983 24; OLG Hamm MDR 1992 989; StV 2001 225; LG Freiburg StV 1994 534; LG Kempten NJW 1978 840; KMR/Voll 8. KMR/Voll 9. OLG Düsseldorf JMBlNW 1986 273. Vgl. Rn. 20; OLG Celle NdsRpfl. 2007 332, 333. Wie hier OLG Celle NJW 1957 276; MDR 1970 68; NdsRpfl. 2007 332, 333 f.; OLG Düsseldorf JMBlNW 1986 273; OLG Hamburg NJW 1981 470 mit Anm. Loos NStZ 1981 363; KG VRS 11 (1956) 357; OLG Karlsruhe Justiz 1979 211; OLG Koblenz NStZ 1981 154; SK/Paeffgen § 453, 3. Vgl. OLG Koblenz MDR 1981 423; LG Osnabrück NStZ 1985 378; KMR/Voll 8; KK/Appl § 453, 3; a.A. (§ 56e StGB setze erlassenen Bewährungsbeschluss voraus) OLG Düsseldorf StraFo 1999 238; StV 2001 225; 2008 512 f.; OLG Hamm StV 2001 225.
576
44
45
46 47 48
OLG Dresden NJ 2001 323 mit Anm. König; OLG Frankfurt StV 1983 24; LG Osnabrück (keine Nachholung von Auflagen); KK/Engelhardt 9; KMR/Voll 8. OLG Köln NStZ-RR 2000 338 lässt die Fragen offen, hält aber die nachträgliche Auflage einer Geldbuße für nicht zulässig. OLG Düsseldorf StraFo 1999 238; StV 2001 225; 2008 512 f. m.w.N.; OLG Hamm 2001 225; LG Kempten NJW 1978 840; HK/Julius 4; Meyer-Goßner 8; Pfeiffer 1; SK/Velten 9; vgl. auch OLG Köln NStZ-RR 2000 338; LG Freiburg MDR 1992 789; StV 1994 534 (keine Nachholbarkeit im Strafbefehlsverfahren, da das Fehlen von Auflagen entscheidend für den Verzicht auf Einspruch sein kann). OLG Düsseldorf MDR 1982 1042; vgl. Rn. 19 f. Vgl. Rn. 19 f. Wegen der Einzelheiten vgl. bei § 305a.
Carl-Friedrich Stuckenberg
§ 268b
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
nicht von der Belehrung abhängt.49 Beschwerdeberechtigt sind neben der Staatsanwaltschaft der Verurteilte und sein gesetzlicher Vertreter, nicht aber der Nebenkläger und der durch die Straftat Geschädigte.50 Soweit das Revisionsgericht über die Beschwerde nach § 305a Abs. 2 zu befinden hat, entscheidet es durch selbständigen Beschluss und nicht etwa im Revisionsurteil. Die Revision gegen das Urteil kann nicht mit Angriffen gegen Bewährungsanordnun- 24 gen begründet werden,51 ebenso wenig mit dem Fehlen eines Beschlusses nach § 268a, da das Urteil hierauf nicht beruhen kann.52 10. Folgen einer unrichtigen Belehrung nach Absatz 3. Der Widerruf der Strafausset- 25 zung hängt zwar grundsätzlich nicht davon ab, dass der Angeklagte ordnungsgemäß belehrt worden ist. Im Einzelfall kann es jedoch für die Beurteilung seines Verhaltens, insbesondere bei der Würdigung der Schwere eines Verstoßes gegen Auflagen und Weisungen zugunsten des Angeklagten ins Gewicht fallen, dass er nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist,53 da dann ein gröblicher oder beharrlicher Verstoß gegen Auflagen und Weisungen (§ 56f Abs. 1 Nr. 2, 3 StGB) mitunter nicht vorliegen wird (Tatfrage!).54 Gleiches gilt bei den anderen Entscheidungen nach § 268a Abs. 1, 2. Die Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen bestimmte Weisungen im Rahmen der 26 Führungsaufsicht nach § 145a StGB hängt nicht davon ab, dass der Angeklagte gemäß Absatz 3 Satz 1 und 2 belehrt worden ist. Es ist eine Tatfrage, ob eine fehlende oder unzureichende Belehrung den von dieser Strafvorschrift vorausgesetzten (mindestens) bedingten Vorsatz entfallen lässt, etwa, weil der Angeklagte nicht erkannte, dass er durch sein Verhalten den Zweck der Maßregel gefährdete.
§ 268b 1 Bei der Urteilsfällung ist zugleich von Amts wegen über die Fortdauer der Untersuchungshaft oder einstweiligen Unterbringung zu entscheiden. 2 Der Beschluß ist mit dem Urteil zu verkünden.
Entstehungsgeschichte. § 268b ist durch Art. 4 Nr. 32 des 3. StRÄndG 1953 eingefügt worden. Übersicht Rn. 1. Sinn der Vorschrift a) Notwendigkeit, die Haftfortdauer während der ganzen Hauptverhandlung zu prüfen . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt der Urteilsfällung . . . . . . 2. Entscheidung über Fortdauer der Untersuchungshaft . . . . . . . . . . . . . . .
49 50 51
1 2
Rn. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Unterbringungsbefehl . . . . . . Beschluss . . . . . . . . . . . . Unterlassen der Beschlussfassung Zeitpunkt der Verkündung . . . Rechtsbehelfe, Belehrung . . . . Sitzungsniederschrift . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
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. . . . . .
. . . . . .
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4
OLG Koblenz MDR 1981 423; AK/Wassermann 5; KK/Engelhardt 11; Meyer-Goßner 9. OLG Düsseldorf StV 2001 228; vgl. § 305a. Etwa OLG Hamm NJW 1969 890; KG NJW 1957 275; KMR/Voll 12. Wegen der Einzelheiten vgl. bei § 305a.
52 53
54
OLG Koblenz MDR 1981 423. Vgl. BVerfG NJW 1992 2877; OLG Celle NJW 1958 1009; OLG Düsseldorf VRS 91 (1996) 115; ferner OLG Hamm StV 1992 22 mit Anm. Budde; HK/Julius 7; SK/Velten 10. Vgl. Koch NJW 1977 419.
Carl-Friedrich Stuckenberg
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§ 268b
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
1. Sinn der Vorschrift
1
a) Die Notwendigkeit der Haftfortdauer hat das erkennende Gericht während der ganzen Hauptverhandlung zu prüfen. Es hat von Amts wegen einen Haft- oder Unterbringungsbefehl unverzüglich aufzuheben, wenn seine Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (§ 120 Abs. 1 Satz 1, § 126a Abs. 3 Satz 1). Es darf die Aufhebung nicht bis zur Verkündung des Urteils und der in § 268b vorgeschriebenen Beschlussfassung über die Haftfortdauer aufschieben, sofern diese Entscheidungen nicht alsbald1 ergehen können. Dies gilt auch, wenn die Haftprüfung nach § 122 Abs. 3 Satz 2 dem Oberlandesgericht obliegt.2
b) Besteht dagegen im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch ein Haft- oder Unterbringungsbefehl, so hat das Gericht zugleich mit Verkündung des Urteils über dessen Fortdauer zu entscheiden, und zwar ganz gleich, ob es den Angeklagten verurteilt oder freispricht.3 Die Entscheidung hat auch zu ergehen, wenn der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt ist.4 § 268b legt eine auch schon vorher in der Praxis gepflogene Übung gesetzlich fest. Er 3 entscheidet die Streitfrage, ob das erkennende Gericht über die Haftfortdauer auch dann beschließen darf, wenn das Urteil alsbald mit der Verkündung rechtskräftig wird, sei es, dass alle Anfechtungsberechtigten auf Einlegung eines Rechtsmittels verzichten, sei es, dass gegen das Urteil überhaupt kein Rechtsmittel gegeben ist. § 268b unterscheidet nicht zwischen anfechtbaren und solchen Urteilen, die mit der Verkündung oder alsbald nach ihr rechtskräftig werden, sondern begründet die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts für die Entscheidung über die Haftfortdauer für jeden Fall ohne Ausnahme.5
2
4
2. Entscheidung über Fortdauer der Untersuchungshaft ist die Entscheidung, ob der Haftbefehl aufrechtzuerhalten, sein Vollzug auszusetzen oder ob er aufzuheben ist. Dies muss das Gericht nach den Regeln des materiellen Haftrechts (insbesondere §§ 112 bis 113, 116, 120) aufgrund der in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere des nach seiner Überzeugung feststehenden Sachverhalts, von Amts wegen prüfen. Die prozessualen Voraussetzungen der Haftentscheidung können aber im Wege des Freibeweises festgestellt werden.6 Bestehen die Haftgründe fort, ist der Haftbefehl unter Umständen der neuen Sach- und Rechtslage ausdrücklich anzupassen,7 denn der Haftbefehl muss aus sich selbst heraus verständlich sein. Weshalb der Angeklagte der Tat, wegen der er verurteilt wurde, dringend verdächtig ist, braucht jedoch nicht noch besonders dargelegt zu werden (Rn. 7). Darzutun ist aber jede Änderung der Haftgründe, so wenn der Haftbefehl nunmehr auf Fluchtgefahr gestützt werden soll statt auf die mit Durchführung der Hauptverhandlung meist entfallende Verdunkelungsgefahr. Wird der Angeklagte freigesprochen oder wird das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt, so ist der Haftbefehl nach § 120 Abs. 1 Satz 2 aufzuheben.8 1 2 3
4
AK/Wassermann 1 (noch am selben Tage); KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 1 (sofort). SK/Velten 3; vgl. LR/Hilger § 121, 20, 24. Graf/Peglau 1; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 2; a.A. (nicht bei Freispruch wegen § 120 Abs. 1 Satz 2) OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1998 173; Meyer-Goßner 2. AK/Wassermann 2; HK/Julius 1; KMR/Voll 1; SK/Velten 3; a.A. Meyer-Goßner 2 (keine Fortdauer der Untersuchungshaft, wenn Haftbefehl ausgesetzt).
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5 6 7
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HK/Julius 1; KK/Engelhardt 2; KMR/Voll 1; SK/Velten 3; Schmidt NJW 1959 1718. Alsberg/Nüse/Meyer 122; vgl. LR/Hilger § 114, 22. OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1998 173 f.; OLG Stuttgart Justiz 2007 238; vgl. OLG Karlsruhe wistra 1991 277 (Aufrechterhaltung „nach Maßgabe des Urteils“ genügt nicht); HK/Julius 2; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 6. Meyer-Goßner 2.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 268b
Gegen den auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten kann im Zusammenhang mit 5 dem Erlass des Urteils Haftbefehl ergehen, wenn auch bei den mit der Verkündung rechtskräftig werdenden Urteilen Verdunkelungsgefahr als Haftgrund wohl stets ausscheiden wird.9 3. Für den Unterbringungsbefehl (§ 126a) gelten die vorstehenden Ausführungen ent- 6 sprechend.10 4. Der Beschluss nach § 268b wird vom erkennenden Gericht in der für die Urteils- 7 fällung vorgeschriebenen Besetzung – also unter Mitwirkung der Laienrichter – erlassen.11 Während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung kann die Haftentlassung (§§ 116, 128) auch ohne die Schöffen beschlossen werden.12 Die Entscheidung nach § 268b ist gemäß § 34 zu begründen.13 Die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung werden durch das materielle Haftrecht und Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG14 bestimmt, wobei sich allerdings zusätzliche Ausführungen zum dringenden Tatverdacht wegen des ergangenen Urteils erübrigen können, jedoch nötig sind, wenn die Verurteilung erheblich von den Vorwürfen des Haftbefehls abweicht.15 In jedem Fall muss, insbesondere solange die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorliegen, die Begründung dem Beschwerdegericht eine Überprüfung des dringenden Tatverdachts ermöglichen.16 5. Unterlassung der Beschlussfassung. Unterlässt es das Gericht entgegen § 268b ver- 8 sehentlich, einen Beschluss über die Haftfortdauer zu fassen, so kann es das Versäumnis jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag nachholen.17 Unterbleibt nur die Verkündung, muss der Beschluss zugestellt werden.18 In Eilfällen, vor allem, wenn nach Freisprechung des Angeklagten die Aufhebung des Haftbefehls übersehen worden ist, kann der Vorsitzende nach § 124 Abs. 2 und 3 im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft allein handeln.19 Unterbleibt die Beschlussfassung oder die Verkündung, wird ein bestehender Haftbefehl nicht von selbst unwirksam.20 Nur die Haftbefehle nach § 127b Abs. 2, § 230 Abs. 2 machen hier eine Ausnahme.21
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Vgl. OLG Hamm NJW 1954 298; AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 4; KMR/Voll 2, 5; SK/Velten 6; Eb. Schmidt 2; Schneidewin NJW 1954 298; a.A. Wolff NJW 1954 60. KK/Engelhardt 8; KMR/Voll 9. Graf/Peglau 6; KK/Engelhardt 3; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 5; Kunisch StV 1998 687, 688; vgl. OLG Düsseldorf StV 1984 159 sowie LR/Hilger § 125, 16a. KK/Engelhardt 3; Meyer-Goßner 1; SK/Velten 5; vgl. Kunisch StV 1998 687, 688; ferner zu den neuerdings aufgetretenen Streitfragen OLG Jena StV 2010 34; OLG Köln NJW 2009 3113 f.; LR/Hilger § 125, 16a; LR/Siolek § 30, 18 GVG. OLG Hamm NStZ-RR 2010 55; HK/Julius 3; KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 5; Meyer-Goßner 3; Eb. Schmidt 3. Dazu BVerfG StV 2009 479, 481 m.w.N.; auch BVerfGK 7 421, 429 f.; 8 1, 5.
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21
BGH NStZ 2004 276, 277; 2006 297; OLG Hamm NStZ 2008 649; NStZ-RR 2010 55; OLG Jena StV 2007 588 f.; NStZ-RR 2009 123; Graf/Peglau 4; HK/Julius 2; KMR/Voll 5; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 6. OLG Hamm, OLG Jena wie Fn. 15; Graf/Peglau 4 m.w.N.; KMR/Voll 8. Graf/Peglau 5; KK/Engelhardt 7; KMR/ Voll 6; Meyer-Goßner 4. AK/Wassermann 5; KMR/Voll 6; KK/Engelhardt 7; Meyer-Goßner 4; SK/Velten 9. KMR/Voll 6. Graf/Peglau 5; KK/Engelhardt 7; KMR/ Voll 6; Meyer-Goßner 4; SK/Velten 9; Eb. Schmidt 5. Vgl. LR/Hilger § 127b, 15; LR/Becker § 230, 41.
Carl-Friedrich Stuckenberg
579
§ 268c
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
9
6. Zeitpunkt der Verkündung. Der Beschluss über die Aufhebung des Haftbefehls oder die Fortdauer der Haft ist nach Satz 2 „mit dem Urteil“ zu verkünden. Dies soll den inneren Zusammenhang beider an sich selbständiger Entscheidungen verdeutlichen, denn gleichzeitig mit dem Urteil muss das Gericht auch über die Haftfrage neu entscheiden. Nach der Sachlogik hat dies erst nach Verkündung der Urteilsformel zu geschehen.22 Im Übrigen aber steht es dem Gericht frei, ob es die Verkündung seiner Haftentscheidung wegen ihrer Bedeutung für den Angeklagten und auch für die Öffentlichkeit unmittelbar an die Verkündung des Urteilstenors anschließt und erst danach die Urteilsgründe eröffnet oder ob es erst nach Abschluss der mündlichen Mitteilung der Urteilsgründe23 die Haftentscheidung zusammen mit anderen Beschlüssen und Belehrungen (§§ 35a, 268a) bekannt gibt. Die Entscheidung darf aber grundsätzlich nicht von der Rechtskraft des Urteils abhängen, dergestalt, dass mit dem Beschluss nach § 268b gewartet wird, bis der Verurteilte einen Rechtsmittelverzicht erklärt hat.24
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7. Rechtsbehelfe, Belehrung. Ergeht bei der Urteilsverkündung ein neuer Haftbefehl, so ist der Angeklagte nach § 115 Abs. 4 über das Recht der Beschwerde und die anderen Rechtsbehelfe gegen den Haftbefehl zu belehren. Wird nur die Haftfortdauer angeordnet, bedarf es keiner neuen Belehrung über die Zulässigkeit der Beschwerde (§ 304) gegen diesen Beschluss.25 Die Rechtsbehelfe gegen die Haftentscheidung sind auch gegeben, wenn das Urteil sogleich rechtskräftig wird.26 Erst wenn die Strafvollstreckung eingeleitet ist, werden sie gegenstandslos.27
11
8. In der Sitzungsniederschrift ist der Beschluss nach § 268b gemäß § 273 Abs. 1 zu beurkunden.28
§ 268c 1 Wird in dem Urteil ein Fahrverbot angeordnet, so belehrt der Vorsitzende den Angeklagten über den Beginn der Verbotsfrist (§ 44 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches). 2 Die Belehrung wird im Anschluß an die Urteilsverkündung erteilt. 3 Ergeht das Urteil in Abwesenheit des Angeklagten, so ist er schriftlich zu belehren.
Entstehungsgeschichte. § 268c ist durch Art. 2 EGOWiG in das Gesetz eingefügt worden. Die Vorschrift, die im Regierungsentwurf nicht enthalten war, beruht auf einem Vorschlag des Rechtsausschusses (Schriftl. Bericht, BTDrucks. V 2600 und 2601 S. 18). Art. 21 Nr. 72 EGStGB und Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24.4.1998 (BGBl. I S. 747) haben jeweils ohne sachliche Änderung die Verweisung den neuen Paragraphenbezeichnungen des Strafgesetzbuchs angepasst.
22 23 24
KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 4; MeyerGoßner 3. KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 4; MeyerGoßner 3; SK/Velten 8. Vgl. BGH StV 2004 360, 361; König in der abl. Anm. zu OLG München StV 2007 459, 461.
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25 26 27 28
KMR/Voll 7; Meyer-Goßner 5; a.A. SK/Velten 11; Eb. Schmidt 3. Zur Begründung der Haftbeschwerde vgl. HK/Julius 3; KMR/Voll 8. Schmidt NJW 1959 1718. HK/Julius 2; KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 5; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 10.
Carl-Friedrich Stuckenberg
§ 268c
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
Übersicht Rn. 1. 2. 3. 4.
Zweck der Vorschrift . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . Gegenstand der Belehrung . . . Vorsitzender . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
Rn.
1 2 4 7
5. 6. 7. 8.
Abwesenheit des Angeklagten . . Nachholung . . . . . . . . . . . Sitzungsniederschrift . . . . . . . Anfechtbarkeit . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
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1. Zweck der Vorschrift. Mit der Belehrung soll verhindert werden, dass der Ange- 1 klagte, gegen den ein mit Rechtskraft des Urteils wirksames Fahrverbot ausgesprochen worden ist, einen Rechtsnachteil dadurch erleidet, dass er aus Unkenntnis der komplizierten Rechtslage, nach der zwar das Fahrverbot mit der Rechtskraft wirksam wird, die Verbotsfrist aber erst mit der Ablieferung des Führerscheins zu laufen beginnt, seinen Führerschein nicht alsbald in amtliche Verwahrung gibt.1 Nur wenn sich der Führerschein bereits in amtlichem Gewahrsam befindet, läuft die Frist ab der Rechtskraft. 2. Anwendungsbereich. § 268c schreibt die Belehrung über den Beginn der Verbots- 2 frist nur für den Fall vor, dass das Gericht wegen einer Straftat ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt hat, nicht jedoch für den Fall, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen worden ist. Spricht das Gericht wegen einer Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot nach § 25 StVG aus, so folgt die Pflicht, den Betroffenen über den Beginn der Verbotsfrist im Anschluss an die Verkündung der Bußgeldentscheidung zu belehren, aus § 25 Abs. 8 StVG.2 Einer solchen Belehrung bedarf es auch dann, wenn der Betroffene bereits bei Zustellung des Bußgeldbescheids von der Verwaltungsbehörde belehrt worden war. Die Belehrungspflicht gilt auch für die Berufungsinstanz (§ 332). Sie wird nicht da- 3 durch hinfällig, dass bereits der Erstrichter eine entsprechende Belehrung erteilt hatte.3 Für das Strafbefehlsverfahren schreibt § 409 Abs. 1 Satz 2 die Belehrung nach § 268c vor. 3. Gegenstand der Belehrung ist der Beginn der Frist des Fahrverbots nach § 44 Abs. 3 4 Satz 1 StGB. Die Dauer des Verbots ist dem Angeklagten bereits durch das Urteil selbst bekannt gemacht worden. Der Vorsitzende soll den Angeklagten aber auch darauf hinweisen, dass das Fahrverbot mit der Rechtskraft des Urteils wirksam wird, die Zuwiderhandlung gegen das Verbot in § 21 StVG mit Strafe bedroht ist, und nicht nur, dass die für sein Ende maßgebende Frist erst zu laufen beginnt, wenn er den Führerschein in amtlichen Gewahrsam gegeben hat.4 Die Belehrung wird, obzwar dies § 268c nicht vorschreibt, zweckmäßigerweise durch den Hinweis ergänzt, wo der Führerschein in Gewahrsam zu geben ist.5 Hat der Angeklagte einen ausländischen Fahrausweis, dann ist er zu belehren, dass 5 die Frist erst mit der Eintragung des Verbots in diesem Ausweis läuft. Weitergehende Belehrungen, etwa über die Berechnung der Verbotsfrist und über die 6 Nichteinrechnung der Zeit, in der der Angeklagte sich in Haft befindet oder sonst aufgrund einer behördlichen Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird (§ 44 Abs. 3 Satz 2 StGB), sieht das Gesetz nicht vor.
1 2 3
HK/Julius 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Voll 1; Meyer-Goßner 1; SK/Velten 1. KK/Engelhardt 1. Graf/Peglau 1; KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 3; SK/Velten 2.
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OLG Celle VRS 54 (1978) 118; Graf/Peglau 2; KK/Engelhardt 3; KMR/Voll 1; Meyer-Goßner 3. Graf/Peglau 3; Meyer-Goßner 3; SK/Velten 4; nach HK/Julius 2 muss dies geschehen.
Carl-Friedrich Stuckenberg
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§ 268d
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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4. Der Vorsitzende erteilt die Belehrung im Anschluss an die Urteilsverkündung, und zwar zweckmäßigerweise erst nach Verkündung etwaiger, gemeinsam mit dem Urteil ergehender Beschlüsse,6 da er dann die Belehrung nach § 268c mit einer etwaigen Belehrung nach § 268a Abs. 3 und der Rechtsmittelbelehrung zusammenfassen kann. Ob er die Belehrung nach § 268c dabei vor der Rechtsmittelbelehrung nach § 35a oder erst nach dieser erteilt, ist unerheblich. Ebenso wie bei der Rechtsmittelbelehrung7 kann sich der Vorsitzende auch hier eines Merkblatts bedienen, das aber die Belehrung nur ergänzen und nicht etwa vollständig ersetzen kann.8
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5. Bei Abwesenheit des Angeklagten bei der Urteilsverkündung ist die Belehrung schriftlich zu erteilen (Satz 3). Sie ist dem Angeklagten, ebenso wie beim Strafbefehl, zweckmäßigerweise gemeinsam mit dem Urteil zuzustellen.9
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6. Die Nachholung einer zu Unrecht unterbliebenen Belehrung im Vollstreckungsverfahren ähnlich § 453a Abs. 1 ist für die Belehrung nach § 268c nicht vorgesehen. Ist die Belehrung durch das Gericht unterblieben, so kann allerdings die Vollstreckungsbehörde die Belehrung nachholen, wenn sie den Führerschein zur Vollstreckung nach § 59a Abs. 4 Satz 1 StVollstrO anfordert.10 Eine Nachholung der Belehrung durch den Richter ist nicht vorgeschrieben.11
10
7. Sitzungsniederschrift. Die mündliche Belehrung durch den Vorsitzenden ist zweckmäßigerweise in der Sitzungsniederschrift zu vermerken, auch wenn man in der Belehrung keine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 Abs. 1 sieht, weil ihr Unterlassen keine prozessualen Rechtsfolgen hat.12
11
8. Anfechtbarkeit. Da das Urteil auf einem Verstoß gegen § 268c nicht beruhen kann und dieser auch sonst keine prozessualen Rechtsfolgen hat, kann weder die Revision noch eine Beschwerde darauf gestützt werden.13
§ 268d Ist in dem Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66a Absatz 1 oder 2 des Strafgesetzbuches vorbehalten, so belehrt der Vorsitzende den Angeklagten über die Bedeutung des Vorbehalts sowie über den Zeitraum, auf den sich der Vorbehalt erstreckt. Entstehungsgeschichte. § 268d wurde durch Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom 21.8.2002 (BGBl. I S. 3344) in die StPO eingefügt und erhielt die heutige Fassung durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuord-
6 7 8 9 10
KK/Engelhardt 4; KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 4; SK/Velten 5. Vgl. RiStBV Nr. 142 Abs. 1 Satz 2; LR/Stuckenberg § 268, 37. KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 2; SK/Velten 5. KK/Engelhardt 9; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 5; SK/Velten 5. AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 7; SK/Velten 6; nach Graf/Peglau 4; Meyer-
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13
Goßner 6 muss die Vollstreckungsbehörde die Belehrung nachholen. KK/Engelhardt 7; Meyer-Goßner 6. Graf/Peglau 4; KK/Engelhardt 8; KMR/ Voll 5; Meyer-Goßner 4; SK/Velten 5; Eb. Schmidt Nachtr. II 4 (Ordnungsvorschrift). HK/Julius 3; KK/Engelhardt 6; SK/Velten 6.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 268d
nung des Rechts der Sicherungsverwahrung vom 22.12.2010 (BGBl. I S. 2300), die an den veränderten § 66a StGB und die Wortwahl in § 268 Abs. 3 Satz 1 angepasst wurde (vgl. BTDrucks. 17 3403 S. 40 f.).
Übersicht Rn. 1. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . 2. Inhalt der Belehrung a) Bedeutung des Vorbehalts . . . . . . . b) Zeitraum des Vorbehalts . . . . . . . .
Rn.
1
3. Zeitpunkt der Belehrung . . . . . . . . . 4. Nachholung . . . . . . . . . . . . . . .
5 6
3 4
1. Zweck der Vorschrift. § 268d trifft eine flankierende Regelung zum 2002 erstmals 1 eingeführten und 2010 ausgeweiteten (vgl. Entstehungsgeschichte) Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Spricht ein Tatgericht unter den Voraussetzungen des § 66a Abs. 1 StGB a.F. oder § 66a Abs. 1 oder 2 StGB n.F.1 den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung aus, so gebietet § 268d, den Verurteilten über Bedeutung und Zeitraum dieses Vorbehalts zu belehren. Mit Urteil vom 4.5.20112 hat das BVerfG die Vorschrift des § 66a StGB über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung samt den übrigen Regelungen der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt. § 66a StGB bleibt jedoch bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 31.5.2013, weiter anwendbar, allerdings nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung. In der Regel soll demnach der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur unter der Voraussetzung gewahrt sein, dass eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist.3 Sofern sich ein Tatgericht während der Phase der Weitergeltung ungeachtet der Unge- 2 wissheit künftiger Regelungen und ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit für einen Vorbehalt der Sicherungsverwahrung entscheidet, muss der Vorsitzende im Anschluss an die Verkündung des Urteils den Verurteilten über die Bedeutung dieses wichtigen Vorbehalts belehren. Er soll über den Zweck dieses Vorbehalts und das Gewicht, das die noch offene Entscheidung für ihn hat, nicht im Unklaren sein. Er soll auch den Zeitraum kennen, in dem die Anordnung der Sicherungsverwahrung in der Schwebe bleibt. Diese Belehrung soll ihm vor Augen führen, dass es von seinem künftigen Verhalten im Strafvollzug abhängt, ob später gegen ihn die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet wird oder ob davon abgesehen werden kann. Seine Bereitschaft, sich einer Therapie zu unterziehen oder an sonstigen persönlichkeitsbildenden Maßnahmen ohne vorzeitigen Abbruch teilzunehmen, soll dadurch gestärkt werden.4 2. Inhalt der Belehrung a) Der Vorsitzende hat den Verurteilten über die „Bedeutung des Vorbehalts“ zu be- 3 lehren, also darüber, dass in einem Nachverfahren (§ 66a Abs. 2 StGB a.F., § 66a Abs. 3 StGB n.F., § 275a) darüber zu befinden ist, ob gegen ihn die Sicherungsverwahrung ange-
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Welches materielle Recht anwendbar ist, bestimmt sich nach Art. 316e EGStGB, vgl. LR/Stuckenberg § 275a, Entstehungsgeschichte.
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BVerfGE 128 326 = BGBl. 2011 I S. 1003. BVerfGE 128 326, 405 f. SK/Frister 1.
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§ 268d
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
ordnet wird. Er sollte dabei zweckmäßigerweise darauf hinweisen, dass Gegenstand des Nachverfahrens nur noch die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist, dass deren gesetzliche Voraussetzungen in dem soeben verkündeten Urteil an sich bereits festgestellt sind und nur noch die Einschätzung offen ist, ob bei einer Gesamtwürdigung seines Verhaltens, seiner Taten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs von ihm weiterhin erhebliche5 Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden (§ 66a Abs. 3 Satz 2 StGB). Vor allem aber sollte er hervorheben, dass dem Verhalten des Angeklagten während des Strafvollzugs und einer dabei zum Ausdruck gekommenen echten Bereitschaft, sich zu ändern, erhebliches Gewicht bei der vorbehaltenen späteren Entscheidung beigemessen werden wird.6 Der Vorsitzende kann auch erläutern, dass eine neue Hauptverhandlung stattfinden und dass ein Gutachten eines nicht im Rahmen des Strafvollzuges mit der Behandlung des Verurteilten befassten Sachverständigen eingeholt werden wird (§ 275a Abs. 4).7
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b) Ausdrücklich belehren muss der Vorsitzende den Verurteilten auch „über den Zeitraum, auf den sich der Vorbehalt erstreckt“. Gemeint ist damit die Zeit, die vergehen muss, bis das Gericht im Nachverfahren über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung entscheiden darf. Diese Zeitspanne wird dadurch nach oben eingegrenzt, dass das Gericht über den Vorbehalt spätestens bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entschieden haben muss, was auch gilt, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird (§ 66a Abs. 3 Satz 1 StGB), und spätestens sechs Monaten vor diesem Termin entschieden haben soll (§ 275a Abs. 5), nach früherem Recht bis spätestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt, an dem eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung frühestens rechtlich möglich ist, entschieden haben muss (§ 66a Abs. 2 Satz 1 StGB a.F.). Diesen Zeitpunkt kann der Vorsitzende anhand der ausgesprochenen Strafen und der darauf anzurechnenden Haft usw. berechnen.8 Die Untergrenze für die frühestmögliche Entscheidung folgt aus dem Zweck des Vorbehalts, durch eine möglichst lange Beobachtung des Verhaltens des Verurteilten im Strafvollzug bessere Grundlagen für die Prognose seiner künftigen Gefährlichkeit zu schaffen. Dies schließt es aus, sie weiter vorzuverlegen, als für die voraussichtliche Durchführung des Nachverfahrens erforderlich ist.9 Bei der Belehrung über die Dauer des Vorbehalts kann der Vorsitzende dem Angeklagten konkret mitteilen, bis wann das Gericht spätestens im Nachverfahren entscheiden soll, sowie, dass diese Entscheidung erst wenige Monate vor diesem Termin in die Wege geleitet wird. Es dürfte auch genügen, wenn der Zeitraum, der bis zur Entscheidung über den Vorbehalt verstreichen muss, dem Verurteilten näherungsweise mitgeteilt wird. Konkrete Daten zu benennen dürfte weder erforderlich noch möglich sein. Wann genau die Entscheidung im Nachverfahren ergehen wird, kann der Vorsitzende im Zeitpunkt der Belehrung nicht vorhersagen. Es genügt, dass der Verurteilte die voraussichtliche Dauer des Schwebezustandes richtig einschätzen kann und er daher nicht im Ungewissen darüber bleibt, welche Zeitspanne bis zu der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vergehen muss. Zweckmäßigerweise sollte er in diesem Zusammenhang aber auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass diese zeitlichen Angaben grundsätzlich voraussetzen, dass der Vorbehalt der späteren Entscheidung über die Sicherungsverwahrung bis
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Im Sinne der strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung (Rn. 1). SK/Frister 2.
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KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 1. Vgl. LR/Stuckenberg § 275a, 13. Vgl. LR/Stuckenberg § 275a, 15.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 268d
dahin rechtskräftig geworden ist10 und die Angaben über den Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin davon abhängen, dass er nicht zwischenzeitlich zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt wird; denn durch deren Verbüßung würde sich die Zeitspanne bis zur Entscheidung über den Vorbehalt verlängern. 3. Zeitpunkt der Belehrung. Diese Belehrungen erteilt der Vorsitzende nach Abschluss 5 der Urteilsverkündung und zweckmäßigerweise wohl auch erst nach Verkündung der sich an das Urteil anschließenden Folgeentscheidungen, insbesondere der Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach § 268b. In welcher Reihenfolge er die jeweils erforderlichen einzelnen Belehrungen erteilt, ist seinem Ermessen überlassen.11 Wegen des Gewichts des Vorbehalts für den davon betroffenen Verurteilten sollte er sie aber in etwaige andere Belehrungen so einordnen, dass diesem die Bedeutung des Vorbehalts deutlich vor Augen geführt wird und dass dabei insbesondere auch zum Tragen kommt, wie wichtig sein eigenes Verhalten während des Strafvollzugs für die vorbehaltene Entscheidung ist. Die Rechtsmittelbelehrung wird dem Verurteilten zweckmäßigerweise erst erteilt, nachdem er über die Tragweite des Vorbehalts und über den Zeitpunkt, bis zu dem das Nachverfahren durchgeführt sein muss, unterrichtet worden ist.12 Im Sitzungsprotokoll sollte die Belehrung nach § 268d vermerkt werden, auch wenn es sich bei ihr um keine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 handelt.13 4. Nachholung. Ist die Belehrung im Anschluss an die Urteilsverkündung versehentlich 6 unterblieben oder war sie wegen eines in der Person des Verurteilten liegenden Umstandes in diesem Zeitpunkt nicht möglich, so ist die Belehrung wegen ihrer Bedeutung nachzuholen. Da, anders als bei der vergleichbaren Belehrung nach § 268a Abs. 3, eine dem § 453a vergleichbare ausdrückliche Regelung fehlt, sollte man in Anlehnung an den Grundgedanken dieser Vorschrift davon ausgehen, dass auch die nachgeholte Belehrung wegen ihrer Bedeutung für das weitere Verhalten des Verurteilten grundsätzlich mündlich – und nicht etwa nur schriftlich – erteilt werden muss.14 Da die Entscheidung über den Vorbehalt im Nachverfahren nicht der Strafvollstreckungskammer obliegt, sondern weiterhin in die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts fällt, obliegt auch die Nachholung der Belehrung dem Vorsitzenden des erkennenden Gerichts. Dieser kann den Verurteilten dazu vorführen lassen. Man wird ihn aber auch für befugt halten müssen, ähnlich wie bei § 453a Abs. 1 Satz 2, die Belehrung einem ersuchten oder beauftragten Richter zu übertragen. Ist die Belehrung überhaupt unterblieben, steht dies weder dem Nachverfahren nach 7 § 275a noch der Anordnung der Sicherungsverwahrung in diesem entgegen. Dem Verurteilten ist bereits auf Grund des verkündeten Urteils und seiner schriftlichen Begründung bekannt, dass erst später in einem Nachverfahren entschieden wird, ob gegen ihn die Sicherungsverwahrung anzuordnen ist. Es hängt von den mitunter sehr unterschiedlichen Verhältnissen des Einzelfalls ab, ob bei der für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung maßgebenden späteren Würdigung der Person des Verurteilten und seines Verhaltens im Strafvollzug der Umstand ins Gewicht fallen kann, dass seine Belehrung über die Bedeutung des Vorbehalts unterblieben ist.15
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Vgl. LR/Stuckenberg § 275a, 7. SK/Frister 4. KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 2. Graf/Peglau 4; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 4; vgl. LR/Stuckenberg § 268c, 10; a.A. HK/Julius 4 (ist zu protokollieren).
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KMR/Voll 3; SK/Frister 4. Vgl. Graf/Peglau 5; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 3; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 3 (besonders sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen des § 66a Abs. 3 Satz 2 StGB); SK/Frister 4.
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§ 269
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 269 Das Gericht darf sich nicht für unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre. Schrifttum Wegen der Nachweise vgl. bei § 270 sowie bei den §§ 6a und 209.
Übersicht Rn. 1. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich a) Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . b) Gesamtes Hauptverfahren . . . . . . c) Abgabe an Gericht höherer Ordnung. Gleichrangige Spruchkörper . . . . . d) Zwingendes Recht . . . . . . . . . . 3. Gericht niederer Ordnung . . . . . . . 4. Anwendungsfälle a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . .
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Rn. b) Fortwirkung bei Trennung . . . . . . . c) Mehrfache Rechtshängigkeit . . . . . . 5. Ausnahmen a) Willkürlicher Entzug des gesetzlichen Richters . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen Kompetenzverteilung von Bundes- und Landesjustiz . . . . . . . 6. Revision . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Zweck der Regelung ist es, aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit und der Verfahrensbeschleunigung Verweisungen rechtshängiger Verfahren entgegenzuwirken, die nicht wegen der mangelnden Strafkompetenz unerlässlich sind.1 Wie § 6 zeigt, gehört die sachliche Zuständigkeit zu den in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzungen.2 Ihr Fehlen oder ihre Veränderungen durch das spätere Verhandlungsergebnis müsste deshalb an sich zu mitunter wiederholten Verweisungen an vor- oder nachrangige Gerichte führen. Wenigstens letzteres will § 269 ausschließen. Er bestimmt deshalb in Ergänzung von § 6, dass die fehlende sachliche Zuständigkeit unbeachtlich ist, wenn sich ein Gericht höherer Ordnung mit der Sache befasst, das Verfahren also vor ihm eröffnet ist.3 Nach der Auffassung der Strafprozessordnung schließt die größere sachliche Zuständigkeit die geringere ein.4 Es wird auch nicht als Nachteil für den Angeklagten angesehen, wenn seine Sache vor dem höheren Gericht behandelt wird.5 Nur soweit die vorrangige Auffangzuständigkeit des § 269 nicht eingreift, ist die Einhaltung der originären sachlichen Zuständigkeit nach § 6 von Amts wegen zu beachten.6
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Hahn 212; BGHSt 43 53, 55; 46 238, 240; BGH NStZ 2009 579; Graf/Peglau 1; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 1; MeyerGoßner 1. Zur Entwicklung Wolff JR 2006 232 ff. Eb. Schmidt 1. Wegen der Zugehörigkeit des § 269 zu einem umfassenden System, das § 6 erst praktikabel macht, vgl. Rieß GA 1976 1, 10 und LR/Stuckenberg § 209, 2. Hahn 212; Meyer-Goßner 1; einschränkend BGHSt 46 238, 245 f. (Bundesjustiz schließt Landesjustiz nicht ein); SK/Frister 1 (nicht bei Willkür).
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Hahn 212; RGSt 62 265, 271; BVerfGE 9 223, 230; BGHSt 43 53, 55; 46 238, 240; AK/Wassermann 1; Graf/Peglau 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 1; Gössel 16 C IIg; Dünnebier JR 1975 3; Hohendorf NStZ 1987 389, 390; Meyer-Goßner NStZ 1989 89, 90; zweifelnd HK/Julius 1 (Verlust einer Tatsacheninstanz, Stigmatisierung der Verurteilung durch höheres Gericht); ferner Sowada JR 1995 259; vgl. LR/Stuckenberg § 270, 7. Vgl. BGH MDR 1994 710; KK/Engelhardt 5; Meyer-Goßner 5.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 269
2. Anwendungsbereich a) § 269 betrifft die sachliche Zuständigkeit (§ 1) im engeren Sinn, d.h. die Zuständig- 2 keit der ordentlichen Strafgerichte in ihrem Verhältnis zueinander.7 Wegen der örtlichen Zuständigkeit vgl. § 16, wegen der funktionellen Zuständigkeit Vor § 1, 3 ff. Zu den Besonderheiten, die sich aus der in § 74e GVG festgelegten Rangfolge an sich gleichrangiger Spruchkörper und bei den Jugendgerichten ergeben, vgl. §§ 6a, 209a, 225a, 270. b) § 269 erfasst das gesamte Hauptverfahren von der Eröffnung an;8 für die Ent- 3 scheidung über die Eröffnung gilt er nicht (§ 209 Abs. 1).9 Bei der Vorlage nach § 225a greift er erst ein, wenn das Gericht höherer Ordnung durch den Übernahmebeschluss seine Zuständigkeit begründet hat.10 Zur Begründung der Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung durch den Verweisungsbeschluss nach § 270 vgl. dort Rn. 33 ff. c) § 269 schließt die Abgabe an ein Gericht niederer Ordnung aus; der Abgabe an ein 4 Gericht höherer Ordnung (Vorlage zur Übernahme § 225a; Verweisung § 270) steht er nicht entgegen. Er gilt auch nicht für die Abgabe zwischen gleichrangigen Spruchkörpern,11 selbst wenn zwischen ihnen eine Rangfolge festgelegt ist, wie bei den Strafkammern in § 74e GVG.12 Insoweit richtet sich die Abgabe nach § 225a Abs. 4 und § 270 Abs. 1 Satz 2. d) § 269 enthält zwingendes Recht; die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung 5 ist auch bei Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten ausgeschlossen.13 Als Ausnahmeregelung ist § 269 einschränkend auszulegen.14 Sein Verbot tritt namentlich zurück, wenn dies erforderlich ist, um vorrangiges Recht wie die Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters (Rn. 12) oder die grundgesetzliche Kompetenzordnung der Justizorgane (Rn. 13) zu wahren. 3. Gericht niederer Ordnung. Maßgebend für die Ordnung, der das jeweilige Gericht 6 angehört, sind die Stufenfolge, in der die Gerichte des gleichen Gerichtszweiges nach der geltenden Gerichtsverfassung eingereiht sind, und ihre unterschiedliche Besetzung.15 Zur Rangordnung vgl. § 209, 12 ff.; § 338, 69 ff. Als ein Gericht niederer Ordnung ist auch der Strafrichter im Verhältnis zum Schöf- 7 fengericht anzusehen,16 während der Unterschied zwischen dem dreigliedrigen und dem erweiterten Schöffengericht nicht die Zuständigkeit, sondern nur die Besetzung betrifft.17 Das Schwurgericht ist seit Änderung seiner Besetzung als besondere Strafkammer (§ 74 7 8
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Zum Begriff der sachlichen Zuständigkeit vgl. LR/Erb Vor § 1, 2. Graf/Peglau 1 f.; KK/Engelhardt 2; KMR/ Voll 1; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 2. Auch § 225a bestätigt, dass § 269 einen Grundsatz enthält, der nicht nur für die Hauptverhandlung, sondern für das ganze Verfahren nach der Eröffnung gilt. Vgl. LR/Stuckenberg § 209, 20. BGHSt 44 121; BGH NStZ 2009 579 f.; KMR/Voll 1; vgl. LR/Jäger § 225a, 32. BGHSt 27 99, 102; AK/Wassermann 1; Graf/Peglau 3; KK/Engelhardt 7; KMR/ Voll 6; Meyer-Goßner 6; SK/Frister 3; vgl.
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LR/Stuckenberg § 270, 7; ferner MeyerGoßner NStZ 1981 168. Vgl. bei § 74e GVG; ferner die bei Rn. 1 genannten Sondervorschriften für die Abgabe an nachrangige Kammern und bei § 209a. KMR/Voll 1; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 7; zweifelnd HK/Julius 4. BGHSt 46 238, 240; anders noch RGSt 62 265, 271 („möglichst weite Auslegung“). Vgl. Rieß GA 1976 1. BGHSt 19 178; h.M., vgl. LR/Stuckenberg § 209, 12 m.w.N. RGSt 62 265, 270; LR/Stuckenberg § 209, 12 m.w.N.
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Abs. 2 GVG) gegenüber der großen Strafkammer und der Jugendkammer kein Gericht höherer Ordnung mehr,18 wohl aber die große Strafkammer gegenüber der kleinen.19 Der Kartellsenat eines Oberlandesgerichts ist gegenüber den Strafgerichten beim Amtsund Landgericht kein Gericht höherer Ordnung, da nur die letzteren die Befugnis zur Aburteilung von Strafsachen haben.20 Für die Jugendgerichte enthält § 47a JGG eine dem § 269 vergleichbare Regelung, die – 8 unbeschadet des § 103 Abs. 2 Satz 2, 3 JGG21 – die Verweisung an ein für allgemeine Strafsachen zuständiges Gericht gleicher oder niedrigerer Ordnung ausschließt.22 Im übrigen ist anerkannt,23 dass Jugendgerichte und Erwachsenengerichte Abteilungen – wenn auch kraft Gesetzes verschieden besetzte Abteilungen – der ordentlichen Gerichte sind und dass auch zwischen Jugendgerichten und Erwachsenengerichten das Verhältnis von Gerichten höherer und niederer Ordnung im Sinne des § 269 besteht.24 Das irrtümlich angegangene Erwachsenengericht darf daher die Sache nur an ein gleichrangiges Jugendgericht abgeben, nicht aber an ein Jugendgericht niederer Ordnung.25 Ob § 103 Abs. 3 JGG eine dem § 269 vorgehende Sonderregelung enthält, kann zweifelhaft sein.26 Bei § 47a JGG nimmt die Rechtsprechung an, dass dieser entgegen dem Wortlaut des § 103 Abs. 3 JGG eine Abgabe der abgetrennten Erwachsenensache an die Erwachsenengerichte nach Eröffnung ausschließt.27 4. Anwendungsfälle
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a) § 269 gilt nicht nur, wenn nachträglich die für die Zuständigkeit des höheren Gerichts maßgebenden Gesichtspunkte entfallen; er ist auch anzuwenden, wenn die Annahme, das Gericht höherer Ordnung sei zuständig, rechtlich fehlerhaft war. Unerheblich ist insoweit, ob die Zuständigkeit eines Gerichts niederer Ordnung schon aus dem Eröffnungsbeschluss ersichtlich war 28 oder ob das Gericht höherer Ordnung durch eine sachlich zu Unrecht erlassene Unzuständigkeitserklärung des Gerichts niederer Ordnung mit der Sache befasst worden ist.29 Dies gilt selbst, wenn der Verweisungsbeschluss nicht formgerecht zustande gekommen, aber rechtlich bindend ist.30 18
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BGHSt 26 191 = JR 1976 164 mit Anm. Brunner = NJW 1976 201 mit Anm. Sieg; BGHSt 27 99, 101; BGH NStZ 2009 404, 405; OLG Düsseldorf OLGSt § 210, 3. Vgl. OLG Düsseldorf MDR 1993 459; die kleine Strafkammer ist aber kein erstinstanzliches Gericht mehr. BGHSt 39 202, 207; KK/Engelhardt 4; SK/Frister 4; vgl. LR/Stuckenberg § 270, 5 m.w.N. Vorrang der besonderen Strafkammer nach § 74a GVG und der Wirtschaftsstrafkammer nach § 74e GVG. KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 16; vgl. die Kommentare zu § 47a JGG; LR/Stuckenberg § 209a, 21; ferner § 102 JGG (Zuständigkeit für Strafsachen nach § 120 Abs. 1, 2 JGG). Die Auffassung, die Jugendgerichtsbarkeit sei ein besonderer Gerichtszweig, hat der Beschluss des Großen Senats BGHSt 18 79
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aufgegeben; so auch BGHSt 18 173, 175; 22 51; 26 198; vgl. LR/Stuckenberg § 209, 13 m.w.N. Vgl. LR/Stuckenberg § 209, 13; § 209a, 22 ff. BGHSt 18 173. OLG Stuttgart Justiz 1978 175 lässt dies offen, neigt aber zur Annahme einer vorrangigen Spezialvorschrift. BGHSt 30 260; BayObLGSt 1980 46 = NJW 1980 2090; ferner die Kommentare zu § 47a JGG; vgl. auch § 209a. RGSt 16 39, 41; Meyer-Goßner 3; Eb. Schmidt 3. RGSt 44 392, 395; 62 265, 271; RGRspr. 7 (1885) 641; BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 297; OLG Karlsruhe NStZ 1987 375; MeyerGoßner 3; vgl. LR/Stuckenberg § 270, 37 m.w.N. RGSt 62 265, 271; vgl. LR/Stuckenberg § 270, 35 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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b) § 269 wirkt auch nach der Trennung verbundener Verfahren fort.31 Es entspricht 10 dem Regelungszweck besser, wenn die abgetrennte Sache nicht automatisch an das an sich für sie zuständige niedere Gericht zurückfällt.32 c) Bei mehrfacher Rechtshängigkeit33 hindert § 269 die Bereinigung der Verfahrens- 11 lage auch dann nicht, wenn das Verfahren vor dem Gericht niederer Ordnung durchzuführen ist,34 denn dessen Zuständigkeit besteht ohnehin, wird also nicht erst neu begründet. § 269 gibt dem höheren Gericht nicht die Befugnis, sich in solchen Fällen für zuständig zu erklären.35 Ob es sein Verfahren einstellen muss, richtet sich allein nach den für die Bereinigung einer mehrfachen Rechtshängigkeit entwickelten Grundsätzen.36 Nach diesen ist zu entscheiden, ob dem höheren Gericht der Vorrang gebührt, etwa, weil die Sache zuerst bei ihm anhängig geworden ist oder weil ihm die umfassendere, die Sache erschöpfende Aburteilung möglich ist. 5. Ausnahmen a) Eine Ausnahme von der Bindung des höheren Gerichts durch § 269 greift Platz, 12 wenn diese mit vorrangigem Recht unvereinbar ist, so, wenn dessen Befassung gegen das Verbot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstößt, weil der Angeklagte dadurch (zumindest objektiv) willkürlich seinem gesetzlichen Richter entzogen würde.37 Das Gericht höherer Ordnung kann in diesem Fall nicht durch § 269 zu einem ebenfalls zuständigen gesetzlichen Richter werden. Es ist dann nicht gehindert, das Verfahren an ein nach § 6 sachlich zuständiges Gericht niedrigerer Ordnung abzugeben. Dies gilt vor allem, wenn das Gericht durch einen gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßenden Verweisungsbeschluss nach § 270 mit der Sache befasst wird. Nimmt man mit der zumindest früher vorherrschenden Meinung an, dass der gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßende Befassungsakt überhaupt nichtig ist,38 ist die Sache ohnehin bei dem vorlegenden niederem Gericht anhängig geblieben und das höhere Gericht kann sie an dieses zurückleiten. Verneint man aus guten Gründen die Nichtigkeit, ist zwar die Sache durch den Vorlagebeschluss wirksam beim Gericht höherer Ordnung anhängig geworden (Transportwirkung), die bindende Wirkung des § 269 entfällt aber wegen der sonst eintretenden Perpe-
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BGHSt 47 116, 118 m.w.N.; OLG Hamburg MDR 1970 523; OLG Stuttgart NStZ 1995 248 mit Anm. Meyer-Goßner NStZ 1996 51; AK/Wassermann 4; Graf/Peglau 4; KK/Engelhardt 5; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 7; SK/Frister 3; Mutzbauer NStZ 1995 214; Eb. Schmidt § 4, 11; anders aber § 269, 4; a.A. LR/Wendisch 25 § 2, 50; § 4, 9; SK/Rudolphi § 2, 17. HK/Julius 4, 6 bezweifelt, ob § 269 der Abgabe an ein niedrigeres Gericht entgegensteht, wenn alle Beteiligten einverstanden sind und dadurch keine Verzögerung zu erwarten ist. Vgl. die Rechtsprechung zu § 47a JGG sowie Fn. 24. LR/Kühne Einl. K 57, 119; LR/Erb § 12, 1 ff., 11 ff.
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BGHSt 22 232, 235; KK/Engelhardt 6; KMR/Voll 7; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 7. BGHSt 37 15, 20; 38 172, 176; BGH wistra 1998 312; Graf/Peglau 5; Meyer-Goßner 1, 4; SK/Frister 7. Vgl. LR/Erb § 12, 3 ff., ferner etwa BGHSt 36 175; OLG Stuttgart Justiz 1982 304. H.M., etwa BGHSt 38 172; 38 212; 40 120, 122; 42 205; 45 58; 46 238, 241; BGH GA 1970 240; NJW 1993 1607, 1608 sowie die Nachw. in Fn. 40. Etwa BGHSt 29 216, 219; HK/Julius § 270, 9; KK/Engelhardt § 270, 26; dazu Gollwitzer FS Rieß 135, 139 ff.; w. Nachw. auch bei LR/Stuckenberg § 270, 37; zur Problematik der Nichtigkeit allgemein LR/Kühne Einl. K 105 ff., 112 ff.
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tuierung des Verfassungsverstoßes.39 Die Annahme, dass die Herbeiführung der sachlichen Zuständigkeit willkürlich und deshalb wegen des Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht bindend sei, ist aber nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Dann genügt es, wenn objektive Kriterien belegen, dass sie nur auf sachfremden oder völlig unhaltbaren Erwägungen beruhen kann, weil sie sich soweit von jeder denkbaren Rechtsanwendung entfernt hat, dass sie unter keinem Gesichtspunkt mehr vertretbar erscheint.40 Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen.41 Dafür reicht für sich allein nicht aus, dass die Befassung des höheren Gerichts fehlerhaft war, etwa weil ihr ein fehlerhaftes oder unzulängliches Verfahren vorausging, dass sie auf einem Versehen oder auf einer unzutreffenden, vom höheren Gericht abgelehnten Rechtsauffassung beruhte.42
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b) § 269 ist ebenfalls nicht anwendbar, wenn die Aufrechterhaltung der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern vorgeht.43 Nimmt ein Oberlandesgericht nach Anklageerhebung durch den Generalbundesanwalt seine erstinstanzliche Zuständigkeit gem. § 120 Abs. 1 oder 2 GVG an, so wird es im Wege der Organleihe für den Bund tätig und übt Bundesgerichtsbarkeit aus (§ 120 Abs. 6 GVG). In der irrigen Bejahung der Zuständigkeit liegt daher auch ein Eingriff in die zwingende, durch §§ 24, 74, 74a, 120 GVG ausgeformte Kompetenzverteilung zwischen Bundes- und Landesjustiz, der nicht aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und Prozessökonomie, denen § 269 dient (Rn. 1), hingenommen werden kann. Zudem schließt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, das Bundesjustiz ausübt, die Zuständigkeit der ihm ansonsten als Landesgerichte nachgeordneten Amts- und Landgerichte hier nicht ein. Insoweit ist es als Gericht anderer und nicht höherer Ordnung anzusehen.44
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6. Die Revision kann grundsätzlich weder nach § 337 noch unter dem Gesichtspunkt des § 338 Nr. 4 rügen, dass ein Gericht niederer Ordnung zuständig gewesen wäre.45
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BGHSt 45 58; BGH NStZ 2009 579, 580; OLG Bamberg NStZ-RR 2005 377; MeyerGoßner § 270, 20; SK/Frister § 270, 28; vgl. Rn. 5 und LR/Stuckenberg § 270, 37. BVerfGE 58 167; 71 205; 89 1, 13; BVerfG NJW 1995 125; 2001 1125; 2001 1200; BGHSt 42 205; 45 58; BGH GA 1970 240; NJW 1993 1607; NStZ 1999 578; StV 1995 620; 1999 585; ferner Fn. 41; kritisch dazu Weidemann wistra 2000 45 (hinter der Formel von der objektiven Willkür verberge sich die Abgrenzung nach der nicht näher definierten Intensität des Normenverstoßes). Zur Einschränkung des § 269 durch das Willkürverbot ferner AK/Wassermann 5; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 9; KMR/Voll 7; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 1, 8; s.a. Gollwitzer FS Rieß 135, 144 ff. Vgl. etwa OLG Bremen NStZ-RR 1998 53; OLG Karlsruhe StV 1998 252, ferner etwa BGHSt 42 205; BGH StV 1998 1. In dem Bestreben, Zuständigkeitsfehler zu korrigieren und Tendenzen zur Verweisung entgegenzuwirken, werden mitunter unterschiedlich
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strenge Anforderungen an die Bejahung eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestellt, vgl. etwa OLG Düsseldorf NStZ 1986 426; NStZ-RR 1996 41; StV 1993 254; JMBlNW 1996 47; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 42; 1996 338; OLG Hamm MDR 1993 1002; StV 1996 300; OLG Karlsruhe NStZ 1990 100; OLG Koblenz StV 1996 588; OLG Köln StV 1996 298; OLG Oldenburg MDR 1994 1139; OLG Zweibrücken MDR 1992 178; NStZ-RR 1998 280; LG Dessau StraFo 2006 332; LG Köln StV 1996 591; LG Berlin StV 1996 16; LG Bremen StV 1992 523. Vgl. etwa BGHSt 29 216, 219; BGH bei Kusch NStZ 1992 29; OLG Düsseldorf MDR 1993 459; OLG Karlsruhe MDR 1980 599; StV 1998 253; OLG Stuttgart Justiz 1983 164; 1999 403. BGHSt 46 238, 241 ff., 245 f.; SK/Frister 9. BGHSt 46 238, 245 f. BGHSt 9 368; 21 358; 38 172, 176; 38 202; 43 53; 47 116, 119; BGH GA 1963 100; NStZ 2009 279; bei Pfeiffer NStZ 1981 297;
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 269
Etwas anderes gilt nur dann, wenn § 269 nicht greift. So muss das Revisionsgericht zum einen von Amts wegen46 prüfen, ob ein Oberlandesgericht seine erstinstanzliche Zuständigkeit im Wege der Organleihe irrig angenommen hat, wobei es hier auf Willkür nicht ankommt. Zum anderen ist die Revision begründet, wenn der Angeklagte objektiv willkürlich, also aus sachfremden, nicht mehr verständlichen und offensichtlich unhaltbaren Erwägungen47 seinem gesetzlichen Richter entzogen wurde.48 Ob Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt ist, so dass § 6 wieder gilt, ist vom Revisionsgericht, da es sich um ein Verfahrenshindernis handelt, von Amts wegen zu beachten49 und führt zur Verweisung50 an das zuständige Gericht. Die Sonderfrage, ob das Revisionsgericht auch von Amts wegen beachten muss, wenn das Berufungsgericht unbeanstandet ließ, dass statt des Strafrichters das Schöffengericht entschieden hat, wurde von BGHSt 42 205 dahin entschieden, dass der Verstoß gegen § 328 Abs. 2 nur bei ordnungsgemäß erhobener Verfahrensrüge zu prüfen ist.51 Dem ist zu widersprechen, weil sonst auch der Verstoß gegen § 328 Abs. 2 in umgekehrter Weise – das Berufungsgericht verweist eine irrig von einem Gericht niederer Ordnung entschiedene Sache nicht an das zuständige höherrangige Gericht zurück – nur auf Rüge zu beachten wäre, was der BGH zu Recht verneint.52
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OLG Brandenburg OLG-NL 2006 166; Graf/Peglau 11; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 10; KMR/Voll 9; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 11; Gössel § 16 C IIg; vgl. LR/Franke § 338, 70 m.w.N. BGHSt 46 238, 245. Zum Begriff der Willkür vgl. etwa BVerfG 9 223, 230; 29 49; 207; 58 167; 71 205; 89 1, 13; BayVerfGHE 15 15 = NJW 1962 790; BayVerfGHE 24 111; NJW 1985 2894; BGHSt 25 71; ferner Rn. 12 und LR/Franke § 338, 10 m.w.N. Etwa BGHSt 38 172; 38 212; 47 116, 120; BGH GA 1970 25; NStZ 2009 579; OLG Brandenburg OLG-NL 2006 166; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2000 48 f.; vgl. Rn. 12 m.w.N. So (für willkürliche Anklage zum LG statt zum AG): BGHSt 38 172, 176; 38 212; 40 120; 44 34, 36; 45 58, 59; BGH NStZ 1992 397; StV 1995 620; 1999 585; OLG Düsseldorf NStZ 1990 292; 1996 206 mit Anm. Bachem (Sprungrevision); OLG Hamm StV 1995 182; 1996 300; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1992 201; ebenso für willkürliche Anklage zum OLG: BGHSt 46 238, 241; Welp NStZ 2002 1; zustimmend Graf/Peglau 11; KK/Kuckein § 338, 66; KMR/Voll 9;
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LR/Siolek § 24, 30 ff. GVG; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 13; Rieß NStZ 1992 549; a.M. (obiter, unter Berufung auf BGH GSSt 18 79) der 1. und 5. Strafsenat: BGHSt 43 53 mit abl. Anm. Bernsmann JZ 1998 627 und krit. Anm. Renzikowski JR 1999 164; BGH NJW 1993 1607; 1997 2689; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 10; Kalf NJW 1997 1489; Wolff JR 2006 232, 236. BGHSt 40 120 mit Anm. Sowada JR 1995 255 und abl. Anm. Engelhardt JZ 1995 262; BGHSt 45 58, 59 mit Anm. Bernsmann JZ 2000 213; BGHSt 46 238, 245; Graf/Peglau 11. Ebenso, wenn das AG statt des zuständigen LG entschieden hat, OLG Brandenburg NStZ 2001 611 mit zust. Anm. Meyer-Goßner; LR/Siolek § 24, 38 GVG. BGHSt 42 205 = JR 1997 430 mit Anm. Gollwitzer auf Vorlage von OLG Celle NdsRpfl. 1995 293; KMR/Voll 9; wie hier a.A. (Beachtung von Amts wegen) etwa OLG Düsseldorf JMBlNW 1996 47 f.; OLG Hamm StV 1995 182; OLG Oldenburg NStZ 1994 449; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 16; vgl. Rieß FS BGH 809, 834 f.; Neuhaus StV 1995 212. BGH NStZ 2000 387 f.; OLG Brandenburg NStZ 2001 611 mit Anm. Meyer-Goßner.
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§ 270
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 270 (1) 1 Hält ein Gericht nach Beginn einer Hauptverhandlung die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung für begründet, so verweist es die Sache durch Beschluß an das zuständige Gericht; § 209a Nr. 2 Buchstabe a gilt entsprechend. 2 Ebenso ist zu verfahren, wenn das Gericht einen rechtzeitig geltend gemachten Einwand des Angeklagten nach § 6a für begründet hält. (2) In dem Beschluß bezeichnet das Gericht den Angeklagten und die Tat gemäß § 200 Abs. 1 Satz 1. (3) 1 Der Beschluß hat die Wirkung eines das Hauptverfahren eröffnenden Beschlusses. 2 Seine Anfechtbarkeit bestimmt sich nach § 210. (4) 1 Ist der Verweisungsbeschluß von einem Strafrichter oder einem Schöffengericht ergangen, so kann der Angeklagte innerhalb einer bei der Bekanntmachung des Beschlusses zu bestimmenden Frist die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung beantragen. 2 Über den Antrag entscheidet der Vorsitzende des Gerichts, an das die Sache verwiesen worden ist.
Schrifttum Behl Verweisungsbeschluß gemäß § 270 StPO und fehlende örtliche Zuständigkeit des höheren Gerichts, DRiZ 1980 182; Deisberg/Hohendorf Verweisung an erweitertes Schöffengericht, DRiZ 1984 261; Glaser Aktuelle Probleme im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit der Strafgerichte, insbesondere die Folgen fehlerhafter Verweisungsbeschlüsse (2002); Gollwitzer Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses nach § 270 StPO, FS Rieß 135; Grünwald Die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte und die Garantie des gesetzlichen Richters, JuS 1968 452; Hegmann Zuständigkeitsänderung im strafgerichtlichen Berufungsverfahren, NStZ 2000 574; Kalf Die willkürliche Zuständigkeitsbestimmung des Schöffengerichts, NJW 1997 1489; Meyer-Goßner Die Prüfung der funktionellen Zuständigkeit im Strafverfahren, insbesondere beim Landgericht, JR 1977 353; ders. Die Behandlung von Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen allgemeiner und Spezialstrafkammer beim Landgericht, NStZ 1981 168; Michel Aus der Praxis. Der unwirksame Verweisungsbeschluß, JuS 1993 766; Müller Zum negativen Kompetenzkonflikt zwischen zwei Gerichtsabteilungen, DRiZ 1978 14; Neuhaus Die Revisibilität der sachlichen Zuständigkeit des Schöffengerichtes im Verhältnis zu der des Strafrichters (§ 25 Nr. 2 GVG), StV 1995 212; Odersky Der Wechsel zwischen Kartellbußgeldverfahren und Strafverfahren, FS Salger 357; Rieß Die Bestimmung und Prüfung der sachlichen Zuständigkeit und verwandter Erscheinungen im Strafverfahren, GA 1976 1; H. Schäfer Willkürliche oder objektiv willkürliche Entziehung des gesetzlichen Richters bei Verkennung der sachlichen Zuständigkeit in Strafsachen, DRiZ 1997 168; Traut Der Umfang der Beweisaufnahme im Falle der Unzuständigkeitserklärung des § 270 der Strafprozeßordnung, GS 59 (1901) 193; Weidemann Zur Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses nach § 270 StPO, wistra 2000 45. Weitere Nachweise bei §§ 6a, 209.
Entstehungsgeschichte. Die geltende Fassung beruht auf Art. 3 Nr. 123 VereinhG, das den Absatz 2 einfügte und im übrigen der Vorschrift zum Teil eine andere Fassung gab, ohne damit sachliche Änderungen zu verbinden. Die Absätze 2 und 3 wurden durch Art. 7 Nr. 13 StPÄG 1964 an die geänderten §§ 200, 207 angeglichen. Art. 1 Nr. 78 des 1. StVRG hat in Absatz 4 Satz 1 „Amtsrichter“ durch „Strafrichter“ ersetzt und einen die Voruntersuchung ansprechenden Halbsatz gestrichen. Art. 1 Nr. 23 StVÄG 1979 hat den bisherigen Absatz 1 Satz 1 neu gefasst; er wurde um einen Halbsatz erweitert. Ferner wurde Satz 2 eingefügt. Die Neuregelung ist Teil einer Gesamtlösung, mit der dieses Gesetz die Abgabe eines Verfahrens wegen Fehlens
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 270
der sachlichen Zuständigkeit bzw. wegen der gesetzlich festgelegten Zuständigkeit eines Spezialspruchkörpers und das dabei zu beachtende Verfahren nach dem Vorrangprinzip geordnet hat.
Übersicht Rn. I. Zweck und Anwendungsbereich 1. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich a) Nach Beginn der Hauptverhandlung b) Geschäftsordnungsmäßige Aufteilung c) Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . d) Besondere Verfahrensarten . . . . . e) In der Berufungsinstanz . . . . . . II. Verweisung an ein Gericht höherer Ordnung 1. Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Verweisung a) Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . b) Anlass . . . . . . . . . . . . . . c) Grenzen der Kognitionsbefugnis . 3. Die einzelnen Fallgruppen der Verweisung a) Korrigierende Verweisung . . . . b) Änderung des Tatverdachts . . . c) Unzureichende Strafgewalt . . . . d) Zuständigkeit eines Jugendgerichts e) Zuständigkeit einer besonderen Strafkammer . . . . . . . . . . .
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III. Verweisungsbeschluss 1. Verweisung von Amts wegen . . . . . 2. Anhörung der Verfahrensbeteiligten . 3. Inhalt des Verweisungsbeschlusses . . 4. Bekanntgabe . . . . . . . . . . . . .
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Rn. 5. Vervollständigung eines mangelhaften Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . 6. Sachentscheidung neben Verweisungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . 7. Fortdauer der Untersuchungshaft . . . IV. Wirkung der Verweisung 1. Änderung des Eröffnungsbeschlusses 2. Übergang des Verfahrens . . . . . . 3. Bindung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Dasselbe Hauptverfahren . . . . . .
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. . . .
32 33 35 39
V. Einzelne Beweiserhebungen (Absatz 4) 1. Bei Verweisung durch Strafrichter und Schöffengericht . . . . . . . . . . . . 2. Fristbestimmung . . . . . . . . . . . 3. Entscheidung . . . . . . . . . . . . .
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VI. Rechtsbehelfe 1. Beschwerde a) Verweisungsbeschluss . . . . . . . b) Ablehnung der Verweisung . . . . c) Irrige Anwendung des § 270 . . . . d) Frist nach Absatz 4; Beweiserhebung50 2. Revision a) Verweisung . . . . . . . . . . . . b) Unterlassen der Verweisung . . . . c) Absatz 4 . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtskraft . . . . . . . . . . . .
45 47 49
51 55 56 57
Alphabetische Übersicht Abgabe zwischen gleichrangigen Gerichten 35 f. Ablehnung der Verweisung 26 Angeklagter, Befugnisse 40 ff., 44, 48 Anhörung der Verfahrensbeteiligten 24 Anklagesatz, neu formulierter 25 Anrufung des Gerichts (§ 238 Abs. 2) 50 Aufklärungspflicht 10, 16, 56 Augenschein 44 Ausgeschiedene Tatteile nach § 154a 34 Aussetzung 50, 56 Berufungsinstanz 6 Beschleunigtes Verfahren 5 Beschleunigungsgebot 1, 30 Beschwer des Angeklagten 7, 53 Beschwerde 27, 45 ff. Beweisaufnahme 9 Beweiserhebung, einzelne 40 ff., 50 Beweiserhebungsantrag 44, 50, 56 Beweismittel, präsente 9
Einstellung des Verfahrens nach § 154 34 Einwand nach § 6a 6, 9, 21 ff., 36, 55 Eröffnungsbeschluss 8, 32, 39 Frist für Antrag auf Beweiserhebung 42 ff., 56 Gemeinsames oberes Gericht 38 Gericht höherer Ordnung 1, 7, 9, 11, 13 ff., 30, 34 f., 52 f. Geschäftsverteilungsplan 3, 36 Gesetzlicher Richter 37, 52 f. Grenzen der Kognitionsbefugnis 13 ff. Hauptverfahren, einheitliches 39 Hauptverhandlung, Beginn 2, 9 – Unterbrechung 2 – Wiederholung 39 Jugendgericht 1 f., 7, 9, 20, 35 f., 55 Jugendschutzkammer 20 Kartellsenat 5 Klarstellung der Verfahrenslage 23 Konzentration von Strafsachen 4
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§ 270
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Maßregel der Besserung und Sicherung 19 Mitangeklagter 22, 55 f. Nachtragsanklage 17 Nebenentscheidungen, eilbedürftige 31, 33 Nichtigkeit der Verweisung 37, 52 Örtliche Zuständigkeit 4, 49 Privatklageverfahren 5 Prozesswirtschaftlichkeit 1, 14 f., 31, 37 Prüfung von Amts wegen 3, 23, 52, 55 Prüfungsspielraum 12 Revision 51 ff. Richter, beauftragter, ersuchter 44 Sachliche Zuständigkeit 1, 7 ff., 16 ff., 30, 52, 57 Spezialstrafkammer 1, 6 f., 9, 21 ff., 35, 55 Staatsanwaltschaft 46 ff. Staatsschutzstrafsachen 12 Strafbann 8, 19 ff., 25 Tat im Sinne des § 264 8, 10, 29, 34 Tatverdacht, hinreichender 10 ff., 13 ff., 16 ff. Teilverweisung 29 Transportwirkung 33, 37, 52
Trennung des Verfahrens 30 Übergang des Verfahrens 33 Untersuchungshaft, Fortdauer 31 Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunktes 39 Verbrauch der Strafklage 57 Verfahrensrüge 52, 55 Verfahrensvoraussetzungen 3, 10, 18, 52 Verteidiger 40 ff. Verweisung, korrigierende 9, 16 – unterlassene 55 Verweisungsbeschluss 23 ff., 45 – Bekanntgabe 27 – Bindungswirkung 1, 35, 37 f., 52 f. – fehlerhafter 28, 37 f., 52 ff. Vorsitzender 3, 28, 42 ff., 50 Wahrunterstellung 44 Weiterverweisung 36 f., 53 Willkür 19, 37, 52 Zeuge 39 Zurückverweisung 37 Zuständigkeitsstreit 1, 38
I. Zweck und Anwendungsbereich 1
1. Zweck. § 270 soll – ebenso wie §§ 225a, 269 – dem Gericht einen Weg eröffnen, der es erlaubt, Veränderungen der sachlichen Zuständigkeit prozesswirtschaftlich Rechnung zu tragen. Dies ist notwendig, da das Gericht nach § 6 seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens prüfen muss und der Fortgang des Verfahrens – aber auch eine gewandelte Rechtsauffassung – noch während der Hauptverhandlung zu einer abweichenden Beurteilung führen kann.1 Ergibt sich dabei die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung, soll dem Angeklagten die Rechtsgarantie des Verfahrens vor dem höheren Gericht gewährt,2 gleichzeitig aber die Umständlichkeit einer Verfahrenseinstellung samt Neuanklage vermieden werden. Die Bindungswirkung der Verweisung soll verfahrensverzögernde Zuständigkeitsstreitigkeiten ausschließen.3 Die gleichen prozesswirtschaftlichen Zwecke veranlassten das StVÄG 1979 zur Ausdehnung des Anwendungsbereiches dieser bisher nur die Verweisung an ein sachlich zuständiges höheres Gericht regelnden Vorschrift auf die Abgabe an die Jugendgerichte und an die besonderen Strafkammern.4 2. Anwendungsbereich
2
a) § 270 greift nur ein, wenn nach Beginn der Hauptverhandlung das Verfahren an ein sachlich zuständiges Gericht höherer Ordnung, an ein Jugendgericht oder – beim Einwand nach § 6a – an eine besondere Strafkammer verwiesen werden muss. Beginn der Hauptverhandlung ist der Aufruf der Sache im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz 1. Gegenüber
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Vgl. Rieß GA 1976 1, 14 ff. KK/Engelhardt 1; KMR/Voll 1; Eb. Schmidt Nachtr. I 1; vgl. Rn. 7. Der Gesetzgeber hat dabei die „Irregularität“ der bindenden Feststellung der Zuständigkeit eines höheren Gerichts durch das nieder-
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rangige in Kauf genommen, Rieß GA 1976 1, 16; vgl. Rn. 15. Zur Übernahme des Vorrangprinzips vgl. LR/Stuckenberg § 209a, 1; LR/Jäger § 225a, 2; Katholnigg NJW 1978 2375; Rieß NJW 1978 2267.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 270
der früheren Fassung, die vom „Ergebnis der Hauptverhandlung“ sprach, wird damit klargestellt, dass die Verweisung schon alsbald nach Beginn der Hauptverhandlung zulässig ist, sofern schon dann ihre Voraussetzungen5 gegeben sind. Vor Beginn der Hauptverhandlung muss das Gericht nach § 225a verfahren. Gleiches gilt, wenn die Hauptverhandlung ausgesetzt wurde, bis zum Beginn der neuen Hauptverhandlung.6 Während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung ist § 270 und nicht § 225a anwendbar. b) Geschäftsordnungsmäßige Aufteilung. § 270 greift nicht ein, wenn die Sache an 3 einen gleichartigen und gleichrangigen Spruchkörper desselben Gerichts abgegeben werden muss, weil dieser nach dem Geschäftsverteilungsplan dafür zuständig ist. Die geschäftsordnungsmäßige Aufteilung der Sachen zwischen gleichartigen Spruchkörpern eines Gerichts (§ 21e GVG) betrifft keine Verfahrensvoraussetzung. Erkennt ein Spruchkörper, dass er nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht zur Aburteilung berufen ist, so kann er formlos die Sache dem zuständigen gleichartigen Spruchkörper zuleiten.7 Vor der Hauptverhandlung kann dies auch der Vorsitzende. Zuständigkeitsstreitigkeiten, die sich aus der Auslegung des Geschäftsverteilungsplanes ergeben, entscheidet nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplanes das Präsidium.8 c) Die örtliche Zuständigkeit wird vorausgesetzt. § 270 ist im Falle örtlicher Unzu- 4 ständigkeit auch nicht entsprechend anwendbar.9 Eine fehlende örtliche Zuständigkeit muss der Angeklagte nach § 16 rechtzeitig geltend machen.10 Die Konzentration bestimmter Strafsachen bei einem für mehrere Gerichtsbezirke zuständigen Gericht11 wird der Regelung der örtlichen Zuständigkeit zugerechnet.12 d) Besondere Verfahrensarten. Im beschleunigten Verfahren nach §§ 417 ff. ist die 5 Sonderregelung des § 419 anzuwenden.13 Im Privatklageverfahren gilt nicht § 270, sondern § 389.14 Analog § 270 soll der Kartellsenat des Oberlandesgerichts an das Amtsoder Landgericht verweisen, um die Ahndung einer Straftat zu ermöglichen.15 e) In der Berufungsinstanz ist § 270 nur anwendbar (§ 332), soweit nicht die Sonder- 6 regelung in § 328 Abs. 2 Platz greift.16 § 270 ist anzuwenden, wenn die Entscheidung
5 6 7 8
9
10
11
Dazu Rn. 8 ff., 16 ff. Vgl. LR/Jäger § 225a, 4. BGH NJW 1977 1070 (ausdrücklicher Beschluss zweckmäßig). KMR/Voll 3. Wegen der Einzelheiten vgl. LR/Erb Vor § 1, 1 ff., 4; LR/Stuckenberg § 209, 10 m.w.N.; ferner bei § 21e GVG. OLG Braunschweig GA 1962 284; OLG Hamm NJW 1961 232; JMBlNW 1969 66; KK/Engelhardt 4; KMR/Voll 3; Meyer-Goßner 3; Eb. Schmidt 3; vgl. LR/Erb § 16, 10. Vgl. LR/Erb § 16, 9 ff. Zur Verbindung der Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit mit der Verweisung nach § 270 vgl. KK/Engelhardt 6; SK/Frister 13. Etwa § 58 GVG; § 391 AO; § 38 AWG; § 38 MOG; § 13 WiStG.
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Vgl. LR/Erb Vor § 7, 13 f.; LR/Stuckenberg § 209, 15 m.w.N. Meyer-Goßner 3. Herrmann DJZ 1908 809; vgl. LR/Hilger § 389, 20. BGHSt 39 202, 207; SK/Frister 13; krit. HK/Julius § 270, 2; s.a. Odersky FS Salger 357 m.w.N.; anders Rieß NStZ 1993 513, 514 ff. (§ 209 anwenden); dazu Bauer wistra 1994 132 (Verfahrenseinstellung); abl. Göhler wistra 1994 17, 18; dagegen WrageMolkenthin/Bauer wistra 1994 83. So, wenn sich bereits das Gericht der ersten Instanz zu Unrecht für zuständig gehalten hatte, vgl. BayObLG JR 1978 474 mit Anm. Gollwitzer; OLG Karlsruhe NStZ 1985 423 mit Anm. Seebode = JR 1985 521 mit Anm.
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§ 270
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
über die Berufung zwischen den allgemeinen Strafkammern und den Wirtschaftsstrafkammern aufgeteilt ist, ohne dass dem eine entsprechende Zuständigkeitsaufteilung in der ersten Instanz vorangegangen ist.17 Hier muss der Angeklagte die Befugnis haben, den erstmals in der Berufungsinstanz möglichen Antrag nach § 6a bis zu seiner Vernehmung zur Sache zu stellen und damit das Verfahren nach § 270 Abs. 1 Satz 2 auszulösen.18
II. Verweisung an ein Gericht höherer Ordnung 7
1. Sachliche Zuständigkeit. Wie § 269 betrifft auch § 270 die sachliche Zuständigkeit im engeren Sinn19 und die ihr insoweit gleichgestellte Vorrangregelung zugunsten der Jugendgerichte und besonderen Strafkammern. Während aber im Falle des § 269 das mit der Sache befasste, sachlich an sich unzuständige höhere Gericht das Verfahren in diesem Rechtszug durch Sachurteil abschließen darf, muss im Falle des § 270 das sachlich unzuständige Gericht die Sache an das sachlich zuständige Gericht höherer Ordnung verweisen. Die Gerichte der höheren Ordnung werden vom Gesetz zugleich als Gerichte mit höherer Rechtsgarantie angesehen. Dies hat zur Folge, dass der Angeklagte, der durch ein Gericht höherer Ordnung abgeurteilt wird, obwohl ein Gericht einer niederen Ordnung dazu ausgereicht hätte, dadurch keinen Rechtsnachteil erleidet, während umgekehrt der Angeklagte als benachteiligt angesehen wird, wenn er, obwohl seine Sache vor ein Gericht höherer Ordnung gehört hätte, es hinnehmen musste, von dem Gericht niederer Ordnung und damit von einem Gericht mit geringeren Rechtsgarantien abgeurteilt zu werden.20 2. Voraussetzungen der Verweisung
8
a) Zeitpunkt. Die Verweisung an ein Gericht höherer Ordnung21 wird notwendig, wenn sich in der Hauptverhandlung herausstellt, dass das mit der Sache befasste Gericht zur Aburteilung des angeklagten historischen Vorgangs (der Tat im Sinne des § 264) sachlich nicht zuständig ist. Die sachliche Zuständigkeit eines höheren Gerichts ist nach § 6 von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu beachten. Das Gericht bleibt jedoch
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Meyer; OLG Koblenz GA 1977 374; MeyerGoßner NStZ 1981 168, 171; w. N. bei § 328. OLG Düsseldorf JR 1982 514 mit zust. Anm. Rieß; Meyer-Goßner NStZ 1981 168, 173; Rieß JR 1980 79; KK/Engelhardt 2 (analoge Anwendung des § 270); KMR/Voll 5; MeyerGoßner § 6a, 14; SK/Frister 21; vgl. LR/Erb § 6a, 21 ff.; a.A. (Zuständigkeitsbestimmung nach §§ 14, 19) OLG München NStZ 1980 77 mit abl. Anm. Rieß. § 6a ist analog anwendbar (LR/Erb § 6a, 21 m.w.N.); Meyer-Goßner NStZ 1981 168, 172; Rieß JR 1980 80; ders. JR 1982 515, auch zur strittigen Frage, ob die Prüfung von Amts wegen mit Beginn des Vortrags des Berichterstatters oder erst mit Abschluss der
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19 20 21
Berichterstattung endet (analog zum Eröffnungsbeschluss der ersten Instanz); dazu LR/Erb § 6a, 22 ff. Zur Frage, ob nach Ablauf der Frist für den Einwand das Berufungsgericht als erstinstanzliche Strafkammer auch dann zu entscheiden hat, wenn eine Sonderstrafkammer zuständig ist, vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1985 423 mit zust. Anm. Seebode = JR 1985 521 mit abl. Anm. Meyer; ferner bei § 328. RGSt 42 265. Vgl. bei LR/Stuckenberg § 269, 1; krit. HK/Julius 1. Zur Stufenfolge der Gerichtsverfassung vgl. LR/Stuckenberg § 209, 12 ff.; § 209a, 9 ff.; § 269, 6 ff.
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insoweit durch den Eröffnungsbeschluss gebunden, als dieser bestimmte normative Merkmale (Fälle besonderer oder minderer Bedeutung) bejaht oder verneint hat.22 Die Verweisung ist bereits zulässig und geboten, wenn mit genügender Sicherheit erkennbar geworden ist, dass eine Sachentscheidung erforderlich wird, die in die sachliche Zuständigkeit des höheren Gerichts fällt; sei es, dass die eigene Kompetenz von vornherein im Eröffnungsbeschluss zu Unrecht angenommen worden ist (Rn. 16), sei es, dass später zu Tage getretene Umstände eine Würdigung der Tat unter Gesichtspunkten fordern, für die das Gericht nicht zuständig ist, sei es, dass die Hauptverhandlung einen Sachhergang ergeben hat, zu dessen Ahndung das Gericht seinen Strafbann als nicht ausreichend erachtet. Die Verweisung setzt die hinreichende Klärung der für sie maßgebenden Umstände,23 9 nicht aber die Durchführung der gesamten Hauptverhandlung oder den Abschluss der Beweisaufnahme voraus,24 selbst präsente Beweismittel (§ 245) braucht das Gericht nicht vorher auszuschöpfen.25 Vor allem bei der „korrigierenden Verweisung“, bei der sich die Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung bereits aus dem angeklagten Sachverhalt ergibt, kann die Verweisung alsbald nach Verlesen des Anklagesatzes26 ausgesprochen werden.27 Es ist nicht einmal notwendig, den Angeklagten vorher gemäß § 243 Abs. 5 zur Sache zu hören.28 Da eine solche „korrigierende Verweisung“ bereits auf Grund des § 225a vor Beginn der Hauptverhandlung möglich ist, werden die Fälle, in denen sie sofort nach Beginn der Hauptverhandlung notwendig wird, selten sein. Denkbar ist aber, dass die Zuständigkeit des Jugendgerichts sehr schnell erkennbar wird (z.B. anderes Alter) und vor allem, dass der Angeklagte gleich zu Beginn der Hauptverhandlung den Einwand der Zuständigkeit einer besonderen Strafkammer nach § 6a erhebt. b) Anlass. Die Verweisung setzt – ebenso wie der Eröffnungsbeschluss, den sie zu- 10 mindest hinsichtlich der Zuständigkeit verändert – voraus, dass der Angeklagte hinreichend verdächtig ist, durch die angeklagte Tat (im Sinne des § 264) eine in die Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung fallende Straftat begangen zu haben.29 Ein hinreichender Verdacht ist ebenso wie bei § 203 nur gegeben, wenn die Verurteilung wegen des neu hervorgetretenen Vorwurfs mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Ob diese Wahrscheinlichkeit besteht, hat das Gericht nach den gleichen Maßstäben zu prüfen wie bei § 203.30 Es muss also nicht nur erwägen, ob die äußere und innere Tatseite mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisbar ist, sondern es muss auch das Vorliegen von Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs- oder Strafausschließungsgründen sowie von Verfahrenshindernissen berücksichtigen.31 Soweit dies offen ist, muss es dies durch Erhebung der dafür verfügbaren Beweise vor der Verweisung zu klären versuchen. 22 23 24 25 26 27
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Vgl. etwa Rieß GA 1976 1, 11; Rn. 22; ferner bei §§ 24, 120 GVG m.w.N. Vgl. Rn. 10 ff., 16 ff. So schon zur früheren Fassung RGSt 8 251; 9 327; 41 408; 64 179. Meyer-Goßner 8; SK/Frister 5. KMR/Voll 10; SK/Frister 5, 7; vgl. Rn. 16. OLG Düsseldorf NStZ 1986 426; HK/Julius 3; KK/Engelhardt 10; Meyer-Goßner 8; vgl. Rn. 8; ferner die Begründung zur Neufassung des Absatzes 1 BTDrucks. 8 976 S. 57. KMR/Voll 10; Meyer-Goßner 8; Eb. Schmidt Nachtr. I 8.
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Motive zu § 229 Entw. (Hahn 213); RGSt 64 179, 180; RG GA 50 (1903) 284; 69 (1925) 94; RG HRR 1937 Nr. 70; BGHSt 29 216, 219; 29 341, 344; 45 26, 33 f.; BGH bei Dallinger MDR 1972 18; Graf/Peglau 3; KK/Engelhardt 7; KMR/Voll 14; MeyerGoßner 9; SK/Frister 5, 7; Eb. Schmidt Nachtr. I 10. Vgl. LR/Stuckenberg § 203, 6 ff. OLG Celle NJW 1963 1886; KK/Engelhardt 7; Rieß GA 1976 1, 17; a.A. Eb. Schmidt Nachtr. I 11.
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Die Verweisung muss ausgesprochen werden, wenn sich der hinreichende Verdacht genügend verfestigt hat, ein Wegfall des Verdachts insoweit also nicht zu erwarten ist.32 Der volle Nachweis der Tatumstände, die die Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung begründen, ist weder notwendig noch steht dem sachlich unzuständigen Gericht hierüber die Entscheidung zu.33 Bei der Beurteilung, wann die Verdachtsgründe hierfür ausreichen, hat das Gericht 12 einen gewissen Prüfungsspielraum.34 Es steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, welche Beweise es erheben will, um zu klären, ob sich der Verdacht verfestigt oder ob er wieder entfällt.35 Es würde aber dem Zweck des § 270 widersprechen, wenn das Gericht schon einen entfernten Verdacht zum Anlass einer Verweisung nehmen würde. In Staatsschutzstrafsachen ist wegen des Zwecks der Zuständigkeitskonzentration ein strenger Maßstab anzulegen; vor der Verweisung muss das Gericht die die Zuständigkeit begründenden Umstände umfassend aufzuklären versuchen, wozu in der Regel auch die Anhörung des Generalbundesanwalts durch Einholung einer Stellungnahme und die Auseinandersetzung mit den von ihm vorgebrachten Gründen gehört.36
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c) Die Grenzen der Kognitionsbefugnis, die das Gericht hinsichtlich der Vorgänge hat, die den Tatbestand einer in die sachliche Zuständigkeit des höheren Gerichts fallenden Straftat erfüllen, sind im einzelnen strittig.37 Einerseits wird die Ansicht vertreten, dass das Gericht zwar nicht wegen einer Straftat verurteilen darf, die außerhalb seiner sachlichen Zuständigkeit liegt, dass es aber unschädlich ist, wenn es das Vorliegen einer solchen Straftat prüft und verneint,38 während nach anderer Ansicht dem Gericht von einer „gewissen Verdachtsqualität“ an39 schon die Prüfung verwehrt ist, ob eine solche Straftat erwiesen oder erweisbar ist, so dass ein gewisses „Dilemma des Tatrichters“, den richtigen Verweisungszeitpunkt zu finden,40 konstatiert wird. Auszugehen ist davon, dass die fehlende Kompetenz zur Sachentscheidung die Verur14 teilung wegen einer Straftat ausschließt, für die ein Gericht höherer Ordnung zuständig ist. Wenn § 270 aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit dem niedrigeren Gericht die Befugnis einräumt, bei hinreichendem Verdacht das Verfahren mit bindender Wirkung an das höhere Gericht zu verweisen,41 schließt das die Kompetenz zur sachlichen Prüfung ein, ob die festgestellten Tatsachen einen solchen Verdacht rechtfertigen. Hierüber hat das rangniedere Gericht ebenso wie ein eröffnendes Gericht in freier Beweiswürdigung zu entscheiden. Der Umstand, dass das Bejahen einer solchen Straftat seiner endgültigen Beurteilung entzogen ist, hindert es nicht, das Vorliegen des hinreichenden Verdachts 32
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BGHSt 45 26, 33 f.; BGH NStZ 1988 236; OLG Frankfurt NStZ-RR 1997 311; Graf/Peglau 3; KMR/Voll 15; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 8; Rieß GA 1976 1, 17. Vgl. RGSt 8 251; 9 327; 41 408; 64 180; Dallinger MDR 1952 118 (zu BGHSt 1 346); Rieß GA 1976 1, 17; AK/Wassermann 4; KMR/Voll 15; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 8. BGHSt 45 26, 34; OLG Karlsruhe MDR 1980 599, 600. RGSt 41 410; 64 180; KMR/Voll 15. HK/Julius 3 hält es für sachgerecht, dem Angeklagten durch eine Beweisaufnahme zu ermöglichen, den dringenden Verdacht noch vor der Verweisung zu widerlegen.
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BGHSt 45 26, 34 mit Anm. Franke NStZ 1999 524. Vgl. Rieß GA 1976 1. BGHSt 1 346 = MDR 1952 118 mit abl. Anm. Dallinger; zu den hier hereinspielenden revisionsrechtlichen Überlegungen vgl. LR/Franke § 338, 72 ff.; ferner Rieß GA 1976 1, 16 Fn. 88. BGH GA 1962 149; bei Dallinger MDR 1972 18; SK/Frister 8 f.; strenger Eb. Schmidt Nachtr. I 10. Franke NStZ 1999 524, 525 (Anm. zu BGHSt 45 26); KMR/Voll 15. Rieß GA 1976 1, 16.
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einer solchen Straftat zu verneinen42 und zwar ganz gleich, ob es den Angeklagten freispricht oder wegen einer in seine sachliche Zuständigkeit fallenden Tat verurteilt. Das Recht und die Pflicht des Gerichts zur uneingeschränkten Kognition (§ 264 Abs. 2) 15 über die angeklagte Tat besteht im Rahmen des § 270 also auch hinsichtlich der Straftaten, zu deren Aburteilung ein Gericht höherer Ordnung zuständig ist.43 Es findet seine Grenze erst bei genügender Verfestigung der Verdachtsschwelle, die die Eröffnung vor dem höheren Gericht und damit auch die bindende Verweisung der Sache an dieses fordert. Erst jenseits dieser Schwelle entfällt die Befugnis zur weiteren sachlichen Prüfung. Es kommt also nicht darauf an, ob die Straftat, die der Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung unterfällt, zur vollen Überzeugung des niederen Gerichts erwiesen ist, sondern nur darauf, ob letzteres einen hinreichenden Verdacht bejaht. Zur Verneinung des hinreichenden Verdachtes ist das niedere Gericht dagegen sachlich befugt. Diese Abgrenzung entspricht dem Sinn des § 270, der eine prozesswirtschaftliche und einfach zu erledigende Lösung erstrebt, wozu auch die Vermeidung im Ergebnis unnötiger Verweisungen gehört. 3. Die einzelnen Fallgruppen der Verweisung a) Korrigierende Verweisung. Ergibt schon die Verlesung des Anklagesatzes (§ 243 16 Abs. 3 Satz 1), dass für die angeklagte Tat ein Gericht höherer Ordnung zuständig und das Verfahren nur aus Versehen vor dem Gericht niederer Ordnung eröffnet worden ist, dann ist der Verweisungsbeschluss alsbald nach Verlesung des Anklagesatzes zu erlassen, um den in der Eröffnung vor dem falschen Gericht liegenden Fehler zu korrigieren.44 Das zur Entscheidung über den Vorwurf der zugelassenen Anklage nicht zuständige Gericht darf insbesondere nicht die Hauptverhandlung durchführen, um aufzuklären, ob sich der Vorwurf der Anklage bestätigt oder ob sich der Angeklagte möglicherweise einer anderen, in seine sachliche Entscheidungskompetenz fallenden Straftat schuldig gemacht haben könnte.45 In diesem Falle ist das Gericht, auch wenn es zur Aburteilung derjenigen Tat zuständig ist, die es nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung für erwiesen erachtet, doch rechtlich nicht befugt, verbindlich den weitergehenden Verdacht zu verneinen, der, wenn er erwiesen wäre, die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung begründen würde.46 b) Änderung des Tatverdachts. Ergeben erst die im Laufe der Hauptverhandlung zu 17 Tage getretenen Tatsachen den Verdacht einer Straftat, die in die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung fällt, dann muss das Gericht in eigener Zuständigkeit prüfen, ob dieser Verdacht hinreicht, um das Strafverfahren nunmehr vor dem höheren Gericht unter dem Vorwurf der neuen Tat durchzuführen.47 Der Verdacht muss sich aus dem Sachverhalt ergeben, der der Kognition des Gerichts bereits unterliegt; nur angekündigte oder beabsichtigte Ausweitungen des Verfahrensgegenstandes rechtfertigen noch keine Verweisung. Eine Nachtragsanklage muss erst wirksam erhoben, eine nach § 154a aus-
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RGSt 8 253; KMR/Voll 14; Meyer-Goßner 9. RGSt 8 253; 61 225; BGHSt 45 26, 34. OLG Düsseldorf NStZ 1986 427; OLG Jena StraFo 2000 411; vgl. Rn. 9. Vgl. Eb. Schmidt Nachtr. I 11; Dallinger MDR 1952 118 zu BGHSt 1 346; Rieß GA 1976 1, 17; ferner KK/Engelhardt 10 (keine
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Verweisung, wenn Prüfung des Eröffnungsbeschlusses ergibt, dass Gericht bei richtiger rechtlicher Würdigung des angeklagten Sachverhalts zuständig wäre). BGH GA 1962 149; vgl. aber auch Fn. 45. Vgl. Rn. 14 f.
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geschiedene Gesetzesverletzung wieder einbezogen worden sein, bevor die Verweisung darauf gestützt werden darf.48 Die Verneinung eines zur Verweisung hinreichenden Verdachtes liegt noch im Rahmen der Zuständigkeit des Gerichts.49 Werden einerseits in der Hauptverhandlung Umstände ersichtlich, nach denen die Tat der Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung unterfallen könnte, ergibt aber andererseits die Hauptverhandlung, dass der Angeklagte die Tat nicht begangen hat, so fehlt in der Regel der für die Verweisung erforderliche hinreichende Verdacht und das Gericht darf durch Urteil freisprechen.50 Hält das Gericht ein endgültiges Verfahrenshindernis für gegeben, dann stellt es das 18 Verfahren auch dann ein, wenn andererseits Umstände ersichtlich werden, die an sich geeignet wären, die Zuständigkeit eines höheren Gerichts zu begründen.51 Auch hier besteht dann im Endergebnis kein die Verurteilung erwarten lassender hinreichender Verdacht; im Übrigen geht die Pflicht, das Verfahren wegen des Prozesshindernisses einzustellen, der Verweisung vor.52
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c) Unzureichende Strafgewalt. Ergibt sich die Notwendigkeit der Verweisung daraus, dass das Gericht zwar zur Aburteilung der Tat an sich zuständig ist, dass es aber eine Rechtsfolge für angemessen hält, die es nicht verhängen darf, so rechtfertigt die bloße Vermutung, dass eine solche Rechtsfolge in Betracht kommen könnte, noch nicht die Verweisung. Das Gericht hat die Hauptverhandlung solange weiter zu führen, bis ihr Ergebnis die hinreichend sichere Beurteilung zulässt, dass der Angeklagte schuldig und im konkreten Falle eine den Strafbann des Gerichts übersteigende Rechtsfolge angezeigt ist.53 Dabei muss es auch prüfen, ob kein noch im Rahmen seines Strafbanns liegender minder schwerer Fall vorliegt54 oder ob die Verhängung einer außerhalb seiner Zuständigkeit liegenden Maßregel der Besserung und Sicherung nach den festgestellten Tatsachen auch tatsächlich mit genügend großer Wahrscheinlichkeit in Betracht kommt.55 Basiert die Verweisung hingegen nur auf nach Aktenlage angestellten Vermutungen oder auf der nicht auszuschließenden Möglichkeit den Strafbann übersteigender Rechtsfolgen, so wird dem Angeklagten willkürlich der gesetzliche Richter entzogen (Rn. 37).56
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Vgl. OLG Düsseldorf JMBlNW 1979 152 (Nachtragsanklage); BGHSt 29 341, 344 (zu § 154a); KK/Engelhardt 12; SK/Frister 8; vgl. bei §§ 154, 154a. Eb. Schmidt Nachtr. I 10; vgl. Rn. 15. Dies war auch schon früher strittig, wie hier Bischoff GA 44 (1896) 81 ff.; Traut GS 59 (1901) 215 ff.; a.A. Gerland 373. Vgl. BayObLG JW 1929 1492 mit Anm. Mannheim (Einstellung statt Verweisung an das damals höherrangige Schwurgericht). Eb. Schmidt Nachtr. I 12. BGHSt 45 58, 60; OLG Bremen StV 1998 558 f.; OLG Düsseldorf NStZ 1986 426; StraFo 1998 274; 2000 235; OLG Frankfurt StV 1996 533; NStZ-RR 1997 311; OLG Karlsruhe NStZ 1990 100 mit Anm. Gollwitzer JR 1991 37; OLG Köln NStZ-RR 2009 117; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2003
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377; OLG Schleswig StV 2007 592; LG Berlin StV 1996 16; LG Regensburg StraFo 2006 27 (erst bei Schuldspruchreife); Rieß GA 1976 1, 17; HK/Julius 3; KMR/Voll 16; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 11; Gollwitzer FS Rieß 135, 148. Vgl. BayObLGSt 1985 33 = NStZ 1985 470 mit abl. Anm. Achenbach (nach Eröffnung keine Prüfung, ob höhere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten ist). Vgl. etwa OLG Zweibrücken MDR 1992 178. OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 42; OLG Zweibrücken NStZ-RR 1998 280; vgl. auch BayObLGSt 1999 280 (zu § 328 Abs. 2). OLG Bremen StV 1998 558 f.; OLG Düsseldorf NStZ 1986 426; StraFo 1998 274; OLG Schleswig StV 2007 592 f. m.w.N.; krit. Gollwitzer FS Rieß 135, 148 ff.
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d) Zeigt sich in der Hauptverhandlung, dass ein Jugendgericht zuständig ist, so kann 20 an dieses nicht nur (wie bis 1979) verwiesen werden, wenn es ohnehin ein Gericht höherer Ordnung ist, sondern auch dann, wenn es – was die Regel sein wird – gerichtsverfassungsmäßig zur gleichen Ordnung gehört wie das verweisende Gericht. Die Fiktion des § 209a Nr. 2 stellt jetzt die gleichrangigen Jugendgerichte insoweit den Gerichten höherer Ordnung gleich und ermöglicht so die Verweisung, um die Schwierigkeiten auszuräumen, die bisher entstanden, wenn in solchen Fällen eine einvernehmliche Übernahme nicht zustande kam.57 An ein Jugendgericht niederer Ordnung darf nicht verwiesen werden.58 Wegen der Einzelheiten, insbesondere, wann sich die von Amts wegen zu beachtende Zuständigkeit eines Jugendgerichts ergibt, wird auf die Erläuterungen zu § 209 verwiesen. Eine Verweisung an die gleichrangige Jugendschutzkammer ist dagegen mangels Verweises auf § 209a Nr. 2 Buchstabe b nicht möglich.59 e) Die Zuständigkeit einer besonderen Strafkammer (§ 74 Abs. 2, §§ 74a, 74c GVG) 21 führt nach der Eröffnung des Hauptverfahrens nur noch bei rechtzeitigem Einwand des Angeklagten (Absatz 1 Satz 2), aber nicht mehr von Amts wegen zur Verweisung.60 Eine Verweisung zwischen den Strafkammern ist dann aber zulässig, ganz gleich, ob die Strafkammer, an die verwiesen wird, der verweisenden in der Rangordnung des § 74e GVG vorgeht oder nachsteht. Der Rechtsgedanke des § 269 greift hier nicht ein.61 Ist der Einwand rechtzeitig, also vor Beginn der Vernehmung des jeweiligen Ange- 22 klagten zur Sache62 erhoben, so hat das Gericht an die besondere Strafkammer zu verweisen, wenn es aufgrund des bisherigen Verfahrensergebnisses63 den Einwand für begründet hält, vor allem also, wenn es den hinreichenden Verdacht einer in die Zuständigkeit der besonderen Strafkammer fallenden Straftat nunmehr bejaht.64 Bei rechtzeitigem Einwand muss das Gericht nach § 270 Abs. 1 verweisen, wenn es aufgrund des bisherigen Verhandlungsergebnisses, etwa aufgrund der Einlassung eines vor Erhebung des Einwands zur Sache vernommenen Mitangeklagten, zu dem Ergebnis kommt, dass die mit dem Einwand behauptete Zuständigkeit der Spezialstrafkammer hinreichend begründet ist. Erst nach dem durch § 6a für jeden Angeklagten gesondert festgelegten Endzeitpunkt für den Einwand tritt die vom Gesetzgeber gewollte Zuständigkeitsperpetuierung ein,65 die es verbietet, bei der Beweisaufnahme neu zutage getretene Tatsachen als Grundlage für einen Einwand zu verwenden.66 Wegen der Einzelheiten vgl. bei § 6a. Die Vorentscheidung über normative Zuständigkeitsmerkmale darf durch das verweisende Gericht aber nicht in Frage gestellt werden; es ist hieran gebunden.67
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BTDrucks. 8 976 S. 57; AK/Wassermann 5; KK/Engelhardt 14; KMR/Voll 17; MeyerGoßner 11; SK/Frister 14. H.M.; KK/Engelhardt 14 sowie Fn. 57. BGHSt 42 39, 40 f. mit Anm. Brunner JR 1996 391 und Katholnigg NStZ 1996 346; Graf/Peglau 5; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2003 377; KK/Engelhardt 15; KMR/Voll 17; Meyer-Goßner 11; SK/Frister 15. LR/Erb § 6a, 10 ff. KK/Engelhardt 16; Meyer-Goßner 12; Meyer-Goßner NStZ 1981 168, 171; vgl. LR/Erb § 6a, 3. LR/Erb § 6a, 13 ff. SK/Frister 18 (bis zum Einwand); nach
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Meyer-Goßner 13 ist Entscheidungsgrundlage die Sachlage bei Beginn der Hauptverhandlung (Nachprüfung des Eröffnungsbeschlusses); ähnlich KMR/Voll 20; vgl. Rn. 24. Vgl. Rn. 10 ff.; ferner LR/Erb § 6a, 7; LR/Franke § 338, 74, 76. BTDrucks. 8 976 S. 57; BGH NStZ 2009 404; Rieß NJW 1978 2266; LR/Erb § 6a, 4, 13 ff. Z.B. Tod des Opfers, BGHSt 30 187 = JR 1982 511 mit Anm. Schlüchter; BGH NStZ 2009 404, 405; Rieß NJW 1978 2266. BGH NStZ 1985 464; BayObLGSt 1985 33 = NStZ 1985 470 mit Anm. Achenbach; Meyer-Goßner 12; SK/Frister 17; Rieß NJW 1978 2268; vgl. bei § 209a.
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III. Der Verweisungsbeschluss 23
1. Verweisung von Amts wegen. Die Verweisung wird vom Gericht in der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung – also unter Mitwirkung der Schöffen – mit einfacher Mehrheit beschlossen68 und zwar auch dann, wenn er in einer Unterbrechung der Hauptverhandlung69 ergeht. Abgesehen von den Fällen des § 6a (Rn. 21 f.) bedarf es dazu keines Einwands oder Antrags, da das Gericht nach § 6 seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen hat.70 Anträge, die Verweisung zu beschließen, haben nur die Bedeutung einer Anregung.71 Das Gericht kann sie dadurch verwerfen, dass es in der Sache selbst erkennt; es kann den Antrag aber auch durch einen in der Hauptverhandlung verkündeten Beschluss förmlich zurückweisen. Letzteres kann unter Umständen zur Klarstellung der Verfahrenslage angezeigt sein; etwa, wenn möglicherweise Sachanträge wegen eines Verweisungsantrags nicht gestellt worden sind.
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2. Anhörung der Verfahrensbeteiligten. Vor Erlass des Verweisungsbeschlusses sind die Verfahrensbeteiligten zu den die Verweisung begründenden Umständen zu hören (§ 33 Abs. 1), ganz gleich, ob die Verweisung von Amts wegen oder durch einen darauf abzielenden Antrag oder durch den Einwand des Angeklagten nach § 6a veranlasst ist. Die Umstände, die Anlass zur Verweisung geben können, müssen in der Hauptverhandlung zur Sprache gebracht werden. Wann die Entscheidung möglich und die Anhörung der Verfahrensbeteiligten sinnvoll ist, hängt von dem jeweiligen Grund der Verweisung ab.72 Über die Verweisung an eine besondere Strafkammer aufgrund eines Einwands nach § 6a ist entsprechend dem Sinn dieser Regelung grundsätzlich vor Beginn der Beweisaufnahme zu entscheiden.73
3. Inhalt des Verweisungsbeschlusses. Der Verweisungsbeschluss muss in seinem Tenor das Gericht bezeichnen, an das verwiesen wird, ferner muss er gemäß Absatz 2 den Angeklagten und die ihm zur Last gelegte Tat so beschreiben, wie dies § 200 Abs. 1 Satz 1 für den Anklagesatz fordert.74 Grundsätzlich ist ein neuformulierter Anklagesatz in den Beschluss aufzunehmen. Nur soweit sich am früheren Anklagesatz nichts ändert, ist eine Bezugnahme unschädlich. Dies gilt vor allem, wenn die Verweisung lediglich deshalb ausgesprochen wird, weil der Strafbann des Gerichts nicht ausreicht75 oder weil das Gericht seine Zuständigkeit bei der Zulassung der Anklage ohnehin zu Unrecht angenommen hatte.76 Eine ausdrückliche Unzuständigkeitserklärung fordert Absatz 2 nicht.77 Begründet zu werden braucht der Verweisungsbeschluss nur in Ausnahmefällen,78 in 26 denen sich der Verweisungsgrund nicht bereits aus dem neu formulierten Anklagesatz ergibt, so etwa die Angabe, warum der Strafbann des verweisenden Gerichts nicht aus-
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BGHSt 6 109, 112; Graf/Peglau 12; KK/Engelhardt 17; KMR/Voll 23; MeyerGoßner 14; SK/Frister 23. KK/Engelhardt 17; KMR/Voll 23; SK/Frister 23. BGHSt 25 319; LR/Erb § 6, 1. KK/Engelhardt 8; SK/Frister 24; vgl. auch Rn. 46 ff. Vgl. Rn. 8 ff., 15 ff. Meyer-Goßner 13; vgl. Rn. 22. Vgl. bei § 200.
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BGH bei Dallinger MDR 1966 894 (Bezugnahme auf unveränderten Anklagesatz genügt); LG Hannover StV 1983 194; AK/Wassermann 7; Graf/Peglau 7; KK/Engelhardt 18; KMR/Voll 22; Meyer-Goßner 15; SK/Frister 23. Meyer-Goßner 15; SK/Frister 23. Eb. Schmidt Nachtr. I 16. Graf/Peglau 8; KMR/Voll 22; Meyer-Goßner 16; SK/Frister 24; Eb. Schmidt Nachtr. I 6.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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reicht oder die Umstände, aus denen sich die Zuständigkeit des Jugendgerichts oder eine nicht bereits aus dem Anklagesatz erkennbare Zuständigkeit einer besonderen Strafkammer ergibt. Ein den Einwand nach § 6a ablehnender Beschluss ist zu begründen (§ 34); desgleichen ein Beschluss, der einen Antrag auf Verweisung ablehnt.79 4. Bekanntgabe. Der Verweisungsbeschluss wird in der Hauptverhandlung verkündet 27 (§ 35 Abs. 1). Einem abwesenden Angeklagten ist er schon wegen der Fristsetzung nach Absatz 4 förmlich zuzustellen (§ 35 Abs. 2).80 Dem Gericht, an das die Sache verwiesen worden ist, wird er dadurch zur Kenntnis gebracht, dass ihm die Akten mit dem Beschluss vorgelegt werden. Anders als bei § 225a Abs. 1 Satz 1 ist die Einschaltung der Staatsanwaltschaft bei der Vorlage nicht zwingend vorgeschrieben. Sie ist aber andererseits auch nicht unzulässig.81 Mit der Bekanntmachung beginnt für die Staatsanwaltschaft die Beschwerdefrist. Für den Angeklagten beginnt eine Frist nur, wenn ihm eine solche nach Absatz 4 gesetzt wird. 5. Vervollständigung eines mangelhaften Beschlusses. Ein fehlerhafter Verweisungs- 28 beschluss kann vom Gericht, das ihn erlassen hat, nicht mehr aufgehoben werden;82 es wird jedoch für zulässig gehalten, dass es nachträglich einen ungenügenden Beschluss vervollständigt.83 Das Gericht, an das verwiesen worden ist, darf seinerseits im Beschlusswege bereits vor der neuen Hauptverhandlung eine solche Ergänzung vornehmen,84 nicht zuletzt, um schon vorher Unklarheiten zu beseitigen, die andernfalls der zügigen Durchführung der Hauptverhandlung im Wege stehen könnten. In der Hauptverhandlung selbst obliegt es dem Vorsitzenden, ähnlich wie auch sonst, Unklarheiten oder Unvollständigkeiten des Verweisungsbeschlusses durch entsprechende Erklärungen zu bereinigen.85 6. Sachentscheidung neben Verweisungsbeschluss. Der Verweisungsbeschluss umfasst 29 notwendig die ganze Tat im Sinne des § 264. Neben ihm ist daher für eine Sachentscheidung über die gleiche Tat kein Raum;86 insbesondere darf wegen der in der zugelassenen Anklage angeführten Straftaten kein gesonderter Freispruch ergehen.87 Eine „Teilverweisung“ ist nicht möglich.88 Dagegen kann, wenn sich in einer mehrere verbundene Strafsachen umfassenden Ver- 30 handlung (§§ 4, 237) die Unzuständigkeit des Gerichts wegen einer einzelnen selbständigen Tat im Sinne des § 264 ergibt, diese abgetrennt und im Übrigen das Urteil erlassen werden.89 Ob dies sachdienlich ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden. Es hängt von der jeweiligen Verfahrenslage ab, ob die weitere gemeinsame Behandlung der selbständigen Taten zur besseren Sachaufklärung oder aus prozesswirtschaftlichen Gründen zweckmäßi-
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Meyer-Goßner 16; SK/Frister 24; vgl. LR/Erb § 6a, 7, 20; LR/Jäger § 225a, 25. RGSt 4 373; KK/Engelhardt 22; KMR/Voll 23; Meyer-Goßner 17. SK/Frister 26. RG GA 37 (1890) 191; zur Frage der Nichtigkeit vgl. Rn. 37. KMR/Voll 23; a.A. SK/Frister 29. RG GA 37 (1890) 191; 64 (1917) 372; SK/Frister 29.
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RGRspr. 5 (1883) 227; 9 (1887) 439; RGSt 62 272; 68 335; RG GA 37 (1890) 286; vgl. LR/Becker § 243, 46 ff., 49. KMR/Voll 9. RGSt 3 4. RGSt 61 225; vgl. BGHSt 10 19; KK/Engelhardt 19; SK/Frister 25. KK/Engelhardt 19; SK/Frister 25.
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ger ist oder ob das Beschleunigungsgebot dafür spricht, die Verweisung auf die aus der sachlichen Zuständigkeit herausfallende Tat zu beschränken und nach der Trennung die Hauptverhandlung wegen der übrigen Taten unverzüglich zu Ende zu führen.90 Das Gericht höherer Ordnung hat jedoch in allen Sachen, auf die sich die Verweisung erstreckt, zu verhandeln und zu entscheiden.91
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7. Fortdauer der Untersuchungshaft. Da § 270 nicht ausdrücklich auf § 207 verweist, nimmt die vorherrschende Meinung92 an, das Gericht dürfe zwar vor Verkündung des Verweisungsbeschlusses, nicht aber danach über die Fortdauer der Untersuchungshaft entscheiden; § 207 Abs. 4 sei nicht entsprechend anwendbar. Der Übergang der Zuständigkeit93 dürfte jedoch kein Hindernis sein, dass das Gericht zugleich mit der Verweisung von Amts wegen über die Anordnung oder die Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung (analog § 207 Abs. 4) beschließt. Eine solche Verfahrensgestaltung erscheint auch deshalb prozesswirtschaftlich und sinnvoll, weil sich gerade durch die Verweisung die Grundlagen der Haftanordnung ändern können (geänderter Tatverdacht, Änderungen in der Beurteilung des Haftgrunds). Auch die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht nach §§ 121, 122, die nach einer verbreiteten Auffassung trotz Übergangs der Zuständigkeit dem abgebenden Gericht obliegt, solange sich die Akten noch bei ihm befinden,94 setzt voraus, dass das vorlegende Gericht das Fortbestehen der Haftgründe prüft.
IV. Wirkung der Verweisung 32
1. Änderung des Eröffnungsbeschlusses. Der Verweisungsbeschluss ändert den Eröffnungsbeschluss für das weitere Verfahren ab, ersetzt ihn aber nicht. Das Fehlen einer Anklage95 oder eines Eröffnungsbeschlusses96 kann durch ihn allein nicht geheilt werden. Der Verweisungsbeschluss ändert auch nichts daran, dass das Verfahren bereits mit Erlass des Eröffnungsbeschlusses rechtshängig geworden ist.97 Nach dem Zeitpunkt seines Erlasses beurteilt sich, bei welchem Gericht die Sache zuerst rechtshängig geworden ist. Die durch den Verweisungsbeschluss eingetretene Instanzverschiebung ist maßgebend dafür, welchem Gericht die umfassendere Aburteilung möglich ist.
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2. Übergang des Verfahrens. Durch die Verweisung geht das gesamte Verfahren in der Lage, in der es sich befindet, auf das Gericht über, an das zu Recht oder Unrecht98 verwiesen worden ist. Dieses wird für die weiteren Entscheidungen einschließlich aller anfallenden Nebenentscheidungen so zuständig, als ob das Verfahren von Anfang an
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Dies ist oft der Fall, vgl. Traut GS 57 (1900) 322; anders KMR/Voll 9. Vgl. ferner SK/Frister 25. RG GA 37 (1889) 179. AK/Wassermann 8; KK/Engelhardt 21, 23; KMR/Voll 25; Meyer-Goßner 21; SK/Frister 27 Fn. 82; Eb. Schmidt Nachtr. I 16. Zur strittigen Frage des Übergangs der Zuständigkeit vgl. Rn. 33. Vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1984 429; Graf/Peglau 9; Meyer-Goßner 21; LR/Hilger § 122, 4.
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BGH bei Becker NStZ-RR 2007 4 Nr. 11. BGH NStZ 1988 236; KK/Engelhardt 23; SK/Frister 29. Einige Entscheidungen nahmen früher an, dass der Verweisungsbeschluss – auch wenn zu Unrecht ergangen – für das weitere Verfahren selbst das Fehlen einer Anklage (RG GA 37 [1889] 191) oder des Eröffnungsbeschlusses (RGSt 68 332) heilt. Vgl. LR/Stuckenberg § 199, 5; LR/Jäger Vor § 213, 2. Vgl. Rn. 35 ff.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 270
dort eröffnet worden wäre. Als Zeitpunkt des Übergangs nimmt die herrschende Meinung99 die Verkündung des Verweisungsbeschlusses an, denn mit deren Abschluss ist das verweisende Gericht sachlich nicht mehr zuständig. Dies ermöglicht an sich eine klare Abgrenzung, hat aber den Nachteil, dass etwa nötige eilbedürftige Nebenentscheidungen faktisch nicht getroffen werden könnten, bevor die Akten bei dem Gericht, an das verwiesen wird, eingegangen sind. Dies spricht dafür, bis zu diesem Zeitpunkt, in dem das Gericht höherer Ordnung tatsächlich mit der Sache „befasst“ wird, noch eine den Verweisungsbeschluss überdauernde Zuständigkeit des abgebenden Gerichts für solche Eilentscheidungen anzunehmen, damit in der Zwischenzeit nicht aufschiebbare Entscheidungen sofort getroffen werden können.100 Ob man dies damit begründet, dass die Zuständigkeit – ähnlich wie nach Einlegung der Berufung101 – erst mit Eingang der Akten auf das Gericht höherer Ordnung übergeht oder damit, dass trotz des sofortigen Übergangs der Sachentscheidungskompetenz das abgebende Gericht noch für eilbedürftige Nebenentscheidungen zuständig bleibt, solange sich die Akten noch bei ihm befinden und es noch mit der Sache befasst ist, ist für das praktische Ergebnis nicht entscheidend. Das Verfahren wird allerdings nur hinsichtlich der Tat im Sinne des § 264, die der 34 Verweisungsbeschluss umfasst, beim Gericht höherer Ordnung anhängig. Dieses kann daher eine andere Tat, hinsichtlich der das früher befasste Gericht das Verfahren nach § 154 eingestellt hatte, nicht von sich aus wieder in das Verfahren einbeziehen.102 Nach § 154a ausgeschiedene Teile der gleichen Tat kann es dagegen wieder in das Verfahren einbeziehen.103 3. Der Verweisungsbeschluss bindet das verweisende Gericht. Er bindet auch das Ge- 35 richt, an das verwiesen worden ist, insofern, als es die Sache nicht mehr an das ursprünglich zuständige Gericht zurückverweisen darf. Jeder Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung steht § 269 entgegen; bei den Jugendgerichten ergibt sich ihr Vorrang vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten gleicher Ordnung aus Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 209a Nr. 2 Buchst. a und §§ 47a, 103 Abs. 2 Satz 1 JGG (Ausnahme: § 103 Abs. 2 Satz 2 JGG104). Zwar legt bei den besonderen Strafkammern die Rangfolge des § 74e GVG die Kompetenz-Kompetenz der jeweils vorrangigen Strafkammer fest, die Verweisung nach § 270 Abs. 1 Satz 2 bindet jedoch sowohl die nachrangige als auch eine im Range vorgehende Spezialstrafkammer.105 Die Weiterverweisung nach §§ 225a, 270 an ein Gericht höherer Ordnung oder an ein 36 Jugendgericht wird dadurch nicht ausgeschlossen,106 vor allem nicht die Berücksichtigung eines erst nach der Verweisung erhobenen Einwands nach § 6a; desgleichen ist die Abgabe zwischen gleichartigen Gerichten aufgrund des Geschäftsplans weiterhin möglich.107
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So OLG Hamm 22.4.2008 – 3(s) Sbd I 8,9/09; AK/Wassermann 8; Graf/Peglau 9; HK/Julius 8; KK/Engelhardt 21, 23; KMR/Voll 24; Meyer-Goßner 18, 21; SK/Frister 27; Eb. Schmidt Nachtr. I 21; vgl. OLG Karlsruhe MDR 1980 599. Vgl. Rn. 31; insbes. vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1984 429 (Zuständigkeitsübergang mit Erlass des Verweisungsbeschlusses, aber Fortbestand der Befugnis zu eilbedürftigen Haftentscheidungen). Etwa Fezer JR 1996 38, 39; Meyer-Goßner
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§ 321, 2; vgl. bei § 321; ferner auch OLG Celle VRS 55 (1978) 285. BGH bei Dallinger MDR 1973 192; vgl. bei § 154. Vgl. bei § 154a. Vgl. Rn. 20; LR/Stuckenberg § 269, 8; LR/Franke § 338, 77 und bei § 209. Vgl. Rn. 21; LR/Stuckenberg 209a, 21. RGSt 59 244; RG GA 50 (1903) 275; BGHSt 21 268, 270; KK/Engelhardt 24; KMR/Voll 27; Meyer-Goßner 19. Vgl. Rn. 3.
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Die Verweisung ist auch wirksam und bindend, wenn der verweisende Beschluss unvollständig, formell fehlerhaft oder sachlich falsch ist.108 Eine der prozesswirtschaftlichen Zielsetzung der §§ 269, 270 vorgehende Ausnahme von der bindenden Wirkung der Verweisung macht die Rechtsprechung109 dann, wenn die Wahrung vorrangigen Rechts dies erfordert, vor allem, wenn der Angeklagte durch den fehlerhaften Verweisungsbeschluss unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG willkürlich dem gesetzlichen Richter entzogen würde. Willkür liegt nicht schon vor, wenn die Verweisung verfahrensrechtlich oder materiell-rechtlich fehlerhaft ist, sondern nur, wenn sie bei objektiver Würdigung der Sach- und Rechtslage unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht.110 Für die Annahme der Willkür lässt die Rechtsprechung genügen, dass der Verweisungsbeschluss jedes rechtlichen Bezugs zur angewandten Norm entbehrt, somit krass fehlerhaft ist.111 Wegen des Vorrangs des Verfassungsrechts kann eine solche Verweisung das für die Verfassungsgemäßheit seiner Zuständigkeit selbst verantwortliche Gericht höherer Ordnung nicht binden. Andernfalls würde es an dem willkürlichen Entzug des gesetzlichen Richters mitwirken und den erkannten Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG perpetuieren.112 Die sonst durch die Verweisung begründete bindende sachliche Zuständigkeit entsteht nicht. Das Gericht ist deshalb auch durch § 269 nicht gehindert, die Sache an das verweisende Gericht zurückzugeben bzw. zurückzuverweisen.113 Dies gilt unabhängig davon, ob man mit der früher vorherrschenden Meinung annimmt, dass der objektiv willkürliche Verweisungsbeschluss des vorlegenden Gerichts nichtig ist, so dass die Sache in Wirklichkeit bei dem abgebenden Gericht weiter anhängig geblieben ist,114 oder ob man, wofür eini108
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RGSt 62 265; RG GA 37 (1890) 191; BGHSt 27 99 = NJW 1977 2371 mit Anm. MeyerGoßner = JR 1977 524 mit Anm. Rieß; BGHSt 29 216; 45 26, 30; 45 58, 60; BGH NStZ 1988 236; 2009 579; bei Kusch NStZ 1992 29; OLG Brandenburg JMBlBB 2004 101; OLG Düsseldorf JMBlNW 1979 152; StraFo 2000 235; OLG Frankfurt NStZ-RR 1997 311; OLG Hamm JMBlNW 1976 106; 1996 259; OLG Karlsruhe MDR 1980 599; Justiz 1988 74; JR 1991 36; OLG Köln NStZ-RR 2009 117; 2011 288; OLG Schleswig NStZ 1981 491; OLG Stuttgart Justiz 1983 164; AK/Wassermann 8; Graf/Peglau 10; KMR/Voll 26; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 31; Eb. Schmidt 21; LG Hannover StV 1983 194 nimmt dagegen Unwirksamkeit auch bei wesentlichen inhaltlichen Mängeln an; ähnlich auch LG München I NStZ 1983 427 mit Anm. Hilger; näher Gollwitzer FS Rieß 135, 147 ff.; vgl. Fn. 114. BGHSt 38 212; 40 120; 45 58, 60 f.; 46 238; sowie Fn. 108; zur mitunter weitergehenden Tendenz, auch mangels anderer Korrekturmöglichkeiten „objektive Willkür“ schon bei allen schwerer wiegenden Normverstößen anzunehmen, vgl. Neuhaus StV 1995 212; HK/Julius 9; KMR/Voll
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27 ff.; SK/Frister 31; Gollwitzer FS Rieß 135, 137 f.; sowie LR/Stuckenberg § 269, 12 m.w.N. Vgl. etwa BVerfG NJW 2000 2492; 2001 1125; OLG Karlsruhe NStZ 1990 100 mit Anm. Gollwitzer JR 1991 37; HK/Julius 9; sowie Fn. 109. Zum Willkürbegriff vgl. etwa BVerfGE 6 53; 17 104; 19 43; 29 49; 207; 42 72; 58 167; 71 205; 89 1, 13; 96 189, 203; BVerfG NJW 1995 124; 2001 1125; 2001 1200; vgl. LR/Stuckenberg § 269, 12 m.w.N.; LR/Franke § 338, 10; Hamm 319 f.; zu den Bedenken gegen die Willkürformel ferner etwa Weidemann wistra 2000 45, 47. Vgl. LR/Stuckenberg § 269, 12; ferner auch Eb. Schmidt 21 (mangelnde Qualität einer Sachurteilsvoraussetzung). Etwas anderes gilt, wenn es seine sachliche Zuständigkeit aus einem anderen Grund als das vorlegende Gericht für gegeben hält, vgl. Weidemann wistra 2000 45, 48 zu BGH NJW 1999 2604. Vgl. LR/Stuckenberg § 269, 12. Für eine Bindung auch in diesen Fällen Weidemann wistra 2000 45, 50. Vgl. etwa BGHSt 29 216, 219; OLG Bremen StV 1998 558, 559; OLG Düsseldorf NStZ 1986 426; StraFo 1997 115; 1998 274;
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ges spricht,115 mit der neueren Rechtsprechung annimmt, dass auch ein gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßender Verweisungsbeschluss ungeachtet dieses Verstoßes wirksam bleibt, er also die Sache bei dem Gericht höherer Ordnung kraft seiner Transportwirkung anhängig macht, dieses aber wegen seiner Verfassungswidrigkeit nicht binden kann.116 Es ist auch nach dieser Ansicht nicht gehindert, die Sache durch einen zu begründenden Beschluss an das abgebende Gericht zurückzuverweisen. Bei Annahme der Nichtigkeit der Verweisung geschieht die Rückgabe zweckmäßigerweise ebenfalls durch einen ihre Unwirksamkeit aufzeigenden förmlichen Beschluss. Weiterverweisen an ein anderes zuständiges Gericht kann das Gericht höherer Ordnung die Sache aber nur nach der Ansicht, die die Transportwirkung bejaht.117 Hält man den Verweisungsbeschluss dagegen für nichtig, ist die Sache in Wirklichkeit weiterhin beim verweisenden Gericht anhängig, so dass das nur scheinbar mit ihr befasste höhere Gericht sie nicht an ein anderes zuständiges Gericht verweisen kann.118 Ist das höhere Gericht tatsächlich sachlich zuständig, bleibt die Sache trotz willkürlicher Verweisung bei ihm.119 Die Entscheidung des gemeinsamen oberen Gerichts über die Zuständigkeit analog 38 den §§ 14, 19 kann zur Bereinigung eines Zuständigkeitskonfliktes jedes der an dem Verweisungsvorgang beteiligten Gerichte herbeiführen, so, wenn das höherrangige Gericht den Verweisungsbeschluss für willkürlich hält und deshalb Zuständigkeit und Bindung verneint, während das Gericht niederer Ordnung darauf beharrt, dass es die Sache bindend verwiesen hat.120 4. Das Verfahren vor dem Gericht, an das verwiesen worden ist, ist dasselbe Haupt- 39 verfahren wie das durch den Eröffnungsbeschluss vor dem niedereren Gericht eröffnete. Die Hauptverhandlung muss allerdings vor dem nunmehr urteilenden Gericht höherer Ordnung vollständig wiederholt werden; ein bereits im Verfahren vor dem abgebenden
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OLG Frankfurt NStZ-RR 1996 42; OLG Hamm MDR 1993 1002; OLG Karlsruhe NStZ 1990 100 mit Anm. Gollwitzer JR 1991 37; OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1988 110; OLG Stuttgart Justiz 1983 164; OLG Zweibrücken MDR 1992 178; LG Berlin StV 1996 16; ferner die bei § 269 Rn. 12 angeführte Rspr. sowie Gollwitzer FS Rieß 135, 144 ff.; AK/Wassermann 8; KMR/Voll 31; gegen eine Ausweitung AK/Wassermann 8; KK/Engelhardt 26 scheint die Grenzen der Unwirksamkeit nicht so eng ziehen zu wollen, da die Nichtigkeitsfolge sehr oft die einzige Korrekturmöglichkeit sei; unklar (jedenfalls keine Bindungswirkung) OLG Köln NStZ-RR 2009 117; 2011 288. Auch sonst macht ein Verfassungsverstoß gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich nur anfechtbar, nicht aber nichtig, eingehend Gollwitzer FS Rieß 135, 138 ff., 142. Wieweit überhaupt gerichtliche Entscheidungen nichtig sein können, ist strittig, vgl. etwa Meyer-Goßner Einl. 105; LR/Kühne Einl. K 105 ff., 112 ff. m.w.N.
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BGHSt 45 58, 60 ff. mit Anm. Bernsmann JZ 2000 213; BGH StV 1999 524; NStZ 2009 404; 2009 579, 580; OLG Bamberg NStZ-RR 2005 377; OLG Stuttgart Justiz 1999 403 f.; LG Dessau StraFo 2006 332 f.; Graf/Peglau 10; HK/Julius 9; Meyer-Goßner 20; SK/Frister 32; Gollwitzer FS Rieß 135, 142 ff.; nach Weidemann wistra 2000 45, 48, 50 sollte dagegen auch in diesen Fällen die durch die Verweisung begründete sachliche Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung nicht in Frage gestellt werden. Vgl. BGH StV 1999 524. KMR/Voll 31; vgl. Gollwitzer FS Rieß 135, 139 f. BGHSt 45 58, 63; OLG Köln NStZ-RR 2009 117, 118; Meyer-Goßner 20. BGHSt 45 26 mit Anm. Franke NStZ 1999 524; OLG Düsseldorf NStZ 1986 426; JMBlNW 1992 57; 1995 287; OLG Jena StraFo 2000 411 f.; OLG Köln NStZ-RR 2009 117 f.; 2011 288; OLG Stuttgart Justiz 1983 164; KMR/Voll 32; SK/Frister 33; krit. Weidemann wistra 2000 45, 46 ff.
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Gericht vereidigter Zeuge braucht aber nicht nochmals vereidigt zu werden.121 Der Angeklagte muss auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts hingewiesen werden, wenn das Gericht, an das die Sache gemäß § 270 verwiesen ist, nunmehr wieder im Sinne des Eröffnungsbeschlusses verurteilen will.122
V. Einzelne Beweiserhebungen (Absatz 4) 40
1. Absatz 4 trägt dem Umstand Rechnung, dass bei einer Verweisung durch den Strafrichter oder das Schöffengericht der Sachverhalt unter dem zur Verweisung führenden neuen Gesichtspunkt mitunter noch nicht genügend aufgeklärt ist. Dem Angeklagten, der möglicherweise ohne Verteidiger ist, soll damit bewusst gemacht werden, dass er im Hinblick darauf Gelegenheit hat, zur besseren Vorbereitung seiner Verteidigung einzelne Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung zu beantragen, so wie er das auch nach § 201 Abs. 1 Satz 1 bei Mitteilung der Anklage konnte.123 Bei einem Verweisungsbeschluss, den Gerichte höherer Ordnung erlassen haben, also 41 regelmäßig in den schwerwiegenderen Fällen, in denen der Sachverhalt vor Anklageerhebung bereits unter allen hereinspielenden Gesichtspunkten aufgeklärt sein dürfte, ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen.124 Der Angeklagte, der in diesen Fällen stets einen Verteidiger hat (§ 140 Abs. 1 Nr. 1), kann in diesen Fällen auch ohne den mit der Fristsetzung verbundenen ausdrücklichen Hinweis nach §§ 219, 223 bis 225 auf eine Beweiserhebung vor der Hauptverhandlung oder auf die Zuziehung weiterer Beweismittel zur Hauptverhandlung hinwirken;125 diese Vorschriften werden durch Absatz 4 nur ergänzt, nicht aber eingeschränkt.
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2. Die Frist, innerhalb der der Antrag auf einzelne Beweiserhebungen zu stellen ist, wird bei Bekanntgabe des Verweisungsbeschlusses bestimmt. Sie muss angemessen sein, denn der Angeklagte muss prüfen können, ob er gegen den veränderten Vorwurf neue Beweismittel benennen kann. Ebenso wie die Frist des § 201 Abs. 1 Satz 1 kann die Frist auf Antrag oder von Amts wegen verlängert werden.126 Die Fristbestimmung obliegt dem Vorsitzenden des verweisenden Gerichts, es ist aber 43 auch zulässig, die Fristbestimmung in den Verweisungsbeschluss aufzunehmen.127 Die Fristsetzung wird grundsätzlich in der Hauptverhandlung mitverkündet. Andernfalls ist nach § 35 Abs. 2 die Verfügung, die die Fristbestimmung enthält, förmlich zuzustellen.128 Mit der Fristsetzung wird zweckmäßigerweise der Hinweis verbunden, dass Beweisanträge bei dem Gericht einzureichen sind, an das verwiesen wurde.129
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KMR/Voll 25; SK/Frister 28; Eb. Schmidt Nachtr. I 4. RGSt 65 363; SK/Frister 28; vgl. LR/Stuckenberg § 265, 12. Alberg/Nüse/Meyer 365; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 36; vgl. LR/Jäger § 225a, 34. Unklar Graf/Peglau 15. Zur strittigen Frage, ob Absatz 4 auch bei einer Verweisung vom Strafrichter an den Jugendrichter usw. anzuwenden ist, vgl. LR/Jäger § 225a, 35; SK/Frister 36.
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Alsberg/Nüse/Meyer 365; KK/Engelhardt 28; SK/Frister 37. Alsberg/Nüse/Meyer 367; KMR/Voll 35; Meyer-Goßner 24; vgl. LR/Jäger § 225a, 39 f. Alsberg/Nüse/Meyer 367; KK/Engelhardt 20; KMR/Voll 35; Meyer-Goßner 24; vgl. Rn. 27. KMR/Voll 35. KMR/Voll 35; Meyer-Goßner 24; SK/Frister 39.
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3. Der Beweisantrag muss die Beweistatsachen und Beweismittel bezeichnen, ist 44 aber sonst an keine besondere Form gebunden. Über ihn entscheidet der Vorsitzende des Gerichts, an das verwiesen worden ist, unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Sachaufklärung nach pflichtgemäßem Ermessen. Für seine Entschließung kommt es nicht nur darauf an, ob die beantragte Beweiserhebung für die Urteilsfindung erheblich ist, sondern darauf, dass Gründe bestehen, die die Erhebung des Beweises vor der Hauptverhandlung erforderlich machen.130 Das kann zutreffen, wenn der Verlust des Beweismittels zu besorgen oder wenn zu erwarten ist, dass sich aus der Beweiserhebung weitere geeignete Beweismittel ergeben, aber auch, wenn es darum geht, vorweg zu klären, ob ein bisher unbekanntes Beweismittel zur Hauptverhandlung zuzuziehen ist, auch um vorzubeugen, dass die Hauptverhandlung später nicht wegen eines in gleicher Richtung zielenden Beweisantrages ausgesetzt werden muss.131 Über die Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen durch einen beauftragten oder ersuchten Richter nach §§ 223, 224 oder die Einnahme eines Augenscheins nach § 225 muss das Gericht entscheiden.132 Andere Maßnahmen, wie etwa die Anordnung der vorsorglichen Einvernahme eines möglicherweise in Betracht kommenden Zeugen durch die Polizei, kann der Vorsitzende anordnen.133 Lehnt der Vorsitzende die Beweiserhebung ab, muss er dies nach § 34 begründen,134 wobei auch hier wie bei § 219 die Ablehnung nicht mit der Zusage einer Wahrunterstellung begründet werden darf.135 Die ablehnende Entscheidung, die nicht an die Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 bis 5 gebunden ist, soll so rechtzeitig ergehen, dass der Angeklagte noch von seinem Recht Gebrauch machen kann, eine Beweisperson nach § 220 selbst zu laden.136 Soweit dem Antrag stattgegeben wird, bedarf die Anordnung der Beweisaufnahme keiner weiteren Begründung.137
VI. Rechtsbehelfe 1. Beschwerde a) Verweisungsbeschluss. Absatz 3 Satz 2 erklärt § 210 für anwendbar. Dem Ange- 45 klagten steht eine Anfechtung des Verweisungsbeschlusses in keinem Fall zu.138 Hinsichtlich der Staatsanwaltschaft führt die entsprechende Anwendung des § 210 46 dazu, dass ihr die (sofortige) Beschwerde nur zusteht, wenn entgegen einem von ihr gestellten Antrag der Beschluss die Sache nicht an das im Antrag bezeichnete, sondern an
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Alsberg/Nüse/Meyer 367 f.; KK/Engelhardt 29; KMR/Voll 36; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 40. KMR/Voll 36; SK/Frister 40. Alsberg/Nüse/Meyer 368; KK/Engelhardt 29; KMR/Voll 36; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 39; Eb. Schmidt Nachtr. I 26. Die allgemeine Abgrenzung der Befugnisse bei Vorbereitung der Hauptverhandlung wird durch Absatz 4 nicht aufgehoben. Zur Abgrenzung vgl. LR/Jäger Vor § 213, 10. Vgl. LR/Jäger § 225a, 46.
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Alsberg/Nüse/Meyer 369; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 40; vgl. LR/Jäger § 219, 13 ff.; a.A. Graf/Peglau 16. Alsberg/Nüse/Meyer 369; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 41. Meyer-Goßner 26; SK/Frister 41. RGSt 3 311; RGRspr. 5 (1883) 691; Graf/ Peglau 13; KK/Engelhardt 25; KMR/Voll 33; Meyer-Goßner 22; SK/Frister 34; HK/Julius 12 lässt die Beschwerde bei Willkür zu; dies kann aber ohnehin im weiteren Verfahren geltend gemacht werden.
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ein Gericht niederer Ordnung verwiesen hat.139 Ansonsten ist eine Beschwerde ausgeschlossen,140 da die Regelung des § 210 abschließend141 ist.
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b) Die Ablehnung der von der Staatsanwaltschaft beantragten Verweisung durch das erkennende Gericht ist eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung im Sinne des § 305. Sie kann nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden. Eine dem § 210 Abs. 2 entsprechende Beschwerdemöglichkeit scheidet aus, da die Ablehnung einer beantragten Verweisung – anders als die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 210 Abs. 2 – das Verfahren nicht beendet, sondern nur eine Zwischenentscheidung ist, die im Rechtsmittelverfahren bei Anfechtung des Urteils zusammen mit diesem nachgeprüft werden kann.142 Der Angeklagte kann nach § 305 Satz 1 ebenfalls keine Beschwerde einlegen, wenn 48 die von ihm angeregte Verweisung an ein höheres Gericht abgelehnt oder seinem Einwand nach § 6a nicht entsprochen wurde.143
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c) Mit der einfachen Beschwerde ist der Beschluss anfechtbar, durch den das Gericht in irriger Anwendung des § 270 die Sache wegen örtlicher Unzuständigkeit an ein gleichgeordnetes Gericht verwiesen hat.144
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d) Die Entscheidungen, mit denen die Frist nach Absatz 4 bestimmt oder durch die eine beantragte Beweiserhebung angeordnet oder abgelehnt wird, sind durch § 305 Satz 1 der Beschwerde entzogen.145 Bei Ablehnung ist es dem Angeklagten unbenommen, in der Hauptverhandlung einen entsprechenden Beweisantrag neu zu stellen und gegebenenfalls die Aussetzung nach § 265 Abs. 4 zu beantragen. Die Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 ist gegen die ablehnende Verfügung des Vorsitzenden nicht möglich.146 2. Revision
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a) Verweisung. Auf einen Verstoß gegen § 270 kann die Revision nur gestützt werden, wenn das Urteil des Gerichts, das auf der Grundlage eines solchen Verweisungsbeschlusses ergangen ist, auf dem Mangel beruhen kann.147 Grundsätzlich ist zu unterscheiden: Die Revision kann die sachliche Unzuständigkeit des Gerichts geltend machen, wenn 52 der Verweisungsbeschluss gegen höherrangiges Recht verstößt, so, wenn er auf sachfremden Überlegungen beruht und sich so weit von jeder vertretbaren Rechtsanwendung ent-
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AK/Wassermann 10; Graf/Peglau 13; KK/Engelhardt 25; KMR/Voll 33; MeyerGoßner 22; SK/Frister 34; Eb. Schmidt 16; vgl. auch OLG Schleswig bei Ernesti/Lorenzen SchlHA 1985 119; ferner LR/Erb § 6a, 25. BGHSt 45 26, 30 mit Anm. Franke NStZ 1999 524; KMR/Voll 33; Meyer-Goßner 22; abw. Graf/Peglau 13 (auch gegen eine aus Sicht der Staatsanwaltschaft unnötige Verweisung). Vgl. LR/Stuckenberg § 210, 5 ff., 8 ff. m.w.N. zum Meinungsstand.
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OLG Braunschweig GA 1959 89 mit Anm. Kleinknecht; KK/Engelhardt 25; KMR/Voll 33; Meyer-Goßner 22; SK/Frister 35. Ausführlicher dazu LR/Gollwitzer 24 40; Eb. Schmidt Nachtr. I 15. Vgl. LR/Erb § 6a, 25. OLG Hamm NJW 1961 232; SK/Frister 34. KK/Engelhardt 29; SK/Frister 43. Alsberg/Nüse/Meyer 370; KMR/Voll 35; SK/Frister 44. Vgl. RGSt 59 300; 62 271.
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fernt hat, dass er einen zumindest objektiv willkürlichen Entzug des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) bedeutet. Eine solche Verweisung hat keine bindende, die Zuständigkeit nach § 269 begründende Wirkung, ganz gleich ob man den Verweisungsbeschluss als nichtig ansieht oder ihm eine formale Transportwirkung zuerkennt.148 Strittig ist nur, ob die sachliche Unzuständigkeit des Gerichts nur bei einer formgerechten Verfahrensrüge nachzuprüfen ist oder ob sie als Verfahrensvoraussetzung in jedem Fall auch ohne jede Rüge vom Revisionsgericht von Amts wegen (§ 6) berücksichtigt werden muss, wie die vorherrschende Meinung zu Recht annimmt.149 Ebenso von Amts wegen und nicht nur aufgrund einer auf § 328 Abs. 2 gestützten ordnungsgemäßen Verfahrensrüge ist nachzuprüfen, ob das Berufungsgericht die sachliche Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz zutreffend beurteilt oder eine willkürliche Verweisung vom Strafrichter an das Schöffengericht zu Unrecht hingenommen hat.150 Liegt sonst ein wirksamer, wenn auch sachlich falscher Verweisungsbeschluss vor, so 53 ist das Gericht, an das verwiesen wurde, daran gebunden und nach § 269 für die Entscheidung sachlich zuständig. Die Verfahrensvoraussetzungen sind gegeben, der Angeklagte ist grundsätzlich auch nicht dadurch beschwert, dass seine Sache von einem Gericht höherer Ordnung entschieden worden ist.151 Gerügt werden kann jedoch, wenn statt des Gerichts, an das verwiesen wurde, ein ranghöheres Gericht zuständig gewesen wäre, so dass das Gericht hätte weiterverweisen müssen.152 Ist der Verweisungsbeschluss als solcher mangelhaft, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob 54 das Urteil auf dem Mangel beruhen kann. Dies wurde beispielsweise auch verneint, wenn dieser (nach damaliger Ansicht unzulässig) außerhalb der Hauptverhandlung erlassen worden war, ein aufgrund einer Verhandlung erlassener Beschluss aber den Angeklagten nicht hätte besser stellen können;153 desgleichen bei ausreichender Ergänzung eines inhaltlich lückenhaften Verweisungsbeschlusses,154 oder, wenn im Verweisungsbeschluss zwar der Anklagesatz fehlt, durch die Verweisung sich aber an der zugelassenen Anklage nichts geändert hatte.155 Wird ein inhaltlich unzulänglicher Verweisungsbeschluss ohne die erforderliche Ergänzung oder Klarstellung der Hauptverhandlung zu Grunde gelegt, kann darin je nach den Umständen ein Verstoß gegen § 243 Abs. 3 liegen.156 b) Ergibt sich aus dem Urteil, dass das Gericht eine nach § 270 gebotene Verweisung 55 unterlassen hat, kann die Verletzung des § 270 gerügt werden. Der Mangel der sachlichen Zuständigkeit muss vom Rechtsmittelgericht auch ohne Rüge von Amts wegen berücksichtigt werden.157 Hält sich das Urteil allerdings im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts, das die Verweisung unterlassen hat, so ist strittig, ob die unterlassene Verweisung vom Angeklagten mit Erfolg beanstandet werden kann.158 Dass ein
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Vgl. Rn. 37. Nachw. zum Streitstand bei LR/Stuckenberg § 269, 14; wie hier AK/Wassermann 8; KMR/Voll 39; SK/Frister 45. Dazu LR/Stuckenberg § 269, 14 m.w.N. BGHSt 21 334, 358; 46 238, 240; bei Pfeiffer NStZ 1981 297; KK/Engelhardt 33; SK/Frister 45; LR/Stuckenberg § 269, 1, 14 m.w.N.; vgl. Rn. 35, 37. KMR/Voll 38; SK/Frister 45. RGSt 52 306; 58 125; 62 272. RGSt 55 242; vgl. Rn. 28.
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BGH bei Dallinger MDR 1966 894. Vgl. LR/Becker § 243, 96. BGHSt 10 76; BGH bei Dallinger MDR 1972 18; BayObLGSt 1985 33 = NStZ 1985 470 mit Anm. Achenbach; AK/Wassermann 11; Graf/Peglau 20; HK/Julius 14; KK/Engelhardt 30; KMR/Voll 37; MeyerGoßner 27; vgl. LR/Franke § 338, 66. BGHSt 1 346, 347 verneint die Beschwer; ebenso KK/Engelhardt 30; KMR/Voll 37; Meyer-Goßner 27; SK/Frister 46; abl. Dallinger MDR 1952 118; vgl. BGHSt 10 64;
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rechtzeitig erhobener Einwand nach § 6a zu Unrecht verworfen wurde, kann nach der herrschenden Rechtsprechung nur bei ausdrücklicher Rüge nach § 338 Nr. 4 mit der Revision beanstandet werden;159 ebenso, dass die Verweisung an das Jugendgericht unterblieben ist.160 Auch ein erwachsener Mitangeklagter kann beanstanden, dass statt des Jugendgerichts ein für Erwachsene zuständiges Gericht entschieden hat.161
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c) Wird keine Frist gemäß Absatz 4 gesetzt, kann daraus ein Revisionsgrund nur hergeleitet werden, wenn dies in der Hauptverhandlung gerügt und die beantragte Aussetzung der Hauptverhandlung entgegen § 265 Abs. 4 abgelehnt worden ist.162 Auf die Ablehnung der beantragten Beweiserhebung kann die Revision in der Regel nicht gestützt werden; die entsprechenden Beweisanträge müssen in der Hauptverhandlung neu gestellt werden.163 Unter dem Blickwinkel der Verletzung der Aufklärungspflicht dürfte eine solche Rüge nur bei Darlegung besonderer Umstände Erfolg haben.164
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d) Wird das Urteil eines Gerichts rechtskräftig, das in Verkennung seiner sachlichen Unzuständigkeit entschieden hat, so ist es wirksam und verbraucht die Strafklage auch hinsichtlich des zur Zuständigkeit des höheren Gerichts gehörenden Gesichtspunkts.165
§ 271 (1) 1 Über die Hauptverhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen und von dem Vorsitzenden und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, soweit dieser in der Hauptverhandlung anwesend war, zu unterschreiben. 2Der Tag der Fertigstellung ist darin anzugeben. (2) 1 Ist der Vorsitzende verhindert, so unterschreibt für ihn der älteste beisitzende Richter. 2I st der Vorsitzende das einzige richterliche Mitglied des Gerichts, so genügt bei seiner Verhinderung die Unterschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
Schrifttum zu §§ 271 bis 274 Bertheau Rügeverkümmerung – Verkümmerung der Revision in Strafsachen, NJW 2010 973; Beulke Berücksichtigungsfähigkeit von Protokollberichtigungen nach Eingang der Revisionsbegründung, FS Böttcher 17; Bohne Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls und Verfahrensrüge, SJZ 1949 760; Börtzler Die Fertigstellung des Protokolls über die Hauptverhandlung, MDR 1972 185; Brand/Petermann Der „Deal“ im Strafverfahren, das Negativattest und die Beweiskraft des Protokolls, NJW 2010 268; Busch Die Zuständigkeit zur Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls, JZ 1964 746; Danckert Die materielle Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls im Strafprozess (2012); Dehne-Niemann Verfassungsrechtliches und Einfachgesetzliches zur nachträg-
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Rieß GA 1976 1, 16 Fn. 88; ferner LR/Franke § 338, 71 ff. AK/Wassermann 11; KMR/Voll 37; Meyer-Goßner 27; vgl. LR/Erb § 6a, 26; LR/Franke § 338, 76. BGHSt 18 79; HK/Julius 14; KMR/Voll 37; Meyer-Goßner 27; vgl. LR/Franke § 338, 77 m.w.N. BGHSt 30 260; BGH StV 1981 77; 1985
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358 (L); SK/Frister 46; vgl. bei § 209 und LR/Franke § 338, 77. Vgl. RGSt 62 272; Graf/Peglau 18; HK/Julius 15; KMR/Voll 40; MeyerGoßner 27; SK/Frister 48. Vgl. LR/Jäger § 225a, 49. Vgl. LR/Jäger § 225a, 49; SK/Frister 48. RGSt 56 351; KMR/Voll 8.
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lichen rügevernichtenden Änderung des Hauptverhandlungsprotokolls, ZStW 121 (2009) 321; ders. Kritische Anmerkungen zur neuen Praxis der „Rügeverkümmerung“, wistra 2011 213; ders. Examensrelevante Rechtsprechung zur „Rügeverkümmerung“, JA 2012 59; Detter Die Beweiskraft des Protokolls und die Wahrheitspflicht der Verfahrensbeteiligten, StraFo 2004 329; Fezer Zur fortschreitenden Relativierung der Verfahrensvorschriften – § 274 StPO als Beispiel, FS Otto 901; Foerster/ Sonnabend Rügeverkümmerung durch Protokollberichtigung im Zivilprozess, NJW 2010 978; Gaede Die Vorlage des 1. Strafsenats zur Rügeverkümmerung: Vorsichtige Förmlichkeit des Gesetzes und effiziente Rechtsfortbildung, HRRS 2006 409; Geißler Untersuchungen zur Revisibilität von Widersprüchen zwischen Strafurteil und Wortprotokoll (2000); Gemählich Das Verbot der Rügeverkümmerung in der obergerichtlichen Rechtsprechung, FS Stöckel 225; Gigerl Die öffentliche Urkunde im Strafrecht, insbesondere ihre Beweisbedeutung für und gegen jedermann (1981); Globke „Verbot der Rügeverkümmerung“: Rechtsfortbildung vor dem Bundesverfassungsgericht, GA 2010 399; Gollwitzer Überlegungen zur Dokumentation von Hauptverhandlung und Urteil im Strafverfahren, FS Gössel 543; Hamm Verkümmerung der Form durch Große Senate oder: Die Pilatusfrage zum Hauptverhandlungsprotokoll, NJW 2007 3166; Hebenstreit Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, HRRS 2008 172; Hendrix/Reiss Die Protokollführung in der Hauptverhandlung der Strafgerichte8 (2000); Heußinger Das Hauptverhandlungsprotokoll, Diss. Würzburg 1922; Hollaender Der Rechtsmissbrauch im Strafverfahren und die Grenzen der Gesetzesauslegung, JR 2007 6; Kahlo Über den Begriff der wesentlichen Förmlichkeit im Strafverfahrensrecht (§ 273 Abs. 1 StPO), FS Meyer-Goßner 447; Kirchberg Vom „Gegenstand“ der Vernehmung oder der Beweisaufnahme im Strafprozeß, DRiZ 1968 233; Klee Das Hauptverhandlungsprotokoll mit Berücksichtigung des neuen Entwurfs, Diss. Würzburg 1923; Knauer Zur Wahrheitspflicht des (Revisions-) Verteidigers, FS Widmaier 291; Kohlhaas Zur Beweiskraft des Sitzungsprotokolls nach § 274 StPO, NJW 1974 23; Krawczyk Der Anfragebeschluss des 1. Strafsenats des BGH vom 12.01.2006 zur Beachtlichkeit nachträglicher Protokollberichtigungen – Steht der Revisionspraxis eine grundlegende Änderung bevor? HRRS 2006 344; ders. Rechtsmissbräuchlichkeit der unwahren Verfahrensrüge – Besprechung des Urteils des 3. Senats vom 11.8.2006 – 3 StR 284/05, HRRS 2007 101; ders. Die Relativierung der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls (§ 274 StPO) in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (2008); Krekeler Wehret auch den „kleinen“ Anfängen oder § 273 Abs. 3 Satz 2 StPO muß bleiben, AnwBl. 1984 417; Kudlich Erosion des Hauptverhandlungsprotokolls durch den Bundesgerichtshof? BLJ 2007 125; ders. „Missbrauch“ durch bewusste Berufung auf ein unrichtiges Hauptverhandlungsprotokoll? HRRS 2007 9; Kudlich/Christensen Die Lücken-Lüge, JZ 2009 943; Kury Zum Umgang mit dem Hauptverhandlungsprotokoll: Ein Beitrag zur Aushöhlung der Protokollbeweiskraft, StraFo 2008 185; Lampe Unzulässigkeit der „Rügeverkümmerung“? NStZ 2006 366; Lindemann/Reichling Sieg der Wahrheit über die Form? Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur „unwahren“ Verfahrensrüge, StV 2007 152; Marxen Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung für Zwecke der Verteidigung, NJW 1977 2188; Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht Der Einsatz akustischer und visueller Dokumentationsverfahren im Strafverfahren (2002); Mertens Die Protokollierung von Beweisergebnissen in der Hauptverhandlung, FS Grünwald 367; Meyer-Goßner Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung – notwendige Reform oder Irrweg? FS Fezer 135; MeyerGoßner/Appl Die Urteile in Strafsachen sowie Beschlüsse, Protokoll der Hauptverhandlung, Anklage und Privatklageschrift28 (2008); Meyer-Mews Das Wortprotokoll in der strafrechtlichen Hauptverhandlung, NJW 2002 103; ders. Wer lügt denn da? StraFo 2007 195; Mittelbach Das Protokoll im Strafprozeß, JR 1955 327; Möllers Nachvollzug ohne Maßstabbildung: richterliche Rechtsfortbildung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, JZ 2009 668; Momsen Zur sog. „Rügeverkümmerung“ vor dem Hintergrund konsensualer Verfahrensbeendigung – Eine Rechtsprechungsanalyse; zugleich ein Nachruf auf den Grundsatz der negativen Beweiskraft des Sitzungsprotokolls, FS Egon Müller 457; Eckh. Müller Berufsbild und Berufsethos des Strafverteidigers, NJW 2009 3745; Egon Müller Zur Protokollierung gemäß § 273 Abs. 3 StPO, FS Volk 485; Nack/Park/Brauneisen Gesetzesvorschlag der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verbesserung der Wahrheitsfindung im Strafverfahren durch den verstärkten Einsatz von Bild- und Tontechnik, NStZ 2011 310; Nestler Der richterzentrierte Strafprozeß und die Richtigkeit des Urteils – Zur Notwendigkeit eines Wortprotokolls in der Hauptverhandlung, FS Lüderssen 727; Niemöller Das Negativattest im Protokoll (§ 273 Abs. 1a Satz 3 StPO), FS Rissing-van Saan 393; Ortloff Die Hauptver-
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handlungsprotokolle, GA 44 (1896) 98; Ott Die Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls im Strafverfahren und das Verbot der Rügeverkümmerung, Diss. Göttingen 1970; Park Die Beweiskraft des Protokolls und die Wahrheitspflicht der Verfahrensbeteiligten, StraFo 2004 335; Pauly Zur Auslegung der Vorschriften über das Hauptverhandlungsprotokoll, FS Rissing-van Saan 425; Pecher Über zivilrechtliche Vergleiche im Strafverfahren, NJW 1981 2170; Pfordte Gedanken zur Protokollierungspflicht im Strafverfahren, FS 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut 519; Pusz Handbuch der Protokollführung in Strafsachen8 (2011); Ranft Hauptverhandlungsprotokoll und Verfahrensrüge im Strafprozeßrecht, JuS 1994 785; 867; Rassow Sitzungsprotokoll und Tonband, NJW 1958 653; Reichling Die vollständige Protokollierung in der Hauptverhandlung in Strafsachen gemäß § 273 Abs. 3 StPO (2003); Röhl Hauptverhandlungsprotokoll auf Tonband? JZ 1956 591; Roggemann Das Tonband im Verfahrensrecht (1962); ders. Tonbandaufnahmen während der Hauptverhandlung, JR 1966 47; Rüthers Trendwende im BVerfG? Über die Grenzen des „Richterstaates“, NJW 2009 1461; Sailer Inhaltsprotokoll und rechtliches Gehör, NJW 1977 24; Salditt Der Gesetzgeber und die Beurkundung der Hauptverhandlung, FS Meyer-Goßner 469; Satzger/Hanft Erheben einer bewusst unwahren Protokollrüge im Rahmen der Revision als Rechtsmissbrauch? NStZ 2007 185; G. Schäfer Gedanken zur Beweiskraft des tatrichterlichen Verhandlungsprotokolls unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, FS BGH 707; Schlothauer Zur Immunisierung tatrichterlicher Urteile gegen verfahrensrechtlich begründete Revisionen, FS Hamm 655; M. Schmid Die wörtliche Protokollierung einer Aussage in der Hauptverhandlung, NJW 1981 1353; W. Schmid Haben die Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung Anspruch auf Protokollierung von Verfahrensfehlern? GA 1962 353; Schröder Das Wortlautprotokoll als revisionsrechtlicher Nachweis eines Widerspruches zwischen tatrichterlichem Strafurteil und dem Inbegriff der mündlichen Hauptverhandlung (1996); ders. Die Verantwortung des Strafrichters für das Urteil und der Anspruch auf wörtliche Protokollierung einer Aussage, in: Duttge (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit [Schlüchter-Festgabe] (1998) 97; Schumann Protokollberichtigung, freie Beweiswürdigung und formelle Wahrheit im Strafverfahren, JZ 2007 927; Schünemann Die Etablierung der Rügeverkümmerung durch den BGH und deren Tolerierung durch das BVerfG: 140 Jahre Rechtsprechung werden zu Makulatur, StV 2010 538; Sieg Protokollformulare und Zeugenbelehrung, StV 1985 130; Sieß Protokollierungspflicht und freie Beweiswürdigung im Strafprozeß, NJW 1982 1625; Stenglein Das Protokoll in der Hauptverhandlung, GS 45 (1891) 81; Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wahrheitsfindung im Strafverfahren durch verstärkten Einsatz von Bild-Ton-Technik, BRAK-Stellungnahme 1/2010; Tepperwien Die unwahre Verfahrensrüge – unzeitgemäßer Sieg der Form? FS Meyer-Goßner 595; Uetermeier Kein Wortprotokoll in der strafrechtlichen Hauptverhandlung, NJW 2002 2298; Ulsenheimer Die Verletzung der Protokollierungspflicht im Strafprozeß und ihre revisionsrechtliche Bedeutung, NJW 1980 2273; Valerius Zur Berufung der Revisionsverteidigung auf ein unwahres Protokoll, FS Paulus 175; Ventzke Auf der Jagd nach der Wahrheit? HRRS 2008 180; ders. Pleiten, Pech und Pannen – Ein Blick auf die revisionsgerichtliche Praxis der strafverfahrensrechtlichen Rügeverkümmerung, HRRS 2011 338; Wagner Missbrauch der Verfahrensrüge bei unrichtigem Protokoll – Verletzung des Verfahrensrechts durch den 3. Strafsenat? StraFo 2007 496; ders. Die Beachtlichkeit von Protokollberichtigungen für das Revisionsverfahren, GA 2008 442; Werner Das Protokoll im Strafprozeß, DRiZ 1955 180; Ziegert Die Entdeckung der Wahrheit, FS Volk 901. Vgl. ferner die Verhandlungen des 41. Deutschen Juristentages, Bd. II, Das Protokoll im Strafprozeß; dazu JZ 1955 653.
Entstehungsgeschichte. Abgesehen von der Anpassung der Bezeichnungen in den Jahren 1924 („Vorsitzender“ statt „Amtsrichter“ in Absatz 2 Satz 2) und 1927 („Urkundsbeamter“ statt „Gerichtsschreiber“) blieb die Vorschrift inhaltlich im Wesentlichen unverändert. Art. 7 Nr. 14 StPÄG 1964 hat bei Absatz 1 den zweiten Satz angefügt, um der gleichzeitigen Neufassung des § 273 Abs. 4, wonach das Urteil nicht vor Fertigstellung des Protokolls zugestellt werden darf, Rechnung zu tragen. Art. 3 Nr. 14 JuMoG hat Absatz 1 Satz 1 um den Satzteil „soweit dieser in der Hauptverhandlung anwesend war“ eingefügt, weil der gleichzeitig eingefügte § 226 Abs. 2 es dem Strafrichter erlaubt, von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten abzusehen.
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Übersicht Rn. I. Verhandlungsprotokoll 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . 2. Form a) Allgemein gebräuchliche Schrift . b) Vordrucke . . . . . . . . . . . . c) Niederschrift in fremder Sprache . d) Keine Verlesung . . . . . . . . . 3. Einheit des Protokolls a) Zusammengehörende Einheit . . b) Wechsel des Urkundsbeamten . . 4. Verantwortlichkeit a) Eigene Befugnis als Urkundsperson b) Vorsitzender . . . . . . . . . . . c) Meinungsverschiedenheit . . . . 5. Unterschriften a) Eigenhändige Unterschrift . . . . b) Verhinderung . . . . . . . . . . c) Verhinderungsvermerk . . . . . . 6. Vermerk des Tags der Fertigstellung a) Fertigstellung . . . . . . . . . . b) Form des Vermerks . . . . . . . c) Einsichtnahme, Abschriften . . .
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II. Änderung und Berichtigung des Protokolls 1. Änderungen und Ergänzungen des noch nicht abgeschlossenen Protokolls . . . 2. Begriff und Gegenstand der Berichtigung a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . b) Alle in das Protokoll aufgenommenen Ereignisse . . . . . . . . . .
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Rn. 3. Voraussetzungen a) Zeitlich unbegrenzt . . . . . . . . b) Auf Antrag oder von Amts wegen . c) Übereinstimmung von Vorsitzendem und Urkundsbeamtem . . . . . . . 4. Form der Berichtigung . . . . . . . . 5. Ablehnung des Antrags . . . . . . . . 6. Wirksamkeit a) Für und gegen alle Verfahrensbeteiligten . . . . . . . . . . . . . b) Berichtigungen ohne Einfluss auf die Beweiskraft des Protokolls . . . . . c) Frühere Ausnahme bei Rügeverkümmerung . . . . . . . . . . . . d) Rechtsprechungsänderung . . . . . e) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . 7. Besonderes Protokollberichtigungsverfahren bei Rügeverkümmerung a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen . . . . . . . . . . . . . c) Fehlerfolgen . . . . . . . . . . . . 8. Wiederherstellung eines verlorenen Protokolls . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsmittel 1. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . 2. Revision . . . . . . . . . . . . . . .
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Alphabetische Übersicht Abschnittsprotokoll 11, 22, 33 Abschriften des Protokolls 38 Aktenbestandteil 2, 38 Akteneinsicht 38, 40, 59 Änderungen des Protokolls 15 ff., 20, 29, 32, 37 f., 39 ff. Anlagen des Protokolls 20 Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 75 Aufzeichnungen, gerichtsinterne 2 f., 38, 49 Berichtigung des Protokolls 16, 32, 41, 43 ff. – Ablehnung 54, 70 ff. – Auf Antrag oder von Amts wegen 47 – Beachtlichkeit für Revisionsgericht 46, 50, 55 ff., 67 f., 69 – Beschwerdegericht nicht befugt 73 – Beweiskraft 50, 55 ff., 67 f., 69 – Ermittlungen 49, 54, 65 f., 69 – Form 52 ff. – Verfahren nach Rechtsmitteleinlegung 65 ff. – Verhinderung einer Urkundsperson 51 – Wirkung 55 ff., 67 f., 69 Beschaffenheit, äußere 5 Beschwerde 70 ff. Beweiskraft des Protokolls 1 f., 5 f., 15 f., 19 f., 41 f., 50, 55 ff., 67 f., 69, 70 f., 77 ff.
Einheit des Protokolls 10 ff. Fälschung des Protokolls 63, 77 Fertigstellungsvermerk 29 ff., 41 – Form 37 Freie Beweiswürdigung 67, 78 f. Fremdsprachige Niederschrift 8 Gedächtnislücke 27, 49 Geheimhaltungspflichten 38 Hauptverhandlung, mehrtägige 22 Hilfsmittel als Gedächtnisstütze 2 f. Hinderungsgründe für Protokollunterzeichnung 25 Kurzschrift 2 f. Meinungsverschiedenheit zwischen Vorsitzendem und Urkundsbeamten 18 f., 48, 54 Namensstempel 20 Namensverwechslung 57 Offensichtliche Irrtümer 57 Protokoll – Begriff 1, 10 f. – Fehlen 78 – Fertigstellung 11, 15 f., 20, 29 ff., 41 ff. – Korrekturen 5, 16 – Mängel 76 ff. – Reformbedarf 1, 64 – Verlesen und Genehmigung 9, 44
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Protokollrügen 76 ff. Randvermerke 5 f., 16, 53 Reihenfolge der Vorgänge 4 Reinschrift 2 Revision 1, 40 ff., 50, 56, 58 ff., 67 f., 76 ff. – Fristlauf nach Berichtigung, Wiedereinsetzung 56 Rügeverkümmerung 46, 50, 58 ff. Sammelvermerke 4, 13 Schreibfehler 57 Schrift, allgemein gebräuchliche 2 Teilprotokolle 33 Tonbandaufzeichnungen 3 Unterbrechung der Hauptverhandlung 9 Unterschriften 13, 16, 20 ff., 29 ff., 42, 51 – bei Aufnahme des Urteils 23 – eigenhändige 20 – Nachholung 21 – Verhinderung des Urkundsbeamten 26 – Verhinderung des Vorsitzenden 24 f.
– Verhinderungsvermerk 28 – Verweigerung 31 – Zeitpunkt 21 Urkundsbeamter 14, 16 – Wechsel 13 Urteil, Aufnahme ins Protokoll 23 Urteilsberatung 34 Verhinderungsvermerk 28, 30 Verteidiger, Einsicht ins Protokoll 11, 38, 40, 59 – Revisionsrügen 62 f., 79 f. Videoaufzeichnungen 1, 3, 64 Vordrucke 7 Vorsitzender 13 ff., 39, 42, 48 ff. – Weisungen an Urkundsbeamten 15, 18 Wesentliche Förmlichkeit 1, 12, 35, 44, 57, 72 Wiederaufnahmeverfahren 45 Wiederherstellung des Protokolls 69 Zusammenfassungen im Protokoll 4, 13
I. Verhandlungsprotokoll 1
1. Begriff. Ein Verhandlungsprotokoll1 ist eine allgemein lesbare Niederschrift (Rn. 2), die die Hauptverhandlung und ihren Verlauf nach Maßgabe der §§ 272, 273 mit Beweiskraft beurkundet (§ 274), wenn die Urkundspersonen durch ihre Unterschrift die Verantwortung dafür übernommen haben.2 Zweck des Protokolls ist, die Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens zu belegen, jedoch weder die vollständige Dokumentation der Hauptverhandlung noch der erhobenen Beweise, zumal auch die Sonderregelung des § 273 Abs. 2 für das amtsgerichtliche Verfahren nur die Protokollierung der wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen vorsieht. Diese thematische Lückenhaftigkeit führt zu sachlich nicht gerechtfertigten Unterschieden der Möglichkeiten revisionsgerichtlicher Kontrolle der Beweiserhebung und Beweiswürdigung.3 Die Fehleranfälligkeit der Methode der Niederschrift führt zudem auch bei den zu dokumentierenden wesentlichen Förmlichkeiten zu misslichem Streit über nachträgliche Berichtigungen (Rn. 43 ff., 58 ff.). Angesichts dieser Missstände erscheint eine wohlüberlegte Reform geboten,4 bei der der Gesetzgeber Forderungen nach umfassenderer und zuverlässigerer Dokumentation5 durch Einsatz heutiger Techniken wie der audiovisuellen Aufzeichnung6 des Verfahrens-
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Zur Rechtsnatur des Protokolls als gerichtliche Urkunde vgl. LR/Stuckenberg § 274, 3. Zum Zweck des Protokolls vgl. LR/Stuckenberg § 273, 1; ferner RGSt 55 1; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Gemählich 1. Zutr. SK/Frister 2. Ähnl. SK/Frister 3. Zu beachten sind insbesondere die Auswirkungen auf die ordentlichen Rechtsmittel und die Wiederaufnahme, dazu Meyer-Goßner FS Fezer 135, 140 ff., 145 ff. Z.B. Grünwald Gutachten 50. DJT 1974, C 56 ff.; Mertens FS Grünwald 367, 374 ff.; Nestler FS Lüderssen 727, 736 ff.; Salditt StraFo 1990 54, 58 ff.; ders. FS Meyer-
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Goßner 469, 478 ff.; vgl. auch Reichling 301 ff. Vgl. den Gesetzesvorschlag des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer 27 ff.; dazu Nack/Park/Brauneisen NStZ 2011 310, 313 f.; Krawczyk 287 ff.; Malek StV 2011 559, 564; Momsen FS Egon Müller 457, 458; Schlothauer FS Hamm 655, 675 m.w.N.; Schünemann StV 2010 538, 544; s.a. Hamm 291; Pfordte FS 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut 519, 527 ff.; Salditt FS Meyer-Goßner 469, 480 f.; krit. Reichling 305 ff.; a.A. Meyer-Goßner FS Fezer 135, 145 ff., 147 ff., 150 wegen der Befürchtung, die Revision würde zu einer „minderen Berufung“ mutie-
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ablaufs, wie sie andere moderne Verfahrensordnungen7 bereits kennen, über den zaghaften Anfang in § 273 Abs. 2 Satz 2 und 3 hinaus genauso ernsthaft erwägen sollte wie den Verzicht auf die vormoderne Beweisregel des § 274 (Rn. 64). 2. Form a) Das Protokoll muss in einer gewöhnlichen, im alltäglichen Leben für die deutsche 2 Sprache allgemein gebräuchlichen Schrift (Hand- oder Maschinenschrift, vgl. bei § 168a) gefertigt sein, nicht etwa in Kurzschrift.8 Dies gilt auch für Äußerungen, die nach § 273 Abs. 3 wörtlich in das Protokoll aufgenommen werden. Da das in Druckschrift oder handschriftlich in gewöhnlicher Langschrift zu fertigende Protokoll nicht in der Sitzung hergestellt werden muss, sondern auch nachträglich gefertigt werden darf,9 ist es zulässig und bei länger dauernden Hauptverhandlungen meist unerlässlich, in der Hauptverhandlung Aufzeichnungen in Kurzschrift zu machen, um eine brauchbare und verlässliche Grundlage für die spätere Fertigung des Protokolls zu haben. Das mit Beweiskraft nach § 274 ausgestattete Protokoll ist aber immer nur die unterschriebene Reinschrift und nicht die ihr zugrunde liegenden Notizen oder Tonbänder. Ob § 168a Abs. 2 Satz 1 auf die vorläufigen Aufzeichnungen anwendbar ist, ist strittig,10 eine entsprechende Anwendung des § 168a Abs. 3 wird dagegen verneint.11 Anders als etwa die zu Beweiszwecken nach § 247a Satz 4 vorgenommenen Aufzeichnungen sind Aufzeichnungen, die nur der Erleichterung der Protokollierung dienen sollen, lediglich Hilfsmittel für diesen Zweck; wollte man ihnen eine darüber hinausreichende selbständige Bedeutung zuerkennen, wäre dies mit der Bedeutung des allein maßgeblichen Sitzungsprotokolls unvereinbar. Solche ausschließlich für den persönlichen Gebrauch gefertigten Gedächtnisstützen werden nach vorherrschender Ansicht nicht Bestandteil der Akten; sie müssen weder aufbewahrt noch den Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht werden.12 Tonband- oder Videoaufzeichnungen der Hauptverhandlung oder einzelner ihrer Ab- 3 schnitte können nicht das Protokoll ersetzen,13 ganz gleich, auf wessen Veranlassung und
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ren. Es bedarf weiterer Untersuchung, möglichst unter Einbeziehung rechtsvergleichender Erfahrungen, ob ein auf Rechtskontrolle beschränktes Rechtsmittel wie die Revision nur hinter einem „Schleier des Halbwissens“ in Gestalt fragmentarischer tatgerichtlicher Protokolle funktionsfähig ist oder ob sich gangbare Wege finden, bessere Dokumentation und handhabbare Rechtskontrolle zu vereinbaren, vgl. Salditt FS Meyer-Goßner 469, 478 ff.; Nestler FS Lüderssen 727, 735 f. Die Begründung der ablehnenden Haltung des Entwurfs BRDrucks. 829/03 S. 28 f., auch BTDrucks. 15 1976 S. 13, stellt die Schlussfolgerungen des Gutachtens des Max-PlanckInstituts zum Einsatz akustischer und visueller Dokumentationsverfahren im Strafverfahren (dort S. 495 f., 505 f.) auf den Kopf. Z.B. § 271a öStPO, Art. 76 Abs. 4 Satz 1 schwStPO sowie die internationalen Strafgerichte; s.a. das Gutachten des Max-PlanckInstituts zum Einsatz akustischer und visueller
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Dokumentationsverfahren im Strafverfahren 138 ff. (Spanien), 182 ff. (Schweden), 212 ff. (Polen), 298 ff. (U.S.A.), 389 ff. (Australien). RGSt 55 1; BGHSt 19 193; KK/Engelhardt 4; Meyer-Goßner 6, 9. BGH GA 1960 61. Verneinend OLG Koblenz NStZ 1988 42; KMR/Gemählich 2; Meyer-Goßner 8 f.; SK/Frister 13; bejahend Kühne StV 1991 104; vgl. auch HK/Julius 2. Meyer-Goßner 9. BGHSt 29 394; BGH bei Dallinger MDR 1973 903; OLG Koblenz NStZ 1988 42; vgl. auch OLG Karlsruhe Justiz 1981 483; KK/Engelhardt 5; KMR/Gemählich 2, 15; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 13; a.A. Arndt NJW 1966 2204; Marxen NJW 1977 2189; H. Schäfer NStZ 1984 205; vgl. auch HK/Julius 11. BGHSt 19 193; BGH NStZ 1982 204; bei Spiegel DAR 1982 204; OLG Karlsruhe Justiz 1981 483; OLG Koblenz NStZ 1988
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zu welchen Zwecken sie aufgenommen worden sind und wieweit für die Aufnahme die Zustimmung des Sprechenden erforderlich war.14 Stehen sie den Urkundsbeamten zur Verfügung, können sie als Hilfsmittel zur Gedächtnisstütze bei der Fertigstellung des Protokolls herangezogen werden wie etwa die üblicherweise in Kurzschrift aufgenommenen Notizen.15 Solche Aufzeichnungen außerhalb des Protokolls sind zulässig. Die nach § 273 in das Protokoll aufzunehmenden Verfahrensvorgänge sind grund4 sätzlich in der Reihenfolge im Protokoll festzuhalten, in der sie sich ereignet haben. Die Einhaltung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Ordnung des Verfahrensganges muss erkennbar sein.16 Nur wenn dies nicht in Frage gestellt wird, sind Zusammenfassungen gleichartiger Vorgänge in einem Vermerk zulässig, etwa, dass der Angeklagte nach jedem Beweismittel gemäß § 257 befragt wurde.17 Auf welche Verfahrensvorgänge sich ein solcher Sammelvermerk bezieht, muss eindeutig klargestellt werden.18 Die äußere Beschaffenheit des Protokolls muss seiner Bedeutung entsprechen; ein 5 Ausschaben oder Überkleben ist unstatthaft,19 ein Durchstreichen oder Hineinschreiben von Sätzen oder Worten ist möglichst zu vermeiden.20 Vorzuziehen ist die Änderung durch Randvermerke (Rn. 6), die vom Vorsitzenden und vom Protokollführer abzuzeichnen sind.21 Die Wirkung etwaiger Verstöße ist nicht besonders geregelt. Es bleibt dem Richter überlassen, den Einfluss eines Verstoßes der fraglichen Art auf die Beweiskraft des Protokolls nach freiem Ermessen zu würdigen.22 Regelmäßig kann durch einen solchen Verstoß nicht die Beweiskraft des ganzen Protokolls, sondern nur die des betreffenden Satzes oder Teils in Frage gestellt werden.23 Werden dem Protokoll Randvermerke hinzugefügt, so bedürfen diese der besonderen 6 Beglaubigung durch die Unterschriften des Vorsitzenden und des Urkundsbeamten (Rn. 16). Die Folge des Mangels dieser Beglaubigung würde indes auch nur sein können, dass der Randvermerk und unter Umständen auch der Satz, zu dessen Ergänzung er dienen soll, der Beweiskraft entbehren würde.24
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b) Vordrucke dürfen für das Protokoll verwendet werden. Dies kann zweckmäßig sein, da hierdurch die Beachtung der in jedes Protokoll gehörenden Formalien erleichtert wird. Die Verwendung von Formularen birgt aber eine Reihe von Gefahren in sich.25 Vor allem ist auf die Streichung der im Einzelfall nicht zutreffenden Teile des Vordrucks erhöhte Aufmerksamkeit zu richten, um eine häufige Fehlerquelle auszuschließen.
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42; Rassow NJW 1958 653; Röhl JZ 1956 591; Eb. Schmidt JZ 1956 206; h.M., so auch AK/Lemke 1 und die Nachw. in Fn. 14. Insoweit sind einzelne Fragen strittig, vgl. etwa restriktiv OLG Düsseldorf StV 1991 102 mit Anm. Kühne; OLG Schleswig NStZ 1992 399 mit Anm. Molketin NStZ 1993 345; s.a. Marxen NJW 1977 2188; Roggemann JR 1966 47; H. Schäfer NStZ 1984 205; HK/Julius 2; KK/Engelhardt 4; KMR/Gemählich 2; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 13. RGSt 65 434, 436; Meyer-Goßner 9; MeyerGoßner/Appl 903, 1029; Bruns GA 1960 162; Henkel JZ 1957 148, 154; Rassow NJW 1958 653; Schmitt JuS 1961 19. Meyer-Goßner 12.
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Meyer-Goßner 12; SK/Frister 11; weitere Beispiele bei Meyer-Goßner/Appl 907. Vgl. Rn. 13 bei Wechsel des Urkundsbeamten. RG GA 47 (1900) 377; Meyer-Goßner 11; SK/Frister 14. Meyer-Goßner 11. KMR/Gemählich 3; SK/Frister 14. RG GA 46 (1898/99) 132; LZ 1914 196. RGSt 27 169; HK/Julius 4; Meyer-Goßner 11; SK/Frister 14; vgl. LR/Stuckenberg § 274, 29 ff., 33. RGRspr. 2 (1880) 658; RGSt 1 242; 20 425; RG GA 61 (1914) 341; Meyer-Goßner 11. Graf/Peglau 10; Kohlhaas NJW 1974 23; Sieg StV 1985 130 (zu BGH StV 1984 405).
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c) Die Niederschrift einzelner Aussagen usw. in einer fremden Sprache ist nach § 185 8 GVG zulässig, nicht jedoch die Abfassung des ganzen Protokolls.26 d) Eine Verlesung und Genehmigung des Protokolls findet nicht statt; eine Ausnahme 9 findet sich in § 273 Abs. 3. 3. Einheit des Protokolls a) Das Protokoll über die Hauptverhandlung bildet eine zusammengehörende 10 Einheit, auch wenn die Hauptverhandlung mehrere Tage gedauert hat und für jeden Tag ein besonderes Protokoll aufgenommen worden ist.27 Es steht im Ermessen der für die Protokollführung verantwortlichen Personen (Vor- 11 sitzender und Urkundsbeamter), ob sie bei einer mehrtägigen Hauptverhandlung für jeden Tag ein besonderes Abschnittsprotokoll oder nur ein auch rein äußerlich einheitliches Protokoll mit nur einmaligem Abschluss herstellen wollen.28 Es ist allerdings wenig zweckmäßig, wenn das Protokoll einer mehrere Monate andauernden Verhandlung erst nach der Urteilsverkündung erstellt wird.29 Die Verfahrensbeteiligten, insbesondere Verteidiger, haben aber keinen Anspruch, dass das Protokoll bei einer mehrwöchentlichen Verhandlung durch mehrere Abschlüsse unterteilt wird.30 Auch bei abschnittsweiser Erstellung bleibt das Sitzungsprotokoll ein aus seiner Gesamtheit heraus „auslegungsfähiges Ganzes“.31 Die im Protokoll zu Beginn des Prozesses festgestellte Anwesenheit der Personen bestätigt dies auch dann grundsätzlich für die ganze Hauptverhandlung, wenn nicht an einer späteren Stelle festgehalten ist, dass eine zu Beginn noch nicht anwesende Person hinzugekommen ist oder sich eine Person entfernt hat.32 Das beweiskräftige Sitzungsprotokoll ist erst fertiggestellt (Absatz 1 Satz 2; § 273 Abs. 4), wenn die Urkundspersonen nach Schluss der Hauptverhandlung den letzten Teilabschnitt und damit die ganze Niederschrift unterschrieben haben.33 Wird die Hauptverhandlung unterbrochen, braucht das Protokoll nicht jedesmal ab- 12 geschlossen werden. Es kann zweckmäßig sein, die Unterbrechung und ihre Dauer zu vermerken, jedoch gehören kürzere Unterbrechungen am gleichen Tage – etwa für eine Mittagspause – nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten, die nur durch das Protokoll beweisbar sind.34 b) Wechselt der Urkundsbeamte während der Hauptverhandlung, hat jeder Beamte 13 den von ihm beurkundeten Teil zu unterschreiben und damit abzuschließen.35 Dabei sind
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Wegen der Einzelheiten vgl. bei § 185 GVG. BVerfG StV 2002 521; BGHSt 16 306; 29 394; BGH bei Dallinger MDR 1975 742; bei Pfeiffer NStZ 1981 297; AK/Lemke 2; Graf/ Peglau 2; KK/Engelhardt 3; KMR/Gemählich 4 f.; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 4; Hanack JZ 1972 489. RGSt 30 205; RG JW 1901 690; 1925 2785; BGHSt 16 301; OLG Düsseldorf JMBlNW 1963 215; KK/Engelhardt 3; KMR/Gemählich 4; SK/Frister 4. Bendix ZStW 39 (1918) 12; Meyer-Goßner 2. Busch JZ 1964 750 empfiehlt de lege ferenda für jeden Tag ein besonderes Protokoll.
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BGH NStZ 1993 141. Hanack JZ 1972 489. BGH NJW 1994 3364; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 5; vgl. auch Rn. 13. BGH bei Dallinger MDR 1975 724; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 2 unter Hinweis auf BVerfG, vgl. Rn. 29, 38. BGH JZ 1967 185; AK/Lemke 2; vgl. LR/Stuckenberg § 272, 8 m.w.N. BGH bei Kusch NStZ 1992 29; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1947 89; vgl. LR/Becker § 226, 10; LR/Stuckenberg § 272, 12.
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grundsätzlich Sammelvermerke über nach bestimmten Verfahrensvorgängen wiederkehrende Aufforderungen usw., die an sich für die ganze Hauptverhandlung gelten sollen und deshalb üblicherweise am Schluss des Protokolls aufgenommen werden, wie etwa die Beachtung der Vorschrift des § 257, von jedem der mehreren Urkundsbeamten für den von ihm protokollierten Verfahrensteil zu bezeugen. Er muss sie deshalb in den von ihm beurkundeten Teil der Hauptverhandlung aufnehmen;36 andernfalls muss ein nur am Schluss des Protokolls gebrachter Sammelvermerk – zweckmäßigerweise in Verbindung mit dem Hinweis, dass er auch für die gesondert protokollierten Verfahrensabschnitte gilt – durch die zusätzlichen Unterschriften aller Protokollführer gedeckt sein. Der Vorsitzende ist nicht gehalten, die Sitzungsniederschrift jeweils dann durch seine Unterschrift abzuschließen, wenn der Urkundsbeamte wechselt. Seine Unterschrift am Schluss der Sitzungsniederschrift deckt ihren ganzen Inhalt auch dann, wenn der Urkundsbeamte im Laufe der Verhandlung gewechselt hat.37 4. Verantwortlichkeit
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a) Die Beurkundung der Vorgänge der Hauptverhandlung in der Sitzungsniederschrift ist dem Vorsitzenden und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 153 GVG)38 zur selbständigen Erledigung zu übertragen (§ 226 Abs. 1). Sie üben insoweit eine eigene Befugnis als Urkundsperson aus; sie handeln nicht für das Gericht (vgl. Rn. 75). Das Festhalten der protokollierungsbedürftigen Vorgänge in der Hauptverhandlung und die Fertigung des Protokolls, die nicht in der Hauptverhandlung zu geschehen braucht, obliegt dem Urkundsbeamten in eigener Verantwortung, wobei ihn Nr. 144 Abs. 1 RiStBV anhält, das Protokoll über die Hauptverhandlung wegen seiner weittragenden Bedeutung besonders sorgfältig abzufassen. Nur in den Fällen des § 226 Abs. 2 ist der Vorsitzende allein für die Sitzungsniederschrift verantwortlich.39
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b) Der Vorsitzende, nicht das Gericht, ist für die richtige und vollständige Beurkundung der Hauptverhandlung im gleichen Maße wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle verantwortlich. Vor der Unterzeichnung durch den Vorsitzenden liegt kein fertiggestelltes Protokoll vor. Es ist seine Aufgabe (vgl. Nr. 144 Abs. 1 RiStBV), den Urkundsbeamten zur sachgerechten Beurkundung anzuhalten, den Protokollentwurf zu prüfen und auf die erforderlichen Änderungen oder Ergänzungen hinzuwirken.40 Diese Aufgabe kann nicht ernst genug genommen werden; in der Praxis führen zahlreiche Verfahrensrügen nicht etwa deshalb zum Erfolg, weil dem Gericht ein Fehler unterlaufen ist, sondern, weil das Protokoll unzulänglich geführt und im Drang der Geschäfte nicht gründlich genug vom Vorsitzenden überprüft worden ist und deshalb Unrichtigkeiten und Mängel enthält, auf die sich die Verfahrensrügen, insbesondere auch wegen der negativen Beweiskraft (§ 274), mit Erfolg gründen lassen. Hat der Vorsitzende das Protokoll unterschrieben ohne es durchzusehen, so kann er dessen Abschluss (Fertigstellung) nicht damit in Abrede stellen, dass er das nur getan habe, um die Urteilsformel zu decken.41 Werden dem Vorsitzenden die vom Urkundsbeamten gefertigten und unterzeichneten 16 Protokolle vorgelegt, so ist er berechtigt und verpflichtet, für alle erforderlichen Berichti-
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KMR/Gemählich 5; SK/Frister 16; vgl. Rn. 4. KMR/Gemählich 5; Meyer-Goßner 2. Zur Heranziehung von Referendaren vgl. OLG Dresden StV 2004 368.
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Vgl. LR/Becker § 226, 23 f. KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 9. RGSt 68 244.
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gungen oder Ergänzungen der Niederschrift zu sorgen.42 Er kann das Protokoll zu diesem Zweck dem Protokollführer zurückgeben, es ist aber auch zulässig, dass er selbst die Änderungen und Ergänzungen in das Protokoll hineinschreibt, da nirgends vorgeschrieben ist, dass das Protokoll von der Hand des Urkundsbeamten fertiggestellt werden muss. Unerlässlich ist aber stets, dass der Protokollführer den Abänderungen zustimmt, was voraussetzt, dass er sich zumindest nachträglich an den Vorgang noch oder wieder erinnert, so dass er die Protokollierung auch insoweit mittragen kann.43 Dass der Urkundsbeamte nachträglich einer vom Vorsitzenden selbst vorgenommenen Änderung zugestimmt hat, muss zwar nicht zwingend notwendig im Protokoll selbst zum Ausdruck kommen.44 Um in solchen Fällen aber jeden die Beweiskraft zerstörenden Zweifel auszuschließen, sollte das Protokoll selbst unzweideutig (am besten durch Abzeichnung der Änderung am Rande mit Datum45) erkennen lassen, dass beide Urkundspersonen durch ihre Unterschrift die Verantwortlichkeit für die Änderung übernommen haben, damit die Ergänzung oder Umarbeitung als beweiskräftiger Teil des Protokolls (§ 274) gelten kann.46 Die im Voraus erklärte Einwilligung des Urkundsbeamten in die dem Vorsitzenden 17 angebracht erscheinenden Änderungen des vom Urkundsbeamten aufgenommenen und unterschriebenen Protokolls ist nicht geeignet, die vom Vorsitzenden bewirkten Änderungen beweiskräftig zu machen.47 c) Der Vorsitzende kann den Urkundsbeamten bei einer Meinungsverschiedenheit 18 über den tatsächlichen Verlauf eines zu beurkundenden Vorgangs nicht anweisen, die von ihm für richtig gehaltene Darstellung in das Protokoll aufzunehmen.48 Er muss bei Meinungsverschiedenheiten über den Verfahrenshergang versuchen, die tatsächlichen Vorgänge eventuell durch Befragung der anderen Prozessbeteiligten aufzuklären, um so doch noch zu einer übereinstimmenden Beurkundung zu kommen. Betrifft die Meinungsverschiedenheit dagegen nur die Rechtsfrage, ob ein unstrittiger tatsächlicher Vorgang im Protokoll festgehalten werden muss, kann der Vorsitzende die von ihm aus Rechtsgründen für notwendig gehaltene Protokollierung anordnen.49 Ob er umgekehrt auch anordnen könnte, dass eine von ihm aus Rechtsgründen als überflüssig angesehene Protokollierung unterbleibt, ist zweifelhaft,50 praktisch wird sich in solchen Fällen die Aufnahme
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RGRspr. 5 (1883) 191; RGSt 20 227; BGH GA 1954 119; vgl. Fn. 32. Weitgehend h.M.; vgl. BGH bei Kusch NStZ 1996 22; nach OLG Düsseldorf MDR 1990 743 soll die Änderung erst nach einer schriftlichen Äußerung des Protokollführers vorgenommen werden. BGH GA 1992 319; KK/Engelhardt 7; vgl. Rn. 20. Es genügt aber auch die Genehmigung aller Änderungen am Ende des Protokolls, BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 290; Meyer-Goßner/ Appl 1033; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 8. RGSt 1 242; 20 425; 22 244; BGH GA 1954 119; BayObLGSt 1985 57. RG DRiZ 1931 Nr. 366; AK/Lemke 5; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 8. AK/Lemke 5; KK/Engelhardt 7; Meyer-Goß-
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ner 4; SK/Frister 10. Vgl. KMR/Gemählich 9: praktisch irrelevante Frage. HK/Julius 3; KK/Engelhardt 7; KMR/ Gemählich 9; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 9; Eb. Schmidt Nachtr. 3; OLG Köln NJW 1955 843 nimmt ein Weisungsrecht des Vorsitzenden an. Nach Gössel § 34 C II kann der Vorsitzende in der Hauptverhandlung die Protokollierung bestimmter Vorgänge nach § 238 Abs. 1 anordnen. Der Protokollführer ist daran (und an etwaige Beschlüsse nach § 238 Abs. 2) gebunden; vgl. aber Rn. 75. Ein Weisungsrecht verneinen HK/Julius 3; SK/Frister 9 und wohl auch Gössel § 34 C II (nach Abschluss der Hauptverhandlung); a.A. KK/Engelhardt 7. Vgl. Rn. 15. Wegen der Pflicht, Meinungsverschiedenheiten offenzulegen, ist der praktische Unterschied gering.
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empfehlen. An die Anordnung der Protokollierung nach § 273 Abs. 3 ist der Protokollführer gebunden. Eine den Inhalt des Protokolls betreffende, unerledigt gebliebene Meinungsverschie19 denheit zwischen dem Vorsitzenden und dem Urkundsbeamten darf nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern muss in dem Protokoll selbst zum Ausdruck gebracht werden.51 Dem Gericht legt das Gesetz nicht die Befugnis bei, über solche Meinungsverschiedenheiten zu entscheiden und den Inhalt des Protokolls durch Beschluss festzustellen. Die nicht ausgeglichene Meinungsverschiedenheit lässt insoweit die Beweiskraft des § 274 nicht entstehen.52 5. Unterschriften
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a) Unterzeichnung. Um Beweiskraft (§ 274) zu haben, muss das Protokoll vom Vorsitzenden und vom Urkundsbeamten unterschrieben sein. Die eigenhändige Unterschrift darf nicht durch den Gebrauch eines Namensstempels ersetzt werden.53 Die Unterschrift muss nicht unbedingt leserlich sein, sie muss sich aber als Schriftzug darstellen, der die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnet; eine lediglich geschlängelte Linie genügt nicht.54 Erst wenn das Protokoll insgesamt in allen Teilen durch beide Unterschriften gedeckt ist und auch etwaige Änderungen unterschriftlich genehmigt sind, ist es fertiggestellt (Rn. 29). Werden Anlagen zum Protokoll genommen, ist dies durch einen die Anlage eindeutig kennzeichnenden Vermerk im Protokoll festzuhalten. Es ist nicht notwendig, dass die Protokollführer dies auch durch ihre Unterschrift auf der Anlage bestätigen;55 umgekehrt ersetzt die Unterzeichnung der Anlagen nicht die des Protokolls selbst.56 Wegen der als Anlage zu Protokoll genommenen Beschlüsse vgl. § 273, 26. Das Gesetz schreibt keinen Zeitpunkt vor, bis zu dem spätestens die Unterzeichnung 21 geschehen sein müsse. Daran hat auch die Einfügung des Absatzes 1 Satz 2 nichts geändert (vgl. Rn. 29). Es ist daher statthaft, die aus Versehen unterbliebene Unterzeichnung nachzuholen, und zwar selbst nach Einlegung eines Rechtsmittels, das den Mangel der Unterschrift rügt.57 Vorsitzender und Urkundsbeamter sind sogar verpflichtet, die Unterschrift nachzuholen, es sei denn, dass sie wegen der verstrichenen Zeit nicht mehr für die Richtigkeit des Inhalts des Protokolls einstehen können.58 Gibt das Protokoll den Gang einer mehrtägigen Hauptverhandlung wieder, so decken 22 die es abschließenden Unterschriften seinen ganzen Inhalt (Rn. 11); es bedarf, sofern nicht die Urkundsbeamten gewechselt haben (Rn. 13), keiner besonderen Unterschriften für jeden, einen einzelnen Sitzungstag betreffenden Abschnitt.59
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HK/Julius 3; KK/Engelhardt 7; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 10. RGSt 57 396; RG GA 50 (1903) 116; 61 (1914) 13; 61 (1914) 352; BGHSt 4 364; Ranft JuS 1994 786; Zweigert GA 60 (1913) 265; ferner die Nachw. in Fn. 51 und LR/Stuckenberg § 274, 8 ff.; auch Rn. 20; a.A. RG GA 60 (1913) 265. RG JZ 1920 443; SK/Frister 16. OLG Düsseldorf NJW 1956 923; vgl. auch LR/Franke § 345, 25. BGH bei Miebach NStZ 1991 230 Nr. 22;
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OLG Hamm NStZ-RR 2001 83, 84; NStZ 2001 220 f.; OLG Düsseldorf MDR 1986 166; Meyer-Goßner 13; SK/Frister 16. OLG Hamm NStZ-RR 2001 83, 84; NStZ 2001 220 f.; Graf/Peglau 14; SK/Frister 16. RGSt 13 351; RG LZ 1920 443; JW 1932 2730; BGHSt 10 145; 12 270; KK/Engelhardt 12; Meyer-Goßner 15; SK/Frister 17. BGHSt 10 115. So aber OLG Stuttgart StraFo 2002 133 f. für Abschnittsprotokolle.
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Ist das Urteil mit Gründen vollständig in das Protokoll aufgenommen worden (§ 275 23 Abs. 1), so genügt es nicht, wenn der Urkundsbeamte das Protokoll mit Urteilsformel, der Vorsitzende aber ebenso wie die beisitzenden Richter nur die Gründe unterschreibt; ist so verfahren worden, so liegt ein Mangel des Protokolls vor.60 b) Bei Verhinderung des Vorsitzenden unterschreibt für ihn der dienstälteste, nur ersatzweise der lebensälteste (analog § 21h GVG) beisitzende Berufsrichter (Absatz 2 Satz 1).61 Ist kein solcher vorhanden, weil der Vorsitzende das einzige berufsrichterliche Mitglied des Gerichts ist, wie etwa beim Schöffengericht, so genügt die Unterschrift des Urkundsbeamten (Absatz 2 Satz 2). Ein Hindernis im Sinne des Absatzes 2 liegt vor, wenn dem Vorsitzenden die Unterschrift aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dauernd oder (voraussichtlich) für eine solche Zeitspanne unmöglich ist, dass ein Zuwarten bis zum Wegfall des Hindernisses die geregelte Abwicklung des Verfahrens wesentlich verzögern würde; so etwa, wenn der Vorsitzende längere Zeit in Urlaub oder ernsthaft oder für nicht absehbare Zeit erkrankt ist.62 Dienstliche Überlastung ist kein Hinderungsgrund.63 Dagegen liegt ein solches Hindernis vor, wenn der Vorsitzende verstorben oder aus dem aktiven Richterdienst ausgeschieden ist, sei es, dass er pensioniert wurde, sei es, dass er ein nichtrichterliches Amt übertragen erhalten hat. Ist der Vorsitzende dagegen nur aus dem Spruchkörper ausgeschieden, so hat er die Fähigkeit, das Protokoll als Richter zu unterzeichnen, dadurch nicht verloren.64 Die Verhinderung des Urkundsbeamten ist im Gesetz nicht geregelt. Hier hat jedoch grundsätzlich das gleiche zu gelten wie bei der Verhinderung des Vorsitzenden. Es muss genügen, dass nur der Vorsitzende das Protokoll allein unterschreibt.65 Eine Verhinderung des Urkundsbeamten ist auch gegeben, wenn er aus dem aktiven Justizdienst ausscheidet oder wenn er sonst die Fähigkeit zur Beurkundung verloren hat.66 Eine solche ersatzweise Unterschrift durch den Vorsitzenden kann jedoch daran scheitern, dass noch kein Protokollentwurf vorliegt und ein solcher auch nicht aus den vorhandenen Unterlagen und Notizen mit der erforderlichen Zuverlässigkeit erstellt werden kann.67 Kein Hindernis, das den Vertretungsfall auslöst, liegt vor, wenn eine der Urkundspersonen infolge einer Gedächtnislücke sich außerstande fühlt, die Verantwortung für die Richtigkeit des Protokolls oder eines Teiles davon zu übernehmen.68 Lässt sich die Erinnerung nicht durch den zunächst gebotenen Rückgriff auf die Verhandlungsunterlagen
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RGSt 64 214; Meyer-Goßner § 275, 1. KK/Engelhardt 10; KMR/Gemählich 11; Meyer-Goßner 16; SK/Frister 22. KK/Engelhardt 10 (Abwarten mit geregeltem Dienstbetrieb unvereinbar); KMR/Gemählich 13 (unangemessene Verfahrensverzögerung); Meyer-Goßner 16 (ungebührliche Verzögerung); SK/Frister 21 (unangemessen lang); enger wohl Hahn 886. Maßgebend ist die (prognostische) Beurteilung ex ante; entfällt das Hindernis früher als angenommen, berührt das eine zunächst zu Recht angenommene Vertretungsbefugnis nicht. KMR/Gemählich 13; Meyer-Goßner 16; SK/Frister 21.
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Busch JZ 1964 748; KK/Engelhardt 10; zur ähnlichen Lage bei Unterzeichnung des Urteils vgl. LR/Stuckenberg § 275, 44 ff. OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 171; Graf/Peglau 17; KK/Engelhardt 11; KMR/Gemählich 12; Meyer-Goßner 17; SK/Frister 20; Eb. Schmidt 11; Feisenberger ZStW 38 (1916) 660. Busch JZ 1964 749. SK/Frister 20. SK/Frister 21.
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oder durch Befragung der anderen Verfahrensteilnehmer wieder auffrischen, muss dies bei Unterschrift des Protokolls unter Kennzeichnung des nicht bestätigten Teiles vermerkt werden.
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c) Verhinderungsvermerk. Auf die Verhinderung ist von demjenigen, der für den Verhinderten unterschreibt, zur Kennzeichnung seiner Beurkundungsbefugnis hinzuweisen. Der Grund der Verhinderung ist dabei zweckmäßigerweise anzuführen.69 Die ihn belegenden Feststellungen sind aktenkundig zu machen. 6. Vermerk des Tags der Fertigstellung
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a) Fertigstellung. Absatz 1 Satz 2 verlangt im Hinblick auf § 273 Abs. 4, dass der zeitlich an keine bestimmte Frist (Rn. 21) gebundene Tag der Fertigstellung im Protokoll zu vermerken ist. Fertiggestellt ist das Protokoll erst, wenn es in allen Teilen70 vom Urkundsbeamten und vom Vorsitzenden unterschrieben ist; bei Änderungen (Rn. 16) erst mit der letzten, die Änderung genehmigenden Unterschrift.71 Nachträgliche Änderungen durch den Vorsitzenden muss der Protokollführer gebilligt haben.72 Genügt wegen der Verhinderung einer dieser Personen ausnahmsweise die alleinige Unterschrift der anderen (Rn. 24, 26), dann ist das Protokoll fertiggestellt, sobald die eine Unterschrift vorliegt und die Verhinderung ausdrücklich von der zu ihrer Feststellung allein befugten anderen Urkundsperson an Stelle der zweiten Unterschrift auf dem Protokoll vermerkt wird. Erst dadurch wandelt sich der bis dahin der zweiten Unterschrift entbehrende Entwurf zum verbindlichen Protokoll. Verweigert eine Urkundsperson die Unterschrift, weil sie den Inhalt des Protokolls nicht mehr aus ihrer Erinnerung bestätigen kann, dann muss das Protokoll von dem Zeitpunkt an als fertiggestellt gelten, an dem feststeht, dass die Unterschrift endgültig unterbleibt. Die Weigerung ist auf dem Protokoll zu vermerken; die diesbezügliche Erklärung ist zu den Akten zu nehmen oder sonst aktenkundig zu machen. In den Akten festzuhalten ist auch, wenn eine Fertigstellung des Protokolls aus sonstigen Gründen unmöglich ist.73 Eine nachträgliche Berichtigung des fertigen Protokolls (Rn. 39 ff.) berührt den Zeitpunkt der Fertigstellung nicht mehr.74 Mit den endgültigen, auch etwaige Änderungen bestätigenden Unterschriften ist es fertiggestellt, auch wenn es sachlich oder formell fehlerhaft ist oder Lücken aufweist.75 Werden über eine Hauptverhandlung mehrere, jeweils durch Unterschriften abgeschlossene Teilprotokolle erstellt (Rn. 11), dann braucht der Zeitpunkt des Abschlusses dieser Teilprotokolle nicht vermerkt zu werden. Im Hinblick auf die Einheit des gesamten Protokolls und auf den Zweck des Vermerks nach Absatz 1 Satz 2 kommt es nur auf
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SK/Frister 21; Börtzler MDR 1972 187 hält die Angabe des Verhinderungsgrundes wegen § 273 Abs. 4 für unerlässlich; ebenso MeyerGoßner 18; Meyer-Goßner/Appl 1028. BGH bei Dallinger MDR 1975 724; bei Kusch NStZ 1992 29; OLG Düsseldorf JMBlNW 1995 225. Vgl. auch Fn. 71 und LR/Stuckenberg § 273, 63 f. BGHSt 23 115 = JR 1971 208 mit Anm. Koffka; BGHSt 27 80; BGH GA 1992 319; BayObLGSt 1980 140 = NJW 1981 1795;
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BayObLG StV 1985 360; OLG Düsseldorf OLGSt § 51 BZRG Nr. 1; Börtzler MDR 1972 185. Vgl. etwa vgl. BGHSt 37 287; BGH wistra 1995 273 sowie Rn. 16. W. Schmid FS Lange 696. Börtzler MDR 1972 187. BGH NStZ 1984 89; BayObLGSt 1980 140 = NJW 1981 1795; Meyer-Goßner 19; vgl. auch LR/Stuckenberg § 273, 63.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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den Zeitpunkt an, an welchem das letzte dieser Teilprotokolle unterschriftlich abgeschlossen ist, das gesamte Protokoll also fertig vorliegt. Dass das Protokoll vor Urteilsfällung so weit fertig ist, dass es für das Gericht bereits 34 bei der Beratung verwendbar ist, kann nicht gefordert werden.76 Zum einen sind die Verkündung des Urteils und der damit zusammenhängenden Nebenentscheidungen zu protokollierende Vorgänge, so dass schon deshalb eine endgültige Fertigstellung nicht möglich ist. Zum andern darf Grundlage der Urteilsberatung allein der Inbegriff der Hauptverhandlung sein, so wie ihn die Richter aus eigener Wahrnehmung selbst aufgefasst haben; dafür kann nicht maßgebend sein, welche Formalien die Urkundspersonen aus ihrer Sicht bezeugen.77 Der am Protokoll anzubringende Vermerk über dessen Fertigstellung gehört nicht zu 35 den Förmlichkeiten der Hauptverhandlung, die durch das Protokoll mit Beweiskraft (§ 274) beurkundet werden. Er soll lediglich die Feststellung des Zeitpunkts der Fertigstellung erleichtern, ohne jedoch auszuschließen, dass dieser Zeitpunkt mit anderen Beweismitteln abweichend von ihm festgestellt werden kann.78 Seine Anbringung rechnet daher nicht mehr zur Fertigstellung des Protokolls. Dieses 36 ist vielmehr mit der letzten Unterschrift der Urkundspersonen fertiggestellt, auch wenn der Vermerk noch fehlt.79 Der Vermerk kann nachträglich angebracht werden. Können sich die beiden Urkundspersonen an den Tag der Fertigstellung nicht sicher erinnern, genügt es, wenn sie bekunden, dass das Protokoll „spätestens am … fertiggestellt“ war.80 b) Die Form des Vermerks ist im Gesetz nicht näher geregelt. Dieses schreibt auch 37 nicht vor, wo er im Protokoll anzubringen ist. Es genügt jeder Hinweis, der zweifelsfrei erkennen lässt, dass er den Zeitpunkt der Fertigstellung bezeugen soll. Erkennbar muss ferner sein, dass der Vermerk von einer dazu befugten Person stammt. Am zweckmäßigsten dürfte es sein, wenn der Vermerk nach den Unterschriften des Protokolls angebracht wird 81 und wenn der Letztunterschreibende, in der Regel also der Vorsitzende (sofern er keine Änderungen vornimmt), in dem bereits vorgeschriebenen Vermerk das Datum einsetzt und dann auch noch den Vermerk unterschreibt.82 c) Einsichtnahme, Abschriften. Solange das gesamte Protokoll nicht fertiggestellt ist, 38 solange es nicht in all seinen Teilen von beiden Urkundspersonen unterschrieben ist,83 bildet es, wie auch sonst Entwürfe, noch keinen notwendigen Bestandteil der Akten. Erst nach der Fertigstellung wird es Bestandteil der Akten und unterliegt dann der Akteneinsicht nach § 147.84 Vorher können auch keine Abschriften oder Ablichtungen von bereits
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RG JW 1930 3404. Zum Verhältnis zwischen Urteil und Protokoll vgl. Hamm 171 ff., 304 ff. OLG Düsseldorf MDR 1991 557; AK/Lemke 8; KK/Engelhardt 8; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 20. BGHSt 23 115 = JR 1971 208 mit abl. Anm. Koffka = LM Nr. 3 mit Anm. Börtzler; BGHSt 27 80; BayObLGSt 1980 140; OLG Köln MDR 1972 260; Börtzler MDR 1972 186; AK/Lemke 8; KK/Engelhardt 8; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 19.
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Börtzler MDR 1972 187. BGHSt 23 115; vgl. Fn. 79; Meyer-Goßner 20. SK/Frister 19; a.A. Koffka JR 1971 209 (Unterschriften beider Urkundspersonen notwendig). Zur Einheitlichkeit des Protokolls vgl. Rn. 10 ff., 29. BGHSt 29 394; BGH bei Dallinger MDR 1975 724; HK/Julius 10; KK/Engelhardt 22; KMR/Gemählich 15; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 6.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
im Entwurf vorliegenden Teilen verlangt werden.85 Ein Recht auf Übermittlung einer Abschrift hat der Verteidiger nach Ansicht des BGH ohnehin nicht.86 Hinsichtlich der im Protokoll beurkundeten Beschlüsse besteht jedoch ein solcher Anspruch nach § 35 Abs. 1 Satz 2.87 Eine Abschrift des fertigen Protokolls selbst zu fertigen oder auf eigene Kosten fertigen zu lassen, kann dem Verteidiger nicht verwehrt werden,88 sofern nicht vorrangige öffentliche Geheimhaltungspflichten, eventuell auch grundrechtlich geschützte Individualinteressen, entgegenstehen.89 Auch wenn kein Anspruch darauf besteht, darf der Vorsitzende nach seinem Ermessen dem Verteidiger schon während der noch laufenden Hauptverhandlung abgeschlossene Teilprotokolle zugänglich machen. Bei Protokollentwürfen, bei denen spätere Änderungen vor der endgültigen Fertigstellung nicht auszuschließen sind, ist jedoch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH (Rn. 41) Vorsicht geboten; zumindest erscheint ein ausdrücklicher Hinweis, dass es sich noch nicht um ein fertiggestelltes Protokoll handelt, angezeigt. Auf die gerichtsinternen Aufzeichnungen über die Hauptverhandlung bezieht sich das Einsichtsrecht nicht, es sei denn, sie sind ausnahmsweise aufgrund einer richterlichen Anordnung zum Bestandteil der Akten gemacht worden.90
II. Änderung und Berichtigung des Protokolls 39
1. Änderungen und Ergänzungen des noch nicht abgeschlossenen Protokolls. Das Protokoll ist erst abgeschlossen, wenn sein Inhalt durch die Unterschriften vom Vorsitzenden und Urkundsbeamten gedeckt ist. Bis dahin kann der Entwurf geändert und ergänzt werden, wobei die dazu notwendige Übereinstimmung zwischen Vorsitzendem und Urkundsbeamtem auch aus dem Protokoll ersichtlich sein muss (Abzeichnung nachträglich eingefügter Ergänzungen oder Änderungen usw.).91 Die Einlegung der Revision und dabei eventuell vorzeitig erhobene Verfahrensrügen 40 stehen der Änderung und Ergänzung des noch nicht fertiggestellten Protokolls grundsätzlich nicht entgegen, wobei es unerheblich ist, ob der Verteidiger den noch nicht fertiggestellten Protokollentwurf bei den Akten eingesehen hat.92 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Revisionsgericht eine nach Eingang der 41 Revisionsbegründung vorgenommene Änderung der noch nicht fertiggestellten Niederschrift berücksichtigen darf, wenn dadurch einer Verfahrensrüge der Boden entzogen wird. Der BGH hatte dies zunächst verneint 93 und die von der Rechtsprechung bei der Protokollberichtigung entwickelten Grundsätze (Rn. 58) für entsprechend anwendbar erklärt, da dem Beschwerdeführer nur eine verhältnismäßig kurze Frist für die Revisionsbegründung zur Verfügung stehe, so dass er sich für die Frage, ob und in welcher Form er Verfahrensrügen zu erheben habe, auf die bei den Akten befindliche Niederschrift verlassen müsse. Nach Änderung der Rechtslage durch das StPÄG 1964 ist dieser Auffassung nicht
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BGHSt 29 394; vgl. Fn. 84. BGH bei Dallinger MDR 1975 725; KK/Engelhardt 23; SK/Frister 6. Vgl. KG Rpfleger 1983 325 (Vorsitzender entscheidet über Erteilung von Abschriften des fertigen Protokolls nach pflichtgemäßem Ermessen). RGSt 44 53; KK/Engelhardt 23; vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 35, 9 ff. BGHSt 18 371; OLG Hamburg NJW 1963
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1024; HK/Julius 10; KK/Engelhardt 22 f.; SK/Frister 6. Vgl. bei § 147. OLG Karlsruhe NStZ 1982 299; vgl. Rn. 2 f. Vgl. Rn. 15 ff. RGRspr. 5 (1883) 191; RGSt 13 351; BGHSt 10 145. BGHSt 10 145 = JZ 1957 587 mit Anm. Bohne.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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mehr zu folgen.94 Da das Urteil nicht vor Fertigstellung des Protokolls zugestellt werden darf (§ 273 Abs. 4), ist sichergestellt, dass dem Verteidiger ausreichend Zeit zur Begründung der Revision innerhalb der auf einen Monat verlängerten Frist des § 345 verbleibt. Er kann jetzt regelmäßig die Fertigstellung des Protokolls abwarten, bevor er seine Revisionsbegründung dem Gericht einreicht. Er darf deshalb die Verfahrensrügen nicht mehr auf eine den Akten zwar einliegende, aber noch nicht unterschriebene und damit ersichtlich noch nicht endgültig fertiggestellte Niederschrift stützen. Reicht er trotzdem vor Fertigstellung des Protokolls die Revisionsbegründung ein, so fehlt es, anders als bei der nachträglichen Protokollberichtigung, an einem schutzwürdigen Interesse daran, dem ordnungsgemäß hergestellten Protokoll die Beweiskraft nur deshalb zu versagen, weil damit einer verfrüht erhobenen Verfahrensrüge möglicherweise der Boden entzogen wird. Dem Verteidiger ist es außerdem unbenommen, nach Fertigstellung des Protokolls innerhalb der Revisionsbegründungsfrist neue Verfahrensrügen auf der Grundlage des Protokolls nachzuschieben. Für den Fall, dass die Unterschrift des Vorsitzenden unter das vor Eingang der Revi- 42 sionsbegründung gefertigte, von ihm lediglich noch nicht unterschriebene Protokoll ohne inhaltliche Änderungen nachgeholt wird, hat auch der BGH95 die Anwendung dieser Grundsätze abgelehnt und dem Protokoll die volle Beweiskraft (§ 274) zugebilligt. 2. Begriff und Gegenstand der Berichtigung a) Begriff. Unter Berichtigung des Protokolls wird im Gegensatz zur textlichen Ab- 43 änderung der noch nicht fertiggestellten Sitzungsniederschrift (Rn. 39) die nachträgliche inhaltliche Richtigstellung oder Ergänzung des bereits abgeschlossenen, zu den Akten gegebenen Protokolls durch die Urkundspersonen verstanden.96 Ebenso wie zunächst auch in den übrigen Verfahrensordnungen fehlen in der StPO Vorschriften über die Berichtigung, obschon derselbe Mangel mit den daraus entspringenden Unsicherheiten schon im preußischen Recht beklagt worden97 war. Durch das ProtVereinfG 1974 (BGBl. I S. 3651) ist in § 164 ZPO eine Regelung über die Protokollberichtigung geschaffen worden, auf die sämtliche anderen Verfahrensordnungen98 mit Ausnahme der StPO verweisen. Eine Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Zulässigkeit einer Protokollberichtigung in Strafverfahren liegt darin jedoch nicht.99 Heute wird eine Protokollberichtigung für grundsätzlich zulässig gehalten (Rn. 45 ff.); davon zu unterscheiden ist wegen der Sonderregel des § 274 die lange Zeit umstrittene Beachtlichkeit einer nach Einlegung eines Rechtsmittels erfolgten Berichtigung (Rn. 58 ff.). b) Der Berichtigung sind alle in das Protokoll aufgenommenen Ereignisse zugänglich, 44 also auch solche, die nicht die Förmlichkeiten des Verfahrens bezeugen und auf deren
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BGH NStZ 2002 160 f.; OLG Karlsruhe JR 1980 517 mit Anm. Gollwitzer; Alsberg/ Nüse/Meyer 888; KK/Engelhardt 26; MeyerGoßner 22; vgl. auch AK/Lemke 16; Schlüchter 591. RGSt 13 351; RG JW 1932 2730 mit Anm. Jonas; BGHSt 12 270 = LM Nr. 1 mit Anm. Busch; ebenso OLG Hamm JMBlNW 1954 156; vgl. BayObLGSt 1960 125; ferner Hanack JZ 1972 490, der die Möglichkeit
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einer unbefristeten Nachholung der Unterschrift für bedenklich hält. KK/Engelhardt 15. Oppenhoff Die preußischen Gesetze über das mündliche und öffentliche Verfahren in Strafsachen (1860) Art. 78 nn. 55 ff., 60. § 46 ArbGG, § 105 VwGO, § 122 SGG, § 94 FGO. BVerfGE 122 248, 259; Schumann JZ 2007 927, 930; a.A. Valerius FS Paulus 175, 187.
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Aufnahme die Prozessbeteiligten keinen Anspruch haben.100 Die Beurkundung von Vorgängen, die nicht in das Protokoll aufgenommen werden müssen, weil sie keine wesentliche Förmlichkeit betreffen, kann im Wege eines Berichtigungsantrags nicht gefordert werden.101 Der Berichtigung entzogen ist lediglich der in der Hauptverhandlung unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten festgelegte Protokollinhalt, dessen Wortlaut nach § 273 Abs. 3 verlesen und genehmigt wurde.102 Zur Berichtigung der in das Protokoll aufgenommenen Urteilsformel siehe § 268, 38 ff. 3. Voraussetzungen a) Die Protokollberichtigung ist zeitlich unbegrenzt zulässig.103 Nur das Erinnerungsvermögen der für die Beurkundung zuständigen Gerichtspersonen setzt ihrer Amtspflicht (Rn. 47) zur Berichtigung eines nachträglich als unrichtig erkannten Protokollvermerks eine Grenze. Die Berichtigung ist auch noch zulässig, wenn das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.104 Auch dann kann an der Vornahme der Berichtigung noch ein Bedürfnis bestehen, etwa, wenn die Richtigstellung des Protokolls deshalb geboten ist, weil es (wenn auch nicht nach § 274) Erklärungen beweist, die für einen Zivilprozess von Bedeutung sind105 oder die im Wiederaufnahmeverfahren eine Rolle spielen können. Erfolgt die Berichtigung jedoch erst nach Einlegung eines Rechtsmittels und würde sie 46 diesem die tatsächliche Grundlage entziehen (sog. Rügeverkümmerung), so gilt nach der „substantiellen Änderung des Strafverfahrensrechts“106 durch die Entscheidung des Großen Senats in BGHSt 51 298 ein besonderes Protokollberichtigungsverfahren (Rn. 65 ff.).
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b) Die Berichtigung kann auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten107 oder von Amts wegen vorgenommen werden.108 Aus der Verpflichtung des Vorsitzenden und des Urkundsbeamten, für eine wahrheitsgemäße und vollständige Protokollierung der Verfahrensvorgänge zu sorgen, folgt die Amtspflicht,109 dass sie von sich aus eine Berichtigung in die Wege leiten müssen, wenn sie nachträglich zu der Überzeugung gelangen, dass sich ein Fehler in die Beurkundung eingeschlichen habe,110 etwa, wenn sie nachträglich übereinstimmend der Ansicht sind, dass ein nicht beurkundeter Beweisantrag in der Hauptverhandlung gestellt worden ist. Sofern eine Berichtigung beantragt wurde, sind vor der Entscheidung darüber die eingeholten dienstlichen Stellungnahmen dem Antragsteller vorzulegen.111
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OLG Celle NStZ 2011 237; KMR/Gemählich 17; SK/Frister 27. OLG Celle NStZ 2011 237; OLG Düsseldorf OLGSt § 273, 2; OLG Frankfurt StV 1993 463; OLG Nürnberg MDR 1984 74; OLG Schleswig NJW 1959 162; SchlHA 1990 119; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 26. OLG Hamburg NJW 1965 1342; OLG Nürnberg MDR 1984 74; OLG Schleswig NJW 1959 162; KMR/Gemählich 18; a.A. OLG Hamburg NJW 1971 1326. BGHSt 2 125; OLG Hamm JMBlNW 1974 214; OLG Karlsruhe GA 1971 216; h.M., etwa KK/Engelhardt 18; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 26. OLG Hamm JMBlNW 1951 182.
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OLG Schleswig NJW 1959 162. BGHSt 55 31, 33. OGHSt 1 278; BGHSt 1 261; OLG Hamm JMBlNW 1951 182; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1955 136; Alsberg/Nüse/Meyer 886. H.M., etwa KK/Engelhardt 16; KMR/ Gemählich 20; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 31. BGHSt 10 145; Alsberg/Nüse/Meyer 885; Busch JZ 1964 748; G. Schäfer FS BGH 707, 716. RGSt 19 367; RG JW 1893 335; OGHSt 1 278; BGH JZ 1952 281; OLG Hamm JMBlNW 1974 214; vgl. auch Fn. 112. OLG Celle NStZ 2011 237; SK/Frister 28.
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c) Jede Berichtigung setzt voraus, dass beide Urkundspersonen, Vorsitzender und Urkundsbeamter, hinsichtlich der Unrichtigkeit des Protokolls und der im Wege der Berichtigung einzufügenden Tatsachen übereinstimmen. Sie sind verpflichtet, bei der Berichtigung des Protokolls im gleichen Maße wie bei dessen Herstellung zusammenzuwirken, um die Übereinstimmung herbeizuführen. Der Vorsitzende ist daher auch bei genauer eigener Erinnerung nicht befugt, eine abweichende Äußerung des Urkundsbeamten als unerheblich zu behandeln,112 noch geht es an, dass der Beamte der Geschäftsstelle den Vorsitzenden ermächtigt, die diesem angebracht erscheinenden Änderungen vorzunehmen.113 Erweist sich die Erinnerung des Urkundsbeamten oder die Erinnerung des Vorsitzenden bei der Prüfung, ob und wie ein Protokoll zu ändern sei, als nicht mehr ganz zuverlässig, so muss der Vorsitzende Erhebungen veranlassen, die den Vorgang ins Gedächtnis beider Urkundspersonen zurückrufen können,114 so etwa die Einholung von Stellungnahmen anderer Verhandlungsteilnehmer oder der Rückgriff auf deren Aufzeichnungen. Solcher Ermittlungen bedarf es aber nicht, wenn beide Urkundsbeamte selbst keinen Zweifel an der Richtigkeit des Verfahrensvorgangs haben, den sie im Wege der Berichtigung im Protokoll festhalten wollen.115 Vermag sich eine der Urkundspersonen trotzdem nicht an den Vorgang zu erinnern, so scheidet die Berichtigung selbst dann aus, wenn die andere davon überzeugt ist und glaubwürdige Zeugen die Richtigkeit bestätigen.116 Ein die Berichtigung fordernder Antrag ist dann abzulehnen. Ist die Übereinstimmung der Urkundspersonen, die bei einer Berichtigung mitwirken müssen, nicht erzielbar, so ist diejenige, welche das Protokoll für unzutreffend hält, berechtigt und verpflichtet, dies in den Akten zu vermerken. Eine solche einseitige Erklärung ist zwar keine Protokollberichtigung in dem Sinn, dass nunmehr der in der Berichtigung festgestellte Inhalt des Protokolls die volle Beweiskraft des § 274 erlangt, sie beseitigt aber nach herrschender Ansicht117 die Beweiskraft des alten Protokolls, dessen Inhalt nicht mehr von den beiden Urkundspersonen übereinstimmend bestätigt wird.118 Eine solche einseitige Distanzierung kann aber im Fall einer bereits eingelegten Revisionsrüge dieser nicht die Tatsachengrundlage entziehen und somit zur Rügeverkümmerung führen, weil die neue Rechtsprechung dafür die sichere Erinnerung beider Urkundspersonen verlangt (Rn. 65 ff.). Bei Verhinderung einer der beiden Urkundspersonen an der Mitwirkung an der Berichtigung gelten für die Vertretung die gleichen Grundsätze wie bei der Unterzeichnung
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OLG Hamburg NJW 1971 1326; OLG Schleswig MDR 1960 521; Alsberg/Nüse/ Meyer 886; Meyer-Goßner 23; Busch JZ 1964 749. RGSt 20 427; RG DRiZ 1931 Nr. 366; KG GA 74 (1930) 310. KG GA 75 (1931) 304; 75 (1931) 386; OLG Hamm JMBlNW 1951 182; 1959 247; OLG Nürnberg MDR 1984 74; OLG Schleswig SchlHA 1957 129; MDR 1960 521; LG Bielefeld StV 2002 532 f.; LG Düsseldorf JMBlNW 1961 211; vgl. Rn. 18. OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 171. BGHSt 55 31 f.; OLG Nürnberg MDR 1984 74; OLG Saarbrücken OLGSt 5; MeyerGoßner 23; SK/Frister 28.
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Zur Kritik siehe Rn. 63 (bei Fn. 182). BGHSt 4 364; BGH NJW 1969 281; GA 1963 1; bei Dallinger MDR 1953 273; BayObLGSt 1978 98 = MDR 1979 160; OLG München StV 2010 126, 127; SK/Frister 29; Alsberg/Nüse/Meyer 889 m.w.N. Vgl. insbesondere auch die in Fn. 116 angeführten Entscheidungen, ferner LR/Stuckenberg § 274, 9, 34. Eine solche einseitige Erklärung war nach früherer Rspr. aber ebenso wenig wie eine Berichtigung geeignet, einer bereits erhobenen Revisionsrüge den Boden zu entziehen, BayObLGSt 1956 226 = NJW 1957 34 (L); vgl. Rn. 58 ff.
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des Protokolls.119 Ist der Vorsitzende gestorben, in den Ruhestand getreten oder sonst aus irgendeinem Grund für dauernd oder doch längere Zeit verhindert, bei der Berichtigung mitzuwirken, so ist an seiner Stelle bei den Kollegialgerichten der dienstälteste beisitzende Richter zur Mitwirkung bei der Berichtigung befugt.120 War der verhinderte Vorsitzende der alleinige Berufsrichter, so kann der Urkundsbeamte in entsprechender Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 die Berichtigung allein unterzeichnen.121
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4. Form der Berichtigung. Die Berichtigung des ordnungsgemäß abgeschlossenen (fertigen) Protokolls kann nicht mehr durch eine einfache Änderung der bereits zu den Akten gegebenen Niederschrift geschehen. Sie ist in einer vom Vorsitzenden und Urkundsbeamten unterzeichneten eigenen Nie53 derschrift vorzunehmen, die als nachträgliche eindeutig erkennbar und von der ursprünglichen Niederschrift deutlich unterscheidbar sein muss. Die Berichtigung erfolgt deshalb zweckmäßigerweise in einer besonderen, dem Protokoll angefügten Erklärung, die von beiden Urkundsbeamten unterzeichnet ist und die den Tag der Berichtigung angibt.122 Nur bei ganz kurzen Änderungen oder Ergänzungen kann es vertretbar sein, wenn sie bei der Stelle des Protokolls, zu der sie gehören, am Rande vermerkt werden.123 Ihre nachträgliche Anbringung muss dann aber eindeutig erkennbar sein (Datum), wenn die Beweiskraft des Protokolls nicht gefährdet sein soll (Rn. 55).
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5. Die Ablehnung des Antrags auf Protokollberichtigung kann vom Vorsitzenden allein ausgesprochen werden. Sofern der Antrag nicht bereits aus Rechtsgründen abzulehnen ist,124 muss er vorher eine Äußerung des Urkundsbeamten zum Antrag herbeigeführt haben, damit aktenkundig feststeht, ob auch dieser den Berichtigungsantrag für unbegründet erachtet oder ob zur Klärung etwaiger Meinungsverschiedenheiten zwischen den Urkundspersonen Nachforschungen zur Auffrischung des Erinnerungsvermögens angezeigt sind.125 Stimmen Vorsitzender und Urkundsbeamter darin überein, dass der Berichtigungsantrag unbegründet ist, so ist der Antragsteller ablehnend zu bescheiden. Das gleiche hat auch zu geschehen, wenn zwischen den Urkundspersonen eine Übereinstimmung über die Berechtigung des Berichtigungsantrags nicht erzielt werden kann.126 Im letzten Fall entfällt allerdings die Beweiskraft des Protokolls, weil auch keine Übereinstimmung über die Richtigkeit des ursprünglichen Protokolls mehr besteht (vgl. Rn. 19).
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KK/Engelhardt 17; KMR/Gemählich 22; Meyer-Goßner 23; a.A. SK/Frister 30. OLG Hamburg NJW 1965 1342; OLG Hamm JMBlNW 1962 38; OLG Saarbrücken OLGSt 5; vgl. auch OLG Hamm MDR 1964 344 (nachträgliche Ablehnung des Vorsitzenden kein Hinderungsgrund). KK/Engelhardt 17; KMR/Gemählich 22. Busch JZ 1964 747 hält dagegen eine Vertretung der Personen, die das Protokoll unterschrieben haben, für unzulässig; demnach können nur sie selbst ihr Protokoll berichtigen; ebenso SK/Frister 30. RGSt 57 369; OLG Köln NJW 1952 758;
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AK/Lemke 12; HK/Julius 8; KK/Engelhardt 19; KMR/Gemählich 23; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 31. KMR/Gemählich 23; SK/Frister 31. OLG Frankfurt StV 1993 463 (kein zu protokollierender Vorgang). OLG Düsseldorf MDR 1990 743; StV 1985 359; 1999 201; OLG Hamburg NJW 1971 1326; OLG Hamm JMBlNW 1951 182; 1959 247; OLG Schleswig SchlHA 1957 129; vgl. Rn. 49. Vgl. etwa OLG Düsseldorf wistra 1999 39 (L).
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6. Wirksamkeit a) Die ordnungsgemäße (Rn. 53) Protokollberichtigung ist grundsätzlich für und gegen 55 alle Verfahrensbeteiligten wirksam. Die volle Beweiskraft des Protokolls (§ 274) tritt auch bei der Fassung ein, die es erst aufgrund der Berichtigung erhalten hat.127 Zu Ausnahmen nach eingelegtem Rechtsmittel siehe Rn. 58 ff., 67 f. Sofern sich erst aus dem berichtigten Protokoll ein vorher nicht ersichtlicher Verfah- 56 rensfehler ergibt, muss fairerweise den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gegeben werden, auch diesen „nachträglichen“ Fehler mit der Revision zu rügen. Nötig ist dazu entweder, die Revisionsbegründungsfrist nur insoweit mit Zustellung des Berichtigungsbeschlusses neu beginnen zu lassen128 oder wenigstens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand129 zu gewähren. b) Berichtigungen, welche die Beweiskraft des Protokolls nicht berühren, wie etwa 57 die Berichtigung von Protokolleinträgen, die keine wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens betreffen, wie Protokollpassagen ohne sachlichen Gehalt130 oder die Klarstellung eines Umstands, der sich ohnehin bei Auslegung des unberichtigten Protokolls aus diesem ergäbe, ferner die Richtigstellung offensichtlicher Schreibfehler oder einer offensichtlichen Namensverwechslung,131 sind und waren auch früher stets unbegrenzt wirksam.132 Der Irrtum muss aber zweifelsfrei zu Tage liegen. Um auszuschließen, dass sich hinter der Berichtigung eine sachliche Änderung verbirgt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.133 Auch das Rechtsmittelgericht kann solche offensichtlichen Irrtümer ohne Berichtigung richtigstellen.134 c) Nach früherer Rechtsprechung galt eine Ausnahme insoweit, als eine an sich an 58 der Beweiskraft teilhabende Berichtigung für das Rechtsmittelgericht unbeachtlich war, so weit sie einer erhobenen Verfahrensrüge nachträglich den Boden entziehen würde. Soweit der Beschwerdeführer wegen der Beweiskraft des Protokolls von diesem ausgehen musste, durfte der Erfolg einer auf das Protokoll gestützten Verfahrensrüge nicht vereitelt werden (sog. Unzulässigkeit der „Rügeverkümmerung“). Spätere Erklärungen, die den für die erhobene Rüge entscheidenden Punkt der Niederschrift betreffen und ihr die tatsächliche Grundlage entziehen würden, waren vom Rechtsmittelgericht nicht zu berücksichtigen.135 Hierfür wurde der Schutz des Revisions-
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RGSt 19 367; 21 200; 21 323; KK/Engelhardt 20; KMR/Gemählich 25; SK/Frister 33. HK/Julius 9; Meyer-Goßner 26c; SK/Frister 33; a.A. BGH NJW 2006 3582, 3587; Schlothauer FS Hamm 655, 667. BGH NJW 2006 3582, 3587; SK/Frister 33; a.A. Schlothauer FS Hamm 655, 667. OLG Düsseldorf MDR 1991 557. BGH NStZ 2000 216. Vgl. BGH NStZ 1991 297; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 25; Hanack JZ 1972 489. Vgl. BGHSt 16 306; KK/Engelhardt 15. AK/Lemke 11; HK/Julius 6; vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1980 155 (verneinend für „Aussagerecht“ statt „Aussageverweigerungsrecht“).
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Das RG hatte diese Auffassung in ständiger Rechtsprechung vertreten (RGRspr. 5 (1883) 451; RGSt 2 76; 12 121; 13 352; 19 369; 21 200; 21 324; 28 250; 43 1, 9; 59 429; 61 18; 63 410; 68 244; RG JW 1914 435; 1932 421), war dann aber mit Beschluss des Großen Senats (RGSt 70 241) davon abgegangen und hatte dahin entschieden, dass das Revisionsgericht eine Berichtigung der Verhandlungsniederschrift auch dann berücksichtigen müsse, wenn sie einer vorher erhobenen Rüge den Boden entziehe. Die Rechtsprechung nach 1945 ist dieser Entscheidung nicht gefolgt, sondern zur früheren Auffassung des RG zurückgekehrt (OGHSt 1 277; BGHSt 2 125; 10 145; 12 270; BGH JZ 1952 281; StV 1985 135;
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führers angeführt,136 der wegen der Beweiskraft des Protokolls seine Verfahrensrügen auf dessen Grundlage aufbauen muss (vgl. Rn. 79), zumal er wegen des Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist meist gar nicht mehr in der Lage wäre, die Verfahrenslage, die sich erst aufgrund einer noch ausstehenden möglichen Protokollberichtigung ergeben könnte, bei seinem Revisionsvortrag zu berücksichtigen. Weniger Gewicht hatte daneben das andere Argument, dass bei nachträglichen Berichtigungen die erhöhte Gefahr von Erinnerungstäuschungen137 bestehe. Um schon den Anschein einer Manipulation zu vermeiden, sollte von vornherein jede Möglichkeit ausgeschaltet werden, eine begründete Rüge durch eine nachträgliche Änderung des Protokolls zu Fall zu bringen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Unbeachtlichkeit einer Protokollberichtigung (die im 59 Übrigen mit der letzten Unterschrift138 wirksam wird) war nach der vorherrschenden Meinung der Eingang der Revisionsbegründung mit der entsprechenden zulässigen Rüge bei Gericht,139 während eine Mindermeinung140 die Grenze schon bei der Einlegung des Rechtsmittels zog, weil der Rechtsmittelführer sich darauf verlassen können müsse, dass eine etwaige Berichtigung sein Rechtsmittel nicht mehr berühre. Unerheblich war in jedem Fall, ob die Beurkundungspersonen bei der Berichtigung vom Inhalt der Revisionsbegründung Kenntnis hatten oder ob der Verteidiger die Akten vorher eingesehen hatte.141 Hatten mehrere Verfahrensbeteiligte Revision eingelegt, so war grundsätzlich bei jedem der Zeitpunkt entscheidend, in dem seine entsprechende Rüge bei Gericht einging.142 Die Protokollberichtigung war dagegen auch nach Eingang der Revisionsbegründung 60 unbeschränkt wirksam, wenn sie zugunsten des Revisionsführers wirkte,143 wenn sie also
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BayObLGSt 1956 226; OLG Dresden StraFo 2007 420; OLG Hamm JMBlNW 1974 214; OLG für Hessen HESt 1 118; OLG Zweibrücken MDR 1969 780; dazu Hamm NJW 2006 3166 ff.); das Schrifttum ist der Ansicht des BGH meist beigetreten, so etwa Eb. Schmidt 19; Alsberg/Nüse/Meyer 887 f.; Bohne SJZ 1949 760; Dallinger NJW 1950 256; Cüppers NJW 1950 930; 1951 259; Tepperwien FS Meyer-Goßner 595, 602 ff.; Ventzke StV 1999 192; Werner DRiZ 1955 183; a.A. Alsberg JW 1931 2824; Beling ZStW 38 (1916) 632; ders. ZStW 41 (1921) 124; ders. JW 1925 2790; Mannheim JW 1925 2818; 1932 3110; ders. ZStW 48 (1928) 687; Jonas JW 1936 3009; Oetker JW 1927 918; Schafheutle DJ 1936 1300; Niethammer SJZ 1948 191; ders. DRZ 1949 451; Ditzen Dreierlei Beweis im Strafverfahren (1926) 60 ff.; vgl. Stenglein GS 45 (1891) 81, 86 ff.; zahlr. Nachw. in BGHSt 51 298, 304 ff.; zum älteren Schrifttum auch Bohne SJZ 1949 760, 762 ff.; Krawczyk 47 ff.; Ott 70 ff.; Ventzke HRRS 2008 180 f. So etwa AK/Lemke 15; KK/Engelhardt 26 (anders jetzt in Rn. 18); Meyer-Goßner 49 26; SK/Frister 34 m.w.N. BGHSt 12 270; Mannheim JW 1925 2818.
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RGSt 24 214 stellt nicht auf das Datum der Berichtigung ab, sondern darauf, wann sie zu den Akten gelangt ist; ebenso Alsberg/ Nüse/Meyer 887. RGSt 21 200; 24 214; OGHSt 1 278; BGHSt 2 125; 7 218; BGH JZ 1952 281; NStZ 1984 521; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494; BayObLGSt 1960 126; OLG Karlsruhe GA 1971 216; Justiz 1980 155; Alsberg/Nüse/Meyer 887; AK/Lemke 16; SK/Frister 34. RGSt 2 76; Eb. Schmidt Nachtr. I 10; Gerland 386; a.A. LR/Gollwitzer 25 58. BGH JZ 1952 281; OLG für Hessen HESt 1 121; OLG Hamm JMBlNW 1974 214; Alsberg/Nüse/Meyer 888; vgl. ferner BayObLG bei Rüth DAR 1982 253 (für dienstliche Erklärungen nach Eingang der Verfahrensrüge). Das RG hat in einer bei Sabarth DJZ 1912 1399 wiedergegebenen Entscheidung die Berichtigung gegenüber dem einen Revisionswerber für wirksam, gegenüber dem anderen für unwirksam erachtet; vgl. Alsberg/Nüse/Meyer 887 mit Hinweis auf eine ähnliche Entscheidung des BGH. Zu Berichtigungen, die die Revisionsbehauptung zum Teil bestätigen, zum Teil aber widerlegen, siehe LR/Gollwitzer 25 61.
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erst die Voraussetzungen für einen Erfolg der erhobenen Verfahrensrüge schuf,144 indem sie die zur Begründung der Verfahrensrüge vorgetragenen Tatsachen bestätigte. Dies galt selbst dann, wenn die Rüge aufgrund dieser Tatsachen als unbegründet zu verwerfen war. d) Rechtsprechungsänderung. Nach einigen neueren kritischen Äußerungen in Judi- 61 katur145 und Schrifttum146 fasste der 1. Strafsenat des BGH die Absicht, die bisherige Rechtsprechung zur Rügeverkümmerung aufzugeben. Nach einem Anfragebeschluss,147 der vom 2.148 und 3.149 Strafsenat zustimmend, vom 4.150 und 5.151 Strafsenat ablehnend beantwortet wurde, legte der 1. Strafsenat die Frage dem Großen Senat vor,152 der in BGHSt 51 298 der Vorlage im Wesentlichen folgte und die bisherige Rechtsansicht aufgab. Das BVerfG sah in dieser Rechtsprechungsänderung mehrheitlich keinen Verfassungsverstoß.153 Seitdem kann durch eine zulässige Protokollberichtigung auch zum Nachteil des Beschwerdeführers einer bereits erhobenen Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entzogen werden (Zulässigkeit der „Rügeverkümmerung“). Der Große Senat hat hierfür ein besonderes Berichtigungsverfahren mit Anhörung des Beschwerdeführers vorgesehen, an dessen Ende ein berichtigtes Protokoll ohne die Beweiskraft des § 274 stehen kann.154 Die Aufgabe der vorherigen, bis zum Preußischen Ober-Tribunal155 zurückreichenden 62 Judikatur hat der Große Senat im Wesentlichen wie folgt begründet:156 Ein prozessuales Recht auf Beibehaltung der – unwahren – faktischen Grundlage einer Rüge, von dem das RG sprach,157 gebe es nicht. Auch Revisionsgerichte seien der Wahrheit verpflichtet, die durch die Beweisregel des § 274 nicht verändert werde.158 Diese Verpflichtung erfahre
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RGSt 19 367; 21 200; 21 323; RG JW 1932 3109; OGHSt 1 282; BGHSt 1 259; OLG Köln NJW 1952 753; OLG Saarbrücken VRS 17 (1959) 63; AK/Lemke 17. BGHSt 36 354, 358; BGH NStZ 2000 216, 217; 2002 270, 272 mit abl. Anm. Fezer und Köberer StV 2002 525; BGH NStZ 2005 281 f. mit abl. Anm. Park StV 2005 257; BGH NStZ 2006 181; BGHR § 274 Beweiskraft 22; dazu Krawczyk 77 ff. G. Schäfer FS BGH 707, 716 ff.; Gollwitzer FS Gössel 543, 558 f.; Detter StraFo 2004 329, 332 f.; Lampe NStZ 2006 366 ff.; s.a. die Vorschläge für ein Berichtigungsverfahren von Fezer StV 2006 290, 291 f.; Jahn/ Widmaier JR 2006 166, 167, 169 f.; dazu Beulke FS Böttcher 17, 27 ff.; Fezer FS Otto 901, 908 f.; vgl. Krawczyk 74 ff., 272 ff. BGH NStZ-RR 2006 112 mit krit. Anm. Fezer StV 2006 290; ders. FS Otto 901; Jahn/Widmaier JR 2006 166; Krawczyk 84 ff.; ders. HRRS 2006 344; Lindemann/ Reichling StV 2007 152, 156; Schlothauer FS Hamm 655; zust. Lampe NStZ 2006 366. BGH NStZ-RR 2006 275. BGH 22.2.2006 – 3 ARs 1/06; anders kurz zuvor noch in BGH NStZ 2005 46.
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BGH NStZ-RR 2006 273. BGH 9.5.2006 – 5 ARs 13/06. BGH NJW 2006 3582 mit krit. Anm. Widmaier; Gaede HRRS 2006 409. BVerfGE 122 248, 257 ff.; zust. Fahl JR 2009 259; krit. Globke GA 2010 399; Möllers JZ 2009 668. BGHSt 51 298, 316 f.; dazu Rn. 65 ff. PrObTrib Oppenhoff Rspr. 10 (1869) 562 f. = GA 17 (1869) 796, 797; Oppenhoff Rspr. 11 (1870) 15, 16 f. = GA 18 (1870) 262, 263; Oppenhoff Rspr. 15 (1874) 76, 82 f. = GA 22 (1874) 67 f.; s.a. Ott 45 ff. Zur Ähnlichkeit mit der Begründung in RGSt 70 241 s. Hamm NJW 2007 3166, 3168 ff. RGSt 43 1, 6 f., 8 f.; dagegen bereits RMG 9 35, 42; Stenglein GS 45 (1891) 81, 93, obgleich das RG ein „Recht auf Geltendmachung einer Unwahrheit“ scharf zurückgewiesen und nur ein Recht zur Ausnutzung einer vom Gesetz gewollten Prozesslage anerkannt hat; vgl. Tepperwien FS MeyerGoßner 595, 604 f. BGHSt 51 298, 309 f.
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zusätzliches Gewicht durch das Beschleunigungsgebot und den Aspekt des Opferschutzes.159 Dass § 274 Satz 2 nur den Gegenbeweis der Fälschung erlaube, stehe nicht entgegen, weil die Berichtigung einen Widerruf der Beurkundung darstelle und somit dem Protokoll die Beweiskraft entziehe.160 Einwände, das Verbot der Rügeverkümmerung sei zu Gewohnheitsrecht erstarkt oder könne sonst nur durch den Gesetzgeber geändert werden, werden zurückgewiesen.161 Das Verbot der Rügeverkümmerung beruhe auf Rechtsprechung und könne daher auch durch Rechtsprechung geändert werden.162 Schließlich habe sich die in die Verteidiger gesetzte Hoffnung nicht erfüllt, auf unwahre Protokolle gestützte Rügen zu unterlassen.163 Die Rechtsprechungsänderung sei besser geeignet als ein im Einzelfall zur Rügevernichtung führendes Missbrauchsverbot,164 um missbräuchliche Rügen und damit die Aufhebung fehlerfreier Urteile nur wegen eines fehlerhaften Protokolls auszuschließen.165 Die Gefahr nachlassender Erinnerung der Urkundspersonen begründe keinen Einwand.166
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e) Kritik. Die Entscheidung des Großen Senats hat nur wenig Zustimmung,167 aber vielfache Kritik168 erfahren, der beizutreten ist, denn die vom Großen Senat mit Recht herausgestellten Misslichkeiten der Beweisregel des § 274 sind nur durch deren Aufhebung durch den Gesetzgeber zu beseitigen. Zu erinnern ist zunächst daran, dass zur Zeit der Schaffung der RStPO die verschiedenen Regelungsmodelle – ob zum Nachweis eines förmlichen Verfahrensfehlers jedes Beweismittel oder nur das Sitzungsprotokoll zuzulassen ist und letzterenfalls, ob ein Gegenbeweis oder Berichtigung statthaft sein soll usw.169 – durchaus präsent und auch die Argumente für und gegen eine besondere Beweiskraft des Protokolls (Reduktion der Verfahrensrügen170 bei gleichzeitiger Vermehrung der Fehlerquellen) bekannt171 und in den Partikularrechten in verschiedener Weise
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BGHSt 51 298, 310 f. BGHSt 51 298, 308. So auch BVerfGE 122 248, 269, 277 ff. BGHSt 51 298, 308. BGHSt 51 298, 311 ff. Wie in BGHSt 51 88 (3. Strafsenat) mit zust. Anm. Fahl JR 2007 34; Satzger/Hanft NStZ 2007 185; Valerius FS Paulus 175, 179 ff. und abl. Anm. Gaede StraFo 2007 29; Hollaender JR 2007 6; Jahn JuS 2007 91, 92 f.; Krawczyk HRRS 2007 101, 105 ff.; Kudlich HRRS 2007 9; ders. JA 2007 154, 156; ders. BLJ 2007 125, 126 ff.; Lindemann/Reichling StV 2007 152; Meyer-Mews StraFo 2007 195; Mikolajczyk ZIS 2006 541; Wagner StraFo 2007 496; zuvor andeutend BGH NStZ 1999 424 mit Anm. Docke/Dölling/Momsen StV 1999 583; krit. auch Tepperwien FS Meyer-Goßner 595, 596 ff. BGHSt 51 298, 313 f. BGHSt 51 298, 314 f. Graf/Peglau 31.1; KMR/Gemählich 27 ff.; Fahl JR 2007 345; ders. JR 2009 259; Gemählich FS Stöckel 225, 235 ff.; Hebenstreit HRRS 2008 172; Pfister StV 2009
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550, 553; referierend HK/Julius 9; KK/Engelhardt 18; s.a. Fn. 147, 152, 164. BVerfGE 122 248, 282 ff. (Minderheitsvotum); Meyer-Goßner 26; SK/Frister 48 ff.; Hamm 295 ff.; Beulke 564; Kühne 976.1; Roxin/Schünemann 51/10 f.; Bertheau NJW 2010 973; Beulke FS Böttcher 17; ders. FS Amelung 543, 557 ff.; ders. StV 2009 554, 556; Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 332 ff.; ders. wistra 2011 213 ff.; Hamm NJW 2007 3166; Kudlich BLJ 2007 125; Kury StraFo 2008 185, 187 ff.; Meyer-Goßner FS Fezer 135, 144, 160; Momsen FS Egon Müller 457, 462 ff.; Schlothauer StraFo 2011 459, 463 ff.; Schünemann StV 2010 538; Schumann JZ 2007 927; Valerius FS Paulus 175, 185 ff.; Wagner GA 2008 442; Ziegert FS Volk 901; s.a. Fn. 147, 152, 164. Dazu Ott 17 ff. Hahn 257 f. Vgl. nur die bei Hahn 257 f. zitierten Schwarze GS 15 (1863) 1, 13 f. und Goltdammer GA 9 (1861) 43, 44 f. Vgl. aus heutiger Sicht Hollaender JR 2007 6, 7 ff.
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umgesetzt172 waren. § 274 (§ 314 des Entwurfs) folgt preußischem und mit der Zulassung des Gegenbeweises bei Fälschung rheinisch-französischem Vorbild; dass die gefestigte Judikatur des PrObTrib zur Rügeverkümmerung173 im Gegensatz zur schwankenden Ansicht zur Berichtigung174 in dem sorgfältigen Gesetzgebungsverfahren übersehen worden sein sollte, liegt fern. Wenn der Gesetzgeber sich mit Blick auf den Nachweis der Verletzung von Verfahrensförmlichkeiten für ein Verbot aller Beweismittel175 außer dem Hauptverhandlungsprotokoll entschieden hat, so liegt darin zwingend eine Entfernung von der „materiellen Wahrheit“, die um anderer Ziele willen hingenommen wird wie bei weiteren Förmlichkeiten des Revisionsrechts (Bindung an die tatrichterlichen Feststellungen, Verbot der Rekonstruktion der Hauptverhandlung, Beruhensfiktion bei absoluten Revisionsgründen)176 auch. Das unbehelfliche Argument des Großen Senats, Revisionsgerichte seien zur Wahrheit verpflichtet,177 verkennt oder verzerrt den Sinn jeglicher Beweisregel, der in der Etablierung formeller Wahrheit unter Inkaufnahme von all den damit verbundenen Misslichkeiten liegt,178 was gerade dem Prozessgesetzgeber des 19. Jahrhunderts, der ansonsten positive wie negative Beweisregeln überwand, am besten bewusst gewesen sein dürfte. Man kann die altbekannte Kritik179 an Beweisregeln wie dieser durchaus teilen, doch bleibt die Aufhebung des § 274 eine Aufgabe des Gesetzgebers. Denn für eine „lückenausfüllende richterliche Rechtsfortbildung“ ist bei § 274 kein Raum:180 Weil der Gesetzgeber das Bremer Modell, wonach die Beachtung der wesentlichen Förmlichkeiten auch durch das übereinstimmende, auf Amtseid geleistete Zeugnis sämtlicher gegenwärtig gewesener Gerichtspersonen bewiesen werden konnte, also den direkten Gegenbeweis, ausdrücklich zurückgewiesen hat,181 spricht nichts dafür, denselben Vorgang (übereinstimmende Aussagen der Urkundspersonen) im Wege der „Berichtigung“ via „Rücknahme der Beurkundung“ mit demselben Ergebnis, nämlich Entfall der
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Vgl. nur Hahn 256 ff.; Ott 19 ff. m.w.N. Oben Fn. 155. Implausibel ist daher die Annahme Hebenstreits HRRS 2008 172, 174, § 274 meine das jeweils endgültige, also auch berichtigte Protokoll, da das als Vorbild dienende preußische Recht unstreitig das Gegenteil normierte; wie hier SK/Frister 24. Nachw. bei Oppenhoff (Fn. 97) nn. 52 ff. Zur präzisen Einordnung des § 274 Beling 324 f.; Schumann JZ 2007 927, 930 f. Hamm 297; Kühne 976.1; Beulke FS Böttcher 17, 26; Hollaender JR 2007 6, 8 ff.; Kudlich BLJ 2007 125, 127 f.; Park StraFo 2004 335, 337; Ventzke HRRS 2008 180, 186 f.; Ziegert FS Volk 901 ff.; dazu Hebenstreit HRRS 2008 172 f., 178 ff. Dagegen BGH (4. Strafsenat) NStZ-RR 2006 273, 274; Bertheau NJW 2010 973, 975; Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 345 ff.; Hamm 297 ff.; ders. NJW 2007 3166, 3169 f.; Kühne 976.1; ders. GA 2008 361, 371 f.; Möllers JZ 2009 668, 670; Schünemann StV 2010 538, 542; Schumann JZ 2007 927, 933; vgl. Fezer StV 2006 290, 291; ders. FS Otto 901, 909 ff.; Kudlich
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BLJ 2007 125, 127; Schlothauer FS Hamm 655, 663, 673 ff. (zum Anfragebeschl.) sowie Kudlich HRRS 2007 9, 14 f. (zu BGHSt 51 88). Das Argument ist freilich alt, vgl. nur Stenglein GS 45 (1891) 81, 94 f.; von Hippel 539, und wiederbelebt worden von G. Schäfer FS BGH 707, 710, 718. Zutr. Beulke Verteidiger im Strafverfahren 237; ders. FS Amelung 543, 558 f.; Hamm 298; Hollaender JR 2007 6, 8 ff.; Park StraFo 2004 335, 337; schief Satzger/Hanft NStZ 2007 185, 187. Vgl. nur Schwarze GS 15 (1863) 1, 13 f.; Stenglein GS 45 (1891) 81, 91 ff.; von Kries 543 sowie später die Judikatur des Reichsmilitärgerichts (RMG 9 35, 41 ff.; 15 281, 282 f.) aufgrund seiner abweichenden Verfahrensordnung (§ 335 MStGO erlaubte den Gegenbeweis der Unrichtigkeit), dazu Beling ZStW 38 (1917) 632 ff. und die Nachw. in Fn. 135 a.E. Bertheau NJW 2010 973 f.; Schünemann StV 2010 538, 539 ff.; s.a. Kudlich/Christensen JZ 2009 943, 947 ff.; Schlothauer StraFo 2011 459, 463 f. Hahn 257 f.
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Beweiskraft, zuzulassen.182 Denn dass der Gesetzgeber seine Beweisregel durch solch spitzfindigen Etikettenschwindel183 hätte unterlaufen lassen wollen, ist insbesondere vor dem Hintergrund der aus der Judikatur des PrObTrib bekannten Berichtigungsfreude der Tatgerichte und rückschauend angesichts der schon 1883 beginnenden Reformbestrebungen zur Ausdehnung des Gegenbeweises184 völlig implausibel. Das Regelungskonzept des § 274 lässt konsequenterweise weder Gegenbeweis (außer der Fälschung) noch für die Revision beachtliche Berichtigung zu.185 Begründungsbedürftig ist daher nicht das Verbot der Rügeverkümmerung, sondern die – bisher nur unzureichend begründete186 – Beachtlichkeit einer Berichtigung in bonam partem.187 Auf die beunruhigenden188 Argumente aus dem Beschleunigungsgebot189 und dem Opferschutz,190 die Vernachlässigung der Position des Beschwerdeführers191 sowie den „unschönen Schein“ der parteilichen Beweismittelmanipulation192 ist im Schrifttum hinreichend eingegangen worden, eben182
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So schon PrObTrib Oppenhoff Rspr. 15 (1874) 76, 82 f. = GA 22 (1874) 67, 68: Die Urkundspersonen sind nach Abschluss des Protokolls zu Änderungen, die auf einen Gegenbeweis hinauslaufen, nicht mehr befugt; RGSt 8 141, 143 f.; SK/Frister 24, 48; Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 349 ff.; Schünemann StV 2010 538, 541; Valerius FS Paulus 175, 186; Widmaier NJW 2006 3587, 3588. A.A. für § 274: BVerfGE 122 248, 260 ff. Wie hier SK/Frister 48 f.; Hamm 300, jeweils mit dem zutreffenden Hinweis, dass die Konstruktion des Großen Senats, eine Berichtigung nur bei vom Revisionsgericht geprüfter zweifelsfreier Unrichtigkeit anzunehmen, in der Sache nichts anderes als einen Gegenbeweis darstellt. Nachw. bei Ott 83 f. So noch PrObTrib Oppenhoff Rspr. 1 (1861) 570, 571; RGSt 2 76 f.; 8 141, 143 f.; 17 346, 348 f.; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil (1958) 77 ff., 82; Ott 162 ff.; Schünemann StV 2010 538, 540 f.; Roxin/ Schünemann 51/11; ähnl. Schumann JZ 2007 927, 931 ff.; Wagner GA 2008 442, 443 ff. Der „Sündenfall“ beginnt daher mit RGSt 19 367, 370 und dem Umgehungskonstrukt des Entzugs der Beweiskraft durch nachträgliche Distanzierung. Gegen diese in praxi äußerst rare Begünstigung hatte natürlich niemand etwas einzuwenden. Die exzeptionelle Durchbrechung der Beweiskraft lässt sich am ehesten mit einem favor rei wie im Wiederaufnahmerecht begründen, vgl. Ott 205 ff., 214 f.; s.a. Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 356. Die von Schumann JZ 2007 927, 932 f. herangezogene Pflicht zur Heilung von Verfahrensfehlern hingegen erklärt die Be-
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schränkung auf Korrekturen in bonam partem nicht. Ott 205; Schünemann StV 2010 538, 541; Schumann JZ 2007 927, 932 f. Noch RGSt 17 346, 348 f. hatte konsequent die Beachtlichkeit einer Berichtigung in bonam partem zurückgewiesen. Beunruhigend, weil der unbedachte Einsatz von Figuren wie des Beschleunigungsgebots „die Formalisierungsleistung des ganzen Rechtsgebiets unterlaufen könnte“, so treffend Möllers JZ 2009 668, 672. Bertheau NJW 2010 973, 976 f.; DehneNiemann ZStW 121 (2009) 321, 337 ff.; Gaede HRRS 2006 409, 414; Krawczyk 92 ff.; Möllers JZ 2009 668, 672; I. Roxin GA 2010 424, 440; Schünemann StV 2010 538, 543; Schumann JZ 2007 927, 933; Valerius FS Paulus 175, 187; Wagner GA 2008 442, 461 f. Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 341 ff.; Schünemann StV 2010 538, 543; Schumann JZ 2007 927, 933 f.; Wagner GA 2008 442, 461 f. Beulke FS Böttcher 17, 23 ff.; Fezer StV 2006 290; Krawczyk HRRS 2006 344, 352 f.; Kudlich BLJ 2007 125, 129; Schlothauer FS Hamm 655, 662, 664; Wagner GA 2008 442, 446 ff., 458 f.; siehe schon Tepperwien FS Meyer-Goßner 595, 604; a.A. Fahl JR 2007 345, 347. BGH (4. Strafsenat) NStZ-RR 2006 273, 274; Beulke FS Böttcher 17, 23; DehneNiemann ZStW 121 (2009) 321, 359 ff.; Gaede HRRS 2006 409, 413 f.; Jahn/Widmaier JR 2006 166, 167; Kury StraFo 2008 185, 188; Schlothauer FS Hamm 655, 670 f.; Schumann JZ 2007 927, 931; Valerius FS Paulus 175, 190; Ziegert FS Volk 901, 911, 914.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 271
falls auf die unbelegte Behauptung der Zunahme missbräuchlicher Rügen aufgrund des Verfalls des anwaltlichen Ethos,193 die überhaupt den einzigen äußeren Anlass zur Rechtsprechungsänderung abgeben könnte. Was das Faktum abnehmender Erinnerungsqualität, in dem nun wahrlich kein Vorwurf liegt, angeht, ist den Ausführungen194 des Oberreichsanwalts und der Vereinigten Strafsenate von 1909 immer noch nichts hinzuzufügen. Insgesamt hat der Große Senat somit eine Rechtsfortbildung contra legem vorgenommen und das Normprogramm des § 274 desavouiert,195 auch durch Schaffung eines Protokolls ohne Beweiskraft,196 das das Gesetz nicht kennt. Auf ein subjektives „prozessuales Recht auf Beibehaltung der faktischen Grundlage des eingelegten Rechtmittels“ kommt es hingegen nicht an;197 ebensowenig liegt in einer Falschprotokollierung schon eine Verletzung der Unschuldsvermutung.198 Ob sich die neue Rechtslage in der Praxis bewährt,199 ob es etwa zum vereinzelt be- 64 fürchteten Wettlauf zwischen Berichtigungs- und Revisionsverfahren kommen wird,200 bleibt abzuwarten. Langfristig bleibt der Gesetzgeber aufgerufen, die Vorschriften über das Sitzungsprotokoll vollständig zu erneuern, also nicht nur die starre Beweisregel des § 274 abzuschaffen,201 sondern vor allem an die Stelle des technisch überholten und
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SK/Frister 51; Beulke FS Amelung 543, 560; Hamm NJW 2007 3166, 3170 f.; Knauer FS Widmaier 291, 292 ff.; Möllers JZ 2009 668, 670; Müller NJW 2009 3745, 3746 ff.; Schünemann StV 2010 538, 542; Schumann JZ 2007 927, 934; Wagner GA 2008 442, 459 ff.; Ziegert FS Volk 901, 904 ff.; s.a. Hassemer AnwBl. 2008 413, 418 f.; Leitner StraFo 2008 51, 54 ff.; Salditt StraFo 2009 312 ff. RGSt 43 1, 3, 5; ebenso SK/Frister 52 mit Fn. 170; Bertheau NJW 2010 973, 977; Gaede HRRS 2006 409, 412 f.; Jahn/Widmaier JR 2006 166, 167; Krawczyk 89 ff. So auch das Minderheitsvotum in BVerfGE 122 248, 282, 286 ff.; Meyer-Goßner 26; Schumann JZ 2007 927, 934 f.; Wagner GA 2008 442, 452 ff.; vgl. schon Hollaender JR 2007 6, 8 ff. Ob daraus auch die Verfassungswidrigkeit folgt, hängt vom anzuwendenden Maßstab ab, bejahend das Minderheitsvotum und Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 375; s.a. Globke GA 2010 399, 403 ff.; Möller JZ 2009 668, 671 ff.; Schünemann StV 2010 538, 543 f.; Rüthers NJW 2009 1461; ders. NJW 2011 1856. Minderheitsvotum in BVerfGE 122 248, 294; SK/Frister 49; Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 350 Fn. 133; Hebenstreit HRRS 2008 172, 177; Schlothauer StraFo 2011 459, 464 f.; Wagner GA 2008 442, 454 ff. Diesen Vorschlag hatten schon Alsberg/Nüse 3 444 und John Strafproceßordnung § 271 S. 493 gemacht.
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Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 334 ff., 368 ff. leitet solch ein Recht sogar aus Art. 19 Abs. 4 GG ab und verlangt eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage wie § 164 Abs. 1 ZPO (zweifelhaft). So aber Dehne-Niemann ZStW 121 (2009) 321, 362 f.; ders. wistra 2011 213, 217 Fn. 28; ähnl. Hollaender JR 2007 6, womit verkannt wird, dass ein instrumentales Verständnis der Unschuldsvermutung als Supergarantie der Einhaltung jeder einzelnen Verfahrensnorm nur zu einer sinnlosen Verdoppelung des Erfordernisses der Gesetzesbindung führt, dazu Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1997) 519 ff., 543 f., und zudem auch nicht der Rechtsprechung des EGMR entspricht. Keine nennenswerten Änderungen erwarten Hebenstreit HRRS 2008 172, 173 und Pfister StV 2009 550, 553; krit. hingegen Ventzke HRRS 2008 180, 187 ff. Mosbacher JuS 2006 39, 42; Beulke FS Böttcher 17, 24. G. Schäfer FS BGH 707, 727 ff.; Gollwitzer FS Gössel 543, 557 f.; so schon Stenglein GS 45 (1891) 81, 112; a.A. SK/Frister 52; Park StraFo 2004 335, 341 f.; Krawczyk 275 ff., 284. Zumal deren Nutzen bisher nicht evident ist. Als Beispiel für ein System mit freier Beweiswürdigung bzgl. der Geschehnisse in der Hauptverhandlung vgl. die österreichische Rechtslage (§ 285f öStPO), Hollaender JR 2007 6, 11.
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erheblich fehleranfälligen Protokollmodells aus dem 19. Jahrhundert eine audiovisuelle Aufzeichnung des Verfahrensablaufs zu setzen.202 7. Besonderes Protokollberichtigungsverfahren
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a) Der Große Senat hat folgendes Verfahren für die Protokollberichtigung nach Einlegung eines Rechtsmittels vorgeschrieben:203 (1) Wie auch sonst setzt die Berichtigung die sichere Erinnerung der Urkundspersonen voraus. (2) Die Absicht der Berichtigung ist dem Beschwerdeführer zusammen mit den dienstlichen Erklärungen der Urkundspersonen mitzuteilen. Diese Erklärungen haben die für die Berichtigung tragenden Erwägungen zu enthalten, ggf. unter Einbezug während der Hauptverhandlung getätigter Aufzeichnungen, die den Protokollfehler belegen. Dem Beschwerdeführer ist innerhalb angemessener Frist rechtliches Gehör zu gewähren. (3) Widerspricht der Beschwerdeführer daraufhin der beabsichtigten Protokollberichtigung substantiiert, so sind erforderlichenfalls weitere dienstliche Erklärungen und Stellungnahmen der übrigen Verfahrensbeteiligten einzuholen. Auch hierzu ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu gewähren. (4) Halten die Urkundspersonen die Niederschrift weiterhin für inhaltlich unrichtig, so haben sie diese gleichwohl zu berichtigen. In diesem Fall ist ihre Entscheidung über die Protokollberichtigung mit Gründen zu versehen (§ 34). Eine erneute Zustellung des Urteils (§ 273 Abs. 4) ist unnötig. Eine Protokollberichtigung ist wie sonst auch ausgeschlossen, wenn das Protokoll 66 richtig ist, etwa weil der fragliche Verfahrensvorgang nicht stattgefunden hat,204 auch wenn dem ein Versehen des Richters205 zugrunde liegt. Das Protokollberichtigungsverfahren ist wegen seiner Bedeutung sorgfältig zu dokumentieren; die bloße Vorlage einer vom Vorsitzenden beschlossenen Änderung an den Protokollführer zur Genehmigung belegt nicht die übereinstimmende sichere Erinnerung beider Urkundspersonen.206
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b) Wirkungen. Die Gründe der Berichtigungsentscheidung können im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge durch das Revisionsgericht überprüft werden. Tragen sie die Berichtigung, so ist das berichtigte Protokoll zugrunde zu legen. Allerdings soll – anders als der Vorlagebeschluss es vorsah207 – dem berichtigten Teil des Protokolls nicht die formelle Beweiskraft des § 274 zukommen, weil nur so das Revisionsgericht in der Lage sei, zum Schutz der Beschwerdeführer die rügevernichtende Protokollberichtigung zu überprüfen. Verbleiben dem Revisionsgericht Zweifel, ob die Berichtigung zu Recht erfolgt ist, kann es den Sachverhalt im Freibeweisverfahren weiter aufklären. Verbleiben dem Revisionsgericht auch nach seiner Überprüfung Zweifel an der Richtigkeit des berichtigten Protokolls, hat es seiner Entscheidung das Protokoll in der ursprünglichen Fassung zugrunde zu legen.
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Vgl. die Nachweise in Fn. 6. BGHSt 51 298, 316 f. BGHSt 54 37 mit Anm. Schroeder JR 2010 135; Meyer-Goßner 26b.
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BGH NStZ 2010 403, 404. LG Köln StV 2011 405. BGH NJW 2006 3582, 3585 f.
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c) Fehlerfolgen. Wird das Verfahren trotz Kenntnis der erhobenen Revisionsrüge nicht 68 durchgeführt,208 so etwa, wenn die Vornahme eines protokollierten Vorgangs nur in dienstlichen Stellungnahmen der Urkundspersonen bestritten wird,209 oder unterbleibt die Anhörung des Beschwerdeführers,210 so ist das unberichtigte Protokoll zugrunde zu legen. Ob die Wiederholung eines fehlerhaften Berichtigungsverfahrens noch zur Rügeverkümmerung führen kann, also eine (u.U. nochmalige) Rücksendung der Akten an das Tatgericht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Berichtigungsverfahrens zulässig ist oder den Angeklagten in unfairer Weise benachteiligt, erscheint zweifelhaft.211 8. Die Wiederherstellung eines verlorengegangenen Protokolls ist zulässig.212 Vorsit- 69 zender und Protokollführer können, soweit ihr Gedächtnis reicht oder aus vorhandenen Aufzeichnungen oder durch Bekundungen der Verfahrensbeteiligten wieder aufgefrischt werden kann, eine abhanden gekommene Sitzungsniederschrift neu erstellen.213 Der Vorsitzende muss hierfür alle erreichbaren Erkenntnisquellen heranziehen. Die neu erstellte Niederschrift hat – ähnlich wie bei einer Protokollberichtigung – die volle Beweiskraft nach § 274,214 soweit nicht erkennbare Lücken oder Unvollständigkeiten oder eine nicht übereinstimmende Erinnerung der Urkundspersonen dies ausschließen. Im wiederhergestellten Protokoll ist kenntlich zu machen, für welche Feststellungen Vorsitzender oder Protokollführer mangels sicherer eigener Erinnerung die Verantwortung nicht übernehmen können. Wieweit der Inhalt eines wiederhergestellten Protokolls für das Revisionsgericht beachtlich ist, richtet sich nach den bei Rn. 55 ff. dargelegten Grundsätzen.215
III. Rechtsmittel 1. Beschwerde. Die Berichtigung und die Ablehnung eines Berichtigungsantrags 70 durch den Vorsitzenden sind, allerdings mit der Beschränkung auf Rechtsfragen (Rn. 71 bis 75), der Beschwerde nach § 304 zugänglich. Ein unrichtiges Protokoll beschwert die Verfahrensbeteiligten auch dann, wenn seine Beweiskraft durch einen nachträglichen Vermerk (Rn. 50) entfallen ist.216 Es kann geltend gemacht werden, dass die Berichtigung oder die Ablehnung nicht im 71 vorgeschriebenen Verfahren zustande gekommen ist,217 insbesondere, dass die Überein-
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BGH NStZ 2011 168, 169; StV 2011 267, 268; OLG Hamm StV 2011 272, 273; Meyer-Goßner 26a. BGH NStZ 2011 168, 169; wistra 2009 484. OLG Hamm StV 2009 349, 350; 2011 272, 273; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2011 319, 320; KMR/Gemählich 32; SK/Frister 43. Für die Zulässigkeit einer Wiederholung aufgrund des Vergleichs mit der Anhörungsrüge BGH StraFo 2011 356, 358 mit Anm. Ventzke HRRS 2011 338; erwägend wohl BGH wistra 2009 484; dagegen BGH NStZ 2011 168, 169; StV 2011 267, 268; OLG Hamm StV 2011 272, 273; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2011 319, 320; MeyerGoßner 26a.
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Dazu VO vom 18.6.1942 – BGBl. III 315-4. Alsberg/Nüse/Meyer 888; W. Schmid FS Lange 796; KK/Engelhardt 13; MeyerGoßner 27; SK/Frister 53. RGSt 60 270; KG NStZ 1990 405. BGH GA 1962 305. OLG Hamburg NJW 1971 1326; OLG Saarbrücken OLGSt 3. OLG Celle NStZ 2011 237; OLG Frankfurt StV 1993 463. Dazu gehört auch die Frage, wer den Vorsitzenden vertreten darf (Rn. 51), vgl. KG GA 74 (1930) 310; 75 (1931) 305; JW 1927 1331; OLG Hamburg NJW 1965 1342.
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stimmung zwischen Vorsitzendem und Urkundsbeamtem nicht herbeigeführt wurde. Ist bei Ablehnung eines Berichtigungsantrags durch den Vorsitzenden die Beteiligung des Urkundsbeamten unterblieben, so ist der Beschwerdeführer dadurch immer beschwert.218 Denn selbst wenn man – was aber in der Regel nicht sicher vorhersehbar ist – davon ausgehen könnte, dass der Vorsitzende bei seiner in der Ablehnung des Berichtigungsantrags zum Ausdruck gekommenen Meinung beharrt, so dass die Berichtigung schon daran scheitert,219 würde allein die fehlende Stellungnahme des Urkundsbeamten die Beschwer begründen, da diese, wenn sie zugunsten des Beschwerdeführers ausfällt, zwar für sich allein nicht zur Berichtigung führen, wohl aber die Beweiskraft des Protokolls beseitigen kann.220 Die unterlassene Gewährung rechtlichen Gehörs im Zuge eines durch Antrag ausgelösten Berichtigungsverfahrens (Rn. 47) kann vom Beschwerdegericht geheilt werden.221 Mit der Beschwerde kann auch gerügt werden, dass die Berichtigung oder ihre Ablehnung auf rechtlich fehlerhaften Erwägungen beruht, etwa, wenn zu Unrecht verneint wird, dass ein bestimmter, in tatsächlicher Hinsicht nicht strittiger Verfahrensvorgang zu den in das Protokoll aufzunehmenden wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens gehört oder wenn aufgrund der unstreitig gegebenen Tatsachen die Hauptverhandlung zu Unrecht als öffentliche bezeichnet wurde.222 Nicht nachprüfbar mit der Beschwerde ist dagegen die Beurkundung der Tatsachen, die diesen und ähnlichen Rechtsbegriffen zugrunde liegen. Hierüber entscheidet immer nur die eigene Erinnerung der Urkundspersonen, die nicht durch eine auch andere Erkenntnisquellen verwertende Überzeugung des Beschwerdegerichts ersetzt werden kann.223 Die Beschwerde kann deshalb niemals zum Ziel haben, dass das Beschwerdegericht das Protokoll selbst berichtigt. Das Beschwerdegericht ist weder befugt, inhaltliche Änderungen des Protokolls selbst vorzunehmen, noch kann es die für die Richtigkeit der dort beurkundeten tatsächlichen Vorgänge allein verantwortlichen Urkundspersonen zu bestimmten Änderungen oder Ergänzungen ihrer in der Niederschrift festgehaltenen Wahrnehmungen anweisen.224 Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn einer der Ausnahmefälle vorliegt, in denen der Urkundsbeamte das Protokoll allein berichtigen darf (Rn. 25). Der Ansicht,225 wonach in diesem Fall die Beschwerde nicht zulässig sei, weil keine richterliche Entscheidung vorliege, kann nicht gefolgt werden. Das erkennende Gericht ist – abgesehen von dem Sonderfall des § 273 Abs. 3 Satz 2 – nicht befugt, darüber zu entscheiden, was in das Protokoll aufgenommen werden darf. Die Beurkundung der Sitzungsvorgänge ist eine dem Vorsitzenden gesondert übertragene
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OLG Hamm JZ 1951 460; OLG Hamburg NJW 1971 1326; OLG Schleswig bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 171; MeyerGoßner 29; SK/Frister 55. OLG Schleswig MDR 1960 521; Busch JZ 1964 746; vgl. Rn. 54. OLG Saarbrücken OLGSt 5. OLG Celle 8.9.2010 – 1 Ws 438/10 (insoweit nicht in NStZ 2011 237); SK/Frister 56. Dünnebier JR 1960 28; a.A. KG JR 1960 28. OLG Celle NdsRpfl. 1951 211; OLG Hamburg JR 1951 218; OLG Hamm JZ 1951
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466; KG GA 75 (1931) 304; JR 1960 28; OLG Karlsruhe GA 1974 285; Justiz 1977 387; OLG Schleswig NJW 1959 162; bei Lorenzen/Schiemann SchlHA 1997 171. OLG Düsseldorf StV 1985 359; Rpfleger 1991 124; OLG Frankfurt StV 1993 463; OLG Hamm JMBlNW 1959 247; OLG Karlsruhe Justiz 1977 387; OLG Köln NJW 1955 843; LG Köln StV 2011 405; KK/Engelhardt 21; KMR/Gemählich 34; Meyer-Goßner 29; Eb. Schmidt 18. Busch JZ 1964 748.
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Aufgabe, die weder zu seiner richterlichen Entscheidungstätigkeit gehört noch zu seiner Aufgabe, die Verhandlung zu leiten. Es ist daher nicht möglich, gegen eine den Inhalt des Protokolls betreffende Entscheidung des Vorsitzenden das Gericht nach § 238 Abs. 2 anzurufen.226 2. Revision. Nach dem Grundsatz des § 337 Abs. 1 können Mängel des Protokolls (z.B. das Fehlen der Unterschrift oder die unrichtige Bezeichnung eines Beisitzers) oder auch sein völliges Fehlen227 nie die Revision begründen, da das Urteil auf ihnen nicht beruhen kann. Die Revision kann auch niemals allein darauf gestützt werden, dass im Protokoll ein Vorgang undeutlich, unvollständig oder gar nicht beurkundet sei; die sog. Protokollrügen sind wirkungslos.228 Die Bedeutung des Protokolls für die Revisionsinstanz besteht darin, dass es den Beweis hinsichtlich der Vorkommnisse in der Hauptverhandlung liefert, in denen ein Mangel des Verfahrens gefunden wird. Gerügt werden muss der Mangel des Verfahrens unter Anführung der Tatsachen, aus denen er sich ergibt, nicht aber die Mängel des Protokolls. Diese können nur die Wirkung haben, dass seine gesetzliche Beweiskraft ganz oder teilweise aufgehoben wird. Das zu den Mängeln des Protokolls Gesagte gilt entsprechend auch für eine Fälschung.229 Die Revision kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die Sitzungsniederschrift fehle.230 Fehlt es an einem ordnungsgemäß abgeschlossenen Protokoll und kann dieses auch nicht nachträglich hergestellt oder rekonstruiert (Rn. 69) werden, so entfällt die Beweiskraft des § 274. Der Nachweis eines Verfahrensverstoßes, der sonst nur durch die Sitzungsniederschrift zu führen ist, kann durch jedes sonst zulässige Beweismittel erbracht werden. Es gilt dann der Grundsatz der freien Beweiswürdigung.231 Aus der ausschließlichen Beweiskraft des Protokolls (§ 274) folgt, dass der Revisionsführer bei Verfahrensrügen grundsätzlich von den Verfahrensvorgängen auszugehen hat, so wie sie im Protokoll beurkundet sind.232 Stimmen sie mit der Wirklichkeit nicht überein, so kann der Revisionsführer zwar die Berichtigung des Protokolls beantragen, er ist dazu aber nicht verpflichtet; unter Umständen ist er wegen des Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist auch gar nicht in der Lage, eine etwaige Berichtigung abzuwarten und sein Rechtsmittel dann auf den durch das berichtigte Protokoll bezeugten Verfahrenshergang zu stützen. Wegen der ausschließlichen Beweiskraft des Protokolls greift eine Verfahrensrüge, die einen aus dem Protokoll ersichtlichen Verfahrensfehler bestimmt (als in Wirklichkeit vorliegend) behauptet, auch dann durch, wenn in Wirklichkeit der Verfahrensfehler gar nicht vorlag;233 denn die absolute Beweiskraft des Protokolls ist in bei-
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KG JR 1960 28; OLG Köln NJW 1955 843. Ranft JuS 1994 787 will das völlige Fehlen analog dem Fehlen eines Protokollführers nach § 338 Nr. 5 behandeln. RGRspr. 2 (1880) 39; 9 (1887) 55; 9 (1887) 480; RGSt 12 119; 42 170; 47 237; 48 288, 289; 58 143; 64 215; 68 273; BGHSt 7 162, 163; BGH NStZ-RR 2007 52, 53; BayObLGSt 1949/51 32; OLG Hamm NJW 1953 839; OLG Celle NJW 1956 1168; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 292; 46 (1974) 450; OLG Schleswig bei Ernesti/ Jürgensen SchlHA 1954 387; 1969 153; Dallinger NJW 1951 256; HK/Julius 15;
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KK/Engelhardt 27; KMR/Gemählich 35; Meyer-Goßner 30; SK/Frister 57; Eb. Schmidt 21. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 66. Vgl. LR/Stuckenberg § 274, 35; RGSt 7 388. RG HRR 1940 Nr. 343; KK/Engelhardt 27. KK/Engelhardt 27; SK/Frister 58; W. Schmid FS Lange 798; vgl. LR/Stuckenberg § 274, 8, 29 ff.; LR/Franke § 337, 47. BGHSt 7 164; OGHSt 1 280; BayObLGSt 1956 226; LR/Franke § 337, 46. RGSt 43 1; BGHSt 2 125; 7 162; 26 281; 36 354; Hamm 292 ff.; Cüppers NJW 1950 930; 1951 259; Schneidewin MDR 1951
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den Richtungen bindend. Daher ist auch der Vorwurf des Missbrauchs unbegründet, wenn der Verteidiger einen im Protokoll enthaltenen Verfahrensfehler rügt, der nach seiner Ansicht jedoch nicht vorgekommen ist, weil das Gesetz in § 274 allein das Protokoll und nicht die Ansicht irgendeines Verfahrensbeteiligten für maßgebend erklärt, so dass dem Revisionsgericht auch Feststellungen dazu verwehrt sind.234 Hat der Verteidiger an der Hauptverhandlung selbst nicht teilgenommen, so fragt sich, 80 ob es in seinem Ermessen steht, sich mit dem Protokoll zu begnügen oder sich nach dem wirklichen Verfahrensverlauf beim Angeklagten oder beim früheren Verteidiger zu erkundigen.235 Die neuere Rechtsprechung236 postuliert jedoch eine Erkundigungspflicht beim Kollegen erster Instanz, deren praktische Nützlichkeit indes Zweifeln ausgesetzt237 ist.
§ 272 Das Protokoll über die Hauptverhandlung enthält 1. den Ort und den Tag der Verhandlung; 2. die Namen der Richter und Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des zugezogenen Dolmetschers; 3. die Bezeichnung der Straftat nach der Anklage; 4. die Namen der Angeklagten, ihrer Verteidiger, der Privatkläger, Nebenkläger, Verletzten, die Ansprüche aus der Straftat geltend machen, der sonstigen Nebenbeteiligten, gesetzlichen Vertreter, Bevollmächtigten und Beistände; 5. die Angabe, daß öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Schrifttum vgl. bei § 271.
Entstehungsgeschichte. Art. 2 Nr. 9 EGOWiG hat bei Nr. 4 die Worte „der sonstigen Nebenbeteiligten“ eingefügt; Art. IV Nr. 6 des Gesetzes vom 26.5.1972 strich bei Nr. 2 das Wort „Geschworenen“. Art. 21 Nr. 73 EGStGB hat in Nr. 3 „strafbare Handlung“ durch „Straftat“ ersetzt. Übersicht Rn. 1. Allgemeines a) Äußere Formalien . . . . . . b) Beweiskraft . . . . . . . . . c) Vorbereitete Protokolle . . . 2. Die Angaben im Einzelnen a) Ort und Tag der Verhandlung
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193; Ventzke StV 1999 193; ferner BGH StV 1999 582 mit Anm. Docke/v. Döllen/ Momsen; BGH StV 1999 586; G. Schäfer FS BGH 707, 725. Vgl. die Nachw. in Fn. 164, 178, 193 sowie BGH NStZ-RR 2006 112, 115; SK/Frister § 274, 31 ff.; Hamm 292 ff.; a.A. BGHSt 51 88; Graf/Peglau § 274, 25; Meyer-Goßner
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Rn. b) Namen der Richter usw. . . . . . . c) Bezeichnung der Straftat . . . . . . d) Namen der Angeklagten, Verteidiger und sonstigen Verfahrensbeteiligten e) Öffentlichkeit der Verhandlung . . f) Sonstige Angaben . . . . . . . . .
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§ 274, 21; zur Strafbarkeit s. Jahn/Ebner NJW 2012 30, 31 ff. So noch BGHSt 7 162, 164; vgl. Vor § 137. BGHSt 52 355, 358; BGH NStZ 2005 283, 284 mit krit. Anm. Ventzke StV 2006 459, 460 f.; bestätigt in BVerfGK 6 235. Krit. daher Hamm 301 f.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 272
1. Allgemeines a) § 272 legt die äußeren Formalien fest, die jedes Hauptverhandlungsprotokoll ent- 1 halten muss. Sie werden üblicherweise in den „Kopf“ der Sitzungsniederschrift aufgenommen, da sie zur Identifizierung der Hauptverhandlung dienen, deren Gang im jeweiligen Protokoll festgehalten ist. Verändern sich die nach § 272 zu beurkundenden Tatsachen im Laufe der Hauptver- 2 handlung, wird die Hauptverhandlung beispielsweise an einem anderen Ort fortgesetzt (Rn. 6) oder tritt in der Besetzung der Richterbank ein Wechsel ein, so ist dies – ohne Änderung des Kopfes der Niederschrift – an der Stelle zu vermerken, an der im Verfahrensgang der Wechsel stattgefunden hat.1 Bei bloßen Fortsetzungsterminen müssen die Namen der nach Nr. 2 und 4 zu nennenden Personen nicht wiederholt werden.2 b) Die Beweiskraft, die § 274 dem Protokoll beimisst, erstreckt sich nicht auf alle in 3 § 272 geforderten Angaben; sie erfasst sie nur, soweit sie die Tatsache der Hauptverhandlung und ihre vom Gesetz vorgeschriebenen Förmlichkeiten bezeugen.3 c) Es ist zulässig, das Protokoll hinsichtlich der von § 272 geforderten Angaben 4 bereits vor der Hauptverhandlung entsprechend vorzubereiten. In diesen Fällen ist aber erhöhte Aufmerksamkeit darauf zu richten, dass kurz vor der Hauptverhandlung eintretende Änderungen nicht unberücksichtigt bleiben.4 Bei Verwendung von Vordrucken ist besondere Sorgfalt geboten, da die Gefahr von Widersprüchen durch ungenaues Ausfüllen besonders groß ist.5 2. Die Angaben im Einzelnen a) Ort und Tag der Verhandlung (Nr. 1). Findet die Hauptverhandlung am Sitz des 5 Gerichtes statt, so genügt i.d.R. zur Angabe des Ortes die jeweilige Ortsbezeichnung, die sich mitunter schon eindeutig aus dem Namen des Gerichts ergibt, das mit der genauen Bezeichnung des Spruchkörpers im Kopf des Protokolls vermerkt wird.6 Fehlt diese Übereinstimmung, etwa weil die Verhandlung am Sitz einer Zweigstelle durchgeführt wird, so ist diese anzugeben. Wird außerhalb der Gerichtsstelle verhandelt, ist der Ort, an dem dies geschieht, genau identifizierbar (Straße, Hausnummer, Gebäudeteil, Wohnung, Zimmernummer usw.) zu bezeichnen; die bloße Angabe des kommunalen Ortsnamens reicht hierfür nicht. Nimmt das Gericht im Laufe der Verhandlung einen Ortswechsel vor, nimmt es etwa 6 den Tatort in Augenschein oder vernimmt es einen Zeugen in seiner Wohnung oder im Krankenhaus, muss sich das aus der Sitzungsniederschrift ergeben,7 wobei auch ersichtlich sein muss, welche Teile der Verhandlung jeweils an dem betreffenden Ort vorgenommen wurden.
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HK/Julius 5; KMR/Gemählich 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 13; Meyer-Goßner/Appl 910. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 16 Nr. 26; bei Becker NStZ-RR 2002 100 Nr. 38; NStZ 2011 533; KK/Engelhardt 2; vgl. BVerfG StV 2002 521. BGHSt 16 306; vgl. LR/Stuckenberg § 274, 14 ff., auch zur strittigen Frage, ob damit nur die „wesentlichen Förmlichkeiten“ im Sinne
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des § 273 Abs. 1 gemeint sind; ferner RGSt 46 112 (Beweiskraft erstreckt sich nicht auf Personenidentität). Vgl. SK/Frister 14. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 7. Meyer-Goßner 3. AK/Lemke 2; KK/Engelhardt 1; KMR/Gemählich 2; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 3: Eb. Schmidt 3.
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§ 272
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Der Tag, an dem die Hauptverhandlung stattfindet, bei einer mehrtägigen Hauptverhandlung die Tage, an denen verhandelt wurde, sind mit dem Kalenderdatum zu bezeichnen. Die vollständige und beweiskräftige (§ 274) Aufzählung aller Tage, an denen verhandelt wurde, ist auch wegen der sich danach berechnenden Frist für die Urteilsabsetzung (§ 275 Abs. 1 Satz 2) notwendig. Erstreckt sich die Verhandlung über mehrere Tage, muss die Verhandlungsniederschrift ergeben, welche Verfahrenshandlungen in welcher Reihenfolge an jedem einzelnen dieser Tage geschehen sind; Stunde und Minute der Verhandlungsunterbrechung und des Wiederbeginns sollten vermerkt werden, auch wenn § 272 Nr. 1 dies nicht ausdrücklich verlangt.8 Dies gilt nicht für kürzere Pausen, die im Laufe ein und desselben Tages die Sitzung 8 unterbrechen, etwa, wenn eine Mittagspause gemacht wurde. Solche Pausen müssen weder nach Nr. 1 in das Sitzungsprotokoll aufgenommen werden9 noch gehören sie zu den wesentlichen Förmlichkeiten nach § 273 Abs. 1. Die Beweiskraft des Protokolls erstreckt sich auf sie nicht.10 Bei der Urteilsverkündung ist der Zeitpunkt maßgebend, an dem die Verkündung 9 beendet wurde. Die Angabe eines falschen Tages (etwa, wenn die Urteilsverkündung erst nach Mitternacht beendet worden ist) beeinträchtigt aber nicht den Bestand des Urteils.11
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b) Namen der Richter, der Vertreter der Staatsanwaltschaft usw. (Nr. 2). Auch die Namen der etwa zugezogenen Ergänzungsrichter (Ergänzungsschöffen) sind anzugeben, vgl. § 192 GVG. Bei den Richtern sind Funktion (als Vorsitzender, Beisitzer, Ergänzungsrichter usw.) und Dienstbezeichnung, eventuell auch ein akademischer Grad, beizufügen.12 Eine bestimmte Reihenfolge (üblich nach Dienstalter oder Alphabet) ist nicht vorgeschrieben. Bei Schöffen ist es nicht erforderlich, auch ihren Vornamen sowie Beruf und Wohnort zu vermerken.13 Ein Hinweis über ihre Vereidigung, über die ein besonderes Protokoll aufzunehmen ist (§ 45 Abs. 8 DRiG), schreibt Nr. 2 nicht vor, es handelt sich insoweit auch um keine Förmlichkeit der betreffenden Hauptverhandlung.14 Mehrere Staatsanwälte sind nebeneinander anzuführen, wenn sie gemeinsam an der 11 Hauptverhandlung teilgenommen haben. Lösen sie sich während der Sitzung ab, wird der Wechsel zweckmäßigerweise chronologisch an der entsprechenden Protokollstelle vermerkt. Dem Protokoll muss aber in jedem Fall eindeutig zu entnehmen sein, welcher Staatsanwalt an welchen Sitzungsteilen mitgewirkt und wer die Anträge gestellt hat.15 Bei einem Wechsel des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist dies im Protokoll an 12 der Stelle ersichtlich zu machen, an der der Wechsel eingetreten ist. Der ausscheidende Urkundsbeamte hat den von ihm gefertigten Teil der Niederschrift durch seine Unterschrift abzuschließen.16
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KMR/Gemählich 3; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 4; Eb. Schmidt 3; a.A. wohl BGH NStZ 2009 105, 106; Graf/Peglau 3. KK/Engelhardt 2; KMR/Gemählich 4; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 4. BGH JZ 1967 185; OLG Köln StraFo 2002 325; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2006 191, 192; Graf/Peglau 3; KMR/Gemählich 4. RG JW 1932 3105 mit zust. Anm. Oetker. Meyer-Goßner 4; SK/Frister 5; vgl. LR/Jäger § 222a, 3.
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AK/Lemke 4; KMR/Gemählich 5; MeyerGoßner 4; Pusz 9.1; strenger SK/Frister 5 (unzulässiger Eingriff in Recht auf informationelle Selbstbestimmung). BGH bei Dallinger MDR 1973 372; SK/Frister 5. AK/Lemke 5; KMR/Gemählich 6; MeyerGoßner 4; SK/Frister 6. Vgl. HK/Julius 3; KMR/Gemählich 7; SK/Frister 6; LR/Becker § 226, 10.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 272
Dolmetscher sind Sprachkundige, deren Aufgabe es ist, den Prozessverkehr zwischen 13 dem Gericht und einem der deutschen Sprache nicht mächtigen Prozessbeteiligten zu ermöglichen. Sie sind zu unterscheiden von den sprachkundigen Sachverständigen, die nach den Grundsätzen des Sachverständigenbeweises nur zur Sprachübertragung einer Erklärung zugezogen werden, die außerhalb der Hauptverhandlung abgegeben wurde, wie etwa zur Übersetzung einer fremdsprachigen Urkunde.17 Nur der Dolmetscher braucht im Kopf des Protokolls angeführt zu werden;18 ein späterer Wechsel ist zu vermerken.19 Der Dolmetscher muss zu Beginn der Verhandlung vereidigt werden, wenn er nicht als Dolmetscher für seine Tätigkeit vor dem betreffenden Gericht allgemein vereidigt ist20 und sich auf den geleisteten Eid beruft (§ 189 GVG). Dass das eine oder das andere geschehen ist, muss im Protokoll eindeutig vermerkt werden.21 Dies folgt aber nicht aus Nr. 2, sondern aus § 273 Abs. 1, denn die Beachtung des § 189 GVG ist eine wesentliche Förmlichkeit.22 c) Bezeichnung der Straftat (Nr. 3). Diese ist mit ihrer rechtlichen Bezeichnung im 14 Protokoll aufzuführen. Auszugehen ist dabei von dem in der zugelassenen Anklage erhobenen Vorwurf, über den verhandelt wird, und nicht etwa vom Urteil.23 Der zugelassenen Anklage stehen auch hier der Strafbefehl sowie der Verweisungsbeschluss nach § 270 gleich. Im beschleunigten Verfahren ist die mündlich erhobene Anklage (§ 418) maßgebend.24 Es genügt, wie bei § 260, die rechtliche Bezeichnung der Straftat. Umfasst die Anklage 15 eine Vielzahl von Straftaten, müssen im Kopf des Protokolls nicht alle einzeln angegeben werden. Es dürfte für den Zweck des § 272 Nr. 3 ausreichen, wenn die in der Anklage erhobenen Vorwürfe schwerpunktmäßig umrissen werden und kenntlich gemacht wird, dass es sich insoweit um keine abschließende Aufzählung handelt (z.B.: „wegen schweren Raubes u.a.“).25 d) Namen der Angeklagten, Verteidiger und der sonstigen Verfahrensbeteiligten (Nr. 4). 16 Anzugeben sind die Namen in dem für die Identifizierung notwendigen Umfang,26 gegebenenfalls auch ein akademischer Grad. Die Anforderungen sind bei den einzelnen Personengruppen unterschiedlich.
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Vgl. BGHSt 1 4, 7; KK/Engelhardt 5; ferner bei § 185 GVG. KMR/Gemählich 8 f.; SK/Frister 7; Eb. Schmidt 5; KK/Engelhardt 5, der darauf hinweist, dass ein zur Hauptverhandlung generell zugezogener Dolmetscher diese Eigenschaft nicht verliert, wenn er auch die Richtigkeit der Sprachübertragung außerhalb der Hauptverhandlung abgegebener Äußerungen bestätigt. BGH bei Becker NStZ-RR 2002 100 Nr. 38; KMR/Gemählich 8; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 7. § 189 Abs. 2 GVG; die allgemeine Beeidigung ist in den Ländern unterschiedlich geregelt und mitunter in der Geltung örtlich eng (Landgerichtsbezirk) begrenzt; vgl. Jessnitzer Dolmetscher (1982) 25; Ruderisch BayVBl. 1985 172.
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BGHSt 31 39, 40 (Vermerk „allgemein vereidigt“ reicht nicht); KMR/Gemählich 8; SK/Frister 7; vgl. auch Fn. 22. Vgl. BGH NStZ 1981 69 (L) mit Anm. Liemersdorf; NStZ 1981 190; 1982 517; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1983 359; HK/Julius 2; SK/Frister 6; ferner LR/Stuckenberg § 274, 14 und bei § 189 GVG. KK/Engelhardt 6; KMR/Gemählich 10; Meyer-Goßner 5. Meyer-Goßner 5. AK/Lemke 8; KK/Engelhardt 6; KMR/ Gemählich 10. Die Angabe des schwersten Vorwurfs fordern Meyer-Goßner 5; SK/Frister 8. KMR/Gemählich 11; Eb. Schmidt 7.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Beim Angeklagten genügt nach Wortlaut und Zweck des § 272, den Vor- und Familiennamen aufzunehmen27 und weitere Angaben wie Wohnort und Beruf nur insoweit, als sie zur eindeutigen Identifizierung des Angeklagten notwendig sind, wozu nähere Angaben über die Untersuchungshaft und andere Einzelheiten nicht unbedingt gehören. Nur wenn das Urteil nach § 275 Abs. 1 Satz 1 in das Protokoll aufgenommen wird, muss die Sitzungsniederschrift alle für den Urteilskopf erforderlichen Angaben enthalten.28 Mehrere Angeklagte sind zweckmäßigerweise in der Reihenfolge der Anklageschrift im Protokoll aufzuführen. Nach § 272 müssen die Namen aller Angeklagten angegeben werden, ohne Rücksicht 18 darauf, ob sie zur Hauptverhandlung erschienen sind. Die Feststellung der Anwesenheit ist als wesentliche Förmlichkeit nach § 273 Abs. 1 gesondert zu beurkunden.29 Mit Namen aufzuführen sind ferner der oder die Verteidiger, und zwar ganz gleich, 19 ob es sich um eine notwendige Verteidigung handelt, bei der die Anwesenheit des Verteidigers eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens ist.30 Anzugeben sind alle Verteidiger, die zumindest an einem Teil der Hauptverhandlung teilgenommen haben, also auch ein Verteidiger, der bei der Urteilsverkündung nicht anwesend war.31 Ob auch ein Verteidiger im Kopf angeführt werden muss, der überhaupt nicht erschienen ist, ist strittig.32 Unerheblich, und deshalb nicht zu erwähnen ist, ob es sich um einen Wahl- oder Pflichtverteidiger handelt. Zu den sonstigen Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 272 Nr. 4 rechnen der Bei20 stand (§ 149), der Nebenkläger und die Nebenbeteiligten, die im allgemeinen Interesse oder zur Abwehr eigener Rechtsnachteile am Verfahren teilnehmen,33 und ihre Bevollmächtigten. Dazu gehören der Einziehungsbeteiligte nach § 431 Abs. 1, dem die juristische Person oder Personenvereinigung im Verfahren nach § 444 gleichgestellt wird, und der Verfallsbeteiligte (§ 442), ferner, nach Maßgabe der einzelnen Sondergesetze (z.B. § 407 AO; § 13 Abs. 2 WiStG), auch bestimmte Behörden, wenn sie zur Hauptverhandlung einen Vertreter entsenden.34 Ob diese Personen nur aufgeführt werden müssen, wenn sie auch tatsächlich in der Hauptverhandlung anwesend sind, ist ebenfalls strittig.35
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e) Öffentlichkeit der Verhandlung (Nr. 5). Das Protokoll muss angeben, ob öffentlich verhandelt wurde.36 Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens im Sinne des § 273 Abs. 1. Bestand die Öffentlichkeit unverändert während der ganzen Hauptverhandlung, genügt ein entsprechender Vermerk am Anfang des Proto-
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Graf/Peglau 6; HK/Julius 2; Pusz 11.1; weitere Angaben fordern KMR/Gemählich 12; Meyer-Goßner 6; Meyer-Goßner/Appl 912. KMR/Gemählich 12; Meyer-Goßner 6; vgl. LR/Stuckenberg § 275, 20. Vgl. etwa BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 494; KK/Engelhardt 7; KMR/Gemählich 13; Werner DRiZ 1955 180, 182; ferner bei LR/Stuckenberg § 273, 9 m.w.N. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 9; LR/Franke § 338, 82. OLG Koblenz Rpfleger 1973 219. AK/Lemke 9; HK/Julius 2; KK/Engelhardt 7 bejahen dies; verneinend Graf/Peglau 7;
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KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 6; SK/Frister 10; Eb. Schmidt 4 („wirklich Erschienenen“). Vgl. Fn. 35. Vgl. Meyer-Goßner Einl. 73; Eb. Schmidt Nachtr. II 2. Vgl. LR/Becker Vor § 226, 70. Graf/Peglau 7; KMR/Gemählich 14; MeyerGoßner 9; SK/Frister 10 nehmen dies an; während andere, so KK/Engelhardt 7, diese Angabe auch fordern, wenn die in Nr. 4 Genannten nicht erschienen sind; das Ausbleiben ist dann besonders zu beurkunden. Vgl. Fn. 32. Vgl. §§ 169 bis 175 GVG; 48 Abs. 1 JGG.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 273
kolls.37 Wegen der Einheit des Protokolls gilt dies auch bei einer mehrtägigen Verhandlung,38 wobei allerdings bei einem Wechsel des Protokollführers darauf zu achten ist, dass der neue Protokollführer den Vermerk für den von ihm protokollierten Verhandlungsteil auch selbst bestätigt.39 Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so muss das Protokoll ersehen lassen, ob über den Ausschluss öffentlich oder nicht öffentlich verhandelt wurde und ob der Beschluss, durch den die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist, öffentlich verkündet wurde.40 Desgleichen ist die Vollziehung des über die Ausschließung ergangenen Beschlusses und die Wiederherstellung der Öffentlichkeit im Protokoll an der jeweiligen Stelle ersichtlich zu machen; ferner, dass der Beschluss auch vollzogen wurde. Die Wiederherstellung der Öffentlichkeit (Anordnung und Vollzug) ist im Protokoll vor dem jeweiligen Verfahrensvorgang zu vermerken, von dem an wieder öffentlich verhandelt wurde. Aus dem Protokoll muss eindeutig zu ersehen sein, bei welchen Verfahrensteilen die Öffentlichkeit ausgeschlossen war41 und dass danach wieder öffentlich weiterverhandelt wurde. Ist das Protokoll insoweit erkennbar lückenhaft, etwa weil es nur die Wiederherstellung der Öffentlichkeit, nicht aber deren Ausschluss feststellt, entfällt seine Beweiskraft nach § 274; die ohne Öffentlichkeit verhandelten Verfahrensteile können dann im Wege des Freibeweises festgestellt werden.42 f) Sonstige Angaben. Auf Grund des § 272 muss das Gericht nur die in § 272 Nr. 2 22 und 4 genannten Personen im Protokoll namentlich festhalten, nicht aber andere Personen, die, wie etwa die Referendare, zu Ausbildungszwecken oder aus sonst einem Grund der Hauptverhandlung beiwohnen. Dies gilt auch für die Vertreter der Finanzbehörde nach § 407 AO und sonstige, in amtlicher Eigenschaft an der Hauptverhandlung teilnehmende Behördenvertreter.43 Ob und wieweit die Namen der Beweispersonen zu beurkunden sind, ergibt sich aus § 273 Abs. 1 und nicht aus § 272. Nicht beurkundet zu werden braucht, wenn jemandem die Anwesenheit in der Hauptverhandlung nach § 175 Abs. 2 GVG oder § 48 JGG gestattet wird.44
§ 273 (1) 1 Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Schriftstücke oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. 2 In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.
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KMR/Gemählich 15; Meyer-Goßner 7; SK/Frister 11. Vgl. etwa OLG Düsseldorf JMBlNW 1963 2153 (Auslegungsfrage); KK/Engelhardt 8; SK/Frister 11. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 13. RGSt 10 92; RG GA 38 (1891) 195; BGH bei Herlan MDR 1955 653; bei Holtz MDR 1977 810; vgl. LR/Franke § 338, 110 m.w.N.
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BGH StV 1994 471. BGH nach KK/Engelhardt 8; ferner etwa BGHSt 17 220, 222; AK/Lemke 11; KMR/Gemählich 17; SK/Frister 11; vgl. LR/Stuckenberg § 274, 29 ff. KMR/Gemählich 18 f.; SK/Frister 12. Vgl. bei § 175 GVG.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
(1a) 1 Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. 2 Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. 3 Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken. (2) 1 Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. 2 Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang auf Tonträger aufgezeichnet werden. 3 Der Tonträger ist zu den Akten zu nehmen oder bei der Geschäftsstelle mit den Akten aufzubewahren. 4 § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend. (3) 1 Kommt es auf Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Niederschreibung und Verlesung anzuordnen. 2 Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. 3 In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind. (4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.
Schrifttum vgl. bei § 271.
Entstehungsgeschichte. Art. 7 Nr. 15 StPÄG 1964 hatte Absatz 2 dahin erweitert, dass der wesentliche Inhalt der Vernehmungen nunmehr bei allen als Tatsacheninstanz urteilenden Gerichten in das Protokoll aufzunehmen ist, während dies früher nur bei den Verhandlungen vor dem Amtsrichter und dem Schöffengericht vorgeschrieben war. In Absatz 3 wurde den Verfahrensbeteiligten das Recht eingeräumt, die Protokollierung bestimmter Verfahrensvorgänge oder des Wortlauts bestimmter Aussagen zu beantragen und, falls der Vorsitzende dies ablehnt, gegen seine Entscheidung das Gericht anzurufen. Eingefügt wurde ferner der Absatz 4, der die Urteilszustellung und damit den Beginn der Fristen nach §§ 341 Abs. 2, 345 von der Fertigstellung des Protokolls abhängig macht. Art. 1 Nr. 79 des 1. StVRG (1974) hat die frühere Fassung des Absatzes 2 wieder hergestellt,1 lediglich „Amtsrichter“ wurde durch „Strafrichter“ ersetzt. Art. 1 Nr. 24 StVÄG 1979 hat bei § 273 Abs. 1 hinter „Schriftstücke“ die Worte eingefügt „oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist“ (Folgeänderung zu § 249 Abs. 2). Art. 1 Nr. 22 StVÄG 1987 hat bei Absatz 2 einen Halbsatz angefügt, der es gestattet, von der Protokollierung der wesentlichen Ergebnisse der Vernehmung abzusehen, wenn das Urteil nicht angefochten wird. Art. 1 Nr. 9 des 1. OpferRRG 2004 hat in Absatz 2 die Sätze 2 bis 4 angehängt. Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2353) hat in § 273 Abs. 1 Satz 1 das Wort „Beachtung“ an die Stelle von „Beobachtung“ gesetzt sowie Satz 2 und Absatz 1a eingefügt.
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Rieß NJW 1975 81, 88.
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§ 273
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
Übersicht Rn. I. Allgemeines 1. Zweck des Protokolls . . . . . . . . . 2. Verhältnis des § 273 zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Protokollierung der Hauptverhandlung (Absatz 1) 1. Gang der Hauptverhandlung . . . . . 2. Beachtung der wesentlichen Förmlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispiele für wesentliche Förmlichkeiten a) Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . b) Anwesenheit . . . . . . . . . . . . c) Verfahrensgang . . . . . . . . . . d) Hinweise, Belehrungen . . . . . . . e) Erklärungen der Verfahrensbeteiligten . . . . . . . . . . . . . f) Beweiserhebung . . . . . . . . . . g) Ordnungsvorschriften . . . . . . . h) Heilung von Verfahrensfehlern . . . i) Sitzungspolizei . . . . . . . . . . . j) Rechtsmittelerklärungen . . . . . . 4. Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entscheidungen . . . . . . . . . . . . 6. Urteilsformel . . . . . . . . . . . . . 7. Erörterung nach § 257b . . . . . . .
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III. Vorliegen einer Verständigung (Absatz 1a) 1. Ablauf und Inhalt der Verständigung . 2. Belehrungen und Mitteilungen . . . . 3. Negativattest (Satz 3) . . . . . . . . .
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Rn. IV. Inhaltsprotokoll nach Absatz 2 1. Anwendungsbereich . . . . 2. Wesentliche Ergebnisse . . . 3. Form a) Niederschrift . . . . . . . b) Tonträger . . . . . . . . 4. Beweiskraft . . . . . . . . .
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V. Beurkundung eines Vorgangs oder des Wortlauts einer Äußerung (Absatz 3) 1. Feststellung eines Verfahrensvorgangs 2. Feststellung des Wortlauts . . . . . 3. Protokollierungsvorgang . . . . . . 4. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anrufung des Gerichts . . . . . . . 6. Sitzungsniederschrift . . . . . . . .
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47 50 53 56 60 62
VI. Fertigstellung des Protokolls und Urteilszustellung (Absatz 4) 1. Zweck des Absatzes 4 . . . . . . . . . 2. Fertigstellung . . . . . . . . . . . . . 3. Zwingende Verfahrensnorm . . . . .
63 64 65
VII. Rechtsmittel 1. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . 2. Revision a) Mangel des Protokolls . . . . . . . b) Widersprüche zwischen Protokoll und Urteil . . . . . . . . . . . . .
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Alphabetische Übersicht Ablehnung der Protokollierung 60, 66 f. Allgemeinkundigkeit 17 Angeklagter – Anwesenheit 7, 9 – Einlassung 11, 39, 50, 68 – schwerhöriger 10 – Verhalten 49 – Vernehmung 11 Anklage, Verlesung 11 Anordnung der Protokollierung 53, 60 ff. Anrufung des Gerichts 13 f., 60 Anspruch auf wörtliche Protokollierung 57 ff., 59 Antrag auf Protokollierung 56, 60 ff., 67 Anträge 13, 23 ff. Anwesenheit 9 ff. Aufforderung zu den Schlussanträgen 11 Aufforderungen zur Stellungnahme 12 Aufklärungspflicht 7, 59, 69 Augenschein 15, 39, 49 Befragung 12 Beisitzende Richter 56, 59 Belehrungen 12 Beleidigung eines Zeugen 49 Beratung des Gerichts 5, 34, 45, 51, 59, 69 Beschwerde 66
Beweisanträge 24 – Frist zur Stellung 49 Beweiserhebung 14 Beweissicherung 49, 51, 57 Beweiswürdigung 44, 49, 59, 67 Dolmetscher 10 Einverständnis 13 Einwände gegen die Richtigkeit der wörtlichen Niederschrift 55 Entschädigungsansprüche nach § 404 11 Entscheidung des Gerichts über Protokollierung 61 Entscheidungen 4, 26 ff., 30 Ergebnisse der Verhandlung 4 Erörterung nach § 257b 31 Erziehungsberechtigter 9 Feststellung eines Verfahrensvorgangs 47 ff. Fragen, einzelne 14 Freibeweis 21, 36 f., 67 Freistellung von der Protokollierung der Aussagen 40 fremdsprachige Erklärungen 52 Gang der Hauptverhandlung 3 ff., 11, 19 Genehmigung der Protokollierung 55, 61 f., 67 Gerichtskundige Tatsachen 17 Gesetzlicher Vertreter 9 Haftprüfung, mündliche 2
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Heilung eines Verfahrensfehlers 3, 19 Hinweise 7, 12, 17 ff., 31 Inhaltsprotokoll 38 ff. Letztes Wort 11 Maßnahmen der Sitzungspolizei 20 Mündlichkeitsgrundsatz 42 Nebenkläger 56 Negativattest einer Verständigung 35 ff. Öffentlichkeit der Verhandlung 8 Ordnungsvorschriften 18 Protokollrüge 67 Punktesachen 3 Recht auf Gehör 7, 17 Rechtliches Interesse an der Protokollierung 48 ff., 56 Rechtsmitteleinlegung 21 f. Rechtsmittelverzicht 21 f., 40 Rekonstruktion der Aussage 45, 68 ff. Revision 67 ff. Rücknahme eines Antrags 23 Sachverhaltsfeststellung im Urteil 45, 68 f. Sachverständige 9, 39, 42, 56 Schriftstücke – Feststellung ihres Inhalts durch Vorsitzenden 16 – verlesene 16 Selbstleseverfahren 16, 23 Sitzungsprotokoll – Anlagen 23, 25 ff., 52, 54, 64 – Beweiskraft 1 ff., 20 f., 33 ff., 44, 57, 60, 62, 64, 67 – Bezugnahmen 42 – Fertigstellung 2, 40, 63 ff. – Mängel 64 ff., 67 – Nachprüfung der inhaltlichen Richtigkeit 66 – Wiederherstellung 64 – Zweck 1
Sondervorschriften 2 Standeswidriges Verhalten 49 Straftat in der Hauptverhandlung 49, 58 Teilanfechtung des Urteils 40 Tonträgeraufzeichnung 43, 68 Urkundenbeweis 15 f., 40 Urkundsbeamter 40 f., 45, 53 ff. Urteilsformel 27 f., 65 Urteilsgründe, Widerspruch mit Protokoll 45, 68 ff. Urteilsverkündung 21, 28, 60 Urteilszustellung 63 ff. Verfahrensgrundsätze 7 Verfahrensrüge 11, 45, 49, 57, 59, 67 ff. Verkündung der Entscheidungen 26, 30, 60 Verständigung 32 ff. Verteidiger 2, 9, 49 f., 56, 63 – Anwesenheit 9 – Verhandlung über Ausschluss 2 Verweigerung der Einlassung 11 Verzicht 13, 21 f. Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung 2, 35, 47 Vorhalt 7, 16 Vorsitzender 41, 45, 53 ff., 56, 58 Wesentliche Förmlichkeit 6 ff., 21 f., 48, 57, 67, 69 Wesentliches Ergebnis der Vernehmungen 38 ff., 41 ff., 65 Wiederaufnahme 43, 46 Wiedereinsetzung 40 Wiederholung von Teilen der Hauptverhandlung 3, 19 Wörtliche Niederschrift einer Aussage 50 ff., 68 Zeitliche Reihenfolge 3 Zeuge 3, 9, 14 f., 19, 39, 46, 49, 56, 68 Zusammenfassung mehrerer Aussagen 42 Zweifel am Vorliegen einer Verständigung 37
I. Allgemeines 1
1. Zweck. Das Protokoll soll den Gang der Hauptverhandlung so wiedergeben, dass nachprüfbar ist, ob in ihr dem Gesetz entsprechend verfahren wurde. Dies soll insbesondere den Gerichten der höheren Instanzen die Prüfung erleichtern, ob Prozessvorschriften verletzt worden sind. Seine Bedeutung hierfür erhellt die Beweiskraft, die ihm durch § 274 beigelegt wird. Sein Inhalt kann aber auch für Zwecke, die außerhalb des Verfahrens liegen, von Bedeutung sein. Das gilt insbesondere für die Äußerungen, die nach Absatz 3 wörtlich in das Protokoll aufgenommen wurden.
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2. Verhältnis des § 273 zu anderen Vorschriften. Während § 271 die Aufnahme eines Protokolls über die Hauptverhandlung vorschreibt und die Verantwortlichkeit dafür regelt, legen die §§ 272 bis 273 Abs. 1 bis 3 den Inhalt dieser Sitzungsniederschrift fest, der dann von § 274 zum Teil mit besonderer Beweiskraft ausgestattet wird. § 273 Abs. 4 bindet die Urteilszustellung an die Fertigstellung des Protokolls. Die §§ 272, 273 werden durch Sondervorschriften für bestimmte Einzelfälle ergänzt (beispielsweise §§ 59 Abs. 1 Satz 2, 86, 249 Abs. 2 Satz 3, 255, ferner §§ 182, 183, 185 Abs. 1 Satz 2 GVG).2 Die
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Vgl. KMR/Gemählich 3; SK/Frister 4.
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Protokollierung von Vorgängen außerhalb der Hauptverhandlung richtet sich nach den §§ 168 bis 168b,3 doch gelten die §§ 271 bis 273 für die mündliche Haftprüfung (§ 118a Abs. 3 Satz 3) und die Verhandlung über die Ausschließung des Verteidigers (§ 138d Abs. 4 Satz 3) entsprechend.
II. Protokollierung der Hauptverhandlung (Absatz 1) 1. Gang der Hauptverhandlung. Das Protokoll muss den Gang der Hauptverhand- 3 lung, vor allem die zeitliche Reihenfolge, in der die einzelnen Verfahrensabschnitte durchgeführt wurden (vgl. §§ 243, 244 Abs. 1, 257, 258, 260 Abs. 1), kenntlich machen.4 Welche Ereignisse außer den in Absatz 1 besonders genannten hierzu rechnen, bestimmt sich nach dem Zweck des Protokolls, den höheren Instanzen mit seiner Beweiskraft die Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit des Verfahrens zu erleichtern.5 Weicht das Gericht von dem normalen Verfahrensgang ab, was insbesondere in den sogenannten Punktesachen angezeigt sein kann, dann muss das Protokoll dies eindeutig aufzeigen.6 Wird ein Teil der Hauptverhandlung wiederholt, um einen Verfahrensfehler zu heilen, so sind neben der Anordnung die wiederholten Verfahrensvorgänge in der Reihenfolge ihrer Wiederholung erneut im Protokoll festzuhalten.7 Wenn Absatz 1 Satz 1 auch die Ergebnisse der Hauptverhandlung erwähnt, so erscheint 4 dies insofern müßig, als die Ergebnisse der Beweisaufnahme hier nicht gemeint sein können, da für sie Absatz 2 gilt, im Übrigen aber als Ergebnisse der Verhandlung nur die Entscheidungen bezeichnet werden können, die am Schluss des Absatzes 1 besonders genannt werden.8 Die Aufzählung in Absatz 1 enthält aber auch sonst Überschneidungen. Die Beratungen des Gerichts, vor allem die Urteilsberatung, gehören nach herrschen- 5 der Ansicht nicht zu den in der Sitzungsniederschrift zu beurkundenden und nur durch sie beweisbaren Förmlichkeiten der Hauptverhandlung.9 Dies gilt auch für eine kurze Nachberatung im Sitzungssaal, obwohl diese für den Urkundsbeamten wahrnehmbar wäre und ein Vermerk hierüber zweckmäßig sein kann.10 Nach hier vertretener Auffassung ist hingegen die Tatsache, dass sich das Gericht zu der gebotenen Beratung zurückgezogen oder im Sitzungssaal beraten hat, in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen.11 2. Die Beachtung der wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens muss das Protokoll 6 beurkunden. Hierzu gehören alle Vorgänge der Verhandlung, die für die Gesetzmäßigkeit des Verfahrens von Bedeutung sind, wobei als wesentlich nur diejenigen Formvorschrif-
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Vgl. auch LR/Jäger § 223, 36. HK/Julius 2; KK/Engelhardt 2; KMR/Gemählich 4; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 5. Zu den Einzelheiten des Protokollinhalts vgl. MeyerGoßner/Appl 915 ff.; Pusz 13.1 ff. AK/Lemke 2; KK/Engelhardt 2; MeyerGoßner 1. Vgl. LR/Becker § 243, 4, 66. Vgl. BGH NStZ-RR 1999 107, ferner Rn. 19. Graf/Peglau 4; KK/Engelhardt 3; Eb. Schmidt 5. Allenfalls könnte die zulässige (vgl. Pecher NJW 1981 2170) Aufnahme eines privatrechtlichen Vergleichs in das Protokoll als ein Ergebnis der Hauptverhandlung
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betrachtet werden, das nicht zugleich eine Entscheidung ist; vgl. SK/Frister 5 Fn. 13. BGHSt 5 294 = LM Nr. 5 mit Anm. Krumme; OLG Köln NStZ-RR 2002 337; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187; 1974 184; Graf/Peglau 22; KMR/Gemählich 8; SK/Frister 8; krit. Pauly FS Rissing-van Saan 425, 435 f.; a.A. Kahlo FS Meyer-Goßner 447, 468; Eb. Schmidt 10; vgl. auch LR/Stuckenberg § 268, 12 m.w.N. Nachw. bei LR/Stuckenberg § 260, 11. Zur Begründung s. LR/Stuckenberg § 260, 11 m.w.N.
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ten anzusehen sind, deren Missachtung unter Umständen den Bestand des Urteils gefährden könnte.12 Es kommt insoweit nur auf das vorliegende Verfahren an; dass der Vorgang für ein anderes Verfahren von Bedeutung ist, rechtfertigt zwar unter Umständen seine Beurkundung in der Sitzungsniederschrift nach Absatz 3, macht ihn jedoch nicht zu einer wesentlichen Förmlichkeit im Sinne des Absatzes 1.13 Ob eine Verfahrensregel zu den wesentlichen Förmlichkeiten rechnet, ist bei den einzelnen Verfahrensvorschriften erörtert. Soweit dies zweifelhaft oder strittig ist, empfiehlt sich die Protokollierung, um den Bestand des Urteils nicht unnötig zu gefährden. Nicht alles, was das Gericht zur Erfüllung seiner Aufklärungspflicht oder zur Einhal7 tung eines Verfahrensgrundsatzes im konkreten Fall tun muss, ist notwendig auch eine wesentliche Förmlichkeit. Dies wird vor allem bei solchen Grundsätzen verneint, deren Beachtung zwar für die Gesetzmäßigkeit des Verfahrens von entscheidender Bedeutung ist, deren Erfordernissen aber das Gericht bei seiner Verfahrensgestaltung in verschiedener Weise Rechnung tragen kann, ohne dafür an eine bestimmte äußere Form und damit an die Einhaltung einer bestimmten Förmlichkeit gebunden zu sein.14 So kann vor allem das Verfassungsgebot zur Wahrung des Rechts auf Gehör vom Gericht in der Hauptverhandlung in den verschiedensten Formen erfüllt werden; unter anderem kann ihm schon dadurch genügt sein, dass die entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismittel in Gegenwart des Angeklagten in der Hauptverhandlung angesprochen wurden und dieser Gelegenheit hatte, sich dazu zu äußern.15 Hierzu kann auch ein einfacher Vorhalt ausreichen.16 Ein Teil des Schrifttums nimmt dagegen eine wesentliche Förmlichkeit in den Ausnahmefällen an, in denen besondere förmliche Hinweise zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich sind, auch wenn sie das Gesetz nicht ausdrücklich vorschreibt.17 3. Beispiele für wesentliche Förmlichkeiten
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a) Zu den wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens, die die Sitzungsniederschrift nachweisen muss, gehört, ob öffentlich verhandelt wurde,18 die Verhandlung über den Ausschluss,19 der Beschluss und seine Durchführung sowie die Wiederherstellung der Öffentlichkeit.20 Der Verhandlungsteil, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde, muss aus dem Protokoll eindeutig erkennbar sein.21
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Graf/Peglau 5; KK/Engelhardt 4; MeyerGoßner 6; SK/Frister 6; Eb. Schmidt 5; Kahlo FS Meyer-Goßner 447, 466. KK/Engelhardt 4; KMR/Gemählich 5; Meyer-Goßner 6; SK/Frister 6; Eb. Schmidt 5; Sarstedt JZ 1965 293; a.A. BayObLGSt 1964 141 = JZ 1965 291. Die Beachtung solcher Grundsätze bei der Verfahrensgestaltung ist deshalb keine wesentliche Förmlichkeit in dem engen Sinn, der es rechtfertigen könnte, sie vor allem auch der negativen Beweiskraft des Protokolls (§ 274) zu unterstellen. BGH NStZ 1990 291 m.w.N.; vgl. G. Schäfer FS BGH 707, 722 – anders etwa OLG Hamm VRS 16 (1959) 451. BGHSt 22 26; AK/Lemke 4; vgl. auch BGH NStZ-RR 1999 107; Rn. 16 m.w.N.
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Vgl. BayObLG DAR 1962 216; AK/Lemke 4. Wenig geklärt ist aber, wo nach dieser Ansicht ein förmlicher Hinweis unerlässlich und nicht nur seine Protokollierung zum besseren Nachweis der Wahrung des rechtlichen Gehörs zweckmäßig ist. Vgl. auch G. Schäfer FS BGH 707, 722, wonach weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung eine Pflicht zur Protokollierung aller entscheidungserheblichen Tatsachen zu entnehmen ist. Vgl. LR/Stuckenberg § 272, 21; ferner bei § 169 GVG. RGSt 20 21. BGHSt 4 279; 27 189; BGH bei Holtz MDR 1977 810; StV 1994 471; NStZ-RR 2001 264; vgl. LR/Stuckenberg § 272, 21. Vgl. LR/Stuckenberg § 272, 21.
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b) Die Anwesenheit der Personen, deren ununterbrochene Gegenwart in der Haupt- 9 verhandlung das Gesetz (insbesondere § 226) zwingend vorschreibt, gehört ebenfalls hierher.22 Wenn eine solche Person an der Hauptverhandlung nicht teilnimmt oder sich aus dem Sitzungssaal entfernt, muss das Protokoll dies in einer Weise beurkunden, die erkennen lässt, bei welchen Verfahrensvorgängen sie fehlte. Dies gilt insbesondere, wenn ohne den Angeklagten verhandelt wird, wie etwa in den Fällen der §§ 231 Abs. 2, 231a, 231b, 232, 23323 oder wenn der Angeklagte zeitweilig nach § 247 aus der Hauptverhandlung entfernt wird.24 Für die Anwesenheit des notwendigen Verteidigers gilt das gleiche.25 Bei den anderen Personen, deren Gegenwart das Gesetz für die Durchführung der Hauptverhandlung nicht zwingend fordert, gehört die Tatsache ihrer Anwesenheit nicht zu den nur durch das Protokoll zu beweisenden wesentlichen Förmlichkeiten. Dies gilt für Zeugen und Sachverständige,26 für einen gesetzlichen Vertreter oder Erziehungsberechtigten des Angeklagten,27 ferner, wenn die Verteidigung nicht notwendig ist, auch für seinen Verteidiger28 und erst recht für einen zweiten Verteidiger.29 Nach § 272 Nr. 4 sind allerdings alle Verteidiger im Protokoll aufzuführen.30 Wird ein Dolmetscher gemäß §§ 185, 186 GVG zugezogen, muss das Protokoll ver- 10 merken, dass und warum er zugezogen wurde;31 ferner seine Vereidigung oder Berufung auf einen allgemeinen Eid.32 Die einzelnen Vorgänge, bei denen er tätig war, brauchen dagegen nicht angeführt zu werden.33 Die Sprachübertragung der in der Hauptverhandlung abgegebenen Erklärungen als solche ist keine wesentliche Förmlichkeit.34 Die zum Zwecke der Verständigung mit einem schwerhörigen Angeklagten getroffenen Maßnahmen, etwa, dass der Angeklagte ein Hörgerät benutzt hat, sind keine wesentlichen Förmlichkeiten, die in der Sitzungsniederschrift festzuhalten sind.35 c) Zu den wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrensgangs gehört, dass die zugelas- 11 sene Anklage oder eine der an ihre Stelle tretenden Entscheidungen verlesen36 bzw. im beschleunigten Verfahren mündlich37 Anklage erhoben und dass der Angeklagte vorher zur Person und erst nach der Verlesung zur Sache vernommen wurde,38 wobei nur die Tatsache der Vernehmung, nicht aber der Inhalt der Aussage festzuhalten ist.39 Der Ver-
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BGHSt 24 281; OLG Bremen OLGSt § 274, 13. BGH GA 1963 19. BayObLGSt 1973 160; OLG Hamburg NJW 1965 1342; vgl. LR/Becker § 247, 50 f. m.w.N. BGHSt 9 243; 24 280 = LM § 274 Nr. 14 mit Anm. Kohlhaas; BGH NJW 2001 3794, 3795 mit Anm. Fezer NStZ 2002 272 und Köberer StV 2002 527; vgl. bei § 140. Für Zeugen etwa RGSt 40 140; BGHSt 24 280; vgl. LR/Becker § 245, 68; ferner BGH bei Holtz MDR 1985 92; für Sachverständige BGH NStZ 1985 455; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 207. BGH StV 1999 656. BGHSt 24 280. BGH NJW 2001 3794, 3796 mit Anm. Fezer NStZ 2002 272 und Köberer StV 2002 527. Vgl. LR/Stuckenberg § 272, 19.
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LR/Stuckenberg § 272, 12; vgl. § 259, 9 und bei § 185 GVG. BGH NStZ 1982 517; bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1988 20; StV 1996 531; BGH nach KK/Engelhardt 4; OLG Schleswig bei Lorenzen/Thamm SchlHA 1996 88; vgl. LR/ Stuckenberg § 272, 12; ferner bei § 189 GVG. RGSt 1 137; 43 442. Vgl. bei § 185 GVG. OLG Freiburg JZ 1951 23; LR/Stuckenberg § 259, 9. Vgl. etwa BGH NStZ 1984 521; 1986 39; 2000 214; 2004 451; OLG Hamburg MDR 1985 517 (zu § 324 Abs. 1); OLG Hamm StV 2003 490, 491; ferner LR/Becker § 243, 52. OLG Frankfurt StV 2001 351; OLG Köln NStZ-RR 2003 17 f. KK/Engelhardt 4; vgl. LR/Becker § 243, 37, 82. RGSt 58 59; BGH NStZ-RR 1997 73.
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merk, dass der Angeklagte Gelegenheit zur Äußerung erhalten habe, bezeugt aber nicht, dass er sich tatsächlich zur Sache eingelassen hat.40 Verweigert der Angeklagte die Einlassung zur Sache, ist dies im Protokoll festzuhalten; da der Vermerk für die ganze Hauptverhandlung gilt, ist im Protokoll dann aber als wesentliche Förmlichkeit zu beurkunden, wenn er sich später doch noch zur Sache äußert, etwa bei seiner Anhörung nach § 257 oder beim letzten Wort.41 Trägt der Verteidiger an Stelle des abwesenden Angeklagten dessen Einlassung zur Sache vor42 oder wird sie nach § 233 Abs. 3 Satz 2 verlesen,43 so ist dies zu protokollieren. Die Befragung nach § 25744 oder nach § 265a, die Aufforderung zu den Schlussvorträgen, diese selbst und die Gewährung des letzten Wortes nach § 25845 sind als solche ebenfalls wesentliche Förmlichkeiten, nicht aber die Erklärungen, die der Angeklagte daraufhin abgibt,46 sofern darin nicht eine im Protokoll zu vermerkende erstmalige sachliche Stellungnahme zum Anklagevorwurf liegt.47 Werden Entschädigungsansprüche nach § 404 geltend gemacht, ist im Protokoll festzuhalten, ob der Angeklagte dazu Stellung nehmen konnte.48
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d) Grundsätzlich sind alle dem Gericht kraft Gesetzes obliegenden Hinweise, Belehrungen, Unterrichtungen oder Aufforderungen zur Stellungnahme im Protokoll zu beurkunden. So z.B. die Belehrungen nach §§ 35a,49 52,50 55, 57,51 63, 72 oder nach § 243 Abs. 4 Satz 1 sowie die qualifizierte Belehrung eines Zeugen, der auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 252 verzichten52 will, oder die Unterrichtung nach § 231a Abs. 2; § 231b Abs. 2; § 247 Satz 4. Wesentliche Förmlichkeiten sind auch die rechtlichen Hinweise nach § 265 Abs. 1 und 2,53 nicht aber die in Zusammenhang mit einem solchen Hinweis oder nach § 265 Abs. 4 erforderlich werdenden, nicht an eine bestimmte Form gebundenen sachlichen Belehrungen.54 Zu beurkunden ist der Hinweis nach § 266 Abs. 3 Satz 2.55 Der vom Gesetz nicht vorgeschriebene Hinweis an den Angeklagten, dass die unterbrochene Hauptverhandlung bei seinem Ausbleiben gegen ihn nach § 231 Abs. 2
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BGH StV 1995 5; 2000 123; OLG Hamm StV 2000 298. BGH NJW 1996 533; 1996 2804; StV 1983 8; 1992 1; 1999 189 mit Anm. Ventzke; BGH StV 2000 123; 2002 531; BGHR § 274 Beweiskraft 5, 11, 18; Schlothauer StV 1994 468; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 4; MeyerGoßner 7; SK/Frister 7. BGHSt 37 260; OLG Hamm JMBlNW 1964 214; OLG Köln VRS 59 (1980) 349; MeyerGoßner 7; SK/Frister 7; vgl. LR/Becker § 234, 22. LR/Becker § 233, 39. KK/Engelhardt 4; ferner LR/Stuckenberg § 257, 34 ff. Vgl. LR/Stuckenberg § 258, 54. BGH NJW 1996 533; bei Kusch NStZ 1994 228; vgl. § 257. Vgl. Fn. 41; sachliche Stellungnahmen zu einem Beweisergebnis nach § 257 sind aber nicht notwendig schon eine Einlassung zur Sache, vgl. BGH StV 1994 468 mit Anm. Schlothauer.
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BGHSt 37 260; vgl. bei § 404. BGH NStZ-RR 2009 282 (aber nicht den Inhalt); BGH 17.6.2009 – 1 StR 252/09. BGH StV 2004 297. LR/Ignor/Bertheau § 57, 8; KK/Engelhardt 4; SK/Frister 7 m.w.N.; a.A. RGSt 56 66, 67 (Ordnungsvorschrift). BGH NStZ 2007 352 f.; vgl. BGHSt 45 203. BGHSt 2 373; 19 141; OLG Brandenburg DAR 2000 40; OLG Braunschweig NStZ-RR 2002 179; vgl. bei LR/Stuckenberg § 265, 69 ff. BGHSt 19 141; 28 197; BGH StV 2011 399 (Verwertung von nach §§ 154, 154a ausgeschiedenem Verfahrensstoff); bei Holtz MDR 1985 449; a.A. OLG Jena StraFo 2010 206, 207; zu §§ 154, 154a: OLG München NJW 2010 1826; OLG Hamm NStZ-RR 2003 368; dazu Beulke/Stoffer StV 2011 442, 446 ff.; vgl. LR/Stuckenberg § 265, 83 ff. Vgl. LR/Stuckenberg § 266, 38 f.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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fortgesetzt werden könne, ist dagegen keine nur durch das Protokoll zu beweisende Förmlichkeit.56 Rechtsmittelbelehrungen außerhalb der Hauptverhandlung sind nicht zu protokollieren.57 e) Wesentliche Förmlichkeiten sind neben den besonders erwähnten Anträgen (Rn. 23) 13 alle Erklärungen, mit denen ein Verfahrensbeteiligter von einem prozessualen Recht Gebrauch macht, sein Einverständnis zu bestimmten Verfahrenshandlungen erklärt (etwa nach § 251 Abs. 1 Nr. 1; § 266 Abs. 1; § 303; § 325) 58 oder der Verwendung eines bestimmten Beweismittels ausdrücklich widerspricht 59 oder gegen die Anordnung des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 Widerspruch erhebt 60 oder auf die Einhaltung bestimmter Verfahrensvorschriften (z.B. § 217 Abs. 3) oder auf die Vornahme bestimmter Verfahrenshandlungen, etwa die Durchführung der beantragten Beweiserhebung, die Vernehmung präsenter Zeugen nach § 245 Abs. 1 Satz 2 oder die Kenntnisnahme von einer Beweisurkunde ausdrücklich verzichtet;61 für einen stillschweigenden (konkludenten) Verzicht gilt dies nicht. Eine wesentliche Förmlichkeit ist auch die Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2, § 242.62 f) Zu beurkunden ist jede Art von Beweiserhebung und zwar der Vorgang, der der 14 Beweiserhebung dient, und nicht etwa deren Ergebnis. Die Tatsache der Einvernahme der Zeugen und Sachverständigen – nicht der Inhalt ihrer Bekundungen63 (dazu Absatz 2, 3) – ist in der Reihenfolge ihrer Anhörung anzuführen, wobei festzustellen ist, ob sie vereidigt worden sind oder die Richtigkeit ihrer Aussage unter Berufung auf einen früher geleisteten Eid nach § 67 versichert haben.64 Ob die Anwendbarkeit des § 61 geprüft wurde, braucht aus dem Protokoll nicht ersichtlich zu sein.65 Ob nach dem Wegfall der Regelvereidigung aufgrund des 1. JuMoG 2004 noch im Protokoll festzuhalten ist, dass auf die Vereidigung eines Zeugen ausdrücklich verzichtet wurde, ist strittig.66 Zu protokollieren ist, wenn ein Zeuge die Aussage verweigert.67 Ob auch die Frage an einen nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbundenen Arzt, ob er trotzdem aussagen wolle, und seine Antwort hierauf eine wesentliche Förmlichkeit ist, erscheint fraglich.68 Einzelne Fragen, die ein Verfahrensbeteiligter an den Angeklagten oder an einen Zeugen oder Sachverständigen stellt, gehören nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten.69 Sie müssen zum besseren Verständnis der Vorgänge aber aufgenommen werden, wenn ihre Zulässig-
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OLG Düsseldorf NJW 1970 1889. OLG Stuttgart NStZ-RR 2011 17; SK/Frister 7. Vgl. LR/Sander/Cirener § 251, 92; LR/Stuckenberg § 266, 38, ferner bei § 303; § 325. Vgl. BayObLG NStZ 1997 99; OLG Celle StV 1997 68; OLG Stuttgart NStZ 1997 404; HK/Julius 5; Meyer-Goßner 7; Pauly FS Rissing-van Saan 425, 429; vgl. LR/Stuckenberg § 257, 36; BGH NStZ 1997 614 mit Anm. Müller-Dietz lässt dies offen. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 70 ff., 90. Vgl. LR/Jäger § 217, 11; LR/Becker § 244, 179; § 245, 42 und LR/Mosbacher § 249, 90. BGHSt 3 199; vgl. LR/Becker § 238, 39; § 242, 8.
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KMR/Gemählich 6; vgl. Rn. 44; LR/Becker § 245, 68. BGHSt 4 141; vgl. LR/Ignor/Bertheau § 67, 14. Bei einem kommissarisch vernommenen Zeugen schreibt § 251 Abs. 4 Satz 3 dies vor. BGH NStZ 1993 293. Dafür BGH NStZ 2005 340, 341; Graf/ Peglau 19; LR/Ignor/Bertheau § 59, 25 m.w.N.; Meyer-Goßner 7; SK/Frister 7; Peglau/Wilke NStZ 2005 186, 190; a.A. BGHSt 50 282; BGH NStZ 2006 114; HK/Julius 5. LR/Ignor/Bertheau § 52, 51; § 53, 74. BGHSt 15 200 nimmt dies aber an; vgl. auch LR/Ignor/Bertheau § 53, 74. BayObLGSt 1966 168; vgl. Alsberg/Nüse/ Meyer 399; LR/Becker § 244, 178 m.w.N.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
keit beanstandet und eine Entscheidung des Gerichts nach § 238 Abs. 2, § 242 herbeigeführt wird,70 dann handelt es sich insoweit um die von Amts wegen gebotene Feststellung eines Vorgangs (Absatz 3). Nimmt das Gericht in der Hauptverhandlung zu Beweiszwecken71 einen Augenschein 15 ein, muss dies unter Angabe der vom Gericht besichtigten Gegenstände (Fotos usw.) eindeutig beurkundet werden,72 wofür die Floskel „wurde zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht“ nicht genügt.73 Bei einem Ortstermin ist der Ort des Augenscheins anzugeben. Das Ergebnis des Augenscheins braucht im Protokoll nicht geschildert zu werden.74 Kommt es auf den Inhalt eines Schriftstückes an, ersetzt der Vermerk über den Augenschein aber nicht den Vermerk, dass dieser im Wege des Urkundenbeweises in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.75 Nicht besonders protokollierungspflichtig sind dagegen die Wahrnehmungen über Person und Verhalten eines Zeugen, die bei dessen Vernehmung in der Hauptverhandlung gemacht werden.76 Die Bezeichnung der verlesenen Schriftstücke und der Schriftstücke, die im Wege des 16 § 249 Abs. 2 in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, fordert § 273 Abs. 1 ausdrücklich. Diese sind im Protokoll so aufzuführen, dass sie identifizierbar sind; ihr Inhalt muss nicht aufgenommen werden. Sind nur Teile einer Schrift verlesen worden, so sind diese Teile genau zu bezeichnen.77 Der Vermerk, dass ein Schriftstück „zum Gegenstand der Verhandlung gemacht wurde“, ist unklar; er lässt nicht erkennen, auf welche Weise dies geschehen ist. Das Verlesen bezeugt er nicht,78 ebenso wenig wie der Vermerk, Urkunden seien „in Augenschein genommen“79 worden. Die Verwendung eines Schriftstücks zu Beweiszwecken und die Form, in der dies in der Hauptverhandlung geschehen ist, muss als wesentliche Förmlichkeit stets protokolliert werden. Auch in den Fällen des § 255 kommt es nicht darauf an, ob ein entsprechender Antrag gestellt wurde; dieser hat nach heutiger Auffassung nur Bedeutung für die Beurkundung des Grundes der Verlesung.80 Hat das Gericht den Grund der Verlesung bekanntzugeben (vgl. § 251 Abs. 4 Satz 2), so muss das Protokoll nicht nur ausweisen, dass dies geschehen ist, es muss auch erkennen lassen, welchen Grund das Gericht bekanntgegeben hat.81 Für Schriftstücke, die im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 in die Hauptverhandlung eingeführt wur-
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BGHSt 3 202; vgl. LR/Becker § 241, 25. Anders beim Augenschein als Vernehmungsbehelf, BGH NStZ 2003 320; NStZ-RR 2004 237. BGH bei Kusch NStZ 1995 19 Nr. 12; NStZ 2002 219; bei Kusch NStZ-RR 1999 37 Nr. 13; OLG Jena VRS 107 (2004) 476. BGH NStZ-RR 2004 237 f. RGSt 26 277; 39 257; BGH StV 1985 223 (L); bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 495; OLG Bremen JR 1982 252 mit Anm. Foth; OLG Hamm VRS 56 (1979) 362; OLG Köln NJW 1955 843; VRS 24 (1963) 161; OLG Neustadt MDR 1965 407; OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 211; Alsberg/Nüse/Meyer 240; LR/Becker § 244, 351. OLG Saarbrücken NStZ-RR 2000 48; vgl. Fn. 79 und LR/Becker § 244, 351; LR/Mosbacher § 249, 7, 30, 49 ff. BGHSt 5 345; OLG Zweibrücken MDR
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1992 1173; auch OLG Jena VRS 114 (2008) 447 zum Betroffenen im Bußgeldverfahren; vgl. LR/Becker § 244, 23, 342 und bei § 86. BGH NStZ 2004 279; 2011 110; NStZ-RR 2007 52; KMR/Gemählich 9; MeyerGoßner 9; SK/Frister 9. RGSt 64 78; BGHSt 11 29; OLG Celle StV 1984 107; OLG Düsseldorf NJW 1988 217; OLG Hamm NJW 1958 1359; ZfSch 2010 111; OLG Koblenz VRS 67 (1984) 146; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2000 48; OLG Schleswig SchlHA 1954 387; vgl. LR/Mosbacher § 249, 51; ferner MeyerGoßner 9; zur Beruhensfrage BGH NStZ 2007 235, 236. BGH NStZ 1999 424. BGH StV 1986 92; vgl. LR/Mosbacher § 255, 3; ferner KK/Engelhardt 6. Vgl. LR/Mosbacher § 251, 92; § 255, 3.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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den, legt § 249 Abs. 2 Satz 3 in Ergänzung von § 273 Abs. 1 ausdrücklich fest, welche Schritte dieses Verfahrens neben der genauen Bezeichnung des jeweiligen Schriftstücks im Protokoll festzuhalten sind.82 Die Feststellung der Kenntnisnahme durch Berufsrichter und Schöffen ist nur durch das Protokoll zu beweisen.83 Die Protokollierung der Anordnung allein belegt nicht die Einhaltung des Verfahrens nach § 249 Abs. 2.84 Hält man es für zulässig, dass der Inhalt eines kurzen Schriftstücks statt durch Verlesen durch Feststellung seines Inhalts in die Verhandlung eingeführt werden kann, so muss die Sitzungsniederschrift bekunden, dass dies geschehen ist.85 Bloße Vorhalte aus Schriftstücken sind dagegen keine wesentlichen Förmlichkeiten, die im Protokoll zu vermerken sind,86 ebenso wenig die vom Angeklagten oder Zeugen aufgrund eines Vorhalts abgegebenen Erklärungen. Keine wesentlichen Förmlichkeiten sind die Erörterungen, die über die Allgemeinkun- 17 digkeit einer Tatsache geführt werden.87 Ob dies auch gilt, wenn bei gerichtskundigen oder sonst nur beschränkt offenkundigen Tatsachen notwendig ist, dass das Gericht sie in der Hauptverhandlung zur Sprache bringt, ist strittig; ein Teil des Schrifttums nimmt hier die Verpflichtung des Gerichts zu einem protokollpflichtigen förmlichen Hinweis an.88 Um der Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör besser begegnen zu können, dürfte es jedoch unabhängig von dieser Streitfrage zweckmäßig sein, den Weg, auf dem eine solche nur beschränkt allgemeinkundige Tatsache in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, im Protokoll zu vermerken.89 g) Ordnungsvorschriften wurden von der Rechtsprechung und vom Schrifttum nicht 18 als wesentliche Förmlichkeiten angesehen.90 Da aber streitig ist, ob eine solche Gruppe der Revision entzogener Verfahrensvorschriften überhaupt noch anzuerkennen ist,91 ferner, ob es sich bei der jeweiligen Bestimmung um eine Ordnungsvorschrift handelt, empfiehlt sich schon deshalb meist die Aufnahme in das Protokoll. Dies gilt insbesondere, soweit bestimmte Hinweise und Belehrungen des Angeklagten herkömmlich als Ordnungsvorschriften betrachtet werden.
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BGH NStZ 2001 161; 2005 160; StV 2010 225; 2011 266 f.; 2011 267 f.; wegen der Einzelheiten vgl. LR/Mosbacher § 249, 89 f.; zum Zweck der Protokollierung s. BGH StV 2011 266, 267. BGHSt 54 37 f.; BGH NStZ 2005 160; StV 2010 225. BGH StV 2010 225; 2011 267, 268. KMR/Gemählich 11; SK/Frister 9; noch offen gelassen von BGHSt 30 10; zu den strittigen Fragen vgl. etwa OLG Hamm MDR 1964 344; OLG Köln VRS 73 (1987) 136; w.N. bei LR/Mosbacher § 249, 44 ff., 50. BGHSt 21 285, 286; 22 26; BGH NStZ-RR 1999 107; NJW 2003 597 mit Anm. Gössel JR 2003 262; BGH NStZ-RR 2006 183; NStZ 2007 117; KK/Engelhardt 7; SK/Frister 8; vgl. LR/Mosbacher § 249, 92 ff., 101 m.w.N.
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RGSt 28 171; RG JW 1929 48; BGH NJW 1963 598 = LM Nr. 2; bei Spiegel DAR 1977 175; BayObLGSt 1949/51 62; OLG Hamm NJW 1956 1729; VRS 41 (1971) 49; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 134; Alsberg/ Nüse/Meyer 573; zweifelnd Eb. Schmidt Nachtr. I 4. OLG Frankfurt StV 1989 97; MeyerGoßner 7; Meyer-Goßner FS Tröndle 560; Pauly FS Rissing-van Saan 425, 429; a.A. BGHSt 36 354; KK/Engelhardt 5; KMR/Gemählich 8; SK/Frister 7. BGH StV 1988 514 lässt dies offen. Vgl. LR/Becker § 244, 215; LR/Sander § 261, 25; KMR/Paulus 244, 207 m.w.N. RGSt 56 67; KMR/Gemählich 8. Vgl. LR/Franke § 337, 15 ff.
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h) Zu protokollieren sind auch die vom Gericht zur Heilung eines Verfahrensfehlers getroffenen Maßnahmen, einschließlich des fehlerhaften Aktes und seiner Behebung sowie der dazu notwendigen Belehrungen92 und Hinweise, etwa, dass ein beeidetes Zeugnis nur als unbeeidet gewertet wird.93 Zu beurkunden ist unter Einhalten der chronologischen Reihenfolge auch, wenn ein Teil der Hauptverhandlung wiederholt wird; dabei sind nach den im Protokoll verbleibenden fehlerhaften Vorgängen dort alle zur Heilung wiederholten Verfahrensvorgänge und die damit zusammenhängenden Erklärungen erneut festzuhalten.94
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i) Maßnahmen der Sitzungspolizei sind keine wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens; sie sind nur insoweit in das Protokoll aufzunehmen, als dies in § 182 GVG vorgeschrieben ist.95 Die Beweiskraft des Protokolls (§ 274) gilt insoweit nicht.96
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j) Die Erklärung über Einlegung oder Verzicht auf ein Rechtsmittel ist, auch wenn sie im Anschluss an die Verkündung des Urteils erklärt und im Protokoll beurkundet wird, keine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens. Der Rechtsmittelverzicht nach Verkündung des Urteils ist kein Teil der Hauptverhandlung mehr, mit deren Vorgängen er nur in einem rein äußeren Zusammenhang steht. Er kann aber in Anwesenheit des Vorsitzenden und des Urkundsbeamten wirksam zu Protokoll erklärt werden. Die Beweiskraft des § 274 erstreckt sich nicht auf ihn.97 Dies gilt auch, wenn die Verzichtserklärung aufgrund einer Anordnung nach § 273 Abs. 3 wörtlich in das Protokoll aufgenommen, vorgelesen und genehmigt worden ist, denn § 273 Abs. 3 bietet keine Möglichkeit, einen Vorgang außerhalb der Hauptverhandlung den strengen Beweisregeln des § 274 zu unterstellen.98 Die Aufnahme der Verzichtserklärung in der Form des § 273 Abs. 3, die für die Wirksamkeit des Verzichts nicht notwendig ist,99 hat lediglich deshalb einen höheren Beweiswert, weil sie den Wortlaut der Erklärung festhält; sie schließt aber die Nachprüfung der Wirksamkeit der Verzichtserklärung im Wege des Freibeweises nicht aus.100 Die wohl vorherrschende Meinung nimmt dagegen an, dass auch eine nach Verkündung des Urteils nach Absatz 3 wörtlich protokollierte, vorgelesene und genehmigte Verzichtserklärung durch dieses mit der Beweiskraft des § 274 bewiesen wird.101 Ein
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BGHSt 4 130, 132; SK/Frister 7; a.A. OLG Karlsruhe MDR 1970 438; RG JW 1932 3109; Meyer-Goßner 7; Schmid JZ 1969 758 (nicht fehlerhafter, sondern nur heilender Vorgang sei zu protokollieren). RGSt 72 219, 221; BGHSt 4 130, 132; Strate StV 1984 44; vgl. auch HK/Julius 5; LR/Sander § 261, 85. OLG Köln NStZ 1987 244 (Verstoß gegen § 226). BGHSt 17 40; vgl. bei § 182 GVG. OLG Hamm NJW 1963 1791, h.M.; vgl. bei § 182 GVG. BGHSt 18 257, 258; BGH NStZ 1996 297; OLG Köln NStZ-RR 2006 83, 84; StV 2010 67; vgl. LR/Stuckenberg § 274, 20; LR/Jesse § 302, 17 sowie Fn. 98. OLG Frankfurt NJW 1971 949; SK/Frister 8, 29; Reichling 77 ff., 80; Hanack JZ 1972 49;
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Stratenwerth JZ 1964 264; LR/Stuckenberg § 274, 8; LR/Jesse § 302, 17; vgl. auch Fn. 99. Die Aufnahme der Erklärung in das Sitzungsprotokoll genügt an sich, RGSt 32 280; 40 134; 66 418; RG JW 1893 335; BGH NStZ-RR 1997 305; OLG Bremen MDR 1951 696; vgl. bei LR/Jesse § 302, 17 und Fn. 100. Vgl. etwa BGHSt 19 103; BGH NJW 1983 213; wistra 1994 29; OLG Düsseldorf NJW 1996 190; VRS 97 (1999) 138; OLG Frankfurt NJW 1966 1376; OLG Zweibrücken StV 1994 362. BGHSt 18 257, 258 = JZ 1964 263 mit abl. Anm. Stratenwerth; BGH NJW 1984 1974; BGH 17.6.2009 – 1 StR 252/09; OLG Düsseldorf NJW 1997 1718; NStZ 1984 44 (L); VRS 92 (1997) 257; 97 (1999) 138; OLG
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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mündlich erklärter Rechtsmittelverzicht, der wegen fehlender Protokollierung nicht wirksam ist, kann nicht dadurch nachträglich Wirksamkeit erlangen, dass das Hauptverhandlungsprotokoll nachträglich im Wege der Berichtigung durch einen Vermerk über die Verzichtserklärung ergänzt wird.102 Die gleichen Grundsätze gelten für die Erklärung über die Beschränkung oder die Zurücknahme eines Rechtsmittels, wenn sie im Anschluss an die Hauptverhandlung der unteren Instanz in der Sitzungsniederschrift oder vor dem Rechtsmittelgericht vor Eintritt in die Hauptverhandlung beurkundet wird.103 Wird dagegen eine solche Erklärung in der Hauptverhandlung vor dem Rechtsmittel- 22 gericht abgegeben, so ist diese Erklärung ebenso wie die nach § 303 erforderliche Zustimmung des Rechtsmittelgegners eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens vor dem Rechtsmittelgericht, die in der Sitzungsniederschrift zu beurkunden ist.104 Erklärungen über andere Rechtsbehelfe als das den Verhandlungsgegenstand bildende Rechtsmittel können in die Sitzungsniederschrift aufgenommen werden; eine Pflicht dazu besteht nicht.105 4. Alle im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge106 müssen unter Angabe von 23 Antragsteller und Inhalt (am besten wörtlich) im Protokoll beurkundet werden, damit für das Rechtsmittelgericht bei der Nachprüfung ihrer Behandlung beweiskräftig (§ 274) feststeht, dass, von wem und mit welchem Inhalt der Antrag gestellt worden ist.107 Zu protokollieren sind grundsätzlich auch unzulässige Anträge,108 ferner die nur hilfsweise gestellten Anträge.109 Die Beurkundung kann auch dadurch geschehen, dass ein schriftlich übergebener Antrag als Anlage zum Protokoll genommen und in diesem darauf eindeutig verwiesen wird.110 Dies gilt auch bei Anträgen, die in der Hauptverhandlung aufgrund einer Anordnung nach § 257a schriftlich gestellt werden. Werden sie in entsprechender Anwendung des § 249 Abs. 2 im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt, muss das Protokoll die von § 249 Abs. 2 Satz 3 geforderten Angaben enthalten.111 Die Rücknahme eines Antrags ist ebenfalls im Protokoll festzuhalten.112 Bei Beweisanträgen sind der oder die Antragsteller113 sowie die Tatsachen, über die 24 Beweis erhoben werden soll, und die in Vorschlag gebrachten Beweismittel in der Nieder-
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Hamm NStZ-RR 2010 215; 3.4.2008 – 2 Ws 97/08; OLG Köln JMBlNW 1964 82; NStZ-RR 2006 83 f.; StV 2010 67; AK/Lemke 7; HK/Julius § 302, 8; KK/Engelhardt 4; Meyer-Goßner § 274, 11; widersprüchlich Graf/Peglau 15, 22. OLG Schleswig SchlHA 1959 157. OLG Hamburg NJW 1955 1201; MeyerGoßner § 274, 9; vgl. bei § 302; a.A. (für Anwendbarkeit des § 274) KG VRS 104 (2003) 141. RGSt 66 418; OLG Hamburg NJW 1955 1201; OLG Koblenz VRS 42 (1972) 135; Meyer-Goßner § 274, 11; vgl. bei §§ 302, 303 m.w.N. Vgl. etwa OLG Koblenz VRS 61 (1981) 356; 62 (1982) 297. Antrag ist hier jede prozessuale Erwirkungshandlung. Nach dem Zweck des Protokolls, die Nachprüfbarkeit zu sichern, kann es nur
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auf die äußere Form des Begehrens, nicht auf die inhaltliche Zulässigkeit ankommen; vgl. Fn. 115 (Beweisermittlungsantrag). Vgl. KK/Engelhardt 8; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 11. KK/Engelhardt 9; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 11; Eb. Schmidt 7; vgl. Rn. 24. RG JW 1930 1505; BGH bei Dallinger MDR 1975 368; KG VRS 43 (1972) 199; OLG Hamm NStZ-RR 2008 382; KMR/Gemählich 13; Alsberg/Nüse/Meyer 400, 883; vgl. LR/Becker § 244, 178. HK/Julius 7; KK/Engelhardt 11; KMR/Gemählich 16; SK/Frister 12. Vgl. LR/Stuckenberg § 257a, 25. AK/Lemke 3; HK/Julius 7; SK/Frister 11. Dazu gehören auch diejenigen, die sich dem Antrag angeschlossen haben, vgl. LR/Becker § 244, 119 ff.; Alsberg/Nüse/Meyer 400.
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schrift anzugeben.114 Auch unvollständige oder fehlerhafte Beweisanträge und Beweisermittlungsanträge müssen in die Sitzungsniederschrift aufgenommen werden.115 Ob ein fehlerhafter Beweisantrag oder nur ein Beweisermittlungsantrag vorliegt, ergibt sich nicht selten erst nach umfangreicher gewissenhafter Prüfung. Das Ergebnis einer solchen Prüfung darf nicht dadurch vorweggenommen werden, dass der Antrag überhaupt nicht im Protokoll aufgenommen und damit der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen wird. Dagegen braucht die Begründung der Anträge nicht in die Sitzungsniederschrift auf25 genommen zu werden; die Prozessbeteiligten können ihre Beurkundung also nicht verlangen.116 Es ist jedoch zulässig, einen in Schriftform übergebenen Antrag samt seiner Begründung als Anlage zum Protokoll zu nehmen.
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5. Beurkundung der Entscheidungen. Die im Lauf der Verhandlung ergehenden Entscheidungen (Beschlüsse des Gerichts, Anordnungen des Vorsitzenden) sind mit ihrem vollen Wortlaut und, soweit sie einer Begründung bedürfen (§ 34), mit den Gründen in das Protokoll aufzunehmen. Wird der Beschluss samt seiner Begründung besonders abgefasst, so kann er dem Protokoll als Anlage beigefügt werden. Sie muss dann als solche in der Niederschrift ausdrücklich in Bezug genommen werden.117 Der durch das Protokoll bezeugte Beschluss bedarf aber keiner Unterschrift der Richter, die ihn erlassen haben. Die Tatsache der Verkündung solcher Beschlüsse gehört aber wegen der Notwendigkeit der Mitwirkung des Urkundsbeamten bei der Beurkundung in das Protokoll selbst.118
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6. Beurkundung der Urteilsformel. Der Wortlaut der in der Hauptverhandlung verkündeten Urteilsformel muss im Protokoll selbst beurkundet sein,119 es genügt nicht, dass sie in eine Anlage aufgenommen wird.120 War die Urteilsformel bei der Verkündung noch nicht protokolliert, und ist sie folglich aus einem anderen Schriftstück verlesen worden, so muss die protokollarische Beurkundung mit dieser Schrift wörtlich übereinstimmen. Weicht die Formel in der Urteilsurkunde von der Formel ab, die in der Verhandlungsniederschrift beurkundet ist, so ist letztere maßgebend.121 Ist die Urteilsformel im Protokoll nicht oder nicht ordnungsgemäß festgehalten, so ist 28 wegen der Beweiskraft des Sitzungsprotokolls mitunter nicht einmal der Nachweis der Verkündung des Urteils möglich, was bei entsprechender Rüge im Rechtsmittelverfahren
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RGSt 1 32; RGRspr. 8 (1886) 306; BGH GA 1960 315; OLG Hamm NStZ-RR 2008 382; vgl. LR/Becker § 244, 178 m.w.N.; § 245, 42, 68. OLG Nürnberg MDR 1984 74; OLG Saarbrücken JBlSaar 1959 184; Alsberg/Nüse/ Meyer 400; zur Streitfrage, ob ein Beweisermittlungsantrag ein protokollpflichtiger Antrag ist, vgl. LR/Becker § 244, 165; Alsberg/Nüse/Meyer 88; Schulz GA 1981 301. RGSt 32 239; BGH GA 1960 315; NStZ 2000 437, 438; BayObLGSt 24 2; KG GA 75 (1931) 304; OLG Nürnberg MDR 1984 74; AK/Lemke 10; KK/Engelhardt 10; KMR/Gemählich 15; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 12. BGH bei Holtz MDR 1991 297; OLG Celle
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NdsRpfl. 1953 231; OLG Hamm VRS 38 (1970) 293; AK/Lemke 11; KMR/Gemählich 17; Meyer-Goßner 11; SK/Frister 13; Alsberg/Nüse/Meyer 766. RGSt 25 248; 25 334; OLG Hamm VRS 38 (1970) 293; KK/Engelhardt 13. RGSt 58 143; vgl. LR/Stuckenberg § 268, 28. KK/Engelhardt 14; Meyer-Goßner 12; SK/Frister 14. BGH NJW 1986 1820; bei Becker NStZ-RR 2002 100 Nr. 38; StraFo 2007 502 f.; OLG Köln NStZ 2007 481; ferner RG HRR 1939 Nr. 215 (versehentliche Abweichung); vgl. LR/Stuckenberg § 268, 29; AK/Lemke 11; KK/Engelhardt 14; KMR/Gemählich 18; SK/Frister 14.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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zur Zurückverweisung führt.122 Auf die Tatsache der unrichtigen Protokollierung der Formel allein kann jedoch ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.123 Bei den Urteilsgründen genügt es dagegen, wenn das Protokoll vermerkt, dass sie 29 mündlich eröffnet wurden, sofern nicht nach § 275 das gesamte Urteil in das Protokoll aufgenommen wird. Die mit dem Urteil zu verkündenden Entscheidungen nach §§ 268a, 268b und die 30 Erteilung der vom Gesetz vorgeschriebenen Belehrungen sind ebenfalls im Protokoll festzuhalten.124 7. Erörterung nach § 257b (Absatz 1 Satz 2). Absatz 1 Satz 2 bestimmt, dass auch 31 der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung des Verfahrensstands nach § 257b in die Niederschrift aufgenommen werden muss; bloße Floskeln wie „Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten erörtert.“ genügen daher nicht.125 Die Vorschrift harmoniert nicht mit der Ansicht, rein tatsächliche Hinweise seien nicht protokollierungsbedürftig,126 denn im Rahmen eines Gesprächs sind solche Hinweise nun zu protokollieren.127 Der Nutzen der Vorschrift erscheint zweifelhaft, weil aus der Erörterung allein sich keine Rechtsfolgen ergeben.128
III. Vorliegen einer Verständigung (Absatz 1a) 1. Ablauf und Inhalt der Verständigung. Nachdem schon vor Inkrafttreten des Ver- 32 ständigungsgesetzes die Rechtsprechung eine Absprache als protokollierungspflichtige wesentliche Förmlichkeit ansah,129 hat der Gesetzgeber die Einführung der Verständigung im Interesse umfassender „Transparenz und Dokumentation“ durch zahlreiche Protokollierungspflichten flankiert.130 Diese Niederschriften sind die Grundlage für die vom Revisionsgericht ggf. aufgrund einer Verfahrensrüge unter erforderlichem Tatsachenvortrag vorzunehmende Prüfung, ob das Verfahren nach § 257c eingehalten worden ist.131 Nach dem neuen Absatz 1a Satz 1 muss die Sitzungsniederschrift den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung wiedergeben, mithin von wem die Anregung ausging, welche Verfahrensbeteiligten an der Erörterung beteiligt waren, von welchem Sachverhalt sie dabei ausgingen, welche Vorstellungen sie vom Ergebnis hatten, ob die Verständigung zustande gekommen ist und mit welchem Inhalt.132 Aufzunehmen sind auch im Rahmen der Verständigung vorgesehene und abgegebene Prozesserklärungen.133 Die erforderliche Dokumentation wird von § 274 mit positiver und negativer Beweis- 33 kraft ausgestattet, wodurch dem Angeklagten eine spätere Rüge, die Verständigung sei in unzulässiger Weise etwa durch Ausübung nach § 136a unzulässigen Drucks zustande ge-
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W. Schmid FS Lange 786 m.w.N. RGSt 38 143; zur Unbehelflichkeit der Protokollrüge vgl. LR/Stuckenberg § 271, 76; LR/Franke § 344, 86. Vgl. LR/Stuckenberg § 268a, 18; § 268b, 11; § 268c, 10. Pauly FS Rissing-van Saan 425, 431. Vgl. LR/Stuckenberg § 265, 83 ff. m.w.N. Pauly FS Rissing-van Saan 425, 435. Krit. daher Meyer-Goßner 7a (überflüssige
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Belastung des Protokolls); ebenso KMR/ Gemählich 7; ähnl. SK/Frister 16 (wenig zweckmäßig). BGHSt 43 195, 206; 45 227, 228; 50 40, 61; BGH NStZ 2004 342, 343; NStZ 2007 355. Dazu LR/Stuckenberg § 257c, 71 m.w.N. BGH NStZ 2010 348. Vgl. Niemöller/Schlothauer/Weider 9 ff. Meyer-Goßner 12a; Schlothauer/Weider StV 2009 600, 604.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
kommen, erschwert wird, wenn diese Umstände nicht im Protokoll abgebildet werden und damit als inexistent gelten. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist jedenfalls dem verteidigten Angeklagten im Regelfall zuzumuten, Inhalten der Verständigung, die er für unzulässig hält, sogleich zu widersprechen und auf ihre Protokollierung hinzuwirken oder solche Umstände zum Gegenstand eines Ablehnungsgesuchs zu machen.134
34
2. Gemäß Satz 2 sind auch die Belehrungen und Mitteilungen nach § 243 Abs. 4, § 257c Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 zu protokollieren.135 Insbesondere sind die Gründe für den Entfall der Bindung zu nennen. Fehlt ein entsprechender Protokolleintrag, ist aufgrund der negativen Beweiskraft von der Nichtvornahme auszugehen.136 Gegen die (nicht) veranlasste Protokollierung kann das Gericht gem. § 238 Abs. 2 angerufen werden.137
35
3. Satz 3 verlangt, dass im Protokoll auch zu vermerken ist, dass keine Verständigung stattgefunden hat. Dieses „Negativattest“ soll der revisiblen Dokumentation dienen, dass keine Absprachen unter Umgehung des Gesetzes stattgefunden haben,138 und wäre angesichts der negativen Beweiskraft des Protokolls überflüssig,139 weil gemäß § 274 bereits die Nichterwähnung einer Verständigung im Protokoll bewiese, dass in der Hauptverhandlung keine Verständigung stattgefunden hat. Vorschläge, der Vorschrift einen eigenen Anwendungsbereich zu verschaffen, indem man sie darauf bezieht, dass auch außerhalb der Hauptverhandlung keine Gespräche über eine Verständigung stattgefunden haben140 bzw. keine Verständigung erwogen wurde,141 überzeugen nicht, weil das Protokoll überhaupt nur über Vorgänge in der Hauptverhandlung, die der Urkundsbeamte amtlich wahrnehmen konnte, Aussagen treffen kann.142 „Systemwidrig“143 ist die Protokollierung negativer Tatsachen im Übrigen nicht, weil zum Gang der Hauptverhandlung immer auch gehört, welche als wesentlich angesehenen Umstände nicht eingetreten sind, nur dass dafür normalerweise die Technik der negativen Beweiskraft144 verwendet wird. Offenbar war dem Gesetzgeber die geistige Operation der negativen Beweiskraft des 36 Protokolls hier nicht expressiv genug,145 so dass Satz 3 als Ausnahme146 von der in § 274 enthaltenen Vollständigkeitsvermutung zugunsten des Protokolls zu verstehen ist
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136 137 138 139
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BGH NStZ 2010 293; vgl. BGH StV 2009 171. Vgl. BGH NStZ 2011 592, 593 mit Anm. Schlothauer StV 2011 205; Pauly FS Rissingvan Saan 425, 432. SK/Frister 19. BVerfG StV 2000 3; Meyer-Goßner 12a; SK/Frister 19. BTDrucks. 16 12310 S. 15; vgl. LR/Stuckenberg § 257c, 72. Zutr. BRDrucks. 69/09 S. 5 = BTDrucks. 16 12310 S. 19; Graf/Peglau 21; KMR/Gemählich 7; Meyer-Goßner 12c; a.A. KMR/ v. Heintschel-Heinegg § 257c, 44; SK/Frister 21. Jahn/Müller NJW 2009 2625, 2630; a.A. Meyer-Goßner 12c; Niemöller/ Schlothauer/Weider 16; Niemöller FS Rissing-van Saan 393, 395 f.
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Brand/Petermann NJW 2010 268, 270; Bauer StV 2012 340, 341; a.A. Meyer-Goßner 12c. SK/Frister 23; Niemöller/Schlothauer/ Weider 4, 16; Pauly FS Rissing-van Saan 425, 433. So aber BRDrucks. 69/09 S. 5 = BTDrucks. 16 12310 S. 19; KMR/Gemählich 7; MeyerGoßner 12c; wie hier KMR/v. HeintschelHeinegg § 257c, 44; Niemöller/Schlothauer/ Weider 28. Auch bei Absprachen, BGH NStZ 2007 355. Niemöller/Schlothauer/Weider 30 meint indes, dass sie verkannt wurde, ähnl. Niemöller FS Rissing-van Saan 393, 403. Wie hier SK/Frister 21; vgl. Brand/Petermann NJW 2010 268, 270; Niemöller FS Rissing-van Saan 393, 398.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 273
und daher jedes Hauptverhandlungsprotokoll die Frage des Vorliegens einer Verständigung ausdrücklich beantworten muss.147 Das Protokoll der mündlichen Verhandlung hatte seit jeher auch die Aufgabe, die Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten nicht nur zu dokumentieren, sondern durch das Dokumentationserfordernis auch sicherzustellen – die besondere Betonung dieser Disziplinierungsfunktion148 dürfte als eigentlicher Zweck des Satzes 3 des Absatzes 1a anzusehen sein. Zugleich bleibt dem Revisionsgericht bei Fehlen jeglichen Protokollvermerks die Möglichkeit der Überprüfung im Wege des Freibeweises (Rn. 37) erhalten.149 Die Beweiskraft des § 274 kommt folglich ausnahmsweise nur einer ausdrücklichen – 37 positiven150 oder negativen151 – Erwähnung einer Verständigung zu, wogegen nur der Nachweis der Fälschung152 zulässig ist. Für eine negative Beweiswirkung ist insoweit kein Raum.153 Fehlt im Protokoll jegliche Erwähnung einer Verständigung, ist es in sich widersprüchlich, so dass das Vorliegen einer Verständigung im Wege des Freibeweises geklärt werden muss.154 Beruft sich der Beschwerdeführer etwa auf die Unwirksamkeit seines Rechtsmittelverzichts (§ 302 Abs. 1 Satz 2) wegen einer weder im Protokoll noch in der Urteilsurkunde erwähnten Verständigung, so muss er konkret darlegen, in welchem Verfahrensstadium, in welcher Form und mit welchem Inhalt die von ihm behauptete Verständigung zustande gekommen sein soll.155 Verbleibende Zweifel, die ihre Ursache im Verstoß des Gerichts gegen seine Dokumentationspflicht aus § 273 Abs. 1a haben, dürfen von Verfassungs wegen nicht zu Lasten des Angeklagten gehen.156
IV. Das Inhaltsprotokoll nach Absatz 2 1. Anwendungsbereich. Absatz 2 ist jetzt (vgl. Entstehungsgeschichte) wieder eine 38 Sondervorschrift für das Verfahren vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht. Die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Aussage bzw. die Tonträgeraufnahme einzelner Vernehmungen ist wegen der Beweiserleichterung des § 325 nur bei den Gerichten angebracht, deren Urteil mit der Berufung anfechtbar ist.157
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BGHSt 56 3, 5; BGH StV 2011 79, 80; Meyer-Goßner 12c; SK/Frister 22; Brand/Petermann NJW 2010 268, 270 f.; Dießner StV 2011 43, 44; a.A. Bittmann wistra 2009 414, 416 (nur gescheiterte Verständigungsversuche). Beulke 395d; Niemöller/Schlothauer/Weider 31; Niemöller FS Rissing-van Saan 393, 403; Pauly FS Rissing-van Saan 425, 433; vgl. BGH NStZ 2010 293; s.a. LR/Stuckenberg § 257c, 72. Vgl. SK/Frister 18; krit. Bauer StV 2011 340 f. Vgl. BGHSt 56 3, 5; BGH NStZ-RR 2010 213; a.A. Niemöller/Schlothauer/Weider 17 ff. A.A. Niemöller FS Rissing-van Saan 393, 402, der dem Negativattest jede Beweiswirkung abspricht, um das Freibeweisverfahren zu vermeiden.
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BGH NStZ-RR 2010 213; OLG Frankfurt NStZ-RR 2011 49, 50. A.A. OLG Frankfurt NStZ-RR 2010 213, 214; Niemöller FS Rissing-van Saan 393, 402. Wohl auch BGH 17.2.2010 – 2 StR 16/10. BGHSt 56 3, 6 mit abl. Anm. Bauer StV 2011 340; BGH NStZ 2011 473; OLG Celle NStZ-RR 2012 20; OLG Düsseldorf StV 2011 80, 82 mit Anm. Kuhn StV 2012 10; OLG Frankfurt NStZ-RR 2010 213 f.; 2011 49 f.; SK/Frister 21; Pauly FS Rissing-van Saan 425, 434; wohl auch BGH HRRS 2010 Nr. 1012; zweifelnd Niemöller/Schlothauer/ Weider 30; abl. Niemöller FS Rissingvan Saan 393, 402 f. BGHSt 56 3, 6; krit. Bauer StV 2011 340 f. BVerfG NJW 2012 1136, 1137; vgl. BVerfGK 16 1, 18. Vgl. Ulsenheimer NJW 1980 2273; AK/ Lemke 12; KK/Engelhardt 16; SK/Frister 24.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Nur bei Vernehmung des Angeklagten, der Zeugen und der Sachverständigen fordert Absatz 2 ein Inhaltsprotokoll, nicht bei sonstigen Beweiserhebungen. Beim Urkundenbeweis ist die Aufnahme überflüssig, weil die verlesene Urkunde vorliegt und die Tatsache ihrer Verlesung bereits nach Absatz 1 aufgenommen werden muss. Gleiches gilt bei der Augenscheinseinnahme, deren Ergebnisse nur im Falle des Absatzes 3 aufzunehmen sind. Abgesehen werden kann von der Aufnahme der wesentlichen Ergebnisse der Verneh40 mungen in das Protokoll, wenn das Urteil durch allseitigen Rechtsmittelverzicht oder mit Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig wird (Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 2). Da aber nicht vorhersehbar ist, ob dieser Fall eintritt, bleibt der Urkundsbeamte verpflichtet, sich in der Hauptverhandlung über die Aussagen die erforderlichen Notizen zu machen; die Vereinfachungsvorschrift entbindet ihn also nur von der späteren Übertragung dieser Notizen in das Protokoll.158 Er wird deshalb in geeigneten Fällen mit der Übertragung zuwarten dürfen, bis die Anfechtungsfrist abgelaufen oder ein allseitiger Rechtsmittelverzicht erklärt ist. Hängt allerdings der Beginn einer Anfechtungsfrist von der erst nach Fertigstellung des Protokolls zulässigen (§ 273 Abs. 4) Zustellung des Urteils ab, müssen die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufgenommen werden, da dann im Zeitpunkt seiner Erstellung die Voraussetzungen des 2. Halbsatzes (noch) nicht vorliegen. Die Verpflichtung zu deren Aufnahme in das Protokoll besteht auch dann uneingeschränkt, wenn das Urteil nicht vollständig, sondern nur zum Teil angefochten wird,159 etwa nur im Strafausspruch oder nur von einem Mitangeklagten. Die Freistellung in Absatz 2 Satz 1, 2. Halbsatz setzt die vollständige Rechtskraft des Urteils voraus, denn ob eine Aussage für eine im Rechtsmittelverfahren zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein kann, hat allein das Rechtsmittelgericht zu beurteilen. Im Übrigen müssen die über die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in der Hauptverhandlung gefertigten Notizen auch dann zu den Akten genommen und dort aufbewahrt werden, wenn sich deren Protokollierung erübrigt. Im Falle einer späteren Gewährung der Wiedereinsetzung entfällt die Freistellung von der Protokollierungspflicht. Das Protokoll ist dann nachträglich von Amts wegen vollständig unter Aufnahme der wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen zu erstellen.160
41
2. Wesentliche Ergebnisse. Es muss nur der wesentliche Inhalt der Aussagen, nicht der Wortlaut, in knapper Form protokolliert werden. Inwieweit der Inhalt einer Aussage wesentlich ist, hängt von der Lage des einzelnen Falles ab. Was in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist, haben allein der Vorsitzende und der Urkundsbeamte zu entscheiden. In der Regel wird der Urkundsbeamte den Inhalt der Aussage selbständig zusammenfassen, wobei ihn jedoch der Vorsitzende anweisen kann, was als wesentlich festzuhalten ist.161 Es ist auch zulässig, aber weder üblich noch i.d.R. angebracht, dass der Vorsitzende die Zusammenfassung der Aussage ins Protokoll diktiert. Die anderen Verfahrensbeteiligten haben insoweit kein Antragsrecht, sie wissen ohnehin meist nicht, was in das Protokoll aufgenommen wird und können nur Anregungen geben162 oder aber nach Absatz 3 die vollständige Niederschreibung des Wortlauts der Aussage beantragen. Der Beweiswert des schriftlichen Inhaltsprotokolls ist entsprechend gering.163 Von
158 159 160 161
Meyer-Goßner NJW 1987 1164; Rieß/Hilger NStZ 1987 151. SK/Frister 29. HK/Julius 10; SK/Frister 30. KK/Engelhardt 17; KMR/Gemählich 24; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 26.
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162 163
KK/Engelhardt 17; KMR/Gemählich 24; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 26. Meyer-Goßner 14; ders. FS Fezer 135, 137.
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umso größerem Beweiswert ist hingegen die durch das 1. OpferRRG eingeführte Möglichkeit einer Tonbandaufzeichnung (Rn. 43). 3. Form a) Niederschrift. Das Inhaltsprotokoll ist als im weiteren Verfahren verwertbare Nie- 42 derschrift über eine richterliche Vernehmung (§ 251 Abs. 1; § 254; § 325) mit der gebotenen Sorgfalt abzufassen. Jede Aussage ist einzeln niederzuschreiben; ein Zusammenfassen mehrerer ist unstatthaft.164 War ein Zeuge bereits im Vorverfahren, wenn auch nur außergerichtlich, vernommen, so ist es statthaft, auf das betreffende Protokoll Bezug zu nehmen und im Übrigen die Protokollierung auf die etwaigen Änderungen der früheren Aussage und die etwaigen Zusätze zu beschränken,165 sofern die Klarheit der Wiedergabe darunter nicht leidet. Auch bei einem Sachverständigen kann auf den Inhalt seines bei den Akten befindlichen schriftlichen Gutachtens Bezug genommen werden.166 Dem Grundsatz der Mündlichkeit widerstreitet eine solche Bezugnahme nicht. b) Tonträger. Die in Satz 2 bis 4 des Absatzes 2 seit 2004 vorgesehene Möglichkeit, 43 anstelle des Inhaltsprotokolls einzelne Vernehmungen im Zusammenhang auf Tonträger aufzuzeichnen, soll nicht nur den Urkundsbeamten bzw. den nach § 226 Abs. 2 allein protokollierenden Vorsitzenden entlasten, sondern vor allem erneute Vernehmungen des Zeugen bzw. des erstinstanzlichen Richters oder Protokollführers in der Berufungsinstanz überflüssig machen (§ 323 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 325).167 Die betreffende Vernehmung ist in vollem Umfang aufzuzeichnen.168 Die Herstellung einer Abschrift von der Aufnahme ist erst erforderlich, wenn das Berufungsgericht dies für erforderlich ansieht (§ 323 Abs. 2). Der Tonträger ist folglich gemäß Satz 3 zu den Akten zu nehmen oder bei der Geschäftsstelle mit den Akten aufzubewahren. Satz 4 regelt durch Verweis auf § 58a Abs. 2 die Zweckbindung der Aufnahme, das Einsichtsrecht durch Überlassung an die Verteidigung, der ein Zeuge mangels Verweises auf § 58a Abs. 3 nicht widersprechen kann,169 und den Datenschutz. Wegen der Möglichkeit einer Wiederaufnahme ist die Vernichtung der Tonaufnahme nicht vorgesehen.170 4. Die Beweiskraft des Sitzungsprotokolls (§ 274) erstreckt sich im Fall des Inhalts- 44 protokolls nach Absatz 2 Satz 1 nur auf die Tatsache der Einvernahme, nicht aber auf den in das Protokoll aufgenommenen wesentlichen Inhalt der Vernehmungen.171 Insoweit gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Das im Protokoll wiedergegebene wesentliche Ergebnis der Vernehmungen hat vor allem Beweiswert für spätere Hauptverhandlungen der Tatsacheninstanzen.172
164 165
166 167 168 169
KMR/Gemählich 25. KK/Engelhardt 18; KMR/Gemählich 25; Meyer-Goßner 15; SK/Frister 25; vgl. Nr. 144 Abs. 2 RiStBV. BGH GA 1964 275. BRDrucks. 829/03 S. 27; krit. Meyer-Goßner 14a; Neuhaus StV 2004 620, 624. KK/Engelhardt 18. Vgl. HK/Julius 11; Meyer-Goßner 14a; SK/Frister 27; Neuhaus StV 2004 620, 624.
170 171
172
Meyer-Goßner 14a. RGSt 42 160; 58 58; RGRspr. 7 (1885) 106; RG JW 1925 1009; BGH bei Dallinger MDR 1973 557; KG VRS 100 (2001) 454; Graf/Peglau 30; KK/Engelhardt 19; KMR/Gemählich 29; Meyer-Goßner 17. Vgl. RGSt 31 69; 43 438; ferner bei § 325.
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Die Feststellung des Sachverhalts im Urteil ist Aufgabe der bei der Urteilsfällung mitwirkenden Richter und unterliegt ihrer Beratung und Abstimmung. Zu der ausschließlich den Richtern zustehenden Sachverhaltsfeststellung gehört auch die (nicht notwendig ins Urteil aufzunehmende, aber ihm stets zugrunde liegende) Feststellung, was die Zeugen im Einzelnen gesagt haben und wie ihre Aussagen auszulegen sind.173 Das Gericht ist bei der Beratung hierüber an das zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht unterschriebene Protokoll, für das Vorsitzender und Urkundsbeamter allein verantwortlich sind, nicht gebunden. Auch das Revisionsgericht muss – das ist im Rahmen der Sachrüge unstreitig – allein von dem im Urteil wiedergegebenen Inhalt der Aussage ausgehen; eine Rekonstruktion von Aussagen ist nicht seine Aufgabe. Widerspricht der Inhalt einer nach Absatz 2 protokollierten Aussage den Ausführungen in den schriftlichen Urteilsgründen, so sind nach herrschender Rechtsprechung allein letztere maßgebend.174 Hingegen erlaubt die Tonträgeraufzeichnung nach Absatz 2 Satz 2 den Gegenbeweis zu den Urteilsgründen; zur Revision siehe Rn. 68. Außerhalb des Verfahrens kann das Inhaltsprotokoll von Bedeutung sein, z.B. in 46 einem Wiederaufnahmeverfahren oder in einem Strafverfahren gegen einen Zeugen wegen unrichtiger Aussage.
V. Beurkundung eines Vorgangs oder des Wortlauts einer Äußerung (Absatz 3) 1. Feststellung eines Verfahrensvorgangs. Ein Vorgang ist, wenn es auf seine Feststellung ankommt, vollständig niederzuschreiben und die Niederschrift zu verlesen. Absatz 3 gilt auch im Bußgeldverfahren.175 Die Vorgänge müssen sich aber immer in der Hauptverhandlung zugetragen haben; Vorgänge vor ihrem Beginn oder in einer Sitzungspause oder Vorgänge außerhalb des Sitzungssaals (Zeugenzimmer usw.) fallen nicht unter Absatz 3. Die Feststellung eines Vorgangs im Sitzungsprotokoll setzt ein rechtliches Interesse an 48 der Protokollierung voraus. Sie kann sowohl Vorgänge betreffen, die normalerweise im Protokoll nicht zu erwähnen sind, weil sie nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehören,176 als auch Vorgänge, die als wesentliche Förmlichkeiten ohnehin in das Protokoll aufgenommen werden müssen, bei denen aber darüber hinaus eine ausführlichere Darstellung oder das Festhalten besonderer Einzelheiten aufschlussreich erscheint. Das rechtliche Interesse an der genauen Protokollierung kann vielerlei Gründe haben. 49 Sie kann für das laufende Verfahren von Bedeutung sein, z.B. weil der Vorgang einen Grund für die Ablehnung eines Richters bilden könnte, weil er die geistige Anwesenheit eines Verfahrensbeteiligten (Schlafen eines Schöffen)177 oder die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten in Frage stellt, oder weil er für die Beweissicherung (auch für die nächste Tatsacheninstanz oder wegen Verfahrensrügen), eventuell auch für die Beweiswürdigung
47
173
174
Vgl. LR/Sander § 261, 81 ff.; ferner etwa Husmann MDR 1977 895; LR/Franke § 337, 52. BGHSt 7 370; 21 149; BGH NJW 1966 63; 1967 61; 1969 1074; VRS 35 (1968) 264; 38 (1970) 115; bei Dallinger MDR 1966 384; 1973 557; w.N. bei LR/Franke § 337, 58.
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OLG Hamm MDR 1971 508; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 12. KK/Engelhardt 23; KMR/Gemählich 30; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 32. Müller FS Volk 485, 488.
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besonders ins Gewicht fallen könnte, wie etwa ein besonders aufschlussreiches Ergebnis eines Augenscheins178 oder ein besonderes Verhalten einer Gerichtsperson, eines Angeklagten oder Zeugen (Mimik, Gestik) oder Versuche von Angeklagten und Zeugen, miteinander in Verbindung zu treten,179 oder weil er den Verdacht erweckt, das Urteil könne auf außerhalb der Verhandlung liegende Gründe gestützt werden (Übergabe von Akten an einen Laienrichter). Setzt der Vorsitzende eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen, so ist diese Anordnung nach Absatz 3 zu protokollieren.180 Es kann auf einen Vorgang auch aus Gründen ankommen, die außerhalb des Verfahrens liegen, z.B. um ein standeswidriges Verhalten eines Anwalts für eine Anzeige bei der Anwaltskammer oder die Beleidigung eines Zeugen durch den Angeklagten für ein künftiges Strafverfahren oder für zivilrechtliche Ansprüche festzustellen.181 Die Feststellung des Tatbestandes einer in der Sitzung begangenen Straftat im Protokoll obliegt nach § 183 GVG dem Gericht.182 2. Nach Absatz 3 kann auch der Wortlaut einer Aussage oder einer Äußerung festge- 50 halten werden. Unter Aussage wird dabei die Einlassung des Angeklagten oder die Aussage einer Beweisperson verstanden, während Äußerungen alle sonstigen Bemerkungen sind, die von jeder im Sitzungssaal anwesenden Person stammen können.183 Solche Bekundungen wörtlich festzuhalten ist etwa dann angebracht, wenn es aus Sach- oder Rechtsgründen, eventuell auch nur wegen der gebrauchten Ausdrücke auf den genauen Wortlaut ankommt, so, wenn verschiedene Deutungsmöglichkeiten bestehen.184 Dass die Aussage ihrem Inhalt nach entscheidungserheblich ist, soll nach herrschender Ansicht die Aufnahme ihres Wortlauts für sich allein nicht rechtfertigen;185 das überzeugt nicht, weil zum einen eine Grundlage im Gesetzestext für diese Einschränkung auf „sprachliche Skurrilitäten“186 fehlt und zum anderen die Protokollierung des Wortlauts stets die Fixierung des genauen Inhalts einer Äußerung zum Zweck hat, so dass eine Unterscheidung zwischen Wortlaut und Inhalt fehlgeht.187 Es genügt hingegen nicht, dass der Verteidiger
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OLG Bremen NJW 1981 2827 = JR 1982 253 mit Anm. Foth; OLG Hamm GA 1973 281; KK/Engelhardt 23. Von der grundsätzlich weitgespannten Protokollierungsbefugnis ist die Frage zu trennen, ob und in welchen Fällen ein Anspruch der Verfahrensbeteiligten darauf besteht; vgl. Rn. 57 ff. Meyer-Goßner 19; vgl. Krekeler AnwBl. 1984 417 m.w. Beispielen. BGHSt 52 355, 363; zur umstrittenen Frage der Fristsetzung vgl. die Anm. von Fezer HRRS 2009 17; Eidam JZ 2009 318; Gaede NJW 2009 608; Trüg StraFo 2010 139; König StV 2009 171; Ventzke StV 2009 655; Jahn StV 2009 663; Thomas StV 2010 428. Vgl. KK/Engelhardt 23; KMR/Gemählich 31; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 34; Krekeler AnwBl. 1984 417; ferner (auch zu den Differenzierungen nach Protokollierungszweck und Protokollierungsobjekt) Ulsenheimer NJW 1980 2273; W. Schmid GA 1962 353, 361 (noch zur alten Fassung). Vgl. bei § 183 GVG.
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HK/Julius 12; KK/Engelhardt 22; MeyerGoßner 20. Vgl. OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 172; KMR/Gemählich 33; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 36; Roxin/ Schünemann § 51, 5. Graf/Peglau 38; Meyer-Goßner 22; SK/Frister 36; Reichling 87 ff., 116 ff.; Meyer JR 1980 219; Schmid NJW 1981 1353; Sieß NJW 1982 1625; für die Gegenmeinung Müller FS Volk 485, 492 f.; Krekeler AnwBl. 1984 417; Ulsenheimer NJW 1980 2273; Schröder 19 ff.; ders. Schlüchter-Festgabe 97, 102 ff. Müller FS Volk 485, 492. Dagegen spricht nicht, dass § 273 Abs. 2 den wesentlichen Inhalt einer Vernehmung vor dem Amtsgericht zu protokollieren verlangt, zutr. Müller FS Volk 485, 492 f.; Schröder 19 f.; ders. Schlüchter-Festgabe 97, 101 f.; Reichling 97 ff. gegen Schmid NJW 1981 1353. RGSt 5 352, 353 gründete auf der obsoleten Ansicht, dass die Protokollierung im freien Ermessen des Tatrichters stünde.
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dies als Erleichterung für die Führung seiner Verteidigung wünscht. Hält er es aus diesem Grunde für notwendig, den Wortlaut von Äußerungen festzuhalten, bleibt es ihm unbenommen, ihn mitzuschreiben oder mitschreiben zu lassen.188 Das Festhalten des Wortlauts kann beispielsweise angezeigt sein, weil das Gericht 51 Wert darauf legt, dass ihm von einer wichtigen Aussage ein Wortlautprotokoll für die Urteilsberatung oder für deren Entscheidungen zur Verfügung steht oder dass der Wortlaut für spätere Instanzen (§ 325; Verfahrensrügen) ersichtlich bleibt. Sie kann aber auch aus außerhalb des Verfahrens liegenden Gründen geboten sein, wenn die abgegebene Erklärung für ein anderes Verfahren von Bedeutung sein kann, insbesondere, wenn sich aus ihr Hinweise auf eine andere Straftat ergeben, oder wenn bei Verdacht einer unrichtigen Aussage eine sichere Grundlage für ein künftiges Ermittlungsverfahren geschaffen werden soll.189 Aussagen und Erklärungen, die in einer fremden Sprache abgegeben werden, können 52 nach § 185 Abs. 1 Satz 2 GVG in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage dazu aufgenommen werden,190 so etwa auch, wenn Zweifel bestehen, wie eine fremdsprachige Erklärung zu verstehen ist.191
53
3. Protokollierungsvorgang. Die wörtliche Niederschrift ordnet der Vorsitzende an. Es liegt insbesondere bei der Fixierung des Wortlauts einer Äußerung in seinem Ermessen, ob er den Wortlaut ins Protokoll diktiert oder ob er den Urkundsbeamten beauftragt, die Aussage mitzuschreiben. An der Verantwortlichkeit beider für die inhaltliche Richtigkeit der Niederschrift (Rn. 54) ändert sich hierdurch nichts. Die Verhandlungsbeteiligten haben nicht das Recht, selbst den Wortlaut in das Protokoll zu diktieren.192 Die Niederschrift muss nicht unbedingt in der Hauptverhandlung vorgenommen wer54 den. Insbesondere wenn es sich um die nachträglich angeordnete Protokollierung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder einer dort gefallenen Äußerung handelt, kann die angeordnete Niederschrift vom Vorsitzenden und Urkundsbeamten auch in einer Sitzungspause gefertigt werden. Unerheblich ist, wer sie abfasst, sie muss aber hinsichtlich der aufgenommenen Tatsachen von der Übereinstimmung beider Urkundspersonen getragen werden.193 Ist die Beurkundung für einen außerhalb des Verfahrens liegenden Zweck bestimmt, so darf sie auch in einer Anlage zur Sitzungsniederschrift aufgenommen werden. Die Anlage muss dann aber allen Erfordernissen des Protokolls entsprechen.194 Auf jeden Fall muss die Niederschrift in der Hauptverhandlung vorgelesen und von 55 allen Verfahrensbeteiligten genehmigt werden. Dass sie von demjenigen, der sie abgegeben hat, unterschrieben wird, ist nicht vorgesehen. Werden Einwendungen gegen die Richtigkeit der Niederschrift erhoben, wird also bestritten, dass der protokollierte Vorgang oder die protokollierte Aussage dem tatsächlichen Geschehen und der tatsächlichen Aussage entspricht, so sind die erhobenen Einwendungen im Protokoll festzuhalten,
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BGHSt 18 179, 181; Marxen NJW 1977 2188, 2190; AK/Lemke 19; Meyer-Goßner 27. Vgl. Nr. 144 Abs. 2 RiStBV; SK/Frister 37. Vgl. bei § 185 GVG. HK/Julius 13; SK/Frister 36. OLG Hamm JMBlNW 1970 251; OLG Köln VRS 70 (1986) 370; HK/Julius 15; KMR/Gemählich 34; Meyer-Goßner 31;
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SK/Frister 41; vgl. LR/Stuckenberg § 271, 14 ff. Vgl. OLG Königsberg DRiZ 1932 Nr. 451; KK/Engelhardt 28; Meyer-Goßner 31; SK/Frister 41; Sieß NJW 1982 1625, 1626; vgl. LR/Stuckenberg § 271, 16. RGSt 2 23; KK/Engelhardt 29; MeyerGoßner 33; SK/Frister 41.
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soweit ihnen nicht durch eine Richtigstellung der Niederschrift abgeholfen wird.195 Erklären sich die Verfahrensbeteiligten dagegen mit der vorgelesenen Beurkundung einverstanden oder erheben sie auf die allgemeine Frage hin keinen Widerspruch, so ist diese „Genehmigung“ im Protokoll zu vermerken. Ein bestimmter Wortlaut ist dafür nicht vorgeschrieben. Der Vermerk muss aber sinngemäß ergeben, dass die Niederschrift inhaltlich genehmigt worden ist oder dass keine Einwendungen gegen sie erhoben worden sind.196 4. Antrag. Die Protokollierung ist vom Vorsitzenden von Amts wegen anzuordnen, 56 wenn er nach pflichtgemäßem Ermessen ihre Voraussetzungen für gegeben hält. Er braucht seine Anordnung nicht zu begründen. Daneben kann jeder Verhandlungsbeteiligte die Protokollierung beantragen, also neben Angeklagtem, Verteidiger und Staatsanwalt auch die Nebenbeteiligten. Dem Nebenkläger wird diese Befugnis von der vorherrschenden Meinung versagt, da sie in der abschließenden Aufzählung des § 397 Abs. 1 nicht mit aufgenommen wurde.197 Nach ebenfalls strittiger Auffassung können auch die beisitzenden Berufs- und Laienrichter die Protokollierung beantragen.198 Zeugen und Sachverständige haben diese Befugnis nicht.199 Der Antragsteller muss den zu protokollierenden Vorgang konkret bezeichnen und sein rechtliches Interesse an der Protokollierung substantiiert und für das Gericht nachvollziehbar darlegen.200 Aus dem Antragsrecht folgt, dass die Verhandlungsbeteiligten auch einen Anspruch 57 auf Protokollierung haben, wenn und soweit es auf den betreffenden Vorgang tatsächlich „ankommt“, also ein anzuerkennendes rechtliches Interesse an seiner Fixierung im Protokoll aufgezeigt ist, da insoweit dann die Entscheidung nicht im Ermessen des Vorsitzenden steht.201 Dabei wird nach dem Zweck der Protokollierung unterschie-
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AK/Lemke 23; KK/Engelhardt 30; SK/Frister 43. KMR/Gemählich 39; Meyer-Goßner 33; SK/Frister 42. HK/Kurth § 397, 13; KMR/Gemählich 35; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 39; strittig, vgl. Beulke DAR 1988 118; LR/Hilger § 397, 11; anders nach früherem Recht, vgl. BGHSt 28 274. AK/Lemke 19; HK/Julius 14; KK/Engelhardt 24; SK/Frister 39; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2274; a.A. KMR/Gemählich 36; Meyer-Goßner 26; auch vor dem StPÄG 1964 war dies streitig gewesen; vgl. Eb. Schmidt 4; W. Schmid GA 1962 353 ff. m.w.N. AK/Lemke 19; HK/Julius 14; KMR/Gemählich 35; Meyer-Goßner 26; a.A. SK/Frister 39; Gössel § 19 A Ib 2; W. Schmid GA 1962 362; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2274 unter Hinweis auf das Interesse dieser Personen an der Fixierung ihrer Aussage. OLG Bremen OLGSt 5; NStZ 1986 183; KMR/Gemählich 35; Meyer-Goßner 27; SK/Frister 39. Ob und in welchen Fällen mit dem Antrags-
recht eine Pflicht zur Protokollierung korrespondiert oder ob letztere im Ermessen des Vorsitzenden (bzw. des Gerichts) steht (RGSt 5 352), ist strittig, wobei der Streit oft mit der Frage verquickt wird, für welchen Zweck es auf die Protokollierung „ankommen“ kann. Einen Anspruch auf Protokollierung bejahen: OLG Bremen JR 1982 253 mit Anm. Foth; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1976 172; AK/Lemke 20; KK/Engelhardt 25; SK/Frister 40; M. Schmid NJW 1981 1353; Krekeler AnwBl. 1984 417; W. Schmid GA 1962 353; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2274; Reichling 196 ff.; Schröder 24 ff.; ders. Schlüchter-Festgabe 97, 104; weitergehend Meyer-Mews NJW 2002 103, 107 (Anspruch auf Tonbandmitschnitt der Beweisaufnahme), dagegen Uetermaier NJW 2002 2298. Verneinend: BGH JR 1966 305 mit abl. Anm. Lackner; OLG Bremen OLGSt 5; Meyer-Goßner 29; Foth JR 1982 253; Sieß NJW 1982 1625 (kein Recht auf Fixierung der Aussage für die gleiche Instanz).
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den.202 Ein Anspruch wird bejaht, wenn der betreffende Vorgang für den Nachweis eines Verfahrensverstoßes bedeutsam ist, wobei es sich nicht notwendig um die Feststellung einer wesentlichen Förmlichkeit des Verfahrens zu handeln braucht, auf die sich die Beweiskraft des Protokolls nach § 274 erstreckt (Rn. 48). Die Bedeutung des Absatzes 3 liegt gerade darin, dass auch andere Vorkommnisse und Äußerungen in der Hauptverhandlung, die nach Absatz 1 nicht in das Protokoll aufgenommen werden müssten, dort beurkundet werden können. Der Nachweis eines Verfahrensverstoßes gegenüber dem Rechtsmittelgericht wird dadurch erleichtert. Die Verhandlungsbeteiligten können aber auch die Protokollierung beantragen, wenn 58 der Vorgang oder die wörtliche Beurkundung für ein anderes Verfahren, insbesondere auch für den Nachweis einer in der Hauptverhandlung begangenen Straftat, etwa einer Falschaussage oder einer Verleumdung, zur Wahrung ihrer rechtlichen Interessen bedeutsam ist. Eine Pflicht des Vorsitzenden, einem solchen Antrag zu entsprechen, dürfte jedoch nur gegeben sein, wenn ein hinreichender Verdacht hinsichtlich der betreffenden Straftat besteht oder das rechtliche Interesse an der Beurkundung glaubhaft dargetan ist, andernfalls kann er den Antrag als unbegründet ablehnen, weil nicht feststeht, dass es auf die Protokollierung ankommt.203 Strittig ist dagegen, ob vor allem die wörtliche Protokollierung von Aussagen auch zu 59 dem Zweck gefordert werden kann, durch ihre Fixierung die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts selbst zu beeinflussen, etwa, um durch die Festlegung des Wortlauts einer Fehldeutung bei der Urteilsberatung vorzubeugen,204 aber auch, um – je nach der vertretenen Rechtsauffassung – vorsorglich ein Einfallstor für die Verfahrensrügen nach § 244 Abs. 2, § 261 zu haben.205 Nach vorherrschender Meinung haben die Verhandlungsbeteiligten kein solches Recht.206 Sie können dies weder unter dem Gesichtspunkt verlangen, dass sie dann einen etwaigen künftigen Verfahrensverstoß mit der Revision besser angreifen können,207 noch sind sie – abgesehen von den beisitzenden Richtern – zur Beurteilung der Frage befugt, ob dies für das erkennende Gericht als Entscheidungshilfe zweckmäßig ist. Allenfalls die beisitzenden Richter könnten unter dem letzteren Gesichtspunkt dies beantragen und bei einer Meinungsverschiedenheit mit dem Vorsitzenden eine Entscheidung des Gerichts nach Absatz 3 Satz 2 herbeiführen. Für diese ist jedoch das bei der Urteilsberatung noch nicht fertige und meist auch nicht greifbare Protokoll i.d.R. ohne Bedeutung.208
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5. Anrufung des Gerichts. Gegen die Anordnung der Protokollierung durch den Vorsitzenden kann das Gericht weder nach Absatz 3 Satz 2 noch nach § 238 Abs. 2 ange-
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Vgl. W. Schmid GA 1962 353; M. Schmid NJW 1981 1353; Sieß NJW 1982 1625; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2274. Vgl. Lackner JR 1966 305; W. Schmid GA 1962 353; AK/Lemke 20. So vor allem Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2274; Schröder 28 ff.; ders. Schlüchter-Festgabe 97, 105 ff.; dagegen Foth JR 1982 253; Sieß NJW 1982 1625; w.N. in Fn. 201. Wieweit diese Möglichkeit überhaupt besteht, ist strittig; vgl. LR/Franke § 337, 59. Vgl. oben Fn. 201; ferner BGH VRS 11 (1956) 436; Lackner JR 1966 305. Vgl. zum Streitstand Rn. 67. Im Übrigen
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würde wohl auch die retrospektive Verwendbarkeit als Beweismittel für eine Verfahrensrüge nach § 261 noch nicht ex ante bedeuten, dass die Protokollierung nach Absatz 3 verlangt werden kann, um einer keinesfalls wahrscheinlichen, allenfalls denkbaren künftigen Verfahrensverletzung besser begegnen zu können. Die Lage ist insoweit anders als beim Protokollierungsantrag, der den Nachweis eines bereits vorliegenden Verfahrensverstoßes bezweckt. Vgl. Foth JR 1982 253; Sieß NJW 1982 1625, 1627.
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rufen werden.209 Lehnt dagegen der Vorsitzende den Protokollierungsantrag eines Verhandlungsbeteiligten ab (die Ablehnung ist zu begründen, § 34), dann kann jeder antragsberechtigte Verhandlungsbeteiligte – also nicht nur derjenige, dessen Antrag abgelehnt wurde210 – hiergegen nach Absatz 3 Satz 2 die Entscheidung des Gerichts herbeiführen.211 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Protokollierung für das laufende Verfahren oder für einen anderen Zweck beantragt wurde.212 Das Gericht hat dann darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen für eine Protokollierung nach Absatz 3 Satz 1 gegeben sind. Es kann die Protokollierung nicht anordnen, wenn Vorsitzender und Urkundsbeamter übereinstimmend dabei bleiben, dass sie den Vorgang, dessen Beurkundung beantragt ist, nicht wahrgenommen haben.213 Hat ihn nur einer wahrgenommen, ist er in das Protokoll aufzunehmen,214 wenn auch mit dem die Beweiskraft mindernden Vermerk, dass der Vorgang nur von einem der beiden Urkundspersonen bezeugt wird. Das angerufene Gericht entscheidet über den Antrag nach Absatz 3 Satz 2 durch Beschluss, der, wenn er die Protokollierung ablehnt, zu begründen ist. Über den Antrag ist alsbald in der Hauptverhandlung und nicht etwa erst nach der Urteilsverkündung zu entscheiden.215 An die Entscheidung des Gerichts, dass ein Vorgang oder der Wortlaut einer Aussage 61 zu protokollieren ist, sind der Vorsitzende und der Urkundsbeamte auch in ihrer sonst unabhängigen Funktion als Urkundspersonen (vgl. § 271, 14) gebunden. Dies betrifft aber nur den Gegenstand des in das Protokoll aufzunehmenden Vermerks. Der Wortlaut, mit dem dies geschieht, ist – sofern er nicht wie bei der wörtlichen Aufnahme einer Aussage durch die Sache vorgegeben ist – vom Vorsitzenden und Protokollführer kraft ihrer Beurkundungspflicht selbst festzulegen.216 Sie müssen in eigener Verantwortung selbst die Niederschrift fertigen und diese dann, wie auch sonst, vorlesen und genehmigen lassen.217 Lehnt das Gericht die Protokollierung ab, bindet dies den Vorsitzenden nicht. Er kann trotzdem später die Protokollierung anordnen.218 6. Im Sitzungsprotokoll ist der Antrag nach Absatz 3 Satz 1 zu beurkunden.219 Wird 62 ihm entsprochen, genügt es, wenn das Protokoll feststellt, dass die Beurkundung des
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Erker Das Beanstandungsrecht gemäß § 238 Abs. 2 StPO (1988) 122; HK/Julius 20; KK/Engelhardt 27; SK/Frister 44. AK/Lemke 21; KK/Engelhardt 26; Meyer-Goßner 30; SK/Frister 44; unklar KMR/Gemählich 37. Sondervorschrift gegenüber § 238 Abs. 2; Bohnert Beschränkungen der strafprozessualen Revision durch Zwischenverfahren (1983) 189; Erker Das Beanstandungsrecht gemäß § 238 Abs. 2 StPO (1988) 120; Krekeler AnwBl. 1984 417; Meyer-Goßner 30; SK/Frister 44. Meyer-Goßner 30. SK/Frister 45 Fn. 172. KK/Engelhardt 26 hält in diesem Fall bereits die Anrufung des Gerichts für nicht statthaft; es erscheint jedoch zulässig, die Frage, ob die Protokollierung aus diesem Grund zu Recht abgelehnt wurde, durch eine Entscheidung
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des Gerichts zu klären, auch wenn dieses daran gebunden ist, wenn beide Urkundsbeamte daran festhalten, dass sie den Vorgang nicht wahrgenommen haben. KK/Engelhardt 26; vgl. LR/Stuckenberg § 271, 19, 50. W. Schmid GA 1962 353, 363. Sieß NJW 1982 1625, 1627; Meyer-Goßner 30; SK/Frister 45. Vgl. Rn. 55. AK/Lemke 22; HK/Julius 20; KK/Engelhardt 27; KMR/Gemählich 38; MeyerGoßner 30; SK/Frister 45. SK/Frister 46. Der Ansicht, dass Protokollierungsanträge nicht in das Protokoll gehören (OLG Saarbrücken JBlSaar 1961 14), dürfte durch die Neufassung des Absatzes 3 der Boden entzogen sein, vgl. auch W. Schmid GA 1962 353, 366; OLG Bremen NStZ 1986 183.
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Vorgangs oder der Äußerung auf Antrag des betreffenden Verhandlungsbeteiligten angeordnet wurde. Lehnt dagegen der Vorsitzende den Antrag ab, dann ist sein Inhalt im Protokoll festzuhalten, desgleichen die Ablehnung und ihre Begründung.220 Zu beurkunden ist ferner der Antrag, mit dem das Gericht angerufen wird und die Entscheidung des Gerichts, ferner die Verlesung und Genehmigung der Protokollierung und – unter Angabe von Person und Gegenstand – etwaige Einwendungen, die hierbei erhoben wurden.221 Die Beweiskraft des Protokolls (§ 274) erstreckt sich nicht auf den Inhalt der nach § 273 Abs. 3 aufgenommenen Vorgänge oder Aussagen (strittig, vgl. § 274, 15).
VI. Fertigstellung des Protokolls und Urteilszustellung (Absatz 4) 63
1. Zweck. Absatz 4 soll sicherstellen, dass das Urteil nicht vor Fertigstellung des Protokolls zugestellt wird, um dem Angeklagten und seinem Verteidiger die Möglichkeit zu geben, die durch die Urteilszustellung in Gang gesetzten Fristen, insbesondere die Frist für die Revisionsbegründung, unter Heranziehung des Protokolls voll zu nutzen.
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2. Fertiggestellt ist das Sitzungsprotokoll mit der letzten, seinen Inhalt einschließlich aller Ergänzungen deckenden Unterschrift (§ 271, 15, 20), auch wenn der Vermerk über den Zeitpunkt der Fertigstellung (§ 271 Abs. 1 Satz 2) fehlt 222 oder irrigerweise einen anderen Tag der Fertigstellung angibt oder die Unterschrift sich nicht am Ende des Schriftstücks befindet, sofern nur sichergestellt ist, dass mit ihr Verantwortung für das gesamte Schriftstück übernommen wird.223 Die Unterschrift nur auf einer Anlage genügt dagegen nicht.224 Beweiskraft nach § 274 hat der Vermerk nicht.225 Die Fertigstellung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das ordnungsgemäß unterzeichnete Protokoll formelle Mängel oder Lücken aufweist und nachträglich berichtigt werden muss.226 Wegen der Einzelheiten vgl. § 271, 29 ff.; zur Wiederherstellung eines verlorengegangenen Protokolls § 271, 69.
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3. § 273 Abs. 4 ist eine zwingende Verfahrensnorm; eine Urteilszustellung vor Fertigstellung des Protokolls ist unwirksam und nicht geeignet, die von der Urteilszustellung abhängigen Fristen, vor allem die Revisionsbegründungsfrist, in Lauf zu setzen.227 Dies gilt auch dann, wenn eine noch nicht beidseitig gebilligte Protokollergänzung für die eingereichte Revision ohne jede Bedeutung ist.228 Ob die Fertigstellung eines Protokolls wegen eines schwerwiegenden wesentlichen Inhaltsmangels verneint werden kann, weil
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HK/Julius 15; SK/Frister 47. HK/Julius 15; SK/Frister 47. BGHSt 23 115; BayObLGSt 1980 140 = NJW 1981 1795; OLG Köln MDR 1972 260; vgl. LR/Stuckenberg § 271, 21, 29; KK/Engelhardt 33. BGH NStZ-RR 2002 261. OLG Hamm NStZ-RR 2001 83. BGHSt 23 115. BGH NStZ 1984 89; BayObLGSt 1980 140 = NJW 1981 1795; OLG Bamberg OLGSt § 329 Nr. 28; Graf/Peglau 43; KK/Engelhardt § 271, 8; KMR/Gemählich 41; Meyer-Goßner 34; SK/Frister 50.
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BGHSt 27 80; BGH NJW 1991 1702; GA 1992 319; bei Kusch NStZ 1996 22; NStZ-RR 2002 12; BayObLGSt 1980 140 = NJW 1981 1795; BayObLG StV 1985 360; OLG Karlsruhe MDR 1980 251; KK/Engelhardt 33; KMR/Gemählich 43; Meyer-Goßner 34; SK/Frister 49; Hamm 172; Börtzler MDR 1972 185. Die Ansicht, Absatz 4 sei eine Ordnungsvorschrift, dürfte kaum noch vertreten werden, vgl. dazu LR/Gollwitzer 23 57. BGHSt 37 287; KK/Engelhardt 33.
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es die Urteilsformel ersichtlich unvollständig und unter Weglassen wesentlicher Teile (Schuldspruch; Kostenausspruch) wiedergibt, erscheint zweifelhaft.229 Das Fehlen des Vermerks über den Zeitpunkt der Fertigstellung des Protokolls hindert die Wirksamkeit der Zustellung nicht, wenn eindeutig feststellbar ist, dass das Urteil beim Zustellungsempfänger erst einging, nachdem das Protokoll fertiggestellt war.230
VII. Rechtsmittel 1. Beschwerde. Die Anordnung des Vorsitzenden, dass ein Vorgang nach Absatz 3 in 66 das Protokoll aufgenommen oder nicht aufgenommen wird, sowie die Entscheidung des Gerichts hierüber sind durch § 305 Satz 1 der Beschwerde entzogen, soweit die Protokollierung Zwecken des anhängigen Verfahrens dienen soll.231 Gleiches gilt bei Zurückweisung sonstiger, den laufenden Protokollierungsvorgang betreffenden Anregungen.232 Wurde dagegen die Protokollierung für einen außerhalb des Verfahrens liegenden Zweck beantragt, so ist die Ablehnung der Beschwerde zugänglich.233 Mit ihr kann jedoch nur geltend gemacht werden, dass die Protokollierung rechtsfehlerhaft verweigert wurde, nicht aber, dass der Vorgang inhaltlich falsch oder wegen tatsächlicher Zweifel nicht in das Protokoll aufgenommen wurde. Dem Beschwerdegericht ist jede Nachprüfung des Protokolls in tatsächlicher Hinsicht versagt.234 Es kann die für das Protokoll Verantwortlichen auch nicht anweisen, was sie inhaltlich zu protokollieren haben oder dass sie einen Vorgang in das Protokoll aufnehmen, den sie inhaltlich nicht oder anders in Erinnerung haben.235 2. Revision a) Auf einen Mangel des Protokolls als solchen kann die Revision nicht gestützt wer- 67 den.236 Dies gilt auch, wenn die Ordnungsvorschriften über die Verlesung und Genehmigung einer Niederschrift nach Absatz 3 Satz 3 nicht beachtet worden sind237 oder wenn ein Vorgang nicht so beurkundet wurde, wie es „auf ihn ankommt“. Werden Anträge auf Beurkundung eines Vorgangs (Absatz 3) zu Unrecht abgelehnt, so beruht das Urteil in aller Regel nicht auf diesem Verstoß. Dies gilt zunächst für alle Fälle, in denen der Vorgang für Zwecke festgehalten werden soll, die außerhalb des Verfahrens liegen. Dies gilt aber auch, wenn damit der Nachweis eines Verfahrensfehlers für die Revisionsinstanz gesichert werden soll, denn das Urteil beruht allenfalls auf dem Verfahrensfehler selbst,
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Verneinend BGH StraFo 2007 502 f. (Fehlen der Urteilsformel unschädlich); vgl. aber OLG Stuttgart MDR 1995 843 und BayObLG NJW 1981 1795. OLG Köln MDR 1972 260; KK/Engelhardt 33. H.M., etwa KK/Engelhardt 36. Auf die Abfassung des Protokolls haben die Verfahrensbeteiligten, abgesehen von § 273 Abs. 3, keinerlei Einflussmöglichkeit. Sie können lediglich die Berichtigung des fertiggestellten Protokolls beantragen, vgl. LR/Stuckenberg § 271, 47. KK/Engelhardt 36; KMR/Gemählich 46;
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Meyer-Goßner 35; SK/Frister 51. Sofern man einen Anspruch auf Protokollierung zu diesem Zweck bejaht, enthält die Ablehnung auch eine Beschwer, nicht dagegen die Protokollierung. KMR/Gemählich 46; SK/Frister 52. Die Rechtslage ist hier dieselbe wie bei Anfechtung der Protokollberichtigung, vgl. LR/Stuckenberg § 271, 79. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 76 m.w.N.; LR/Franke § 337, 62. BGH VRS 11 (1956) 436; KMR/Gemählich 47.
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es beruht aber niemals auf der unterbliebenen Protokollierung als solcher.238 Von der Revision gerügte Verfahrensfehler können im Wege des Freibeweises aufgeklärt werden, soweit nicht bei wesentlichen Förmlichkeiten die Beweiskraft des § 274 entgegensteht; diese entfällt auch dann, wenn aus dem Protokoll ersichtlich ist, dass der Antrag auf Protokollierung zu Unrecht abgelehnt wurde.239 Wird die Ablehnung der wörtlichen Protokollierung einer Aussage nur unter dem Blickwinkel der Beweiserschwerung im laufenden Verfahren beanstandet, so scheitert die Revision schon daran, dass nach der vorherrschenden Meinung kein Anspruch auf Protokollierung für diesen Zweck besteht.240 Nur wer einen solchen Anspruch mit der Mindermeinung bejaht und annimmt, dass schon das Fehlen eines Wortprotokolls Beweiswürdigung und Entscheidung des erkennenden Gerichts beeinflusst haben kann,241 kommt zur Verfahrensrüge nach § 337 i.V.m. § 273 Abs. 3 und, wenn ein ablehnender Gerichtsbeschluss vorliegt, beim Angeklagten auch nach § 338 Nr. 8.242
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b) Widersprüche zwischen Protokollinhalt und Urteil. Die Revision kann nach vorherrschender Ansicht weder im Rahmen der Sachrüge noch mit der die Protokollwidrigkeit behauptenden Verfahrensrüge darauf gestützt werden, dass im Protokoll die Aussage eines Zeugen oder eine Einlassung des Angeklagten anders wiedergeben ist als in den Urteilsgründen.243 Wenn dagegen der Wortlaut der Aussage nach Absatz 3 festgehalten worden ist, ist strittig, ob im Rahmen einer Verfahrensrüge (insbesondere § 244 Abs. 2, § 261) beanstandet werden kann, dass die Urteilsgründe den Inhalt einer durch Wortprotokoll festgehaltenen Aussage abweichend von diesem wiedergeben, ohne sich mit diesem Widerspruch auseinanderzusetzen. Anerkannt ist bisher, dass ein mit der Aufklärungsrüge zu beanstandender Verstoß gegen § 261 vorliegt, wenn sich das Urteil nicht mit einer nach Absatz 3 wörtlich niedergeschriebenen, verlesenen und genehmigten Aussage auseinandersetzt, obwohl dies geboten war.244 Entsprechend ist anzunehmen, dass auch eine Tonbandaufnahme nach Absatz 2 Satz 2 einen vergleichbar großen Beweiswert hat, der es erlaubt, den Gegenbeweis gegen die Urteilsfeststellungen ohne Rekonstruktion
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BGH bei Kusch NStZ 1994 25; AK/Lemke 26; HK/Julius 22; KK/Engelhardt 35; KMR/Gemählich 47; Meyer-Goßner 36; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2277 (bei nicht verfahrensrelevanten Protokollierungen). KK/Engelhardt 35 unter Hinweis auf RG JW 1930 1505. Vgl. Rn. 59; RGSt 32 239; BGH NJW 1966 63; auch Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2277 sieht diese Konsequenz. Dagegen Foth JR 1982 253; Sieß NJW 1982 1625, 1627 (Richter bedürfen hinsichtlich des Inhalts der Hauptverhandlung keines Beweismittlers in Form des Protokolls). Revisibilität des Verstoßes nehmen an: OLG Bremen JR 1982 2562 mit Anm. Foth; OLG Schleswig SchlHA 1954 387; Dünnebier DJT 1955 Bd. II G 15 Fn. 120; Kohlhaas NJW 1974 23, 24; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2277; AK/Lemke 26; HK/Julius 23; SK/Frister 58 ff.
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Vgl. RGRspr. 7 (1885) 106; 9 (1887) 379; RGSt 58 59; BGHSt 7 370; 21 149, 151; 29 18, 20; BGH NJW 1966 63; VRS 38 (1970) 115; OLG Bremen OLGSt 5; AK/Lemke 27; KK/Engelhardt 19; KMR/ Gemählich 48; Hamm 306; vgl. LR/Sander § 261, 174; LR/Franke § 337, 56 ff. BGHSt 38 14, 16 f. mit zust. Anm. Fezer JZ 1992 107, 108; BGH StV 2002 354 f. (auch zum notwendigen Revisionsvorbringen); NStZ-RR 2009 180; OLG Brandenburg NStZ-RR 2009 247; OLG Hamm NStZ-RR 2006 18; OLG Schleswig SchlHA 2007 287; Graf/Peglau 36; HK/Julius 22; KK/Engelhardt 31; KMR/Gemählich 48; SK/Frister 55; Hamm 283; Geißler 77 ff., 101 ff.; Reichling 249 ff.; Schröder 66 ff., 123 ff.; Müller FS Volk 485, 491; Ulsenheimer NJW 1980 2273, 2278; offenlassend BayObLG NStZ 1990 508, 509.
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der Hauptverhandlung zu führen.245 Bei einer Inhaltszusammenfassung nach Absatz 2 Satz 1 kommt ein Erörterungsmangel jedenfalls dann in Betracht, wenn eindeutige Abweichungen oder Widersprüche zwischen Urteilsfeststellungen und Protokollinhalt nicht im Rahmen der Beweiswürdigung angesprochen wurden.246 Bei Widersprüchen zwischen Protokoll und Urteil muss unterschieden werden, ob es 69 sich um Förmlichkeiten der Hauptverhandlung handelt, die durch die Sitzungsniederschrift, oder um Erwägungen in der Beratung, die durch die Urteilsgründe bewiesen werden.247 Letztere sind grundsätzlich allein dafür maßgebend, was der Zeuge ausgesagt hat; nur in Ausnahmefällen, in denen dies ohne Rekonstruktion der Hauptverhandlung nachgeprüft werden kann, ist dem Revisionsgericht bei einer entsprechenden Verfahrensrüge auch insoweit eine Nachprüfung möglich.248 Ob dagegen ein bestimmter Zeuge vernommen und beeidigt oder nicht beeidigt worden ist, das zu beurkunden ist Aufgabe der Sitzungsniederschrift. Weichen Angaben des Urteils, das nicht die Aufgabe hat, Vorgänge solcher Art im Widerspruch zum Protokoll verbindlich festzustellen, von den im Protokoll beurkundeten Vorgängen ab, so kann das bei entsprechender Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils führen, denn Protokoll und Urteil werden insoweit als Einheit behandelt.249 Ein echter, nicht behebbarer Widerspruch zwischen beiden (also nicht nur ein durch ein Schreib- oder Fassungsversehen bedingter scheinbarer Widerspruch) kann auf die Revision hin das Urteil zu Fall bringen,250 so kann beispielsweise aus dem Widerspruch unter Umständen gefolgert werden, das Gericht habe etwas zur Urteilsgrundlage gemacht, was nicht Inbegriff der Hauptverhandlung gewesen sei.251 Ob die Aufklärungsrüge auf den Widerspruch zwischen den Urteilsfeststellungen und dem Protokollinhalt gestützt werden kann, ist strittig.252
§ 274 1 Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. 2 Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
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HK/Julius 22; KMR/Gemählich 48; MeyerGoßner 36 und § 337, 14; SK/Frister 56; Neuhaus StV 2004 620, 625; vgl. OLG Stuttgart NStZ 1986 41. Anders die h.M., vgl. Fn. 243 und BGHSt 38 14, 16; BayObLG NStZ 1990 508; OLG Brandenburg NStZ-RR 2009 247; OLG Hamm NStZ-RR 2006 18; OLG Koblenz VRS 46 (1974) 435, 436; wie hier SK/Frister 57; Sarstedt JZ 1965 292, 293; Pelz NStZ 1993 361, 363; Sieß NJW 1982 1625, 1628. Hamm 304, vgl. LR/Stuckenberg § 274, 26; § 275, 62 ff.; LR/Franke § 337, 46, 56 ff. Vgl. Rn. 45; LR/Becker § 244, 365; LR/Sander § 261, 172 ff.; LR/Franke § 337, 49 ff., 79. BGH NJW 1953 155; vgl. LR/Franke § 337, 48.
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BGH NStZ-RR 2011 20 (fehlende Feststellung der Kenntnisnahme nach § 249 Abs. 2 Satz 3 begründet die Inbegriffsrüge); StV 2002 531 (Protokoll beweist Schweigen des Angeklagten, Urteilsgründe stützen sich auf Sacheinlassung); OLG Braunschweig NdsRpfl. 1954 76; Hülle DRiZ 1952 93. Auch im umgekehrten Fall ist § 261 verletzt, OLG Köln StV 2004 7 (Protokoll vermerkt Sacheinlassung, Urteilsgründe gehen vom Schweigen des Angeklagten aus). Vgl. LR/Sander § 261, 172 und LR/Franke § 337, 57 ff.; etwa OLG Köln StV 2004 311, 312. Vgl. LR/Becker § 244, 46 ff.; SK/Frister 55; Geißler 74 ff.; Reichling 254 ff.; verneinend KG JR 1968 195.
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Schrifttum vgl. bei § 271.
Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift gilt sachlich unverändert seit Inkrafttreten der RStPO. Nur die Worte „Inhalt desselben“ wurden bei der Neubekanntmachung vom 22.3.1924 (RGBl. I S. 299) durch „Inhalt des Protokolls“ ersetzt.
Übersicht Rn. 1. Bedeutung der Vorschrift a) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . b) Zweck der formellen Beweiskraft . . . c) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der ausschließlichen Beweiskraft . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auslegung des Protokolls . . . . . . . . . 4. Umfang der Beweiskraft a) Nur anhängiges Strafverfahren, nur für übergeordnetes Gericht . . . . . . . . b) Für die Hauptverhandlung vorgeschriebene Förmlichkeiten . . . . . . .
Rn. c) Nur Vorgänge in der Hauptverhandlung d) Beeidigung der Schöffen . . . . . . . . 5. Wirkung der absoluten Beweiskraft a) Positive und negative Beweiskraft . . . b) Ausschließlichkeit . . . . . . . . . . . 6. Wegfall der Beweiskraft a) Offensichtliche Lücken . . . . . . . . b) Widersprüche, sonstige Mängel . . . . c) Protokollberichtigung . . . . . . . . . 7. Fälschung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Bedeutung der Vorschrift
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a) Regelungsgehalt. Die verbreitet als „Beweisregel“1 bezeichnete Vorschrift des § 274 enthält, ebenso wie die Schwestervorschrift des § 165 ZPO, bei genauerer Betrachtung mehrere Regeln, die zusammen die sogenannte formelle „Beweiskraft“ des Protokolls ergeben:2 Satz 1 formuliert eine Beweismittelregel, die das Sitzungsprotokoll unter Ausschluss aller übrigen zum einzigen Beweismittel für die vorgeschriebenen Förmlichkeiten des Verfahrens bestimmt. Unausgesprochen enthält das Zusammenspiel beider Sätze eine Vermutung der Echtheit des Protokolls, aus der die Vermutung seiner Wahrheit folgt,3 aus der sich die positive Beweiskraft ergibt, sowie eine Vermutung der Vollständigkeit, aus der die negative Beweiskraft folgt. Der historische Gesetzgeber wollte an sich nach preußischem Vorbild die Beweiswirkung dieser Vermutungen4 absolut stellen und keinerlei Gegenbeweis der Unrichtigkeit erlauben,5 entschied sich dann aber aus unbekannten Gründen doch, nach französischem Vorbild6 den – im deutschen Recht einmaligen7 und
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BGHSt 51 88, 95; 51 298, 303; sowie Fn. 9; krit. zur oft ungenauen Rede von „Beweisregeln“ Meurer FS Oehler 357 ff., 362 ff. Wie hier Beling 324 f.; Schumann JZ 2007 927, 930; etwas anders Meurer FS Oehler 357, 375 Fn. 54 (Beweisthema-, Beweismittelund Beweismittelausschlussregel); schief Schröder 42. Dies entspricht nach tradierter Beweislehre den Charakteristika öffentlicher Urkunden (praesumtio legalitatis), vgl. Endemann Die Beweislehre des Civilprozesses (1860) 300 ff., 360 ff., 366 m.w.N. und Kritik; ders. Das Deutsche Civilprozeßrecht (1868) 746 f. Zur Struktur und beweisersetzenden Wirkung
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rechtlicher Vermutungen s. Stuckenberg Untersuchungen zur Unschuldsvermutung (1997) 453 ff., insb. 462 ff. m.w.N. Hahn 257 f. Die Militärstrafgerichtsordnung vom 1.12.1898 ließ hingegen den Gegenbeweis der bloßen Unrichtigkeit zu, § 335 MStGO. Näher Stuckenberg FS Rüßmann (erscheint 2013). Fast wortgleich sind § 165 ZPO und § 131 FlurbG; einen Fälschungsbeweis enthält auch der 2001 (BGBl. I S. 1887) neu eingeführte § 139 Abs. 4 Satz 3 ZPO, um Beweiserhebungen über die Hinweiserteilung auszuschließen, BRDrucks. 536/00 S. 200.
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praktisch nicht führbaren8 – Gegenbeweis der Fälschung zuzulassen, der die Echtheitsvermutung widerlegen und die darauf aufbauenden Wahrheits- und Vollständigkeitsvermutungen entfallen lassen würde. Als Ausnahme von dem Gebot, bei der Behauptung von Verfahrensmängeln mit den 2 Mitteln des Freibeweises die wahre Sachlage zu erforschen, schränkt die Vorschrift in den durch diesen Zweck gezogenen Grenzen Freibeweis und freie Beweiswürdigung ein9 und macht stattdessen die formelle Wahrheit10 des Protokolls verbindlich. Spielraum bleibt dem Richter nur bei der Auslegung des Protokolls (Rn. 11). Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten wird für die nachfolgenden Instanzen nur durch das Sitzungsprotokoll mit ausschließlicher Beweiskraft bewiesen. Eine darüber hinausreichende Beweisregelung enthält die eng auszulegende11 Vorschrift nicht. Ihre analoge Anwendung auf außerhalb der Hauptverhandlung erstellte richterliche Protokolle ist ausgeschlossen.12 Daraus folgt, dass das Hauptverhandlungsprotokoll keine öffentliche Urkunde ist, die 3 öffentlichen Glauben für oder gegen jedermann begründet (vgl. Rn. 12).13 b) Zweck der formellen Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls ist die Vermei- 4 dung schwieriger und letztlich fruchtloser Beweiserhebungen in den höheren Instanzen über die Verfahrensvorgänge in den Vorinstanzen und darauf zielender missbräuchlicher Verfahrensrügen.14 Dem Ausschluss anderer Beweismittel lag zum einen die Annahme zugrunde, dass in der Hauptverhandlung geschehene Formverletzungen, die dort nicht umgehend gerügt worden waren, im Nachhinein durch kein Beweismittel, nicht einmal durch amtseidliche Erklärung der Gerichtsmitglieder, mehr zuverlässig festgestellt werden können,15 zum anderen sollte dadurch dem Angeklagten die Möglichkeit genommen werden, „die Rechtsbeständigkeit des gegen ihn stattgehabten Verfahrens durch leere Ausflüchte für geraume Zeit in Frage zu stellen“16. Missliche Erfahrungen aus Partikularrechten ohne eine solche strenge Beweisregel sind in den Motiven allerdings nicht mitge-
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Vgl. BGHSt 2 125, 126 („so gut wie nie“); Alsberg/Nüse/Meyer 884; Gollwitzer JR 1980 518, 519; Stenglein GS 45 (1891) 81, 84; G. Schäfer FS BGH 707, 711; Tepperwien FS Meyer-Goßner 595, 596. RGSt 58 58; 58 378; 59 19; OGHSt 1 279; BGHSt 2 126; AK/Lemke 1; Graf/Peglau 2; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 7; KMR/ Gemählich 1; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 2; Eb. Schmidt 1; Werner DRiZ 1955 180, 183; a.A. Meurer FS Oehler 357, 375: keine Einschränkung der freien Beweiswürdigung, vgl. hingegen zutr. Beling 324 f. BGHSt 2 125, 126 („Der in der Niederschrift beurkundete Sachverhalt bildet nach dem Gesetz ohne Rücksicht auf die wirklichen Vorkommnisse in der Hauptverhandlung die Grundlage des Verfahrens.“); auch RGSt 43 1, 6; BGHSt 26 281, 283; 36 354, 358 m.w.N.; verkannt von BGHSt 51 88, 95; 51 298, 310; KK/Engelhardt 1; dazu LR/Stuckenberg § 271, 63 m.w.N.
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BGHSt 26 281, 282; 36 354, 358 f.; HK/Julius 1; SK/Frister 2; vgl. Rn. 12. BGHSt 26 281, 282 ff.; AK/Lemke 2; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 3; KMR/ Gemählich 3; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 2; a.A. RGSt 55 5; RGRspr. 5 (1883) 268. RGSt 58 378, 379; 59 13, 19; OLG Freiburg HESt 1 272, 274; OLG Hamm NJW 1977 592 ff.; AK/Lemke 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Gemählich 2; Meyer-Goßner 7; SK/Frister 4; Eb. Schmidt 16; a.A. RGSt 46 112, 113; 58 58, 60. Vgl. die gegenteilige Sicht für § 165 ZPO bei BGH NJW-RR 1994 386, 387; 2007 1451 f.; BVerwG NJW 1989 1233 f.; OLG Frankfurt DNotZ 2011 48, 50. Zur gleichen Motivation des § 165 ZPO und der Vorgängervorschriften in den vorausgehenden Entwürfen zur ZPO, die auf das Strafprozessrecht verweisen, s. Stuckenberg FS Rüßmann (2013). Hahn 257 f. Hahn 257.
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teilt. Obwohl zur Zeit der Gesetzesgenese die Klage über nachlässig geführte Gerichtsprotokolle verbreitet war,17 hat der Reichsjustizgesetzgeber die Konsequenz, dass die Verabsolutierung fehlerhafter Protokolle zu materiell falschen Rechtsmittelentscheidungen führen muss in Gestalt der Verwerfung an sich begründeter Rechtsmittel, wenn das Protokoll vorgefallene Fehler nicht belegt, sowie der Aufhebung an sich fehlerfreier Urteile, wenn das Protokoll Verfahrensfehler verzeichnet, die nicht geschehen sind, offenbar für so vernachlässigenswert gehalten, dass sie nicht einmal angesprochen wurde.
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c) Kritik. Starre Beweisregeln dieser Art, ohnehin Fremdkörper im reformierten Prozess, waren wegen der damit zwingend verbundenen misslichen Folgen stets umstritten,18 und auch § 274 wurde nach Inkrafttreten der StPO bald heftig kritisiert.19 Reformbestrebungen zur Ausdehnung des Gegenbeweises setzten bereits 1883 ein,20 jedoch blieb die Vorschrift bis heute unverändert. Erträglich wurde die starre Beweisregel in der Praxis durch mehrere Umgehungsstrategien21 wie die enge Auslegung der Tatbestandsvoraussetzung der „(wesentlichen) Förmlichkeit“,22 den Wegfall der Beweiskraft bei großzügig23 angenommener Lückenhaftigkeit oder Widersprüchlichkeit des Protokolls (Rn. 29 ff.) mit der Folge der Eröffnung des Freibeweises und vor allem durch die Anerkennung der Möglichkeit der nachträglichen Berichtigung des Sitzungsprotokolls nebst deren Beachtlichkeit im Rechtsmittelzug (§ 271, 43 ff.). Vor allem die Berichtigung mindert die Härte des praktisch unmöglichen Gegenbeweises der Fälschung beträchtlich, weil sie funktional der Zulassung des Gegenbeweises der Unrichtigkeit entspricht – und deshalb mit dem Regelungskonzept des § 274 unvereinbar ist (§ 271, 63).24 Dass sich die Beweisregel des § 274 bisher bewährt habe, lässt sich daher kaum 6 sagen. Vielmehr ist nicht erst seit Zulassung der Rügeverkümmerung durch BGHSt 51 298 (§ 271, 61 ff.) ein erhebliches praktisches Bedürfnis festzustellen, fehlerhaften Protokollen nicht die vom Gesetzgeber vorgesehene Wirkung beizumessen. Zudem erscheinen heute Prämisse und Ziel der Norm überzogen und nicht mehr haltbar. Denn die Annahme des historischen Gesetzgebers, die nachträgliche Beweisführung über Einzelheiten der Hauptverhandlung sei immer unmöglich, weil auch die beteiligten Gerichtspersonen außerstande seien, „nachträglich ein bestimmtes Zeugniß abzugeben“,25 ist sowohl durch die über hundertjährige Praxis der Berichtigung, die die sichere Erinnerung beider Urkundspersonen voraussetzt, als auch durch die freibeweislichen Erhebungen26 bei Widersprüchen oder Lücken des Protokolls längst widerlegt. Der Normzweck, Beweiserhebungen über Verfahrensvorgänge der Vorinstanz auszuschließen, die sich der Gesetzgeber zu
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Vgl. nur Protokolle der Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Civilprozeßordnung für die Staaten des Norddeutschen Bundes (1868) 312; Endemann Die Beweislehre des Civilprozesses (1860) 305 m.w.N. Vgl. nur Schwarze GS 15 (1863) 1, 13 f. Stenglein GS 45 (1891) 81, 91 ff., 110; Beling 325 Fn. 1 („Mißgriff“); w.N. bei Ott 70 ff. und LR/Stuckenberg § 271, 63 Fn. 179. Dazu Ott 83 f. m.w.N. Näher G. Schäfer FS BGH 707, 710 ff. Vgl. Fn. 11; G. Schäfer FS BGH 707, 719 ff. Vgl. BGHSt 51 298, 313 f.; Fezer FS Otto 901, 904 ff.; G. Schäfer FS BGH 707, 712 ff.;
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Tepperwien FS Meyer-Goßner 595, 606 ff., jew. m.w.N.; SK/Frister 21 f. Dass das dem § 274 StPO entsprechende Fälschungserfordernis in § 165 ZPO durch Zulassung der Berichtigung seine Wirkung verliert, hat der Gesetzgeber übersehen, als er 1974 (BGBl. I S. 3651) das Berichtigungsverfahren des § 164 ZPO einfügte, vgl. BRDrucks. 551/74 S. 63. Hahn 258. Vgl. auch Gollwitzer FS Gössel 543, 559, der die nachträgliche Aufklärung von Verfahrensvorgängen im Wege des Freibeweises für „meist ohne größere Schwierigkeiten möglich“ hält.
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Unrecht nur als missbräuchlich vorstellen konnte, wurde also nicht nur teilweise verfehlt, sondern entbehrt angesichts der Fehleranfälligkeit des Protokolls aus rechtsstaatlicher Sicht auch der Berechtigung. Zu erwägen ist deshalb die sorgsame Prüfung der Streichung des § 274 sowie die Reform der Protokollierungsvorschriften insgesamt.27 2. Voraussetzung der ausschließlichen Beweiskraft ist eine Sitzungsniederschrift, die 7 ordnungsgemäß aufgenommen28 worden und deren Inhalt übereinstimmend durch die Unterschriften des Vorsitzenden und des Protokollführers gedeckt ist (§ 271, 20 ff.). Der Sitzungsniederschrift dürfen keine äußeren Fehler wie unklare Durchstreichungen, Ausschabungen und unbeglaubigte Randvermerke anhaften.29 Sie darf inhaltlich weder eine offensichtliche Lücke noch einen Widerspruch aufweisen (Rn. 29 ff.). Ein Protokoll, das diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat in dem vom Fehler betrof- 8 fenen Teil, bei schwerwiegenden oder nicht eingrenzbaren Mängeln aber insgesamt, keine Beweiskraft nach § 274.30 Dies bedeutet aber nicht, dass dann das Vorbringen eines Beschwerdeführers über den durch das Protokoll nicht bewiesenen Verfahrensvorgang, etwa den vom Beschwerdeführer gestellten Beweisantrag, ohne weiteres als wahr anzunehmen wäre31 oder dass umgekehrt der Verfahrensverstoß als nicht bewiesen verneint wird; es tritt die freie Beweiswürdigung an die Stelle der Regel des Satzes 1.32 Bei dieser können alle geeigneten Beweismittel herangezogen werden, so vor allem die Urteilsgründe und eingeholten dienstlichen Äußerungen von Richtern, Staatsanwalt und Urkundsbeamten, die Protokollentwürfe und die sonstigen Aufzeichnungen von Verhandlungsteilnehmern sowie auch sonstige Bekundungen von Personen, die in der Hauptverhandlung anwesend waren.33 Wird nach Heranziehung aller geeigneten Erkenntnisquellen der behauptete Verfahrensverstoß als nicht bewiesen erachtet, scheitert die darauf gestützte Verfahrensrüge.34 Gleiches gilt nach herrschender Ansicht, wenn eine der Personen, die das Protokoll 9 unterzeichnet hat, den Inhalt durch einen entsprechenden Vermerk oder in einer dienstlichen Äußerung nachträglich für unrichtig erklärt oder in Zweifel stellt,35 so dass seine
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Dazu LR/Stuckenberg § 271, 1, 64 m.w.N. BGHSt 51 298, 303; BGH GA 1962 305; NJW 1976 977; OLG Hamburg StV 2004 298 mit abl. Anm. Ventzke und Klemke StV 2004 598; Graf/Peglau 1; KMR/Gemählich 4; Meyer-Goßner 15. RGSt 64 309, 310; vgl. LR/Stuckenberg § 271, 5 f., 16. BGHSt 16 308; 17 222. So aber RGSt 57 323; 59 429; RG JW 1930 557. Zur Gegenmeinung vgl. Fn. 32. BVerfG StV 2002 521; RGSt 49 11; 63 408, 410; RG JW 1931 2824; BGHSt 4 364; 17 220; 31 39; BGH NJW 1976 977; 1982 1057; JR 1961 508; NStZ 1993 51; 2000 546; 2002 270, 272; bei Dallinger MDR 1952 659; BayObLG DRiZ 1931 Nr. 612; BayObLGSt 1949/51 120; 1953 135 = NJW 1953 1524; 1960 125; KG JW 1931 1635; OLG Brandenburg NStZ 1995 52; OLG Hamm NStZ-RR 2008 382, 383; OLG Köln
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NJW 1952 758; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1954 34; OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 439; Graf/Peglau 23; KK/Engelhardt 12; Meyer-Goßner 18; KMR/Gemählich 18; SK/Frister 18; Eb. Schmidt 1; Alsberg/Nüse/ Meyer 890; Ditzen Dreierlei Beweis 60; G. Schäfer FS BGH 707, 712; a.A. KG JR 1971 167; ferner die Entscheidungen in Fn. 31. Vgl. die Beispiele bei KK/Engelhardt 14. BVerfG StV 2002 521; OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 439; HK/Julius 10; MeyerGoßner 18; SK/Frister 21; Alsberg/Nüse/ Meyer 892; a.A. Hamm 310. RGSt 67 287; BGHSt 4 364; BGH NJW 1954 364; 1969 281; BGH bei Dallinger MDR 1953 273; BayObLGSt 1973 200 = VRS 46 (1974) 295; BayObLG AnwBl. 1978 154; bei Rüth DAR 1984 245; OLG Hamm VRS 60 (1981) 206; OLG Jena NStZ-RR 1997 10; OLG Köln NJW 1952 758;
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Richtigkeit nicht mehr von ihr bezeugt wird. Dieser nachträgliche Entzug der Beweiskraft durch die Urkundspersonen ist wie die nachträgliche Berichtigung nach herrschender Meinung zwar möglich, aber mit dem Zweck der Vorschrift nicht vereinbar, vgl. § 271, 50, 63, ferner Rn. 26. Zur Rügeverkümmerung kann sie auch nach neuer Rechtsprechung nicht führen, weil dafür die sichere Erinnerung beider Urkundspersonen vonnöten ist (§ 271, 65 ff.). Die Beweiskraft des Protokolls entfällt nach vorherrschender Ansicht auch, wenn sich 10 ergibt, dass ein Vorgang nur deshalb nicht in das Protokoll aufgenommen worden ist, weil er von den Urkundspersonen irrigerweise nicht als protokollierungsbedürftige wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens erkannt wurde,36 ferner, wenn das Gericht nach § 273 Abs. 3 Satz 2 die Beurkundung abgelehnt hat, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine nach Absatz 1 in die Niederschrift aufzunehmende wesentliche Förmlichkeit gehandelt hat.37
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3. Die Auslegung des Protokolls wird durch die Beweiskraft nicht eingeengt. Ist der Sinn eines Protokollvermerks zweifelhaft, ist er missverständlich oder mehrdeutig, so ist eine freie, nicht am Wortlaut haftende Auslegung möglich.38 Das Protokoll ist dabei als eine Einheit anzusehen, auch wenn es aus mehreren Teilprotokollen besteht.39 Im Übrigen gelten dieselben Grundsätze wie auch sonst bei der Auslegung schriftlicher Erklärungen. Das übergeordnete Gericht ist deshalb bei Heranziehung des Protokolls nicht genötigt, dem naheliegendsten Wortsinn zu folgen, sondern kann einen davon abweichenden Sinn als bezeugt feststellen, wenn sich für diesen sichere Anhaltspunkte ergeben.40 Hierbei sind außerhalb des Protokolls liegende Erkenntnisquellen heranziehbar,41 vor allem Urteilsgründe, Akteninhalt, dienstliche Äußerungen und auch die Revisionsbegründungsschrift.42 Der durch die Auslegung festgestellte Sinn eines Protokollvermerks hat die volle Beweiskraft des Protokolls. Lässt sich durch Auslegung kein eindeutiger Sinngehalt ermitteln und bleibt die Aussage eines Protokollvermerks mehrdeutig, so ist es unklar und die Beweiskraft des Protokolls entfällt insoweit.43
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OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 439; Alsberg/Nüse/Meyer 890 sowie Fn. 36. RGSt 64 310; RG JW 1930 1505; AK/Lemke 8; Graf/Peglau 19; KK/Engelhardt 12; MeyerGoßner 16; SK/Frister 16; Alsberg JW 1930 3859; a.A. G. Schäfer FS BGH 707, 711 (es kann nicht darauf ankommen, was die Urkundsbeamten für protokollpflichtig halten); vgl. auch Rn. 35; Eb. Schmidt 4. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 67. RG JW 1926 2761; BGHSt 4 140, 141 f.; 13 53, 59; 31 39; BGH NStZ 1991 143, 144; 2011 51; NStZ-RR 2004 237; 2005 260 f.; bei Dallinger MDR 1952 660; 1956 398; BayObLGSt 1994 89 = NJW 1995 976; OLG Hamm JZ 1957 227; KG VRS 43 (1972) 199; OLG Schleswig SchlHA 1954 387; Graf/Peglau 3; KK/Engelhardt § 271, 14; KMR/Gemählich 5; Meyer-Goßner 5; Eb. Schmidt Nachtr. I 2; Alsberg/Nüse/Meyer 885; Beling 324 Fn. 5; Mittelbach JR 1955
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330; G. Schäfer FS BGH 707, 715; Schumann JZ 2007 927, 930; vgl. auch Fn. 40. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 10 ff. RG JW 1926 2761; 1932 421 mit Anm. Löwenstein; JW 1932 3110; OGHSt 1 277; BGHSt 13 59; BGH bei Dallinger MDR 1956 398; JR 1961 508; OLG Hamburg MDR 1979 74 mit Anm. Strate; OLG Schleswig SchlHA 1954 387; vgl. auch OLG Düsseldorf JMBlNW 1963 215. RGSt 1 32; RG JW 1927 126 mit Anm Beling; JW 1931 2821 mit Anm. von Scanzoni; OLG Celle NJW 1947/48 394; KG VRS 43 (1972) 199. BGH nach Alsberg/Nüse/Meyer 885; etwa BGH NStZ 1991 143; BayObLGSt 1994 89 = NJW 1995 976; OLG Celle NJW 1947/48 394; KG VRS 43 (1972) 199; KMR/Gemählich 5; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 12; Eb. Schmidt 5. BGHSt 31 39; Meyer-Goßner 5; vgl. Rn. 8.
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4. Umfang der Beweiskraft a) Die ausschließliche Beweiskraft des Protokolls gilt nur im anhängigen Strafverfah- 12 ren und nur für das übergeordnete Gericht, das die Gesetzmäßigkeit des bisherigen Verfahrens nachprüft.44 Wird das Protokoll in einem anderen Verfahren zu Beweiszwecken herangezogen, kommt ihm diese Beweiskraft nicht zu. In einem Strafverfahren wegen Meineids hat beispielsweise das Gericht frei nachzuprüfen, ob der Protokollvermerk über die Beeidigung stimmt.45 Die Verfassungsgerichte können ohne Bindung an die Beweisregel des § 274 untersu- 13 chen, ob verfassungsrechtlich gewährleistete Verfahrensgrundsätze, vor allem das Recht auf Gehör, beachtet sind. Um Verfassungsverstöße nach Möglichkeit noch im Rahmen der ordentlichen Rechtsmittel beheben zu können, wird § 274 auch für das Revisionsgericht nicht als bindend angesehen, wenn es darum geht, nachzuprüfen, ob das Recht auf Gehör in Wirklichkeit und nicht nur dem Protokoll nach gewahrt ist.46 b) Die Beweiskraft erfasst nur die für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förm- 14 lichkeiten, das sind alle Vorgänge der Hauptverhandlung, die für deren Rechtsgang von Bedeutung sind, vor allem also die wesentlichen Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1,47 aber auch die von § 272 geforderten Angaben, soweit sie die Hauptverhandlung, ihre Teilnehmer und ihren zeitlichen Verlauf bezeugen und abgrenzen.48 Es besteht aber kein innerer Grund, darüber hinaus auch alle sonst von § 272 geforderten Angaben als für die Hauptverhandlung vorgeschriebene Förmlichkeiten anzusehen und in die absolute Beweiskraft des § 274 mit einzubeziehen.49 Dies gilt vor allem für die in das Protokoll nach § 272 aufzunehmenden Einzelheiten über die Personalien sowie für die Bezeichnung der Straftat.50 Nicht von der absoluten Beweiskraft erfasst wird der Inhalt von Aussagen. Die Tat- 15 sache der Vernehmung einschließlich der Bezeichnung ihres Gegenstandes (zur Person, zur Sache usw.) wird zwar als solche mit der Beweiskraft des § 274 bezeugt, nicht aber der Inhalt der Aussage selbst51 und zwar auch dann nicht, wenn es von Bedeutung ist,
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BGHSt 26 281; AK/Lemke 1; Graf/Peglau 4; HK/Julius 1; KK/Engelhardt 1 f.; MeyerGoßner 7. Sarstedt FS Hirsch 171, 186; G. Schäfer FS BGH 707, 708; Graf/Peglau 4; KMR/Gemählich 6; Meyer-Goßner 7. BGHSt 22 26 = JZ 1968 434 mit zust. Anm. Eb. Schmidt; BGH NJW 1990 1741; Hanack JZ 1973 729; Jagusch NJW 1959 267; AK/Lemke 2; HK/Julius 2; KK/Engelhardt 2; SK/Frister 3. Zur allgemeinen Problematik vgl. Meyer FS Kleinknecht 267, 275; LR/Stuckenberg § 273, 7, 17. RGSt 1 85; 53 177; BGHSt 51 298, 302 f.; OLG Bremen NJW 1975 1793. Ob die Beweiskraft des § 274 alle von § 272 geforderten Angaben umfasst, ist strittig. RGSt 2 76; 66 419 nahmen das unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte an; ebenso wohl Eb. Schmidt § 272, 2. Nach Gössel § 34 B Ib 2; KMR/Gemählich 7; Meyer-Goß-
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ner 8 fallen unter § 274 nur die Angaben, die zugleich wesentliche Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1, 1a sind. KK/Engelhardt 4 („soweit sie Hergang der Hauptverhandlung betreffen“) zieht den Kreis etwas weiter. Für die Angaben über die Anwesenheit der Richter ging BGHSt 16 306, 308 von der an sich gegebenen Beweiskraft des Protokolls aus. AK/Lemke 3; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 4; wohl auch Meyer-Goßner 8; wie SK/Frister 8 darlegt, besteht im Ergebnis kein wesentlicher Unterschied in der Beurteilung der Reichweite der Beweiskraft. OLG Düsseldorf MDR 1990 359; Graf/ Peglau 10; KK/Engelhardt 4; KMR/Gemählich 9; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 9. Vgl. z.B. zu § 272 Nr. 2 einerseits OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 188 (zeitweilige Abwesenheit der Urkundsbeamtin), andererseits OLG Bremen OLGSt 13. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 11, 36.
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was jeweils während eines bestimmten Verhandlungsteils, etwa während des Ausschlusses der Öffentlichkeit52 oder in Abwesenheit des Angeklagten nach § 247, ausgesagt wurde. Die Beweiskraft des § 274 erfasst auch nicht die nach § 273 Abs. 2 in das Protokoll aufzunehmenden wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen.53 Gleiches gilt nach allerdings strittiger Auffassung auch für den nach § 273 Abs. 3 in das Protokoll aufzunehmenden Wortlaut einer Aussage. Nur der Vorgang der Protokollierung, nicht aber der Inhalt des Protokollierten ist eine „für die Hauptverhandlung vorgeschriebene Förmlichkeit“ im Sinne des § 274. Die Meinung, die demgegenüber auch dem Wortlaut der protokollierten Äußerung die absolute Beweiskraft des § 274 beimisst,54 beruft sich vor allem auf die hohe Garantie für die richtige Wiedergabe der wörtlich niedergeschriebenen, verlesenen und genehmigten Äußerung. Die Gegenmeinung55 sieht in diesem Umstand allein keinen ausreichenden Grund, der es rechtfertigen könnte, nicht nur über das zur Kennzeichnung des als wesentliche Förmlichkeit zu behandelnden Vorgangs Nötige,56 sondern insgesamt dem wörtlich erfassten Aussageinhalt die ausschließliche Beweiskraft des § 274 zuzuerkennen. Denn die absolute Beweiskraft des § 274 dient der Beschränkung der Rüge der Außerachtlassung von Verfahrensförmlichkeiten. Ihre Ausdehnung auf Aussageninhalte liegt daher außerhalb ihres Zwecks und passt auch nicht in das System der StPO, das insoweit der Freiheit der Beweiswürdigung und der Aufklärungspflicht Vorrang vor formalen Beweisregeln einräumt. Es besteht auch kein sachlicher Grund, in den Ausnahmefällen, in denen dies zum Tragen kommen kann, die später mit der gleichen Sache befassten Gerichte für verpflichtet zu halten, eine versehentlich unrichtig protokollierte Aussage57 bei ihrer Beweiswürdigung formal als richtig und vollständig zu behandeln, nur weil eine die Beweiskraft aufhebende bewusste Fälschung im Sinne des Satzes 2 zu verneinen und eine Protokollberichtigung nicht zu erreichen ist, obwohl der Aufnahmefehler im Freibeweisverfahren zu korrigieren wäre und möglicherweise sogar unstreitig ist. Der nach § 273 Abs. 3 festgehaltene Wortlaut der Aussage ist auch ohne absolute Beweiskraft für die Revisionsrüge in der Weise verwendbar, dass eine von ihm abweichende Wiedergabe im Urteil nicht auf dem Inbegriff der Hauptverhandlung beruht.58 Dafür gelten keine strengeren Anforderungen als wenn für eine gleichartige Rüge die Niederschrift einer außerhalb der Hauptverhandlung aufgenommenen und in ihr verlesenen Aussage herangezogen wird. Soweit nach § 273 Abs. 3 Vorgänge protokolliert wurden, die ohnehin zu den wesentlichen Förmlichkeiten zählen, erstreckt sich die Beweiskraft des § 274 selbstverständlich auch darauf.59
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Vgl. BGH NStZ-RR 1997 73. H.M., etwa BGH StV 1997 455; bei Dallinger MDR 1973 557; 1974 369; BayObLGSt 1994 89 = NJW 1995 976; KG VRS 100 (2001) 454; 104 (2003) 141; OLG Hamm NJW 1970 69; Graf/Peglau 7; KK/Engelhardt § 273, 19; KMR/Gemählich 11; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 10 und § 273, 28; Eb. Schmidt 6 und § 273, 12; LR/Stuckenberg § 273, 36 f. AK/Lemke 4; Graf/Peglau 8; KK/Engelhardt 5; früher schon RGSt 42 160; 43 438; 58 59; Löwenstein JW 1924 1604. OLG Hamm NJW 1970 96; KMR/Gemählich 11; SK/Frister 10; Roxin/Schünemann
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§ 51, 8; Gössel § 34 B Ib 2; Dahs FS SchmidtLeichner 30; Husmann MDR 1977 895; Lackner JR 1966 306; früher schon Alsberg JW 1924 1727. HK/Julius 6. Trotz Beachtung der Formalien des § 273 Abs. 3 kann der Inhalt einer wörtlich aufgenommenen Aussage im Protokoll unbemerkt falsch (etwa durch das versehentliche Weglassen einer Negation) wiedergegeben oder missverständlich erfasst worden sein. Vgl. BGH NStZ-RR 1997 73; KMR/Gemählich 11; LR/Stuckenberg § 273, 60 f. m.w.N. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 40.
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Die Beweiskraft des Protokolls gilt weder für den Inhalt der Erklärungen des Ange- 16 klagten zur Sache, seien es Geständnisse oder Einräumungen oder irgendwelche auf Strafausschließungs- oder Milderungsgründe bezügliche Behauptungen60 mit Ausnahme der von § 267 Abs. 3 geforderten förmlichen Anträge,61 noch für sonstige Ergebnisse der Vernehmungen,62 noch für die vom Vorsitzenden hierbei ausgesprochenen Fragen oder Vorhaltungen,63 noch für Feststellungen, die der Vorsitzende aus den Akten oder anderen Schriftstücken, etwa über die ordnungsgemäße Ladung des Angeklagten trifft,64 noch für die Identität der erschienenen Personen.65 Bei Erklärungen der Prozessbeteiligten, die keine förmlichen Anträge sind, erfasst sie 17 grundsätzlich nur die Tatsache, dass eine solche Erklärung abgegeben wurde, nicht aber den Inhalt der Erklärung. Das Sitzungsprotokoll ist auch dort, wo die Beweisregel des § 274 nicht Platz greift, 18 als Beweismittel verwertbar. Das Gericht hat dann in freier Beweiswürdigung – auch unter Rückgriff auf andere Beweismittel – zu entscheiden, ob es die Angaben im Protokoll für erwiesen hält.66 c) Nur die Vorgänge in der Hauptverhandlung selbst werden der erhöhten Beweis- 19 kraft des Protokolls teilhaftig. Nur sie können in der Regel Gegenstand der gemeinsamen Wahrnehmungen des Vorsitzenden und des Urkundsbeamten sein. Die der Beratung und Abstimmung gewidmeten Vorgänge nehmen deshalb an der Beweiskraft nicht teil, gleichviel, ob sie sich im Beratungszimmer oder im Verhandlungsraum zugetragen haben,67 ebenso wenig die Vorgänge vor Beginn oder nach Beendigung der Hauptverhandlung oder während einer Unterbrechung oder außerhalb des Sitzungssaals oder auswärtigen Verhandlungsortes.68 Dies gilt auch für die Erklärungen, die vor oder nach Beendigung der Hauptverhand- 20 lung vor dem erkennenden Gericht über die Anfechtung einer Entscheidung oder über den Verzicht auf ein Rechtsmittel abgegeben werden. Ob die Erklärung des Rechtsmittelverzichts trotzdem an der Beweiskraft des § 274 teilnimmt, wenn sie in der Form des § 273 Abs. 3 beurkundet wurde, ist strittig.69 Wird dagegen in der Hauptverhandlung vor dem Rechtsmittelgericht die Beschränkung oder Zurücknahme eines Rechtsmittels erklärt, so handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit, auf die sich die Beweiskraft erstreckt.70 Diese erfasst aber nicht die Frage, ob der Angeklagte den Verzicht vorher mit seinem Verteidiger besprochen hatte.71 60
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BGH StV 1981 56 mit Anm. Schlothauer; RGSt 49 315; 58 59; vgl. LR/Stuckenberg § 267, 75; ferner LR/Franke § 337, 56. Vgl. LR/Stuckenberg § 267, 103, 108. RGSt 49 315; 58 59; BGH MDR 1974 369; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1971 217; KK/Engelhardt 5; Eb. Schmidt 6; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 36. RGSt 35 164; 42 160; 43 438; BGHSt 22 28; OLG Koblenz VRS 51 (1976) 36; KK/Engelhardt 13; Eb. Schmidt 7. Vgl. bei § 249. RG Recht 1920 Nr. 241; JW 1927 2049. RGSt 46 112. RGSt 43 438; Alsberg JW 1916 1205; Eb. Schmidt JZ 1968 435; Willms FS Heu-
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singer 393. Vgl. KK/Engelhardt 12; MeyerGoßner 18. RGSt 3 266; 17 287; 27 3; RG JW 1911 510; Recht 1924 880; OGHSt 3 121; BGHSt 5 294; BGH NStZ 2009 105; OLG Köln NStZ-RR 2002 337; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1973 187; Graf/ Peglau 6; KMR/Gemählich 10; Meyer-Goßner 9; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 5; § 260, 11. RG JW 1915 1265; BGH NStZ-RR 2001 263; 2011 20; OLG Hamburg NJW 1955 1201; Graf/Peglau 6; KMR/Gemählich 10; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 6. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 21. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 22. BGH NStZ 1996 297.
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d) Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass § 274 keine Anwendung auf das Protokoll findet, das vom Urkundsbeamten gemäß § 45 Abs. 8 DRiG (früher § 51 GVG) über die Beeidigung der Schöffen aufgenommen wird.72 5. Wirkung der ausschließlichen Beweiskraft
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a) Positive und negative Beweiskraft. Die Ausdrucksweise des Gesetzes, das von der Beobachtung der Förmlichkeiten spricht, gibt den Sinn des Gesetzes nur unvollkommen wieder (vgl. Rn. 1). Die Vorschrift bedeutet, dass das übergeordnete Gericht alle wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Verhandlungsverlauf als so geschehen annehmen muss, wie sie im Protokoll beurkundet sind, und dass dieses den einzigen Beweis für die Frage bildet, welche Verhandlungsvorgänge und wie diese stattgefunden haben. Es handelt sich um die Vorgänge in der Hauptverhandlung, die für die Rechtsbeständigkeit des Verfahrens von Bedeutung sein können, also z.B. um die Stellung von Anträgen der Prozessbeteiligten und um den Inhalt und die Begründung der im Lauf der Verhandlung ergangenen Entscheidungen.73 Ist im Protokoll die Beobachtung einer vorgeschriebenen Förmlichkeit, z.B. die Beeidi23 gung eines Zeugen, ordnungsgemäß beurkundet, so gilt unter Ausschluss der freien Beweiswürdigung (Rn. 26) als nachgewiesen, dass der diese Förmlichkeit betreffenden Vorschrift in einer dem Gesetz entsprechenden Weise genügt ist,74 etwa, dass eine vorgeschriebene Unterrichtung des Angeklagten nach § 247 Satz 4 oder eine Rechtsmittelbelehrung richtig und vollständig erteilt wurde,75 aber nicht, dass bei Anwesenheit eines Dolmetschers auch korrekt übersetzt76 wurde. Vermerkt das Protokoll, dass der Angeklagte abgelehnt hat, sich zur Sache zu äußern, so ist davon auszugehen, dass er während der ganzen Hauptverhandlung geschwiegen hat, sofern nicht später vermerkt ist, dass er sich dann doch noch zur Sache äußerte.77 Vermerkt das Protokoll die Anwesenheit einer Person, so ist, wenn deren Anwesenheit zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört,78 mangels einer späteren Feststellung der Entfernung davon auszugehen, dass diese während der ganzen Hauptverhandlung anwesend war.79 Die Verhandlungsniederschrift ist der alleinige Beweis nicht nur für die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften, sondern ebenso für deren Nichtbeachtung.
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RGSt 64 50; RG JW 1928 2272; BGH bei Dallinger MDR 1973 372. Ob sich der Begriff mit den wesentlichen Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1 deckt, ist strittig; vgl. Rn. 26. Zu den von der Beweiskraft erfassten Förmlichkeiten vgl. LR/Stuckenberg § 273, 6 ff. KMR/Gemählich 12; Meyer-Goßner 13; SK/Frister 13; Eb. Schmidt 13. KG VRS 99 (2000) 440 f.; 102 (2002) 198 f.; OLG Düsseldorf NStZ 1986 233 mit Anm. Wendisch; OLG Koblenz OLGSt 2; OLG Köln § 35a, 1; Graf/Peglau 14; KMR/ Gemählich 12; Meyer-Goßner 13; SK/Frister 13; vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 35a, 30. Denn die Beweiskraft leitet sich nicht anders als die publica fides einer öffentlichen
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Urkunde von der Möglichkeit amtlicher Wahrnehmung und Kontrolle durch die Urkundspersonen ab (vgl. Rn. 19; BGH NStZ-RR 2001 263); waren diese nicht selbst sprachkundig, können sie die Richtigkeit der Übersetzung auch nicht mit Beweiskraft beurkunden, zutr. SK/Frister 14; a.A. OLG Frankfurt NStZ-RR 2003 47, 48; KG NStZ 2009 406; Meyer-Goßner 10a. BGH StV 1996 531; 2002 531; NStZ 2000 217; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 10. Dies ist z.B. bei Zeugen und Sachverständigen nicht der Fall, vgl. LR/Stuckenberg § 273, 9. RGSt 34 358; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 9 m.w.N.
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Das Protokoll hat auch negative Beweiskraft. Unter Ausschluss des Rückgriffs auf 24 andere Beweismittel beweist es nicht nur, dass das geschehen ist, was es angibt, sondern umgekehrt auch, dass das unterblieben ist, was im Protokoll nicht bezeugt wird.80 Dies bedeutet beispielsweise, dass davon auszugehen ist, es habe keine Verhandlung über den Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden, wenn das Protokoll hiervon nichts enthält,81 dass das Gericht den Ausschluss der Öffentlichkeit entgegen § 174 Abs. 1 Satz 3 GVG nicht begründet hat, wenn der protokollierte Beschluss über den Ausschluss der Öffentlichkeit keine Begründung enthält,82 dass der Anklagesatz nicht verlesen wurde, wenn die Sitzungsniederschrift darüber schweigt;83 dass ein Dolmetscher nicht vereidigt wurde oder sich auf einen früheren Eid berufen hat, wenn das Protokoll dies nicht erwähnt,84 oder dass ein Zeuge, der vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, auf dieser Stellungnahme verblieben ist, wenn aus dem Protokoll nichts über einen Widerruf der Zeugnisverweigerung hervorgeht; dass ein Zeuge, dessen Vereidigung das Protokoll nicht ersichtlich macht, unbeeidigt vernommen worden ist.85 Beim Schweigen des Protokolls ist davon auszugehen, dass ein im Protokoll nicht angegebener Antrag nicht gestellt worden,86 ein nicht erwähnter Beweis87 oder ein nicht vermerkter Widerspruch nicht erhoben, ein im Protokoll nicht erwähnter Gerichtsbeschluss nicht ergangen ist;88 dass der Vorsitzende nicht das letzte Wort erteilt89 oder dass er den Angeklagten, den das Gericht gemäß § 247 hatte abtreten lassen, nach dem Wiedereintritt nicht dieser Vorschrift entsprechend unterrichtet hat.90 Ohne entsprechenden Vermerk ist ferner davon auszugehen, dass er ihn nicht alsbald unterrichtet hat, wenn zwischen dem beurkundeten Wiedereintritt und der beurkundeten Unterrichtung andere Verfahrensvorgänge geschildert werden;91 dass die im Protokoll nicht beurkundete Verlesung eines Schriftstücks92 oder die Einnahme eines Augenscheins93 nicht stattgefunden hat, oder dass der aus dem Protokoll nicht ersichtliche Hinweis auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts versäumt worden ist.94 Eine Ausnahme von der Vollständigkeitsvermutung und damit von der darauf beru- 25 henden negativen Beweiskraft des Protokolls ergibt sich aus § 273 Abs. 1a Satz 3, wonach ausdrücklich zu vermerken ist, dass eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Enthält ein Protokoll entgegen § 273 Abs. 1a Satz 1 und 3 überhaupt keinen Eintrag, ob eine Verständigung stattgefunden hat, so ist es widersprüchlich und das Vorliegen einer Verständigung im Wege des Freibeweises zu prüfen.95 80
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RGSt 53 177; 64 310; BGHSt 22 280; BGH JR 1961 508; NStZ 1993 51; LM Nr. 10; Graf/Peglau 11; KK/Engelhardt 7; KMR/ Gemählich 13; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 15; Eb. Schmidt 13. RGSt 57 26; vgl. bei § 174 GVG. BGHSt 1 216; ferner etwa BGH StV 1989 384 (L); bei Holtz MDR 1977 810 (zur Wiederherstellung der Öffentlichkeit); vgl. bei § 174 GVG. BGH NStZ 1984 521; 1986 375; 2000 214; bei Miebach/Kusch NStZ 1991 230; zu den Einzelheiten vgl. LR/Becker § 243, 52; ferner zur früheren Rechtslage BGHSt 8 283. BGH NStZ 1992 49; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 10 m.w.N. RGSt 43 438; BGH MDR 1974 548; vgl. auch BGHSt 4 140 (zur Berufung auf früher geleisteten Eid).
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RGSt 31 163; 53 176; 63 409; BGHSt 2 127; BGH VRS 30 (1966) 194; BGH bei Dallinger MDR 1974 548; 1975 369; vgl. Alsberg/ Nüse/Meyer 883 m.w.N. BGH NStZ 1999 424; 2002 219. BGHSt 1 216; OLG Köln NJW 1954 1820. Vgl. LR/Stuckenberg § 258, 54 m.w.N. RG LZ 1915 846; BGHSt 1 350; vgl. LR/Becker § 247, 50. BGHSt 3 385. Vgl. LR/Mosbacher § 249, 49 ff., 88 ff. Vgl. etwa OLG Hamm JMBlNW 1978 276 (Foto); ferner LR/Becker § 244, 351. Vgl. bei LR/Stuckenberg § 265, 69 ff. LR/Stuckenberg § 273, 37 m.w.N.; MeyerGoßner 14a; SK/Frister 17.
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b) Ausschließlichkeit. Die Beweiskraft der Verhandlungsniederschrift ist so ausschließlich, dass ihre Angaben, wenn man von dem nach Satz 2 zulässigen Nachweis der Fälschung absieht (Rn. 35), grundsätzlich durch andere Beweise weder widerlegt noch ergänzt werden können.96 Eine Beweiserhebung, die auf eine Widerlegung oder Ergänzung des Protokolls abzielt, ist nicht zulässig und auch dem Revisionsgericht verwehrt.97 Dienstliche Äußerungen, die das Protokoll erläutern oder ergänzen sollen, sind dafür nicht verwertbar.98 Selbst der Inhalt des Urteils ist nicht geeignet, das Protokoll zu widerlegen oder zu ergänzen, soweit dieses den Beweis zu liefern bestimmt ist.99 Dies gilt auch, wenn Anträge der Prozessbeteiligten nur im Urteil erwähnt werden.100 An der Beweiskraft der Verhandlungsniederschrift wird auch dadurch nichts geän27 dert, dass über ihre Unrichtigkeit zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten Einverständnis besteht.101 Der Auslegung des Protokolls steht die Ausschließlichkeit seiner Beweiskraft nicht entgegen (Rn. 11). 6. Wegfall der Beweiskraft
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Der Wegfall der Beweiskraft des Protokolls ist die Folge seiner Auslegung, wenn diese nicht zu einem eindeutig wahren und vollständigen Bericht über die Einhaltung einer bestimmten Förmlichkeit zu gelangen vermag, was nur im Fall inneren Widerspruchs oder evidenter Lücken eintritt. Nach Ansicht der jüngsten Rechtsprechung ist jedoch nach Zulassung der Rügeverkümmerung durch den Großen Senat die Protokollberichtigung vorrangig zu versuchen, bevor vom Wegfall der Beweiskraft ausgegangen wird. Scheitert sie, so dürften ergänzende Feststellungen im Freibeweisverfahren nur bei krasser Widersprüchlichkeit des Protokolls vorgenommen werden.102 Neben einer Protokollberichtigung kommt eine freibeweisliche Aufklärung des tatgerichtlichen Verfahrensablaufs, insbesondere zu Lasten des Angeklagten, nicht in Betracht.103
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RGSt 53 176; OGHSt 1 279; BGHSt 2 125, 126; BGH NJW 1976 977; NStZ 1993 51; KG VRS 43 (1972) 199; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 11; Alsberg/ Nüse/Meyer 884. RGSt 20 166; 53 177; OLG Bremen OLGSt 13; vgl. LR/Franke § 337, 46; KK/Engelhardt 7. BGHSt 8 283; 13 59; 22 280; BGH NJW 1976 977; NStZ 1983 375; 1984 133; 1986 374; 1993 94; NStZ 2005 46; StV 2002 530; 2004 297; wistra 2009 484; bei Miebach/ Kusch 1991 230; bei Dallinger MDR 1974 548; bei Holtz MDR 1977 810; BayObLGSt 1956 226 = NJW 1957 34; KG VRS 43 (1972) 199; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 199; Alsberg/Nüse/Meyer 884; Graf/Peglau 2; HK/Julius 2; KMR/Gemählich 1, 14; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 11. Dienstliche Erklärungen der für die Richtigkeit des Protokolls verantwortlichen Personen können jedoch die Beweiskraft des Protokolls aufheben (Rn. 9), sie können aber einer bereits erhobenen Verfahrensrüge nicht
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mehr den Boden ent-ziehen (vgl. Rn. 34; LR/Stuckenberg § 271, 50, 65 ff.). RGSt 31 163; 35 61; RG GA 69 (1925) 86; RGRspr. 9 (1887) 379; BGHSt 2 125; BGH NJW 1976 977; StV 2008 235 f.; OLG Frankfurt NJW 1953 198; OLG Hamm NJW 1978 2406; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 11; Eb. Schmidt 17; Alsberg/Nüse/Meyer 884; Mittelbach JR 1955 330; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 60. RGSt 31 163; 35 61; RG GA 37 (1889) 445; 69 (1925) 86; SK/Frister 11. Alsberg/Nüse/Meyer 884; HK/Julius 2; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 11. BGHSt 55 31, 33 f. mit abl. Anm. Güntge JR 2010 540, 541 f.; vgl. SK/Frister 25 f.; offenlassend BGH StV 2011 267, 268; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2011 319, 320. BGH StV 2011 267, 268 m.w.N.; StraFo 2011 356, 357 f. mit krit. Anm. Ventzke HRRS 2011 338, 341 ff.; vgl. BGHSt 51 298, 316 f.; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2011 319, 320.
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a) Offensichtliche Lücken. Die negative Beweiskraft des Protokolls greift nach der 29 herrschenden Meinung104 nicht ein, soweit das Protokoll erkennbar lückenhaft ist. Die bloße Nichterwähnung eines Vorgangs im Protokoll rechtfertigt für sich allein aber nicht die Annahme einer Lücke.105 Die Lücke muss als solche offensichtlich sein, was insbesondere dann der Fall ist, wenn 30 ein protokollierter Umstand zeigt, dass ein nicht protokollierter geschehen sein muss,106 so, wenn das Protokoll ersichtlich unvollständig ist, weil es nur einen Teil des Verfahrensvorgangs festgehalten hat,107 etwa, wenn es nur vermerkt, dass es dem Angeklagten freistehe, sich zur Anklage zu äußern, deren Verlesung aber fehlt,108 dass ein Beweisantrag gestellt oder abgelehnt wurde, ohne jedoch den Inhalt des Beweisantrags anzugeben109 oder wenn nur festgestellt wird, dass ein Zeuge erschienen ist und belehrt wurde, weitere Angaben über diesen Zeugen im Protokoll aber fehlen,110 oder wenn nur die nochmalige Vernehmung eines Zeugen im Protokoll vermerkt ist,111 oder wenn nur festgestellt wird, „der Zeuge wurde vereidigt“, ohne dass erkennbar ist, auf welchen von mehreren Zeugen sich dieser Vermerk bezog,112 oder nichts zur Vereidigung und Entlassung eines Zeugen vermerkt ist,113 oder wenn sich ergibt, dass das Gericht die Öffentlichkeit zeitweilig ausgeschlossen hatte, ohne dass festgehalten ist, zu welcher Zeit und in welcher Form das geschehen ist,114 oder wenn wegen des Wechsels des Protokollführers Unklarheiten darüber entstehen, in welchem Umfang eine bereits im vorangegangenen Protokollteil festgehaltene Beweiserhebung nach dem Wechsel fortgesetzt wurde.115 Ein zutreffend protokollierter Vorgang, etwa die Anordnung der Vereidigung, rechtfertigt aber nicht, eine offensichtliche Lücke anzunehmen, wenn das Protokoll darüber schweigt, ob ein daran anknüpfender späterer Vorgang, etwa die Ausführung der Vereidigung auch tatsächlich stattfand.116 Letzteres ist keine zwingende Folge. So besagt die protokollierte Übergabe zweier Bücher zu
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RGSt 63 410; KG HESt 3 57; BGHSt 16 306; 17 220; 31 39; BGH LM Nr. 10; MDR 1952 659; JR 1961 508; NJW 1976 977; 1984 2172; NStZ 1981 69 mit Anm. Liemersdorf; NStZ 2002 47; 2002 270, 271; 2006 117; 2006 181; 2006 714 f.; wistra 2007 271; bei Dallinger MDR 1952 659; 1969 195; 1974 548; BayObLGSt 1949/51 120; 1953 135 = NJW 1953 1524; BayObLG bei Rüth DAR 1975 211; 1982 254; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1956 77; OLG Bremen NJW 1975 1793; OLG Celle NdsRpfl. 1953 196; OLG Frankfurt NJW 1953 198; KG VRS 39 (1976) 434; OLG Karlsruhe Justiz 1980 155; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 130; OLG Köln VRS 62 (1982) 281; OLG Saarbrücken JBl.Saar 1962 96; VRS 48 (1975) 439; Graf/Peglau 17; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 9 f.; KMR/Gemählich 16; Meyer-Goßner 17; SK/Frister 20; Alsberg/Nüse/Meyer 890; Hamm 310. Vgl. Rn. 7. BGH NStZ 1982 517. BGHSt 17 220; BGH JR 1961 508; NStZ 2004 451; bei Dallinger MDR 1952 659; 1969 195; BayObLGSt 1949/51 120;
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OLG Bremen OLGSt 13; NJW 1975 1793; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 132; HK/Julius 7; KK/Engelhardt 9; MeyerGoßner 17; SK/Frister 21 mit Beispielen; Alsberg/Nüse/Meyer 891; G. Schäfer FS BGH 707, 713. Vgl. etwa OLG Köln VRS 62 (1982) 281; OLG Saarbrücken VRS 48 (1975) 439. BGH NStZ 2004 451; Graf/Peglau 18; zweifelnd Meyer-Goßner 17. BGH bei Dallinger MDR 1952 659; OLG Celle NdsRpfl. 1953 190; OLG Hamm NStZ-RR 2008 382; ähnlich RGSt 59 422 bei Ablehnung als unerheblich. BGH JR 1961 508; NJW 1967 977; OLG Bremen NJW 1975 1793. SK/Frister 21. BayObLGSt 1953 135 = NJW 1953 1521. BGH NStZ 2000 546. BGHSt 17 220 = LM 12 mit Anm. Geier; vgl. BGH bei Kusch NStZ-RR 2000 293 f. BGH StV 1999 274; 1999 639. BGH bei Dallinger MDR 1974 548; Meyer-Goßner 17; SK/Frister 22; G. Schäfer FS BGH 707, 714.
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Beweiszwecken nicht, dass das Gericht sie später dafür auch verwendet hat;117 die im Protokoll vermerkte Anordnung des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 kann nicht die nach § 249 Abs. 2 Satz 3 gebotene Feststellung der Kenntnisnahme ersetzen.118 Kann die Lücke nicht bereits durch sinnvolle Auslegung des Protokolls geschlossen 31 werden (Rn. 11), dann kann das Revisionsgericht im Wege des Freibeweises auf alle in Frage kommenden Erkenntnisquellen zurückgreifen und seiner Entscheidung dann den Verfahrensablauf zugrunde legen, den es für erwiesen hält, auch wenn er mit dem Vortrag des Revisionsführers nicht übereinstimmt.119
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b) Widersprüche, sonstige Mängel. Die Beweiskraft entfällt auch, wenn das Protokoll widersprüchlich ist, wenn es also Feststellungen enthält, die sich zwar nicht notwendigerweise logisch, wohl aber bei einer sinnvollen Auslegung des Beurkundeten gegenseitig ausschließen,120 etwa, wenn es unterschiedliche Verfahrensgestaltungen als möglich erscheinen lässt, der tatsächliche Verfahrensgang aber nicht eindeutig zu ersehen ist,121 oder wenn der vom Protokollführer im Protokoll festgehaltene Wortlaut des Antrags von dem als Anlage zum Protokoll genommenen Antrag abweicht.122 Ob ein offensichtlicher Widerspruch auch vorliegt, wenn das Protokoll für einen von mehreren Sitzungstagen einen anderen Richter als Beisitzer aufführt, ist strittig.123 Ein Widerspruch wurde angenommen, wenn das Protokoll die Ergänzungsschöffen für einen Sitzungstag als abwesend bezeichnet, während es am nächsten Tag ihre Anwesenheit auch für den vorangegangenen Sitzungstag bekundet,124 oder wenn am ersten Sitzungstag der Ausschluss der Öffentlichkeit vermerkt, am zweiten Tag aber die Forstsetzung der öffentlichen Sitzung notiert wird.125 Schon formale Fehler oder Unklarheiten des Protokolls können diese Folge haben, so, wenn das verwendete Formular ersichtlich unvollständig und widersprüchlich ausgefüllt worden ist,126 etwa, wenn es zum Aussageverhalten des Angeklagten zwei einander widersprechende Angaben enthält, wie es vor allem bei einem nicht ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck vorkommt.127 Aus sonstigen Fehlern des Protokolls, etwa Widersprüchen und Lücken an anderer Stelle, folgt nicht, dass ein eindeutig bekundeter Vorgang so nicht stattgefunden habe.128 Die Rechtsprechung ließ mitunter auch genügen, wenn der an sich eindeutig proto33 kollierte Hergang „sich nach aller Erfahrung so nicht zugetragen haben“ konnte,129 mit-
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BGH NStZ 1993 51. BGH NStZ 2000 47; bei Kusch NStZ 1993 30; vgl. LR/Stuckenberg § 273, 16. BGHSt 17 220, dazu Hanack JZ 1972 490; BGH NJW 1976 977; JR 1961 508; NStZ 2002 270, 272; NStZ-RR 2002 100; KG VRS 43 (1972) 199; OLG Hamm VRS 105 (2003) 135; NStZ-RR 2008 382, 383; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 130; OLG Köln VRS 62 (1982) 281; vgl. Fn. 32. BGHSt 16 306; 17 220, 222; BGH NStZ 1983 975; 1992 49; bei Kusch NStZ-RR 2000 16; 2000 293; G. Schäfer FS BGH 707, 712. BGH NStZ 2000 49. OLG Brandenburg NStZ 1995 52. So BGHSt 16 306; KK/Engelhardt 11; KMR/Gemählich 19; Meyer-Goßner 17;
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Bedenken bei Hanack JZ 1972 488, 489; HK/Julius 7. BGH NStE 2; SK/Frister 23. BGH NStZ 2006 117. OLG Köln VRS 62 (1982) 281; vgl. Rn. 7 ff. Vgl. BGH StV 1999 189 mit Anm. Ventzke; BGH NStZ 2000 49. So aber OLG Hamburg StV 2004 298, 299 mit abl. Anm. Ventzke und Klemke StV 2004 598; wie hier Meyer-Goßner 17; SK/Frister 22. BGH NStZ 2002 270, 271 mit abl. Anm. Fezer und Köberer StV 2002 327; ähnl. schon BGHSt 16 306; BGH NStZ 2000 546; zust. Graf/Peglau 20; offenlassend BGH NStZ 2005 46; a.A. Meyer-Goßner 17; SK/Frister 21; Hanack JZ 1972 488, 489.
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hin, zumeist wegen eines auf der Hand liegenden Regelverstoßes, unwahrscheinlich oder gar unvorstellbar ist wie eine wechselnde Besetzung der Richterbank130 oder die fehlende Anwesenheit des notwendigen Verteidigers bei einer wesentlichen Zeugenvernehmung.131 Die Beweiskraft des Protokolls entfällt aber nicht deshalb, weil nicht sein kann, was nicht sein darf,132 sie gilt vielmehr ohne Rücksicht auf die wirklichen Vorkommnisse.133 Diese Judikatur verstößt vielmehr gegen § 274, der nur den Gegenbeweis der Fälschung und eben nicht den Gegenbeweis der offenbaren Unrichtigkeit etwa infolge Erfahrungswidrigkeit erlaubt, vorausgesetzt, das Protokoll enthält überhaupt einen in sich widerspruchsfreien, wahrheitsfähigen Bericht. c) Eine Protokollberichtigung (§ 271, 43 ff.) beseitigt die Beweiskraft des Protokolls 34 grundsätzlich nicht, sondern ändert nur den Inhalt des Bewiesenen. Kann allerdings die Protokollberichtigung deshalb nicht durchgeführt werden, weil Vorsitzender und Urkundsbeamter hinsichtlich der Richtigkeit des ursprünglichen Protokolls und der Notwendigkeit einer Berichtigung verschiedener Ansicht sind, dann beseitigt die fehlende Übereinstimmung der Urkundspersonen über den Inhalt des Protokolls dessen Beweiskraft 134 und eröffnet dem Revisionsgericht den Weg zum Freibeweis. Dies ist nach herrschender Ansicht schon dann der Fall, wenn eine den Protokollinhalt in Frage stellende Erklärung einer der beiden Urkundspersonen vorliegt, etwa eine dienstliche Erklärung, in der zu einer Revisionsrüge Stellung genommen wird.135 Einer bereits erhobenen Verfahrensrüge kann dadurch aber nicht der Boden entzogen, wohl aber dem Revisionsführer der Weg für eine erfolgreiche Verfahrensrüge eröffnet werden.136 7. Fälschung der Verhandlungsniederschrift. Eine Fälschung im Sinn des § 274 liegt 35 vor, wenn entweder die Niederschrift als Ganzes von einem Unbefugten hergestellt oder eine an sich echte Niederschrift in unbefugter Weise inhaltlich verändert worden ist, ferner, wenn von den bei der Errichtung Beteiligten mit Bewusstsein dem Protokoll, sei es durch eine Niederschrift oder durch eine Weglassung, ein unwahrer Inhalt gegeben wird.137 Dagegen trifft der Begriff der Fälschung nicht zu, wenn nur aus Missverständnis oder Fahrlässigkeit Vorgänge, die sich zugetragen haben, aus der Verhandlungsniederschrift weggelassen oder Vorgänge als wirklich in sie aufgenommen sind, die sich überhaupt nicht oder in anderer Weise zugetragen haben.138 Hier kann allenfalls versucht werden, durch
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Fn. 123. Fn. 129. Zutr. Fezer NStZ 2002 271 f.; vgl. MeyerMews StraFo 2007 195, 196 f. BGHSt 2 125, 126 sowie oben Fn. 10. Vgl. Rn. 9; LR/Stuckenberg § 271, 50. RGSt 57 396; 67 287; RG JW 1929 2740; 1930 716; 1931 2506; HRR 1937 Nr. 286; BGHSt 4 364; BGH GA 1963 19; 1970 240; bei Dallinger MDR 1953 273; BayObLGSt 1956 226; 1960 125; OLG Hamburg GA 1967 121; OLG Hamm NJW 1954 156; OLG Köln NJW 1952 758; OLG Saarbrücken OLGSt § 271, 2; OLG Schleswig MDR 1960 521; Busch JZ 1964 746, 747; a.A. Beling JW 1927 126; krit. LR/Stuckenberg § 271, 50, 63 m.w.N.
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BGH StV 1988 45; NStZ-RR 2007 245; vgl. Rn. 26; LR/Stuckenberg § 271, 50, 65 ff. OLG Düsseldorf StV 1984 108; AK/Lemke 11; Graf/Peglau 22; KMR/Gemählich 21; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 28. Vgl. Eb. Schmidt 11 mit Nachweisen zu einer früher vertretenen engeren Auffassung, die auch bei bewusst unrichtiger Protokollierung durch die Urkundspersonen eine Fälschung verneinte. Zur praktischen Unmöglichkeit des Fälschungsnachweises s. Fn. 8. RGSt 5 44, 45; 7 388; 8 143; 19 344; 20 166; RG JW 1924 467 mit Anm. Hegler; BGH StV 1997 455; OLG Düsseldorf StV 1984 108; NJW 1997 1718; Kohlhaas NJW 1974 23, 24; AK/Lemke 11; Graf/Peglau 22; KMR/Gemählich 22; Meyer-Goßner 19;
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einen Antrag auf Protokollberichtigung139 eine Richtigstellung des beweiskräftigen Protokollvermerks zu erreichen. Würde man unter Fälschung auch vorsatzlose Fehler fassen, so käme dies der Zulassung des Nachweises der Unrichtigkeit gegen die Beweiskraft des Protokolls gleich, den der Gesetzgeber jedoch bewusst ausschließen wollte.140 36 Der Nachweis der Fälschung ist von dem Verfahrensbeteiligten, der sie behauptet, mit allen dazu geeigneten Beweismitteln zu führen. Dazu muss es genügen, dass dem Gericht die Beweismittel für die durch konkreten Tatsachenvortrag dargelegte Fälschung bezeichnet werden.141 Das Gericht hat dies dann, wie auch sonst bei verfahrensrechtlich erheblichen Tatsachen, im Wege des Freibeweises aufzuklären und darüber zu befinden.142 Eine Fälschung ist aber nicht schon dadurch bewiesen, dass beide Protokollpersonen oder eine von ihnen erklärt, nachträglich nicht ausschließen zu können, dass das Protokoll in dem betreffenden Punkte unrichtig sei.143 Ist der Nachweis der Fälschung erbracht, entfällt die Beweiskraft des Protokolls hinsichtlich der von der Fälschung betroffenen Teile. Die betroffenen Verfahrensvorgänge sind, soweit dies nicht bereits für den Nachweis der Fälschung notwendig war, ebenfalls im Freibeweisverfahren festzustellen. Wenn möglich, ist nachträglich ein Protokoll mit richtiggestelltem Inhalt zu fertigen.144 Für das Revisionsgericht ist der Nachweis der Fälschung aber nur von Bedeutung, wenn es für die Revisionsentscheidung darauf ankommt. Andernfalls braucht es der Behauptung der Fälschung keine Folge zu geben.145
§ 275 (1) 1 Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. 2 Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen. 3 Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. 4 Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. 5 Der Zeitpunkt des Eingangs und einer Änderung der Gründe ist von der Geschäftsstelle zu vermerken. (2) 1 Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. 2 Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter der Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. 3 Der Unterschrift der Schöffen bedarf es nicht. (3) Die Bezeichnung des Tages der Sitzung sowie die Namen der Richter, der Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die an der Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil aufzunehmen.
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SK/Frister 28; Eb. Schmidt 12; krit. Beling 325 Fn. 1. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 43 ff. Hahn 257 f. HK/Julius 11; KMR/Gemählich 23; MeyerGoßner 20; SK/Frister 28.
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Vgl. KMR/Gemählich 23; Meyer-Goßner 20; SK/Frister 28; Herdegen FS Salger 305. OLG Düsseldorf NJW 1997 1718. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 45 ff. RGSt 7 391; AK/Lemke 11.
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§ 275
(4) Die Ausfertigungen und Auszüge der Urteile sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Schrifttum Arndt Das Urteil (1952); Furtner Das Urteil im Strafprozeß (1970); Gollwitzer Gerechtigkeit und Prozeßwirtschaftlichkeit, FS Kleinknecht 147; Habscheid Die verspätete Absetzung von Strafurteilen, NJW 1964 629; 1842; Hahn Die Fristversäumung der Urteilsniederschrift als absoluter Revisionsgrund, ZRP 1976 63; Hillenkamp Die Urteilsabsetzungs- und Revisionsbegründungsfrist im deutschen Strafprozeß (1998); Kohlhaas Das Ärgernis des § 275 StPO, GA 1974 142; Löffler Die Berechnung der Urteilsabsetzungsfrist nach § 275 StPO, NStZ 1987 318; Meves Das Urteil im deutschen Strafverfahren, GA 36 (1888) 102; Meyer-Goßner Hinweise zur Abfassung des Strafurteils aus revisionsrechtlicher Sicht, NStZ 1988 529; Peglau Verhinderungsvermerk (§ 275 Abs. 2 S. 2 StPO) und Beschleunigungsgebot, JR 2007 146; Peters Die verspätete Absetzung des Strafurteils im Strafverfahren, FS v. Weber 374; Rieß Die Urteilsabsetzungsfrist (§ 275 I StPO), NStZ 1982 441; ders. Zur Berechnung der verlängerten Urteilsabsetzungsfrist nach § 275 I 2 Halbs. 2 StPO – Erwiderung zu Löffler, NStZ 1987 318; Sarstedt Verspätete Absetzung von Strafurteilen, JZ 1965 238; Seibert Verspätete Absetzung von Strafurteilen, MDR 1955 148. Ferner das Schrifttum zu § 338 Nr. 7 bei § 338.
Entstehungsgeschichte. Die Frist des Absatzes 1 betrug ursprünglich drei Tage, ihre Überschreitung war folgenlos. Durch Gesetz vom 11.3.1921 wurde sie auf eine Woche verlängert. Da auch diese Frist praktisch oft nicht einhaltbar war und die Rechtsprechung1 unvertretbar lange Fristüberschreitungen tolerierte, brachte Art. 1 Nr. 80 des 1. StVRG mit dem neugefassten Absatz 1 eine Neuregelung,2 die durch Einfügung des absoluten Revisionsgrunds des § 338 Nr. 7 ergänzt wurde. Die übrigen Änderungen des § 275 waren weniger einschneidend. Art. 7 Nr. 15 StPÄG hat in Absatz 3 das Wort „Verteidiger“ eingefügt, Art. 4 Nr. 7 des Gesetzes vom 26.5.1972 in den Absätzen 2 und 3 die Erwähnung der Geschworenen gestrichen. Übersicht Rn. I. Frist für die Urteilsabsetzung 1. Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbringen des Urteils zu den Akten a) Fertiggestellt . . . . . . . . . . . . b) Zu den Akten gebracht . . . . . . 3. Pflicht zur unverzüglichen Urteilsabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Höchstfristen des Absatzes 1 Satz 2 5. Zulässige Fristüberschreitung a) Eng begrenzte Ausnahmefälle . . .
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Rn. b) Unvorhersehbarer und unabwendbarer Umstand . . . . . . . . . . . c) Aktenkundigkeit . . . . . . . . . . 6. Rechtsfolgen der Fristüberschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Aufnahme des Urteils in das Protokoll 1. Ermessen des Vorsitzenden . . . . . . 2. Form und Inhalt des Urteils . . . . . . 3. Unverzügliche Fertigstellung . . . . .
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Vgl. BGHSt 21 4 (16 Monate!) und BGH bei Herlan MDR 1954 656 (ein Jahr); OLG Köln NJW 1969 520 = JR 1969 469 mit Anm. Kleinknecht (14 Monate) und NJW 1964 606 (acht Monate); vgl. ferner BGH NJW 1951 970; GA 1976 25; OGHSt 2 328; OLG Celle DAR 1953 117; OLG Hamm NJW 1974 466; OLG Koblenz VRS 43 (1972) 423; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1970 200; 1973 188; OLG Stuttgart NJW 1965 1504; zur Kritik an dieser Entwicklung vgl.
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etwa Hermann ZStW 85 (1973) 288; Habscheid NJW 1964 630; Hillenkamp 17, 26 ff.; Kohlhaas GA 1974 142; Sarstedt JZ 1965 238; Schünemann NJW 1974 1882. Gültig für die nach dem 1.2.1975 verkündeten Urteile (Art. 9 Abs. 4 1. StVRG), vgl. Hahn ZRP 1976 63; Rieß NJW 1975 81, 87; ders. NStZ 1982 441; ferner die Kritik von Peters Der neue Strafprozeß (1975) 179 und neuerdings von Hillenkamp 59 ff.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rn.
III. Die äußere Form des Urteils (Absatz 3) 1. Urteilskopf . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Angaben im Urteilskopf a) Tag der Sitzung . . . . . . . . . . b) Namen der Richter . . . . . . . . . c) Bezeichnung des Gerichts . . . . . d) Beamte der Staatsanwaltschaft . . . e) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . f) Urkundsbeamter der Geschäftsstelle g) Angeklagter . . . . . . . . . . . . h) Nebenbeteiligte . . . . . . . . . . i) Privatkläger . . . . . . . . . . . . 3. Unterschriften der Richter a) Fertiges Urteil . . . . . . . . . . . b) Sämtliche Berufsrichter . . . . . . c) Meinung der Mehrheit . . . . . . . d) Änderungen nach Unterschrift . . . e) Urkundsbeamter . . . . . . . . . . f) Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . 4. Verhinderung eines Richters a) Zweck des Verhinderungsvermerks b) Verhinderung . . . . . . . . . . . c) Form des Vermerks . . . . . . . .
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Rn. 5. Eingangsvermerk . . . . . . . . . . . 6. Änderung des fertigen Urteils a) Bindung . . . . . . . . . . . . . . b) Änderungen bei Einverständnis aller Richter . . . . . . . . . . . . . . . c) Besonderer Vermerk der Geschäftsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unabänderlichkeit . . . . . . . . . e) Urteilsberichtigung . . . . . . . . . 7. Widerspruch zwischen Protokoll und Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verbleib der Urteilsurschrift . . . . . 9. Ausfertigungen . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsmittel 1. Berufung . . . . . . . . . . . . . . 2. Revision a) Fehlen der Entscheidungsgründe . b) Sonstige Fehler der Urteilsurkunde c) Überschreitung der Begründungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . d) Begründung der Verfahrensrügen 3. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . .
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Alphabetische Übersicht Abweichende Meinung 38 Adhäsionsverfahren 34 Aktenvermerk über Hinderungsgrund 16 Änderung des fertiggestellten Urteils 55 ff. Angeklagter 10, 30 ff. Arbeitsüberlastung 15 Aufnahme der Urteilsgründe ins Protokoll 19 ff., 42 Ausscheiden aus dem Richteramt 36, 47 Bagatellfälle 9 Beistand 28 Beratung 10, 38 Beratungsergebnis, Übereinstimmung mit 2, 38 Berichterstatter 14 Berufung 69 Beschleunigungsgebot 2, 8, 47, 74 Beschlüsse, § 275 nicht anwendbar 43 Bestandteil der Akten 3 Betriebsausflug 15, 47 Beweiskraft des Protokolls 53 Bezeichnung des Gerichts 25 Dienstaufsichtliche Beanstandung 8 Dienstliche Erklärung 7 Eilvermerk 15 Eingangsvermerk der Geschäftsstelle 7, 53 f., 57 Einzelrichter 21, 49 Einziehungsbeteiligter 33 Ergänzungsrichter 24, 37 Erinnerungsbild der Richter 2 Erkrankung des Richters 14 Fassungsberatung 14 ff., 38 ff., 41 Fehlen der Entscheidungsgründe 70 Fertigstellung des Urteils 3, 53 Formfehler 4 Freibeweis 52 ff., 72, 74
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Fristen – Bedeutung 2, 8, 60 – Berechnung 9 ff., 21, 74 – Höchstfristen, keine Regelfristen 8 – Überschreitung 8 ff. – Überschreitung, ausnahmsweise zulässige 13 ff. Gliederung der Urteilsgründe 61 Handzeichen 4, 37 Hinausgabe aus dem inneren Geschäftsbereich 58 Irrtum über Dauer der Hauptverhandlung 11 Korrektur von Schreib- und Fassungsversehen 40, 56, 61 Mehrheitsentscheidung 38 Nebenkläger 26 Organisationsmängel, justizinterne 15 Privatkläger 34 Protokollführer 29, 42 Rechtsbeschwerde 76 Rechtsbeugung 38 Rechtskraft 1 Reinschrift 5 Revision 17, 36, 70 ff. Revisionsgrund der Fristüberschreitung 8, 17, 36, 59, 74 Richter – Angabe der Namen 24 – auf Probe 46 – nicht an Hauptverhandlung beteiligter 4, 49 – überstimmter 38 Schöffengericht, erweitertes 39 Sitzungsprotokoll 11, 19 ff. Staatsanwalt 26, 74 Tag der Sitzung 23 Tonband-Diktat des Urteils 5
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung Unerreichbarkeit vor Fristablauf 15 Unterschrift der Berufsrichter 3, 20, 35 ff., 41 f., 70, 72 – Form 37 – Nachholung 36 – neue Beratung bei nachträglicher Änderung 41 – Verweigerung 38, 41, 45 Untersuchungshaft 18, 30 Unvorhersehbarer Umstand 14 Urteilsabfassung 1, 13 ff., 21 Urteilsabschriften 64 Urteilsänderung nach Unterschrift 40 f. Urteilsausfertigungen 67 ff. Urteilsbegründung – bewusst unvollständige 3, 71 – ungenügende 71 Urteilsberichtigung 61 – vgl. auch Korrektur von Schreib- und Fassungsversehen Urteilsformel 31 Urteilskopf 20, 22 ff., 73
§ 275
Urteilsurschrift, Verbleib 64 Urteilsverkündung 24 Verhinderung eines Richters 44 ff. – Hinderungsgründe 45 ff. – Verhinderungsvermerk 4, 35, 50 ff., 59, 72 Verlust des fertiggestellten Urteils 15, 66 Versehen der Geschäftsstelle 15 Versetzung eines Richters 46 Verteidiger 27 Vollstreckungsverfahren 17 Vorsitzender 19, 21, 39, 55 Vorstrafen 30 Widerspruch zwischen Urteil und Protokoll 62 f. Widerspruch zwischen Urteilsformel und Urteilsgründen 63 Wiederaufnahmeverfahren 17 Wiedereinsetzung 12 Zu den Akten gebracht 6 f. Zuleitung an Geschäftsstelle 7, 21 Zustellung, vorzeitige 35, 58
I. Frist für die Urteilsabsetzung 1. Bedeutung. Die Abfassung des Urteils entsprechend dem Beratungsergebnis ist 1 eine zur Rechtsprechung gehörende richterliche Tätigkeit,3 durch die die Grundlage für das weitere Verfahren und eine wichtige Unterlage für die Strafvollstreckung geschaffen wird.4 Die schriftliche Festlegung der Urteilsgründe ist aber bei einem in Anwesenheit des Angeklagten verkündeten Urteil keine unabdingbare Voraussetzung für den Eintritt der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit.5 § 275 ergänzt die Vorschriften über die Fassung der Urteilsformel (§ 260) und der Urteilsgründe (§ 267) durch Regelungen für die Form der Urteilsurkunde und ihre Ausfertigungen und die Fristen für ihre Fertigstellung. Er gilt nur für Urteile, nicht für Beschlüsse.6 Die das Urteil tragenden Erwägungen sind unverzüglich schriftlich niederzulegen.7 2 Jede nicht durch schwerwiegende Sachgründe gerechtfertigte Verzögerung der Urteilsabsetzung verstößt gegen das Gebot der Verfahrensbeschleunigung.8 Die Begrenzung der für die schriftliche Urteilsbegründung zur Verfügung stehenden Zeit soll außerdem verhüten, dass ein längeres Hinausschieben der Urteilsabfassung die Zuverlässigkeit der Erinnerung des Berichterstatters und der mitunterzeichnenden Richter beeinträchtigt und zu einer Darstellung der Sach- und Rechtslage in den Urteilsgründen führt, bei der nicht mehr gesichert ist, dass sie der das Urteil tragenden Ansicht der Mehrzahl der Richter bei der Beratung entspricht.9 Bei kleineren Verfahren, die sich gleichen, ist damit zu rechnen, dass das Erinnerungsbild des Richters schnell verblasst.10 Deshalb schreibt Absatz 1 vor, dass das Urteil unverzüglich, spätestens aber vor Ablauf bestimmter Fristen zu den Akten 3 4 5 6 7
BGH NJW 1964 2415; BayObLGSt 1967 51. Zur Bedeutung der schriftlichen Urteilsgründe vgl. LR/Stuckenberg § 267, 1, 5 ff. BayObLGSt 1967 51; Lintz JR 1977 127; vgl. bei §§ 449, 451. KK/Engelhardt 1; SK/Frister 1; Rn. 43; LR/Graalmann-Scheerer § 33, 13 f. SK/Frister 3; vgl. Rn. 8.
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Vgl. BVerfG StV 2006 81, 85; BGH DRiZ 1979 314. BGH StV 1998 477; BayObLGSt 1976 97 = NJW 1976 2273; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 376; 65 (1983) 152. OLG Koblenz VRS 65 (1983) 452.
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gebracht sein muss. Die dafür im Gesetz festgelegten zeitlichen Grenzen sind nur Höchstfristen, bei deren Überschreitung die Verletzung des Unverzüglichkeitsgebots zu einem absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 7 wird. 2. Verbringen des Urteils zu den Akten
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a) Fertiggestellt ist ein Urteil erst dann, wenn die Unterschrift aller Berufsrichter den vollen Urteilsinhalt deckt;11 dazu gehört auch, dass Änderungen, die einer von ihnen bei der Unterschriftsleistung für nötig hält, von allen unterschriftlich gebilligt sein müssen.12 Vor Anbringung der letzten erforderlichen Unterschrift liegt nur ein Entwurf vor, der selbst dann nicht Bestandteil der Akten ist, wenn er diesen einliegen sollte. Gleiches gilt, wenn ein Urteil bewusst unvollständig zu den Akten gegeben wird; so, wenn die zu den Akten gebrachten Urteilsgründe nur den Schuldspruch betreffen und die Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch aus Zeitgründen bewusst weggelassen wurden13 oder wenn die Urteilsurkunde nur die Urteilsgründe, nicht aber Rubrum und Tenor enthält14 oder wenn das Urteil nur vorläufig zu den Akten gegeben wurde, weil die Richter die Begründung nochmals überprüfen und überarbeiten wollten, so dass in Wirklichkeit trotz der Unterschriften noch keine endgültig gebilligte Urteilsfassung vorlag.15 Nach dem Sinn der Regelung ist aber das Urteil zu den Akten gebracht, wenn ein aus 4 der Sicht der Richter vollständiges Urteil als endgültig fertig unterschrieben und zu den Akten genommen worden ist und sich erst später – eventuell aufgrund einer anderen rechtlichen Beurteilung – herausstellt, dass sein Inhalt unvollständig ist, etwa weil nicht alle abgeurteilten Taten erörtert werden oder sonstige Lücken oder Begründungsmängel vorliegen oder weil eine Unterschrift unzureichend ist (Handzeichen) oder fehlt, so, weil versehentlich ein nicht mit der Sache befasster Richter mitunterschrieben hat16 oder weil ein Verhinderungsvermerk auf einen Grund gestützt wird, der die Annahme einer Verhinderung nicht rechtfertigt.17 In solchen Fällen wird man – schon um des Fortgangs des Verfahrens willen – auch ein solches Urteil als zu den Akten gebracht ansehen müssen,18 vorausgesetzt, dass sein Inhalt von allen beteiligten Richtern als endgültig bezeugt und es als fertiggestellt den Akten einverleibt worden ist. Nachträglich erkannte Formfehler ändern daran ebenso wenig wie etwa eine materiell-rechtlich unzulängliche oder dem § 267 nicht genügende Begründung. Die Fertigstellung setzt nicht notwendig voraus, dass das gesamte Urteil bereits in 5 Reinschrift vorliegt, es genügt, wenn das von den Unterschriften gedeckte Original des Urteils in einer allgemein lesbaren Schrift zu den Akten gebracht ist.19 Die für die Zustel-
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BGHSt 26 92, 93; 26 247, 248 = JR 1976 342 mit Anm. Meyer; BGHSt 27 334; BGH bei Holtz MDR 1979 638; bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1985 16; KK/Engelhardt 54; KMR/Gemählich 8; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 8. BGH NStZ 1984 378; StV 1984 144; bei Holtz MDR 1979 638; 1983 450. Zum Unterschied zwischen einem bewusst unvollständig zu den Akten gegebenen und einem fertigen, aber mangelhaft begründeten Urteil vgl. SK/Frister 7; LR/Franke § 338, 116 f. BayObLG bei Rüth DAR 1983 253; OLG
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Köln VRS 64 (1983) 282; NJW 1980 1405. Vgl. Rn. 73. BGH StV 1993 117. Nach OLG Düsseldorf MDR 1981 423 ist das Urteil erst zu den Akten gebracht, wenn die Unterschrift des richtigen Richters nachgeholt worden ist. Zur Nachholung der Unterschrift vgl. Rn. 36. Vgl. Rn. 35 ff.; BayObLGSt 1982 139 = VRS 64 (1983) 209; SK/Frister 8. LR/Gollwitzer 25 5; a.A. SK/Frister 8. OLG Rostock StV 1996 253; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 7.
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lung erforderliche Reinschrift kann auch später erstellt werden (Nr. 141 Abs. 2 RiStBV). Dagegen reicht es nicht aus, dass der Berichterstatter seinen Entwurf fertiggestellt hat, erst recht nicht, dass er ihn auf Tonband diktiert und zur Fertigung der Reinschrift in die Kanzlei gegeben hat.20 Es genügt auch nicht, dass alle Richter die Urteilsfassung gebilligt haben, maßgebend für die Fertigstellung ist allein der Zeitpunkt, an dem der letzte von ihnen das schriftliche Urteil unterschrieben hat.21 b) Zu den Akten gebracht ist nicht wörtlich zu verstehen. Es genügt, wenn das fertige 6 Urteil nach der letzten erforderlichen Unterschrift bzw. nach Anbringung des Verhinderungsvermerks vom letztunterschreibenden Richter auf den Weg zur Geschäftsstelle gebracht wird.22 Dies kann auch dadurch geschehen, dass der Richter durch eine entsprechende Ablage (Aktenauslauf) in seinem Dienstzimmer dafür sorgt, dass das Urteil ohne sein weiteres Zutun im Geschäftsgang zur Geschäftsstelle gelangt.23 Dass er es zu Hause dafür bereit legt, reicht nicht, da damit nicht erreicht werden kann, dass die Akten ohne weiteres Zutun bei der Geschäftsstelle eingehen.24 Unerheblich ist, ob er das Urteil dabei selbst in die bei ihm befindlichen Akten eingelegt 25 oder ob er es ohne Akten der Geschäftsstelle zugeleitet hat,26 ferner, ob die eigentlichen Akten für die Geschäftsstelle greifbar sind oder ob sie das ihr zugegangene Urteil zunächst nur den Rest- oder Hilfsakten beifügen kann, weil die eigentlichen Akten versandt sind; deshalb rechtfertigt dieser Umstand auch nicht, mit der Unterschrift bis zum Wiedereingang der Akten zuzuwarten.27 Hat aber der Richter nach seiner Unterschrift noch innerhalb der Frist alles zur Zuleitung an die Geschäftsstelle erforderliche veranlasst, so ist es unerheblich, wenn das fertige Urteil erst nach Fristablauf bei der Geschäftsstelle eingeht.28 Ein besonderer Formalakt, etwa die förmliche Zuleitung des unterschriebenen Urteils 7 an die Geschäftsstelle, ist für die Aufnahme des Urteils in die Akten nicht erforderlich. Wegen der Verpflichtung der Geschäftsstelle, den Eingang des Urteils zu vermerken (Absatz 1 Satz 5; Rn. 53), ist es aber zweckmäßig, ihr das Urteil unverzüglich nach Fertig-
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OLG Hamm JMBlNW 1975 267; NStZ 2011 238; OLG Karlsruhe Justiz 1976 442; KMR/Gemählich 7; Meyer-Goßner 5; Rieß NStZ 1982 441, 442; ferner Fn. 19. BGH NStZ 1992 389. BGHSt 29 43, 45 mit Hinweis, dass das Gesetz auf den Vorgang, nicht auf das Ergebnis abstellt; BGH NStZ-RR 2007 53, 54; OLG Brandenburg StraFo 2002 88; OLG Dresden StV 2000 560; Rieß NStZ 1982 441, 443 (funktionelle Betrachtungsweise: entscheidend, ob fristgerecht in den Machtbereich der Geschäftsstelle gelangt); ebenso (auf den Weg zur Geschäftsstelle gebracht) AK/Wassermann 15; Graf/ Peglau 5; KK/Engelhardt 40; KMR/Gemählich 9; Meyer-Goßner 7; SK/Frister 9; a.A. OLG Karlsruhe Justiz 1977 23 (Unterschrift aller Richter genügt); OLG Zweibrücken VRS 54 (1978) 130 lässt dies offen. BGHSt 29 43; BGH StV 1985 135 (L); NStZ-RR 2007 53, 54; krit. SK/Frister 10;
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Heimann NZV 2002 284, 285; dazu MeyerGoßner NZV 2002 470. OLG Köln Rpfleger 1977 413 mit Anm. Reiß; Rieß NStZ 1982 441, 445; KK/Engelhardt 40; KMR/Gemählich 9; SK/Frister 9. Ohne gleichzeitige Zuleitung an die Geschäftsstelle würde dies nicht ausreichen, OLG Bremen StV 1998 641; OLG Köln Rpfleger 1977 413 mit Anm. Reiß; MeyerGoßner 7; Brunen StV 1998 641; Rieß NStZ 1982 441, 443. Üblicherweise wird das unterschriebene Urteil mit den Akten der Geschäftsstelle zugeleitet (vgl. BGHSt 29 43), es kann aber keinen Unterschied machen, wenn dies ohne Akten zur Fertigung des vorgeschriebenen Eingangsvermerks geschieht; vgl. Rieß NStZ 1982 441, 443; aber auch Fn. 27. BGH StV 1989 469 (L). BGHSt 29 43; Rieß NStZ 1982 441, 443; a.A. Reiß Rpfleger 1977 414.
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stellung mit einem entsprechend datierten Hinweis zuzuleiten, damit der Vermerk ohne Verzögerung angebracht werden kann und der Nachweis erleichtert wird, dass das fertiggestellte Urteil fristgerecht auf den Weg gebracht worden ist.29 Dass die Frist gewahrt wurde, kann erforderlichenfalls auch nachträglich durch eine dienstliche Erklärung des Richters nachgewiesen werden.30
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3. Pflicht zur unverzüglichen Urteilsabsetzung. Grundsätzlich ist jedes Urteil unverzüglich nach der Verkündung zu den Akten zu bringen (Absatz 1 Satz 1). Die Höchstfristen des Satzes 2 dürfen nur ausgeschöpft werden, wenn zwingende Gründe dies erfordern,31 dürfen also nicht als Regelfristen behandelt werden. Auch innerhalb der jeweiligen Frist hat jede sachlich vermeidbare Verzögerung der Urteilsabsetzung zu unterbleiben.32 Eine Verletzung dieser Rechtspflicht kann im Rahmen des § 26 Abs. 2 DRiG dienstaufsichtlich beanstandet werden.33 Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 greift allerdings nur ein, wenn die gesetzlichen Höchstfristen überschritten sind (Rn. 74), dann aber führt selbst eine geringfügige Fristüberschreitung, die nicht durch eine Ausnahme nach Absatz 1 Satz 4 gedeckt ist, zur Aufhebung des Urteils.34 § 275 Abs. 1 enthält eine selbständige Festlegung der Fristen für die Absetzung der Strafurteile. Der Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 24.7.1993,35 wonach die Urteile innerhalb einer Höchstfrist von fünf Monaten abzusetzen sind, gilt nicht in den Verfahren, in denen die StPO anzuwenden ist.36
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4. Die Höchstfristen des Absatzes 1 Satz 2 begrenzen nunmehr die Zeitdauer, innerhalb der das Urteil abgesetzt werden kann, ohne den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 auszulösen. Der Gesetzgeber hat, weil die einzelnen Verfahren zu verschieden sind, keine einheitliche Frist vorgeschrieben, sondern nach der Verhandlungsdauer gestaffelte Höchstfristen. Für jedes Urteil gilt nur eine einheitliche Frist, auch wenn gegen einzelne der gemeinsam vom Urteil erfassten Mitangeklagten an unterschiedlich vielen Tagen verhandelt wurde, etwa, weil einer nach § 231c beurlaubt oder das Verfahren gegen ihn vorübergehend abgetrennt worden war; es ist die Gesamtzahl aller Verhandlungstage maßgebend.37 Ergeht jedoch nach der Abtrennung gegen einen Angeklagten ein getrenn-
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Vgl. BGHSt 29 43, 47; BGH bei Miebach NStZ 1988 44; KK/Engelhardt 41; KMR/ Gemählich 10; Meyer-Goßner 7; ders. NZV 2002 470; SK/Frister 10; krit. Heimann NZV 2002 284 f. BGHSt 29 43; OLG Karlsruhe Justiz 1977 28; KMR/Gemählich 10; Meyer-Goßner 7, 18; LR/Franke § 338, 121. BTDrucks. 7 551 S. 84; BVerfG StV 2006 81, 85; BGH NStZ 1992 398; OLG Naumburg StV 2008 201; Graf/Peglau 8; HK/Julius 6; KMR/Gemählich 11; SK/Frister 11; Rieß NJW 1975 81; Keller/Meyer-Mews StraFo 2005 35, 357; ferner auch Fn. 32; vgl. aber BGH NStZ 2006 296 (Ausschöpfung der Frist verstößt nicht gegen Beschleunigungsgebot). Vgl. BVerfG bei Spiegel DAR 1988 193; AK/ Wassermann 15; KK/Engelhardt 39; MeyerGoßner 8; SK/Frister 11; Hillenkamp 42 f.
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Vgl. den Widerspruchsbescheid bei DRiZ 1974 133; Rieß NStZ 1982 441, 442; SK/Frister 11; kritisch zur Effektivität dieser Beanstandungsmöglichkeit Hillenkamp 42 ff. BGH StV 1998 477; vgl. Rn. 74; LR/Franke § 338, 121. NJW 1993 2603. BGH NStZ 1994 46; Meyer-Goßner 8; a.A. Hillenkamp 3, 55 ff., 74 ff., der u.a. wegen des begrenzten Erinnerungsvermögens und zur Wahrung des Beschleunigungsgebotes die Übernahme der Höchstfrist von fünf Monaten auch im Strafprozess für geboten hält. BGH bei Holtz MDR 1980 631; Rieß NStZ 1982 441, 442; AK/Wassermann 16; KK/Engelhardt 44; KMR/Gemählich 12; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 13.
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tes Urteil, dann bemisst sich die gesondert zu berechnende Frist nach der bis dahin verstrichenen Verhandlungsdauer.38 Die auch in Bagatellfällen geltende Mindestfrist von fünf Wochen wurde so lange bemessen, um bei den vom Berichterstatter gefertigten Urteilsentwürfen dem Kollegium zu ermöglichen, den Entwurf erst nach seiner Übertragung in Maschinenschrift zu beraten.39 Bei einer länger als drei Tage dauernden Hauptverhandlung berechnet sich die Höchst- 10 frist für die Urteilsabsetzung aus Gründen der Rechtsklarheit abstrakt nach der Zahl der Tage, an denen die Sache zur Verhandlung aufgerufen wurde. Als Teil der Hauptverhandlung zählt auch der Tag der Urteilsverkündung mit. Auf die Dauer der Verhandlung an den einzelnen Tagen kommt es nicht an; auch Tage zählen mit, an denen nach Aufruf der Sache wegen Ausbleibens des Angeklagten oder wegen der ausschließlichen Erörterung eines Verfahrensantrags (etwa Richterablehnung) nicht zur Sache verhandelt wurde oder die sich auf einen einzigen Verfahrensvorgang beschränkten, wie etwa der Einnahme eines auswärtigen Augenscheins. Es kommt nicht darauf an, ob die Sache dann alsbald vertagt werden musste, auch nicht darauf, ob die Fortsetzung der Verhandlung verfahrensrechtlich zulässig war.40 Andererseits zählen alle Tage nicht mit, an denen keine Verhandlung stattfand, ebenso wenig alle Tage, an denen das Gericht die Sache beraten hat; denn weder die Schluss- noch die Zwischenberatungen sind Teil der Hauptverhandlung.41 Nach der Zahl der Verhandlungstage berechnet sich die Staffelung der Höchstfristen. Diese betragen mindestens 5 Wochen und erhöhen sich dann mit jedem begonnenen Abschnitt von weiteren zehn Verhandlungstagen um je zwei Wochen. Die Absetzungsfrist beträgt also bei 4 bis 10 Verhandlungstagen 7 Wochen, bei 11 bis 20 Verhandlungstagen 9 Wochen,42 bei 31 bis 40 Verhandlungstagen 11 Wochen usw.43 Ist zum Beispiel an mehr als 90 und weniger als 100 Tagen verhandelt worden, so stehen für die Begründung insgesamt 25 Wochen zur Verfügung (5 Wochen nach Halbsatz 1, 20 Wochen nach Halbsatz 2). Die Verhandlungstage werden durch das Sitzungsprotokoll bewiesen, dessen Beweis- 11 kraft nach § 274 auch insoweit gilt.44 Für die Berechnung des Ablaufes der ermittelten Höchstfrist ist § 43 heranziehbar.45 12 Eine am Samstag, Sonntag oder an einem Feiertag endende Frist läuft also erst am nächstfolgenden Werktag ab. Für den Fristbeginn ist der Tag maßgebend, an dem die Urteilsverkündung endet.46 Wird Wiedereinsetzung nach § 267 Abs. 4 Satz 4 gewährt, beginnt die
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Rieß NStZ 1982 441, 442; AK/Wassermann 16; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 13. BTDrucks. 7 551 S. 84. BGH NStZ 1984 466 (Verhandlung unter Verstoß gegen § 231 Abs. 2); KK/Engelhardt 44; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 13. KK/Engelhardt 45; KMR/Gemählich 14; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 13; vgl. LR/Stuckenberg § 268, 12. BGHSt 35 259, 260; BGH StraFo 2006 334; StV 2012 5; BGHR § 275 Abs. 1 Satz 2 Fristverlängerung 1; Rieß NStZ 1987 318; SK/Frister 11 Fn. 48; Hamm 482, denn die erste Dekade darf nicht mitgezählt werden; a.A. Löffler NStZ 1987 318; ders. NStZ 1989 284 f.
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Beispiele zur Fristberechnung etwa BGHSt 35 259 = NStZ 1988 512 mit krit. Anm. Löffler; BGH NJW 1997 204; NStZ 1998 99; bei Miebach NStZ 1990 28; AK/Wassermann 16; Graf/Peglau 13; KK/Engelhardt 44; KMR/Gemählich 11; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 11; Hamm 483. Vgl. LR/Stuckenberg § 272, 7. BGH NStZ 2008 55; bei Holtz MDR 1980 815; Rieß NStZ 1982 441, 443; KK/Engelhardt 46; KMR/Gemählich 15; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 14; Eb. Schmidt Nachtr. I 3. KK/Engelhardt 43; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 14.
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Urteilsabsetzungsfrist am Tag des Eingangs der Akten bei dem für die Ergänzung zuständigen Gericht.47 Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Höchstfrist gibt es nicht. Dies folgt aus Absatz 1 Satz 4 sowie daraus, dass § 44 nicht für die Fristen gilt, die das Gesetz den Richtern setzt.48 Ein Irrtum über die tatsächliche Dauer der Hauptverhandlung oder bei der Berechnung der Frist kann die Fristüberschreitung nicht rechtfertigen,49 auch dann nicht, wenn sich das Gericht bei der Berechnung der Frist auf eine vom BGH abgelehnte Rechtsmeinung im Schrifttum50 stützen kann.51 5. Zulässige Fristüberschreitung
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a) Nur in eng begrenzten52 Ausnahmefällen lässt Absatz 1 Satz 4 eine Fristüberschreitung zu. Ein nicht vorhersehbarer, unabwendbarer Umstand muss verhindert haben, dass das Urteil fristgerecht zu den Akten gebracht wurde. Die dann für die Urteilsabsetzung zusätzlich zur Verfügung stehende Frist darf aber nicht automatisch nach der Dauer der Verhinderung bemessen werden, denn das Hindernis hemmt den Fristablauf nicht.53 Die Fristüberschreitung ist nur solange gerechtfertigt, als für sie allein unabwendbare und nicht vorhersehbare Umstände ursächlich waren. Um den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 zu vermeiden, muss das Urteil nach Wegfall der Verhinderung unverzüglich, ohne jede weitere vermeidbare Verzögerung und mit Vorrang vor anderen Dienstgeschäften zu den Akten gebracht werden,54 wobei es im pflichtgemäßen Ermessen des Richters steht, in welcher Reihenfolge er mehrere rückständige Urteile absetzt.55 Eine Fristüberschreitung um fast ein Jahr ist indes nicht mehr hinnehmbar und führt zur Aufhebung nach § 338 Nr. 7.56
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b) Ein unvorhersehbarer und unabwendbarer Umstand liegt nur vor, wenn das Gericht nach dem zu erwartenden Verlauf der Dinge nicht mit ihm zu rechnen brauchte und deshalb auch nicht gehalten war, durch entsprechende Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass das Urteil trotzdem fristgerecht abgesetzt werden konnte, etwa, indem bei einem Ausfall des Berichterstatters ein anderer Richter die Fertigstellung übernimmt.57 Nur
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BGHSt 52 349, 352 ff. mit zust. Anm. Rieß NStZ 2009 229 und Stuckenberg JR 2009 166; BGH StV 2010 120; NStZ-RR 2012 49; Rieß NStZ 1982 441, 445 Fn. 101; KMR/Gemählich 13; SK/Frister 14; LR/Stuckenberg § 267, 155 m.w.N.; a.A. KK/Engelhardt 43; LR/Gollwitzer 25 13. Rieß NStZ 1982 441, 442. BGH NJW 1997 204; NStZ 1998 99 mit Anm. Widmaier; 2008 55; bei Pfeiffer/ Miebach NStZ 1985 207; NStZ-RR 1997 204; StV 1984 143 (L); 2011 211; 2012 5; StraFo 2005 76; Graf/Peglau 18; KMR/ Gemählich 26. Löffler NStZ 1987 318; ders. NStZ 1989 284. BGH NStZ 1989 285; bei Miebach NStZ 1990 28; 1990 229. Zur Tendenz der Rechtsprechung, die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung an strengen Anforderungen scheitern zu lassen, vgl. Rieß NStZ 1982 441, 443.
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OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008 117; KK/Engelhardt 52; KMR/Gemählich 27; Meyer-Goßner 16; SK/Frister 22. BGH NStZ 1982 519; StV 1995 514; BayObLGSt 1982 139 = VRS 64 (1983) 130; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008 117; Rieß NJW 1975 81, 88; AK/Wassermann 18 (größtmögliche Beschleunigung); KK/Engelhardt 52; KMR/Gemählich 27; MeyerGoßner 16; SK/Frister 22. BayObLGSt 1982 139 = VRS 64 (1983) 30. OLG Zweibrücken NJW 2004 2108, 2109; Meyer-Goßner 12; SK/Frister 19. BGH NStZ 1982 80; NStZ-RR 2008 181; StV 1999 562; bei Kusch NStZ 1999 562; vgl. auch BGHSt 26 247, 249 (Pflicht, für Fertigstellung des bereits diktierten Urteilsentwurfs zu sorgen); Rieß NStZ 1982 441, 444.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 275
wenn dies im konkreten Fall nicht möglich ist, etwa weil die dafür erforderlichen Aufzeichnungen nicht greifbar oder auswertbar sind,58 oder weil dies wegen anderweitiger, nicht aufschiebbarer Verpflichtungen der übrigen Berufsrichter nicht möglich ist, kann auch bei einem Kollegialgericht die Erkrankung des Berichterstatters ein unabwendbarer Umstand sein,59 sofern damit nicht zu rechnen, der Ausfall des Richters nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersehbar war.60 Ebenso stellt das plötzliche Versterben einen unabwendbaren Umstand dar.61 Gleiches gilt, wenn vor der endgültigen Fertigstellung des Urteils eine Beratung der Urteilsfassung durch die Mitglieder des Kollegialgerichts notwendig wird, diese aber wegen der Erkrankung eines Mitglieds nicht durchgeführt werden kann.62 Verzögert sich dadurch die Urteilsberatung aber auf eine unabsehbar lange Zeit, müssen die anderen Richter auch ohne den erkrankten Berichterstatter dafür sorgen, dass eine dem Beratungsergebnis entsprechende Urteilsfassung erstellt wird.63 Bei den Gerichten, die mit einem einzigen Berufsrichter besetzt sind, ist eine plötzliche Erkrankung i.d.R. unvorhersehbar und unabwendbar,64 nicht dagegen der Antritt eines bereits längere Zeit vorher festgelegten Kuraufenthalts oder der bereits längere Zeit bestehende schlechte Gesundheitszustand eines überlasteten Richters65 oder der Antritt eines geplanten Urlaubs.66 Verzögerungen, die auf der justizinternen Organisation beruhen, werden i.d.R. nicht 15 als unvorhersehbar und unabwendbar anerkannt, so die Schwierigkeiten wegen der Abordnung eines Richters.67 Arbeitsüberlastung ist grundsätzlich kein Hinderungsgrund; ihr ist möglichst durch organisatorische Maßnahmen abzuhelfen,68 notfalls sind andere richterliche Aufgaben zurückzustellen.69 Eine unvorhergesehene dienstliche Belastung eines Richters mit zusätzlichen Aufgaben rechtfertigt die verzögerte Absetzung des Urteils nur, wenn die vertretungsweise übernommenen richterlichen Aufgaben eilbedürftig waren (z.B. Haftsachen) oder sonst wegen ihrer Bedeutung gegenüber der Urteilsabfassung nicht zurückgestellt werden konnte,70 nicht aber die reguläre Belastung durch andere
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BGH NStZ-RR 2008 181; AK/Wassermann 18; KK/Engelhardt 49; KMR/Gemählich 22; Meyer-Goßner 15; anders, wenn die anderen Richter das bereits entworfene Urteil fertig stellen können, Rieß NStZ 1982 441, 444. BGHSt 26 247, 249; BayObLGSt 1982 139 = VRS 64 (1983) 130; ggf. auch die plötzliche lebensgefährliche Erkrankung naher Verwandter, BGH StraFo 2003 172 (Mutter des Vorsitzenden). BGH NStZ 1982 80; OLG Koblenz GA 1976 251; Rieß NJW 1975 81. BGH NStZ-RR 2007 88. BGHSt 26 247, 249 = JR 1976 342 mit Anm. Meyer; KK/Engelhardt 49. Vgl. BGH NStZ 1999 474 (keine Verzögerung auf unabsehbare Zeit); StV 2011 211; ferner BGH NStZ 1982 70; AK/Wassermann 18. OLG Hamm MDR 1977 1039; OLG Koblenz GA 1976 252; AK/Wassermann 18; KK/Engelhardt 49; KMR/Gemählich 23; Meyer-Goßner 13; SK/Frister 20; Rieß NJW 1975 81; ders. NStZ 1982 441, 444.
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OLG Hamm MDR 1977 1039 (Pflicht, auf teilweise Freistellung hinzuwirken). OLG Koblenz DRiZ 1989 221; StV 2009 11 f.; Meyer-Goßner 13; Rieß NStZ 1982 441, 444. OLG Hamm VRS 53 (1977) 193; KMR/Gemählich 26; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 21. BGH NStZ 1992 398; 2003 564; 2008 55; BGH bei Pelchen LM StPO 1975 Nr. 5; BayObLGSt 1982 139 = VRS 64 (1983) 130; OLG Celle NdsRpfl. 1993 133; OLG Düsseldorf StraFo 2001 385; OLG Hamm MDR 1977 1039; OLG Koblenz GA 1976 251; OLG Stuttgart MDR 1986 602; LG Koblenz StraFo 2006 453 f.; KK/Engelhardt 50; KMR/Gemählich 25; Meyer-Goßner 14; SK/Frister 21. BGH NStZ 1982 519; vgl. auch Fn. 62. OLG Celle NdsRpfl. 1977 64 (für Krankheitsvertretung).
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§ 275
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Verhandlungstermine.71 Allen aufschiebbaren Arbeiten geht die Pflicht vor, das Urteil rechtzeitig abzusetzen. Dies gilt erst recht, wenn der Richter durch erhebliche Rückstände belastet ist.72 Eine nicht nur kurzfristig aufgetretene Überlastung der Schreibkanzlei ist ein vorhersehbarer Umstand,73 ebenso sonstige Schwierigkeiten, die der Justizorganisation zuzurechnen sind, wenn deren Anlass vorhersehbar oder vermeidbar war,74 wie etwa das zeitweise Versenden75 oder Nichtfinden76 der Akten oder ein Versehen der Geschäftsstelle, das zu einer verspäteten Unterzeichnung der korrigierten Fassung des Urteils geführt hat77 oder die Unerreichbarkeit eines Beisitzers am letzten Tage der Frist.78 Die Durchführung einer anderen Hauptverhandlung rechtfertigt für sich allein i.d.R. die Fristüberschreitung nicht,79 auch nicht die Teilnahme an einem Betriebsausflug des Gerichts.80 Maßgeblich ist aber immer die Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Die Pflicht, das Urteil unverzüglich abzusetzen, die auch nach Beendigung einer unabwendbaren Fristüberschreitung fortbesteht,81 fällt dabei stets erheblich ins Gewicht, ebenso die Pflicht der Richter, vor allem des Vorsitzenden, alle nach der Sachlage erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen für die Wahrung der Frist zu treffen,82 wie etwa Kennzeichnung des Entwurfs als eilbedürftig83 unter Hinweis auf das Fristende, Berücksichtigung der Möglichkeiten der Schreibkanzlei bei Übernahme von Änderungen in einen neu zu schreibenden Entwurf,84 Überwachung des Fristablaufs,85 Absprachen über die Erreichbarkeit für Unterschrift und eventuell ergänzende Beratung.86 Geht das fertiggestellte Urteil verloren, bevor es zu den Akten gebracht (Rn. 3) ist, beurteilt es sich nach den im konkreten Fall getroffenen Vorkehrungen, ob die dadurch verursachte Fristüberschreitung bei Neufertigung des Urteils unvermeidbar war.87 Steht dagegen fest, dass die
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BGH NStZ 1992 398. OLG Koblenz GA 1976 251; Rieß NJW 1975 81. BayObLG StV 1986 145; OLG Bremen StV 1984 275; OLG Hamm JMBlNW 1975 267; OLG Karlsruhe Justiz 1976 442; OLG Koblenz VRS 65 (1983) 451; StV 2009 11; OLG Köln MDR 1978 864; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen SchlHA 1978 188; OLG Zweibrücken VRS 54 (1978) 130 (anders bei einem unvorhergesehen und daher durch organisatorische Maßnahmen nicht abwendbaren Engpass); Rieß NJW 1975 81, 88. BGH NJW 1988 1094; OLG Hamm NJW 1977 1303; OLG Koblenz MDR 1976 950 (ganztägige Hauptverhandlung am letzten Tag der Frist). BGH StV 1989 469 (L); OLG Jena VRS 107 (2004) 374, 375. OLG Celle NJW 1982 397; OLG Koblenz NZV 2011 359; OLG Schleswig bei Lorenzen/Görl SchlHA 1988 111; Rieß NStZ 1982 441, 444; anders OLG Hamm NJW 1988 1991 bei plötzlicher Unauffindbarkeit der Akten vor der letzten Unterschrift am Tage vor Fristablauf; SK/Frister 21; zum Verlust der Urteilsurkunde vgl. Fn. 88 und Rn. 66.
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OLG Stuttgart StV 1998 578. BGHSt 28 194; Rieß NStZ 1982 441, 444. BGH NJW 1988 1094; NStZ 1992 398; 2008 55; StV 2012 5 f.; BayObLGSt 1982 139 = VRS 64 (1983) 130 (nach Geschäftsverteilung vorrangige Heranziehung bei Zivilkammer); OLG Koblenz GA 1976 251. KK/Engelhardt 50; vgl. auch BGHSt 31 212 (Annahme einer Verhinderung an Unterschrift aber nicht willkürlich). Etwa nach der Wiedergenesung BGH NStZ 1982 519; bei Kusch NStZ 1996 22; StV 1999 526. Vgl. BGHSt 26 249; 28 194; BGH NStZ 1982 80; OLG Bremen StV 1984 275; OLG Hamm MDR 1977 1039; JMBlNW 1977 213. OLG Bremen StV 1984 275. Vgl. BGH bei Rieß NStZ 1982 441, 444 (nochmaliges Schreiben eines 50seitigen Urteilsentwurfs kurz vor Fristende, obwohl Unterschrift des vorliegenden Entwurfes mit den Korrekturen zur Fristwahrung genügt hätte). OLG Hamm JMBlNW 1977 213; Rieß NStZ 1982 441, 444. Vgl. Fn. 73, 77. KK/Engelhardt 51.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 275
verlorene Urteilsurschrift schon rechtzeitig zu den Akten gebracht worden war, so ist die Frist des § 275 Abs. 1 gewahrt, allenfalls käme die analoge Anwendung des Absatz 1 Satz 4 auf die Rekonstruktion der Urteilsurkunde in Betracht.88 c) Der Hinderungsgrund, der der rechtzeitigen Urteilsabsetzung entgegenstand, braucht 16 an sich nicht aktenkundig gemacht zu werden. Es ist wegen § 338 Nr. 7 aber ratsam, wenn der Vorsitzende die Gründe in den Akten vermerkt, an denen die rechtzeitige Urteilsfertigstellung scheiterte.89 Dies erleichtert den Verfahrensbeteiligten die Entscheidung, ob sie die Revisionsrüge nach § 338 Nr. 7 mit Aussicht auf Erfolg geltend machen können und dem Revisionsgericht die Nachprüfung dieser Rüge.90 Es sichert gleichzeitig den später wegen Personalwechsels oder schwindender Erinnerung nur noch schwer zu erbringenden Nachweis, dass der Einhaltung der Frist Gründe von Gewicht entgegenstanden. 6. Rechtsfolgen hat die Fristüberschreitung nur insoweit, als sie einen absoluten 17 Revisionsgrund schafft, der der Revision bei entsprechender Verfahrensrüge zum Erfolg verhilft.91 Im Übrigen aber entfällt weder die Pflicht des Gerichts, das Urteil zu den Akten zu bringen,92 noch beeinträchtigt die Fristüberschreitung die Wirksamkeit und Verbindlichkeit der nach Fristablauf fertiggestellten Urteilsgründe für das weitere Verfahren vor dem Revisionsgericht93 und für die weiteren Verfahrensabschnitte einschließlich Vollstreckungs-, Gnaden- und Wiederaufnahmeverfahren. Eine andere Beurteilung ist auch durch das Änderungsverbot des Absatzes 1 Satz 3 nicht veranlasst (Rn. 59). Eine vermeidbare, sachlich nicht gerechtfertigte längere Verzögerung in der Abset- 18 zung der Urteilsgründe kann dazu führen, dass der in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte aus der Haft zu entlassen ist.94
II. Aufnahme des Urteils mit Gründen in das Protokoll 1. Ermessen des Vorsitzenden. Ob das Urteil mit den Gründen als besondere Nieder- 19 schrift (also mit Urteilskopf, Urteilssatz und Gründen)95 zu den Akten zu bringen ist oder die Gründe in das Protokoll mit aufzunehmen sind, ist dem nicht anfechtbaren
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Zur Problematik vgl. Rn. 66. Auf dem Umstand allein, dass die originale Urteilsurkunde nicht mehr bei den Akten ist, kann das Urteil nicht beruhen, so auch Rieß NStZ 1982 441, 444; a.A. OLG Stuttgart JR 1977 126 mit abl. Anm. Lintz; vgl. LR/Franke § 338, 116, 118. Nr. 141 Abs. 3 RiStBV; AK/Wassermann 19; KK/Engelhardt 52; KMR/Gemählich 27; Meyer-Goßner 17; SK/Frister 23; Rieß NStZ 1982 441, 444. Vgl. BGH NStZ 1991 297; sowie Fn. 89 und LR/Franke § 338, 122. Vgl. Rn. 74; LR/Franke § 338, 119 ff. Zur Frage, ob die verspätete Absetzung der Urteilsgründe die Wiedereinsetzung bei bereits verstrichener Revisionseinlegungsfrist rechtfertigt, vgl. LR/Franke § 338, 120; Rieß NStZ 1982 441, 446.
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Diese Dienstpflicht besteht fort, auch wenn der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 dadurch nicht mehr aus der Welt geschafft werden kann (§ 338, 123). Die Urteilsgründe haben eine weit über diese Verfahrensrüge und das Revisionsverfahren hinausragende Bedeutung (vgl. LR/Stuckenberg § 267, 6); ferner Rn. 1. Vgl. LR/Franke § 338, 123. Vgl. BVerfG StV 2006 81; OLG Karlsruhe NJW 1969 1682; OLG München NJW 1970 156; OLG Naumburg StV 2008 201. RGSt 19 233; BayObLGSt 1999 151 = BayObLG NStZ-RR 2000 87; bei Rüth DAR 1983 253; OLG Köln VRS 64 (1983) 282; NJW 1980 1405.
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Ermessen des Vorsitzenden überlassen.96 Die Aufnahme der Gründe in das Protokoll empfiehlt sich nur in einfachen Sachen, deren Sachlage ein alsbaldiges Niederschreiben der Gründe gestattet oder aber ihr Diktieren in das Protokoll bei der Urteilsbegründung. Der Umstand, dass die Urteilsgründe in das Protokoll aufgenommen werden, schließt ihre Niederschreibung durch einen der Richter nicht aus.
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2. Nach Form und Inhalt muss das in das Protokoll aufgenommene Urteil den gleichen Anforderungen entsprechen wie die in einer getrennten Urkunde erstellten Urteile.97 Lediglich der Urteilskopf mit den von Absatz 3 geforderten Angaben kann entfallen, sofern diese Angaben bereits vollständig im Kopf des Protokolls enthalten sind.98 Die Unterschriften der Berufsrichter müssen das gesamte Urteil, Formel und Gründe, decken; die Unterschriften des Vorsitzenden und des Protokollführers außerdem die Sitzungsniederschrift.99
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3. Unverzügliche Fertigstellung. § 275 Abs. 1 Satz 1 geht davon aus, dass bei Aufnahme des Urteils in das Protokoll die Pflicht stets erfüllt ist, das Urteil unverzüglich zu den Akten zu bringen.100 Dies setzt an sich voraus, dass bereits bei der Urteilsverkündung die von allen Berufsrichtern gebilligte Fassung schriftlich abgefasst vorliegt oder dass die Urteilsgründe bei der Verkündung gleich in das Protokoll diktiert werden, was bei einfachen Sachen vor allem dem Einzelrichter möglich ist. Zumindest aber müssen die Urteilsgründe so bald fertig gestellt sein, dass sie unverzüglich in das Protokoll übernommen werden können, wenn dieses, wie heute üblich, erst nach der Hauptverhandlung hergestellt und unterschrieben wird. Da es erst dann als Teil des Protokolls mit diesem zu den Akten genommen werden kann,101 ergibt sich auch hier die Pflicht, dafür zu sorgen, dass das Protokoll mit dem Urteil unverzüglich fertiggestellt wird. Der Sinn des Absatzes 1 Satz 2 spricht dafür, auch die Höchstfristen insoweit (analog) anzuwenden.102 Verzögert sich die Erstellung des Protokolls, dann ist es unter Umständen angezeigt, die noch nicht vollzogene Anordnung der Aufnahme des Urteils in die Sitzungsniederschrift wieder rückgängig zu machen und das Urteil in getrennter Urkunde fristgerecht zu den Akten zu bringen. Ist das Urteil aber in das fertige Protokoll aufgenommen und von den beteiligten Berufsrichtern und das Protokoll vom Protokollführer und Vorsitzenden unterschrieben worden, dann wird es zur maßgebenden Urteilsurschrift. Es ist dann nicht mehr zulässig, es in der Form einer gesonderten Urteilsurkunde zu erstellen.103 Ob es dann noch geändert werden kann, ist strittig,104 jedoch spricht vieles dafür, eine Änderung des in das Protokoll aufgenommenen Textes bei einer auch die allseitige Billigung erkennbar machenden Kennzeichnung der geänderten Stellen in den Grenzen
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Graf/Peglau 3; KK/Engelhardt 2; KMR/ Gemählich 2; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 4. RGSt 19 233; h.M. Nr. 141 Abs. 1 RiStBV; vgl. LR/Stuckenberg § 272, 17. RGSt 64 215; HK/Julius 2; KMR/Gemählich 2; KK/Engelhardt 4; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 5; a.A. Graf/Peglau 1 (gesonderte Unterschrift des Vorsitzenden entbehrlich, da seine Unterschrift unter dem Protokoll auch Urteil mit abdeckt); auch AK/Wassermann 3 hält wohl eine Unterschrift des Vorsitzenden für ausreichend, vgl. LR/Stuckenberg § 271,
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23; offenlassend OLG Celle StraFo 2012 21, 22. Vgl. KG VRS 82 (1992) 135; KMR/Gemählich 4. Vgl. LR/Stuckenberg § 271, 11 ff. SK/Frister 6; a.A. (nicht anwendbar) OLG Düsseldorf MDR 1982 249; KG VRS 82 (1992) 135; KMR/Gemählich 5; MeyerGoßner 1. BayObLGSt 1999 151 = NStZ-RR 2000 87. Verneinend OLG Düsseldorf MDR 1982 249; Meyer-Goßner 1.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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zuzulassen, in denen auch eine zu den Akten gebrachte gesonderte Urteilsurkunde noch geändert werden darf, also nur, solange das Protokoll noch nicht aus dem inneren Dienstbetrieb hinausgegeben wurde und nur vor Ablauf der Fristen des Absatzes 1 Satz 2.105
III. Die äußere Form des Urteils (Absatz 3) 1. Urteilskopf. Absatz 3 legt die Angaben, die der Urteilskopf (auch „Eingang“, „Rub- 22 rum“ genannt) enthalten muss, nur in den Grundzügen und auch insoweit nur lückenhaft fest. Viele Einzelfragen bleiben offen. Insoweit entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des Zweckes des Urteilskopfes und der bestehenden Übung nach pflichtgemäßem Ermessen.106 2. Die einzelnen Angaben des Urteilskopfes a) Tag der Sitzung. Hat sich die Sitzung einschließlich der Urteilsverkündung auf meh- 23 rere Tage erstreckt oder war die Urteilsverkündung ausgesetzt worden, dann werden üblicherweise alle Tage, eventuell auch nur der Zeitraum einer vieltägigen Hauptverhandlung (erster und letzter Verhandlungstag) aufgeführt. Unerlässlich ist es, den Tag der Urteilsverkündung anzugeben, da er allein für den Lauf der Fristen entscheidend ist.107 Maßgebend ist der Tag, an dem die Verkündung beendet wurde; denn erst mit Abschluss der Verkündung ist das Urteil erlassen (von Bedeutung insbesondere, wenn die Urteilsverkündung erst nach Mitternacht endet108). Eine unrichtige Datierung beeinträchtigt den Bestand des Urteils nicht.109 Ein hierdurch verursachter Irrtum über den Beginn der Rechtsmittelfristen kann aber die Wiedereinsetzung rechtfertigen. b) Namen der Richter einschließlich der Laienrichter. An sich genügt der Familien- 24 name, die Angabe des Vornamens ist aber üblich.110 Sind allerdings mehrere Richter gleichen Namens bei dem Gericht, ist eine weitere Individualisierung (Vorname, kennzeichnender Zusatz) unerlässlich. Die Amtsbezeichnung der Berufsrichter und die Funktion, in der die Richter am Prozess teilgenommen haben (Vorsitzender, Beisitzender, Schöffe) ist entsprechend der ständigen Übung ebenfalls anzugeben;111 nicht notwendig ist die Kenntlichmachung, ob es sich um einen abgeordneten Richter oder einen Richter kraft Auftrags handelt.112 Beim Richter auf Probe wird dies ohnehin aus der Amtsbezeichnung ersichtlich. Ein Ergänzungsrichter ist nur anzuführen, wenn er am Urteil mitgewirkt hat, dann ist nur sein Name anzugeben und nicht der Name des ausgefallenen Richters.113 c) Die Bezeichnung des Gerichts fordert Absatz 3 nicht ausdrücklich. Es ist aber 25 selbstverständlich, dass der Urteilskopf angeben muss, welches Gericht und welcher bei
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SK/Frister 6; BayObLGSt 1999 151 = BayObLG NStZ-RR 2000 87 lässt dies offen. Wegen der Einzelheiten vgl. Meyer-Goßner/ Appl 13 ff. sowie Fn. 107. OLG Koblenz Rpfleger 1973 219; AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 7; Meyer-Goßner 25; SK/Frister 34; Eb. Schmidt 2. Vgl. RG JW 1932 3105 mit zust. Anm. Oetker; LR/Stuckenberg § 272, 9.
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OLG Koblenz VRS 45 (1973) 190; AK/Wassermann 4. KK/Engelhardt 8. AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 8; SK/Frister 36. Vgl. § 29 DRiG. KK/Engelhardt 9; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 36.
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diesem Gericht gebildete Spruchkörper das Urteil erlassen hat.114 Die ebenfalls gebotene Angabe des Aktenzeichens genügt für sich allein hierfür nicht.
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d) Beamte der Staatsanwaltschaft. Haben mehrere nebeneinander an der Sitzung teilgenommen, so sind alle mit Namen und Dienstbezeichnung anzugeben. Ein Referendar, dem der anwesende Staatsanwalt die mündlichen Ausführungen überlassen hat, braucht jedoch nicht erwähnt zu werden.115 Hat der Staatsanwalt während der Sitzung gewechselt, werden zweckmäßigerweise beide Beamte angegeben. Nur den Beamten der Staatsanwaltschaft anzuführen, der bei der Urteilsverkündung anwesend war, entspricht kaum dem Sinn der Vorschrift, die aufzeigen soll, wer am Zustandekommen des Urteils maßgebend mitgewirkt hat und nicht nur, wer bei seiner Verkündung anwesend war.116 Die Erwähnung des Nebenklägers und seines Prozessbevollmächtigten im Urteilskopf ist zwar nicht vorgeschrieben, sie ist jedoch dann angezeigt, wenn der Nebenkläger in der Hauptverhandlung anwesend war oder wenn über sein Rechtsmittel zu entscheiden ist.117
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e) Verteidiger. Sein Name ist ebenfalls im Urteilskopf anzuführen. Hatte der Angeklagte mehrere Verteidiger, so sind sie alle anzugeben, auch wenn einer von ihnen zeitweilig nicht anwesend war.118 Es gelten insoweit die gleichen Gesichtspunkte wie für die Vertreter der Staatsanwaltschaft. Unerheblich und deshalb nicht zu erwähnen ist, ob ein Verteidiger als Pflichtverteidiger bestellt worden ist.119 Für den Beistand (§ 149) fehlt eine solche Regelung. Es besteht daher keine Verpflich28 tung, ihn im Urteilskopf zu erwähnen.120
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f) Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Hier genügt es, wenn bei einem Wechsel nur der Urkundsbeamte angegeben wird, der an der Verkündung teilgenommen hat;121 denn jeder Protokollführer ist nur für den von ihm selbst aufgenommenen Teil des Protokolls verantwortlich, nicht aber für das Zustandekommen des Urteils als solches. Daraus ergibt sich der Unterschied zu den anderen Personen (Rn. 26 f.).
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g) Angeklagter. Er wird in Absatz 3 nicht erwähnt; dass er anzugeben ist, ist jedoch schon der Sache nach unerlässlich. Urteilskopf und Urteilsformel bilden die Grundlage der Vollstreckung und der Eintragung in das Strafregister. Sie werden außerdem anderen Behörden mitgeteilt, die die Akten nicht zur Verfügung haben. Es ist daher unerlässlich, den Angeklagten im Urteilskopf so genau zu bezeichnen, dass seine Identität jederzeit
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KK/Engelhardt 14; KMR/Gemählich 42; SK/Frister 34. KMR/Gemählich 38; SK/Frister 36; Eb. Schmidt 3. AK/Wassermann 4; KMR/Gemählich 38; KK/Engelhardt 10; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 36. BGH bei Kusch NStZ-RR 1999 38; AK/Wassermann 42; KMR/Gemählich 48; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 37; Eb. Schmidt 4. Nach KK/Engelhardt 18 kann bei der Entscheidung über sein Rechtsmittel auch die Angabe in der Urteilsformel genügen.
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OLG Koblenz Rpfleger 1973 219; KK/Engelhardt 11; KMR/Gemählich 39; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 36; a.A. Eb. Schmidt 3. KK/Engelhardt 11; KMR/Gemählich 39; Meyer-Goßner 26. KK/Engelhardt 16; KMR/Gemählich 39; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 37; Eb. Schmidt 4. AK/Wassermann 4; KK/Engelhardt 12; KMR/Gemählich 40; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 36; vgl. LR/Stuckenberg § 271, 13; § 272, 12.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
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anhand der Personalien festgestellt werden kann.122 Erforderlich sind also Familiennamen (einschließlich des Geburtsnamens) und Vornamen sowie Angaben über Tag und Ort der Geburt; zweckmäßig sind auch Angaben über Wohnort oder Aufenthaltsort (Ort, Straße, Hausnummer).123 Ob die üblichen Angaben über Beruf oder Familienstand geboten sind, kann zweifelhaft sein.124 Befindet sich der Angeklagte in Untersuchungshaft oder in anderer Sache in Strafhaft, so ist auch dies im Urteilskopf zweckmäßigerweise anzuführen.125 Staatsangehörigkeit,126 Religionszugehörigkeit oder der Hinweis auf Vorstrafen gehören dagegen nicht in den Urteilskopf.127 Durch die Aufnahme der Personalien in den Urteilskopf wird die Urteilsformel ent- 31 lastet, sie müssen dann dort nicht wiederholt werden. Umgekehrt kann die Aufnahme aller Personalangaben in der Urteilsformel deren nochmalige Anführung im Urteilskopf entbehrlich machen. Weichen die Personaldaten im Urteilskopf wesentlich von denen der Anklage oder des Bußgeldbescheides ab, muss im Urteil klargestellt werden, dass dieses nicht gegen eine andere Person erlassen wurde.128 Mehrere Angeklagte sind i.d.R. in der Reihenfolge der Anklageschrift aufzuführen. 32 Ergehen in einer früher verbundenen Sache getrennte Urteile, kann es angezeigt sein, die frühere Verbindung dadurch kenntlich zu machen, dass die Angabe des Namens mit aufgenommen wird, der das verbundene Verfahren kennzeichnete und dass erst dann die Namen der Angeklagten genannt werden, gegen die im Urteil entschieden wurde.129 h) Die Personalien der von der Entscheidung betroffenen Einziehungsbeteiligten und 33 ihrer Prozessbevollmächtigten sind – ebenso wie die der Angeklagten – im erforderlichen Umfang in den Urteilskopf aufzunehmen.130 i) Der Privatkläger wird in § 275 Abs. 3 nicht angesprochen. Da er das Strafverfah- 34 ren gegen den Angeklagten betreibt, muss er jedoch in den Urteilskopf aufgenommen werden, ohne Rücksicht darauf, ob er in der Hauptverhandlung anwesend war.131 Gleiches gilt bei einem Verletzten, über dessen zivilrechtliche Ansprüche im Adhäsionsverfahren mit entschieden wird.132
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AK/Wassermann 5; KK/Engelhardt 15; KMR/Gemählich 43; SK/Frister 35; vgl. Nr. 141 Abs. 1 Satz 1; 110 Abs. 2 RiStBV. KMR/Gemählich 43; a.A. KK/Engelhardt 15 für den Wohnort. Die Angaben werden unter Hinweis auf Nr. 141 Abs. 1; 110 Abs. 2 RiStBV für erforderlich gehalten, so KMR/Gemählich 43; Meyer-Goßner/Appl 14; a.A. AK/Wassermann 5; KK/Engelhardt 15; SK/Frister 35. KMR/Gemählich 44; Meyer-Goßner/Appl 14; a.A. AK/Wassermann 5; KK/Engelhardt 15; SK/Frister 35. KK/Engelhardt 15; SK/Frister 35; a.A. KMR/Gemählich 43; LR/Gollwitzer 25 31; Meyer-Goßner/Appl 14.
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AK/Wassermann 5; KK/Engelhardt 15; KMR/Gemählich 43; SK/Frister 35. Vgl. OLG Schleswig SchlHA 1979 288 (andernfalls ist über den Schuldvorwurf gegen den eigentlichen Angeklagten nicht entschieden). KMR/Gemählich 45; SK/Frister 35 („Strafsache gegen A und andere; hier gegen B und C“). AK/Wassermann 6; KK/Engelhardt 19; KMR/Gemählich 46; Meyer-Goßner 26; SK/Frister 37. AK/Wassermann 6; KK/Engelhardt 17 (üblich in der Form der Parteibezeichnung des Zivilprozesses); SK/Frister 37. KMR/Gemählich 49; vgl. LR/Hilger § 406, 2 ff.
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3. Unterschriften der Richter a) Ein vollständiges schriftliches Urteil liegt so lange nicht vor, als nicht sämtliche beteiligten Berufsrichter seinen Inhalt gebilligt und dies mit ihrer Unterschrift bestätigt haben, wobei ein Verhinderungsvermerk die Unterschrift ersetzen kann. Dieses wesentliche Formerfordernis muss grundsätzlich vor Ablauf der Frist des Absatzes 1 Satz 2 erfüllt sein, denn erst wenn alle Unterschriften das gesamte Urteil abdecken, ist es fertiggestellt und kann zu den Akten gebracht werden.133 Die Frist zur Begründung der Revision läuft deshalb grundsätzlich erst von der Zustellung eines von allen Unterschriften gedeckten, fertiggestellten Urteils an.134 Dasselbe gilt, wenn irrtümlich ein nicht Berufener die Verhinderung eines Richters zur Beifügung seiner Unterschrift unter dem Urteil vermerkt hat.135 Die vorzeitige Zustellung eines von einem Teil der Richter noch nicht unterschriebenen Urteils ist rechtlich bedeutungslos;136 der Angeklagte kann keinen Einwand daraus herleiten, wenn das hernach zugestellte, ordnungsgemäße (fristgerecht zu den Akten gebrachte) Urteil inhaltlich von dem abweicht, das ihm zugestellt worden war, bevor die Unterschriften aller mitwirkenden Richter vorlagen.137 Das Fehlen einer Unterschrift kann und muss wegen der nicht nur verengt unter dem 36 Aspekt des Revisionsverfahrens zu betrachtenden Bedeutung des Urteils dadurch geheilt werden, dass die Unterschrift nachgeholt oder – bei Verhinderung – durch einen entsprechenden Vermerk (Rn. 44) ersetzt wird.138 Dies gilt auch, wenn ein nicht beteiligter Richter anstelle eines beteiligten irrtümlich das Urteil unterschrieben hat.139 Eine solche Nachholung ist Dienstaufgabe der Richter und – zeitlich unbegrenzt – grundsätzlich solange möglich, als der Richter noch die Übereinstimmung der Urteilsgründe mit dem Ergebnis der Beratung bezeugen kann.140 Sie ist selbst dann noch zulässig, wenn die Urteilsbegründungsfrist abgelaufen oder der Mangel in der Revisionsbegründung gerügt141 ist. Nach der wohl vorherrschenden Ansicht 142 kann dagegen eine Unterschrift
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BGHSt 26 247; BGH NStZ-RR 2000 237; StV 1984 275; 1989 5; vgl. Rn. 37. RG LZ 1916 153; vgl. RGZ 82 422; ferner Rn. 3. RG GA 38 (1891) 48. OLG Celle StraFo 2012 21, 22; LG Göttingen StraFo 2011 273 f. OLG Dresden JW 1930 2080; anders aber, wenn in dem als fertig zu den Akten gebrachten Urteil eine Unterschrift fehlt, vgl. BGHSt 46 204. Vgl. RGRspr. 9 (1887) 480; RGSt 61 399; Peters FS v. Weber 374, 383 (zur früheren Rechtslage); so auch die h.M. im Zivilprozess, vgl. die Erläuterungsbücher zu § 315 ZPO; zur Gegenmeinung, die zum Teil wohl nur mit Blick auf § 338 Nr. 7 argumentiert, vgl. Fn. 142. Vgl. BayObLG bei Rüth DAR 1982 253 (Protokollfehler); OLG Düsseldorf MDR 1981 423 (absoluter Revisionsgrund greift); ferner Rn. 4. Vgl. Fn. 138; ferner LR/Franke § 338, 123; OLG Celle StraFo 2012 21, 22; KG
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19.4.1999 – (5) 1 Ss 41/99 (15/99); Gollwitzer FS Kleinknecht 147, 167; Rieß NStZ 1982 441, 443. OLG Celle StraFo 2012 21, 22 (Nachholung der Unterschrift vor Ablauf der Begründungsfrist; dass der Verfahrensrüge damit die Grundlage entzogen wird, sei unbeachtlich, weil die unwirksame Zustellung eines Urteilsentwurfs kein schützenswertes Vertrauen begründe). Vgl. BGHSt 27 334, 335; 28 194, 196; 46 204, 205 f.; BGH NStZ 1982 476; 1984 378; 1993 200; bei Kusch NStZ 1995 220; BGH NStZ-RR 2000 237; StV 1984 275; 1995 454; DRiZ 1973 186; OLG Düsseldorf MDR 1981 423; OLG Köln NStZ-RR 2011 348; ferner KK/Engelhardt 47; KMR/ Gemählich 21, 29; Meyer-Goßner 6; ders. NStZ 1988 529, 537; Rieß NStZ 1982 441, 443; Börner ZStW 122 (2010) 157, 172 Fn. 76; a.A. (wie hier) KG 19.4.1999 – (5) 1 Ss 41/99 (15/99); LR/Gollwitzer 25 37; ders. FS Kleinknecht 147, 166 ff.; SK/Frister 18; SK/Velten § 268, 74. Ob allerdings wirk-
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nach Ablauf der Fertigstellungsfrist nicht mehr nachgeholt werden. Anders als bei der sachbezogenen Urteilsbegründung ist es aber nicht ersichtlich, wieso dem Nachholen einer offensichtlich fehlenden oder allen Beteiligten erkennbar fehlerhaften Unterschrift allgemein Gründe des Vertrauensschutzes entgegenstehen sollten. Eine andere Frage ist, dass dadurch der Revisionsgrund einer nicht fristgerechten Verbringung des Urteils zu den Akten (§ 338 Nr. 7) nicht mehr beseitigt werden kann. Diese kommt aber nur bei einer ordnungsgemäß erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen Absatz 1 Satz 2, 3 zum Tragen, nicht aber in den sonstigen Fällen, in denen die Urteilsgründe Bedeutung haben. Das Änderungsverbot des Absatzes 1 Satz 3 sichert die Fristsetzung in Satz 2 ab. Es schließt deshalb nachträgliche sachliche Änderungen143 der Urteilsgründe aus. Sein Regelungszweck erfordert aber nicht, daran allgemein auch die Nachholung einer vergessenen oder die Richtigstellung einer sonstwie fehlerhaften Unterschrift scheitern zu lassen.144 Zur Auswirkung des Mangels auf die von der Urteilszustellung abhängigen Fristen vgl. § 345, 5 f. b) Die Unterschrift aller mitwirkenden Richter, und zwar nach Absatz 2 Satz 3 nur 37 der Berufsrichter,145 ist sowohl für den Urteilssatz als auch für die vollständigen Gründe notwendig.146 Es genügt nicht, wenn hinsichtlich der Gründe auf eine selbst nicht unterschriebene Anlage („Gründe siehe Entwurf“) verwiesen wird.147 Ein eingesprungener Ergänzungsrichter unterschreibt anstelle des ausgefallenen Richters.148 Die Unterschrift muss zwar nicht leserlich, wohl aber als solche individualisierbar sein.149 Eine geschlängelte Linie genügt nicht,150 desgleichen nicht ein Handzeichen; wenigstens einzelne Buchstaben müssen erkennbar sein.151 Erforderlich ist die handschriftliche Unterschrift mit dem voll ausgeschriebenen Familiennamen.152 Die Unterschrift der Schöffen ist nicht vorgesehen (Absatz 2 Satz 3);153 unterschreiben die Schöffen trotzdem die Urteilsgründe, ist dies unschädlich.154
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lich alle angeführten Entscheidungen in der Sache mehr besagen wollen, als dass die verspätete Nachholung der Unterschrift bei der Rüge nach § 338 Nr. 7 unbeachtlich ist, erscheint fraglich. Nicht aber Berichtigungen des Urteils, die keine sachliche Änderung bedeuten, so Rieß NStZ 1982 441, 443; Meyer-Goßner 11 und § 267, 39; SK/Frister 17. Vgl. LR/Franke § 338, 123. Die Gegenmeinung verleiht dem Verbot der Nachholung der Unterschrift eine auch bei der Sachrüge ins Gewicht fallende Bedeutung, die die vom Gesetz gewollte Ausgestaltung als disponible Verfahrensrüge illusorisch macht. BGHSt 26 92 = LM Nr. 1 mit Anm. Pelchen; BGHSt 31 212; BGH bei Holtz MDR 1979 638; KK/Engelhardt 23; KMR/Gemählich 29; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 24; sowie Fn. 11. So schon RGRspr. 1 (1879/80) 826, 828; vgl. etwa BGH NStZ 1984 378 (gesamten Text); Fn. 11.
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BGH NJW 1997 138 (insoweit nicht in BGHSt 42 235); BayObLGSt 1970 224 = VRS 40 (1971) 10. Eb. Schmidt 11. BGHSt 12 317, 319; BGHR § 275 Abs. 2 Satz 1 Unterschrift 1; BayObLGSt 2003 73 = NStZ-RR 2003 305. BayObLGSt 2003 73 = NStZ-RR 2003 305; KG NStE 11; OLG Düsseldorf NJW 1956 923; OLG Köln NStZ-RR 2011 348; OLG Oldenburg NJW 1988 2812; AK/Wassermann 7; KK/Engelhardt 25; KMR/Gemählich 30; SK/Frister 24; vgl. auch LR/Franke § 345, 25. OLG Köln NStZ-RR 2011 348. AK/Wassermann 7; KK/Engelhardt 25; SK/Frister 24. Vgl. auch OLG Frankfurt NJW 1989 3030 (nicht notwendig aber ein voller Doppelname). Dazu Börner ZStW 122 (2010) 157, 171 f. BGHSt 39 281; KK/Engelhardt 24; KMR/Gemählich 29; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 24.
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c) Mit der Unterschrift bezeugen die Berufsrichter, dass das Urteil mit dem Ergebnis der Beratung übereinstimmt.155 Meinungsverschiedenheiten über Form und Inhalt der schriftlichen Urteilsfassung müssen die Berufsrichter in einer Beratung klären und durch Abstimmung mehrheitlich entscheiden.156 Auch der überstimmte Richter muss das Urteil unterschreiben, da er mit seiner Unterschrift nur bestätigt, dass das Urteil dem Beratungsergebnis entspricht.157 Vermerkt er dabei eine abweichende eigene Meinung, so ist dies unbeachtlich und beseitigt die Maßgeblichkeit der schriftlichen Urteilsgründe für das weitere Verfahren nicht.158 Die Pflicht zur Unterzeichnung endet entgegen der herrschenden Ansicht159 jedoch, wenn das Urteil den Tatbestand der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) erfüllt.160 Bei dem mit zwei Berufsrichtern besetzten, erweiterten Schöffengericht und bei der 39 mit zwei Berufsrichtern nach § 76 Abs. 3 GVG besetzten kleinen Strafkammer kann bei Meinungsverschiedenheiten ein Mehrheitsbeschluss nicht herbeigeführt werden. Es ist strittig, ob in diesem Fall die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt161 oder ob zur Vermeidung einer unüberwindbaren Position des Vorsitzenden die Schöffen zuzuziehen sind, wobei der Vorsitzende dann nur bei einer Pattsituation nach § 196 Abs. 4 GVG den Ausschlag gäbe.162
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d) Änderung nach Unterschrift. Bedarf es der Unterschrift mehrerer Richter und ist der Urteilsentwurf zunächst nur von einem Teil der Richter unterschrieben, so dürfen spätere sachliche Änderungen nur mit Zustimmung des oder der Richter vorgenommen werden, deren Unterschrift schon vorliegt,163 was durch erneute Unterschrift an der geänderten Textstelle oder unter dem Urteil kenntlich zu machen ist.164 Eine dem Vorsitzenden oder einem Beisitzer im Voraus erteilte Ermächtigung, an den ausgearbeiteten Gründen so viel zu ändern, als der Ermächtigte für erforderlich oder zweckmäßig erachtet, ist rechtlich wirkungslos,165 ebenso eine Unterschrift an anderer Stelle wie etwa der Zustellungsverfügung.166 Scheidet ein Richter aus dem Gericht aus, bevor der von ihm bereits unterschriebene Urteilsentwurf von den anderen Richtern unterzeichnet ist, so steht dem nicht im Weg, dass die Änderung, die den zurückbleibenden Richtern ange-
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RG JW 1930 559; BGHSt 26 93; 26 247; 31 312; BGH NStZ 1984 378; StV 1985 275; 1989 5; bei Holtz MDR 1979 638. RGSt 28 58; 44 120; BGHSt 26 92, 93. BGHSt 26 92, 93; AK/Wassermann 8; KK/Engelhardt 23; KMR/Gemählich 29; Meyer-Goßner 19; SK/Frister 25 f.; Eb. Schmidt 12. Vgl. auch Rn. 70. BGHSt 26 92, 93; KK/Engelhardt 26 (anders, wenn der Richter beanstandet, dass Urteilsgründe nicht ordnungsgemäß beschlossen). OGHSt 1 217, 222; BGH GA 1958 241, 242; OLG Naumburg NJW 2008 3585, 3586; a.A. Erb NStZ 2009 189, 191 f.; Fischer FS Hassemer 1001, 1014 f.; Mandla ZIS 2009 143, 147 ff.; Scheinfeld JA 2009 401, 405 f. Meyer-Goßner 19; SK/Frister 25. So Koeniger 464; Sachs DRiZ 1925 154;
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zum Streitstand vgl. Krofferbert/Knoth DRiZ 1926 176; Knoth DRiZ 1925 33; Sachse GA 70 (1926) 161; Deisberg/Hohendorf DRiZ 1984 261; ferner die Erl. zu § 30 und § 196 GVG. Kissel/Mayer § 196, 6; Eb. Schmidt § 29, 15 GVG; § 30, 30 GVG; Deisberg/Hohendorf DRiZ 1984 261. RGSt 44 120; RG Recht 1915 Nr. 2189; BGH bei Holtz MDR 1979 638; 1983 450; NJW 2003 836 (insoweit nicht in BGHSt 48 119); KMR/Gemählich 18; sowie Fn. 12. Graf/Peglau 23; SK/Frister 27; a.A. BGH NJW 2003 836 (insoweit nicht in BGHSt 48 119). RG GA 62 (1915/16) 471; BGHSt 27 334; BGH NStZ 1984 274; StV 1984 144; Rieß NStZ 1982 441, 443; KK/Engelhardt 27; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 27. BGH StV 2010 618; SK/Frister 27.
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bracht erscheint, vorgenommen und dass die Unterschrift des ausgeschiedenen Richters durch einen Vermerk über seine Verhinderung an der Unterzeichnung des neu gefassten Urteils ersetzt wird.167 Für die Berichtigung von Rechtschreibfehlern oder eindeutigen Schreibversehen oder grammatikalischen oder stilistischen Verbesserungen ohne jede sachliche Inhaltsverschiebung bedarf es jedoch keiner nochmaligen Zustimmung der Richter, die bereits unterschrieben haben.168 Verweigern die Richter, die den Urteilsentwurf schon unterzeichnet haben, die Zu- 41 stimmung zu einer von den anderen Richtern gewünschten Änderung, so muss in gemeinsamer Beratung geklärt werden, welche Gründe seinerzeit für das Urteil maßgebend waren, und dann ein neuer Beschluss über die endgültige Fassung der Urteilsgründe herbeigeführt werden.169 e) Der Urkundsbeamte hat nur die Ausfertigung des Urteils, nicht aber die (beson- 42 ders niedergeschriebene) Urschrift zu unterschreiben.170 Auch wenn das Urteil vollständig in das Protokoll aufgenommen wird, muss es von allen Richtern unterschrieben werden.171 f) Absatz 2 bezieht sich nur auf Urteile.172 Auf Beschlüsse ist er nicht entsprechend 43 anwendbar.173 Die StPO enthält keine Vorschrift, wonach Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit der eigenhändigen Unterschrift aller mitwirkenden Richter bedürften.174 4. Verhinderung eines Richters a) Zweck des Verhinderungsvermerks. Anders als bei der Urteilsberatung ist die Mit- 44 wirkung aller Richter des erkennenden Gerichts bei der Beurkundung des Beratungsergebnisses in der schriftlichen Urteilsbegründung nicht vorgesehen. Selbst die Beteiligung aller Berufsrichter ist nicht unerlässlich. Absatz 2 Satz 2 lässt den Ersatz der Unterschrift zu, wenn ein Berufsrichter, der am Urteil mitgewirkt hat, an der alsbaldigen Unterschriftsleistung verhindert ist. Der die Unterschrift ersetzende Vermerk muss die Tatsache der Verhinderung und den Hinderungsgrund aufzeigen. Er bezeugt nur die Verhinderung und nicht etwa, dass der verhinderte Richter die Gründe als mit dem Beratungsergebnis übereinstimmend ansieht.175 Es liegt also keine Vertretung bei der Unterschrift vor. b) Verhinderung. Verhindert an der Unterschrift ist ein Richter, wenn er seine Unter- 45 schrift nicht leisten kann (tatsächliche Verhinderung) oder aus Rechtsgründen nicht mehr
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RG DRiZ 1929 Nr. 904; BGHSt 27 334; AK/Wassermann 11; KK/Engelhardt 27. BGHSt 27 334; BGH bei Holtz MDR 1979 638; 1984 93; Rieß NStZ 1982 441, 443; KK/Engelhardt 27; KMR/Gemählich 20; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 17; vgl. auch AK/Wassermann 11 (nobile officium, den Berichterstatter auch auf stilistische Änderungen hinzuweisen). RGSt 44 121; vgl. Rn. 38. Vgl. Rn. 68. Vgl. Rn. 20.
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Er gilt auch für Berufungsurteile, § 332; ob er für Revisionsurteile gilt, ist strittig, vgl. LR/Franke § 356, 3; KK/Engelhardt 1; KMR/Gemählich 1; SK/Frister 1. RGSt 43 218; vgl. Rn. 1. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 492; OLG Düsseldorf MDR 1984 164; OLG Hamm JMBlNW 1978 70; KG GA 1953 128; Kohlhaas GA 1955 69; LR/GraalmannScheerer § 33, 13 ff.; Sarstedt JR 1959 69. BGHSt 31 212, 213; Pelchen LM § 275 StPO Nr. 1.
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leisten darf (Verhinderung aus Rechtsgründen),176 nicht aber dann, wenn er sie nicht leisten will. Der überstimmte Richter darf seine Unterschrift nicht verweigern. Es gehört zu seiner richterlichen Pflicht, die Übereinstimmung des Urteils mit dem von der Mehrheit gebilligten Beratungsergebnis zu bestätigen.177 Seine Unterschrift wird auch nicht dadurch unwirksam, wenn er dabei vermerken sollte, dass er mit der Mehrheit nicht übereinstimmt.178 Verweigert ein Richter trotzdem die Unterschrift, weil das Urteil aus seiner Sicht nicht mit dem Beratungsergebnis übereinstimmt, so liegt darin kein Verhinderungsgrund.179 Dass Umstände vorliegen, die die Annahme einer tatsächlichen Verhinderung rechtfertigen würden, schließt die Wirksamkeit einer vom betroffenen Richter trotzdem ermöglichten Unterschrift nicht aus.180 Die Hinderungsgründe zählt Absatz 2 Satz 2 nicht näher auf. An sie werden nicht die strengen Anforderungen gestellt, die für die Umstände gelten, die die fristgerechte Absetzung des Urteils nach Absatz 1 Satz 4 verhindert haben. Eine Verhinderung aus Rechtsgründen wird von der herrschenden Meinung ange46 nommen, wenn ein Richter das Urteil, an dem er mitgewirkt hat, nicht mehr unterschreiben darf, weil er aus dem Richteramt ausgeschieden ist,181 so auch, wenn er nunmehr als Staatsanwalt182 oder Beamter ein anderes Amt innerhalb der Justiz ausübt, nicht aber, wenn er weiterhin ein Richteramt bei einem anderen Spruchkörper183 oder einem anderen Gericht ausübt184 oder als Richter zu einer Verwaltungsbehörde abgeordnet185 wird, jedoch kann sich daraus im Einzelfall ein tatsächliches Hindernis ergeben.186 Die Pflicht und Befugnis zur Beurkundung des Beratungsergebnisses ist jedoch ein die Versetzung
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Eingehend Peglau JR 2007 146 f. Oben Rn. 38 mit Fn. 157. Fn. 158. KMR/Gemählich 35; Meyer-Goßner 22; SK/Frister 29; Börner ZStW 122 (2010) 157, 174; a.A. KK/Engelhardt 33; Pelchen LM § 275 StPO 1975, 1; AK/Wassermann 10. BGHSt 26 92, 93 lässt dies offen; vgl. auch BGH NJW 1977 765 zu § 315 ZPO. Vgl. BGH bei Holtz MDR 1994 1072; BayObLGSt 1967 51 = NJW 1967 1578; AK/Wassermann 7; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 29; Busch JZ 1964 746, 749. BGH bei Holtz MDR 1994 1072; BayObLGSt 1967 51 = NJW 1967 1578; BayObLGSt 1982 133 = JR 1983 261 mit Anm. Foth; BayObLG VRS 61 (1981) 130; AK/Wassermann 7; Graf/Peglau 29; KK/Engelhardt 30; KMR/Gemählich 33; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 31; Busch JZ 1964 746, 749; a.A. Kohlhaas GA 1974 142, 147; LR/Gollwitzer 25 39, 48; ders. FS Kleinknecht 147, 168 f.; ders. FS Gössel 543, 551. Zur gleichen Streitfrage bei § 315 ZPO vgl. die entsprechenden Erläuterungsbücher (maßgebend für die Richtereigenschaft Zeitpunkt der Beschlussfassung, nicht der unselbständige Akt der Unterzeichnung); ferner Vollkommer NJW 1968 1309.
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BGH bei Kusch NStZ 1995 20 Nr. 16; anders bei Versetzung eines Richters auf Probe zur Staatsanwaltschaft unter Beibehaltung seines Status BGH StV 1992 557; 2006 459; NStZ-RR 2007 88; KK/Engelhardt 30; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 31; krit. Foth NStZ 2011 359 („Begriffsjurisprudenz“). BGH NStZ 1982 476; 1993 96; BayObLGSt 1982 133 = JR 1983 261 mit Anm. Foth; AK/Wassermann 7; KMR/Gemählich 34; Meyer-Goßner 23; SK/Frister 31; Busch JZ 1964 746, 749; Kohlhaas GA 1974 142, 148; a.A. Foth NStZ 2011 359. Zur vergleichbaren Rechtslage nach § 315 ZPO Vollkommer NJW 1968 1310; ferner OLG Stuttgart Rpfleger 1976 257 mit abl. Anm. Vollkommer. Zur Fortdauer der Befugnisse aus dem alten Richteramt vgl. BGH NJW 1967 2367. BGH NStZ 1982 476, 477; 2011 358 mit abl. Anm. Foth; OLG Zweibrücken StV 1990 14; Meyer-Goßner 23. BGH NStZ 2006 586; KK/Engelhardt 34. BGH NJW 2003 836; NStZ 2011 358 mit Anm. Foth; NStZ-RR 1999 46; bei Becker NStZ-RR 2003 292; StraFo 2006 334; KMR/Gemählich 34; Meyer-Goßner 23.
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überdauernder Ausfluss des früheren Richteramtes; sie kann daher auch nach dem Ausscheiden aus dem alten Spruchkörper ausgeübt werden, denn es wird auch bei einer späteren Teilnahme an der Fassungsberatung und mit der Unterschrift nur eine im alten Richteramt ausgeübte, bereits wirksam gewordene Amtshandlung dokumentiert.187 Die Gründe für eine dauernde oder zeitweilige tatsächliche Verhinderung können viel- 47 fach sein. Welches Gewicht sie haben, hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab. Eine Verhinderung wurde beispielsweise angenommen, wenn ein Richter verstorben oder ernstlich erkrankt ist oder wenn er inzwischen einen längeren Urlaub angetreten hat 188 oder wenn ein nicht am Gerichtssitz wohnhafter Hilfsrichter mitgewirkt hat und vor der Abfassung des Urteils an seinen Wohnort zurückgekehrt ist.189 Anderweitige Dienstgeschäfte können eine tatsächliche (nicht rechtliche) Verhinderung begründen, so, wenn der Richter wegen eines anderweitigen, seine Zeit voll beanspruchenden Dienstgeschäftes oder wegen Dienstleistung an einem anderen Ort zur Durchsicht und Unterschrift der Urteilsgründe in vertretbarer Zeit nicht in der Lage ist.190 Dies ist nicht der Fall, wenn er nunmehr sein Richteramt in einem Nebengebäude wahrnimmt.191 Vorausgesetzt wird stets, dass sich der Vorsitzende ernsthaft darum bemüht hat, dem gesetzlichen Gebot, dass das Urteil von allen mitwirkenden Berufsrichtern zu unterschreiben ist, Geltung zu verschaffen.192 Auch die Teilnahme an einem Betriebsausflug dürfte allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände (Ende der Urteilsabsetzungsfrist) als Verhinderungsgrund ausreichen.193 Eine kurzfristige Verhinderung, die die Pflicht des Gerichts zur unverzüglichen Urteilsabsetzung nicht beeinträchtigt, berechtigt nicht zum Ersetzungsvermerk. Andererseits erscheint es mit dem Gebot, das Urteil unverzüglich zu den Akten zu bringen, auch nicht vereinbar, den Verhinderungsfall nur anzunehmen, wenn der verhinderte Richter das Urteil voraussichtlich nicht vor Ablauf der Absetzungsfrist unterzeichnen kann.194 Die kurzfristige Nichterreichbarkeit eines Richters am letzten Nachmittag der Urteilsabsetzungsfrist genügt allerdings ebenso wenig für die Annahme seiner Verhinderung195 wie – für sich allein – die Zugehörigkeit zu einer anderen Kammer oder einem anderen Gericht.196 Die Verhinderung braucht keine dauernde zu sein. Auch eine Verhinderung von erkennbar begrenzter Dauer genügt. Die zur Erfüllung des Beschleunigungsgebots ausdrücklich in Absatz 1 Satz 1 festgelegte Pflicht, das Urteil unverzüglich zu den Akten zu bringen, lässt kein Zuwarten zu, durch das die Fertigstellung des Urteils nicht nur unbeträchtlich verzögert würde.197 Dies muss für den Zeitpunkt der Unterschrifts-
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LR/Gollwitzer 25 39; ders. FS Kleinknecht 147, 168 f.; ders. FS Gössel 543, 551; a.A. Foth NStZ 2011 359. BGH StV 1998 477. RGRspr. 8 (1886) 739; RG GA 39 (1881) 318. BGHSt 31 212, 213; BGH NStZ-RR 1999 46; StV 1993 113; BGHR § 275 Abs. 2 Satz 2 Verhinderung 1; vgl. KMR/Gemählich 32. OLG Zweibrücken StV 1999 14. BGH NStZ 2011 358 mit abl. Anm. Foth. BGHSt 31 212, 215 hat die Verhinderung bejaht, ebenso AK/Wassermann 9; MeyerGoßner 22; SK/Frister 30. Zu der davon zu trennenden Frage, dass dies kein unvorhersehbarer unabwendbarer Umstand im Sinne von Absatz 1 Satz 4 ist, vgl. Rn. 15.
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Meyer-Goßner 21; Peglau JR 2007 146, 147 f.; so aber KK/Engelhardt 31; SK/Frister 28; ähnlich OLG Zweibrücken StV 1990 14; vgl. auch Kohlhaas GA 1974 142, 148 (vorhersehbar kurzfristige Erkrankung oder Abwesenheit keine Verhinderung). Vgl. Fn. 197 f. BGHSt 28 194; BGH StV 1991 247. Vgl. oben Fn. 183 f. BVerfG bei Spiegel DAR 1985 193 (Rückkehr vom Urlaub in vier Tagen braucht in Haftsache nicht abgewartet werden); Peglau JR 2007 146, 147. Gegen einen zu restriktiven Verhinderungsbegriff Foth NJW 1979 1310; ders. JR 1983 262; vgl. auch Rieß NStZ 1982 441, 443.
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§ 275
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
reife der Urteilsgründe ex ante beurteilt werden, wobei neben der Pflicht, das Urteil unverzüglich, spätestens aber bis zum Ende der Begründungsfrist zu den Akten zu bringen, auch andere Umstände des Dienstbetriebes und die Eilbedürftigkeit der jeweiligen Sache (Haftsache) mit berücksichtigt werden können. Wo die Grenze zu ziehen ist, hat der für den Vermerk und die unverzügliche Urteilsfertigstellung verantwortliche Richter (Vorsitzende, sein Vertreter) unter Abwägung aller Gesichtspunkte nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, wobei ihm ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.198 Satz 2 gilt auch, wenn mehrere Richter an der Unterschrift verhindert sind; es ist nicht 48 ausgeschlossen (wenngleich nach Möglichkeit zu vermeiden), dass in einem solchen Fall einer für alle unterschreibt,199 denn zur Bezeugung des Beratungsergebnisses genügt auch die Unterschrift eines Richters. Ein richterliches Mitglied des Spruchkörpers, das an der Hauptverhandlung nicht mitgewirkt hat, ist dagegen nicht befugt, die Verhinderung festzustellen.200 Vermerkt der Vorsitzende irrtümlich die Verhinderung eines Richters, der an der Verhandlung gar nicht mitgewirkt hat, hat aber der mitwirkende andere Berufsrichter bei der nur mit zwei Berufsrichtern besetzten Kammer das Urteil unterschrieben, so ist dies unschädlich, der Irrtum kann nachträglich durch eine dienstliche Erklärung klargestellt werden.201 Bei Verhinderung des allein mitwirkenden Berufsrichters kann seine Unterschrift nicht 49 ersetzt werden, auch beim Schöffengericht und bei der kleinen Strafkammer nicht durch den älteren Schöffen. Das Urteil enthält dann im prozessrechtlichen Sinn keine Entscheidungsgründe, so dass die Rüge nach § 338 Nr. 7 durchgreift.202 Gleiches gilt, wenn alle beteiligten Berufsrichter aus dem Justizdienst ausgeschieden sind.203
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c) Form des Vermerks. Der Vorsitzende – bei seiner Verhinderung der dienstälteste Richter – soll durch eine Bemerkung unter dem Urteil ersichtlich machen, dass die Unterschrift eines mitwirkenden Richters nicht aus Versehen fehlt, sondern dass dieser Richter an der Vollziehung der Unterschrift verhindert ist. Vorsitzender ist der Richter, der in der betreffenden Hauptverhandlung den Vorsitz führte.204 Ist der Vermerk in Vertretung des Vorsitzenden nicht vom dienstältesten, sondern fälschlich vom jüngeren Beisitzer angebracht worden, ist er gleichwohl wirksam.205 Die Herkunft des Vermerks und sein Verfasser müssen eindeutig erkennbar sein. Die 51 Richtigkeit des Vermerks muss durch die Unterschrift des zur Anbringung befugten Richters bestätigt werden. Deshalb ist es ratsam, bei Verhinderung des eigentlich dazu Berechtigten die Befugnis aufzuzeigen. Der Vermerk ist grundsätzlich gesondert zu unterschreiben.206 Es kann aber auch genügen, wenn ersichtlich ist, dass die Unterschrift des
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Vgl. BGHSt 31 212; BGH NStZ-RR 1999 46; StV 1993 113; Meyer-Goßner 21; enger OLG Zweibrücken StV 1990 14. RG GA 42 (1894) 31; BGHSt 26 247; 31 212; BGH bei Pfeiffer NStZ 1982 190; KK/Engelhardt 37; Meyer-Goßner 20; SK/Frister 32. BGH StV 1993 459. BGH NStZ 1999 152. BayObLG DRiZ 1931 Nr. 785; KK/Engelhardt 37; KMR/Gemählich 31; SK/Frister
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32; Eb. Schmidt 16; vgl. LR/Franke § 338, 123; a.A. Kunowski GA 37 (1889) 333; vgl. auch BayObLGSt 1967 51 = NJW 1967 1578. BGH bei Kusch NStZ 1993 30. RG GA 38 (1891) 48. BGH bei Holtz MDR 1980 456. BGH bei Miebach NStZ 1990 229; AK/Wassermann 9; KK/Engelhardt 35; Meyer-Goßner 20; SK/Frister 33; MeyerGoßner NStZ 1988 529, 537.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 275
Vorsitzenden unter dem Urteil auch den Vermerk mit abdeckt.207 Mit dem Vermerk wird als Ersatz für die fehlende Unterschrift die Verhinderung des Richters und ihr Grund aufgezeigt. Die Formel: „Zugleich für den durch Krankheit (Urlaub usw.) an der Unterschrift verhinderten …“ findet sich oft, sie wird trotz des fälschlicherweise (vgl. Rn. 44) auf eine Vertretung bei der Unterschrift hindeutenden Wortlauts nicht beanstandet, sofern eindeutig erkennbar ist, welcher Richter sie mit seiner Unterschrift deckt. Sie sollte nicht verwendet, sondern die Verhinderung und ihr Grund unterschriftlich bestätigt werden.208 Der Hinderungsgrund ist im Vermerk nur allgemein nach Art der Verhinderung zu 52 kennzeichnen („verstorben“, „Erkrankung“). Konkrete Einzelheiten dazu oder über die Dauer der Verhinderung sind entbehrlich. Es genügt, wenn ein Hinderungsgrund angeführt wird, der abstrakt den rechtlichen Anforderungen genügt, die von der Rechtsprechung gestellt werden.209 Fehlt die Angabe des Hinderungsgrundes oder ist sie ungenügend, wird der Vermerk dadurch allein nicht wirkungslos.210 Ob die fehlende Unterschrift zu Recht durch einen Verhinderungsvermerk ersetzt wurde, ist dann aber vom Revisionsgericht im Wege des Freibeweises nachzuprüfen.211 5. Eingangsvermerk. Die Geschäftsstelle muss nach Absatz 1 Satz 5 den Zeitpunkt 53 aktenkundig machen, an dem das durch alle Unterschriften gedeckte und damit fertiggestellte Urteil zu den Akten gebracht ist (Rn. 4 ff.). Der Vermerk, der auf der Urschrift des Urteils oder aber auch auf einem gesonderten Blatt angebracht sein kann,212 dient zum Nachweis, dass das Urteil fristgerecht (Absatz 1 Satz 2) zu den Akten gelangt ist. Er hat aber nicht die Beweiskraft des Protokolls nach § 274; er hindert also nicht den anderweitigen Nachweis, dass das Urteil fristgerecht fertiggestellt und rechtzeitig zu den Akten gebracht ist.213 Maßgebend ist auch bei einem anderslautenden Vermerk der tatsächliche Zeitpunkt, sofern er mittels Freibeweis festgestellt werden kann. Ist dies nicht der Fall, gehen die Zweifel an der rechtzeitigen Fertigstellung des Urteils zu Lasten des Gerichts. Gleiches gilt, wenn der Vermerk fehlt.214 Der Eingangsvermerk selbst muss nicht innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist gefertigt werden.215
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BGH bei Miebach NStZ 1990 229; sowie Fn. 206. BGH bei Becker NStZ-RR 2006 260 Nr. 15; OLG Düsseldorf VRS 99 (2000) 456; KK/Engelhardt 35; KMR/Gemählich 31; Meyer-Goßner 20; SK/Frister 33. Ähnlich die h.M. zu § 315 ZPO; vgl. die Erläuterungsbücher dazu. Bedenken äußern RG Recht 1918 Nr. 655; Meyn LZ 1915 1433. BGHSt 31 212; KMR/Gemählich 32; h.M. BGHSt 28 194; vgl. OLG Frankfurt MDR 1979 678 (zu § 315 ZPO: Zustellung wirksam). BGHSt 28 194 mit krit. Anm. Foth NJW 1979 1310; BGH NStZ 1991 297; vgl. Rn. 72. KK/Engelhardt 42; Meyer-Goßner 18; SK/Frister 23; Rieß NStZ 1982 441, 443; Lintz JR 1977 128 hält auch eine Beurkun-
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dung außerhalb der Verfahrensakten für rechtlich zulässig, jedoch für nicht sachgerecht, da der rechtzeitige Eingang aus den Akten, am besten durch einen Vermerk auf der Urschrift, ersichtlich sein müsse. BGHSt 29 43, 46; BGH bei Miebach NStZ 1988 449; BayObLG bei Rüth DAR 1979 241; OLG Karlsruhe Justiz 1977 23; KK/Engelhardt 74; KMR/Gemählich 28; Meyer-Goßner 18; SK/Frister 23 (Indizfunktion); Meyer-Goßner NZV 2002 470; vgl. auch Hamm 486 (besser wäre, auf die Beurkundung durch die Geschäftsstelle abzustellen). OLG Hamm NJW 1988 1991; OLG Stuttgart GA 1977 26; StV 1986 144; AK/Wassermann 15; Meyer-Goßner § 338, 55; LR/Franke § 338, 121. KK/Engelhardt 41.
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§ 275 54
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Der Eingangsvermerk ist kein Bestandteil des Urteils, auch wenn er auf dem Original der Urteilsurkunde angebracht sein sollte; er muss deshalb nicht selbst in die Urteilsausfertigungen übernommen werden.216 Nachträgliche Änderungen der Urteilsgründe sind ebenfalls zu vermerken (vgl. Rn. 57). 6. Änderung des fertigen Urteils
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a) Bindung. Ist das Urteil von allen mitwirkenden Richtern unterschrieben, so sind die Urteilsgründe bindend festgestellt. Jede nachträgliche Änderung oder Ergänzung durch den Vorsitzenden oder einen anderen Richter allein ist ausgeschlossen. Einseitig hinzugefügte Sätze können als Gründe des Urteils überhaupt nicht gelten.217 Die Urteilsgründe sind unabänderlich, sobald sie den inneren Bereich des Gerichts verlassen haben und – unabhängig davon – gemäß Absatz 1 Satz 3 nach Ablauf der für die Urteilsbegründung dem Gericht gesetzten Höchstfristen des Absatzes 1 Satz 2.
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b) Bei Einverständnis aller Richter sind innerhalb der genannten organisatorischen und zeitlichen Grenzen (Rn. 58 ff.) sachliche Änderungen möglich. Sie bedürfen zur Gültigkeit der besonderen Unterzeichnung durch sämtliche Richter vor Fristablauf.218 Eine Ausnahme hiervon kann nur in Betracht kommen, wenn es sich um die Berichtigung offensichtlicher, aus dem Urteil selbst zweifelsfrei hervorgehender Schreib- oder sonstiger Fassungsfehler handelt.219 Bei Änderungen ohne jeden sachlichen Gehalt, wie der Korrektur von Schreib- und Grammatikfehlern ist unstrittig, dass diese auch ohne förmlichen Berichtigungsbeschluss und ohne vorherige Genehmigung durch alle unterzeichnenden Richter ausgebessert werden dürfen.220 Jedoch werden auch Änderungen und Einschaltungen, die der Vorsitzende bewirkt hat, durch die Unterschriften gedeckt, wenn ein späteres Zufügen nicht feststeht.221
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c) Die Geschäftsstelle hat jetzt nach Absatz 1 Satz 5 auch jede nachträgliche Änderung des bereits zu den Akten gegebenen Urteils in einem besonderen Vermerk festzuhalten, um das Änderungsverbot des Absatzes 1 Satz 3 (Rn. 59) abzudecken. Der Vermerk wird zweckmäßigerweise unter dem Vermerk angebracht, der den Zeitpunkt festhält, zu dem das fertige Urteil zu den Akten gelangt ist (Rn. 53).
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d) Unabänderlichkeit. Das fertiggestellte und von allen Richtern unterschriebene Urteil kann nicht mehr geändert werden, wenn es den inneren Bereich des Gerichts verlassen hat oder wenn die Frist des Absatzes 1 Satz 2 abgelaufen ist (Absatz 1 Satz 3). Die erstgenannte Schranke tritt ein, wenn das Urteil zur Post gegeben oder einer anderen Stelle oder gerichtsfremden Person zur Kenntnis gebracht worden ist, etwa, wenn es aufgrund einer Verfügung des Vorsitzenden bei der Staatsanwaltschaft zum Zweck der
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BGH bei Pfeiffer NStZ 1981 297; Rieß NStZ 1982 441, 443; KK/Engelhardt 41, 63; Meyer-Goßner 18; SK/Frister 23. RGSt 13 66; RG GA 46 (1898/99) 218; JW 1901 500. RGSt 23 261; 28 57; BGHSt 27 334; BGH StV 1984 144; AK/Wassermann 13; MeyerGoßner 5; SK/Frister 16; vgl. Rn. 40 f. m.w.N.
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BayObLG DRiZ 1929 Nr. 1020; a.A. KK/Engelhardt 56, der auch bei offensichtlichen Fassungsversehen immer einen förmlich SK/Frister 17. BGH bei Holtz MDR 1978 638; 1984 93; AK/Wassermann 11; KK/Engelhardt 56; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 17; vgl. auch Rn. 40. RG JW 1891 54.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 275
Zustellung eingegangen ist,222 oder wenn es ohne Gründe der Staatsanwaltschaft mit der Anfrage zugeleitet wurde, ob auf Rechtsmittel verzichtet wird,223 sogar, wenn es ohne richterliche Verfügung von der Geschäftsstelle aus dem internen Gerichtsbereich hinausgegeben wurde, wobei unerheblich ist, dass dann eine Zustellung unwirksam ist.224 Die Verfügung des Vorsitzenden, mit der die Zustellung angeordnet wird, hat diese Wirkung noch nicht, da sie nur innerdienstlich von Bedeutung ist.225 Nicht mehr zulässige Änderungen sind grundsätzlich im weiteren Verfahren unbeachtlich.226 Eine wesentliche sachliche Änderung im Zusatz kann allerdings zur Folge haben, dass dann weder die Urteilsgründe in der ursprünglichen Form noch in der geänderten Fassung ordnungsgemäß bezeugt sind.227 Das Verbot der nachträglichen Änderung der Urteilsgründe (Absatz 1 Satz 3) soll 59 einer Umgehung der Höchstfristen für die Urteilsabfassung (Absatz 1 Satz 2) vorbeugen228 und die absolute Revisionsrüge nach § 338 Nr. 7 absichern. Dies spricht dafür, entgegen der herrschenden Meinung229 die Tragweite dieser Vorschrift in sinnorientierter Auslegung auf den eigentlichen Regelungszweck zu beschränken,230 vor allem aber die Nachholung einer versehentlich vergessenen oder ungenügenden Unterschrift oder den Ersatz eines Verhinderungsvermerkes, die ja keine Änderung der fixierten Urteilsgründe bedeuten, unbegrenzt zuzulassen.231 Das Änderungsverbot tritt erst nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 Satz 2 ein, es hin- 60 dert also die sachliche Änderung eines bereits zu den Akten gebrachten Urteils nicht, wenn diese Höchstfrist noch nicht verstrichen ist und das Urteil den inneren Bereich des Gerichts noch nicht verlassen hat.232 Dies erhellt auch daraus, dass die Geschäftsstelle
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BayObLG 1963 138; 1972 23 = NJW 1963 1512; BayObLG NStZ 1991 342; OLG Köln VRS 63 (1982) 460; OLG Bremen NJW 1956 435; Meyer JR 1976 515. Die Rechtsprechung hat früher auf die Zustellung an einen Prozessbeteiligten abgestellt; vgl. RGSt 28 82; RG Recht 1911 Nr. 3886; 1926 Nr. 1110; RG GA 71 (1927) 92. Zur Unabänderlichkeit der Urteilsformel vgl. LR/Stuckenberg § 268, 38 ff. OLG Celle VRS 98 (2000) 222. BayObLGSt 1981 84 = NJW 1981 2589. KK/Engelhardt 55; SK/Frister 15; a.A. RGSt 54 21; OLG Köln JR 1976 514. RGSt 24 118; 28 81; 51 376; RG JW 1893 291; BGHSt 2 249; 3 245; BGH NStZ 1993 200; BayObLGSt 1963 138 = NJW 1968 1512; AK/Wassermann 13; KK/Engelhardt 57; Meyer-Goßner 11; Rieß NStZ 1982 441, 444. Vgl. RGSt 44 120; BGHSt 27 334; BGH bei Holtz MDR 1979 638. BTDrucks. 7 551 S. 85. BGHSt 28 194, 195 f.; 46 204, 205 f.; BGH NStZ 1982 476; bei Kusch NStZ 1995 220; StV 1984 275; bei Holtz MDR 1978 988; BayObLGSt 1982 133 = JR 1983 261 mit Anm. Foth; BayObLG VRS 61 (1981) 130;
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OLG Düsseldorf MDR 1981 423; MeyerGoßner 6; Meyer-Goßner NStZ 1988 529, 537; Rieß NStZ 1982 441, 443; vgl. Fn. 142. LR/Gollwitzer 25 5, 37, 60; ders. FS Kleinknecht 147, 166 ff.; SK/Frister 18; SK/Velten § 268, 74. Für die Revision ist bei einer Rüge nach § 338 Nr. 7 beachtlich, wenn die Unterschrift erst nach Fristablauf geleistet wurde; bei der Sachrüge kommt es dagegen nur darauf an, ob die Unterschriften fehlen; vgl. Rn. 74. Kopf und Verhinderungsvermerk fallen ebenfalls nicht in den Schutzbereich des § 338 Nr. 7; vgl. Rn. 72 f. Die Nachholung einer fehlenden Unterschrift ist aber auch deshalb keine Änderung des fertigen Urteils, weil dieses ohne sie noch nicht fertiggestellt ist. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn ein falscher Richter unterschrieben oder ein Verhinderungsvermerk zu Unrecht angebracht und das Urteil als endgültig fertiggestellt zu den Akten genommen worden ist; vgl. Rn. 4, 36; ferner OLG Düsseldorf MDR 1981 423; LR/Franke § 338, 123. Etwa Meyer-Goßner 11; vgl. Rn. 58 und bei § 268.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
gehalten ist, den Zeitpunkt der Änderung, die ebenfalls mit der letzten sie bestätigenden Unterschrift wirksam wird, ebenso in den Akten festzuhalten wie den Zeitpunkt des Eingangs des Urteils (Absatz 1 Satz 5). Damit die Geschäftsstelle dies vermerken kann, müssen die Billigung der Änderung durch alle beteiligten Berufsrichter und ihr Zeitpunkt aktenkundig sein (Unterschriften unter datiertem Änderungsbeschluss, Abzeichnung der Änderung usw.).233
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e) Die Urteilsberichtigung, die keine sachliche Änderung der Urteilsgründe, sondern nur die Richtigstellung eines offensichtlichen Fassungsversehens zum Gegenstand haben darf,234 ist unabhängig von den der Änderung gesetzten Grenzen zulässig. Sie wird vor allem auch nicht durch das auf sachliche Änderungen abzielende Verbot des Absatzes 1 Satz 3 ausgeschlossen, da sie keine sachliche Änderung, sondern nur eine Klarstellung der getroffenen Entscheidung zum Ziele haben darf. So kann ein Schreibfehler beim Namen des Verurteilten berichtigt werden.235 Es kann auch nachgetragen werden, wenn im Urteilskopf der Name eines zweiten Verteidigers versehentlich nicht angeführt wurde.236 Eine Berichtigung setzt voraus, dass sie sich zwangslos aus Tatsachen ergibt, die für alle Beteiligten klar zu Tage liegen und jeden Verdacht einer unzulässigen nachträglichen Änderung ausschließen.237 Unter dieser Voraussetzung wurde es auch für zulässig erachtet, ein Urteil durch die Angaben von Tatzeit und Rechtskraft der bei der Sanktionsbemessung herangezogenen Vorahndungen zu ergänzen.238 Dagegen liegt keine durch Berichtigung behebbare Unrichtigkeit vor, wenn ein Richter das Urteil vor Ablauf der Begründungsfrist versehentlich nicht unterschrieben hat.239 Die nachträgliche Erstellung einer Gliederung der Urteilsgründe ist zulässig, weil es sich dabei nicht um einen gesetzlich vorgeschriebenen Teil des Urteils handelt.240
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7. Widerspruch zwischen Protokoll und Urteil. Weicht die in der Sitzungsniederschrift stehende Urteilsformel von der Formel des besonders niedergeschriebenen Urteils ab, so ist die Sitzungsniederschrift maßgebend. Denn sie beweist (§ 274) den Wortlaut des verkündeten Urteils.241 Darauf muss deshalb das alleinige Gewicht gelegt werden, weil der Angeklagte, der die Verkündung gehört hat, seine Entschließung über die etwaige Einlegung eines Rechtsmittels doch nur im Hinblick auf das ihm Verkündete fassen kann und er eine Abweichung der fraglichen Art regelmäßig erst nach Ablauf der Einlegungsfrist in Erfahrung bringt.242 Bei einem Widerspruch zwischen der Urteilsformel und den Urteilsgründen ist die 63 Formel maßgebend. Wenn jedoch die (mit dem Protokoll übereinstimmende) Formel und die Gründe des Urteils einen Widerspruch enthalten, so kann darin ein die Aufhebung
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KK/Engelhardt 55; vgl. Rn. 53. Dazu LR/Stuckenberg § 268, 44 ff. OLG Düsseldorf MDR 1990 369 mit der Einschränkung, dass der fragliche Name nicht vom Tatrichter aufgrund einer eigenen Beweiswürdigung festgestellt wurde. BGH bei Kusch NStZ 1995 221. BGHSt 2 248; 3 245; 7 75; BGH GA 1969 119; StV 1985 401; OLG Düsseldorf MDR 1981 606; KK/Engelhardt § 267, 46; Meyer-
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Goßner § 267, 39; SK/Velten § 267, 72 m.w.N. BayObLG NStZ-RR 1999 140. BGH StV 1995 454. BGH NStZ-RR 2001 107. Vgl. LR/Stuckenberg § 273, 27 ff., 60; § 268, 28 ff. So schon RGRspr. 3 (1881) 378; RG JW 1901 690; a.A. Kern GS 91 (1923) 145; Mannheim JW 1927 916.
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§ 275
des Urteils begründender Rechtsfehler liegen.243 Der Angeklagte ist aber nicht beschwert, wenn die maßgebende Formel die geringere Strafe enthält.244 8. Verbleib der Urteilsurschrift. Die Urschrift des Urteils ist, wie Absatz 1 zeigt, auf- 64 zubewahren. Sie ist zu den Hauptakten zu nehmen und grundsätzlich dort zu behalten.245 Die Fassung, in der das Urteil dort einging, muss auch bei späteren Berichtigungen erkennbar bleiben.246 Dies erleichtert den Prozessbeteiligten, sich vom Einhalten des Absatzes 1 zu überzeugen.247 Sie muss nicht mit der Reinschrift des Urteils identisch sein.248 Später gefertigte Abschriften des Urteils, in denen die in der Urschrift enthaltenen Schreibfehler korrigiert und in der Urschrift handschriftlich vorgenommenen Änderungen oder am Rande angefügten Zusätze oder späteren Änderungen in den Text aufgenommen worden sind, können als Leseexemplare nur zusätzlich zur Urschrift zu den Akten genommen werden, die Urschrift mit all ihren Korrekturen dürfen sie nicht ersetzen.249 Fehlt die Urschrift des Urteils in den Akten, steht aber fest, dass sie rechtzeitig zu den 65 Akten gegeben worden war, so begründet dies nicht die Revisionsrüge des § 338 Nr. 7.250 Diese greift nur durch, wenn die Nichteinhaltung der Frist behauptet und die Einhaltung nicht nachweisbar ist.251 Für das weitere Verfahren muss allerdings eine mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung des Urteils verfügbar sein. Gerät eine Urteilsurkunde in Verlust, so kann sie durch die mitwirkenden Richter 66 wieder so hergestellt werden, dass sie inhaltlich (nicht unbedingt wörtlich) mit dem verlorengegangenen Urteil übereinstimmt. Die von den beteiligten Richtern durch ihre Unterschrift gebilligte wiederhergestellte Fassung ist dann maßgebend.252 Ist das Urteil noch nicht hinausgegangen, kommt auch eine Neufertigung der Urteilsgründe in Betracht, wobei es vertretbar sein dürfte, den Rechtsgedanken von Absatz 1 Satz 4 analog heranzuziehen.253 Wird die Urschrift nicht rekonstruiert, kann das weitere Verfahren
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So schon RGSt 46 326; RG GA 42 (1894) 37; JW 1901 690; Recht 1909 Nr. 1435; DRiZ 1927 Nr. 75, vgl. § 267 und Fn. 244. KK/Engelhardt 67. OLG Stuttgart JR 1977 126 mit Anm. Lintz; KK/Engelhardt 59; KMR/Gemählich 50; Meyer-Goßner 27; SK/Frister 39; a.A. Rieß NStZ 1982 441, 444 (Urschrift muss nicht notwendig bei den Akten bleiben). Vgl. BGH StV 1993 117; Rn. 54, 57. Nach Ansicht des OLG Stuttgart JR 1977 126 handelt es sich insoweit nicht mehr um eine reine Ordnungsvorschrift, wie früher OLG Celle MDR 1970 608 annahm, sondern um eine revisible Verfahrensvorschrift; dagegen Lintz JR 1977 128. Vgl. LR/Franke § 338, 116. KK/Engelhardt 58. BGHR § 275 Abs. 1 Satz 1 Akten 2; KK/Engelhardt 59; Meyer-Goßner 27. OLG Stuttgart JR 1977 126; KMR/Gemählich 50; ebenso zum früheren Recht OLG Celle MDR 1970 608. Vgl. Rn. 53.
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RG DJZ 1930 332; GA 63 (1916/17) 443; HRR 1940 Nr. 279; BGH NJW 1980 1007 fordert wortwörtliche Übereinstimmung; ebenso KMR/Gemählich 51; SK/Frister 39; vgl. auch AK/Wassermann 20; MeyerGoßner 27. Nach KK/Engelhardt 60 genügt die inhaltliche Übereinstimmung, ebenso LR/Franke § 338, 118. Zu den Einzelheiten W. Schmidt FS Lange 785 m.w.N., ferner VO vom 18.6.1942 BGBl. III 315–4. BGH NJW 1980 1007 lässt offen, ob der Urteilsverlust einem die Fristüberschreitung rechtfertigenden Umstand gleichzuachten ist, sofern der Urteilsverlust vor Fristablauf eingetreten ist. Darauf kann es aber nicht ankommen. Denn die Frist war gewahrt, ganz gleich, ob das Urteil dann vor oder nach Fristablauf verloren ging (KK/Engelhardt 51). Es kommt nur darauf an, ob man unter analoger Heranziehung des Rechtsgedankens von Absatz 1 Satz 4 eine nochmalige Abfassung der mit der ursprünglichen Fassung nicht notwendig identischen Urteilsgründe zulassen will, wofür Gründe
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§ 275
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auch aufgrund einer Abschrift, deren Übereinstimmung mit dem Original verbürgt ist, weiterbetrieben werden. Nur wenn auch dies nicht möglich ist, ist § 338 Nr. 7 entsprechend anwendbar;254 auch die Sachrüge greift dann durch (Rn. 70).
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9. Ausfertigungen. Unter Ausfertigungen sind amtliche Abschriften zu verstehen, die im Rechtsverkehr die Urschrift ersetzen sollen und deshalb vom Urkundsbeamten in besonderer Form (Ausfertigungsvermerk, Unterschrift des Urkundsbeamten, Gerichtssiegel) erteilt werden.255 Sie müssen inhaltlich mit der Urschrift übereinstimmen. Eine Urteilsausfertigung, die davon abweichend eine unvollständige Urteilsformel enthält oder die durch Auslassungen oder Wiederholungen halber Sätze usw. den Inhalt der Urschrift nicht sicher erkennen lässt, ist nicht geeignet, die von ihrer Zustellung abhängigen Fristen in Lauf zu setzen.256 Fehlt eine in der Urschrift vorhandene Unterschrift unter der Ausfertigung, so ist strittig, ob dieser Mangel unerheblich ist.257 Ist das Urteil ohne Gründe geblieben, wird nur die Formel zugestellt; es muss dann aber erkennbar gemacht werden, dass dies bereits die Zustellung der maßgebenden Entscheidung ist.258 Zuständig zur Vornahme der in Absatz 4 vorgesehenen Amtshandlungen ist der Ur68 kundsbeamte des mit der Sache befassten Gerichts; nicht nur derjenige, der in der Hauptverhandlung tätig gewesen ist. Wenn es sich um Urteile einer auswärtigen Strafkammer handelt, ist dies auch der Urkundsbeamte des Landgerichts neben dem des Amtsgerichts, bei dem die Strafkammer gebildet ist.259 Die Zustellung der Urteilsausfertigung ist auch wirksam, wenn der Urkundsbeamte die Abschrift nicht handschriftlich, sondern mit seinem Namensfaksimile beglaubigt hat.260 Sie ist unwirksam, wenn die dort wiedergegebene richterliche Unterschrift nicht der in der Urschrift entspricht.261 Fehlt in der zugestellten Ausfertigung eine Seite des Urteils, ist die Zustellung des vollständigen Urteils zweckmäßigerweise zu wiederholen; aus diesem Versehen kann aber nicht geschlossen werden, dass die Urschrift des Urteils ohne diese Seite zu den Akten gelangt ist.262
IV. Rechtsmittel 69
1. Berufung. Für das Berufungsverfahren ist es unerheblich, ob das Urteil fristgerecht begründet wurde.263 Es kann selbst dann durchgeführt werden, wenn die Urteilsgründe überhaupt fehlen;264 eine Berufungsbeschränkung ist dann allerdings nicht möglich.265
254 255 256
257
der Prozesswirtschaftlichkeit sprechen, auch wenn der Verlust i.d.R. nicht unabwendbar war. Vgl. LR/Franke § 338, 118. Lintz JR 1977 128; vgl. LR/Franke § 338, 118. KK/Engelhardt 61; KMR/Gemählich 52; SK/Frister 40; Eb. Schmidt 19. BGH StV 1981 170; OLG Düsseldorf MDR 1993 87 (L); NStZ 2002 448; vgl. bei § 316 und LR/Franke § 345, 6 m.w.N.; ferner KG JR 1982 251 (Zustellung eines Urteils ohne Angabe der mitwirkenden Schöffen unwirksam). Nach BGHSt 46 204 ist entscheidend, ob die zugestellte Ausfertigung mit der Urschrift übereinstimmt. RG JW 1923 934 nimmt dies an; anders
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KG JR 1982 251; OLG Karlsruhe NStE 10; KK/Engelhardt 63. BayObLGSt 1995 134; BayObLG VRS 93 (1997) 175. RGSt 48 132; KK/Engelhardt 62; SK/Frister 40. KMR/Gemählich 55; Meyer-Goßner 27; a.A. KK/Engelhardt 61; SK/Frister 40. OLG Karlsruhe NStE 10; Meyer-Goßner 27. BGH bei Kusch NStZ 1995 20. KK/Engelhardt 64; KMR/Gemählich 57; SK/Frister 41; vgl. Vor § 312. KMR/Gemählich 57; SK/Frister 41; vgl. bei § 316. OLG Frankfurt NStZ-RR 2010 250.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 275
2. Revision a) Das Fehlen der Entscheidungsgründe kann mit der Verfahrensrüge nach § 338 70 Nr. 7 geltend gemacht werden. Wenn das existente Urteil mangels Begründung nicht rechtlich nachprüfbar ist, muss auch die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils führen.266 Gleiches gilt, wenn die Urteilsurkunde abhandengekommen und nicht rekonstruierbar ist und auch keine Ausfertigung für das weitere Verfahren zur Verfügung steht.267 Nach § 338 Nr. 7 kann auch gerügt werden, dass die Entscheidungsgründe fehlen und nur ein Urteilsentwurf vorliegt, weil nicht alle beteiligten Berufsrichter unterschrieben haben268 und die fehlende Unterschrift nicht wegen einer Verhinderung des betreffenden Richters entbehrlich ist,269 oder wenn der Inhalt der von allen Richtern unterschriebenen Urteilsgründe in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen nicht von allen Unterschriften gedeckten nachträglichen Zusatz in Frage gestellt wird.270 Andernfalls ist ein solcher Zusatz unbeachtlich.271 Nach Ansicht der Rechtsprechung ist die Sachrüge nur begründet, wenn das Urteil keinerlei Unterschriften aufweist,272 so dass die Verfahrensrüge zu erheben ist, wenn nur einzelne Unterschriften fehlen.273 Fehlt ein in sich geschlossener Teil der Urteilsgründe vollständig, etwa für eine von 71 mehreren abgeurteilten Taten, so greift die Rüge nach § 338 Nr. 7 ebenso wie die Sachrüge nur hinsichtlich dieser Tat (§ 264) durch.274 Eine bloß lückenhafte oder sonst ungenügende Urteilsbegründung unterfällt dagegen nicht dem § 338 Nr. 7.275 Ist bewusst ein unvollständiges Urteil zur Fristwahrung zu den Akten gegeben worden, wurde etwa nur der Schuldspruch und nicht auch der Rechtsfolgenausspruch begründet, kann das damit verfolgte Ziel, den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 einzugrenzen, nach herrschender Ansicht nicht erreicht werden, denn es liegt dann kein fristgerecht zu den Akten gebrachtes vollständiges Urteil vor. Der Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 erfasst dann das ganze Urteil;276 zu einer Nachprüfung der vorhandenen Urteilsgründe im Rahmen der Sachrüge kommt es nicht mehr.277
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LR/Franke § 338, 115 m.w.N.; Hamm 474. Vgl. Rn. 66; LR/Franke § 338, 116, 118 m.w.N. Hamm 487; vgl. Rn. 35 ff.; LR/Franke § 338, 116. Maßgebend ist nur, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (KK/Engelhardt 68) die Urteilsgründe nicht durch alle erforderlichen Unterschriften bezeugt werden; so auch, wenn die Richter sich nicht einigen konnten; BGH bei Dallinger MDR 1954 337. BGH NStZ 1991 297; NStZ-RR 2007 88; StV 1989 5; vgl. Rn. 44 ff.; LR/Franke § 338, 116 m.w.N. Vgl. BGHSt 27 334; BGH StV 1984 144; bei Holtz MDR 1979 638; 1983 450; SK/Frister 45; ferner Rn. 38, 40. BGH bei Holtz MDR 1979 638; vgl. Rn. 38; LR/Franke § 338, 123. Nach KK/Engelhardt 76 kann sich empfehlen, dass das Revisionsgericht, sofern es das Urteil nicht aufhebt, die maßgebliche Fassung feststellt, die das Urteil ohne die unbeachtliche Ergänzung hat.
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BGHR § 338 Nr. 7 Entscheidungsgründe 2; OLG Frankfurt NStZ-RR 2010 250; OLG Hamm NStZ-RR 2009 24; NStZ 2011 238; OLG Schleswig SchlHA 2002 172; s.a. Börner ZStW 122 (2010) 157, 173. BGHSt 46 204, 206; BGH NStZ-RR 2000 237, 238; 2003 85; Graf/Peglau 21; a.A. BayObLG NJW 1967 1578; GA 1981 475; bei Rüth DAR 1983 253; SK/Frister 44; LR/Franke § 338, 115 f.; vgl. Gollwitzer FS Kleinknecht 147, 168. RGSt 3 149; 43 298; 44 29; RG JW 1935 2981; SK/Frister 43; Eb. Schmidt Nachtr. I 33; Hamm 477; vgl. LR/Franke § 338, 116. Meyer-Goßner § 338, 53; SK/Frister 42 f.; vgl. Rn. 4; LR/Franke § 338, 117. Meyer-Goßner § 338, 56; SK/Frister 43; Hamm 489; Rieß NStZ 1982 441, 446; vgl. LR/Franke § 338, 123. OLG Celle NdsRpfl. 1993 133; MeyerGoßner § 338, 57.
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§ 275
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Der Verhinderungsvermerk selbst ist kein Bestandteil der Urteilsgründe;278 sein Fehlen allein kann die absolute Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 7 nicht begründen. Auch die Rüge nach § 337 greift nicht, denn das Urteil kann auf diesem Fehler nicht beruhen.279 Fehlt die Angabe des Verhinderungsgrundes oder ist sie unschlüssig, so prüft nach der Rechtsprechung das Revisionsgericht im Wege des Freibeweises nach, ob der Richter tatsächlich an der Leistung der Unterschrift verhindert war.280 Im Übrigen begnügt es sich damit, dass der Vermerk rechtlich abstrakt die Verhinderung bezeugt; die tatsächliche Richtigkeit der Angabe wird nicht nachgeprüft, sofern nicht die Revision (unter entsprechendem Tatsachenvortrag) behauptet, die Verhinderung sei nur aufgrund eines Rechtsfehlers oder willkürlich bestätigt worden.281 Strittig ist, ob die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit eines Verhinderungsvermerks nur aufgrund einer durch entsprechenden Tatsachenvortrag untermauerten Verfahrensrüge nachgeprüft werden kann, oder auch im Rahmen der Sachrüge.282 Im Rahmen der letzteren ist für eine Nachprüfung allenfalls Raum, wenn offen ist, ob eine fehlende Unterschrift überhaupt durch einen Verhinderungsvermerk ersetzt werden sollte283 (vgl. Rn. 70). Mit der Revision kann nicht gerügt werden, dass ein Richter das Urteil mitunterschrieben hat, der an sich aus Rechtsgründen als verhindert hätte behandelt werden müssen, denn darauf, dass seine Unterschrift nicht durch einen Verhinderungsvermerk ersetzt wurde, kann das Urteil nicht beruhen.284
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b) Sonstige Fehler der Urteilsurkunde. Sind die Angaben nach Absatz 3 im Urteilskopf unvollständig oder unrichtig, so begründet dies weder nach § 338 Nr. 7, der allein auf die Gründe abstellt, noch nach § 337 die Revision, da das Urteil auf diesen Fehlern nicht beruhen kann.285 Dies gilt auch, wenn die Zeitangaben unrichtig sind286 oder der Urteilskopf Angaben enthält, die falsch oder unvollständig oder überflüssig sind.287 Ein Verstoß gegen § 338 Nr. 7 liegt auch nicht vor, wenn die Urteilsgründe in einer besonderen Urkunde, also ohne Aufnahme in das Protokoll (vgl. Rn. 20), fristgerecht, aber ohne Kopf und Tenor zu den Akten gebracht worden sind; auf dem nach § 337 zu behandelnden Verstoß gegen § 275 kann das Urteil i.d.R. nicht beruhen.288
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A.A. BGHSt 26 247, 248; BGH bei Kusch NStZ 1995 220 Nr. 18; SK/Frister 46. BGH nach KK/Engelhardt 69; a.A. SK/Frister 46. BGH NJW 1979 663 (nur teilweise in BGHSt 28 194) mit Anm. Foth NJW 1979 1310; BayObLGSt 1982 133 = JR 1983 261 mit Anm. Foth; BayObLG VRS 61 (1981) 130, KK/Engelhardt 71; Meyer-Goßner § 338, 57; zweifelnd OLG Zweibrücken StV 1990 14; vgl. auch Fn. 281. BGHSt 31 212, 213; BGH NJW 1961 782; StV 1991 247; 1993 113; NStZ-RR 1999 46; KMR/Gemählich 61; Meyer-Goßner § 338, 57; krit. SK/Frister 47; vgl. Rn. 52; LR/Franke § 338, 123. BGHSt 46 204; Meyer-Goßner § 338, 57; Foth JR 1983 262; vgl. aber auch BGHSt 28 194. BayObLGSt 1982 133; BayObLG VRS 61 (1981) 130; OLG Hamm NJW 1988
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1991 lassen die Nachprüfung des Verhinderungsvermerks bereits im Rahmen der Sachrüge zu. Etwa wenn jeder Hinweis auf Verhinderung fehlt („Für Richter X“). BGHSt 46 204 fordert auch insoweit eine substantiierte Verfahrensrüge. KK/Engelhardt 69; SK/Frister 46. RGRspr. 9 (1887) 480; KK/Engelhardt 66; KMR/Gemählich 62; Meyer-Goßner 28; SK/Frister 50; vgl. auch Rn. 31 und Fn. 286. RG JW 1932 3105 mit Anm. Oetker; OLG Koblenz VRS 45 (1973) 90. Vgl. Rn. 23. BGHSt 46 204; BGH NStZ 1989 584; 1994 47; bei Kusch NStZ 1995 221; MeyerGoßner 28; Eb. Schmidt Nachtr. I 2. BayObLG bei Rüth DAR 1981 253; OLG Köln NJW 1980 1405; VRS 64 (1983) 282; Meyer-Goßner 28; LR/Franke § 338, 54.
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Sechster Abschnitt. Hauptverhandlung
§ 275
c) Überschreitung der Begründungsfrist. Die Verletzung des Gebots, das Urteil unver- 74 züglich zu den Akten zu bringen, kann mit der Revision nicht gerügt werden,289 sofern die Verzögerung nicht ein rechtsstaatswidriges Ausmaß 290 erreicht hat. Dagegen ist es ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 7, wenn das Urteil erst nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 Satz 2 zu den Akten gebracht wurde, wobei schon das Fehlen einer erforderlichen Unterschrift oder des Verhinderungsvermerks die Rüge der Fristüberschreitung nach § 338 Nr. 7 begründen kann.291 Ob die Frist beachtet wurde, hat das Revisionsgericht ggf. im Wege des Freibeweises zu klären.292 Gleiches gilt, wenn mit substantiellem Tatsachenvortrag gerügt wird, dass dieser Vorgang unzutreffend datiert sei293 oder dass kein die Fristüberschreitung rechtfertigender, weil nicht vorhersehbarer und unabwendbarer Umstand vorlag,294 oder wenn beim Verhinderungsvermerk die Angabe des Hinderungsgrundes fehlt.295 Die Fristüberschreitung ist aber nur bei entsprechender Verfahrensrüge vom Revisionsgericht zu prüfen, im Rahmen der Sachrüge ist sie unbeachtlich;296 dies gilt auch, wenn eine fehlende Unterschrift eines Richters erst nach Fristablauf nachgeholt worden ist.297 Die Überschreitung der Urteilsabsetzungsfrist kann auch die Staatsanwaltschaft rügen.298 d) Begründung der Verfahrensrügen. Zur näheren Begründung der Verfahrensrüge, 75 das Urteil sei ohne Gründe, ist die Angabe weiterer Tatsachen im Regelfall entbehrlich. Wird geltend gemacht, ein Richter habe zu Unrecht nicht unterschrieben, da ein Verhinderungsfall in Wirklichkeit nicht vorgelegen habe, so sind nach § 344 die Tatsachen anzugeben, aus denen sich ergibt, dass keine Verhinderung vorlag.299 Wird gerügt, das Urteil sei entgegen Absatz 1 Satz 2 nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden, muss die Revision nach der Rechtsprechung300 alle für die Fristberechnung erforderlichen Tatsachen anführen; also den Tag, an dem das Urteil verkündet wurde, und den Tag, an dem es zu den Akten gelangte. Bei einer drei Tage überschreitenden Hauptverhandlung301
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BGH NStZ 2006 463; Meyer-Goßner 8, 28; Hamm 479; Rieß NStZ 1982 441, 442; ferner LR/Franke § 338, 121; a.A. Graf/Peglau 8.1; SK/Frister 11, 49; Keller/Meyer-Mews StraFo 2005 353, 357 f.; Peglau JR 2007 146; s.a. Schmitt StraFo 2008 313, 315; vgl. BVerfG StV 2006 81, 85; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008 117; auch Hillenkamp 92 ff. (dass Verletzung des Unverzüglichkeitsgebots kein absoluter Revisionsgrund ist, schließe eine Rüge nach § 337 nicht aus; wenn es das Beratungsergebnis wegen der Verzögerung unzutreffend wiedergibt, scheitere die Revision auch nicht daran, dass es an sich auf der nachfolgenden Verzögerung nicht beruhen könne). Erwägend BGH NStZ 2006 296; KMR/Gemählich 11; Meyer-Goßner 28. Vgl. Rn. 9 ff., 13 ff., 35 ff.; LR/Franke § 338, 121 m.w.N. KK/Engelhardt 74; Meyer-Goßner § 338, 55; SK/Frister 48; Hamm 486; vgl. Rn. 3 ff.; LR/Franke § 338, 122. BGHSt 29 43, 47; BGHR § 275 Abs. 2
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Satz 5 Eingangsvermerk 1; OLG Hamm MDR 1977 1039; KK/Engelhardt 74; Meyer-Goßner § 338, 55. Hamm 489; LR/Franke § 338, 122, 140. Vgl. BGH NStZ-RR 2000 237; aber auch Rn. 52. Vgl. Rn. 17. Rn. 4, 36; vgl. LR/Franke § 338, 123. BGH NStZ 1985 184 = bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985 207; KK/Engelhardt 72. BGHSt 31 212; Meyer-Goßner § 338, 57. Etwa BGHSt 29 203 = JR 1980 521 mit abl. Anm. Peters; BGH StraFo 2003 172; VRS 62 (1982) 53; bei Holtz MDR 1980 456; BayObLGSt 2003 98; OLG Brandenburg StraFo 2002 88; OLG Frankfurt StraFo 1999 164; Rieß NStZ 1982 441, 446; Hamm 492; ferner Rn. 9 ff. und LR/Franke § 338, 140. Vgl. BGHSt 29 43 (der Angabe der Verhandlungstage bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung nicht länger als drei Tage gedauert hat, da dann immer die Regelfrist gilt); nach Hamm 492 sollte,
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§ 275
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
gehören dazu auch Angaben zur Dauer der Hauptverhandlung (Zahl der Verhandlungstage), ggf. auch der Vortrag der Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass die angenommenen Voraussetzungen für eine zulässige Fristüberschreitung nicht gegeben waren.302 Wegen der Einzelheiten vgl. § 338, 140.
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3. Rechtsbeschwerde. Im Bußgeldverfahren kann die Überschreitung der Urteilsabsetzungsfrist mit der Rechtsbeschwerde (§§ 79, 80 OWiG) gerügt werden.303
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um sicher zu gehen, auch dann die Zahl der Verhandlungstage angegeben werden. Vgl. Hamm 492. Vgl. etwa BayObLGSt 1976 97; OLG Bam-
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berg ZfSch 2008 704; OLG Frankfurt NStZ-RR 2009 57; OLG Koblenz VRS 63 (1982) 376; 65 (1983) 452.
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SIEBENTER ABSCHNITT Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung § 275a (1) 1 Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. 2 Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. 3 Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. 4 Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. 5 Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben. (2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist. (3) 1 Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. 2 Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. 3 Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme. (4) 1 Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. 2 Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. 3 Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein. (5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden. (6) 1 Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. 2 Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. 3 In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Ab-
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§ 275a
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satz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. 4Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend. Bis zum 31.12.2010 geltende Fassung, die nach Art. 316e Abs. 1 EGStGB noch auf alle Verfahren anzuwenden ist, die vor dem 1.1.2011 begangene Taten zum Gegenstand haben: § 275a (a.F.) 1 Ist
über die im Urteil vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der (1) Sicherungsverwahrung (§§ 66a und 66b des Strafgesetzbuches) zu entscheiden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. 2 Prüft die Staatsanwaltschaft, ob eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, teilt sie dies dem Betroffenen mit. 3 Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches spätestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt stellen, in dem der Vollzug der Freiheitsstrafe oder der freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Betroffenen endet. 4Sie übergibt die Akten mit ihrem Antrag unverzüglich dem Vorsitzenden des Gerichts. (2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist. (3) 1Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. 2 Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. 3 Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme. (4) 1 Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. 2 Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. 3 Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein. (5) 1 Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. 2 In den Fällen des § 66b Abs. 3 des Strafgesetzbuches ist das für die Entscheidung nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht für den Erlass des Unterbringungsbefehls so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. 3In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Abs. 2 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. 4Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend. Schrifttum Bender Die nachträgliche Sicherungsverwahrung (2007); Folkers Die nachträgliche Sicherungsverwahrung in der Rechtsanwendung, NStZ 2006 426; von Freier Verfahrensidentität und Prozessgegenstand des Verfahrens zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung, ZStW 120
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Siebenter Abschnitt. Entscheidung über die Sicherungsverwahrung
§ 275a
(2008) 273; Hanack Nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung? FS Rieß 709; Kinzig Das Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung, NJW 2002 3204; ders. Die Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung, NJW 2011 177; Peglau Das „Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung“, JR 2002 449; ders. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung, das Rechtsmittelverfahren und das Verschlechterungsverbot, NJW 2004 3599; ders. Mehrfache Verfahren zur nachträglichen Verhängung der Sicherungsverwahrung – ein prozessuales Problem der strafrechtlichen Gefahrenabwehr, JR 2006 14; Rissing-van Saan Vorbehaltene und nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung als Bewährungsproben des Rechtsstaates, FS Nehm 191; Römer Verwahrung gegen die nachträgliche Sicherungsverwahrung, JR 2006 5; Zschieschack/Rau Probleme der nachträglichen Sicherungsverwahrung unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, JR 2006 8; dies. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung in der aktuellen Rechtsprechung des BGH, JZ 2006 895. Für das umfangreiche Schrifttum zu den materiell-rechtlichen Fragen der vorbehaltenen und nachträglichen Sicherungsverwahrung sowie deren Verfassungsmäßigkeit und Vereinbarkeit mit der EMRK vgl. die Kommentare zu §§ 66a, 66b StGB sowie LR/Esser Art. 5, 80 ff., 134 f. EMRK, Art. 7, 34 ff. EMRK.
Entstehungsgeschichte. § 275a wurde durch Art. 2 Nr. 4a des Gesetzes zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung (SichVEG) vom 21.8.2002 (BGBl. I S. 3344) neu in die StPO eingefügt. Die durch § 66a StGB geschaffene Möglichkeit, die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung einem Nachverfahren vorzubehalten, erforderte zusätzliche verfahrensrechtliche Regelungen. Deshalb wurden mehrere Vorschriften über die Hauptverhandlung (§§ 246a, 260, 267) ergänzt und die Belehrungspflichten durch einen neuen § 268d erweitert. Der neu eingefügte § 275a regelt das Nachverfahren, das erforderlich ist, wenn das Strafurteil über die Rechtsfolge der Sicherungsverwahrung nicht abschließend entscheidet, sondern dies einer späteren Entscheidung vorbehält. Für die Regelung wurde ein nur aus dieser einzigen Bestimmung bestehender neuer Siebenter Abschnitt des zweiten Buchs der StPO geschaffen. Der bisherige Siebente Abschnitt „Verfahren gegen Abwesende“ wurde durch Art. 2 Nr. 4b dieses Gesetzes zum Achten Abschnitt. Die in kurzen Abständen folgenden Änderungen des materiellen Rechts1 haben jeweils auch Änderungen des § 275a nach sich gezogen. Nachdem den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für die nachträgliche Sicherungsverwahrung abgesprochen worden war,2 erließ der Bundesgesetzgeber das Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung (SichVNachtrEG) vom 23.7.2004 (BGBl. I S. 1838), dessen Art. 2 Nr. 2 den § 275a neu gefasst hat; dabei wurde Absatz 1 um den Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung gemäß § 66b StGB, § 106 Abs. 5, 6 JGG ergänzt und die Regelungen zur Verfahrenseinleitung aus Absatz 2 in Absatz 1 verschoben. Der bisherige Absatz 3 wurde textlich unverändert zu Absatz 2, ebenso der bisherige Absatz 4 zu Absatz 3. Die Regelung zum Sachverständigengutachten im bisherigen Absatz 5 wurde im neuen Absatz 4 dahingehend erweitert, dass im Fall der Entscheidung über die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung Gutachten von zwei Sachverständigen einzuholen sind. Der neue Absatz 5 sah unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass eines Unterbringungsbefehls bevor. Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht (SichVNachtrJStrG) vom 8.7.2008 (BGBl. I S. 1212) brachte für § 275a nur redaktionelle Änderungen durch Streichung der Verweisungen in Absatz 1 und 5 auf § 106 Abs. 3, 5, 6 JGG, die § 106 Abs. 7 JGG ersetzt. Das Gesetz zur
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Übersicht bei SK/Frister 3 ff.
2
BVerfGE 109 190.
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§ 275a
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Änderung des Untersuchungshaftrechts (UHaftRÄndG) vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2274) nahm durch Art. 1 Nr. 14 eine kleine Folgeänderung in § 275a Abs. 5 beim Verweis auf die Vorschriften des Untersuchungshaftrechts vor. Nachdem der EGMR3 in Widerspruch zum BVerfG4 den nachträglichen Wegfall der Höchstgrenze von zehn Jahren für die Sicherungsverwahrung aufgrund ihres angenommenen Strafcharakters für konventionswidrig befunden hatte, wurde die Konventionsgemäßheit der nachträglichen Sicherungsverwahrung insgesamt in Zweifel gezogen.5 Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen (SichVNOG) vom 22.12.2010 (BGBl. I S. 2300) den Anwendungsbereich der nachträglichen Sicherungsverwahrung deutlich eingeschränkt auf Fälle erledigter Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie auf das Jugendstrafrecht, die Möglichkeiten des Vorbehalts der Sicherungsverwahrung erweitert6 sowie eine besondere Unterbringungsmöglichkeit für Fälle, in denen weitere Sicherungsverwahrung unzulässig wäre, im Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) geschaffen, über die die Zivilkammern der Landgerichte zu entscheiden haben. Art. 2 Nr. 4 SichVNOG hat § 275a Abs. 1 neu gefasst, nach Absatz 4 den neuen Absatz 5 mit einer Frist für die Entscheidung über vorbehaltene Sicherungsverwahrung eingefügt und im bisherigen Absatz 5, der nun Absatz 6 wurde, Satz 2 neu gefasst und Satz 3 an die neu gefasste Vorschrift des § 66a StGB angepasst. Zugleich wurde durch Art. 4 Nr. 2 SichVNOG der neue Art. 316e EGStGB eingefügt, gemäß dessen Absatz 1 die bis zum 31.12.2010 geltende Fassung der Vorschriften über die Sicherungsverwahrung weiterhin noch auf alle Verfahren anzuwenden ist, die Taten betreffen, von denen wenigstens eine vor dem 1.1.2011 begangen wurde. Obschon § 275a keine ausdrückliche Erwähnung findet, ist die Weitergeltung der früheren Fassungen über die Sicherungsverwahrung in Altfällen nur gemeinsam mit der Weitergeltung der entsprechenden Fassung der zugehörigen Verfahrensnorm vorstellbar und vom Gesetzgeber auch gewollt.7 Die bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschriften werden im Folgenden mit dem Zusatz „a.F.“ versehen, die ab dem 1.1.2011 geltenden Vorschriften stehen ohne Zusatz oder mit dem Zusatz „n.F.“. Wenige Tage nach Inkrafttreten des SichVNOG hat der EGMR es als Verletzung des Art. 5 EMRK angesehen, wenn eine Unterbringung angeordnet wird, die im Strafurteil „nicht einmal als Möglichkeit enthalten war“,8 so dass die Vereinbarkeit jeglicher ohne vorherigen Vorbehalt nachträglich angeordneter Sicherungsverwahrung mit der Konvention zweifelhaft ist.9 Schließlich hat das BVerfG in Abkehr von seiner früheren Rechtsauffassung10 mit Urteil vom 4.5.201111 alle Vorschriften über die Sicherungsverwahrung, namentlich in §§ 66 bis 66b StGB und §§ 7, 106 JGG, für verfassungswidrig erklärt. § 275a wäre demnach funktionslos, wenn das BVerfG nicht zugleich nach § 35 BVerfGG angeordnet hätte, dass die Vorschriften bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 31.5.2013, nach Maßgabe des Urteilstenors weiter Anwendung finden. Im Zuge der angeordneten Neuregelung ist auch eine Änderung des § 275a geboten.12
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EGMR 19.12.2009, M/Deutschland, Nr. 19359/04 = NJW 2010 2495. BVerfGE 109 133. Vgl. nur SK/Frister 8 m.w.N. Krit. Kinzig NJW 2011 177, 178 ff. BTDrucks. 17 3403 S. 49; SK/Frister 16. EGMR 13.1.2011, H/Deutschland, Nr. 6587/04, § 88 = NJW 2011 3423, 3425.
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9 10 11 12
Meyer-Goßner 2 m.w.N. BVerfGE 109 133, 167; BVerfGK 9 108; 14 357; 16 98. BVerfGE 128 326 = BGBl. 2011 I S. 1003. Der im März 2012 veröffentliche Regierungsentwurf lässt § 275a indes unverändert.
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Siebenter Abschnitt. Entscheidung über die Sicherungsverwahrung
§ 275a
Übersicht Rn. I. Bedeutung der Vorschrift 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur der Nachverfahren . . . . a) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung b) Nachträgliche Sicherungsverwahrung II. Voraussetzungen der Nachverfahren 1. Vorbehaltene Sicherungsverwahrung . 2. Nachträgliche Sicherungsverwahrung . 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitliche Vorgaben a) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach § 66a StGB a.F. . . . . . . . . b) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach § 66a StGB n.F. . . . . . . . c) Nachträgliche Sicherungsverwahrung III. Vorbereitung der Nachverfahren 1. Staatsanwaltschaft a) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung b) Nachträgliche Sicherungsverwahrung aa) Antragserfordernis . . . . . . . bb) Form und Inhalt des Antrags . . cc) Zeitpunkt des Antrags . . . . . dd) Mitteilung an den Betroffenen . ee) Notwendige Verteidigung . . . 2. Wirkung von Aktenübersendung und Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorbereitung der Verhandlung durch den Vorsitzenden a) Entsprechende Anwendung der §§ 213 ff. (Absatz 2) . . . . . . . . b) Ladungen, Mitteilung der benannten Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . c) Verteidiger . . . . . . . . . . . . d) Bestellung der Sachverständigen . . IV. Hauptverhandlung 1. Verfahrensgegenstand a) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung
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Rn. b) Nachträgliche Sicherungsverwahrung 2. Entsprechende Anwendung der §§ 226 bis 275 . . . . . . . . . . . . 3. Vorgehende Sondervorschriften (Absatz 3) a) Notwendigkeit von Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Vortrag des Berichterstatters . . . . c) Verlesung des Urteils durch den Vorsitzenden . . . . . . . . . . . . 4. Vernehmung des Verurteilten . . . . . 5. Beweisaufnahme a) Anwendbarkeit der für die Hauptverhandlung geltenden Regeln . . . b) Gegenstand der Beweisaufnahme . c) Vernehmung eines Sachverständigen 6. Urteil a) Urteilstenor . . . . . . . . . . . . b) Kostenentscheidung . . . . . . . . c) Liste der angewandten Vorschriften d) Einstweilige Unterbringung . . . . e) Urteilsgründe . . . . . . . . . . . f) Umfang der Rechtskraft ablehnender Entscheidungen . . . . . . . . . .
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V. Revision 1. Beschränkung auf den Entscheidungsgegenstand der Nachverfahrens . . . . 2. Besonderheiten der Bindung an die vorangegangene Entscheidung . . . .
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VI. Wiederaufnahme des Verfahrens bzgl. des ersten Urteils . . . . . . . . . . . .
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VII. Unterbringungsbefehl (Absatz 6) 1. Nachträgliche Sicherungsverwahrung 2. Vorbehaltene Sicherungsverwahrung 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . 4. Anordnung . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . .
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I. Bedeutung der Vorschrift 1. Regelungsgehalt. § 275a enthält in einer Vorschrift teils gemeinsame, teils unter- 1 schiedliche Regelungen für zwei verschiedene Nachverfahren, die zum einen die Anordnung der im Urteil vorbehaltenen Sicherungsverwahrung (§ 66a StGB, § 106 Abs. 3 JGG, § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO), zum anderen die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b StGB; § 7 Abs. 2, 3, § 106 Abs. 5, 6 JGG) zum Gegenstand haben. Die Einleitung der Verfahren ist in Absatz 1 geregelt, dessen Sätze 1 und 2 die vorbehaltene Sicherungsverwahrung und Sätze 3 und 4 die nachträgliche Sicherungsverwahrung betreffen. Absatz 2 und 3 sehen einheitliche Regeln für Vorbereitung und Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung vor, die im Grundsatz denen des erstinstanzlichen Verfahrens entsprechen. Absatz 4 schreibt vor, dass Sachverständigengutachten einzuholen sind, eines für die vorbehaltene, zwei für die nachträgliche Sicherungsverwahrung; Satz 3 schließt für beide Verfahren vorbefasste Gutachter aus. Absatz 5 stellt eine Sollvorschrift für den Zeitpunkt der Entscheidung über die vorbehaltene Siche-
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
rungsverwahrung auf. Absatz 6 Satz 1 und 2 legt Voraussetzungen und Zuständigkeit für den Erlass eines Unterbringungsbefehls im Verfahren der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung fest; Satz 3 trifft die entsprechende Regelung für die vorbehaltene Sicherungsverwahrung. Satz 4 ordnet für den Unterbringungsbefehl in beiden Verfahren die entsprechende Geltung bestimmter allgemeiner Regeln des Haftrechts an.
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2. Rechtsnatur der Nachverfahren. Beiden Verfahren ist gemeinsam, dass das Gericht bei der Verurteilung wegen der Straftat die Sicherungsverwahrung nicht angeordnet hat, so dass über deren Voraussetzung nun in einer zweiten Hauptverhandlung durch Urteil zu befinden ist, die mit denselben Verfahrensgarantien ausgestattet ist wie das erste Hauptverfahren. Der Verurteilte soll im zweiten Teil nicht anders gestellt werden als wenn das Gericht die Sicherungsverwahrung gleich im ersten Teil angeordnet hätte.13 Die systematische Stellung des § 275a im Anschluss an den Sechsten Abschnitt des Zweiten Buches der StPO soll dies verdeutlichen.14 Diese Verfahrensgestaltung (sog. „Hauptverhandlungsmodell“15) ist sachgerecht, denn die Beurteilung, ob die Maßregel jetzt noch anzuordnen ist, ist Sache des Tatgerichts und nicht des Vollstreckungsgerichts16 – wegen Art. 104 Abs. 2 GG ohnehin nicht der Vollstreckungsbehörde –, weil es sich nicht um die bloße Ausgestaltung einer schon verhängten, sondern um die erstmalige Verhängung der Rechtsfolge „Sicherungsverwahrung“ handelt.17
3
a) Im Fall des im Urteil ausgesprochenen Vorbehalts der Sicherungsverwahrung (§ 260 Abs. 4 Satz 4) hat das Gericht sich nicht in der Lage gesehen, eine hinreichend sichere Prognose darüber zu treffen, ob vom Täter auch künftig erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch die die Opfer seelisch oder körperlich geschädigt werden können. Durch die Zulassung des Vorbehalts soll vermieden werden, dass das Gericht wegen der im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht behebbaren Zweifel an der fortbestehenden Gefährlichkeit des Täters von der Anordnung der Sicherungsverwahrung absehen muss. Die Möglichkeit, diese Entscheidung einem Nachverfahren zu überlassen, verbessert die Voraussetzungen für eine sicherere Prognose und entlastet auch das Verfahren des erkennenden Gerichts von im Zeitpunkt seiner Entscheidung mitunter wenig erfolgversprechenden Aufklärungsversuchen. Vor allem aber macht es die Verlagerung dieser Entscheidung in das Nachverfahren möglich, das Verhalten des Täters im Strafvollzug und die dort über seine Persönlichkeit gewonnenen Erkenntnisse mit zu berücksichtigen, wenn seine künftige Gefährlichkeit zu beurteilen ist. Der ausgesprochene Vorbehalt verpflichtet das erkennende Gericht, die bewusst offen 4 gelassene Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung später in einer den Rechtsgarantien der Hauptverhandlung unterstellten weiteren Verhandlung nachzuholen, in der alle zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse über die Person des Angeklagten, vor allem auch sein Verhalten im Strafvollzug, als Beurteilungsgrundlage für die zu treffende Prognoseentscheidung mitverwertet werden können. Erst mit dem Urteil, das diese zweite Hauptverhandlung abschließt, hat das Gericht seine umfassende Kognitionspflicht (§ 264) erfüllt und das Erkenntnisverfahren der ersten Instanz als Ganzes
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BTDrucks. 15 2887 S. 15; KMR/Voll 2; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 17. Vgl. BTDrucks. 14 9264 S. 10. BTDrucks. 15 2887 S. 15. So aber die Unterbringungsgesetze der Länder, vgl. BVerfGE 109 190, 225 f., und
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der Gesetzesvorschlag der CDU/CSU-Fraktion in BTDrucks. 15 2576 S. 4 sowie der Vorschlag des Bundesrates BRDrucks. 177/04 S. 4, auch BTDrucks. 15 2945 S. 3, 5. Vgl. BTDrucks. 14 9264 S. 10; 15 2945 S. 5; vgl. Hanack FS Rieß 709, 721 f.
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Siebenter Abschnitt. Entscheidung über die Sicherungsverwahrung
§ 275a
abgeschlossen. Es liegt also nur eine einzige, wenn auch hinsichtlich des Entscheidungsgegenstands zeitlich aufgespaltene Hauptverhandlung der ersten Instanz vor und nicht etwa eine dem Verbot der mehrmaligen Bestrafung der gleichen Tat (Art. 103 Abs. 3 GG) widersprechende Doppelaburteilung oder die Teilwiederaufnahme eines bereits bestandskräftig erledigten Verfahrens.18 b) Anders ist es bei der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht 5 als Abschluss der ersten Hauptverhandlung, sondern unabhängig von dieser in einem selbständigen zweiten Verfahren erfolgt, das durch eine aktuelle Gefahrenprognose ausgelöst wird. Unter § 66b StGB i.d.F. des SichVNachtrEG 2004 waren zwei Konstellationen zu unterscheiden:19 Zum einen geht es um die mehrfach (§ 66b Abs. 1 StGB a.F.) oder einmal (§ 66b Abs. 2 StGB a.F.) wegen schwerer Straftaten zu Freiheitsstrafe verurteilten Täter, bei denen erst im Verlauf des Strafvollzugs Tatsachen erkennbar werden, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen und die Anordnung der Sicherungsverwahrung jetzt rechtfertigen; zum anderen um die Täter (§ 66b Abs. 3 StGB a.F.), die wegen verminderter oder fehlender Schuldfähigkeit und schon im Urteilszeitpunkt erkannter Gefährlichkeit gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wurden und bei denen inzwischen der Behandlungszweck entfallen ist (§ 67d Abs. 6 StGB), der Sicherungsbedarf aber wegen andauernder Gefährlichkeit fortbesteht. § 66b StGB i.d.F. des SichVNOG 2010 sieht nachträgliche Sicherungsverwahrung nur noch in der zweiten Konstellation vor. In der ersten Konstellation lässt der lose innere Zusammenhang mit der im ersten Urteil 6 abgeurteilten Tat, die allenfalls ein Gefahrensymptom unter anderen darstellt, die präventiv-polizeiliche Natur der Maßregel und die daraus resultierende Unverträglichkeit mit der EMRK, der das Konzept der reinen Präventivhaft insoweit fremd ist (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. e EMRK), besonders deutlich hervortreten. Nur eine klare Trennung des präventiven Maßregelzwecks und des repressiven Strafzwecks erlaubt es, in diesem zweiten Verfahren keine Wiederaufnahme propter nova zu Lasten des Verurteilten20 bzw. unzulässige Doppelbestrafung zu sehen,21 wozu die EMRK aufgrund ihres numerus clausus der Gründe zulässiger Freiheitsentziehung in Art. 5 nicht imstande ist und folglich die Sicherungsverwahrung entweder als Strafe oder als nicht in der Konvention vorgesehene und daher unzulässige Form der Freiheitsentziehung klassifizieren muss. Die zweite Konstellation knüpft hingegen an eine bekannte und fortdauernde Gefährlichkeit an und behebt den Mangel, dass die Sicherungsverwahrung für den Fall der Erledigung nur des Behandlungszwecks nicht schon im ersten Urteil vorbehalten oder kumulativ (§ 72 StGB) angeordnet wurde bzw. aus Rechtsgründen (Schuldunfähigkeit) angeordnet werden konnte. Das ändert nichts daran, dass auch diese Form der nachträglichen Sicherungsverwahrung ein selbständiges zweites Verfahren darstellt, das mit der EMRK unvereinbar sein dürfte.22
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Zu diesen und anderen Einwänden, die vor allem gegen frühere Entwürfe erhoben wurden, nach denen die große Strafvollstreckungskammer nachträglich über die Sicherungsverwahrung entscheiden sollte, vgl. etwa OLG Brandenburg NStZ 2005 272; Hanack FS Rieß 709, 719; Kinzig StV 2002 500; ders. NJW 2001 1455; Ullenbruch NStZ 2001 292; Würtenberger/Sydow NVwZ 2001 1201. Vgl. BTDrucks. 15 2887 S. 10 ff.
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21 22
So aber BGHSt 50 373, 380; MüKo-StGB/ Ullenbruch § 66a, 41 StGB; Zschieschack/ Rau JR 2006 8, 12; dies. JZ 2006 895, 896; eingehend von Freier ZStW 120 (2008) 273, 274, 306 ff. Zur mangelnden Eignung des repressiven Verfahrensrechts zur Umsetzung gefahrenabwehrrechtlicher Maßnahmen s. Peglau JR 2006 14, 17; von Freier ZStW 120 (2008) 273 f., 289 und durchgehend. Vgl. BVerfG 109 133. Vgl. die Nachw. in Fn. 9.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
II. Voraussetzungen der Nachverfahren 7
1. Vorbehaltene Sicherungsverwahrung. Voraussetzung für das Nachverfahren ist, dass das Gericht im Tenor seiner Entscheidung über die zugelassene Anklage die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung ausdrücklich dem Nachverfahren vorbehalten hat (§ 260 Abs. 4 Satz 4). Dieser Vorbehalt muss bestandskräftig sein.23 Die ihm zugrunde liegenden Feststellungen und Würdigungen, die die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung bis auf die ungewisse Prognose der künftigen Gefährlichkeit bejahen, dürfen entweder nicht angefochten worden sein oder eine auch sie umfassende Anfechtung des Urteils muss in der Revisionsinstanz oder einer sich daran anschließenden weiteren Tatsacheninstanz mit der Aufrechterhaltung des Vorbehalts geendet haben. Ist dies der Fall, sind die Voraussetzungen für das Nachverfahren auch dann gegeben, wenn das Urteil des Hauptverfahrens in einem anderen, mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht zusammenhängenden Punkt noch nicht rechtskräftig erledigt, sondern aufgrund eines Rechtsmittels noch anhängig sein sollte.
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2. Die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung setzt eine rechtskräftige Verurteilung wegen der Anlasstat oder Anlasstaten voraus, deren Rechtsfolgenausspruch entweder Freiheitsstrafe oder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB anordnet. Letzterenfalls muss die Maßregel gemäß § 67d Abs. 6 StGB rechtskräftig für erledigt erklärt worden sein, bevor die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann. Möglich ist aber, das Verfahren bereits vorher einzuleiten und einstweilige Unterbringung nach § 275a Abs. 5 a.F. bzw. § 275a Abs. 6 geltender Fassung zu beantragen.
3. Zuständigkeit. Da die Entscheidung über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nur die Fortsetzung des ersten Hauptverfahrens ist, in dem der Vorbehalt ausgesprochen wurde (Rn. 4), folgt daraus die Zuständigkeit desselben Spruchkörpers auch für das Nachverfahren. Dass ein Gericht über die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung entscheiden muss, folgt schon aus Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG. Diese Entscheidung den erstinstanzlichen Strafgerichten anzuvertrauen, liegt im deutschen Recht aus systematischen und historischen Gründen nahe (Rn. 2); zwingend ist dies nicht, wie jetzt §§ 1, 3 ThUG zeigen, wonach dieselbe Gefahrenprognose vom Zivilgericht zu treffen ist, falls die Gefahr auf einer psychischen Störung beruht. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll in beiden Nachverfahren das erstinstanzliche Tatgericht entscheiden aufgrund der Annahme, dass dieses Tatgericht die für die Anordnung einer Sicherungsverwahrung notwendige Gesamtwürdigung am besten vornehmen könne, weil es sich bereits früher mit dem Verurteilten und seiner Tat auseinandergesetzt habe und vor diesem Hintergrund seine weitere Entwicklung einschätzen könne.24 Das setzt allerdings auch personelle Kontinuität der Spruchkörper voraus, die angesichts der oft langen Zeitspanne zwischen Urteil und Nachverfahren vielfach nicht gegeben sein wird.25 Gericht des ersten Rechtszugs ist gemäß §§ 74f, 120a GVG die Strafkammer oder der 10 Strafsenat, die in derselben Sache das erstinstanzliche Urteil erlassen haben. Im Fall der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung gilt dies auch dann, wenn das Revisionsgericht einen den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nicht betreffenden, weil selbständigen anderen Teil des Urteils aufgehoben und an ein anderes Gericht zurückverwiesen haben
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LK/Rissing-van Saan/Peglau § 66a, 48 StGB; SK/Frister 19.
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BTDrucks. 15 2887 S. 17. Rn. 43; LR/Siolek § 74f, 3 GVG.
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sollte. Ist dagegen das Urteil auch hinsichtlich des Vorbehalts über die Sicherungsverwahrung aufgehoben und die Sache erneut nach § 354 Abs. 2 vor einer anderen Strafkammer verhandelt worden, dann wird man diese, sobald die Anordnung des Vorbehalts in ihrem Urteil bestandskräftig geworden ist, nach dem Sinn der Regelung als das zuständige Gericht der ersten Instanz betrachten müssen. Der Vorbehalt ist dann untrennbarer Bestandteil desjenigen tatrichterlichen Urteils, das für das weitere Verfahren letztendlich bindend nach § 267 Abs. 6 die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung festgestellt und nur wegen der Unsicherheit der Prognose die Entscheidung darüber dem Nachverfahren vorbehalten hat. Die Entscheidung darüber ergänzt dann nicht das erste, sondern das spätere tatrichterliche Urteil. Sofern dieses auch den Schuldspruch mit einschloss, sind dessen Feststellungen die alleinige Entscheidungsgrundlage für das Nachverfahren. Hat im ersten Rechtszug das Amtsgericht entschieden, so ist eine Strafkammer des 11 ihm übergeordneten Landgerichts für die Verhandlung und Entscheidung über die nachträgliche Sicherungsverwahrung zuständig (§ 74f Abs. 2 GVG). Es dürfte allerdings kaum je vorkommen, dass das Amtsgericht erstinstanzlich zuständig war, weil es keine Unterbringung nach § 63 StGB anordnen und nicht mehr als vier Jahre Freiheitsstrafe verhängen kann (§ 24 Abs. 2 GVG), so dass allenfalls Anlasstaten nach § 66 Abs. 1 StGB a.F. oder Verurteilungen nach Jugendstrafrecht in Frage kommen.26 Die große Strafkammer ist zuständig, auch wenn eine kleine Strafkammer über die Berufung befunden hat.27 Kommt die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung aufgrund mehrerer 12 Urteile verschiedener Gerichte in Betracht, so konzentriert sich die Zuständigkeit für das Nachverfahren auf das nach § 74f Abs. 3 GVG i.V.m. § 462a Abs. 3 Satz 2 und 3 zu bestimmende Gericht.28 Eine Besetzungsreduktion der großen Strafkammer gemäß § 76 Abs. 2 GVG ist nur bei der Entscheidung über die vorbehaltene, aber nicht über die nachträgliche Sicherungsverwahrung möglich, § 74f Abs. 3, 2. Halbsatz GVG. 4. Zeitliche Vorgaben a) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach § 66a StGB a.F. In Altfällen (siehe Ent- 13 stehungsgeschichte) muss nach § 66a Abs. 2 Satz 1 StGB a.F. die Entscheidung über den Vorbehalt spätestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt ergehen, an dem eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung frühestens rechtlich möglich ist. Bei zeitlichen Freiheitsstrafen ist dies nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB der Zeitpunkt, an dem zwei Drittel der verhängten Strafen verbüßt sind. Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB beträgt der Zeitpunkt 15 Jahre. Bei Vollstreckung mehrerer Strafen ist nach § 454b Abs. 3 der Zeitpunkt maßgebend, an dem über die Aussetzung der Vollstreckung des Restes aller Strafen entschieden werden kann. Die Frist gilt, wie § 275 Abs. 5 Satz 3 a.F. seit dem SichVNachtrEG 2004 klarstellt, nur für die erstinstanzliche Entscheidung, nicht für die rechtskräftige Entscheidung.29 Zweck dieses Endtermins für die Entscheidung über den Vorbehalt ist, dass für alle 14 Beteiligten mit einem ausreichenden zeitlichen Abstand vor einer etwaigen bedingten
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Vgl. SK/Frister § 74f, 6 GVG; auch MeyerGoßner § 74f, 2 GVG. LR/Siolek § 74f, 6 GVG. Vgl. LR/Siolek § 74f, 8 GVG.
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BGHSt 51 159, 161 f.; KMR/Voll 6; MeyerGoßner 5; SK/Frister 21; dies war zuvor umstritten, vgl. LR/Gollwitzer 25 Nachtr. 37.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft feststeht, ob die vorbehaltene Sicherungsverwahrung noch angeordnet wird oder ob sie entfällt. Der Verurteilte, der durch den Vorbehalt und die dadurch bedingte Unsicherheit für seine Lebensplanung erheblich belastet ist, soll wenigstens einen festen Endzeitpunkt haben, an dem er die Gewissheit erlangt, ob er sich auf ein Leben in Freiheit vorbereiten kann oder ob er damit rechnen muss, dass ihm die Freiheit durch die nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung noch auf unabsehbare Zeit entzogen bleibt. Dass der Verurteilte von Anfang an wenigstens diesen Zeitpunkt kennt, sichert die von § 268d vorgeschriebene Belehrung. Auch für die Behörden des Strafvollzugs ist es wichtig, dass die Entscheidung über den Vorbehalt zu einem Zeitpunkt ergeht, der es ihnen, wenn die Sicherungsverwahrung nicht angeordnet wird, gestattet, rechtzeitig Maßnahmen in die Wege zu leiten, die den Übergang des Verurteilten in die Freiheit sinnvoll vorbereiten. Die Zeit, in der das Verhalten des Verurteilten im Strafvollzug als Erkenntnisquelle heranziehbar ist, kann allerdings mitunter bei mittelfristigen Freiheitsstrafen knapp werden.30 Die Untergrenze für die frühestmögliche Entscheidung folgt aus dem Zweck des Vor15 behalts. Dieser soll durch eine möglichst lange Zeit umfassende Würdigung des Verhaltens des Verurteilten im Strafvollzug bessere Grundlagen für die Prognose seiner künftigen Gefährlichkeit schaffen. Außerdem soll der Druck der noch offenen Entscheidung über die Sicherungsverwahrung das Verhalten des Verurteilten im Strafvollzug und seine Bereitschaft zur Mitwirkung an therapeutischen Maßnahmen möglichst lange motivieren.31 Die Entscheidung über den Vorbehalt sollte daher nicht früher als nötig ergehen. Sie sollte, unter Einrechnung eines Sicherheitszuschlags für etwaige Verfahrensverzögerungen, möglichst nahe an den Endtermin heranrücken.32 Auch wenn alle für das Verfahren Verantwortlichen dieser Zeitvorgabe bei der Vorbe16 reitung des von Amts wegen durchzuführenden Nachverfahrens Rechnung zu tragen haben (vgl. Rn. 22), wird es sich mitunter nicht vermeiden lassen, dass bei Beginn der Sechsmonatsfrist noch kein erstinstanzliches Urteil ergangen ist. Da die maßgebende Entscheidung nur nach Durchführung einer den allgemeinen Regeln folgenden Hauptverhandlung ergehen kann, können alle hier möglichen Verzögerungsgründe zu einer nicht vorhersehbaren Fristüberschreitung führen, sei es, weil der Verurteilte, ein unverzichtbarer Zeuge oder der Sachverständige plötzlich erkrankt ist, sei es, weil ein erfolgreicher Beweisantrag wegen der Ladung eines auswärtigen Zeugens eine längere Vertagung oder die Aussetzung unvermeidbar macht. Zudem kann der Zeitpunkt, an dem im Nachverfahren über die Sicherungsverwahrung entschieden werden soll, nicht beliebig vorverlegt werden. Der Zweck des Vorbehalts schließt es aus, das Nachverfahren schon lange Zeit vor dem durch § 66a Abs. 2 Satz 1 StGB dafür gesetzten Termin in die Wege zu leiten (Rn. 15). Welche Rechtsfolgen die Überschreitung der Frist hat, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Die Rechtsprechung hat § 66a Abs. 2 Satz 1 StGB a.F. als materiell-rechtliche Ausschlussfrist aufgefasst,33 die auch mit Einverständnis des Betroffenen nicht überschritten werden kann.34 Das Verfahren ist nach Fristablauf daher mit
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BGHSt 51 159, 163 f.; vgl. das Beispiel bei Kinzig NJW 2002 3204, 3208. Vgl. BTDrucks. 14 8586 S. 5. KMR/Voll 9, 11; LR/Gollwitzer 25 Nachtr. 8. BGHSt 51 159, 160, 162 ff.; BGH StraFo 2007 514; OLG Hamm StV 2010 189; HK/Julius 2; KMR/Voll 49; SK/Frister 22;
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a.A. Graf/Peglau 35.1; LR/Gollwitzer 25 38; Peglau JR 2002 449, 451; unentschieden LK/Rissing-van Saan/Peglau § 66a, 53 f. StGB. BGH StraFo 2007 514; KMR/Voll 50; SK/Frister 22.
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Siebenter Abschnitt. Entscheidung über die Sicherungsverwahrung
§ 275a
Urteil abzuschließen, in dem von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen wird.35 Ob dies auch für geringfügige Fristüberschreitungen gilt, ist umstritten.36 b) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach § 66a StGB. In der seit 1.1.2011 gelten- 17 den Fassung des § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB ist die Frist erweitert worden, so dass die erstinstanzliche Entscheidung über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nunmehr erst bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe ergehen muss. Danach erlischt der Vorbehalt ohne weitere gerichtliche Entscheidung.37 Dies gilt gemäß § 66a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StGB auch dann, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest jetzt vollstreckt wird. Während der Bewährungszeit darf hingegen das Verfahren über die Entscheidung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung nicht eingeleitet werden.38 Nach dem rechtskräftigen Erlass des nicht vollstreckten Strafrestes (§§ 56g, 57 Abs. 5 Satz 1 StGB) kann die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nicht mehr angeordnet werden; auch in diesem Fall erlischt der Vorbehalt, ohne dass es einer diesbezüglichen Entscheidung bedarf.39 Ein noch anhängiges Verfahren über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung muss dann mit Prozessurteil beendet werden.40 Die Sechsmonatsfrist des bis zum 31.12.2010 geltenden Rechts kehrt in veränderter 18 Form im neuen § 275a Abs. 5 als Sollvorschrift wieder, wonach das Gericht bis spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung entschieden haben soll. Eine Überschreitung der Frist, insbesondere durch ein Rechtsmittelverfahren, bleibt folgenlos. Umgekehrt ist das Gericht auch nicht daran gehindert, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles schon zu einem früheren Zeitpunkt zu entscheiden.41 b) Nachträgliche Sicherungsverwahrung. Das Gesetz sieht keine Frist für die gericht- 19 liche Entscheidung über die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vor. Aus den Fristen für die Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft (Rn. 26 ff.) ergibt sich, dass trotz praktischer Schwierigkeiten möglichst eine Entscheidung vor Ende des Straf- oder Maßregelvollzugs anzustreben ist;42 eine Entscheidung nach Beendigung des Straf- oder Maßregelvollzugs ist aber zulässig,43 sofern der Antrag zuvor gestellt und dem Betroffenen mitgeteilt worden war (Rn. 27, 29).
III. Vorbereitung der Nachverfahren 1. Staatsanwaltschaft a) Vorbehaltene Sicherungsverwahrung. Um den Endtermin für die Entscheidung des 20 Gerichts in § 66a Abs. 2 StGB a.F. bzw. § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB einhalten zu können, bedarf es, nicht zuletzt wegen der notwendigen Einschaltung eines Sachverständigen durch das Gericht, einer nicht unbeträchtlichen Vorlaufzeit. Deshalb müssen die beteilig-
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BGHSt 51 159, 163; KMR/Voll 49; SK/Frister 22. Verneinend BGH StV 2006 63 (für Überschreitung um wenige Tage); offenlassend BGHSt 51 159, 165. BTDrucks. 17 3403 S. 30, 42. Graf/Peglau 8; SK/Frister 23. SK/Frister 23 f.; vgl. BTDrucks. 17 3403 S. 30, 42.
40 41 42 43
SK/Frister 24; a.A. (Sachurteil) wohl BTDrucks. 17 3403 S. 42; Graf/Peglau 29. BTDrucks. 17 3403 S. 42; SK/Frister 25. BGHSt 50 373, 376; SK/Frister 34. BGHSt 50 180, 182 ff.; BGH StV 2010 509 f.; SK/Frister 34. BTDrucks. 15 2887 S. 12; 15 3446 S. 17 steht nicht entgegen, vgl. BGH wie vor.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
ten Staatsanwaltschaften dafür sorgen, dass die Akten dem Gericht so rechtzeitig vorgelegt werden, dass dessen Vorsitzendem ausreichende Zeit für die fristgerechte Terminierung der Verhandlung und für deren Vorbereitung verbleibt. Die für die Vollstreckung zuständige Staatsanwaltschaft (§ 451) ist primär verant21 wortlich dafür, dass das Verfahren über den Vorbehalt rechtzeitig in die Wege geleitet wird. Sie ist nach Absatz 1 Satz 1 verpflichtet, die Akten des Strafverfahrens einschließlich der Vollstreckungsakten44 der für das erkennende Gericht zuständigen Staatsanwaltschaft zuzuleiten, sofern beide Behörden nicht ohnehin, wie im Regelfall, identisch sind.45 Befinden sich die Akten des Strafverfahrens nicht bei ihr, dürfte es ausreichen, wenn sie dafür sorgt, dass die für das Gericht des ersten Rechtszugs zuständige Staatsanwaltschaft diese Akten umgehend erhält. Vor Übermittlung der Akten aber sollte sie – auch wenn das Gesetz dazu schweigt – zweckmäßigerweise bereits eine Stellungnahme der Vollzugsanstalt über den Verurteilten einholen. Auch sonst verwertbares Material über Vorkommnisse, die für die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung sein können, sollte sie beibringen, soweit sich dieses nicht ohnehin bereits in den Vollstreckungsakten befindet. Wenn sie die Akten weiterleitet, dürfte es förderlich sein, wenn sie in einem Begleitschreiben auf die von ihr für entscheidungserheblich erachteten Umstände besonders hinweist. Hierfür kann eine konkrete Bezugnahme auf in den Vollstreckungsakten enthaltene Vorkommnisse und Berichte genügen. Angesprochen werden sollten aber auch sonstige Vorkommnisse, die ihr als Vollstreckungsbehörde bekannt geworden sind, so auch etwaige Entscheidungen, die Aufschlüsse über die Person des Verurteilten geben können, auch wenn sie in einem nicht notwendig ihn selbst betreffenden Verfahren ergangen sind. Ist die für den ersten Rechtszug zuständige Staatsanwaltschaft gleichzeitig auch die Vollstreckungsbehörde, gilt die Verpflichtung zur rechtzeitigen und umfassenden Vorlage auch intern zwischen ihren verschiedenen Referaten oder Abteilungen. Die Staatsanwaltschaft bei dem Gericht des ersten Rechtszugs muss die bei ihr einge22 gangenen Akten dem Vorsitzenden des Gerichts vorlegen. Dies muss so rechtzeitig geschehen, dass das Gericht in Altfällen die sich aus § 66a Abs. 2 Satz 1 StGB a.F. ergebende Ausschlussfrist und unter der seit 1.1.2011 geltenden Fassung die Sollfrist des Absatzes 5 einhalten kann (§ 275a Abs. 1 Satz 2), wobei insbesondere das Erfordernis des vorher einzuholenden Sachverständigengutachtens (Absatz 4) und die für dessen Erstellung nötige Zeit (Rn. 20) zu berücksichtigen ist.46 Eigene Ermittlungen der Staatsanwaltschaft schreibt das Gesetz ebenso wenig vor wie eine Stellungnahme oder gar einen förmlichen Antrag zur Frage der Notwendigkeit der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Begleitschreiben bei der Vorlage der Akten. Denn da das ursprüngliche Hauptverfahren wegen des Vorbehalts insoweit noch nicht beendet ist, hat das Gericht ohnehin ungeachtet der gesetzlich angeordneten Initiativpflicht 47 der Staatsanwaltschaft von Amts wegen für eine rechtzeitige Entscheidung über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung zu sorgen.48 Der Staatsanwaltschaft ist es aber unbenommen, eigene Ermittlungen anzustellen so23 wie eine Stellungnahme abzugeben, wenn sie sich nicht mit einer Verweisung auf eine etwaige Stellungnahme der für die Vollstreckung zuständigen, sachnäheren Staatsanwalt-
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KMR/Voll 5. Vgl. KMR/Voll 5 f.; MüKo-StGB/Ullenbruch § 66a, 70 f. StGB; krit. Graf/Peglau 6.1; Zschieschack/Rau JR 2006 8, 9. Vgl. SK/Frister 27.
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BTDrucks. 17 3403 S. 41; vgl. KMR/Voll 7. Graf/Peglau 8; KMR/Voll 7; SK/Frister 26; LK/Rissing-van Saan/Peglau § 66a, 77 StGB; Rissing-van Saan FS Nehm 191, 200; a.A. MüKo-StGB/Ullenbruch § 66a, 70 f. StGB.
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schaft begnügen will. So kann es zweckmäßig sein, wenn sie schon bei der Vorlage den Vorsitzenden darauf hinweist, welche Zeugen für die Hauptverhandlung aus ihrer Sicht geladen werden sollten. Das ihr nach Absatz 2 in Verbindung mit § 214 Abs. 3 zustehende Recht, Zeugen zur Hauptverhandlung auch selbst zu laden, kann sie in diesem Zeitpunkt noch nicht ausüben, da deren Termin noch nicht feststeht. Dies kann sie später noch tun, wenn der Vorsitzende Zeugen nicht lädt, deren Anhörung sie für erforderlich hält. Auch Vorschläge für den zu bestellenden Sachverständigen können schon in diesem Zeitpunkt sachdienlich sein. b) Nachträgliche Sicherungsverwahrung aa) Antragserfordernis. Anders als bei der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung setzt 24 das selbständige Nachverfahren zur Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung einen Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen Gericht voraus, § 275a Abs. 1 Satz 5 n.F. bzw. § 275a Abs. 1 Satz 3, 4 a.F. Da das ursprüngliche Erkenntnisverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, stellt dieser Antrag eine Verfahrensvoraussetzung für das Nachverfahren dar;49 eine amtswegige Entscheidung des Gerichts über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist ausgeschlossen. Ist die für die Antragstellung zuständige Staatsanwaltschaft nicht zugleich auch Vollstreckungsbehörde, so muss die für die Vollstreckung zuständige Staatsanwaltschaft (§ 451) der Staatsanwaltschaft beim zuständigen Gericht zuvor die Akten übersenden, vgl. § 275a Abs. 1 Satz 3 n.F. für den Fall der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat zu prüfen, ob die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung in Betracht kommt und das gerichtliche Verfahren einzuleiten ist. Sie muss die nötigen Ermittlungen anstellen, insbesondere jetzt bereits einen Sachverständigen heranziehen. In entsprechender Anwendung der §§ 170 Abs. 1, 203 ist der Antrag nur dann, aber auch immer dann zu stellen, wenn ihre Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die gerichtliche Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.50 Zu berücksichtigen ist dabei, dass die verfassungswidrigen Normen der § 66b StGB, §§ 7 Abs. 2, 3; 106 Abs. 5, 6 JGG nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung51 weiter anzuwenden sind.52 bb) Form und Inhalt des Antrags sind im Gesetz nicht geregelt. Die prozessuale 25 Funktion des Antrags liegt sowohl in der Umgrenzung des Verfahrensgegenstands als auch in der Information des Betroffenen und legt die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Gestaltung der Anklageschrift (§ 200)53 bzw. einer Antrags-
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BGHSt 50 284, 289 ff.; 50 373, 376; BGH NJW 2006 852, 853; StV 2010 209 f.; ZJJ 2011 448; Graf/Peglau 16; KMR/Voll 13, 25; SK/Frister 30; LK/Rissing-van Saan/Peglau § 66b, 184 StGB. Vgl. BGH ZJJ 2011 448 f.; KMR/Voll 23; SK/Frister 29; ähnl. Zschieschack/Rau JR 2006 8, 9. BVerfGE 128 326, 405 f.; BVerfG NJW 2011 2711. Vgl. BGH ZJJ 2011 448, 449 zu § 7 Abs. 2 JGG (nur bei hochgradiger Gefahr
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schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen, die aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Verurteilten abzuleiten ist, und dieser an einer psychischen Störung leidet); auch BGHSt 56 248; 56 254. BGHSt 50 284, 291 f.; BGH NJW 2006 852, 854; OLG Rostock StV 2005 279, 280; Graf/Peglau 17; KMR/Voll 24, 26; MeyerGoßner 6a; SK/Frister 30; Folkers NStZ 2006 426, 430, 432 ff. mit Musterantrag; Zschieschack/Rau JR 2006 8, 9 (aber nicht den Aufbau); a.A. Peglau JR 2006 14, 15.
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schrift54 im Sicherungsverfahren (§ 414 Abs. 2) nahe. Der Antrag muss den Verfahrensgegenstand festlegen und deshalb eindeutig bezeichnen, welche Verurteilung um die Anordnung der Sicherungsverwahrung nachträglich ergänzt werden soll.55 Im Fall des § 66b Abs. 1 und 2 StGB a.F. müssen die im Vollzug erkennbar gewordenen Tatsachen, auf die die Anordnung gestützt werden soll, angegeben sowie die maßgebende Vorschrift genau benannt werden.56 Der Antrag muss zur Begründung ferner die Behauptung enthalten, dass nach vorläufiger Einschätzung der Staatsanwaltschaft die materiellen Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung im weiteren Verfahren festgestellt werden, also eine unter sachverständiger Hilfestellung (§ 275a Abs. 4 Satz 2) erfolgende Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung dessen besondere Gefährlichkeit (hohe Wahrscheinlichkeit erheblicher Straftaten) ergeben wird.57 Ohne diese Begründung ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.58
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cc) Zeitpunkt des Antrags. In Altfällen soll die Staatsanwaltschaft den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 1 und 2 StGB a.F. spätestens sechs Monate vor dem Ende des Vollzugs der Freiheitsstrafe oder Maßregel stellen, § 275a Abs. 1 Satz 3 a.F. Dieselbe Regel besteht in der Neufassung in § 81a Abs. 2 Satz 3 JGG für die Anordnung nach § 7 Abs. 2 JGG fort.59 Zweck der Vorschrift ist, dem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen, sich auf den weiteren Ablauf des Verfahrens einstellen zu können, Rechnung zu tragen.60 Dieser Zweck würde vollends nur erreicht, wenn auch die gerichtliche Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung noch vor dem Vollzugsende erginge; dies ist aber schon wegen des Erfordernisses zweier Sachverständigengutachten oft nicht zu gewährleisten,61 erst recht nicht, wenn ein Rechtsmittelverfahren hinzukommt. Dennoch ist eine Entscheidung vor Vollzugsende anzustreben und eine entsprechend frühzeitige Prüfung und Antragstellung empfehlenswert.62 Da es sich um eine bloße Sollvorschrift handelt, ist auch ein späterer Antrag 27 wirksam.63 Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes hat die Rechtsprechung abgeleitet, dass ein Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach Entlassung des Betroffenen aus dem Straf- oder Maßregelvollzug unzulässig ist.64
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LG Lüneburg 23.6.2005 – 22 KLs 26/04 bei Zschieschack/Rau JR 2006 8, 9 Fn. 19; Meyer-Goßner 6a. SK/Frister 30. BGHSt 50 284, 290; 50 373, 376; KMR/Voll 25; SK/Frister 30. BTDrucks. 17 3403 S. 41; BGHSt 50 284, 290, 292; BGH NJW 2006 852, 853 f.; ZJJ 2011 448 f.; OLG Hamm StV 2010 179 f.; Meyer-Goßner 6a. BGHSt 50 284, 292 mit krit. Anm. Zschieschack/Rau JR 2006 213; BGHSt 50 373, 376; OLG Hamm StV 2010 179 f.; Folkers NStZ 2006 426, 432. Die Nichterwähnung des § 106 Abs. 5 JGG in § 81a JGG ist offenbar ein gesetzgeberisches Versehen, vgl. BTDrucks. 17 3403 S. 48; SK/Frister 33.
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BTDrucks. 15 3346 S. 17. BGHSt 50 180, 183 f.; SK/Frister 34. Vgl. KMR/Voll 22 m.w.N.; SK/Frister 34 (Prüfung 18 bis 24 Monate, Antrag 12 Monate vor Vollzugsende). BGHSt 50 180, 183 ff.; OLG Hamm StV 2010 189; OLG Schleswig NStZ-RR 2009 75, 76; Graf/Peglau 19; KK/Engelhardt 3; Meyer-Goßner 6; von Freier ZStW 120 (2008) 273, 275; Hörnle StV 2006 188; offenlassend BGHSt 50 373, 376. BGHSt 50 180, 184 f.; 50 284, 290; BGH StV 2010 509 (Verfahrenshindernis); Graf/Peglau 19; KMR/Voll 21; MeyerGoßner 13; SK/Frister 33; Renzikowski NStZ 2006 280, 283; Zschieschack/Rau JR 2006 8, 9; a.A. Folkers NStZ 2006 426, 431.
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Für den Fall der Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken- 28 haus gemäß § 67d Abs. 6 StGB sehen weder das alte noch das neue Recht eine Frist vor, weil der Eintritt des erledigenden Ereignisses nicht hinreichend sicher vorhersehbar sei.65 Stattdessen soll die Staatsanwaltschaft nach neuem Recht den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Gericht übergeben (§ 275a Abs. 1 Satz 5). Allerdings muss dem Betroffenen nach der Mitteilung der Absicht der Antragstellung (§ 275a Abs. 1 Satz 4) genug Zeit verbleiben, vor Antragstellung Einwände vorzubringen (Rn. 29). dd) Mitteilung an den Betroffenen. Schon vor der Antragstellung, nämlich bereits 29 dann, wenn die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt (§ 275a Abs. 1 Satz 2 a.F.), bzw. wenn sie die Antragstellung beabsichtigt (§ 275a Abs. 1 Satz 4 n.F.), hat sie dies dem Betroffenen mitzuteilen. Für Anordnungen nach § 7 Abs. 2, § 106 Abs. 5 JGG trifft § 81a Abs. 2 Satz 2 JGG die entsprechende Regelung. Der Zweck der Vorschrift liegt in der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 163a). In Altfällen kann zweifelhaft sein, wann genau die Staatsanwaltschaft „prüft, ob eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt“; nach dem Willen des Gesetzgebers sollte der Betroffene so früh wie möglich über die Prüfung informiert werden,66 was dafür spricht, die Mitteilung vorzunehmen, wenn die Staatsanwaltschaft in eine inhaltliche Prüfung eintritt.67 Eine Mitteilung schon bei der bloßen Vorprüfung der formellen Voraussetzungen,68 die womöglich negativ endet, erscheint verfrüht, weil der Betroffene nicht unnötig verunsichert werden soll.69 Um dies zu verhindern, stellt die Neufassung auf den Abschluss der Prüfung ab.70 Da der Betroffene genügend Zeit haben muss, um Einwände gegen die Antragstellung geltend zu machen, ist es ausgeschlossen, die Mitteilung erst zusammen mit der Antragstellung vorzunehmen.71 Die Mitteilung an den Betroffenen muss bei nachträglicher Anordnung der Sicherungsverwahrung auf jeden Fall noch während des Vollzuges erfolgen.72 Sofern dem Betroffenen anderweitig bekannt wird, dass die Staatsanwaltschaft in die 30 Prüfung eingetreten ist, sollte er nach dem Willen des Gesetzgebers73 ebenfalls zur Vermeidung belastender Ungewissheit entsprechend § 170 Abs. 2 Satz 2 unterrichtet werden, sobald die Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen für eine Antragstellung verneint. Dies setzt freilich voraus, dass die Staatsanwaltschaft erfährt, dass der Betroffene diese Kenntnis erlangt hat. Die Mitteilung nach Absatz 1 Satz 4 ist auch dann erforderlich, wenn die Vollstreckungsbehörde bereits den Erlass eines Unterbringungsbefehls beantragt hat, denn dies allein unterrichtet den Betroffenen noch nicht darüber, ob auch im Hauptsacheverfahren ein Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gestellt werden soll.74
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BTDrucks. 15 3346 S. 17 f. BTDrucks. 15 3346 S. 17. Ähnl. Graf/Peglau 14; KMR/Voll 17; SK/Frister 31 („ernsthaftes In-Betrachtziehen“ der Anordnung der Sicherungsverwahrung). So HK/Julius 3; Zschieschack/Rau JR 2006 8, 9; auch BTDrucks. 17 3403 S. 41. Vgl. BTDrucks. 17 3403 S. 41; Folkers NStZ 2006 426, 431; ähnl. Graf/Peglau 14.
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71 72 73 74
BTDrucks. 17 3403 S. 41; allerdings wurde § 81 Abs. 2 Satz 2 JGG unverständlicherweise nicht geändert, krit. SK/Frister 31 Fn. 96. KMR/Voll 17; SK/Frister 31; a.A. Folkers NStZ 2006 426, 431. BGHSt 50 180, 184; 50 284, 290; BGH StV 2010 209 f.; Graf/Peglau 15; KMR/Voll 17. BTDrucks. 17 3403 S. 41. BTDrucks. 17 3403 S. 41.
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ee) Die Staatsanwaltschaft muss ebenfalls noch vor der Antragstellung entsprechend § 141 Abs. 3 Satz 2 die Bestellung eines Pflichtverteidigers beantragen, der im Hauptverfahren gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1 nötig wird, falls der Betroffene sich nicht aufgrund der Mitteilung schon eines Wahlverteidigers bedient. Der Vorsitzende des zuständigen Gerichts wird dem Antrag nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Prüfung entsprechend § 141 Abs. 3 Satz 3 stattgeben.75 Sofern ein Unterbringungsbefehl vollzogen wird, ist ein Verteidiger nach §§ 140 Abs. 1 Nr. 4, 141 Abs. 3 Satz 4 zu bestellen.
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2. Wirkung von Aktenübersendung und Antrag. Die Übersendung der Akten im Fall der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung bzw. der Antrag der Staatsanwaltschaft im Fall der nachträglichen Sicherungsverwahrung eröffnet ohne Weiteres das Hauptverfahren. Bei der Entscheidung über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung wird das Hauptverfahren ohnehin nur fortgesetzt, so dass für ein Zwischenverfahren kein Raum ist. Aber auch bei der Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist kein Zwischenverfahren vorgesehen.76 Teilt das Gericht die Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung in Frage komme, so kann es nur die Rücknahme des Antrags anregen, die bis zum Beginn der Hauptverhandlung ohne, danach entsprechend § 303 nur noch mit Zustimmung des Betroffenen zulässig ist.77 3. Vorbereitung der Verhandlung durch den Vorsitzenden
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a) Entsprechende Anwendung der §§ 213 ff. (Absatz 2). Nach §§ 213 ff. obliegt es dem Vorsitzenden, den Termin für die Durchführung der Hauptverhandlung nach § 213 zu bestimmen. Er muss die Ladung aller dafür erforderlichen Zeugen nach § 214 anordnen und dies nach § 222 den Verfahrensbeteiligten mitteilen. Entsprechend § 215 ist dem Betroffenen im Verfahren über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung die Antragsschrift der Staatsanwaltschaft mitzuteilen.
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b) Ladungen, Mitteilung der benannten Zeugen. Für die Ladung des Verurteilten und seines Verteidigers und die dabei zu wahrenden Fristen gelten die §§ 216 ff. entsprechend. Die Vorführung des Verurteilten zum Termin und seine dafür etwa notwendige Verlegung in eine Vollzugsanstalt am Verhandlungsort ist anzuordnen. Der nicht auf freiem Fuß befindliche Verurteilte ist ferner bei der Zustellung der Ladung nach § 216 Abs. 2 Satz 2 zu befragen, ob und welche Anträge er stellen will. Da er die benannten Beweismittel nicht aus einer neuen Anklageschrift ersehen kann, die frühere Mitteilung in der durch den Eröffnungsbeschluss zugelassenen Anklage aber trotz deren Fortgeltung für das Nachverfahren auch durch den Zeitablauf weitgehend obsolet geworden ist, scheint es angezeigt, dass das Gericht dem Verurteilten alle für das Nachverfahren von ihm zugezogenen Beweismittel nach § 222 benennt, ohne Rücksicht darauf, ob sie bereits in der Anklage angeführt worden sind. Für die dort nicht benannten und für die von der Staatsanwaltschaft oder dem Verurteilten benannten Beweismittel
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KMR/Voll 29; SK/Frister 32. BGH NStZ 2006 178 f.; OLG Celle NdsRpfl 2005 286, 287; KMR/Voll 33; MeyerGoßner 6b; SK/Frister 36; Rissing-van Saan FS Nehm 191, 202; für dessen Einführung Folkers NStZ 2006 426, 432; für analoge
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Anwendung der §§ 199 ff. Römer JR 2006 5, 7. BGH NJW 2006 852, 853; Graf/Peglau 20; KMR/Voll 31; Meyer-Goßner 6b; SK/Frister 36; Rissing-van Saan FS Nehm 191, 202.
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gilt § 222 ohnehin entsprechend. Analog anwendbar ist auch § 219 und die Befugnis des Verurteilten, nach § 220 Personen unmittelbar zu laden; dies kann vor allem Bedeutung haben, wenn der Verurteilte Wert auf die Anwesenheit eines eigenen Sachverständigen legt. Auch bei dessen Benennung ist aber der Ausschluss der im Rahmen des Strafvollzugs mit der Behandlung des Verurteilten befassten Personen nach Absatz 4 Satz 3 zu beachten. c) Verteidiger. Der Gesetzgeber hat die in den Entwürfen ausdrücklich vorgesehene 35 Bestellung eines Verteidigers78 nicht übernommen, da er dies für entbehrlich hielt, weil die Entscheidung über den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung der zweite Teil des ursprünglichen Erkenntnisverfahrens sei und die Notwendigkeit der Pflichtverteidigerbestellung sich bereits aus § 140 Abs. 1 ergebe.79 Gleiches gilt für die Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung.80 Ob der Verurteilte im Verfahren über den Vorbehalt81 durch seinen früheren Vertei- 36 diger vertreten wird, sollte nach Möglichkeit vom Vorsitzenden schon vor der Ladung zum Termin geklärt werden, auch um spätere Verzögerungen durch Umladungen zu vermeiden. Der Gesetzgeber ging zwar davon aus, dass dessen Mandat nicht mit der Rechtskraft des den Vorbehalt aussprechenden Urteils geendet hat, sondern auch die sachlich zur Hauptverhandlung der ersten Instanz gehörende spätere Verhandlung über den Vorbehalt mit einschließt. Schon wegen der verstrichenen Zeit kann es aber zweifelhaft sein, ob der frühere Verteidiger dazu noch willens und in der Lage ist. Da das ganze Nachverfahren unter dem Zeitdruck des Endtermins für die Entscheidung steht, kann es ratsam sein, dass der Vorsitzende zur Vermeidung von Verzögerungen unverzüglich durch entsprechende Rückfragen klärt, ob der Verurteilte noch vom früheren Verteidiger vertreten werden kann. Andernfalls bedarf es einer Rückfrage beim Verurteilten, ob dieser einen anderen Verteidiger beauftragen will oder ob ihm dafür vom Gericht ein neuer Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 1 Nr. 1, § 141 Abs. 1 bestellt werden muss. d) Die Bestellung des oder der erforderlichen Sachverständigen ist vom Vorsitzenden 37 ebenfalls unverzüglich in die Wege zu leiten, da er für die Einhaltung der Frist des § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB sorgen muss und die unerlässliche Begutachtung des Verurteilten mitunter nicht unbeträchtliche Zeit erfordern kann. Ein Sachverständiger, der den Verurteilten kennt, weil er im Rahmen des Strafvollzugs mit seiner Behandlung befasst gewesen ist, darf nach Absatz 4 Satz 3 nicht bestellt werden. Es ist deshalb eine vordringliche Aufgabe des Vorsitzenden, einen bzw. zwei geeignete Gutachter zu finden. Dies setzt voraus, dass er noch vor der Terminsbestimmung mit geeigneten Personen in Verbindung tritt, um abzuklären, wer in der Lage ist, ein Gutachten einschließlich der nach Absatz 2 i.V.m. § 246a erforderlichen Untersuchung des Verurteilten so rechtzeitig zu erstellen, dass die Hauptverhandlung innerhalb des für sie geltenden Endtermins durchgeführt werden kann. Für das Verfahren über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsver-
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Der Entwurf der Regierungsfraktionen in BTDrucks. 14 8586 sah in seinem Art. 2 Nr. 1 ausdrücklich vor, § 140 Abs. 1 durch Anfügung einer Nr. 9 zu ergänzen, die die notwendige Verteidigung auch für das Verfahren über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung vorschreibt. BTDrucks. 14 9264 S. 11.
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BTDrucks. 15 2887 S. 16. Nicht jedoch im Verfahren über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, KMR/Voll 29; SK/Frister 46; a.A. Zschieschack/Rau JR 2006 8, 10, die wie im Wiederaufnahmeverfahren eine Nachwirkung der ursprünglichen Verteidigerbestellung annehmen.
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wahrung gilt zwar keine Ausschlussfrist, doch soll möglichst vor Ende des Straf- oder Maßregelvollzuges entschieden werden, so dass auch hier unverzüglich die Bestellung der zwei erforderlichen Sachverständigen herbeizuführen ist.
IV. Hauptverhandlung 1. Verfahrensgegenstand
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a) Im Fall der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung ist Verfahrensgegenstand nur noch die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen der Rechtsfolge der Sicherungsverwahrung vorliegen, mithin, ob vom Betroffenen erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden (§ 66a Abs. 3 Satz 2 StGB bzw. § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB a.F.),82 während der rechtskräftig entschiedene Vorbehalt selbst nur noch im Wege der Wiederaufnahme83 beseitigt werden kann. Innerhalb des dadurch begrenzten Entscheidungsraums muss das Gericht in seine Würdigung aber alle Tatsachen einbeziehen, die nach seiner ersten Entscheidung bis zum Abschluss der neuen mündlichen Verhandlung eingetreten sind, wie dies auch sonst der Fall ist, wenn – wie etwa nach einer Zurückverweisung – nur noch ein eingegrenzter Verfahrensteil seiner erneuten Kognition unterliegt. Dabei ist es nicht auf eine bloße Fortschreibung der Feststellungen und Wertungen zum Zeitpunkt der Anordnung des Vorbehalts beschränkt, die neue Feststellungen nur noch bezüglich der nachfolgenden Entwicklung erlaubt,84 sondern muss eine neue Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und seiner Entwicklung bis zur jetzigen Entscheidung vornehmen (§ 66a Abs. 3 Satz 2 StGB; § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB a.F.), für die erforderlichenfalls neue Feststellungen zu treffen und neue Bewertungen vorzunehmen sind,85 wozu es etwa auch bei unveränderten Anknüpfungstatsachen infolge anderer Prognoseinstrumente zu einer abweichenden Gefahrenprognose kommen kann (vgl. Rn. 51).86 Die Rechtskraft des Vorbehalts reicht hinsichtlich der Gefahrenprognose nicht über den Zeitpunkt seines Erlasses hinaus.87 Das thematisch auf die Anordnung einer einzigen bestimmten Rechtsfolge beschränkte 39 Nachverfahren knüpft aber im Übrigen an das vorangegangene Urteil an, durch das der Angeklagte wegen der gleichen Tat bereits zu einer Freiheitsstrafe und eventuell auch zu anderen Rechtsfolgen verurteilt worden ist. Das nunmehr erkennende Gericht ist hierbei durch den bereits feststehenden Schuld- und Strafausspruch des vorangegangenen Haupturteils und die diesem zugrunde liegenden Feststellungen gebunden. Die sich daraus ergebenden Vorgaben treten an die Stelle eigener Feststellungen und einer eigenen Entscheidung des nunmehr erkennenden Gerichts (Rn. 50). Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellung derjenigen Tatsachen, die die formellen Voraussetzungen des Vorbehalts tragen.88
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b) Im Fall der nachträglichen Sicherungsverwahrung wird der Verfahrensgegenstand dadurch festgelegt, welche Verurteilung die Staatsanwaltschaft durch die nachträgliche
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SK/Frister 37. KMR/Voll 37; Meyer-Goßner 12; SK/Frister 37; Rn. 68. So aber noch BGH NStZ 2007 267, 268; KMR/Voll 37; LK/Rissing-van Saan/Peglau § 66a, 82 StGB; MüKo-StGB/Ullenbruch § 66a, 53 ff. StGB.
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SK/Frister 39 f.; a.A. vor dem SichVNOG die in Fn. 84 Genannten. BTDrucks. 17 3403 S. 31 f. BTDrucks. 17 3403 S. 32. Meyer-Goßner 12; SK/Frister 39.
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Anordnung der Sicherungsverwahrung zu ergänzen beantragt.89 Innerhalb dieses Rahmens ist das Gericht weder an die von der Staatsanwaltschaft vorgetragenen Tatsachen90 noch an ihre rechtliche Würdigung gebunden.91 Das Gericht ist vielmehr wie auch sonst im Erkenntnisverfahren grundsätzlich verpflichtet, den rechtsfolgenrelevanten Sachverhalt umfassend aufzuklären und unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen.92 Will das Gericht die Sicherungsverwahrung auf eine andere Rechtsgrundlage stützen als von der Staatsanwaltschaft beantragt, so muss es einen rechtlichen Hinweis (§ 265) erteilen;93 bei Veränderung der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage kann ein Hinweis entsprechend § 265 geboten sein.94 Begrenzt wird der Untersuchungsgegenstand im Fall des § 66b Abs. 1 und 2 StGB a.F. dadurch, dass die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nur auf Tatsachen, die nach der vorherigen Verurteilung bis zum Ende des Vollzugs erkennbar wurden, gestützt werden darf, also weder auf Umstände, die schon bei der ersten Verurteilung bekannt waren noch auf solche, die erst nach Vollzugsende bekannt werden,95 etwa während der Vollstreckung eines Unterbringungsbefehls.96 Auch hier (vgl. Rn. 39) sind die den Schuld- und Strafausspruch tragenden Feststel- 41 lungen des vorherigen Urteils ebenso wie etwaige negative Feststellungen zur Sicherungsverwahrung infolge ihrer Rechtskraft der Entscheidung des Nachverfahrens entzogen.97 2. Entsprechende Anwendung der §§ 226 bis 275. Auf die Verhandlung über den 42 Vorbehalt und die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung sind nach Absatz 2 die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechend anwendbar. Sie wird also in der Form einer eigenen neuen Hauptverhandlung unter Anwendung aller für eine normale Hauptverhandlung geltenden Vorschriften durchgeführt, auch wenn sie im Fall der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung nur das durch den Eröffnungsbeschluss eingeleitete und hinsichtlich dieser Rechtsfolge noch nicht erledigte Verfahren der ersten Instanz weiterführt. Mangels Verweises auf die Vorschriften der Nebenklage ist diese, anders als im Sicherungsverfahren (§ 395 Abs. 1), in den Nachverfahren nicht zulässig.98 Am Beginn der Hauptverhandlung steht wie auch sonst der Aufruf der Sache und die 43 Präsenzfeststellung verbunden mit der Belehrung der Zeugen und deren Entlassung aus dem Sitzungssaal. Die Besetzung des Gerichts ist den Verfahrensbeteiligten nach § 222a zu benennen, sofern dies nicht schon vor ihrem Beginn mitgeteilt worden ist. Die Besetzung muss auch im Verfahren über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung erneut voll-
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Dazu SK/Frister 42; teilw. abweichend von Freier ZStW 120 (2008) 273, 306 ff.; Peglau JR 2006 14 ff. So aber wohl Ullenbruch NStZ 2007 62, 69, der ein „Nachschieben von Gründen“ etwa nach Rückverweisung für unzulässig hält, weil der Verfahrensgegenstand bei § 66b Abs. 1, 2 StGB a.F. auf die von der Staatsanwaltschaft in ihrem Antrag genannten „neuen Tatsachen“ begrenzt sei; SK-StGB/ Sinn § 66b, 16 StGB; dagegen zutr. SK/Frister 42; s.a. Peglau JR 2006 14, 16. SK/Frister 41 f. BGH NStZ 2006 178; SK/Frister 42. KMR/Voll 38; SK/Frister 41. Vgl. LR/Stuckenberg § 265, 73 ff.
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Zur umstrittenen Frage, was in diesem Sinne „neue Tatsachen“ sind, vgl. BGHSt 50 121, 125 f.; 50 373, 377 ff.; OLG München StV 2010 193; SK-StGB/Sinn § 66b, 17 ff. StGB; Rissing-van Saan FS Nehm 191, 195 ff.; Zschieschack/Rau JZ 2006 895, 897 ff., jew. m.w.N. KMR/Voll 27; SK/Frister 43. KMR/Voll 37; SK/Frister 44. BGH bei Becker NStZ-RR 2008 68 Nr. 18; OLG Brandenburg NStZ 2006 183 (jeweils für nachträgliche Sicherungsverwahrung); Graf/Peglau 30; KMR/Voll 34; SK/Frister 47; a.A. HK/Julius 5; KK/Engelhardt 4; MeyerGoßner 14 für den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung.
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ständig mitgeteilt werden, auch wenn an ihr Richter der früheren Hauptverhandlung mitwirken. Schon wegen der Schöffen wird die über den Vorbehalt entscheidende Strafkammer ohnehin anders besetzt sein. Anwendbar im Nachverfahren sind auch alle sonstigen Vorschriften, die die Hauptverhandlung strukturieren und die Rechte und Pflichten der Beteiligten festlegen. Dies umfasst die durch Anordnung der Vorführung des in Haft befindlichen Verurteilten sicherzustellende Anwesenheitspflicht, aber auch die Befugnis, in den Fällen der § 231a, § 231b oder § 247 in seiner Abwesenheit zu verhandeln, ferner alle für die Beweisaufnahme geltenden Regelungen, alle Äußerungsrechte bis hin zum letzten Wort des Angeklagten und die Vorschriften über die Urteilsverkündung. Auch die Fristen für die Unterbrechung der Hauptverhandlung und für die Urteilsabsetzung gelten im Nachverfahren entsprechend, desgleichen die Vorschriften über die Protokollierung. 3. Vorgehende Sondervorschriften (Absatz 3)
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a) Notwendigkeit von Sonderregelungen. Soweit das jetzt erkennende Gericht aufgrund der Rechtskraft des vorherigen Urteils an dessen Feststellungen gebunden ist (Rn. 39, 41), sind sie seiner Entscheidung im Nachverfahren ohne Beweisaufnahme zugrunde zu legen und müssen daher in die Hauptverhandlung eingeführt werden; zumindest die Schöffen kennen sie nicht. In Anlehnung an den für das Berufungsverfahren geltenden § 324 sieht Absatz 3 deshalb vor, dass die für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung wesentlichen Teile des vorangegangenen Verfahrens durch den Vortrag des Berichterstatters und durch Verlesung der einschlägigen Teile vorangegangener Entscheidungen in die neue Hauptverhandlung eingeführt werden. Ein einvernehmlicher Verlesungsverzicht wie in § 324 Abs. 1 Satz 2 ist deshalb in § 275a nicht vorgesehen.99
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b) Der Vortrag des Berichterstatters über die bisherigen Ergebnisse des Verfahrens ersetzt die hier nicht passende nochmalige Verlesung der Anklageschrift. Er zeigt den Gegenstand des Nachverfahrens und dessen bereits durch die Hauptentscheidung vorgegebenen Grundlagen auf. Die Berichterstattung kann sich wegen des sachlich begrenzten Verfahrensgegenstandes des Nachverfahrens darauf beschränken, den bisherigen Verfahrensverlauf und die äußeren Daten vorangegangener Entscheidungen mitzuteilen und nur die für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung wesentlichen Ergebnisse des früheren Verfahrens darzutun. Zu diesen gehört notwendig auch der Inhalt des rechtskräftigen Urteilsspruchs. Wurde das Haupturteil angefochten, ist auch das Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens zu schildern; bei einer Zurückverweisung muss das für die Anordnung des Vorbehalts entscheidende Ergebnis der erneuten Verhandlung vor dem Tatrichter mitgeteilt werden. Auf Einzelheiten vorangegangener Entscheidungen braucht der Berichterstatter nur einzugehen, soweit sie für die noch offene Entscheidung über die Sicherungsverwahrung bedeutsam sind. Im Falle der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung muss er die Gründe, die maßgebend dafür waren, dass die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung dem Nachverfahren vorbehalten wurde, vortragen.
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c) Die Verlesung des Urteils durch den Vorsitzenden, die sich an den Vortrag des Berichterstatters anschließt, kann sich auf die Urteilsteile beschränken, die für die Entscheidung über den Vorbehalt bzw. die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung sind. Dies sind alle tatsächlichen Feststellungen des Haupturteils über den Tathergang und die Schuld des Täters, nicht aber die ihnen zugrunde liegende
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KMR/Voll 35; Meyer-Goßner 9; SK/Frister 49.
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und im Nachverfahren nicht zu überprüfende Beweiswürdigung. Zu verlesen sind auch die den Urteilsspruch tragende und für das Nachverfahren verbindliche rechtliche Würdigung der Taten des Verurteilten sowie die im Urteil getroffenen Feststellungen über die für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung maßgebenden Vorverurteilungen. Ist das Haupturteil erfolgreich angefochten worden und musste es deshalb erneut verhandelt werden, sind aus den weiteren Urteilen nur die Teile zu verlesen, die die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung beeinflussen können. Dies ist vor allem insoweit der Fall, als die dortige rechtliche Würdigung und die dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch für die nunmehr zu treffende Entscheidung über die Sicherungsverwahrung bindend sind. Im Übrigen entscheidet der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Urteilsteile er zum besseren Verständnis des vorangegangenen Verfahrens verlesen will. 4. Vernehmung des Verurteilten. Dieser ist vom Vorsitzenden über seine persönlichen 47 Verhältnisse, die sich zwischenzeitlich geändert haben können, sowie zur Sache zu vernehmen. Dazu gehört wohl auch, dass er zu seiner nunmehrigen Einstellung zu den bereits bindend festgestellten Taten befragt wird, wegen derer er verurteilt ist. Auch wenn diese Taten im Nachverfahren nicht mehr überprüft werden dürfen, kann seine jetzige Einstellung dazu für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung von Bedeutung sein. Eingehend zu befragen ist der Verurteilte vor allem zu den nach dem Haupturteil eingetretenen Umständen und Vorgängen, die für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung von Bedeutung sein können, so vor allem auch über dafür bedeutsame Vorkommnisse im Strafvollzug. Soweit darüber Beweis zu erheben ist, kann die Erörterung von Einzelheiten auch der Befragung nach § 257 überlassen werden. Eine Aussagepflicht hat der Verurteilte nicht. Sein Recht, frei zu entscheiden, ob und 48 wieweit er sich äußern will, gilt auch hier. Hierüber ist er erneut zu belehren (§ 243 Abs. 5 Satz 1). 5. Beweisaufnahme a) Die für die Hauptverhandlung geltenden Regeln sind auch bei der Beweisauf- 49 nahme in der Hauptverhandlung des Nachverfahrens anzuwenden. Diese kann in allen für den Strengbeweis in der Hauptverhandlung zulässigen Formen durchgeführt werden. Neben der unmittelbaren Vernehmung von Zeugen, auch in der Form einer Videovernehmung nach § 247a, kommt bei Vorliegen der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 250 ff.) auch die Verlesung von Vernehmungsniederschriften und anderen Schriftstücken in Betracht, aber auch die Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a. Auch hinsichtlich des Urkundenbeweises, der Erklärungsrechte zu den Beweisergebnissen sowie der Zeugnisverweigerungsrechte und der Beweisverbote gelten keine Besonderheiten. Ein bereits in der Hauptverhandlung des Hauptverfahrens vernommener und vereidigter Zeuge kann sich im Nachverfahren nach § 67 auf den bereits geleisteten Eid berufen, da dieses das gleiche Verfahren, wenn auch nur beschränkt auf die Sicherungsverwahrung, fortsetzt. b) Der Gegenstand der Beweisaufnahme ist jedoch durch den begrenzten Verfahrens- 50 gegenstand (Rn. 38 ff.) erheblich eingeschränkt. Dem Nachverfahren sind ohne eigene Nachprüfungsmöglichkeit die Feststellungen und rechtlichen Wertungen im letzten den Vorbehalt mit erfassenden rechtskräftig gewordenen Tatsachenurteil und die dort verhängten Strafen zugrunde zu legen. Es ist nur noch darüber zu entscheiden, ob wegen der abgeurteilten Taten auch auf Sicherungsverwahrung zu erkennen ist. Die Beweisauf-
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nahme darf sich also nicht auf Tatsachen erstrecken, die für das Nachverfahren verbindlich feststehen, so vor allem nicht auf die bereits rechtskräftig festgestellten Modalitäten der Straftaten des Verurteilten, die auch insoweit bindend sind, als sie Rückschlüsse auf die künftige Gefährlichkeit des Täters ermöglichen. Sie ist ausschließlich auf solche Tatsachen beschränkt, die für die Beurteilung seiner weiteren Gefährlichkeit für die Allgemeinheit von Bedeutung sein können, also vor allem für die Frage, ob bei einer Gesamtwürdigung der Person des Verurteilten, seiner bereits abgeurteilten Taten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs von ihm weiterhin erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden (vgl. § 66a Abs. 3 Satz 2 StGB; § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB a.F.; § 66b Satz 1 Nr. 2 StGB, § 66b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 StGB a.F.). Beweisanträge, welche diese Grenze nicht beachten, etwa weil sie sich auf die Modalitäten einer bereits rechtskräftig abgeurteilten Tat oder auf eine dazu verbindlich festgestellte Tatsache beziehen, sind unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1, § 245 Abs. 2 Satz 2). Dies dürfte selbst dann gelten, wenn nachträglich eine im Haupturteil nicht ausdrücklich angesprochene Besonderheit der Tatbegehung unter Beweis gestellt werden soll, um daraus Schlüsse für die künftige Gefährlichkeit des Verurteilten zu ziehen. Bei der Beurteilung der persönlichen Entwicklung hindern die im Haupturteil getrof51 fenen Feststellungen über innere Einstellungen und Neigungen des Verurteilten das im Nachverfahren entscheidende Gericht nicht, aufgrund seiner Würdigung des späteren Verhaltens und der zwischenzeitlichen Entwicklung des Verurteilten zu anderen Ergebnissen zu kommen und daraus andere Schlüsse zu ziehen (Rn. 38). Dies gilt auch für die Feststellungen und Erwägungen, mit denen im Haupturteil der Vorbehalt der nachträglichen Entscheidung über die Sicherungsverwahrung gerechtfertigt wird. Es liegt im Sinne des Nachverfahrens, dass das nunmehr erkennende Gericht aufgrund seiner verbreiterten und damit besseren Erkenntnisgrundlagen hier andere und auch von den insoweit nur vorläufigen Annahmen des vorangegangenen Urteils abweichende Feststellungen treffen kann, vor allem auch über die künftige Gefährlichkeit des Verurteilten. Soweit die Entscheidung dem Nachverfahren vorbehalten ist, können die dafür maßgebenden vorläufigen Feststellungen und Wertungen des Haupturteils keine Bindungswirkung entfalten. Zur eingeschränkten Beurteilungsgrundlage bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung in Altfällen siehe Rn. 40.
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c) Die Vernehmung eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung ist entsprechend dem nach Absatz 2 auch im Nachverfahren über die Sicherungsverwahrung erneut anwendbaren § 246a zwingend vorgeschrieben, insoweit ist Absatz 4 Satz 1 entbehrlich. Es genügt nicht, dass das Gericht bereits im vorangegangenen Teil des Verfahrens nach § 246a ein Gutachten eingeholt hatte.100 Im Verfahren über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung sind gemäß Absatz 4 Satz 2 Gutachten von zwei Sachverständigen erforderlich. Die Gutachten müssen unabhängig voneinander erstattet werden, so dass die Zusammenarbeit von zwei Sachverständigen an einem Gutachten nicht genügt.101 I.d.R. soll wenigstens ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werden;102 daneben kommen auch Psychologen und Kriminologen als Gutachter in Betracht.103 Ist
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Meyer-Goßner 10; Müller-Metz StV 2003 42, 50. OLG Hamm StraFo 2009 39; MeyerGoßner 10; SK/Frister 50. BGHSt 50 121, 129 f.
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103
Graf/Peglau 29; KMR/Voll 39; MeyerGoßner 10; SK/Frister 51; Kinzig NStZ 2004 655, 659; Eisenberg DRiZ 2009 219 ff.
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ersichtlich, dass bereits die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung fehlen, entfällt die Pflicht zur Begutachtung.104 Die nach § 246a unerlässliche Untersuchung des Verurteilten sollte zweckmäßigerweise bereits vor der Hauptverhandlung stattfinden. Wie auch sonst bei § 246a ist es aber zulässig, dass dies ausnahmsweise erst in der Unterbrechung der Hauptverhandlung geschieht.105 Zieht das Gericht einen weiteren Gutachter hinzu, muss es auch diesem Gelegenheit geben, den Angeklagten zu untersuchen, denn nach dem Zweck dieser Regelung muss der Sachverständige sein Gutachten aufgrund der Ergebnisse einer eigenen Untersuchung erstellen. Nicht als Sachverständige bestellt werden dürfen alle Personen, die im Rahmen des Strafvollzugs mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sind (Absatz 4 Satz 3). Entsprechend dem Zweck dieser Regelung, die Unvoreingenommenheit des Gutachters zu sichern und schon den Schein der Betriebsblindheit und einer in beiden Richtungen hin denkbaren Beeinflussung durch die Mitwirkung an der Behandlung auszuschließen, ist das Verbot weit auszulegen.106 Auch eine nur einmalige vertretungsweise Befassung mit der Behandlung des Verurteilten im Strafvollzug schließt eine Beauftragung mit der Begutachtung aus. Gleiches muss auch für diejenigen gelten, die den Verurteilten während der Verbüßung einer früheren Freiheitsstrafe behandelt haben, selbst wenn diese mit dem gegenwärtigen Verfahren nichts zu tun haben. Wer nur andere Gefangene, nicht aber den Verurteilten, in der gleichen Strafvollzugsanstalt behandelt hat, ist nach dem Wortlaut von Absatz 4 Satz 3 als Sachverständiger nicht ausgeschlossen. Es wird dem Sinn der Regelung aber eher gerecht, auch solche Personen nicht mit der Begutachtung zu beauftragen. Nicht ausgeschlossen ist ein Gutachter, der als externer Sachverständiger einen anderen Gefangenen in der gleichen Vollzugsanstalt zur Erstattung eines Gutachtens untersucht und begutachtet hat. Nicht ausgeschlossen ist die Bestellung des Sachverständigen, der früher in der mit der Anordnung des Vorbehalts abgeschlossenen Hauptverhandlung den Angeklagten nach § 246a begutachtet hat. Da der Gutachter den Verurteilten und seine Straftaten bereits kennt, wird er i.d.R. zu einer schnelleren Begutachtung in der Lage sein, auch wenn ihn seine frühere Untersuchung nach § 246a wegen der Länge der inzwischen verstrichenen Zeit nicht von der Pflicht entbindet, den Verurteilten erneut nach § 246a zu untersuchen. Ob die Beauftragung des früheren Gutachters aber weiterführend ist, hängt vom Einzelfall und auch davon ab, welchen Erkenntnisgewinn das frühere Gutachten für das Hauptverfahren brachte. Je nach den Umständen kann es zweckmäßiger sein, einen neuen Gutachter zu bestellen. In Ausnahmefällen, insbesondere wenn gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, die sich in grundsätzlichen Beurteilungen – und nicht etwa nur in den durch den Zeitablauf bedingten Einschätzungen – widersprechen, kann die Sachaufklärung erfordern, einen weiteren Gutachter zuzuziehen. Nicht ausgeschlossen ist ferner ein bei der Einleitung des Verfahrens von der Staatsanwaltschaft herangezogener Sachverständiger.107 Eine Behandlung oder Begutachtung während der Untersuchungshaft oder während einer Unterbringung nach § 81 wird dagegen weder vom Wortlaut noch von dem Sinn dieser Regelung erfasst.108 Diese greift auch bei einer früheren Untersuchung zum Zwecke einer Begutachtung nach § 246a nicht ein. 104 105 106
KMR/Voll 39; SK/Frister 51; vgl. BGH NJW 2006 852, 853; NStZ 2006 178, 179. Vgl. LR/Becker § 246a, 9. KMR/Voll 43.
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SK/Frister 52; a.A. KMR/Voll 44; Folkers NStZ 2006 426, 428. Meyer-Goßner 10; vgl. KMR/Voll 42; offenlassend OLG Nürnberg StV 2010 510, 511.
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Als sachverständiger Zeuge kann auch eine im Strafvollzug mit der Behandlung des Verurteilten befasste Person, etwa ein Arzt oder ein Psychologe, gehört werden. Das Verbot in Absatz 4 Satz 3 schließt ihre Einvernahme als Zeuge nicht aus, so wenn es um tatsächliche Vorgänge geht, die mit der Behandlung des Verurteilten zusammenhängen. Eine über die Bekundung der ihm bekannten Tatsachen hinausgehende Äußerung zur künftigen Entwicklung des Verurteilten oder eine Prognose über seine künftige Gefährlichkeit darf einem solchen Zeugen aber nicht abverlangt werden. Das Gericht sollte im Interesse der Verfahrensklarheit eine solche Äußerung auch nicht entgegennehmen. Wenn es sie nicht verhindern konnte, sollte es klarstellen, dass es diese Äußerung nicht für die Entscheidung verwerten wird. Das Verbot in Absatz 4 Satz 3 schließt es aus, dass eine mit der Behandlung des Verurteilten im Strafvollzug befasste Person in irgendeiner Form als Gutachter gehört wird. Sie darf deshalb auch nicht als Zweitgutachter zugezogen werden. 6. Urteil
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a) Urteilstenor. Das Gericht entscheidet stets durch Urteil, auch wenn etwa der Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung mangels Begründung unzulässig (Rn. 25) ist.109 Da es nur noch über die vorbehaltene oder nachträgliche Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat, kann in analoger Anwendung des § 260 Abs. 4 der Tenor seiner Entscheidung nur dahin lauten, dass in Ergänzung des nach Datum, Schuldspruch und Rechtsfolgen genau zu bezeichnenden früheren Urteils auch die Sicherungsverwahrung angeordnet wird110 oder aber, dass deren Anordnung abgelehnt bzw. dass von ihr abgesehen wird. Die genaue Bezeichnung des durch den positiven wie negativen Ausspruch über die Sicherungsverwahrung ergänzten Urteils ist in beiden Fällen notwendig.111 Nicht nur für die Behörden des Strafvollzugs, sondern auch für andere Behörden und öffentliche Stellen und auch sonst für Außenstehende muss ohne zeitraubende Rückfragen schon aus dem Urteilstenor zweifelsfrei ersichtlich sein, welches Urteil durch die Anordnung der Sicherungsverwahrung in seinem Rechtsfolgenausspruch ergänzt wird oder aber, bei welchem die Sicherungsverwahrung endgültig nicht angeordnet wird, so dass es allein bei den bereits früher ausgesprochenen Rechtsfolgen sein Bewenden hat. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Registerbehörden, die einen Vorbehalt nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BZRG und die Entscheidung darüber nach § 12 Abs. 1 Nr. 9 BZRG im Zentralregister vermerken müssen und die nach § 32 Abs. 2 Nr. 12 BZRG einen Vermerk über den Vorbehalt nicht in ein Führungszeugnis aufnehmen dürfen, wenn von der Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtskräftig abgesehen worden ist.
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b) In der Kostenentscheidung ist auszusprechen, dass dem Verurteilten nach § 465 auch die Kosten des Nachverfahrens zur Last fallen, wenn in diesem die Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet wird. Wird sie aufgrund des Nachverfahrens nicht angeordnet, fallen die Kosten ebenso wie die notwendigen Auslagen des Verurteilten in analoger Anwendung des § 467 der Staatskasse zur Last.112
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BGHSt 50 180, 185 ff.; BGH NStZ 2006 178, 179; OLG Celle NdsRpfl. 2005 286, 287; OLG Hamm NStZ-RR 2005 109; Graf/Peglau 32; KK/Engelhardt 6; KMR/Voll 45; Meyer-Goßner 6a; a.A.
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Römer JR 2006 5, 7; vgl. auch BGH NJW 2006 852, 853. Vgl. LR/Stuckenberg § 260, 30 ff. SK/Frister 53. KMR/Voll 51; SK/Frister 54.
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c) In die Liste der angewandten Vorschriften nach § 260 Abs. 5 ist bei der nachträg- 60 lichen Anordnung der Sicherungsverwahrung jetzt zusätzlich § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB a.F. bzw. § 66a Abs. 2 StGB n.F. oder § 66b Abs. 1, 2 oder 3 StGB a.F. bzw. § 66b StGB n.F. aufzunehmen. Da die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung aber auf der Grundlage der vorangegangenen Hauptentscheidung ergangen ist, deren Schuld- und Rechtsfolgenausspruch nur ergänzt wird, sind auch die dort angewandten Vorschriften Grundlage für die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung. Es kann sich deshalb ein klarstellender Hinweis empfehlen, dass §§ 66a oder 66b StGB in Verbindung mit den beim Haupturteil angewendeten Vorschriften angewandt worden ist. Dies kann auch dadurch geschehen, dass ein Hinweis die Zusammengehörigkeit der Hauptentscheidung mit der sie ergänzenden Nachtragsentscheidung klarstellt und dass dann alle in beiden Entscheidungen angewendeten Vorschriften nochmals aufgeführt werden. d) Eine Entscheidung über die einstweilige Unterbringung muss nach § 268b Satz 1 61 von Amts wegen ergehen. Ordnet das Gericht die Sicherungsverwahrung nicht an, ist der Unterbringungsbefehl aufzuheben, § 275a Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 126a Abs. 3 Satz 1.113 e) Urteilsgründe. Die schriftliche Urteilsbegründung muss nach Absatz 2 i.V.m. § 267 62 Abs. 6 neben den Ausführungen zur Person des Verurteilten nur noch aufzeigen, warum das Gericht die Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet oder aber von einer solchen Maßnahme abgesehen hat, also vor allem, aufgrund welcher Feststellungen und aus welchen Erwägungen es die offen gebliebene Frage der künftigen Gefährlichkeit des Verurteilten bejaht oder verneint hat. Die übrigen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung sind bereits im vorausgegangenen Urteil – eventuell auch in mehreren Urteilen – bestandskräftig festgestellt. Da das Gericht bei seiner Entscheidung an diese Feststellungen gebunden ist, genügt es, wenn die Urteilsgründe insoweit auf diese genau zu bezeichnenden früheren Ausführungen verweisen. Bei Anordnung der Sicherungsverwahrung sollten allerdings zum besseren Verständnis der Entscheidung die für diese Anordnung maßgebenden Straftaten und Vorstrafen in den neuen Urteilsgründen nochmals kurz umrissen werden, auch wenn sie an sich bereits bestandskräftig feststehen.114 In Fällen der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 1, 2 StGB a.F. sind die Tatsachen anzugeben, die erst nach dem ersten Urteil bis zum Ende der Vollstreckung zutage getreten sind.115 f) Umfang der Rechtskraft ablehnender Entscheidungen. Lehnt das Gericht die 63 Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung ab, so ist der Vorbehalt damit verbraucht.116 Ein Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung kommt in diesen Fällen dann allenfalls nach § 66b Abs. 1 und 2 StGB a.F. in Betracht, wenn der Betroffene noch nicht aus dem Vollzug entlassen ist (Rn. 27).117 Hat das Gericht einen Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwah- 64 rung gemäß § 66 Abs. 1, 2 StGB a.F. abgelehnt, so steht die Rechtskraft dieser Entscheidung einem erneuten Verfahren dann nicht entgegen, wenn dieses sich auf neue Tat-
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Vgl. OLG Bamberg 31.3.2011 – 1 Ws 167/11. Vgl. BGHSt 50 121, 131; Meyer-Goßner 13a. BGHSt 50 180, 187; 51 185, 189; MeyerGoßner 13a; SK/Frister 54.
116 117
KMR/Voll 51; Meyer-Goßner 12; SK/Frister 57. BTDrucks. 15 2887 S. 12; OLG Schleswig NStZ-RR 2009 75, 76.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
sachen stützt, die im vorherigen Verfahren nicht erkennbar waren,118 denn die Rechtskraft eines Prognoseurteils kann künftige Entwicklungen nicht erfassen,119 weshalb etwa auch ein Sicherungsverfahren nach § 414 aufgrund neuer Erkenntnisse erneut eingeleitet werden kann.120 Allerdings ist es schon wegen des Zeitablaufs und der Antragsfrist (Rn. 27) praktisch ausgeschlossen, dass sich nach Rechtskraft des ablehnenden Urteils während des Vollzugs noch neue Tatsachen ergeben und ein darauf gestützter Antrag gestellt werden kann.121 In den Fällen der Antragstellung nach Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 66b Abs. 3 StGB a.F., § 66b StGB n.F. lässt schon der Gesetzeswortlaut einen erneuten Antrag nicht zu.
V. Revision 65
1. Beschränkung auf den Entscheidungsgegenstand des Nachverfahrens. Ebenso wie das vorangegangene Urteil der normalen Hauptverhandlung kann auch das dieses ergänzende Urteil im Nachverfahren mit der Revision angefochten werden, und zwar bei Anordnung der Sicherungsverwahrung vom Angeklagten und der Staatsanwaltschaft zu seinen Gunsten, bei der Ablehnung der Sicherungsverwahrung von der Staatsanwaltschaft, nicht aber vom Nebenkläger (§ 400 Abs. 1).122 Sowohl die allgemeine Sachrüge als auch Verfahrensrügen sind möglich. Mit letzterer können Rechtsfehler der Hauptverhandlung des Nachverfahrens mit einem den jeweiligen Verfahrensfehler belegenden Tatsachenvortrag nach § 344 Abs. 2 beanstandet werden. Zu beachten ist aber auch hier, dass alle Rügen den Entscheidungsgegenstand des Nachverfahrens betreffen müssen. Soweit die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung auf tatsächlichen oder rechtlichen Vorgaben beruht, die bereits im Urteil des Hauptverfahrens bindend festgelegt worden sind, ist sie der Revision nicht mehr zugänglich. Revisionsrügen, die sich dagegen wenden, sind unzulässig.123
66
2. Besonderheiten. Die Revision kann auch mit der Sachrüge beanstanden, wenn sich das Urteil des Nachverfahrens über bindende Vorgaben des vorangegangenen Urteils in tatsächlicher oder rechtlicher Sicht hinweggesetzt oder ihnen widersprechende Feststellungen getroffen hat.124 Denn das im Hauptverfahren ergangene Urteil und die Entscheidung des Nachverfahrens sind insoweit als einheitlicher Verfahrensabschluss anzusehen. Mit der Sachrüge beanstandet werden kann deshalb auch, wenn im Urteil des Nachverfahrens tatsächliche Feststellungen des Haupturteils ersichtlich unbeachtet geblieben sind, obwohl die Umstände dazu gedrängt haben, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, weil sie auch Relevanz für die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung haben. Darin kann ein Begründungsmangel liegen, der mit der Sachrüge beanstandet werden
118
Vgl. Graf/Peglau 21; KMR/Voll 28; Peglau JR 2006 14, 15 f.; Ullenbruch NJW 2006 1377, 1380; ders. NStZ 2007 62, 69; LK/Rissing-van Saan/Peglau § 66b, 193 StGB; SK-StGB/Sinn § 66b, 16 StGB; erwägend BGHSt 50 284, 292; a.A. MeyerGoßner 13 (früheres Urteil kann nicht erneut herangezogen werden); SK/Frister 58 f. Undeutlich BTDrucks. 15 3346 S. 18 (keine Wiederholung des Antrags und Durchbrechung der Rechtskraft nur gem.
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119 120 121 122 123 124
§§ 359 ff.); obiter wohl auch OLG Celle NdsRpfl 2005 286, 287. Vgl. BTDrucks. 17 3402 S. 32. Vgl. LR/Gössel § 414, 36 m.w.N.; Peglau JR 2006 14, 16. Vgl. SK/Frister 59. Meyer-Goßner 14. KK/Engelhardt 7; KMR/Voll 63; MeyerGoßner 14; SK/Frister 55. SK/Frister 56.
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Siebenter Abschnitt. Entscheidung über die Sicherungsverwahrung
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kann. Die Aufklärungsrüge würde dagegen nicht greifen, da sie keine Tatsachen erfasst, die für das nunmehr erkennende Gericht bereits verbindlich feststehen und deshalb ohne die Möglichkeit einer eigenen Nachprüfung der Entscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Hat das Gericht Tatsachen, die früher im Hauptverfahren erörtert worden sind, auch für die Bildung einer von ihm im Nachverfahren zu treffenden eigenen Entscheidung verwendet, ohne dass diese nach Absatz 3 Sätze 1 und 2 durch den Vortrag des Berichterstatters oder durch Verlesen der Urteilsgründe in die neue Hauptverhandlung eingeführt worden sind, und wurden sie auch sonst nicht in einer ihre Verwertung bei der Überzeugungsbildung gestattenden Form zum Gegenstand der Hauptverhandlung des Nachverfahrens gemacht, so kann darin ungeachtet der Einheit von Haupt- und Nachverfahren ein Verstoß gegen § 261 und auch ein Verstoß gegen das Recht auf Gehör125 liegen. Dafür spricht, dass mangels Einführung in die Hauptverhandlung diese Tatsachen nicht zur Grundlage der noch zu treffenden Entscheidung gemacht werden dürfen. Die Richter, zumindest die Schöffen, können dann nicht aufgrund der Hauptverhandlung Kenntnis von ihnen erlangt haben. Schon wegen der zwischen beiden Verfahrensabschnitten liegenden langen Zeitspanne müssen der Verurteilte ebenso wie die anderen Verfahrensbeteiligten davon ausgehen, dass bei der in der Form einer selbständigen neuen Hauptverhandlung durchzuführenden Verhandlung des Nachverfahrens das Gericht seine Entscheidung nur auf die Tatsachen stützt, die in diese neue Hauptverhandlung ordnungsgemäß eingeführt worden sind. Mit der Sachrüge ist schließlich die Überschreitung der Ausschlussfrist des § 66a 67 Abs. 2 Satz 1 StGB a.F. zu beanstanden.126 Hingegen ist die Frist des § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB n.F. eine Verfahrensvoraussetzung ebenso wie die Rechtzeitigkeit des Antrags auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung und daher von Amts wegen zu beachten.127 Hat das Gericht statt durch Urteil irrig durch Beschluss entschieden, so ist die Revision begründet,128 es sei denn, die Entscheidung kann in der Sache nicht darauf beruhen, weil die Zurückweisung des Antrags wegen Unzulässigkeit strikt geboten war.129
VI. Wiederaufnahme des Verfahrens bzgl. des ersten Urteils Ergibt die neue Hauptverhandlung ungeachtet der Beschränkung ihres Verfahrens- 68 gegenstandes und der Beweisaufnahme (Rn. 50) Tatsachen, welche geeignet sind, die bindenden Feststellungen des vorangegangenen bestandskräftigen Urteils ernsthaft in Frage zu stellen, weil sie eine Freisprechung oder die Anwendung eines milderen Strafgesetzes nahelegen, kann dies vom erkennenden Gericht bei der von ihm im Nachverfahren zu treffenden Entscheidung nicht berücksichtigt werden. Eine Korrektur des bestandskräftigen ersten Urteils ist dem Wiederaufnahmeverfahren nach Maßgabe der §§ 359, 363 vorbehalten.130 Wenn in solchen ohnehin sehr seltenen Ausnahmefällen das Nachverfahren nicht dadurch endet, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung schon aus Sachgründen abzulehnen ist, wird man das Gericht für befugt halten müssen, das Nachver-
125
126
Auch ein Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens in Art. 6 Abs. 1 EMRK kann dann vorliegen, hierzu LR/Esser Art. 6, 219 EMRK. BGHSt 51 159 ff.; BGH StraFo 2007 514; KMR/Voll 64; SK/Frister 56.
127 128
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SK/Frister 56. BGHSt 50 180, 186; KMR/Voll 63; MeyerGoßner 14; SK/Frister 55; s.a. OLG Celle NdsRpfl 2005 286, 287. Vgl. BGH NStZ 2006 178, 179. Meyer-Goßner 14.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
fahren auszusetzen, bis über die Anordnung der Wiederaufnahme entschieden ist. Mit der Anordnung der Erneuerung der Hauptverhandlung nach § 370 Abs. 2 wird auch das Nachverfahren über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung gegenstandslos, da dann auch darüber in der neu durchzuführenden Hauptverhandlung neu zu entscheiden ist.
VII. Unterbringungsbefehl (Absatz 6) 69
1. Wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann bis zur Rechtskraft des Urteils ein Unterbringungsbefehl erlassen werden (Absatz 6 Satz 1; Absatz 5 Satz 1 a.F.). Dadurch soll insbesondere vermieden werden, dass ein als gefährlich eingestufter Verurteilter aus dem psychiatrischen Krankenhaus nach Erledigung der Unterbringung (§ 67d Abs. 6 StGB) entlassen werden muss.131 Der Begriff der dringenden Gründe ist wie bei § 126a entsprechend dem des dringenden Tatverdachts132 als hohe Wahrscheinlichkeit der endgültigen Verhängung der Sicherungsverwahrung zu verstehen.133 Regelmäßig wird zur Beurteilung ein Prognosegutachten erforderlich sein, das die Staatsanwaltschaft dann tunlichst vor Beantragung des Unterbringungsbefehls in Auftrag gibt.134 Sie kann den Unterbringungsbefehl bereits vor Stellung des Antrags auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung stellen,135 jedoch nicht, um dadurch mehr Zeit136 zur Prüfung der Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung oder weitere Erkenntnisse137 für deren Anordnung zu gewinnen. Solange Ungewissheit über die Vereinbarkeit der anzuwendenden Vorschriften mit der EMRK herrscht, d.h. ob nachträgliche Sicherungsverwahrung generell mit Art. 5 EMRK und zudem in „Altfällen“, bei deren erstmaliger Aburteilung § 66a StGB noch nicht galt, mit Art. 7 EMRK vereinbar ist, kann die Annahme „dringender Gründe“ zweifelhaft sein.138
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2. Im Fall der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung kommt ein Unterbringungsbefehl nur im Rechtsmittelverfahren in Betracht, nachdem das erstinstanzliche Gericht fristgerecht, also bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entschieden hat (§ 275a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB) bzw. sechs Monate vor dem Strafaussetzungstermin (§ 275a Abs. 5 Satz 3 a.F. i.V.m. § 66a Abs. 3 Satz 1 StGB a.F.). Die „dringenden Gründe“ sind hier der Anordnung der Sicherungsverwahrung im erstinstanzlichen Urteil zu entnehmen.139 Die einstweilige Unterbringung ist „bis zur Rechtskraft des Urteils“ möglich, also auch nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils in der Revision, wenn die Anordnung der Sicherungsverwahrung gleichwohl zu erwarten bleibt.140
71
3. Zuständig für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das Gericht, das in der Hauptsache über die vorbehaltene oder nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwah-
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135 136
KMR/Voll 54; Meyer-Goßner 16. Vgl. LR/Hilger § 126a, 6 f. m.w.N. Graf/Peglau 39. Vgl. OLG Rostock StV 2005 279, 280; SK/Frister 60; notwendig ist dies aber nicht, OLG München NStZ 2005 573, 574; Meyer-Goßner 16. KMR/Voll 57; SK/Frister 60. OLG Koblenz NStZ 2005 97, 100.
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OLG Schleswig NStZ-RR 2009 75; Graf/Peglau 39. So OLG Rostock NStZ-RR 2011 140 (verneinend); vgl. BGH NStZ 2010 567; a.A. BGHSt 56 248. Meyer-Goßner 17. Vgl. SK/Frister 61; a.A. KMR/Voll 56; Meyer-Goßner 17.
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Siebenter Abschnitt. Entscheidung über die Sicherungsverwahrung
§ 275a
rung zu entscheiden hat. Nur im Fall der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Abs. 6 StGB ist die Strafvollstreckungskammer zunächst auch für den Erlass des Unterbringungsbefehls zuständig (Absatz 6 Satz 2; Absatz 5 Satz 2 a.F.). Mit Eingang des Antrags auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung beim Hauptsachegericht geht auch die Zuständigkeit für Erlass und Überprüfung des Unterbringungsbefehls auf dieses über. 4. Voraussetzung der Anordnung der einstweiligen Unterbringung ist ein Antrag der 72 Staatsanwaltschaft.141 Der Unterbringungsbefehl muss schriftlich ergehen und die in Absatz 6 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 verlangten Angaben enthalten. Bekanntgabe-, Belehrungs- und Benachrichtigungspflichten richten sich nach den entsprechend in Bezug genommenen §§ 114a ff.142 Dem unverteidigten Betroffenen muss der Vorsitzende des zuständigen Gerichts mit Beginn der Vollstreckung des Unterbringungsbefehls einen Pflichtverteidiger bestellen, §§ 140 Abs. 1 Nr. 4, 141 Abs. 3 Satz 4, Abs. 4. Die Anordnung der Untersuchungshaft neben dem Unterbringungsbefehl ist ausgeschlossen.143 5. Als Rechtsbehelfe gegen den Unterbringungsbefehl stehen dem Betroffenen gemäß 73 Absatz 6 Satz 4 bzw. Absatz 5 Satz 4 a.F. die Haftprüfung (§§ 117, 118) und die Haftbeschwerde (§§ 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1; 305 Satz 2) zur Verfügung.144 Das zuständige Gericht muss die Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Freiheitsentziehung sowie des Beschleunigungsgebots beachten.145 Eine Außervollzugsetzung nach §§ 116, 116a146 kommt mangels Verweises auf diese Vorschriften ebenso wenig in Betracht wie eine Überprüfung der Haft durch das Oberlandesgericht147 nach §§ 121, 122.
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OLG Jena NStZ-RR 2011 61. Vgl. Graf/Peglau 43, 43.1; KMR/Voll 60; Meyer-Goßner 18. Graf/Peglau 38; KMR/Voll 54; MeyerGoßner 16; SK/Frister 63. OLG München NStZ-RR 2009 20 f.; SK/Frister 63. OLG Hamm StraFo 2009 39; OLG Mün-
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chen NStZ-RR 2009 20 f.; KMR/Voll 55; SK/Frister 63. KMR/Voll 61; Meyer-Goßner 18; SK/Frister 63. OLG München NStZ-RR 2009 20 f.; KMR/Voll 61; Meyer-Goßner 20; SK/Frister 63.
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ACHTER ABSCHNITT Verfahren gegen Abwesende Vorbemerkungen zu § 276 Schrifttum Börner Die Vermögensbeschlagnahme nach §§ 290 ff. StPO, NStZ 2005 547; Compes Entstehung und Entwicklung des geltenden Abwesenheitsverfahrens im Strafprozeß, Diss. Düsseldorf 1937; Dünnebier Das Kontumazialverfahren ist abgeschafft, FS Heinitz 669; Fuchs Steuerstrafverfahren gegen Abwesende, ZfZ 1954 65; Hilger § 290 StPO – ein weiterer Weg der Zurückgewinnungshilfe neben § 111b Abs. 3 StPO? NStZ 1982 374; Just Die Abwesenheit des Beschuldigten im römischen Strafprozeß nach dem Corpus Juris Civilis, FS Meyer-Goßner 159; Niethammer Die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten, FS Rosenfeld 119; Oppe Die Strafverfolgung ausländischer Verkehrssünder, NJW 1966 2237; ders. Das Abwesenheitsverfahren in der Strafprozeßreform, ZRP 1972 56; Ortloff Das Strafverfahren gegen Abwesende und Flüchtlinge, GA 19 (1871) 492; 590; Rempe Verfahren gegen Flüchtige und Abwesende, Bericht der amtlichen Strafprozeßkommission 1938, S. 460; Rieß Die Durchführung der Hauptverhandlung ohne Angeklagten, JZ 1975 265. Vgl. auch das bei § 231 angeführte Schrifttum.
1. Entstehungsgeschichte. In der Regierungsvorlage1 war das Abwesenheitsverfahren nur ein Beweissicherungsverfahren. § 273 lautete: „Gegen einen Abwesenden findet eine Hauptverhandlung … nicht statt. Ein gegen einen Abwesenden eingeleitetes Verfahren hat nur die Aufgabe … die Beweise zu sichern.“ Demzufolge umfasste der achte Abschnitt (§§ 318 bis 337 a.F.) zunächst nur Bestimmungen, die sich jetzt in § 276 Abs. 1, §§ 285 bis 295 finden.2 Als Ausgleich für das Fehlen eines Abwesenheitsverfahrens schlug der Entwurf die Beschlagnahme des inländischen Vermögens, jedoch nicht in amtsgerichtlichen Sachen, zur Erzwingung der Gestellung vor (vgl. jetzt § 290). 2 Das eigentliche Abwesenheitsverfahren (§ 276 Abs. 2, §§ 277 bis 284 StPO a.F.) ist von der Reichstagskommission eingefügt worden. In erster Lesung war die Vermögensbeschlagnahme gefallen.3 Die dadurch entstandene Lücke wurde in zweiter Lesung so ausgefüllt, dass bei zu erwartender Geldstrafe oder Einziehung ein Abwesenheitshauptverfahren und zur Deckung der Strafe und Kosten die Beschlagnahme von Vermögensteilen (früher § 283) zugelassen, bei anderen als amtsgerichtlichen Sachen die Vermögensbeschlagnahme als Gestellungsmittel (jetzt § 290) wieder hergestellt wurde.4 In dieser Form ist der Entwurf Gesetz geworden. 3 Das System der Erzwingungsbeschlagnahme in großen Strafsachen und der Sicherungsbeschlagnahme verbunden mit Abwesenheitshauptverhandlung in Bagatellsachen wurde durch § 25 Abs. 2 der „Emminger-Verordnung“ gestört, indem die Vermögensbeschlagnahme auch in Sachen für zulässig erklärt wurde, die zur Zuständigkeit des Amts-
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1 2
Hahn 36. Vgl. Hahn 238 und Dünnebier FS Heinitz 669; AK/Achenbach 1; KMR/Haizmann 1; ferner LR/Gollwitzer 23 1.
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Hahn 950. Hahn 1442, 1572.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
Vor § 276
richters oder des Schöffengerichts gehören. Durch diese Änderung erhielt der Abschnitt etwa den Inhalt, den er bis 1975 hatte;5 nur die Haft in § 277 Abs. 2 a.F., das staatsanwaltschaftliche Ermessen in § 277 a.F. und die §§ 282 und 282c entstammen späteren Änderungen. Durch das Gesetz gegen Verrat der Deutschen Volkswirtschaft vom 12.6.1933 (RGBl. I S. 360) wurde das Abwesenheitsverfahren auf sämtliche Devisensachen ausgedehnt. Diese Ausdehnung des Umfangs erforderte eine Erweiterung der Wiederaufnahmegründe. Demzufolge wurde in § 9 Abs. 3 Satz 3 verordnet, bei Ergreifen oder Gestellen habe das Gericht die Erneuerung der Hauptverhandlung mit der Maßgabe zu beschließen, dass das frühere Urteil hinfällig werde. Eine umfangreiche Änderung erfuhr der Abschnitt durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 844). Äußerlich wurde dieser Abschnitt mit der Überschrift „Hauptverhandlung gegen Flüchtige“ auf die damaligen §§ 276 bis 282 beschränkt; die §§ 283 bis 295 bildeten einen achten Abschnitt mit der Überschrift „Weitere Maßnahmen gegen Flüchtige“; ihr Inhalt blieb im wesentlichen unverändert. Das eigentliche Abwesenheitsverfahren wurde – „symptomatisch für den neuen Geist der Verfahrensnovelle“6 – bei allen Sachen schlechthin für zulässig erklärt, „wenn das Rechtsempfinden des Volkes die alsbaldige Aburteilung der Tat verlangt“. In § 277 Abs. 1 wurde das Antragsrecht der Staatsanwaltschaft festgelegt mit dem Zusatz (§ 278 Satz 2), dass keine Nachprüfung durch das Gericht stattfinde. Weitere Vorschriften wurden neu gefasst, u.a. wurde die Notwendigkeit der Verteidigung begründet (§ 281 a.F.). Art. 3 Nr. 131 bis 133 VereinhG verlieh dem Abwesenheitsverfahren im wesentlichen (ein Teil der späteren Änderungen wurde beibehalten) wieder den Inhalt, den er nach der Emminger-Verordnung hatte. Das Abwesenheitsverfahren wurde jedoch auch zugelassen, wenn die den Gegenstand der Untersuchung bildende Tat mit geringer Freiheitsstrafe bedroht war. Art. 9 Nr. 15 des 1. StRG änderte später den § 277 Abs. 3 a.F. Art. 21 Nrn. 74 bis 78 EGStGB hat dann das eigentliche Abwesenheitsverfahren abgeschafft (Aufhebung des § 276 Abs. 2 und der §§ 277 bis 284) und nur noch das Beweissicherungsverfahren und als Mittel zur Sicherung oder Erzwingung der Gestellung die Vermögensbeschlagnahme und das freie Geleit beibehalten.7
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2. Anwendungsbereich. Die nach den Änderungen durch Art. 21 Nrn. 74, 75 EGStGB 8 1974 noch verbliebenen Sonderregelungen des Beweissicherungsverfahrens, der Vermögensbeschlagnahme und des freien Geleits gelten ihrem Sinn nach grundsätzlich in allen Abschnitten des Strafverfahrens,8 während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ebenso wie während der Anhängigkeit des Strafverfahrens in allen gerichtlichen Instanzen. Naturgemäß liegt der Hauptanwendungsbereich der Maßnahmen zur
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Bek. vom 22.3.1924, RGBl. I S. 299, 322. E. Schäfer DJ 1935 933. Dazu Rieß JZ 1975 265. Andere Staaten kennen noch echte Abwesenheitsverfahren. Die Auslieferung eines im Ausland in Abwesenheit Verurteilten kann nach Art. 3 des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 17.3.1978 (BGBl. 1990 II 118; 1991 II 874) abgelehnt werden, wenn in diesen Verfahren
8
nicht die Mindestrechte der Verteidigung gewahrt wurden oder der ersuchende Staat zusichert, dass der Verurteilte die Möglichkeit eines seine Verteidigungsrechte gewährleisteten neuen Verfahrens erhält. Zur Rechtslage vgl. Schomburg/Lagodny § 73, 70 ff. IRG m.w.N. KK/Engelhardt § 276, 1; Meyer-Goßner 2; Eb. Schmidt § 276, 2.
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§ 276
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Beweissicherung und Gestellung des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft und im gerichtlichen Verfahren der ersten Instanz; aber auch in einem späteren Verfahrensabschnitt können gelegentlich solche Maßnahmen notwendig werden. Die Ansicht, das Abwesenheitsverfahren gelte nur für das Verfahren der ersten Instanz,9 enthält eine bei einem Beweissicherungsverfahren sachlich nicht gebotene Einschränkung. Sie hatte Gewicht für die aufgehobenen Vorschriften über die Durchführung einer Hauptverhandlung gegen Abwesende (§ 276 Abs. 2, §§ 277 bis 284), die in der Berufungsinstanz nach § 332 nicht anwendbar waren.10
§ 276 Ein Beschuldigter gilt als abwesend, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist oder wenn er sich im Ausland aufhält und seine Gestellung vor das zuständige Gericht nicht ausführbar oder nicht angemessen erscheint. Entstehungsgeschichte. Art. 21 Nr. 74 EGStGB strich mit der Beseitigung des eigentlichen Abwesenheitsverfahrens auch den Absatz 2, der bis dahin in der Fassung des Art. 6 des Gesetzes vom 28.6.1935 gegolten hatte. Bezeichnung bis 1924: § 318. Übersicht Rn. 1. Begriff der Abwesenheit . . . . . . . . . 2. Unbekannter Aufenthalt . . . . . . . . . 3. Gestellung, Begriff . . . . . . . . . . . .
Rn.
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4. Nicht ausführbare Gestellung . . . . . . . 5. Nicht angemessene Gestellung . . . . . . 6. Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. § 276 legt für den Anwendungsbereich des Achten Abschnitts den Begriff der Abwesenheit durch eine Fiktion fest. Sind ihre Voraussetzungen gegeben, so gilt der Beschuldigte als abwesend und die Maßnahmen, die der Achte Abschnitt gegen Abwesende vorsieht, sind unter den sonstigen Voraussetzungen auch dann gegen ihn zulässig, wenn er in Wirklichkeit anwesend ist, etwa, wenn er sich unerkannt am Gerichtsort aufhält. Die StPO verwendet das Begriffspaar „Abwesenheit“ und „Anwesenheit“ nicht ein2 heitlich.1 So geht es in § 338 Nr. 5 um die Teilnahme an der Hauptverhandlung. Die dort bezeichnete Anwesenheit ist die Gegenwart in der Hauptverhandlung (§ 226), die Abwesenheit das Fernsein von ihr, sei es zufolge gerichtlicher Erlaubnis (§ 233 Abs. 1), sei es zufolge eigenmächtigen Ausbleibens (§ 232 Abs. 1) oder Entfernens (§ 231 Abs. 2), sei es endlich wegen selbstverschuldeter Abwesenheit (§ 231a) oder wegen ordnungswidrigen Benehmens (§ 231b Abs. 1). Diese Beschränkung auf die Beziehung zu einer stattfindenden Hauptverhandlung ist dem Begriff im Achten Abschnitt nicht eigen. Das zeigen nicht nur die Verwendung des Wortes „Beschuldigter“, das auch den noch nicht angeklagten Beschuldigten mit umfasst (§ 157), sondern mehr noch §§ 285 ff., die ein Verfahren gegen einen Abwesenden regeln, das keine Hauptverhandlung ist.
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LG Verden NJW 1974 2194; Kaiser NJW 1964 1555; KMR/Haizmann 3. RGSt 65 419; 66 79.
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AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 2.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 276
Abwesend i.S. des Achten Abschnitts ist daher grundsätzlich – wegen einer Erweite- 3 rung vgl. Rn. 8 ff. – ein Beschuldigter, der nicht zur Hauptverhandlung gebracht werden kann, weil sein Aufenthalt unbekannt ist oder weil trotz eines bekannten Aufenthalts im Ausland die Gestellung vor das zuständige Gericht nicht möglich oder nicht angemessen erscheint. Darin liegt zugleich ein Unterschied zu den Fällen der §§ 231 und 232. In diesen kann der Angeklagte zur Hauptverhandlung gebracht (§ 230 Abs. 2) und in ihr gehalten werden (§ 231 Abs. 1 Satz 2), doch kann das Gericht im Falle des Ungehorsams auf seine Gegenwart verzichten und die Hauptverhandlung ohne ihn durchführen (vgl. ferner § 285, 2). 2. Unbekannter Aufenthalt. Der Aufenthalt des Beschuldigten ist unbekannt, wenn 4 Gericht und Ermittlungsbehörden ihn nicht kennen, ihn auch nicht mit einem der Bedeutung der Sache angemessenen Aufwand ermitteln können und auch nicht damit zu rechnen ist, dass er ihnen demnächst bekannt wird.2 Dem unbekannten Aufenthalt steht unter bestimmten Voraussetzungen3 ein bekannter, aber die Gestellung verhindernder Aufenthalt im Ausland gleich. 3. Gestellung ist das Bewirken des Erscheinens durch Ladung.4 Die Warnung, der 5 Geladene werde im Falle des unentschuldigten Ausbleibens verhaftet oder vorgeführt werden (§ 216 Abs. 1), ist dafür nicht unerlässlich. Eine Ladung ohne die im Ausland nicht mögliche Zwangsandrohung reicht ebenfalls aus, wenn der Beschuldigte ihr freiwillig nachkommt.5 Zum Gestellen rechnen auch die Maßnahmen zum Erzwingen des Erscheinens (§ 236) durch Haft- (§ 114) oder Vorführungsbefehl (§ 134 Abs. 2, § 230 Abs. 2), wobei gegen im Ausland Aufhältige nur der Haftbefehl in Betracht kommt,6 vor allem auch, wenn die Auslieferung betrieben werden soll.7 4. Nicht ausführbar ist die Gestellung, wenn der Aufenthalt des Beschuldigten unbe- 6 kannt ist oder zu erwarten ist, dass er bei Ladung weder freiwillig erscheinen wird noch zwangsweise vor Gericht gebracht werden kann, weil ein Einlieferungsverfahren nicht durchführbar ist.8 Dies gilt sogar, wenn der Beschuldigte im Inland in Haft ist, weil er vom Ausland wegen einer anderen Straftat ausgeliefert wurde, seine Gestellung aber wegen des Grundsatzes der Spezialität der Auslieferung nicht möglich ist.9 Die zwangsweise Gestellung eines Beschuldigten, der sich im Ausland aufhält, hängt 7 davon ab, ob zu erwarten ist, dass der Beschuldigte in absehbarer Zeit von dem ausländischen Staat nach Deutschland ausgeliefert wird. Ob der Versuch einer zwangsweisen Gestellung erfolgversprechend erscheint, hat das Gericht in Würdigung aller ihm bekannten Umstände zu entscheiden. Die verneinende Entscheidung setzt nicht zwingend voraus, dass vorher vergeblich versucht wurde, im Ausland die Auslieferung zu erreichen.10
2 3 4
5 6 7
AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 3; MeyerGoßner 2; SK/Frister 3. Vgl. Rn. 6, 8. AK/Achenbach 5; KK/Engelhardt 5; KMR/Haizmann 5; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 5. OLG Frankfurt NJW 1972 1875; Oppe NJW 1966 2237; vgl. Nr. 116 RiVASt. Vgl. Nr. 86 ff. RiVASt. Vgl. dazu Nr. 88 ff. RiVASt.
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BGHSt 37 115 = NStZ 1990 584 mit Anm. Temming; OLG Frankfurt NJW 1972 1875; AK/Achenbach 6; KK/Engelhardt 6; MeyerGoßner 3; SK/Frister 6; Oppe NJW 1966 2237. KG Alsb. E 2 Nr. 98; SK/Frister 6. AK/Achenbach 6; KK/Engelhardt 7; SK/Frister 8; vgl. BGHSt 18 283, 287; a.A. KMR/Haizmann 7; Oppe NJW 1966 2238; vgl. auch OLG Frankfurt NJW 1975 1875.
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§ 276
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die Entscheidung über diese sog. Einlieferung obliegt den obersten Justizbehörden und letztlich den Regierungen der Länder und des Bundes.11 Die Gerichte können entgegen einer solchen Feststellung die Ausführbarkeit der Auslieferung nicht bejahen. Andererseits brauchen sie aber eine solche Feststellung nicht unbedingt einzuholen, um bei einem im Ausland befindlichen Beschuldigten die Voraussetzungen des § 276 anzunehmen, so etwa, wenn sie auf andere Weise bereits sichere Kenntnis von der Nichtauslieferung haben.12 Mitunter wird die Klärung der Auslieferungsfrage sich auch deshalb erübrigen, weil die Gestellung nach der dafür maßgebenden Ansicht des Gerichts nicht als angemessen erscheint (Rn. 9).
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5. Nicht angemessene Gestellung. Nach der Sondervorschrift des § 276 letzte Alternative gilt als abwesend auch, wer sich im Ausland aufhält, wenn seine Gestellung nicht angemessen erscheint. Der Gesetzgeber trägt damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung. Er will verhindern, dass eine nur mit unverhältnismäßig großen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten durchführbare oder unverhältnismäßig aufwendige Gestellung versucht werden muss. Die Maßnahmen, die das Gesetz bei abwesenden Angeklagten zulässt, sollen auch anwendbar sein, wenn die an sich mögliche Gestellung aus dem Ausland wegen der geringen Bedeutung der Sache oder wegen der hierfür notwendigen Mittel oder wegen sonstiger Gründe als unangemessen unterbleibt. Unangemessen ist die Gestellung in der Regel, wenn ihre Auswirkungen, ihr Verwal9 tungsaufwand oder ihre Kosten außer jedem Verhältnis zur Bedeutung der Strafverfolgung stehen. So vor allem, wenn die mit der Auslieferung aus dem Ausland für den Beschuldigten verbundenen Nachteile oder die durch den Vollzug der Einlieferung für die deutschen öffentlichen Kassen erwachsenden Kosten unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mit dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung zu rechtfertigen sind. Die Unangemessenheit kann sich aber auch daraus ergeben, dass der im zwischenstaatlichen Verkehr anfallende Verwaltungsaufwand, insbesondere auch der im fremden Staat zur Klärung der Auslieferungsvoraussetzungen anfallende, die Bedeutung der Sache übersteigt.13 Bevor die Unangemessenheit einer zwangsweisen Gestellung angenommen wird, muss allerdings in geeigneter Weise geklärt sein, ob der Beschuldigte nicht bereit ist, einer Ladung freiwillig nachzukommen.14 Liegen die Voraussetzungen des § 290 vor, kann nach dem Sinn der Vorschrift mit10 unter auch die Beschlagnahme des Vermögens unangemessen sein, sofern nicht die Güterabwägung ergibt, dass die Vermögensbeschlagnahme der Bedeutung der Sache entspricht und im Verhältnis zur zwangsweisen Gestellung das schonendere Zwangsmittel ist. Meistens wird allerdings umgekehrt die Gestellung angemessen sein, wenn ein Fall des § 290 vorliegt.15 Die Feststellung, dass die Gestellung unangemessen sei, trifft das Gericht. Freilich 11 muss es sich dabei in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft befinden. Denn wenn diese die Gestellung für angemessen und in absehbarer Zeit erreichbar erachtet, wird sie ohnehin die Einlieferung und nicht das Abwesenheitsverfahren betreiben.16
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12 13
Vgl. § 74 IRG und die Zuständigkeitsvereinbarung vom 1.7.1993 BAnz. 1993 6383; ferner Nr. 88 RiVASt. Vgl. aber BGHSt 18 283, 287. Vgl. Nr. 88 Abs. 1 Buchst. c RiVASt; ferner
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AK/Achenbach 7; KK/Engelhardt 8; MeyerGoßner 3; KMR/Haizmann 8; SK/Frister 8. KMR/Haizmann 8. SK/Frister 8. SK/Frister 8.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 285
6. Ausland i.S.d. § 276 Abs. 1 ist funktional zu verstehen; zu ihm rechnet alles, was 12 nicht zum Hoheitsbereich der Bundesrepublik gehört. Dieser umfasst das Landgebiet und die Eigengewässer (Häfen und die Küsten bespülende Meeresteile) und das Küstenmeer, einen Meeresstreifen, der den Eigengewässern vorgelagert ist.17 Mit diesem endet der deutsche Hoheitsbereich und beginnt die offene See. Diese muss i.S.d. § 276 mit zum Ausland zählen, weil die Vorschrift auf die Unwirksamkeit der inländischen Gestellungsmittel abstellt, die sich auf der offenen See eher stärker auswirkt als im Bereiche ausländischer Staaten.18
§§ 277 bis 284 regelten die Durchführung der Hauptverhandlung gegen Abwesende und sind durch 21 Nr. 75 EGStGB 1974 entfallen.
§ 285 (1) 1Gegen einen Abwesenden findet keine Hauptverhandlung statt. 2 Das gegen einen Abwesenden eingeleitete Verfahren hat die Aufgabe, für den Fall seiner künftigen Gestellung die Beweise zu sichern. (2) Für dieses Verfahren gelten die Vorschriften der §§ 286 bis 294. Entstehungsgeschichte. Art. 21 Nr. 76 EGStGB 1974 hat Absatz 1 Satz 1 neu gefasst. Bezeichnung bis 1924: § 327. Übersicht Rn. 1. Keine Hauptverhandlung gegen Abwesende a) Allgemeiner Grundsatz . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweissicherungsverfahren . . . . . . . . 3. Beweissicherung in den einzelnen Verfahrenslagen
Rn. a) b) c) d)
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Bedeutung des Wortes „Angeklagter“ Ermittlungsverfahren . . . . . . . . Anklageschrift eingereicht . . . . . . Hauptverfahren eröffnet . . . . . . .
. . . .
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1. Keine Hauptverhandlung gegen Abwesende a) Allgemeiner Grundsatz. Absatz 1 Satz 1 legt jetzt durchgängig den Grundsatz fest, 1 dass gegen Abwesende (im Sinne des § 276) keine Hauptverhandlung stattfindet. Damit soll ausgeschlossen werden, dass jemand ohne die Möglichkeit, sich zu verteidigen, ja sogar in Unkenntnis des gegen ihn anhängigen Verfahrens und somit ohne rechtliches Gehör und ohne die in seiner Anwesenheit liegende Möglichkeit der Sachaufklärung verurteilt werden kann.1 17 18 1
KK/Engelhardt 4. Meyer-Goßner 4. KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; SK/Frister 1, 4 f. Zu den Bedenken, die schon
bei der Schaffung der Strafprozessordnung gegen ein mit Verurteilung endendes Abwesenheitsverfahren erhoben wurden, vgl. Dünnebier FS Heinitz 669; vgl. ferner Vor § 276 Fn. 2.
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§ 285 2
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
b) Ausnahmen. Die Sondervorschriften, die es gestatten, gegen einen zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß Angeklagten auch bei seinem Ausbleiben zu verhandeln oder seinen Rechtsbehelf zu verwerfen, werden durch § 285 Abs. 1 Satz 1 nicht eingeschränkt. In diesen Fällen kann es nicht darauf ankommen, weshalb der ordnungsgemäß mit Belehrung geladene Angeklagte unentschuldigt ausgeblieben ist und ob er im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nach § 232 unbekannten Aufenthalts oder im Ausland ist.2 Gleiches gilt für die Befugnis, die Hauptverhandlung zu Ende zu führen, wenn sich der Angeklagte im Falle des § 231 Abs. 2 nach seiner eigenmächtigen Entfernung aus der Hauptverhandlung sofort in das Ausland abgesetzt hat.3 Denn Sinn der Regelungen des Achten Abschnitts kann es – noch dazu nach Abschaffung der besonderen Hauptverhandlung gegen Abwesende – nicht sein, die Durchführbarkeit des Verfahrens gegen eigenmächtig ausgebliebene Angeklagte über die in § 231 Abs. 2, § 232 festgelegten Voraussetzungen hinaus einzuschränken und einen flüchtig gewordenen Angeklagten insoweit besser zu stellen als einen, dessen Aufenthalt im Inland bekannt ist.4 Das Verfahren nach § 233 ist gegen einen im Ausland wohnenden Angeklagten ebenfalls zulässig.5 Gleiches gilt für das Verfahren nach § 329.6 Im Strafbefehlsverfahren, das grundsätzlich voraussetzt, dass der Aufenthalt des Beschuldigten bekannt ist,7 schließt § 285 nicht aus, dass ein Strafbefehl einem im Ausland wohnenden Beschuldigten zugestellt wird, sofern dies nach dem einschlägigen internationalen Recht zulässig ist. Soweit § 412 die sofortige Verwerfung des Einspruchs eines unentschuldigt ausgebliebenen und auch nicht vertretenen Angeklagten gestattet, ist er die speziellere Regelung, die dem § 285 Abs. 1 Satz 1 vorgeht.8 Auch hier ist, ebenso wie bei § 232, dem Recht auf Gehör dadurch genügt, dass dem Angeklagten durch Zustellung von Anklage oder Strafbefehl und wirksame Ladung zum Verhandlungstermin die volle Möglichkeit eröffnet wird, sich vor Gericht gegen die ihm bekannte Anschuldigung zu verteidigen.9
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AK/Achenbach 2; HK/Julius 1; MeyerGoßner 1; SK/Frister 9 f.; Oppe ZRP 1972 57; diff. KK/Engelhardt 3 (jedenfalls dann, wenn Abwesenheit erst zwischen Ladung und Hauptverhandlung beginnt). Anders die früher vorherrschende Meinung BGH NJW 1957 472; KMR/Müller § 276, 2; Eb. Schmidt 2; Oppe NJW 1966 2239; ebenso weiterhin KMR/Haizmann 9; vgl. LR/Becker § 232, 2 m.w.N. Vgl. BGHSt 27 216; AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 4; KMR/Haizmann 8; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 10. Ob sich der Angeklagte im Machtbereich der deutschen Gerichtsbarkeit aufhält oder für sie erreichbar ist (Auslieferung), kann nur dort eine Rolle spielen, wo seine Anwesenheit erzwungen werden muss, um die Hauptverhandlung gegen ihn durchführen zu können. Kann gegen einen ausbleibenden Angeklagten verhandelt werden, bedarf es keines besonderen Beweissicherungsverfahrens. Vgl. auch LR/Stuckenberg § 205, 3, 10 f.
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OLG Schleswig SchlHA 1964 70; Rieß JZ 1975 268; AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 5; KMR/Haizmann 10; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 10; vgl. LR/Becker § 233, 2 m.w.N. RGSt 65 417; 66 76; KG NJW 1969 475; LG Verden NJW 1974 2194; AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 13; ferner KMR/Haizmann 11 (da nach seiner Ansicht § 285 in der Berufungsinstanz nicht anwendbar). Vgl. LR/Hilger Vor § 407, 46, 48. Vgl. Rieß JZ 1975 268; AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 6; Meyer-Goßner 1; a.A. KMR/Haizmann 12; SK/Frister 7. Zur Problematik vgl. LR/Hilger Vor § 407, 46 ff. KMR/Haizmann 9 hat Bedenken, dass das rechtliche Gehör bei unbekanntem Aufenthalt nicht genügend gesichert ist. Zu den unterschiedlichen Fallgestaltungen vgl. Vor LR/Hilger § 407, 47 f. (keine öffentliche Zustellung usw.).
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 285
c) Bedeutung der Abwesenheit. Die Abwesenheit im Sinne der §§ 276 ff. ist ein Hin- 3 dernis, das – abgesehen von den genannten Ausnahmefällen – der Durchführung der Hauptverhandlung und auch bestimmten anderen Verfahrenshandlungen, wie etwa der Eröffnung des Hauptverfahrens, entgegensteht.10 Ein Verfahrenshindernis in dem Sinn, dass mit Eintritt der Abwesenheit jedes Weiterbetreiben des Verfahrens zu unterbleiben hätte, ist die Abwesenheit ebenso wenig wie das bloße Ausbleiben des Angeklagten.11 2. Beweissicherungsverfahren. Absatz 1 Satz 2 lässt gegen Abwesende im Sinne des 4 § 276 das Beweissicherungsverfahren zu, das nicht, wie die Hauptverhandlung, die Freisprechung oder die Verurteilung und Vollstreckung zum Ziele hat, sondern die Sicherung der Beweise für den Fall einer künftigen Gestellung. Zulässig ist auch das Verfahren über die Anordnung der Vermögensbeschlagnahme (§§ 290 bis 294). Absatz 1 Satz 2 gestattet die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens für diesen 5 begrenzten Zweck. Die nach Absatz 2 dabei zu beachtenden Sondervorschriften in den §§ 286 bis 294 modifizieren insoweit die allgemein geltenden Verfahrensregeln, sie ändern aber nichts daran, dass die Maßnahmen der Beweissicherung im übrigen den allgemeinen Verfahrensregeln folgen. 3. Beweissicherung in den einzelnen Verfahrenslagen a) Die gerichtliche Beweissicherung nach Absatz 1 Satz 2 ist in allen Verfahrenssta- 6 dien zulässig, da Satz 1 nur die Hauptverhandlung ausschließt. Sie ist nicht auf das Hauptverfahren beschränkt. Hier könnte § 286 Abs. 1 Verwirrung stiften, weil er von dem Angeklagten spricht. Indessen handelt es sich um ein Redaktionsversehen. Das VereinhG hat § 286 an den ehemaligen § 281 angepasst, dabei versehentlich das Wort „Angeklagter“ übernommen und dadurch den Sinn des § 286, damit des ganzen Abschnitts und auch des § 285, verdunkelt. Angeklagter ist an sich der Angeschuldigte, gegen den die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist (§ 157). Es kann aber grundsätzlich für das Verfahren nach Satz 2 weder darauf ankommen, ob die Staatsanwaltschaft den Abwesenden anklagt,12 noch, ob das Gericht auf eine gleichwohl erhobene Anklage in den durch §§ 285 bis 289 geregelten Fällen das Hauptverfahren eröffnen kann.13 In § 286 ist daher, wie in der ursprünglichen Fassung, das Wort „Angeklagter“ als „Beschuldigter“ zu lesen.14 b) Dass die Staatsanwaltschaft gegen einen Abwesenden ein Ermittlungsverfahren 7 führen darf, bedarf keiner ausdrücklichen Regelung; es ist nach ihrer Aufgabe selbstverständlich, ergibt sich auch aus § 112 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1. Die Staatsanwaltschaft kann von Ermittlungen absehen und das Verfahren alsbald in entsprechender Anwendung des § 205 einstellen, wenn keine Beweise zu sichern sind. Sind in den Ermittlungsverfahren gegen den Abwesenden Beweise zu sichern, so ver- 8 anlasst das die Staatsanwaltschaft entweder selbst, indem sie Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sicherstellt (§ 94 Abs. 1), oder sie beantragt die Beschlagnahme (§ 98 Abs. 1) oder andere richterliche Untersu-
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Vgl. LR/Stuckenberg § 205, 15. KK/Engelhardt 7; KMR/Haizmann 1; MeyerGoßner 1; vgl. LR/Stuckenberg § 206a, 44. Vgl. LR/Stuckenberg § 290, 7; Meyer-Goßner 2; ferner Rn. 7 f.
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Vgl. bei § 205; ferner KK/Engelhardt 7. Vgl. LR/Stuckenberg § 286, 2.
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chungshandlungen (§ 162 Abs. 1) beim Amtsgericht, auf die dann die §§ 286, 287 anwendbar sind.15 Nach Abschluss dieser formlosen Beweissicherung stellt die Staatsanwaltschaft das 9 Verfahren bei fortbestehendem Tatverdacht in entsprechender Anwendung von § 205 vorläufig ein,16 sofern sie nicht Anklage erhebt, weil eine Vermögensbeschlagnahme nach § 290 in Betracht kommt.
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c) War die Anklageschrift im Regelverfahren eingereicht worden (§ 170 Abs. 1, § 199 Abs. 2), weil der Beschuldigte bei der Anklageerhebung anwesend war oder weil die Staatsanwaltschaft das irrtümlich angenommen hatte oder weil sie glaubte, der Angeschuldigte werde freiwillig zur Hauptverhandlung aus dem Ausland kommen, und stellt sich nach der Einreichung der Anklageschrift, aber vor Eröffnung des Hauptverfahrens die Abwesenheit des Beschuldigten heraus, dann kann die Staatsanwaltschaft die Anklage zurücknehmen (§ 156). Dies kann angezeigt sein, wenn die Anklage nicht zustellbar ist, so dass das Ziel, die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 199 Abs. 2 Satz 1), nicht mehr erreicht werden kann. Eine Zurücknahme scheidet aber aus, wenn die Staatsanwaltschaft eine Vermögensbeschlagnahme beantragen will; das Verfahren nach § 294 setzt voraus, dass die Anklage erhoben ist. Nimmt die Staatsanwaltschaft die Anklage zurück, dann hat sie zur Beweissicherung 11 die bei Rn. 7 f. aufgezeigten Möglichkeiten. Nimmt sie die Anklage nicht zurück, dann stellt das Gericht – ggf. nach einer Anordnung nach § 290 – das Verfahren nach § 205 Satz 1 vorläufig ein. Ein erforderliches Beweissicherungsverfahren hat das Gericht grundsätzlich vor der 12 Entscheidung über die Einstellung und unter umfassender Sachaufklärung durchzuführen,17 während sonst nach § 205 Satz 2 vom Vorsitzenden die Beweise nur „soweit nötig“ zu sichern sind.18 Das Verfahren nach § 294 greift auch Platz, wenn die Staatsanwaltschaft erst nach 13 Feststellung der Abwesenheit Anklage erhebt, um die Voraussetzungen für eine Vermögensbeschlagnahme zu schaffen.19
14
d) War gegen den Angeklagten im Regelverfahren das Hauptverfahren eröffnet worden (§ 203), weil der Angeklagte bei der Eröffnung anwesend war oder weil sich erst nach der Eröffnung des Hauptverfahrens die Abwesenheit des Angeklagten herausstellt, dann ist das Verfahren je nach Verfahrenslage außerhalb oder innerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluss vorläufig einzustellen.20 Eine vorher durchzuführende Beweissicherung obliegt dem Gericht (§ 289).
§ 286 1 Für
den Angeklagten kann ein Verteidiger auftreten. 2 Auch Angehörige des Angeklagten sind, auch ohne Vollmacht, als Vertreter zuzulassen.
15 16
KK/Engelhardt 8; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 11 f. KK/Engelhardt 8; KMR/Haizmann 2; MeyerGoßner 2; SK/Frister 4; vgl. LR/Stuckenberg § 290, 7.
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17 18 19 20
Vgl. LR/Stuckenberg § 294, 3. Vgl. LR/Stuckenberg § 205, 49 ff. Vgl. LR/Stuckenberg § 290, 6. KK/Engelhardt 10; KMR/Haizmann 4; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 4.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 288
Entstehungsgeschichte. Die Textfassung beruht auf Art. 3 Nr. 133 VereinhG. Der frühere Absatz 2, demzufolge Zeugen, soweit nicht Ausnahmen vorgeschrieben oder zugelassen waren, eidlich zu vernehmen waren, ist im Zusammenhang mit der Neuregelung der Vereidigung durch Art. 3 Nr. 15 Buchst. b des 1. JuMoG 2004 aufgehoben worden. Bezeichnung bis 1924: § 328.
§ 287 (1) Dem abwesenden Beschuldigten steht ein Anspruch auf Benachrichtigung über den Fortgang des Verfahrens nicht zu. (2) Der Richter ist jedoch befugt, einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt ist, Benachrichtigungen zugehen zu lassen. Bezeichnung bis 1924: § 329.
§ 288 Der Abwesende, dessen Aufenthalt unbekannt ist, kann in einem oder mehreren öffentlichen Blättern zum Erscheinen vor Gericht oder zur Anzeige seines Aufenthaltsortes aufgefordert werden. Bezeichnung bis 1924: § 330.
Übersicht Rn. 1. Zweck und Anwendungsbereich, Sondervorschriften . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten (§ 286) a) Zweck des § 286 . . . . . . . . . . . b) Verteidigung . . . . . . . . . . . . . c) Angehörige . . . . . . . . . . . . .
.
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. . .
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Rn. 3 Benachrichtigung der Abwesenden (§ 287) a) Kein Anspruch auf Benachrichtigung . b) Nachrichten an Verteidiger . . . . . . 4. Öffentliche Aufforderung zum Erscheinen (§ 288) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Zweck und Anwendungsbereich. Die §§ 286 bis 289 ergänzen die allgemeinen 1 Vorschriften. Diese gelten grundsätzlich auch, wenn wegen der Abwesenheit des Beschuldigten Maßnahmen zur Beweissicherung (§ 285 Abs. 1 Satz 2) oder zur Erzwingung der Gestellung (§§ 290 ff.) durchgeführt werden (vgl. § 285, 4 ff.). Die §§ 286 bis 289 bringen nur einige Sonderregelungen, die sich entweder aus der Abwesenheit des Beschuldigten (§§ 286 bis 288) oder aus der Art des Verfahrens (§ 289) ergeben. 2. Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten (§ 286) a) Zweck. § 286 Abs. 1 will die Wahrung der Interessen des abwesenden Beschuldig- 2 ten erleichtern. Er stellt klar, dass für ihn ein (bevollmächtigter) Verteidiger auftreten kann und er lässt zu diesem Zweck auch die Angehörigen ohne Vollmacht zu. Die Vorschrift gilt auch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 147 Abs. 2), das Wort Angeklagter ist, da auf einem Redaktionsversehen beruhend, als Beschuldigter zu lesen (§ 285, 6),
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zumal kein sachlicher Grund besteht, das Auftreten des Verteidigers abweichend von der allgemeinen Regelung (§ 137) auf das Hauptverfahren zu beschränken.1
3
b) Verteidigung. Die Abwesenheit begründet, wie § 286 Satz 1 klarstellt („kann“), für sich allein keinen Fall der notwendigen Verteidigung,2 jedoch kann, was selbstverständlich ist, ein bevollmächtigter Verteidiger auftreten. Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften, auch hinsichtlich des Erfordernisses einer besonderen Vertretungsvollmacht und der Beschränkung der Zahl der Verteidiger durch § 137 Abs. 1 Satz 2.3 § 145a ist anwendbar.4 Vor allem ist auch zu prüfen, ob die Bestellung eines Verteidigers nach § 140 Abs. 2 notwendig ist.5
4
c) Angehörige sind, ohne dass ein gerichtliches Ermessen obwaltet, auch ohne Vollmacht zur Vertretung der Interessen des Beschuldigten durch Beschluss zuzulassen (§ 138 Abs. 2).6 Wollen mehrere Angehörige für den Beschuldigten tätig werden, so wird man das Gericht für befugt halten müssen, ihre Zahl zu beschränken, wenn andernfalls die geregelte Durchführung des Beweissicherungsverfahrens in Frage gestellt würde. Angehörigen mit einer Vollmacht des Beschuldigten gebührt dann der Vorzug.7 Das Auftreten eines bevollmächtigten Verteidigers beseitigt die Befugnis der Angehörigen nicht. Angehörige ist – ebenso wie bei § 98 Abs. 2 und § 114b8 – im weiten Sinn auszu5 legen.9 Auch entfernte Verwandte fallen darunter, nicht nur die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder die in § 52 aufgezählten Personen; zum Beispiel gehört der Stiefvater dazu;10 ein Ehegatte, mit dem die Ehe nicht mehr besteht (vgl. § 52 Abs. 1 Nr. 2), dürfte nach dem Zweck der Regelung dagegen ausscheiden.11 Vertretung bedeutet hier nicht etwa rechtsgeschäftliche Vertretung, sondern, entspre6 chend dem Sinn der Vorschrift, die Notbefugnis zur Interessenwahrnehmung durch Anträge, Anregungen, Hinweise und Ausübung des Fragerechts. Die Angehörigen sollen – anders als nach § 149 – die gleichen Rechte ausüben dürfen wie ein Verteidiger, auch wenn sie keine Vollmacht des Beschuldigten haben. Vertretungsbefugnis im Sinne des § 234 brauchen sie im Beweissicherungsverfahren nicht.12 Die Befugnisse der Angehörigen bestehen nur hinsichtlich der Maßnahmen zur Beweissicherung und Gestellung; im Übrigen bleiben §§ 149, 298 unberührt. 3. Benachrichtigung des Abwesenden (§ 287)
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a) Kein Anspruch auf Benachrichtigung. Der Abwesende braucht, selbst wenn sein Aufenthalt bekannt oder Zustellungsvollmacht hinterlegt ist,13 nicht von Terminen (z.B.
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KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; MeyerGoßner 1; SK/Frister 2. AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 2; MeyerGoßner 1; KMR/Haizmann 3; SK/Frister 2. SK/Frister 2. Meyer-Goßner 1. KK/Engelhardt 2; KMR/Haizmann 3; SK/Frister 2; vgl. auch bei § 205. KK/Engelhardt 4; Meyer-Goßner 2. AK/Achenbach 2; SK/Frister 3. Vgl. LR/Hilger § 114b, 10; ferner bei § 98. KK/Engelhardt 3; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 4; a.A. KMR/Haizmann 4 (wie § 52).
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OLG Colmar Alsb. E 2 Nr. 99. AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 3; MeyerGoßner 3; SK/Frister 4. KK/Engelhardt 5; KMR/Haizmann 5; MeyerGoßner 4; Eb. Schmidt 2 sieht die Angehörigen als Vertreter an, wie seine Darlegung des Streitstandes bei § 281, 1 zeigt. Mit Beseitigung der eigentlichen Abwesenheitsverhandlung hat der Streit an Bedeutung verloren. AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 2; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 2.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 289
vom Termin zur Zeugenvernehmung nach § 168c Abs. 5) benachrichtigt zu werden (§ 287 Abs. 1), auch nicht von der Zulassung eines Angehörigen zu seiner Vertretung (§ 286 Satz 2); doch kann der Richter es tun (§ 287 Abs. 2), wenn er dies für angemessen hält. b) Die Benachrichtigung des Verteidigers (z.B. nach § 168c Abs. 5 i.V.m. Absatz 2) 8 wird von § 287 Abs. 1 nicht berührt; für sie gelten, ebenso wie für die Benachrichtigung der nach § 286 Satz 2 als Vertreter zugelassenen Angehörigen, die allgemeinen Regeln.14 Ein Zustellungsbevollmächtigter des Angeklagten braucht dagegen ebenso wenig wie dieser benachrichtigt zu werden.15 4. Öffentliche Aufforderung zum Erscheinen (§ 288) Der Vorsitzende kann nach seinem Ermessen einen Beschuldigten, dessen Aufenthalt 9 unbekannt ist, durch eine Anzeige in öffentlichen Blättern zum Erscheinen oder zur Mitteilung seines Aufenthaltsorts auffordern. Öffentliche Blätter sind alle Zeitungen, die nicht nur von einem beruflich eng begrenzten Personenkreis gelesen werden.16 Die Aufforderung durch Fernsehen oder Rundfunk wird durch § 288 ebenso wenig ausgeschlossen, wie der Versuch einer Kontaktaufnahme durch andere geeignete Mittel.17 In der Aufforderung muss die genaue Anschrift des Gerichts angegeben werden, bei dem sich der Beschuldigte melden soll; ferner, wenn das Erscheinen zu einem bestimmten Termin gefordert wird, auch Ort und Zeit des Termins,18 im übrigen kann der Inhalt der Aufforderung nach freiem Ermessen gestaltet werden.19 Eine Ladung bedeutet diese Aufforderung nicht, sie ist auch keine öffentliche Zustellung im Sinne des § 40 und hat auch sonst keine Rechtsfolgen.20
§ 289 Stellt sich erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens die Abwesenheit des Angeklagten heraus, so erfolgen die noch erforderlichen Beweisaufnahmen durch einen beauftragten oder ersuchten Richter. Bezeichnung bis 1924: § 331. 1. Gegenstand der Regelung. Vor Eröffnung des Hauptverfahrens richtet sich die 1 Zuständigkeit zur Beweissicherung nach den allgemeinen Regeln. Im Vorverfahren ist es der Entscheidung der Staatsanwaltschaft überlassen, ob sie die erforderlichen Beweise selbst sichern oder dafür den Ermittlungsrichter einschalten will. Dies kann sie auch noch nach Anklageerhebung, sofern nicht das Gericht im Zwischenverfahren selbst die
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AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 2; KMR/Haizmann 3; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 2. AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 2; SK/Frister 2; vgl. Rn. 7. KK/Engelhardt 2; KMR/Haizmann 3; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 2.
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KMR/Haizmann 3; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 2. KK/Engelhardt 3. KMR/Haizmann 4. KK/Engelhardt 1, 4; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 2.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
erforderlichen Anordnungen trifft.1 § 289 gilt nur für die Beweissicherung nach Eröffnung des Hauptverfahrens, wobei unerheblich ist, ob sich die Abwesenheit des Angeklagten und die Notwendigkeit der Beweissicherung unmittelbar nach der Eröffnung oder erst in einem späteren Verfahrensstadium – etwa nach Aussetzung der Hauptverhandlung – ergibt, sowie, ob das Gericht das Verfahren bereits nach § 205 vorläufig eingestellt hatte.
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2. Die zur Beweissicherung erforderlichen Anordnungen trifft das erkennende Gericht. Es ordnet Beschlagnahmen an und kann durch einen beauftragten oder ersuchten Richter Zeugen vernehmen oder einen kommissarischen Augenschein durchführen lassen.
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3. Auf Beauftragung des Richters und Durchführung der Beweiserhebung sind die §§ 223 bis 225 anwendbar.2 Eine Benachrichtigung des Angeklagten kann unterbleiben (§ 287 Abs. 1), Verteidiger und Angehörige, die nach § 286 zugelassen sind, müssen dagegen nach Maßgabe des § 224 vom Termin benachrichtigt und zu diesem zugelassen werden.3 Angehörige sind im gleichen Umfang zuzulassen, wie der Angeklagte, dessen Interesse sie vertreten.4 Zu benachrichtigen und zuzulassen ist auch die Staatsanwaltschaft.
§ 290 (1) Liegen gegen den Abwesenden, gegen den die öffentliche Klage erhoben ist, Verdachtsgründe vor, die den Erlaß eines Haftbefehls rechtfertigen würden, so kann sein im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes befindliches Vermögen durch Beschluß des Gerichts mit Beschlag belegt werden. (2) Wegen Straftaten, die nur mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bedroht sind, findet keine Vermögensbeschlagnahme statt.
Schrifttum Börner Die Vermögensbeschlagnahme nach §§ 290 ff. StPO, NStZ 2005 547; Hilger § 290 StPO – ein weiterer Weg der „Zurückgewinnungshilfe“ neben § 111b III StPO, NStZ 1982 374.
Entstehungsgeschichte. Durch Art. 3 Nr. 133 VereinhG sind die Worte „im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes“ an die Stelle der Wendung „im Deutschen Reich“ gesetzt worden. Art. 21 Nr. 77 EGStGB 1974 hat den Absatz 2 angefügt. Bezeichnung bis 1924: § 332.
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KK/Engelhardt 1; SK/Frister 1; nach AK/Achenbach 1 ist es im Zwischenverfahren Sache des Gerichts, die Beweise nach § 202 zu sichern, die Staatsanwaltschaft ist nur noch ausnahmsweise in Eilfällen dazu befugt. Vgl. LR/Stuckenberg § 285, 7 ff.
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KK/Engelhardt 2; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 1. AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 2; KMR/Haizmann 3. Meyer-Goßner 2; SK/Frister 1.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 290
Übersicht Rn. 1. Zweck der Vermögensbeschlagnahme 2. Unzulässigkeit . . . . . . . . . . . a) Zweck nicht erreichbar . . . . . b) Straftaten von geringem Gewicht c) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Übrigen . . . . . . . . . . . . 3. Erhebung der öffentlichen Klage . .
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Rn. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Haftgründe . . . . . . . . . . . . . . . . Ermessen des Gerichts . . . . . . . . . . Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Gegenstand der Vermögensbeschlagnahme Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Zweck der Vermögensbeschlagnahme ist es, die Gestellung des Abwesenden und 1 damit die Durchführbarkeit der Hauptverhandlung zu erzwingen.1 Nicht zuletzt sollen ihm dadurch die Mittel zum weiteren Fernbleiben entzogen werden.2 Die Vermögensbeschlagnahme soll weder den Strafanspruch sichern,3 noch ist sie eine Ungehorsamsstrafe. Sie dient auch nicht der Wahrung der Fiskalinteressen des Staates und zumindest nicht primär zur Sicherung der Vermögensinteressen des Verletzten.4 Ob dabei auch die Sicherung der Vermögensinteressen der Tatopfer als legitimer Nebenzweck der Anordnung ins Gewicht fallen können, ist zweifelhaft.5 Gegen einen nicht abwesenden Beschuldigten lässt § 442 in engeren Grenzen eine Vermögensbeschlagnahme zu (vgl. dort). Ob die Vollstreckungsbehörde zur Erzwingung des Strafantritts nach § 457 Abs. 3 auch die dort nicht besonders angesprochene Vermögensbeschlagnahme herbeiführen darf, ist zweifelhaft.6 Die Möglichkeit, die Beschlagnahme von Gegenständen anzuordnen, die dem Verfall oder der Einziehung unterliegen (§ 111b) wird durch § 290 nicht berührt.7 2. Unzulässigkeit a) Zweck nicht erreichbar. Für die Vermögensbeschlagnahme ist kein Raum, wenn fest- 2 steht, dass die Beschlagnahme die Gestellung nicht bewirken kann.8 Der Deutsche, der in einem Schweizer Sanatorium Aufenthalt genommen und keine Aussicht hat, lebend nach Deutschland zurückzukehren, ist vor der Beschlagnahme seines Vermögens ebenso geschützt wie der Beschuldigte, der durch die rechtlichen oder faktischen Verhältnisse des Aufenthaltslandes an der Ausreise und damit an der Gestellung in der Bundesrepublik nicht nur vorübergehend gehindert ist.9 Da die Vermögensbeschlagnahme auf den Willen des Abwesenden einwirken und ihn zur Gestellung aus eigenem Antrieb veranlassen soll, schließt der Umstand, dass die Auslieferung des Angeschuldigten nicht verlangt werden kann, die Vermögensbeschlagnahme nicht aus.10 Gleiches gilt für die Erklärung des Be-
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BayObLGSt 7 249; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 1; Börner NStZ 2005 547, 548; vgl. auch Hilger NStZ 1982 374, 375. RGZ 11 189; BayObLGZ 33 374; BayObLGSt 1963 257 = NJW 1964 300; KG JW 1937 412. KG Recht 1905 1817. Hilger NStZ 1982 375; KMR/Haizmann 2; wegen des Verhältnisses zu § 111b Abs. 3 vgl. die dortigen Erläuterungen. So aber AK/Achenbach 1; vgl. auch Hilger NStZ 1982 374, 375.
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OLG Düsseldorf NStZ 1997 103 nimmt dies an; ebenso KK/Engelhardt 3; dagegen KMR/ Haizmann 2; wegen der Art der nach § 457 Abs. 3 zulässigen Maßnahmen vgl. dort. KMR/Haizmann 3. Vgl. bei § 111b. OLG Hamburg HRR 1935 1572; KG 14.3.2005 – 1 AR 1211/04 – 5 Ws 585/04 mit Bespr. Börner NStZ 2005 547; HK/Julius 1; Meyer-Goßner 1. AK/Achenbach 3; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 7; SK/Frister 5. AK/Achenbach 3; KK/Engelhardt 2; MeyerGoßner 1; SK/Frister 5.
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§ 290
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troffenen, er wolle auf keinen Fall, selbst unter Verlust des Vermögens, in die Bundesrepublik zurückkehren.11 Selbst wenn sie im Augenblick ernst gemeint sein sollte, kann sich eine solche Einstellung bei länger andauernder Vermögensbeschlagnahme wieder ändern, denn die Vermögensbeschlagnahme ist eine Maßnahme mit aggravierender Langzeitwirkung.12 Unzulässig wegen Nichterreichbarkeit ihres Zweckes ist die Vermögensbeschlagnahme dann, wenn von Anfang an ersichtlich ist, dass sich der Betroffene unabhängig von seinem eigenen Willen langfristig nicht stellen kann. Ist das der Beschlagnahme zugängliche Vermögen des Angeschuldigten ersichtlich so 3 gering und uninteressant, dass bei Berücksichtigung aller Umstände nicht erwartet werden kann, die Beschlagnahme werde in irgend einer Form die Bereitschaft zur Gestellung fördern, dann ist für sie ebenfalls kein Raum.13
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b) Bei Straftaten von geringerem Gewicht, die nur mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bedroht sind, schließt Absatz 2 jetzt die Vermögensbeschlagnahme als unverhältnismäßiges Mittel aus. Maßgebend ist die Obergrenze der im jeweiligen Straftatbestand angedrohten Strafe und nicht etwa, wie bei §§ 232, 233, die im konkreten Fall zu erwartende Strafe. Bei den meist höheren Obergrenzen der einzelnen Straftatbestände hat Absatz 2 nur eine geringe praktische Bedeutung.14
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c) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch jenseits der durch Absatz 2 gezogenen Grenze. Die Vermögensbeschlagnahme darf auch bei den nicht unter die Ausnahme des Absatzes 2 fallenden Straftaten nicht angeordnet werden, wenn sie und die von ihr zu erwartenden Auswirkungen außer Verhältnis zu der Strafe und den sonstigen Rechtsfolgen stehen, die der Angeschuldigte konkret wegen der begangenen Tat zu erwarten hat.15
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3. Erhebung der öffentlichen Klage. Die Vermögensbeschlagnahme ist nur zulässig, wenn gegen den Abwesenden bereits die öffentliche Klage erhoben ist. Die Anklageschrift muss bei Gericht eingereicht, das Hauptverfahren braucht jedoch noch nicht eröffnet zu sein. Auch wenn das Verfahren nach § 205 eingestellt worden ist, bleibt die Vermögensbeschlagnahme zulässig, nicht jedoch, wenn die Staatsanwaltschaft die Anklage wegen der Abwesenheit des Angeschuldigten zurückgenommen hat. Ist die öffentliche Klage noch nicht erhoben, muss es – nach Wegfall der Voruntersu7 chung – als zulässig erachtet werden, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen einen abwesenden Beschuldigten die öffentliche Klage erhebt, wenn nach den Umständen eine Vermögensbeschlagnahme in Betracht kommt.16
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Meyer-Goßner 1; SK/Frister 5; Börner NStZ 2005 547, 550. Ebenso KG 14.3.2005 – 1 AR 1211/04 – 5 Ws 585/04 Rn. 15; Börner NStZ 2005 547, 548. OLG Hamburg HRR 1935 1572; KG 14.3.2005 – 1 AR 1211/04 – 5 Ws 585/04; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 5. Rieß JZ 1975 266.
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KG 14.3.2005 – 1 AR 1211/04 – 5 Ws 585/04; KK/Engelhardt 5; KMR/Haizmann 7; Meyer-Goßner 4; Börner NStZ 2005 547, 550. AK/Achenbach 4; KK/Engelhardt 3; vgl. LR/Stuckenberg § 285, 13. Zum Vorschlag, das Erfordernis der Anklageerhebung durch den dringenden Tatverdacht zu ersetzen, vgl. StV 1982 602.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
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4. Haftgründe. Weitere Voraussetzung der Vermögensbeschlagnahme ist, dass Ver- 8 dachtsgründe vorliegen, die den Erlass eines Haftbefehls rechtfertigen würden. Der Ausdruck ist vor der Änderung des neunten Abschnitts durch das StPÄG 1964 Bestandteil des Gesetzes geworden; er wurde leider nicht angepasst. Der restriktive Zweck dieser Einschränkung spricht dafür, sie dahin zu verstehen, dass die „Voraussetzungen der Untersuchungshaft“ vorliegen müssen, wozu auch gehört, dass die Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht außer Verhältnis steht (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 1). Unter Verdachtsgründen, die den Erlass eines Haftbefehls rechtfertigen, wird man daher wohl nicht allein den dringenden Tatverdacht verstehen können,17 sondern alle Gründe, die die Anordnung der Untersuchungshaft rechtfertigen, also dringenden Tatverdacht und einen Haftgrund nach § 112 Abs. 2, § 112a oder der Verdacht einer Straftat nach § 112 Abs. 3.18 Von den Haftgründen spielen der der Wiederholungsgefahr bei gewissen Straftaten 9 (§ 112a) und derjenige der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3) bei der Vermögensbeschlagnahme eine geringere Rolle. Die Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2) scheidet als Haftgrund in der Regel aus, weil sie die Anwesenheit des Beschuldigten voraussetzt. Meist wird der Fall des § 112 Abs. 2 Nr. 1 Grundlage der Vermögensbeschlagnahme sein, indem festgestellt wird, dass der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält. Danach werden bei unbekanntem Inlandsaufenthalt und bei bekanntem und unbekanntem Auslandsaufenthalt bei dringendem Tatverdacht in der Regel die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls begründet sein.19 Doch sind Ausnahmen möglich. So scheidet bei zwangsweisem Auslandsaufenthalt Flucht als Haftgrund aus. Wird bei Auslandsaufenthalt ein Wohnsitz in der Bundesrepublik beibehalten, bedarf die Fluchtgefahr besonderer Begründung. Ein Haftbefehl ist keine Voraussetzung der Vermögensbeschlagnahme, doch wird er 10 vielfach zugleich mit der Vermögensbeschlagnahme zu erlassen sein, wenn er ihr nicht vorausgegangen ist. Auf der anderen Seite wird das Gericht nicht deshalb von seiner Prüfungspflicht entbunden, weil ein Haftbefehl vorliegt.20 5. Ermessen des Gerichts. Das Gericht kann, wenn es die Voraussetzungen des § 290 11 für gegeben erachtet, von Amts wegen oder aber auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Vermögensbeschlagnahme anordnen. Die Entscheidung, bei der vor allem auch über den Absatz 2 hinaus der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Gebot der Güterabwägung) zu beachten ist (Rn. 5), steht im Übrigen in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Anordnung der Vermögensbeschlagnahme ist in der Regel nur bei Straftaten von Gewicht am Platze; ihre Auswirkungen dürfen nicht außer Verhältnis zu der im konkreten Fall vom Betroffenen zu erwartenden Strafe stehen.21 Dem Gericht ist nicht nachzuweisen, dass Vermögen vorhanden ist; die Zulässigkeit der Beschlagnahme hängt an sich davon nicht ab, da auch das künftige Vermögen erfasst wird. Hat der Angeschuldigte jedoch ersichtlich kein nennenswertes Vermögen in der Bundesrepublik und hat er auch in absehbarer
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So KK/Engelhardt 4; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 4. HK/Julius 1; KMR/Haizmann 6; Börner NStZ 2005 547, 549; Hilger NStZ 1982 374, 375; ferner AK/Achenbach 5 (Streit ohne praktische Bedeutung, da in der Regel ein Haftgrund vorliegt); ähnlich auch SK/Frister 4.
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Vgl. AK/Achenbach 5; KK/Engelhardt 4; KMR/Haizmann 6. KK/Engelhardt 4; KMR/Haizmann 6; SK/Frister 4. AK/Achenbach 6; KK/Engelhardt 5; MeyerGoßner 3.
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Zeit kein solches zu erwarten, dann ist für die Anordnung der Beschlagnahme kein Raum, weil sie dann kein zur Erzwingung der Gestellung taugliches Mittel ist (Rn. 3).
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6. Die Anordnung ergeht durch Beschluss (§ 291) des Gerichts, der zu begründen ist (§ 34).22 In dem Beschluss ist der Angeschuldigte, dessen Vermögen beschlagnahmt wird, genau zu bezeichnen. Im Übrigen genügt die abstrakte Anordnung der Vermögensbeschlagnahme; einzelne Vermögensstücke des Angeschuldigten brauchen im Beschluss nicht angeführt zu werden.23 Zur Anordnung der Veröffentlichung vgl. § 291.
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7. Zuständig ist das mit der Sache durch die Anklage befasste Gericht. Ist erst in einem späteren Verfahrensstadium, nach Eröffnung des Hauptverfahrens, über die Vermögensbeschlagnahme zu entscheiden, so obliegt das dem Gericht, bei dem die Sache dann anhängig ist, also auch dem Berufungsgericht, das das Verfahren nach § 205 eingestellt hat.
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8. Gegenstand der Vermögensbeschlagnahme. Beschlagnahmt wird das Vermögen, das sich im Geltungsbereich der Strafprozessordnung, also in der Bundesrepublik befindet. Die Beschlagnahme umfasst insoweit das gesamte gegenwärtige und künftige Vermögen, belastet mit den Rechten, die Dritte daran erworben haben,24 aber auch mit dem Anspruch von unterhaltsberechtigten Angehörigen auf Unterhalt aus dem Vermögen.25 Wegen der Wirkung der Vermögensbeschlagnahme vgl. § 292, 2.
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9. Mit der Beschwerde (§ 304 Abs. 1, 2) ist sowohl der Beschluss, der die Beschlagnahme anordnet als auch der Beschluss, der einen darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft ablehnt, von dem anfechtbar, der hierdurch beschwert ist.26 Dies kann auch ein nach § 286 Abs. 1 zugelassener Angehöriger sein.27 Im Übrigen gelten keine Besonderheiten. Die Beschlagnahmeanordnung kann nach § 309 Abs. 2 auch vom Beschwerdegericht erlassen werden. § 310 Abs. 1 findet keine Anwendung. Die Gläubiger des Angeschuldigten können Rechte, die sie hinsichtlich einzelner von 16 der Beschlagnahme betroffener Vermögensgegenstände haben,28 nicht im Strafverfahren geltend machen.29 Sie haben auch keine Beschwerdebefugnis.30 Sie können aber die durch die Beschlagnahme entstandene Rechtslage für die Verfolgung ihrer Ansprüche ausnützen.31
§ 291 Der die Beschlagnahme verhängende Beschluß ist im elektronischen Bundesanzeiger bekanntzumachen und kann nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise veröffentlicht werden.
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AK/Achenbach 8; KK/Engelhardt 6; KMR/Haizmann 8; Meyer-Goßner 4; SK/Frister 7; Muster eines Beschlusses bei KMR/Haizmann 9. BayObLGSt 7 248; KK/Engelhardt 6; MeyerGoßner 4; KMR/Haizmann 8; SK/Frister 7. OLG Colmar Alsb. E 2 Nr. 104; AK/Achenbach 7; KK/Engelhardt 6; KMR/Haizmann 8; SK/Frister 8.
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Hahn 241. AK/Achenbach 9; KK/Engelhardt 7; MeyerGoßner 6; SK/Frister 9. KMR/Haizmann 11. Vgl. Rn. 14. OLG Colmar Alsb. E 2 Nr. 104; SK/Frister 9. KMR/Haizmann 11; SK/Frister 9. Vgl. Hilger NStZ 1982 374, 375.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 291
Entstehungsgeschichte. Durch Art. 23 Nr. 133 VereinhG sind die Wörter „im Bundesanzeiger“ an die Stelle der Wörter „im deutschen Reichsanzeiger“ gesetzt worden. Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 14.10.2006 (BGBl. I S. 2350) hat die Wörter „durch den Bundesanzeiger“ durch „im elektronischen Bundesanzeiger“ sowie „durch andere Blätter“ durch die Wörter „auf andere geeignete Weise“ ersetzt. Bezeichnung bis 1924: § 333. 1. Die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger ist Voraussetzung der Wirk- 1 samkeit der Beschlagnahme. Sie in die Wege zu leiten ist Sache des Gerichts (Geschäftsstelle). Die Ansicht, dass darin ein der Staatsanwaltschaft nach § 36 Abs. 2 Satz 1 obliegender Akt der Vollstreckung (im weit verstandenen Sinn) zu sehen ist, wird von der vorherrschenden Meinung verneint.1 Das Gericht erlangt keine Verfügungsgewalt über das Vermögen. Eine Eintragung der Beschlagnahme im Grundbuch ist unzulässig.2 Die Bekanntmachung auf andere Weise dient in erster Linie dem Schutze Dritter; sie kann aber auch für die Durchsetzung der Gestellung Bedeutung haben, weil dadurch bekannt wird, dass niemand mit dem Angeschuldigten Kauf-, Arbeits- und sonstige Verträge wirksam abschließen oder Zahlungen an ihn leisten kann.3 2. Die Anordnung der Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger wird zweck- 2 mäßigerweise in den Beschlagnahmebeschluss mit aufgenommen;4 auch eine vom Gericht beabsichtigte Bekanntgabe auf andere Weise sollte bereits dort verfügt werden. Während aber die gesetzlich festgelegte Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger nachträglich auch noch durch eine Verfügung des Vorsitzenden angeordnet werden kann, erfordert die nachträgliche Anordnung der Veröffentlichung auf andere Weise einen Gerichtsbeschluss.5 Die Medien, in denen das Gericht die Beschlagnahme zusätzlich bekannt geben will, sind bereits im anordnenden Beschluss genau zu bezeichnen. Es muss sich dabei – anders als bei § 288 – nicht notwendig um allgemein gelesene örtliche oder überörtliche Zeitungen handeln; die Veröffentlichung in Zeitschriften, die von bestimmten Berufsgruppen oder sonst besonders in Frage kommenden Personenkreisen gelesen werden, kann zweckmäßiger sein.6 Für die Wirksamkeit der Beschlagnahme ist allein die erste Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger (§ 292 Abs. 1) entscheidend.7
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KK/Engelhardt 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 3. Zu dieser allgemeinen Streitfrage vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 36, 18 ff. Für die Wirksamkeit der Beschlagnahme hat es keine Bedeutung, ob die dafür notwendige Veröffentlichung im Bundesanzeiger als Vollstreckungshandlung angesehen und ob sie vom Gericht (vgl. § 292, 2), vom Vorsitzenden (vgl. LR/GraalmannScheerer § 36, 27 ff.) oder der Staatsanwaltschaft herbeigeführt wurde.
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Vgl. § 292, 2. Vgl. AK/Achenbach 1; vgl. § 292, 2. AK/Achenbach 2; KMR/Haizmann 1; MeyerGoßner 1; SK/Frister 3; a.A. KK/Engelhardt 1. KK/Engelhardt 1; SK/Frister 3. KK/Engelhardt 2. KK/Engelhardt 3; Meyer-Goßner 1; vgl. § 292, 1.
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§ 292 (1) Mit dem Zeitpunkt der ersten Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger verliert der Angeschuldigte das Recht, über das in Beschlag genommene Vermögen unter Lebenden zu verfügen. (2) 1 Der die Beschlagnahme verhängende Beschluß ist der Behörde mitzuteilen, die für die Einleitung einer Pflegschaft über Abwesende zuständig ist. 2 Diese Behörde hat eine Pflegschaft einzuleiten. Entstehungsgeschichte. Durch Art. 3 Nr. 133 VereinhG sind die Worte „Bundesanzeiger“ an die Stelle der Worte „im Deutschen Reichsanzeiger“ gesetzt worden. Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 14.10.2006 (BGBl. I S. 2350) hat in Absatz 1 vor dem „Bundesanzeiger“ das Wort „elektronischen“ eingefügt. Bezeichnung bis 1924: § 334.
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1. Zeitpunkt der Wirksamkeit. Die Vermögensbeschlagnahme wird mit Ablauf des Tages wirksam (§ 187 Abs. 1 BGB), an dem die Beschlagnahme im elektronischen Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist.1 Eine frühere Bekanntmachung auf andere Weise ist selbst dann wirkungslos, wenn der Abwesende oder ein mit ihm Kontrahierender sie gelesen oder sonst Kenntnis von ihr erhalten hat.
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2. Absolutes Verfügungsverbot. Der die Folge der Beschlagnahme bezeichnende Wortlaut ist ungenau. Der Angeschuldigte verliert nicht das Recht an sich, über sein in der Bundesrepublik befindliches Vermögen unter Lebenden zu verfügen; dieses übt der Pfleger für ihn aus. Ihm wird aber die Befugnis entzogen, Vermögensverfügungen selbst vorzunehmen.2 Daher sind alle Verfügungen, die er gleichwohl selbst vornimmt, nicht nur (wie im Falle des ehem. § 284 Abs. 2) der Staatskasse gegenüber unwirksam, sondern nach § 134 BGB schlechthin nichtig.3 Das Verfügungsverbot macht das darauf abzielende Rechtsgeschäft als Ganzes unwirksam. Es wirkt für und gegen jedermann, ohne Rücksicht auf die Gutgläubigkeit; es kann und braucht nicht in das Grundbuch eingetragen zu werden.4 Verfügungen von Todes wegen (§§ 2064 bis 2302 BGB) fallen nicht unter das Verbot.5 Desgleichen bleiben die bereits bestehenden Rechte Dritter an den beschlagnahmten Vermögensgegenständen unberührt.6 Sie können aber nicht im Strafverfahren, sondern nur im Wege eines Zivilprozesses gerichtlich geltend gemacht werden. Auch die Zwangsvollstreckung in das beschlagnahmte Vermögen wird dadurch nicht gehindert.7
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KK/Engelhardt 1; Meyer-Goßner § 291, 1; SK/Frister 4. KG Recht 1905 1817; ferner Fn. 1. KG OLGRspr. 12 203; AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; MeyerGoßner 1; SK/Frister 2 f.; vgl. ferner die Kommentare zu § 134 BGB (auch zur strittigen Klassifizierung dieses gesetzlichen Verbots). BayObLGZ 12 31; KG Recht 1905 1817
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KK/Engelhardt 1; Meyer-Goßner 1; h.M., vgl. Fn. 3. AK/Achenbach 1; KMR/Haizmann 1; MeyerGoßner 1; SK/Frister 3. KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; MeyerGoßner 1; vgl. auch Fn. 7. BayObLGSt 7 248; OLG Colmar Alsb. E 2 Nr. 104; KG Alsb. E 2 Nr. 105; OLG München Alsb. E 2 Nr. 106; AK/Achenbach 1; SK/Frister 3; Hilger NStZ 1982 374.
Carl-Friedrich Stuckenberg
Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 292
3. Die Abwesenheitspflegschaft (Absatz 2) hat für den Betrieb des Strafverfahrens 3 keine unmittelbare Bedeutung, auch wenn mittelbar die Wirksamkeit der Vermögensbeschlagnahme dadurch gesichert wird. § 292 Abs. 2 Satz 2 ist eine Ergänzung des § 1911 BGB, die bewirkt, dass das Fürsorgebedürfnis nicht geprüft werden darf. Die Pflegschaft ist wegen des Sicherungszwecks auch einzuleiten, wenn der Angeschuldigte selbst einen Vertreter mit der Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen beauftragt hat.8 Der gerichtlich bestellte Pfleger wird dadurch aber nicht im Strafverfahren zum gesetzlichen Vertreter des Angeklagten im Sinne des § 298.9 Der Beschlagnahmebeschluss ist nach Absatz 2 Satz 1 der für die Einleitung einer 4 Abwesenheitspflegschaft zuständigen Behörde, also dem Betreuungsgericht beim Amtsgericht mitzuteilen, damit es seiner Verpflichtung, von Amts wegen eine Abwesenheitspflegschaft einzuleiten, nachkommen kann. Da es sich um keinen Akt der Vollstreckung im Sinne des § 36 Abs. 2 handelt, obliegt die Mitteilung dem Vorsitzenden des Gerichts;10 jedoch kann auch die Staatsanwaltschaft das Betreuungsgericht auf die Vermögensbeschlagnahme hinweisen. Für die Verpflichtung des Betreuungsgerichts zur Einleitung der Pflegschaft ist es unerheblich, durch wen es von der Vermögensbeschlagnahme in Kenntnis gesetzt wird. Aufgabe des Pflegers ist es, das betroffene inländische Vermögen des Beschuldigten zu 5 ermitteln und sofort sicherzustellen.11 Hat der Angeschuldigte kein Vermögen, so darf, damit keine öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden, von einer Pflegschaft nur abgesehen werden, wenn die Möglichkeit, dass er künftig Vermögen erlangen wird, so gering ist, dass es verständigerweise keinen Zweck hat, schon jetzt Vorkehrungen für den künftigen Anfall zu treffen.12 Zuständig für die Anordnung der Pflegschaft ist das Amtsgericht als Betreuungsgericht (§ 340 Nr. 1 FamFG, §§ 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 GVG); die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich allein nach den einschlägigen Vorschriften des FamFG (§§ 341, 272 FamFG).13 4. Führung der Güterpflegschaft. Der Pfleger verwaltet an Stelle des nicht verfügungs- 6 befugten Angeschuldigten dessen Inlandsvermögen. Er ist zur sachgerechten Verwaltung verpflichtet; dazu kann auch die Erfüllung von Verbindlichkeiten des Angeschuldigten gegenüber den durch die Straftat Geschädigten gehören.14 Soweit Maßnahmen des Pflegers nach bürgerlichem Recht eine gerichtliche Genehmigung erfordern, entscheidet darüber das Betreuungsgericht.15 Bei der Führung der Pflegschaft muss der Zweck der Beschlagnahme, dem flüchtigen Angeschuldigten die Mittel zum weiteren Fernbleiben zu entziehen und ihn zur Gestellung zu veranlassen, sowohl vom Pfleger als auch vom Betreuungsgericht berücksichtigt werden.16 Es dürfen keine Maßnahmen getroffen werden, die dem Zweck der Beschlagnahme zuwiderlaufen. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht selbst zu entscheiden. Eine Genehmigung des Strafgerichts für Maßnahmen des Pflegers, die den Zweck der Beschlagnahme beeinträchtigen könnten, ist
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BayObLGZ 33 374; AK/Achenbach 3; KK/Engelhardt 8; SK/Frister 6. OLG Karlsruhe Justiz 1984 291. AK/Achenbach 2; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 5; a.A. KK/Engelhardt 4 (nach § 36 Abs. 2 Satz 1 durch Staatsanwaltschaft). BayObLGSt 7 248; Meyer-Goßner 2; SK/Frister 6.
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BayObLGZ 10 504, KK/Engelhardt 7. KK/Engelhardt 9; SK/Frister 5. Meyer-Goßner 2; SK/Frister 6; Hilger NStZ 1982 374, 375; a.A. KMR/Haizmann 2. BayObLGSt 1963 257 = NJW 1964 301; KK/Engelhardt 11; SK/Frister 7. OLG Karlsruhe Justiz 1984 291; ferner Fn. 17; Hilger NStZ 1982 374, 375.
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§ 293
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
nicht vorgesehen.17 Solche Verfügungen können rechtlich nicht der Teilaufhebung der Beschlagnahme gleichgesetzt werden; außerdem bedarf es keiner Aufspaltung des Rechtszuges; die Kontrolle des Betreuungsgerichts genügt insoweit. Die Vorschriften über die Abwesenheitspflegschaft sind nur insoweit anwendbar, als sie diesem Zweck nicht widerstreiten. Andererseits dürfen aber die Interessen des Angeschuldigten nicht über den Zweck der Beschlagnahme hinaus beeinträchtigt werden.18
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5. Beschwerde nach FamFG. Gegen die Anordnung der Pflegschaft hat der Angeschuldigte die Beschwerde nach §§ 58, 59 Abs. 1 FamFG.19 Eine Beschwerdeberechtigung der Strafverfolgungsbehörde ist nach § 59 Abs. 2 FamFG anzunehmen, wenn die Einleitung der Pflegschaft abgelehnt wurde. Für den vorherigen Rechtszustand wurde ein Interesse der Staatsanwaltschaft, dass das Vermögen ordnungsgemäß verwaltet wird und auch nicht mittelbar dem Einfluss des Abwesenden unterliegt, und ein daraus folgendes Beschwerderecht in den Fällen anerkannt, wenn eine ungeeignete Person zum Pfleger bestellt 20 oder bei der Durchführung der Pflegschaft dem mit der Beschlagnahme verfolgten Zweck (§ 290, 1) nicht Rechnung getragen wird.21 In diesen Fällen kommt, da nach § 59 FamFG ein bloßes rechtliches Interesse nicht mehr genügt, ein Beschwerderecht nur nach § 59 Abs. 3 FamFG in Betracht, wenn eine dahingehende gesetzliche Regelung vorliegt, die bisher fehlt.22
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6. Beschwerde nach StPO. Die Anordnung der Bekanntmachung im Bundesanzeiger ist als gesetzliche Folge der Beschlagnahme für sich allein nicht mit Beschwerde anfechtbar;23 dies ist nur der die Vermögensbeschlagnahme anordnende Beschluss.24 Die Anordnung der Bekanntmachung in anderen Blättern dürfte allenfalls bei einem Missbrauch des weiten Auswahlermessens der Beschwerde zugänglich sein, es müsste dann aber auch eine die normalen Folgen der Bekanntmachung der Beschlagnahme übersteigende Beschwer vorliegen. Der Pfleger ist nicht befugt, gegen eine strafprozessuale Maßnahme, die das Vermögen des Angeschuldigten betrifft, wie etwa der Verfall einer Sicherheit, namens des Angeschuldigten Beschwerde nach § 304 einzulegen.25
§ 293 (1) Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn ihre Gründe weggefallen sind. (2) 1 Die Aufhebung der Beschlagnahme ist auf dieselbe Weise bekannt zu machen, wie die Bekanntmachung der Beschlagnahme. 2 Ist die Veröffentlichung nach § 291 im elektronischen Bundesanzeiger erfolgt, ist zudem deren Löschung zu veranlassen; die
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Hilger NStZ 1982 374, 375 (Verfügungen des Pflegers sind keine strafprozessualen Maßnahmen); SK/Frister 7; anders BayObLGSt 1963 257; KK/Engelhardt 11; Pfeiffer 3. Vgl. BayObLGSt 1963 257 = NJW 1964 301; BayObLGZ 12 34; 33 374; KG JW 1935 1882; 1937 412. Zum früheren § 57 FGG AK/Achenbach 5; KK/Engelhardt 10; KMR/Haizmann 3; SK/Frister 9.
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Zum früheren § 57 FGG BayObLGZ 10 559; KG Recht 1911 811; AK/Achenbach 5; KK/Engelhardt 10; KMR/Haizmann 3; SK/Frister 9. BayObLGZ 33 374; AK/Achenbach 5; SK/Frister 9. SK/Frister 9. SK/Frister 8. Vgl. § 290, 15. OLG Karlsruhe Justiz 1984 291; SK/Frister 8.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 293
Veröffentlichung der Aufhebung der Beschlagnahme im elektronischen Bundesanzeiger ist nach Ablauf von einem Monat zu löschen. Entstehungsgeschichte. Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 14.10.2006 (BGBl. I S. 2350) hat mit Wirkung zum 1.1.2007 Absatz 2 Satz 1 neu gefasst und Satz 2 angefügt. Bezeichnung bis 1924: § 335. 1. Aufhebung der Beschlagnahme. Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn ihre 1 Voraussetzungen weggefallen sind.1 Ob dies der Fall ist, hat das Gericht auf Antrag und in angemessenen Zeitabständen auch von Amts wegen zu prüfen.2 Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Vermögensbeschlagnahme sind insbesondere entfallen, – wenn die Anklage zurückgenommen wird; – wenn kein die Anordnung der Untersuchungshaft rechtfertigender dringender Tatverdacht mehr besteht; – wenn sie unverhältnismäßig wird, etwa wenn auf Grund der Untersuchung die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nunmehr geringer zu gewichten ist; – wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (§ 294, 3) oder das Verfahren wegen Eintritts eines Verfahrenshindernisses (Amnestie) oder wegen Feststellens eines übersehenen Verfahrenshindernisses (fehlender Strafantrag) oder wegen Verjährung eingestellt wird; – wenn der Abwesende ergriffen wird oder sich stellt, oder wenn er gestorben ist. Die Beschlagnahme kann ferner nach dem Ermessen des Gerichts aufgehoben werden, 2 wenn sie nicht mehr sinnvoll oder angemessen ist; sie muss aufgehoben werden, wenn mit der erforderlichen Sicherheit endgültig feststeht, dass sie ungeeignet ist, den Willen des Angeklagten zu beugen.3 2. Verfahren. Die Aufhebung ordnet das Gericht nach Anhörung der Staatsanwalt- 3 schaft (§ 33 Abs. 2) in einem zu begründenden Beschluss an. Zuständig ist das Gericht, das die Beschlagnahme verhängt hat bzw. das funktionsmäßig aufgrund des Verfahrensfortgangs an dessen Stelle getreten ist.4 Ob die Aufhebung bereits mit Erlass des Beschlusses, also mit dessen Hinausgabe,5 voll wirksam wird 6 oder ob das absolute Verfügungsverbot erst mit der Bekanntgabe im (elektronischen) Bundesanzeiger erlischt (entsprechende Anwendung des § 292 Abs. 1 auf den actus contrarius), ist strittig. Für letztere Annahme sprechen die Erfordernisse der Sicherheit des Rechtsverkehrs und die andernfalls eintretenden Schwierigkeiten bei einer erfolgreichen Beschwerde der Staats-
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4
AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/ Haizmann 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 2. KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; SK/Frister 2. OLG Hamburg HRR 1935 Nr. 1571; KK/Engelhardt 1 (Vorsicht bei dieser Annahme); SK/Frister 2; vgl. § 290, 2. AK/Achenbach 2; KK/Engelhardt 1; SK/Frister 3; vgl. § 290, 13.
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Vgl. LR/Graalmann-Scheerer § 33, 9, 12. KMR/Haizmann 4 (Veröffentlichung der Aufhebung hat nur Informationscharakter, deshalb keine entsprechende Anwendung des § 292 Abs. 1); SK/Frister 7; vgl. Just FS Meyer-Goßner 159, 180. Zur Gegenmeinung vgl. Fn. 7.
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§ 294
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
anwaltschaft gegen den Aufhebungsbeschluss.7 Aus Gründen der Rechtsicherheit, eventuell auch im Interesse des betroffenen Angeklagten, wird man das Gericht als befugt ansehen müssen, den Zeitpunkt des Wegfalls des absoluten Verfügungsverbots im Beschluss festzulegen. Die Bekanntmachung der Aufhebung hat in derselben Weise, in denen die Beschlag4 nahme nachrichtlich bekanntgegeben wurde (§ 291), zu geschehen. Wurde die Beschlagnahme noch vor dem 1.1.2007 im gedruckten Bundesanzeiger veröffentlicht, so muss die Aufhebung auch dort bekanntgegeben werden.8 Eine Beschlagnahmebekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger muss zudem gelöscht werden (Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1); die Aufhebungsbekanntmachung ist nach einem Monat ebenfalls wieder zu löschen (Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2). Dass die Bekanntmachung auf dieselbe Weise erfolgt wie bei der Beschlagnahme ist 5 keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Aufhebung. Sie kann erforderlichenfalls auch auf zusätzliche Blätter ausgedehnt werden. Sie dient nur der Unterrichtung. Die Staatsanwaltschaft hat es also nicht in der Hand, wenn sie gegen die Aufhebung Beschwerde einlegt, die ausgeschlossene Vollzugshemmung (§ 307 Abs. 1) dadurch zu beseitigen, dass sie eine ihr etwa überlassene Veröffentlichung unterlässt. Sie wird, wenn sie gegen die Aufhebung Bedenken hat, schon in ihrer Stellungnahme (§ 33 Abs. 2) zu beantragen haben, dass die Vollziehung auszusetzen und die Veröffentlichung zurückzustellen sei (§ 307 Abs. 2).9 Der die Beschlagnahme aufhebende Beschluss ist auch dem Betreuungsgericht (§ 292 6 Abs. 2 Satz 1 StPO) mitzuteilen, damit dieses im Verfahren nach dem FGG die Aufhebung und Abwicklung der Pflegschaft veranlasst.10 Automatisch entfällt die Pflegschaft durch die Aufhebung der Beschlagnahme nicht. Wird der Aufhebungsbeschluss angefochten, ist auch dies dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen, damit es die Rechtsmittelentscheidung abwarten kann.
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3. Beschwerde. Gegen den Beschluss, der die Aufhebung anordnet, kann die Staatsanwaltschaft, nicht aber der dadurch nicht beschwerte Angeschuldigte, Beschwerde einlegen. Der Abwesenheitspfleger hat kein Beschwerderecht.11 Lehnt das Gericht die Aufhebung entgegen einem Antrag der Staatsanwaltschaft ab, kann letztere auch dagegen Beschwerde einlegen.
§ 294 (1) Für das nach Erhebung der öffentlichen Klage eintretende Verfahren gelten im übrigen die Vorschriften über die Eröffnung des Hauptverfahrens entsprechend. (2) In dem nach Beendigung dieses Verfahrens ergehenden Beschluß (§ 199) ist zugleich über die Fortdauer oder Aufhebung der Beschlagnahme zu entscheiden. Entstehungsgeschichte. Die Textfassung beruht auf Art. 9 VereinhG in Verbindung mit der Bekanntmachung in BGBl. 1950 I 631. Art. 1 Nr. 81 des 1. StVRG hat in Absatz 1
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AK/Achenbach 2; Meyer-Goßner 2. Meyer-Goßner 2. SK/Frister 7.
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KK/Engelhardt 3; KMR/Haizmann 5; MeyerGoßner 2; SK/Frister 6. KMR/Haizmann 2; SK/Frister 5.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 294
die Worte „über die Voruntersuchung“ durch „über die Eröffnung des Hauptverfahrens“ und in Absatz 2 die Verweisung auf § 198 durch die Verweisung auf § 199 ersetzt. Bezeichnung bis 1924: § 336. 1. Beweissicherungsverfahren. Ist eine Vermögensbeschlagnahme beantragt worden, 1 dann setzt sich das durch die erforderliche (§ 290 Abs. 1) Anklageschrift eingeleitete gerichtliche Verfahren stets in einem förmlichen, schriftlichen Verfahren fort. Auf dieses sind die Vorschriften über die Eröffnung des Hauptverfahrens entsprechend anzuwenden, aber nur, soweit sich aus der Abwesenheit des Angeklagten und aus den §§ 285, 287 nichts anderes ergibt.1 Die in den §§ 201, 204 Abs. 2 vorgesehenen Benachrichtigungen des Angeklagten sind daher nicht obligatorisch, sie bleiben aber zulässig.2 Das Gericht kann insbesondere nach § 202 einzelne Beweiserhebungen anordnen. Wegen der Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu § 202; ferner §§ 286 ff. 2. Ziel. Das Verfahren hat, wie die Verweisung in Absatz 1 auf die für entsprechend 2 anwendbar erklärten Vorschriften über die Eröffnung des Hauptverfahrens zeigt, nicht nur zum Ziele, einzelne, die Schuld des Angeschuldigten bestätigende Beweise zu erheben und ihre Verwertbarkeit in einer späteren Hauptverhandlung zu sichern. Wie die Entstehungsgeschichte (früher waren die Vorschriften über die Voruntersuchung anwendbar) deutlich macht, ist Ziel des Beweissicherungsverfahrens die umfassende Sachaufklärung. Alle den Angeklagten be- und entlastenden Umstände müssen erforscht werden, soweit dies ohne Mitwirkung des abwesenden Angeklagten möglich ist.3 3. Entscheidung des Gerichts. Sind die Beweise gesichert und ist der Sachverhalt so- 3 weit, wie nach den Umständen möglich, aufgeklärt, dann entscheidet das Gericht in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung maßgebenden Besetzung und ohne Bindung an die Anträge der Staatsanwaltschaft (§ 206), ob die Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 204 abzulehnen ist, oder ob, weil der hinreichende Verdacht einer Straftat weiterhin besteht, das Verfahren nach § 205 wegen der Abwesenheit der Angeschuldigten vorläufig eingestellt werden muss (Absatz 2 in Verbindung mit § 199). Es gelten die allgemeinen Vorschriften. Eine Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207) scheidet aus.4 Mit der Entscheidung über den Abschluss der Untersuchung ist zugleich über die 4 Anordnung bzw., wenn diese schon vorher angeordnet war, über die Fortdauer oder Aufhebung der Beschlagnahme zu entscheiden (Absatz 2). Wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, so versteht sich die Aufhebung von selbst. Aber auch im Falle der vorläufigen Einstellung muss die Beschlagnahme aufgehoben werden, wenn sie nach der Art des im Verdacht bleibenden Delikts unzulässig ist (vgl. § 290, 2 ff.) oder sich als unangemessen herausstellt. Der Teil des Beschlusses nach § 204 oder § 205, der die Beschlagnahme aufhebt, ist nach § 293 Abs. 2 im elektronischen Bundesanzeiger und gegebenenfalls auch auf andere geeignete Weise bekannt zu geben.5 4. Weitere Prüfung. Hält das Gericht die Vermögensbeschlagnahme aufrecht, muss es 5 auf Antrag oder in angemessenen Zeitabständen von Amts wegen prüfen, ob die Beschlagnahme aufzuheben ist, weil ihre Gründe entfallen sind.6 1 2 3
AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; SK/Frister 2. AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 2. Meyer-Goßner 1; SK/Frister 2; Eb. Schmidt 4.
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AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 2; Meyer-Goßner 2. KK/Engelhardt 2; vgl. § 293, 4. Vgl. § 293, 1 f.
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§ 295
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 295 (1) Das Gericht kann einem abwesenden Beschuldigten sicheres Geleit erteilen; es kann diese Erteilung an Bedingungen knüpfen. (2) Das sichere Geleit gewährt Befreiung von der Untersuchungshaft, jedoch nur wegen der Straftat, für die es erteilt ist. (3) Es erlischt, wenn ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil ergeht oder wenn der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft oder wenn er die Bedingungen nicht erfüllt, unter denen ihm das sichere Geleit erteilt worden ist. Entstehungsgeschichte. Art. 21 Nr. 78 EGStGB ersetzte in Absatz 2 die Worte „strafbare Handlung“ durch „Straftat“. Bezeichnung bis 1924: § 337.
Übersicht Rn. 1. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwesender Beschuldigter . . . . . . . 3. Inhalt des sicheren Geleits a) Befreiung von der Untersuchungshaft b) Bestimmte Straftat . . . . . . . . . . 4. Dauer a) Ganzes Verfahren . . . . . . . . . . b) Zeitlich befristete Teile des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. 6. Verfahren a) Gerichtsbeschluss (Geleitbrief) . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . c) Mehrere Verfahren . . . . . . . . . 7. Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sicheres Geleit zu anderen Zwecken . . 10. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . 11. Freies Geleit im Rahmen des internationalen Rechtshilfeverkehrs . . . . . . .
. . . . . . .
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1. Zweck. Das sichere Geleit dient dem Interesse des Staates an der Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege. Es soll vor allem einen Weg zur Durchführung eines Strafverfahrens eröffnen, das andernfalls wegen der Abwesenheit des Beschuldigten nicht zu Ende gebracht werden könnte. Zweck ist die Ermöglichung eines rechtsstaatlichen Verfahrens, das ebenso in einem Freispruch wie einer Verurteilung enden kann und nicht etwa allein die Sicherung der Bestrafung.1 Wenn sich der Beschuldigte freiwillig dem Verfahren stellt, obwohl er Gefahr läuft, an dessen Ende bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe verhaftet zu werden (Absatz 3), soll er wenigstens sicher sein, dass er sich im Verfahren frei von staatlichem Zwang verteidigen kann.2 Das sichere Geleit kann dem Beschuldigten aber nicht nur für die Teilnahme an seinem eigenen Strafverfahren bewilligt werden, sondern auch für andere Verfahren, bei denen seine Anwesenheit als Partei oder Zeuge den Fortgang des Verfahrens fördert oder sonst im staatlichen Interesse liegt.3 Seinem Wesen nach
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OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 245; OLG Hamburg JR 1979 174 mit Anm. Gössel; OLG Köln NStZ-RR 2007 243; AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 1; enger Sonntag DJZ 1928 725 (Verwirklichung des staatlichen Anspruchs auf Strafe und Sühne).
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HK/Julius 1; KMR/Haizmann 1. Vgl. dazu Rn. 24; zu den Sondervorschriften über das freie Geleit in den Vereinbarungen über den internationalen Rechtshilfeverkehr vgl. Rn. 31 ff.
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Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende
§ 295
ist es eine bindende vertragsähnliche Zusicherung der Verschonung mit der Untersuchungshaft bis zum Urteil,4 die sich wegen der Unveränderlichkeit der Entscheidung von der bloßen Aussetzung des Vollzugs (§ 116) unterscheidet, die jederzeit wieder aufgehoben werden kann.5 Da das sichere Geleit Zwang durch freiwillige Zusammenarbeit ersetzen soll, findet es 2 nicht nur statt, wenn „Untersuchungshaft“ (Absatz 2) angeordnet oder zu erwarten ist, sondern auch, wenn andere freiheitsentziehende Zwangsmaßnahmen (§ 230 Abs. 2 oder § 236) in Rede stehen (Rn. 5). 2. Abwesender Beschuldigter. Der Begriff der Abwesenheit ist aus § 276 zu entneh- 3 men. Es kommt nur auf die Abwesenheit in dem Zeitpunkt an, in dem das sichere Geleit erteilt wird. Wird später ein inländischer Wohnsitz begründet, dann kann deswegen die Entscheidung nicht geändert werden.6 Das ist selbstverständlich, denn das Ziel, das mit der Gewährung freien Geleits verfolgt wird, ist es gerade, den Beschuldigten zu veranlassen, seine „Abwesenheit“ aufzugeben, sei es für die Zeit der Hauptverhandlung, sei es dauernd. Der Begriff „Beschuldigter“ zeigt an, dass das sichere Geleit in jedem Abschnitt des 4 Verfahrens bis zu einem auf Freiheitsstrafe lautenden Urteil zulässig ist. Es kann also namentlich auch während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gewährt werden, aber auch in den höheren Instanzen, etwa, wenn die Staatsanwaltschaft die Aufhebung eines Freispruchs erstrebt. Ist ein verurteilendes Erkenntnis in der Berufungsoder Revisionsinstanz aufgehoben worden, so ist für die neue Verhandlung wieder freies Geleit möglich. 3. Inhalt a) Das sichere Geleit gibt Befreiung vom Vollzug der Untersuchungshaft (Absatz 2), 5 sinngemäß aber auch vom Vollzug anderer freiheitsentziehender Maßnahmen wie der Haft nach § 230 Abs. 2, § 236.7 Dabei ist unerheblich, ob sie bei der Bewilligung des sicheren Geleits bereits angeordnet waren oder ob sie erst danach verhängt werden. Die Gewährung sicheren Geleits ist nicht davon abhängig, dass ein Haftbefehl schon erlassen ist, obwohl das meist der Fall sein wird. Sie enthält die Zusage, dass ein bestehender oder ein künftiger Haftbefehl nicht vollstreckt, nicht jedoch, dass keiner erlassen werde.8 Ist der Vollzug eines Haftbefehls ausgesetzt (§ 116), ist zwar meist die Zusicherung des Geleits nicht nötig, sie ist aber auch dann zulässig und angebracht, wenn dadurch Befürchtungen ausgeräumt werden.9 Ist ein Haftbefehl ergangen, wirkt der Beschluss über die Gewährung sicheren Geleits auch der Staatsanwaltschaft gegenüber als eine Suspendierung des Haftbefehls bis zum Erlöschen (Rn. 18 ff.) des Geleits, so dass die Staatsanwaltschaft bis zu diesem Zeitpunkt den Haftbefehl nicht vollstrecken darf.
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AK/Achenbach 1; KMR/Haizmann 3; MeyerGoßner 3; SK/Frister 3. Zum Unterschied in der Zielsetzung vgl. Gössel JR 1979 174; ferner Rn. 5. OLG Köln NJW 1954 1856; AK/Achenbach 1; KK/Engelhardt 2; KMR/Haizmann 10; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 4. OLG Köln NStZ-RR 2007 243; AK/Achen-
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bach 3; KK/Engelhardt 3; KMR/Haizmann 11; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 10. Vgl. KG DJZ 1928 250; AK/Achenbach 3; KK/Engelhardt 3; KMR/Haizmann 11; Meyer-Goßner 5; SK/Frister 10; Gössel JR 1979 174. Meyer-Goßner 5; SK/Frister 4.
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b) Das sichere Geleit wird für eine bestimmte Straftat erteilt und befreit nur von der Verhaftung für diese. Unter Straftat ist die Tat i.S. des § 264 zu verstehen, also der vom Geleitbrief betroffene geschichtliche Vorgang in seiner Gesamtheit, einschließlich aller damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse und tatsächlichen Umstände, die nach der Auffassung des Lebens eine natürliche Einheit bilden.10 Die im Geleitbrief angenommene rechtliche Würdigung ist ohne Bedeutung; sie kann jederzeit geändert werden. Auch in tatsächlicher Beziehung ist nicht jede Änderung ausgeschlossen: ein im Geleitbrief nicht ausdrücklich erwähntes Tun oder Unterlassen des Angeklagten kann Teil der in diesem beschriebenen Tat sein, sofern es bei lebensnaher Betrachtung mit dem zugrundeliegenden geschichtlichen Vorgang eine natürliche Einheit bildet.11 Wegen der nicht dem sicheren Geleit unterfallenden anderen Taten kann der im Ausland geladene Beschuldigte aber Verfolgungsschutz nach den im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr geltenden Grundsätzen des freien Geleits (vgl. Rn. 32) haben. 4. Dauer
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a) Ganzes Verfahren. Wenn im Geleitbrief nichts anderes bestimmt ist, gilt das sichere Geleit von seiner Erteilung an für das ganze Strafverfahren; es endet nach Absatz 3, wenn ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil ergeht, gleichviel in welcher Instanz.12
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b) Das Geleit kann zeitlich befristet (auch für einen datumsmäßig bestimmten Zeitraum) oder auf bestimmte, genau zu bezeichnende Teile des Verfahrens beschränkt werden, also etwa auf eine richterliche Vernehmung im Vorverfahren13 oder bis zum Abschluss der Einvernahme des Angeklagten in der Hauptverhandlung.14 Da bei dieser Beschränkung dem staatlichen Interesse an dem Abschluss des Verfahrens und der Greifbarkeit des Angeklagten, wenn er verurteilt werden sollte, nicht genügt wird, ist von einer solchen Einschränkung in der Regel nur Gebrauch zu machen, wenn durch die damit herbeigeführte Vernehmung das Verfahren gegen Mittäter und Teilnehmer gefördert wird; doch sind ggf. auch andere – etwa besondere öffentliche oder historische – Interessen zu berücksichtigen. Kommt der Aufklärung der Sache in einer öffentlichen Verhandlung mehr Bedeutung zu als der Verurteilung, so ist das Gericht nicht gehindert, das sichere Geleit etwa bis zu einer Woche vor der dem Angeklagten bekanntzugebenden Urteilsverkündung zu gewähren, wenn das auch ein seltener, den Absichten des Gesetzes im allgemeinen nicht entsprechender Ausnahmefall sein wird. Wurde das Geleit nur befristet oder nur für einen begrenzten Verfahrensteil gewährt, ist Absatz 3 nicht anwendbar, wenn der Beschuldigte nach Erledigung des Verfahrensteils oder bei Fristablauf das Bundesgebiet wieder verlässt.15 Wegen des Widerrufs des sicheren Geleits s. Rn. 22 ff.
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5. Bedingungen. Das Gericht kann die Erteilung sicheren Geleits bei seiner Bewilligung – nicht aber nachträglich16 – an Bedingungen knüpfen. Es sollte dabei aber nicht 10
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AK/Achenbach 4; KK/Engelhardt 4; KMR/Haizmann 12; Meyer-Goßner 6; SK/Frister 11; Gössel JR 1979 174. BGHSt 13 320, 321; KK/Engelhardt 4. Dazu Rn. 18. AK/Achenbach 6; KMR/Haizmann 14; SK/Frister 8; Eb. Schmidt 1. Da das sichere Geleit nicht die Anwesenheitspflicht, sondern nur ihre Erzwingbarkeit
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berührt, wird man das Fernbleiben des Angeklagten nach Ablauf des Geleits als „eigenmächtig“ im Sinne des § 231 Abs. 2 behandeln können. AK/Achenbach 6; KK/Engelhardt 6; KMR/Haizmann 14; SK/Frister 8; vgl. Rn. 19. KG DJZ 1906 489.
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kleinlich sein in der Erwägung, dass der Angeklagte freiwillig das Risiko auf sich nimmt, verhaftet zu werden, wenn er zu Freiheitsstrafe verurteilt wird. Der Inhalt der Bedingungen muss mit dem Zweck des freien Geleits in einem inneren 10 Zusammenhang stehen. Bedingungen dürfen zu dem Zweck auferlegt werden, eine Flucht zu verhindern und den Antritt einer Freiheitsstrafe (Absatz 3) zu sichern. Sie können sich wegen des Zweckes der durch das Geleit suspendierten Untersuchungshaft auch darauf beziehen, einen Ausgleich für die Befreiung von der Untersuchungshaft zu schaffen, etwa Verdunkelungen entgegenzuwirken. In Betracht kommen vor allem Anordnungen, wie sie auch bei Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls nach § 116 getroffen werden können, so etwa über Aufenthaltsort und Reiseweg.17 Wird die Leistung einer angemessenen Sicherheit gefordert, dann sollte, da § 124 nicht gilt, zweckmäßigerweise festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen sie verfällt.18 Dagegen darf mit Bedingungen nicht das Unterlassen von Handlungen erzwungen 11 werden, wegen deren Untersuchungshaft nicht zulässig wäre. So darf dem Beschuldigten nicht die Bedingung auferlegt werden, nicht öffentlich aufzutreten oder an Versammlungen teilzunehmen;19 denn das hat mit der Sicherung des Verfahrens, der das freie Geleit dient, nichts zu tun. Spezialpräventive Maßnahmen zur Verhütung künftiger Straftaten können – soweit nicht etwa Folgerungen aus einem Haftgrund nach § 112a gezogen werden – grundsätzlich nicht zu einer Bedingung des sicheren Geleits gemacht werden, zumal dieses ein Einschreiten wegen einer neuen Straftat nicht ausschließt (Absatz 2). Die Bedingungen sind wegen der in Absatz 3 angegebenen Folge ihrer Verletzung im 12 Geleitbrief genau festzulegen. Solange der Beschuldigte sie einhält, kann das durch die Zusage gebundene Gericht sie auch bei einer Veränderung der Umstände nachträglich nicht ergänzen oder verschärfen.20 6. Verfahren a) Das sichere Geleit wird durch Gerichtsbeschluss (Geleitbrief) erteilt. Der Beschluss 13 bezeichnet die Straftat (Absatz 2), für die das Geleit erteilt wird, unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Strafgesetzes sowie das Gericht, vor dem die Prozesshandlung stattfinden soll, für die das Geleit gewährt wird. Er gibt die genau beschriebenen Bedingungen an, an die die Erteilung des Geleits geknüpft wird.21 Es ist empfehlenswert, die Absätze 2 und 3 wörtlich in den Beschluss aufzunehmen, soweit sie bei der Art des sicheren Geleits in Betracht kommen (vgl. Rn. 8). Die Bewilligung des sicheren Geleits ist nicht davon abhängig, dass der Beschuldigte oder die Staatsanwaltschaft dies förmlich beantragt haben. Es kann auch von Amts wegen erteilt werden. Hat es der Beschuldigte nicht selbst angeregt, ist es jedoch zweckmäßig, ihn oder seinen Verteidiger vorher zu hören, da eine Erteilung nur sinnvoll ist, wenn zu erwarten ist, dass der Beschuldigte davon auch Gebrauch macht. Die Erteilung des sicheren Geleits steht im freien Ermessen des Gerichts, das hierbei die Auswirkungen auf das Verfahren,
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AK/Achenbach 5; KK/Engelhardt 5; KMR/Haizmann 13; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 9. Meyer-Goßner 3; SK/Frister 9; Sonntag DJZ 1928 726. HK/Julius 3; KK/Engelhardt 5; KMR/Haiz-
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mann 13; Meyer-Goßner 3; SK/Frister 9; a.A. Sonntag DJZ 1928 726. KG DJZ 1906 489; OLG Hamburg DRiZ 1929 456; h.M., etwa Meyer-Goßner 3. KK/Engelhardt 8; KMR/Haizmann 13; SK/Frister 5.
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nicht zuletzt auch die Förderung der Sachaufklärung und der beschleunigten Erledigung ebenso berücksichtigen kann wie die Bedeutung für das Verfolgungsinteresse des Staates und für die Verfahrensinteressen anderer Beteiligter.22 Ein Rechtsanspruch auf Erteilung des sicheren Geleits besteht nicht. Wird einem förmlichen Antrag auf Bewilligung des sicheren Geleits nicht entsprochen, ist er durch Beschluss abzulehnen.23
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b) Zuständig ist für die Erteilung des sicheren Geleits grundsätzlich das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll. Dies ist für die Zeit nach Erhebung der öffentlichen Klage unstreitig, gilt aber auch schon für das Ermittlungsverfahren, wenn das sichere Geleit über die Anklageerhebung hinaus für das Hauptverfahren bewilligt wird.24 Wird dagegen das sichere Geleit nur für eine richterliche Untersuchungshandlung im 15 Vorverfahren erteilt, so ist dazu vor Erhebung der öffentlichen Klage der Ermittlungsrichter (§ 162) zuständig.25 Nach anderer Ansicht 26 ist für die Erteilung des sicheren Geleits im Ermittlungsverfahren der Haftrichter zuständig. Mit § 126 Abs. 1 Satz 1 lässt sich das nicht begründen, weil die Gewährung sicheren Geleits keine Entscheidung i.S. dieser Vorschrift ist. Denn die Geleitsgewährung bezieht sich nicht auf die Untersuchungshaft, die ja gerade nicht vollzogen wird, noch ist sie Aussetzung des Haftvollzugs, weil das Gesetz dabei allein den Fall des § 116 im Auge hat. Auch setzt sie einen Haftbefehl nicht voraus (Rn. 5). Die entsprechende Anwendung des § 126 Abs. 1 Satz 1 scheidet ebenfalls aus. Denn die Entscheidungen über die Untersuchungshaft können stets geänderten Verhältnissen angepasst werden, dagegen ist die Geleitsgewährung grundsätzlich unabänderlich (Rn. 22). Eine Entscheidung, die später für das erkennende Gericht verbindlich ist, muss diesem überlassen bleiben.27 Durch die Neufassung des § 162 Abs. 1 Satz 2 aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen vom 21. Dezember 2007 28 hat der Ermittlungsrichter ohnehin haftrichterliche Befugnisse erhalten. Hat ein unzuständiges Gericht entschieden, so ist die Gewährung sicheren Geleits 16 gleichwohl wirksam und unabänderlich. Das zuständige Gericht hat auch nicht die Befugnis des Verzichts in der Weise, dass es das Geleit aufkündigen und dem Angeklagten eine Frist zur Entfernung einräumen könnte.29 Die Staatsanwaltschaft wird durch Rechtsmittel dafür Sorge zu tragen haben, dass kein höheres Gericht durch die Entscheidung eines unzuständigen niederen Gerichts gebunden wird.
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Vgl. BGH NJW 1991 2501; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999 245; OLG Köln NStZ-RR 2007 243; KK/Engelhardt 8; KMR/Haizmann 17. SK/Frister 6. RGSt 59 100; OLG Hamburg JR 1979 174; AK/Achenbach 8; KK/Engelhardt 7; KMR/Haizmann 18; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 6; OLG Oldenburg OLGSt 5 nimmt umgekehrt an, dass der Ermittlungsrichter zuständig ist, er aber kein Geleit für das ganze Verfahren erteilen darf. HK/Julius 3; KK/Engelhardt 7; KMR/Haizmann 18; Meyer-Goßner 10; SK/Frister 7.
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OLG Oldenburg OLGSt 5; Eb. Schmidt 6. Dies zeigt § 81 Abs. 1 Satz 2, wo schon die Zweckmäßigkeit, dass das künftig erkennende Gericht bestimmt, ob die Untersuchung in einem psychiatrischen Krankenhaus stattfindet und in welchem, zu der Zuständigkeit des Gerichts geführt hat, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig ist. So auch das Schrifttum in Fn. 24; Gössel JR 1979 174. BGBl. I S. 3198. Vgl. Rn. 22.
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c) Das sichere Geleit gewährt Befreiung von der Untersuchungshaft nur in dem Ver- 17 fahren, in dem es bewilligt wird.30 Wenn in mehreren Verfahren Haftbefehle ergangen oder zu erwarten sind, erfüllt es in der Regel nur dann seinen Zweck, wenn in allen Verfahren sicheres Geleit erteilt wird. Es ist daher zweckmäßig, dass sich die Gerichte untereinander ins Benehmen setzen. 7. Erlöschen. Das sichere Geleit erlischt aus den in Absatz 3 angegebenen drei Gründen von selbst. Im Falle des auf Freiheitsstrafe lautenden Urteils kommt es nur auf das Ergehen, d.h. die Verkündung an, nicht dagegen auf die Rechtskraft.31 „Anstalten zur Flucht treffen“ ist hier im gleichen Sinn zu verstehen wie bei § 116.32 Die Annahme, dass der Beschuldigte fliehen will, muss sich auf Tatsachen stützen; die bloße Vermutung genügt für den Widerruf nicht.33 Ist dem Beschuldigten das sichere Geleit nur für einen gegenständlich oder zeitlich begrenzten Verfahrensteil gewährt worden, ist er berechtigt, das Bundesgebiet wieder zu verlassen; in der beabsichtigten Ausreise liegen dann keine Anstalten zur Flucht.34 Das Nichterfüllen der Bedingungen, unter denen das sichere Geleit erteilt wurde, führt zum Erlöschen, wenn der Beschuldigte eine Bedingung schuldhaft und in einem nicht nur unwesentlichen Ausmaß nicht eingehalten hat. Dass er den Bedingungen gröblich zuwidergehandelt hat, ist, anders als bei § 116 Abs. 4 Nr. 1, nicht erforderlich.35 Ist das sichere Geleit nicht für das ganze Verfahren, sondern für einen bestimmten Zeitraum oder nur für einen bestimmten Verfahrensteil eines nicht notwendig gegen den Beschuldigten betriebenen Verfahrens gewährt worden, so erlischt es mit Ablauf der im Geleitbrief festgelegten Geltungsdauer (vgl. Rn. 8) oder bei Verletzung der Bedingungen. Die beiden anderen Erlöschensgründe des Absatzes 3 sind auf diese Fälle nicht anwendbar. Das Gericht braucht das Erlöschen des sicheren Geleits nicht durch Beschluss festzustellen.36 Wenn ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil ergeht, wird es dies auch nicht tun, weil der Eintritt der Bedingung eindeutig ist. Ebenso wird die Frage, ob der Beschuldigte Anstalten zur Flucht getroffen hat, in der Regel erst im Haftverfahren (§ 115 Abs. 2, 3; § 128 Abs. 1) nachgeprüft werden. Dass das sichere Geleit erloschen ist, weil der Beschuldigte die Bedingungen nicht erfüllt hat, kann dagegen, wenn die Verletzung nicht offensichtlich ist, zweckmäßigerweise durch (deklaratorischen) Gerichtsbeschluss festzustellen sein.37 Dieser ist erst bei der Verhaftung oder alsbald nach ihr zuzustellen; der Beschuldigte hat im Haftverfahren Gelegenheit, sich zu äußern und Rechtsmittel einzulegen. Ist das sichere Geleit erloschen, dann kann das Gericht einen Haftbefehl erlassen, die Staatsanwaltschaft einen vorher erlassenen Haftbefehl vollstrecken, die Staatsanwaltschaft und die Polizei den Angeklagten vorläufig festnehmen (§ 127 Abs. 2), wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls vorliegen und Gefahr im Verzug ist.
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SK/Frister 11; vgl. Rn. 6. AK/Achenbach 10; KMR/Haizmann 15; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 14. KMR/Haizmann 15; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 15; vgl. LR/Hilger § 116, 49. SK/Frister 15. Vgl. Rn. 8.
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KMR/Haizmann 15; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 15; a.A. HK/Julius 4. AK/Achenbach 10; KK/Engelhardt 10; KMR/Haizmann 15; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 16; Sommer Recht 1912 287. KK/Engelhardt 10; Meyer-Goßner 8; SK/Frister 16.
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8. Widerruf. Hat der Beschuldigte von dem sicheren Geleit Gebrauch gemacht, dann kann das Gericht die Gewährung des Geleits nicht widerrufen, selbst wenn sein Beschluss auf einem tatsächlichen Irrtum beruhte. Es kann auch das Geleit nicht in der Weise „aufkündigen“, dass es dem Angeklagten eine Frist einräumt, in der er sich sicher entfernen kann.38 Die Geleitsgewährung beruht auf gegenseitigem Vertrauen, das nicht einseitig entzogen werden kann. Wohl aber kann die Erteilung des sicheren Geleits widerrufen werden, wenn der Be23 schuldigte den Zweck des Geleits, in seiner Gegenwart zu verhandeln, dadurch vereitelt, dass er im Ausland bleibt, Ladungen schuldhaft keine Folge leistet oder sein Erscheinen von Bedingungen abhängig macht, die ihm nicht erfüllt werden können.39
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9. Sicheres Geleit zu anderen Zwecken. Nach dem Aufbau der Vorschrift, namentlich der Beziehung des ersten Falles des Absatzes 3 zu den Absätzen 1 und 2, hat der Gesetzgeber,40 das sichere Geleit zu dem Zweck im Auge gehabt, den Angeklagten in einem gegen ihn selbst betriebenen Strafverfahren zur Hauptverhandlung zu bringen. Wortlaut und Zweck der Regelung schließen aber nicht aus, einem Beschuldigten sicheres Geleit zu erteilen, wenn er in einem anderen Verfahren als Zeuge, Partei oder Beteiligter zu erscheinen hat.41 Diese Möglichkeit besteht für alle staatliche Verfahren; auch für die Vernehmung als Partei in einem Zivilprozess.42 Auch zum Zwecke der Anhörung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss kann sicheres Geleit bewilligt werden.43 Zuständig für die Gewährung des sicheren Geleits in solchen Fällen ist das Gericht, 25 bei dem das Strafverfahren gegen den Beschuldigten anhängig ist,44 nicht das Gericht, das sein Erscheinen wünscht. Ein Angeklagter, der einen in anderer Sache verfolgten abwesenden Beschuldigten als Zeugen benötigt, hat keinen Anspruch darauf, dass diesem sicheres Geleit erteilt werde.45 Das sichere Geleit dient nicht seinen Interessen, sondern dem Aufklärungsinteresse des Staates. Er kann jedoch die Erteilung des sicheren Geleits (etwa in Verbindung mit einem entsprechenden Beweisantrag) in seinem eigenen Verfahren (vgl. das Ladungsrecht nach § 220) oder auch unmittelbar bei dem für die Erteilung zuständigen Gericht anregen. Die gleiche Möglichkeit haben die Staatsanwaltschaft, aber auch die Parteien eines Zivilprozesses und auch das andere Gericht selbst, wenn es in einem bei ihm anhängigen Verfahren die Anwesenheit des Beschuldigten für förderlich hält. Da es sich um ein nicht näher geregeltes freies Verfahren handelt, bestehen, abgesehen von einem notfalls darzulegenden Interesse an der Verfahrensförderung, keine formalen Schranken für diese Anregung. Vor Bewilligung des von dritter Seite angeregten
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KK/Engelhardt 9; SK/Frister 13. OLG Zweibrücken NJW 1966 1722; HK/Julius 3; KK/Engelhardt 9; MeyerGoßner 4; SK/Frister 13. Vgl. Hahn 242. BGHSt 35 216 = StV 1988 233 mit Anm. Lagodny StV 1989 92 = EStZ 1 mit Anm. Julius; OLG Köln OLGSt 1; KK/Engelhardt 1; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 3 sowie Fn. 42. Ob BGH NJW 1979 1788, wonach einem im Strafverfahren benötigten Zeugen sicheres Geleit nicht gewährt werden kann, mehr besagen soll, als dass der Strafrichter des anderen Strafverfahrens dazu nicht
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zuständig ist, erscheint fraglich; es handelt sich ohnehin nur um ein obiter dictum. BGH NJW 1991 2500; AK/Achenbach 11; KK/Engelhardt 1; KMR/Haizmann 2; a.A. Meyer-Goßner 1 (nur im Interesse der Durchführung von Strafverfahren). Die Vereinbarungen über freies Geleit im zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr in Strafsachen (Rn. 31 f.) sind insoweit nicht anwendbar. RG GA 73 (1929) 173; BGHSt 35 216; AK/Achenbach 11; Meyer-Goßner 1; SK/Frister 3, 6; vgl. Fn. 32. RG HRR 1937 361.
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sicheren Geleits muss das zuständige Gericht die Staatsanwaltschaft und zweckmäßigerweise (vgl. Rn. 13) auch den Beschuldigten selbst hören. Zu der unabhängig von § 295 bestehenden Möglichkeit, eventuell im Zusammenhang mit einem Beweisantrag unmittelbar im Verfahren vor dem anderen Gericht die Ladung eines Zeugen im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe zu erreichen und damit für diesen automatisch das freie Geleit nach Art. 12 EuRHÜbk auszulösen, vgl. Rn. 31 ff. 10. Rechtsmittel. Die Gewährung oder Versagung sicheren Geleits sowie den Beschluss, mit dem die Feststellung getroffen wird, das sichere Geleit sei erloschen, kann sowohl der Staatsanwalt als auch der Beschuldigte mit der Beschwerde anfechten (§ 304 Abs. 1); bei Gewährung hat der Beschuldigte die Beschwerde nur, soweit er durch Bedingungen beschwert ist.46 Die weitere Beschwerde nach § 310 Abs. 1 ist nicht gegeben, weil das sichere Geleit nicht die Verhaftung, sondern die Befreiung von ihr betrifft.47 Wird der Beschuldigte nach Erlöschen des sicheren Geleits verhaftet, dann gelten die allgemeinen Bestimmungen über Haftbeschwerden, namentlich also § 310 Abs. 1 über die weitere Beschwerde. Gegenstand der Beschwerde kann bereits ein Beschluss sein, der (deklaratorisch) feststellt, dass das sichere Geleit erloschen ist (Rn. 20), im übrigen sind es aber die nach seinem Wegfall angeordneten Zwangsmaßnahmen, vor allem ein Haftbefehl, der nach dem Erlöschen des Geleits vollstreckt wird, gleich ob er vor Erteilung, vor Erlöschen oder nach Erlöschen des sicheren Geleits erlassen wurde. In allen Fällen sind zunächst der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1) und die Haftgründe (§ 112 Abs. 2, § 112a) oder die Voraussetzungen des § 112 Abs. 3 und die Frage der Verhältnismäßigkeit (§ 120 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz) zu prüfen. Führt das nicht zur Aufhebung des Haftbefehls, dann sind vor der Frage, ob nach § 116 verfahren werden kann, die Erlöschungsgründe nachzuprüfen. Die letzte Prüfung wäre allein anzustellen, wenn lediglich ein Beschluss über das Erlöschen freien Geleits ergangen wäre, aber kein Haftbefehl vollstreckt würde, doch dürfte ein solcher Fall kaum vorkommen. Mit den Rechtsmitteln und in der Haftprüfung (§ 117) wird die Frage, ob durch eine Verhaftung die Zusage sicheren Geleits verletzt worden ist, abschließend geprüft. Eine Prozessvoraussetzung für die Hauptverhandlung ist die Einhaltung des sicheren Geleits nicht.48 Wird das für Zwecke eines anderen Verfahrens begehrte sichere Geleit (Rn. 24 ff.) nicht bewilligt, so sind weder der abwesende Beschuldigte, für den das Geleit begehrt wird, noch ein Verfahrensbeteiligter des anderen Verfahrens, in dem der Beschuldigte etwa als Zeuge benötigt worden wäre, dadurch beschwert, da ein Rechtsanspruch auf sicheres Geleit nicht besteht.49
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11. Freies Geleit im Rahmen des internationalen Rechtshilfeverkehrs. Die bestehenden 31 völkerrechtlichen Vereinbarungen, durch die sich die Bundesrepublik allgemein durch Vertrag oder auch nur für den Einzelfall zur Gewährung des freien Geleits verpflichtet
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OLG Hamburg JR 1979 174 mit Anm. Gössel; OLG Köln OLGSt 1; AK/Achenbach 11; HK/Julius 5; KK/Engelhardt 11; KMR/Haizmann 20; Meyer-Goßner 11; SK/Frister 22. OLG Frankfurt NJW 1952 908; OLG Köln NJW 1954 1856; 1958 1985; OLG Olden-
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burg OLGSt 5; ferner die Nachw. in Fn. 46.; a.A. Eb. Schmidt 5. v. Weber JZ 1963 516. OLG Hamburg JR 1979 174; OLG Köln OLGSt 1; Alsberg/Nüse/Meyer 630; AK/Achenbach 12; SK/Frister 22; vgl. Rn. 25.
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hat, sind innerstaatlich unmittelbar wirksam. Sie gelten unabhängig von der Gewährung des sicheren Geleits nach § 295. Sie schließen aber die Gewährung des sicheren Geleits nach § 295 grundsätzlich nicht aus.50 32 Nach Art. 12 Abs. 1 EuRHÜbk darf ein Zeuge oder Sachverständiger, der aufgrund einer ihm in einem Vertragsstaat zugestellten Vorladung erscheint, wegen einer vor seiner Abreise begangenen Straftat im Inland weder verfolgt, noch in Haft gehalten oder sonstigen Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden. Den gleichen Verfolgungsschutz genießt nach Art. 12 Abs. 2 EuRHÜbk ein Beschuldigter, der auf Vorladung erscheint, wegen der nicht in die Vorladung aufgenommenen strafbaren Handlungen und Verurteilungen aus der Zeit vor seiner Abreise.51 Das freie Geleit, das unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Vorgeladenen ist, entsteht mit der Zustellung der Ladung; einer besonderen Zusicherung seitens des ersuchenden Staates bedarf es nicht.52 Es endet erst, wenn der Erschienene von dem Zeitpunkt an, an dem er von den Justizbehörden nicht mehr benötigt wird, an 15 aufeinanderfolgenden Tagen ungehindert Gelegenheit zur Ausreise gehabt hat (Art. 12 Abs. 3 EuRHÜbk). Das freie Geleit bezieht sich aber nur auf Straftaten, die vor der Einreise begangen wurden, es schließt eine Verfolgung und Verurteilung wegen einer vor dem ersuchenden Gericht begangenen Straftat (insbesondere Eidesdelikt) nicht aus.53 Die Regelung in Art. 12 EuRHÜbk gilt grundsätzlich für den Rechtshilfeverkehr mit allen Vertragsstaaten des Übereinkommens.54 Sie wird aber mitunter in Einzelheiten durch bilaterale Zusatzverträge der Bundesrepublik mit einzelnen Vertragsstaaten modifiziert, auch hinsichtlich der 15-Tage-Frist. Mehrere dieser Verträge erweitern den Verfolgungsschutz des Art. 12 EuRHÜbk auch auf die in Haft befindlichen Personen, die nach Art. 11 EuRHÜbk überstellt werden können.55 Dem Art. 12 EuRHÜbk vergleichbare Regelungen über das freie Geleit finden sich auch in anderen Übereinkommen.56 33 Soweit der Verfolgungsschutz des freien Geleites eingreift, bedarf es in der Regel keiner zusätzlichen Bewilligung des sicheren Geleits nach § 295. Wird es trotzdem erteilt, was zulässig57 und vor allem dann angezeigt ist, wenn dem Beschuldigten auch in der eigenen Sache, für die er geladen ist, Haftverschonung zugesichert werden soll, dann besteht der Verfolgungsschutz nach den internationalen Rechtshilfeabkommen fort, auch wenn – was vor allem bei Zeugen denkbar ist – der Schutz des sicheren Geleits nach § 295 erloschen ist. Umgekehrt gilt gleiches. Dies gilt unabhängig davon, ob man das freie Geleit für Zeugen und Sachverständige als allgemein anerkannten Grundsatz des
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AK/Achenbach 13; KK/Engelhardt 11; KMR/Haizmann 8; SK/Frister 17; Schnigula DRiZ 1984 177. KK/Engelhardt 12; vgl. Rn. 6; die Regelungen ergänzen sich insoweit. Hartwig StV 1996 631; KMR/Haizmann 7; Schomburg/Lagodny Art. 12 EuRHÜbK; wenn der aus Gründen des innerstaatlichen Rechts geforderte Hinweis (vgl. BGHSt 32 68, 74; LR/Becker § 244, 252 m.w.N.) unterbleibt, berührt dies die Wirksamkeit des freien Geleits nicht. Lagodny StV 1989 92; Linke EuGRZ 1980 156; KK/Engelhardt 13; SK/Frister 20. Das Ministerkomitee des Europarats hat am 23.9.1983 den Mitgliedstaaten aber empfoh-
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len, von einer Bestrafung oder Anwendung von Zwangsmitteln bei Aussageverweigerung abzusehen und bei Delikten, die bei der Aussage begangen werden, nach Möglichkeit von Haft abzusehen (Haftverschonung gegen Kaution) und die Bestrafung dem ersuchten Staat zu überlassen (abgedruckt bei Schomburg/Hackner Vor § 68, 70 IRG). Sie wird auch in Art. 48, 52 Abs. 3 Schengen II für unmittelbar anwendbar erklärt. Vgl. die einzelnen Zusatzverträge bei Schomburg/Lagodny sowie bei Grützner/Pötz/Kreß. So etwa in Art. 7 Abs. 18 VNSuchtstoffÜbk (BGBl. 1993 II S. 1137; 1994 II S. 496). Schnigula DRiZ 1984 177.
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Völkerrechts (vgl. Art. 25 GG) ansieht,58 der unabhängig von einer Konkretisierung durch zwischenstaatliche Verträge zu beachten ist. Personen, die als Partei oder deren Vertreter oder Berater oder sonst mit Billigung des 34 Gerichts an einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmen oder als Zeuge oder Sachverständige dazu geladen worden sind, dürfen wegen Handlungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor Beginn ihrer Reise in den Durchgangsstaaten und in dem Staat, in dem die Verhandlung stattfindet, weder verfolgt noch in Haft genommen noch sonstigen Beschränkungen ihrer persönlichen Freiheit unterworfen werden.59 Gleiches galt früher für Personen, die das Ministerkomitee in Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 46 Abs. 2 EMRK zum Erscheinen aufgefordert hatte oder die ihm eine schriftliche Äußerung übermittelten.60
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So KK/Engelhardt 12; SK/Frister 17; Schomburg/Hackner Vor § 68, 66 ff. IRG; vgl. ferner Grützner in Schlochauer (Hrsg.) Wörterbuch des Völkerrechts (1960) 3 52 („internationaler Grundsatz“); Linke EuGRZ 1980 156; a.A. BGHSt 35 216, 218 ff. mit krit. Anm. Lagodny StV 1986 92; KMR/Haizmann 4; vgl. Walter NJW 1977 983.
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Die Einzelheiten sind in dem Europäischen Übereinkommen über die am Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen vom 5.3.1996 (BGBl. 2001 II S. 359) geregelt, insbes. in Art. 1 Abs. 1, 2; Art. 4 des Übereinkommens. Art. 1 Abs. 3 des Übereinkommens vom 5.3.1996 (Fn. 59.).
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Sachregister Die fetten Zahlen verweisen auf die Paragraphen, die mageren auf die Randnummern.
Abbildungen Verweisung auf 267 12, 14 ff., 67, 164, 169, 174 Abgabe an Gericht höherer Ordnung 269 4 zwischen gleichrangigen Gerichten 270 35 f. Abgabenverkürzung 267 40 Abgekürztes Urteil 267 131 ff., 142 ff., 165 ff., 169, 185 Abhilfeverfahren 262 52 Ablauf 257c der Lösung von der Verständigung 257c 70 der Verständigung 257c 47 ff. Ablehnung der Einbeziehung 266 25 ff. Ablehnung der Protokollierung 273 60, 66 f. Ablehnung der Verweisung 270 26 Abschnittsprotokoll 271 11, 22, 33 Absehen von Strafe 260 20, 50, 68, 98, 133; 267 116 Absprache 257c; 261 73 „alten Typs“ 257c 22 heimliche, verbotene 257c 24, 31, 71, 75, 77, 82 Abstimmung und Beratung 263 1 abweichende Meinung 275 38 Abwesender Beschuldigter 295 3 Abwesenheit des Angeklagten 295 3; 286–288 6 Anklageschrift 285 10 anwendbare Vorschriften 289 3 Begriff 276 1, 3 Benachrichtigung des Abwesenden 286–288 7 Benachrichtigung des Verteidigers 286–288 8 Beweissicherungsverfahren 285 6 ff. des Beschuldigten 276 3 Ermittlungsverfahren 285 7 keine Hauptverhandlung gegen Abwesende 285 1 ff. nach Eröffnung des Hauptverfahrens 289 1 ff.
öffentliche Aufforderung zum Erscheinen 286–288 Strafbefehlsverfahren 285 2 Vermögensbeschlagnahme 290 1 – Beschluss 290 12 – Beschwerde 290 15 – Ermessen 290 11 – Haftgründe 290 8 – Unzulässigkeit 290 2 Vertretung 286–288 6 – Angehörige 286–288 4 f. – notwendige Verteidigung 286–288 3 Abwesenheitsverfahren Vor 276 2 Änderungen im Dritten Reich Vor 276 4 f. Devisensachen Vor 276 4 Adhäsionsverfahren 260 17, 263 18; 264 3, 275 34 Agententätigkeit, geheimdienstliche 264 65 Aktenbestandteil 271 2, 38 Akteneinsicht 261 39; 271 38, 40, 59 ungenügende 265 105 Akteninhalt 261 3, 20, 183; 267 12, 19 ff. Aktenkenntnis der Schöffen 261 31, 31a Aktenlage Überprüfung von Geständnissen anhand der 257c 10, 13, 17, 26, 41, 76 Aktenvermerk über Hinderungsgrund 275 16 Aktenwidrigkeit 261 173, 183 Alibi 261 63, 77, 115; 265 77 allgemein geltende Vorschriften 265 33 allgemeine, floskelhafte Wendungen 267 74, 82, 110 allgemeinkundige Tatsachen 261 24 f. Allgemeinkundigkeit 273 17 Alternative Verfahrensrügen 261 183 Alternativität der Handlungen 264 107 ff. Änderung der Beteiligungsform 265 28 der Person des Verletzten 265 26
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Änd
Sachregister
der Tatbeteiligten 265 62, 73, 77, 80 der Tatrichtung 265 73, 77, 80 f. der tatsächlichen Grundlagen 265 3, 6, 26, 62, 71, 73 ff., 80 ff., 117 der Tatzeit 265 73, 77 f., 80, 83 f. des fertiggestellten Urteils 275 55 ff. des Tatwerkzeuges 265 80 Anerkenntnis, prozessuales 257c 9 f., 40 f. Anfangswahrscheinlichkeit 261 81 Angeklagte, mehrere 264 18 Angeklagter 261 15, 40; 268 2, 7, 9, 13 ff., 18, 21, 51, 55, 273, 275 10, 30 ff. Anwesenheit 273 7, 9 Befugnisse 270 40 ff., 44, 48 Einlassung 261 15, 73 ff., 80, 112 f., 182, 273 11, 39, 50, 68 hörbehinderter 259 8 Schweigen 261 65, 75 ff. schwerhöriger 273 10 sprachbehinderter 259 8 teilweises Schweigen 261 78 Verhalten 273 49 Vernehmung 273 11 Angriffsrichtung 264 20, 27 Anhörung der Verfahrensbeteiligten 262 48, 270 24 Anklage 267 9, 12, 73 Bezugnahme auf 267 139 ff. im beschleunigten Verfahren 265 11 Konkretisierung 265 78, 83, 103 Verlesung 273 11 wesentliches Ergebnis der Ermittlungen 261 31, 31a Anklagegrundsatz 264 5 Anklagesatz, neu formulierter 270 25 Anknüpfungstatsachen 261 93, 112 Anordnung der Protokollierung 273 53, 60 ff. Anordnung der Sicherungsverwahrung im Urteil 268d 1 ff. Anrechnungsregelung 260 99 ff., 131, 133 Anrufung des Gerichts 270 50; 271 75; 273 13 f., 60; 268 4 Anspruch auf wörtliche Protokollierung 273 57 ff., 59 Antrag auf Protokollierung 273 56, 60 ff., 67 Anträge neue 268 3 ff., 64, 74 Protokollierung 272 23; 273 13, 23 ff.
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Antragsabhängige Begründungspflichten 267 72 ff., 102 ff., 107 ff., 172, 179, 184 Antragsrecht 257a Anwesenheit 273 9 ff. Anwesenheitspflicht 268 5 ff. Arbeitsüberlastung 275 15 Ärztliches Attest Verlesung 256 45 ff. Asylverfahren 262 14 Auffangdelikte 260 76 Auffangtatbestand 261 132, 134 Aufforderung zu den Schlussanträgen 273 11 zur Klageerhebung 262 51 ff., 59 zur Stellungnahme 273 12 Aufhebung Bekanntmachung 293 4 der Beschlagnahme 293 1 ff. – Ermessen des Gerichts 293 2 – Mitteilung an Betreuungsgericht 293 6 – Verfahren 293 3 Aufklärungsgrundsatz 257c 7, 12, 23, 29, 34, 41, 43, 66, 76 Aufklärungspflicht 256 3 ff., 55 ff., 73; 257 9, 43; 261 2, 14, 159, 173, 183; 262 36, 53, 61 f.; 264 5, 29, 37 ff.; 265 7, 53, 74, 81, 109, 122; 267 2; 268 4, 74; 270 10, 16, 56; 273 7, 59, 69 Aufklärungsrüge 257c 76; 267 179 Auflagen und Weisungen 265a 1 ff. Befragung des Angeklagten 265a 9 ff. Einwilligung des Angeklagten 265a 3 Entziehungskur 265a 3 geeigneter Fall 265a 6 Heilbehandlung 265a 3 keine Antwortpflicht des Angeklagten 265a 11 Aufzählung der Beweismittel 267 2, 60 Aufzeichnungen, gerichtsinterne 261 39; 271 2 f., 38, 49 Augenschein 261 97, 100, 102; 267 25, 67; 270 44; 273 15, 39, 49 Augenscheinsprotokolle 261 102 Ausgeschiedene Tatteile 270 34 Auskunftsperson, geisteskranke 261 72 Auskunftspflichten, außerstrafprozessuale 261 80 Auskunftsverweigerungsrecht 261 75 Ausland 276 12 Ausländer 268 25, 37 Ausländerrechtliche Tatfolgen 267 88
Sachregister Ausländische Verurteilungen 267 97 Ausländisches Recht 261 105 Auslegungsregeln anderer Rechtsgebiete 262 32 Aussage gegen Aussage 261 72, 83c f. Aussageanalyse 261 81c ff. Aussagedelikte 264 36, 59, 87 Aussagepsychologie 261 81c ff. Ausscheiden aus dem Richteramt 275 36, 47 ausschließliche Beweiskraft des Protokolls Voraussetzungen 274 7, 27 Ausschöpfungsgebot 261 14 Außenkriterien von Gewicht 261 83c f. Äußere Tatseite 267 37 Äußerung Protokollierung s. auch Beurkundung einer Äußerung 272 47 ff. Aussetzung 260; 265 89 ff., 98 ff.; 270 50, 56 Beschluss des Gerichts 262 48 ff., 54 Dauer 265 97, 112 der Hauptverhandlung 264 54, 111 der Strafe oder Maßregel 260 21, 96, 133 des Strafverfahrens 262 6, 8, 12 f., 39 ff. des Verfahrens 260 1, 44, 94, 114 einer Strafe zur Bewährung, s. auch Strafaussetzung 268a 1 Entscheidung des Gerichts über 265 96, 109 f. Ermessen des Gerichts 265 89, 97, 98, 109, 112, 116 Recht des Angeklagten auf 265 89, 97 unzulässige Gründe 265 100 Bagatellfälle 267 53, 57, 83, 88, 138; 275 9 Beamteneigenschaft 262 19 Befangenheit 257b 2, 11; 257c 16, 24, 47, 76 Befehlende Verwaltungsakte 262 21 Befragung 273 12 Befundtatsachen 261 21 Begehungsweisen verschiedene 265 25, 61 wesensgleiche 265 25 Begründungspflicht formell ausgelöste 267 137, 184 Behördengutachten Kollegialbehörde 256 64 Verlesung 256 37, 64 ff. Behördenzeugnis Verlesung 256 33 Beisitzende Richter 273 56, 59
Ber
Beistand 275 28 Bekanntmachung der Aufhebung 293 4 der Beschlagnahme 291 1 f. des Urteils 260 111 Belastungswahrscheinlichkeit 261 81 Belehrung 268 19, 35 ff., 41; 273 12 qualifizierte 257c 58 über die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses 257c 14; 257c 51, 80 Beleidigung eines Zeugen 273 49 Beratung 260 5 ff., 128, 137, 138; 267 2, 10, 87, 172, 176, 183; 268 4, 8 f., 12 ff., 47, 71; 275 10, 38 am Tatort 260 6 Beratungsgeheimnis 260 6 ff., 11 Beratungszimmer 260 6 Dauer 260 7, 138 im Sitzungssaal 260 6, 10 f. Sitzungsniederschrift 260 11 Beratung des Gerichts 273 5, 34, 45, 51, 59, 69 Beratungsergebnis, Übereinstimmung mit 275 2, 38 Berechnung der Verkündungsfrist 268 11 ff. Berechnungsgrundlagen 267 29 Berichterstatter 275 14 Berichtigung 268 44 ff. Anfechtung 268 58 ff. Berichtigungsbeschluss 268 56 Berichtigungsvermerk auf Urteilsurkunde 268 57 Berichtigung des Protokolls 271 16, 32, 41, 43 ff. Ablehnung 271 54, 70 ff. auf Antrag oder von Amts wegen 271 47 Beachtlichkeit für Revisionsgericht 271 46, 50, 55 ff., 67 f., 69 Beschwerdegericht nicht befugt 271 73 Beweiskraft 271 50, 55 ff., 67 f., 69 Ermittlungen 271 49, 54, 65 f., 69 Form 271 52 ff. Verfahren nach Rechtsmitteleinlegung 71 65 ff. Verhinderung einer Urkundsperson 271 51 Wirkung 271 55 ff., 67 f., 69 Berichtigung des Urteils 260 22, 29, 34, 89; 267 36, 156, 171, 181 Berichtigungsklage 264 31 Berufsgerichtliches Verfahren 267 6
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Ber
Sachregister
Berufsrechtliche Folgen 267 120, 182 Berufsverbot 260 49 f., 69, 106 Berufung 275 69 Übergang zur Revision 267 155 Berufungsgericht 264 34, 49 Berufungsinstanz 262 40; 270 6 Berufungsurteile 267 33, 79, 143, 158, 170, 186 Berufungsverfahren 265 14 Beschaffenheit, äußere 271 5 Beschlagnahme Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger 291 1 f. Beschlagnahmebeschluss Bekanntmachung 291 1 f. Beschleunigtes Verfahren 267 146; 270 5 Beschleunigungsgebot 262 45 f., 58; 265 97, 109 f.; 267 82; 270 1, 30; 275 2, 8, 47, 74 Beschlüsse 275 43 Beschränkung nach § 154a 264 43, 51, 118 Beschwerde 262 49 f., 57 f.; 265 114; 268 60 ff.; 270 27, 45 ff.; 271 70 ff.; 273 66 Beschwer des Angeklagten 270 7, 53 Beschwerdeverfahren 262 41 besondere Schuldschwere 260 89; 267 94; 267 69, 74, 90, 99 ff. besondere Schwere der Schuld 260 89 Bestandteil der Akten 275 3 Betäubungsmittelabhängigkeit 260 134 Betäubungsmitteldelikt 264 69, 72 f., 76, 86, 94 Beteiligungsform 260 75, 132 Änderung 265 28 Betriebsausflug 275 15, 47 Beurkundung einer Äußerung 273 47 ff. Einwände gegen die Richtigkeit der wörtlichen Niederschrift 273 55 Feststellung des Wortlauts 273 50 Protokollierungsvorgang 273 53 ff. Bewährungsanordnungen 267 112 Bewährungsauflagen 260 2, 24, 69, 96 f., 104 Bewährungsstrafe Auflagen und Weisungen 265a 1 ff. Beweis des ersten Anscheins 261 107 f. Beweisantrag 257c 3, 34, 43 Beweisanträge 273 24 Antragsfrist 273 49 Beweisaufnahme 270 9 Ergebnis 261 Wiederholung 265 112 Beweisaufnahme, Schluss der 258
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Beweiserhebung 273 14 Antragsfrist 270 42 ff., 56 einzelne 270 40 ff., 50 Beweiserhebungsantrag 270 44, 50, 56 Beweiskraft des Protokolls 271 1 f., 5 f., 15 f., 19 f., 41 f., 50, 55 ff., 67 f., 69, 70 f., 77 ff.; 275 53 Voraussetzungen 274 7, 27 Beweislast 261 107 Beweislücke 261 22, 44a Beweismittel neue 265 91 präsente 260 38; 270 9 Beweisregeln 261 2, 4, 41, 81a, 83 ff.; 262 1, 31 Beweissicherung 273 49, 51, 57 Beweissicherungsverfahren bei Vermögensbeschlagnahme 294 1 Fortdauer oder Aufhebung der Beschlagnahme 294 4 Beweistatsachen 267 50 ff., 55, 161 ff. Beweisverbote 261 14, 43, 56, 64 f., 80, 176 Beweisvermutungen 261 64 Beweisverwendung anderer Urteile 262 36, 56 Beweisverwertungsverbot 257c 68 f. Beweiswert 261 81 ff., 83 f., 97 Beweiswürdigung 257c 3, 13, 42, 49, 74, 76; 261; 273 44, 49, 59, 67 Denkgesetze 261 44 Erfahrungssätze 261 45 erschöpfende 261 5, 50 ff., 56 ff. freie 261 41 ff., 182; 262 31 Inhalt und Grenzen 261 41 ff. lückenhafte 261 44a rationale 261 1 ff., 12, 13, 42, 179 umfassende 267 55 ff., 177 unabhängig von Verfahrensrolle 261 71 widersprüchliche 261 44b Wissenschaftliche Erkenntnisse 261 51 Bewertungseinheit 260 56, 59; 261 116; 264 69 f.; 267 43 Bewertungsskala, standardisierte 261 90b Bezeichnung der Tat 260 70 ff. Bezeichnung des Gerichts 275 25 Bezugnahme auf Urteile in gleicher Sache 267 32 ff. Bezugnahmen im Urteil 267 12, 14 ff., 31 ff., 110, 139 ff., 158, 164, 169, 173, 183 Bildträger 267 13, 16 f. Bindung an andere Entscheidungen 261 69, 98, 184
Sachregister Bindung durch andere Hoheitsakte 262 15, 16 ff., 24 ff. Bindungswirkung Rechtsnatur 257c 21 f. Blankettgesetze 260 132; 267 37, 77 Blutalkohol 261 120 bürgerlich-rechtliche Ansprüche 261 68 f. bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnisse 262 1, 6, 34 f. Bußgeldbescheid 265 11; 267 12, 146 Bußgeldkatalog 261 32, 66 Bußgeldverfahren 260 30, 33, 71, 127; 262 7, 14, 40; 267 131, 146 Darstellung, geschlossene 267 11 f., 24, 35, 59, 168 Dauerdelikt 261 116 Dauerdelikte 264 64 ff., 80 ff. Dauerstraftat 260 53, 59, 64; 264 64 ff., 76 ff., 80 ff., 86; 265 103 Deal s. auch Verständigung 257c 3, 19 Befristung des Angebots 257c 48 Bindung des Angeklagten 257c 22, 56 Bindung des Gerichts 257c 9, 21 f., 57 Bindung des Staatsanwalts 257c 22, 56, 59 Bindung Entfall der Bindung des Gerichts 257c 60 ff. Denkfehler 267 57, 177 Denkgesetze 261 44 ff., 60, 62 Diapositive 267 17 Dienstaufsichtliche Beanstandung 275 8 Dienstliche Erklärungen 275 7; 268 56 Dienststrafverfahren 267 6 DNA-Analyse 261 61, 90a Dolmetscher 268 25, 37; 273 10 Doppelverwertungsverbot 264 4 ff., 115 ff.; 267 90 Drogenabhängigkeit 261 72a Ehe Gültigkeit 262 18, 34 Ehrdelikte 264 60, 72 Eigentums- und Vermögensdelikte 264 103, 105 f. Eilvermerk 275 15 Einbeziehung Ablehnung 266 25 ff. ausgeschiedener Taten oder Tatteile 265 87 Einbeziehungsbeschluss 266 12 ff.
Erf
hinreichender Tatverdacht 266 16 Unterbrechung des Verfahrens 266 32 Verfahren nach Erlass 266 29 ff. Zustimmung des Angeklagten 266 17 Eingangsvermerk der Geschäftsstelle 275 7, 53 f., 57 Eingestellte Tatteile 261 17 Einheit der Urteilsgründe 267 36 Einheit des Protokolls 271 10 ff. Einheitliche Tat 267 43, 104 Einlassung des Angeklagten 261 73 ff.; 267 60, 62 Einsicht ins Protokoll durch Verteidiger 271 11, 38, 40, 59 Einstellung des Verfahrens nach § 154 270 34 nach § 154 StPO 264 42 nach § 260 Abs. 3 StPO 264 116 Einstellung des Verfahrens 257c 33 f., 36, 43, 59, 67; 260 3, 14, 32, 38 f., 40 ff., 51, 53, 112 ff., 136, 140; 265 18 Beweisaufnahme 260 119 ff. Vorrang der Sachentscheidung 260 38 ff., 113, 140 Wirkung 260 123 ff. Einstellungsurteil 267 26, 169 Einvernahme kommissarische 265 54, 58 zur Anklage 265 58, 74 f., 81 Einverständnis 273 13 Einzelrichter 275 21, 49 Einziehung 257c 32; 260 23, 48, 86, 107 ff., 135; 267 128 ff., 142, 144 Einziehungsbeteiligte 268 33; 275 33 Elektronische Bildträger 267 17 Emminger-Verordnung Vor 276 3 Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen 260 2, 35, 48, 68, 126 Entschädigungsansprüche nach § 404 273 11 Entscheidungen 273 4, 26 ff., 30 anderer Strafgerichte 262 37, 45 für und gegen alle 262 15 Entscheidungsregel 261 103 Entziehung der Fahrerlaubnis 260 48, 69, 93, 101 f.; 267 126 f., 142, 144, 151 Entziehung des gesetzlichen Richters 269 12 Entziehungskur 265a 3 Erfahrungssätze 261 26, 45 ff., 61 Allgemeingültigkeit 261 46, 48
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Erf
Sachregister
Wahrscheinlichkeitsaussagen 261 47 Erfolgsdelikte 264 97 Ergänzender Beschluss 268a 1 ff. Tenor 268a 4 Ergänzungsklage 264 31, 39 Ergänzungsrichter 275 24, 37 Ergänzungsurteil 260 22 Ergebnis der Hauptverhandlung 267 2 Ergebnisse der Verhandlung 273 4 Erinnerungsbild der Richter 275 2 Erklärungsrecht des Angeklagten 257 6 ff. Grenzen 257 16 ff. Zwischenerklärung 257 17 Erkrankung der Richter 268 13 ff.; 275 14 des Angeklagten 268 7, 13 ff. Ermessen des Gerichts 262 46, 56, 58 bei Aussetzung 265 89, 97, 98, 109, 112, 116 Ermittlungen, fehlerträchtige 261 82 Eröffnungsbeschluss 267 12, 71; 270 8, 32, 39 Erörterung Befangenheit 257b 11 des Verfahrensstandes 257b 1 ff. Gegenstand 257b 9 nach § 257b 273 31 Sitzungsniederschrift 257b 12 Straferwartung 257b 10 Verfahrensbeteiligte 257b 3 Zeitpunkt 257b 7 Ersatzdienstverweigerung 264 68 Ersatzfreiheitsstrafe 260 90, 92 Erscheinungsbild des Angeklagten/Zeugen 261 16 Erschöpfung der Anklage 264 37 ff., 55, 117 Erziehungsberechtigter 273 9 Europäischer Gerichtshof 262 13, 15, 30, 45 Eventualbegründungen s. Hilfserwägungen 267 exklusive Alternativität 261 127, 141 Fachausdrücke 267 8 Fahrerlaubnisentziehung 260 48, 69, 93, 101 f.; 267 126 f., 142, 144, 151 Fahrlässige Tatbegehung 267 44 ff. Fahrverbot 257c 32; 260 88, 101 f.; 265 47, 72; 267 127, 144; 267 127 amtliche Verwahrung 268c 1 ausländischer Fahrausweis 268c 5 Belehrung über Beginn der Verbotsfrist 268c 1 ff.
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Fristbeginn 268c 4 Nachholung der Belehrung 268c 9 Strafbefehlsverfahren 268c 3 faires Verfahren 257c 6, 22, 43, 51, 59, 68, 76 f.; 265 1, 4, 5, 64, 75, 79, 86, 88, 99, 105, 109; 267 1, 3, 82 Rechtsanspruch 259 5 fair-trial-Grundsatz 257c 6, 22, 43, 51, 59, 68, 76 f. Fälschung des Protokolls 271 63, 77 Faserspurengutachten 261 90b Fassungsberatung 275 14 ff., 38 ff., 41 Fassungsversehen 268 47 f. Fehlen der Entscheidungsgründe 275 70 Fertigstellung des Urteils 275 3, 53 Fertigstellungsvermerk 271 29 ff., 37, 41 Feststellung eines Verfahrensvorgangs 273 47 ff. Feststellungen zum Tathergang Angabe der Beweistatsachen 267 50 ff. besondere strafändernde Umstände 267 69 Merkmale der Straftat 267 35 ff. Wiedergabe der Beweiswürdigung 267 55 ff. Feststellungsurteil 260 20; 262 15 Filme 261 100 Flucht 264 72, 93 Förderung des Verfahrens 257b Formfehler 275 4 Förmlicher Hinweis 265 48 ff., 69 ff. an Angeklagten 265 49 ff. an Verteidiger 265 50 ff., 55 bei bloß tatsächlichen Veränderungen 265 3, 73 ff. bei mehreren Angeklagten 265 49 durch Vorsitzenden 265 21, 48 Ersatz durch Erörterung im Verfahren 265 14 f., 17, 21 Inhalt 265 61 ff. wesentliche Förmlichkeit 265 69 ff., 117 Wiederholung 265 13 ff. Wirkung 265 67 ff. Zeitpunkt 265 57 Förmlichkeit des Verfahrens formale Garantien 257c 3 fortgesetzte Handlung 260 56, 59 ff., 65, 84, 117, 121 fortgesetzte Tat 264 61 ff.; 265 32, 103; 267 43 Fragen des Gerichts 261 22
Sachregister Fragenkatalog 261 83b Freibeweis 260 118, 138; 261 27, 172, 173, 183; 264 115; 265 71, 85, 117; 267 173, 179; 273 21, 36 f., 67; 275 52 ff., 72, 74 freie Beweiswürdigung 271 67, 78 f. Freiheit vom Selbstbelastungszwang 261 80 Freiheitsstrafe 260 87, 89, 92, 99 f., 131 unter sechs Monaten 267 106 Freisprechendes Urteil 267 26, 131, 159 ff. Freispruch 260 3, 20, 31, 37 ff., 117, 135, 139 f.; 261 8, 59, 141, 163; 264 63; 265 17 bei mehreren Anklagevorwürfen 260 55 ff. Vorrang vor Einstellung 260 38 ff., 113, 140 Freistellung von der Protokollierung der Aussagen 273 40 fremdsprachige Erklärungen 273 52 fremdsprachige Niederschrift 271 8 Frist 275 ausnahmsweise zulässige Überschreitung 275 13 ff. Bedeutung 275 2, 8, 60 Berechnung 275 9 ff., 21, 74 für die Klageerhebung 262 51 ff. für die Urteilsabsetzung 275 1 ff. für nachträgliche Urteilsbegründung 267 155, 167 Höchstfristen 275 8 Überschreitung 275 8 ff. Fristüberschreitung als Revisionsgrund 275 8, 17, 36, 59, 74 Fürsorgepflicht 265 5, 44, 68, 74, 88 f., 109, 122 Gang der Hauptverhandlung 265 44, 78, 82, 118; 273 3 ff., 11, 19 Garantie des bestmöglichen Beweises 257c 6, 10 Gebrauchsmuster 262 19 Gedächtnislücke 271 27, 49 Gedicht als Urteil 267 8 Gegenstände der Verständigung, zulässige 257c 29 ff. Gegenüberstellung 261 16, 82 Geheimhaltungspflichten 271 38 Geldbuße 267 88, 96, 131 Geldstrafe 267 88, 95, 106, 138, 141 f., 144 Gemeinsames oberes Gericht 270 38
Gru
Gemeinschuldnerbeschluss 261 80 Genehmigung der Protokollierung 273 55, 61 f., 67 Generalprävention 267 106, 182 Gerechtigkeit, materielle 264 5, 13 Gericht höherer Ordnung 270 1, 7, 9, 11, 13 ff., 30, 34 f., 52 f. Gericht niederer Ordnung 269 6 Gerichtshilfe 261 20 Gerichtskundige Tatsachen 261 19, 24 f., 28; 273 17 Gesamtplan des Täters 264 17, 73 Gesamtstrafe 260 87, 91 ff., 100, 103, 116; 267 97 Gesamtwürdigung 261 56, 61, 72, 81 f., 114 Geschäftsverteilungsplan 270 3, 36 Gesetzesbindung der Strafgewalt 267 1, 5, 78 gesetzlicher Richter 262 3, 62; 270 37, 52 f. Entziehung 269 12; 273 9 Gestaltende Urteile und Verwaltungsakte 262 16 ff. Geständnis 257c; 261 73 ff.; 265 82 Begriff 257c 40 beim letzten Wort 258 32 Beweiswert 257c 10, 14, 23, 39 ff. drittbelastendes 257c 42 falsches 257c 10, 14 qualifiziertes 257c 23, 40 schlankes 257c 29, 40, 42, 76 Strafzumessungsfaktor 257c 9, 15, 49 taktisches 257c 10, 14 f., 41 Verwertungsverbot 257c 68 f. Widerruf 257c 65, 68, 82 Gestellung 276 5 unangemessene 276 8 zwangsweise 276 7 Gestik 261 77 Gewerbsmäßige Tatbegehung 260 65, 73 Gewerbsmäßigkeit 264 67 f. Gewissheit 261 8, 13 Glaubhaftigkeit der Aussage 261 81b Glaubhaftigkeitsgutachten 261 81c Glaubwürdigkeit 261 29, 71, 73, 81b ff. Gleicher Unrechtskern, Verwandtschaft des Rechtsguts 261 146 Gleichrangige Spruchkörper 269 4 Gleichzeitigkeit von Straftaten 264 72 f. Gnadenrecht 267 6 Grenzen der Kognitionsbefugnis 270 13 ff. Grundsatznorm 261 1
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gui
Sachregister
guilty plea 257c 2, 9, 14 f., 41 Gutachten Begriff 256 12 Verlesung 256 12 Güterpflegschaft bei Vermögensbeschlagnahme 292 6 Haarvergleich 261 90b Haftfortdauer Entscheidung 268b 1, 4 ff. Haftprüfung, mündliche 273 2 Handel mit Gerechtigkeit 257c 3, 7 Handlung im natürlichen Sinn 264 59 Handlungseinheit natürliche 264 59 f. tatbestandliche 264 59 Handzeichen 275 4, 37 Hauptverfahren, einheitliches 270 39 Hauptverhandlung Beginn 270 2, 9 Unterbrechung 270 2 wesentlicher Teil 268 20 Wiederholung 270 39 Hauptverhandlung, mehrtägige 271 22 Heilbehandlung 265a 3 Heilung von Verfahrensfehlern 267 3; 273 3, 19 von Verkündungsmängeln 268 64 Hemmung der Verkündungsfrist 268 13 ff. Hilfsbeweisanträge 267 3 Hilfserwägungen 267 45, 50, 91, 111 Hilfsmittel als Gedächtnisstütze 271 2 f. Hinausgabe aus dem inneren Geschäftsbereich 275 58 Hinderungsgründe für Protokollunterzeichnung 271 25 Hinweis 273 7, 12, 17 ff., 31 nach § 81 Abs. 2 OWiG 265 11 Wiederholung 265 13 ff. Hinweis s. auch Förmlicher Hinweis 265 48 ff., 69 ff. Hinweispflicht des Gerichts 264 11, 37, 44, 57, 67, 112 Hochrechnung 261 50, 113 Hoheitsakte, ausländische 262 30 Hörbehinderter Angeklagter 259 8 Hypothetischer Sachhergang 267 90 f. Idem crimen, idem factum 264 10 Identifizierung des Angeklagten 267 24, 67
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Identitätsthese 264 25, 71 ff. Immunität 264 41 In dubio pro reo s. Zweifelssatz 261 Inbegriff der Hauptverhandlung 257c 10, 13; 261 2 f., 14 ff., 171 f. Individualisierung der Tat 267 37, 41 Indizienbeweis 261 60 ff., 114 Indizienkette 261 62, 81 Indizienring 261 62, 81 Indizkonstruktion, doppelte 257c 15 Informatorische Bekanntgabe 261 15, 20 Inhalt des Protokolls 274 1 ff. Inhaltsprotokoll 272 38; 273 38 ff. Niederschrift 272 42 Tonträger 272 43 Initiativrecht des Gerichts 257c 47 Innere Tatseite 261 62, 134; 267 44 ff., 62, 162 Inquisitionsprozess 257c 1 f., 17 Instruktionsmaxime s. Aufklärungsgrundsatz 257c Interessen der Beteiligten 257c 3, 11, 16 Interessen des Beschuldigten 286–288 2 Interessenkonflikt 257c 16 f. Intuitive Einsichten 261 13, 42 Inzidentfeststellung nicht angeklagter Taten 264 44 ff. Irrtum 261 118 Irrtum über Dauer der Hauptverhandlung 275 11 Irrtümer der Beteiligten 257c 56 Jugendarrest 260 100 Jugendgericht 257c 27; 270 1 f., 7, 9, 20, 35 f., 55 Jugendgerichtshilfe 261 20 Jugendlicher Angeklagter 268 23 f. Jugendrecht 265 36; 267 70, 98 Jugendschutzkammer 270 20 Jugendstrafe 260 78, 93, 100; 267 98, 111, 131 Jugendstrafrecht, Anwendbarkeit 257c 28 Kadijustiz 257c 3 Kartellgerichte 262 14 Kartellsenat 270 5 Kernbereich der Aussage 261 81d Kinder als Zeugen 261 72a Klammerwirkung s. auch Verklammerung 264 83 ff.
Sachregister
Neb
Klarstellung der Verfahrenslage 270 23 Kognitionsbefugnis Grenzen 270 13 Kognitionsmöglichkeit, tatsächliche 264 29 Kognitionspflicht des Gerichts 264 37 ff., 76 Kollegialbehörde Verlesung von Gutachten 256 64 ff. Kollegialgericht 261 12, 29 Kommissarische Einvernahme 261 18 Kompensation 265 31 Kompensation von Rechtsverletzungen 267 82 Konfrontative Befragung 261 83e Konkurrenzen 260 36, 56, 80, 132; 265 32 Konsensmaxime 257c 2, 9, 17, 21, 61 Konzentration von Strafsachen 270 4 Korrektur von Schreib- und Fassungsversehen 275 40, 56, 61 Korruptionstaten 264 102, 106 Kostenentscheidung 260 48, 68, 97 f., 126, 131; 268 36, 54 Kurzschrift 271 2 f.
mehraktige Delikte 264 59 Mehrdeutige Tatsachengrundlage 267 49 Mehrheit, qualifizierte 263 2 Mehrheitsentscheidung 275 38 Mehrzahl von Straftaten 267 41 f., 48 Meinungsverschiedenheit zwischen Vorsitzendem und Urkundsbeamtem 271 18 f., 48, 54 Menschenrechtskonvention 261 1, 83e, 103 Merkmale der Straftat 267 35 ff. Messprotokolle 267 18 Mimik 261 77 Minder schwere Fälle 267 74, 90, 99 ff. Minderheitsvotum 260 8 Missbrauch 257c 3 Mitangeklagter 257c 42, 45, 68; 270 22, 55 f. Mittäter 267 41, 92 Mündlichkeit der Hauptverhandlung 261 2, 31 Mündlichkeit, Grundsatz der 257c 3, 10, 13 Mündlichkeitsgrundsatz Ausnahme 257a 2 Musterverfahren 262 45
Ladung zum Verkündungstermin 268 9 Landesrecht 262 9, 12, 30 Landkarte 267 18 Leistungsstörungen 257c 59 letztes Wort 258 1, 12, 20, 32, 34, 37 ff.; 261 15; 273 11 mehrere Angeklagte 258 40 Recht auf 258 37 ff. Verteidigungsfreiheit 258 47 Verwendung schriftlicher Aufzeichnungen 258 48 Lichtbilder 261 20, 82, 100, 101, 174 Liste der angewendeten Vorschriften 260 127 ff.; 268 19 Lockspitzel 267 182 Lückenhafte Feststellungen 267 55, 58 ff., 173, 177 Lügen 261 74, 78 Lustige Urteilsgründe 267 8
Nachberatung 260 9 ff., 138 Nachtat 264 45, 47, 109, 114 Nachtatverhalten 267 83, 182 Nachträgliche Urteilsergänzung 267 154 ff., 167 Nachtragsanklage 260 17, 36, 63; 261 163; 264 6, 34, 45, 52, 67, 78, 108, 111; 266 4 ff.; 267 147; 270 17; Entscheidung über die Einbeziehung 266 21 ff. Form 266 10 Inhalt 266 11 Zeitpunkt 266 9 Nachverfahren 260 23, 95 Rechtsnatur 275a 2 Voraussetzungen 275a 7 ff. Vorbereitung 275a 20 ff. Namensstempel 271 20 Namensverwechslung 268 51; 271 57 Nebenbeteiligte 265 98, 112 Nebenentscheidungen eilbedürftige 270 31, 33 Nebenfolgen 257c 32, 60; 260 37, 67 f., 83, 86, 88, 93, 133, 135; 261 170; 267 128 ff., 144 Nebenkläger 257c 43, 45, 53; 261 15; 265 21, 98, 115; 268 33; 273 56; 275 26
Maßnahmen der Sitzungspolizei 273 20 Maßregeln der Besserung und Sicherung 257c 29; 260 38, 48, 67, 87 f., 96, 104 f., 133, 135; 261 119, 170; 265 17, 21, 34, 46 f., 72, 90 f.; 267 118 ff., 168; 270 19
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Neb
Sachregister
Nebenstrafen 257c 32; 261 170 Nebenfolgen 265 35, 72 Negativattest 257c 72 bei Verständigung 273 35 ff. Nemo tenetur se ipsum prodere s. Schweigerecht 257c nemo-tenetur-Grundsatz s. Freiheit vom Selbstbelastungszwang 261 Neutralität, richterliche 257c 16 Nichtige Hoheitsakte 262 17, 47 Nichtigkeit der Verweisung 270 37, 52 Normenkontrolle, verfassungsgerichtliche 262 10 f. Normenkontrollverfahren 262 12, 15 Notstand 261 118 Notwehr 261 118; 267 160 Obergutachten 261 94 Objektive Strafbarkeitsbedingungen 263 6 offene See 276 12 offenkundige Tatsachen 261 25 ff.; 267 3, 13 Öffentlichkeit 268 21, 24, 73 Öffentlichkeit der Verhandlung 273 8 Öffentlichkeitsgrundsatz 257c 3, 10, 13, 19 Opferschutz 257c 5, 39, 49 Ordnungsvorschriften 273 18 Ordnungswidrigkeit 260 41, 52,72,74; 264 3, 56, 90 ff.; 265 11, 17 f., 24 Ordnungswidrigkeitenverfahren 257c 20 Organisationsdelikte 264 65 f., 76 ff., 80 ff., 86 Organisationsmängel, justizinterne 275 15 Örtliche Zuständigkeit 270 4, 49 Ortskenntnisse des Richters 261 23 Patent 262 19 Persönliche Verhältnisse des Angeklagten 267 32, 83 ff., 174, 182 Pflichtverteidigung 257c 46 Plädoyers s. Schlussvorträge 258 plea bargaining 257c 2, 5, 14, 16 Postpendenz 261 131, 158 Postpendenzfeststellung 264 110 Präjudizialität s. auch Vorgreiflichkeit 262 4 ff., 16 ff., 44 Präpendenz 261 131 Pressegesetze 261 67 Privatkläger 261 15; 268 6; 275 34 Privatklageverfahren 265 89; 270 5 Prognoseentscheidungen 267 83, 86, 110 f., 118 ff.
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Prognosen 261 11, 106, 119 Protokoll der Hauptverhandlung Abschriften 271 38 Änderungen 271 15 ff., 20, 29, 32, 37 f., 39 ff. Angaben 272 5 ff. Anlagen 271 20 ausschließliche Beweiskraft 274 7, 26 Begriff 271 1, 10 f. Berichtigung s. auch Berichtigung des Protokolls 271 16, 32, 41, 43 ff. Beweiskraft 272 3 Bezeichnung der Straftat 272 14 Echtheitsvermutung 274 1 Fälschung 274 35 Fehlen 271 78 Fertigstellung 271 11, 15 f., 20, 29 ff., 41 ff. formelle Beweiskraft 274 4 Korrekturen 271 5, 16 Mängel 271 76 ff.; 272 67 Namen der Verfahrensbeteiligten 272 10, 16 Öffentlichkeit der Verhandlung 272 21 Ort und Tag der Verhandlung 272 5 ff. positive und negative Beweiskraft 274 22 Reformbedarf 271 1, 64 Umfang der Beweiskraft 274 12 ff. Verlesen und Genehmigung 271 9, 44 Vermutung der Vollständigkeit 274 1 Wegfall der Beweiskraft 274 29 ff. Widersprüche zwischen Protokoll und Urteil 272 68 Protokoll s. Sitzungsniederschrift 257c Protokollberichtigung 274 34 Protokollberichtigungsverfahren, besonderes 271 65 ff. Protokollführer 275 29, 42 Protokollierung 272 1 ff. der Hauptverhandlung 272 3 ff. Entscheidung des Gerichts 273 61 rechtliches Interesse 273 48 ff., 56 wesentliche Förmlichkeiten 272 8 ff. Protokollrüge 273 67 Protokollrügen 271 76 ff. Prozessentscheidung, -urteil 260 13 ff., 123 Prozessgegenstand 264 4, 33 ff. Prozessgrundsätze 257c 3, 13 Prozessökonomie s. Verfahrensökonomie 257c Prozessurteil Urteilsgründe 267 169 f.
Sac
Sachregister Prozessverhalten 257c 29, 35 ff., 43, 49, 59, 65, 75 Prozessvoraussetzungen 267 4, 71 Prozesswirtschaftlichkeit 262 45, 56; 270 1, 14 f., 31, 37 Prüfung von Amts wegen 270 3, 23, 52, 55 Prüfungsspielraum 270 12 Punktesachen 273 3 Punktstrafe 257c 32 qualifizierte Mehrheit 263 2 Randbereich der Aussage 261 81d Randvermerke 271 5 f., 16, 53 Rauschtat 260 56, 76 Realkennzeichen 261 81c Rechenfehler 268 50 Recht auf Gehör 273 7, 17 Rechtfertigungsgründe 267 62, 69, 160 rechtliches Gehör 257a 3; 261 2, 15, 20, 25 f., 175; 265 6, 73 ff., 81, 84, 109, 122; 267 1, 61 Rechtsausführungen 267 81, 163, 166 Rechtsbegriffe 267 38 Rechtsbeschwerde 275 76 Rechtsbeschwerdeinstanz 262 40 Rechtsbeugung 275 38 Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit 261 142 Rechtsfolgen 265 34, 72 Bemessung 267 87 ff., 182 nicht vollstreckbare 260 87 Rechtsfolgenausspruch 260 86 ff., 133 Rechtsfolgenentscheidung 261 32 Rechtshängigkeit, mehrfache 264 40 Rechtskraft 260 13 ff., 44, 61, 123 ff.; 275 1 Rechtskraft, materielle s. auch Verbrauch der Strafklage 264 4 ff. Rechtsmittel 264 50; 265 14 f.; 268 35 ff.; 73 21 f. Rechtsmittelbelehrung 268 19, 35 ff., 41 Rechtsmittelbeschränkung 264 50 Rechtsmitteleinlegung 273 21 f. Rechtsmittelinstanzen 260 15, 18, 32, 91, 137 Rechtsmittelverfahren 265 14 f. Rechtsmittelverzicht 273 21 f., 40 Rechtsstaatsprinzip 261 1, 103 reformatio in peius 257c 57
Regelbeispiele 260 73, 78; 261 110; 265 42 f.; 267 69, 101, 126 Reihenfolge der Vorgänge 271 4 Reinschrift 271 2; 275 5 Rekonstruktion der Aussage 273 45, 68 ff. der Hauptverhandlung 267 176 des Inhalts der Beweisaufnahme 261 173 f., 183 Revision 260 138 ff.; 261 171 ff.; 262 60 ff.; 264 115 ff.; 265 115 ff.; 267 172 ff.; 268 15, 26, 59 ff., 66 ff.; 270 51 ff.; 271 1, 40 ff., 50, 56, 58 ff., 67 f., 76 ff.; 273 67 ff.; 275 17, 36, 70 ff. Fristlauf nach Berichtigung, Wiedereinsetzung 271 56 Revisionsgründe Fristüberschreitung 275 8, 17, 36, 59, 74 Revisionsinstanz 262 40 Revisionsrügen 271 62 f., 79 f. Revisionsverfahren 265 15 Richter Angabe der Namen 275 24 auf Probe 275 46 Auffassung anderer Personen 261 29 beauftragter, ersuchter 270 44 blinder 261 35 dienstliches Wissen 261 19 Erkenntnisse außerhalb der Hauptverhandlung 261 17 Erörterung mit Dritten 261 30 nicht an Hauptverhandlung beteiligter 275 4, 49 Ortskenntnisse 261 23 privates Wissen 261 24 schlafender 261 34 tauber 261 36 überstimmter 275 38 Unabhängigkeit 261 4 uneingeschränkte Aufmerksamkeit 261 14 Wahrnehmungsfähigkeit 261 33 ff. Rücknahme eines Antrags 273 23 Rückwirkung 262 23 Rügeverkümmerung 271 46, 50, 58 ff. Sachentscheidung 260 13, 32, 38 ff., 113, 115 f., 123 ff. sachliche Zuständigkeit 269 2; 270 1, 7 ff., 16 ff., 30, 52, 57
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Sac
Sachregister
Sachrüge 260 139; 261 186; 267 172 ff. Sachverhaltsfeststellung im Urteil 273 45, 68 f. Sachverständige 273 9, 39, 42, 56 Sachverständigengutachten 267 47, 66, 123 Sachverständiger 261 21 f., 26, 30, 81 f., 90 ff. Sammeldelikt 260 65 Sammelstraftat 264 67 f. Sammelvermerke 271 4, 13 Sanktionsschere 257c 17, 20, 49 f., 76 Satire als Urteil 267 8 Satirische Urteilsgründe 267 8 Schätzung 267 40, 42, 95 Schätzungen 261 50, 110, 113 ff. Scheitern der Verständigung nachträgliches 257c 60 ff. Schluss der Beweisaufnahme 258 Schluss der Hauptverhandlung 268 1 f. Schlussvorträge 257 17 ff.; 268 4 Befragung des Angeklagten 258 44 bei hör- oder sprachbehinderten Angeklagten 259 1 ff. bei sprachunkundigen Angeklagten 259 2 Berechtigte 258 17 eingeschränkte Übertragungspflicht 259 2, 5 Erneuerung 258 4 erneute 258 Erwiderungsrecht 258 34 Form und Inhalt 258 25 Grenzen der Redefreiheit 258 50 Recht auf das letzte Wort 258 37 ff. Reihenfolge 258 20 Sachleitungsbefugnis des Vorsitzenden 258 48 – Maßnahmen 258 52 Sitzungsniederschrift 258 54 Sprachübertragung durch Dolmetscher 259 2 Wiedereintritt in die Verhandlung 258 5 Worterteilung 258 19 Zeitpunkt 258 2 ff. Schöffen Akteneinsicht 261 31, 31a erweitertes Schöffengericht 275 39 Unvoreingenommenheit 261 31 Schreibfehler 268 50, 70 im Protokoll 271 57 in der Anklage 265 9 Schreibversehen 267 79 schriftliche Antragstellung
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Anordnung 257a 3, 7 ff. schriftliche Aufzeichnungen beim letzten Wort 258 48 schriftliches Verfahren 257a 2 Anordnung 257a 7 ff. – Begründung 257a 19 – Rechtsfolgen 257a 21 Anträge und Anregungen 257a 7 ff. bei Verfahrensfragen 257a 1 ff. beschränkte Anordnung 257a 11 ff. Inhaltsbericht des Vorsitzenden 257a 22 Rechtsmittel 257a 26 f. – Aufklärungsrüge 257a 27 – Beschwerde 257a 26 – Revision 257a 27 Sitzungsniederschrift 257a 11 unbeschränkte Anordnung 257a 15 Unterbrechung der Hauptverhandlung 257a 21 Schriftstücke 267 12, 18, 28 ff., 31 ff.; 273 1 ff. Feststellung ihres Inhalts durch Vorsitzenden 273 16 verlesene 273 16 Schuld besondere Schwere 260 89 schuldangemessene Strafe 257c 7 f., 10, 12, 15, 43 f., 60, 63 f., 74, 76 Schuldausschließungsgründe 267 160 Schuldfähigkeit 261 118, 132; 267 47, 70, 85, 119, 162, 166, 178 Schuldspruch 257c 12, 29, 75; 260 19 ff., 70 ff. bedingter 260 21 Fassung 260 70 ff. isolierter 260 19 Schuldunfähigkeit 260 48, 135 Schwächeanfall beim letzten Wort 258 43 Schweigepflicht, Entbindung 261 79 Schweigerecht 257c 3, 9, 12, 14 Selbstleseverfahren 257a 3, 22; 261 20; 273 16, 23 Serienstraftat 264 67 f., 100 ff. Serientaten 261 50, 113; 267 9, 42 Sexualstraftaten 264 100 f., 102, 106 sicheres Geleit 295 1 ff. Befreiung von der Untersuchungshaft 295 5 Dauer 295 7 Geleitbrief 295 13 ff. Verfahren 295 13
Sachregister Sicherungsverfahren, selbständiges 260 105 Sicherungsverwahrung 257c 29, 75 f.; 267 120 ff., 187 f.; 267 121 Aktenübersendung 275a 32 Altfälle 275a 13 Anordnung 268d 1 ff. Belehrung über die Bedeutung des Vorbehalts 268d 3 Bestellung der Sachverständigen 275a 37 Beweisaufnahme 275a 49 ff. Einstweilige Unterbringung 275a 61 Hauptverhandlung 275a 38 ff. Kostenentscheidung 275a 59 Ladungen 275a 34 Mitteilung der benannten Zeugen 275a 34 nachträgliche 275a 5, 8, 19, 24 ff., 40, 69 Rechtsnatur der Nachverfahren 275a 2 Revision 275a 65 f. Unterbringungsbefehl 275a 69 ff. Urteil 275a 58 ff. Urteilsgründe 275a 62 Urteilstenor 275a 58 Vernehmung des Verurteilten 275a 47 Verteidiger 275a 35 Voraussetzungen der Nachverfahren 275a 7 ff. Vorbehalt 268d 1 ff. vorbehaltene 275a 3, 7, 13 ff., 20, 38, 70 Vorbereitung der Nachverfahren 275a 20 ff. Wiederaufnahmeverfahren 275a 68 Sitzungsniederschrift 257c 71 ff.; 260 6, 11, 25, 128, 138; 261 40, 80, 171, 172, 183, 185; 265 59, 69 ff., 73 ff., 81 f., 83 ff., 87, 111, 117; 268 28 ff., 70 Sitzungsprotokoll 267 2, 75, 103, 108, 117, 176; 273 1 ff.; 275 11, 19 ff. Anlagen 273 23, 25 ff., 52, 54, 64 Beweiskraft 273 1 ff., 20 f., 33 ff., 44, 57, 60, 62, 64, 67 Bezugnahmen 273 42 Fertigstellung 273 2, 40, 63 ff. Mängel 273 64 ff., 67 Nachprüfung der inhaltlichen Richtigkeit 273 66 Wiederherstellung 273 64 Zweck 273 1 Sitzungstag 275 23 Sondervorschriften 273 2 Spezialitätsgrundsatz 264 41 Spezialstrafkammer 270 1, 6 f., 9, 21 ff., 35, 55
Str
sprachbehinderter Angeklagter 259 8 Sprache der Urteilsgründe 267 8 Sprachkenntnisse, mangelnde 259 7 Staatsangehörigkeit 262 19 Staatsanwalt 268 6, 35 f.; 275 26, 74 Staatsanwaltschaft 262 42; 270 46 ff. Staatsschutzstrafsachen 270 12 standardisierte Untersuchungsmethoden 261 95 standardisierte Untersuchungsverfahren 267 66 Standeswidriges Verhalten 273 49 Statistische Wahrscheinlichkeiten 261 9, 50 Statusurteil 262 15 Steuerstraftaten 261 113b; 264 3, 17, 60, 89 Steuerstrafverfahren 262 7, 38 f. Stimmenmehrheit, einfache 263 15 ff. Stimmenvergleich 261 82 Strafändernde Umstände 267 69 ff. Strafantrag 260 44, 118, 123; 265 31 Strafaussetzung 257c 32, 60; 260 21, 96, 133; 267 107 ff. Belehrung 268a 10 ff. ergänzender Beschluss 268a 1 ff. Folgen unrichtiger Belehrung 268a 25 Nachholung von Beschluss und Belehrung 268a 22 nachträgliche Entscheidung 268a 9 Tenor 268a 4 Zeitpunkt 268a 6 Strafbann 270 8, 19 ff., 25 strafbarkeitserhöhende Umstände 265 23, 34, 40 f., 92 Strafbefehl 265 11, 47; 267 146, 170 Strafbefehlsverfahren 260 33, 115 Straffreiheitsgesetz 260 21, 38, 122; 265 19 Strafgerechtigkeit 257c 3 f., 9, 60 Strafgesetz 265 anderes 265 23 ff. angewandtes 267 77 ff. milderes 265 28 ff., 40, 45 Strafklageverbrauch 264 4 ff.; 267 1, 6, 150; 270 57 Strafmilderungsgründe 265 45 Strafobergrenze, Strafuntergrenze 257c 49 f., 57, 75 Strafrahmen 267 77, 90 ff. Strafrecht, materielles 257c 2, 4 Strafregister 262 20 Strafregisterauszug 267 86 Strafregistereintrag 261 20 Strafschärfungsgründe, unbenannte 265 33
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Str
Sachregister
Straftat in der Hauptverhandlung 273 49, 58 Strafvollstreckung 257c 34, 75; 268 63 Strafzumessung 257c 4, 6, 10, 15, 27, 40, 42 ff., 49, 70, 74 Strafzumessungsempfehlungen 261 32; 267 93 Strafzumessungsgründe, bestimmende 267 87 ff., 182 f. Strafzumessungsregeln 260 73, 77, 131 Strafzwecke 257c 4 Straßenverkehrsdelikte 264 56, 72 f., 81 f., 86 f., 90 ff., 105 f. Strengbeweis 257c 13, 23 Strengbeweisrecht 261 15, 20, 40, 64, 173 Stufenverhältnis 261 122, 127, 129, 133 ff. subjektive Tatseite 265 29 subsidiäre Tatbestände 264 83, 114 Subsumtion 267 35 Tabellarische Darstellung von Serientaten u.ä. 267 41 Tatbegriff 264 1 ff.; 270 8, 10, 29, 34 einheitlicher 264 7 materiell-rechtlicher 264 8, 25, 59 ff. Normativierung 264 20 f., 27 f. verfassungsrechtlicher 264 7, 11 Tatbestandswirkung 262 24 ff. Tatbild der Anklage 264 19, 95 ff. Tateinheit 261 117; 264 71 ff. Täter-Opfer-Ausgleich 267 182 Tätigkeitsdelikte 264 98 Tatmehrheit 261 117; 264 87 ff. Tatmodifikation 264 9, 19, 53, 95 ff. Tatopfer 264 102 Tatort 264 11, 17, 19, 95, 97 f., 100 f., 103, 106 Tatsachen, erwiesene 267 68 Tatsachenalternativität, alleinige 261 137 ff. Tatsachenfeststellungen, mehrdeutige 261 125 ff. Tatsachengrundlage 261 42, 61 Tatsachenverhandlung, letzte 264 16, 38, 49, 62, 64 Tatumfang 264 9, 15 ff., 53, 58 ff.; 265 103 Tatverdacht, hinreichender 270 10 ff., 13 ff., 16 ff. Tatzeit 264 11, 17, 19, 95, 97 f., 101, 103, 106; 265 73, 77 f., 80, 83 f. Technische Regelwerke 261 54 Teilanfechtung des Urteils 273 40 Teilprotokolle 271 33 Teilurteil 260 17 f.; 264 39
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Teilverweisung 270 29 Textbausteine 267 34 Tod eines Richters 268 4, 20 Tonaufzeichnungen 261 31a, 39, 100 Tonbandaufzeichnungen 271 3 Tonband-Diktat des Urteils 275 5 Tonträger 267 13, 27 ff., 30, 173 Tonträgeraufzeichnung 273 43, 68 Totalabstimmung 263 11 Transparenzgebot 257b 2 Transportwirkung 270 33, 37, 52 Trennung des Verfahrens 264 33, 39 f.; 270 30 Übergang des Verfahrens 270 33 Übernahmebeschluss 267 147 überstimmter Richter 275 38 Überzeugung, richterliche 261 1, 4, 7 ff., 29 ff., 104, 160 ff., 177 ff. Umgestaltung der Strafklage 264 2, 48 ff. unbekannter Aufenthalt 276 4 Unbrauchbarmachung 260 110; 267 128 Unerreichbarkeit vor Fristablauf 275 15 Unklare Feststellungen 267 35 Unmittelbarkeit 261 2, 31 Unmittelbarkeitsgrundsatz 257c 3, 10, 13, 76 Unrechtsbewusstsein 267 46 Unschuldsvermutung 257c 3, 14, 16; 261 1, 103; 264 45 f., 85 Unterbrechung der Hauptverhandlung 271 9 Unterbrechung der Verhandlung 265 97, 98, 106, 112 Unterbrechung des Verfahrens Einbeziehungsbeschluss 266 32 Unterbringung 260 48 f., 87, 105 Unterbringungsbefehl 268b 6 Unterhaltspflicht 261 68 Unterhaltspflichtverletzung 262 34; 267 40 Unterlassen 265 25 Unterlassungsdelikte 264 99 Unterschriften 271 13, 16, 20 ff., 29 ff., 42, 51; 275 3, 20, 35 ff., 41 f., 70, 72 abweichende Meinung 275 38 bei Aufnahme des Urteils 271 23 Berufsrichter 268 26 eigenhändige 271 20 Form 275 37 Nachholung 271 21; 275 36 neue Beratung bei nachträglicher Änderung 275 41 Verhinderung des Urkundsbeamten 271 26
Sachregister Verhinderung des Vorsitzenden 271 24 f. Verhinderungsvermerk 271 28 Verweigerung 271 31; 275 38, 41, 45 Zeitpunkt 271 21 Unterstellungen 261 120 Untersuchungsgrundsatz s. auch Aufklärungsgrundsatz 257c; 264 5 ff.; 275 18, 30 Untersuchungshaft 257c 33, 76 Anrechnung 260 99 ff., 131, 133 Entscheidung über Fortdauer 268b 4 f. Fortdauer 270 31 Untersuchungsmethoden, standardisierte 261 95 Untersuchungspflicht des Gerichts s. auch Kognitionspflicht 264 37 ff., 76 Untersuchungsrichtung 264 30 Untersuchungsverfahren, standardisierte 267 66 Unterwerfung 257c 17 Unvorhersehbarer Umstand 275 14 Unwirksamkeit verbotener Absprachen 257c 24, 31, 71, 75, 77 Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs 260 115 Urkundenbeweis 261 20, 97, 185; 273 15 f., 40 Urkundsbeamter 268 6, 64, 70; 271 14, 16; 273 40 f., 45, 53 ff. Wechsel 271 13 Ursachenzusammenhang 261 10, 10a Urteil 260 1 ff.; 268 1 ff. Abänderung 268 38 ff. abgekürztes 267 131 ff., 165 – Bezugnahme auf Anklage 267 139 ff. – Hinweis auf Verständigung 267 153 – nachträgliche Ergänzung 267 154 ff. Änderung des fertigen Urteils 275 55 ff. Aufhebung 267 32 Aufnahme ins Protokoll 271 23; 275 19 ff. Ausfertigungen 275 67 äußere Form 275 22 ff. Begriff 260 12 Berichtigung 268 44 ff. eines anderen Gerichts 262 33 ff. Eingangssatz 268 16, 66 Eingangsvermerk 275 53 Erledigungswirkung 264 39 ff., 62 Formen 260 13 ff., 16 ff. freisprechendes 267 – abgekürztes 267 165 – Begründung 267 159 ff.
Urt
– Maßregel der Besserung und Sicherung 267 166 in Gedichtform 267 8 Nichtigkeit 260 28 Satire 267 8 unter Vorbehalt 260 17, 21 f. Unterschriften der Richter 275 35 ff. Urteilskopf 275 23 ff. Verhinderungsvermerk 275 44 Verkündung 268 1 ff. Verkündungstermin 268 8 zu den Akten gebrachtes 275 6 f. Zustellung 268 32 ff. Urteilsabfassung 275 1, 13 ff., 21 Urteilsabschriften 275 64 Urteilsabsetzung Frist 275 1 ff. Urteilsänderung nach Unterschrift 275 40 f. Urteilsausfertigungen 275 67 ff. Urteilsbegründung 275 1 ff. bewusst unvollständige 275 3, 71 ungenügende 275 71 Urteilsberatung 261 37 f.; 271 34 Urteilsberichtigung 268 44 ff.; 275 61 Abgrenzung zur Änderung 268 46 ff. Anfechtung 268 58 ff. vgl. auch Korrektur von Schreib- und Fassungsversehen 275 Urteilsfindung Gegenstand s. auch Kognitionspflicht 264 37 ff., 76 Urteilsformel 260 30 ff.; 261; 268 2, 19 ff., 22, 28 f., 67 ff., 70; 273 27 f., 65; 275 31 Eröffnung 268 2, 20, 38 ff. Fassung 260 30 ff., 126 Inhalt 260 45 ff., 70 ff., 86 ff., 126 ff., 139 Protokollierung 272 27 Schweigen 260 34 f. Unabänderlichkeit 268 42 Verlesen 268 22, 68 vorzeitige Niederschrift 261 37 wahldeutige Verurteilung 261 166 ff. Widerspruch zwischen Urteilsformel und Urteilsgründen 268 54, 70 Urteilsgründe 260 24 ff., 45 f.; 261 6, 58, 60, 74, 80, 90, 100, 104, 170, 176, 178, 183; 267 f Änderung 268 27, 43 Aufnahme ins Protokoll 275 19 ff., 42; 268 27
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Urt
Sachregister
Bedeutung 267 1 ff. Begründung des Rechtsfolgenausspruchs 267 82 ff. Bezeichnung des angewandten Strafgesetzes 267 77 ff. Bezugnahme auf Abbildungen 267 14 ff. Bezugnahme auf Urteile 267 31 Eröffnung 268 2, 20 f., 26 f., 38 ff. Feststellungen zum Tathergang 267 35 ff. Form 267 11 ff. Förmlichkeiten, Berichtigung 267 171 geschlossene Darstellung 267 11 Gliederung 267 11, 85; 275 61 mündliche Begründung 268 2, 19 ff., 26 ff., 69 f. Prozessurteil 267 169 schriftliche Urteilsgründe 268 20, 43, 70 ff. Tonträger und Schriften 267 27 Übereinstimmung mit Beratungsergebnis 267 10 Verwendung von Vordrucken 267 34 Widerspruch zum Protokoll 273 45, 68 ff. Widerspruch zwischen mündlichen und schriftlichen Urteilsgründen 268 70 Urteilskopf 275 20, 22 ff., 73 Urteilsurkunde 260 26 Urteilsurschrift Verbleib 275 64 Urteilsverkündung 260 5, 24 ff.; 268 1 ff.; 273 21, 28, 60; 275 24 Abschluss 268 18, 25, 64 Anwesenheitserfordernis 260 1, 25 Dolmetscher 268 24 Frist 268 10 ff., 71 Fristüberschreitung 268 71 Heilung von Mängeln 268 64 f. Mängel 268 17, 26, 66 ff. Nachholung 268 65 Neubeginn 268 18, 64, 71 Rechtsmittelbelehrung 268 35 Reihenfolge bei Verkündung 268 18 Sitzungsniederschrift 268 28 Unterbrechung 268 4 Verkündungsfehler 268 66 Wiederholung 268 64 Zustellung des Urteils 268 32 Urteilszustellung 273 63 ff. Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts 261 164; 264 55 ff.; 270 39
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Verbrauch der Strafklage 267 1, 6, 150; 270 57 Verdacht 261 13, 61, 103 Verdachtsstrafe 257c 12 Vereinsgesetz 264 69 Verfahren gegen Abwesende Vor 276 1 ff. Verfahrensbeschleunigung 257a 1 Verfahrensdauer, überlange 260 103 Verfahrensförderung 257b 1 ff. Verfahrensfragen Anträge/Anregungen 257a 7 ff. Verfahrensgrundsätze 273 7 Verfahrenshindernisse 260 118; 270 57 behebbare 260 44, 114, 123 Verfahrensökonomie 257c 3 f., 9 f. Verfahrensrolle 261 71 Verfahrensrüge Begründung 261 124, 185; 267 172 ff.; 270 52, 55; 273 11, 45, 49, 57, 59, 67 ff. Verfahrensstand Erörterung 257b 1 ff. Verfahrenstrennung 260 17 f., 100 Verfahrensvoraussetzungen 260 14, 38 ff., 112 ff.; 261 123, 163; 264 41 ff., 51; 270 3, 10, 18, 52 Verfahrensvorgänge 267 3 Verfall 257c 32; 260 107 ff., 135; 267 128 ff. Verfall, Einziehung 267 128 Verfassungsgerichte 262 10 f., 15 verfassungsrechtliche Vorgaben 257c 6 ff. Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft 264 35 f. Verhalten der Verhandlungsteilnehmer 261 16 Verhandlungsinbegriff 261 14 ff. Verhinderung eines Richters 275 44 ff. Verhinderungsvermerk 271 28, 30 Verjährung 260 42, 117, 121, 123, 125, 136, 140; 261 123; 262 55; 265 24, 88 Verkehrszeichen 262 27 Verkehrszentralregister 261 20 Verkehrszuwiderhandlungen 267 39 Verklammerung 264 83 ff. Verkündung der Entscheidungen 273 26, 30, 60 Verkündungstermin, besonderer 268 1, 9, 31 Verkündungsversehen 260 34 Verkürzung der Beweislage 261 83j f. Verlesung allgemeine Beweisgrundsätze 256 62 Anordnung 256 59 ärztlicher Atteste 256 45 ff.
Sachregister Behördengutachten 256 37, 64 ff. Behördenzeugnis 256 33 Blutprobenentnahme 256 52 Erklärungen öffentlicher Behörden 256 21 ff. Erklärungen vereidigter Sachverständiger 256 42 Erklärungen von Ärzten eines gerichtsärztlichen Dienstes 256 43 Ermittlungshandlungen 256 56 Gutachten 256 12 Routinegutachten 256 53 Sitzungsniederschrift 256 61 Zeugnis 256 11 Verlesungsverbot Aufklärungspflicht 256 3 ff., 55 ff., 73 Ausnahmen 256 2 f. Verletzung der Aufklärungspflicht 256 73 Verstoß 256 71 Verlust des fertiggestellten Urteils 275 15, 66 Vermögensbeschlagnahme absolutes Verfügungsverbot 292 2 Abwesenheitspflegschaft 292 3 Anordnung der Pflegschaft 292 5 Aufhebung 293 1 ff. – Beschwerde 293 7 – Ermessen des Gerichts 293 2 – Mitteilung an Betreuungsgericht 293 6 – Verfahren 293 3 Bekanntmachung 291 1 f. Beschwerde nach FamFG 292 7 Beschwerde nach StPO 292 8 Betreuungsgericht 292 4 Beweissicherungsverfahren 294 1 – Fortdauer oder Aufhebung der Beschlagnahme 294 4 Güterpflegschaft 292 6 Zeitpunkt der Wirksamkeit 292 1 Vermutungen 261 13, 66 ff., 179 Vernehmung Anrufung des Gerichts 257 32 Aufklärungspflicht 257 9, 43 Erklärung der Staatsanwaltschaft 257 12 ff. Erklärung der Verteidigung 257 12 ff. Erklärungsrecht des Angeklagten 257 6 ff. Fragepflicht des Vorsitzenden 257 8, 14 Grenzen des Erklärungsrechts 257 16 ff. Protokoll 257 34 rechtliches Gehör 257 2 Revision 257 37
Ver
Sachleitungsbefugnis 257 31 Verfahren 257 31 Zwischenerklärung 257 17 Verpflichtungen zum eigenen Urteil 261 29 ff. Versehen der Geschäftsstelle 275 15 Versetzung eines Richters 275 46 Verständigung s. auch Deal 257c; 265 22; 267 7, 62, 117, 153, 155, 184; 273 32 ff. Anwendungsbereich 257c 7, 12, 23, 29, 34, 41, 43, 66, 76 – sachlicher 257c 26 ff. – zeitlicher, örtlicher 257c 24 f. Aufklärungspflicht 257c 7, 12, 23, 29, 34, 41, 43, 66, 76 Bewährungsauflagen 257c 33 Bindungswirkung 257c Druck, unzulässiger 257c 15, 17, 33, 76 Fehlerfolgen 257c 56 Fernwirkung 257c 68 Feststellungen 257c 10, 13, 28 f., 74 im Strafprozess 257c 1 ff. Rechtsfolgen der Verständigung 257c 57 Rechtsfolgen des Scheiterns 257c 66 ff. Rechtsmittelverzicht 257c 29, 37 ff., 58, 73 Rechtsnatur 257c 21 Reformbedarf 257c 19 reformierter Strafprozess 257c 1, 13, 19, 38 Revision 257c 73 ff. Rückabwicklung 257c 67 ff. Scheitern, nachträgliches 257c 60 ff. Teilunwirksamkeit 257c 31, 78 teilweises Scheitern 257c 62 über den weiteren Fortgang des Verfahrens 257c Vorschlag des Gerichts 257c 48 ff. Wegfall der Bindungswirkung 257c 60 ff. Wiederaufnahme des Verfahrens 257c 82 Wirkung 257c 57 Zustandekommen 257c 53 ff. Protokollierung 272 32 ff. Versuch 265 29, 120 Verteidiger 270 40 ff.; 273 2, 9, 49 f., 56, 63; 275 27 Anwesenheit 273 9 Erklärungen 261 15, 73, 79 Verhandlung über Ausschluss 273 2 Verhinderung, Wechsel 265 107 Verteidigung des Angeklagten 264 6, 54, 57 Verteidigungsfreiheit beim letzten Wort 258 47
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Ver
Sachregister
Vertrauenslage vom Gericht geschaffene 265 68, 78, 86 f. Vertrauensleute 261 29, 83a f. Vertrauensschutz 257c 22, 59, 68, 76 f. Verurteilung 260 67 ff.; 265 17 ff. Anrechnung der Untersuchungshaft 260 99 bei mehrdeutiger Tatsachengrundlage 260 85 Rechtsfolgenausspruch 260 86 Verfall, Einziehung 260 107 Vervollständigungsklage 264 31, 39 Verwaltungsakt 262 17ff., 25 ff. Auslegung 262 29 gestaltende 262 19 ff. Unanfechtbarkeit, Vollziehbarkeit 262 23, 28, 47 Verwaltungsbehörden 268 34 Verwarnung mit Strafvorbehalt 260 21, 97, 133; 267 114 f., 142, 144 Verweigerung der Einlassung 273 11 Verweisung 260 113, 139 f. an Gericht höherer Ordnung – Voraussetzungen 270 7 ff. Änderung des Tatverdachts 270 17 Fallgruppen 270 16 ff. korrigierende 270 16 Unterlassen 270 56 Unzureichende Strafgewalt 270 19 Zuständigkeit einer besonderen Strafkammer 270 21 Zuständigkeit eines Jugendgerichts 270 20 Verweisung, korrigierende 270 9, 16 unterlassene 270 55 Verweisungsbeschluss 265 12, 20, 22, 118; 270 23 ff., 45 Bekanntgabe 270 27 Bindungswirkung 270 1, 35, 37 f., 52 f. fehlerhafter 270 28, 37 f., 52 ff. nach § 270 267 147 Verweisungsverbot nach unten 269 1 ff. Verwertbarkeit von Beweisen 267 60, 176 Verzicht 273 13, 21 f. Videoaufzeichnungen 261 39; 267 17, 25; 271 1, 3, 64 Videodistanzauswertungen 267 18 Völkermord 264 86 Vollstreckungsverfahren 275 17 Vorabentscheidungsverfahren 262 8, 13 Vorbehalt der anderweitigen Verfolgung 264 39
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Vorbehalt der Einziehung 260 110 Vorbehalt der Sicherungsverwahrung 260 21, 95, 133; 267 121 Belehrung – über den Zeitraum 268d 4 – über die Bedeutung 268d 3 im Urteil 268d 1 ff. Nachholung der Belehrung 268d 6 Zeitpunkt der Belehrung 268d 5 Vorbehaltene Strafe 267 115 Vorberatung 268 12, 21 Vorbringen der Prozessbeteiligten 267 1, 61 Vordrucke 267 34; 271 7 Vorentscheidungen, Bindung an 261 70 Vorfragenkompetenz 262 1 ff., 9 ff. Vorführung des Angeklagten 268 7 Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung 273 2, 35, 47 Vorgreiflichkeit 262 4 ff., 16 ff., 44 Vorhalt 261 15, 31a, 99; 273 7, 16 Vorlagepflicht 262 10 f., 13 Vorsatz 261 62, 134; 267 45 Vorsitzender 268 17, 20, 41; 270 3, 28, 42 ff., 50; 271 13 ff., 39, 42, 48 ff.; 273 41, 45, 53 ff., 56, 58; 275 19, 21, 39, 55 Vorstrafen 267 86; 275 30 Vortat 264 105, 107, 109 Vorwegnahme der Beweiswürdigung 261 70 Waffenbesitz 264 72 f., 76, 81 f., 86 Waffenführen s. Waffenbesitz 265 27 wahldeutige Verurteilung s. auch Wahlfeststellung 261 124 ff., 148 ff.; 263 13; 265 27 Wahlfeststellung 260 58, 66, 85, 132; 261 125 ff.; 263 13 Wahlgegenüberstellung 261 82 Wahllichtbildvorlage 261 82 Wahrheit, materielle 257c 1, 3 f., 6 f., 9 f., 12, 19 Wahrnehmungsfähigkeit, richterliche 261 33 ff. Wahrscheinlichkeit der Strafaussetzung 265a 5 Wahrscheinlichkeitsberechnungen 261 50, 54 Wahrung berechtigter Interessen 267 160 Wahrunterstellung 261 70; 267 68; 270 44 Warenzeichen 262 19 Wegfall straferhöhender Umstände 265 40 Wegfall von Straftatbeständen 265 30, 32 Wehrdienstverweigerung 264 68 Weisungen 265a 7 Weisungen an Urkundsbeamten 271 15, 18
Sachregister Weiterverweisung 270 36 f., 53 Wertersatz 260 107, 109 Werturteile 261 29 Wesentliche Förmlichkeit 267 75, 103, 108; 271 1, 12, 35, 44, 57, 72; 273 6 ff., 21 f., 48, 57, 67, 69 Wesentlicher Teil der Hauptverhandlung 268 20 Wesentliches Ergebnis der Vernehmungen 273 38 ff., 41 ff., 65 Widerspruch zwischen Urteil und Protokoll 275 62 f. zwischen Urteilsformel und Urteilsgründen 275 63 Widersprüchliche Feststellungen 267 36, 161, 177 Wiederaufnahme 257c 82; 264 4, 12; 273 43, 46 Wiederaufnahmeverfahren 265 16; 267 6, 21, 161; 271 45; 275 17 Wiedereinsetzung 267 154 f., 167; 273 40; 275 12 Wiedereintritt in die Verhandlung 260 9 ff., 138; 268 2, 4 Wiedererkennen 261 82, 101 Wiederherstellung des Protokolls 271 69 Wiederholung der Beweisaufnahme 265 112 des Hinweises 265 13 ff. von Teilen der Hauptverhandlung 273 3, 19 Willkür Entzug des gesetzlichen Richters 269 12; 270 19, 37, 52 Willkürverbot 261 103 wissenschaftliche Erkenntnisse 261 51 ff. Wörtliche Niederschrift einer Aussage 273 50 ff., 68 Würdigung, erschöpfende 261 5 Zahlungserleichterungen 260 90; 267 95 Zeitliche Reihenfolge 273 3
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Zeitungsberichte 261 30 Zeuge 261; 262 51; 270 39; 273 3, 9, 14 f., 19, 39, 46, 49, 56, 68 äußerer Eindruck 261 16, 89 Fragen 261 22 klassischer 261 84 kranker 261 83c schweigender 261 16, 65, 86 f. vom Hörensagen 261 29, 83a Zeugenaussagen 267 63 Zeugentauglichkeit 261 72 Zeugnis Begriff 256 11 Hörensagen 267 65 Verlesung 256 11 Zeugnisverweigerung 261 87 ff.; 267 65 Zirkelschluss 261 44c Zivildienstverweigerung s. auch Ersatzdienstverweigerung 264 68 Zufallszeuge 261 83a Zuhörer 261 16 Zuleitung an Geschäftsstelle 275 7, 21 Zurückverweisung 270 37 Zusammenfassung 267 41, 43, 48, 97 im Protokoll 271 4, 13 mehrerer Aussagen 273 42 Zusatztatsachen 261 21 Zuständigkeitsstreit 270 1, 38 Zustellung, vorzeitige 275 35, 58 Zweidrittelmehrheit 263 3 ff. im Berufungsrechtszug 263 4 Rechtsfolgen 263 14 Schuldfrage 263 5 ff. Zweifel am Vorliegen einer Verständigung 273 37 rationale 261 8 Zweifelsfragen, rechtliche 261 105 Zweifelssatz 261 103 ff., 126 ff., 159, 180; 267 42 f., 182 Zwischenurteil 260 16 Zwischenverfahren 262 39, 48
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