Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800-1831): Lebensräume einer unangepassten Herzogin 9783412212179, 9783412211080


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Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800-1831): Lebensräume einer unangepassten Herzogin
 9783412212179, 9783412211080

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Ulrike Grunewald

Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800–1831) Lebensräume einer unangepassten Herzogin

2013 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abruf bar. Umschlagabbildung: Luise Prinzessin von Sachsen-Gotha-Altenburg, Josef Grassi 1814 © Herzoglicher Kunstbesitz SCG, Schloss Callenberg, Coburg © 2013 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Reiner Borsdorf Satz: Peter Kniesche Mediendesign, Weeze Druck und Bindung: Finidr s.r.o., Český Těšín Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the Czech Republic ISBN 978-3-412-21108-0

Für Lukas

Danksagung Die vorliegende Untersuchung zum Leben Herzogin Luises von SachsenCoburg-Saalfeld beruht auf meiner Dissertation, die im Jahr 2012 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz verteidigt wurde. Sie wäre in dieser Form nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung all jener, denen ich hier meinen ausdrücklichen Dank sagen möchte. An erster Stelle sei Frau Dr. habil. Karina Urbach aus Cambridge genannt, die mich von den ersten Recherchen an ermuntert hat, aus dem zunächst bruchstückhaften Wissen eine umfängliche Biografie werden zu lassen. Nur ihre konsequente Begleitung, ihre wertvollen Ratschläge und ihr unerschütterlicher Optimismus haben mich auf dem langen Weg nicht aufgeben lassen. Ebenso geht mein Dank an Prof. Dr. Sönke Neitzel, der dem Thema von Beginn an aufgeschlossen gegenüberstand und der sich bereit erklärt hat, mich in den Kreis seiner Doktoranden aufzunehmen und die Betreuung der Dissertation zu übernehmen. Ohne die Hilfsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Archiven in Coburg, Gotha, St. Wendel und den Royal Archives in Windsor Castle wäre diese Arbeit nicht zu Stande gekommen. Besonders bedanken für ihre Begleitung möchte ich mich bei Archivamtsrätin Rosemarie Barthel, Pamela Clark (Registrar of the Royal Archives), Michael Eckstein M. A., Diplomarchivar Horst Gehringer und Dr. Oliver C. Walton. Die Benutzung der Quellen aus den Royal Archives geschah mit ausdrücklicher Genehmigung Ihrer Majestät Queen Elizabeth II. Einen speziellen Dank möchte ich an Dr. Josef Dreesen sagen, der mir während der Promotion mit seinem Rat und seinem Wissen zur Seite stand und der die Mühe auf sich genommen hat, das Manuskript Korrektur zu lesen. Ohne das unerschöpfliche Interesse meiner Familie und meines Freundeskreises am Schicksal Luises und an meinen Erzählungen hätte ich vielleicht verzagen müssen – danke für die geduldige Unterstützung. Ulrike Grunewald M. A.

Mainz, im April 2013

Inhalt Danksagung ............................................................................................. 6 1. Einleitung .......................................................................................... 9 1.1. Thema ........................................................................................ 9 1.2. Fragestellung und Methodik ...................................................... 12 1.3. Forschungsstand......................................................................... 24 1.4. Quellen ...................................................................................... 33 2.

Jugend und Erziehung ...................................................................... 36 2.1. Leben am Hof in Gotha............................................................. 37 2.2. Soziale Kontakte......................................................................... 41 2.3. Eheanbahnung ........................................................................... 45 2.4. Heiratsdiplomatie....................................................................... 52

3. Ehe mit Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld .................................. 58 3.1. Zeremoniell und Ehevertrag....................................................... 58 3.2. Die Coburger Bühne und ihre Darsteller.................................... 63 3.3. Der Familienbegriff.................................................................... 71 3.3.1. Die Familie als Dynastie ................................................. 73 3.3.2. Glieder einer Kette .......................................................... 78 3.4. Störung der Ordnung ................................................................. 82 3.4.1. Erste Affären ................................................................... 90 3.4.2. Disziplinierung................................................................ 94 3.5. Diachroner Vergleich: Charlotte Marie von Sachsen-Jena.......... 97 4.

Exkurs: Die Affäre Panam ................................................................. 101 4.1. Die Erzählungen der Pauline Alexandre Panam......................... 102 4.2. Die Suche nach den Fakten ........................................................ 107 4.3. Coburger Reaktion..................................................................... 110

5.

Intrigen und Verrat ........................................................................... 120 5.1. Unordnung und Dekonstruktion................................................ 120 5.2. Die Affäre Bülow ....................................................................... 129 5.3. Die Coburger Unruhen .............................................................. 134

6. Geheimdiplomatie............................................................................ 153 6.1. Leopold und die Panam-Affäre .................................................. 153 6.2. Mythos und Wahrheit ................................................................ 156 6.3. Synchroner Vergleich: Caroline von Braunschweig Wolfenbüttel .............................................................................. 158 6.4. Erpressung und Zensur .............................................................. 160 7.

Verbannung und Scheidung............................................................. 165 7.1. Exil in St. Wendel ...................................................................... 165 7.2. Förmliche Trennung................................................................... 173 7.3. Scheidung und Wiedervermählung ............................................ 177

8.

Tod und Erbe ..................................................................................... 188 8.1. Die „Schand Louise“ .................................................................. 189 8.2. Früher Tod ................................................................................. 192 8.3. Luises Nachlass .......................................................................... 198 8.4. Prinz Albert................................................................................ 203

9. Schlussbemerkungen ....................................................................... 211 Anhang ................................................................................................... 218 Anmerkungen .................................................................................... 218 Quellen- und Literaturverzeichnis ..................................................... 270 Abkürzungen ...................................................................................... 280 Abbildungsnachweis........................................................................... 281 Personenregister.................................................................................. 282

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1. Einleitung 1.1. Thema

„S

ie war geschaffen, um geliebt zu werden“, schrieb eine Zeitgenossin über Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld.1 Doch das Schicksal hatte für sie anderes vorgesehen. Nach dem frühen märchenhaften Höhepunkt einer Fürstenhochzeit und der Geburt zweier Söhne verstrickte sich die noch junge und in der höfischen Realität unerfahrene Herzogin in ein Geflecht aus Intrigen und Verrat. Ihr Leben endete in der Verbannung, obwohl sie heute zu den bedeutendsten Frauenpersönlichkeiten aus der Dynastie des ernestinischen Zweiges der Wettiner gezählt wird. Ein Quelleninventar des Thüringischen Staatsarchivs Gotha würdigt Luises „kurzes, aber auf die europäische Geschichte auswirkungsreiches und tragisches Leben“.2 Ihr Einfluss gestaltete sich indirekt, wie es einer Vertreterin des Hochadels im beginnenden 19. Jahrhundert zukam: durch ihre Mutterschaft. Ihr zweitgeborener Sohn Albert von Sachsen-Coburg und Gotha sollte später an der Seite seiner Frau Queen Victoria als Prince Consort über das britische Empire regieren. Luise kann also mit einigem Recht als die Stammmutter des derzeit in Großbritannien und Nordirland regierenden Königshauses Windsor bezeichnet werden. Dennoch ist über ihre Biografie bislang wenig geforscht und geschrieben worden, wie in Kapitel 1.4. der vorliegenden Arbeit ausgeführt werden wird. Sie wurde am 21. Dezember 1800 in Gotha auf Schloss Friedenstein als Prinzessin Dorothea Luise Pauline Charlotte Friederike Auguste von Sachsen-Gotha-Altenburg geboren und war das einzige Kind des regierenden Gothaer Herzogs August. Bereits kurz nach der Geburt verlor Luise ihre Mutter und wuchs in der Obhut ihrer Stiefmutter Caroline Amalie von Hessen-Kassel, der zweiten Ehefrau ihres Vaters, auf. Luise heiratete jung. Sie war siebzehn Jahre, als der doppelt so alte regierende Herzog des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld, Ernst III. (später Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha), sie am 31. Juli 1817 auf Schloss Friedenstein zum Traualtar führte. Es war eine ebenbürtige Verbindung, eine Vernunftheirat, wie sie in Kreisen des Hochadels üblich und erwünscht war. Luise war die letzte Erbin des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg und somit eine attraktive Partie. Da sie nach dem Tod ihres Vaters dessen Amt nicht übernehmen konnte, weil dieses nur im Mannesstamm vererbt wurde, konnte sich ihr Ehemann Hoffnung auf die Gothaer Lande und damit auf eine nicht unerhebliche Gebietserweiterung machen. Herzog Ernst war von politischem

Ehrgeiz getrieben, den so viele seiner Vorfahren aus dem Zweig der protestantischen Ernestiner an den Tag gelegt hatten. Mit einem Fürstentum in „Spielzeugformat“3 ausgestattet, in ständiger Konkurrenz zu den Regenten verwandter Häuser agierend und weltpolitisch zur Bedeutungslosigkeit verdammt, hegte Ernst dennoch dynastisch anspruchsvolle Pläne. Darin sah er sich mit seinem Bruder Leopold verbunden, der früh den einzigen Ausweg aus dem Dilemma erkannte: eine geschickte Heiratspolitik. Darin unterstützt von ihrer ebenso ambitionierten Mutter Auguste gelang es den Coburgern schließlich, in nur zwei Generationen Einfluss auf die wichtigsten Throne Europas zu gewinnen. Wie in einem mikrohistorischen Brennglas spiegelt sich dieser dynastische Entwurf in der Ehe Luises mit Ernst und eröffnet einen Blick auf die Normen einer Verbindung, die aus politischem Kalkül geschlossen wurde. In einem Kaleidoskop von regierenden Fürstenhäusern, in einem „Deutschland“, das noch Jahrzehnte von der Idee einer einheitlichen Verfassung und eines einheitlichen Rechtes entfernt war, galt die Ehe als eines der wichtigsten Ordnungsinstrumente herrschaftlicher Macht. Haus, Familie und Dynastie sind in diesem Zusammenhang Begriffe, die annähernd synonym verwendet werden können, und die den Rahmen für das Zusammenleben an einem Fürstenhof bildeten. Individualität wurde den Erfordernissen des Machterhalts untergeordnet, der sich auf die Fortsetzung der dynastischen Linie, auf Besitzvermehrung und Gebietszugewinn konzentrierte. Unter diesen Leitgedanken wurden Ehen im Hochadel geschlossen und per Heiratsvertrag privatfürstenrechtlich geregelt. Es ist noch wenig untersucht worden, was geschah, wenn dieses so wichtige Ordnungsinstrument in Unordnung geriet, wenn sich Konflikte, Trennungen und Scheidungen auf die Tagesordnung drängten. In ihrer Dissertation über Normen und Praxis ernestinischer Fürstenehen in der frühen Neuzeit gibt Stefanie Walther darauf eine Antwort: „Die durch Normen gestiftete ‚Ordnung der Ehe‘ erwies sich in der Praxis als variabel und facettenreich.“4 Dieses Prinzip lässt sich auch an der Ehe von Ernst und Luise ablesen, die zunächst eine erfolgreiche Verbindung im Sinne der Fortführung der Dynastie zu sein schien. Kurz hintereinander gebar Luise zwei Söhne, Ernst und Albert, und hatte damit die in sie gesetzten Erwartungen nicht enttäuscht. Doch in der Folge scheiterte ihre Ehe mit dem Herzog, der sich der Jagd und anderen Damen zuwendete. Nach turbulenten Auseinandersetzungen, in die auch die Coburger Bevölkerung verstrickt worden war, verbannte Ernst seine Frau 1824 ins entfernte St. Wendel im damaligen Herzogtum Lichtenberg. Drei Tage hatten in Coburg Unruhen getobt, die die Souveränität und die Sicherheit des Fürsten gefährdeten. Viele Bürger hatten sich hinter die Landesmutter gestellt und

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ihre Sympathien für sie öffentlich bekundet.5 Für Herzog Ernst war das allerdings keine Veranlassung, den Ehestreit versöhnlich beizulegen, im Gegenteil: Für ihn war die Trennung von Luise die folgerichtige Konsequenz, um die bestehende Ordnung wiederherzustellen. Nur so konnte aus seiner Sicht eingedämmt werden, was sich in den Tagen des Coburger Aufstandes bedrohlich gegen das Fürstenhaus erhoben hatte: Individualität, Emotionen und Charisma, gleichsam die Vorboten moderner öffentlicher Präsenz. Luise war eine frühe „Prinzessin der Herzen“, die in der Lage war, mit Liebreiz und Großherzigkeit Menschen zu begeistern und zu mobilisieren. Das machte sie gefährlich und unberechenbar. Bis heute besteht der Verdacht gegen Luise, sie habe ihren Ehemann betrogen, was zu einer Entfremdung und schließlich zu der 1826 folgenden Ehescheidung geführt habe. Doch es fehlen dafür die entsprechenden Beweise. Darüber hinaus wurde die Herzogin des Landesverrats beschuldigt, was sie bis zu ihrem Lebensende bestritt.6 Mit der Scheidung war für Ernst ein Problem gelöst, das weit über den privaten Konflikt von Untreue in der Ehe hinaus sein Prestige als Landesherr bedroht hatte. Da die Heiratsverbindungen ein so wichtiges Instrument dynastischer Gestaltung waren, wurden sie auch von den Standesgenossen genauestens beobachtet, die Störungen in der Ordnung kommentierten und sanktionierten, wie Stefanie Walther herausgearbeitet hat.7 Dabei wurde ein Ehebruch von Seiten des Landesherrn weit weniger streng betrachtet, als die Untreue der Frau. Doch im Fall Luises kam noch erschwerend hinzu, dass sich auch ihre Herkunftsfamilie nicht vermittelnd hinter sie gestellt hatte, sondern an die Seite des angeblich betrogenen Herzogs Ernst. Luises Leben war kurz, mit nur 30 Jahren starb sie am 30. August 1831 in Paris an Gebärmutterkrebs. Es war ein tragisches Ende einer Frau, die, wie es hieß, geboren war, um geliebt zu werden.8 Doch für Liebe im modernen Sinne war in den Fürstenhäusern des 19. Jahrhunderts kein Platz. Bei der Eheschließung der Töchter des Adels ging es vornehmlich um gesellschaftliches Ansehen.9 Noch über Luises Tod hinaus fürchtete die Familie Sachsen-Coburg und Gotha den Skandal, der mit ihrem unangepassten Leben verbunden war.10 Nach ihrem Ableben geriet die Herzogin fast vollständig in Vergessenheit. Ihre Existenz wurde verschwiegen, die Vorkommnisse um ihre Person aus dem Bewusstsein der Menschen getilgt. Selbst in Biografien über ihren berühmten Sohn Albert findet sie kaum Erwähnung und in ihrer Heimatstadt Gotha und in Coburg ist sie im kollektiven Gedächtnis der meisten Einwohner so gut wie nicht existent.11

Thema  |

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1.2. Fragestellung und Methodik Die Geschichte der Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld gibt viele Rätsel auf, die von der Forschung bislang nicht erhellt, beziehungsweise erst gar nicht thematisiert worden sind. Zwar hatte sie gegen höfische Normen verstoßen, dennoch erscheint das Urteil der völligen Verbannung bemerkenswert gnadenlos. An Luises Beispiel lässt sich nachvollziehen, welchen Regeln Eheschließungen im Hochadel des frühen 19. Jahrhunderts folgten, aber auch, welchen Preis ein Mitglied eines dynastischen Familienverbandes zahlen musste, wenn es sich den Erfordernissen der Politik des Hauses nicht unterordnete. In der vorliegenden Arbeit soll eine Antwort auf die Kernfrage herausgearbeitet werden, wie eine hochadelige Familie, die um den Fortbestand an der Spitze der Gesellschaft kämpfte, mit Renegaten und Verlierern umging. Wie Heinz Reif feststellt, befand sich der Adel im 19. Jahrhundert zahlenmäßig in einer „Minderheitenposition“, die sich ständig verschärfte.12 Hinzu kamen seit 1800 Verlusterfahrungen durch politische Umbrüche: durch die Französische Revolution, die Aufhebung einer großen Zahl von Fürstenstaaten und der gesamten Reichsritterschaft während der Mediatisierung und durch das Ende des Ancien Régime.13 Diese Umwälzungen zwangen den Hochadel, der weiter seine aus dem Mittelalter tradierte Position an der Spitze der Gesellschaft einnehmen wollte, zu Anpassungsleistungen. Die Stabilisierung des Adelsstandes konzentrierte sich dabei auf wenige Felder, wie die Sicherung des Familienbesitzes, die ungebrochene Fortführung des Stammbaumes, aber auch die Gewährleistung einer standesgemäßen Lebensführung. Letzteres ging einher mit der Kontrolle adelsgemäßen Verhaltens aller Standesangehörigen.14 Vor diesem Hintergrund sollen am Beispiel Luises die Mechanismen im Hochadel untersucht werden, die zur Disziplinierung und zur Exklusion unangepasster Familienmitglieder angewendet wurden. In der wissenschaftlichen Literatur über hochadelige Frauen ist die Frage des Umgangs mit Renegatinnen ein noch wenig erforschtes Feld. In wieweit die Vorgänge am Coburger Hof typisch für diese soziale Gruppe sind, und ob sie synchron wie diachron wirken, müsste an weiteren Biografien überprüft werden. In der vorliegenden Arbeit werden als Beispiele eines Vergleichs die Schicksale von Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel (1768–1821) und von Charlotte Marie von Sachsen-Jena (1669–1703) in kurzen Einschüben untersucht. Bei der Auswahl dieser Beispiele spielte die familiäre, beziehungsweise regionale Nähe zum Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit eine Rolle. Caroline war die Schwiegermutter Leopolds von Sachsen-CoburgSaalfeld, dem Schwager Luises. Charlotte Maries Fall beleuchtet die Zustände

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in einem weiteren kleinen thüringischen Fürstentum, das wie die Coburger zur Linie der ernestinischen Wettiner gehörte. Interessant ist in beiden Fällen auch der Stellenwert der Öffentlichkeit bei der Lösung der Eheprobleme. Während Charlotte Maries Verbannung vom Hof innerhalb der Familie und ohne größere Anteilnahme der Bevölkerung geregelt wurde, löste der Scheidungsprozess gegen Caroline heftige Proteste in der britischen Bevölkerung aus. Das Augenmerk soll dabei auf den Einfluss der öffentlichen Meinung gelegt werden. Ein systematischer Überblick über Scheidungen im Hochadel zur Zeit Luises existiert nicht, daher lässt sich die Frage nicht beantworten, wieviele adelige Frauen dieses Schicksal teilten.15 Bislang konzentrierte sich die Adelsforschung, sofern sie sich überhaupt mit dem Schicksal von Frauen befasste, zumeist auf Eheanbahnung, Heiratsverträge und Abläufe fürstlicher Hochzeiten. Einzig die Dissertation von Stefanie Walther über die „(Un-)Ordnung der Ehe“ im ernestinischen Familienverband beschäftigt sich systematisch am Beispiel von vier konfliktreichen Verbindungen mit dem Thema der ehelichen Praxis bei den Wettinern.16 Luises Geschichte, die höfischen Glanz und das Elend des Niedergangs vereint, markiert die beiden extremsten Pole hochadeligen Lebens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der es vor allem um die schicksalhafte Frage ging, wie eine exklusive Gesellschaftsschicht „oben bleiben“ kann. Insofern ist diese Arbeit der Versuch einer Biografie auf der Grundlage verfügbarer und neuer Quellen, darüber hinaus soll die Existenz Luises und ihr Werdegang aber auch in den historischen Rahmen eines Jahrhunderts eingebettet werden, das in der neueren Geschichte gerne als das „Laboratorium der Moderne“ bezeichnet wird.17 In seinem Aufsatz „Adel um 1800. Oben bleiben?“ erinnert Ewald Frie an eine Schlüsselfrage in der kritischen Auseinandersetzung mit der Adelsgeschichte, nämlich welches die Bereiche, Medien und Strategien waren, die darüber entschieden, wie man nach oben kam und wie man oben blieb.18 Und um hier eine Ergänzung vorzunehmen: die möglicherweise auch für den Absturz nach unten ausschlaggebend waren. Das Beispiel von Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld kann zu einer Identifizierung und einem tieferen Verständnis dieser wirkmächtigen Faktoren beitragen, mit denen eine soziale Schichtung im Umbruch konfrontiert war. Das Genre der Biografie ist in der Geschichtswissenschaft nicht unumstritten, galt es doch lange als Bastion des Historismus.19 Doch seit etwa zwei Jahrzehnten erlebt es eine Renaissance, wenn auch als „schwierige Königsdisziplin“ noch immer als problematische Form der historischen Methodik Fragestellung und Methodik  |

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gekennzeichnet.20 Dabei gilt es, Vor- und Nachteile der Betrachtung eines individuellen Lebens für den Erkenntnisgewinn zu berücksichtigen. In Zeiten von Diskontinuität und Brucherfahrungen, wie sie im Leben Herzogin Luises vorherrschten, wenn sich also gesellschaftliche Strukturen auflösen, kann die Reaktion des Einzelnen einen interessanten Blick auf Normen und deren Veränderung ermöglichen. Auch marginalisierte Identitäten, wie die weiblicher Mitglieder eines Adelsgeschlechts im 19. Jahrhundert, können, eingebettet in ihren historischen Bezugsrahmen, neue Einblicke gewähren. Da es sich bei der Biografie aber um eine erzählende Form handelt, bedarf es bei der wissenschaftlichen Darstellung unbedingt der Distanz zur untersuchten Person. Keineswegs darf sie zum „Helden“ im Sinne einer romanhaften Betrachtung werden. Wie Volker Ullrich in seiner Analyse der „schwierigen Königsdisziplin“ ausführt, kann es auch nicht darum gehen, ein abschließendes Bild einer Person zu zeichnen, beziehungsweise deren letzte Geheimnisse zu enthüllen.21 Rätsel werden bleiben, auch nach der Analyse der verfügbaren Dokumente zum Leben Herzogin Luises. Mit ihr begann die Geschichte der Dynastie des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem einzigartigen Erfolgsmodell entwickeln sollte. Eine umsichtige Heiratspolitk hatten die Wettiner, zu denen sowohl Luises Herkunftsfamilie als auch ihre Schwiegerfamilie gehörten, seit jeher betrieben, aber unter dem Druck des Wandels entwickelten die „Coburger“ eine eigenständige Signatur, die sich am Schicksal Luises und ihrer Nachfahren deutlich ablesen lässt. Ohne Krieg zu führen, breiteten sie sich über ganz Europa aus, heirateten in einflussreiche und mächtige Familien ein und begründeten ein (sich spinnenartig ausbreitendes) dynamisches Netzwerk von Beziehungen.22 Während andere wettinische Häuser ihre Heiratspläne vorwiegend an der Tagespolitik orientierten und sich dabei auf ihr unmittelbares geopolitisches Umfeld konzentrierten, verfolgte das Haus Sachsen-Coburg schon früh eine nach Europa ausgreifende Strategie.23 Wie Anne-Simone Knöfel in ihrer Dissertation über die Heiratspolitik der Wettiner herausgearbeitet hat, legten sowohl die albertinische als auch die ernestinische Linie des Hauses bei der Anbahnung ihrer Ehebündnisse vorrangig das Ziel der Prestige- und Machterhöhung zu Grunde. Passende Partner suchten und fanden die ernestinischen Wettiner seit dem Mittelalter im reichsfürstlichen Umfeld, ließen dabei aber kein weiterführendes Fernziel erkennen.24 In den Seitenlinien Coburg und Gotha bildete sich dagegen eine besondere Vorgehensweise heraus, nämlich das Bestreben, Beziehungen zu ausländischen Höfen durch Heirat zu festigen

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und damit aus der Enge des Reichs herauszutreten.25 Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entwickelte sich daraus eine visionäre Heiratspolitik durch die Vermittlung von Prinzen und Prinzessinen als Ehepartner an europäische Fürstenhöfe. Die Heirat in die Nähe des Throns – das war das besondere Signum der Coburger, das mit den Eheprojekten Leopolds von Sachsen-Coburg-Saalfeld eine außergewöhnlich erfolgreiche Dimension erreichte. Dabei ging der Blick vor allem in Richtung Großbritannien, da hier bereits familiäre Bindungen bestanden. Prinzessin Augusta von Sachsen-Gotha-Altenburg hatte 1736 den englischen Thronfolger Prinz Frederick Louis von Wales geheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn wurde später King George III. Als Leopold, der Schwager Luises, 1816 die britische Thronfolgerin Charlotte heiratete, betrat er damit also durchaus bekanntes Terrain. Auch Luises Sohn Albert sollte diesen Weg einschlagen. Dabei zog Leopold die Fäden, bevor er 1831 die Königskrone von Belgien annahm. Der Aufstieg des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha in die Riege der gekrönten Häupter bescherte der Dynastie mit ihrer visionären Strategie schließlich den lange erhofften Machtzuwachs. Queen Victoria sollte diese Heiratspolitik in die Nähe der Throne mit ihren Kindern und Enkeln fortsetzen.26 Die Familie als gestaltendes monarchisches Element – die Coburger haben es bis zur Perfektion entwickelt. Dabei nahmen sie in einer Zeit, in der der Adel Europas mit restaurativen Mitteln um seine Vormachtstellung kämpfte, bereits einen Faktor in ihr Repertoire auf, der die aufstrebende bürgerliche Gesellschaftsschicht prägen sollte: Leistung. Sowohl Leopold als auch sein Neffe Albert verstanden es, ihre ererbte Sonderstellung mit den Herausforderungen einer modernen Bürgerwelt zu verbinden. „Sie waren, wichtigstes Erfordernis des Erfolgs, in den Entscheidungszentren der Mächtigen präsent“, so konstatiert Thomas Nicklas.27 Sie machten auf dem diplomatischen Parkett nicht nur eine gute Figur, sondern verstanden es auch, ihren Einfluss diskret auszuüben. Beide erkannten früh, dass es in einer konstitutionellen Monarchie, wie sie in Großbritannien bestand und sich in Belgien unter Leopold entwickelte, darauf ankam, die Frage der Legitimation angemessen zu kommunizieren. Die engen paneuropäischen Verbindungen der Coburger sind mehr als nur das Aneinanderreihen von immer neuen Gliedern in einer Kette, wie Stephan Malinowski das genealogische Selbstverständnis des Adels beschreibt.28 Es ging nicht nur um den Erhalt eines Hauses im Mannesstamm, sondern um eine Verflechtung vieler Häuser zu einer Dynastie, die von Otto von Bismarck nicht zu Unrecht als „Gestüt Europas“ bezeichnet wurde.29 Wie Johannes Paulmann darlegt, zeigte sich die politische Dimension dynastischer Verbindungen im 19. Jahrhundert vor allem in der Etablierung von KommunikationsFragestellung und Methodik  |

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linien. Dabei dominierte in der höfischen Welt die Form, nicht der Inhalt des Austauschs.30 Ihr ausgedehntes soziales Netzwerk verschaffte den Coburgern dabei einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb um Einfluss. Dieser lag vor allem in der flexibilisierenden und ausgleichenden Wirkung der kleineren und mittleren Fürstentümer auf die internationale Politik der Großmächte, wie Johannes Paulmann ausführt.31 Auch wenn die deutschen Fürsten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermehrt in die verfassungsmäßige Ordnung von Nationalstaaten eingebunden wurden, blieb das dynastische Element doch ein wichtiger Faktor. Bismarck betonte deshalb auch in seinen Erinnerungen, der Schlüssel zur deutschen Politik habe bei den Fürsten und Dynastien gelegen.32 In den Vordergrund rückte allerdings das Nationale, die Funktion der Fürsten wurde reduziert auf die einer „bunte[n] Glasscheibe, die in die Tür eingesetzt war und die Durchsicht nach innen oder außen kolorierte“.33 War die Macht der kleineren Fürstenhöfe auch eingeschränkt, so funktionierten sie doch weiterhin als Nachrichtenbörse. Das ermöglichte den Coburgern, nicht nur in die Vergangenheit und die unmittelbare Gegenwart zu blicken, im Sinne einer sentimentalen Erinnerungskultur, sie planten strategisch für die Zukunft. Daran hatten auch die weiblichen Mitglieder der Familie einen größeren Anteil, als nur den der ergeben Gebärenden. Sie stützten das soziale Netzwerk durch Briefeschreiben, Besuchsreisen und Informationsaustausch, wie das Beispiel von Luises Schwiegermutter Auguste, Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, aussagekräftig belegen wird. Betrachtet man die Themen, die in den Briefen der Coburger verhandelt wurden, ist festzustellen, dass es nicht nur um familiäre Angelegenheiten wie Krankheiten, Geburten und Todesfälle ging, sondern immer wieder auch um die große Politik.34 Diese Korrespondenz und ihre Aufarbeitung müsste Gegenstand weiterer Forschungen sein. Für die vorliegende Dissertation stellt sich die Frage, welche Rolle die weiblichen Mitglieder des Hauses auf dem Weg des unbedeutenden Fürstentums in die Welt der internationalen Politik und Diplomatie spielten und welchen Einfluss diese Zusammenhänge auf das Leben Luises hatten. Thomas Nicklas betrachtet in seinem grundlegenden Werk über das Haus Sachsen-Coburg in seinem Kapitel „Coburg in der Welt“ vor allem das Wirken der männlichen Familienmitglieder, die im 19. Jahrhundert für die Positionierung der „Familie als Weltmacht“ sorgten.35 Am Ende des „langen 19. Jahrhunderts“36 war das Netzwerk der Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha noch intakt. Vor dem Ersten Weltkrieg saßen mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. und König George V. von Großbritannien zwei Vettern auf dem Thron von Nationalstaaten. Beide waren Enkel Queen Victorias und damit direkte Nachfahren Luises und kannten sich von Kindesbeinen an.37

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Wilhelm II. dankte ab, aber George V. behielt seinen Thron, um den Preis, seinen deutschen Familiennamen Sachsen-Coburg und Gotha abzulegen. Dieses Ablenkungsmanöver wirkte gründlich, denn das Haus Sachsen-Coburg und Gotha kann heute mit Recht als Europas vergessene Dynastie bezeichnet werden. Und dennoch ist es eine Geschichte erfolgreicher Anpassung, betrachtet man den Druck, unter dem sich die damals unbedeutende Hochadelsfamilie zu Beginn des 19. Jahrhunderts befunden hatte. Die Geschichte des Adels um 1800, dem Geburtsjahr Luises, war vom Wandel bestimmt. Eine „evolutionäre Katastrophe“38 bahnte sich an, die die gesellschaftliche Rangordnung nachhaltig verändern würde. Nicht schlagartig, wie bei einer plötzlich hereinbrechenden Naturkatastrophe, sondern schleichend und unterschwellig, damit aber umso verunsichernder und bedrohlicher. „Im 19. Jahrhundert entstanden immer mehr ‚obens‘ in immer mehr funktionalen Systemen, und der Erfolg in jedem einzelnen von ihnen war mit systembedingten Zumutungen verbunden. Der Erfolg vieler Adeligen beruhte – neben ihrem aus der Frühneuzeit stammenden ‚Vorsprung‘ – auf ihrer Fähigkeit, sich auf die Erfordernisse von Funktionssystemen einzustellen, die die Überschreitung überkommener Adelsvorstellungen verlangten,“ wie Ewald Frie feststellt.39 Der Wandel im „Laboratorium der Moderne“ erforderte also Flexibilität im Umgang mit dem sich ändernden soziologischen und historischen Umfeld, mit dem Bezugsrahmen der eigenen Existenz. Diese Prozesse freilich, die sich aus der heutigen Perspektive klar erfassen lassen, mit dem Wissen um den Ausgang der Geschichte, waren für die Zeitgenossen Luises kaum überschaubar. Die adelige Lebensform, zumal im hohen Adel, war für den „Stand der Herrschaft“40 eine qua Geburt eingetretene Selbstverständlichkeit. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, später auch das Jahrhundert des Bürgertums genannt, konnte sich der Adel gegenüber der langsam selbstbewusster und erfolgreicher werdenden nichtadeligen Mittelschicht noch überlegen fühlen. Das Augenmerk war nicht nach „unten“ gerichtet, sondern suchte vielmehr den Vergleich innerhalb der eigenen Kreise. Silke Marburg beschreibt in ihrer Dissertation über den sächsischen König Johann diesen speziellen Blick des hohen Adels auf die Vorgänge im inneren Zirkel derer, die sich weiterhin als souveräne, einander ebenbürtige Fürsten verstanden und die Stellung ihrer Familie und ihres Hauses nach dem Ansehen unter Gleichgestellten bewerteten. „Die besondere Standesehre beruhte also primär auf dem Anspruch des Individuums, von der Gruppe als zugehörig anerkannt zu werden und an deren interner Ehrzuweisung Teil zu haben. Noch bevor Identität durch Abgrenzung von anderen sozialen Gruppen definiert wurde, war sie daher eine Frage der Orientierung, Selbstverortung und Akzeptanz des Einzelnen innerhalb Fragestellung und Methodik  |

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der Gruppe. Sich mit der Lebensweise seines eigenen Standes und mit dessen Normen auseinanderzusetzen bedeutete internes Kommunizieren des Hochadels.“41 Die Verständigung über den eigenen gesellschaftlichen Wert geschah also üblicherweise in einem geschlossenen System, dem inneren Zirkel der deutschen und europäischen Fürstenhäuser, die oftmals durch familiäre Bindungen miteinander verknüpft waren. Deshalb ist es notwendig, ausführlich auf die interne Kommunikation der Familie Luises einzugehen. Darüber hinaus wendet sich diese Arbeit aber auch einem Phänomen zu, das im Verlaufe des 19. Jahrhunderts immer bedeutender wird: der öffentlichen, beziehungsweise der veröffentlichten Meinung. In der Geschichte um Herzogin Luise spielte die Auseinandersetzung um die Memoiren einer angeblichen Geliebten ihres Ehemannes eine gewichtige Rolle, die auch Kreise in internationalen Publikationen zog. Die sogenannte Panam-Affäre wirft ein Schlaglicht auf die Krisendiplomatie des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld. Um die Zusammenhänge mit Luises Verbannung vom Hof verstehen zu können, wird in Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit ein ausführlicher Exkurs die Entstehung und die Bedeutung dieser Geschehnisse aufarbeiten. Die Ereignisse um Luise und vor allem um ihren Ehemann Ernst I. wurden nicht mehr nur im internen Zirkel der Fürstenhäuser verhandelt, sondern spiegelten sich auch in der veröffentlichten Meinung wider. Wir werden sehen, wie unvorbereitet der Herzog auf die wachsende Freiheit der Presse und der Verleger, vor allem in Frankreich und Großbritannien, war. Nach alter Gewohnheit glaubte er, mit dem Mittel der Zensur den Wandel aufhalten und seine Position wieder festigen zu können. Auch wenn, wie oben gezeigt, die Katastrophe bereits im Gange war, richtete sich der interne Kompass des Adels noch immer nach überkommenen Vorstellungen. Wie Ewald Frie ausführt, konnten die Zeitgenossen diesen Wandel spüren, aber nicht begreifen.42 Vor diesem Hintergrund spielte sich das Leben Luises ab. Als einzige Tochter und Erbin des Fürsten von Sachen-Gotha-Altenburg erlebte die kleine Luise zu Beginn des 19. Jahrhunderts in ihrem Elternhaus jene „eigentümliche Zeitlosigkeit“43, die mit dem gesellschaftlichen Umbruch in der Folge der Französischen Revolution einherging. Ihr Vater war ein Sonderling, der sich um repräsentative Zwänge wenig kümmerte. Für ihn, den Bewunderer Jean Pauls, traf zu, was Ewald Frie wie folgt zusammenfasst: „Im Adel wie im gehobenen Bürgertum waren die den ständischen Bindungen enthobenen Jahrzehnte um 1800 eine Zeit individueller Selbstvergewisserung, ja auch Selbstverwirklichung. Für einen Moment schien es, als könne nun der Einzelne jenseits bisheriger ständischer Bindungen seinen Platz selbst bestimmen.“44 In diesem Klima wuchs Luise auf und wurde in ihrer in jungen Jahren

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geschlossenen Ehe weitgehend unvorbereitet mit den strengen Verhältnissen am Coburger Hof konfrontiert, was das Scheitern ihrer Verbindung mit Ernst I. begünstigte. Um die Frage beantworten zu können, was damals, vor fast zweihundert Jahren, eigentlich vorging, bedient sich die vorliegende Arbeit einer Methodik, die aus dem Werk des amerikanischen Soziologen Erving Goffman abgeleitet ist - der Rahmenanalyse. Um das Geschehen möglichst unabhängig von Urteilen und Vorurteilen der Nachgeborenen einordnen zu können, muss der Betrachter die Perspektive der handelnden Personen berücksichtigen, ihren Bezugsrahmen erfassen und ihre Kommunikation bewerten. Die Rahmenanalyse hilft uns, zu verstehen, wie sich eine soziale Gruppe durch Übereinkunft ihre eigene Vorstellung von Wirklichkeit schafft, also den Rahmen, innerhalb dessen sie ihre Werturteile fällt und an dem sie ihr Handeln ausrichtet.45 Nach Goffman orientiert sich die Organisation von Erfahrung an einem primären und an einem sekundären Rahmen. Die Gesellschaft bildet den primären, die persönlichen Beziehungen den sekundären Referenzrahmen eines Einzelnen, innerhalb dessen er sein Handeln definiert. In seinem Analysemodell konzentriert sich Goffman vor allem auf den sekundären Rahmen: „Es geht mir nicht um die Struktur des sozialen Lebens, sondern um die Struktur der Erfahrung, die die Menschen in jedem Augenblick ihres sozialen Lebens haben.“46 In diesem Sinne sollen auch die Vorgänge am Coburger Hof um Herzogin Luise einer modellhaften Betrachtung unterworfen werden. „Wir alle spielen Theater“, stellt Goffman fest und beschreibt unter dieser Prämisse die Selbstdarstellung von Personen auf der Bühne des Alltags.47 Goffman geht davon aus, dass es bei Betrachtern und Beteiligten an einem Geschehen eine unausgesprochene Übereinkunft darüber gibt, was gegenwärtig ist, in welcher Realität sie sich gerade befinden. Diese gemeinsame Verständigung bildet den Rahmen des Alltagserlebens. Spüren die Akteure eine Störung innerhalb dieses Rahmens, so drängt sich ihnen die Frage auf: „Was geht hier eigentlich vor?“. Goffman weist selbst darauf hin, dass die Antwort möglicherweise einfach, einheitlich und einseitig ausfallen kann.48 Aber sie spiegelt die Perspektive dessen wider, der in das Geschehen eingebunden ist, der glaubt, etwas „Wirkliches“ zu erleben und auf Grund dessen seine Schlüsse zieht und sein Verhalten daran ausrichtet. Goffmans theoretisches Konstrukt bietet den Vorteil, sich beim Betrachten längst vergangener Ereignisse von Werturteilen lösen zu können, die aus der Rückschau mit Kenntnis des Ausgangs der Geschichte gefällt werden und damit möglicherweise zu Fehlinterpretationen führen. Selbstverständlich ist auch Goffmans Ansatz nur eine Annäherung, wie er selbst einräumt und soll auch hier Fragestellung und Methodik  |

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nicht als ein Königsweg verstanden werden. Aber es ist der Versuch, Kriterien für die Betrachtung einer Lebensgeschichte, in diesem Fall des Schicksals der Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld, zu identifizieren, die über die Nacherzählung einer Biografie hinausweisen und modellhaft angewendet und weiterentwickelt werden können. „Bei der Untersuchung sozialer Institutionen“, so schreibt Goffman, „ist es wichtig, die herrschenden Anstandsregeln zu beschreiben; das ist schwierig, weil Informanten wie Forscher dazu neigen, viele dieser Normen als selbstverständlich hinzunehmen, und so lange kein Zwischenfall, keine Krise oder keine besonderen Umstände eintreten, das gar nicht merken werden.“49 Luise beschwört durch ihr unangepasstes, das heißt den gängigen Normen des Hochadels widersprechendes Verhalten eben eine solche Krise, einen solchen Zwischenfall am Coburger Hof herauf, was im Sinne Goffmans den Blick für das Gewöhnliche, das zu Erwartende schärfen kann. Zu erkennen, was dort vorgeht, kann also dazu beitragen, die Regeln herauszuarbeiten, die in einer auf Repräsentieren und Machterhalt konzentrierten Sozialformation herrschten. Goffman bedient sich bei seiner Analyse des Bildes von der Bühne, vom sozialen Theater, das sich auf die Hofgesellschaften der absolutistischen Monarchien des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts gut übertragen lässt.50 Diese „Theater-Staaten“, wie sie in der Arbeit von Norbert Elias über die höfische Gesellschaft skizziert werden, leben vom Rollenspiel, von der Präsentation in der Öffentlichkeit, von Ritualen und Kostümen, die nur einem abgeschlossenen Zirkel der Aristokratie vorbehalten sind.51 „Als aristokratisches Verhalten wird [in der Literatur] ein Habitus bezeichnet, der alle kleineren Tätigkeiten des Lebens, die außerhalb der speziellen Rollen anderer Klassen liegen, kultiviert und ihnen den Ausdruck des Charakters, der Macht und hohen Ranges verleiht“, schreibt Goffman.52 Die Präsentation des Adels auf der gesellschaftlichen Bühne entscheidet über die Selbstwahrnehmung, symbolisiert das „oben sein“ quasi als Eigenreferenz, ohne auf die Reaktion des Publikums, also des Volkes Rücksicht nehmen zu müssen, das in der Position des passiven Betrachters verharrt. Wie die vorliegende Arbeit über Luise zeigen wird, war auch diese Form der einseitigen Kommunikation von oben nach unten, die zu den Privilegien des Hochadels zählte, einem dramatischen Wandel unterworfen. Der „allgemeine Volksgeist“ verschaffte sich während der Tumulte von 1824 in Coburg im sonst so reglementierten höfischen Kommunikationsrahmen unerwartet Gehör.53 Nach der Definition Johann Georg Mussmanns, eines Zeitgenossen Luises, ist dieses Phänomen eine Vorstufe der öffentlichen Meinung, allerdings noch unreflektiert und politisch nicht wirkmächtig. Damit sich der „Volksgeist“ in öffentliche Meinung umwandeln

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kann, bedürfe es der Selbstreflexion, der Schriftlichkeit und einer freien Presse als ihrem hauptsächlichen Organ.54 „Die öffentliche Meinung auf dieser Höhe“, so stellt Mussmann fest, „kann daher, auch ohne große Übertreibung, als ein Spiegel betrachtet werden, in welchem Fürst und Volk, Regirung [sic] und Regirte [sic] sich in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit, nach ihren guten wie auch nach ihren häßlichen Zügen selbst sehen und kennen lernen können.“55 Wie sehr Herzog Ernst diesen Spiegel fürchtete, zeigte seine Reaktion auf die Affäre um die Memoiren seiner angeblichen Geliebten, Madame Panam. Er wollte unter allen Umständen eine öffentliche Diskussion seiner privaten Verfehlungen verhindern. Mit der Öffentlichkeit (Publicität) endet nach der Definition Johann Georg Mussmanns alle Heimlichkeit56, auch dies war eine neue Bedrohung im absolutistischen Fürstenstaat des frühen 19. Jahrhunderts. Heinz Reif beschreibt den Adel als „Meister der Sichtbarkeit“.57 Diese Prämisse impliziert eine Aussage über die bevorzugte Kommunikation mit dem Rest der Gesellschaft: sie war traditionell non-verbal. Gleichzeitig kann unterstellt werden, dass zu dem Sichtbaren zwangsläufig das Unsichtbare gehörte, all die Vorgänge also, die nicht der Öffentlichkeit präsentiert werden sollten. Demzufolge bietet sich die Unterscheidung in einen äußeren und einen inneren Rahmen an, wie im Folgenden näher erläutert wird. Nach außen lebte die höfische Gesellschaft von der Repräsentation, vom Zeremoniell, von Gesten und vom sichtbaren Konsum von Luxusgütern. Die Zurschaustellung diente der Definition der eigenen Rolle als erstem Stand im Staate. Auch im beginnenden 19. Jahrhundert waren an den deutschen Fürstenhöfen die Spielregeln der „repräsentativen Öffentlichkeit“, wie sie sich über Jahrhunderte hinweg in den absolutistischen Zirkeln der Macht entwickelt hatten, weiterhin wirksam.58 Dazu gehörte auch die Mystifizierung der eigenen Existenz, die die nötige Distanz zum Rest der Gesellschaft sicherte. Man erfüllte die fürstlichen Zeigepflichten, Interaktion mit dem Volk war nicht vorgesehen. Die oben beschriebene und seit der französischen Revolution drohende Tendenz zum sozialen Abstieg des Adels, also der Nivellierung der Standesunterschiede, bewirkte, dass die Vertreter des Hochadels sich umso entschiedener an Tradition, Zeremoniell, Status und Familienbesitz klammerten. Die „Vorderbühne“ der gesellschaftlichen Repräsentation war demnach in der Wahrnehmung der Akteure weiter intakt, die Fassade erschien makellos. Um diesen äußeren Rahmen der Darstellung von höfischer Realität aufrecht zu erhalten, mussten tradierte und immer wiederkehrende Regeln befolgt werden. Erving Goffman hat sie für die soziale Bühne des Alltags59 beschrieben, sie lassen sich aber gleichsam als Konzentrat auf die repräsentative ÖffentlichFragestellung und Methodik  |

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keit eines kleinen Fürstenhofes übertragen, wie wir ihn im Falle von Luise in Coburg vorfinden werden. Auf dieser Vorderbühne der adeligen Selbstdarstellung fand eine asymmetrische Kommunikation statt, das heißt, der Fürst und seine Familie, also das Ensemble, bestimmten Ort und Zeitpunkt des öffentlichen Geschehens, ebenso den Ablauf der Darstellung. Die Zuschauer, also die Hofgesellschaft und die Bevölkerung, rezipierten wie die Besucher einer Theateraufführung passiv und schweigend das Geschehen, allenfalls waren Beifallsbekundungen in Form von Klatschen und Vivatrufen willkommen. Wie Goffman beschreibt, kommt es hier vor allem darauf an, dass die Darsteller auf der Bühne an ihre eigene Rolle glauben. Je überzeugter das Ensemble vom Anschein der Wirklichkeit ist, den es bei seiner Umgebung erzeugen will, desto gelungener der Auftritt.60 Um die Illusion höfischer Bedeutung aufrecht zu erhalten, muss auf das stimmige Bühnenbild geachtet werden. Möbel und Dekorationselemente waren wichtige Requisiten, auf die auch Luises Ehemann Herzog Ernst I. besonderen Wert legte. Er erschuf sich für seine Herrschaft einen äußeren Rahmen, der nach seiner Ansicht den Tugenden eines ritterlichen Patriarchen entsprach. Luise ließ sich, wie wir zu Beginn ihrer Geschichte sehen werden, von der stimmig erscheinenden Fassade Ernsts blenden. In der dramatischen Darstellung hat das Ensemble auf der Vorderbühne darauf zu achten, dass es den Wunsch des Publikums nach Idealisierung erfüllt. „In den meisten Gesellschaften“, so analysiert Erving Goffman, „scheint es ein allgemeines oder dominantes Schichtungssystem zu geben, und in den meisten Gesellschaften mit verschiedenen sozialen Schichten finden wir eine Idealisierung der oberen Ränge (…).“61 Die „Selbstdarsteller“ des Adels mussten also peinlich darauf achten, dass ihre Vorführung Rituale und Werte bestätigte, die dem Bild der Gesellschaft von ihrem höheren Stand entsprachen. Vor allem die weiblichen Mitglieder der hochadeligen Familie mussten sich früh in Affektkontrolle üben, um den fürstlichen Gesamteindruck nicht durch unpassende Emotionen zu stören. Die Fürstin oder Prinzessin hatte ein lebendiges und würdiges Beispiel an Sitte und Moral zu sein.62 Mit dieser Erwartungshaltung wurde auch Luise konfrontiert, aber sie sollte diese missachten und damit die Vorstellung auf der Vorderbühne gefährden. Was geht hier eigentlich vor? – diese Frage lässt sich nicht nur durch Betrachtung der Vorderbühne beantworten. Dort wird vorgeführt, was das Publikum sehen soll. Doch spannender für das Verständnis einer Geschichte scheint die Hinterbühne, dort versammelt sich alles, was die gewünschte Darstellung des Stücks und die beabsichtigte Wirkung beim Zuschauer gefährden

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könnte. Hier erlebt man die Regieanweisungen, sieht die Souffleuse, stolpert über unpassende Requisiten, und ahnt die Intrige, die den Helden demaskieren kann. „Da die entscheidenden Geheimnisse des Schauspiels hinter der Bühne sichtbar werden, und weil Darsteller aus der Rolle fallen, solange sie dort sind, muß man erwarten, daß der Zugang von der Vorderbühne zur Hinterbühne dem Publikum verschlossen ist oder daß der gesamte Bereich hinter der Bühne vor dem Publikum verborgen wird“, schreibt Erving Goffman. Nur so könne die Technik der Manipulation aufrecht erhalten werden.63 Nicht anders ging es am Coburger Hof zu Luises Zeiten zu. Begreift man analog zu Goffmans Konstrukt die Fürstenfamilie als Ensemble und Ernst I. in seiner Funktion des Oberhaupts als den Regisseur des höfischen Zeremoniells, werden wir vielleicht verstehen können, warum er seine unangepasste Ehefrau Luise schließlich aus seiner Nähe entfernen musste. Ernst I. verlor im Verlauf der Geschichte die so wichtige Kontrolle über die Hinterbühne, womit seine Autorität in Gefahr geriet. Er erlebte, wie Intrigen und Verrat das Geheimnis seiner fürstlichen Darstellung zerstörten, wie sich ungebetene Personen in Sonderrollen präsentieren konnten, über die er schließlich keine unumschränkte Macht mehr hatte. Auf dem Höhepunkt der Krise sah er sich umringt von Denunzianten, zu denen er am Ende auch Luise zählte. Sie zerstörte aus Sicht ihres Ehemanns die perfekte Darstellung auf der Vorderbühne, in dem sie regressive Tendenzen entwickelte und diese nicht auf der Hinterbühne versteckte. Er begann, an der für ihn anfangs so lukrativ erschienenen Verbindung zu einer Vertreterin des Hochadels zu zweifeln. Die endogame Ehe mit einer Frau aus seinen Kreisen hätte ihn erwartungsgemäß vor emotionalen Störungen schützen sollen. Luise aber erwies sich in dieser Hinsicht als Problem. Sie hatte durch ihre Eheschließung Einblick in die Familiengeheimnisse der Coburger gewonnen, war aber nicht entsprechend angepasst, um sich so zu verhalten, wie es von ihr erwartet wurde. „Personen, die durch Heiratsbeziehungen verbunden sind, geraten in eine Position, von der aus sie hinter die Fassade des anderen sehen können; das ist immer peinlich, aber es ist weniger peinlich, wenn die Neuankömmlinge hinter der Bühne selbst die gleiche Art von Schauspiel gepflegt haben und an den gleichen destruktiven Informationen teilhatten. Durch eine Mesalliance wird jemand hinter die Bühne und in das Ensemble gebracht, der besser nach draußen oder mindestens in den Zuschauerraum gehörte“, schreibt Erving Goffman.64 Zutreffender ist die Situation Luises an dem ihr fremden Coburger Hof nicht zu beschreiben. „Von solchen Abtrünnigen sagt man, daß sie ‚das eigene Nest beschmutzen’“, so Goffman weiter. 65 Verlässt ein Darsteller, wie im Fall LuiFragestellung und Methodik  |

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ses, seine ihm zugedachte Rolle, kann dies Enttäuschung, Feindseligkeit und schließlich unaufhaltsame Wellen von Reaktionen auslösen, die die Neuordnung ganzer Systeme nach sich ziehen kann, wie Goffman in seiner Analyse feststellt. Als in Coburg im Verlauf der Affäre um Luise 1824 aufgebrachte Bürger vor das Schloss zogen, brachten sie Herzog Ernst in schwere Bedrängnis. Der Fürst sah sich mit gravierenden Anschuldigungen konfrontiert, die durch die Veröffentlichung der angeblichen Memoiren einer seiner Geliebten bis auf die Coburger Vorderbühne gedrungen waren. Das gewünschte Erscheinungsbild vom mächtigen und sittenstrengen Landesvater war schwer gestört. 66 Für Ernst, an seine Unantastbarkeit als Vertreter des herrschenden Standes gewöhnt, war das ein nie dagewesener und schwer zu verstehender Affront. Rund 140 Jahre später liefert der Soziologe Erving Goffman dazu die Analyse, ohne sich natürlich auf den speziellen Fall zu beziehen: „Außer der vermuteten Übereinstimmung zwischen Erscheinung und Verhalten erwarten wir natürlich auch noch eine gewisse Kohärenz zwischen Bühnenbild, Erscheinung und Verhalten. Eine solche Kohärenz bildet den Idealtypus, der uns dazu anregt, daß wir unser Augenmerk und Interesse auf die Ausnahme davon richten. Hier steht dem Forscher der Journalist zur Seite, denn die Abweichungen von der erwarteten Kohärenz zwischen Bühnenbild, Erscheinung und Verhalten bedingten Glanz und Pikanterie zahlreicher Karrieren und die Publikumswirksamkeit vieler Zeitschriftenartikel.“67 Die Vorgänge auf der Coburger Hinterbühne wurden eifrigst von der veröffentlichten Meinung aufgenommen, wie Ernst verärgert bemerkte.68 Der Fürst erfuhr, wie gefährlich eine freie Presse und ein selbstbewusstes Verlagswesen, wie sie sich im frühen 19. Jahrhundert bereits in Frankreich und England entwickelt hatten, für einen absolutistischen deutschen Herrscher werden konnten. Der Versuch, das Erscheinen der verfänglichen Memoiren seiner angeblichen Geliebten mit Hilfe der Karlsbader Beschlüsse zu unterbinden, scheiterte. Schließlich war es Luise, die zum „Sündenbock“ gestempelt wurde und nach einer Intrige Coburg verlassen musste.

1.3. Forschungsstand Die neuere Adelsforschung beschäftigt sich mit der Grundfrage, wie sich eine traditionelle Elite den Herausforderungen der Moderne stellte, doch bislang mangelt es an genügend Fallstudien, um daraus einen systematischen Überblick gewinnen zu können. Vor allem die Rolle der Vertreterinnen adeliger

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Familien bei diesem Kampf ums „oben bleiben“, also um eine prestigeträchtige Stellung an der Spitze der Gesellschaft, ist noch nicht ausreichend beleuchtet, wie Monika Wienfort bemerkt.69 Über die adeligen Frauen in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert, so stellt sie fest, weiß die Forschung noch vergleichsweise wenig. Das Defizit sei bedingt durch eine Konzentration auf die politische Geschichte und die Rolle des Adels in Politik und Militär des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Erst in den letzten Jahren öffne sich das Spektrum der Fragen an die Adelsgeschichte und lege nun auch Wert auf sozial- und mentalitätsgeschichtliche Aspekte.70 Die vorliegende Dissertation will in der Darstellung des Lebens von Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld auf die von Monika Wienfort angesprochenen Aspekte eingehen und damit dem Desiderat nach weiteren Studien regionaler und biografischer Adelsgeschichte folgen. Die Erkenntnisse, die dabei gewonnen werden, weisen im besten Fall über das Einzelschicksal einer Vertreterin des Hochadels hinaus. Wie Norbert Elias feststellt, kann auch die Betrachtung einer anscheinend längst vergangenen feudalen Gesellschaftsform Allgemeingültiges zu Tage fördern: „Die Variabilität dieser Menschenzusammenhänge ist so groß und so vielfältig, daß man sich, zum mindesten bei dem geringen Ausmaß und der Lückenhaftigkeit unseres gegenwärtigen Wissens, keine sachkundige Untersuchung einer noch unerforschten Menschenkonfiguration und ihres Werdeganges vorstellen kann, die nicht etwas Neues zum Verständnis des menschlichen Universums, zum Verständnis unserer selbst, beiträgt.“71 Systematische Untersuchungen des Adels als homogene Schicht sind in der Forschung bislang nur begrenzt betrieben worden, wie Silke Marburg zu Beginn ihrer Arbeit über König Johann von Sachsen, einem Zeitgenossen Luises, ausführt.72 Zahlenmäßig handelte es sich gemessen an der Gesamtbevölkerung um eine vergleichsweise kleine soziale Gruppe, was einen empirischen Ansatz eigentlich erleichtern sollte. Allerdings hatte die extreme Zersplitterung der Fürstenstaaten im Deutschen Reich mit einer relativ schwachen Zentralmacht einer einheitlichen, gemeinsamen Entwicklungsgeschichte des Adels entgegengewirkt. Damit ist es für die Forschung kein leichtes Unterfangen, übergreifende Kategorien für die Betrachtung dieser sozialen Schichtung zu entwickeln. Wie Heinz Reif in seinem enzyklopädischen Überblick bemerkt, ist eine Übersichtsdarstellung der deutschen Adelsgeschichte aus mehreren Gründen nicht einfach: „Auch für das 19. und frühe 20. Jahrhundert muß der Historiker von einer großen Zahl im Denken wie im Handeln relativ eigenständiger Adelsgruppen ausgehen. (…). Für die innere DiffeForschungsstand  |

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renzierung dieses Adels waren zunächst, wie überall in Europa, Unterschiede des Reichtums, der bevorzugten Praxisbereiche, der Herkunft, der Adelsqualität (Feudaladel vs. monarchischer Dienstadel) und der Rechtsstellung von Bedeutung. Schon die rechtliche Abstufung des Adels war in Deutschland komplizierter als in anderen Ländern, und in wohl kaum einem europäischen Territorium spielte die Gliederung nach dem Alter des Adels, die reine Ahnenkette, eine so bedeutende Rolle wie hier. Am nachhaltigsten wirkte sich jedoch die territoriale Vielfalt des Reiches aus.“73 Was für den Adel insgesamt gilt, trifft auch auf die Vertreter des hohen Adels zu, also die Familienverbände der regierenden Fürstenhäuser im (ab 1806) ehemaligen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Je nach geografischer Lage des Herrschaftsgebietes, territorialer Größe, Religionszugehörigkeit, Länge der Ahnenkette und individueller Familiengeschichte waren die Bedingungen verschieden. Juristisch gab es für jedes Fürstenhaus das Privileg des Privatfürstenrechtes und somit die Möglichkeit, das Zusammenleben innerhalb des eigenen Herrschaftsbereiches selbst zu regeln. Diese Zersplitterung des Untersuchungsgegenstandes „Adel“ zwingt die Forschung, wie Ewald Frie beschreibt, zu einem „pragmatischen Lösungsweg“.74 Der Versuch, die Gesamtgruppe in repräsentativen Querschnitten zu beschreiben, wird aufgegeben. An die Stelle treten Untersuchungen zu ausgewählten Personen und Institutionen, es werden Biografien und Familiengeschichten verfasst, mit dem Ziel, aus einer Menge von Einzelbetrachtungen Erkenntnisse über die Gesamtheit zu gewinnen. Den Stand der Forschung zur Adelgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert hat Daniel Menning in seinem Beitrag „Adlige Lebenswelten und Kulturmodelle zwischen Altem Reich und ‚industrieller Massengesellschaft’ – ein Forschungsbericht“ zusammengefasst.75 Einleitend stellt Menning fest, dass die Bedeutung einer methodisch reflektierten und gesellschaftsgeschichtlich orientierten Adelsforschung in den letzten Jahren zugenommen hat, nachdem sich lange Zeit ein ausgeprägtes Desinteresse am Forschungsgegenstand Adel habe verzeichnen lassen. So ist denn auch Mennings Befund nicht unerwartet, dass die Erkenntnisse der Untersuchungen noch stark fragmentiert sind. Das liegt zum einen an den unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten einzelner Arbeiten, aber auch an der stark regional ausgerichteten Wahl des Forschungsgegenstands.76 In den Blick genommen werden vor allem Fragen des adeligen Wertehimmels, der regionalen Einbindung einzelner Geschlechter, der adelige Lebensunterhalt sowie der Hochadel und sein Verhältnis zur Monarchie. Der Versuch, einen speziellen Wertekanon des Adels abzustecken, bleibt noch unbefriedigend. Auf der einen Seite werden restaurative Elemente

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wie Familie, Tradition, Naturnähe und ein Kult der Kargheit identifiziert, auf der anderen Seite wird dem Adel ein dynamisches Element zugeschrieben, das ihm die Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde gesellschaftliche Gegebenheiten attestiert und ihn der Reinterpretation seiner eigenen Stellung für fähig erklärt.77 Auf die Frage, wie der Adel sich definierte, wie er sich von der Gesellschaft abgrenzte und wie er versuchte, sich als Stand zu erhalten, bietet die Forschung nach Mennings Urteil gegenwärtig noch kein Konzept eines spezifisch adligen Habitus’. Auch in der Untersuchung des Verhältnisses von Adel und Region, aber auch von Adel und Nation mangelt es nach Mennings Ansicht derzeit noch an vergleichbaren Ansätzen. Zu unterschiedlich sind die politischen Verhältnisse in den Fürstenstaaten des Ancièn Regime. Gleiches gilt für die Staaten des Deutschen Bundes, in dem zahlreiche Adelsfamilien mit einer neugestalteten Landkarte und damit mit neuen Herrschafts-, beziehungsweise Loyalitätsverhältnissen zurechtkommen mussten. Diese Prozesse, ebenso wie das Verhältnis des Adels zur Frage der Nationbildung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind nach Mennings Ansicht noch weitgehend unbeleuchtet.78 Ein weiteres Forschungsfeld ist die Frage nach dem adeligen Lebensunterhalt. Bislang gibt es nur wenige statistische Untersuchungen, die aber die These stützen, dass vor allem Militär, Verwaltung und Landwirtschaft zu den klassischen Betätigungsfeldern des Adels gehörten. Der „Beruf“ im bürgerlichen Sinne blieb auch im 19. Jahrhundert im deutschen Adel verpönt. Noch wenig beleuchtet ist das Verhältnis von Adel und Industrie, es bleibt mangels eingehender Untersuchung beim Kenntnisstand, dass sich der Adel, wenn überhaupt, vornehmlich auf die landwirtschaftsnahe Industrie konzentrierte.79 Zum Themengebiet des Hochadels bleibt der Forschungsstand stark auf das Verhältnis zur Monarchie konzentriert. Einzig die Dissertation von Silke Marburg, die auch in der vorliegenden Arbeit näher betrachtet werden wird, lenkt den Blick auf die Fragen der Selbstlegitimation, der Handlungsorientierung, der Binnenkommunikation und der Heiratsstrategien am Beispiel König Johanns von Sachsen.80 „Allerdings wird hier stärker der Erfolg des Handelns beschrieben“, wie Daniel Menning bemerkt, „als dass den Brüchen nachgegangen würde – also den Stellen, an denen auch die strengen Hausgesetze deviantes Verhalten (vor allem bei Heiraten) nicht verhindern konnten.“81 Diesem von Daniel Menning an dieser Stelle formulierten Desiderat soll in der vorliegenden Arbeit Rechnung getragen werden, mit der eingehenden Analyse der Ursachen und Folgen des abweichenden Verhaltens von Herzogin Luise und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha. Insgesamt bietet Mennings Forschungsbericht einen umfassenden Forschungsstand  |

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Überblick über die Arbeiten zum Adel in Deutschland. Gleichzeitig zeigt er aber auch auf, wie stark die Untersuchungen durch thematische, regionale oder biografische Ansätze fragmentiert sind und deshalb bisher kaum zu einem klar umrissenen Bild des Forschungsgegenstands „Adel“ gelangen. Allerdings dürfte die künftige Forschung, so Menning, „den Wandel des Adels und seine Anpassung an veränderte Gesellschaftsbedingungen noch stärker als Grundlage seines Überlebens in der Moderne hervorheben“.82 Bei dieser umfassenden Gesamtschau fällt auf, dass das Thema Geschlecht und adelige Frau in den vorgestellten Untersuchungen fast vollständig ausgeblendet ist. „Adel ist zumeist unhinterfragt männlich“, stellt Daniel Menning fest.83 Als einziges umfassendes Standardwerk zum Leben weiblicher Vertreterinnen des Adels im 19. Jahrhundert kann Christa Diemels Arbeit „Adelige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert“ angesehen werden.84 Aus Hofprotokollen, Tagebüchern, Briefen und Memoiren filtert Diemel eine Beschreibung der vielfältigen Rollen und Wirkungsmöglichkeiten, die adelige Hofdamen, Stiftsdamen und Salondamen ausfüllten. Auch sie beklagt einleitend, dass die Forschung es bislang versäumt hat, nach dem Einfluss weiblicher Akteure an den Höfen zu fragen, obwohl diese als Ehefrauen oder Gouvernanten, als Gastgeberinnen und Mätressen einen nicht geringen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben hatten. Christa Diemel beleuchtet die Themenfelder Erziehung, Heirat und Hofleben und spürt dabei dem Anteil von Frauen an der Beharrungskraft des deutschen Adels nach. In ihrer Beschreibung des höfischen Frauenideals orientiert sich die Autorin am Begriff der höfischen Rationalität, wie er von Norbert Elias geprägt wurde.85 Gegen die üblichen Intrigen an den Fürstenhöfen wappneten sich die weiblichen Mitglieder des Adels mit Affektkontrolle. Emotionen machten angreifbar, Selbstbeherrschung dagegen wirkte als Distinktionsmittel, ebenso wie Bildung und Anmut. Die Repräsentation bei Hof verlangte es, angemessene Konversation zu betreiben und durch Kleidung, Frisur und Schmuck einen gehobenen Geschmack zu demonstrieren. Pflichterfüllung war für die adelige Dame das oberste Gebot.86 Diemel weist darauf hin, dass es Ende des 18. Jahrhunderts zu einem Austausch zwischen adeligem und bürgerlichem Frauenbild kam, im Zuge dessen die Rolle der adeligen Gattin eine Aufwertung erfuhr.87 Dass dies auch im Hochadel galt, lässt sich aus den subjektiven Quellen, derer sich Diemel bedient, nicht zwangsläufig folgern. Ebenso fehlt eine Betrachtung abweichender Verhaltensweisen und deren Folgen. Auch Ehe und Eheschließung werden im Rahmen des Konventionellen beschrieben. Danach hatte bei der Wahl der Ehepartner die

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Ebenbürtigkeit Vorrang vor dem bürgerlichen Ideal der Liebesheirat, obwohl auch hier eine Annäherung an die romantischen Vorstellungen des Bürgertums festzustellen war. Dabei sind es vor allem die Frauen, die sich von der Ehe mehr erwarten, als eine standesgemäße Versorgung. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gehörte die „amour passion“ nicht in den ehelichen Bereich.88 Ehen, die aus Liebe geschlossen wurden, waren auch im 19. Jahrhundert im Hochadel noch die Ausnahme. Vor allem Rang und Vermögen gaben bei der Wahl der Ehepartner den Ausschlag.89 Vorrang hatte vor allem die Sicherung der Dynastie, der Familienbegriff entsprach dem des fürstlichen Hauses als Gesamtheit, der vor allem die Tradition einer Jahrhunderte alten Ahnenreihe betonte. Aufgabe der Ehefrauen war es, diese Kontinuität durch angemessene Repräsentation und das Gebären der Nachkommen zu sichern. Dennoch, so betont Christa Diemel, waren die Frauen bei Hof mehr als nur schmückendes Beiwerk.90 In vielen Residenzstädten, so fasst die Autorin zusammen, gaben die adeligen Damen vor, was standesgemäßes Verhalten war.91 Sie bestimmten den Ton im kommunikativen Raum der sozialen Beziehungen in der Öffentlichkeit des Hofes. Welchen Einfluss die Frauen des Hofes dabei aber auf die Bereiche der Politik, Wirtschaft und Verwaltung tatsächlich hatten, lässt Diemel unerforscht. Lediglich die Beispiele der einflussreichen Mätresse Ludwigs I. von Bayern, der Tänzerin Lola Montez, und der preußischen Hofdame Sophie von Voß werden angeführt. Dennoch geht Christa Diemel davon aus, dass die adeligen Frauen bei der Bewahrung der traditionellen aristokratischen Verhaltensmuster und Denkweisen eine gewichtige Rolle spielten. 92 Schließlich war es die Entwicklung der adeligen Caritas, die den Hofdamen eine sinnvolle Beschäftigung eröffnete und sie aus dem „glänzenden Elend“ des höfischen Lebens befreite.93 Da sich Christa Diemels Betrachtungen aus den offiziellen Hofdokumenten und aus den subjektiv gefärbten Darstellungen adeliger Damen und Herren speisen, bleibt der Bereich des von der Norm abweichenden Verhaltens weitestgehend unausgeleuchtet. Was aber geschieht, wenn sich in adeligen Familien das Problem von Scheidungen, Missheiraten und außerehelichen Beziehungen auf die Tagesordnung drängt, wenn also das für den Hochadel so wichtige Ordnungsmodell der Ehe in Unordnung gerät? Damit setzt sich die Dissertation von Stefanie Walther auseinander, die vier exemplarische Fälle aus dem Herrschaftsbereich der ernstinischen Wettiner betrachtet. „Die (Un-) Ordnung der Ehe“ beschäftigt sich mit den Normen und der Praxis ernestinischer Fürstenehen in der frühen Neuzeit.94 Walther betrachtet vier Fallbeispiele, um zu untersuchen, wie die jeweiligen ernestinischen Häuser der Wettiner mit ehelichen Konflikten umgingen. Dabei handelt es sich um Scheidung (Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar), außereheliForschungsstand  |

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che Beziehung (Ernst August von Sachsen-Weimar), Bigamie (Bernhard von Sachsen-Jena) und eine nicht ebenbürtige Heirat (Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen). Zwar konstatiert die Autorin die Schwierigkeit, auf Grund von Einzelfällen generalisierende Aussagen zu treffen, dennoch lassen sich in den konfliktbeladenen Krisensituationen interne Normierungen im Hochadel erkennen. Abweichendes Verhalten führt zu Konsequenzen, die weit über den jeweiligen Familienverband hinaus wahrgenommen werden. Allen betrachteten Fällen war gemeinsam, dass sie „als regelrechte Präzedenzfälle innerhalb der hochadeligen Familien des Reiches zu bezeichnen sind.“95 So führte die standesungleiche Ehe Herzog Anton Ulrichs mit einer Bürgerlichen zu massiven Konflikten, die reichsweit für Aufsehen sorgten. In der Folge wurden, wie Walther herausarbeitet, derartige Verbindungen 1742 in Artikel 4 der kaiserlichen Wahlkapitulation zu „notorischen Missheiraten“ erklärt. 96 Weniger problematisch waren morganatische Ehen, sowie sexuelle Umtriebigkeit der männlichen Vertreter des Hochadels. Konfessionsunterschiede innerhalb hochadeliger Verbindungen konnten, aber mussten nicht zu Konflikten führen.97 An der Bewältigung von Krisen waren nach Walthers Analyse nicht nur die jeweiligen Ehepartner, sondern auch weitere Vertreter des Familienverbandes, sowie auch Hofbeamte beteiligt. Vor allem die Geschwister der Eheleute spielten dabei eine wesentliche Rolle, wobei Walther beobachtet, dass es dabei weniger um das Wohl der Dynastie ging, als vor allem um persönliche Interessen.98 Vergleichbares lässt sich im Konflikt um die Ehe von Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld und Luise feststellen. Auch hier ist vor allem der Bruder des Ehemannes, Leopold, in die Bewältigung der Krise eingeschaltet. Welche Motive ihn dabei leiten, wird im Verlauf der vorliegenden Dissertation herausgearbeitet. Weitere Befunde Walthers werden an gegebener Stelle berücksichtigt, vor allem im diachronen Vergleich in Kapitel 3.5., der sich mit einer Scheidung im ernestinischen Familienverband beschäftigt. Ehekonflikte, so stellt Stefanie Walther fest, konnten einen Katalysator für bestehende herrschaftsrechtliche Differenzen innerhalb eines Fürstengeschlechts darstellen.99 Auch in dieser Beziehung ordnet sich der Fall Herzogin Luises in den jüngsten Forschungsstand ein. In Kapitel 7.2. der vorliegenden Arbeit wird der Zusammenhang zwischen dem Eheskandal um Herzogin Luise und den Streitigkeiten um die Regierungsnachfolge im Fürstentum Sachsen-GothaAltenburg dargestellt. Hier hatte sich Luises Ehemann Ernst einen strategischen Vorteil bewahrt, indem er die förmliche Scheidung von seiner Ehefrau bis zur Durchsetzung seiner Herrschaftsansprüche herauszögerte. In der bisher wohl umfassendsten Gesamtschau zum „Adel im 19. und 20. Jahrhundert“ betont auch Heinz Reif die Schwierigkeiten der Forschung,

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aus den vielfältigen Erscheinungsformen dieser besonderen Gesellschaftsschicht allgemeingültige Aussagen zu destillieren. Die Umbrüche beim Übergang ins „lange“ 19. Jahrhundert habe die Vielgestatigkeit noch einmal verschärft. Regionale Besonderheiten, konfessionelle Zersplitterung und das Fehlen einer starken Zentralmacht habe diesen Vorgang noch begünstigt. 100 „Da die staatlichen Strukturen der Reichsterritorien aber alles andere als einheitlich waren, im Gegenteil große Unterschiede und gravierende Ungleichzeitigkeiten im Entwicklungstand staatlicher Institutionalisierung aufwiesen, ist auch noch für das 19. Jahrhundert von zahlreichen, nebeneinander bestehenden, regionalen Adelstraditionen auszugehen“, schreibt Reif.101 Allen Fürstenhäusern gemeinsam war aber der Zwang, sich den neuen Verhältnissen in einer Zeit des Wandels zu stellen. Dabei konzentrierte sich der Adel vor allem auf die innere Stabilisierung, eine Öffnung in Richtung der neuen Eliten-Konkurrenz aus dem Bürgertum wurde eher vermieden. Besonders kleine Fürstentümer, wie das Haus Sachsen-Coburg und Gotha, schotteten sich gegen die bürgerliche Gesellschaft ab.102 Mit dieser deutlichen Abgrenzung gegen das Bürgertum ging die Definition eines neues Selbstverständnisses einher, dass den Adel als Mittler zwischen Thron und Volk definierte, beziehungsweise als Führungsschicht in der jeweiligen Region. Hier erkennt Heinz Reif eine Verständigung über die Grenzen der Adelslandschaften hinaus.103 Bei der Untersuchung dieser Re-Invention der adeligen Legitimation liegt das Augenmerk des Autors im Wesentlichen auf den männlichen Vertretern ihres Standes. Ihre Ämter in Militär, Diplomatie und Verwaltung garantierten sichtbare Präsenz und bieten sich deshalb als Fokus der wissenschaftlichen Untersuchung an. „Für die Töchter des Adels“, so konstatiert Reif, „gab es traditionell nur zwei Möglichkeiten: Ehe und Familie (…)“.104 In Haus und Salon, später auch in zahlreichen Ehrenämtern, war den adeligen Frauen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich.105 Kann daraus aber auch im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass Frauen auf die Politik des Fürstenhauses, auf die internen Strategien im Kampf um die Vormachtstellung keinen Einfluss hatten? Auf diese Frage hat die Adelsforschung bislang keine Antwort, richtet sich der Blick doch erst in jüngster Zeit verstärkt auf die weiblichen Mitglieder dieser Sozialformation. Die Untersuchung der „femme politique“ konzentriert sich dabei zunächst auf Sonderformen weiblicher adeliger Existenz, wie Mätressen, Hofdamen und Regentinnen.106 Erst in der Witwenschaft konnten hochadelige Frauen stellvertretend für ihre minderjährigen Söhne die Regentschaft eines Fürstentums ausfüllen, eine politische Macht, die ihnen qua Erbrecht in der Regel verwehrt blieb. Dabei leisteten sie einen wesentlichen Beitrag zur politischen Geschichte des Ancién Regime, wie Monika Kubrova Forschungsstand  |

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feststellt.107 Dennoch bleibt auch hier anzumerken, dass sich die entsprechenden Studien mit regionalen und biografischen Ansätzen an das Themenfeld heranarbeiten, was wiederum die Frage nach der empirischen Basis und der Allgemeingültigkeit der Befunde aufwirft. Das Konzept der „Adeligkeit“, mit dem die Adelsforschung analog zur Bürgertumsforschung gemeinsame Haltungen und Werte herauszuarbeiten versucht, bleibt dabei zunächst ein Desiderat, nicht nur im Hinblick auf die geschlechterspezifische Wahrnehmung.108 Fragt man nach den Frauen des Adels als „handelnde, erfahrene und deutende Akteurinnen“109, steht man vor dem Problem, diese Protagonistinnen erst sichtbar machen zu müssen. Monika Kubrova bedient sich bei ihrer Analyse der Selbstzeugnisse adeliger Frauen, die ihren Wirkungsbereich in der Retrospektive literarisch beschrieben haben. Daraus ergibt sich in der Gesamtschau der Eindruck adeliger weiblicher „Normalbiografien“, aus denen sich das Selbstverständnis vom „guten Leben“ ablesen lässt. Bezugspunkt aller Frauen war dabei die Familie, selbst in der Abweichung vom normativen Verhalten blieb der Fokus auf das interne Verhältnis des „Wir“ gerichtet. Eine „Ich“-Wahrnehmung, die die auftretenden Konflikte als geschlechtsspezifisch begründet einordnen konnte, kann Kubrova in ihrer Analyse nicht feststellen. Auch in den Selbstzeugnissen bleibt die adelige Frau auf ihre Bedeutung als Gebärende, als Garantin der Fortexistenz der Geschlechterkette reduziert. „Bis in die Gegenwart hat sich die von beiden Geschlechtern getragene Vorstellung im Adel erhalten, daß die Geschlechterkette reißt, wenn die Familie im Mannesstamm ausstirbt, daß das Überleben der Familie von den Männern und ihrer Bedeutung abhängt,“ schreibt Kubrova. „Sie sind es, die den Namen, den Ruf und die Ehre der Familie fortbestehen lassen.“110 Zumindest hier scheint sich am sonst so schwer auszuleuchtenden Wertehimmel des Adels ein Fixstern ausmachen zu lassen. Die höhere Wertschätzung des Mannes präjudiziert in innerfamiliären Konflikten möglicherweise auch die zwangsläufige Abwertung der Frau als unzurechnungsfähigem Problemfall. Gefordert war ein „fügsamer, gerader Charakter“, der die Unterordnung unter die Konventionen nicht in Frage stellte.111 Renegatinnen begaben sich zwangsläufig in eine sozial schwache Position und waren deshalb, so kann vermutet werden, eher die Ausnahme. Viele „schwarze Schafe“, die sich innerhalb des Familienverbandes auf Abwege begaben, wurden möglicherweise schon diszipliniert, noch bevor sich der Konflikt zu einer Krise der Dynastie entwickeln konnte, die schließlich auch außerhalb des fürstlichen Hauses wahrgenommen wurde und sich in den Akten des Hofes oder gar in der veröffentlichten Meinung niederschlug. Wie sahen diese Disziplinarmaßnahmen aus? Wer war an der Lösung des Konfliktes beteiligt? Der Fall Luises von Sachsen-Coburg-Saal-

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feld ermöglicht es, in der Konzentration auf ihre Biografie die Genese einer Ehekrise nachzuzeichnen und sie in ihrer Auswirkung auf die politische und gesellschaftliche Stellung der Dynastie ihres Ehemannes zu beleuchten. Dieser Längsschnitt kann verständlich machen, warum ein abweichendes Verhalten einer Vertreterin des Hochadels nicht lediglich einen bedauerlichen „faux pas“ darstellte, sondern das Gefüge eines auf Herrschaft ausgerichteten Familienverbandes nachhaltig schädigen konnte. Herrschaft wird hier nicht als lineares Konzept verstanden, das sich von oben nach unten, vom Fürsten zum Untertanen fortsetzte, sondern als soziale Praxis, als Erfahrung von Widerständen bei der Durchsetzung dynastischer Konzepte.112 Dabei war die Politik des Hauses immer auch Familienpolitik, an der die Frauen nicht nur durch Heiratsvermittlungen und das Gebären von Nachwuchs beteiligt waren. An der Bewältigung einer Krise, wie sie Luise heraufbeschwor, waren auch die Frauen der Schwieger- und der Herkunftsfamilie wesentlich beteiligt. Die vorliegende Dissertation will zeigen, dass die Regeln, Werte und Normen, die der Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha zu Grunde lagen und die ihren Erfolg im 19. Jahrhundert begründeten, auch von den Frauen des Hauses definiert und mit ihrer Hilfe durchgesetzt wurden. Insofern folgt sie einem Forschungsdesiderat, wie es Sylvia Paletschek formuliert hat, nämlich bezogen auf die neueren Thesen der Adelsforschung zu fragen, in welcher Weise adelige Frauen am „Obenbleiben“ des Adels beteiligt waren.113

1.4. Quellen Eine der wichtigsten Quellen dieser Arbeit ist die Sammlung von Briefen Luises und ihrer Zeitgenossen, die sich im Staatsarchiv Coburg befindet. Die Herzogin war eine fleißige Briefeschreiberin, wie es in hochadeligen Familien durchaus üblich war. Die schriftliche Kommunikation diente dabei nicht nur dem Austausch von Erlebnissen und Meinungen, sie war auch ein probates Mittel, um das soziale Netzwerk, das eine Fürstenfamilie im beginnenden 19. Jahrhundert darstellte, zu festigen. Luise war in lebhaftem Briefwechsel mit Freundinnen und Familienmitgliedern, auch nach ihrer Verbannung vom Coburger Hof im Jahre 1824. Paul von Ebart, der 1903 ein Lebensbild aus diesen nachgelassenen Schreiben erstellte, bemerkte: „Die Briefe Luisens an Auguste von Studnitz [eine Freundin aus Kindertagen] dürften in mehr als einer Hinsicht interessieren. In den frühesten rührt die Reinheit und Unschuld des Fürstenkindes das nachmals so viel Leid erfahren mußte. Einige Briefe der Zwanzigjährigen überraschen durch Gedankentiefe und die Quellen  |

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Lebensweisheit der Briefstellerin. Die späteren Briefe streifen den Roman ihres Lebens, dem eine so kurze Dauer beschieden war.“114 Die Schreiben Luises an Mitglieder ihrer Familie, an ihren Ehemann, ihre Stiefmutter, ihre Schwiegermutter und ihre Schwägerin, zeichnen ein lebhaftes Bild von den Vorgängen am Coburger Hof, wobei gleichermaßen Vorderund Hinterbühne beleuchtet werden. Im sogenannten Koháry-Archiv, das ebenfalls im Staatsarchiv in Coburg lagert, finden sich Briefwechsel von Mitgliedern des Hauses Sachsen-Coburg, in denen auch die Affäre um Herzogin Luise Thema ist. Hier lässt sich die Sichtweise der Schwiegerfamilie ablesen, die versucht, mit dem „Problem Luise“ fertig zu werden. Aus den vorgenannten Quellen zeichnen Josef Dreesen und Gerhard Schnur ihr Porträt Herzogin Luises.115 Eigene Recherchen in dem erwähnten Archiv ergänzen das Bild. Vor allem der sogenannte „Nachlass Höfer“116 erwies sich als interessante Quelle, um die Vorgänge während der „Affäre Panam“ um die angeblichen Memoiren einer Geliebten des Fürsten Ernst I. neu zu bewerten. Sie sind für das Verständnis des Schicksals Luises fundamental, die hineingezogen wird in den Kampf der Coburger Dynastie darum, „oben zu bleiben“. Briefe Ernsts I. an den Botschafter Frankreichs am sächsischen Hof, an den französischen König und an Fürst Metternich belegen, dass die Affäre um die angebliche Geliebte Madam Panam keine interne Angelegenheit des Hauses SachsenCoburg war, sondern weitere diplomatische Kreise zog.117 So ließ der französische Hof die Angelegenheit von einem Juristen prüfen, um die rechtlichen Zusammenhänge einschätzen zu lassen. Die französische Seite kam zum Ergebnis, dass die Eskalation der Affäre dem Fehlverhalten Ernsts geschuldet war. Seine ungeschickte Haltung in den Verhandlungen um den Verbleib und die finanzielle Versorgung seines angeblichen Sohnes, der mit seiner Mutter in Paris lebte, brachte auch den Bruder Leopold gegen den Coburger Herzog auf. Wie tief das Zerwürfnis war, zeigt ein für diese Arbeit zum ersten Mal ausgewertetes Schreiben, in dem Leopold zu der Affäre Stellung nimmt, eigene Verhandlungsstrategien offen legt und gar den Bruch mit dem älteren Bruder androht.118 Herzog Ernst stand unter Druck, sowohl im inneren Familienkreis, als auch in Kreis der Fürsten des Deutschen Bundes. Seine Bemühungen, die Vorgänge um seine angebliche Geliebte und deren Sohn in Paris aufklären zu lassen, führten schließlich zur Anschuldigung gegen Luise, Familieninterna verraten zu haben.119 Um das für eine umfassende Biografie so wichtige historische und gesellschaftspolitische Umfeld mit zu berücksichtigen, wird eine umfangreiche Quellensammlung des Thüringischen Staatsarchivs Gotha in die Betrachtung

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mit einbezogen, die 2009 von Rosemarie Barthel bearbeitet, kommentiert und in den „Friedensteinschen Quellen Nr. 2“ veröffentlicht wurde.120 Aus diesen Dokumenten des Gothaischen Quelleninventars, meist Behördenakten, lässt sich der Bezugsrahmen ablesen, innerhalb dessen die betroffenen Personen agiert haben. Es ist eine höfisch abgezirkelte Welt mit eigenen Zeremonien und Ritualen, die uns heute fremd und manchmal unzugänglich erscheint. Und doch ermöglicht sie in Kombination mit den übrigen Quellen, ein plastisches Bild der Coburger und Gothaer Höfe zu Zeiten Luises zu zeichnen. Die wichtigste Spur, die die ansonsten fast vergessene Herzogin Luise in der Historie hinterlassen hat, ist ihr Sohn Albert, später Prinzgemahl Queen Victorias. Wie ist er mit der Geschichte seiner Mutter, von der er im Alter von fünf Jahren getrennt wurde, umgegangen? Was wusste er von ihrem Schicksal? Wie griff er ein? Diese Fragen sind von den Biografen Prinz Alberts bislang weitestgehend ausgeklammert worden. Zum ersten Mal konnten für die vorliegende Arbeit Dokumente aus den Royal Archives in Windsor Castle gesichtet werden, die sich mit Luise befassen. Albert hatte seine Mutter zeitlebens nicht vergessen, obwohl er persönlich keinen Kontakt mehr zu ihr hatte. Er war in Besitz ihrer letzten Briefe, die sie vom Sterbelager in Paris an ihre Stiefmutter geschrieben hatte. Er hatte sie persönlich archiviert, mit dem in Deutsch geschriebenen Vermerk: „Mamas letzte Briefe an Großmama“. Sie bezeugen die Leiden Luises in ihren letzten Lebenswochen. Luise hat uns kein Tagebuch hinterlassen, in dem sie vielleicht unmittelbarer ihren Gedanken Ausdruck verliehen hätte. Ob sie keines geführt hat, ob es verlorenging oder absichtlich vernichtet wurde, lässt sich aus den vorliegenden Quellen nicht ableiten. Ebenso bleibt ein Briefwechsel mit ihrem Schwager Leopold, dem späteren König Belgiens, unauffindbar, obwohl er existiert haben muss.121 Eine entsprechende Anfrage im Archiv der belgischen Königsfamilie und dem belgischen Nationalarchiv verlief ohne Ergebnis.

Quellen  |

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2. Jugend und Erziehung

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it der Betrachtung der Lebensgeschichte Luises begeben wir uns in den Mikrokosmos der hochadeligen Familien des 19. Jahrhunderts. So heterogen die Konstellationen in den einzelnen Fürstenfamilien auch waren, es gab auch etliche Gemeinsamkeiten. Die meisten Häuser konnten auf eine etwa 1000 Jahre zurückreichende ununterbrochene genealogische Linie verweisen, die ihren Anspruch auf Exklusivität und die Spitzenposition in der Gesellschaft begründete. „Im Kampf des Adels um die Sicherung seiner Position“, so führt Andreas Gestrich aus, „spielte sein ‚Haus‘ – im alten Sinn des Begriffs – eine zentrale Rolle. Seinem Erhalt und seiner Ordnung galt das Interesse des Adels in ganz besonderer Weise.“1 Luise war in dieser weit in die Vergangenheit zurückreichenden Adelslinie nur ein weiteres Glied in einer Kette, die sich nach fürstlichem Verständnis bis in die Unendlichkeit fortsetzen sollte. Ihre Familie, Sachsen-GothaAltenburg, war ein Nebenzweig der Wettiner. Das nach der Burg Wettin an der Saale benannte Geschlecht blickte auf einen 982 gefallenen Ahnherrn mit Namen Dietrich I. als Stammvater zurück.2 Wie alle seine Vorfahren seit dieser Zeit hoffte auch Luises Vater, die Linie seines Hauses mit Heirat und der folgenden Nachkommenschaft fortsetzen zu können. Seit dem 11. Jahrhundert hatte sich der Hochadel in Deutschland zu einer abgeschlossenen Sozialformation entwickelt, innerhalb derer es ein weitverzweigtes Geflecht familiärer Beziehungen gab. Tradition, Ehre und Solidarität bildeten trotz aller Unterschiede eine gemeinsame Basis, eine Kultur des „sozialen Vertrauens“, wie Karina Urbach schreibt.3 Was in den einzelnen Häusern geschah, war für alle Mitglieder dieses abgeschlossenen Zirkels von vitaler Bedeutung, da man nie wissen konnte, welche verwandtschaftlichen Beziehungen sich demnächst ergeben würden. Um ein Eindringen von „unten“ zu verhindern, wurde auf die Partnerwahl größte Sorgfalt gelegt, was den betroffenen Töchtern und Söhnen äußerste Familiendisziplin abverlangte. Die strategische Planung von Heiratsverbindungen spielte in den europäischen Dynastien eine wichtige Rolle, wobei es nicht mehr in erster Linie um den Gewinn von Territorien ging, sondern um die Errichtung von kommunikativen Netzwerken, die, wie Johannes Paulmann ausführt, im Wesentlichen auf von Frauen gelegten Gleisen liefen.4 Die Ehepartnerinnen der regierenden Monarchen bedienten sich dieser Kommunikationslinien, um die Bande zwischen den Sippen nicht abreißen zu lassen, was den Souveränen die Möglichkeit eröffnete, miteinander indirekt zu kommunizieren, ohne sich dabei des diplomatischen oder ministeriellen

Apparates ihrer Staaten bedienen zu müssen.5 Neben einer sorgfältigen Heiratsdiplomatie gehörte zu einer fruchtbaren Haushaltsführung in hochadeligen Kreisen vor allem die nach außen demonstrierte funktionierende Familie. Dabei konnten sich die Verhältnisse auf der Vorder- und auf der Hinterbühne erheblich voneinander unterscheiden, was zu einer im System angelegten Spaltung in einen öffentlichen und einen privaten Menschen führte. Diese Besonderheit fand ihren Ausdruck bis in die Aufteilung der Wohnräume hinein: Repräsentations- und Rückzugsgemächer waren in der Regel streng voneinander getrennt.

2.1. Leben am Hof in Gotha So verhielt es sich auch auf Schloss Friedenstein in Gotha, wo Luise ihre Kinder- und Jugendjahre verbrachte. 1643 war mit seinem Bau begonnen worden, auf einer Anhöhe, die dem Schlossherrn Ernst dem Frommen einen erhabenen Blick über seine in einem Talkessel gelegene Residenzstadt bot. Umgeben von einem nach den strengen Regeln des Barock angelegten Garten erhielt das Schloss eine nach außen schmucklos wirkende Fassade, die den Untertanen die ordnende Hand des väterlichen Fürsten versinnbildlichte. Schloss Friedenstein demonstrierte Macht und protestantische Schlichtheit nach außen, im Innern aber entfaltete es die ganze Pracht barocken Dekors. Sowohl für den regierenden Herzog als auch für die Herzogin waren jeweils Audienzgemächer und Retiraden für den privaten Rückzug vorgesehen. Plastische Stuckdekore und üppige florale Formen beherrschten die repräsentativen Räume seit dem Ende des 17. Jahrhunderts. Über dem Eingangsportal prangte das Motto „Friede Ernehret Unfriede Verzehret“, das nachfolgende Generationen an die Tradition der wettinischen Geschichte erinnern sollte. Macht erwarb man sich nicht durch Kriege, sondern durch geschickte Heirat und liebevolle Pflege von Kunst und Kultur. In Schloss Friedenstein stand Luises Wiege. Am Ende ihres Lebens sollte man der Toten den Weg dorthin zurück verwehren. Luises Geburt war von großer Tragik begleitet. Sie kam am 21. Dezember 1800 auf Schloss Friedenstein zur Welt, als erstes und einziges Kind des späteren Herzogs Emil Leopold August von Sachsen-Gotha-Altenburg.6 Die kleine Prinzessin erhielt die Namen Dorothea Luise Pauline Charlotte Friederike Auguste, wurde aber immer nur Luise genannt. Ihre Mutter, Prinzessin Louise Charlotte von Mecklenburg-Schwerin, galt am Hof als ausgesprochen liebenswerte Persönlichkeit. Besonders geschätzt wurde sie von ihrem Schwiegervater, der sie ausdrücklich in seinem Testament bedachte.7 Leben am Hof in Gotha  |

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Die Geburt Luises war ein Zeichen der Hoffnung für das Fürstenhaus und wurde entsprechend angezeigt. „Die Danksagungsformel zur glücklichen Geburt und die ‚Fürbitte während der sechs Wochen‘ wurde allen Pfarrern des Landes zugestellt. Erstere sollte an dem Sonn- und Feiertag nach dem Empfang desselben, die andere an den darauf folgenden Kirchentagen nach dem allgemeinen Kirchengebet von der Kanzel verlesen werden.“8 Königin Luise von Preußen wurde schriftlich gebeten, die Patenschaft für Luise zu übernehmen.9 Doch schon bald wurden die Dankesgebete abgelöst von tiefer Trauer. Die kleine Prinzessin war gerade zwei Wochen alt, da erkrankte ihre Mutter schwer und starb am 4. Januar 1801, offensichtlich eine Folge der Niederkunft. Auch der Weimarische Hofrat und Leibarzt Professor Stark, der bereits als Geburtshelfer fungiert hatte, konnte Luises Mutter nicht retten. Zu allem Unglück wurde die Trauerfeier für die beliebte Verstorbene noch von einem schweren Unfall überschattet. Einige Zuschauer, die sich auf der Anfahrt zum Schloss drängten, stürzten von einer Brücke hinab. Fünfundzwanzig Menschen wurden verletzt, drei starben. Das herzogliche Haus kam für die Behandlungs- und Beisetzungskosten auf, gegen Vorlage der Quittungen.10 Wie sehr das Herzogtum durch den Tod Louise Charlottes erschüttert wurde, schilderte der Herzoglich-Sachsen-Gothaische Oberhofprediger Wilhelm Friedrich Schäffer in seinem Bericht von der Einsegnung Luises im März 1801. Luises Großmutter Charlotte Amalie, die regierende Herzogin von Gotha, übernahm dabei die Rolle der verstorbenen Mutter. Schäffer notierte: „…diese Einsegnung kostete Thränen, da sie so lebhaft an die beweinte hohe Mutter uns erinnerte, die uns der Tod entrißen hatte. Alles war bey dieser Feyerlichkeit rührend.“11 Glaubt man dem Bericht des Oberhofpredigers, machte Luises Vater August während der Zeremonie aus seiner Trauer kein Hehl. Der frühe Verlust seiner Ehefrau traf ihn tief, da er ihr sehr zugetan gewesen war. 12 Die Geburt Luises konnte darüber nur bedingt hinwegtrösten. Auch aus dynastischen Gesichtspunkten löste das Mädchen nicht Augusts wichtigstes Problem: sie war kein weiteres so dringend benötigtes Glied in der Ahnenkette des Hauses Sachsen-Gotha-Altenburg, da nur männliche Nachkommen die Linie fortführen konnten. August musste sich nach einer neuen Ehefrau umsehen. In der ersten Zeit nach dem Tod ihrer Schwiegertochter überwachte die Großmutter Charlotte Amalie die Pflege der kleinen Luise.13 Wie in hochadeligen Familien üblich, wurde die Versorgung des Kleinkindes von Gouvernan-

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ten übernommen. Eine gewisse Distanz zwischen Eltern und Kindern war von Beginn an üblich und gewünscht. Luises Vater, August, war erst achtundzwanzig Jahre alt, als er Witwer wurde. Er wird als exzentrischer Charakter beschrieben, als selbstbezogener Fürst, der nach seinem Belieben zu leben gewohnt war.14 Dennoch ist den vielen Briefen, die er in späteren Jahren an Luise schrieb, eine für hochadelige Kreise ungewöhnlich innige Beziehung zu seiner Tochter zu entnehmen. Zeitgenossen erschien August als Sonderling, er war ein kunstsinniger Mensch, der Gedichte verfasste und komponierte.15 Überhaupt war der Hof in Gotha bereits im 18. Jahrhundert als überaus liberal und weltoffen bekannt, was mit der Persönlichkeit Luise Dorotheas zusammenhing, der Urgroßmutter Luises, die Schloss Friedenstein zu einem wichtigen geistigen und kulturellen Zentrum Europas gemacht hatte.16 Luises Erziehung war durch die liberale Haltung ihres Vaters geprägt. August Emil Leopold war als zweiter Sohn Herzog Ernst II. und der Prinzessin Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen eigentlich nicht ausersehen, einmal die Regierung Sachsen-Gotha-Altenburgs zu übernehmen. Doch als sein älterer Bruder frühzeitig starb, wurde er Erbprinz. Er studierte in Genf, freundete sich mit Napoleon an und pflegte seine Liebe zur Kunst. Als Landesfürst ließ er Straßen bauen und die Armeneinrichtungen besser ausstatten. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit waren seine Ideale.17 August ließ es an Strenge mangeln und überhäufte seine Tochter mit Zuneigung, erhob sie gar zu einer „kleinen Gottheit“.18 Von der großen Zuneigung des Vaters zu seinem einzigen Kind zeugt ein Gedicht, das August wohl persönlich für Luise verfasste: „Wiegenlied 1 süsses Prinzesschen schlaf ein lächelnd beym zitternden Schein des scheidenden Abendlichts Fürchtend und hoffend noch nichts gewiegt vom geistigen Kuß Träumend vom Himmelsgenuß schlafe, du leibliches ein Lange noch schuldlos und rein

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2 Weit von des Hofes Gewühl dort ist es ängstlich und schwül dort ist es schlüpfrig und kraus dort ist das Gähnen zu Haus Hier kannst du glücklich noch seyn Schlafe Prinzesschen, schlaf ein. 3 Fern von drückendem Zwang Tändle, du kleines noch lang Hier in der Aia Gemach Grüsset dich jeglicher Tag Noch lang in rosigem Schein, süsses Prinzesschen schlaf ein.“19

In der zweiten Strophe des Gedichts drückt sich vor allem Augusts Abscheu gegen die Zustände an fürstlichen Höfen aus. Langweile und Intrigen gehörten dort nach seiner Ansicht zum Alltag, von dem er seine kleine Tochter so lange wie möglich fernhalten wollte. Und dennoch war sie als Spross einer Fürstenfamilie dazu bestimmt, ein höfisches Leben zu führen. Auch wenn Schloss Friedenstein Hort liberaler Gedanken war, die Etikette war strikt und formal. Die strengen Regeln des Zeremoniells bildeten die Eckpfeiler des Zusammenlebens am Hof und prägten Luises Erinnerung an ihre Jugend.20 Ihr Vater August hatte 1804 die Regierung übernommen, verabscheute aber seine fürstlichen Pflichten und fand sein ganzes Glück in der Welt seiner Phantasie. Er hielt Kontakt mit Gelehrten und Schriftstellern, zu denen auch Jean Paul gehörte.21 Napoleon, der mehrmals in Gotha zu Gast war22, bezeichnete den gebildeten Herzog später als geistreichsten Fürsten Deutschlands. Dem gebildeten Vater verdankte Luise offenbar den fließenden Schreibstil und die kluge Darstellungsgabe, die ihre später verfassten Briefe auszeichneten.23 Von 1808 an wurde Luise vom Garnisonsprediger und Direktor des Gothaer Gymnasiums, Professor Ludwig Regel, unterrichtet. Doch alle gelehrsame Bildung konnte ihre überschwängliche Emotionalität nicht dämpfen. Die Umgebung, in der die kleine Prinzessin aufwuchs, war dazu angetan, romantische Züge zu entwickeln. Gotha, das malerische Städtchen am Rande des Thüringer Waldes, wirkte wie eine Kulisse aus den Märchen von Feen und Rittern, die Luises Vorstellungen von Liebe und Ehre prägten.24 Früh erlebte sie den Zwiespalt von höfischer Etikette und einem Überschwang

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der Gefühle, der ihr späteres Schicksal begünstigen sollte. An gewisse Freiheiten gewöhnt, fiel es ihr schwer, sich dem strengen Hofzeremoniell vollends unterzuordnen. Schon als kleines Mädchen schien sie nur allzu bereit, sich von Emotionen leiten zu lassen. Tränen und Freude lagen bei ihr dicht beieinander, wie sich aus einem zeitgenössischen Gedicht einer unbekannten Verfasserin schließen lässt.25 Um die Erziehung seiner Tochter in weibliche Hände zu legen, hatte sich August schon bald nach dem Tod seiner ersten Frau entschlossen, ein zweites Mal zu heiraten. Die Wahl fiel auf die in Hanau geborene Prinzessin Caroline Amalie von Hessen-Kassel.26 Die Trauung fand am 24. April 1802 in Kassel statt. Der Vater der Braut, Landgraf Wilhelm IX., galt als einer der reichsten Fürsten seiner Zeit. Carolines Mutter war eine Tochter des Königs von Dänemark und Norwegen und eine Enkelin König Georges II. von Großbritannien. Trotz ihrer hochadeligen Abstammung war Caroline Amalie wohl keine einnehmende Erscheinung, wie die Malerin Louise Seidler in ihren Lebenserinnerungen festhielt. „Eine gute, wohlwollende, aber nicht eben hervorragende Dame, liebte sie ihren etwa anderthalb Jahr jüngeren Gemahl schwärmerisch, dessen Geist sie anstaunte“, urteilte die Künstlerin.27 Dennoch nahm Caroline Amalie im Leben ihrer Stieftochter bald eine zentrale Rolle ein. Aber auch ihr gelang es nicht, dem Mädchen die im Hochadel so dringend für nötig befundene Affektkontrolle beizubringen. Wie der zeitgenössische Bericht der Malerin Louise Seidler nahelegt, war das Hofleben in Gotha von den Eskapaden Herzog Augusts bestimmt, die der Vorstellung vom Verhalten einer fürstlichen Familie auf der Vorderbühne ihrer Residenz so gar nicht entsprachen. Man sah mit Verwunderung, wie die Regeln des guten Geschmacks immer wieder gebrochen wurden. August beherbergte in seinem Schloss eine ganze Menagerie von Tieren, die er auch in den Repräsentationsräumen duldete, sehr zum Erstaunen seiner Besucher.28 Auf Schloss Friedenstein herrschten offenbar Verwirrung, Disharmonie und eine seltsame Willkür, die für die Vorderbühne eines Fürstenhofs jener Zeit ganz und gar ungewöhnlich waren.

2.2. Soziale Kontakte Von Louise Seidler stammen die wohl unmittelbarsten und lebhaftesten Schilderungen des Lebens an Luises elterlichem Hof. Die Malerin war 1811 von Dresden nach Gotha gekommen, um ihre Tante zu besuchen. Im geselliSoziale Kontakte  |

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gen Haus der Buchhändlerfamilie gingen gelehrte Männer ein und aus und es dauerte nicht lange, bis die in ihrer Zeit bekannte Künstlerin einen Auftrag vom herzoglichen Hof bekam. Sie sollte das Porträt der Fürstenfamilie malen: den regierenden Herzog August, seine zweite Frau Caroline Amalie und die Prinzessin Luise. „Ein lebhaftes, neckisches Wesen, klein, blühend und munter“29, befand Frau Seidler, als sie das Mädchen kennen gelernt hatte. Allerdings missbilligte die gebildete Malerin die Erziehungsmethoden, die sie am Hof beobachten konnte. Eine französische Gouvernante animierte in ihrem Beisein die kleine Prinzessin, den schönen Wachsoldaten im Schlosshof allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Auch die unpassenden Neckereien des Vaters bei Tisch würden auf das junge, leicht empfängliche Gemüt Luises sicherlich keine gute Wirkung haben, befürchtete die Künstlerin.30 Überhaupt schien das ganze Verhalten Augusts seine Gäste gelegentlich in Erstaunen zu versetzen, entsprach es doch nicht dem gängigen Bild eines regierenden Herrschers, der am Hof die uneingeschränkte Autorität war und demzufolge in erster Linie Gehorsam und Unterordnung erwarteten sollte. August schien eher darauf aus, seine Gesellschaften mit sarkastischen und ironischen Bemerkungen zu erheitern. „Dieses größte Original seiner Zeit“31 verblüffte mit spleenigen Einfällen aller Art. Louise Seidler erlebte August als einen eitlen Schönling, sorgsam gepflegt und gekleidet. Er trug eine blonde Perücke nach Pariser Mode, die Finger über und über mit kostbaren Ringen geschmückt, die Arme mit Bändern und Spangen behängt. Sein ganzes Erscheinungsbild hatte etwas Weibisches. Parfüm benutzte er in Massen und liebte es, arglose Zeitgenossen mit dem Inhalt der Flakons zu überschütten.32 August pflegte seine Attitüden und genoss es, die Grenzen des höfischen Zeremoniells, wo es ihm passte, übertreten zu können. Besucher empfing er gelegentlich im Bett liegend, auch wenn es sich um Damen handelte. Das überspannte Verhalten des Herzogs beeindruckte die junge Luise sicher ebenso, wie die ungewöhnliche Ausgestaltung der Wohnräume im Gothaer Schloss. Wenn sie durch den dunkelblauen Salon ihres Vaters schritt, konnte sie seidene Tapeten bewundern, die mit Blumen und Früchten, mit Schmetterlingen und Vögeln bemalt waren. Sicher bemerkte sie auch das lebensgroße Gemälde, das August in mittelalterlicher Tracht darstellte, ein Gänseblümchen als Liebesorakel pflückend. Die Familienverhältnisse am Gothaer Hof entsprachen so gar nicht den gängigen Vorstellungen autoritär-patriarchalischer Strukturen.33 Aus den Schilderungen der Malerin Louise Seidler sprechen Überraschung und Unverständnis. Sie stellte fest, dass am Gothaer Hof offensichtlich etwas nicht stimmte. August sprach und verhielt sich auf der Vorderbühne so, wie es eigentlich nur auf der Hinterbühne erlaubt war. Seine Nach-

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lässigkeit und seine Neckereien widersprachen den erwarteten Normen. Wie wirkte sich das auf die Stimmigkeit des Bildes aus? Eine aufmerksame Beobachterin wie Louise Seidler konnte daraus nur den Schluss ziehen, dass mit August etwas nicht in Ordnung war. Er legte ein regressives Verhalten an den Tag, das ihn nach dem Urteil der damaligen Zeit zu einem fragwürdigen Vorbild machte. Seine Tochter, die er eigentlich auf ein Leben an einem anderen, möglicherweise strengeren Fürstenhof vorbereiten musste, würde diese Eindrücke aus dem Elternhaus mit in ihre künftige Ehe nehmen. Die kleine Luise wuchs in einem Reich auf, das der überschwänglichen Phantasie ihres Vaters entsprungen war und in dem sie als privilegiertes Einzelkind eine Sonderrolle inne hatte. Insofern konnte man auch nicht voraussetzen, dass sie in der Gesellschaft Gleichaltriger ein den Normen angemessenes Sozialverhalten einüben konnte. Besuch bekam sie gelegentlich bei Kinderbällen zu ihrem Geburtstag, wo sie an der Tafel mit ausgewählten adeligen und bürgerlichen Kindern wahrscheinlich ebenfalls eine hervorgehobene Position einnahm.34 In einer solchen Umgebung konnte Luise kaum lernen, was sich für eine Person ihres Standes „schickte“, was Affektkontrolle bedeutete. Trotz aller Sonderlichkeiten – der Hof in Gotha funktionierte, wie auch Louise Seidler feststellen konnte: „Um die Regierung kümmerte sich Herzog August wenig; diese war lediglich seinen trefflichen Ministern überlassen. Das Land befand sich dabei sehr wohl, besonders blühte die Residenzstadt Gotha, welche unter ihm ein glänzender Mittelpunkt geistreicher Geselligkeit blieb; die Hofhaltung war prachtvoll, immerwährend verweilte Besuch von fremden Fürstlichkeiten und ausgezeichneten Personen aller Art in dem gegenwärtig so stillen Orte. Die Erinnerung an jene glanzvollen Tage hat sich im Gedächtnis der Bürger von Gotha lange erhalten, denn Herzog August war trotz seiner vielen Schrullen doch von seinen Untertanen aufrichtig geliebt worden.“35 Der Schriftsteller Jean Paul sah ihn kritischer und bezeichnete ihn als einen „personificierten Nebel“, als Dichter ohne Herz.36 Julie von Zerzog37, eine Freundin Luises, machte diese zwiespältigen Jugendeindrücke der Prinzessin am väterlichen Hof für deren späteres Schicksal verantwortlich: „Manches unbedachtsame Wort verletzte an dem Hofe ihres Vaters das Ohr der jungen Luise und drückte sich mit der Macht der Eindrücke dieser Jahre ihrer äußerst lebhaften Phantasie tief ein. Sie hörte so manches mit Leichtigkeit behandeln, welches ihr ernst bleiben sollte, daß es diesem äußerst lebhaften Wesen wohl zu vergeben war, wenn schon damals zu manchen späteren Handlungen ihres Lebens der Grund gelegt wurde.“38 Soziale Kontakte  |

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Julie von Zerzogs Denkschrift für ihre Freundin Luise ist geprägt von Sympathie und Verständnis und von dem Bemühen, für die Nachwelt ein positives und einnehmendes Bild der in Ungnade gefallenen Herzogin zu zeichnen. „Die liebliche Freundlichkeit ihrer Züge, die Heiterkeit ihres ganzen Wesens prägte sich mir unvergeßlich ein“, resümierte Julie. „War es möglich, sie nicht zu lieben, und konnte man sie lieben und vergessen?“39 An Liebe und Fürsorge schien es der kleinen Luise am heimatlichen Hof nicht gemangelt zu haben. Julie von Zerzog beschrieb, wie sehr es der Vater genoss, die Tochter in den Erholungsstunden um sich zu haben und wie sehr er sie mit Nachsicht behandelte. Auch die Stiefmutter Caroline Amalie bemühte sich um einen vertrauensvollen Umgang mit der Prinzessin, allerdings lag die direkte Erziehung wie üblich in den Händen von Gouvernanten.40 Nach Julies Betrachtungen hatte der Vater dennoch einen prägenden Einfluss auf die junge Prinzessin, nicht zum Positiven, wie sie befand: „Luise erlangte durch die Liebe ihres Vaters auch die Gewohnheit, in vielen Dingen ihren Willen durchzusetzen und eine gewisse Unabhängigkeit, welche nicht für jede Erfahrung des weiblichen Lebens passt. Ihr lebhaftes reitzbares Wesen und ihre Beschäftigung mit phantastisch-poetischen Lettern hinterließ bey ihr etwas deklamatorisches, welches veranlasste, daß man ihr in einzelnen Fällen Verstellungsgabe Schuld gab. (…) Luise war wie alle Phantasiemenschen am wenigsten fähig, Verstellung auszuüben. Mit jugendlicher Leichtigkeit gab sie offen die auf sie gemachten Eindrücke wieder, und wenn sie täuschte, so täuschte sie nur sich selbst.“41 Sicher war Julie als Freundin voreingenommen und versuchte, das Andenken Luises in ein positives Licht zu rücken. Dennoch treten in diesen Schilderungen die Wesenszüge der Prinzessin deutlich zu Tage und wecken eine Ahnung, weshalb sie in späteren Jahren in einem strengeren Umfeld Anstoß erregte. Bei der Bewertung der Schilderungen Julies darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sie auf Erzählungen Luises beruhen, denn die Wege der beiden Frauen kreuzten sich in der Jugend nur kurz. Erst später, im Exil von St. Wendel, verbrachten sie mehr Zeit miteinander. Aber auch andere Zeitgenossen zeichneten ein ähnliches Bild, daher scheint es berechtigt, von Luise als einem romantischen, unbedarften Wesen zu sprechen, das mit einem willensstarken Charakter ausgestattet war.42 Ihre einzige enge Freundin in ihren Jugendjahren in Gotha war Auguste von Studnitz, die älteste Tochter des Oberkonsistorial-Präsidenten August von Studnitz, die sie liebte wie eine Schwester. Zwischen den beiden fast gleichaltrigen Mädchen entwickelte sich ein enges Vertrauensverhältnis, das zeitlebens Bestand hatte und das sich in einem offenen schriftlichen Gedankenaustausch ausdrückte, von dem allerdings nur Luises Briefe erhalten sind.

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2.3. Eheanbahnung Luise blieb das einzige Kind des letzten Herzogs von Sachsen-Gotha-Altenburg. Im Falle einer Vermählung würde sie das Territorium des Fürstentums mit in die Ehe bringen, außerdem ein bereits ansehnliches Privatvermögen aus Erbschaften. Am 26. August 1815 wurde Luise in der Kapelle von Schloss Friedenstein konfirmiert. Damit war sie im heiratsfähigen Alter und eine attraktive Partie für einen ebenbürtigen Bewerber aus dem Hochadel.43 „Lieblich an Körper und Seele, witzig und doch voll freundlicher Gutmüthigkeit, und zugleich einzige Erbin eines ungeheuren Allodialvermögens, wie konnte Herzogin Luise lange unvermählt bleiben?“, stellte Julie von Zerzog fest.44 Doch es waren eben diese von ihr beschriebenen Wesenszüge, die einer anderen Vertrauten Luises im Hinblick auf eine bevorstehende Verlobung tiefe Sorgen bereiteten. Charlotte von Bock, eine der Erzieherinnen Luises, dachte bereits 1816 mit schlimmen Vorahnungen an eine mögliche Verheiratung der Prinzessin.45 Offensichtlich war sie noch nicht gereift genug, um sich den strengen Regeln des höfischen Zeremoniells zu unterwerfen, sie war emotional und überschwänglich und neigte gelegentlich auch zur Frivolität, wie die Erzieherin tadelnd feststellte.46 Herzensangelegenheiten schien sie mit einiger Naivität zu betrachten, was Charlotte von Bock zu einer Bemerkung verleitete, die ein Schlaglicht auf die Gepflogenheiten in den ehelichen Beziehungen warf: „… wird sie der Mann, der nun ihr Glück auf ein ganzes Menschenleben begründen soll, auch auf das ganze Menschenleben fesseln? L[o]uise bedarf viel Liebe, ihr Herz muß festgehalten, stets beschäftigt bleiben. Eine vorübergehende Neigung – nur der Gedanke eines Vorzugs einer andern, auch nur Momentan, würde das bestimmte Unglück in die Ehe bringen. Ach! Und wie selten sind heut zu Tage die Männer, die der Gefährtin die Treue bewahren?“47 Es waren beinahe prophetische Worte, doch das spätere Schicksal Luises sollte die schlimmsten Befürchtungen der Gouvernante noch übertreffen. Auch Luises Vater August war sich bewusst, dass seine geliebte einzige Tochter „Viva“, wie er sie zu nennen pflegte, einen vielschichtigen Charakter besaß. Er erkannte ihre Klugheit an, sah aber auch, wie verwöhnt und reizbar sie war. Dass er sie seit Kindertagen vergöttert hatte, schien bei ihr eine Neigung zur Eitelkeit geweckt zu haben. Luise hielt sich offenbar in ihrer entzückend direkten und verführerischen Art für unwiderstehlich.48 Folgt man dieser Schilderung ihrer Persönlichkeit, fehlte der noch unerfahrenen Prinzessin die wichtigste Grundvoraussetzung, die adelige Mädchen im Hofleben aufweisen mussten: körperliche und geistige Affektkontrolle. Von den Frauen Eheanbahnung  |

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der höfischen Gesellschaft wurde perfekte Repräsentation erwartet, die über äußere Schönheit, gefällige Kleidung und gepflegte Konversation hinausging. So war es unschicklich, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen, da ein solches Verhalten den am Hof üblichen Intrigen und Rivalitäten gefährlichen Vorschub leisten konnte.49 Im elterlichen Haus fielen die charakterlichen „Mängel“ Luises dank der Nachsicht ihres Vaters nicht ins Gewicht, doch mit einer Heirat würde Luise das schützende Schloss Friedenstein verlassen und sich den Anforderungen und Erwartungen ihrer Schwiegerfamilie anpassen müssen. Etwas anderes als eine Ehe mit einem standesgemäßen Sprössling aus dem europäischen Hochadel kam für eine Prinzessin von Luises Rang nicht in Frage, auch wenn sie für einen solchen Schritt noch recht jung war. Adelige Frauen heirateten zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Regel mit fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahren.50 Der Eheschließung ging eine aufwändige Prozedur der Partnersuche voraus, die vor allem während der jährlichen Ballsaison bei Hofe stattfand.51 Gesellschaftliches Ansehen konnte eine Frau nur durch die Ehe erreichen. Entsprechend groß war der Druck, sich zu vermählen. Das Ideal der Liebesheirat hatte sich als bürgerliche Idee auch bis in adelige Kreise vorgeschoben, war allerdings nicht die Regel. Dennoch schien dieser Wunsch auch in den Köpfen junger Adelsfrauen seinen Platz zu finden. Doch oft hatten die Ehepartner, die aus rein standesgemäßen Erwägungen zusammengeführt worden waren, wenig gemeinsam. War die Pflicht der Kinderzeugung erfüllt, war es nicht ungewöhnlich, dass sich die Paare in unterschiedlichen Bekanntenkreisen bewegten. Eine unglückliche Ehe wurde als große Last empfunden, aus der sich adelige Frauen leichter befreien konnten, als bürgerliche, da sie auf die Versorgung durch ihre Herkunftsfamilie hoffen konnten, wie Sylvia Paletschek in ihrem Aufsatz über adelige und bürgerliche Frauen ausführt.52 Luise war gerade fünfzehn Jahre alt, als Zarin Elisabeth von Russland, die deutsche Frau Alexanders I., Gotha besuchte. Zu diesem Anlass wurde auch Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld (später Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha) auf Schloss Friedenstein eingeladen, denn die familiäre Verbindung der Sachsen-Coburger zum russischen Hof war eng. Im Jahr 1795 hatte Zarin Katharina die Große eine Braut für ihren Enkel Konstantin gesucht. Da sie den Coburger Reichsfeldmarschall Prinz Friedrich Josias in guter Erinnerung hatte, hielt sie am Coburger Hof nach geeigneten Prinzessinnen Ausschau. Erbprinzessin Auguste, die Mutter Ernsts, reiste daraufhin mit ihren drei heiratsfähigen Töchtern nach St. Petersburg, um diese am Zarenhof vorzustellen. Die beschwerliche Reise mit der Pferdekutsche dauerte vier Monate.

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Schließlich wurde die erst vierzehn Jahre alte Juliane zur Braut Konstantins bestimmt. Die Ehe verlief unglücklich und wurde später geschieden, allerdings spülte sie mehrere zehntausend Rubel in die Familienkasse der Coburger. Mit dieser Verbindung war der Grundstein einer Heiratspolitik gelegt, die Auguste mit viel Akribie verfolgte und die das Haus Sachsen-Coburg und Gotha schließlich zu einer der führenden Familien an europäischen Königshöfen im 19. Jahrhundert machen sollte. Während Richard Sotnick in seiner Darstellung der Dynastie von einer „Coburg Conspiracy“ ausgeht und eine Art gedanklichen „Masterplan“ für die Durchdringung des europäischen Hochadels durch die Coburger Fürstenfamilie vermutet53, stand dahinter wohl eher Augustes ausgeprägter Sinn für Pragmatismus und der Ehrgeiz, das verschuldete Herrscherhaus am Leben zu erhalten. Wie weit sie in der Verfolgung ihrer Pläne ging, zeigte die arrangierte Ehe zwischen Juliane und Konstantin, denn der Bräutigam war schon zuvor als sadistisch und brutal bekannt. Trotzdem lieferte Auguste ihre Tochter dieser Verbindung aus, in der sie dann auch Schläge und Erniedrigungen erfuhr. Die Wahl Katharinas der Großen war angeblich auf Juliane gefallen, weil diese bei der Ankunft „würdevoll“ aus der Kutsche gestiegen sei, während ihre Schwestern darin ungeschickt gewirkt hätten.54 Anlässlich des Besuchs der Zarin Elisabeth in Gotha konnte sich der regierende Coburger Herzog Ernst seinen Wettiner Verwandten auf Schloss Friedenstein als ein möglicher Heiratskandidat für Prinzessin Luise präsentieren. Der Gast aus Coburg, der seit einiger Zeit auf Brautschau war, musste sich in dieser beeindruckenden höfischen Kulisse nicht verstecken. Ernst war ein selbstbewusster Mann, wie sein Porträt verrät. Es zeigt einen hoch gewachsenen stolzen Fürsten, in mit Orden reich geschmückter Galauniform.55 Obwohl er nicht mehr ganz jung war, musste er Luise erschienen sein wie der Ritter aus ihren romantischen Träumen. Sie sah einen in allen Dingen des Lebens erfahrenen Mann vor sich, der allerdings nicht nur die nötigen Insignien der Macht vorzuweisen hatte, sondern auch dunkle Geheimnisse mit sich trug. Vor allem aber drückten ihn gewaltige Geldsorgen. Nach der Übernahme der Regierung hatte Ernst, trotz schlechter Staatsfinanzen, umfangreiche Umbauarbeiten in Coburg veranlasst. Besonders das Residenzschloss Ehrenburg sollte als Ort der Repräsentation beeindrucken.56 Bereits bei seinem zweiten Besuch am Hof in Gotha hielt er 1816 um Luises Hand an. Sie war reich, jung und leicht zu kontrollieren – diese Verbindung passte perfekt in sein Kalkül. Eheanbahnung  |

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Ernst entstammte wie Luise der ernestinischen Linie der Wettiner.57 Er war am 2. Januar 1784 in Coburg zur Welt gekommen, als erster Sohn des Erbprinzen Franz Friedrich Anton von Sachsen-Coburg-Saalfeld und der Erbprinzessin Auguste Caroline Sophie, geborene Gräfin Reuß zu Ebersdorf. Ernst hatte acht Geschwister: Sophie, Antoinette, Juliane, Victoria (Victoire), Marianne Charlotte, Ferdinand, Leopold und Maximilian. Marianne und Maximilian starben im Kindesalter. Besonders erwähnenswert sind Victoire und Leopold: Victoire heiratete in zweiter Ehe Edward von Kent und war die Mutter der späteren Königin Victoria von Großbritannien, Leopold wurde 1831 König der Belgier und spielte in der Geschichte um Ernst und Luise, aber auch bei der Vermählung seines Neffen Albert mit seiner Nichte Victoria eine entscheidende Rolle.58 Die ernestinischen Fürstentümer waren in ihrer Geschichte mehrfach erbbedingten Teilungen unterworfen gewesen, was zu einem Flickenteppich kleinerer Territorien geführt hatte. Mit seinem „Spielzeugformat“ passte das Coburger Herzogtum ins Gesamtbild des kleinteiligen Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Eine Verfassung im formellen Sinne gab es nicht, zahlreiche Übereinkünfte und Privilegien regelten die Staatsgeschäfte.59 Im Jahr 1800 lebten 44.781 Menschen auf 945 km², damit war Sachsen-Coburg-Saalfeld das zweitkleinste der fünf sächsischen Fürstentümer. Wie klein auch immer, die Fürsten waren in ihrer Machtausübung äußerst selbstbewusst. Das Reich war eine Ansammlung von Territorien, in denen jeder Prinz in völliger Freiheit regieren konnte, seine Autorität war nur eingeschränkt durch dessen Gesetze und Gewohnheiten.60 Derart unübersichtliche Zuständigkeiten führten nicht selten zu Streitigkeiten und Verwirrungen, hatten aber auch einen nicht von der Hand zu weisenden positiven Nebeneffekt, wie der Historiker Tim Blanning feststellt. Die Deutschen in jener Zeit, so nahm man gemeinhin an, seien unpolitische Kreaturen, zufrieden damit, ihre bescheidene Existenz unter der wenig kraftvollen Führung ihres Prinzen zu fristen. Doch in Wahrheit, so meint Blanning, verhielt es sich genau umgekehrt. Dank der zersplitterten Autoritäten waren die meisten Deutschen näher an der Ausübung der Macht und aktiver eingebunden, als andere europäische Völker, die Briten eingeschlossen. Auch wenn es dabei nie demokratisch zuging, sondern die Herrschaft immer oligarchisch oder aristokratisch geprägt war, so war sie doch bis tief in die Wurzeln der Gesellschaft hinein zu spüren.61 Im sogenannten Coburger „Wendejahr“ 1800, dem Beginn der Regierungzeit von Franz Friedrich Anton, dem Vater Ernsts, wurden die Staatsgeschäfte

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neu geordnet. Um mehr Muse für seine Kunstsammlung zu haben, stellte Franz den preußischen Verwaltungsfachmann Theodor Konrad von Kretschmann als Minister ein, der ein auf ihn zugeschnittenes Verwaltungssystem schuf und mit einer grundlegenden Reform begann. In deren Folge kam es immer wieder zu Tumulten in der Bevölkerung, die für den Herzog durchaus bedrohliche Ausmaße annehmen und nur mit Hilfe kursächsischer oder bayerischer Truppen niedergeschlagen werden konnten.62 Diese Vorkommnisse zeigten, dass die Coburger Untertanen tatsächlich keine unpolitischen Marionetten waren und ihre Meinung lautstark und tatkräftig vertraten. In den folgenden Jahren durchlebte das thüringische Herzogtum im Schatten der napoleonischen Eroberungsfeldzüge und der politischen Neuordnung Mitteleuropas eine Zeit der Umorientierung. Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im August 1806 hatten die Herzöge und Fürsten ihre volle Souveränität erhalten, auch Sachsen-Coburg-Saalfeld. Allerdings zählte es weiter zu den unbedeutenderen Staaten und befand sich am Rande des Bankrotts.63 Die geopolitische Lage Coburgs war denkbar ungünstig, denn Napoleon nutzte die Thüringer Lande als Truppendurchzugsgebiet. Die Bevölkerung bekam seine Militärtaktik unmittelbar zu spüren. Die französischen Soldaten ernährten sich von dem, was sie auf ihrem Weg fanden oder sich aneignen konnten. Anders als die unbeweglichen Truppen des Ancien Régime mit ihrem großen Tross waren Napoleons Soldaten mit dieser Methode wendiger und schneller. Doch dabei hinterließen sie verbrannte Erde. Auch die Coburger mussten bei ihrer Anwesenheit mit Plünderungen rechnen.64 Und es gab noch einen anderen Grund, den Unmut des französischen Kaisers zu fürchten. In den Wirren nach der Revolution von 1789 hatten sich politisch Verfolgte aus Paris nach Coburg geflüchtet und sich dort ansiedeln dürfen. Diese Emigranten weckten das Misstrauen Napoleons, der in ihren Kreisen einen Hort der Reaktion vermutete. Infolge dessen hielt er ein wachsames Auge auf die Vorgänge im Fürstentum.65 Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld beobachtete die Entwicklungen ebenfalls aus der Entfernung. Er befand sich im Hauptquartier des preußischen Monarchen in Königsberg. Das Jahr 1806 hielt für den zweiundzwanzig Jahre alten Erbprinzen einige Schicksalsschläge bereit. Zunächst erkrankte er an Typhus, im Oktober erfuhr er von der vernichtenden Niederlage Preußens in der Schlacht bei Jena und Auerstedt und im Dezember starb sein Vater in Coburg.66 Formell war Ernst nun das dritte Staatsoberhaupt dieses Namens im Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld. Da er noch immer abwesend war, führte seine Mutter, die resolute Herzogin-Witwe Auguste, die Staatsgeschäfte. Sie verließ sich auf die Ratschläge des Staatsministers Theodor von Eheanbahnung  |

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Kretschmann, der im Lichte der neuen Kräfteverteilung zu einem raschen Zeichen an Napoleon riet. Er empfahl den Beitritt zum Rheinbund, dem Zusammenschluss deutscher Fürsten, die sich vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation losgesagt und zur militärischen Unterstützung Napoleons verpflichtet hatten.67 Die wirtschaftlichen Bedingungen in Coburg hatten sich weiter verschlechtert, was zur Folge hatte, dass nach dem Beitritt zum Rheinbund 1806 ein französischer Gouverneur vorübergehend die Verwaltung des Herzogtums Sachsen-Coburg-Saalfeld übernahm.68 Nach der katastrophalen Niederlage Preußens hoffte auch Ernst III., wie viele Rheinbundfürsten, bei der anstehenden Neuordnung der Territorien auf einen Gebietsgewinn. Am 18. Juli 1807 reiste er nach Dresden, um Napoleon während einer Audienz seine Ansprüche vorzutragen. Erst nach dem Friedensschluss von Tilsit erhielt das Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld erneut seine Souveränität zurück, jedoch ohne eine Gebieterweiterung erzielt zu haben.69 Mit seiner Krönung zum Kaiser im Jahr 1804 hatte Napoleon seine Familie im europäischen Hochadel etabliert, allerdings war er sich darüber im Klaren, dass er zur Anerkennung seiner Ebenbürtigkeit das Wohlwollen der alten europäischen Dynastien benötigte.70 Während Ernst noch davon ausgehen konnte, dabei ohne Ansehen seiner tatsächlichen politischen Macht und seiner finanziellen Möglichkeiten als gleichberechtigter Souverän akzeptiert zu werden, machte Napoleon deutliche Unterschiede. Dem letzten Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Karl Theodor von Dalberg, offenbarte er 1807, was er von den unbedeutenden Kleinfürsten hielt: „Ich verrate Ihnen mein Geheimnis“, verkündete Napoleon. „Die unbedeutenden deutschen Prinzen möchten gerne vor den mächtigeren beschützt werden, diese aber belieben, so zu regieren, wie sie es für richtig halten. Mir aber ist nur an deutschen Söldnern und deutschem Geld gelegen. Das können nur die bedeutenden Prinzen liefern, deshalb lasse ich diese in Frieden, und ihre geringere Beute muss das beste daraus machen.“71 Nach einjähriger Abwesenheit konnte Ernst in sein Fürstentum zurückkehren, was er vor allem der Fürsprache seines angeheirateten Verwandten, Zar Alexander von Russland, bei Napoleon zu verdanken hatte.72 Diese Welle der Unterstützung wollte der Coburger nutzen, um erneut seine Gebietsforderungen vorzutragen, wobei sich sein Begehr vor allem auf das ehemals preußische Fürstentum Bayreuth konzentrierte, das nun unter französischer Herrschaft stand.73 Als erster deutscher Fürst aus einem sächsischen Haus machte Ernst Napoleon in Paris seine Aufwartung. Begleitet von seinem Bruder Leopold reiste er Anfang Oktober 1807 in die französische Hauptstadt. Monatelang warteten sie auf eine entscheidende Audienz beim Kaiser, der zunächst

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unverbindlich blieb und schließlich die Coburger Forderungen ablehnte.74 Bayreuth fiel 1810 an Bayern.75 Für Ernst endete sein lang andauernder Aufenthalt in Paris nicht nur mit einer politischen Enttäuschung. Während der Wartezeit hatte er ein Verhältnis mit einer Schauspielerin begonnen, das zunächst harmlos schien, ihn später aber schwer belasten sollte.76 Prekäre finanzielle Verhältnisse, die an Armut grenzten, kannte Ernst seit seiner Jugend. Seine Großmutter, Sophia Antonia, eine geborene Prinzessin aus dem Haus Braunschweig und Schwester der Königinnen von Preußen und Dänemark, hatte durch ihre extravagante Hofhaltung Schulden in Höhe von rund einer Million Taler angehäuft. Eine Bürde, die auch die nächste Generation noch belastete. Karoline Bauer, eine Jugendfreundin der Coburger Prinzen, erinnerte sich in ihren Memoiren an einen Vorfall, der zeigt, wie sehr die herzogliche Familie auf Sparsamkeit achtete. Prinzessin Antoinette hatte beim Spielen ihr einziges Sonntagskleid zerrissen und fürchtete sich so sehr davor, ihrer Mutter Auguste unter die Augen zu treten, dass sie in Tränen ausbrach. Die kleine Karoline wusste Rat. Sie besorgte Nadel und Faden und behob das Malheur.77 Herzogin Auguste (1757–1831) war von schmaler Statur, besaß aber einen entschlossenen Willen. Weniger schön, als beeindruckend, vererbte sie ihre klassischen Gesichtzüge mit der charakteristischen langen Nase an ihre Nachkommen. Mit allen ihr gebotenen Mitteln versuchte sie, den ständig drohenden Bankrott des Herzogtums aufzuhalten. Ihr Faustpfand im Kampf gegen den Untergang waren ihre Kinder. Früh begann sie, in ganz Europa nach passenden Partien Ausschau zu halten und legte mit ihrer geschickt betriebenen Heiratspolitik den Grundstein zum Aufstieg der Coburger Dynastie zu einem der bestvernetzten Fürstenhäuser in Europa. Coburger Wurzeln finden sich in zahlreichen Monarchien: in Großbritannien78, Schweden, Belgien, Bulgarien, Russland und Portugal. In Augustes Tagebüchern, die im Coburger Staatsarchiv aufbewahrt werden, lassen sich ihre Gedanken zu den Beziehungen ihrer Kinder nachlesen. Ihre ständige Sorge galt den wirtschaftlichen Verhältnissen, die durch die lange Anwesenheit französischer Truppen im Land, die mitnahmen, was sich an landwirtschaftlichen Erzeugnissen bot, noch verschärft worden waren. Dank der engen verwandtschaftlichen Kontakte zum russischen Zarenhof erhöhte sich die Kreditwürdigkeit der Coburger bei den deutschen Bankhäusern, und Augustes Ehemann Franz entwickelte Pläne zur wirtschaftlichen und politischen Umstrukturierung des Herzogtums. Trotz kurzer Regierungszeit (1800–1806) konnte er eine vorsichtige Modernisierung auf Eheanbahnung  |

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den Weg bringen, wie Thomas Nicklas in seiner Geschichte des Hauses Sachsen-Coburg bemerkt.79 Nachdem Ernst III. das Amt von seinem Vater übernommen hatte, gehörte Augustes ganze Loyalität ihrem ältesten Sohn. Ihrem paternalistischen Denken entsprechend sah sie in ihm den absoluten Souverän und das Oberhaupt der Familie. Er beherrschte die Vorderbühne. Ihr Einfluss spielte sich auf der Hinterbühne ab, als gewichtige moralische Instanz. Auguste prägte die Coburger Signatur über Jahrzehnte hinweg, indem sie ständigen Briefkontakt mit ihren über ganz Europa verstreuten Kindern und Schwiegerkindern pflegte und deren Geschicke lenkte. Anhand ihrer Reisetagebücher ist nachvollziehbar, wie sich das Coburger Netzwerk von 1810 bis 1831 ausbreitete.80 Augustes Besuche bei Verwandten und Bekannten in der Schweiz, in Prag, in England und in Belgien sorgten für den engen Zusammenhalt der Familie. Wie Karina Urbach feststellt, lässt sich diese Strategie durchaus vergleichen mit den Gepflogenheiten international operierender Business-Familien, die bewiesen hatten, dass man schlicht dem gesunden Menschenverstand folgte, wenn man Angehörige in anderen Ländern platzierte. Sie galten als günstigste Alternative, Handel zu treiben und an Informationen zu gelangen. Außerdem ging es um Verlässlichkeit: innerhalb einer Familie herrschte eine Kultur der Solidarität, ein soziales Vertrauen, das auf den gemeinsamen Traditionen und der Ehre des Familienverbandes gründete. 81 In diesem Sinne war Auguste eine erfolgreiche Netzwerkerin, die die Basis zu einem bis ins 20. Jahrhundert reichenden familiären „diplomatischen Dienst“ der Coburger legte. Der modus operandi war fortschrittlich und sicherte der Dynastie im Kampf darum, oben zu bleiben, einen Spitzenplatz. Ging es um die Familienehre, war Auguste fest in den paternalistischen Strukturen des 18. Jahrhunderts verhaftet und entschieden parteiisch. Sie übte Nachsicht mit den Fehltritten ihrer Söhne, verurteilte nicht deren außereheliche Beziehungen, so wie sie auch stets über die Affären ihres Ehemannes hinweg gesehen hatte.82 Sie schritt aber ein, wo sie das Wohl des Hauses Sachsen-CoburgSaalfeld bedroht sah. Neuen Ideen, die nicht ihrem streng hierarchischen Denken entsprachen, stand sie misstrauisch gegenüber, was ihre künftige Schwiegertochter Luise bald nach der Hochzeit zu spüren bekommen sollte.

2.4. Heiratsdiplomatie Seit 1808 verfolgte Ernst zwei wichtige Pläne, die ihm zu mehr Macht und Ansehen verhelfen sollten. Den Traum, ein größeres Herrschaftsgebiet zu

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erhalten, hatte er noch immer nicht aufgegeben und erhoffte sich erneut Unterstützung vom russischen Zarenhof. Im August 1808 machte er sich auf die weite und beschwerliche Reise nach St. Petersburg, die auch ein weiteres Problem Ernsts lösen sollte, der bislang vergeblich auf der Suche nach der passenden Gemahlin war. Der Herzog hatte ein Auge auf die Schwester des Zaren geworfen, die erst vierzehn Jahre alte Anna Pawlowna. Eine Verbindung, die seine Vorliebe für junge Frauen ebenso befriedigen würde, wie den Wunsch der Coburger, noch engere Familienbande mit europäischen Fürstenhöfen zu knüpfen. Das Paar verlobte sich, doch bereits im Jahr 1812 wurde die Verbindung wieder gelöst.83 Zur gleichen Zeit marschierten erneut französische Truppen durch das Coburger Land. Der Feldzug der „Großen Armee“ Napoleons gegen Russland hatte begonnen. Militärbündnisse mit Preußen und Österreich schützten die Flanken und so konnte Napoleon im Oktober 1812 nach Moskau vorstoßen. Wieder hatte sich für das kleine Coburger Herzogtum eine prekäre politische Lage ergeben. Als Fürst des Rheinbundes war Ernst zu einer Koalition mit Napoleon gezwungen, in Folge dessen wurden fünfhundert Coburger Soldaten zum Kampf gegen Russland nach Ostpreußen verschifft.84 Als Napoleons Feldzug im Winter 1812 zu scheitern drohte, war es auch für den Coburger Herzog an der Zeit, die Seite zu wechseln. Preußen und später Österreich erhoben sich gegen den französischen Machthaber. Die Rheinbund-Fürsten hielten sich zunächst zurück, doch Ernst bewies politisches Gespür. Unmittelbar nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 vollzog er die Wende – er war der erste Fürst, der das Bündnis mit Napoleon verließ und sich damit an die Seite der Sieger stellte. Zum Lohn übertrug ihm die Koalition den Oberbefehl über das 30.000 Mann starke 5. Armeecorps, das ab Januar 1814 die napoleonische Bastion in Mainz im französischen Departement Donnersberg belagerte. Siegreich zog Ernst am 4. Mai in die Festung Mainz ein und wurde zu deren Gouverneur ernannt.85 Mit neuem Selbstbewusstsein ausgestattet, schöpfte Ernst wieder Mut, seine Aufstiegspläne weiter zu verfolgen. Nach wie vor war das Coburger Herzogtum beim Frankfurter Bankhaus Rothschild hoch verschuldet, eine finanziell lukrative Heirat schien somit die einzig denkbare Rettung. 86 Voller Hoffnung, dass auch ihm bei der Neuordnung Mitteleuropas endlich der erhoffte Gebietsgewinn glücken würde, besuchte Ernst mit seinen Brüdern Leopold und Ferdinand von September 1814 an den Wiener Kongress. Doch sein Traum eines Großsachsens unter Coburger Führung verwirklichte sich nicht. Er musste sich mit dem kleinen Fürstentum Lichtenberg als Entschädigung zufrieden geben.87 Das Gebiet um St. Wendel umfasste 464 qkm und Heiratsdiplomatie  |

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hatte 22.000 Untertanen, nicht ausreichend für eine finanzielle Entlastung der Coburger, die 1815 erneut nach dem Aufflammen des Krieges von Truppendurchmärschen und Einquartierungen und den damit verbundenen Belastungen betroffen waren.88 Auch nach Ende des Wiener Kongresses hielt sich Ernst in Paris auf und begann ein Verhältnis mit der 18-jährigen Sophie Fermepin, die weder ebenbürtig war, noch aus finanzieller Sicht als interessante Heiratskandidatin in Betracht kam.89 Ernsts Geschwister gingen in der Zwischenzeit Ehebündnisse ein, die für das Prestige der Coburger von immenser Bedeutung waren. Ferdinand wurde am 30. November 1815 in Wien mit Antonie von Koháry (Toni) verheiratet. Sie war nicht nur schön, sondern auch Erbin des reichen Prinzen Franz Josef von Koháry. Da Toni katholisch war, konvertierte Ferdinand und die gemeinsamen Kinder wurden im katholischen Glauben erzogen. Ihr ältester Sohn Ferdinand heiratete 1836 Maria II. von Portugal und wurde nach der Geburt des ersten Sohnes zum Titularkönig (1837) ernannt.90 Ernsts jüngstem Bruder Leopold gelang eine besonders vielversprechende Verbindung. Er heiratete 1816 Charlotte, die Tochter König Georges IV. von Großbritannien und der deutschen Prinzessin Caroline von Braunschweig. Als deren einziges Kind war Charlotte Anwärterin auf den englischen Thron. Interessant sind beide Verbindungen im Hinblick auf die Religion der jeweiligen Partner, die eine „vorstrukturierende Rolle für die Heiratspolitik der europäischen Dynastien“ darstellte.91 Gerade in Großbritannien war dies seit dem Act of Settlement von 1701 für die Thronanwärter bei der Auswahl ihrer Ehepartner ein bindendes Element, denn hier waren Angehörige katholischen Glaubens und ihre Angetrauten von der Ausübung der Kronrechte explizit ausgeschlossen.92 Dies brachte die protestantischen Coburger Prinzen in eine gute Ausgangsposition, wenn es um die Verheiratung mit einer künftigen oder regierenden Königin ging, wie im Fall Charlottes (Leopold) und Victorias (Albert). Ferdinands Verbindung mit dem katholischen Haus Koháry spricht für die religiöse Flexibilität der Coburger, die ihnen einen Vorteil auf dem Heiratsmarkt verschaffte, da die meisten europäischen Dynastien ihren jeweiligen Konfessionen verpflichtet blieben.93 Die erste Runde der Coburger Heiratspolitik war mit den Eheschließungen von Leopold und Ferdinand erfolgreich abgeschlossen. Nun musste Ernst endlich eine Braut finden.

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Wieder war es Ernsts Mutter Auguste, die den richtigen Weg wies. Er führte nach Gotha, zu Luise. Im Mai 1816, die Prinzessin war erst 15 Jahre alt, besuchte Ernst erneut Schloss Friedenstein. Eine Verbindung mit der einzigen Erbin des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg erschien ihm attraktiv, da er nach dem Tod ihres Vaters darauf hoffen konnte, dessen Herrschaftsgebiet mit den Coburger Landen vereinen zu können. Und offensichtlich hatte Luise auch ihre äußerlichen Reize. Klein gewachsen, mit weißem Teint, hellbraunen Haaren und schönen Zähnen, wusste sie zu bezaubern. „Die Augen eher groß als klein, von blauer Farbe, aber was recht schade ist, sehr schielend. Sie weiß dies aber zu verbergen, und wenn sie lächelt und spricht, so nimmt man das Schielen für einen verworfenen frischen Blick, was ihr etwas sehr Bizarres gibt und ihr eher gut als schlecht steht. Ihre Nase ist nicht groß, geht ein wenig in die Luft. Ihr Mund ist nicht sehr klein, aber von einer unbeschreiblichen Lieblichkeit und gibt ihr einen großen Reiz, wenn sie spricht“, urteilte eine Zeitgenossin.94 Auch Ernsts Mutter Auguste rühmte Luises anmutiges und lebhaftes Wesen, bemerkte aber auch, sie benehme sich zuweilen wie ein fröhliches, wildes Kind.95 Ernst konnte sich mit der Wahl durchaus anfreunden, schien Luise doch ein noch formbarer Charakter, der sich seinen Wünschen fügen müsste und ihre Jugend und Unerfahrenheit würden sie davon abhalten, ihn in seinem gewohnten Lebensstil zu stören. Denn den wollte er auch nach der Hochzeit keineswegs aufgeben. Die Verbindung mit Luise war für ihn eine rein dynastische Entscheidung. Dabei hatte er sicherlich ein Ehekonstrukt im Sinn, wie es in Zeiten des Ancien Régime im Hochadel üblich gewesen war. Wie Norbert Elias ausführt, hatte eine solche Verbindung nichts mit einem Familienleben im bürgerlichen Sinne zu tun, „... sondern es kommt faktisch bei der Eheschließung in diesem Kreise in erster Linie auf ein dem Rang des Mannes entsprechendes, möglichst sein Prestige und seine Beziehungen vergrößerndes ‚Aufmachen‘ und ‚Fortführen‘ seines ‚Hauses‘ an, auf den Rang- und Ansehensgewinn oder mindestens auf die Rang- und Ansehensbehauptung der Eheschließenden als der gegenwärtigen Repräsentanten dieses Hauses.“96 In dieser Hinsicht hatte Ernst mit Luise eine vorzügliche Wahl getroffen, und auch ihre hervorgehobene Stellung in der höfischen Gesellschaft erfuhr als Gattin eines regierenden Fürsten eine Bestätigung. Dabei spielte es keine Rolle, ob hochadelige Eheleute einander liebten oder nicht, ob sie einander treu waren, oder sich häufig sahen, wie Elias weiter anmerkt. Die soziale Kontrolle war dahingehend schwach, denn nach den Konventionen im Hochadel des 19. Jahrhunderts genügte es, die Fassade zu wahren und gemeinsam auf der Vorderbühne zu repräsentieren. Heiratsdiplomatie  |

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Am 20. Dezember 1816 fand die förmliche Verlobung statt. Die Eltern Luises sahen jedoch nicht nur die Vorteile in der Verbindung ihrer noch nicht volljährigen Tochter mit dem doppelt so alten Herzog. Besonders ihre Stiefmutter Caroline kämpfte mit ernsten Bedenken. „Luise ist in manchem Betracht noch ein Kind, unerfahren und flüchtig“, schrieb sie. „Wir hatten gewünscht und der ganze Erziehungsplan war darauf gebaut, daß sie nicht vor dem achtzehnten Jahre das Väterliche Hauß verlassen sollte.“97 Doch die Aussicht auf eine so hoffnungsvolle, standesgemäße Verbindung mit dem Fürsten aus Coburg war offenbar stärker als die Vorbehalte, außerdem war etwas eingetreten, was der schwärmerischen Natur Luises entsprach. Die junge Prinzessin hatte sich in Ernst verliebt. Ob dies ein tief empfundenes Gefühl war, oder nur Schwärmerei, die von einem idealisierten Wunschbild ihres künftigen Bräutigams und ihren romantischen Allüren genährt wurde, konnte ihre Stiefmutter kaum ermessen. Aber Caroline spürte, dass Luise zu der Ehe mit Ernst entschlossen war. Später würde sie ihre Stieftochter aus gegebenem Anlass daran erinnern, dass Ernst der Mann gewesen sei, den Luise heiß geliebt habe und den sie hatte haben wollen und haben müssen.98 Die Prinzessin zeigte ihrem Temperament entsprechend keine Scheu, ihre Emotionen öffentlich zu äußern und für ihre Herzensangelegenheit einzustehen. So schilderte sie in einem Brief an ihren Bräutigam unumwunden ihre Erlebnisse auf einer Gesellschaft, die sie mit ihrer Stiefmutter besucht hatte. „Heute war die Rede von einem schönen Mann den man mit dir verglich“, schrieb Luise an Ernst, „ich ärgerte mich darüber und antwortete ganz beleidigt, der Herzog ist der schönste Mann der ist, der sein wird, und gewesen ist, folgentlich darf man gar keinen Vergleich machen, da sie [sic] nur allen andern schaden könnte. Einer der dies hörte, drehte sich herum und sagte ziemlich laut das ist ein treues Bräutchen, Gott gebe, daß sie es immer finden mag, meine Antwort war, niemals würde ich anders denken, du bleibst einmahl mein idial sowohl von der Schönheit als Liebenswürdigkeit. Ja, ja, geliebter Ernst mein Idial bist du, nach ihm zu trachten ist mein Wunsch es auch zum Glücksten [sic] zu machen werde ich mich immer bemühen.“99 Auch der Umstand, nun die Verlobte eines Fürsten zu sein, hatte bei Luise keine sichtbaren Fortschritte in der von Frauen ihres Standes erwarteten Affektkontrolle zur Folge. Wie das Beispiel zeigt, ließ sie ihren Gefühlen öffentlich freien Lauf, wenn der Anlass gegeben war. Kaum waren die Verlobungsringe getauscht, begannen in Gotha und in Coburg umfangreiche Vorbereitungen, denn die Bühne für das fürstliche Hochzeitsspektakel musste bereitet werden. Im Frühjahr 1817 beschäftigte

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sich Caroline mit der Zusammenstellung des Trousseaus, der Aussteuer Luises. Im Archiv in Gotha sind die entsprechenden Listen erhalten, ebenso die Rechnungen und die Beschreibungen aller Kleider, Jacken, Mützen, Hüte, Schuhe und Accessoires sowie der Bettwäsche, der Hand- und der Taschentücher.100 Vieles wurde in Gotha selbst hergestellt, aber zahlreiche Aufträge gingen auch nach Frankfurt, Lyon und Paris. Kostbare Stoffe und Spitzen, Stickereien und Borten wurden ausgewählt und bei renommierten Schneidereien in prachtvolle Hofgewänder verwandelt. Das Verzeichnis des Trousseaus umfasst unter anderem sechs Kleider aus Samt und Seide mit Schleppe, reich mit Gold- und Silberfäden bestickt, dreizehn runde Kleider nach der damaligen Mode mit kurzen, sieben mit langen Ärmeln, dazu noch sechzehn Kleider aus Mousseline, zahlreiche Unterröcke und Nachtjäckchen und vieles mehr. Modische Schuhe wurden in Paris besorgt. Die Rechnungen für die Aussteuer Luises beliefen sich in einem Zeitraum von März bis August 1817 auf circa 11.500 Taler und wurden im Oktober aus der herzoglichen Hauptkasse Gothas beglichen.101 Wie es Brauch war, wurde der Trousseau vor der Hochzeit im Schloss ausgestellt. Voller Stolz lud Luise ihre Freundin Auguste von Studnitz ein, sich ein Bild von der prächtigen Ausstattung zu machen. „Du bist ja nach meinem Ernst alles, was ich auf dieser Welt liebe“, schrieb die Braut kurz vor der Hochzeit, „komme heute morgen um 11 Uhr zu mir und geh mit mir aufs Schloß zum trousseaut [sic]. Es ist mir eine so angenehme Erinnerung, daß ich mit Dir, geliebte Auguste, die Kleider, die mich schmücken sollen, gesehen habe.“102 Anlässlich der Hochzeit stand auch ein Kassensturz an, den der Vermögensverwalter Luises, Hans Wilhelm von Thümmel, vornahm. Er hatte die ihm anvertrauten Gelder der Prinzessin gewinnbringend angelegt und wies darauf hin, dass es ihm gelungen war, die Summe um mehr als die Hälfte zu vermehren. Insgesamt belief sich das Vermögen Luises vor der Eheschließung auf 82.261,12 Reichstaler.103 Allerdings machte Thümmel in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass dem Bräutigam bereits mit der Verlobung vormundschaftliche Rechte zustünden und er bei den Beratungen über die weitere Anlage des Vermögens einzubeziehen sei.104 Luises Vater schien überzeugt, die Angelegenheiten seiner Tochter bei Ernst in besten Händen zu wissen. Kein Mann auf Erden, so erklärte er, sei so dazu geeignet, Luise glücklich zu machen, wie der Coburger Herzog.105

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3. Ehe mit Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld

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ie Ehe Ernsts mit Augusts Tochter war eine beschlossene Angelegenheit unter Vettern. Diese Anrede wählte August in einem Dankesschreiben an Ernst, der sich nach vollzogener Eheabredung mit einem großzügigen Geschenk bei seinem künftigen Schwiegervater bedankt hatte.1 Da beide Familien dem Haus der Wettiner angehörten, wies die Formel „Vetter“ auf die weit in die Historie reichende Verbindung hin. Das Verwandschaftsbewusstsein solcher weitverzweigter Familienverbände stärkte den Zusammenhalt in einer Zeit, in der durch Kriege und Krankheiten immer mit dem Ausfall eines Gliedes in der genealogischen Kette gerechnet werden musste und dann der Nachkomme einer Nebenlinie zum würdigen Ersatz werden konnte.2 Mit der endogamen Eheschließung von Ernst und Luise setzte sich fort, was im 11. Jahrhundert mit der ständischen Ausformung des Rittertums zum Hochadel begonnen hatte. Das Recht, diesem abgeschlossenen Stand anzugehören, wurde ausschließlich qua Geburt vererbt, ein Aufstieg von unten war unmöglich.3 Die Hochzeitszeremonie und die Ausschmückung der Coburger und Gothaer Vorderbühnen in den herzoglichen Schlössern spiegelten demgemäß auch das ständische Selbstverständnis der „Vettern“ Ernst und August als Erben einer ritterlichen Tradition wider.

3.1. Zeremoniell und Ehevertrag Schloss Friedenstein, Ort der Eheschließung, wurde für den festlichen Anlass besonders prachtvoll ausgestattet. Vor allem die Repräsentationsräume unterzog man einer gründlichen Renovierung. Audienz-, Wohn- und Schlafzimmer erhielten neue Vorhänge und seidene Tapeten. Für das Tafelgemach wurden neue Stühle aus Mahagoni angeschafft und, wo nötig, neues Parkett verlegt. Im Spiegelsaal erneuerte man die Rahmen und das Spielzimmer erhielt einen eleganten Lüster. Gläser mussten neu angeschafft werden und in Leipzig orderte die Hofverwaltung Tassen, Teekannen, Präsentierteller und Suppenteller aus Dresdner Porzellan. Die Orangerie des Schlosses wurde zum glanzvollen Mittelpunkt der Festlichkeiten erkoren. Auch der sich anschließende Garten sollte mit einbezogen werden und durch eine aufwändige Illumination beeindrucken. Hierzu waren fünfzehntausend Lampen mit Öl oder Talg zu füllen, des weiteren würden achttausend Gaslampen den Park erstrahlen lassen.4 Prächtige Requisiten gehörten zur wichtigsten Ausstattung des höfischen

Rahmens, denn sie ermöglichten den Darstellern auf der Bühne des Hochadels eine ihnen angemessene und von ihnen erwartete Vorstellung. Nur mit Hilfe herrschaftlicher Möbel, mit erlesenen Stoffen, mit überwältigenden Illuminationen konnte sich das Ausdrucksrepertoire der herzoglichen Familien entfalten, welches sie als Vertreter ihres sozialen Standes auswies.5 Sowohl die Trauzeremonie als auch die anschließenden Feierlichkeiten in der Orangerie am 31. Juli 1817 erforderten eine detailgenaue Planung.6 Wie bei einer Bühnenaufführung wurden Tribünen für die Gäste errichtet. Die Zeremonie sollte einem strengen Ablaufplan folgen. Sogar die Standpunkte der Akteure hielt man in kleinen Skizzen fest. Die Einhaltung der höfischen Rangordnung war ein zentrales Anliegen, das eigens festgeschrieben wurde. „In dem großen Saale sind zur Seite des Ofens sowohl, als des Buffets und da, wo die Musik zu stehen pflegt, Schranken gesetzt, in deren erster diejenigen Personen, die nicht an den Hof gehen, aber klassificiert sind, in der letzten aber die Cammerleute Platz nehmen. Es werden zu diesem Ende Billets aufgetheilt werden“, hieß es in den entsprechenden Anweisungen der Hofkammer.7 Die eigentliche Trauzeremonie sollte vergleichsweise unprätentiös ablaufen. Oberhofprediger Schäffer war angewiesen worden, den Akt ohne Rede zu vollziehen, und beim Wechsel der Ringe sollten sich dreiundsechzig Kanonenschüsse aus den Wällen lösen, um das Ereignis gebührend bekannt zu machen, gefolgt von Pauken und Trompeten und der Gesangsdarbietung zweier Chöre.8 Die fünf Tage dauernden Feierlichkeiten sollten dann am Abend des 3. August mit dem Fest in der Orangerie gekrönt werden. Die Tribünen waren mit Blumen geschmückt und mehrere Kapellen sorgten für Musik. Ballkleidung war Pflicht für die etwa zweitausend Gäste aller Stände, nur Männer hohen Alters durften in Stiefeln erscheinen. Zur Erfrischung standen Krüge mit Ingwerbier, Limonade, Punsch und Wein bereit, an den Buffets reichte man Kuchen. Damit die Illumination des Gartens zur Geltung kommen konnte, waren die Wachen angewiesen worden, keine „Anhäufungen“ von Menschen zu dulden.9 Zum krönenden Abschluss der unterhaltsamen, aber doch streng reglementierten Veranstaltung erhellte ein Feuerwerk die Nacht. Die Hochzeitsfeierlichkeiten für Ernst und Luise entsprachen einem höfischen Fest, wie es auch noch im Jahrhundert zuvor, während des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, an Fürstenhöfen üblich war. Bälle und Diners wurden nicht zum reinen Vergnügen zelebriert, wie Daniel Schönpflug in seiner Biografie Luise von Preußens beschreibt, sondern hatten einen Zeremoniell und Ehevertrag  |

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tieferen Sinn. „Bei höfischen Festen ging es vor allem darum, Krone, Dynastie, Regierung und Hof, jene zentralen Institutionen des Reiches, sichtbar und erfahrbar zu machen. Die Gäste versammelten sich, um ihrer Zugehörigkeit zu jener höchsten Sphäre der Gesellschaft Ausdruck zu verleihen“, unterstreicht Schönpflug. „Pomp markierte einen herausgehobenen Moment, der an keinem anderen Ort der Gesellschaft so geschaffen werden konnte. Die Fähigkeit, kulturelle Höchstleistungen zu bieten und zu konsumieren, distinguierte vom Rest der Gesellschaft. Das Essen wurde nicht allein zum Kitzeln des Gaumens oder gar zur Sättigung aufgetragen, es war ein Statussymbol für den Gastgeber und die Gäste. Angesichts von Tafelzeremoniell und Konversationspflichten gingen viele Teller unberührt zurück in die Küche.“10 Spontaneität durfte man bei solchen Ereignissen nicht erwarten, sie wäre eher störend und verstörend gewesen und so deckten sich die Planungen der Hochzeitsfeierlichkeiten in Gotha tatsächlich bis auf wenige Abweichungen mit den wirklichen Ereignissen, wie ein Vergleich der entsprechenden Akten nahe legt.11 Ein Artikel in der National-Zeitung der Deutschen vom 6. August 1817 vermittelte einen Eindruck von der Stimmung, die die glanzvolle Fürstenhochzeit entfaltete. Auch dieser Bericht spiegelt die Übereinstimmung von Planung und Ablauf wider. Tatsächlich fand die Trauung pünktlich um sechs Uhr abends statt und die kirchliche Handlung des Oberhofpredigers Schäffer wurde wie vorgesehen von dreiundsechzig Kanonenschüssen begleitet, die der Bevölkerung den Austausch der Eheringe anzeigten. Daraufhin empfing das neuvermählte Paar die Glückwünsche des Hofes. „Unter den Personen, welche der jungen Fürstin ihre Glückwünsche darbrachten, war auch ihre Amme Katharine Peter aus Friedrichroda, erschienen; sie brachte, der Sitte gemäß, das erste von der Prinzessin als Kind getragene Paar Schuhe“, hieß es im Bericht des Chronisten. „In der originellen Bauerntracht, wie man sie heute noch bei den älteren Bewohnern des Thüringer Waldes sieht, trat die schlichte, einfache Frau vor die junge Herzogin und sagte ein Gedicht auf. Am Abend des ersten August bekundete die Bürgerschaft durch eine glänzende Erleuchtung der Stadt ihre Freude über das Glück der wahrhaft geliebten Prinzessin.“12 Bemerkenswert ist der Hinweis auf die einfache Frau aus dem Volk, die sich der Braut nähern darf und ihr ein mit großem Sentiment verbundenes Geschenk darbringt. Der Anblick der kleinen Schuhe wird nicht nur Luise gerührt haben, sondern auch die Zeugen des Geschehens. Gleichzeitig kann dies auch als eine Mahnung verstanden werden, denn hier wird symbolhaft deutlich, welche Aufgabe als nächstes auf die junge Herzogin wartete, näm-

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lich Nachwuchs zu bekommen und damit den Fortbestand der Dynastie zu sichern. Auch wenn die Beschreibung dieser Szene mit einer althergebrachten Tradition begründet wurde, so darf darüber hinaus vermutet werden, dass der Auftritt der Amme auch aus einem anderen Grund bewusst inszeniert war. Für einen Augenblick hatten sich die Standesschranken sichtbar geöffnet, war die sonst so peinlich bewahrte Distanz zwischen Adel und einfacher Landbevölkerung aufgelöst worden. In einer Zeit, in der die höfische Gesellschaft und der absolutistische Anspruch der Fürsten unter scharfer Kritik standen, war das ein bedeutendes Zeichen, das die Verbundenheit des Herrscherhauses mit dem Volk unterstrich. Welchen tiefen Eindruck solche Begegnungen hinterlassen können, zeigt eine ähnliche Szene, die sich anlässlich der Hochzeit der preußischen Königin Luise 1793 in Berlin angeblich so zugetragen haben soll: bei der feierlichen Einholung der Braut trat ein liebliches Mädchen auf die junge Prinzessin zu, überreichte ihr eine Myrtenkrone und sprach ein Gedicht. Luise zeigte sich so gerührt, dass sie sich dazu hinreißen lies, das Kind zu umarmen und gar auf Mund, Stirn und Augen zu küssen. Das geschah zum Entsetzen der Oberhofmeisterin Voß, die Anstand und Sitte verletzt sah. Die Überlieferung dieser sympathischen Regelverletzung gehört zum festen Repertoire der Luisen-Verehrung, obwohl Zweifel angebracht sind, ob diese Begegnung tatsächlich so statt gefunden hat.13 Die Parallelität der Berichte ist verblüffend. Wie Luise von Preußen erfüllte auch die sächsische Luise offenbar alle Voraussetzungen, um eine „Prinzessin der Herzen“ zu werden. Die Bevölkerung nahm an ihrem Schicksal mit vielen Emotionen Anteil, die junge Herzogin zeigte sich im Stande, die Distanz zu überwinden, aber gleichzeitig war und blieb sie sichtbar von höchstem Adel. Der Hof in Gotha hatte zur Vermählung seiner Prinzessin alles aufgeboten, was auf die hervorgehobene Stellung eines altehrwürdigen Fürstengeschlechtes hinwies. Die dramatische Gestaltung des Hochzeitsfestes war bis in die kleinsten Details der Ausstattung, des Ablaufs und des Habitus choreographiert, eine zeremonielle Überhöhung, die der Macht und dem hohen Rang der Fürstenfamilie Ausdruck verleihen sollte. Es fand eine Idealisierung statt und damit eine rituelle Bestätigung von Werten, deren Ursprung in der mentalen Struktur des Mittelalters lag, wie sich leicht am Ehevertrag nachweisen lässt, der anlässlich der Hochzeit von den Brautleuten unterschrieben wurde.14 Ebenso sorgfältig wie die Planungen zur Hochzeit wurden die Beratungen zum Ehevertrag ausgeführt. Die Ausarbeitung erfolgte am Hof in Coburg. Mehrere bereits bestehende Heiratsdokumente anderer fürstlicher Häuser dienten als Vorbild.15 Zeremoniell und Ehevertrag  |

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So entsprach auch der Vertrag zwischen Ernst und Luise in Form und Inhalt dem im 18. Jahrhundert in Adelsfamilien praktizierten Privatfürstenrecht, wie ein Vergleich mit den Prinzipien zeigt, die Beatrix Bastl für die juristischen Verhältnisse adeliger Frauen in der frühen Neuzeit herausgearbeitet hat.16 Da das Erb- und Familienrecht dort im Mittelpunkt stand, war die Eheabredung eines der wichtigsten Rechtsdokumente des adeligen Systems. Deshalb kommt auch dem zur Hochzeit zwischen Ernst und Luise geschlossenen Vertrag eine zentrale Bedeutung zu, die weit über das private Arrangement hinausweist und dem Charakter nach als ein politisches Manifest der betroffenen Fürstenhäuser gelten kann. Zu Beginn stand die „Invocatio“, also die im 18. Jahrhundert übliche Einleitungsformel mit der Anrufung Gottes. Es folgte die „Arenga“, die den Grund der Eheschließung benannte: „Im Namen des allmächtigen Gottes. Wir August von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen (…) urkunden und bekennen hiermit: daß zur fernern Befestigung und Erhaltung des zwischen Unsern Herzoglichen Häusern von Alters her stattgehabten und hergebrachten guten und aufrichtigen Einverständnißes, sowie zu beiderseitiger gemeinschaftlichen Aufnahme des alten Fürstenstammes und den Unterthanen zum Besten zwischen Uns, Ernst, Herzog zu Sachsen Coburg und Saalfeld und Uns Louise, Herzogin von Sachsen Gotha und Altenburg, auf vorgängige feyerliche Anwerbung, dazu ertheilten elterlichen Einwilligung nach vorgängiger reifer Berathung ein christfürstliches Eheverbündniß dahin verglichen und festgesetzt worden ist.“17 Die Berufung auf den alten Fürstenstamm, der nun gemeinsam fortgeführt werden sollte, deutete auf die ernestinische Linie der Wettiner, der ja sowohl Ernst als auch Luise entstammten. Hier wurde ein wichtiges politisches Motiv gleich eingangs erwähnt, nämlich die Blutsverwandtschaft, in der Adelsfamilien ihr verbindendes Merkmal sahen, wie Beatrix Bastl anmerkt.18 Das Heiratsgut für Luise wurde auf dreißigtausend Sächsische Reichstaler festgesetzt, zahlbar binnen eines Jahres, nach gehaltenem fürstlichen Beilager, also dem Vollzug der Ehe – gegen Vorlage einer Quittung. Die Idee des Heiratsgutes entstammte dem frühmittelalterlichen Recht: „nullum sine dote fiat conjugium“ – wo keine Ehe, da auch kein Heiratsgut. Die Zahlung in Form von Bargeld erleichterte den Übergang in das männliche Vermögen und kam einer Enterbung der weiblichen Nachkommen gleich. Immobile Güter wie Land und Gebäude sollten dem Mannesstamm verbleiben, und im Sinne dieser patriarchalen Ordnung musste auch Luise Verzicht üben.19 Bestimmungen wie diese dienten dem Erhalt des fürstlichen Hauses, eine auf dem römi-

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schen Erbrecht basierende Einengung auf die männliche Herrschaft als eine vom primus aquirens abstammende Männerschar, wie Beatrix Bastl ausführt.20 Neben dem Ehevertrag hatte Luise auch eine zusätzliche Verzichtsurkunde zu unterzeichnen, in der sie ihre Ansprüche gegen das fürstliche Elternhaus mit dem Heiratsgut und der Mitgift, also dem schon erwähnten Trousseau, als abgegolten bezeichnete. Eine Regelung, die folgendermaßen umschrieben wurde: „… durch lange unvordenkliche Zeit in dem hohen Königlich, Großherzoglich und Herzoglichen Hause Sachsen [ist es] Gesetz, Gewohnheit und Herkommen (…), dass die Töchter, Schwestern und andere fürstliche Prinzeßinnen, dem fürstlichen männlichen Stamme zu Gunsten genügend Verzicht zu thun pflegen.“21 Doch Luise wurde im Ehevertrag nicht völlig entrechtet. Ausdrücklich sollten testamentarisch ererbtes Vermögen und Zinsen, sowie Schmuck und wertvolle Einrichtungsgegenstände ihr Eigentum bleiben.22 Insbesondere dieses sogenannte Allodialvermögen Luises, über das sie nach juristischer Gepflogenheit hätte alleine bestimmen können, sollte in der späteren Ehekrise eine gewichtige Rolle spielen.

3.2. Die Coburger Bühne und ihre Darsteller Ernst III. sah sich in der Tradition seiner Vorfahren, deren Linie sich bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen ließ. Entsprechend bemühte er sich um die Ausstattung seiner Schlösser, die seinem Selbstverständnis als Erbe eines ritterlichen Stammes den würdigen Rahmen verleihen mussten. Erving Goffman bezeichnet diesen Vorgang als Idealisierung, die beim Zuschauer den Eindruck erwecken will, der Darsteller hebe sich aus der Masse der Gemeinschaft besonders hervor.23 Dabei gestaltete sich das fürstliche Leben auf der Vorderbühne, die für jedermann sichtbar war, oft üppiger, als auf der Hinterbühne, wo auch hochadelige Familien nicht selten mit finanziellen Problemen zu kämpfen hatten. Keinesfalls konnte Ernst aber bei den Hochzeitsfeierlichkeiten in Coburg, die sich der Vermählung in Gotha anschließen würden, hinter der festlichen Zeremonie zurückbleiben, die sein Schwiegervater geboten hatte. Auch in Coburg waren Hofbeamte und Handwerker deshalb nicht müßig geblieben. Wie in Gotha war auch hier die Verlobungszeit genutzt worden, die repräsentativen Räumlichkeiten des Stadtschlosses Ehrenburg zu renovieren. Ernst nahm die Gelegenheit seiner Vermählung zum Alass, gleich seine gesamte Hoforganisation auf den Prüfstand zu stellen und neue Anordnungen zur Bewirtschaftung zu erlassen. Auch hier wurde viel investiert, was die Die Coburger Bühne und ihre Darsteller  |

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herzoglichen Kassen zeitweise in Zahlungsschwierigkeiten brachte.24 Einige Handwerker drohten gar, die Arbeit einzustellen, da sie auf die Bezahlung ihrer Rechnungen warten mussten und kein Geld mehr da war, um neues Material anzuschaffen.25 Doch Ernst ließ sich nicht beirren. Schon zu Beginn seiner Machtübernahme hatte er besondere Sorgfalt in die Ausgestaltung seiner Privatresidenz vor den Toren Coburgs gelegt, in das kleine Schlösschen Rosenau, das auch heute noch mehr einer herrschaftlichen Villa gleicht, denn einem fürstlichen Prachtbau. Ernst hatte schon früh ein Auge auf das im Kern mittelalterliche Anwesen geworfen. Durch das Verhandlungsgeschick des Ministers Kretschmann konnte er sein Traumschloss erwerben. „Erinnern sich Ewr. Durchlaucht wie oft Sie sehnsuchtsvoll nach diesem Rosenau hinblickten, wie sehr Sie seinen Besitz wünschten, wie Sie mich anfeuerten, den Besitz möglich zu machen?,“ schrieb Kretschmann.26 Kaum an der Macht, begann Ernst 1808 mit der Renovierung des alten, längst verfallenen Rittersitzes. Er ließ ihn gründlich entrümpeln und im neugotischen Stil umgestalten. Spitzbogen betonten jetzt das mittelalterliche Erscheinungsbild, und kostbare schwarz lackierte Wiener Biedermeiermöbel verliehen den Repräsentationsräumen ein elegantes Flair. Im weitläufigen Park ließ der neue Hausherr zwei Seen, eine Turniersäule und eine Felsengrotte mit Wasserfall errichten. Alles entsprach dem englischen Landschaftsstil, der weniger formell gestaltet war als höfische Gärten des Barock und eher dem Geschmack der Zeit entsprach. Luise konnte es kaum erwarten, ihr neues Zuhause zu betreten, wie sie in einem für sie so typischen schwärmerischen Brief an Auguste von Studnitz preisgab. „Mit unendlicher Sehnsucht und Ungeduld harrte ich auf den Augenblick, wo mich mein geliebter Ernst auf die lang gewünschte, geprießene und besungene Rosenau fahren würde. Herzlich innig hatte ich ihn gebeten, aber immer war ‚Nein‘ seine Antwort, bis ich endlich danach verlangte. Wir fuhren hin, ich sah, staunte und war entzückt. (…). Kaum traten wir aus den Bäumen hervor, als wir von ferne die Rosenau erleuchtet erblickten, aber welche Beleuchtung, kein Zauberschloß sah je so aus. Alle Beschreibungen von Feenschlössern in unseren geliebten Märchen ist nichts dagegen“, schrieb sie an die Jugendfreundin.27 Die Wiederherstellung des Schlosses, so bemerkt Sabine Heym in ihrer Abhandlung über den Umbau der Rosenau, entsprang dem Gedanken von der Erneuerung der Gegenwart durch die Belebung des Mittelalters.28 Ernst war, wie Luise auch, fasziniert von der Welt der Ritter und der Ritterlichkeit, die er auf seinem Wohnsitz inszenieren wollte, zugleich sollte die Rosenau aber

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auch allen Komfort eines modernen Wohnschlosses bieten, wie es in vielen zeitgenössischen Romanen beschrieben wurde. Zur Heimholung seiner Braut Luise hatte sich Ernst, der sich später auch gerne als „Ritter der Rosenau“ porträtieren ließ29, eine besondere Überraschung ausgedacht. Im englischen Landschaftspark sollte ein mittelalterliches Ritterturnier abgehalten werden.30 Zunächst aber musste dem Zeremoniell Genüge getan werden, mit Brautfahrt und feierlichem Einzug des Herzogpaares in Coburg. Auch dieser sollte so prächtig wie möglich ausfallen, was die herzogliche Kasse neuerlich belastete, wie Belege des Marstalls zeigen. „Zum Einzuge der Durchl. Frau Herzogin war durchaus noch ein 6. spänniger Zug Geschirre notwendig, und wir waren genöthigt, in der größten Eile ein paar Geschirre mit gelben Beschläg (…) machen zu lassen. Wir legen die Rechnung darüber mit Nachweißung unterthänigst vor“, wurde Ernst von den neuerlichen Ausgaben in Kenntnis gesetzt.31 Der Herzog hatte in seinem ehrgeizigen Wunsch nach möglichst prunkvoller Gestaltung der öffentlichen Bühne bei den Hochzeitsvorbereitungen so viele Aufträge erteilt, dass seine Beamten und die Handwerker schlicht überfordert waren. Vieles musste in Eile getan werden, manches blieb unvollendet. Der spätere Kommandant der Veste Coburg, William von Schauroth, war Augenzeuge des festlichen Einzugs. 1817 beschrieb er in seinem Tagebucheintrag vom 7. August die Ankunft des Herzogpaares in der Stadt und im Residenzschloss, „… welches in größter Eile nur so viel in Stand gesetzt ward, um auf einige Tage Obdach darbieten zu können, welches blos mit der größten Mühe und Kostenaufwand geschehen konnte. Selbst die niedergerissenen Mauern wurden durch Wände von Brettern, wie es in Zukunft werden sollte, bildlich dargestellt. Der Einzug war prachtvoll. Von der Gänze des Landes waren bey jedem Dorfe oder sonstigen Orte, längst der Straße gelegen, Ehrenforten, und die Geistlichen wie auch Vorsteher der Gemeinden empfingen unter lautem Jubeln das hohe Paar. (…) Während des Einzuges wurd mit allen Glocken geläutet und ununterbrochen von der alten Festung mit Kanonen gefeuert.“32 Dass das Residenzschloss Ehrenburg an dem feierlichen Tag mit seiner Bretterkulisse eher einem potemkinschen Dorf glich, als einer herrschaftlichen Bühne, schien der Wirkung auf die Gemüter keinen Abbruch zu tun. Wichtig erschien allein, dass es einen Aufsehen erregenden Einzug in die Stadt gab, wie er bei solchen Anlässen üblich war. Ernst markierte so seinen Stand als Souverän vor aller Augen. Das Selbstbewusstsein des Coburger Fürstenhauses wurzelte noch tief im 18. Jahrhundert, in dem der Kleinfürst als Souverän einem Die Coburger Bühne und ihre Darsteller  |

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König ebenbürtig war. Die gesellschaftliche Stellung wurde durch die hochadelige Geburt, nicht durch Reichtum und Machtfülle bestimmt.33 Wie es um die Finanzen bestellt war, erschien unwichtig, die Fassade musste gewahrt werden. Welchen Stellenwert eine ordentliche Brautfahrt hatte, erfuhr auch der Preußenprinz Friedrich Wilhelm, der bei der Heimholung seiner Luise das Spektakel am liebsten hätte ausfallen lassen. Voller Abscheu schrieb er 1793 an seine zukünftige Frau, dass solche „… Possen (…) zu nichts nütze [seien] als höchstens den Gassenjungen und den Herumläufern ein Schauspiel zu geben, wo sie ihr albernes, nichtssagenwollendes Geschrei anbringen können. Das sage ich Ihnen zum voraus, erfahre ich, daß man einen solchen Narrenauszug Ihnen zu Ehren aufstellen will, so werde ich mir mit Leibeskräften dagegen widersetzen, um Ihnen die langweilige Szene, wenn es in der Welt möglich ist, zu ersparen.“34 Obwohl Friedrich Wilhelm fürchtete, während des Spektakels nur eine abgeschmackte Rolle spielen zu müssen, wurde ihm die Brautfahrt nicht erspart. Luise von Preußen hielt feierlich und standesgemäß in Berlin Einzug, wie es ihr Schwiegervater, König Friedrich Wilhelm II., erwartete, denn die Zurschaustellung war für das Prestige des Herrschers zu wichtig, als dass man sie aus einer Laune des Prinzen heraus hätte ausfallen lassen können. Auch Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld wollte auf dieses Schauspiel vor den Augen des Volkes nicht verzichten, war es doch eine einmalige Gelegenheit, das Bühnenbild des Hofes nach außen zu verlagern und für seine sonst vom Zeremoniell ausgeschlossenen Untertanen erfahrbar zu machen. Im Fourierbuch des Oberhofmarschallamtes wurde der Einzug des Paares denn auch ausführlich beschrieben. Abends um sieben Uhr erreichte die geschmückte Kutsche unter dem Jubel der Bevölkerung die Coburger Stadttore, begleitet von einem Tross wichtiger Persönlichkeiten des Ortes, wie den Jägern und Schützen. Glocken läuteten, Kanonen donnerten, und auch hier überreichten junge Mädchen aus dem Volk in ritualisierter Zeremonie Blumen und Kränze, um auf diese Weise die Verbundenheit mit der Bevölkerung zu symbolisieren.35 Auf die junge Braut machte das Spektakel ernormen Eindruck. Luise beeilte sich, ihrer Freundin Auguste von Studnitz ihre Empfindungen in einem Brief zu schildern, in dem sie einmal mehr in schwärmerischem Ton von Ernst erzählte. „Der ganze Empfang stimmte mich zur Rührung; ein Gefühl, das sich nicht beschreiben läßt, lag zentnerschwer auf meinem Herzen und doch war ich leicht und froh; wenn Trähnen meine Augen erfüllten sah ich nach den schönen braunen Augen, die neben mir so hell leuchteten und alles Trübe machte nur der Freude Platz“, ereiferte sich Luise.36

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Ihr war der Abschied vom elterlichen Schloss nicht leicht gefallen. Aber in der Aussicht auf ein Leben an der Seite Ernsts fand sie Mut und Trost, wie dem Schreiben an ihre Jugendfreundin zu entnehmen ist. Nach erfolgreicher Brautfahrt in Coburg wurde im August 1817 im Anschluss an die zeremonielle „Cour und Tafel“37 das schon erwähnte Ritterturnier im englischen Landschaftsgarten auf der Rosenau veranstaltet, mit anschließendem Ball im Schloss. William von Schauroth zählte etwa dreitausend Zuschauer.38 Luise war begeistert, entsprach die ganze Szenerie doch ihrem ausgeprägten Gefühl für Romantik. Auch hiervon setzte sie ihre Freundin Auguste in Kenntnis. „Und nun erlaube, daß ich Dir eine Beschreibung unseres Ritterfestes mache. Es wurde in einer herrlichen Gegend gegeben, die Rosenau lag vor uns, über ihr die alte Lauterburg in den grünen Wäldern eingehüllt, und als ob der liebe Gott seine Freude an seinen Kindern sähe, ließ er die schöne Sonne durch die Wolken brechen, welche mit ihren goldenen Strahlen die Gegend beleuchtete und herrlich auf den Rüstungen der schönen Ritter schimmerte“, schwärmte Luise.39 Begeistert verfolgte Luise das Geschehen auf dem Turnierplatz vor der Rosenau, nahm die Huldigungen der Reiter entgegen, die farbige Waffenröcke und Helme trugen und um die Gunst der Damen buhlten. Sie geleiteten Luise zu einem Zelt, in dem bereits Erfrischungen warteten. Von hier aus konnte sie mittelalterliche Tänze und Ritterspiele verfolgen, die ihr zu Ehren aufgeführt wurden. Auch Ernst und sein jüngerer Bruder Ferdinand beteiligten sich daran, wie Luise der Freundin mitteilte: „… dann folgte ein Kampf zwischen den zwei geliebten und von Allen so bewunderten Brüdern, Ernst in stiller Würde, so männlich und doch so wunderschön, erschien er mir wie ein Engel mit dem Rächerschwert. Nie sah ich einen so schönen Mann, seine Anmuth, Würde, Schönheit war noch durch sein costume erhöht. Prinz Ferdinand, eine stillere Schönheit, nahm sich sehr lieblich aus, er sah wie die Erscheinung des Ritters in der ‚Diamantenen Kutsche‘ aus. Ernst war wunderschön und wunderherrlich.“40 Luise war verzückt. Sie wähnte sich in einem Feenreich, wie Sabine Heym die Rosenau in ihrer Abhandlung tituliert. Das illuminierte Schlösschen musste der jungen Herzogin erschienen sein wie der Stein gewordene Traum ihrer Mädchenjahre, es präsentierte sich als perfekte Kulisse für eine im Sinne ritterlicher Minne geführte Ehe. Die Fenster aller Zimmer waren mit bunten Lampen besetzt, die Kuppel des Turms war erleuchtet, überall flackerten helle Flammen auf. Auch der Brunnen war illuminiert, es schien, als fließe das Wasser über ein farbenprächtiges Feuer hinab. Der Eingang zur Rosenau war mit einem E und einem L verziert, einem leuchtenden Symbol, das der frisch vermählten Braut wie ein Versprechen der Liebe erscheinen musste.41 Die Coburger Bühne und ihre Darsteller  |

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Es war wohl Luise, die sich in ihrer romantischen Verklärtheit selbst am meisten über den Charakter ihrer Ehe und den ihres Ehemannes täuschte. Sie ließ sich nur zu gerne von der höfischen Inszenierung blenden, die der weltläufige und erfahrene Ernst perfekt beherrschte.42 Zu Beginn der Ehe mochte sich der Herzog sogar bemüht haben, die romantischen Erwartungen seiner jungen Frau zu erfüllen. So berichtete Luise, er lese ihr abends aus den neuesten Romanen vor. Die Bibliothek auf der Rosenau bot dazu den entsprechenden Rahmen, in der sich wie in vielen Adelshäusern sicherlich auch Werke des damals beliebten Dichters Friedrich Baron de la Motte Fouqué befanden. Die im neugotischen Stil gehaltene und mit exquisiter Holztäfelung ausgestattete Bibliothek war an den spitzgiebeligen Abschlüssen der Bücherschränke mit feinsten Gemälden geschmückt, von denen eines eine Schlüsselszene aus La Motte Fouqués Ritterroman „Die Fahrten Thiodolfs des Isländers“ darstellte.43 Luise ging ganz in dieser Welt der tiefen Gefühlsbewegungen auf. Schon vor der Hochzeit hatte sie alle mahnenden Worte ihrer Eltern missachtet, die sie zu mehr Mäßigung in ihrer grenzenlosen Schwärmerei anhalten wollten.44 Obwohl sie ihn kaum kannte, hatte sie an ihren Verlobten Ernst geschrieben, wie sehr sie sich auf ihr neues Zuhause freue. „In den neuen Zimmern sollen dich also meine Gedanken aufsuchen, daß dürfen sie nicht, die Mutter meint ich dürfe gar nicht an Coburg denken, es schicke sich nicht, und ich kann nun einmahl nicht anders, da sie dich immer begleiten, so muß ich also an Koburg [sic] denken, und ich hoffe es ist keine Sünde“, vertraute sie Ernst an. „In 8 Tagen bist du hier, ach wie wird, mein Herz klopfen, (…) geliebter, theurer Ernst ich höre es schon. Arme Luise! – und man verbietet mir auch mich auf dich zu freuen, also werde ich mir alle Mühe geben es nicht zu thuen, und ich sehe dich, und die herrlich braunen Augen ruhen auf mir, so hilft mir alle meine Mühe nichts.“45 Herzog Ernst ging auf die Schwärmereien seiner Frau wenig ein, er hatte vor allem die praktischen Angelegenheiten der Haushaltsführung im Sinn. Nach der Neugestaltung der Schlösser anlässlich der Vermählung erließ er strengere Regeln für die Dienstboten. In allen Räumen war künftig das Rauchen untersagt, es wurde Wert auf ein sauberes Erscheinungsbild des Personals gelegt, das sich verpflichten musste, schonend mit dem Mobiliar und den empfindlichen Wandverkleidungen umzugehen. Die männliche Dienerschaft ermahnte Ernst zu äußerster Zurückhaltung gegenüber der Herzogin Luise. Auch deren finanzielle Angelegenheiten lagen fortan in den Händen ihres Ehemanns. Große Sorgfalt legte Ernst auf die Ausbildung seiner noch minderjährigen Frau. Im heimatlichen Schloss in Gotha hatte die Stiefmut-

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ter Caroline Amalie über die Unterrichtsstunden gewacht, nun wurde festgestellt, in welchen Fächern Luises intellektuelle Bildung noch zu wünschen übrig ließ. Ihre Kenntnisse in Geschichte, Geographie und Mythologie sollten weiter vervollständigt werden, in Literatur und Experimentalphysik waren noch keine Lektionen erteilt worden. Auch die Bibellektüre war fragmentarisch geblieben, die nach Ansicht von Konferenzrat Gruner, der Ernst bei der Zusammenstellung der Lerninhalte unterstützte, doch zum Verständnis aller Arten von Schriften so unerlässlich war. Ernst kümmerte sich persönlich um die sinnvolle Ausgestaltung eines Stundenplanes und versah die entsprechenden Vorschläge mit Bemerkungen, die darauf schließen lassen, dass Luise ein gewisses Mitspracherecht hatte.46 Eine Aufstellung Gruners ergänzte Ernst mit folgendem Hinweis: „… da die Herzogin schon einen vollkommenen Kurs in Mythologie gehört hat, so wünscht sie statt dieser Stunde Literatur zu hören.“47 Außerdem interessiere sie sich für Reichsrecht. Wie intensiv der Unterricht Luises dann tatsächlich stattfand, lässt sich mit den vorliegenden Dokumenten nicht mehr belegen. Kurz nach der Hochzeit war sie bereits zum ersten Mal schwanger, was die kontinuierliche Beschäftigung mit dem Lernstoff sicherlich erschwert haben wird. Das vorgesehene Repertoire entsprach den Inhalten, die für adelige Töchter im 19. Jahrhundert üblich waren, mit Ausnahme der überraschenden Vorkehrungen für Versuche in Experimentalphysik, bei denen die kostbaren Möbel und Teppiche keinesfalls Schaden nehmen sollten. Bei der Wissensvermittlung stand vor allem die Form im Vordergrund, weniger der Inhalt. So wurde auch bei der Auswahl der Geschichtsbücher für Luise darauf Wert gelegt, Werke zu finden, die deutlich geschrieben und leicht zu lesen waren.48 Die Bildung adeliger Frauen und Mädchen blieb bruchstückhaft, auch wenn sie erwünscht war, um sich an einer geistvollen Konversation beteiligen zu können. Fehlerfreie Grammatik, ein ansprechender Stil, eine schöne Handschrift und vor allem ein formvollendetes Französisch waren unabdingbar, um in der Kommunikation am Hof und zwischen den Höfen bestehen zu können.49 Schon vor der Hochzeit hatte Ernst dafür Sorge getragen, dass Luise eine passende Brieffreundin fand, mit der sie sich in französischer Konversation üben konnte. Seine Wahl fiel auf Aurore, Comtesse de Venançon, die von Luise umgehend ein ausgesprochen höfliches Schreiben in fließendem Französisch erhielt. Offenbar erhoffte sich Luise von der auf dem gesellschaftlichen Parkett erfahrenen Frau freundschaftliche Ratschläge. Eingangs lobte sie deren besondere Vorzüge, die ihr von Ernst nahegebracht worden waren, ohne diese jedoch näher zu beschreiben. Sie hoffe auf eine angenehme Beziehung, fuhr Luise fort, und bat gleichzeitig um Nachsicht für ihre jugendliche UnerDie Coburger Bühne und ihre Darsteller  |

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fahrenheit. Sie sei jetzt, so schrieb sie, oftmals auf die Ratschläge einer guten Freundin angewiesen und versprach, diesen auch vertrauensvoll Folge zu leisten.50 Zu Beginn ihrer Ehe schien Luise bemüht, ihre neue Rolle trotz ihrer Jugend so gut es ihr möglich war zu erfüllen. Ernst war ein leidenschaftlicher Jäger, den es schon wenige Tage nach der Heimführung seiner Braut wieder in seinen Forst zog. Luise, die ihn begleitete, sollte die Gegend um ihre neue Heimat besser kennenlernen. Nach einem Spaziergang zu einem Aussichtshügel mit Blick über die Landschaft ging es nach Rodach, zu Ernsts Jagdrevier, wo ein Mittagessen eingenommen wurde. Auch hier zollten die Menschen dem jungvermählten Paar besondere Aufmerksamkeit. Superintendent Johann Christian Hohnbaum hatte einen Triumphbogen errichten lassen und zwei Gedichte vorbereitet. Wie er tatsächlich über die frischgebackene Herzogin dachte, ließ er seinen Sohn in einem Brief wissen. Luise sei eine ausgesprochen natürliche und liebenswerte Person, aber, so befürchtete Hohnbaum, in Coburg werde man sie in die Mangel nehmen und so lange schleifen, bis sie so glatt und flach sei wie der Rest der Familie.51 Eine düstere Vorahnung, die Luise natürlich verborgen blieb. Sie war voller Begeisterung über ihre neue Verwandtschaft. Vor allem die Frau Ferdinands, des jüngeren Bruders von Ernst, hatte es ihr angetan. Toni war freundlich, von ansprechender Statur und etwa in Luises Alter. Mit ihr, so hoffte sie, könne sie Freundschaft schließen. In ihren Briefen an ihre Gothaer Jugendfreundin Auguste schwärmte Luise überschwänglich von Coburg. Doch zwischen die begeisterten Zeilen der Erzählungen mischten sich zunehmend auch leise Andeutungen von Sehnsucht nach der geliebten und vertrauten Freundin Auguste. Ernst, so hoffte Luise noch immer, würde die entstandene Lücke in ihrem Leben ausfüllen. Zunächst zeigte er sich tatsächlich von seiner ritterlichen Seite, ließ täglich die Kutsche anspannen, um mit seiner jungen Frau die Gegend zu erkunden und ihr sein Reich zu zeigen. Auch das derbe Umfeld der Jagd blieb ihr nicht erspart. Hier half ihre romantische Verklärtheit über so manche Irritation hinweg. Am 6. Oktober 1817 schrieb sie: „Ich begleite wie immer meinen geliebten Mann auf die Jagd, was mich sehr amüsiert. Täglich sehe ich dadurch neue reizende Gegenden und gehe alle Nachmittage mit ihm in den Wald, um das zärtliche Rufen der Hirsche zu vernehmen. Wenn man so etwas noch nicht gesehen und gehört hat, so ist es wirklich sehr merkwürdig. Sie schreien und brüllen, bis ihre Frauen kommen, dann ziehen sie stolz mit ihnen von dannen. Kommt ein anderer Hirsch so kämpfen sie miteinander bis einer stirbt oder bloß unterliegt. Dem Sieger folgt dann das Weibchen freiwillig. Ein recht schlechter Zug unseres Geschlechtes.“52

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3.3. Der Familienbegriff Im Hochadel des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff „Familie“ noch weitgehend synonym verwendet zum Begriff des „Hauses“.53 Die strenge patriarchale und hierarchische Organisaton dieser sozialen Gruppe war üblich und verpflichtete die Mitglieder zur Solidarität mit dem Oberhaupt des Hauses. Das Individuum trat zurück zu Gunsten des Erhalts und der Stärkung des großen Ganzen, was durchaus auch unangenehme persönliche Konsequenzen haben konnte. Freie Partnerwahl und freie Verfügbarkeit über eigenes Vermögen wurden nicht selten von sogenannten Hausgesetzen ausgeschlossen. Während man im 18. und 19. Jahrhundert die Herausbildung des Familienbegriffes im Sinne einer Kernfamilie bürgerlicher Prägung beobachten konnte, blieben im Hochadel die Traditionen patriarchaler Strukturen weitgehend erhalten und wurden auch von den Beteiligten selten in Frage gestellt. Da sehr viel auf dem Spiel stand, verfestigten sich die Regeln der aristokratischen und königlichen Häuser, wie Andreas Gestrich feststellt. Ihre Strukturen wurden nur noch hierarchischer und die Beziehungen der Geschwister untereinander, die ohnehin durch Ungleichheit gekennzeichnet waren, gerieten noch mehr unter Druck.54 Auch das Haus Sachsen-Coburg-Saalfeld war streng nach diesen Prinzipien organisiert. Herzog Ernst konnte als Oberhaupt des Hauses mit der uneingeschränkten Solidarität aller Familienmitglieder rechnen. Allerdings sollte sich im Verlauf der Jahre nach seiner Heirat eine Verschiebung in den Machtstrukturen ergeben, die seine Autorität in Frage stellen würde. Durch die Ausdehnung des familiären Netzwerkes in Europa erlangte Ernsts jüngerer Bruder Leopold eine einflussreiche Stellung am britischen Hof und bestand darauf, dass in entscheidenden Familienangelegenheiten auch seine Position berücksichtigt wurde. Im Verlauf der Ehestreitigkeiten mit Luise sollte dies zu einer Rivalität der beiden Brüder führen, die das Haus an den Rand des Auseinanderbrechens bringen würde. Luise sah sich nach der Hochzeit als Teil der großen, weit vernetzten Familie ihres Ehemanns, das belegen ihre geradezu euphorischen Schilderungen ihres neuen Lebens, die sie an ihre so schmerzlich vermisste Jugendfreundin Auguste von Studnitz richtete. Auch wenn man Luises Hang zu romantischer Verklärtheit und zu nahezu naiver Übertreibung in Betracht zieht, so scheint sie doch im Kern davon überzeugt gewesen zu sein, dass eheliche Gemeinschaft und Liebe untrennbar zueinander gehörten. Ihre Verbindung mit Ernst schilderte sie in ihren Briefen im Lichte des bürgerlichen Ideals einer Liebesheirat und übersah dabei die höfische Realität, die in den AdelsDer Familienbegriff  |

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familien des 18. Jahrhunderts vorherrschte und die in der Familie ihres Mannes ungebrochen auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch verinnerlicht war. Die gesellschaftliche Distinktion zwischen Adel und Bürgertum äußerte sich nicht nur in unterschiedlichen Denkweisen, sondern charakterisierte auch tatsächlich unterschiedliche Lebensentwürfe. Ein Familiengefüge im bürgerlichen Sinn war nicht das Ziel der höfisch-aristokratischen Ehe, vielmehr ging es darum, das Ansehen des Mannes zu erhöhen und die dynastische Linie zu sichern. Diesem Anspruch hatte sich die Beziehung zwischen dem hochadeligen Herrn und seiner Dame anzupassen. Was die Gesellschaft kontrollierte, war das Funktionieren der Ehe nach außen und ihre überzeugende Repräsentation. Ob diese Gemeinschaft nach innen von Liebe und Treue geprägt war oder nicht, spielte keine Rolle. Es genügte, die für die Darstellung auf der Vorderbühne nötigen Kontakte miteinander zu pflegen. Mit diesem höfischen Verständnis der Ehe, das in weiten Teilen auch Anfang des 19. Jahrhunderts im Hochadel noch verbreitet war, hatte die Liebe als Beschreibung eines dauerhaften Bindungsimpulses nichts zu tun. Es herrschte sogar die Vorstellung, dass sich Liebe und Ehe geradezu ausschließen mussten. Der Begriff Liebe umschrieb die „amour passion“, die leidenschaftliche Hinwendung zum anderen Geschlecht, die Vergnügen bereiten sollte, aber nicht auf Dauer angelegt war und deshalb als Basis einer Ehe im höfischen Sinne völlig ungeeignet war. Sie hatte ihren Platz ausdrücklich außerhalb der Ehe, wie Christa Diemel ausführt, und wurde an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts in einem ausschweifenden Mätressenwesen geradezu zelebriert. Dagegen waren in der ehelichen Liebe erotische Gefühle eher ausgeschlossen und unerwünscht, denn hier sollte durch die Zeugung legitimer Nachkommen vor allem der Fortbestand des „Hauses“ gesichert werden.55 Es ist anzunehmen, dass auch die Frauen des Hochadels als menschliche Wesen zu erotischen Empfindungen in der Lage waren. Allerdings blieben ihnen außereheliche Vergnügungen verwehrt, die Ehre einer Frau bestand in der geschlechtlichen Integrität und unterlag der sozialen Kontrolle. Nur so konnte sich der adelige Gatte auch sicher sein, sein Erbe an einen legitimen Nachkommen seines Stammes weiterzugeben. Junge Mädchen wurden schon früh in diesem Sinne auf die Ehe vorbereitet, in Adelskreisen herrschte im 19. Jahrhundert noch immer die vorromantische Vorstellung einer Vernunftehe vor, wie ein Zitat der Schriftstellerin Else von Armin nahe legt: „Die Liebe ist nur für die Tauben da. Menschen haben ihren Verstand und müssen ihn gebrauchen.“56 Allenfalls war eine Seelenfreundschaft in der Ehe als höchstes Sentiment anzustreben, was durch die Verheiratung innerhalb eines begrenzten Kreises

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erleichtert wurde. In der kleinen Gruppe des Hochadels mit engen familiären Verflechtungen und langen gemeinsamen Ahnenreihen konnte man darauf bauen, dass die künftigen Ehepartner mit denselben Vorstellungen in ihre gemeinsame Zukunft gingen und so Zerwürfnisse, die dem Ansehen schaden konnten, vermieden wurden. „Un mari de votre religion, de votre rang, de votre pays!“, wurde Else von Arnim von einer Freundin zur Wahl ihres künftigen Ehemannes beglückwünscht.57 Auch wenn das Ideal der Liebesheirat bereits am bürgerlichen Horizont erschien, im Adel dominierten weiter sachliche Gründe für eine Ehe: Ebenbürtigkeit, standesgemäße Lebensführung und Besitzstandswahrung blieben die beherrschenden Motive adeliger Heiratspolitik.58

3.3.1. Die Familie als Dynastie Insofern hatte Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld mit der Wahl Luises alles richtig gemacht und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Fortführung seines Hauses geschaffen. Wie tief die Coburger Fürstenfamilie in diesen Denkstrukturen wurzelte, zeigte sich eine Generation später, als Ernsts und Luises Sohn, Ernst II., ein Memorandum zum Selbstverständnis des Hauses aufschrieb, das als Leitfaden für eine erfolgreiche Familienplanung, aber auch als politisches Manifest des Machterhalts im Sinne einer Spitzenposition in der Gesellschaft zu verstehen war. Ernst schrieb: „Im Gegentheil und im Gegensatz zu anderen Häusern muß es den Gliedern unseres Hauses leichter werden, ein mächtiges Ganzes nach Außen hin zu bilden […] wenn wir das Bewusstsein in uns wach erhalten, daß wir isoliert wenig, in der Verbindung aller Glieder unendliches anstreben und erreichen können.“59 In diesem vor Selbstbewusstsein strotzenden Traktat formulierte Ernst II. Überzeugungen, die in der Familie über Generationen gewachsen waren und bereits zu beachtlichen Erfolgen auf dem internationalen Parkett geführt hatten. Die Coburger Signatur hatte sich bereits deutlich herausgebildet, was Ernst II. dazu veranlasste, sein Haus als von anderen verschieden, ja sogar als mächtiger zu empfinden. Vor allem sein Onkel Leopold, zu dieser Zeit König von Belgien und dessen Berater Baron Stockmar hatten die Familienpolitik als Machtinstrument verinnerlicht. Zusammenhalt und Unterordnung der „Glieder“, so mahnte Ernst II. in seinem Manifest, waren und blieben für den Erfolg der Coburger Dynastie substanziell. Dabei ging es vor allem um Prestige, weniger um einen direkten Einfluss auf die große Politik. Höfisch-aristokratische Denkmuster sollten fortgeführt werden, die von Der Familienbegriff  |

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der Ebenbürtigkeit der Fürsten und von einer egalitären Ordnungsvorstellung ausgingen, wie sie noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorgeherrscht hatten.60 Die vorausgesetzte zeremonielle Gleichberechtigung konnte Ernst II. zu der Annahme veranlassen, im Konzert der Mächtigen spielten die Coburger eine besondere Rolle, und sei es als Vermittler. Dass mit der Ausweitung des Netzwerks auch eine Distanzierung vom dynastischen Ursprung einsetzen konnte, wollte Ernst II. entweder nicht wahrnehmen, oder mit seinem Familienmanifest gerade ausdrücklich verhindern. Karina Urbach weist darauf hin, dass dieses von ihm beschworene Ideal selten zu erreichen war, und umso schwerer umgesetzt werden konnte, je weiter sich die Glieder durch Einheirat in ausländische Höfe vom Stamm entfernten, wie zum Beispiel Albert, der Prinzgemahl Queen Victorias.61 Wie diese Sonderstellung des zweitgeborenen Coburger Prinzen sein Verhältnis zu seiner Ursprungsfamilie verändert hatte, zeigt ein Konflikt innerhalb der Dynastie anlässlich der Taufe seines ersten Sohnes, des Prinzen von Wales. Victoria hatte den Thronfolger im November 1841 zur Welt gebracht. Albert bat mehrere Personen, die Patenschaft zu übernehmen, darunter auch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV., was zu einem empörten Protest der Königinwitwe Adelaide führte. Sie sprach sich für eine Patenschaft des Königs von Hannover aus, dem ältesten Onkel Victorias. Auch Alberts Vater, Ernst I., protestierte gegen die Wahl Friedrich Wilhelms IV., mit dem Hinweis, dass Preußen der Erbfeind des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha sei, der die Hälfte seines Territoriums verschlungen habe.62 Hier zeigte sich in beiden Argumentationen der noch aus dem 18. Jahrhundert stammende dynastische Anspruch, der im Kern familienpolitisch motiviert war. Doch Albert dachte als Prinzgemahl inzwischen in größeren Dimensionen. Er bestand auf seiner ursprünglichen Wahl und beschied seinen Vater in einem Schreiben, dass der König von Preußen „auf einer anderen Basis [stehe], nämlich nicht der der Familie sondern der der Politik. Die Taufe des Prinzen von Wales kann doch unmöglich allein als eine koburgische Familienangelegenheit betrachtet werden, sondern sie ist auch Sache der englischen Nation.“63 Friedrich Wilhelm IV. war schließlich bei der Taufe des britischen Thronfolgers persönlich in London anwesend.64 In dieser Affäre zeigten sich dynastische Auflösungserscheinungen, die Alberts Bruder Ernst II. nach seinem Amtsantritt als Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha 1844 mit seiner strengen Familiendisziplin aufzuhalten versuchte. Dabei begleitete ihn die ihm eigene Eitelkeit, die ihn im Kreis der deutschen Fürsten zu einer umstrittenen Figur machte.65 Trotz seiner Selbstüberschätzung war er sich dennoch der politischen Brisanz seiner

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Thesen bewusst, denn die Schrift war ausdrücklich nur für den internen Kreis bestimmt, wie Karina Urbach unterstreicht. Diese 25 Seiten seien ausdrücklich nur für die Augen von Familienmitgliedern bestimmt gewesen. Sie enthielten Anweisungen, wie man sich als „richtiger“ Coburger in der Heimat und im Ausland zu verhalten habe. Ernst bezeichnete seine Angehörigen darin durchweg als „Glieder“ einer Kette, ein Begriff, der sich nach Karina Urbachs Feststellung in Dokumenten der deutschen Aristokratie oft als Metapher findet. Er symbolisiere, dass eine Generation auf der anderen aufbaue, und dass ein fehlendes Glied in der Kette den gesamten Familienverband zu zerstören vermochte. Vorfahren, ebenso wie die gegenwärtigen und zukünftigen Familienmitglieder, galten als Einheit, die sich jenseits der Konventionen von Raum und Zeit bewegte. Die Familie und deren Ehre, so führt Karina Urbach aus, sollten sich im Zentrum des Denkens eines jeden „Gliedes“ befinden.66 In dieser Einschätzung zum Selbstbild der Coburger, das Züge konspirativer Machtphantasien trug, liegt einer der Schlüssel zum Verständnis des Schicksals Herzogin Luises. Im Sinne Ernst II. kann sie als eines der angesprochenen “missing links“ betrachtet werden, dessen abtrünniges Verhalten gefährlich war für die Dynastie, sie sogar hätte zerstören können. Da der Ehrenkodex Ernsts II. Zeit und Raum durchdringen wollte, allumfassend auch bisherige und künftige Generationen einschließend, ist Luise ihm auch noch posthum unterworfen. Hier erklärt sich ihre gründliche Verbannung aus dem kollektiven Gedächtnis, die bis heute fortwirkt. Luise hat wahrscheinlich niemals die Gefahr, die sie für den Coburger Machtanspruch darstellte, in ihrem ganzen Ausmaß erkannt. Sie wurde getäuscht und täuschte sich selbst über die Bedeutung, die der Begriff „Familie“ für den Fürstenhof hatte. Nicht im Sinne seiner bürgerlichen Definition wurde er gebraucht, sondern gleichgesetzt mit einem Instrument fürstlicher Machtentfaltung. Erst Luises Sohn Albert sollte in seiner Ehe mit Queen Victoria die beiden Elemente miteinander verbinden. Zeit seines Lebens verstand er seine Familie als Hort der Liebe, Treue und gemeinsamen Stärke im bürgerlichen Sinne, die gleichzeitig die Basis bildete für ein erfolgreiches Wirken auf dem Thron einer Weltmacht. Das Schicksal seiner Mutter wird ihm dabei sicherlich im Gedächtnis gewesen sein. Zu Beginn ihrer Ehe schickte Luise, wie bereits beschrieben, euphorische Briefe an ihre Freundin Auguste von Studnitz, in denen sie ihr Leben als eine unaufhörliche Aneinanderreihung freudiger und glücklicher Ereignisse darstellte. Ernst erschien ihr von Tag zu Tag perfekter, sein zur Schau getragener Charme schien seine Liebe zu ihr zu bestätigen. Doch es gab auch unerfreuliche Momente, in denen Ernst seine Überlegenheit auskostete. Am 31. OktoDer Familienbegriff  |

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ber 1817 fanden in Coburg Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag der Reformation statt. Gottesdienste und festliche Essen standen auf dem Programm und auch ein Besuch auf der Rosenau war geplant. Offenbar fand Ernst Spaß daran, mit den Gefühlen seiner jungen Frau zu spielen, deren überschwängliche Schwärmerei für das romantische Schlösschen ihm sicherlich nicht verborgen geblieben war – er erklärte ihr unumwunden, sie nicht zur Rosenau mitnehmen zu wollen. Luise, ihrem Temperament entsprechend, brach in Tränen der Enttäuschung aus, die den ganzen Morgen lang nicht trocknen wollten. Schließlich durfte sie doch mitfahren und freute sich wie ein Kind über die Gnade, die ihr Ehemann ihr damit erwies.67 Sie war nicht in der Position, Forderungen stellen zu können, sondern musste sich den Launen Ernsts unterordnen. Umso mehr freute sie sich auf ein Wiedersehen mit Auguste in Gotha, auf gemeinsame Späße und Unterhaltungen, in denen sie miteinander ihre mädchenhaften Geheimnisse teilen konnten. Die Jugendfreundin kannte die Verhältnisse am elterlichen Gothaer Hof und war daher der geeignete Adressat für manche Unmutsäußerung über das Verhalten ihres Vaters, Herzog Augusts. Dieser schrieb unentwegt Briefe an seine Tochter in Coburg, die sie wohl auch fleißig erwiderte. Ihre Antwortschreiben sind leider verloren, ihr Inhalt lässt sich nur aus den Zeilen Augusts deuten. Luise sparte nicht mit Kritik am Gothaer Herzog, dessen unkonventionelles Verhalten sie dazu veranlasste, ihn auf seine Marotten aufmerksam zu machen. August nannte seine Tochter in seiner Replik zwar naiv, räumte aber den Wahrheitsgehalt in den Worten Luises ein: „… ich habe in vielen Bildern mich und mein Hässliches, nur verschöntes Bild erkannt: die fünfzigjährige Eidelkeit [sic], das Rot- und Weiß auflegen, (…) so war ja Dein Brief ein Spiegel deinen fahlen, schieligen, zahnlosen und dazu noch geschminkten Vater, mit dem im Schertz verbohrten Greis, erkenne dich selbst, vorgehalten.“68 August, der selbst mit rüden Scherzen niemals sparte, war zur Zielscheibe des Spotts seiner Tochter geworden und nahm das mit einem lachenden und einem weinenden Auge hin. Allerdings spürte er auch die zunehmende Distanz zu Luise, die sich darin widerspiegelte. Er glaubte, ihr Vertrauen gehöre nun vor allem ihrem Ehemann, dessen Auftreten noch immer widerstreitende Gefühle in ihm auszulösen schien. „Zeiche [sic!] nur alle meine Briefe deinem durchlauchtigsten Glücks Meister, deinen vielgeliebten Gewißens-Rathe. Er deutle darinnen unbefangen die elterliche Aufgeblasenheit: Er verlache mit dir laut und zügellos, die väterliche Untrüglichkeit“, schrieb August in einem Anflug von Sarkasmus.69

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Luises Vater war in der Einschätzung Ernsts zwiegespalten. Einerseits schien er dessen scharfen Verstand und seine Willensstärke zu bewundern, andererseits hielt er ihn für übertrieben ehrgeizig. Dennoch schärfte er seiner Tochter ein, sich stets um die Gunst des Gemahls zu bemühen. So unkonventionell sich August in Gotha benahm, erschienen ihm doch Demut und Affektkontrolle für Luise am Coburger Hof die angemessene Haltung. Der mit Bangen und Sehnen erwartete Besuch in der Heimat wurde verschoben, da Luise schwanger war. Für ihre Schwiegermutter Auguste ein Grund zur Freude, aber auch Anlass zu ernster Sorge, denn es war noch nicht lange her, dass sie eine schreckliche Nachricht hatte verkraften müssen. Charlotte, die Ehefrau ihres Sohnes Leopold, war kurz nach der Totgeburt ihres ersten Kindes gestorben. Die Umstände waren dramatisch gewesen. Am 16. November 1817, einem trüben Herbsttag, erfuhren die Coburger, die schöne und beliebte englische Prinzessin habe am 5. November entbunden. Mit derselben Post wurde auch ihr Tod gemeldet, „… welcher‚ um zwei Uhr am Morgen des 6. November 1817“ zu Claremont erfolgt war, wie Herzogin Auguste in ihrem Tagebuch vermerkte. „Der Courier ist gekommen – Charlotte ist todt!“, klagte sie. „Großer Gott! Ich kann das ungeheure Unglück nicht fassen, nicht tragen! Armer, armer Leopold! Den ganzen Tag muß ich mir in dumpfer Trostlosigkeit vorsagen, sie ist todt, die schöne, holde, gute Frau, die Hoffnung eines großen Volkes, das sie einst beherrschen sollte, und deren Tod das ganze Lebensglück des armen Leopold vernichtet.“70 Die Verbindung Leopolds mit Charlotte war glücklich gewesen, aber mit dem Tod der Thronfolgerin war nicht nur für ihn eine Tragödie verbunden. Auch die Hoffnungen der Coburger auf mehr Macht und Einfluss am englischen Hof waren mit der im Volk so beliebten Prinzessin ins Grab gesunken. Nun also sollte Luise als Nächste gebären. Auguste betrachtete die oft noch so kindlich wirkende Schwiegertochter mit sorgenvoller Aufmerksamkeit. „Luischen hat heute ihren 17. Geburtstag recht froh gefeiert“, notierte sie am 21. Dezember 1818 in ihr Tagebuch. „Gott gebe, dass sie den 18. eben so glücklich und froh feiern möge, ihre große Jugend und ihr zarter Körper machen mir bei ihren Umständen recht bang auf die Stunde des Mutterwerdens.“71 Noch immer quälten Auguste die Gedanken an den frühen Tod Charlottes, sie schien keinem Glück mehr zu trauen und beobachtete jede Regung der schwangeren Luise. Diese saß nun oft grübelnd da, mit einem Ausdruck banger Ahnung in den Augen. Ihre mädchenhafte Sorglosigkeit war dahin, wie Auguste mitleidig feststellte. Sie schickte Stoßgebete zum Himmel, in denen sie darum bat, Kummer und Schmerz von ihrer Schwiegertochter abzuDer Familienbegriff  |

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wenden, die so früh in ihrem Leben schon „in die ernsteren Verhältniße der Frau“ getreten war.72 Vielleicht quälten Auguste beim Anblick der zarten und trübsinnigen Luise ernste Gewissensbisse, denn sie war es ja gewesen, die die Vermählung Ernsts mit der letzten Erbin des Gothaer Fürstenhauses forciert hatte. Nun musste sie hilflos mit ansehen, wie schwer die junge Herzogin an der Bürde der frühen Schwangerschaft trug. Vor dem Hintergrund des Schicksals ihrer Schwiegertochter Charlotte schien Auguste bewusst zu werden, welche Verantwortung ihr zufallen würde, nähme auch diese Geburt ein schreckliches Ende. Luises Trübsinn wuchs, als ihre Ausflüge mit Ernst mit fortschreitender Schwangerschaft immer seltener wurden. Der Herzog ging zur Jagd, mit ungebrochener Leidenschaft, ohne Gespür für die zunehmende Einsamkeit seiner Frau. Die war zwar von Hofdamen umgeben, mit denen sie einen Schwatz über das schlechte Wetter oder neue Roben halten konnte, aber für einen vertrauensvollen Gedankenaustausch, wie Luise ihn mit ihrer Freundin Auguste gewohnt war, schienen sie nicht die Richtigen zu sein.73 Immer sehnsuchtsvoller wurden die Briefe, die von Coburg nach Gotha gesandt wurden, auch zwei kurze Begegnungen der beiden Freundinnen konnten das Gefühl des Verlassenseins nicht mildern.

3.3.2. Glieder einer Kette Nicht nur die bevorstehende Geburt des ersten Kindes von Ernst und Luise versetzte die Coburger in Aufregung. Dank des Einflusses, den Leopold und sein Berater Baron Stockmar noch immer am Hof in London besaßen, bahnte sich erneut eine aussichtsreiche englische Hochzeit an. Victoire, die Schwester Ernsts und Leopolds, sollte sich mit Herzog Eduard August von Kent und Strathearn verbinden, dem vierten Sohn König Georges III. Seit dem Tod der einzigen Thronfolgerin Charlotte war eine beispiellose Konkurrenz um seine Nachfolge entbrannt. „The death of Princess Charlotte, in opening up the prospect of succession to the throne to the younger sons of George III, had inspired them with a desire to marry“, schrieb Stockmar.74 Die Zustände im Haus Hannover waren desolat. Charlottes Vater, der spätere George IV., lebte von seiner Frau, Königin Caroline, inzwischen getrennt und war damit nicht mehr in der Lage, weitere legitime Erben zu zeugen. Seine drei verheirateten Brüder, die Herzöge von York, Sussex und Cumberland, konnten nur zahlreiche illegitime Kinder aus ihren kaum überschaubaren außerehelichen Affären vorweisen, die rechtmäßigen Ehen waren kinderlos geblie-

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ben. Nun war es an den übrigen drei unverheirateten Brüdern, den Herzögen von Clarence, Cambridge und Kent, so schnell als möglich die nächste Generation zu zeugen. Allesamt galten die Hannoveraner als verschwenderisch, unfähig und moralisch fragwürdig. Unter ihnen wurde einzig Edward von Kent eine gewisse Intelligenz zugeschrieben, doch der künftige Bräutigam Victoires hatte auf anderen Gebieten erhebliche Handicaps vorzuweisen. Er war nicht mehr der Jüngste mit seinen fünfzig Jahren, und sein Herz war bereits vergeben. Er lebte mit seiner nicht standesgemäßen Geliebten Julie de St. Laurent in Paris, der er seit siebenundzwanzig Jahren die Treue hielt. Außerdem war er hoch verschuldet.75 Doch genau dies war die Tatsache, die ihm die Aussicht auf eine späte Heirat verlockend erscheinen ließ, denn damit verbunden wäre eine höhere Apanage, mit der er seinen Lebensabend absichern konnte. Leopold und Stockmar, ausgestattet mit dem Gespür für eine gute Gelegenheit, hatten Victoire diskret ins Blickfeld Edward von Kents manövriert. Auch sie war mit zweiunddreißig Jahren nicht mehr die Jüngste, ihr erster Ehemann, Emich Karl Fürst von Leiningen, war verstorben. Victoire war Mutter zweier gesunder Kinder. Dies sprach unter den gegebenen Umständen aber wohl eher für sie, hatte sie ihre Gebärfähigkeit damit doch schon unter Beweis gestellt. Doch sie war zunächst nicht begeistert von einer neuerlichen Vermählung, da sie ihre Position als Regentin schätzte, wie eine Notiz in der „Frankfurter Ober Postamtszeitung“ belegt. Denn diese „… schöne Verbindung würde früher stattgefunden haben, wenn nicht die Frau Fürstin von Leiningen (…) nur unter der Bedingung einwilligen wollte, daß sie auch in der zweyten Ehe die Vormundschaft und Landesverwaltung fortführen dürfte. Sie wollte selbst fortfahren für das Glück ihrer Kinder und ihrer Unterthanen zu sorgen. Der Herzog von Kent müsste die Fürstin deswegen nur noch höher schätzen, und eben dies fand statt bey dem Prinz Regent.“76 Der künftige König George IV. konnte sich allmählich für die Heirat seines Bruders mit der Coburgerin begeistern, während Victoires Mutter Auguste der neuerlichen Verheiratung ihrer Tochter mit gemischten Gefühlen entgegensah. Auch wenn sie die Vorteile dieser Verbindung für die Zukunft ihrer Familie durchaus zu schätzen wusste, bangte sie doch um Victoires Seelenheil. „Gutes, geliebtes Kind, sie geht einer ernsten Zukunft mit einer Ruhe entgegen, die mich beinahe ängstigt“, vertraute sie ihrem Tagebuch an. „In wenig Monden vielleicht die Gattin eines Mannes, den sie kaum kennt. Ist es Gottes Wille, daß sie diese Verbindung schließt, so wird er sie auch schützen, denn Victoire hat sie nicht gesucht. Ach. Leopolds schreckliches unerwartetes Unglück hat meinen Muth, meinen Glauben an Glück zerstört. Mir ist immer, als ginge ich auf einem Krater, wo meine Lieben einbrechen und verschwinden müßten.“77 Der Familienbegriff  |

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Auguste war wohl auch über das Vorleben Kents im Bilde, das sie aber in ihrer gewohnheitsmäßigen Toleranz den Ausschweifungen des männlichen Geschlechts gegenüber mit verständnisvollen Kommentaren versah: „Ich hoffe, daß Victoire glücklich mit dem wirklich liebenswürdigen Manne sein wird. (…) Kent, der nur im reifen Alter häusliches Glück kennen lernt und es nun vielleicht desto besser schätzen wird.“78 Hatte Auguste ihre Bedenken auch im Familienkreis geäußert? Wenn ja, so blieben sie doch ohne Wirkung. Die Heirat fand statt, denn inzwischen hatte auch die britische Seite dem von Leopold eingefädelten Vorhaben zugestimmt. Der spätere George IV., Prinzregent auf dem englischen Thron, der inzwischen an die Stelle seines schwer kranken und geistig umnachteten Vaters getreten war, hatte sich für die Verbindung seines Bruders mit Victoire ausgesprochen. Am 29. Mai 1818 erlebte Coburg wieder eine glänzende fürstliche Hochzeit. Im Riesensaal des Schlosses Ehrenburg, einer beeindruckenden Barockhalle, deren Decke von achtundzwanzig mannshohen Atlantenfiguren getragen wurde, sollten Edward und Victoire vermählt werden. Herzogin Luise, die der Hochzeit beiwohnte, war zu diesem Zeitpunkt im achten Monat schwanger. Vielleicht kam es ihr ein wenig seltsam vor, die beiden Brautleute in ihrem fortgeschrittenen Alter bei einer Zeremonie zu beobachten, die in der Regel für jüngere Darsteller auf der Bühne des Hofes vorgesehen war. Doris A. Ponsonby beschreibt die Szene im Stile einer Reportage: „Victoire wurde von Ernst hereingeführt. Sie trug ein weißes Kleid, verziert mit weißen Rosen und Orangenblüten - für eine Witwe über dreißig, die zwei Kinder hatte, mutete ein solches Brautgewand recht jugendlich an. Wie dem auch sei, ihre Mutter dachte, sie sehe sehr anmutig aus; und der Bräutigam, in seiner Uniform eines englischen Feldmarschalls, machte eine gute Figur.“79 Kanonendonner erschallte von der Veste, wie schon bei Luises Hochzeit. Sechs Wochen später wurde die Trauungszeremonie noch einmal in London wiederholt, zelebriert vom Erzbischof von Canterbury. Man wollte sichergehen, dass auch die anglikanische Kirche ihren Segen zu der Verbindung gab, da ein gemeinsames Kind einst möglicherweise Anspruch auf den britischen Thron erheben würde. Ein weiteres Glied in der Kette der familiären Verbindungen war geschmiedet, das fast zweiundzwanzig Jahre später zu einem noch engeren Band geknüpft werden sollte. Aus der Ehe Edwards und Victoires ging die ersehnte Thronfolgerin für das englische Königshaus hervor, die spätere Queen Victoria. Luises zweiter Sohn Albert wurde am 10. Februar 1840 deren Ehemann, auch diese Verbindung ein Ergebnis Coburger Diplomatie, geschickt

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gelenkt durch Leopold und Stockmar, die sich als Meister der Heiratsplanung erwiesen.80 Sie konnten dabei auf eine seit Jahrhunderten gewachsene interdynastische „Infrastruktur“ zurückgreifen, die ganz Europa umspannte, wie Daniel Schönpflug in einer empirischen Arbeit nachweist. Auch minder mächtige Fürstenhäuser, die nicht royal waren, konnten durch familiäre Beziehungen in kürzester Zeit in die Nähe von Thronen gelangen oder nach Königskronen greifen. Diese Art von spezifischen Familienbeziehungen forderten sorgfältige Vorbereitungen, Planungen und die Ausarbeitung rechtlicher Grundlagen, vor allem, wenn sie mit der Heirat eines Familienmitgliedes ins Ausland einhergingen. Man war überzeugt, dass sie eine besonders bindende Wirkung entfalten konnten, weshalb solche Hochzeiten auch mit großem Aufwand und internationalen Gästen gefeiert wurden. So wurden intensive Bindungen zwischen Dynastien geknüpft, wie Schönpflug ausführt.81 Das so entstandene Netzwerk konnte auf informellen Kanälen in relativ kurzer Zeit über ganz Europa hinweg operieren und war gleichzeitig ein exklusiver Heiratsclub mit nur wenigen Mitgliedern. Das schränkte zwar die Auswahl ein, sollte aber auch verhindern, dass es zu politischen, konfessionellen oder emotionalen Spannungen in den Ehen kam, die die ganze Dynastie gefährden konnten. Victoires Hochzeit mit Edward von Kent entsprach in Planung und Ausführung diesem Grundmuster und sollte sich für die Coburger als besonders erfolgreich erweisen. Mit dieser Verbindung war der Grundstein gelegt für die „Coburg Connection“, die das kleine Fürstentum am Rande des Thüringer Waldes in nur zwei Generationen auf die politische Weltbühne heben sollte, was einen außergewöhnlichen Prestigegewinn zur Folge hatte.82 Während der Trauungszeremonie von Edward und Victoire im Riesensaal des Coburger Schlosses mag die schwangere Luise die mächtigen Atlantenfiguren aus dem 17. Jahrhundert betrachtet haben, die das Gebälk des Frieses stützten. Dieser wird heute von sechsundfünfzig Wappen geziert, die den Einflussbereich der Wettiner in ihrer tausendjährigen Geschichte symbolisieren. Bald sollte Luise ihren ersten Sohn gebären, der einst als Ernst II. das Fürstentum Sachsen-Coburg-Gotha regieren und die volle Blüte der Familienbeziehungen erleben würde.83 Aus den Briefen Luises, die sie an ihre Freundin Auguste schickte, geht nicht hervor, ob sie sich der politischen und dynastischen Tragweite dieser „Familienfeste“ bewusst war. Auch bleibt unklar, ob die gerade einmal achtzehn Jahre alte Herzogin von Sachsen in die weit in die Zukunft führenden Überlegungen ihrer Schwiegerfamilie eingeweiht wurde. Es ist anzunehmen, dass sie nicht zum inneren Zirkel der Dynastie gehörte, sondern als Der Familienbegriff  |

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Mittel zum Zweck angesehen wurde. Luise schien ganz mit ihrem persönlichen Befinden beschäftigt, mit ihrer Sehnsucht nach der vertrauten Freundin Auguste aus Kindertagen, die an Eifersucht grenzte, und mit ihren Beschwerden, die der fortschreitenden Schwangerschaft zuzuschreiben waren. Kaum hatten sich die Coburger von den Turbulenzen der Hochzeit Victoires erholt, gab es erneut Anlass zu öffentlicher Aufregung. Am 21. Juni 1818, frühmorgens, wurde Luise von einem gesunden Jungen entbunden: „… der ganze Hof und die ganze Stadt war in lauter Jubel und Freude. Es wurde heute noch den Himmel für dießes frohe Ereigniß in der St. Moritz Kirche gedanckt, der ganze Hof wohnte diesem Gottesdienst bey.“84 Am 5. Juli wurde der Coburger Erbprinz auf den Namen August Ernst Carl Johannes Leopold Alexander Eduard getauft, Paten waren der Großvater August und der Kaiser von Österreich.85 Ihre Gefühle nach der Geburt des kleinen Ernst beschrieb Luise in einem Brief an die geliebte Freundin Auguste von Studnitz. Er datiert vom 13. Juli und wurde auf der Rosenau verfasst, die als Wohnsitz der Familie Ernsts diente. „Ich benutze den ersten Augenblick, wo es mir wieder erlaubt ist zu schreiben, um mit Dir, theure Auguste, nach altem Gebrauch zu plaudern.(…). Viel hat sich zugetragen seitdem ich Dir zum letzten Mal schrieb; eine Beschreibung der Schmerzen, die ich empfunden habe, kann ich Dir nicht geben, da ich selbst nicht mehr davon weiß, sie waren ja nur vorübergehend, mein Glück ist aber bleibend, wenn der Himmel seinen Segen gibt“, vertraute sie der Freundin an. „Du kannst gar nicht begreifen, welchen sonderbaren Eindruck es mir macht eine respectable Mama zu sein, ich liebe mein Kindchen sehr, doch kann ich noch nicht begreifen, daß es mir gehören soll. Von der Taufe wird Dir Julius Wangenheim wohl erzählen, einige besonders hübsche Gedichte sende ich Dir nächstens.“86 Noch schien Luises Hoffnung auf dauerhaftes Glück berechtigt, denn bald nach der Entbindung von ihrem ersten Sohn war sie wieder schwanger.

3.4. Störung der Ordnung Wann die Ehe Luises in die Krise geriet, und warum sich Ernst offenbar von ihr abwandte, lässt sich nur vermuten. Es gibt keine deutlichen Aussagen von ihr in ihren Briefen, nur Andeutungen. Das Leben der jungen Herzogin war auf einen engen Raum begrenzt, ihr vorwiegendes Lebensumfeld war das kleine Schlösschen Rosenau. Ihre Mutterpflichten erlaubten ihr keine Reisen an den elterlichen Hof in Gotha, so war sie auf den Umgang mit den

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Menschen beschränkt, die Ernst um sich versammelt hatte. Während er, wie absehbar, seinen Interessen frönte, spürte Luise die Langeweile, die mit einem aristokratischen Frauenleben einherging. Die Versorgung und Erziehung der Kinder oblag im Hochadel nicht der Mutter, sondern traditionell kümmerten sich Gouvernanten und Erzieher um das Wohl und die Bildung des Nachwuchses. Die Aufgabe der Frauen am Hof beschränkte sich meist auf repräsentative Pflichten. Sie glänzten auf dem gesellschaftlichen Parkett der Vorderbühne, doch aller Glamour und Luxus konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit der Geburt eines Stammhalters die wichtigste Aufgabe im Leben einer hochadeligen Frau erfüllt war. „Die Last des Luxus“, wie Christa Diemel schreibt, konnte über die Leere nicht hinweghelfen.87 Hinzu kam die Unfreiheit des Gefühls, denn Emotionen waren nach den Regeln der höfischen Rationalität zu unterdrücken. Diese störenden Regungen waren ein gefährlicher Nährboden für Intrigen, denn in einer abgeschlossenen Gesellschaft, in der es für eine überschaubare Anzahl von Menschen um Positionen und Rangordnungen ging, wurden solche Schwächen genutzt, um die eigene Ausgangssituation zu verbessern. „Jedes Wort, jede Geste gewann Bedeutung und mußte genauestens abgewogen werden“, fasst Christa Diemel zusammen.88 Luises Stärke lag nicht in der nötigen Affektkontrolle, die sie vor Intrigen geschützt hätte. Und offenbar war auch ihr Ehemann nicht mehr daran interessiert, sich mit den Gefühlen seiner jungen Frau und ihrer isolierten Existenz am Hof zu beschäftigen. Es ist schwer festzustellen, wann es den entscheidenden Bruch in der Beziehung der Eheleute gegeben hatte. Nach der Geburt des zweiten Kindes, als Luise ihre dynastische Aufgabe erfüllt hatte, war die Entfremdung schon fortgeschritten. Nach Auswertung der Quellen in den Royal Archives scheint sich die Katastrophe weit früher angedeutet zu haben. Besonderes Augenmerk muss dabei einem Brief Luises an Aurore de Venançon, geb. Marassé, einer schon erwähnten Freundin Ernst I., gelten. Am 23. Juli 1819, schon hochschwanger mit dem zweiten Kind, schrieb Luise von der Rosenau: „Der Herzog hat mich gestern Mittag verlassen, um nach Karlsbad zu reisen. Dort wird er seine Schwester, die Herzogin von Württemberg, wiedersehen. Glücklicherweise kehrt er schon am 29. zurück. Ich bin sehr allein, sehr traurig und wünsche mir zum ersten Mal, die Zeit hätte Flügel.“89 Luise beklagte sich nun offen über ihre Einsamkeit am Coburger Hof. Vielleicht erhoffte sie sich Unterstützung von Aurore, vielleicht in der Annahme, die Gräfin könnte Einfluss auf Ernst haben und ihn auf ihre Seelenpein aufmerksam machen. Schon zehn Tage bevor Luise den Brief an Störung der Ordnung  |

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Aurore formulierte, schienen ihre Gedanken angstvoll auf die Reise Ernsts nach Karlsbad gerichtet. Am 13. Juli 1819 klagte sie in einem Schreiben an ihre Freundin Auguste von Studnitz: „… nichts thut weher auf dieser armen Erde, als das Gefühl, allein zu sein. Ich werde es recht empfinden, da Ernst nach Carlsbad reisen will, um seine Schwester, die Herzogin von Württemberg, zu besuchen. Wie betrübt ich schon im Voraus darüber bin, kannst Du Dir wohl leicht denken, da noch das peinliche Gefühl der Eifersucht sich hineinmischt und ich mich stets vor den dortigen Schönen fürchte, zum Glück bleibt Ernst nur acht Tage aus.“90 Unter den Schönen, die in Karlsbad weilten, hielt sich wahrscheinlich auch Ernsts Nichte, die junge Marie von Württemberg, auf. Sie war die Tochter seiner Schwester Antoinette und des Herzogs Alexander von Württemberg und sollte später Ernsts zweite Ehefrau werden. Offenbar fürchtete Luise, dass der Herzog ihr nicht mehr treu war. Schon zu diesem Zeitpunkt schien es ihr denkbar, ihn an seine Nichte verlieren zu können, die eben so jung war wie sie, aber nicht durch frühe Schwangerschaften gezeichnet. Luises Zeilen ist zu entnehmen, wie sehr sie von Einsamkeit und der Eifersucht geplagt wurde, die sie als peinlich empfand. Wahrscheinlich ist, dass niemand ihre Gefühle bemerkt oder ernst genommen hat. In dieses seelische Tief hinein wurde am 26. August 1819 Luises zweiter Sohn geboren, Franz August Carl Albrecht Emanuel, genannt Albert, der spätere Ehemann Queen Victorias. Luise hatte diese zweite Schwangerschaft und Geburt offenbar nicht gut verkraftet und wurde für längere Zeit krank. Ein undatierter Brief an ihren Ehemann, dessen Entstehung Josef Dreesen im Jahr 1819 vermutet, offenbarte das ganze Ausmaß der Verzweiflung und bezichtigte Ernst indirekt der Untreue. Möglicherweise entstand er vor der Reise des Herzogs nach Karlsbad. Es war ein letzter Appell an die romantischen Gefühle Ernsts, die Luise zu Beginn ihrer Ehe bei ihm zu erkennen geglaubt hatte. „Monsigneur mon Maitre“, mit dieser förmlichen Anrede umschmeichelte sie den Gatten schon in der Eingangsformel. „Du wirst lachen, mein theures Liebchen, wenn du dieses noch vor deiner Abreise geschriebenes Briefchen erhältst und mich für recht töricht halten. Aber verzeihen wirst du mir doch, da ich es ja nur aus wahrer, besorgter Liebe schreibe. Du kennst meine ganze Neigung für dich und die böse Ahnung, die ich hege. Erlaube mir also dich zuerst an dein Ehrenwort zu erinnern. Das Versprechen eines ächten Ritters ist ihm heilig, besonders wenn er es seiner Dame gab (und dafür darf ich mich halten, nicht wahr?). Also bitte, bitte bewahre die alte, deutsche Treue und laß deinen Handschlag und Schwur gelten. Das Vergnügen, was eine andere dir verschafft, kann dich ja doch nicht wahrhaft freuen, da

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es Sünde ist. Denke an mich nur ein wenig und an meine unbegrenzte Trauer in Deiner Abwesenheit und an die innige Freude bei deiner Heimkehr und an das fröhliche Vertrauen, was dein Versprechen mir gab. Du wirst es gewiß halten. (…). Laß dich nicht blenden von sanfter Schönheit und blicke nicht verachtend auf mich.“91 Dieses Schreiben kann als Versuch Luises gewertet werden, Ernsts Gefühle noch einmal zu berühren. Rhetorisch geschickt vermittelte sie ihr Verständnis von ritterlicher Liebe, um Ernst noch vor dem befürchteten Vollzug der ehelichen Untreue in die Verantwortung zu nehmen. In keinem Fall entsprechen Stil und Inhalt des Briefes dem Bild einer naiven, leichtsinnigen Ehebrecherin – doch schon bald sollte Luise mit genau diesem Vorwurf belegt werden. In einer Zeit der Depression und Schwäche, in der die Herzogin von tiefer und wahrscheinlich ehrlicher Sorge um ihre Ehe erfüllt war, schlug die Stunde der Höflinge und Intriganten, der Einflüsterer und der sogenannten Strippenzieher. Gerüchte machten die Runde, und die enttäuschte und verunsicherte Luise tappte nur zu leicht in die Falle, wie sie später selbst ihrer Freundin Julie von Zerzog bekannte: „…bald nach dieser zweyten Niederkunft, nach welcher sie längere Zeit krank war, suchte man durch Einflüsterungen von allen Seiten über die veränderte Gesinnung des Herzogs ihre Anhänglichkeit für ihn zu erschüttern. Sie gestand es mir offen ein, daß es ein großer aber jugendlicher Fehler von ihr gewesen sey, dass sie auch nur etwas g e g e n den Herzog angehört hatte.“92 Das Räderwerk der höfischen Intrige, einmal in Gang gekommen, konnte selbst von Herzog Ernst in seiner zersetzenden Kraft nicht mehr kontrolliert werden. Wie viel er selbst zu dem unseligen Ränkespiel an seinem Hof beigetragen hatte, hielt ihm seine Mutter Auguste in einem ausführlichen Brief vor, in dem sie auf dem Höhepunkt der Ehekrise die Fehler ihres Sohnes aufzählte, über die sie zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht mehr hinwegsehen konnte und wollte. Vor allem Ernsts ausgedehnte Jagdausflüge nach Rodach waren ihr ein Dorn im Auge. Er nahm Luise dorthin mit, um sie dann mit einer Schar Höflinge allein zu lassen, so lange er auf der Pirsch war. Auguste warnte eindringlich, als es bereits zu spät war: „… du hast wirklich selbst ein wenig Schuld an ihrer Unart nur mit Männern ausgehen zu wollen, weil Du sie von Anfang da mit umgeben hast. Rodach unter andern, wo Du immer eine unnöthige Heerde mit nimmst. Waß Dich entsetzlich kostet, ist ein wahres Verderben für Louise und ihr himmliches Jerusalem, weil sie da viel ungenirter, und allein regiert. Ich kann nicht drein reden, weil ich’s nicht sehe. Du bist den ganzen Tag abwesend, abends müde, da schwätzt sie (…) und geht Störung der Ordnung  |

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verzückt von ihrem Verstand, und échaufirt von ihrem Gewäsch zu Bett, und hält jeden geduldigen Zuhörer für einen versteckten Liebhaber.“93 Auch über Luise waren nach der Geburt Alberts bald böse Gerüchte im Umlauf, auf die sich Auguste in ihrer mahnenden Depesche an Ernst bezog. Obwohl die Schwiegermutter die Verhältnisse in Coburg und Rodach, wie sie selber einräumte, zu diesem Zeitpunkt nicht vom eigenen Augenschein her kannte, glaubte sie Berichten, die ihr zugetragen worden waren. Auguste, die sich ihre Witwenschaft mit ausgedehnten Reisen, unter anderem nach Italien, versüßte, hatte in Genua Luises Großmutter, ihre enge Freundin Charlotte Herzogin von Sachsen-Gotha-Altenburg, getroffen. „Die alte Herzogin hat mir’s zu ernstlich in Genua gesagt, sie weiß zu viel, um daß ich Daran zweifeln könnte. Sie hat mir beim Abschied gesagt, du wirst nicht viel Freude in Coburg finden, da giebt es wieder eine neue intrique. Die Alte weiß alles und verräths niemand“, stellte Auguste fest.94 Verschwiegenheit über innerfamiliäre Angelegenheiten gehörte zu den obersten Regeln der höfischen Etikette. Schwierigkeiten in der Ehe nach außen zu tragen, glich einem Tabubruch. Luise hatte gegen diese Regeln insofern schon verstoßen, als sie ihre Befürchtungen über die Untreue ihres Gatten in den Briefen an ihre beiden Vertrauten Aurore und Auguste andeutete. Das Schreiben an Ernst sprach eine noch viel deutlichere Sprache. Wie wichtig Verschwiegenheit in ehelichen Angelegenheiten war, formulierte Freiherr von Knigge (1752–1796) in seinem Ratgeber „Von dem Umgange unter Eheleuten“. Die „… sehr vornehmen und sehr reichen Leute haben selten Sinn für häusliche Glückseligkeit, fühlen keine Seelenbedürfnisse, leben mehrenteils auf einem sehr fremden Fuß mit ihren Ehegatten und bedürfen also keiner andern Regeln als solcher, die eine feine Erziehung vorschreibt“, urteilte Knigge.95 Der Freiherr schrieb dem Adel sogar eine eigene Moral zu, wie Ingeborg Weber-Kellermann in ihrer Abhandlung über Frauenleben im 19. Jahrhundert ausführt.96 Dabei wies er auf die scharfe Trennung von der Moral der Bürgerlichen hin. In vielen hochadeligen Familien hatten die Ideen der Aufklärung nicht zwangsläufig dazu geführt, den Frauen eine gleichberechtigte Stellung in der Ehe zuzusprechen, noch konnten sie auf anständige zwischenmenschliche Beziehungen hoffen. Wie sich das männliche Selbstverständnis in hochadeligen Kreisen ausdrückte, hat Elisa von der Recke (1754–1833), eine Zeitgenossin Luises, in ihren Schriften festgehalten, die Ingeborg Weber-Kellermann untersucht hat.97 Elisa von der Recke, Tochter aus einem berühmten baltischen Adelshaus, war im Alter von 15 Jahren mit dem viel älteren Gutsherrn von der Recke verheiratet worden. Die schwärmerische und bildungsbeflissene

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Elisa hatte so manche Bosheit ihres Mannes zu ertragen: „… [ich] hörte Spöttereien über meinen Hang zum Lesen, und da ging es wieder über Mama her, daß sie mich zur gezierten Närrin, nicht aber zur Wirtin erzogen habe. Großmama und Tante Kleist hätten sehr Recht gehabt, da sie ihn gewarnt hätten, sich nicht bloß in eine schöne Larve zu vergaffen; ein kurländischer Edelmann brauche eine gute Wirtin, nicht aber eine Bücherfreundin zur Frau. Diese Reden zerrissen zwar mein Herz (…). Doch verbarg ich meine Tränen und sagte mit aller Sanftmut, dass ich mir ein Vergnügen daraus machen würde, mich ganz nach seinem Willen zu bequemen, daß ich mit der Zeit mehr wirtschaftliche Kenntnisse einzusammeln hoffe; bis dahin möge er Geduld mit mir haben und mich belehren.“98 Dieses Zitat enthält interessante Hinweise auf den Umgang mit Eheproblemen, die sich später auch in Luises Fall feststellen lassen werden. Eine Frau wie Elisa, die auf eigenständiges Denken und Handeln pochte, wurde zur Närrin erklärt, also für geistig nicht zurechnungsfähig. Die weiblichen Mitglieder der Familie, hier sind es Großmutter und Tante, bei Luise werden vor allem die Stief- und die Schwiegermutter diese Rolle spielen, mischen sich nicht etwa mit Vermittlungsversuchen ein, sondern mit übler Nachrede. Die mangelnde Erziehung wird als Wurzel des unbotmäßigen Verhaltens der jungen Frau ausgemacht. Wie reagiert die so ins Unrecht gesetzte Elisa? Mit Unterwürfigkeitsgesten an ihren offensichtlich unausstehlichen Mann. Wie versuchte nun Herzogin Luise ihre Schwierigkeiten mit ihrem vermutlich untreuen Ehemann Ernst zu lösen? Ihr bereits zitierter Brief an „Monsigneur mon Maitre“, der schon in der Anrede die wahren Machtverhältnisse kennzeichnete, endete mit einer absoluten Ergebenheitsgeste: „…ich werde indeßen nach alter Sitte, meines geliebten Herrns gedenken. Mit Sehnsucht und Demuth auf seine Rückkehr harren und in Gebet und Arbeit meine Tage verleben. Nun ein Küsschen noch du liebes Liebchen, könnte ich es dir nur geben. Ewig deine alte treue Frau Luise.“99 Was anmutet wie naive Liebedienerei war eine Reaktion „comme il faut“ für eine Ehefrau des Hochadels, die erkannt hatte, dass sich ihr Gatte auf Abwege begab und dass das damit verbundene Geschwätz der Höflinge ihre Stellung am Hof untergrub. Luise war also weder unbedarft noch leichtsinnig, sondern versuchte, so zu reagieren, wie es die Moral ihres Standes vorsah. Wahrscheinlich war sich Luise zu diesem Zeitpunkt auch längst der Vergeblichkeit ihres Flehens bewusst. Sie hatte Grund zur Annahme, Ernst werde von seiner Mätressenwirtschaft nicht ablassen, wie sie für einen Mann seines Standes im 18. Jahrhundert noch durchaus üblich war. Am Beispiel des Vorzeige-Ehepaares Luise und Friedrich Wilhelm III. von Preußen zeigt Störung der Ordnung  |

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sich zwar, dass im frühen 19. Jahrhundert ein Wandel in hochadeligen Ehen hin zur Moral der bürgerlichen Treue möglich war, aber eben nicht selbstverständlich. Wie Männer des Adelsstandes darüber dachten, erfuhr Elisa von der Recke von ihrem Vater, der sie belehrte: „… deine Gleichgültigkeit über die Mätressen deines Mannes kränkt mich und wird ihn bitter kränken, wenn du sie ihm äußerst. Ein Mann sieht seine Frau lieber über seine Untreue aufgebracht als mit dieser zufrieden“.100 Elisa stand dieser doppelbödigen Rhetorik hilflos gegenüber: „Was sind die Männer für sonderbare Geschöpfe, wenn Papa in dem, was er sagt, Recht hat! – Bei Gott! Ich könnte keinen Mann lieben, der etwas tut, das er will, das mich ärgern soll. Und wie können Männer so sonderbar sein, daß sie Liebe fordern, wenn sie nicht zu lieben wissen? – Ist denn die Ehe bloß zur Plage für die Weiber ein Gesetz? – Wenn alle Männer so sind und alle Weiber wie ich dächten, dann würde die Welt bald aussterben.“101 Elisa, die an dieser von ihr als solche erkannte Doppelmoral und an ihrer Ehe verzweifelte, bemühte sich trotzdem um ein einvernehmliches Verhältnis zu ihrem Gatten, musste aber schließlich ihr Scheitern einsehen. Ihr Rechtsanwalt glaubte, den Grund dafür zu kennen: Widerstand einer Frau, die der Mann als Eigentum betrachte, könne dieser kaum verschmerzen, so erklärte er.102 Also zog Elisa die Konsequenzen. Sie ließ sich scheiden und führte fortan ein eigenständiges Leben als Schriftstellerin. Ein Schritt, zu dem im beginnenden 19. Jahrhundert viel Mut gehörte. Auch Herzogin Luise mag 1819, nach der Geburt ihres zweiten Kindes, darüber nachgedacht haben, wie sie aus ihrer Situation am Coburger Hof das Beste machen konnte. Sich als gute Mutter zu zeigen, war eine Möglichkeit, ihre Stellung zu festigen. Sie machte kein Hehl daraus, dass der neugeborene Sohn Albert nun ihr Favorit war. Der ältere Ernst, der seinem Vater sehr ähnlich war, konnte zuweilen ziemlich anstrengend sein und die Geduld seiner Eltern auf die Probe stellen, wie sein Vater in einer seltenen Verwaltungsnotiz über die häuslichen Verhältnisse bemerkte: „… hier befindet sich alles im besten Wohlsein bis auf den kleinen Ernst der sehr mit seinen Zähnen zu thun hat und gewaltig übler Laune ist.“103 Albert dagegen erschien wie ein Engel, der mit seinen hübschen Gesichtszügen entzückte, ein stets freundliches Baby mit blauen Augen, immer lächelnd. Bereits zu dieser Zeit mag es das erste bösartige Geflüster in den Gängen der Schlösser Ehrenburg und Rosenau gegeben haben. War dieser zweite Sohn, der im Aussehen und im Wesen so gar nicht seinem großen Bruder ähnelte, tatsächlich der leibliche Spross Ernsts? Die Schwierigkeiten in der

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Ehe des Herzogspaares waren offensichtlich, also schien es doch auch naheliegend, an die Vaterschaft ein großes Fragezeichen zu heften. Luise beeilte sich, schon zwei Monate nach Alberts Geburt in einem Brief an Aurore auf die deutliche Ähnlichkeit ihres jüngsten Sohnes mit ihrem Ehemann hinzuweisen: „Sie haben sicher von dem glücklichen Umstand erfahren, dass ich zum zweiten Mal Mutter geworden bin, es ist ein hübscher Junge. Obwohl ich mir so sehr eine Tochter gewünscht hatte, bin ich sehr zufrieden,“ schrieb Luise. Weiter versicherte sie, ihr Sohn habe die blauen Augen des Vaters, seinen Mund, seine Nase, überhaupt wirke seine ganze Erscheinung sehr reif für einen Knaben seines zarten Alters.104 Doch die Gerüchte, Ernst sei nicht der leibliche Vater Alberts, waren nicht mehr zu unterdrücken. Nun war also auch Luises guter Ruf als Mutter in Frage gestellt. In dieser für sie so schwierigen Zeit entwickelte sie eine tiefere Zuneigung zu ihrem Schwager Leopold, der sich bei der Familie in Coburg aufhielt, um nach dem Tod seiner geliebten Frau Charlotte Trost zu finden. Schon Ende des Jahres 1818 hatte Luise gegenüber ihrer Freundin Auguste aus ihrer Schwärmerei für Leopold kein Geheimnis gemacht. Am 10. Dezember schrieb sie: „… gestern Abend kam mein Schwager Leopold hier an und sprach mir viel von Gotha. Er hatte Dich gesehen und lobte sehr Deine schöne Gestalt, nur ein wenig bleich sähest Du aus, meinte er. O wie gern möchte ich an seiner Stelle gewesen sein, um Dich wiederzusehen, theure Auguste. Du wirst ihn recht schön und liebenswürdig gefunden haben. Sage mir ganz offenherzig, wen Du am schönsten findest, ihn oder Ernst, ich sage es keinem wieder und da ich Beide liebe, nur in anderem genre, so nehme ich Deine Aeußerung gar nicht übel.“105 In Luises Augen erschien nun offenbar Leopold als der perfekte Kavalier. Gutaussehend und gescheit, mit vollendeten Manieren, rührte sein Unglück ihr Herz. Er versuche, es vor allen zu verbergen, berichtete Luise, aber oft werde sein Lachen von tiefer Trauer abgelöst. Doch trotzdem kümmere Leopold sich um sie und zeige Interesse an ihrem Glück.106 Luise, von Ernst jetzt immer öfter allein gelassen und zunehmend isoliert am Coburger Hof, suchte Ablenkung und Zerstreuung. Sie beschäftigte sich mit der neuesten Mode aus Paris und unternahm gerne Ausflüge. Bälle und andere Vergnügungen vertrieben ihr die Zeit. Dies sollte ihr schon bald als Beweis für ihre oberflächliche Natur angekreidet werden.107

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3.4.1. Erste Affären Eine Reise nach Wien brachte im April 1820 eine willkommene Abwechslung in Luises Leben, würde aber gleichsam auch einen fatalen Wendepunkt in ihrer Ehe markieren. Ernst brachte sie an den österreichischen Hof, der ganz unter dem Einfluss des Diplomaten Fürst Metternich stand. Luise war von dessen Ausstrahlung überwältigt. Gutaussehend, galant und charmant, übertraf er in ihren Augen all die anderen Männer, denen Luise am Wiener Hof begegnete. Die meisten empfand sie als äußerlich nicht sehr ansprechend, aber zuvorkommend. Doch Metternich war ihr Favorit.108 Luise konnte nicht ahnen, welche Rolle der von ihr so bewunderte Lebemann bereits wenige Zeit später in den Turbulenzen ihrer Ehekrise spielen würde. Wien war für Luise eine Offenbarung. Das prächtige Hofleben nahm sie ganz gefangen, Dinner, Konzerte und Empfänge wechselten in rascher Folge. Für die junge Herzogin aus der sächsischen Provinz muss das Tempo der Metropole atemberaubend gewesen sein. Der innere Zirkel, die Élégantes, schienen sie zu akzeptieren und ihr Respekt zu zollen.109 Luise bemerkte sehr wohl, dass dies als großes Kompliment zu werten war. Sie genoss die Aufmerksamkeit und die Gespräche in diesem erlesenen Kreis, zu dem auch einige angesehene Herren der Gesellschaft gehörten. Auf Luises angeschlagenes Selbstbewusstsein müssen die glänzenden Wiener Erfahrungen wie eine Kur gewirkt haben. Sie hatte Bekanntschaft mit der großen Welt gemacht, hatte höfische Zeremonien auf höchstem Niveau erlebt. Das musste die junge Herzogin, die sich am heimischen Hof in Coburg so isoliert fühlte, tief beeindruckt haben. Auch Luise von Preußen, ihre Zeitgenossin, war aus wenn auch adeligen, so doch bescheidenen Verhältnissen in die Hauptstadt Berlin gekommen und fühlte sich von ihrer ersten Ballsaison schon bald überfordert. An ihre Schwester Therese schrieb sie: „Mach Dich darauf gefasst zu erfahren, daß ich bald sterben werde, denn seitdem ich mit diesem Brief begann, habe ich immer nur getanzt, und bis zu meinem Geburtstag finden noch sieben Bälle statt. Diese Lebensweise ist unglaublich anstrengend und ich achte nicht auf meine Gesundheit.“110 Doch schließlich wurde die preußische Luise ganz vom Rausch der Feste erfasst, sie wurde so leichtsinnig, dass sie zum großen Unmut ihrer gestrengen Oberhofmeisterin Sophie von Voß eine harmlose Flirterei mit einem Neffen Friedrichs des Großen begann. Die Sache wurde bald beendet, aber Luises Tanzwut sorgte weiter für Konflikte.111 Auch sie war den schönen Dingen

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des Lebens zugewandt, liebte Mode und elegante Einrichtung. Ihr Leben war wie das Luises von Sachsen-Coburg-Saalfeld auf den engsten Raum des Hofes beschränkt. Da waren die Äußerlichkeiten des Putzes eine willkommene, wenn auch unerheblich erscheinende Ablenkung, aber sie waren zugleich eine zwingende Notwendigkeit im höfischen Theater. Doch die ausschließliche Konzentration auf Oberflächliches barg auch die Gefahr, die eigene Position falsch einzuschätzen. „Mit dem Sündenfall beginnt die Macht der Kleider über die menschliche Existenz. Und es beginnt damit die Selbsttäuschung des Menschen über diese Macht, weil ihm die Freiheit der Wahl stets eine Freiheit an sich vorspiegelt“, schreibt Peter von Matt in seiner Abhandlung über das Wesen der Intrige.112 Die Freiheit zu besitzen, sich in kostbare Gewänder zu hüllen, mag die Damen des Hochadels über die Tatsache hinweg getäuscht haben, dass ihr Leben in der patriarchalischen Familie der totalen Kontrolle unterzogen war. Jeder Schritt, jede Bewegung wurde überwacht, von der Wiege bis zur Bahre. Sexuelle Libertinage war gefährlich, denn die Ehre einer Frau beruhte ganz auf ihrer geschlechtlichen Integrität. Wo der Ehemann oder die Schwiegermutter nicht streng genug kontrollierten, schwangen sich beflissene Höflinge zu Sittenwächtern auf. Das war der Nährboden, auf dem die Intrige entstand, denn dass „Etikette und Zeremoniell des Hofes nicht preziöser Schnickschnack oder barockes Ornament [waren], sondern die Erscheinungsform gebändigter Affekte, die Verhüllung furchtbarer, in der Tiefe tobender Wünsche, ist ein so einfacher wie bestechender Gedanke“, schreibt Peter von Matt.113 Rangverteilung und Ordnung am Hof waren klar geregelt, was für eine trügerische Ruhe sorgte, denn unter der geglätteten Oberfläche brodelten die menschlichen Emotionen, versuchten sich Günstlinge einen Vorteil zu verschaffen. Am Hof, so von Matt, bewachte jeder jeden.114 Welche Intrigen, vor denen ja Luises Großmutter bereits gewarnt hatte, waren also in Coburg im Gange? Die junge Herzogin sollte schon recht bald nach ihrer Rückkehr von der Wiener Reise erfahren, dass sie im Zentrum des Klatsches stand und dass es Charlotte von Bock war, eine ihrer nächsten Vertrauten, die die Aversionen schürte. Zwei Monate waren seit Wien vergangen, da schrieb Luise am 6. August 1820 an ihre zur Kur in Bad Liebenstein weilende Freundin Auguste von Studnitz: „… die gute Bock hat eine grenzenlose Dummheit begangen. Du wirst lachen, wenn Du sie erfährst, mich hat sie aber weinen gemacht. Sie gab mir die Schuld, ich liebte den Grafen Solms, putzte diesem den Kopf aus, daß er in mich verliebt sei, worüber er sich krank lachte und ganz stolz über die Ehre wurde, es sein zu können und pour comble de bêtise machen sie den Herzog auf das große Unglück aufmerksam, Störung der Ordnung  |

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wäre der vernünftig gewesen, so hätte er auch gelacht, aber er nahm es wichtig auf, ward auf mich böse, bis wir uns endlich verständigten und das Ganze endigte mit Weinen. (…). Nun beobachtet er mich, was er nie tat, und missdeutet Alles.“115 Was Luise als üble Nachrede einstufte, wurde am Hof behandelt wie eine Tatsache. Die Herzogin stand von nun an unter dem Verdacht der ehelichen Untreue. Charlotte von Bock, die ja bereits vor der Heirat Luises mit Ernst die unheilvollsten Befürchtungen geäußert hatte, sah sich bestätigt. Luise, die Naive, die Leichtsinnige, die Unmoralische, musste auf den rechten Pfad zurückgebracht werden. Als Wurzel allen Übels hatte Charlotte von Bock die Wienreise des Herzogpaares ausgemacht. Schon bald darauf habe sie eine auffallende Veränderung an Luise festgestellt. Vor allem betrübten sie die verderblichen Grundsätze, die dort von ihrem einstigen Schützling eingesogen worden waren, denn „Tugend, Rechtschaffenheit, sittliches Benehmen müssen dort langweilige altväterische Einrichtungen sein, die au[s]er cours gekommen sind“, klagte Charlotte von Bock. „Die Frau Herzogin theilte mir viele confidenzen mit, die ihr von Frauen gemacht wurden, daß mir schauderte. Ich frug, ob sie diese Frauen nachher hätte sehen können. Sie antwortete, diese Frauen wären geehrt und überal[l] gesehen. Welch verderbliches Beyspiel für ein junges Gemüth, so leidenschaftlich wie das unserer armen Frau Herzogin. Was alles mag noch beygetragen haben ihre Einbildungskraft zu verschlimmern, bey allen Anlagen, die gewiß schon mit ihr in die Welt gekommen sind und vielleicht nicht in dem Maaße unterdrückt worden sind, als es schon in frühester Jugend hätte geschehen sollen.“116 Vielleicht war es ja auch Charlotte von Bocks übersteigerte Einbildungskraft, die in jeder Geste Luises bereits die Bestätigung ihrer schlimmsten Befürchtungen sah. Welcher Natur die Erfahrungen waren, die die Damen in Wien der Herzogin mitgeteilt hatten, wurde von ihr nicht näher beschrieben, doch ist es wahrscheinlich, dass Luise beschlossen hatte, nicht mehr die gefügige, unterwürfige Gattin zu sein. Ihre Stiefmutter Caroline von Sachsen-Gotha-Altenburg war offenbar in die Gerüchte eingeweiht und versuchte, zwischen ihrer Stieftochter und dem Herzog zu vermitteln. „Sie müssen ihr Rathgeber seyn, sagen Sie es freundlich und wenn sie es doch nicht thut, so ist es am besten, daß Sie recht offen die Wahrheit sagen“, schrieb sie am 28. Februar 1821 an Ernst.117 Luise dürfe nicht immer daran denken, sich nur zu amüsieren, da dies ihre Eitelkeit nur noch mehr erregen könnte. „Bitte, bester Herzog, gewöhnen Sie Luise an ein stilles, geschäftiges Leben, daß sie sich auch glücklich ohne die lärmende Freude finde und besonders, daß sie nun anfange recht viel für ihre Engels-Kinder zu thun. Und um Himmelswillen

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bringen Sie die kleine Frau nicht mehr in die große Welt. Der Aufenthalt in Wien hat ihr gewiß nicht wohl gethan“, mahnte Caroline.118 Auch sie sah die Ursache für Luises Verwandlung in den Erfahrungen während der Wiener Reise. Sie war weit davon entfernt, Verständnis für ihre Stieftochter aufzubringen und forderte Ernst auf, möglichst streng zu reagieren. Luise sei in Coburg verwöhnt worden und benehme sich nun eitel und leichtsinnig. Er, der Herzog, habe sie verzogen, sie sei „wirklich zu glücklich“ gewesen, schrieb Caroline weiter.119 Offensichtlich war die Stiefmutter bemüht, die Verantwortung für das Verhalten Luises von sich zu weisen und allein der „Güte“ des Gatten anzulasten. Bis heute gibt es für die „Affäre“ Solms keine Beweise. Dass Luise 1820 als Folge ihrer Erlebnisse in Wien Ehebruch beging, aus Rache, Enttäuschung und Einsamkeit, bleibt ein Gerücht. Sollten jemals Dokumente existiert haben, die über die wahre Natur der Beziehung Luises zum Grafen Solms Aufschluss gaben, so sind sie verloren oder vernichtet worden. Aber der ungeheuerliche Verdacht beschäftigte den Coburger Hof. Julie von Zerzog beschrieb das schleichende Gift, das sich in der Ehe des Herzogpaares eingenistet hatte, als einen Samen der Zwietracht, der sich, einmal ausgestreut, nirgends schneller verbreitete als an Fürstenhöfen. Dort wachse das Misstrauen schneller als die Liebe zur Menschheit.120 „Luisens innerer Frieden war dahin, und trotz allem jugendlichen Leichtsinn, trotz aller Bemühungen durch scheinbare Zerstreuungen ihren Kummer zu decken, fühlte sie tief das Schmerzliche ihrer Lage. Als sie einst mit den Brillianten des Coburgischen Hausschmuckes bey einem Feste erschien, und von einer Dame des Hofes deshalb bewundert wurde, sagte sie: G u t e s K i n d! D i e B r i l l i a n t e nd r ü c k e n s e h r ! In diesen scheinbaren Glanze, in diesen Tändeleyen des Hoflebens, fühlte sie das Elend ihres Herzens, keine Seele zu haben, der sie vertrauen konnte! tiefer als man glaubte“, stellte Julie fest.121 Auch Ernst hatte das Vertrauen in seine Frau verloren. Luise wurde nach Gotha zu ihren Eltern geschickt, möglicherweise, um über die „Affäre Solms“ erst einmal Gras wachsen zu lassen. Allerdings sorgte der Herzog dafür, dass er über die Schritte und das Benehmen Luises im Bilde war. Ausführlich ließ er sich in Briefen Bericht erstatten. Caroline schrieb an ihn, ebenso Luises Hofdame, Farneis von Wangenheim, die die Herzogin nach Gotha begleitet hatte.122 Am 28. Februar 1821 hatte Caroline Luise in Gotha in die Arme geschlossen, fünf Monate, nachdem sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Die Freude war nicht ungetrübt, denn Ernst hatte seiner Schwiegermutter in einem Brief Störung der Ordnung  |

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mitgeteilt, welcher Verfehlungen seine Frau sich in seinen Augen schuldig gemacht hatte. Caroline war betrübt, dass die Ehe der beiden nicht reibungslos verlief – ihre Befürchtungen, die sie schon zu Beginn der Verbindung geäußert hatte, schienen sich nun zu bewahrheiten. Doch Caroline scheute sich, ihrer Stieftochter allzu sehr ins Gewissen zu reden, wusste sie doch um deren empfindsames Gemüt. Auch der Vater schien mehr Verständnis für seine Tochter aufzubringen, als der vermeintlich gehörnte Ernst.123

3.4.2. Disziplinierung Luise war tief verletzt, fühlte sie sich doch keines Vergehens schuldig, und konnte nicht recht verstehen, wieso Ernst sie nach Gotha geschickt hatte. Gleich nach der Ankunft schrieb sie nach Coburg: „Mein Vater ist auch gut und freundlich und hat weder einen Scherz, noch ein Bitteres Wort geäußert. Die Mutter hat mir mütterlichen Rath, Warnungen, Bitten ertheilt, ja mich und dich nicht unglücklich zu machen, und ist so sanft. Es ist ja auch, Gott ist mein Zeuge, nie mein Vorsatz gewesen, Dich zu betrüben.“124 Die Reise von Coburg nach Gotha schien abenteuerlich verlaufen zu sein, glaubt man der Schilderung Luises in ihrem Brief an ihren Mann. Ein versteckter leiser Vorwurf schwang in ihrer Beschreibung des schlechten Zustands der Straßen mit. Ernst hatte ihr diese Mühen zugemutet, obwohl in den ersten Monaten des Jahres ja mit aufgeweichten Wegen zu rechnen gewesen war. Trotz eines Schadens am Wagen war Luise glücklich in Gotha angekommen und wurde, wie sie betonte, mit großer Freundlichkeit empfangen, wahrscheinlich schmerzte sie der Kontrast zu ihrem Abschied von ihrem Ehemann in Coburg, der sicher eisig gewesen war. „Hier nun lieber Freund, wurde ich ungemein freundlich und lieb reich empfangen. Diese Liebe that meinem Herzen unendlich wohl. Du weißt wie sehr ich das Bedürfniß nach Liebe hege und welcher Balsam ein freundlicher Blick in jedem Schmerz ist“, schrieb sie an Ernst.125 Rhetorisch geschickt verpackte Luise hier ihre Klage über einen lieblosen Ehemann, der ihr mitten im Winter die Schmach einer Reise ins elterliche Gotha zumutete, die ihr wie eine Strafexpedition vorgekommen sein wird. Ernst hatte mit äußerster Strenge auf die „Affäre Solms“ reagiert. Den vermeintlichen Nebenbuhler versetzte er nach St. Wendel – was einer öffentlichen Bestätigung der Verfehlungen des Grafen gleichkam und damit auch Luise kompromittierte. Deren Ansehen am Hof in Coburg war ohnehin durch das andauernde Geflüster der Intriganten geschwächt, die nicht müde gewor-

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den waren, ihr Anspielungen über das fragwürdige Verhalten ihres Ehemanns zuzutragen. Farneis von Wangenheim unterrichtete Ernst über die Gerüchte, die Luise so unglücklich gemacht hatten. „Wer derjenige ist, der den Saamen der Zwietracht ausgestreut, und die Herzogin auf, vielleicht eingebildete oder unwillkürliche Vernachlässigungen aufmerksam gemacht hat, dem verzeihe Gott! Sie schweigt hartnäckig über diesen Punkt, weil sie niemand unglücklich machen will, und ich kann nichts aus Ihr bringen, aber es kommt gewiß eine Zeit, wo auch dieß an den Tag kommen, und seinen Lohn finden wird“, schrieb Farneis von Wangenheim.126 Ob sie den ausdrücklichen Auftrag hatte, Luise zu beobachten und auszuhorchen, oder ob sie dies im vorauseilenden Gehorsam ihrem „Durchlauchtigsten Gnädigen Herrn“127 gegenüber aus freien Stücken tat, geht aus ihrem Brief nicht hervor. Doch schien sie jede Regung der Herzogin gründlichst zu studieren, um Bericht erstatten zu können. Viel Zerstreuung gab es nicht, die Tage in Gotha verliefen in einem gleichförmigen Rhythmus. Nur abends kamen gelegentlich einige Damen zum Tee. Luise selbst berichtete Ernst vom eintönigen Ablauf ihres Lebens bei ihren Eltern. „Ich wohne hier in den Zimmern, die ich nach meiner Heirath bezog, die andern sind nicht mehr frei. Die Jakob [ihre Kammerfrau] schläft bei mir. Die Menschen habe ich gar noch nicht gesehen, da meine Mutter nicht ausgeht. Ich eße bei ihr und bin den ganzen Tag mit ihr, Abends wird gearbeitet, dieß ist unser Lebenslauf“, klagte Luise.128 Die Einsamkeit sollte die junge Herzogin von ihrer leichtfertigen Lebensart kurieren und sie auf ernstere Gedanken bringen. Die Eltern mieden Kontakte außerhalb des Hofes in Gotha, da die Ehekrise Luises nicht verborgen geblieben war. Wie Farneis von Wangenheim bemerkte, wurde registriert, dass Luise sich nicht in Begleitung ihres Mannes befand und dieser auch nicht zu Besuch kam: „… ich hätte freylich gewünscht, Ew. Durchlaucht hätten selbst hierher kommen können. Es hätte einen vortheilhaften Eindruck auf das hiesige Publikum gemacht, und manche Bemerkungen niedergedrückt. Inzwischen weiß ich recht gut und sage es auch allen, daß nur der bevorstehende Landtag, und die daher sich gehäuften Geschäfte, nebst den Übelbefinden Ew. Durchlaucht dieß verhindert haben.“129 Die Strenge und die Ablehnung, die Ernst an den Tag legte, kränkte Luise. Nach wie vor beteuerte sie, keinen Ehebruch begangen zu haben. Sie konnte sich auch nicht erklären, warum der Herzog nichts unternahm, um ihre Ehre zu schützen, sondern die tiefe Krise, in die ihre Ehe geraten war, durch sein Störung der Ordnung  |

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abweisendes Verhalten ihr gegenüber öffentlich sichtbar machte. Ernst schien nichts mehr an einer Versöhnung zu liegen. In Luises Versuchen, um Verständnis zu werben und den gestrengen Gatten milde zu stimmen, schwang bereits im Februar 1821 Resignation mit. „Ich mag Unrecht gehabt haben zu öffentlich einen Mann [Graf Solms] auszuzeichnen, der mich liebte, da es dir nicht lieb war. Ich mag aus Unerfahrenheit, aus zu großer Leidenschaftlichkeit, Unvorsichtigkeiten begangen haben, die die Welt tadelt“, räumte Luise ein. „Daß gestehe ich frei und offen, aber ich bewahrte in mir das Gefühl für Treue und Rechtlichkeit, das nie mich verlaßen wird. (…). Du sagst deine Ehre war auf dem Spiel, dieß ist nie der Fall gewesen. Graf Solms vergaß nicht die Pflichten, die er dir als Diener, ich, die ich dir als Gattin schuldig war. Ist denn der Frau ihre Ehre nicht auch die Deinige. Mußt du sie nicht schonen, sie vor der Welt vertheidigen, denn der Herr, der Mann, der Fürst, der Ritter muß seine Dame schützen und schirmen. Sag mir offen, was hat dir die Strenge für Glück gewährt.“130 Sehr geschickt wies Luise ihren Ehemann darauf hin, welchen Schaden er seinem eigenen Ruf zugefügt hatte, als er sie durch ihre Verbannung vom Coburger Hof nach Gotha dem öffentlichen Gerede preisgegeben hatte. Am Ende ihres Briefes bat sie Ernst, „Marie herzlich zu grüßen“. Es ist wahrscheinlich, dass damit seine Nichte Marie von Württemberg gemeint war, die Luise als ernsthafte Konkurrentin fürchtete. Indem sie Ernst an seine ritterlichen Pflichten erinnerte, gab sie ihm eine Mitschuld an den Geschehnissen. Doch zu diesem Zeitpunkt war er möglicherweise bereits entschlossen, sich seiner Frau zu entledigen, die ihm die erwünschten Erben geboren hatte und deren Vermögen unter seiner Verwaltung stand. Luise ahnte, wie schwach ihre Stellung inzwischen geworden war. Ihren Brief an Ernst beendete sie mit einem Lebewohl: „… mein lieber Freund, vergiß mich nicht ganz für alle Schönen deines Landes und sei überzeugt, daß ich stets deine treueste Freundin bin und deine dir würdige Gattin.“131 Farneis von Wangenheim indes war überzeugt, dass sich das Gothaer Exil positiv auf Luises Gemüt ausgewirkt hatte. Die Krise, so versicherte sie dem Herzog kurz vor der Rückreise nach Coburg im März 1821, sei vorüber und das Blendwerk und der Zauber verflogen, der Luises Vernunft beeinträchtigt hatte. Die Hofdame war überzeugt, nun werde wieder Frieden und Eintracht in die Ehe einziehen.132 Ernst legte keine Eile an den Tag, die „Affäre Solms“ aufzuklären. Erst im Frühjahr 1821 fand eine formelle Anhörung statt, in der Alexander zu Solms seine Sicht der Dinge darstellen konnte. Er wies darauf hin, dass er sich am

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Coburger Hof von mächtigen Feinden umgeben sah, von denen aber niemand Konkretes über sein angebliches Fehlverhalten gegenüber Luise vorbringen könne. Solms erklärte, er fühlte sich schlecht behandelt, da er eigentlich die Möglichkeit gehabt habe, in Russland zu dienen. Dies sei vereitelt worden, da Ernsts Vater ihn in seinen Diensten habe halten wollen. So sei ihm der erhoffte Aufstieg verwehrt geblieben. Luises offen zur Schau getragene Präferenz für ihn habe ihn dafür entschädigt, dass er sich viele Jahre damit habe abfinden müssen, in einem niedrigeren Rang zu dienen als andere Höflinge. Solms wies darauf hin, die Württembergische Familie habe ihm ein Dienstverhältnis in Aussicht gestellt, versprach aber, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen. Schließlich unterschrieb Solms ein Dokument, das ihn verpflichtete, den Kontakt zu Luise künftig zu meiden und in seinem Besitz befindliche Briefe, Geschenke oder Juwelen zurückzugeben. Für Ernst war der Fall Solms damit zu den Akten gelegt.133

3.5. Diachroner Vergleich: Charlotte Marie von Sachsen-Jena Konflikte in einer ebenbürtigen Verbindung im Hochadel und der Vorwurf gegenseitiger Untreue in einer Fürstenfamilie waren keine neue Erscheinung im 19. Jahrhundert, sondern traten auch schon früher auf, wie Stefanie Walther in ihrer Dissertation über ernestinische Ehen in der frühen Neuzeit herausgearbeitet hat.134 Der hier zum diachronen Vergleich herangezogene Fall des Herzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar, der 1683 seine Cousine Prinzessin Charlotte Marie von Sachsen-Jena ehelichte, ist dort ausführlich untersucht worden.135 Wie Stefanie Walther ausführt, handelte es sich bei dieser Vermählung innerhalb des ernestinischen Familienverbandes der Wettiner um eine aus dynastischen Gründen geschlossene Ehe. Wie bei Ernst und Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld spielte im Hintergrund die Durchsetzung von Gebietsansprüchen eine große Rolle. Auch hier war der Altersunterschied zwischen den Partnern deutlich: der künftige Ehemann war zwanzig Jahre alt, die Braut erst vierzehn. Schon bald nach der Hochzeit kam es zu ersten Spannungen, in die sich beide Herkunftsfamilien der Eheleute einschalteten. Es ging dabei um finanzielle Bestimmungen aus dem Ehevertrag, die Wilhelm Ernst nicht einhielt und um die Frage der Vormundschaft über die noch minderjährige Ehefrau. Erst 1685 konnten die Häuser Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach die Streitigkeiten beilegen, doch hatten die Auseinandersetzungen das Verhältnis der Eheleute stark belastet. Was als Stärkung des Familienverbandes gedacht war, entwickelte sich zu einem ernsten Konflikt innerhalb der Dynastie. CharDiachroner Vergleich: Charlotte Marie von Sachsen-Jena  |

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lotte Marie wurde die alleinige Schuld am Scheitern der Ehe angelastet. Schon früh, noch vor der Heirat, hatte Kritik an ihrem Betragen zu ersten Disziplinierungsmaßnahmen geführt. Ihr „Humeur“ sei wunderlich, hieß es innerhalb der Familie. „Die Tatsache, dass die Zeitgenossen das Verhalten der Herzogin auf ihre ‚Humeur‘ zurückführten, ist nicht ungewöhnlich. Dieser Topos taucht in den frühneuzeitlichen Quellen häufig auf, um deviantes Verhalten von Frauen zu erklären“, schreibt Stefanie Walther.136 Auch aus Luise von Sachsen-GothaAltenburgs Jugend sind ähnliche Äußerungen über ihr sonderbares Temperament überliefert, wie schon ausgeführt wurde. Wie in ihrem Fall sollte auch bei Charlotte Marie eine entsprechende Erziehung nach der Eheschließung dafür sorgen, dass sie den Anforderungen des Hoflebens und der Repräsentation als Herzogin gewachsen sein würde. Als der Erfolg dieser Disziplinierungsmaßnahmen ausblieb, erwog der enttäuschte Wilhelm Ernst weitere Sanktionen. „[Es] wird deutlich, dass das Verhalten der jungen Herzogin nicht den Erwartungen ihres Ehemannes entsprach, der von seiner Frau Tugendhaftigkeit und Sittsamkeit verlangte. Was dabei erstaunt, ist die Tatsache, dass Herzog Wilhelm Ernst die ehelichen Differenzen dadurch zu lösen versuchte, indem er seine junge Frau zu den Verwandten nach Eisenach schickte“, stellt Stefanie Walther fest.137 Darin sei der Versuch zu erkennen, schon früh den Familienverband in die Konfliktlösung mit einzubeziehen. Offenbar störte Charlotte Marie durch ihr Verhalten die höfische Darstellung auf der Vorderbühne des Weimarer Hofes und gefährdete dadurch die Autorität des Herzogs. Interessant ist die Parallele zur Reaktion Ernsts von Sachsen-Coburg-Saalfeld, der auch Luise während des ersten Ehestreits nach Gotha zu ihrer Herkunftsfamilie zurückschickte. Möglicherweise kann dies auch als der Versuch interpretiert werden, deutlich zu machen, wo die Verantwortung für den Konflikt zu suchen war, nämlich in der vorehelichen Erziehung der Gemahlin. Als Charlotte Marie nach kurzer Verbannung wieder zu ihrem Mann an den Weimarer Hof zurückkehren durfte, wurde sie unter strengste Aufsicht und Kontrolle gestellt. Schließlich fasste sie den Plan, den Herzog endgültig zu verlassen, was den Familienverband veranlasste, sich vermittelnd einzuschalten – ohne Erfolg. Wilhelm Ernst unternahm nichts, um seine Frau an der Abreise zu hindern. Besonders erzürnte ihn, dass Charlotte Marie sich im Kreise der Höflinge über die mangelnde Liebe in ihrer Ehe beklagt hatte. Damit hatte sie sich in seinen Augen nicht nur abweichenden Verhaltens, sondern auch des Verrats innerehelicher Angelegenheiten schuldig gemacht. Im Sinne Erving Goffmans hatte sie damit die Geheimnisse der Hinterbühne verraten und zu einer Öffnung beigetragen, die das Ansehen des herrschenden Fürsten schwächte. „Indem nun zu befürchten stand, dass auch Bediens-

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tete in den Konflikt involviert wurden, sah der Herzog seine familiäre wie auch gesellschaftliche Position gefährdet“, urteilt Stefanie Walther.138 Noch einmal wurde ein Versöhnungsversuch unternommen, der vor allem auf Vermittlung Herzog Friedrichs I. von Sachsen-Gotha-Altenburg zu Stande kam. Doch die Herzogin schien auch weiter nicht bereit, sich dem Hofleben unterzuordnen, sondern ging eigene Wege. Vor allem der Kontakt zu Jenaer Studenten sollte schon bald erneut zu einer Krise führen. Wilhelm Ernst unterstellte ihr Ehebruch mit dem aus Braunschweig stammenden Studenten Johann Otto Meurer. „Herzog Wilhelm Ernst sah sich zu Reaktionen und Sanktionen gegenüber der Herzogin veranlasst, um so seinen guten Ruf und die Reputation seines Hauses zu wahren. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass dieser Sachverhalt eine gute Gelegenheit für den Weimarer Herzog bot, um seine Frau zu diskreditieren und eine Scheidung zu forcieren,“ interpretiert Stefanie Walther das Vorgehen Wilhelms in der Affäre. Möglicherweise lässt sich anhand weiterer biografischer Forschungen daraus ein Muster im Umgang mit ehelichen Konflikten herausarbeiten, die von nur unzureichend an das Hofleben angepassten eingeheirateten Ehefrauen ausgelöst wurden. Verbannung, Kontrolle und schließlich der Vorwurf der Untreue lassen sich auch in der Auseinandersetzung zwischen Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld und Luise feststellen. Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar trieb die Scheidung von Charlotte Marie entschlossen voran und stellte dabei sicher, dass seine Bediensteten sich zu absolutem Gehorsam verpflichteten. Indem er ihnen einen entsprechenden Eid abforderte, durchbrach er mögliche loyale Tendenzen gegenüber der Herzogin. Charlotte Marie wurde in Weimar festgesetzt und isoliert. Schließlich gelang ihr die Flucht. Es schlossen sich langwierige Auseinandersetzungen über die Scheidungsregelung an, in der schwere Vorwürfe gegen die Herzogin erhoben wurden, die nicht nur vom Ehemann geäußert wurden, sondern auch von Herzog Johann Georg II. von Sachsen-Eisenach. Er unterstellte ihr Leichtfertigkeit und Verschwendungssucht, was Stefanie Walther folgendermaßen einordnet: „Der Begriff ‚Leichtfertigkeit‘ wurde im frühneuzeitlichen Sprachgebrauch als Bezeichnung für vorehelichen Geschlechtsverkehr gebraucht. Dabei wurde der Vorwurf der ‚Leichtfertigkeit‘ ebenso wie der Vorwurf der Verschwendungssucht oftmals nur instrumentalisiert, um ein nicht normenkonformes Verhalten von Frauen zu diskreditieren.“139 Die kinderlose Ehe wurde im Jahr 1690 geschieden. Charlotte Marie lebte bis zu ihrem Tod 1703 isoliert und in prekären finanziellen Verhältnissen. Am Beispiel dieser sowohl in persönlicher als auch in dynastischer Hinsicht gescheiterten Ehe lässt sich ablesen, wie stark ein eng geknüpfter FamiliDiachroner Vergleich: Charlotte Marie von Sachsen-Jena  |

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enverband wie der Ernestinische durch eine langwierige Streitigkeit um Trennungen und Scheidungen belastet werden konnte. Auch wenn die Reputation Wilhelm Ernsts auf der Hinterbühne stark beschädigt war, gelang es ihm dennoch, durch entschlossene Unterdrückung jegliche Sympathiebekundungen für seine Ehefrau zu unterbinden und die stimmige Darstellung auf der Vorderbühne zu wahren – um den Preis der Diskreditierung seiner Ehefrau.

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4. Exkurs: Die Affäre Panam Interessant für den Fall Luises ist die Frage, wie sich bei ähnlicher Ausgangslage Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld positionierte und was er unternahm, um die Machtverhältnisse am Hof wieder zu seinen Gunsten zu klären. Graf Solms, des Ehebruchs mit Luise bezichtigt, hatte auf mächtige Feinde und mögliche Intrigen hingewiesen. Offensichtlich gab es eine Schieflage in der Rangordnung unter den Höflingen, Neid und Missgunst hatten sich ausgebreitet - ein deutliches Zeichen der Schwäche des regierenden Fürsten. Ernst reagierte auf die Intrigen an seinem Hof eher verhalten, was vermuten lässt, dass er mit einem anderen, viel größeren Problem beschäftigt war. Verglichen mit dem Sturm, der von außen gegen ihn aufzog, war die interne „Affäre Solms“ als zartes Lüftchen zu bewerten. Vielleicht kam es Ernst sogar gelegen, Luise öffentlich zu kompromittieren, um von seinen eigenen Schwierigkeiten abzulenken. Spätestens seit dem Jahr 1820 wurde der Coburger Herzog massiv erpresst.1 Es drohte ein internationaler Skandal, in den hochgestellte Persönlichkeiten Europas verwickelt waren: Fürst Metternich, Graf Richelieu, sowie ein Anwalt des französischen Königs. Da sich diese Vorgänge parallel zur Ehekrise mit Luise abspielten und diese später der Mittäterschaft bezichtigt wurde, muss die sogenannte „Affäre Panam“ in einem ausführlichen Exkurs genauer betrachtet werden. Madam Panam war eine undurchsichtige Figur aus Ernsts Vergangenheit, deren Identität bis heute nicht vollständig aufzuklären ist. Möglicherweise handelte es sich um eine Schauspielerin, die Ernst 1807 in Paris kennen gelernt und die 1809 ein Kind geboren hatte, einen Sohn, dessen Vater ihren Angaben nach Ernst war. Pauline Alexandre Panam, die auch die Namen Henriette Lingis oder Henriette Adelaide Alexandre benutzte, drohte Jahre nach der Affäre damit, ihre Memoiren zu veröffentlichen. Mehrfach hatte Ernst durch diplomatische Intervention und Zahlung diverser Summen versucht, Madame Panam mundtot zu machen, aber vergebens. Sein Krisenmanagement in den folgenden Jahren war verheerend und führte zu einem heftigen Konflikt mit seinem Bruder Leopold, der die Führungsqualitäten des Familienoberhauptes Ernst in Frage stellte und mit dem Abbruch der Beziehungen drohte. Leopold sah durch die Machenschaften seines Bruders die internationale Reputation der Coburger Dynastie gefährdet.2 Ernst war vor allem durch die eigenen Affären dabei, vollständig die Kontrolle sowohl über die Vorderbühne als auch über die Hinterbühne zu verlie-

ren. Destruktive Informationen, Geheimnisse und deren Enthüllungen, sowie das Auftreten von Personen, die sich in Sonderrollen gefielen, störten die stimmige Darstellung der Fürstenfamilie am Hof. „Ein Ensemble muß in der Lage sein, seine Geheimnisse zu bewahren und bewahrt zu wissen“, schreibt Erving Goffman.3 Übertragen auf die Vorkommnisse in Coburg weist dies auf eine gefährliche Schwäche des regierenden Herzogs hin. Bald schon sollten Ernsts dunkle und gefährliche Geheimnisse, die vor dem Publikum eigentlich hätten verborgen bleiben müssen, um die Kontrolle behalten zu können, in aller Öffentlichkeit diskutiert werden. 1823 wurden zeitgleich in Paris und London die Memoiren der Madame Pauline Alexandre Panam veröffentlicht, die unter dem Titel „Mémoires d’une jeune Grecques“ oder „Memoirs of a Young Greek Lady“ für Aufsehen sorgten.4 In der romanhaften Erzählung wird die junge Griechin Pauline vom Prinzen Ernst aus Coburg verführt, geschwängert und auf abenteuerlichen Wegen nach Deutschland entführt. Der angebliche Tatsachenbericht enthält Dokumente, deren Echtheit in Zweifel gezogen werden müssen. Die Erlebnisse Pauline Alexandre Panams werden äußerst detailreich geschildert und sind mit Dialogen versehen, auf sprachlich so hohem Niveau, dass sich die Frage aufdrängt, ob dies allein das Werk einer naiven Unschuld aus dem Volk sein konnte. Und vor allem scheint zur Bewertung der Affäre maßgeblich, wie viel wahr ist an der Veröffentlichung, die weit mehr war als nur die Schilderung des bedauerlichen Schicksals einer missbrauchten Geliebten. Die Memoiren lesen sich wie ein politisches Pamphlet gegen die restaurativen und rückständigen Verhältnisse in den absolutistisch regierten Fürstentümern Deutschlands, und insbesondere als Generalangriff auf die Dynastie Sachsen-Coburg-Saalfeld. Es ist nicht geklärt, wer wirklich die Feder bei der Entstehung der „Memoires d’une jeune Grecque“ führte, welches Motiv den Verfasser oder die Verfasserin leitete, und wer Pauline Alexandre Panam wirklich war.

4.1. Die Erzählungen der Pauline Alexandre Panam Die folgende Zusammenfassung des Inhalts der Memoiren „Madame Panams“ bezieht sich auf die Pariser Erstausgabe von 1823. Darin wird geschildert, wie die junge Pauline Herzog Ernst 1807 auf einem Ball in Paris begegnete, als er sich bei Napoleon um den Gebietszuwachs für sein Fürstentum bemühte. In den „Memoires d’une jeune Grecque“ schildert Pauline in ihrer Ich-Erzählung, wie sie dem Charme des gutaussehenden deutschen

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Prinzen erliegt. Die Familie Panam hat harte Zeiten erlebt und genießt die Aufmerksamkeit, die der galante Ernst in vielen Besuchen zum Ausdruck bringt. Pauline beschreibt ausführlich, wie sehr sie sich in ihrer Unschuld und Ignoranz von seinem Auftreten beeindrucken ließ. Sie schwärmte von seiner noblen Erscheinung, seiner eleganten Haltung und guten Figur. Großgewachsen, den Kopf ein wenig geneigt, die dunklen Locken tadellos frisiert, gab er sich die Ehre. Viel Zeit habe er mit ihr verbracht, schilderte die verliebte Pauline. Mit einiger Befriedigung registrierte sie, wie sich die Augen anderer Frauen an ihren Begleiter hefteten, der seine Aufmerksamkeit allein ihr zu teil werden ließ.5 Paulines Vater, Alexandre Panam, war zu dieser Zeit bereits tot. Nach den Erzählungen in den Memoiren war er ein griechischer Einwanderer aus Smyrna, dem heutigen Izmir, der 1780 vor den Türken nach Südfrankreich hatte fliehen müssen. In der Provence heiratete er eine Südfranzösin und baute mit ihr in Montpellier eine Färberei für Baumwolle auf. 1793 kam Pauline zur Welt, als drittes Kind nach einer Tochter und einem Sohn. Während der französischen Revolution wurde das Geschäft Monsieur Panams zerstört, seine Frau siedelte mit den Kindern nach Paris um. Angeblich war Pauline gerade 14 Jahre alt, als Herzog Ernst hier ein Auge auf sie warf. Weitschweifend schildert Pauline in den Memoiren, wie er sich das Vertrauen der Familie erschleicht und sich als Wohltäter geriert. Es beginnt ein großes Liebes-Abenteuer, an dessen Anfang die Verführung des minderjährigen Mädchens durch den Herzog steht, der ihr seine Abreise aus Paris ankündigt, da er wegen dringender Geschäfte nach Deutschland zurückgerufen werde. Pauline reagiert verstört, während ihr Galan ihren schwachen Moment für seine unmoralischen Absichten zu nutzen weiß. Heiße Tränen überwältigten sie, als er von seinen Reiseplänen sprach. Daraufhin ließ er sich am Fuß ihres Bettes nieder und bedeckte ihre feuchten Wangen mit Küssen. Leidend und noch schwach, gerade erst aus ihren Träumen erwacht und von der unerwarteten Nachricht überrascht, fand sie nicht die Kraft, sich gegen seine Zärtlichkeiten zur Wehr zu setzen. Immer weiter sprach er über seine Abreise, und je mehr Tränen sie vergoss, desto zudringlicher wurde er, je fester er sie in die Arme nahm, desto weniger konnte sie sich ihm entziehen. In diesem Moment, so schildert Pauline, habe er seine Machtposition und ihren Schmerz, ihre Unwissenheit und ihre Schwäche ausgenutzt. Ohne sich ihres eigenen Fehlers bewusst zu sein, habe sie sich hingegeben. Sie sei, so betont sie, nur vierzehn Jahre alt gewesen.6 Ein romantisches Versteckspiel ist die Folge der unsittlichen Annäherung.  Ernst verfällt seiner jungen Geliebten, möchte sie auch in Coburg nicht missen. Er überzeugt sie, mit ihrer jüngeren Cousine Josephine, der Tochter ihrer Die Erzählungen der Pauline Alexandre Panam  |

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Tante Madame Lingis, nach Deutschland zu kommen. Am Hof in Coburg warte eine Stellung auf sie, als Hofdame seiner Schwester, verspricht er. Damit die beiden jungen Mädchen die gefährliche Reise unbehelligt überstehen können, reisen sie in Männerkleidung. Als sie nach einigen Wirrungen endlich an ihrem Bestimmungsort ankommen, erlebt Pauline eine große Enttäuschung. Das Herzogtum ihres Traumprinzen entpuppt sich als rückständiges „Rattennest“. Eine gewisse Langeweile lastete auf der dörflichen Stille, obwohl es sich doch um die Hauptstadt eines Fürstentum handelte. Hierher nun habe sie der Fürst bestellt, wunderte sich Pauline. Sie kam an einem düsteren Gebäude vorbei, das höher, größer und abweisender erschien, als alle anderen. Ein mächtiges, gotisch anmutendes Portal tat sich in der Stadtmauer auf ... und zwei große Ratten, an die sich Pauline später immer wieder erinnern würde, schlüpften unter dem Fundament hervor und fielen ihre Beine an. Sie wurde von Angst vor diesen Tieren überwältigt, aus gutem Grund: es waren Hofratten, die aus dem Palast des Herzogs kamen.7 Als Pauline Zugang zum Hof verlangt, wird sie brüsk zurückgewiesen. Mehrmals wechselt sie den Aufenthaltsort, bleibt aber die Geliebte des Herzogs. Sie begegnet seinem Bruder Leopold, zu dem sie Vertrauen fasst und in den sie erneut die Hoffnung legt, er könne die früheren Versprechen ihres Liebhabers endlich wahr machen und ihr eine achtbare Stellung am Hof verschaffen. Doch auch der geschätzte Leopold erweist sich als ruchloser Verführer. Zur unpassenden Stunde, früh morgens um sieben Uhr, so erzählt Pauline in ihren Memoiren, wird sie von einem unerwarteten Besuch in ihrem Haus überrascht. Als es klingelt, erhebt sie sich aus dem Bett, gänzlich unvorbereitet auf das folgende Geschehen. Aus dem angrenzenden Wohnzimmer dringen Geräusche in ihr Schlafgemach. Die Tür öffnet sich und ein großgewachsener junger Mann tritt herein, mit einem gewissen sentimentalen Lächeln im Gesicht. In schlechtem Französisch, so betont Pauline, entschuldigt sich der ungebetene Eindringling für die Art und Weise seines Erscheinens. Als sie erkennt, dass es sich um Prinz Leopold handelt, und dieser beginnt, sich ihr aufzudrängen, versucht sie, zu entkommen. Sie flieht über Stufen, durch unzählige menschenleere Säle und versteckt sich schließlich in einem alten Getreidespeicher. Pauline verriegelt die Tür und duckt sich hinter die Mehlsäcke. Erst als fünf Stunden verstrichen sind, findet sie den Mut, ihr Versteck wieder zu verlassen.8 Nur mit Mühe, so behauptet Pauline, kann sie sich davor retten, ein zweites Mal von einem Mitglied der Dynastie der Sachsen-Coburger geschändet zu werden. Ernst, der angeblich beinahe Zeuge der Geschehnisse wird, reagiert mit einer fulminanten Eifersuchtsszene. Angesichts dessen schöpft Pauline

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wieder Hoffnung und ist eines Tages tatsächlich schwanger, von Ernst, wie sie behauptet. Vergeblich versucht sie, Auskommen und Anerkennung zu erstreiten. Inzwischen war der Winter vergangen und der neunte Monat neigte sich dem Ende zu. Es mangelte ihr an allem: keine Bettwäsche, kein Feuerholz, keine Kerzen. Inmitten dieser schreienden Ungerechtigkeit, so schildert Pauline, erblickte ihr Sohn am 4. März 1809 das Licht der Welt – während sich seine verzweifelte und hungernde Mutter vor Schmerzen wand.9 Pauline gibt ihrem Spross den Namen des angeblichen Vaters: Ernst. Herzog Ernst, statt Vaterfreuden an den Tag zu legen, beschließt nach Paulines Erzählung, die lästig gewordene Geliebte mitsamt ihrem unehelichen Kind aus dem Weg zu räumen. Sie wird auf eine haarsträubende Irrfahrt Richtung Wien geschickt, in deren Verlauf sie in einem furchteinflößenden Haus im Wald landet, wo der mordlüsterne Baron Fischler, ein Handlanger Ernsts, bereits auf sie wartet, um sie und den kleinen Ernst zu vergiften.10 Wieder kann sich Pauline nur mit letzter Kraft aus den Fängen des Schurken befreien. Nun ist Herzog Ernst, der Drahtzieher des Komplotts, endgültig als sittenloser Wüstling, als Schandfleck auf der Weste aller deutschen Fürsten, entlarvt. Ausgestoßen, verachtet und hoffnungslos, sieht Pauline nun auch dem sicheren Tod ins Auge und kennt nur noch einen möglichen Schutz. Sie muss die öffentliche Meinung auf ihre Seite bringen. Obwohl sie auch in den Augen ihrer Feinde unschuldig erscheinen musste, hatte man versucht, sie zu vergiften, anstatt sie mit Essen für ihr Kind zu versorgen. Wie hatte sie sich fürchten müssen, doch nun war sie entschlossen, die Ziele ihrer Peiniger zu entlarven und die europäischen Hoheiten der Verachtung preiszugeben. Sie sollten vor ihr auf der Hut sein! Denn nun begab sie sich unter den Schutz einer Macht, die man nicht ermorden konnte. Die Gerechtigkeit der Öffentlichkeit wachte jetzt über ihre Tage.11 In Wien, wo sie während des Wiener Kongresses noch einmal den herrschaftlichen Einzug Ernsts und Leopolds in die Stadt beobachtet, lernt sie den Fürsten de Ligne kennen, der sie fortan beschützt und sie zur Veröffentlichung ihrer Memoiren ermuntert. Das Benehmen Herzog Ernsts sei seinem Range, aber nicht mehr seiner Zeit gemäß, urteilt Ligne in einem Brief an Pauline, der im Vorwort der „Memoires“ abgedruckt ist.12 Es ist eine bizarre Geschichte, die Fragen nach der Unterscheidung zwischen Fakten und Fiktion aufwirft. Da es keine weiteren Quellen zum Leben einer Pauline gibt, kann auch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sie tatsächlich die Verfasserin der Memoiren ist. Das Werk weist eine ausgefeilte Rhetorik auf, die einer einfachen, naiven, ungebildeten Frau, wie PauDie Erzählungen der Pauline Alexandre Panam  |

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line sich selbst charakterisierte, nicht zuzutrauen ist. Sie enthält alle Zutaten einer romanhaften Darstellung im Stile der „Gothic Romance“, in der ein hilfloses junges Mädchen zum unschuldigen Opfer einflussreicher und mächtiger Kräfte wird. Das Geschehen spielt sich vor der mittelalterlich anmutenden Kulisse düsterer Gemäuer ab, immer tiefer begibt sich die hilflose Heldin in Gefahr, um sich am Ende gegen ihre monströsen Widersacher zur Wehr zu setzen und sich und ihr unschuldiges kleines Kind zu retten. Die Memoires reihen sich ein in ein literarisches Genre, das bislang noch wenig untersucht worden ist. „Libellen“ waren im 18. Jahrhundert eine weit verbreitete Gattung politisch motivierter Schmähschriften, die sich im Gewand von Biografien oder Memoiren präsentierten und nicht selten zu Bestsellern wurden. Robert Darnton hat mit „The Devil in the Holy Water“ eine umfassende Analyse vorgelegt, die die sogenannten Libellen als eine bewusste Mischform aus Fakten und Fiktion charakterisiert.13 Oft wurden sie von anonymen Autoren verfasst und beschäftigten sich mit dem moralischen Verfall an Fürstenhöfen. Das verdorbene Privatleben der Mächtigen wurde entlarvt – im Gegensatz zur höfischen Fassade erschien die Hinterbühne als ein Ort ungezügelter Gier und menschlicher Abgründe. Nach Darnstons Analyse funktionierten die Libellen besonders gut, wenn sie Halbwahrheiten präsentierten. Der Leser war gefordert, den Kern der Wahrheit aus einem Puzzel an oft unzusammenhängenden Episoden herauszuschälen. Diese Anekdoten aus dem Leben der Fürsten und Könige waren essenzielle Bestandteile der Schmähschriften, die nicht selten dazu geschrieben waren, um Rivalitäten an den Höfen auszutragen. Dabei blieben die eigentlichen Auftraggeber und Finanziers, die aus dem unmittelbaren Umfeld der Fürstenhöfe kamen, oft im Obskuren, was der Wirkung dieser in Frankreich und England weit verbreiteten Literaturform auf die öffentliche Meinung keinen Abbruch tat. Die Libellen schienen für das politisch unaufgeklärte Publikum die Frage zu beantworten: „Was geht hier eigentlich vor?“ Die Antwort gab die Entschleierung der geheimen Vorgänge auf der Hinterbühne, die die Entlarvung der Fürsten als unmoralische Despoten zur Folge hatte. Skandale und Beleidigungen wurden zum Mittel der Politik.14 Sie eröffneten dem Publikum einen Blick auf die verborgene Seite der Geschichte und, obwohl voller Erfindungen und Übertreibungen, enthüllten sie auf diesem Weg ein wertvolles Körnchen Wahrheit, nämlich den Teil der Information, der den Mächtigen gefährlich werden konnte, weil er den Tatsachen entsprach. Die Kraft dieser Enthüllungssromane war nicht zu unterschätzen, da sie direkt auf die öffentliche Meinung wirkte. Die Mächtigen des Ancien Régime fürchteten im 18. Jahrhundert diese Vorboten der Revolution, eine Form der Kommunikation, die sie nicht mehr

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unterdrücken und beeinflussen konnten. Auch Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Libellen nicht von Markt verschwunden und sie waren noch immer gefährlich – vor allem für einen absolutistischen Fürsten wie Ernst I. und für seinen Bruder Leopold, der sich anschickte, die Position der Coburger im britischen Königshaus auszubauen. Vergleicht man den Inhalt der „Memoires d’une jeune Greque“, in denen die Coburger Ernst I. und Leopold attackiert werden, mit den Kriterien, die Robert Darnton herausgearbeitet hat, lässt sich auch diese Schrift unschwer in die literarische Kategorie der Libellen einordnen. Folgt man dieser Prämisse, kann man schlussfolgern, dass es sich bei den Memoiren um ein politisch motiviertes Pamphlet handelte, dessen Inhalt aus einer Mischung von Fakten und Fiktion bestand. Jemand war daran interessiert, die intimsten und dunkelsten Geheimnisse der Coburger Hinterbühne zu offenbaren, mit dem Ziel, das Prestige und die Reputation des Herzoghauses zu beschädigen. Sicher ist: die „Memoires“ entfalteten eine zerstörerische Wirkung. Sicher scheint auch, dass Ernst I. mit der Existenz eines unehelichen Kindes erpresst wurde. Ob das Buch, das die skandalösen Vorgänge einer behaupteten Affäre enthüllte, der Auslöser für den endgültigen Bruch in der Ehe von Ernst und Luise war, ist in der Folge zu untersuchen.

4.2. Die Suche nach den Fakten Als sich 1819 die ersten Risse in der Beziehung des Herzogs und der Herzogin bemerkbar machten, schwelte der Skandal um Madame Panam bereits seit mehreren Jahren im Verborgenen. Seit 1813, spätestens aber seit 1815 bemühten sich Unterhändler Ernsts, eine vertragsfeste Regelung mit der ehemaligen Geliebten zu erreichen. Auch Leopold war in die Vorgänge eingeweiht, hielt aber die Verhandlungsführung, die Maximilian von Szymborski, dem Kammerherrn Ernsts, unterlag, für verfehlt.15 Ziel der angestrebten Abmachung mit der Panam war, sie zu veranlassen, den angeblichen Sohn Ernsts an die Coburger herauszugeben. Leopold hielt dieses Vorgehen für eher schädlich denn zielführend. „Alles Unheil in der bewussten Sache,“ so schrieb er an Ernst, läge in „der condition der Herausgabe des Kindes. Alle Schritte seit 1815 (od. 1813) waren Fehlschritte, ich habe dies schon fast seit jener Zeit bemerkt, und wenn meine Briefe aus jener Zeit noch existieren, so werden sie es belegen.“16 Aus der Bemerkung Leopolds lässt sich schließen, dass es in der Angelegenheit einen ausführlichen Briefverkehr zwischen den Brüdern gegeben Die Suche nach den Fakten  |

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hatte, der in den Archiven nicht erhalten ist. Einzig das oben zitierte Schreiben gibt Einblick in die Vorgänge und Diskussionen innerhalb der Coburger Familie. Ihm legte Leopold zur Bekräftigung seiner Argumente einen älteren Brief des französischen Advokaten Javon bei, der sich in Ernsts Auftrag in Paris um eine einvernehmliche Lösung mit der ehemaligen Geliebten bemühte. Javon hatte schon im Jahr 1820 davor gewarnt, die Regelung an die Bedingung der Herausgabe des Kindes zu knüpfen. In diesem Falle hielt er eine Einigung für unmöglich. Gleichzeitig skizzierte er die weitreichenden Konsequenzen, die sich aus der seit Jahren schwelenden Affäre für die Coburger Dynastie ergeben konnten. Die Panam habe mächtige Berater im Hintergrund, deutete Javon an, und sie werde sich nicht darauf einlassen, ihr Kind herauszugeben. Sie werde in ihren Memoiren die Behauptung aufstellen, es gäbe Pläne seitens der Coburger, Mutter und Kind zu töten, warnte der Anwalt. Deshalb sei sie nicht bereit, den kleinen Ernst nach Deutschland ziehen zu lassen.17 Dennoch ließ sich Herzog Ernst nicht von seinem Plan abbringen, das Sorgerecht für seinen angeblichen Sohn zu erlangen und seine künftige Erziehung zu bestimmen, da andernfalls „… aus dem jungen Menschen sonst nur ein für unser herzogliches Haus höchst gefährlicher und lästiger Aventurier heranwachsen muß.“18 Rechtlich, so belehrte Leopold seinen Bruder, habe dieser vor der französischen Justiz als illegitimer Vater keine Handhabe.19 Die Herausgabe des angeblichen Sohnes hätte nur auf einvernehmlichem Weg zu Stande gebracht werden können, sei aber unter den gegebenen Umständen für die Mutter eine Forderung, auf die sie sich unmöglich einlassen werde. Leopold, der erfahrene Diplomat, erkannte klar die Situation. Der kleine Ernst war zu einem Faustpfand geworden. Es konnte nicht im Sinne der Madame Panam sein, nur ihn durch Herzog Ernst versorgt zu wissen. Damit würde sie leer ausgehen. Ließe sie das Kind nach Coburg gehen, wäre sie ihres Druckmittels entledigt. Auch das einflussreiche Finanzhaus Rothschild stieß hier an die Grenzen seiner Möglichkeiten, wie Leopold anmerkte. Der Notar des Hauses hatte sich geweigert, über die Zahlung einer Summe von monatlich 100 Francs zu verhandeln, wenn dies an die Bedingung gebunden sei, die Summe solle nur für das Kind zur Verfügung stehen. Die Mutter als gesetzlicher Vormund habe das Recht, auf das Geld zuzugreifen.20 Erste Auszüge der gefährlichen Memoiren kursierten bereits in England, Leopold übersandte sie Ernst zur Kenntnisnahme. Obwohl er den Inhalt der Schmähschrift für übertrieben hielt, erkannte Leopold doch die darin liegende Gefahr für das Ansehen der ganzen Coburger Dynastie und die Schwierig-

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keiten, dagegen zu argumentieren. Die Memoiren seien „… ganz geeignet zu schaden. Das moralisieren und sich selbst loben [der Panam] ist ridicule, die Giftgeschichte, die niemand in keinem Land glaubt, auf venerische Krankheit zu deuten ist gefährlich. Ihrer Angabe nach hatte sie damals nur Umgang mit dir – hinsichtlich der Briefe [angebliche Korrespondenz der Panam mit Mitgliedern des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld, die den Memoiren angefügt waren] zu sagen, man glaube nicht daran, selbst wenn man sie sähe, dem hat sie dadurch vorgebeugt, dass sie dieselben nett hat lithografieren lassen, sie sollten mit dem neuen Werk erscheinen. Mamas Briefe haben hierinnen noch die schlimme Wirkung, daß gut gestimmte Leute sagen, wie konnte die Dame an solch eine Persohn schreiben, wenn sie nicht besser wie die gemeine Klass war? – Dagegen sind fast alle triftigen Dinge, die sich gegen das Buch und die Schreiberin in aller Kürze sagen ließen, gar nicht bemerkt. Daß Einzige, was ihr schaden kann, ist ihre wahre Lebensgeschichte“, befand Leopold.21 Er sollte Recht behalten. Alle Bemühungen Szymborskis, mit der ehemaligen Geliebten Ernsts zu einer Vereinbarung zu kommen, scheiterten. Im Frühjahr 1823 schließlich erschienen die Memoiren der Pauline Alexandre Panam unter dem Titel „Memoires d’une jeune Grecque“ zeitgleich in Paris und London. Sogleich zirkulierte das Aufsehen erregende Buch in den Toiletten und den Büros, wie die Zeitschrift „Le Miroir“ am 2. April 1823 berichtete. Offenbar hielt der Kritiker das Pamphlet nicht für geeignet, als seriöse Lektüre für die feinen Salons empfohlen zu werden, aber der Erfolg war überwältigend: die Tränen flossen und die Auflage rann den Verkäufern durch die Hände.22 Auch am Hof in Coburg interessierte man sich für das Werk, das in zwei Teilen aufgelegt worden war. Der Fürst persönlich unterzog sich der Lektüre. Es muss eine außergewöhnliche Lesestunde für den standesbewussten Ernst gewesen sein, der nun sein Vorleben in gedruckten Lettern ausgebreitet sah, angereichert mit den peinlichsten Details. Allerdings konnte er auch die Ungereimtheiten feststellen, die nach seiner Auffassung mit der Wirklichkeit nichts gemein hatten. Eine Griechin namens Alexandre Panam war ihm nicht vertraut, vielmehr erinnerte er sich an eine junge Schauspielerin des Theaters Vaudeville, die er damals in Paris, im Jahr 1807, kennen gelernt hatte und die ihm als Mademoiselle Lingis vorgestellt worden war. Ihre im Buch beschriebene exotische Herkunft, so vermutete er, musste erfunden sein.23 Ihre ganze Lebensgeschichte schien eine Ausgeburt eines äußerst phantasiebegabten Hirns. War Madame Alexandre Panam, die „schöne Griechin“, wie sie bald genannt wurde, also nur die Kopfgeburt eines Schriftstellers, der historiDie Suche nach den Fakten  |

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sche Wahrheiten kühn mit seinen romanhaften Erfindungen vermischt hatte? Wer war Alexandre Panam wirklich? Als Ernst im Zustand emotionaler Erregung jede Zeile des Pamphlets auf Fakten und Fiktion überprüfte und darüber nachdachte, wie er sich in der Öffentlichkeit würde rechtfertigen können, hatte die mysteriöse Madame Panam längst Spuren in den Archiven der Pariser Polizei hinterlassen. Am 23. September 1819 hatte ein uniformierter Offizier an die Tür eines Zimmers des Hotels Tibre in der Rue Helder geklopft, in dem eine gewisse Frau Belmont, oder Bellemont, wohnte. Er war gekommen, um sie zu befragen, da sie beim Polizeiminister um eine Anhörung gebeten hatte. Nun erzählte die junge Frau dem Polizisten ihre Lebensgeschichte. Vor drei Monaten sei sie in Paris angekommen, erklärte sie. Geboren sei sie in Montpellier, wo sich die Geschäfte ihres Vaters während der Revolution verschlechtert hätten. Als er verstarb, sei sie mit Mutter und Schwestern in die Hauptstadt gezogen. Dort habe sie Herzog Ernst von Sachsen-Coburg kennengelernt, der sich in sie verliebt und sie mit nach Deutschland genommen habe. Aus dieser Beziehung sei ein Sohn hervorgegangen, dessen Abstammung durch die Briefe des Herzogs bestätigt würden. Dessen ungeachtet und entgegen seiner Versprechungen, lasse der sie nun verfolgen und behandele sie schlecht.24 Diese Geschichte, so diktierte die Befragte dem Polizeioffizier weiter, sei in ganz Deutschland bekannt. Deshalb hätten alle Bemühungen seiner Familie, eine passende Braut für Ernst zu finden, nicht gefruchtet. Schließlich sei er mit seiner Cousine verheiratet worden.25 Als Frau Belmont ihre Lebensgeschichte zu Protokoll gab, hatte die angesprochene Cousine, Luise, gerade ihren zweiten Sohn Albert geboren. Vier Wochen war das her, und in Deutschland war zu diesem Zeitpunkt die Affäre des Fürsten noch gänzlich unbekannt. Bemerkenswert ist, dass sich die Geliebte gerade zu diesem Zeitpunkt an die Behörden wandte und dabei den Namen Belmont verwendete. Der Polizeiminister weigerte sich, die Dame zu empfangen. Zu sehr roch die Angelegenheit nach einem Erpressungsversuch.

4.3. Coburger Reaktion Auch wenn es viele Ungereimtheiten in den Erzählungen der angeblichen Geliebten gab, so musste Ernst doch fürchten, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden. Es seien, so schrieb Ernst später an einen Vertrauten, unverschämte Erdichtungen, der ganze Roman und die angeblichen Belege seien gefälscht. Die Lektüre, so gab er zu, habe ihm die Galle sehr in Bewegung gebracht.

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Beim zweiten Lesen allerdings habe ihn die Schilderung seines Charakters sehr amüsiert, denn sie mache aus ihm einen wahren „Popanz“.26 Unklar ist, ob seine Frau Luise in die Vorgänge um die Memoiren der Panam eingeweiht war. In den Archiven finden sich keine unmittelbaren Reaktionen, die auf eine Lektüre des Buches ihrerseits schließen lassen. Allerdings dürften die Höflinge in Coburg dafür gesorgt haben, dass sie über den Inhalt aufgeklärt war. Noch glaubte Ernst, ganz nach den althergebrachten Methoden des Ancien Régime, gegen die Schmähschrift und ihre Urheber vorgehen zu können. Dabei übersah er, welch mächtige Gegner sich ihm in Frankreich und England entgegenstellen würden: die Pressefreiheit und damit verbunden die öffentliche Meinung. In einem Schreiben, dessen Adressat vermutlich Fürst Metternich war, legte er seine Sicht der Dinge dar. Ihm war inzwischen bewusst geworden, dass er es nicht mit der Rache einer einzelnen enttäuschten Geliebten zu tun zu hatte, sondern vermutete, hinter der Sache könne sich eine Verschwörung gegen die alte Ordnung der souveränen Fürstenhäuser verbergen: „… nach der mündlichen Aussage eines alten guten Bekannten von mir eines Grafen Gersdorf, der erst vor einigen Tagen Paris verlassen hat, hat das famose Memoir unendliches Aufsehen dort erregt, man hat es aber nur mit allgemeiner Indignation gelesen, es so würdigend wie es es verdient. Am meisten hätte man sich aber dabei über das Benehmen des französischen Gouvernements aufgehalten, die schändliche radicale Tentenz vollkommen erkennend gegen einen Regierenden Herren eine solche Beschimpfung öffentlich zu gestatten. Die meisten Diplomaten hätten es als ein attentat gegen alle Fürsten betrachtet (...) Mein Ansuchen an Ew. Durchlaucht geht nun dahin, daß der österreichische Bothschafter zu Paris, die Weisung erhalten möchte, nicht allein meinen Beauftragten allenthalben zu unterstützen, sondern auch, da unzertrennbar in dem Erscheinen dieser Libelle ein meditirter Plan, d’une insulte contre tout les Princes, von der raticalen Partei mit zu Grunde liegt, auch von allen Gesandten Legitimer Souverains, ein gemeinschaftliches Verfahren dagegen eingeleitet würde, und daß hierzu der K.K. Bothschafter ermächtigt werden möchte. Dem französischen Gouvernement muß sollte ich glauben, selbst viel daran liegen auf diese Weise neue Waffen gegen eine ihr eben so gefährliche als unbequeme Partei in die Hände zu bekommen.“27 Ernst sah seine Chance, gegen die Memoiren und ihre Drahtzieher vorzugehen, jetzt auf dem politischen Parkett. Vom französischen König Ludwig XVIII. forderte er Solidarität, die dieser allen Herrschern Europas schulde und mahnte das polizeiliche Vorgehen gegen Madame Panam und ihre Veröffentlichung an. Der Coburger Herzog argumentierte im Sinne der Heiligen Allianz, Coburger Reaktion  |

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deren Prinzipien auch den kleinen deutschen Staaten als „moralische Stütze“28 dienten. Er berief sich dabei auf die Einigkeit der souveränen Fürsten und ihre Verpflichtung zu gegenseitigem Beistand, wenn es um die Gefährdung der von Gott gegebenen patriarchalischen Ordnung durch revolutionäre Kräfte ging. Sein Bestreben, die Attacken der Madame Panam zu einem Angriff auf alle Fürsten, „d’une insulte contre tout les Princes“, zu erklären und seine privaten Probleme zu einem politischen Skandal zu stilisieren, lief allerdings ins Leere. In Paris stieß er auf entschiedenen Widerspruch, wie ein Gutachten des Advokaten im königlichen Gericht, Billecoaq, verfasst in Paris am 25. Mai 1823, belegt.29 Tatsächlich handele es sich um eine Schmutzschrift, urteilte Billecoaq, das werde durch die Schamlosigkeit der Heldin unterstrichen. Die Leidenschaft der Verfasserin richte sich aber gegen die „erhabene Person“, also Ernst, der den Skandal habe voraussehen können. Der Prinz habe die Aufgabe nicht genug verstanden, „… das dem illegitimen Verkehr mit Fräulein Alexandre Panam entsprungene Kind, diesem seine Existenz sicherzustellen. Mehr oder weniger bescheidene Geldsummen, verschiedenfach gegeben und sofort verschwendet, waren kein Mittel, eine solche natürliche Schuld auszulöschen und die Ungelegenheiten aufzuhalten, die die Mutter unter dem Vorwand der Besorgnis für den Sohn nicht müde wurde, dem Prinzen zu bereiten. Er hätte das Schicksal des Kindes von der Geburt an bestimmen und sofort und unwiderruflich die Beziehungen zur Mutter unterbrechen müssen.“30 Diese Einschätzung aus dem nachrevolutionären Frankreich konterkarierte Ernsts Absicht, seinen persönlichen Unannehmlichkeiten den Anstrich einer politischen Affäre zu geben. Der Advokat des Königs legte den Finger präzise auf die Achillesferse des Coburger Fürsten. Sein Versagen, mit seiner privaten Verfehlung angemessen umzugehen, habe den Skandal erst möglich gemacht. Die Verantwortung, so sah es offenbar der französische Hof, lag allein in Coburg und war keine Angelegenheit der europäischen Herrscher. Dennoch dachte man im Umfeld des französischen Königs über die Qualität der Memoiren ähnlich wie Ernst. Es sei, so schrieb Billecoaq, eine „… revolutionärste Bucherscheinung, sowohl hinsichtlich der kalten Schamlosigkeit der Darstellung, als auch der Kühnheit der Behauptung über versuchte Vergiftungen und Mord, über die die Erzählung keine andere Beweise liefert, als die eigenen Behauptungen, die von vorneherein so stark diskreditiert werden durch die schamlose Rolle, welche sie im Roman spielt. (…) Diese scheußliche Schmähschrift muß jedem den Glauben an die Schuld nehmen, welche es darstellt ...“31 Tatsächlich reagierte das Pariser Lesepublikum weit gelassener auf die Veröffentlichung, als befürchtet. Es hielt die Memoiren für einen fantastischen Roman mit den für die Literatur der Epoche so beliebten Schauermotiven.32

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Von einer juristischen Auseinandersetzung mit der Verfasserin der Schmähschrift riet der Anwalt des französischen Königs dringend ab: „… an Stelle des Prinzen soll man ganz sicher keine Klage gegen Henriette Alexandre Panam einbringen. Diese Klage gegen sie ist es, worauf letztere abzielt, da sie dort Gelegenheit hätte, ihre Schrift und noch viel mehr an Verleumdungen auch gegen andere zu entwickeln. Unabhängig davon würde ein Prozess von solcher Natur inmitten der politischen Auseinandersetzungen, deren Auflodern so heftig unter dem Volke ist, nur den Vorwand bieten, alle gewünschten Anklagereden gegen die Regierenden loszulassen.“398 Auf juristischem Wege, so musste Ernst erkennen, konnte er in Frankreich nichts erreichen. Dennoch war er nicht gewillt, die Affäre Panam hinzunehmen. Er hatte dem französischen König persönlich seine Klage vorgetragen, in der Hoffnung, dieser werde Mittel und Wege finden, den beleidigenden Angriff auf ihn zu bestrafen und ihn vor weiteren Attacken zu bewahren. Eine öffentliche Rechtfertigung für die Schmähungen, das war in Ernsts Augen das Mindeste, was der Monarch zu seiner Satisfaktion hätte möglich machen müssen. „Ihre Majestät haben geruht, ihrem Lande die Freiheit der Presse zu geben, aber Sie haben dadurch nicht die Vollmacht zur Frivolität und Verleumdung gegeben, und in Ihrer erhabenen Gerechtigkeit werden Eure Majestät sicherlich nicht erlauben, daß diese Freiheit unbestraft in solchen Ausmaße mißbraucht werde,“ schrieb Ernst an den französischen König.34 Außerdem arbeitete der Herzog an seiner Gegendarstellung. Im Oktober 1823 ließ er eine vertrauliche Mitteilung verfassen, die sein Unterhändler Maximilian von Szymborski an den französischen Botschafter am sächsischen Hof übergeben sollte.35 Comte de Rumigny konnte dem Dossier alle Details entnehmen, die Herzog Ernsts Sicht der Affäre widerspiegelten. Tatsächlich habe es 1807 eine Begegnung mit einer Schauspielerin des Namens Lingis in Paris gegeben, die am Theater Vaudeville beschäftigt gewesen war. Von einer illustren, gar fremdländischen Herkunft sei damals nichts zu bemerken gewesen. Die Frau gab nach Darstellung Ernsts an, von einem jungen Mann aus einer Pension nahe Brüssel entführt worden zu sein und habe bei ihm Unterstützung gesucht, da ihre Familie Beschwerde bei der französischen Regierung habe einlegen wollen. Als Ernst sich anschickte, Paris zu verlassen, habe Frau Lingis darum gebeten, ihn begleiten zu dürfen, was er abgelehnt habe. Später sei sie im Palais in Coburg erschienen, eingehüllt in Männerkleidung, die Reise dorthin habe sie ohne Wissen und Erlaubnis des Herzogs unterCoburger Reaktion  |

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nommen. Er selbst sei gerade in Begriff gewesen, nach St. Petersburg abzureisen. Da sie in Coburg nicht aufgenommen wurde, habe sich die Schauspielerin in Frankfurt am Main unter dem Namen Belmont niedergelassen und dort ein Kind geboren, welches sie auf den Namen Auguste habe taufen lassen und von dem sie behaupte, es sei sein Sohn. An dieser Stelle wies Ernst darauf hin, er habe Paris am 18. April 1808 verlassen, sein angebliches Kind sei aber erst am 4. März 1809 geboren worden, also 11 Monate später. In der Zwischenzeit habe er sich in St. Petersburg aufgehalten.36 Nach Ernsts Darlegung war eine Vaterschaft seinerseits also auszuschließen. Der Herzog stand nun, da eine juristische Behandlung der Affäre sich als wenig erfolgversprechend erwiesen hatte, vor dem Problem, seinen Standpunkt in der Öffentlichkeit zu vertreten. Er dachte darüber nach, Schriftsteller in Paris mit entsprechenden Artikeln zu beauftragen, die er vor einer Veröffentlichung persönlich redigieren wollte. Ein Plan, den sein Bruder Leopold alarmiert zur Kenntnis nahm. Er riet von einer Darstellung der Details seitens des Herzogshauses in der Presse ab, da sie nur zu weiterem „Geschwätz“ führen würde.37 Für unliebsame Aufmerksamkeit hatte bereits ein Artikel im „Journal des Luxus und der Moden“ gesorgt. Das in Weimar erscheinende Monatsblatt erreichte etwa 25.000 Leserinnen und Leser und war damit ein Bestseller der Publizistik des frühen 19. Jahrhunderts. Die angebotenen Themen bedienten ein breit gefächertes Interesse, und die Mischung aus Information und Unterhaltung kam beim meist bürgerlichen Publikum gut an. Die neueste Mode, die vornehme Einrichtung, das mondäne Leben in den Metropolen, aber auch ganz alltägliche Probleme füllten die in orangerotes Papier eingebundenen Hefte, die mit üppigen colorierten Illustrationen versehen waren.38 1823 erschienen in zwei Ausgaben kürzere Rezensionen der Panam-Memoiren unter der Überschrift „Artigkeiten einer Griechin“. Gerade erst war das Buch in Paris herausgebracht worden und auf dem deutschen Markt noch nicht erhältlich, da wurde sein Inhalt im „Journal des Luxus und der Moden“ auf diesem Weg einem breiten Lesepublikum in Deutschland bekannt gemacht.39 Madame Panam, so urteilte der Kritiker, verletze mit ihrem Benehmen den Anstand, mit den Jahren sei die Unklugheit der jungen Dame gewachsen, ebenso „… ihre Anmaßung, ihre Flatterhaftigkeit, ihr Leichtsinn, ihre Inconsequenz. Ein Zeitraum von sechzehn Jahren bietet von ihrer Seite nichts dar, als eine fortlaufende Kette unbedachtsamer, alle Regeln eines schicklichen

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Benehmens gegen Personen der höheren Stände keck verletzender Handlungen.“40 Der Schreiber der Rezension schien äußerst gut informiert zu sein, denn er fügte seiner moralischen Entrüstung auch ein paar interessante Fakten hinzu. So wusste er zu berichten, dass Madame Panam zu jener Zeit in Paris in der Rue Louis-le-Grand Nr. 22 wohnte, nebst ihrem 15-jährigen Sohn, und von der Unterstützung des Fürsten lebend [gemeint war Ernst], „… den sie nun – o Schande! – öffentlich anklagt. Wir fragen, was ist von einer Frau zu halten, die so zarte Verhältnisse so schamlos entweiht! Wie freundlich ward sie stets behandelt!“41 Was mögen die bürgerlichen Leser nach der Lektüre des Journals über einen deutschen Fürsten gedacht haben, der in einen solchen Skandal verwickelt war? Die Rezension jedenfalls stellte die in den Memoiren dargelegte Geschichte der Panam nicht in Frage, sondern referierte lediglich den dort angegebenen Sachverhalt. Für das Publikum musste es zum Fakt werden, dass Ernst tatsächlich der Vater eines unehelichen Kindes war, das er mit einer minderjährigen Geliebten gezeugt hatte. Seine Sicht der Dinge fand keinen Niederschlag, er wusste zunächst nicht einmal, wer der Verfasser dieser in seinen Augen unangebrachten Rezension war. In der folgenden Ausgabe des „Journals“ schwang der unbekannte Kritiker abschließend die moralische Keule, die gnadenlos auf das Haupt des „Opfers“ der Affäre, als das sich die Panam ja darstellte, niederfuhr: „… allerdings wird nun Europa richten, aber zu ihrem Nachtheil, (…). Jetzt erscheint sie überall nur als ein eitles, argwöhnisches, eigensinniges, unbeständiges, rachsüchtiges Weib, und statt sie zu bemitleiden, muß man sie hassen.“42 Die Rezension zeigte ihre Wirkung, wenn auch anders, als vom Schreiber beabsichtigt. Sein ungeschickter Versuch, die öffentliche Meinung zu Gunsten des Fürsten und zu Ungunsten der Geliebten zu beeinflussen, hatte zur Folge, dass das Interesse an den „Memoiren“ in den bürgerlichen Salons nun umso größer war. Selbst der Hof in Weimar gab eine Vorbestellung von mehreren hundert Exemplaren auf, nachdem das Erscheinen des Buches angekündigt worden war. Dass „… in der Leipziger Zeitung diese Memoires öffentlich zum Verkauf ausgeboten sind, werden Höchstdieselben wohl bereits gelesen haben“, wurde Ernst durch Baron Lindenau in Kenntnis gesetzt.43 Die Gegner Ernsts sahen den Skandal mit einiger Befriedigung. Vor allem am Hof von Weimar fühlte man sich moralisch hoch überlegen. „Der Weimarer Großherzog Karl August urteilte streng über den anderen Ernestiner: Coburger Reaktion  |

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‚Einen Privatmann, mit einer solchen Geschichte befleckt, litte man doch an keiner Wirtstafel.‘ Der Großherzog vermengte Bürger- und Fürstenehre“, schreibt Thomas Nicklas. „Coburgs beginnender Aufstieg weckte Neidreflexe, bei der Hocharistokratie war das Haus unbeliebt wie kein anderes. Ernsts Fehler war es möglicherweise, auf den Skandal nicht juristisch zu reagieren, sondern politisch.“44 Nicklas’ Analyse mag zutreffend sein, doch in einem Punkt irrt er, nämlich in der Identität der Person, die sich hinter der missglückten Rezension der „Memoiren“ verbarg. Nicht der Weimarer Minister Goethe, wie Nicklas vermutet, war der Urheber, sondern der voreilige Weimarer Oberconsistorialdirektor Friedrich Peucer. Erst nach Erscheinen seines Artikels setzte er Ernst in einem Brief über seinen publizistischen Feldzug in Kenntnis, den Stolz über seine vermeintliche Ruhmestat kaum verbergend: „… Durchlauchtigster Herzog, Euer Herzogl. Durchlaucht darf ich wohl gestehen, daß die Unverschämtheit der Herausgeberin der Mémoires d’une jeune Grècque mich empört hat, daher ich es mir gelobte, ihr Machwerk, welches alles weibliche Zartgefühl mit Füßen tritt, in irgendeiner Zeitschrift, mit wohlverdienter Rüge zu züchtigen. Ich habe dies in dem hier erscheinenden Literatur- und Modejournal gethan, und da ich nicht weiß, ob dieses Journal in Coburg gelesen wird, so nehme ich mir die Freiheit, Euer H.D. hierbey einige Exemplare der Nummer desselben, die den fraglichen Aufsatz enthalten, unterthänigst zu überreichen.“45 Die öffentliche Meinung war durch den Artikel Peucers gespalten, seine moralischen Attacken gegen die vermeintliche Verfasserin der Memoiren hatten die Neugier des Publikums erst geweckt. Plötzlich sah sich Ernst auf der Anklagebank der Presse. Der Coburger Hof fühlte sich zu einer Klarstellung genötigt, die ebenso wie die Kritik der „Memoiren“ im „Journal des Luxus und der Moden“ abgedruckt wurde.46 „Der hochbeleidigte Fürst selbst findet es unter seiner Würde, daß sein Ruf, der zu erhaben steht, um durch eine so elende Schmähung vernichtet zu werden, gegen eine ehemalige Figurantin des Theaters Vaudeville vertheidiget werde, die nur zu lange seine Jugend und Großmuth mißbrauchte, seine wohlwollenden Absichten stets vereitelte und den vernünftigsten Vorstellungen der ersten Behörden Deutschlands und Frankreichs höhnte“, hieß es darin mit großem Pathos.47 Die fürstliche Erklärung, als Verteidigung gedacht, war ein mehrfaches Desaster. Überheblich am Standesdenken festhaltend, sich selbst bemitlei-

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dend, die Unfähigkeit der Behörden offenbarend, die nicht in der Lage waren, mit den Anschuldigungen einer „gewöhnlichen“ Frau aus dem Volke fertig zu werden, all das veröffentlicht in einem bürgerlichen Blatt, kam einem Offenbarungseid gleich. Deutlicher konnte Ernst nicht eingestehen, wie hilflos der Souverän angesichts einer mächtig werdenden öffentlichen Meinung war. Der Herzog haderte mit der Pressefreiheit in Frankreich, die ein Verbot der „Memoires d’une jeune Grecque“ dort unmöglich machte. In Deutschland standen ihm dagegen die Mittel der Zensur zur Verfügung.48 Diese wurde nicht vom Deutschen Bund, sondern in den einzelnen Bundesstaaten von den Landesregierungen ausgeübt. Im Bundesstaat Sachsen-Weimar-Eisenach war mit dieser Aufgabe die Landesdirektion betraut.49 In einem Schreiben vom 23. August 1823 forderte das Herzoglich Sachsen Coburgische Landesministerium alle anderen Ministerien der Thüringischen Staaten auf, die „Memoiren“ verbieten zu lassen. Meiningen und Hildburghausen folgten der coburgischen Linie.50 Baron Lindenau bemühte sich, auch in Weimar ein Verbot der „Memoiren“ durchzusetzen, bekam aber von dort zunächst einen abschlägigen Bescheid, welcher vor dem Hintergrund der dortigen Meinung zur Affäre Panam nicht verwunderte: „… die unerwünschte Antwort aus Weimar finde ich eben so unpassend als mir eine solche gerade nicht unerwartet ist; als ich vor des Königs von Baiern Ankunft in Weimar war und des hiesigen Verbots jener Memoiren erwähnte, wurde sowohl vom Großherzog als dessen Ministerium geäußert, daß ein solcher [sic] Verbot mit der constitutionellen Preßfreiheit unvereinbar sey; ein irriger Grundsatz, da gewiß jeder Landesherr sich selbst schadet, wenn er die Verbreitung solcher Schmähschriften gestattet, denn was waren die Vorläufer der französischen Revolution anderes, als die schändlichsten Pasquille auf den damaligen Hof, wodurch das landesherrliche Ansehen allemal mehr oder weniger herabgewürdigt wird.“51 Lindenaus Verweis auf die Wirkung der revolutionären Schmähschriften, die nach seiner Einschätzung zum Umsturz der französischen absoluten Monarchie beigetragen hatten, zeigt die Brisanz des Skandals um die „Memoiren“ für die Coburger Dynastie. Wahrscheinlich war es Lindenaus Einfluss geschuldet, dass das in seinen Augen verhasste und gefährliche Buch schließlich auch in Weimar verboten wurde, als erstes nach den Bestimmungen der Karlsbader Beschlüsse.52 Es war ein kurzer Triumph der souveränen Macht des Fürsten, insgesamt aber erwies sich das Krisenmanagement des Coburger Hofs in der Affäre Panam als gründlich missraten. Ernsts Rückhalt bei den europäischen Fürstenhöfen, vor allem in Frankreich, war aufgebraucht. Und auch vom britischen Hof kamen warnende Signale. Dort residierte nach wie vor Leopold, Coburger Reaktion  |

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der seine schützende Hand über seine Schwester Victoire und die kleine Victoria hielt. Für die Coburger in England stand viel auf dem Spiel, sie hatten mit den Folgen der Eskapaden Ernsts besonders zu kämpfen. Im Alleingang mischte sich Leopold schließlich in die Angelegenheit ein und unterbreitete der Geliebten Ernsts ein finanzielles Angebot, das die Ausbildung und den Unterhalt für das Kind absichern sollte. Leopold war überzeugt, damit weiteren Erpressungsversuchen die Grundlage entzogen zu haben. Ernst, über die Eigenmächtigkeit seines Bruders erzürnt, schoss „donnernde und blitzende“ verbale Pfeile in Richtung London.53 Leopold wehrte sich in einem ausführlichen Antwortscheiben, in dem er Ernst scharf angriff. „Du schreibst en chef de famille, du vergißt aber, dass ein solcher für die Ehre und das Wohl der Seinigen zu sorgen hat …“54, wurde Ernst von Leopold belehrt. Er habe die Verantwortung, Schaden von den Mitgliedern der Familie abzuwenden, fuhr Leopold fort und führte seinem älteren Bruder vor Augen, welch peinliche Situation für ihn entstanden war. Es dürfe Ernst nicht egal sein, was man im fernen London von ihm sage, denn „… wir haben nichts als unseren guten Namen und ein rechtliches Benehmen, die Achtung der Menschen, von denen wir abhängen, ist uns wichtig. Alles was daher hier über die Sache gesagt wurde, ging mehr gegen uns als dich, wie dies nun einmahl in dieser Welt geht, man sucht den Charakter der Familie anzugreifen, um indirecte uns zu schaden, da man nichts über uns selbst sagen konnte. Den Kummer und Schaden, den du uns diesmal zugezogen hast, kannst du nur weder vergüthen noch ersetzen.“55 Ganz entschieden wandte sich Leopold gegen Pläne Ernsts, mit öffentlichen Rechtfertigungen auf die Anschuldigungen der Madame Panam zu reagieren, wie er es im „Journal des Luxus und der Moden“ hatte ankündigen lassen. Das „Deutsche Publicum aus actenmäßigen Belegen die volle Wahrheit entnehmen“56 zu lassen, schien Leopold keine angemessene Verteidigung. Im Gegenteil: er riet zu eisernem Stillschweigen. „Spreche mit Wenigen über die Sache und glaube, daß du und die Deinigen viele Feinde haben. (…) Du drohst mit öffentlichem Widerrufe und bedienst dich überhaupt eines etwas sonderbaren Styls. Ich hoffe, Du wirst erst die Zusammenstellung des Ganzen abwarten, ehe du hierzu schreitest. Ich meines Theils drohe nicht, aber ich warne, nichts zu thun, was unvermeidlich einen Bruch zwischen uns herbeiführen müßte, du verlörst einen zuverlässigen Freund und ob du davon im Überfluß besitzest, weiß ich nicht?“57 Der öffentlichen Schande folgte ein Bruderzwist, in dem Leopold die Führungsfähigkeit Ernsts als Chef des Hauses Sachsen-Coburg deutlich in Frage

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stellte. Er ging sogar so weit, dem Älteren mit dem Entzug seiner Unterstützung zu drohen. Europas „späte Dynastie“58 stand vor der Spaltung. Leopold sah sich in der Auseinandersetzung mit Ernst im Recht und glaubte, die öffentliche Meinung auf seiner Seite zu haben, sollte es zu einem Bruch kommen, der vor der Allgemeinheit nicht mehr zu verbergen war. „Im schlimmsten Fall“, schrieb Leopold, „glaube ich, daß das Publicum mir verzeihen wird, wenn ich für die Ehre der Meinigen besorgt genug gewesen bin, um auf eigene Kosten für die Erziehung des Kindes meines Bruders gesorgt zu haben und zu vermeiden, daß Mad. A. mit demselben allerwärts im ärmlichsten Aufzug bettelt.“59 Leopold, so lässt sich aus seinen Worten schließen, schien tatsächlich überzeugt, das Kind der Panam sei der uneheliche Spross seines Bruders. Auf jeden Fall mussten die Leser der „Memoiren“ nach der Lektüre des Enthüllungsbuches dieser Ansicht sein. Ernst hatte nach Meinung Leopolds nicht die nötige Führungskraft bewiesen, um in der Affäre Schaden von der Dynastie abzuwenden. Nicht frei von Ironie beendete er seinen Brief an Ernst mit den Worten „Viel Schönes an Louise, deren Brief ich erhalten habe. Adieu.“60 Mit diesem Hinweis auf die junge Ehefrau des Bruders enthüllte Leopold sein besonderes Verhältnis zu seiner Schwägerin. Ob diese Beziehung über einen Briefverkehr hinaus ging, ist unklar, aber schon bald erhielt der Hofklatsch neue Nahrung. Noch fühlte sich Leopold seinem älteren Bruder moralisch überlegen, doch jetzt nahm die Affäre um Madame Panam eine neue Wendung, die auch für Leopold gefährlich werden konnte. Verschärft wurde der Druck, der nun für jedes einzelne Familienmitglied spürbar sein musste, durch die Ankündigung, Madame Panam plane eine Fortsetzung ihrer literarischen Enthüllungen.

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5. Intrigen und Verrat

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uise musste von der Geschichte der Panam Notiz genommen haben, davon gehört, vielleicht sogar darüber gelesen haben. Der schriftliche Nachlass der Herzogin nimmt darauf allerdings keinen direkten Bezug. Es fällt aber auf, dass ihr Verhalten Anfang des Jahres 1822 seltsame Züge annahm. Luise war in der Affäre gänzlich in die Defensive gedrängt worden. Die Gerüchte und das Geflüster am Hof demütigten sie zusätzlich, ohne dass sie selbst etwas dagegen unternehmen konnte. Erving Goffman beschreibt den schleichenden Prozess, den solche Enthüllungen mit sich bringen. Der Geheimnisverrat sorgt dafür, dass die Darstellung des Ensembles auf der Vorderbühne unglaubwürdig wird. Auf der Hinterbühne verbrüdern sich die Gegner, was einer unzumutbaren Bedrohung gleichkommt, eine Erfahrung, die auch Ernst in Coburg nicht erspart blieb. Luise, so musste oder wollte er glauben, sei Teil einer größeren Verschwörung, die seine Macht untergrub. Die Herzogin ihrerseits beschloss, die ihr zugedachte Rolle nach ihrer eigenen Vorstellung neu zu interpretieren.

5.1. Unordnung und Dekonstruktion Im Mai 1822 besuchte Luises Vater, Herzog August, seine Tochter in Coburg. Er hatte sein bizarres Benehmen inzwischen nicht abgelegt, sondern weiter kultiviert. Selbst am Coburger Hof pflegte er seine Exzentrik. Noch nicht ganz 50 Jahre alt, beliebte er noch immer, seinen Besuch im Bett liegend zu empfangen, die Hofdamen eingeschlossen. Luise berichtete ihrer Jugendfreundin Auguste, wie sehr ihr Vater es genoss, in Coburg auf seine Art und Weise Hof zu halten.1 Offenbar war er blind und taub für den immer größer werdenden seelischen Druck, dem Luise sich ausgesetzt sah. Von ihm war keine Unterstützung zu erwarten. Etwa zu dieser Zeit musste seine Tochter beschlossen haben, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Karoline Bauer, Schauspielerin am Coburger Theater, Jugendfreundin der Coburger Prinzen und später die Geliebte Leopolds, beobachtete die neuesten Entwicklungen aus nächster Nähe, mit unverhohlenem Interesse am Hofklatsch.2 Die Herzogin, so besagten die Gerüchte, befand sich ebenso wie der Herzog auf ehelichen Abwegen. Sie hatte begonnen, ihre eigenen amourösen Fäden zu spinnen. Nach der fortgesetzten Untreue ihres Ehemannes, so vermutete Karoline Bauer, sann die Herzogin auf Rache. Sie wollte ihre Einsamkeit nicht länger tatenlos ertragen.3

Am 17. Mai 1822, wenige Tage nach seinem Besuch in Coburg, verstarb Luises Vater nach kurzer Krankheit in Gotha. Herzog August wurde auf einer Insel im See nahe Schloss Friedenstein im Beisein seiner Tochter beigesetzt. Ernst fand den Weg nach Gotha erst fünf Tage nach der Beerdigung seines Schwiegervaters. Luises Onkel Friedrich IV. war nun Herzog von SachsenGotha-Altenburg, doch auch seine Gesundheit war stark angegriffen und ließ nicht erwarten, dass er die Geschicke seines Landes lange lenken würde. Obwohl Luise die Alleinerbin des väterlichen Vermögens war, schloss die männliche Stammesfolge sie von der Regierungsübernahme aus. Da ihr Onkel keine Nachkommen hatte, war das Ende des Hauses Sachsen-Gotha-Altenburg absehbar.4 Gleich nach dem Tod ihres Vaters ließ Luise ihr Erbe schätzen. August hatte mit seiner exzentrischen Lebensweise Schulden in Höhe von 541.041 Reichstalern angehäuft, eine astronomisch hohe Summe. Luise sah sich genötigt, auf den Privat- und Schatullennachlass zu verzichten, nicht aber auf ihre Ansprüche und die ihrer Erben auf den Allodialnachlass der SachsenGothaer Linie.5 Der Tod des Vaters mag Luise des letzten Gefühls der Geborgenheit beraubt haben. Ihre Freundin Julie von Zerzog beschrieb in ihren „Denkwürdigkeiten“ die Verzweiflung, die das Dasein der noch immer sehr jungen Herzogin nun überschattete. Mit August sei einer der Schutzgeister ihres Lebens verschwunden, was die Herzogin als Verwaistheit ihrer Seele empfunden habe. Allein, ohne jeden wahren Freund, sei sie dem Geist der Zwietracht am Hof ausgeliefert gewesen. Wie ein schleichendes Gift, so Julie von Zerzog, habe dieser die anfangs so zufriedene Ehe des Herzogpaares befallen. „Um sich zu einem raschen Entschlusse zu bringen, wurde ihr hinterbracht, daß der Herzog unzufrieden mit ihrem Benehmen sie auf ein festes Schloß bringen lassen und dort einsperren lassen würde. Es soll aber nur die Absicht des Herzogs gewesen sein, daß sie sich auf einige Zeit nach Saalfeld begeben sollte“, gibt Julie die Erzählungen Luises wieder.6 „Hätte sie alles zurückgewiesen, was man ihr gegen ihren Gemahl einflüsterte, sie würde auch dieses Mährchen verlacht haben und ihren Gemahl, wie alle, welche ihn ruhig beurteilen, eine solche Maaßregel nicht zugetraut haben.“7 Luise habe die Schlingen nicht durchschaut, die gelegt worden waren, um sie von ihrem Ehemann zu trennen. „Der von ihr allein gefürchtete Verlust der Freiheit entzog ihr die in diesem Augenblicke gerade so notwendige Besonnenheit.“8 Julie von Zerzogs „Denkwürdigkeiten“ deuten vieles an, lassen aber die eigentlichen Gründe für den Ehezwist unberührt. Es geht nicht klar hervor, Unordnung und Dekonstruktion  |

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womit sich Luise den Zorn ihres Mannes zugezogen hatte. Auch wird nicht erhellt, welche Schlingen ausgelegt waren und wer ein Interesse daran hatte, die Ehe des Herzogpaares zu zerstören. Über diese Hintergründe gibt die Aufzeichnung Julie von Zerzogs keinen Aufschluss. Klar erkennbar ist allerdings, dass Luise vom Verlauf ihrer Ehe tief enttäuscht war, wahrscheinlich spürte sie deutlich, wie unterschiedlich die Möglichkeiten beider Geschlechter verteilt waren. „Wir sollen treu sein, sie [die Männer] wollen gefallen, sie wollen erobern oder sterben und können am Ende beides nicht, dann trösten sie sich“, schrieb Luise später.9 Im Herbst des Jahres 1822 verschärften sich die Probleme. Ernst verletzte sich bei einem Jagdunfall - ein in Panik flüchtender Hirsch hatte ihn überrannt und verletzt. Der Herzog trug den Arm in einer Schlinge und sein Kopf musste bandagiert werden. Auch Luise hatte Anlass zur Klage über ihre mangelnde Gesundheit. Zwei Monate schon leide sie an beständigen Leibschmerzen, vertraute sie Auguste von Studnitz in einem Brief an. Es waren die ersten Anzeichen einer ernsten Erkrankung. Trotz allen Ungemachs nahmen die jährlich wiederkehrenden Feste am Coburger Hof ihren Lauf. Am 16.  Dezember wurde ein Maskenball veranstaltet, am 21. Dezember, es war Luises Geburtstag, wurde ebenfalls getanzt und die ganze Gesellschaft erfreute sich an einer Schlittenfahrt. Ein neues Mitglied am Hof, ein Patenkind von Augustes Vater, fand ebenfalls Erwähnung in Luises Schilderungen. Es war ihr neuer „maître des plaisirs“, Hans von Thümmel.10 Im Januar 1823 besuchten Ernst und Luise Schloss Friedenstein, das nun von Friedrich IV. bewohnt wurde, der ein zurückgezogenes Leben führte, ohne höfisches Zeremoniell. Sein einziger Vertrauter war sein Kammerherr und Sekretär von Münchhausen. Während Ernst auch in Gotha seiner Leidenschaft für die Jagd frönte, blieb Luise mit ihrer Stiefmutter und ihrem Onkel allein zurück. Hier, so wusste es der Hofklatsch später zu berichten, begann Luise einen Flirt mit Baron von Münchhausen. Er sei einer ihrer vielen Liebhaber gewesen, die sie im Verlauf der folgenden zwei Jahre mit ihrem Charme umgarnt habe.11 Auf Schloss Rosenau entspann sich ein gefährliches Geflecht aus Kabale und Liebe, aus dem sich keiner der Beteiligten mehr befreien konnte. Luise hatte beschlossen, auf die Vernachlässigung durch ihren Ehemann mit einer Gegenintrige zu reagieren, wie es die wenigen Dokumente aus dieser Zeit nahe legen, die zur Betrachtung herangezogen werden können. Im Thüringischen Staatsarchiv Gotha finden sich die Schilderungen des Kammerjunkers Heinrich Friedrich Ernst von Rosenberg, die einige Schlaglichter auf die Vorgänge am Coburger Hof werfen. Dessen Aussagen sind unter dem Vorbehalt

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persönlicher Wertungen und Absichten mit Vorsicht zu betrachten, sie geben aber einen Eindruck von der Verwirrung wider, die im Zuge der Eheprobleme des Herzogspaares auch die Höflinge erfasst hatte. Wie viele andere sah sich auch von Rosenberg schuldlos in die Intrigen um Herzogin Luise verstrickt und versuchte, seinen Fürsten von seiner Loyalität zu überzeugen. Von Rosenberg diente seit dem 21. Dezember 1819, dem 19. Geburtstag Luises, als Kammerherr in Coburg und war zum Mitaufseher der herzoglichen Kupferstichsammlung ernannt worden. Er hatte bereits das Drama um die Affäre Solms miterlebt, in dem er eine offenbar wenig rühmliche Rolle gespielt hatte. Die Erinnerungen daran plagten ihn noch immer, wie er Herzog Ernst in einem Brief mitteilte. „Schon früher, und namentlich bey den unangenehmen Vorfällen in Betreff des Grafen Solms, waren meine Feinde und Neider bemüht, mich aus Euer Durchlaucht Hoher unschätzbarer Gunst zu verdrängen, und nur Euer Durchlaucht so festes als umsichtiges Verfahren rettet mich damals von dem schon zu jener Zeit mich [be]drohenden Unglück indem es mir verstattet wurde, mich selbst zu verantworten und die Wahrheit an den Tag zu bringen, wodurch Euer Durchlaucht die volle Überzeugung meiner Unschuld erhielten“, schrieb Rosenberg.12 Er war verdächtigt worden, Briefe der Herzogin an zu Solms weitergeleitet zu haben. Damals hatte er den Herzog von seiner Unschuld überzeugen können, indem er den wahren „Übeltäter“, einen Kammerherrn von Speßhardt, als Unterhändler und geheimen Briefträger entlarvte. Speßhardt wurde daraufhin „vollkommen unschädlich“ gemacht, wie von Rosenberg bemerkte, und er selbst nahm den für ihn äußerst prekären Vorfall als Warnung. „Nach Beendigung dieser Angelegenheit vermied ich so viel als möglich, jede nähere Beziehung mit der Frau Herzogin welche mich dann auch lange Zeit mit überspannten Erzählungen und Aeußerungen verschonte“, versicherte Rosenberg.13 Die Affäre Solms, auch wenn sie überwunden schien, hatte den Hof in zwei Lager gespalten. Da waren diejenigen, die sich ihre Loyalität zum Fürsten erkauften und diejenigen, die sich auf die Seite Luises gestellt hatten, die „Feinde und Neider“, deren Rache von Rosenberg fürchtete. Wie gefährlich die intriganten Verwicklungen waren, konnte oder wollte Luise nicht wahrhaben, sie spielte die Verführerin, vielleicht auch, um ihren untreuen Gatten eifersüchtig zu machen, wie eine kleine Szene beweist, die von Rosenberg dem Herzog wieder ins Gedächtnis rief. Eines Mittags bei Tisch warf Luise dem Höfling einen Schal zu, mit der Aufforderung, ihn als Geschenk zu behalten. Der banale Vorfall löste in Rosenberg Panik aus. Er bat die Hofdame von Bock, ihrer Herrin den Schal Unordnung und Dekonstruktion  |

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auf der Stelle zurückzugeben. Schließlich beendete der Herzog die Angelegenheit mit einem Machtwort. Er befahl Rosenberg, den Schal zu behalten. Nach seinen Erfahrungen in der Affäre Solms war dieser verzweifelt bemüht, jeden Eindruck der Unschicklichkeit zu vermeiden. Er bat die Oberhofmeisterin von Wangenheim, ihn auf keinen Fall in einer Unterredung mit Luise allein zu lassen, woraufhin diese ihm den neuesten Hofklatsch anvertraute. Jeden Morgen, wenn sie das Schloss betrete, finde sie den Hauptmann Brandis neben der Frau Herzogin vertraulich auf dem Sofa sitzend. Luise hatte sich bei den jüngeren Offizieren am Hof einen Kreis von naiven Verehrern gesucht, die sich in ritterlicher Manier um sie bemühten. Nach Rosenbergs Beobachtungen gehörten dazu neben Brandis auch Maximilian von Hanstein, Gottfried von Bülow und ein Herr von Brandenstein. Luise selbst erwähnte in einem Brief an ihre Freundin Auguste einen weiteren Verehrer, über dessen Avancen sie sich amüsierte, den gut aussehenden, siebzehn Jahre alten Baron von Stillfried, der ihr zu Füßen liege, auf Apfelbäume steige, um in ihr Fenster zu sehen und auch sonst „tausenderlei Tändeleien“ veranstalte.14 Luise war sich der Zurückhaltung von Rosenbergs ihr gegenüber wohl bewusst, und versuchte, ihn mit Geschenken und vertraulichen Gesprächen auf ihre Seite zu ziehen. Der so Umworbene erstattete prompt Bericht. „Späterhin bot die Frau Herzogin mir ein Buch in sechs Bänden mit den schlüpfrichsten Kupfern zum Lesen an, welches dieselbe in der Auction des Geheimraths von Studnitz zu Gotha gekauft zu haben, versicherte, und forderte von mir ähnliche Bücher wenn ich solche besäße, welche ich ihr durch das Kammermädchen Charlotte Heim zu stellen möge …“, was von Rosenberg in einem Anflug von „Pflicht und Rechtlichkeit“ zurückwies, wie er Ernst wissen ließ.15 Doch Luise hielt nicht inne, sie schürte noch die Verwirrung, indem sie dem Kammerherrn eine unerwartete Eröffnung über ihre Abstammung zumutete, was dieser wiederum an Ernst berichtete. „Sie, die Frau Herzogin, sey keine Tochter Sr. Durchlaucht des Herzogs [August von Sachsen-Gotha], sondern eine Schwester des Kammerjunckers von Thümmel“, kolportierte Rosenberg.16 Am Coburger Hof befanden sich zu jener Zeit der schon erwähnte Hans von Thümmel, sowie Moritz von Thümmel, der Sohn des Dichters Moritz August von Thümmel. Sich gegenüber Rosenberg in eine familiäre Reihe mit den Bediensteten ihres Mannes zu stellen, bedeutete für Luise eine Herabwürdigung ihrer selbst. Mit Sicherheit war ein solches Gespräch mit einem Höfling für beide Seiten kompromittierend, wenn es tatsächlich so stattgefunden hatte, wie von Rosenberg angab. Mit diesem „Verrat“ von Familiengeheim-

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nissen bewies Luise, dass sie ihre Loyalität längst aufgegeben hatte. Eine solche „Öffnung“, also Enthüllungen in Gegenwart des Feindes, so Erving Goffman, tritt oft in Zeiten chronischer Überlastung auf. Ein „Sünder“, der sich machtlos fühlt, erzählt Dinge, die er normalerweise verbergen würde, weil er auf Solidarität hofft. Er opfert damit seine Distanz, die im Falle Luises aber so dringend hätte aufrecht erhalten werden müssen.17 Auf der Suche nach einem Motiv für Luises Verrat ist die Lebensgeschichte der am Coburger und Gothaer Hof tätigen Thümmels interessant. Moritz August von Thümmel, der Vater des Coburger Kammerjunkers Moritz von Thümmel, war ein angesehener Schriftsteller und Diplomat.18 Seine Tochter Pauline war verheiratet mit August von Studnitz, dem Vater Augustes, der Freundin Luises aus Kindertagen. Moritz August von Thümmel war für seine demokratische Gesinnung ebenso bekannt, wie für seine im frivol-lüsternen Ton gehaltenen Schriften.19 Mit dreiundzwanzig Jahren war er als Kammerjunker an den Hof des Erbprinzen und späteren Herzogs Ernst Friedrich von Sachsen-Coburg gekommen. Trotz seiner Abneigung gegen das höfische Zeremoniell schätzte er die Segnungen seiner geregelten Anstellung. Später verließ er den Coburger Hof und zog nach Gotha. Moritz August von Thümmel kehrte immer wieder nach Coburg zurück, zuletzt 1817, wo er während der Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit von Ernst und Luise starb.20 Besonders eng verbunden war Moritz mit seinem jüngeren Bruder Hans Wilhelm von Thümmel. Dieser war unter Herzog August Geheimer Rat und Steuerdirektor von Altenburg gewesen, ein welterfahrener Mann, dessen Milde und großes Herz ihm einen vorzüglichen Ruf beschert hatten. Unter Augusts Vater hatte er die Errichtung von Armen- und Krankenhäusern angeregt, die aus einem ständischen Fonds finanziert wurden. Thümmel war überzeugt, dass die Fürsten verpflichtet waren, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. „Menschen, von Völkern zu ihren Herrschern erhoben, sollten bedenken, daß die ihnen zu leistenden Dienste keine Frohn- oder Sklavendienste sind“, mahnte von Thümmel. „Zöge man ihnen das Fürstenkleid aus, so würden sie als nackte Hilfsbedürftige dastehen.“21 Die Einrichtung der Versorgungsanstalten führte zu einem Rückgang der weit verbreiteten Bettelei. Doch Thümmels Grundsatz einer umfassenden Armenversorgung, die zu „helfen, nicht zu richten“22 hatte, erwies sich im Verlauf der Jahre als nicht praktikabel und nicht finanzierbar. Am Ende seiner Amtszeit hielt der aufrechte Moralist Thümmel die absoluten Fürstenhöfe wohl für Unordnung und Dekonstruktion  |

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nicht reformierbar. „Das gewöhnliche Hofleben ist ein Maskenball, wo Grazien und Furien, mit Guirlanden falscher Blumen zusammengekettet, im gähnenden Einerlei um die Statue der Eitelkeit bis zum Schwindel herumwalzen“, befand er.23 Die von Thümmel beschriebene Verlogenheit des Hoflebens in Coburg sollte in der Affäre um Luise sichtbar werden. Ohne die Vorgänge auf der Hinterbühne zu kennen, hatte sich das Volk bereits sein Urteil gebildet. „Der Wandel der Dinge war plötzlich und durchgreifend“, schrieb der Augenzeuge der damaligen Vorfälle um Luise, der Coburger Bürger Friedrich Hofmann, später. „War bisher, so lange die Eintracht waltete, das Leben am Hofe und im Volk und das Verhältniß zwischen beiden ehrlich und offen erschienen: so begann nun, unter dem Schatten, am Hof die Intrigue und im Volk das Gemunkel; es trafen sich gegenseitig scheue Blicke.“24 Die Herzogin sei von Gram über die Untreue ihres Gatten erfüllt, mutmaßte man, denn oft sei sie einsam und weinend zu sehen. Hofmann berichtete, dass das Volk begann, seinen Hass und seine Gunst zu verteilen, ein Prozess, der auch die Höflinge erfasste. „Ein Duell zwischen einem Oberst von Szymborsky und einem Kammerherrn von Thümmel (einem Sohn des einst berühmten Dichters), den man als einen Anhänger der Herzogin schätzte, wurde mit diesem Zwiespalt in Verbindung gebracht. Endlich verlautete, daß die Herzogin unter Aufsicht stehe, weil ihr Gemahl sie in derselben Weise beargwohnte, wie einst sein Vorfahr Johann Casimir seine unglückliche Gemahlin, die Herzogin Anna (…). Im Herzen des Volkes war die Parallele fertig und der Vergleich zwischen den Schicksalen der beiden Fürsten vergrößerte die Befürchtungen für den Ausgang des Unheils.“25 Der Herzog sei schuld am Ehezwist, mutmaßten die Coburger, nicht Luise. Die Menschen hatten ihre Herzogin ins Herz geschlossen, der Zorn über ihr menschliches Leiden war groß und sollte sich bald darauf entladen. Besonders beargwöhnt wurde Ernsts Adjutant, Oberst von Szymborski, der bei der Coburger Bevölkerung keine großen Sympathien wecken konnte.26 Das Publikum wohnte dem höfischen „Spiel“ von Intrige und Gegenintrige fasziniert bei und hatte sein moralisches Urteil über Gut und Böse bereits gefällt. Als „Spektakel der Moral“ bezeichnet der Historiker Peter von Matt diese Dramaturgie der Vergeltung von Gleichem mit Gleichem. Manche Intrige, so stellt er fest, sei nur durch eine Gegenintrige zu parieren. Moralisch gerechtfertigt scheint diese dann, wenn sich die ursprüngliche Intrige gegen einen Sympathieträger richtet. In diesem Fall, so von Matt, symbolisiere die Gegenintrige, sei sie auch noch so listig, den Sieg des Guten über das Schlechte.27

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Die von Luise, dem vermeintlichen Opfer der Machenschaften am Coburger Hof, angezettelte Gegenintrige musste diesem Prinzip zufolge von den außenstehenden Beobachtern als eine Rettungsaktion ihrerseits verstanden werden, die aus moralischen Gründen gerechtfertigt war. Das Publikum, so von Matt, kann nicht anders, „als diese polare Sittlichkeit zu übernehmen und innig für gut und schlecht zu halten, was uns als solches vorgespielt wird.“28 Luise hatte, noch ohne es zu ahnen, bereits das Kräfteverhältnis zwischen ihr und dem Fürsten zu ihren Gunsten verändert. Wie sich zeigen sollte, hatte sie den „allgemeinen Volksgeist“ auf ihrer Seite. In den engen Schranken des Coburger Hofes gefangen, hatte die Herzogin nun Jahre der Enttäuschung hinter sich. Von ihrem nachlässigen Ehemann, dessen permanente Untreue sie fürchten musste, war keine Verbesserung ihrer Situation zu erwarten. Ihre romantischen Vorstellungen waren an der Realität des patriarchalischen, absolutistischen Denkens am Hof gescheitert, welches für das weibliche Geschlecht nur eine nachgeordnete Rolle vorsah. Eine verheiratete Frau, davon war Luises Schwiegermutter Auguste überzeugt, hänge, ob reich oder arm, immer von ihrem Mann ab.29 Für Luises „unvernünftiges“ Streben nach Sinn und Selbstentfaltung war da weder Raum noch Verständnis. Dem „glänzenden Elend“, der gähnenden Langeweile der ewig gleichförmigen Abläufe, versuchte sie, auf ihre Weise zu entfliehen. Dabei wurde sie argwöhnisch von der Schwiegermutter beobachtet: „Sie wird aufs Wort dem Vater immer ähnlicher“, klagte Auguste bei Leopold. „Sie sagte mir gestern, ich soll nicht schmol[l]en, sie hat sich 10 Winterkleider und Gott weiß wie viele Hüte gekauft. Das jagen ihr um Weihnachten alles ihre Leute wieder ab und sie kauft aufs neue. (…). Es dauert mich. Sie ist im Grund gutmüthig und mit mir immer aimable, aber wo soll das hinaus, sie thut nichts, steht um 9 oder 10 auf, rabackirt [quatscht] mit ihren Leuten, der Studnitz, den Hofdamen, schreibt ihrer Mutter und bleibt bis 12 auf, abends oft bis 1 und 2.“30 Wie ihre Zeitgenossin Luise von Preußen hatte Luise von SachsenCoburg Sinn für Modisches – was ersterer als Zeichen der Eleganz ausgelegt wurde, führte bei letzterer zur Kritik durch die aufs Geld bedachte Schwiegermutter. Doch möglicherweise war Luise weniger oberflächlich, als Auguste sie wahrnehmen mochte. Die Armut im Fürstentum war der jungen Herzogin nicht entgangen und sie hatte Vorstellungen entwickelt, wie Abhilfe zu schaffen sei, um die Not der „ärmeren Classe in Coburg“ zu lindern.31 Nach ihren Plänen sollten Söhne der Ärmsten bei den coburgischen Handwerksmeistern in die Lehre gehen und die Kosten dafür aus ihrem Privatvermögen bezahlt werden. Auch hatte Unordnung und Dekonstruktion  |

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sie überlegt, die ärmeren Leute in Coburg neu einkleiden zu lassen, doch stieß sie mit dieser Idee auf Ablehnung am Hof, da man befürchtete, die Kleider würden umgehend im Pfandhaus versetzt werden.32 Die „adelige Caritas“, wie sie im 18. und 19. Jahrhundert im niederen Adel üblich war und in patriarchaler Manier gegenüber den Armen praktiziert wurde, wie Christa Diemel schreibt, war am Coburger Hof offenbar undenkbar.33 Auch wenn Hans von Thümmels Armenversorgung unter dem Prinzip „helfen, aber nicht richten“ in Gotha mehr oder weniger gescheitert war, mochte es doch die Gedanken Luises angeregt haben und für sie eine Möglichkeit gewesen sein, der Enge ihrer Lebenssituation zu entfliehen. Doch auch hier wartete auf sie nur neue Enttäuschung. Das wohltätige Engagement, das für viele adelige Frauen ein Weg war, der Langeweile der Hofgesellschaft etwas entgegenzusetzen und das zu ihrer Selbstverwirklichung beitrug, blieb Luise verwehrt. Sie war, auch wenn ihr Engagement nicht gründlich durchdacht sein mochte, ihrer Zeit in Coburg voraus. Luises Schwiegermutter Auguste war alarmiert von derlei unkonventionellen Ideen. Sie hatte die Veränderungen im Verhalten der jungen Herzogin registriert und bat ihren Sohn Leopold, Einfluss zu nehmen. „Gestern erzählte mir Luisgen, sie hat, ich glaube, 6 Bogen an dich geschrieben, mögen wohl 6 Seiten gewesen sein“, schrieb Auguste an Leopold. „Das Kind hat die unpraktischsten Ideen, womit sie bei dir wohl nicht ganz herausgerückt ist, (…), ihre Pläne für die Zukunft kamen mir für ihre Ruhe und ihr Vermögen höchst gefährlich vor.“34 Luise glaubte offenbar, direkten Zugriff auf das Allodialvermögen zu haben, das ihr aus dem Testament ihres Vaters zustand. Sie wolle reisen, erklärte sie der verstörten Schwiegermutter, gehen, wohin sie wollte, unabhängig entscheiden. „Sie will ein freies Leben führen (…) und ohne controll ihren confusen Willen thun, aber es wird sich schon ein Besgami finden, der ihr Geld verthun hülfe,“ empörte sich Auguste bei Leopold.35 Baron von Lindenau eilte herbei, um Luise zu disziplinieren. Er erklärte ihr, ohne die Zustimmung ihres ehelichen Vormunds, Herzog Ernst, habe sie keinen Zugriff auf ihr Vermögen. Die Einkünfte müssten dem coburgischen Haus zu Gute kommen, wie vormals dem gothaischen – zum Besten ihrer Kinder. Luises Zorn über die unerfreuliche Botschaft erschreckte die Schwiegermutter, die sich keinen anderen Rat wusste, als Leopold einzuschalten. „Du allein lieber Pold kannst ihre liberalen Ideen rutifizieren und sie auf unbesonnene Weise einschüchtern.“ Das „Affenweibchen ohne Vernunft“36, wie Auguste ihre Schwiegertochter nannte, bereitete der Coburger Dynastie zunehmend Verdruss.

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5.2. Die Affäre Bülow Luise hatte ihr Netz am Hof gespannt und versuchte, auch Neuankömmlinge in ihren Bann zu ziehen. Wie Kammerherr von Rosenberg mit wachsender Besorgnis zur Kenntnis nahm, schien sich zwischen ihr und dem Kammerjunker Leutnant Gottfried von Bülow37 ein besonderes Verhältnis zu entwickeln. Rosenbergs Beobachtungsposten war ideal, da er mit dem ebenfalls aus dem Brandenburgischen stammenden Bülow eine Wohnung teilte. Nur sechs Wochen waren vergangen, seit er am Coburger Hof angekommen war, da erhielt Bülow einen Brief Luises, dessen Umschlag ein Porträt der Herzogin barg. Wie Rosenberg später in einem Schreiben an Ernst versicherte, warnte er den jungen Leutnant vor dem gefährlichen Umgang mit seiner Herrin, doch vergeblich. Bülow schloss sich den Anhängern Luises um „Brandis und Consorten“ an.38 Sein einziger Fehler, so bekannte Rosenberg in seinem Verteidigungsschreiben an den Herzog, sei es gewesen, „… zu viel auf die Rechtlichkeit der Herrn Brandenstein und Hanstein vertrauend, diesen Winke über das Benehmen der Frau Herzogin gab, und sie beyde welche ich für meine Freunde zu halten Ursach hatte, warnte, sich nicht in diese unglückliche Verhältniß zu verpflichten“, rechtfertigte sich Rosenberg.39 „Vorzüglich war es Herr v. Hanstein welcher am meisten auf dieses strafbare Verhältniß und auf Herrn v. Bülow schimpfte und mich dadurch sicher machte, ohnerachtet er schon damals ein heimlicher Verehrer der Frau Herzogin war. Ich war so ehrlich seinen Worten zu glauben, warnte ihn öfters, führte ihn auf die früheren Verhältniße der Frau Herzogin mit dem Grafen Solms zurück und prophezeite dem Herrn von Bülow ein ähnliches Looß. Und Herr von Hanstein war so schlecht, daß er alle diese gut gemeinten Reden so fort der Frau Herzogin wieder erzählte!“40 Rosenberg war als Verräter ausgemacht und wurde, folgt man seiner Darstellung, von den jungen Kammerherren misstrauisch beobachtet und unter Druck gesetzt. Er sei ihnen gefährlich und müsse weg, wurde ihm beschieden. Er sei sogar zum Duell gefordert worden, beendete Rosenberg seinen Bericht. Wie sich zeigen sollte, hatte sich der Kammerherr die angedrohten Prügel eifrig verdient. Er gehörte zu den geschäftigsten Zuträgern Augustes, die sich nun kräftig in die sich immer weiter verschärfende Ehekrise ihres ältesten Sohnes einmischte. „Das Feuer brennt unter Dir fort“, schrieb sie aus Ketschendorf.41 Obwohl Auguste, wie sie versicherte, durch den Zank und Streit schwer belastet war, bot sie sich als Vermittlerin an. Sie wolle Luise streng ins Gewissen reden, sich nicht belügen lassen und der Eigensinnigen mit schweDie Affäre Bülow  |

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ren Konsequenzen drohen. Ihrem Sohn machte sie unmissverständlich klar, wie er mit dem „unartigen Kind“ umzugehen habe. „Sie ändert sich oder Du trennst dich, aber nicht scheiden, wo sie freye Hände hätte. Es geht ihr sonst endlich wie ihrer Tante von Dän(n)emark.“42 Die Parallelen zum Schicksal der populären Dänenkönigin Matilda waren beunruhigend, sicher für beide Seiten, zumal auch in deren Fall ein junger Mann namens von Bülow eine gefährliche Rolle gespielt hatte. Am Mittag des 17. Juni 1824 konfrontierte Auguste Luise mit den Gerüchten, die am Hof und im Coburger Land die Runde machten. Auch davon berichtete sie ihrem Sohn ausführlich: „… ich habe ihr ein wenig bange für ihre Zukunft gemacht, vor der schrecklichen Lage einer Frau, die die allgemeine Achtung verlohren hat“, schrieb Auguste an Ernst.43 Sie ermahnte die Schwiegertochter weiter, ihr Spiel mit der Leidenschaft und mit ihrer Phantasie aufzugeben, da sie damit ihrer Gesundheit Schaden zufügen könne. Sie sei nicht dazu berechtigt, jeder ihrer Launen nachzugeben, redete Auguste Luise ins Gewissen. „Ich finde sie sehr übel aussehen und habe es ihr mit Fleiß gesagt. Es hat sie erschreckt, die Arme. Auch scheint ihr daß Stadt Gespräch, daß ihr das Schlim[m]ste nachsagt, nicht gleichgüldig. Sie versichert B[ülow] war ein Pinsel, und sie machte sich nichts aus ihm. Sie wäre überzeugt, er schrie zum Fenster hinaus, wenn sie ihm eine Freyheit zu muthete, und sie hätte ihn auch nur ein paar mal allein gesprochen, und über die Gleichgültigsten Sachen.“44 Derart unter Druck gesetzt, versprach Luise, künftig vorsichtiger zu sein und Auguste schien beruhigt. Ihrem Sohn empfahl sie eindringlich, die jungen Herren aus der Nähe seiner Frau zu entfernen, um ihre Moral nicht weiter auf die Probe zu stellen. Noch schien Auguste zu hoffen, mit Einschüchterung und Strenge auf das reizbare Gemüt Luises Einfluss nehmen zu können. Mit ihrer „Zuckerbrot und Peitsche-Taktik“ hatte sie die Schwiegertochter zur Reue getrieben, war sich ihres dauerhaften Erfolgs aber keineswegs sicher. „Anhalten werden diese guten Vorsätze so nicht, und müßen immer aufgefrischt werden. Und ich möchte sie nicht gern durch Wirkung ihrer kleinen Eitelkeit aus dieser Stimmung herauß gerißen sehen. Die können der hübschen Jungen Frau nicht ausbleiben, es brauchen ja keine Liebhaber zu sein. (…). Sie hat sich barbarisch für mich gefürchtet, und ist wirklich Dankbahr, daß ich ihr nach einer Tüchtigen Wäsche wieder freundlich bin,“ schrieb Auguste an Ernst.45 Die Befriedigung über die positive Wirkung ihrer Standpauke muss schon bald blankem Entsetzen gewichen sein. Eines Tages zwischen Ende Juni und

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Mitte August 1824 stand von Rosenberg mit Briefen Luises in der Hand vor Augustes Tür. Sie waren an von Bülow gerichtet. Ein von Auguste als besonders leidenschaftlich empfundener Brief Luises an Bülow setzte einen Sturm im Palast in Gang, der bald auch die Coburger Bevölkerung erfassen und Ernsts Stellung als absolut regierendem Fürst gefährden sollte. Diesem Schreiben war zu entnehmen, wie weit Luises Pläne für ihre Zukunft schon Form angenommen hatten. Ihren Schwager Leopold plante sie, einzuweihen, da sie sich von ihm Unterstützung erwartete. Er sollte Ernst davon überzeugen, einer Trennung zuzustimmen. Pro forma, so strebte Luise an, könne die Ehe aufrecht erhalten werden, indem man gemeinsam unter einem Dach wohne. Sie wollte Herzogin bleiben, sich aber die Freiheit einer neuen Lebensgemeinschaft eröffnen. Von Bülow, so entnahm Auguste dem verräterischen Brief, spielte in den Plänen Luises schon eine ganz konkrete Rolle: „ [ich] heyrathe Dich an die Linke Hand, Dein Bräutchen,“ hieß es in dem Schreiben, das in Augustes Hände gefallen war, wie sie kurz darauf ihrem Sohn Ferdinand berichtete. „Mir war ganz übel vor Schrecken“, schrieb sie.46 Nun konnte auch Ernst nicht mehr übersehen, wie weit Luises Pläne zu einer Trennung schon gediehen waren. Nur für einen kurzen Augenblick noch hielt er seinen Zorn zurück, da die Verwandtschaft sich auf der Rosenau versammelt hatte, um den Geburtstag des kleinen Albert zu feiern. Dann verfasste er einen Brief an Luise, in dem er sie des Ehebruchs bezichtigte. „Der tief gekränkte Gatte, der hoch beleidigte Landesherr, spricht zu Dir: Du hast mich schrecklich hintergangen. Ich weis alles, Deine Briefe [an Bülow] sind in meiner Hand. Du hast meine aufrichtige Liebe (…) mit dem schwärzesten Verrath und Undank gelohnt.“47 Um Aufsehen zu vermeiden, solle Luise vorerst auf der Rosenau bleiben, ordnete Ernst an und machte sich dann auf den Weg zu seiner Schwiegermutter nach Gotha. Sie sollte entscheiden, ob Luise künftig dorthin zurückkehren oder wohin sie stattdessen verfügt werden sollte. Gleichzeitig ließ Ernst das „Verhältnis“ Luises mit von Bülow näher untersuchen. Gottfried von Bülow, der junge, gutaussehende, aber nach Augustes Einschätzung etwas einfältige Offizier48 bekam die Konsequenzen der angeblichen Liebesaffäre mit Luise deutlich zu spüren. Er wurde verhaftet und zur Vernehmung gebracht. Johann Heinrich Opitz, ein Vertrauter Ernsts und späterer coburgischer Kanzler, versuchte, weitere Details der Verfehlungen der Herzogin ans Tageslicht zu bringen. Bülow, ob freiwillig oder unter Druck gesetzt, gab Auskunft, dass „… ihm bei einem Ball auf der RoseDie Affäre Bülow  |

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nau die Zuneigung der Herzogin Durchlaucht bewusst geworden sei und sie ihre Zuneigung mit Worten ausgedrückt und ihn gefragt habe, ob er sie lieben könne, worauf er erwidert habe, dieses nicht wagen zu dürfen“, gestand von Bülow.49 Kurze Zeit darauf habe ihm die Herzogin ihr Porträt geschenkt. Mehrmals habe er mit Luise vom Schlosshof aus gesprochen, als sie sich an ihrem Fenster zeigte. Bülow berichtete weiter, dass es einmal auch nachts zu einer Begegnung gekommen sei. Die Herzogin habe ihn mit einem Taschentuch herbeigewunken, worauf er eingetreten sei. Bei dieser Unterhaltung im Eingang des herzoglichen Schlosses sei es „… zu solchen Vertraulichkeiten gekommen, zu denen nur die Ehe berechtige. Dieses Vergehens habe er sich in der Folge[-zeit], während der Abwesenheit des Herzogs in Wien, auch in der Kammer der Frau Herzogin schuldig gemacht. Als der Herzog auf das Verhältnis aufmerksam wurde, habe er die Besuche bei der Herzogin eingestellt. Von der Herzogin habe er einige Geschenke erhalten. Die Briefe habe er dann Opitz übergeben,“ hieß es im Untersuchungsbericht.50 Wie weit diese nächtlichen Umtriebe tatsächlich gegangen waren, sollte durch weitere Vernehmung der Bediensteten Luises herausgebracht werden, doch die Befragungen der Garderobiere Charlotte Heim, einer Frau Kahl und des Dieners Johann Gottlieb Seelmann lieferten keine weiteren Beweise für Luises Ehebruch. Eine spätere Vernehmung Seelmanns ergab, dass von Bülow möglicherweise ein Verhältnis mit Charlotte Heim hatte, das noch im September 1824 bestand.51 Bülow wurde später in Unehren entlassen und kehrte zu seinem Vater nach Braunschweig zurück, wo dieser als angesehener Jurist und Verwaltungsbeamter tätig war.52 Für Luise sollte es diesmal keine Gnade geben, wie noch in der „Affäre“ Solms. Auguste, stets fest den Blick auf das Wohl der Dynastie gerichtet, hatte ihr Urteil über Luise gefällt. Ihr unberechenbarer Freiheitsdrang, ihre ewige Suche nach Liebe und Anerkennung, waren eine Gefahr für die ehrgeizigen Pläne der Coburger, die ihren Einfluss so erfolgreich nach Europa ausgedehnt hatten und auch im Herzogtum weiter prosperieren wollten. Schon gab es erste Überlegungen, was nach dem möglicherweise baldigen Tod von Luises Onkel Friedrich IV. mit dem Herzogtum Gotha geschehen solle, das in der Manneslinie ausstarb und dessen letzte Erbin Luise war. Nach dem Verständnis der Coburger hatte Ernst als ehelicher Vormund ein Anrecht auf die Nachfolge. Für Auguste konnte es nur einen Weg geben, ihre unberechenbare Schwiegertochter unschädlich zu machen. Sie musste

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unter strenge Beobachtung gestellt werden. Am 26. August, zwei Tage nach dem Verhör von Bülows, schrieb sie voller Verachtung an Luise: „… warum mußtest Du mich zum Lohn für meine Treue immer belügen! Wärst Du nur einmal Wahr gegen mich geweßen, hättest Du nur die Hälfte von dem gesagt, waß daß Publikum wußte, ich hätte Dich gerettet. Armes verwirrtes Kind, viel hätte ich Dir verziehen, aber diese lange intrique, Falschheit und Lügen, diese Gemeinschaft mit schlechten und kopflosen Menschen, die Dich rettungsloß in den Abgrund führten, kann ich Dir nicht verzeihen! Ich hatte Dich zu lieb, um nicht sehr angegriffen und herzlich betrübt um Dich zu sein. (…) Aber waß läßt sich von einem Gemüth erwarten, daß immer unwahr und sich in intriquen gefällt, nur in den wirren Träumen einer verwahrlosten fantasie. Du hast diesen Träumen Wirklichkeit gegeben – und Du bist untergegangen!“53 Doch der Enthüllungen sollten noch weitere folgen. Täglich, so beklagte sich Auguste bei ihrem Sohn Ferdinand, kämen die schändlichsten Details ans Tageslicht. Das „Treiben“ im Schloss war für sie unerträglich. Noch hielt Gottfried von Bülow seine Wache bei Luise.54 Doch sollte sich bald herausstellen, dass er nicht der einzige junge Verehrer mit ritterlichen Gefühlen für seine Herzogin am Hofe gewesen war. Ernst notierte in einem Brieffragment: „… [man] lieferte alle Briefe an mich aus, worin die ganze schändliche Geschichte und Vorhaben sich aussprach und belegte. (…) und ich entdeckte durch diese Briefe ein Einverständnis [Luises] mit dem H[errn] von Hanstein.“55 Tatsächlich hatte Luise bereits am 9. Juni 1824 schriftlich eine Art Treuegelöbnis an Maximilian von Hanstein formuliert und unterschrieben. „Da mein geliebter Freund, Max von Hanstein, mir das Versprechen gab, bei Aenderungen meines Schicksaals mir wohin es sei zu folgen, so gelobe ich ihm hiermit feierlichst, daß ich in keiner Laage durch keine Verhältniße mich je von ihm trennen werde. Sollte der Todt, der alle Bande löst, mich von ihm abrufen, so sind meine Kinder verpflichtet mein Wort zu halten, ganz nach meiner Verfügung, die mit meiner Großmutter im ähnlichen Fall getroffen, übereinstimmen soll, wozu ich die Belege habe“, hieß es in Luises Treueversprechen.56 Sie hatte sich auf den Fall einer Trennung vorbereitet und sich die Unterstützung ihrer Vertrauten am Hof gesichert. Was zunächst wie eine leichtfertige Liebschaft aussah, stellte sich für Ernst bei näherer Betrachtung als ein Komplott gegen seine Person dar, eine Einschätzung, in der er sich durch die folgenden Ereignisse bestätigt sehen sollte. Luise wurde vorgeworfen, ZwieDie Affäre Bülow  |

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tracht und Hass geschürt und die Untertanen von ihrem rechtmäßigen Herrn entfernt zu haben.57

5.3. Die Coburger Unruhen Herzog Ernst konnte nicht mehr auf die uneingeschränkte Solidarität seiner Ehefrau zählen, die ihm in seiner Position als Oberhaupt des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld nach seiner Auffassung ganz selbstverständlich zustand. Das Bild, das die Fürstenfamilie auf der Vorderbühne abgab, glich schon lange nicht mehr einer stimmigen Darstellung. Ernst musste eine Solidarisierung auf der Hinterbühne befürchten, über die er keine Kontrolle mehr ausüben konnte.58 Die Ehekrise des Herzogpaares gefährdete zunehmend das Prestige der Coburger Dynastie. Luise, obwohl gewarnt durch viele mahnende Gespräche mit ihrer Schwiegermutter, wurde von der Heftigkeit der kommenden Ereignisse überrascht. Noch im Juli hatte sie mit Ernst Franzensbad besucht, wo sie sich sehr wohl gefühlt hatte, beschützt und beachtet wie seit langem nicht mehr. Ausflüge und Bälle waren an der Tagesordnung, nichts deutete auf das bevorstehende Unglück hin. Nach einer Visite in Eger ging es zurück zur Rosenau, wo Luise mit einem für sie unerwarteten Vorschlag konfrontiert wurde, wie sie später in einem Brief an ihre Freundin Auguste schilderte. „Nun kommt der schlimmste Bericht, meine liebe Auguste, schmähen wirst Du über meine Hartnäckigkeit, nur verdamme mich nicht ganz und behalte mich lieb. Alles habe ich hingeopfert, aber Dein Freundesherz laß mich nicht auch verlieren. Ich muß von meiner Rückkehr von Eger anfangen. Alles war gut und ruhig, wie die Windstille vor Ausbruch eines Gewitters. Szymborski machte mir einen seltsamen Vorschlag, ich sollte mich gewissermaßen vom Herzog trennen; ich denke, der Plan kommt vom Herzog, denn die Unverschämtheit des Dieners dachte ich mir nicht, willige ein. Der Herzog war freundlich gegen mich, wir erklärten uns und nahmen fürs Leben weinend voneinander Abschied. Er thut mir mehr leid, als ich mir selbst. Der Herzog ging zu meiner Mutter nach Ichtershausen, ich sollte nach Saalfeld reisen. Thümmels, die eben zurückkamen und Thekla sollten mich begleiten; doch der Mensch denkt und Gott lenkt. Ich lebte die Tage bis zu des Herzogs Rückkehr auf der öden Rosenau,“ klagte Luise bei ihrer Freundin.59 Trotz aller Tränen, die sie erwähnte, schien ihre Einwilligung in die Trennung doch ohne große Widerstände ihrerseits erfolgt zu sein. Möglicherweise hoffte sie noch auf Vergebung, vielleicht sah sie sich jetzt aber

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auch in der Lage, ihre Vorstellungen von einem Leben in Freiheit, mit einem anderen Mann an ihrer Seite, verwirklichen zu können. Der Preis, das musste ihr klar sein, war hoch. Dennoch schien sie sich nur schweren Herzens von ihrem Ehemann zu verabschieden. „Deine Briefe konnten nicht anders als mich tief betrüben, so wie der Abschied am gestrigen Abend. Auch mir wird fortan kein Glück blühen, doch bleibt mir das Bewußtsein, trotz allem Schein, der gegen mich ist, nicht so schlecht, wie du glaubst, gehandelt zu haben, und dieß nehme ich mit,“ rechtfertigte Luise noch einmal ihr Verhalten.60 Sie versicherte, in die von Ernst verlangte Trennung einzuwilligen und erwarte nun seine Vorschläge, wie diese abzulaufen habe. Gleichzeitig verwieß sie darauf, wie schwer es ihr fallen werde, von ihren Kindern Abschied zu nehmen. Den Herzog versicherte sie ihrer Liebe, wies aber darauf hin, dass sie sich nun frei fühle, ihren künftigen Wohnort selbst wählen zu können. Gleichzeitig fürchtete sie weitere Vorwürfe. „Noch eins. Sollte noch mehr Verdacht als aus meinen Briefen und dem vielleicht erpreßten Geständniße des Herrn von Bülow hervorgehen, so wünsche ich, daß man mir dies mittheilt, um mich rechtfertigen zu können,“ forderte Luise von Ernst.61 Bemerkenswert ist, dass sie auch in dieser für sie so kompromittierenden Situation der Überzeugung war, über ihr künftiges Schicksal selbst bestimmen und gehen zu können, wohin es ihr beliebte. Vielleicht beurteilte sie ihre Lage tatsächlich so, wie es die Einflüsterer am Hof ihr einredeten, was Auguste so sehr empörte hatte. Die Dienerschaft „… suchte der Frau Herzogin begreiflich zu machen oder täuschte sie, als reiche Erbin sey es der Vortheil sie zu schonen, die Augen zu schließen und ihr Thun keineswegs zu beschränken.“62 Doch Ernst dachte keineswegs daran, seine Frau ohne Aufsicht und unter freier Verfügung über ihr Vermögen ziehen zu lassen. Mit seiner Schwiegermutter, Luises Stiefmutter Caroline, beriet er über den weiteren Verbleib der Herzogin. In der Coburger Bevölkerung kursierten inzwischen Gerüchte, denn Luise hatte einem Kutscher auf der Fahrt von der Rosenau nach Coburg weinend ihr Herz ausgeschüttet, und ihm mitgeteilt, sie müsse fort. Als Verräter stand der Kammerherr Friedrich von Rosenberg am Pranger, Luise habe ihn als üblen Verleumder bezeichnet. Aber auch Maximilian von Szymborski trage Schuld am Unglück der Herzogin, er habe ihre Gelder veruntreut.63 Luise spürte die Sympathien, die die Coburger ihrer Landesmutter noch immer entgegenbrachten. Ihre endgültige Abfahrt am 28. August 1824 sollte zu einer in Coburg bisher nie da gewesenen Demonstration des Bürgerwillens führen. Die Coburger Unruhen  |

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„Das Volk liebte mich bis zur Anbetung, hielt meine Reise nicht für eine Übereinkunft, sondern für Verrath und Gewalthätigkeit, es kömmt heimlich zusammen, verabredet sich und begiebt sich leise, eines nach dem anderen, ungesehen zu Tausenden auf die Rosenau. Alles war dort friedlich und still,“ beschrieb Luise später den Tag ihrer vorgesehenen Abfahrt in einem Brief an ihre Freundin Auguste.64 Was sich an diesem Tag und den darauf folgenden in Coburg ereignete, blieb für die Presse tabu. Auf Anraten Lindenaus hatte Ernst I. jegliche Berichterstattung untersagt, um „… so ein weiteres Aufsehen zu vermeiden [und] der Herzogin Luise [keinen] neuen Stoff zur Zufriedenheit und zum Beharren in ihrer Handlungsweise zu gewähren, wodurch eine öffentliche Teilnahme und Mitleid für Letztere erregt werden könnten.“65 Möglicherweise fürchtete Ernst, die Solidarisierung der Bevölkerung mit seiner verstoßenen Ehefrau könnte sich zu einem noch größeren Problem ausweiten. Für ihn stand alles auf dem Spiel: Reputation, Macht und politischer Einfluss seiner Dynastie. Der 28. August hatte als friedlicher Sonnabend begonnen. Doch auf dem Marktplatz, wo die Stände der Händler viele Menschen anlockten, machten die wildesten Gerüchte die Runde. Ein elfjähriger Junge, der sich im Städtchen herumdrückte, wurde Augenzeuge der historischen Ereignisse und schrieb sie als Erwachsener auf. Sein Name war Friedrich Hofmann, später war er Herausgeber der Zeitschrift „Die Gartenlaube“. 1862 veröffentlichte er dort seine Erinnerungen an die „3 Tage aus dem patriarchalischen Staat“.66 Auf dem Marktplatz wurde heftig diskutiert an diesem Sommermorgen. Wahrscheinlich, so hieß es, werde die Herzogin nach Saalfeld ins Schloss gebracht, eine zeitweilige Trennung verspreche das Beste für die Wiederversöhnung. Andere wussten es besser und befürchteten das Schlimmste: man wolle Luise auf der Veste Coburg einsperren, die Zimmer seien schon hergerichtet. Noch blieb es ruhig, der Markttag verging ohne weitere Vorkommnisse und die Landbevölkerung zog am Nachmittag wieder zu den Stadttoren hinaus. Abends in den Wirtshäusern erregten sich die Gemüter aus Neue, nachdem sich ein weiteres Gerücht verbreitet hatte. „Man hatte gegen Abend wirklich die Herzogin im Reisewagen und mit Gefolge aus dem Schlosse zu Coburg nach der Rosenau fahren sehen. Von Wirthshaus zu Wirthshaus, wo am Abend nach Landessitte jeder Mann zu finden ist, ging wie ein Flug-

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feuer diese Nachricht, von allen Gerüchten behauptete sich nun das Saalfelder am festesten, und zugleich wurde der Ruf laut: daß die Bürger es nicht so weit kommen lassen dürften, daß es ihre Pflicht sei, die Herzogin selbst in das Residenzschloß zurück zu bringen, und daß man damit am sichersten den Frieden im Fürstenhause wieder herbeiführe. Die Aufregung war groß, die Nacht dennoch ruhig,“ berichtete Hofmann.67 Luise sollte später immer wieder beteuern, von dem sich anbahnenden Volksauflauf nichts geahnt, ihn auch nicht herbeigeführt zu haben. Julie von Zerzog notierte nach einem Gespräch, das sie viele Jahre später mit der Herzogin führte: „.. sie versicherte mir oft, daß ihr Bewußtsein sie von jedem Anteil freispreche, durch irgend etwas das Volk bewogen zu haben in dieser Sache Partei zu ergreifen. Sie widersprach gleichfalls der verbreiteten Nachricht, daß sie bei dem öffentlichen Genusse des Abendmahls ihre Unschuld dem Volke beteuert habe.“68 Wenn sich auch Luise von allen Vorwürfen freisprach, so war sie doch in den Augen Ernsts und seiner Mutter allzu sehr darauf bedacht, Aufmerksamkeit zu schüren. „[Am] Sonnabend fuhr sie spät wieder hier her [und] nahm unter Thränen auf dem Schoßhof Abschied von ihren Leuten, daß hätte sie auch im Schloß Thun können“, schrieb Auguste an ihren Sohn Ferdinand.69 In der Nacht hatten sich viele Coburger vor der Rosenau versammelt, um ihren in den Wirtshäusern gefassten Entschluss in die Tat umzusetzen. Als Luise das Schloss verlassen wollte, wurde sie von der Menschenmenge überrascht. „Als ich in den Wagen steige, bricht es durch alle Hecken und Zäune hervor, schneidet die Stricke ab, spannt sich davor und zieht mich unter beständigen ‚Vivatrufen‘ von der Rosenau durch die Stadt bis vors Schloss; in jedem Dorfe spannten sich neue vor und Alles war schwarz von Menschen. Die Liebe war rührend, aber schrecklich, da sie alle bewaffnet waren. Im Schloss angelangt, dankte ich ihnen für ihre Liebe vom Balkon aus, nach lebhaften Vivatrufen stimmten sie feierlich das Danklied an: ‚Nun danket alle Gott‘, es war rührend, die tausend Stimmen singen zu hören“, berichtete Luise später.70 Auch Friedrich Hofmann beschrieb diese Szene ähnlich. Als sich die Herzogin auf dem Altan gezeigt und ihr weißes Tuch zum Gruß geschwenkt habe, sang die Menge plötzlich wie aus einem Mund „Nun danket alle Gott!“, notierte Hofmann in seinem Bericht.71 Die Coburger Unruhen  |

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Luise hatte sich wohl wenig gegen den „Bürgerwillen“ gewehrt, der so tatkräftig für die Familienzusammenführung zu Werke schritt. Obwohl sie selbst der Trennung von Ernst zugestimmt hatte, schien sie doch die Begeisterung der Massen als eine Art Triumph- und Rachefeldzug zu genießen. Beim Einzug in Coburg waren alle Häuser auf ihrem Fahrweg mit bunten Tüchern geschmückt, es gab Winken und Nicken und Vivatrufe, die Luise mit Befriedigung entgegennahm. Auch der kleine Friedrich Hofmann ließ sich von der Begeisterung der Massen mitreißen. In Coburg hatte er ein Seil der Kutsche der Herzogin ergriffen, „… es überkam mich ein großes unbekanntes Gefühl, als ich daran fest hielt und zwischen den erwachsenen Leuten mit fort trollte.“72 Für den Jungen war es zunächst noch ein überwältigendes spielerisches Erlebnis, doch die Erregung der Massen steigerte sich bedrohlich. Rufe nach dem Herzog wurden laut, man wollte auch ihn auf dem Balkon des Schlosses sehen, die Einigkeit der Fürstenfamilie, so forderten es die Menschen, sollte sich vor aller Augen vollziehen. Doch Ernst hielt sich außerhalb Coburgs auf, in Ketschendorf, bei seiner Mutter, und war noch gänzlich ohne Ahnung, welche beunruhigenden Szenen sich in seiner Residenz abspielten. Bald darauf wurde er von einer Abordnung Coburger Bürger in Kenntnis gesetzt. Friedrich Hofmann berichtete: „…der Herzog verweilte während dieser Vorgänge in dem Schlößchen zu Ketchendorf (eine halbe Stunde von Coburg, nach Süden) bei seiner Mutter; dort befanden sich auch die beiden Prinzen, Ernst und Albert, damals Knaben von sechs und fünf Jahren. Auch vor ihm erschien eine Deputation, stieß aber auf mehr Widerstreben, als bei der Herzogin. Endlich gab auch er den Bitten der Bürger nach, deren g u t e Absicht, auch hinsichtlich der Beruhigung der Stadt, er nicht verkennen mochte. Doch gestattete er nicht daß man ihm den Wagen ziehe, sondern fuhr selbst mit den Prinzen in das Schloß zurück. Es war zwischen sieben und acht Uhr des Abends, als endlich des Volkes Wunsch sich erfüllte und beide fürstliche Gatten auf dem Altan des Schlosses erschienen. Es wiederholten sich die Lebehochs, und mit der erhebenden Zuversicht, daß nun gewiß Alles wieder in’s Gleiche komme und gut werde’ zerstreute sich die Volksmasse, und Nichts störte weiter die Ruhe des Schloßhofs und der Stadt.“73 Die Bürger, so konnte der kleine Friedrich beobachten, fühlten eine neue Begeisterung für das Herzogshaus. Abends standen sie beieinander, erzählten sich die alten Geschichten von der Rosenau und reichten sich die Hände zu einer guten Nacht. Friedrich, der gerade zum ersten Mal in seinem Leben einem historisch denkwürdigen Ereignis beigewohnt hatte, ging sehr stolz

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zu Bett. Er hatte sie, die Fürstin, mit in die Stadt zurückgeholt. Seine letzten Gedanken vor dem Einschlafen drehten sich noch immer um das gerade Erlebte und er war überzeugt, nun sei wieder Ruhe und Ordnung im Fürstenhaus eingekehrt.74 Es war eine Umkehrung der Machtverhältnisse, die sich an jenem Sommertag 1824 in Coburg vollzogen hatte. Die Bürger verzeichneten das mit einer berechtigten Befriedigung, fühlten sich ihrem Herzog ein Stückchen näher und waren überzeugt, mit ihrer Sympathiekundgebung Luises Schicksal zum Guten gewendet zu haben. Doch für Ernst musste dieser Triumph seiner Gattin und ihrer Anhänger bedrohlich und ärgerlich gewesen sein. Ein absoluter Fürst, der vom Volkswillen zur Versöhnung mit seiner untreuen Frau gezwungen wird – diese auf der Vorderbühne präsentierte Schwäche schmälerte seine unumschränkte Macht und Herrschaft. Gemäß seiner Rolle musste er das Geschehen beherrschen, nicht seine Untertanen. Auch wenn der Abend nach der „Versöhnung“ friedlich verlief, waren die Tumulte noch nicht ausgestanden. Auf beiden Seiten begann die Suche nach den Schuldigen. Luise berichtete ihrer Freundin Auguste von der unfreiwilligen Familienzusammenführung: „… dann begaben sie sich nach Ketschendorf zum Herzog und zogen meine Kinder herein, sie wollten uns gewaltsam vereinen. Arme getäuschte Menschen! Eine Bürgerwache boten sie mir an, wenn ich mich nicht sicher glaubte. Was den einen Tag nur Liebe war, war den andern Gewalt. Das Volk fühlte sich mächtig, es drang ungestüm ins Schloß und verlangte Szymborski’s Auslieferung. Seine Gartenhäuser hatte es eingerissen in der Nacht, nach dem Sohn, welcher spazierenritt, und nach seiner Mutter, die am Fenster stand, Steine geworfen. Thümmel erschien als rettender Engel, er führte sie glücklich ins Schloß, das Volk ward dringender, der Herzog sah sich genötigt, seinen Liebling unter militärischer Eskorte über die Grenze zu schaffen nebst seiner Familie, darauf erklärte er aber ihnen fest, daß wenn sie nicht ruhig auseinander gingen, da ihr Wille geschehen sei, so würde er oesterreichische Cavallerie herein berufen und sie aus einander treiben lassen. Dies wirkte. Rosenberg wurde auf dem Markte angespuckt und musste flüchten, später kam er wieder zurück, doch mußte er schleunigst zum zweiten Mal das Land verlassen, ihn erreichte die Nemesis!“75 Mit einiger Befriedigung sah Luise zu, wie ihre Widersacher am Hof, Rosenberg und Szymborski, für ihr Verhalten ihr gegenüber vom Zorn des Volkes gerichtet wurden, da man sie für die eigentlichen Urheber des Zwistes in der Fürstenfamilie hielt. Friedrich Hofmann kommentierte später: „... lange vor der Erfindung der Ministerverantwortlichkeit bestand schon etwas AehnDie Coburger Unruhen  |

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liches im patriarchalischen Staate. Das Volk wälzte alle Schuld fürstlicher Mißregierungen und Missethaten, auch wenn sie unmittelbar von Fürstenhand begangen waren, auf die U m g e b u n g, auf die G ü n s t l i n g e des Hofs, die der Fürst allerdings auch meistentheils mit den höchsten Staatsämtern zu betrauen pflegte. Auf sie warf sich der H a ß des Volkes; galt es aber gute Thaten der Regierung mit L i e b e zu lohnen, so fiel diese ausschließlich der Person des Fürsten zu.“76 Hofmanns Analyse traf den Kern der politischen Verhältnisse und erklärt zugleich, warum ein Angriff des Volkes auf die Vertrauten des Fürsten einem Angriff auf seine Person gleichkommen musste. Oberst Szymborski, der „Fremde“ aus Polen, war den Bürgern seit langem verhasst. Gegen ihn richtete sich jetzt die Stimme des Volkes, verlangte nicht nur seine Entfernung vom Hof, sondern die Ausweisung aus dem Land. „Diese Stimme machte sich nicht durch Zeitungen laut, derlei besaß das Ländchen nicht, sondern sie schrie durch die Straßen und drang bis zu der Wohnung des Gehaßten und bis zum Schlosse des Fürsten vor,“ schrieb Friedrich Hofmann.77 In Coburg waren Loyalität und Disziplin für eine geraume Zeit zusammengebrochen, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Hinterbühne. Niemand schien sich mehr an die Regeln des fürstlichen Theaters gebunden zu fühlen, die Vorstellung war kurz davor, zu scheitern. Ernst musste die Kontrolle zurückgewinnen. Dazu war es für ihn wichtig, einen Schuldigen für das drohende Desaster zu benennen – eine gefährliche Situation für Menschen, die sich in einer Sonderrolle befinden, wie Erving Goffman analysiert. „Wenn sich ein Darsteller weigert, seinen Platz beizubehalten, sei es nun, daß sein Platz höheren oder niedrigeren Ranges ist als derjenige des Publikums, dürfen wir erwarten, daß der Regisseur – falls es einen solchen gibt – und das Publikum sich ihm gegenüber feindselig verhalten werden.“78 In Coburg waren sich das Volk (Publikum) und Ernst (Regisseur) uneins darüber, wer nun für den Unfrieden die Verantwortung trug. In den Augen ersterer waren es die Vertrauten des Herzogs, Rosenberg und Szymborski, in den Augen des Herzogs hatte sich Luise längst aus ihrer ihr zugedachten Rolle entfernt und ihn demaskiert, als sie für alle sichtbar weinend in der Öffentlichkeit auftrat und das angebliche Eheglück als Lüge entlarvte. Für Ernst konnte es nur eine Lösung geben. Die Herzogin musste die Konsequenzen tragen. Sie hatte das Kräfteverhältnis zu Ungunsten der Coburger Dynastie verändert, indem sie direkten Einfluss auf den „allgemeinen Volksgeist“79 genommen hatte. Ernst reagierte im Stile eines absolutistischen Fürsten. Die Berichterstattung über die Vorfälle in seinem Herzogtum wurde untersagt.80

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An den Coburger Tumulten lässt sich eine Entwicklung beobachten, die den Zeitgenossen Luises noch nicht bewusst sein konnte. Die öffentliche Bekundung der Meinung des Volkes war seit der Französischen Revolution ein von den Herrschenden gefürchtetes Phänomen, dennoch hatten sich die Begriffe von „Öffentlichkeit“ und „öffentlicher Meinung“ im deutschen Sprachraum noch nicht herausgebildet.81 Eine erste Definition findet sich 1832 bei Johann Georg Mussmann, der zwischen einer allgemeinen Meinung und einer öffentlichen Meinung unterscheidet, wobei letztere nicht mehr im Geheimen bleibt und sich nur per Mundpropaganda fortsetzt, sondern sich frei und öffentlich äußern darf. Erst mit einer Veröffentlichung in Schrift und Bild kann die Mitteilung der Volksmeinung nach Mussmann wirkmächtig werden, als ein öffentliches Gewissen, das den Herrschenden den Spiegel vorhält.82 In seiner Betrachtung lässt Mussmann nicht die Bedingungen außer Acht, unter denen die öffentliche Meinung zu einem poltischen Faktor wird. Dies könne nur in einem demokratischen Gemeinwesen oder in einer von einer Verfassung getragenen Monarchie gewährleistet sein. Auch weist er darauf hin, dass es sich dabei um ein Ideal handelt, von dessen „wahrer Wesenheit“ als „Königin der Welt“ viele nur eine dunkle Ahnung hätten, die andere aber als ein vielköpfiges Ungeheuer bekämpften, „… deren Köpfe bis auf den letzten mit Feuer und Schwert zu entwurzeln seien, weil dann erst Ruhe im Lande und Bestand der Dinge zu erwarten sei.“83 In dieser von Mussmann umschriebenen Schlacht ging es im frühen 19. Jahrhundert in Deutschland um die Meinungsführerschaft im höfischen Kommunikationsraum. Traditionell spielte sich seit dem Mittelalter und noch in der Frühen Neuzeit dort alles ab, was mit Öffentlichkeit zu tun hatte, allerdings in einem anderen Sinne des Begriffs. Nicht Meinungen wurden hier reflektiert, sondern Herrschaft zelebriert. Um 1800 vollzog sich ein Wandel in der öffentlichen Kommunikation, bei dem die Höfe ihre zentrale Stellung allmählich verloren und die Hoheit über das kulturelle Leben an eine neue bürgerliche Öffentlichkeit abgaben. Diese schleichende Zersetzung repräsentativer Öffentlichkeit beschreibt Jürgen Habermas als einen Prozess der Polarisierung, in dem sich das Private vom Öffentlichen trennt und sich die feudalen Gewalten einer wachsenden bürgerlichen Autonomie gegenübersehen.84 In diesem Spannungsfeld erlebte Ernst während der Coburger Tumulte das Aufbäumen des „allgemeinen Volksgeistes“, einer nach der Definition Mussmanns politisch noch ungerichteten Vorläufererscheinung der öffentlichen Meinung. Mundpropaganda sorgte dafür, dass sich die Nachricht von den Unruhen im Land verbreiteten. Am nächsten Morgen waren auch die Bauern der Umgebung zum Stadttor hereingeströmt, um mit anzuDie Coburger Unruhen  |

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sehen, was sich weiter ereignen würde, wie Friedrich Hofmann beobachten konnte.85 Viele waren mit Dreschflegeln bewaffnet. Schon bald gingen die ersten Fensterscheiben zu Bruch, wahrscheinlich entlud sich bei dieser Gelegenheit auch der lange schwelende Zorn über die hohe Steuerlast. Ernsts Adjutant Szymborski sah sich gezwungen, ins Schloss zu fliehen, wo sich inzwischen auch Auguste eingefunden hatte. Friedlich gesonnene Bürger versuchten, die Massen zu beruhigen, doch vergeblich. Die Menge schickte sich an, ins Schloss vorzudringen, aber Ernst stellte sich ihnen entgegen. „Dem Toben gegenüber verhallte jedoch auch seine Stimme, und er kehrte in das Schloß zurück. Bald darauf sah man den Major des herzoglichen Bataillons, v. Wangenheim, in die Residenz eilen; es soll einen harten Auftritt zwischen dem Herzog und ihm gegeben haben; er soll sich geweigert haben, das Militär gegen das Volk zur Herstellung der Ruhe zu verwenden.“86 Wahrscheinlich war es der Besonnenheit Wangenheims und seinem Mut zum Widerspruch zu verdanken, dass der Tumult nicht mit Blutvergießen endete. Herzog Ernst informierte auch Metternich über die Vorgänge, mit der Bitte um Unterstützung durch das Bundesheer, um einen weiteren Volksaufstand zu verhindern. Metternich hielt sich auch hier bedeckt, wie in der Affäre um Madame Panam.87 Schließlich floh Szymborski durch den Hinterausgang des Schlosses. Angesichts dieser Nachricht beruhigte sich die Lage, wie Friedrich Hofmann beobachten konnte. „Die Ruhe ward auch nicht gestöret, als einige Tage später, am 2. September, die Herzogin Louise die Stadt und das Land wirklich und für immer verließ. Und es ist wiederum ein echt [sic] patriarchalisches Zeichen des damaligen coburgischen Staatslebens, daß über diese d r e i Tage, deren Denkwürdigkeit für das Land insbesondere wie für das deutsche Kleinstaatsleben im Allgemeinen Niemand anzweifeln kann, keine Zeile Gedrucktes zu finden ist; keine der Chroniken berührt diese Begebenheit mit einem Worte. Nur in einer derselben stehen die zwei unschuldigen Zeilen: ‚Den 2. September ging Frau Herzogin Louise nach St. Wendel im Fürstenthume Lichtenberg ab‘,“ hieß es im Bericht Friedrich Hofmanns, der über die Vorkommnisse in Coburg erst viele Jahrzehnte später ohne Furcht vor Repressalien schreiben konnte.88 Ohne die Schilderung seiner Erlebnisse, die sich ihm als junger Augenzeuge der Coburger Unruhen tief ins Gedächtnis eingeprägt hatten, wären die Vorfälle wahrscheinlich dem Vergessen anheim gefallen.

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Luise hatte die Bühne des Coburger Hofes also verlassen müssen, auch die aufgebrachten Bürger hatten Ernst nicht umstimmen können. In dessen Augen war die Schuld seiner Ehefrau noch größer geworden, denn sie hatte sich nicht nur in eine Hofintrige verstrickt, sondern auch noch die Coburger Bevölkerung gegen ihn aufgewiegelt. Luise verleumde ihn und habe ein großes Interesse an einem öffentlichen Skandal, berichtete Ernst an seinen Bruder Ferdinand.89 Die Autorität des Herzogs war schwer beschädigt, zumal er hatte hinnehmen müssen, dass sich die Stadtbevölkerung unerlaubt in seine häuslichen Verhältnisse eingemischt hatte und sich sogar einige seiner Diener und Beamten an den Unruhen beteiligt hatten. Erneut sah er sich gezwungen, dem österreichischen Fürsten Metternich über die Vorgänge Bericht zu erstatten. Den Prestigeverlust durch die Tumulte und seine gescheiterte Ehe vor Augen, versuchte er, sich als Opfer dunkler Machenschaften zu präsentieren. Ernst beklagte sich, dass „… er nie geglaubt hätte, daß solche Dinge in seiner Heimath möglich wären [und] daß eine ihm sehr Theure und nahestehende Person [Luise]“ hierfür verantwortlich sei.90 Der Historiker Josef Dreesen sieht in diesem Vorwurf, der der Herzogin Hoch- und Landesverrat unterstellt, den eigentlichen Grund für die Trennung des Paares und begründet diese Einschätzung mit einem Kommentar Lindenaus: „… jener Auftritt in der Rosenau, jener abscheuliche Zug nach dem Schloß, diese Huldigung des Lasters und der listigen Verstellung, ist das unglaublichste was nur irgend geschehen konnte, da gerad[e] hiermit das ganze Bestreben der Herzogin Luise – Aufsehen zu erregen, auf welche Weise es auch sey – erreicht und sie somit für die Stimme von Recht, Vernunft und Pflicht ganz taub geworden ist.“91 Man möchte Lindenau entgegenhalten, Luise habe gezeigt, wie weit der Herzog und seine Berater davon entfernt waren, die schlechte Stimmung im Volk zu erfassen. Aus der Perspektive der Schauspieler auf der Staatsbühne, gewöhnt an die unumschränkte Herrschaft, waren sie nicht gezwungen, die Sorgen der Menschen wahrzunehmen. Für Ernst musste diese Umbruchserfahrung durch die Unruhen, dieser Verlust der eigenen sozialen Sicherheit, verstörend gewesen sein. Nach seiner Vorstellung mussten die Untertanen dem „Landesvater“ gegenüber die Fügsamkeit und Ehrerbietung aufbringen, die man damals von Kindern erwartete. So zeigte er sich denn auch nachsichtig und „verzieh“ den Coburgern die Tumulte. Entschlossen, die Illusion einer Harmonie zwischen Fürst und Volk wieder herzustellen, setzte er die Inszenierung absolutistischer patriarchalischer Macht wie gewohnt fort.92 Mit seinen Landeskindern, die er für fehlgeleitet hielt, übte er Nachsicht, um die Ruhe nach den stürmischen Tagen nicht erneut zu gefährden. Die Coburger Unruhen  |

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Doch es musste ein Schuldiger für den Aufruhr gefunden werden. Luise, die Unangepasste, die sich der höfischen Realität nicht untergeordnet hatte, war der ideale „Sündenbock“. Sie war in den Augen des Hofes eine Verräterin, und dieser Vorwurf sollte sie bald erneut mit Wucht treffen, als sich eine Neuauflage der Memoiren Madame Panams ankündigte, in der auch die Ehestreitigkeiten des Herzogpaares in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden sollten.

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Abb. 1:  Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld mit ihren Söhnen Ernst und Albert. Gemälde von Ludwig Döll, ca. 1823.

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Abb. 2:  Porträt Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Unbekannter Künstler, Anfang 19. Jhdt.

Abb. 3:  Porträt der Prinzessin Luise von Sachsen Gotha-Altenburg. Gemälde von Ludwig Döll, ca. 1813.

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Abb. 4:  Blick auf Gotha von der Nordseite. Gothaischer genealogischer Kalender auf das Jahr 1818.

Abb. 5:  Luise und Ernst I. Gothaischer genealogischer Kalender auf das Jahr 1818.

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Abb. 6:  Miniatur Luise rosenbekränzt, im Hintergrund Schloss Rosenau. Anfang 19. Jhdt.

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Abb. 7:  Ehevertrag von Ernst I. und Luise.

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Abb. 8:  Stundenplan Luises.

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Maximilian v. Hanstein, Graf v. Pölzig († 1884)

Caroline v. Hessen-Kassel († 1848) (1800–1831)

Luise

Albert, Prince Consort (1819–1861)

Ernst III. v. S.-Coburg-Saalfeld (1784–1844)

Louise v. Mecklenburg-Schwerin († 1801)

Ernst II. v. S.-Coburg und Gotha (1818–1893)

Emil August, Hg. v. S.-Gotha-Altenburg (1772–1822)

Stammbaum Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800–1831)

Marie. v. Württemberg (1799–1860)

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(1818–1893)

Ernst II.

Ernst I. v. S.Coburg und Gotha (1784–1844)

Auguste von Reuß-Ebersdorf (1757–1831)

Alexandrine von Baden (1820–1904)

Luise v. S.-Gotha-Altenburg (1800–1831)

Franz Friedrich v. S.-Coburg-Saalfeld (1750–1806)

Haus Sachsen-Coburg-Saalfeld Sachsen-Coburg und Gotha

Albert (1819–1861)

Leopold, König v. Belgien (1790–1865)

(1762–1830)

George IV.

(1819–1901)

Victoria

Victoire v. S.-Coburg-Saalfeld (1786–1861)

Charlotte Prinzessin v. Wales (1796–1817)

Caroline v. BraunschweigWolfenbüttel (1768–1812)

(1738–1820)

George III.

Edward von Kent (1767–1820)

14 weitere, darunter William IV.

Charlotte v. Mecklenburg-Strelitz (1744–1818)

Haus Hannover

6. Geheimdiplomatie In Coburg stand viel auf dem Spiel – nicht nur die Autorität Herzog Ernsts. Die unübersehbaren Störungen gefährdeten die Legitimität der ganzen Dynastie. „Was geht hier eigentlich vor?“ fragten sich nicht nur die Augenzeugen der Vorfälle im Herzogtum, sondern auch die übrigen Glieder des in Europa weitverzweigten Netzwerkes der Familie. Der gute Ruf des ganzen Hauses hatte durch das undiplomatische Vorgehen Ernsts in der Affäre Panam und im Umgang mit seiner unangepassten Ehefrau Schaden genommen. Die Coburger Sonderrolle auf dem internationalen Parkett, wie sie Ernsts Bruder Leopold und seinem engen Berater Baron Stockmar vorschwebte, schien in ernster Gefahr.

6.1. Leopold und die Panam-Affäre Leopold nahm die Vorgänge in Coburg aus der Distanz und aus der europäischen Perspektive wahr. Noch immer am englischen Hof nach dem Tod seiner Frau Charlotte auf eine neue Chance wartend, verkörperte er alles, was den Aufstieg des kleinen Fürstentums am Beginn des 19. Jahrhunderts ausmachte: Heiratspolitik, Militärdienst und internationale Diplomatie. Sehr viel deutlicher spürte er die Notwendigkeit des Wandels von der erschütterten Gesellschaftsordnung des Ancien Régime hin zu einer aufgeklärten Monarchie, die nicht allein auf Privilegien begründet war, sondern sich auch auf die Leistung für das Allgemeinwesen gründete. „Ein altes, von der Geschichte bis dahin mit wenig Glück bedachtes Geschlecht wie die Coburger konnte sich aufgerufen fühlen, die Legitimität adligen Herkommens mit der neuen ‚bürgerlichen’ Kategorie der Leistung zu verbinden. Neben die ererbte Autorität trat ein individuell begründeter Anspruch auf Herrschaft, beruhend auf der Durchsetzung im politischen Geschäft. Ein letztes Mal sollte sich am Coburger Beispiel die Flexibilität der tausendjährigen europäischen Aristokratie bewähren, ihre Fähigkeit, sich krisenhaften Entwicklungen anzupassen und den Druck aus den anderen Schichten der Gesellschaft aufzufangen,“ schreibt Thomas Nicklas in seinem Kapitel „Coburg und die Welt“.1 Auch wenn Leopold wie kein anderer in seiner Familie diesen Zwang zur Anpassung verspürt haben mag, so war seine momentane Stellung am Londoner Hof doch keineswegs krisenfest. Zwar hatte das Parlament nach dem Tod seiner Frau Charlotte seinen Lebensunterhalt gesichert, doch knüpfte sich

daran die Frage, was er für Großbritannien leiste. Er selbst sah seinen Handlungsspielraum deutlich eingeschränkt.2 Leopold blieb die Hoffnung, durch die Erziehung der kleinen Victoria, der möglichen Thronerbin und Tochter seiner Schwester Victoire, wieder politischen Einfluss gewinnen zu können. Doch gleichzeitig suchte er nach einer neuen Aufgabe, die ihm mehr Verantwortung und mehr Gestaltungsfreiheit bescheren würde. Zwei Länder, die erst jüngst auf die europäische Agenda gesetzt worden waren, beschäftigten seine Gedanken. Griechenland und Belgien waren potenzielle Unruheherde, die nach dem Willen Metternichs unbedingt befriedet werden mussten, um die bestehenden Verhältnisse in Europa zu sichern. Revolutionäre Aufwallungen wie in Griechenland, dessen Bevölkerung sich seit 1821 gegen die Türken zur Wehr setzte, waren gefährlich. Gleichzeitig gab es in gebildeten Kreisen große Sympathie für die Hellenen. Militärische Unterstützung für die Aufständischen war unter den Idealisten, die die Traditionen der Antike vor ihrem geistigen Auge wieder auferstehen sahen, eine Option. Doch dies war noch keine politische Lösung, die eine dauerhafte Befriedung versprach. Die ordnende Hand eines Monarchen schien das probate Mittel. „In dem Maße wie die griechische Unabhängigkeit immer mehr zur Tatsache wurde, wuchs die Bedeutung der Königsfrage an,“ schreibt Nicklas.3 Hier kam der mit diplomatischem Geschick versehene, aber zur Untätigkeit verdammte Leopold ins Spiel. Seit 1824 war er als möglicher König Griechenlands im Gespräch, was ihm allerdings auch Anfeindungen einbrachte. Da er als Kandidat Englands galt, lehnten ihn die übrigen Großmächte, vor allem Frankreich, ab.4 1824 war dies die Perspektive Leopolds, dieses „Prinzen Europas“, der über seine daheim gebliebenen Coburger Verwandten ein abschätziges Urteil fällte. Er nenne sie „Abderiten“, schrieb seine Schwester Gräfin Sophie von Mensdorff-Pouilly an ihren Bruder Ferdinand.5 Leopold hielt Ernst I. offenbar für naiv und rückständig und als Oberhaupt des Hauses nicht in der Lage, die politischen und familiären Belange im Sinne einer Dynastie zu führen, die ihre Fühler nach ganz Europa ausgestreckt hatte. Dies hatte er ihm in der Affäre Panam deutlich vorgehalten und sich zu einer eigenmächtigen Krisenintervention entschlossen, indem er für die Versorgung des angeblichen unehelichen Kindes Ernsts aufkam. Er war überzeugt gewesen, so der Bedrohung durch die Enthüllungen der einstigen Geliebten ein Ende zu setzten. Doch hier hatte sich der sonst so diplomatisch geschickte Leopold getäuscht. Im September 1824 deutete alles darauf hin, dass Pauline Panam eine Fortsetzung ihrer Lebensgeschichte plante, mit neuen Details aus dem Coburger Herzogtum, aber auch mit Enthüllungen über Leopold. Vor dem Hin-

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tergrund der „griechischen Frage“ meldete sich die einstige Geliebte Ernsts erneut zu Wort, eine Schauspielerin des französischen Theaters Vaudeville, die in ihren Memoiren auf wundersame Weise zur Tochter eines Griechen geworden war, der im Kampf gegen die Türken seine Existenz bedroht sah und ins Exil nach Frankreich ausweichen musste. Die Sympathien bei den Hellenenfreundlichen Lesern der ersten Ausgabe der Memoiren dürften auf der Seite der Panam gewesen sein. Nun also kursierten neue Annoncen in Paris, die weitere pikante Details aus dem Leben der coburgischen Prinzen Ernst und Leopold versprachen. Die gedruckte Anzeige war mit folgendem Titel versehen: „Memoiren einer jungen Griechin, von Madame A.P.H. Alexandre Panam, gerichtet gegen den regierenden Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld und Prinz Leopold, seinen Bruder; Gegenstand ist das politische Leben dieser beiden Prinzen, ihre amourösen Abenteuer und die wichtigsten Ereignisse seit 1808 bis zum Wiener Kongress.“6 Dieses Mal also wurde Leopold, der in der ersten Auflage der Memoiren schon einen Auftritt als potenzieller Verführer der Panam hatte, gleich im Titel als Kontrahent genannt. Das Enthüllungsbuch, so versprach die als Schilderung in der Ich-Form gehaltene Annonce, werde vor dem Hintergrund der europäischen politischen Entwicklungen mit weiteren familiären Anekdoten der Coburger und mit Fakten diplomatischer Begebenheiten auf dem Wiener Kongress aufwarten. Der Verweis auf den Vater der Autorin, der angeblich griechischer Herkunft gewesen sein sollte, fehlte ebenso wenig, wie der Hinweis auf den großen Erfolg der ersten Memoiren in Frankreich und England. Möglichen Zweiflern wurde vorweg erklärt, die Vorkommnisse in der Ehe Ernsts I. würfen ein bezeichnendes Schlaglicht auf den Charakter des Herzogs. Während ihre ersten Memoiren noch auf Ungläubigkeit gestoßen seien, könne dies nun nicht mehr geschehen. Denn das gewalttätige Verhalten des Herzogs von Sachsen-Coburg ihr gegenüber, sowie gegen seine junge Ehefrau seien dazu angetan, die Empörung seiner Untertanen hervorzurufen und seine Ehre in den Augen der Welt zu beschädigen. Ihre neuen Memoiren, so war sich Madame Panam sicher, würden neue Unruhen in Coburg schüren.7 Was durch die Pressezensur in Deutschland so erfolgreich unterdrückt worden war, sollte nun in Form einer neuerlichen Streitschrift aus der Feder der Panam der Pariser Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden. Der Anzeige konnte auch entnommen werden, welche Rolle Luise zugeschrieben war. Sie sollte in der Erzählung als das tugendhafte, unschuldige Opfer erscheinen. Die eindeutige Parteinahme zu Gunsten seiner Frau und die unheilvolle Androhung, die Enthüllungen könnten zu neuerlichem AufLeopold und die Panam-Affäre  |

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ruhr in Coburg führen, veranlassten Ernst, weitere Vorwürfe gegen Luise zu erheben. Er sah sie als Informantin, wenn nicht gar als Verantwortliche eines internationalen Komplotts und beschuldigte sie, mit der Panam gemeinsame Sache zu machen. Empört wehrte sich Luise gegen die Unterstellungen. Durch ihre Hofdame Amalie von Uttenhoven ließ sie im April 1825 in Coburg ein Dementi ausrichten. „Ich soll nemlich in Ihrem [Luises] Namen Ew: Durchlaucht mittheilen, daß Sie sich sehr gekränkt fühle und beleidigt, durch eine Muthmaßung, die als Gewißheit ausgesprochen würde, daß Sie in einer correspondenz mit Madame Panam stände“, schrieb Amalie von Uttenhoven an Ernst. „Sie begreift nicht wie der Herzog dies für möglich hält? Sich selbst darüber gegen den Herzog zu vertheidigen hielte Sie gegen Ihre Würde, zumahl, da Sie schon zweimal vor Kurzen an den Herzog schrieb. Sie wünschte nur, dass Ew: Durchlaucht dem Herzog bemerkten, wie sehr ein solcher Verdacht die Herzogin kränken müßte.“8 Ernst schien überzeugt, die neuerlichen Details aus seinem Eheleben könnten nur durch Luise selbst an die Verfasserin der Memoiren weitergegeben worden sein. Zumindest war diese Sicht der Dinge bequem für ihn. Der mit der Annonce verbundene Hinweis auf mögliche weitere Unruhen in Coburg begründen den Vorwurf des Hoch- und Landesverrats, den Josef Dreesen als Scheidungsgrund angeführt hat. Bis an ihr Lebensende wehrte sich Luise gegen die Unterstellung, persönlichen Kontakt mit der angeblichen Autorin Madame Panam gehabt zu haben. Für einen derartigen Verrat fehlen jegliche Beweise.

6.2. Mythos und Wahrheit Bis heute ist nicht zweifelsfrei geklärt, wer sich hinter dem Pseudonym Pauline Alexandre Panam verbarg. Dass es sich um ein solches handelte, ist wahrscheinlich, da eine ausgefeilte schriftstellerische Arbeit wie die „Mémoires d’une jeune Grecque“ kaum einer Theater-Figurantin aus der Feder geflossen sein konnte. Der Verfasser oder die Verfasserin verfolgte das Ziel, das Prestige der Coburger Prinzen zu beschädigen. Ob dabei persönliche Rache die Triebfeder war, oder politisch begründete Motive den Anstoß gaben, bleibt unklar, solange die Autorenschaft ungewiss war und sich mögliche Geldgeber für die Produktion der Schmähschrift hinter dem Preudonym der Madame Panam verbergen konnten. In Coburg kursierten Gerüchte, die ehemalige Geliebte Ernsts, Sophie von Schauenstein, könnte die Verfasserin der Memoiren sein.9 Im April 1816

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war sie von Ernst schwanger geworden und heiratete noch vor der Geburt des Kindes im Januar 1817 einen Kapitän. Dieser wurde durch Ernst geadelt und starb wenige Monate später. Sophie, nun verwitwet, lebte unter dem Namen Schmidt Schauenstein in Paris und auf einem Gut bei Versinac. Die gemeinsame Tochter Sophies und Ernsts, Berta von Schauenstein, findet in den Briefen Sophie von Mensdorffs-Pouillys als die „Incognito-Nichte“ Erwähnung. Bis zu ihrem Lebensende traf sich Sophie von Schauenstein mit Ernst in Wiesbaden, 1885 starb sie in Coburg.10 Sophie von Mensdorff-Pouilly bezeichnete die Gerüchte, Sophie von Schauenstein verberge sich hinter dem Panam-Pseudonym, als falsch.11 Eine der beiden Pariser Ausgaben der „Mémoires d’une jeune Grecque“ von 1823 aus dem Verlagshaus Auteur gibt als Autor einen gewissen Philarète Chasles an.12 Diese schillernde Figur des Pariser Literaturbetriebes war Journalist und Literaturkritiker, welterfahren und umtriebig. Geboren 1798 als Sohn eines bürgerlichen Mitglieds des Nationalkonvents, das für die Hinrichtung Ludwigs XVI. gestimmt hatte, erfuhr Philarète eine Erziehung im Geiste Jean-Jacques Rousseaus. Mit fünfzehn Jahren begann er eine Lehre als Buchdrucker und wurde 1816 verhaftet, als sich herausstellte, dass sein Lehrherr in zahlreiche revolutionäre Umtriebe verwickelt war. Chasles verbrachte einen Monat im Gefängnis und ging nach seiner Freilassung für zwei Jahre nach London. Zwei Jahre später kehrte Chasles nach Paris zurück und widmete sich in seinen zahlreichen Artikeln politischen Themen, berichtete aber auch über Reisen, die er nachweislich nicht unternommen haben konnte. Seine Vielsprachigkeit bescherte ihm einen Lehrstuhl am Collège de France. Der französische Bibliograf Joseph Marie Quérard war überzeugt, in Philarètes Chasles den wahren Autor der „Memoires“ entdeckt zu haben. In seinem Werk „Les Supercheries littéraires devoilées“, in dem er 1850 die Indentitäten anonymer Autoren der französischen Literatur aufdeckte, bezog er sich auf die in Frankreich erschienen Annoncen. Zwei Ausgaben der Memoiren seien publiziert worden, eine im Jahr 1824, eine andere im Jahr 1825, in vier Bänden. Mehr als diese Beiden seien nicht erschienen.13 Da er nicht im Einzelnen ausführte, weshalb er Philarètes Chasles für den federführenden Kopf hinter den „Memoires“ hielt, bleibt auch diese Spur eher vage. Der französische Historiker Claude Pichois, Biograf von Chasles, hält dessen Autorenschaft für unwahrscheinlich. Für eine Mitarbeit, ein Redigieren oder die Urheberschaft Chasles an den Memoiren der jungen Griechin gebe es keine Beweise. Im Gegenteil: in all seinen hinterlassenen Papieren gebe es keinen Hinweis auf die Arbeit an diesem Werk. Außerdem, so stellte Pichois fest, erscheine ihm der Stil doch sehr feminin.14 Mythos und Wahrheit  |

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Madame Panam, so vermutete Graf Rumigny, der französische Gesandte am sächsischen Hof, könnte sich mit ihrer Lebensgeschichte an eine der vielen freien Schreiber gewandt haben, die in ihren Werkstätten in Paris Auftragsarbeiten verfassten.15 Auch der französische Diplomat und Schriftsteller Louis Pierre Édouard Bignon stand bei den Zeitgenossen in Verdacht, der Autor der „Memoires“ zu sein.16 Auch die englischen Ausgaben der „Memories of a Young Greek Lady“ geben keinen weiteren Aufschluss, hier wird lediglich der Übersetzer namentlich genannt: William H. Ireland.17 In seinem Vorwort, das vom 29. September 1823 datiert, richtete er das Augenmerk der Leser vor allem auf Prinz Leopold, den Ehemann der verstorbenen englischen Kronprinzessin Charlotte, der von Alexandre Panam eines sexuellen Übergriffs bezichtigt wurde. Den Engländern sei Prinz Leopold, der aus der deutschen Dynastie von Sachsen-Coburg stamme, durch seine Heirat mit der früh verstorbenen Prinzessin von Wales durchaus ein Begriff. Diese Nähe zum Thron Großbritanniens, so befand der Übersetzer, werfe ein besonderes Licht auf die Enthüllungen der Madame Panam. Der Leser müsse nun entscheiden, ob es tatsächlich bedauerlich sei, dass Leopold diesen Thron an der Seite Charlottes nie besteigen konnte.18 Die Anmerkungen des Übersetzers Ireland lassen vermuten, dass die Memoiren der Panam ein willkommenes Werkzeug der politischen Auseinandersetzung mit den deutschen Coburgern am englischen Königshof waren. Nur drei Jahre nach dem Prozess gegen Queen Caroline sei dies ein weiterer Beweis für die Dekadenz bei Hofe. 19

6.3. Synchroner Vergleich: Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel Der Fall der ungekrönten englischen Königin Caroline, eine geborene Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (1768–1821), weist viele Parallelen zu den Ehestreitigkeiten am Coburger Hof auf. Allerdings hatten die freie Presse und die öffentliche Meinung hier einen starken Einfluss auf das Geschehen. Caroline war die Enkelin Augusta von Sachsen-Coburg-Altenburgs20 und die Mutter von Charlotte, der so früh und tragisch verstorbenen ersten Ehefrau Prinz Leopolds. Ihre Ehe mit dem Prinzen von Wales, von ihren Eltern angebahnt, war von Beginn an ein Desaster. Der untreue Gatte verfolgte sie mit glühendem Hass, hatte er sie doch nur ihres Geldes wegen geheiratet und

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empfand sie nach der Geburt Charlottes als störende Last. Caroline wurde vom Hof verbannt, dachte aber nicht daran, ein Leben in Einsamkeit und Agonie zu führen. Mit einem eigensinnigen Temperament ausgestattet, suchte sie sich einen italienischen Gefährten, mit dem sie sich zeitweise am Comer See niederließ. Dort konnte sie ihr Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten, frei von höfischem Zeremoniell. Damit zog sie sich endgültig den Zorn ihres Gatten zu, der sie von Spitzeln verfolgen ließ. Schließlich strebte er ein Scheidungsverfahren an, das zu einer öffentlichen Schlammschlacht geriet und von der britischen Presse aufmerksam verfolgt wurde. „Meine Mutter war böse, aber sie wäre nie so schlecht geworden, wäre mein Vater nicht unendlich schlimmer gewesen,“ urteilte Charlotte.21 Das Publikum sah es ebenso und verteilte seine Sympathien zu Gunsten Carolines, was sich in beunruhigenden öffentlichen Protesten äußerte. Das Ansehen des Prinzen von Wales, des späteren George IV., das niemals besonders erfreulich gewesen war, bot den Verfassern politischer Schmähschriften nun mannigfaltigen Stoff für ihren ironischen Abgesang auf das Haus Hannover. Erst Victoria und Albert sollten den Schaden wieder gut machen, den der maßlose George mit seinen Affären und seiner unmoralischen Lebensführung angerichtet hatte. Die Auseinandersetzung mit Caroline hätte ihn den Thron kosten können, wie der junge Politiker Robert Peel bemerkte. Besonders besorgt war dieser um die innere Sicherheit. Was die Vorgänge um Caroline so gefährlich machte, war die mögliche Intervention bewaffneter Armeeund Polizeikräfte. In einer Zeit, in der öffentlichem Protest gewöhnlich mit Gewehren begegnet wurde, war dies ein explosiver Cocktail, urteilt die Autorin Jane Robins in ihrem Buch über die rebellische Königin.22 Als Peel Innenminister wurde, setzte er seine Erkenntnisse über den Umgang mit aufgebrachten Menschenmengen, die er in der Caroline-Affäre gewonnen hatte, in die Praxis um. Seither patrouillierten auf Londons Straßen die sogenannten Bobbies (benannt nach Robert Peel, in einer Kurzform seines Vornamens), die mit weit weniger gefährlichen Waffen ausgestattet waren. Auch in Coburg hätte es vermutlich eine Eskalation der Aufstände gegeben, wäre Major Wangenheim nicht besonnen geblieben und hätte den Einsatz des Militärs nicht verweigert. Sein Widerspruch gegen Ernsts Absicht, bewaffnete Kräfte gegen die Protestler einzusetzen, verhinderte möglicherweise einen blutigen Konflikt zwischen Herzog und Bevölkerung. Ernst hätte kaum wieder zur Tagesordnung übergehen können, wie er es nach dem Weggang von Luise dann doch noch praktizieren konnte. Dass sich die Coburger Unruhen so schnell wieder beruhigten, hatte wohl auch mit der Unterdrückung jeglicher Nachrichten über das Geschehen zu Synchroner Vergleich: Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel  |

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tun. In London hingegen begleitete eine freie und aufmerksame Presse die Vorgänge um die Monarchie. Obwohl George IV. die Regierung aufforderte, hart gegen die Verkäufer von verräterischen Schmähschriften vorzugehen, blieben die Anklageerhebungen aus. Als Caroline schließlich im Scheidungsverfahren obsiegte, brach im ganzen Land ein bisher nicht gekannter Jubel los. Selbst Prinz Leopold zeigte seine Sympathie für seine Schwiegermutter öffentlich und beteiligte sich an den Illuminationen, die in ganz London die Befriedigung des Volkes über den Ausgang des Protestes symbolisierten. Er ordnete an, dass in Marlborough House die Kerzenleuchter entzündet wurden.23 Die öffentliche Meinung hatte triumphiert, was weitreichende Folgen für die britische Politik haben sollte, wie Jane Robins ausführt. Von nun an gab es eine moralische Instanz, eine Autorität, die ihre Stimme im Sinne von Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit erhob und die als solche, zu Recht oder zu Unrecht, glorifiziert wurde.24

6.4. Erpressung und Zensur Im Coburg der 1820er Jahre konnte die veröffentliche Meinung dank des Instruments der Zensur und der Karlsbader Beschlüsse keine Macht entfalten. Der „Volksgeist“ hatte in der Affäre um Herzogin Luise nur für kurze Zeit sein für die Obrigkeit so bedrohliches Potenzial gezeigt. Wie gefährlich in dieser volatilen Phase zwischen ständischer und bürgerlicher Gesellschaft im Deutschland der Mittel- und Kleinstaaten der Einfluss der Druck- und Presseerzeugnisse aus Frankreich für die fürstliche Gewalt werden konnte, hatten die Vorgänge um die „Memoires d’une jeune Grecque“ aber exemplarisch vorgeführt. In Frankreich, ebenso wie in Großbritannien, war die Begriffsentwicklung von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung weiter fortgeschritten, als in Deutschland.25 Letztere stellte eine Kraft dar, die als wesentlicher Auslöser für die revolutionären Ereignisse in Frankreich angesehen wurde.26 Die absolutistischen Fürsten fürchteten diese Macht, die in Deutschland nach 1813, nach der enttäuschten Hoffnung auf einen Nationalstaat mit verfassungsmäßig garantierten Rechten, unartikuliert und „unterhalb des politisch Sichtbaren“ weiter schwelte.527Erst im Umfeld der Julirevolution in Frankreich 1830 machte sich die latente Unzufriedenheit in Deutschland in zahlreichen lokalen Unruhen bemerkbar, die sich vor allem gegen ineffektive Verwaltungen und zu teure Lebensmittel richteten. In Aachen endete der Sturm auf eine

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Fabrikantenvilla mit Straßenkämpfen und einem blutigen Militäreinsatz, der mehrere Todesopfer forderte.28 Die deutschen Fürsten mussten erneut erleben, wie eine revolutionäre Erhebung im Nachbarland die herrschende Ordnung in ihren Territorien gefährdete. Auch wenn die Folgen nicht so gravierend waren wie 1789, so erfuhren doch vier Bundesstaaten einen Systemwechsel, der den Weg zu konstitutionellen Verfassungen ebnete.29 Auch Herzog Ernst I. verzeichnete im September 1830 in einem Briefwechsel mit seinem Bruder Ferdinand eine wachsende Unruhe in der Bevölkerung. Aufstände in Erfurt, Weimar und Hildburghausen, Erhebungen in Eisenach, Arnstadt, Rudolstadt, Kassel und Hanau, nur in seinem „kleinen Ländchen“ Coburg herrsche Ruhe, stellte der Herzog fest. Lediglich in Gotha beginne es zu „spuken“.30 Auch wenn es in Ernsts unmittelbarem Herrschaftsbereich weitgehend ruhig blieb, so drohten doch in den benachbarten sächsischen Herzogtümern die Unruhen in Gewalt zu eskalieren. Prinz Georg von Altenburg sah sich dem Bericht Ernsts zufolge zur Flucht gezwungen, um Misshandlungen zu entgehen, während im Meininger Oberland das Militär anrücken musste, um einen Bauernprotest zu unterdrücken.31 Ernst lokalisierte die Ursache des Übels in der Schwäche der Regierungen und war entschlossen, selbst keine Konzessionen zu machen. Nach seiner Ansicht musste der Fürst der einzige Inhaber der Staatsgewalt sein und bleiben.32 Auch der Kampf um die Pressefreiheit in Deutschland erlebte im Gefolge der 1830er Julirevolution einen neuerlichen Schub, der mit zu einem „wichtigen Strang der Ereignisse“ im Umfeld des Hambacher Festes von 1832 gehörte. Eine Entwicklung, die seit 1789 angelegt war und auch von der Restauration nicht aufgehalten werden konnte. „Dass Presse und Publizistik zu einem höchst umkämpften Sektor in Deutschland geworden waren, dafür hatte auch der ‚kulturelle Transfer‘ der Französischen Revolution gesorgt“, schreibt Erich Schunk in seinem Essay „Ohne Pressefreiheit keine Bürgerfreiheit.“33 Fürst Metternich sah die Entwicklung mit Sorge, wie er nach dem Hambacher Fest notierte. „Mit Volksrepräsentationen im modernen Sinne, mit der Preßfreiheit und politischen Vereinen muß jeder Staat zu Grunde gehen, der monarchische wie die Republik. Nur Anarchie ist möglich,“ glaubte Metternich.34 In der Coburger Administration wurde das ebenso gesehen. „Mit der Freiheit der Presse löst sich die Gesellschaft auf !“, schrieb ein Beamter, der mit den Bemühungen um die Unterdrückung der Panam-Schmähschrift befasst war.35 Metternichs Arm mochte weit reichen, doch in Frankreich ein Verbot der „Memoires“ durchzusetzen, scheiterte an der fortgeschrittenen Entwicklung Erpressung und Zensur  |

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des konstitutionellen Systems. „Es war Friedrich Gentz, die rechte Hand Metternichs, der den Zusammenhang von Konstitution und Publikation deutlich sah: ‚Sobald in einem Staate das Repräsentativsystem die Oberhand gewonnen hat, kann eine vernünftige und wirksame Zensur nicht mehr bestehen.‘“36 In diesem Spannungfeld zwischen Beharrung und Umwälzung ermöglichten es die Karlsbader Beschlüsse, das Erscheinen der Panam-Schmähschrift im Einflussbereich der Coburger einzudämmen. Aber in Krisenzeiten gelangte die so mühsam unterdrückte Affäre des Herzogs Ernst I. mit der „schönen Griechin“ immer wieder auf der Agenda der Publizistik. Seit ihrer Ersterscheinung im Jahr 1823 hatten die Panam-Memoiren mehrmals als Vehikel zur Manifestation eines bürgerlichen moralischen Imperativs gedient. Ihr englischer Übersetzer, William Ireland, wies allerdings selbst keine moralisch saubere Weste auf. Er war als Fälscher von ShakespeareTexten verurteilt worden, eine nicht uninteressante Randnotiz. Fakten und Fiktion, sie waren im Genre der Libellen eine auflagensteigernde Mischung auf den Kern Wahrheit kam es eben an.37 Deshalb sollten die „Memoires d’une jeune Grecque“ ein beständiges Damokles-Schwert über dem Haus Sachsen-Coburg bleiben. In einer um historische Zusammenhänge erweiterten Auflage von 1869 rechnete Adolph Kastendieck in seiner deutschen Übersetzung mit dem von ihm verhassten Herzog Ernst I. ab, der einst sein Dienstherr gewesen war. Er bemerkte darin, dass es wahrscheinlich sei, dass die Memoiren den Anlass zur Trennung Ernsts und Luises gegeben hatten.38 Auch der französische Gesandte am sächsischen Hof, Graf Rumigny, der mit der Affäre Panam befasst war, teilte diese Ansicht. Der Herzog, der entschlossen gewesen sei, seine Frau wegen ihres verdächtigen Verhaltens vom Hof zu entfernen, habe es nicht vermocht, sie auf ein thüringisches Schloss [gemeint ist Gotha], zu verbannen.39 Der „Mob“ habe es verstanden, die Umsetzung dieses Plans zu verhindern. Rumigny stellte fest, dass Ernst auch gezwungen worden war, seinen Vertrauten Szymborski zu entlassen, er wertete dies als ein Zeichen der Ohnmacht. Der Herzog sei ein bemerkenswert guter, aber schwacher Charakter und habe seine privaten Angelegenheiten schlecht im Griff. Davon hätten die Memoiren der Panam Zeugnis abgelegt. Auch Rumigny gab vor allem Luise, die sich durch romantische Ideen habe verwirren lassen, die Schuld am Scheitern der Ehe.40 Dessen Einschätzung spiegelte die Auffassung eines Vertreters des Ancien Régime wider, die dem fürstlichen Gehabe mit Nachsicht begegnete, während die von der Lektüre fragwürdiger Romane verdorbene Herzogin nach Ansicht des Diplomaten fälschlicherweise ihren eigenen Neigungen nachgegeben hatte.

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In dieser Beurteilung wurde die politische Dimension der Panam-Affäre übersehen und auf die persönliche und private Ebene des Ehestreits zwischen Ernst und Luise reduziert; damals wie heute eine kurzsichtige Analyse. Sicher hatten die Memoiren einen Einfluss auf die Coburger Geschehnisse im Jahr 1824, doch scheint ihre Wirkung vor allem in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung gelegen zu haben, die ja vor allem der im Ausland lebende Bruder Ernsts, Leopold, zu spüren bekommen hatte. Die Schmähschrift beschädigte die Reputation der Coburger, da sie ein „fragwürdiges Ansehen bei der Menge“41 zur Folge hatte. Die Auswirkungen dieses Prestigeverlustes waren außerhalb des Herzogtums deutlicher zu spüren, als im Innern. Luise ging in ihren Briefen an Ernst unmittelbar nach der Trennung gar nicht auf die Panam-Affäre ein, anders als ihr Schwager Leopold, dem die umfassenderen Zusammenhänge bewusst waren. In Luises Kosmos schien die Auseinandersetzung um die Memoiren der angeblichen Geliebten erst vorzudringen, als Ernst 1826 den Vorwurf gegen seine von ihm getrennt lebende Ehefrau erhob, sie habe sich zu einem Komplott mit der Panam hinreißen lassen und diese mit Informationen über ihre Ehe versorgt.42 Damit konnte er den Hochverratsvorwurf begründen, der es ihm ermöglichte, seine Schritte hin zur endgültigen Scheidung zu rechtfertigen. Am 15. März 1826 hatte das „Gespenst“ der mysteriösen Madame Panam erneut sein Haupt erhoben. Der coburgische Minister Carlowitz erkundigte sich bei der Braunschweiger Regierung wegen eines Buches, das unter einem Pseudonym im G. C. Meyer-Verlag veröffentlicht worden war und den Titel trug: „Paulinens Reise nach Deutschland oder Verbrechen und Liebe. Eine romanhafte Geschichte von Ewald Blumenfeld. 2. Theile. Braunschweig 1826.“43 Sein Inhalt erinnerte stark an die „Memoires d’une jeune Grecque“, deren Verkauf, Vertrieb und Abdruck in Braunschweig seit August 1823 verboten war. Die Braunschweiger Administration reagierte auf den Hinweis aus Coburg und verhörte den Verleger Gottfried Christian Ernst Meyer. Dieser gab an, ein Mann namens Wolf aus Berlin habe ihm das deutsche Manuskript eineinhalb Jahre zuvor gegeben, damit er es in Verlag nehme. Ihm sei die Ähnlichkeit mit den Panam-Memoiren wohl aufgefallen, er habe es aber nicht für nötig gehalten, die Sache zensieren zu lassen. Außerdem habe er es umarbeiten lassen, da er den Namen des Herzogs und anderer Personen so nicht habe veröffentlichen wollen. Meyer hatte geglaubt, das Manuskript gebe einen guten Roman ab. So ließ er 500 Exemplare drucken und verschickte sie durch ganz Deutschland. Die Braunschweiger Behörden befahlen, den weiteren Verkauf und den Verleih des Werks in Bibliotheken verbieten zu lassen und ansonsten Stillschweigen über die Sache zu bewahren, damit die fatale Erinnerung an Erpressung und Zensur  |

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die „Memoires d’une jeune Grecque“ nicht wieder aufgefrischt würde.44 Damit wurde der Vorgang zu den Akten gelegt. Wer der mysteriöse Herr Wolf war, der dem Verleger Meyer das Manuskript überbrachte, wurde nie ermittelt. Auch Baron von Lindenau, der Vermögensverwalter Luises, hatte in dieser Zeit unerfreuliche Kunde aus Braunschweig erhalten.45 Die Affäre Bülow schien wieder brisant zu werden, der angebliche Geliebte Luises, der in Unehren entlassen worden war, forderte Geld. Der Anspruch wurde durch seinen Vater, den damaligen Kammerdirektor in Braunschweig, vorgetragen. Durch die Vorfälle in Coburg sei die Karriere seines Sohnes ruiniert worden, er habe seinen Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren können. Nun verlangte er, die Schulden des jungen von Bülow sollten durch Lindenau beglichen und ihm eine lebenslange Pension ausgesetzt werden.46 Es kamen Verhandlungen in Gang, in deren Folge von Bülow verpflichtet wurde, gegen ein Schweigegeld die noch in seinem Besitz befindlichen Briefe der Herzogin auszuhändigen. Doch damit nicht genug, es trafen weitere Schreiben aus Braunschweig ein. Lindenau, der sich nun offenbar des erpresserischen Charakters der Angelegenheit bewusst wurde, sprach sich gegen weitere Zahlungen aus. Er befürchtete in diesem Zusammenhang eine Neuauflage der Affäre Panam. Unerklärlich schien ihm, dass der Vater von Bülows, der ehrenwerte Herr Kammerdirektor, ein solches Verhalten seines Sohnes unterstütze. Lindenau schlug vor, den in England lebenden Herzog von Braunschweig zu bitten, von Bülow von weiteren Schritten dieser Art abzuhalten.47 Eine spätere Übersetzung der „Memoires“ erlebte im Jahr 1915, im Ersten Weltkrieg, unter dem Titel “A German Prince and his Victim“48 in London eine Neuauflage. Der Charakter der Schmähschrift gegen die Prinzen aus dem Haus Sachsen-Coburg passte in die anti-deutsche Stimmung, die sich seit der „Krüger-Depesche“ Wilhelms II. von 1896 in Großbritannien verbreitet hatte und die sich seit Kriegsbeginn zunehmend auch gegen den britischen König und seine deutschen Verwandten richtete.49 Die britische Presse nahm diese Tendenzen auf. Als der Schriftsteller H. G. Wells in der „Times“ den Londoner Hof als „uninspiriert“ und „überfremdet“ bezeichnete, verlor George V. die Fassung. „Ich mag uninspirierend sein“, rief er aus, „aber der Teufel soll mich holen, wenn ich ein Fremder bin.“50 Um die Verbindungen der Royal Family zu den deutschen Fürsten demonstrativ zu unterbrechen, wurden am 13. Mai 1915 die Banner der deutschen Mitglieder des Hosenbandordens in der St. George’s Chapel in Windsor Castle entfernt, eine einmalige Aktion in der Geschichte der exklusiven Ritterschaft des britischen Monarchen.51

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7. Verbannung und Scheidung Die zeremonielle Bindung der verwandten deutschen Fürsten an das britische Königshaus war im 19. Jahrhundert noch sehr eng, wie sich an der Mitgliederliste des „Most Noble Order of the Garter“ ablesen lässt.1 1838 war auch Ernst I., regierender Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, von seiner Nichte Queen Victoria zum Mitglied des Hosenbandordens ernannt worden, dessen Wahlspruch „Honi soit qui mal y pense“ (Ein Schelm wer böses dabei denkt) aus dem Altfranzösischen stammt. Zu dieser Zeit gehörten die Vorfälle um die Panam-Memoiren und die Ehekrise mit Luise längst der Vergangenheit an. Doch 1824 belasteten die Affären des Herzogs den inneren Zusammenhalt der Dynastie der Sachsen-Coburger in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß. Ernst stand so unter Druck, dass es für ihn keine Rolle mehr spielte, ob Luise tatsächlich Ehebruch begangen hatte oder nicht. Was im Zusammenhang mit seiner Frau vorgefallen war, legte er als mangelnde Treue ihrerseits aus, auch wenn sie die Dinge vielleicht eher geschehen ließ, als sie zu planen und zu forcieren. Sie hatte die „dramaturgische Loyalität“ verletzt, die Erving Goffman so umschreibt: „Offensichtlich müssen die Mitglieder eines Ensembles, wollen sie die Richtung, die sie eingeschlagen haben, beibehalten, so tun, als hätten sie bestimmte moralische Verpflichtungen übernommen. Sie dürfen die Geheimnisse des Ensembles außerhalb der Darstellung nicht verraten – sei es im eigenen Interesse, sei es aus Prinzip, oder auch, um nicht indiskret zu sein.“2 Für Ernst war Luise untragbar geworden – sie musste endgültig vom Coburger Hof verbannt werden.

7.1. Exil in St. Wendel Streitigkeiten, Trennungen, Scheidungen – auch adelige Ehen scheiterten im 19. Jahrhundert, trotz Affektkontrolle und Vernunftheirat. Nicht selten lag die Lösung darin, die angeheiratete Frau zu ihrer Kernfamilie zurückzuschicken. Dort war sie versorgt und gab keinen Anlass zu weiterem Gerede. Doch Luise sollte dieser Weg versperrt bleiben, denn in der folgenden Auseinandersetzung stellte sich ihre Stiefmutter Caroline unmissverständlich an die Seite ihres Schwiegersohnes und der „Erfolgsfamilie“ Sachsen-Coburg. Auch das ist als Hinweis auf die Signatur der „späten“ Dynastie Europas zu interpretieren. Ein

Familienmitglied wie Luise, das dem Anspruch auf Sonderstellung gefährlich werden konnte, wurde von allen ausgegrenzt. Ein peinlicher öffentlicher Prozess wie im Fall Caroline von Braunschweigs blieb der Herzogin aber erspart. Die Familie war entschlossen, sie ohne weiteres Aufsehen an einen Ort bringen zu lassen, an dem sie unter Aufsicht war und keine kompromittierenden Affären mehr beginnen konnte. Der moralische Druck auf sie war enorm, selbst ihre eigenen Vertrauten stellten sich gegen sie. Baron von Lindenau, ihr Vermögensverwalter und früherer Vormund, erhob schwere Vorwürfe gegen Luise. „Wie hast Du als Landesmutter gehandelt, die Unterthanen von ihrem rechtmäßigen Herrn entfernt, Zwietracht und Haß ausgestreut, so viele Menschen unglücklich gemacht“, tadelte er sie. „Du hast das verehrte Haus [Sachsen Gotha-Altenburg], wovon Du der letzte Zweig bist, mit Schande gebrandmarkt.“3 Auch ihre Stiefmutter Caroline sah keine Veranlassung, sich an die Seite der „Verräterin“ zu stellen. Dem Ansinnen Ernsts, Luise wieder zu sich nach Gotha zu nehmen, kam sie nicht nach.4 Um Luise schnell von der Coburger Bühne zu entfernen, wurde sie deshalb nach Bad Brückenau geschickt, wo sie zum großen Verdruss Carolines Besuch von Freiherr von Stillfried empfing, einem ihrer angeblichen Liebhaber.5 Den ursprünglichen Plänen zufolge sollte Luise ins Eisenberger Schloss verbracht werden, das zu Sachsen-Altenburg gehörte. Doch dagegen erhob Caroline, die sich in der Trennungsphase des Herzogpaares ansonsten vollständig an die Seite Ernsts gestellt hatte, große Bedenken. Über Baron Lindenau ließ sie dem Herzog einen Brief übermitteln, in dem sie auf die „fürchterlichen Nachrichten“ aus Brückenau reagierte. „Wäre es denn nicht besser, wenn man Luise in eine solche Verwahrung brächte, wo sie doch nicht noch mehr Skandal und Schande auf uns häuft“, fragte Caroline. „Sie bleibt auch immer die Mutter Ihrer Kinder, und als solche steht es Ihnen zu alles abzuwehren, was sie in noch tiefe[re] Erniedrigung brächte. Meine Hand zittert indem ich die schrecklichen Worte niederschreibe, allein wenn Sie nicht eingesperrt wird, so giebt es noch fürchterlichere Dinge. Könnte man denn nicht glauben machen, daß eine Verstandszerrüttung zu diesem Schritt berechtigte.“6 Caroline, von der Angst getrieben, für die „Untaten“ ihrer Stieftochter verantwortlich gemacht zu werden, war zum Äußersten bereit. „Ach Gott, ich muß sie ja gänzlich aufgeben,“ klagte sie.7 Es war ihre Idee, Luise zu opfern und als verrückte Kranke einsperren zu lassen. Die Schuld am Verhalten der Herzogin liege nicht in ihrer Erziehung, ließ sie Ernst wissen, er selbst habe seine Frau verzogen und ihr zu freizügig

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Umgang mit jungen Leuten gewährt. Vielleicht dachte der Herzog über den Vorschlag Carolines nach, muss ihn aber bald verworfen haben. Luise einsperren zu lassen, hätte sie in den Augen der Bevölkerung vollends zum Opfer gemacht. Ernst muss dabei bedacht haben, dass das in Coburg zu neuerlichen Unruhen hätte führen können, wie bereits in der Annonce zur Fortsetzung der Panam-Memoiren angedeutet. Caroline beschied Luise, die sich bei der Trennung Hoffnung auf die selbstbestimmte Wahl ihres künftigen Aufenthaltsortes gemacht hatte, sie nicht in ihrer Nähe aufnehmen zu wollen. Die Vorstellung, Luise könnte dort ihre Liebhaber empfangen, marterte die Moral der Stiefmutter. „Kämst Du hier ins Land, so kannst Du vollkommen überzeugt sein, dass ich es nie zugeben würde, dass irgend jemand dich begleiten könnte, der Anteil an deinen Verwirrungen hat. Ich würde sonst lieber auf ewig das geliebte Land verlassen, wo ich so glücklich war,“ drohte die Stiefmutter.8 Luise hatte Caroline gebeten, einen Vertrauten in ihr künftiges Domizil mitbringen zu dürfen, eine Idee, der die Stiefmutter gänzlich ablehnend gegenüberstand. Aus ihrem vorläufigen Exil in Bad Brückenau hatte Luise einen langen Brief geschrieben, in dem sie über ihre Situation reflektierte und eine erstaunlich selbstkritische, aber auch selbstbewusste Haltung einnahm. Es war keineswegs das Schreiben einer Verrückten, die ihre Sinne nicht beisammen hatte, sondern kann als ein Meisterwerk rhetorischer Fähigkeiten gelten. Hier offenbarte sich wie in keinem anderen von Luise überlieferten Dokument ihr Charakter. Deshalb sollen ihre Einlassungen an dieser Stelle eingehender betrachtet werden. Zunächst räumte Luise ein, sich bewusst zu sein, der Mutter großen Kummer verursacht zu haben. Sie fürchtete, deren Gunst und Liebe auf ewig zu verlieren, klagte sie. Dennoch hoffte sie auf Nachsicht, da sie Caroline von Kindesbeinen an als sorgende und liebende Mutter erlebt habe. Luise gestand freimütig ihre Unzulänglichkeiten ein. „Die zu große Lebhaftigkeit meiner Einbildungskraft, mein (rasches) Blut, die Lust auf Zerstreuungen, Eitelkeit, dies sind meine Fehler, und ich kenne sie wohl, dagegen steuertest du immer mit Fleiß und warst stets gnädig und liebreich, also hast Du gewiß keine Schuld und die Welt wird dies ja einsehen. (…) Daß ich den Herzog schwer beleidigte, weiß ich und würde deshalb auch nie zurückkehren können, wenn er mir auch verzieh, da ich das Bewußtseyn meines Unrechts gegen ihn ewig zu drückend fühlen würde. Was hier zu meiner Entschuldigung dienen kann, führe ich nicht an, da ich die Strenge deiner Grundsätze kenne, die wo Schuld ist keine Entschuldigung annimmt. Wer sagt dir, daß ich meine Kinder nicht liebte? Dieß Gefühl liegt in der Natur und kann durch nichts ausExil in St. Wendel  |

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gelöscht werden, ich war zu leichtsinnig, mich viel mit ihnen zu beschäftigen, geliebt habe ich sie immer; glücklicher werden sie seyn, wenn sie den Zwist der Eltern nicht [gewahren]“9, schrieb Luise, die die Doppelmoral ihrer Stiefmutter kaum geschickter hätte entlarven können. Ernst, dessen Leben nicht frei war von moralisch fragwürdigen Begebenheiten, erfuhr die volle Unterstützung Carolines. Indem Luise Dinge andeutete, die zu ihrer Entlastung hätten angeführt werden können, machte sie auf diese selbstgerechte Haltung aufmerksam, ohne den Herzog durch Vorwürfe zu belasten und so weiteren Zorn auf sich zu ziehen. Selbstkritisch erkannte sie die Fehler ihres raschen Blutes, ihrer leidenschaftlichen Art. Doch den Vorwurf, ihre Kinder nicht zu lieben, wies sie entschieden zurück, ebenso die Anschuldigung, die Untertanen des Herzogs gegen ihn aufgebracht zu haben. „Gegen den Herzog als Landesfürst habe ich nicht gehandelt und ich bin ganz frei von der Beschuldigung, seine Bürger aufgewiegelt zu haben, dieß ist eine Schändlichkeit, der ich Gott sey Dank nicht fähig bin und von der ich mich zu rechtfertigen hoffe. Daß durch mich Menschen unglücklich würden, das fühle ich schmerzlich und ich werde es immer fühlen, daß ein Schritt (…) soviel Unglück stiften kann“10, gestand Luise offen und unumwunden ihr Unrecht ein. Aber ebenso dringlich warb sie auch für Verständnis in ihrer nun aussichtslosen Lage, die sie mit beachtlicher gedanklicher Schärfe erkannte und analysierte. „Ich stehe jetzt alleine und frei da, bin noch sehr jung, und wie dir leider nur zu deutlich bekannt, treibt mich Leidenschaftlichkeit zu manchem unüberlegten Schritt, würde ich jetzt deinen Wunsch erfüllen, so hielt ich es lange nicht aus, ich würde wieder ein Wesen aufsuchen, denn ein Unbekanntes wählen, gerieth vielleicht in schlechte Hände und gieng rettungslos verloren“, schrieb Luise.11 Sie versuchte, ihre Stiefmutter davon zu überzeugen, ihr die Gesellschaft eines Menschen zu erlauben, den sie bereits kannte und dessen Treue und Verschwiegenheit sie schon habe erproben können. Nur dies könne sie davor bewahren, sich noch einmal vor der Welt und vor sich selbst zu erniedrigen. „Es ist für jede Frau so schwer, wenn sie alleine dasteht, nicht der Neigung Gehör zu geben, nicht eine jede hat deine Festigkeit und Würde, wie vielmehr eine Frau in meinem Alter, die leider der Leidenschaft so blindlings folgte, darum ist es besser sie wählt ein bestimmtes Wesen, das sie kennt und liebt, als dass sie wie ein Spielball ihrer Neigungen herum geworfen wird und in einen Abgrund stürzt, dessen Tiefe man nicht ergründen kann. (…). Erlaube mir also den Einen Freund,“ flehte Luise, „vergieb und entschuldige milde und menschlich, wo mein warmes Gefühl die Vorschrift des strengen Rechts nicht

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befolgt; dieser allein vermag meine Einsamkeit aufzuheitern und mir den Muth zu geben dort auszuharren. Ich erwähne (…) den jungen Mann einst, weil ich es dir schon schrieb.“12 Hier warb Luise um die Zustimmung der Stiefmutter, sich ihren Vertrauten Max von Hanstein ins Exil mitbringen zu dürfen, ein Ansinnen, das von Caroline, die weitere Skandale fürchtete, entschieden abgelehnt wurde. Der Versuch Luises, sie zu ihrer Komplizin zu machen, die ja schon vorher über den „Freund“ im Bilde gewesen sei, lief ins Leere, entbehrte aber nicht des bemerkenswerten rhetorischen Geschicks, das Luises ganzes Schreiben durchzog. Es war eine faszinierende Mischung aus unterwürfiger Selbstbezichtigung und dem selbstbewussten Entwurf einer künftigen Lebensplanung, die eine gewisse Neigung zur Manipulation offenbarte und möglicherweise von allen überlieferten handschriftlichen Dokumenten den tiefsten Einblick in die Seele, den Charakter und die geistige Haltung der jungen Herzogin gewährt. Ob ihre Stiefmutter Caroline mit dem ihr zur Verfügung stehenden geistigen und moralischen Rüstzeug in der Lage war, dies zu erkennen, darf bezweifelt werden. Doch sie war offenbar nicht so einfältig, den Beteuerungen Luises zu viel Bedeutung beizumessen, auch wenn diese in den schönsten Worten Besserung gelobte. „Auch das Versprechen noch füge ich hinzu, daß ich nie gegen das Schickliche in meinem Benehmen es fehlen laßen werde, darin fehlte ich früher so sehr, ich dachte der Herzog wird schon Einhalt thun wenn es zu arg wird; jetzt stehe ich allein und muß für mich sorgen und will es thun. Das Schicksal macht mich schon ernster, in meinem Benehmen will ich suchen die wirkliche weibliche und fürstliche Würde anzunehmen“, versprach Luise, „die ich früher vernachläßigte, so daß gewiß, wenn auch nicht im Anfang doch späterhin nicht gegen mich gesprochen werden soll. Vergönne mir dir von meinem Thun und Lassen an dem Ort meiner Bestimmung von Zeit zu Zeit Rechenschaft abzulegen und sehr glücklich werde ich mich schätzen, darüber deinen Rath und und Zurechtweisung zu erhalten. – Was du mir in deinem Briefe schreibst, würde ich in demselben Fall auch meiner Tochter geschrieben haben, da es mütterlich ist zu warnen, rathen helfen, drohen um Unglück zu verhüten, aber geliebte Mutter, vergieb meine Offenheit, hier wird wenig gebessert, der Gedanke dich auch zu verlieren, da ich schon alles verlor, ist fürchterlich, da bei diesem Gedanken heiß meine Liebe in aller Kraft zu dir erwacht; aber soll ich Versprechungen machen und sie nicht halten, dich abermals täuschen, arm und wenn es mein Leben, ….. das gilt, ich darf es nicht. – Ach vergieb! – Willst du diejenigen die du nicht wünschest niemals sehen, auch das – ich werde sie Exil in St. Wendel  |

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deinen Augen verbergen, zu mir ach wirst du ja nie kommen, das weiß ich zu bestimmt“, befand Luise.13 Es ist bemerkenswert, wie die Verstoßene versuchte, mit einem achtlos eingestreuten Nebensatz trotz aller vorangegangener Schuldbekenntnisse Ernst mit in die Pflicht zu nehmen. Hätte er nur Einhalt geboten, wäre sie schon wieder auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt, erklärte Luise. Wäre er aufmerksamer gewesen, hätte alles Unglück vermieden werden können. Auch dies war ein versteckter Vorwurf an den Ehemann. Zum Abschluss ihres Rechtfertigungs-Briefes an Caroline versuchte die Herzogin, ganz fürsorgliche Landesmutter, ihre Bediensteten in Schutz zu nehmen, die sie in die Turbulenzen der Intrigen am Hof hineingezogen hatte. „Nun ein Wort über meine Leute. – Sie handelten allerdings Unrecht, indem sie durch die Befolgung meines Willens ihren Herrn beleidigten, aber zu entschuldigen sind sie, denn mir waren sie gegeben, und sie sahen sich ihrer Stelle beraubt, wenn sie meinen Befehlen nicht folgten; sie thaten nichts als meine Briefe besorgen, dies thut ja ein jeder Postmeister auch. Gegen ihren Herrn sprachen sie nie“, versicherte Luise.14 Sie bat vergeblich bei Caroline um Verständnis, die ihr den Weg zurück in das Herzogtum ihres verstorbenen Vaters verwehrte. Bis an ihr Lebensende würde Luise nicht müde werden, bei ihrer Stiefmutter um Einsicht und Verzeihung zu werben, was diese nur zögernd zuließ. Zu sehr gefiel sich Caroline in der Rolle der Beraterin und Vertrauten von Herzog Ernst, einen Brief an ihn unterzeichnete sie mit „Ihre treu Ergebene Mutter Caroline (Was machen die Kinder?)“15 Sie sah sich in der Rolle der Ersatzmutter für ihre Enkel Ernst und Albert. Zu Albert sollte Caroline zeitlebens ein enges Verhältnis pflegen, das sich in einem umfangreichen Briefverkehr ausdrückte, der auch noch aufrecht erhalten wurde, als er später als Prinzgemahl Queen Victorias in London lebte.16 Wegen Carolines ablehnender Haltung schied das Schloss in Eisenberg, das Luises Großmutter Charlotte von Sachsen-Altenburg gehörte, als ihr künftiger Aufenthaltsort aus. Da sich die Verhandlungen um eine endgültige Bleibe immer länger hinauszögerten, beschloss Ernst, selbst nach einer Zwischenlösung zu suchen. Ihm kam der ferne Marktflecken St. Wendel in den Sinn, im Herzogtum Lichtenberg, dem ungeliebten Anhängsel seines Machtbereichs. Es war ihm als Ergebnis seiner Entschädigungsforderungen nach den Napoleonischen Kriegen im Zuge des Wiener Kongresses zugesprochen worden. Von Coburg war St. Wendel territorial so weit entfernt, dass der Herzog wenig Nutzen in diesem Besitztum sah.

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Das wirtschaftlich schwache Gebiet in der Nähe der Grenze zu Frankreich, nur etwas mehr als acht Quadratmeilen groß, mit circa 25.000 Einwohnern, war ein beständiger Hort der Unruhe. Die Bürger fühlten sich vom Herzog missachtet, was zu einer immer dringenderen Forderung nach einer Mitsprache bei der Entscheidung über politische Belange wurde. Mit der „Entsendung“ Luises hoffte Ernst, zwei Probleme zur gleichen Zeit lösen zu können: die Lichtenberger Bürger von ihren Sorgen abzulenken und die lästig gewordene Ehefrau in einen möglichst abgeschiedenen Ort zu verbannen. Ein Schachzug, der gelingen sollte, denn ihre Anwesenheit in St. Wendel sorgte dort für Ruhe. Wie Josef Dreesen bemerkt, interessierten sich die Untertanen von nun an mehr für Luises Hofhaltung, ihre Reisen und ihr soziales Engagement, als für die Probleme des Landes.17 Als Luise in St. Wendel eintraf, wurde sie von der Bevölkerung mit „VivatRufen“ begrüßt, ein erfreulicher Auftakt auf dem Weg in ein neues Leben. Doch die Herzogin gab sich keinen Illusionen hin, denn die beschwerliche Fahrt in ihr neues Domizil hatte ihr deutlich vor Augen geführt, dass dies kein Vergnügungsausflug war, sondern eine Strafaktion. „Auf unserer Reise würdest du mich gewiß beklagt haben, unaufhörlicher Regen und Sturm sprach nur zu deutlich aus, daß ich kein so ganz gutes Kind war“, schrieb sie an Ernst.18 Von Bischofsheim über Heidelberg, Mannheim und Kaiserslautern war der Tross der Herzogin Luise Richtung St. Wendel gefahren, hatte verschiedentlich Rast gemacht und kleinere Besichtigungen unternommen. Zur Begleitung seiner Frau hatte der Herzog die Hofdame Amalie von Uttenhoven bestimmt, den Kammerherrn von Speßhardt, des weiteren eine Kammerfrau, eine Kammerjungfer der Hofdame, einen Kammerlakai, einen Diener, einen Koch, und einen Kutscher.19 Als sich die Reisegruppe ihrem Bestimmungsort näherte, sank Luises Mut. „Den andern Tag hierher, aber was für ein Weg von Homburg nach St. Wendel. Selbst du würdest dich gefürchtet haben …“, teilte sie Ernst mit. „Viele Besuche erhalte ich gewiß nicht hier, und geborgen sind wir völlig; schrecklich!“20 Ernst hatte die Regierung in St. Wendel beauftragt, das alte Amtshaus herzurichten und mit Hausrat aus den Gothaer und Coburger Schlössern auszustatten. Doch das Werk war unvollständig geblieben. Nur das Schlafzimmer war bei Luises Ankunft fertig, doch befand sich darin kein Ofen, was zu einer banExil in St. Wendel  |

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gen Aussicht auf die kommenden Wintermonate Anlass gab. Die Herzogin sah sich sogar gezwungen, bei der Ausgestaltung ihres neuen Heimes selbst mit Hand anzulegen. Sie habe die Tapeten eigenhändig gekleistert, schrieb sie nach Coburg. Da dabei alle Türen und Fenster aufstanden, zog sich Luise eine heftige Erkältung zu, mit Ohr- und Zahnschmerzen. „Bedaure mich etwas!“, forderte sie von Ernst.21 Luise hatte zunächst keinen guten Eindruck von St. Wendel. Niemand wagte den Weg zu ihr, doch die ersten Tage und Wochen vergingen rasch mit Einräumen, Spazieren fahren und mit – Rechnen. 14.500 Gulden jährlich standen ihr für die Haushaltsführung zu, von Ernst festgesetzt und mit der Auflage versehen, unter allen Umständen mit der Summe auszukommen, da „…kein anderer Fonds zur Verfügung stehe und auch keinerlei Schulden aufgenommen werden können, da niemand verpflichtet sei, diese zu bezahlen.“22 Ernst wollte über jeden Schritt seiner Frau informiert werden und hielt deshalb ihre Dienerschaft an, ihm in regelmäßigen Abständen Bericht zu erstatten. Kammerherr Speßhardt wurde verpflichtet, für Anstand und Etikette zu sorgen. Luise ihrerseits sollte sich bei Problemen nicht an die St. Wendeler Regierung wenden, sondern an den Herzog persönlich. Eine Einmischung in die Regierungsgeschäfte des Fürstentums wurde ihr untersagt. Besonders detaillierte Verhaltensmaßregeln ergingen an Amalie von Uttenhoven, denn Luise sollte still und zurückgezogen leben, ohne eigentliche Hofhaltung.23 Die Hofdame sollte auf Anweisung Ernsts auch dafür sorgen, „… daß die dem Herrn von Lindenau in Verwahrung gegebenen Juwehlen, hi[e]r [in Coburg] deponiert werden. In dem kein Grund mehr vorhanden ist warum Herr von Lindenau die Gewahrsam darüber haben soll. (…). Für den Fall der wirklich eintretenden Scheidung verspreche ich der Herzogin auch meinen ferneren Schutz, aber unter der Bedingniß, das[s] Sie mich zu ihrem permanenten Vormund erken[n]t, und hi[e]rüber eine eigene acte ausstellt, und auch hi[e] rfüro meinem wohlmeinenden Rath Folge leisten wird …“, forderte Ernst.24 Monatlich sollte Amalie von Uttenhoven nun Bericht an den Herzog erstatten, bei außergewöhnlichen Vorkommnissen auch öfter. Luise stand damit unter Kuratell, wurde beobachtet, bespitzelt, ausgeforscht, ihre Lebensumstände von ihrem Ehemann, der sich zu ihrem lebenslangen Vormund erklärt hatte, umfassend diktiert. Finanziell war sie auf seine willkürlich festgesetzten Zuwendungen angewiesen. Ihre Juwelen, obwohl sie zu den beweglichen Gütern aus ihrer Mitgift gehörten, blieben in Coburg. Auf ihr sonstiges Vermögen sollte Luise zu

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Gunsten ihrer Kinder verzichten. Die Pläne der jungen Herzogin, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen, waren damit zerstört.

7.2. Förmliche Trennung Bereits im September 1824, noch vor ihrer Abreise nach St. Wendel, hatte Luise einem Trennungsvertrag zugestimmt. Darin war verfügt worden, dass sie auf die Vormundschaft über ihre Kinder verzichten musste. Des Weiteren nahm sie erhebliche finanzielle Nachteile in Kauf.25 Luise hatte sich den umfassenden Rechteabtretungen, denen sie bereits im vorläufigen Entwurf vom 2. September 1824 zugestimmt hatte, ohne Widerspruch unterworfen, weil sie möglicherweise in der Hoffnung lebte, mit der Zeit werde wieder eine Annäherung stattfinden.26 Zu ihrem gesetzlichen Vormund wurde Bernhard August von Lindenau bestellt. Der Kanzler Johann Heinrich Opitz stellte die unangenehme Frage zur Diskussion, ob Herzogin Luise über die rechtlichen Folgen des Trennungsvertrages ordentlich aufgeklärt worden sei. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre er möglicherweise anfechtbar. Opitz kam es darauf an, „… daß die Frau Herzogin Durchl. bei der Sache als ausreichend unterrichtet von den betreffenden Verhältnissen und rechtlich berathen sich darstellt. Ich würde es daher für nöthig halten, daß Ihr Zeit gegeben werde, sich insbesondere noch mit einem Rechtsverständigen in St. Wendel über den Vertrag zu berathen, damit höchst Sie der Erklärung, die ich in dieser Beziehung in den Vertrag aufgenommen habe, bestimmt abgeben könne.“27 Ernst ließ den Vertrag von mehreren Juristen prüfen, er selbst hatte handschriftliche Notizen zur Ergänzung gemacht. Er wollte klargestellt wissen, dass beide Seiten die Fortsetzung der Ehe für nicht ausführbar hielten. Außerdem sollte Luise zu Gunsten der Söhne auch auf das Gothaer Haus-Allodium verzichten. Darüber hinaus wollte Ernst Luise nicht mehr gestatten, weiterhin seinen Namen zu führen.28 Den Juristen schien es bedenklich, dass Luise zur Zeit des Vertragsabschlusses nach den Coburger Landesgesetzen noch nicht volljährig war. Deshalb schlugen sie vor, die Herzogin solle den Verzicht auf das Gothaer Allodium gerichtlich und mittels Handschlag an Eides statt leisten.29 Die Trennung war also besiegelt, aber noch war Ernst mit der letzten Erbin des Hauses Sachsen-Gotha-Altenburg verheiratet und konnte, da der Förmliche Trennung  |

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Titel im Mannesstamm weitervererbt wurde, die Ansprüche auf das Herzogtum als Vormund seiner Frau und im Sinne seiner Söhne wahrnehmen. Darin lag für ihn die Chance, endlich die langersehnte Gebietserweiterung für Sachsen-Coburg durchzusetzen. Mit Gotha würde er seinen Machtbereich auf das Doppelte ausdehnen. Im Trennungsvertrag war kein Besuchsrecht Luises für ihre Kinder mehr vorgesehen. Ernst verweigerte jeglichen Kontakt der Prinzen mit ihrer Mutter, was dieser sehr zu schaffen machte. Auskunft erhielt sie nur über Freundinnen oder durch Briefe ihrer Schwägerin Sophie von Mensdorff- Pouilly. Ihr berichtete Luise auch von ihrem Kummer, den sie angesichts ihrer eingeschränkten Lebensweise empfand. „Ich lebe hier ganz still und einsam, ein Tag gleicht dem anderen, so daß ich oft den [sic] Datum nicht weiß“, klagte Luise, „etwas karg ist das tägliche Brodt, und Einschränkungen aller Art sehe ich mich genöthigt zu machen, wovon ich nichts verstand. Doch setze ich meinen Stolz darauf auszukommen, damit man sieht, dass ich sogar in Geldsachen ordentlich geworden bin.“30 So sehr Luise sich auch Mühe gab, ihren Stolz nicht zu verlieren, die Umstände, unter denen sie ihr neues Dasein fristete, waren unwürdig. Im folgenden Winter waren sie und ihre gesamte Dienerschaft von Krankheit geplagt, eine Folge der schlechten Unterkunft im alten Amtshaus, das nach einem Unwetter auch noch teilweise überschwemmt worden war. In der Abgeschiedenheit von St. Wendel, getrennt von ihren Kindern, muss Luise sich eines Tages im Jahr 1825 der Realität gestellt haben. Ein Jahr nach der Trennung schrieb sie an Ernst, falls er die Scheidung fordere, werde sie ihre Einwilligung nicht versagen.31 Kaum war Luise aus den Coburger Landen verschwunden, schmiedete ihre Schwiegermutter Auguste Pläne für eine Wiederverheiratung Ernsts. Dessen Aussichten auf eine passende Partie hatten sich mit den Jahren nicht verbessert, Skandale wie die Panam-Affäre waren hinzugekommen und es galt auch jetzt, 1825, Augustes Ausspruch aus dem Jahr 1816: „Was noch zu heirathen übrig bleibt, sind halbe Kinder – und Ernst ist kein Jüngling mehr.“32 Doch wie immer, wenn es um die Ehen ihrer Kinder ging, hatte Auguste längst eine Lösung im Sinn. Ernst sollte seine Nichte, Marie von Württemberg, zur zweiten Frau nehmen. Die Trennung Ernsts von Luise empfand Auguste dennoch als familiäre Katastrophe, weniger aus Sorge um das künftige Schicksal ihrer Schwiegertochter, als wegen der unerfreulichen Umstände des Auseinandergehens. „Es ist vorbey“, schrieb Auguste am 27. August 1824, „daß unseelige Band, waß ich mit so düstern Ahndungen knüpfen sah, gelößt! Der gestrige Tag war

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schrecklich und wird mir ewig unvergeßlich bleiben. Des armen Albertgen sein (5.) Geburtstag war der Trennungstag seiner Eltern.“33 Die stürmischen Auftritte der leidenschaftlichen Luise waren Auguste immer widerlich gewesen. Sie waren nach ihrem Verständnis in einem „Haus“ unangebracht, in dem die unumschränkte patriarchale Macht eines Fürsten auch in seine privaten Beziehungen hineinwirkte. Luises ungezügeltes Temperament hatte sich nicht in der Kunst der höfischen Affektkontrolle einüben können. Besonders peinlich war für Auguste die Tatsache, dass sich die Trennung von Ernst und Luise ebenso wie der damit einhergehende öffentliche Tumult vor den Augen der Familie abgespielt hatten. Denn aus Anlass des Geburtstags von Albert waren die Verwandten in Coburg anwesend: Großfürstin Anna Feodorowna, genannt Julchen, Carl Fürst zu Leiningen sowie Augustes Schwester. Sie alle mussten das Schauspiel des Coburger Aufstands miterleben. Für die aufgebrachten Bürger hatte Auguste nur Verachtung übrig. „Gesindel, thörigtes Volk, bethörte Narren“, war ihr Urteil.34 Auguste war überzeugt, Luise würde in ihr Unglück laufen, ein Schicksal, das sie sich selbst gewählt habe. Dennoch war sie tief befriedigt über Luises fernes Exil im Fürstentum Lichtenberg, wie sie ihren Sohn Ferdinand wissen ließ. „Ich habe mich wie Du gegen St. Wendel gesträubt, wohin sie eigentlich Lindenau expediert hat, weil er sich in Gotha für ihre Intrigence und den Scandalen fürchtete“, schrieb sie an ihren Sohn, „indeßen glaube ich, daß sie in St. Wendel, daß von allen Städten, aller Nachbarschaft entfernt in einem einsamen Winkel liegt, doch am besten aufgehoben ist, hier hört und sieht niemand waß von ihr, und sie wird bald gänzlich vergeßen sein.“35 Die Verbannung Luises nach St. Wendel, folgt man Auguste, ging also auf die Idee und Initiative Baron Lindenaus zurück. Der Vertraute und Vormund Luises hatte über das Schicksal seiner Schutzbefohlenen entschieden, doch es waren Auguste und Ernst, die an einer dauerhaften Unterdrückung der Herzogin zum Schutz der dynastischen Interessen der Coburger interessiert waren. Im Februar 1825 starb Luises Onkel, Herzog Friedrich IV., letzter Herrscher des Fürstentums Sachsen-Gotha-Altenburg. Damit war die männliche Linie, die als einzige erbberechtigt war, ausgestorben. Luise, obwohl letzte Nachfahrin Friedrichs und dessen Erbin, konnte keinen Anspruch geltend machen. Der lange schwelende Konflikt zwischen den ernestinischen Fürstentümern Sachsen-Meiningen, Hildburghausen und Coburg-Saalfeld um die Sukzession brach nun offen aus. Dabei ging es um die Frage, nach welcher Regelung die Nachfolge bestimmt werden sollte: nach der Gradualerbfolge oder Förmliche Trennung  |

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nach der Linearerbfolge.36 Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld glaubte, durch seine Ehe mit Luise besondere Ansprüche erheben zu können. Der Tod Friedrichs war schon lange absehbar gewesen37. Bereits nach dem Ableben von Luises Vater August, als Friedrich die Regierung übernommen hatte, war seine Gesundheit angeschlagen. Es wurde vermutet, eine Verletzung aus den Napoleonischen Kriegen habe seine Krankheit ausgelöst. Mehrfach musste der Herzog zur Kur ins Ausland reisen und mehrfach wurden auch Expertisen über seinen Geisteszustand angefertigt.38 In seinen letzten Lebensmonaten versank Friedrich völlig in Apathie, er sprach nicht mehr und teilte sich nur noch durch Gesten mit. Trotzdem bescheinigten Ärzte, er erfreue sich eines guten Gesundheitszustandes, wahrscheinlich wurden diese Atteste genutzt, um hohe Lebensversicherungen auf Friedrich abzuschließen. Zwei Monate vor seinem Tod war sein Testament noch einmal abgeändert worden, darin wurden seiner Erbin Luise 25.000 Thaler zugesprochen. Herzog Ernst ließ das Testament anfechten, da er die Auszahlung der Summe an seine getrennt lebende Ehefrau verhindern wollte. Gutachten sollten beweisen, Friedrich sei nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen, als er den entsprechenden Zusatz zu seinem Testament unterschrieben hatte.39 In der Nacht des 11. Februar 1825 wurden die Diener ins Schlafgemach Friedrichs befohlen, der sich in starken Krämpfen wand, ausgelöst durch hohes Fieber. Mehrere Ärzte wurden konsultiert und verordneten den damals üblichen Aderlass und einen Einlauf, für einen kurzen Moment schien sich der Patient zu erholen. Ein Augenzeuge des Geschehens schrieb seine Beobachtungen für das Geheime Archiv nieder: „Aber bald nahmen die Krämpfe heftig zu, das Röcheln ebenfalls, die Schwäche war unverkennbar, und nach einer starken Ergießung von Speichel hörte der Athem nach Sechs und Dreiviertel Uhr auf. Man machte den erfolgten Tod nicht sogleich bekannt“, hieß es in dem Bericht, „um erst die von den höchsten Agnaten des Gothaischen Gesammthauses gemeinschaftlich anbefohlenen Maasregeln in Ruhe treffen zu können.“40 Kaum hatte der sieche Herzog seinen letzten Atemzug getan, brach der Streit ums Erbe Friedrichs und um die Vormacht über Gotha los. Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen beanspruchte die Herrschaft über die Gothaer und Altenburger Lande nach der Gradualerbfolge, da er mit dem Verstorbenen um einen Grad näher verwandt war, als Ernst von SachsenCoburg-Saalfeld und Friedrich von Sachsen-Hildburghausen. Wäre die Linearerbfolge entscheidend gewesen, hätte das Herzogtum in drei gleiche Teile aufgeteilt werden müssen. Herzog Ernst brachte nun seine noch immer bestehende Ehe mit der Nichte des Erblassers ins Spiel und erhoffte sich davon

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einen Vorteil in der Erbauseinandersetzung. Darüber führte er einen intensiven Schriftwechsel, unterstützt wurde er von seinem Justizminister Christoph Anton Ferdinand von Carlowitz. Carlowitz war überzeugt, Coburg müsse seine Machtposition weiter ausbauen, um preußischen Übernahmegelüsten zu widerstehen. In den langwierigen Verhandlungen um die Erbfolge gelang es Carlowitz, Sachsen-Meiningen schrittweise zurückzudrängen und eine Regelung zu erzielen, die alle drei Fürsten befriedigte. „Am Ende stand eine komplizierte Lösung, die den Fürsten gefiel und auf die Wünsche der Bevölkerungen in keiner Weise acht gaben. Die Coburger konnten sich als Gewinner fühlen,“ urteilt Thomas Nicklas.41 Hildburghausen erhielt Altenburg, das zum Sitz der Herzöge von Sachsen-Altenburg wurde und bis 1918 bestand. Meinigen vergrößerte sich um Hildburghausen und das bis dahin zu Coburg gehörende Saalfeld. Ernst konnte in Gotha als Fürst einziehen und von nun an über 120.000 statt bisher 57.000 Menschen (ohne Lichtenberg) herrschen.42 Aus Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld wurde Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha. Diese letzte ernestinische Landesteilung hatte sich für die Coburger in vielfacher Hinsicht als Gewinn erwiesen: mehr Land, mehr Untertanen, mehr Prestige. Aber es gab auch eine Schattenseite, denn das Doppelherzogtum bestand aus zwei unverbundenen Gebieten. Bis zum Ende der Monarchie erfolgte keine staatsrechtliche Verschmelzung der beiden Hälften des Herzogtums, wie Thomas Nicklas konstatiert.43

7.3. Scheidung und Wiedervermählung Wie sie ihrer Mutter schon kurz nach der Trennung von Ernst mitgeteilt hatte, beabsichtigte Luise, Maximilian von Hanstein zu sich nach St. Wendel zu holen. Bereits im Dezember 1824, kurz nach dem Einzug in ihr Exil, hatte Luise ihre Schwägerin Sophie von Mensdorff-Pouilly über die Anwesenheit Hansteins informiert. Ernst hatte die Entsendung Hansteins angeordnet, diese aber gleichzeitig zum Anlass genommen, nun die Scheidungsformalitäten in Gang zu setzen. Da Luise Hanstein öffentlich zu sich genommen habe, sehe er dessen Anwesenheit als mit seiner Ehre nicht vereinbar, schrieb Ernst an seinen Bruder Ferdinand.44 Ein weiterer offener Punkt in den Scheidungsverhandlungen waren das Besuchsrecht und die Vormundschaft über die beiden Söhne. Ernst forderte Luise auf, die förmliche Scheidung zu beantragen, wogegen sie sich zunächst zu wehren versuchte. Eine Begründung für dieses Ansinnen Scheidung und Wiedervermählung  |

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sei ihr nicht mitgeteilt worden, ließ sie wissen. Tatsächlich war es dann doch die Herzogin, die den Antrag beim Coburgischen Justizkollegium stellte.45 Möglicherweise wollte Ernst damit die Erklärung aufrecht erhalten, Luise habe die Trennung und Scheidung von sich aus gewollt und gefordert. Die Herzogin sorgte sich um ihren Ruf in der alten Heimat, zumal ihr durch Amalie von Uttenhoven Botschaften eines Hofbeamten übermittelt wurden mit der dringenden Warnung, sie solle sich nicht in politische Dinge einmischen. „Herr von Pagensky gab Fräulein von Uttenhoven den Auftrag mich in seinen Nahmen zu warnen, daß ich mich nicht in politische Dinge einmischen möchte,“ beschwerte sich Luise bei Ernst, „ich ersuche dich mich in Zukunft gegen solche Anmaßung deiner Diener sicher zu stellen und bitte dich namentlich überzeugt zu sein, daß ich mich nie in politische Dinge mischte noch mischen werde. Dein früherer Verdacht schmerzt mich noch immer sehr, mein Freund.“46 Mit dieser Bemerkung spielte Luise auf die Verdächtigungen Ernsts im Zusammenhang mit der Panam-Affäre und die Coburger Unruhen an. Die Bemerkung des Hofbeamten beweist, wie tief das Misstrauen gegen die Herzogin auch noch nach der Trennung und der Verbannung nach St. Wendel war. Luise war sich ihrer schwachen Position und ihrer finanziellen Abhängigkeit von Ernst durchaus bewusst und appellierte an ihn, ihre Lebensverhältnisse besser abzusichern. „Ich bitte dich, wenn die andern Herzöge das Codicil wegen der bewussten 25.000 Thaler [das Erbe von Friedrich IV.] anerkennen, daß du nicht der Einzige bist, der es mir verweigert,“47 forderte sie ihren Ehemann auf. In einem weiteren Brief formulierte sie ihre Bedingungen, unter denen sie in eine Scheidung einwilligen wollte. Dabei lies sie erkennen, wie unsicher ihr ein künftiger Verbleib in St. Wendel erschien. Offenbar hatte sie Kenntnis von Ernsts Plänen, das Fürstentum Lichtenberg zu verkaufen oder einzutauschen. Luise hatte den Herzog auch auf die ihr zustehende Zahlung der Allodial-Gelder aus dem väterlichen Nachlass hingewiesen, außerdem forderte sie ein Besuchsrecht für ihre Kinder sowie die Zusicherung auf lebenslängliches Wohnrecht in St. Wendel.48 Ernst ging auf die Wünsche Luises nicht ein, es blieb bei den Bestimmungen, die schon im Trennungsvertrag festgelegt worden waren. Danach standen ihr 12.000 Gulden als Abfindung für das gothaische Haus-Allod zu, reduzierte Zinsen für eine von Ernst getätigte Kapitalentnahme im Jahr 1823 und Zinsen aus ihrem Dotalvermögen, also ihrer Mitgift. Insgesamt wurde ihr eine Summe von 22.530 Gulden zugesichert, weit weniger, als ihr eigentlich zuge-

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standen hätte.49 Auch das Besuchsrecht für ihre Kinder blieb Luise verwehrt, im Vertrag gab es dazu keine Regelung. Herzog Wilhelm von Nassau wurde zum Vormund über die Prinzen Ernst und Albert bestimmt.50 Um nachträglichen juristischen Auseinandersetzungen vorzubeugen, musste Luise im Beisein ihres Vormundes Lindenau per Eid bestätigen, die Vertragsbedingungen zu akzeptieren und einzuhalten.51 Am 31. März 1826 wurde die Ehe geschieden. Das Justizkollegium Coburg hielt schriftlich fest, dass beiden Seiten eine weitere christliche Heirat zuzugestehen und der schon geschlossene Trennungsvertrag in seinen Bestimmungen anzuerkennen sei.52 Ernst I. bestand nach der Scheidung darauf, keinen persönlichen Kontakt zu Luise mehr haben zu wollen. Lindenau oder der coburgische Kanzler Opitz sollten vermitteln, falls nötig.53 Luises Schwiegermutter Auguste sah das Ende der Unmoral in Coburg gekommen. Die Ehe Ernsts mit Luise, die sie einmal selbst eingefädelt hatte, war ihr am Ende zuwider gewesen.54 Sie stellte fest, dass nun endlich das Band gelöst sei, „… das mit so vielem Prunk unter so glänzenden Erwartungen geknüpft wurde! Leichtsinnig hat sie sich auch jetzt von Gatte und Kindern auf immer geschieden, um nun ihr Schicksal an das eines Mannes zu hängen, der vier Jahre jünger ist.“55 Nur ein halbes Jahr nach der Scheidung heiratete Luise den Freiherrn Maximilian Elisäus Alexander von Hanstein.56 Ihr Onkel, der Hildburghäuser Herzog, hatte von Hanstein vorher in den Grafenstand erhoben. Er nannte sich nun Graf von Pölzig und Bayersdorf. Baron Lindenau half beim Entwurf des neuen Familienwappens.57 Luise unterrichtete ihren Großvater, den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, von der Scheidung und der Tatsache, dass sie künftig den Titel einer Gräfin zu Pölzig und Bayersdorf tragen werde. Ihren neuen Ehemann erwähnte sie nicht. Luise bat ihren Großvater, ihr auch künftig beizustehen, wie er sie stets mit „unschätzbarem gnädigen Wohlwollen beehrt [habe], so daß ich die Hoffnung hege, dieselben werden mir solches auch für die Zukunft nicht entziehen, und mir die väterliche Theilnahme zu erhalten geruhen, deren ich freylich nach dem gethanen schmerzlichen Schritte mehr als jemals bedarf.“58 Unterzeichnet hatte Luise den Brief an den Großvater mit den Zusatz „gehorsamste Enkelin“. Das Hilfeersuchen an ihn kann als Hinweis Luises gewertet werden, wie schmerzlich sie sich der Tatsache bewusst war, nicht nur von der Coburger Familie ausgeschlossen zu sein, sondern auch von ihrer FamiScheidung und Wiedervermählung  |

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lie väterlicherseits. Im 19. Jahrhundert waren Scheidungen im Adel nicht unüblich, sogar etwas weiter verbreitet, als in bürgerlichen Kreisen. Die adelige Frau konnte nach einer Trennung von ihrem Ehemann damit rechnen, von ihrer Ursprungsfamilie wieder aufgenommen und versorgt zu werden.59 Vor diesem Hintergrund scheint Luises Schicksal außergewöhnlich und stärkt die These, beide herzoglichen Familien in Coburg und in Gotha sahen in ihr eine Bedrohung des Landesfriedens und des Prestiges der Dynastie, die sich als ebenbürtigen Mitspieler im Kreis der europäischen Fürsten betrachtete. Luise gefährdete das „oben bleiben“ im Kreis der Mächtigen, wobei es nicht um militärische, wirtschaftliche oder demografische Potenz ging, sondern um ein Gleichgewicht staatlicher Gebilde, die sich einem gemeinsamen rechtlichmoralischen Kodex verpflichtet fühlten.60 Motive wie Ehre, Status und Prestige prägten die Mentalität nachhaltiger, als politische Macht.61 Hier hatte Luise der Dynastie aus Coburger Sicht schweren Schaden zugefügt. Ihr ewiges Exil in St. Wendel war nicht nur als Strafe für unziemliches Verhalten gedacht, sondern auch als vorbeugende Maßnahme gegen erneute Unruhen, die das Ansehen der Coburger weiter hätten beschädigen können. In ihrer zweiten Ehe konnte Luise nicht auf finanzielle Absicherung ihres Lebensunterhalts durch ihren Gatten hoffen. Mit ihrer neuerlichen Heirat ging ein Ehevertrag einher, der sogar umfangreiche Schenkungen an Maximilian, den neuen Grafen Pölzig, vorsah.62 Luise schien auch ohne Hofhaltung und ohne materiellen Überfluss in ihrer zweiten Ehe sehr glücklich. An eine Freundin aus Coburg richtete sie euphorische Schilderungen ihrer harmonischen Gemeinschaft mit Maximilian. „Nach viel Mühe und Kampf habe ich endlich das Ziel meines Strebens erreicht und bin seit drei Monaten die glücklichste Gattin des Grafen von Pölzig. Diesen lieben Mann, dir unter dem Nahmen Max von Hanstein bekannt, hat während zwei Jahren die er bei mir zubrachte mir unzählige Beweiße von uneigennütziger Liebe und fester Treue gegeben und alles aufgeboten mich glücklich zu machen“, lobte Luise ihren neuen Gatten. „Ich fühle mich um so mehr beglückt, da ich den wichtigsten Schritt im Leben nach reiflicher Überlegung that und Zeit hatte den Gegenstand meiner Wahl zu prüfen.“63 Diese ausführlichen Beschreibungen der glücklichen Umstände ihrer zweiten Ehe waren sicher auch als Botschaften an die ehemalige Heimat Coburg gedacht. Sie wirken wie eine späte Bestätigung ihrer romantischen Vorstellung von einer partnerschaftlichen und gefühlvollen Verbindung, die mit Ernst im Umfeld des Hofes nicht möglich gewesen war. Nun lebte sie ein stilles, zufriedenes, fast bürgerliches Glück in St. Wendel. „Allein unser einförmiges Leben bietet würklich gar keinen Stof[f ] zur Mittheilung dar“,

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berichtete Amalie von Uttenhoven, die noch immer an der Seite Luises in St. Wendel ausharrte, an Ernst I.64 Auch Julie von Zerzog konnte bei ihrem Besuch in St. Wendel feststellen, wie ausgeglichen und zufrieden Luise wirkte. „Vielleicht wurde die Herzogin getadelt, daß sie diese Scheidung so schnell herbeigeführt hatte, aber kann man ihr eine gänzliche Hoffnungslosigkeit nicht vergeben, da den Frieden zu finden, wo sie ihre Seele so tief verwundet fühlte. Hatte doch ein bitterer Schmerz ihr die Überzeugung eingeprägt, daß ein reines häusliches Glück sicherer im Privatstande als in Fürstensälen anzutreffen sei,“ stellte Julie fest.65 Mehrfach hatte Luise in den Verhandlungen über die Bedingungen zur Scheidung ein Besuchsrecht bei ihren Kindern eingefordert. Sie appellierte eindringlich an Ernst, ihre mütterlichen Gefühle zu respektieren. Eine einizige Bitte wolle sie ihm ans Herz legen, „… die du, da ich deine Liebe zu unseren Kindern kenne, gewiß nicht unbillig finden wirst. Sie besteht darin, daß ich alle 2 Jahre auf ein Paar Tage nur die Kleinen sehen darf, ich werde dann an den Ort kommen:/nur nie nach Gotha:/ den du mir zur Zusammenkunft bestimmtest, mag er entfernt sein wie er will. Der Erfüllung dieser Bitte bin ich gewiß, da ich mich erinnere, daß du einst den Prinz Paul von Würtemberg und die Königin sehr tadeltest, die der Princeß Paul diese so natürliche Bitte versagten.“66 Der dringende Wunsch Luises, ein Besuchsrecht zu erhalten, widersprach der von ihrer Schwiegermutter Auguste unterstellten Interesselosigkeit an ihren Kindern. Die vorliegenden Quellen geben keine Auskunft darüber, warum Luises Bitten nicht stattgegeben wurde. Möglicherweise wollte man in Coburg und Gotha verhindern, dass Ernst und Albert sich von der so oft beklagten Leichtfertigkeit ihrer Mutter würden anstecken lassen, denn auch die Prinzen verfügten über einiges Temperament, wie ihr Erzieher später feststellte. Man wisse ja, „… daß in den Adern beyder hohen Herren allerdings sehr rasches Blut rollt, daß Keime zur Leidenschaftlichkeit in ihnen schlummern, daß Vergnügungen und Zerstreuungen mehr oder weniger Anklang bey ihnen finden,“ befand Johann Christoph Florschütz.67 Ein Schwerpunkt in der Erziehung der Prinzen lag daher auch im Bemühen, sie vor Verführungen zu schützen und ihnen eine moralische und sittliche Lebensauffassung zu vermitteln. Es spricht für die zeittypische Moral bei Hofe, die Unsittlichkeit der Mutter anzuprangern, die eheliche Untreue des Gatten aber als dessen Privileg hinzunehmen. Prinz Albert mag diesen Widerspruch schmerzlich empfunden und daraus in seinem späteren Eheleben eine fast bürgerlich anmutende Philosophie der ehelichen Treue und der Pflichten entwickelt haben. Scheidung und Wiedervermählung  |

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Für die Prinzen war die Verbannung ihrer Mutter aus Coburg mit Sicherheit ein schmerzliches Ereignis, zumal sie selbst Zeugen des Tumults in den Tagen vor ihrer Abreise waren. Der Coburger Festungskommandant William von Schauroth berichtete, wie die Menschenmenge nach Ketschendorf gezogen war, „… wo sich der Herzog nebst den beiden Prinzen befand, und wurde eingeladen, sich nach der Stadt zu begeben, da er es nicht wünschte und ihren Bitten kein Gehör geben wollte, so zogen sie die beiden Prinzen nach der Stadt, welche erst weinten indem sie gar nicht wußten, wie ihnen geschah, und nur durch vieles Zureden zubgütigen [sic] waren.“68 Schließlich mussten Ernst und Albert miterleben, wie ihre Mutter endgültig aus ihrem Leben verschwand. In ihren Gedanken war sie weiter präsent, wie ein von Albert mit Kinderhand geschriebener Brief an Luise beweist, in dem er kleine alltägliche Begebenheiten schilderte, die er mit der Mutter teilen wollte.69 Wahrscheinlich hatte Luise das Briefchen ihres Sohnes nie erhalten, da sich das Original in den Royal Archives in Windsor befindet und nicht bei ihrem schriftlichen Nachlass im Staatsarchiv Coburg. Ernst verweigerte weiterhin jeglichen Kontakt zwischen seinen Söhnen und ihrer Mutter. Nur über Freundinnen und hin und wieder über ihre Stiefmutter erhielt Luise Nachricht von ihren Kindern. Sie empfand es als hart und grausam, nicht einmal darauf hoffen zu dürfen, sie einmal wieder besuchen zu dürfen. „Öfters mache ich Pläne, sie dennoch zu sehen und sollte es nur von Weite[m] sein“, gestand Luise ein.70 Solche Bemerkungen der Herzogin verleiteten zu der Spekulation, sie habe ihre Kinder möglicherweise heimlich getroffen, allerdings gibt es in den überlieferten Dokumenten keinerlei Hinweise darauf. Bei Julie von Zerzog klagte Luise, trotz ihrer glücklichen Ehe doch oft trübe Stunden zu erleben. „Mein kleiner Albert hatte die Masern und niemand gedachte der entfernten Mutter. Lindenau erwähnte seine Krankheit oberflächlich und hier wußte man sie seit 14 Tagen. Mich schmerzte dieses Nichtbeachten sehr. In solchen Augenblicken bleibt nur das Vertrauen auf den, der alle beachtet und keines seiner Geschöpfe vergißt“, stellte Luise fest.71 In der ersten Zeit ihrer Verbannung nach St. Wendel hatte sie keinerlei Kontakt zu ihrer Stiefmutter Caroline. Schließlich musste sie sich aber doch entschlossen haben, ihr zu schreiben. Eine Sammlung von Briefen Luises an Caroline ist in den Royal Archives in Windsor Castle erhalten, von Prinz Albert persönlich archiviert und mit der handschriftlichen Anmerkung „Mamas letzte Briefe an Großmama“ versehen. Offenbar hatte Caroline ihrem Enkel die Schreiben später nach England geschickt, als dieser bereits mit Victoria verheiratet war.

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Der erste Brief Luises datiert vom 5. Mai 1827, geschrieben aus St. Wendel. Sie reagierte auf die Nachricht von Carolines Krankheit, die sie durch Fräulein von Uttenhoven erhalten hatte. Zunächst hatte sie davon nur Gerüchte vernommen. „Die gothaische Zeitung aber bestätigte diese traurige Nachricht und ich schwebte in beständiger Angst und Sorge um die theure Mutter, bis mich endlich die gestern erhaltene Antwort des guten Lindenau einiger Maßen beruhigte! Schmerzlich war es nur, in diesem Augenblick von Dir entfernt zu sein, Dir nicht meine Dienste widmen zu dürfen, und die Pflege Deiner Umgebungen theilen zu können,“ schrieb Luise.72 Sie bedauerte, keinen direkten Kontakt zur Mutter zu haben, nur durch den Vermittler Lindenau Nachricht zu bekommen und nur auf diesem Weg auch ihren Brief schicken zu können. Mehrfach bat Luise um Bilder ihrer Kinder, um wenigstens so an ihrer Entwicklung teilhaben zu können. Sie wünschte sich zwei Porträts in Pastell von gleicher Größe, um sie nebeneinander aufhängen zu können. Im Frühsommer 1829 war Auguste dann endlich bereit, ihr diesen Wunsch zu erfüllen, wahrscheinlich auf Bitten Carolines. Am 25. Juli 1830 erhielt Luise den ersehnten Brief, für den sie sich sogleich überschwänglich bedankte. Sie habe die Zeilen der Mutter, die ihr „Herz erhoben“ hätten, mehrmals durchgelesen. Luise bedauerte, sich nur mit Worten bedanken zu können, mehr stehe ihr nicht „zu Gebot“. Schließlich kam sie auf ihre Kinder zu sprechen. „Über die Nachrichten von meinen geliebten Kindern habe ich mich sehr gefreut, ich erwarte ihre Kupferstiche, welche unlängst in Gotha herausgekommen sein sollen. Hätte ich nur erst die mit Sehnsucht erwarteten Bilder! – Zwei Gothaner besuchten mich kürzlich auf ihrer Durchreise, (…) sie erzählten mir viel von den lieben Kleinen und lobten sie sehr, allerliebst sollen sie sich besonders in uniforme [sic] ausnehmen.“73 Nach dem Verlust der Mutter hatte sich die herzogliche Familie bemüht, den beiden Prinzen stabile Lebensverhältnisse zu ermöglichen. Großen Anteil daran hatten die Großmütter Auguste und Caroline, vor allem aber der Erzieher Johann Christoph Florschütz. Er begleitete seine Zöglinge überallhin und ließ sie keinen Tag allein. Die meiste Zeit verbrachten die Kinder auf Schloss Rosenau, in dem Studierzimmer unter dem Dach, das vermutlich Luise einst für sie eingerichtet hatte. Neben dem Unterricht standen auch Gartenarbeit und Turnen auf dem Programm. Zum Vater hatten die Prinzen ein respektvolles Verhältnis, wie sich Ernst II. später erinnerte. „Er belehrte nie, tadelte selScheidung und Wiedervermählung  |

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ten, lobte ungern und dennoch war die Einwirkung seiner Person so mächtig, daß wir uns mehr zusammennahmen, als wenn wir getadelt oder gelobt worden wären. Als er einst von einem Verwandten gefragt wurde, ob wir fleißig lernten und uns wohlerzogen betrügen, antwortete er: Meine Kinder können nicht unartig sein und daß sie etwas lernen müssen, um tüchtige Menschen zu werden, wissen sie selbst, ich bekümmere mich also nicht näher darum. Auf das Geschickteste wusste er Ehrgeiz und Selbstachtung bei uns zu wecken. Seine größte Freude bestand darin, uns überall und so viel wie möglich um sich zu haben“, erinnerte sich Ernst II. an seine Jugendzeit.74 Von all diesen Entwicklungen blieb Luise in ihrer Verbannung ausgeschlossen. Erst Anfang 1831 erhielt sie schließlich die sehnlichst erwarteten Bilder ihrer Kinder, wie einem Brief an Caroline zu entnehmen ist. Bereits zum Jahreswechsel hatte Luise an die Stiefmutter geschrieben und seither auf Antwort gehofft, „… wagte aber kein Wörtchen weiter, aus Furcht, Dir dadurch zu mißfallen.“75 Die Porträts ihrer Kinder hatte sie in einem Brief ohne Absender erhalten, wie aus dem Dankesschreiben an Caroline zu schließen ist. „Für die herrlichen Nachrichten von meinen Kindern, bin ich Dir sehr dankbar. Ich bin so glücklich ihre Bilder zu besitzen, die ich wohl Deinem Fürwort zu verdanken habe, obgleich Du es mir nicht gestehen magst nimm aber dennoch, geliebte Mutter, meinen heißen Dank dafür hin. Die Bilder gewährten mir eine unaussprechliche Freude, obgleich der Mahler die lieblichen Züge der Kleinen ganz verzerrt hat,“ merkte Luise an. Sie setze sich nun mit ihrer Einbildungskraft ihr eigenes Bild zusammen, aus den Zügen des Malers und mit ihrer alles verschönenden Liebe, wie sie es ausdrückte. So entstehe ein liebliches Gemälde, welches sie beglücke.76 Das Exil in St. Wendel, als Verbannung aus dem Kreis der Familie, gedacht, entwickelte sich für Luise, abgesehen vom Kummer über die Trennung von ihren Kindern, zu einem der glücklichsten Abschnitte ihres Lebens. Ihre Freundin Julie von Zerzog bemerkte, die verstoßene Herzogin sei wieder aufgeblüht. „Mit ihrem Stilleben in St. Wendel beginnt der Wendepunkt ihres Lebens, welcher sie jenem Wirken zurückgab, zu welchem sie geboren! Wir sehen in unserer kranken Zeit das schwankende Glück eines Thrones, dem sicheren philosophischer Abgeschiedenheit vorgezogen. Wir finden, daß so viele dem Götzen ihrer Eitelkeit dem Schattenreich von Glanz und Ehre, die Würde und Treue ihrer Seele opfern, daß eine junge liebenswürdige Fürstin, welche alle dem entsagend ruhig und freiwillig den Purpur niederlegt, um der

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Neigung ihres Herzens zu folgen, gewiß nicht zu den gewöhnlichen Erscheinungen gehört“, philosophierte Julie über das Schicksal ihrer Freundin, „es liegt etwas ganz großes in ihrem Entschlusse, der Welt zu beweisen, daß nicht Ehrgeiz, Ansehen und Tändeleien der Eitelkeit – sondern edle Weiblichkeit der Glanzpunkt ihres Lebens werden sollte. Uneigennützig trat Luise in den Privatstand über, denn sie verzichtete auf den größeren Teil ihres Vermögens, zugunsten ihrer Kinder, welchen sie mit mütterlicher Treue zugetan blieb“, hielt Julie von Zerzog in ihrer Denkschrift fest.77 Aus der überschwänglichen Beurteilung Luises spricht die persönliche Nähe Julies zu ihrer Freundin. Gleichzeitig kann hier aber auch ein Wandel im weiblichen Werterahmen verzeichnet werden. Die bürgerlichen Tugenden der Mutterliebe, die „treue Weiblichkeit“, sollten im „Laboratorium der Moderne“ des frühen 19. Jahrhunderts einen besonderen Stellenwert gewinnen.78 Das eine derartige Emanzipation für eine Angehörige des Hochadels mit persönlichen Opfern verbunden war, unterstreicht den besonderen Charakter der Lebensgeschichte Luises. Emanzipation ist hier jedoch nicht im Sinne der weiblichen Libertinage zu verstehen, sondern als gesamtgesellschaftliche Entwicklung, als Abkehr von der patriarchalen Bevormundung. Das Wort Emanzipation ging erst im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts aus dem Französischen in die deutsche Sprache ein und beschrieb den Prozess der Lossprechung und Freilassung aus väterlicher oder vormundschaftlicher Gewalt. Als Leitprozess des 19. Jahrhunderts wird die Emanzipation als politische Tendenz verstanden, die darauf abzielt, „… das naturrechtlich autonom gedachte Individuum aus den durch Überlieferung, Gewohnheit und Dogma, durch überkommene Rechtsverhältnisse, durch monarchische Prärogative oder fürstlichen Despotismus gesetzten Beschränkungen seiner Denk- und Handlungsfreiheit herauszulösen.“79 All dies trifft auf den Lebensweg Luises zu, auch wenn sie diesen nicht immer freiwillig beschritten hat. Sie darf allerdings nicht als Vorkämpferin der Frauenemanzipation missverstanden werden, ihr Antrieb war kein politischer, wahrscheinlich nicht einmal ein reflektierter. An ihrer Geschichte lässt sich dennoch ein Prozess verfolgen, der in einer großen Welle das 19. Jahrhundert durchlaufen wird und „dabei ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen [betrifft]: zunächst Bürger und Bauern, aber auch die Juden, dann in der zweiten Hälfte vor allem die Arbeiterschaft, zuletzt die Frauen.“80 Luise hatte nicht die Welt verändert, die Welt hatte sich für sie verändert, aber sie schien die Abkehr von den fürstlichen Privilegien mit beeindruckendem Selbstbewusstsein hinzunehmen. „Sie war damals um vieles stärScheidung und Wiedervermählung  |

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ker geworden“, beobachtete Julie von Zerzog. „In ihren freundlichen blauen Augen lag ein eigentümlicher Reiz, belebt durch ihre frische Gesichtsfarbe. Sie hatte einen sehr niedlichen Fuß, und ihre Haltung war edel und leicht. Der Seelenreiz eines guten Herzens lag in ihren Zügen, und zog vertrauend jedes bessere Gemüth zu ihr hin. Ein ganz eigener Zauber belebte ihre Unterhaltung.“81 Die Bevölkerung in St. Wendel fühlte sich zu „ihrer Herzogin“ hingezogen, obwohl jegliche Zurschaustellung von Sympathie untersagt war.82 Luise wusste die Anhänglichkeit der Bürger zu schätzen und sorgte für die Verpflegung der ärmeren Menschen, wie sie es gerne auch in Coburg getan hätte. Durch sie und ihren Mann flossen erhebliche Summen in die städtische Armenkasse, mit denen in Not geratene Familien direkt unterstützt wurden. An jedem Weihnachtsfest bescherte die Herzogin arme Kinder im Schloss mit praktischen Geschenken und Süßigkeiten.83 Ihre Aktionen waren spontan und unmittelbar, vielleicht nicht durchdacht, aber sicher von echtem Mitgefühl gespeist. Sie brachten ihr Treue und Verehrung ein, die in St. Wendel auch heute noch überdauert.84 Luises Leben im Schloss war nicht immer angenehm, oft blieben die nötigen Renovierungen aus, was zu Verstimmungen mit der Regierung führte. Graf Pölzig drohte 1830 denn auch, er und seine Frau würden mit dem Gedanken spielen, St. Wendel zu verlassen. Als sie 1831 eine Reise nach Paris unternahmen, waren die Stadtväter schockiert, weil: „… die Stadt in der Hoffnung gelebt habe, dass die gegen die Armen so freigiebige Frau Herzogin Luise sich dauernd in ihrer Mitte aufhalten und ihre jährlichen Renten in St. Wendel in Circulation setzen werde, von denen vor allem die hiesigen Gewerbetreibenden profitieren. Die Frau Herzogin Luise ist eine Wohlthäterin gegen unsere Armen. Im vorigen Jahr habe sie mehr als 2000 Gulden an milden Gaben verteilt. Die Nachricht von der Abreise habe bei dieser Classe Schrecken und Verdruss hervorgerufen, aber auch bei den Besserbemittelten, die [nun] mit banger Ahnung von einer Zukunft reden, in der ihnen die fast unerträgliche Last der Armenunterstützung wieder ungetheilt zufalle …“85 Luise war in St. Wendel zu einem Wirtschafts- und ungewollt auch zu einem politischen Faktor geworden. Ihre Anwesenheit und ihre Freigiebigkeit dämpften die Unruhe in der Bevölkerung über die wirtschaftlich schwierige Situation des Fürstentums Lichtenberg, für das Herzog Ernst I. nur wenig Interesse zeigte. Hohe Besteuerung von Waren und Zölle, die an Preußen zu entrichten waren, erregten die Gemüter.86 Infolge der Julirevolution in Frankreich rumorte es zunehmend auch in St. Wendel. Der coburgische Beamte Ernst Habermann wurde als Sonderkommissar dorthin entsandt, um die Ord-

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nung wieder herzustellen. Auch ihm wurde die beruhigende Wirkung Luises auf die Bevölkerung bewusst, die viel mit ihrer finanziellen Großzügigkeit zu tun hatte. Er bedauerte, dass Luise das Land für immer verlassen wollte, weil ihr das „Haus über dem Kopf zusammen zustürzen drohe“. Der Regierung in St. Wendel sei es offenbar gleich, ob jährlich 20.000 Gulden mehr oder weniger verzehrt würden.87 Die Stimmung gegen den Coburger Herzog verschlechterte sich in St. Wendel zunehmend, als seine Pläne bekannt wurden, das Fürstentum Lichtenberg einzutauschen oder zu verkaufen. Angesteckt vom französischen Vorbild, errichteten die Bürger 1832 einen Freiheitsbaum, ein despektierliches Verhalten, das dem regierenden Herzog zuwider war.88 Preußisches Militär rückte in Lichtenberg ein, um die Tumulte zu unterdrücken. 1833, nach langen Verhandlungen, gelang es Ernst, den ungeliebten Landesteil für 2,1 Millionen Taler an Preußen zu verkaufen.89

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8. Tod und Erbe Luise spielte ernsthaft mit dem Gedanken, St. Wendel zu verlassen, um nach Bayern zu ziehen. Sie verhandelte bereits über den Ankauf von Gütern dort, das Geschäft kam jedoch nicht zu Stande.1 Sie war mit ihrem Mann, Graf Pölzig, häufiger auf Reisen, besuchte kurz nach der Hochzeit Wiesbaden, Darmstadt und Frankfurt. Auf einem Besuch in Mannheim traf sie mit Baron Lindenau zusammen, mit dem sie fröhliche Tage verlebte. Eine weitere Reise führte sie über Aschaffenburg, Würzburg, Bamberg, Bayreuth und Regensburg bis nach München.2 1828 hielt sich Luise in Lichtenfels auf, in der Nähe von Coburg.3 Auch Reisen nach Paris standen auf dem Programm, von Dezember 1828 bis zum Frühling 1829 lebte Luise mit Graf Pölzig in der französischen Hauptstadt und sah Theater- und Opernaufführungen, die sie begeisterten.4 Ihr Schwager Leopold kam zu Besuch, den sie 6 Jahre lang nicht gesehen hatte. „Dankbar rühmte Luise die unveränderte Freundschaft, welche ihr Prinz Leopold bey dieser Gelegenheit bewies, und bis ans Ziel ihrer Tage blieb sie ihm mit schwesterlicher Anhänglichkeit zugethan!“5 Wieder ins Fürstentum Lichtenberg zurückgekehrt, lebte Luise für einige Zeit in einem Gartenhaus im Dörfchen Niederweiler, in stiller Harmonie, wie Julie von Zerzog bei einem Besuch feststellte. „Hier sah ich sie in dem Innern ihres Hauses, dessen Grundton herzliche Liebe und innerer Friede war. Edles Selbstvergessen für die Wünsche ihres Gatten nahm die Stelle jener nach Unabhängigkeit strebenden Phantasie ein, welche ihr Leben nur getrübt hatte. Mit einer rührenden Innigkeit hing sie an dem Grafen von Pöltzig“, konnte Julie beobachten, sie „sorgte mit Zartheit für jede seiner Freuden und für jede Überraschung, die sie ihm bereiten konnte. Sie hatte nur wenig geselligen Umgang in St. Wendel, aber willig entbehrte sie die größern Zerstreuungen, welche Gewohnheit ihrer Jugend waren. Desto freudiger öffnete sie ihr Herz in dieser Zurückgezogenheit den stillen Freuden des Wohltuens, für welche auch das Herz ihres Gemahls nicht minder empfänglich war.“6 Luise hatte sich in St. Wendel eingelebt, aber ihre Gesundheit bereitete ihr zunehmend Sorgen. Seit Jahren litt sie an wiederkehrenden Entzündungen des Unterleibs.7

8.1. Die „Schand Louise“ Luise verbrachte ihre Tage im abgelegen St. Wendel mit der Lektüre deutscher und französischer Literatur und begeisterte sich vor allem für Poesie. Ihre Lieblingsdichter waren Goethe und Byron.8 Die Herzogin liebte es, umfangreiche Korrespondenzen zu führen. Sie war vorwiegend umgeben von den Freunden ihres Mannes und von dessen Familie. Mit im Haushalt lebte die Schwester des Grafen Pölzig, Frau von Rauchhaupt. Außerdem sorgte Luise für die Erziehung ihres damals acht Jahre alten Neffen Max von Hanstein. Daher glaubte sie, sich einiges Geschick im Umgang mit Kindern zuschreiben zu können. „Temperament und Charakter zu geben, liegt nicht in der Macht der Erziehung, aber so weit glaube ich es zu bringen, daß Kinder, welche mir übergeben sind, gehorsam und wohlgezogen sind“, erklärte sie Julie von Zerzog.9 Luise war als gute Gastgeberin und charmante Anekdotenerzählerin bekannt, aber Besucher fanden nur selten den Weg zu ihr. Umso erfreuter war Luise, einen alten Bekannten ihrer Großmutter zu empfangen, den Astronomen Baron von Zach. Franz Xaver Freiherr von Zach war einer der bekanntesten Astronomen seiner Zeit, hatte in Gotha die Sternwarte aufgebaut und zahlreiche bedeutende Wissenschaftler ausgebildet. Auch Baron von Lindenau, Luises Vormund, gehörte zu seinen Schülern.10 1806 hatte Zach Gotha verlassen, um als Haushofmeister die verwitwete Herzogin Charlotte, Luises Großmutter, auf ihren Reisen zu begleiten. Nun trauerte Zach um die Gefährtin seiner späten Jahre, die 1827 verstorben war. Obwohl er ihr zur linken Hand angetraut war, wie Luise ihrer Vertrauten Julie von Zerzog berichtete11, konnte der Baron aus der eheähnlichen Beziehung kein Kapital schlagen. Außer einigen verstaubten Büchern und wertlosen Gegenständen blieb ihm nichts vom Erbe Charlottes. Verbittert ließ er sich darüber in seinem Schriftwechsel mit seinem Freund Rudolph Abraham Schiferli aus, der bestens in die Familienverhältnisse der Coburger eingeweiht war. Schiferli unterhielt eine Beziehung zu Ernsts Schwester Juliane (Anna Feodorowna), die sich nach ihrer Trennung vom russischen Großfürsten Konstantin in der Schweiz niedergelassen hatte. Luise war ebenfalls Gegenstand der Erörterungen - das Urteil der beiden Männer über die verstoßene Herzogin fiel zunächst nicht sehr schmeichelhaft aus.12 Baron Zach beklagte sich, dass Luise die Haupterbin ihrer Großmutter gewesen sei, eine Tatsache, die sich aus den rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben habe. Dabei ging er so weit, zwischen den Zeilen Zweifel an der legitimen Herkunft Luises durchblicken zu lassen. Die „Schand Louise“  |

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„Sie schreiben mir wiederhohlt, und fragen warum mich meine edle unvergessliche Herzogin nicht zum Erben eingesezzt [sic] habe“, antwortete er leicht ungehalten auf Schiferlis Insistieren. „Von was denn? Es war ja nichts da, kein eigenes Vermögen, wie es im Testamente ausdrücklich steht, das Fidei-Commiss konnte sie nicht verschenken, und ich konnte es nicht erben. Die Herzogin konnte ihre natürliche Erbin nicht ausschlüssen, hätte Sie dieses gethan, und mich (gratuitement) wie einen blinden Passagier auf der fahrenden Post, zum Erben eingesetzt, so hätte die Schand Louise [sic] das ganze Testament umstossen können (…). Was Sie von der Schand Louise sagen ist alles wahr, nur nicht vor Gerichte, dann da gilt nur das, Pater est quem justae nuptiae demonstrant.“13 Juristisch, so betonte Baron Zach, galt das Prinzip der legitimen Geburt in der Ehe, auch wenn es noch so viele Gerüchte darüber geben sollte, ob der weibisch wirkende Herzog August tatsächlich der Erzeuger Luises gewesen war. Sie selbst hatte ja einst am Coburger Hof verbreitet, ihr eigentlicher Vater sei der Freiherr von Thümmel. Baron Zach litt nicht nur unter der entgangenen Erbschaft, sondern ihn quälten hartnäckige Blasensteine, die ihm häufig heftige Schmerzen verursachten. Das mag seine verbitterten Kommentare erklären, aber schon bald sollte er sein Urteil über die „Schand Louise“ revidieren. Linderung seines Leidens erhoffte sich Zach von der neu erfundenen Methode der unblutigen Blasensteinzertrümmerung des Pariser Arztes Jean Civiale. Immer wieder fuhr er deshalb in die französische Hauptstadt, sein „Prison“, wie er an seinen Freund Schiferli schrieb.14 Die schmerzhaften Behandlungen fesselten Zach oft ans Bett, von wo aus er mit dem fernen Vertrauten korrespondierte. Ihm berichtete er auch von seinen Besuchen bei der Herzogin Luise, über deren Charakter er sich inzwischen eine neue Meinung gebildet hatte. „Ich muss gestehen, ich hatte mir eine ganz irrige Vorstellung von ihr gemacht, nach allem dem was ich von ihr gehört habe, welches um so glaubwürdiger war, da ich den sonderbaren Herzog August, und die sehr strenge Stief-Mutter gut kannte. Ich stellte mir die Herzogin Louise, als eine äusserst lebhafte, ausgelassene, überspannte extravagante, und beynahe tolle Person vor. Nichts von allem dem“, urteilte Zach jetzt. „Ich finde an ihr, eine ganz natürliche, ruhige, anständige, vernünftige Frau, die sehr gut spricht, und auch verständig urtheilt. Sie muss sich also, entweder sehr geändert haben, oder sich sehr verstellen können.“15 Zach war nun davon überzeugt, Luises Skandale in Coburg hätten verhindert werden können, wäre sie dort klüger und mit mehr Nachsicht behandelt

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worden. Zwischen dem alternden Hofastronomen und der jungen Herzogin entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis, das bis zu ihrem Tod bestehen sollte. Im August 1830 besuchte Zach auf einer seiner Reisen Luise in St. Wendel, die ihrer Mutter davon berichtete. In diesem Brief ging sie auch auf die politische Lage im benachbarten Frankreich ein, die ihr große Sorgen bereitete. „Wir haben hier einen kritischen Moment, nur 10 Stunden von der französischen Grenze entfernt, und halten uns reisefertig, bei der ersten Nachricht von der Ankunft der Franzosen uns zu flüchten.“16 Die Julirevolution in Frankreich sandte ihre unruhigen Ausläufer bis ins beschauliche St. Wendel und hatte nicht nur die Reisepläne des Baron von Zach durcheinandergebracht, sondern auch Luise war davon abgehalten worden, sich in südlichere Gefilde aufzumachen. Ihre Unterleibsbeschwerden schienen sich zu verschlimmern und sie hatte auf Linderung durch einen KurAufenthalt gehofft. In einem weiteren Brief an ihre Stiefmutter schrieb Luise erstmals ausführlicher über ihre stark angegriffene Gesundheit und ihre vereitelten Reisepläne: „… bei jeder Veränderung der Witterung bekomme ich dergestalt Rückenschmerzen und Brustkrämpfe, daß ich das Bett hüten muß, die Ärzte die ich befrug, riethen mir Seebäder zu gebrauchen und den Winter in einem südlichen Clima zuzubringen, mein Vorsatz war schnell gefaßt und ich wollte dahin eilen, als die Unruhen in Frankreich ausbrachen.“17 Damals, so schrieb Luise, habe sie die Mutter nicht von ihren Planungen unterrichtet, da sie sie bereits aufgegeben hatte. Doch nach der Ernennung des Herzogs von Orléans zum König schien die Ordnung soweit hergestellt, dass Luise neue Reisepläne fasste. Sie wollte zunächst nach Paris fahren und von dort weiter nach Marseille und in die Nähe von Toulon, wo sie bis zum März bleiben wollte. Luise machte sich schließlich auf den Weg Richtung Frankreich, musste aber erfahren, dass es nicht überall so ruhig war, wie in den Zeitungen beschrieben. Besonders im Süden solle es noch „kochen und sieden“18, teilte sie Caroline später in einem Brief mit. In Begleitung von Baron Zach gelang es ihr, bis nach Paris zu kommen, dem Blasensteinpatienten aber rieten die Ärzte von einer Fortsetzung der Reise ab. Luise sah sich in der von der Juli-Revolution noch gezeichneten französischen Metropole um und teilte ihre Gedanken darüber ihrer Stiefmutter in Gotha mit. „Die größte Ruhe, als wenn nichts vorgefallen wäre, herrscht dort. Doch bemerkt der Fremde, der Ehemals und Jetzt vergleicht große Veränderungen. Die Stadt ist wie ausgestorben, außer Die „Schand Louise“  |

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öffentliche Wägen, wie omnibus und Damesblanches, sieht man keine équipagen, alles beau monde ist entweder auf dem Lande, oder gleich den Schurken in ihre Häuser versteckt. Die Magazine und boutiquen sind leer an Waren und Käufer“19, beobachtete Luise, es herrsche die größte Einfachheit, „eine geputzte Dame, oder ein éléganter Wagen würde auffallen, alles ist umgestaltet! – Mein Aufenthalt in Paris war so kurz, daß mir, obgleich ich vor 2 Jahren 4 Monate dort verbrachte, noch vieles zu sehen übrig bleibt; dieß mahl, sah ich bloß ein Lustschloß, Bagatelle genannt worin Madame de Berry und der kleine Duc de Bordeaux im Sommer wohnten. Es ist ganz einfach aber wirklich nett eingerichtet, überall lagen noch eine Menge Spielsachen, die den armen Kindern gehört hatten …“.20 Luise fühlte sich wieder schmerzlich an ihre beiden Kinder erinnert, die sie seit ihrer Verbannung aus Coburg nicht mehr gesehen hatte. Von Caroline erfuhr sie, dass Albert und Ernst bei der Großmutter zu Besuch waren. „Meiner lieben Kinder Ankunft wird Dir (…) Vergnügen gemacht haben, da sie so herrlich gedeihen sollen, wenn Du sie mit mütterlicher Zärtlichkeit in die Arme schließt, dann gedenke auch der entfernten Tochter und Mutter derselben mit etwas Liebe!“, schrieb sie an Caroline.21 Noch einmal kehrte Luise 1830 nach St. Wendel zurück, um sich aber wenige Monate später trotz ihres Leidens in Begleitung ihres Mannes Graf Pölzig wieder nach Paris zu begeben. Es wurde eine Reise ohne Wiederkehr.

8.2. Früher Tod Am 5. März 1831 besuchte Luise die Pariser Oper, ein Vergnügen, zu dem sie sich trotz ihrer heftiger werdenden Schmerzen im Unterleib verleiten ließ. Auf dem Spielplan stand „Der Gott und die Bajadere“, nach Goethes gleichnamiger Ballade, in der eine reuige Liebesdienerin von den Unsterblichen ewige Läuterung erfährt. Doch an der Katharsis auf der Bühne sollte Luise keinen Anteil mehr nehmen können, denn noch während der Aufführung erlitt sie einen heftigen Blutsturz, schwankend mühte sie sich nach Hause, wo sie endgültig ohnmächtig wurde.22 Luise berichtete ihrer Stiefmutter, sie habe sich auf Anraten Zachs durch Doktor Mark, den Arzt des Königs, untersuchen lassen. Noch glaubte sie an rheumatische Beschwerden, aber der Arzt bestand auf der Untersuchung durch eine Hebamme aus Marburg. Diese stellte eine Verschleimung im Unterleib fest. Würde dieser Zustand noch weitere Monate andauern, wäre eine vielleicht tödliche Operation nötig, urteilte der Arzt, und entschied, die

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Behandlung mit Medikamenten fortzusetzen. Doktor Mark erklärte Luise, eine Heilung würde sehr lange dauern. Sie dürfe nicht sitzen oder gehen, nur liegen und habe ungeheure Schmerzen, klagte die Patientin in einem Brief an Caroline. „Reisen wäre lebensgefährlich! Und denke Dir meine Lage, geliebte Mutter, wenn es Krieg gibt! – ich bin tief betrübt! – und doch danke ich Gott, daß ich in die Hände von einem so geschickten Arzt gekommen bin; ohne den Blutsturz der zu meinem Glück kam, hätte ich vielleicht elend umkommen müssen!“23 Doch die erhoffte Genesung trat nicht ein. Luise erlitt zwei weitere Blutstürze, die selbst den behandelnden Arzt in große Angst versetzten. Die Pillen und Einreibungen, die er verordnet hatte, wirkten nicht. Reisen blieben Luise verboten, so konnte sie nur noch liegend ihre Zeit im Bett in der Rue Avenue de Champs Elisées Nr. 46 in Paris verbringen. Während Luises Kräfte zusehends schwanden und der Tod seine Fühler nach ihr ausstreckte, erhob sich wieder einmal das alte „Gespenst“ in Gestalt der Memoiren-Verfasserin Madame Panam. Gerüchte verbreiteten sich, darin hieß es, sie plane erneut eine Veröffentlichung ihrer Lebenserinnerungen mit weiterführenden Details. Der Gothaer Hauptmann Miltitz, der sich in Paris aufgehalten hatte, erstattete im April 1831 Bericht über seine Beobachtungen, die er im Umfeld der Madame Panam gemacht hatte. Er observierte das Haus der Verdächtigen in der Rue St. Honoré, welches einen schönen Eindruck mache und das sie als ihr Eigentum ausgebe. Die Panam behaupte vor allen Leuten, so protokollierte Miltitz, mit der Herzogin Luise in Briefwechsel zu stehen und sehe jetzt, wo der Hass auf die deutschen Fürsten allgemein groß sei, einen geeigneten Zeitpunkt für die Herausgabe ihrer neuen Schriften. Ihr Sohn, so stellte der Beobachter fest, habe sich gut entwickelt und die Mutter beabsichtige, ihm seinen Platz in der coburgischen Erbfolge zu sichern.24 Luise geriet erneut in den Verdacht, mit der gefürchteten „Schriftstellerin“ in Kontakt zu stehen und sie mit Informationen zu versorgen. Diesmal wurden auch ihre Kinder in die Verleumdungen hineingezogen. Die Herzogin schüre Zweifel an der Vaterschaft Ernsts, wurde kolportiert, eine erschütternde Nachricht, die den Grafen Pölzig in Paris erreichte, wo er nicht mehr von der Seite der todkranken Luise wich. Er beschloss, sich in ihrem Namen gegen die Gerüchte zur Wehr zu setzen. In einem Schreiben an Herzogin Auguste verteidigte er Luise: „… ich frage ferner, wer würde wohl am meisten verlieren, wenn die Prinzen Ernst und Albrecht für nicht rechtmäßig erkannt werden könnten, und glaube mit Recht antworten zu können, daß ja nur die Herzogin dadurch verlieren würde.“25

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Auch Zach war über die erneute Wendung im Fall Panam bestens informiert. Wie Pölzig setzte er alles daran, die Kranke diesmal vor den Gerüchten zu schützen, wusste er doch, wie empfindlich Luise auf die von ihr als ungerechtfertigt empfundenen Vorwürfe reagierte. Schon 1829 hatte er seinem Freund Schiferli geschildert, wie sehr Luise litt, wenn sie mit der ehemaligen Geliebten Herzog Ernsts in Verbindung gebracht wurde. „Im Vertrauen gesagt. Vor ein paar Tagen klagte es mir die kleine Herzogin bitterlich dass man sie in Coburg in Verdacht habe, als wäre sie blos in der Absicht nach Paris gekommen, um mit der jeune grecque, cause commune zu machen, sie aufzuwiegeln, um neuen Scandal zu erregen. (…). Sie ist, und mit Recht, sehr empfindlich darüber dass man sie einer solchen Infamie fähig halte. Ich habe es ihr auszureden versucht, dass ein solcher Verdacht gar nicht wahrscheinlich sey, dies wären nur einfältige Schwäzereyen, Commeragen, die gewiss keinen Grund hätten …“, berichtete Baron von Zach.26 Dieser hatte sich schon länger mit der Affäre Panam beschäftigt, wie er seinem Freund Schiferli anvertraute, sogar eine Vollmacht vom herzoglichen Ministerium erhalten, um in Paris in der Angelegenheit als Bevollmächtigter des Herzogs auftreten zu können.27 Doch Zach agierte zögerlich, da er zuviel Aufmerksamkeit für die Sache für eher schädlich und kontraproduktiv hielt. Sehr richtig stellte er fest, dass auch Prinz Leopold mit seiner Einmischung und seinen Zahlungen die erste Ausgabe der Memoiren nicht hatte verhindern können.28 Die Flut von Schmähschriften, die in jenen Tage in Frankreich erschienen, füllte lange Listen. Zach vermerkte sie in seinen Aufzeichnungen, in der sich auch das Werk einer gewissen Madame Le Normand befand, die eine Biografie der verstorbenen englischen Thronfolgerin Prinzessin Charlotte zu veröffentlichen gedachte, mit Hinweis auf die Mitwirkung des Prinzen Leopold. Wie die Panam war auch Mme Le Normand eine schwer zu fassende mysteriöse Gestalt, die sich angeblich mit zweifelhaften Kumpanen umgab. Zach, ohnehin immer von Verfolgungsängsten geplagt, wandte sich an einen ihm aus Coburg bekannten Architekten, Monsieur Renié, der in Paris lebte und so manches auszuforschen versprach. Von ihm erhoffte sich Zach nähere Aufklärung, ohne selbst in Erscheinung treten zu müssen, wie er in einem Schreiben an Schiferli ausführte. Renié kenne „… die jeune gecque und ihren Sohn nur vom Ansehen, er sieht sie bisweilen auf öffentlichen Promenaden. Er erzählte mir, der junge Mensch hätte in der That sehr viel Ahnlichkeit in den Gesichtszügen mit dem H-g. [gemeint ist Herzog Ernst I.]. (…). Die Mutter sey zu der allgemeinsten H… [sic] de la derniere classe, herabgesunken, und von einem Schwarm nichts würdiger Kerl umgeben, welche nur von Lug und Trug leben, und die abgefeimtesten Buben wären, diese sind ihre

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Rathgeber und Helfer’s Helfer, worunter auch Scribler sind, deren feile Federn jedermann, in re quacunque, zu Gebotte stehen, je infamer, desto besser.“29 Zach vertrat die Ansicht, solange der nun achtzehn Jahre alte Sohn der Panam unter der Vormundschaft der Mutter stünde, sei nichts zu machen. Später könne man versuchen, ihn von deren unwürdiger Existenz zu überzeugen. Obwohl die ehemalige „Geliebte“ des Herzogs in Paris über den denkbar schlechtesten Leumund verfügte, schienen die Coburger Hofintriganten ihren neuerlichen Enthüllungen, die angeblich auch Bekenntnisse der Herzogin Luise enthalten sollten, doch Glauben zu schenken – zur großen Empörung des Baron Zach, der in Paris das Leid der Todgeweihten täglich miterlebte. „Ich habe mich indeßen in der hiesigen litterarischen Welt, in welcher ich nicht unbekannt bin, erkundigt, allein niemand kennt, weder die ersten Memoiren dieser Panam, welche jetzt ganz und gar verschollen ist, noch die neuen Memoiren, welche nun erscheinen sollen, und zu welchen die liebe gute Herzogin Louise Commentare liefern soll! Nein, die Gräfin Poelzig ist nicht gesuncken, nicht so tief gesuncken, als jene ehrlose Menschen die dergleichen niederträchtige und widersinnige Verläumdungen gegen sie aussprengen,“ schrieb Zach 1831 erbost nach Coburg.30 Die Herzogin kenne die Panam nicht, sei nie mit ihr in Berührung gekommen, er habe in den zwei Jahren seiner Bekanntschaft mit Luise nie deren Namen nennen hören. Zach berichtete nach Coburg, in welch elendem Zustand sich seine Freundin befände, die er nun mit allen seinen rhetorischen Fähigkeiten gegen die verleumderischen Vorwürfe zu verteidigen bereit war. Zach und Pölzig verhinderten, dass Luise von diesen letzten Dolchstößen ihrer Widersacher auf dem Sterbebett getroffen werden konnte.31 Im Juli 1831 gab Luises Gesundheitszustand Anlass zu größter Sorge. Sie selbst hoffte noch immer auf Heilung, aber die konsultierten Ärzte hatten sie längst aufgegeben.32 Luise erfuhr nichts von der fatalen Diagnose. Sie litt unter Gebärmutterkrebs im Endstadium. Die Kunde von ihrem Leiden drang bis nach Coburg, in drastischen Worten geschildert von Luises Kutscher Schäftlein. Abgezehrt sei sie bis auf Haut und Knochen und ihre Schmerzen so grenzenlos, dass man sie noch zwölf Häuser weiter schreien höre.33 Trotz ihres Leidens entschloss sich Luise am 25. Juli 1831, ihr Testament von dem in Paris ansässigen Notar Jean Eustache Montaud aufsetzen zu lassen. Die Herzogin sei körperlich krank, ihr Geist aber zurechnungsfähig. Sie sei in der Lage, sich zu unterhalten, versicherte der Notar in seinem Schriftstück.34 Darin setzte sie ihre beiden Söhne zu ihren Universalerben ein. Ihrem Ehemann Graf Pölzig sollten 25.000 sächsische Thaler aus dem Nachlass Früher Tod  |

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des verstorbenen Gothaer Herzogs Friedrich IV. zustehen.35 Darüber hinaus erhielt er Anspruch auf eine Rente von 3.000 Reichsthalern aus dem Allodialvermögen und 2.500 Thalern aus erspartem Kapital, sowie ihre Möbel und ihren Schmuck.36 Ihrem Koch, ihrem Kutscher und einigen Bediensteten gestand Luise Pensionen zu. Nur wenige Tage, nachdem sie ihren Nachlass geregelt hatte, schienen ihre Kräfte ganz zu schwinden. Ihr Gedächtnis ließ sie im Stich, was sie mit der Bemerkung „Mein Gott, ich glaube, ich rappele“ registrierte.37 Noch einmal wollte die Todgeweihte sicherstellen, dass nach ihrem Ableben alles so geregelt werde, wie sie es sich wünschte. Ihre treue Kammerfrau und Pflegerin Anna Metz wich ihr nun nicht mehr von der Seite und musste auch die schriftlichen Arbeiten übernehmen. Am 1. August 1831 diktierte Luise noch einmal eine Verfügung, die ihrem Ehemann nach ihrem Tod übergeben werden sollte und in der sie sich über den Ort ihrer Bestattung äußerte. „Das Gefühl, daß meine Kräfte von Stunde zu Stunde mehr abnehmen, und daß meine Krankheit vielleicht mit dem Tode nur endigen wird, veranlaßt mich, noch einen Wunsch auszudrücken, um deßen Erfüllung ich meinen innig geliebten Gemahl bitte,“38 diktierte Luise. „Sollte es dem Himmel gefallen, mich in Paris abzurufen, so wünsche ich daß mein Leichnam nach Deutschland auf das Gut meines Mannes gebracht werde, in dem derselbe künftig dort zu wohnen gedenkt. Sollte er sich aber einen anderen Ort wählen, so bitte ich dorthin gebracht zu werden. Ich war glücklich mit ihm zusammen leben zu können, trennt uns aber der Tod, so wünsche ich, daß wenigstens mein Leichnahm in seiner Nähe ist.“39 Luise fügte an, es entspreche nicht ihrem Wunsch, auf einem Kirchhof beigesetzt zu werden, sondern an einem Ort, den ihr Mann, Graf Pölzig, bestimmen sollte. In den letzten Wochen ihres Lebens hielt die Todkranke auch weiter brieflichen Kontakt zu ihrer Stiefmutter, auch wenn sie ihr keine erfreulicheren Nachrichten über ihren Gesundheitszustand übermitteln konnte. Diese Briefe Luises enthalten weitere Schilderungen ihres sich stetig verschlimmernden Leidens, der letzte ist datiert vom 5. August 1831. Auch diesen konnte sie nicht mehr mit eigener Hand schreiben, sondern hatte ihn offensichtlich diktiert. Sie bedankte sich für die Anteilnahme Carolines an ihrem Leiden: „… sei ja überzeugt, meine theure Mutter, daß kein liebend Wort von Dir verloren geht, und daß sie alle dankbar anerkannt werden. Für die gütigen Nachrichten von meinen Kindern bin ich Dir sehr dankbar, es freut mich ungemein daß sie so schön gedeihen. Ich glaube wohl daß sie sehr vergnügt waren die ganzen Tage die sie bei Dir zubrachten, ich wollte das Schicksal hätte uns da vereinigt.“ Im selben Brief erwähnte sie ihren Ehemann. „Wegen

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meiner Pflege kannst Du ganz unbesorgt sein. Der Graf verläßt mich seit fünf Monaten Tag und Nacht keine Minute und sorgt mit der größten Liebe und Sorgfalt für mich,“ teilte Luise ihrer Stiefmutter mit.40 Die abschließenden Worte schrieb sie mit letzter Kraft selbst, möglicherweise wurde ihr dabei die Hand geführt. „Meine Gedanken verwirren sich, theure Mutter, ich muß also schließen, indem ich Dich meiner unbegrenzten Liebe und Ehrfurcht versichere. Immerdar, geliebte Mutter Deine Dich innig liebende und verehrende Tochter Luise,“41 wobei sie diesen letzten wie auch den vorletzten Brief nur noch mit ihrem Vornamen, aber nicht mehr mit dem Zusatz HvS (Herzogin von Sachsen) unterzeichnete.42 Der Todeskampf Luises blieb auch in Coburg nicht unbeachtet. Herzog Ernst I. bereitete sich in Gedanken darauf vor, seine Söhne vom Ableben ihrer Mutter unterrichten zu müssen. In der Erinnerung schienen sich seine Gefühle für die Frau, die er einst vom Hof verstoßen hatte, zu verklären und die gemeinsame Vergangheit in ein milderes Licht zu tauchen. Er erinnerte sich an die junge Luise, deren Aussichten einst so glänzend und glücklich gewesen waren. Der Herzog empfand Wehmut, hatte aber kein Gespür für sein eigenes Versagen. Für das Unglück, das Luise ereilt hatte, war sie in seinen Augen selbst verantwortlich, den größten Schaden, so war Ernst in seiner selbstgerechten Art überzeugt, habe sie sich selbst zugefügt. Ihr bitteres Ende versöhnte ihn mit den Schatten der Vergangenheit.43 Wie ihr geschiedener Ehemann über sie dachte, ob ihre beiden Söhne sie vielleicht längst vergessen hatten, darüber hat Luise bis zu ihrem Tod nichts erfahren. An ihrem letzten Lebenstag, dem 30. August 1831, wirkte sie abwesend. Ihre Kammerfrau Anna Metz war besorgt um den Geisteszustand ihrer Herrin und fragte, ob Luise sie denn noch erkenne. Ein letztes Lächeln, eine kurze Andeutung eines Nickens und im nächsten Moment, gegen vier Uhr nachmittags, hatte die Herzogin ihr Leben ausgehaucht. Es war ein friedliches Ende, ohne langen Todeskampf. Sie hatte einfach aufgehört zu sein.44 Franz Xaver Zach hatte seinen Schützling am Krankenlager in Paris fast jeden Tag besucht. Er berichtete in einem Brief an Amalie von Uttenhoven über ihr stilles Ende, das ihn dennoch erschütterte, obwohl „… wir alle längst auf den unausbleiblichen Hintritt der Unvergeßlichen vorbereitet und gefaßt waren, so vermuthete doch niemand den unerwartet plötzlichen Augenblick, in welchem dieser erfolgt ist. (…). Daß sie einen so ruhigen und sanften Tod hätte, war, nach Aussage der Aerzte Ursache, weil sie eigentlich an einem Faulfieber starb, Folge des Mutter Krebses, weil alle edlere Theile des Körpers in höchste Fäulniß übergegangen waren.“45 Früher Tod  |

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Im Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha löste der Tod Luises Trauer und Betroffenheit aus. Die Bevölkerung wurde am 13. September 1831 durch eine Notiz in der Gothaischen Zeitung von ihrem Ableben informiert. Der Hof wahrte die Form, es wurden eine achttägige Landestrauer mit Glockengeläut und eine sechswöchige Hoftrauer angeordnet.46 Herzog Ernst I. sah sich gezwungen, in Gotha die schon von früher her bestehenden Regeln für die Trauerbekundung anzuwenden, die einer Prinzessin des Hauses zustand. Für Coburg verfügte er die Anwendung einer neuen Trauer-Ordnung. Hier sollte Luise wie eine Cousine des Hauses behandelt werden, was einer deutlichen Herabsetzung im Rang gleichkam.47 Bernhard von Lindenau, der langjährige Berater des Herzogs und Vormund Luises, fand in seinem Kondolenzschreiben an Ernst I. auch dafür Verständnis, indem er ein letztes Mal daran erinnerte, dass Luise ihre Ächtung selbst verschuldet habe. „Das frühzeitige Ableben der Frau Herzogin Louise, hat mich bei meiner großen Anhänglichkeit an das Gothaische Fürstenthum tief betrübt; allein eine weitere Ueberlegung hat mich in diesem unerwarteten Ereignis eine günstige Schickung des Himmels erblicken laßen, da die unglückliche Fürstin zu sehr aus den ihr von der Vorsehung angewiesenen Verhältnißen herausgetreten war, um einer ruhigen und glücklichen Zukunft entgegen gehen zu können. Die Art und Weise, wie Mutter, Söhne und Enkelin des Gothaischen Fürstenhauses endigten, ist betrübend“, urteilte Lindenau.48 Seiner Ansicht nach hatte nun ein gütiges Schicksal dafür gesorgt, dass sich der letzte Vorhang senkte und einer unwürdigen Darstellung eines ganzen Fürstengeschlechts ein Ende bereitete. Doch auf der Hinterbühne wurden die Ränkespiele ohne Rücksicht auf die Pietät fortgesetzt.

8.3. Luises Nachlass Nach qualvollem Leiden schien die verstoßene Herzogin endlich ihre letzte Ruhe gefunden zu haben. Doch der lebenserfahrene Zach, mit den Verhältnissen an deutschen Fürstenhöfen bestens vertraut, ahnte bereits in Luises Todesstunde, dass es um ihr Erbe und den Ort ihrer Bestattung Zwistigkeiten zwischen ihren beiden Ehemännern geben würde. Das Testament, das Luise ihrer Kammerfrau Anna Metz diktiert und in dem sie Vorsorge für den Umgang mit ihrer Leiche getroffen hatte, war dem Grafen Pölzig ausgehändigt worden. Zach vermutete in seinem Brief an Amalie von Uttenhoven, dass diesem Willen zufolge „… der Graf die Leiche einbalsamiren [ließ], und will nun solche selbst auf sein Gut nach Einberg bringen und da zur Erde bestättigen laßen.

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Wird dieß dem Herzog von Coburg angenehm seyn, seine vormalige Gemahlin, die Mutter seiner Kinder, eine Herzogin zu Sachsen in seiner Nähe beerdigt zu sehen? Der Graf will seiner seelige [sic] Gemahlin ein schönes Monument setzen laßen. Da Einberg, wie ich gehört habe, ganz nahe an der schönen Rosenau liegt, so wird das Grabmal da jedermann, folglich auch ihren Kindern stets vor den Augen seyn!“49 Zach sollte mit seinen unguten Vorahnungen Recht behalten. Doch selbst er konnte nicht voraussehen, dass Luises Leichnam erst neunundzwanzig Jahre nach ihrem Tod endgültig bestattet werden würde. In den folgenden Auseinandersetzungen um das Erbe seiner ehemaligen Frau setzte sich Herzog Ernst I. über die zentralen Punkte ihres letzten Willens hinweg. Er vertrat die Auffassung, dass sie als Herzogin von Sachsen nur ein Testament hätte verfassen dürfen, wenn es von ihm als dem regierenden Fürsten anerkannt worden wäre. Der Herzog von Coburg als souveräner deutscher Fürst sah sich nicht an ein Schriftstück gebunden, welches in Paris von einem französischen Notar vor Zeugen ausgefertigt worden war.50 Im Thüringischen Staatsarchiv Gotha sind rund 630 Blätter Dokumente überliefert, die sich mit der Hinterlassenschaft Luises beschäftigen. Hierzu gehören „Schriftwechsel und Protokolle zur Regelung des Nachlasses, Darlegung der Ansprüche des Grafen Pölzig mittels seines Rechtsbeistandes; teilweise auch persönliche Schreiben von Pölzigs, Vermittlungsversuche zur gütlichen Einigung, Aushandlung von Vergleichen, Ausarbeitung eines Vergleichsvertrags, Niederschrift über die Vorladung des Grafen Pölzig bei dem Regierungspräsidenten Opitz in Coburg zur Einigung über den Bestattungsort und vieles mehr.51 Die finanziellen Streitigkeiten beschäftigten noch Luises Söhne Ernst und Albert. Ernst I. verweigerte Graf Pölzig das Legat von 25.000 Talern aus dem Testament von Herzog Friedrich, dem Onkel Luises. Die Regierung in St. Wendel erhielt Anweisung, die 3.000 Taler aus dem Sparvermögen der Herzogin erst auszuzahlen, wenn Pölzig dort seinen bleibenden Wohnsitz nehmen würde. Luises Ehemann sah sich bald in einer prekären Situation, die er mit Hilfe eines Rechtsbeistandes in Gotha vortragen ließ. Als er wiederholt auf Ablehnung stieß, ließ er eine Drohung verlauten, die den regierenden Herzog an frühere Skandale erinnern musste. Da die Situation verfahren schien, sah sich der letzte Ehemann Luises genötigt, zum Mittel der Erpressung zu greifen. Pölzigs Anwalt Sartorius schrieb an den Geheimen Rat von Carlowitz, ihm bliebe „… nur noch übrig Ew. Excellenz angelegentlichst zu bitten, mich bei meiner guten und redlich gemeinten Absicht, den Frieden in einer sehr schwierigen Sache zu vermitteln, durch Hochdero gerichteten Einfluß zu unterstützen. Sollte auch dieser Versuch nicht zum Ziele führen, so Luises Nachlass  |

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muss ich aufrichtig gestehen, daß mein Latein zu Ende ist, und daß ich für weitere jedenfalls höchst unangenehme Schritte des Herrn Grafen – bei dem sich nach den letzten, während der Unterhandlungen, in St. Wendel getroffenen Maasregeln – und bei der fortwährenden Vorenthaltung der ihm zukommenden unbestrittenen Rente von 3.000 rth die Idee festgesetzt hat, Serenissimus wollen ihn zu Grunde richten, und nur die höchste Publicität könne ihn dagegen schützen und retten – nicht garantieren kann.“52 Sicherlich verfügte Graf Pölzig über Informationen, die der herzoglichen Familie äußerst unangenehm hätten werden können. Schließlich hatte er die Affären am Coburger Hof miterlebt, die 1824 zur Verbannung Luises geführt hatten. Möglicherweise hatte er sie auch selbst mit ausgelöst. Interessant ist jedoch, dass er viele Jahre später, als die Auseinandersetzungen um die finanziellen Regelungen wieder aufflammten, Ernsts Söhne daran erinnerte, dass er sich keineswegs aus freien Stücken in eine Ehe mit Luise begeben hatte, als diese nach St. Wendel geschickt worden war. „Nicht nur auf den Wunsch höchst Ihrer Höchstseligen Mutter, sondern auch mit Zustimmung und auf Anordnung Sr. Durchlaucht des Herrn Herzogs Ernst von Sachsen Koburg Gotha bin ich in eine Stellung versetzt worden, die mich auf den höchsten Gipfel des Glücks führte. Kaum neunzehn Jahre alt hatte ich keine Sorge in der Welt als mir die Gnade und Achtung der Höchstseligen Herzogin zu erhalten. Der Himmel entriß mir nach wenigen Jahren die so innig verehrte Frau,“ schrieb Pölzig.53 Diese Aussage legt nahe, dass er als junger Offizier nach den Vorkommnissen am Coburger Hof zur Aufsicht über Luise nach St. Wendel abkommandiert worden war und diese Entsendung als Teil seiner Pflicht dem herzoglichen Haus gegenüber ansah. Er sprach von einer „Stellung“, gleichsam einer Aufgabe, die er ausgeführt hatte, um sein Auskommen zu sichern. Um diese Früchte seiner Dienstauffassung sah sich der Graf, der die ihm anvertraute Dame seines Herzens bis zur letzten Stunde gepflegt hatte, nun betrogen. Nach langen Streitverhandlungen, während derer der mittellose Pölzig Juwelen und Mobiliar aus dem Nachlass Luises veräußern musste, kam es schließlich am 21. August 1832 zu einer Einigung über die finanziellen Regelungen. Ernst I. hatte einen Vergleichsvertrag ausarbeiten lassen, in dem sich der Graf zum Verzicht auf die 25.000 Taler aus dem Legat Luises und auf die Güter Pölzig und Bayersdorf, die in Luises ehemaliger Heimat im Altenburger Land gelegen waren, verpflichten musste. Der Rest des Nachlasses ging auf Pölzig über, auch die umfangreichen Schulden. Er bekam eine jährliche Rente von 3.000 sächsischen Gulden aus dem Privatvermögen der Söhne Luises zugeschrieben, sowie eine einmalige Abfindung von 10.000 Gulden. Gleichzeitig

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verpflichtete er sich, für die Beisetzung Luises im Herzogtum Lichtenberg zu sorgen und diese zu bezahlen. Auch ein Jahr nach ihrem Tod war die Leiche Luises noch immer nicht bestattet worden.54 Aus dem Vergleichsvertrag zwischen Herzog Ernst I. und Graf Pölzig geht hervor, dass Luises zweiter Ehemann für die Einbalsamierung und Überführung ihrer Leiche von Paris nach St. Wendel 40.000 Franc bezahlt hatte. In den langwierigen Verhandlungen über die finanziellen Regelungen stellten die sterblichen Überreste Luises ein Druckmittel dar, auf das der Graf immer wieder Bezug nahm. Zunächst hatte er den bleiernen Sarg in das Niederweiler Gartenhaus im Fürstentum Lichtenberg bringen lassen, doch dies schien nur eine provisorische Lösung, bis ein endgültiger Bestattungsort bestimmt werden würde. Dies, so schrieb Pölzig nach Coburg, hänge „von der Beendigung der Erbschaftsangelegenheiten“ ab.55 Ernst I. bestand darauf, Luise in der Gruft der Kirche von Sulzbach bestatten zu lassen, was Pölzig mit Hinweis auf Luises letzten Willen ablehnte, in dem sie eine Beisetzung in einem kirchlichen Grab ausdrücklich abgelehnt hatte. Weitere Versuche des herzoglichen Hauses, Luise in der Nähe ihres letzten Wohnortes St. Wendel beerdigen zu lassen, scheiterten ebenfalls. Die Schriftwechsel über den geeigneten Ort der letzten Ruhe nahmen unwürdige Züge an, die auch vor der Androhung von Gewaltanwendung nicht Halt machten. Pölzig wurde genötigt, sich nicht in Coburg und Umgebung aufzuhalten, da dies „höchst indiskret, unschicklich und unstatthaft erscheint (…) ohne daß es von einer bestehenden Vorschrift abgeleitet werden kann.“56 Die Vorstellung, den Grafen und mit ihm womöglich die Leiche Luises in der Nähe der herzoglichen Familie zu wissen, schien unerträglich. Die Coburger Gesellschaft wurde aufgefordert, Pölzig zu meiden.57 In St. Wendel dagegen machte die Bevölkerung aus ihrer Verehrung für die Verstorbene kein Hehl. Der dortige Stadtrat entschied sich angesichts des großen Interesses, vor dem Portal des Niederweiler Gartenschlosses Militär aufmarschieren zu lassen.58 Luise hatte zu Lebzeiten die Herzen der gesamten Bürgerschaft gewonnen, wie der Stadtrat feststellte, das ließ einen Massenandrang vor ihrem Sarg befürchten, der zu Unordnung hätte führen können. Graf Pölzig verfolgte die Vorgänge mit Besorgnis. Einerseits schien Luises Leichnam nun geschützt, andererseits war aber auch ein möglicher gewaltsamer Abtransport des Sarges auf Verfügung des Herzogs nicht undenkbar. Eine Klärung der Angelegenheit mit Waffengewalt schien nicht mehr ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde von St. Wendel konnte allerdings an einer so aufsehenerregenden Lösung kein Interesse haben, da dies erwartungsgeLuises Nachlass  |

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mäß zu den „missfälligsten Urtheilen des Publicums und der uns anvertrauten Unterthanen“ führen würde.59 Pölzig beschloss, zu handeln. Er ließ Luises Sarg im Oktober 1831 heimlich in die Privatwohnung des St. Wendeler Advokaten Stephan abtransportieren, um die noch immer zur Diskussion stehende Beisetzung in Sulzbach endgültig zu verhindern. Als Argument führte er an, dass die Bevölkerung von St. Wendel großes Interesse daran habe, die sterblichen Überreste der von ihnen so verehrten Luise in ihrer Nähe zu wissen, und nicht in einer zehn Stunden entfernt gelegenen Kirche. Ein Abtransport, so mahnte Pölzig, werde großes Aufsehen verursachen und zu manch unangenehmen Erörterungen führen. Mit dieser kaum verhohlenen Drohung, für einen Skandal zu sorgen, machte er bei Herzog Ernst I. weiter seine Eigentumsrechte an der Verstorbenen geltend. „Ew. Excellenz haben gestern den Wunsch gegen mich auszusprechen geruht, daß die Leiche meiner verstorbenen Gemahlin aus der Behausung des Advokaten [Stephan] an einen anderen paßenden Ort gebracht werden möge; auch ich theile diesen Wunsch und bin bereit den Leichnam an einem schicklichen Ort einstweilen niederzusetzen, wenn mir durch ein höchstes Rescript das Dispositions-Recht über denselben zugestanden wird.“60 Pölzig und Stephan rechneten weiter mit einer gewaltsamen Auseinandersetzung um die sterblichen Überreste Luises und trafen Vorsichtsmaßnahmen. Stephan ließ die St. Wendeler Regierung wissen, dass er die Schlüssel zum Aufbewahrungszimmer der Leiche an einem sicheren Ort verwahre und niemand ohne Einwilligung des Grafen Pölzig dort eindringen könne, ohne die Schlösser und Türen gewaltsam aufzubrechen. Der Advokat war entschlossen, den Schlüssel auch im Fall eines solchen Übergriffs nicht herauszugeben. „Dieses Geheimnis möge mir schwerlich durch kleine Gewaltthaten zu entreißen sein,“ teilte er der Regierung mit.61 Zu dem befürchteten Eklat kam es dann schließlich doch nicht, denn die Streitparteien einigten sich im Zuge der Klärung der finanziellen Fragen auch auf einen Ort für die Beisetzung der Leiche. Der Advokat Stephan erhielt von Rechtsanwalt Sartorius die Nachricht, Luise solle mit Einverständnis des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha in der evangelischen Pfarrkirche zu Pfeffelbach ihre vorläufig letzte Ruhestätte finden. Dort wurde Luise am 19. Dezember 1832, eineinhalb Jahre nach ihrem Tod, in einer schlichten Zeremonie in einer Gruft vorläufig bestattet.62

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8.4. Prinz Albert Luises jüngster Sohn Albert hatte den Verlust seiner Mutter niemals überwunden, wie sein Biograf Jules Stewart feststellt. Von ihr habe er die blauen Augen geerbt, aber auch Intelligenz und Talent.63 Alberts einnehmende Erscheinung und sein Wesen überzeugten die junge Queen Victoria, in eine Ehe mit ihrem Cousin aus Coburg einzuwilligen. Sie heirateten am 10. Februar 1840 in der Kapelle des St. James’s Palace in London. Victoria liebte und bewunderte ihren Gemahl, was sie in überschwänglichen Tagebucheintragungen zum Ausdruck brachte. 64 Trotz aller Romantik und Verliebtheit, auch diese Ehe war eine arrangierte. Es war Victorias und Alberts Onkel Leopold, unterstützt von seinem langjährigen Berater Baron Stockmar, der diese Verbindung im Sinne des dynastischen Netzwerkes gefördert hatte. Stockmar, ständiger Begleiter der Coburger Prinzen, war schon 1835 davon überzeugt gewesen, Albert solle eine Ausbildung genießen, wie sie der Gemahl einer englischen Königin brauche.65 Erst als Albert bereits als Prinzgemahl in London lebte, beschäftigte er sich näher mit dem Schicksal seiner Mutter. Bereits 1841, kurz nach der Geburt seines Sohnes Albert Edward, dem Prinzen von Wales, hatte sich das Presbyterium der Gemeinde Pfeffelbach in einem Schreiben an ihn gewendet, mit der Behauptung, in seiner Kirche die sterblichen Überreste der Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld zu verwahren.66 Voller Ehrfurcht und Ehrerbietung, so versicherten die Pfeffelbacher Bürger, bäten sie nun, da Prinz Albert sich in einer so glücklichen Lage befinde, um eine milde Gabe zur Renovierung der Kirche, die die Leiche seiner Mutter aufgenommen hatte. Doch erst nach dem Tod seines Vaters Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha ließ Albert nach der Grabstelle in Pfeffelbach suchen.67 Dass Luises Söhne Ernst und Albert in die Erbstreitigkeiten um Luise und den genauen Ort ihrer Beisetzung 1832 eingeweiht worden waren, lässt sich bezweifeln. Dreizehn Jahre später mussten sich die Söhne erst einmal vergewissern, dass es sich bei den sterblichen Überresten tatsächlich um die ihrer Mutter handelte. Ein Gesandter des Prinzgemahls war auf dessen ausdrücklichen Wunsch tätig geworden und zog Anfang des Jahres 1846 in St. Wendel und Sulzbach Erkundigungen ein, nachdem er aus den Coburger Akten keine dienlichen Hinweise hatte entnehmen können. Erst als er mit dem noch lebenden ehemaligen Justizrat Knauer in St. Wendel Kontakt aufnahm, konnte Prinz Albert  |

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er Näheres über die Beerdigung Luises ausfindig machen. „Daß die hohe Leiche wirklich in Pfeffelbach beigesetzt worden, und zwar am 19. Dec. 1832, dieses haben mir nunmehr auch hießige Beamte, welche der Beisetzung auf Einladung des inzwischen verstorbenen Advocaten [Stephan], der Bevollmächtigte des Grafen von Pölzig in St. Wendel, beigewohnt haben, bestätigt. Es ist dieses der Obrist von Plänkner und der Regierungs-Direktor v. Szymborski. Euer Königlichen Hoheit wird nicht entgehen, wie wenig würdig die Verhältniße sind, unter denen die irdischen Überreste Ihrer höchstseeligen Frau Mutter sich in Pfeffelbach befinden und welchen Anfechtungen dieselben in der nächsten Zeit dort ausgesetzt seyn könnten,“68 schrieb Knauer an Albert. Dieser schien entschlossen, die unangenehme Angelegenheit, die sich nun in sein Leben am britischen Hof drängte, ein für alle Mal zu beenden. Einen neuerlichen Skandal um Luise, die in ihrer Gruft in Pfeffelbach vergessene Mutter, konnte er sich nicht erlauben. Seine Stellung am Hof als Prinzgemahl war keineswegs gefestigt. Schon vor der Hochzeit mit Queen Victoria hatte es unangenehme Gerüchte über die Zustände am Coburger Hof zu Zeiten Ernsts I. und Luises gegeben.69 Dass Albert ein Kind geschiedener Eltern war, hatte die Heirat mit der britischen Königin nicht verhindern können, aber es durfte keinesfalls zu einem Diskussionsthema für die Zukunft werden. Albert hatte für seine eigene Ehe festgefügte moralische Vorstellungen, die seinem Kindheitstrauma entstammten und den frühen und endgültigen Verlust der Mutter für immer vergessen machen sollten. Auch Queen Victorias Vorgänger auf dem britischen Thron, die verhassten Hannoveraner, hatten mit ihren Skandalen dafür gesorgt, dass die Achtung vor der Krone in der Bevölkerung auf ein bedauernswert niedriges Niveau gesunken war. Albert wollte das ändern, und zwar von Beginn an. Er bestand bei seiner eigenen Hochzeit sogar darauf, keine Brautjungfer zuzulassen, deren Mutter nicht über alle moralischen Bedenken erhaben war.70 Eine funktionierende Vorzeigefamilie auf dem Thron, eine unanfechtbare Darstellung fast bürgerlicher Werte durch die Monarchin und ihren Ehemann nebst (am Ende neun) Kindern – das war Alberts Vorstellung von einer dynastischen Vorderbühne, die die Glaubwürdigkeit der britischen Monarchie wieder herzustellen vermochte. Zunächst hatte er die Nachricht aus der kleinen Gemeinde Pfeffelbach in Deutschland über Luises Grabstätte, die ihn 1841 erreicht hatte, offenbar lediglich hingenommen. Aber drei Jahre später suchten Albert und sein Bruder Ernst II. nach einer endgültigen Lösung für den Verbleib des Leichnams ihrer Mutter. Als möglichen Ort hatte Albert zunächst eine Insel im Park vor dem Gothaer Schloss Friedenstein ins Auge gefasst, musste dafür

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aber die Zustimmung von Luises Stiefmutter, Caroline von Sachsen-GothaAltenburg, erfragen. „Du wünschst, ich soll nach meinem Gefühl entscheiden, wo die theure Hülle Deiner armen Mutter endlich Ruhe finden soll“, schrieb Caroline an Albert. „So gern ich es auch gewünscht hätte, dieselbe auf meiner Insel, an der Seite des Geliebten Vaters, und vielleicht bald auch an der meinigen zu wissen, so macht die Klausel in dem mir übersendeten Vertrag es unmöglich, daß es geschehen könne, da doch dieser von Pölzig zugegen sein soll.“71 Caroline, die sich davor fürchtete, dem zweiten Ehemann Luises bei der Beerdigungszeremonie zu begegnen, plädierte entschieden für die Coburger Moritzkirche als geeignetem Ort. Noch immer schien sich die Familie im Falle Luises um Geheimhaltung und Diskretion zu sorgen. Eine öffentliche Umbettung der verstoßenen Herzogin war undenkbar. Dabei ging es nicht nur um die von Caroline aufgeworfene Frage der Schicklichkeit, sondern auch um die Vermeidung eines neuerlichen Skandals. Selbst als Tote genoss Luise möglicherweise noch immer die Sympathien der Bevölkerung von Gotha und von Coburg. Ein Menschenauflauf während der Bestattungszeremonie, und sei es aus Neugier, schien ein zu großes Risiko. Schließlich verzichtete Graf Pölzig auf sein testamentarisch zugesichertes Mitspracherecht. „Die Möglichkeit, daß meine Anwesenheit vielleicht Veranlaßung geben könnte zu öffentlichen Erörterungen der früheren Verhältnisse und dies die Söhne schmerzlich berühren müßte, muß mich allein schon besinnen, meinen Wunsch aufzugeben,“ schrieb er an einen Freund.72 Nun konnte Prinz Albert nach eigenem Gutdünken handeln. Er beauftragte den ehemaligen preußischen Justizrat Knauer, sich vor Ort in Pfeffelbach ein Bild vom Zustand des Sarges zu machen. Anfang 1845 erstattete Knauer Bericht. Die Unterbringung des Sarges beschrieb er als unwürdig. Im Gotteshaus stehe das Wasser, die Leiche, die als Einzige dort beigesetzt war, befinde sich in einem Behältnis, das nicht als Gruft bezeichnet werden könne, bemängelte Knauer. Das Andenken an die Herzogin könne Schaden nehmen, da es auch nicht möglich sei, in der Kirche ein würdiges Monument zu errichten. Es stünde zu befürchten, dass die Leiche später auf den Friedhof gebracht werden könnte und dort beigesetzt würde. Knauer berichtete darüber hinaus, dass Pfarrer Hepp alle Kosten für die Gestaltung des Grabes übernommen hatte, ebenso die Bewirtung des Leichengefolges aus Beamten und Bürgern nach der Beisetzung 1832.73 Justizrat Knauer wurde schließlich beauftragt, mit dem Gemeindepfarrer über den Prinz Albert  |

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Abtransport des Sarges zu verhandeln. Am 8. Juni 1846 erfolgte die Übergabe, der Transport nach Coburg konnte beginnen. In der Nacht zum 10. Juni 1846 wurde die vor den Bürgern von Coburg streng geheim gehaltene Beisetzung Luises vorbereitet. Hätten die Bewohner der Residenzstadt gewusst, wer da in der Gruft der Moritzkirche zur letzten Ruhe gebettet werden sollte, hätte es möglicherweise einen erneuten Volksauflauf gegeben wie während der Coburger Unruhen 1824. Doch der regierende Herzog und seine Familie legten auf derlei öffentliche Kundgebung keinen Wert. Ausdrücklich waren die fürstlichen Gesandten angewiesen worden, für eine stille Beisetzung zu sorgen.74 Prinz Albert hatte ebenso wie sein Bruder in Coburg wenig Interesse an öffentlicher Aufmerksamkeit für seine Mutter. Blickte er von London aus nach Deutschland, sorgte er sich vor allem um die politisch instabile Lage. In einem Ordner mit der Aufschrift „Papers Concerning the Politics of Germany“ sammelte er alles, was ihm im vorrevolutionären Deutschland interessant erschien. Für die Jahre 1844 bis 1848 verzeichnete er eine generelle Unzufriedenheit der Öffentlichkeit mit dem politischen System, wobei er die unterschiedlichen Strömungen in Bayern, Preußen und Hessen-Darmstadt analysierte.75 Auch in Großbritannien verschaffte sich die Bevölkerung immer lautstarker Gehör. In Irland wurden die Untertanen ihrer Majestät, immerhin vier Millionen Menschen, von einer Hungersnot heimgesucht und zu Beginn des Jahre 1846 war die Diskussion um die Aufhebung der Kornzölle auf dem Höhepunkt.76 Aus einem Memorandum, das Albert nach einem Gespräch mit Premierminister Robert Peel niedergeschrieben hatte, ging hervor, wie groß um die Jahreswende die Angst vor einer Erhebung der Massen war. Peel, in der Korn-Zoll-Affäre unter großem Druck, stand kurz vor dem Rücktritt. In diesem Fall, so Alberts Furcht, hätten die Protektionisten an die Macht gelangen und in der Konsequenz eine Revolution auslösen können.77 Ein neuerlicher Aufstand in Coburg anlässlich der Beisetzung Luises hätte für den Prinzgemahl in dieser Situation eine politische und persönliche Katastrophe bedeutet. Deshalb war er äußerst interessiert daran, wie sich die Dinge in seiner Heimat entwickelten und hatte seinen Vertrauten Justizrat Knauer beauftragt, über den Leichentransport im Jahr 1846 Bericht abzulegen. Demzufolge war der Sarg Luises mit einem Gespann, gezogen von vier fürstlichen Pferden, am 5. Juni in Pfeffelbach im ehemaligen Herzogtum Lichtenberg abgeholt worden.78 Der Überführung der Leiche entlang der Strecke Kaiserslautern, Heidelberg und Würzburg bis vor die Tore Coburgs, wo der Reisewagen in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni angekommen war, waren monatelange diplomatische Vorbereitungen vorausgegangen, denn die Gemeinde

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Pfeffelbach, in der die sterblichen Überreste dreizehneinhalb Jahre lang aufbewahrt worden waren, gehörte zu Preußen. Justizrat Knauer protokollierte die Beisetzung in der Coburger Moritzkirche ausführlich. Sechs in feierliches Schwarz gehüllte Herren hatten sich vor dem Haupttor des Gotteshauses eingefunden, um als Zeugen zu fungieren. Sie bekleideten hohe Ämter im Herzogtum Ernsts II.; als Kammerherr, Oberstallmeister, Konferenzrat, Oberfinanzrat. Zwölf kräftige Handwerker waren beauftragt worden, die groben Arbeiten in der fürstlichen Gruft zu verrichten. Die Kirche war nur notdürftig beleuchtet, gerade genug, damit die Anwesenden ihre Aufgaben erfüllen konnten, aber keine unnötige Aufmerksamkeit erregt wurde. Der Kronleuchter in der Mitte des Kirchenschiffs brannte, an den Seiten waren vom Portal bis zur Gruft zwölf Kandelaber auf schwarz verhangenen Posamenten aufgestellt worden. Auch der Treppeneingang zur Gruft wurde nur schwach erleuchtet. An der Kirchentür hatte sich der amtierende Oberkonsistorialrat persönlich zur Aufnahme der Leiche bereitgestellt. Als der Reisewagen mit den sterblichen Überresten vor die Kirche rollte, nahm er von den Begleitern des Trosses ein Schriftstück entgegen, das ihn von der Identität der zu bestattenden Person überzeugen sollte. Hierin hatte der Pfeffelbacher Pfarrer Hepp handschriftlich versichert, dass sich in dem Eichengefäß die sterblichen Überreste Luises, der ehemaligen Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, befanden.79 Als Tote kehrte sie nun an jenen Ort zurück, der in ihrem kurzen Leben das größte Leid für sie bereitgehalten hatte – gegen ihren letzten Willen. Nachdem die Handwerker das schwere Behältnis aus Eichenholz, das mit zehn eisernen Handgriffen versehen war, aus dem Wagenkasten gehoben hatten, machte man sich an die Untersuchung desselben. Im Innern befand sich ein weiterer Sarg aus Blei mit der Leiche Luises. Die kleine Prozession nahm ihren Anfang, voraus gingen zwei Hofhandwerker mit Kerzen, hinter ihnen der Oberkonsistorialrat, gefolgt von den Leichenträgern. Zu beiden Seiten des Eingangs zur Gruft hatten die Zeugen des Geschehens Aufstellung genommen und empfingen die sterblichen Überreste ihrer ehemaligen Herzogin, die auf einer eigens errichteten, schwarz drapierten Estrade niedergelassen wurden. Die Herren verweilten in stiller Andacht, bevor die Träger den Sarg wieder aufnahmen und endgültig die Treppen zur Familiengruft hinab trugen. Unten angekommen, sprach der Oberkonsistorialrat einen letzten Segen, die bevollmächtigten Zeugen traten nacheinander vor mit einem letzten Blumengruß. Caroline, Herzogin von Sachsen-Gotha-Altenburg, Luises Stiefmutter, hatte ein Blumenbouquet schicken lassen, Prinz Albert und Herzog Ernst II. gedachten ihrer Mutter je mit einen Kranz, bestehend aus frischen Blumen und Orangenblüten.80 Als die Gruft in den frühen Morgenstunden Prinz Albert  |

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des 11. Juni 1846 hinter dem Sarg verschlossen worden war, stellte die darin liegende Leiche für die Fürstenfamilie von Sachsen-Coburg und Gotha endgültig keine Gefahr mehr dar. Über die Beisetzung wurde Prinz Albert schriftlich von Knauer informiert. „In geräuschloser Feyer wurde nachts 12 Uhr am 10. Juni 1846 der Aschebehälter in der Fürstengruft in der hiesigen Moritzkirche beygesetzt. So fand die zu früh Hingegangene eine ihr längst durch die Bewohner des ehemaligen Fürstenthums Lichtenberg – bey welchen die hohe Verewigte in aufrichtiger Anhänglichkeit und Liebe fortleben wird, gegönnten Ruheplatz in der Gruft der Ahnen Ew. Königlichen Hoheit.“81 Knauer betonte im selben Schreiben, wie erfreut Luises Stiefmutter Caroline über seine Nachricht gewesen sei, dass die Bewohner von Coburg und Gotha die „Pietät“ gewahrt hatten. Wie dankbar auch Prinz Albert angesichts des reibungslosen Ablaufs der Umbettung war, lässt sich einer handschriftlichen Anmerkung (vermutlich durch einen Sekretär) auf dem Bericht Knauers entnehmen. „Beantwortet den 4ten August 1846. Sn. K.H. des Prinzen Dank und Zufriedenheit ausgedrückt u. einen Brilliant-Ring übersendet.“82 Luise, die zu Lebzeiten das gewünschte Bild von der harmonischen Herrscherfamilie auf der Vorderbühne so nachhaltig gestört hatte, konnte nun auch posthum keinen Schaden mehr anrichten. Prinz Albert widmete sich trotz, oder gerade wegen seiner unglücklichen Kindheit mit größter Sorgfalt seinem Familienidyll mit Queen Victoria. Wie akribisch er dabei auf die perfekte Inszenierung bedacht war, beschreibt Karina Urbach in ihrer VictoriaBiografie. Regelmäßig habe sich das Paar mit seinen Kindern malen lassen, und damit eine „Manie der Bilder“ produziert, die heute eher als narzistisch empfunden werden könne.83 In diesen Familienporträts manifestierte sich der Wunsch Alberts und Victorias, ihren Untertanen eine Vorbildfamilie zu präsentieren, aber auch die Absicht, die eigenen Standesgenossen, also andere europäische Herrscherhäuser, zu beeindrucken. 84 Wie wichtig Albert die öffentliche Meinung war, zeigte die schon erwähnte Auseinandersetzung um die Taufe des Prinzen von Wales. Als die Familie monierte, dass der älteste Onkel Queen Victorias, König Ernst August von Hannover, nicht als Pate vorgesehen war, erwiderte Albert: „… daß nicht unsere eigene Meynung, sondern die allgemeine und öffentliche Meynung eigentlich über unsere Zweyfl [sic] entscheiden sollte.“85 Der Prinzgemahl nahm damit Bezug auf das schlechte Ansehen des Königs von Hannover in der britischen Öffentlichkeit. „Das ‚Vergessen‘ Ernst Augusts bei der Auswahl der Paten war Teil des angestrengten Bemühens,

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sich vom schlechten Image der vormaligen Königsfamilie Englands zu lösen und eine neue, im privaten wie im politischen Leben vorbildliche Dynastie zu begründen“, urteilt Johannes Paulmann.86 Es waren nicht nur die Skandale der Hannoveraner, gegen die sich Albert stemmte. Es waren auch die Geheimnisse der Coburger Hinterbühne, die er zu verbergen entschlossen war. Alberts Kalkül ging auf. Es gelang ihm in den folgenden Jahren, alle Zweifler an seiner Integrität und an seiner legitimen Geburt zum Schweigen zu bringen. Dabei griff er zu den richtigen Mitteln, vielleicht gerade weil er in seiner Kindheit in der eigenen Familie das Gegenteil erlebt hatte. Der demonstrative Zusammenhalt der Familie Sachsen-Coburg und Gotha, wie die britische Königsfamilie da noch hieß, bescherte der Monarchie in Großbritannien ein festes Fundament. Die öffentliche Meinung, die sich mit den hannoveranischen Vorgängern der Queen und ihren zerrütteten Familienverhältnissen so schwer getan hatte, registrierte das fast bürgerliche häusliche Glück der Monarchin mit Wohlwollen. Ein Glück, von dem auch die Untertanen zehren sollten. Albert entdeckte den Wert der Wohltätigkeit. Auch hier konnte er auf seine Coburger Erfahrungen zurückgreifen, nicht zuletzt hatte ja auch Luise sich um die ärmere Bevölkerung gekümmert, wenn auch nicht zur Freude ihrer Schwiegerfamilie. Ihr Sohn erkannte aber frühzeitig, wie wichtig soziale Projekte für die Legitimation einer Dynastie an der Spitze der Gesellschaft werden würden. Dass dies erst geschah, nachdem die Revolution von 1848 vielen europäischen Herrschern die Macht der Massen vor Augen geführt hatte, blieb eine satirische Randbemerkung, wie Karina Urbach in ihrer Biografie Queen Victorias bemerkt.87 Alberts Einfluss hat die victorianische Ära maßgeblich geprägt, und dazu beigetragen, dass die Dynastie der Familie Sachsen-Coburg und Gotha den Kampf ums „oben bleiben“ bis ins zwanzigste Jahrhundert überlebte. Ein Preis dafür war auch die stillschweigende Verbannung seiner Mutter aus dem kollektiven Gedächtnis. Auch die Moritzkirche in Coburg sollte nicht die letzte Ruhestätte Luises sein. In der Nacht vom 15. auf den 16. August 1860 wurde sie im neu errichteten Mausoleum auf dem Friedhof am Glockenberg in Coburg an der Seite ihres ersten Ehemannes, des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha, endgültig beigesetzt.88 Im selben Jahr hatte Luises Sohn Albert zum letzten Mal Coburg besucht. Er war inzwischen einundvierzig Jahre alt, Vater von neun Kindern und an der Seite Queen Victorias zu einem geschickten und geachteten Berater seiner Gemahlin avanciert. Er neigte dazu, sich ständig über seine Kräfte hinaus zu Prinz Albert  |

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verausgaben, wie er es in seiner Jugend nach dem Verlust der Mutter begonnen hatte. Die Erschöpfungszustände, unter denen er immer öfter litt, wurden beängstigend. Biografen vermuten, er könnte an einem Magenkrebs gelitten haben. Doch Albert dachte nicht daran, sich zu schonen. Als er von einem drohenden Skandal um seinen ältesten Sohn, den Prinzen von Wales, erfuhr, der sich während seines Studiums in Cambridge mit fragwürdigen Damen vergnügte, bestand er darauf, die fällige Moralpredigt selbst und vor Ort auszuführen. Während der Reise zog er sich eine Typhuskrankheit zu, der er am 14. Dezember 1861 in London erlag.89

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9. Schlussbemerkungen Luises Vermählung mit Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld hatte allen Normen hochadeliger Heiratsdiplomatie entsprochen, die Anfang des 19. Jahrhunderts wirksam waren. Es war eine endogame Ehe, geschlossen zwischen zwei Partnern aus ebenbürtigen Familien des ernestinischen Zweiges der Wettiner. Ernst und Luises Vater August betrachteten sich als Vettern und konnten davon ausgehen, dass die enge Verbindung der beiden Häuser SachsenCoburg-Saalfeld und Sachsen-Gotha-Altenburg das verwandtschaftliche Netzwerk weiter festigen würde. Vor allem der Bräutigam konnte auf Vorteile hoffen. Da Luise das einzige Kind Herzog Augusts war, würde er nach dem Tod seines Schwiegervaters als Vormund seiner Frau Anspruch auf dessen Territorium erheben können. Anders als die verarmte Familie Ernsts brachte die junge Braut einiges Vermögen mit in die Ehe. Gebietserweiterung und Bereicherung waren also für den Ehemann mit der Heirat in den Bereich des Möglichen gerückt, hinzu kam, dass durch die rasch hintereinander geborenen Söhne Ernst und Albert die Jahrhunderte alte Ahnenreihe des Hauses Sachsen-Coburg gesichert war und somit die Adelsprämisse des Gottesgnadentums für jedermann sichtbar unterstrichen wurde. Damit waren alle Anforderungen an eine Verbindung erfüllt, die Herzog Ernst zur Stärkung seiner fürstlichen Würde und seiner patriarchalen Macht verhelfen konnte. Die Ehe mit Luise entsprach zu Beginn also der traditionellen Funktion der Adelsfamilie, wie sie von Monika Wienfort beschrieben worden ist: als Sicherung von Herrschaft und als Stärkung des Abstammungsbewusstseins.1 Dabei spielte die politische Macht zunächst eine untergeordnete Rolle zugunsten einer übergeordneten kulturellen Bedeutung. Haus, Familie und Dynastie wurden als nahezu synonym betrachtet, was die Individualität der Zweierbeziehung eines Paares und den Stellenwert der Kernfamilie aus Vater, Mutter und Kindern schmälerte. Der Einzelne hatte sich den Bedürfnissen des Makrokosmos fürstlicher Herrschaft unterzuordnen, das galt für die Familienmitglieder ebenso wie für die Bediensteten bei Hofe. Damit wurde die Ehe zum wichtigsten Ordnungsinstrument einer Gesellschaftsschicht, die sich qua Geburt in einer sozialen Spitzenposition verortete und somit nach eigenem Verständnis eine Vorbildfunktion zu erfüllen hatte. Das Volk schaute auf den hohen Adel, in Bewunderung, in Ehrfurcht, vielleicht auch mit Abscheu – jedenfalls aus der Distanz. Der Abstand musste gewahrt bleiben, um den Anspruch des Fürsten und seiner Familie als distinkte Gruppe aufrecht zu erhalten. Dies verlangte nach einer kongruenten Darstellung fürstlicher Überlegenheit auf der

Vorderbühne der Macht. Dort wurde alles inszeniert, was den Unterschied zum Volk repräsentierte – aufwändige Feste, wertvolle Möbel, teure Kostüme und der Konsum von Luxusgütern. In diesem Sinne war die Hochzeit von Ernst und Luise ein exemplarisches Beispiel der Zurschaustellung dynastischer Potenz. Die Kommunikation mit den Untertanen blieb non-verbal und verlief einseitig von oben nach unten. Öffentliche Meinungsäußerungen waren die Ausnahme und beschränkten sich auf Klatschen und Vivatrufe. In diesem engen inneren Rahmen funktionierte die Herrschaft des Hauses SachsenCoburg-Saalfeld in einer Zeit, in der sich nach der französischen Revolution und der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation die äußeren Bedingungen radikal wandelten. Für den Adel hatte längst der Kampf um die Spitzenposition in der Gesellschaft begonnen, doch der Machtverlust zugunsten eines erstarkenden Bürgertums gestaltete sich für die Fürsten nicht als schlagartig einsetzende Katastrophe, sondern als ein schleichender, für die meisten kaum wahrnehmbarer Prozess. Eine Anpassungsleistung, als Reaktion auf den Wandel in der Gesellschaft, erfolgte im Herzogtum Sachsen-CoburgSaalfeld nur zögerlich und vordergründig. Reformen, wie die Ausarbeitung einer Landesverfassung, waren angestoßen, blieben aber in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ohne durchgreifende Wirkung. Ernst verstand sich weiter als absolutistischer Patriarch, mit im Mittelalter wurzelnden Vorstellungen von ritterlicher Mannesgewalt, was sich besonders in der Ausgestaltung seines Schlosses Rosenau zeigte. Dass damit auch das Anrecht des Herrn auf außereheliche Sinnesfreuden einherging, beklagte sogar seine Mutter Auguste, die ansonsten über die Fehltritte der männlichen Mitglieder ihrer Familie gütig hinwegsah. Dabei verstand es sich von selbst, dass den Frauen ein ebensolches Verhalten niemals hätte verziehen werden können. Das hatte weniger einen moralischen, denn einen genealogischen Grund – der Mann als Vererber eines adeligen Anspruchs sollte sich sicher sein können, tatsächlich der Erzeuger seines Nachwuchses zu sein. In diesem inneren Rahmen begann die noch minderjährige Luise ihr Eheleben an einem ihr fremden Hof, an dem sie sich zunehmend isoliert und einsam fühlte. Ihren Eltern und Erzieherinnen war es in ihrer Jugend nicht gelungen, sie auf die von Frauen im Hochadel geforderte Affektkontrolle vorzubereiten. Ihr Vater August, ein eigenwilliger Sonderling, gefiel sich darin, am eigenen Hof in Gotha die Regeln kongruenter Darstellung fürstlicher Macht nach Gutdünken zu durchbrechen. Luise, vom Vater verwöhnt, neigte zu romantischen Vorstellungen und wusste, ihren Liebreiz auszuspielen. Als ihr Ehemann nach der Geburt des Stammhalters mehr und mehr von ihr abrückte, wurde die junge Herzogin von Einsamkeit und Eifersucht

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gequält. Ihre Vorstellung von Liebe entsprach nicht der Norm dynastischer Vernunftehen, in der die Gemeinsamkeiten der Partner nach der Zeugung der Nachkommen oft nur noch auf die repräsentative Fassade beschränkt blieben. Hinzu kam, dass sich der wesentlich ältere Lebemann Ernst mit seinem Verhalten noch immer innerhalb der Normen seines Standes bewegte. Die soziale Praxis bezog außereheliche Beziehungen mit ein und bot den hochadeligen Männern damit mehr unsanktionierte Handlungsspielräume innerhalb der Ehe, als Frauen, wie Stefanie Walther ausführt.2 Luise, unfähig, sich unterzuordnen und in die ihr zugedachte Rolle einzufügen, entwickelte regressive Tendenzen. Wie die Rahmenanalyse nach dem Modell Erving Goffmans gezeigt hat, vollzog sie eine gefährliche Öffnung ihrer sozialen Beziehungen, indem sie Höflinge in ihre Ehekrise einweihte und damit die Geheimnisse der Hinterbühne verriet. Ein solches Verhalten musste auf längere Sicht die Autorität des Fürsten untergraben, da er die kongruente Darstellung im repräsentativen Rahmen nicht mehr aufrechterhalten konnte. Ernst musste handeln, als mit Graf Solms ein möglicher Liebhaber Luises die Bühne betrat. Es begannen die Intrigen und Affären, in Verlauf derer sich Höflinge in Sonderrollen drängten, als Vermittler und Einflüsterer. Ernst verlor als Chef des Hauses seine Funktion des Regisseurs, der das Geschehen auf der Vorderbühne bestimmte. Nach Goffmans Analyse kann eine solche Öffnung zu gefährlichen Wellen führen, die das gesamte Gefüge aufbrechen und eine grundlegende Umformatierung innerhalb der sozialen Gruppe nach sich ziehen können.3 Vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungen nach der französischen Revolution und des Kampfes einer ganzen Gesellschaftsschicht darum, „oben zu bleiben“, musste Ernst die alte Ordnung in seinem Haus wieder herstellen. Eine Ehekrise war keineswegs nur eine private Angelegenheit, sondern betraf den gesamten Familienverband. Die Lösung des Problems war aus diesem Grund schon von Beginn an nicht nur eine Sache zwischen Ernst und Luise. Sowohl die Mutter des Ehemannes, Auguste, als auch die Stiefmutter der Gattin, Caroline, wurden in die Diskussion einbezogen. In dieser Phase der Unordnung in der aus dynastischen Gründen geschlossenen Ehe zwischen Ernst und Luise lassen sich an diesem Mikrokosmos exemplarische Muster ablesen, die wirkmächtig werden, wenn eine Fürstenehe zu scheitern droht. Dabei fallen Parallelen auf, die sich aus dem diachronen Vergleich mit einem ähnlichen Fall im Hause Sachsen-Weimar ergeben. Zunächst wurde die in Verdacht des Ehebruchs stehende Frau öffentlich diskreditiert, zur „Umerziehung“ an den Hof ihrer Herkunftsfamilie zurück geschickt und ihrer finanziellen Möglichkeiten beraubt. Es wurde in beiden Fällen diskutiert, ob die Renegatin wegen ihres unreifen Charakters als unzurechnungsSchlussbemerkungen  |

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fähig gelten konnte und ob zur Vermeidung weiteren Skandals eine Arrestierung ins Auge zu fassen sei. Während dies im Haus Sachsen-Weimar ein Jahrhundert zuvor noch geschehen war und es auch im Haus Sachsen-Coburg bereits einen ähnlichen Fall gegeben hatte, sah Ernst doch von dieser drastischen Maßnahme ab. Es ist wahrscheinlich, dass er sich der Sympathien bewusst war, die es für Luise im Herzogtum gab und Widerstand fürchtete, der sich ja schließlich auch in den Tagen des Coburger Aufruhrs Bahn brach. Ernst entschied sich für die Verbannung seiner Frau ins entlegene St. Wendel. Sie wurde zum „Sündenbock“ gestempelt und zahlte damit den Preis für den dynastischen Ehrgeiz der Familie ihres Ehemannes. Das Schicksal Luises liefert einen tiefen Einblick in die Sanktionsmechanismen, die der Adel für Abtrünnige bereithielt, die, um in der Sprache Erving Goffmans zu bleiben, keine Unterscheidung zwischen ihrem Verhalten auf der Vorder- und der Hinterbühne trafen, die die Regel der Affektkontrolle missachteten und damit die Täuschung entlarvten. Ernsthafte Versöhnungsbemühungen gab es nach der Verbannung Luises nicht mehr, vielmehr nutzte der Herzog ihre schwache Position, um die Scheidung voranzutreiben. Auffällig ist hier, dass sich auch die Vertreterin ihrer Herkunftsfamilie, ihre Stiefmutter Caroline, von ihr abwendete und sich auf die Seite des Mannesstammes des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld stellte. In der Ehekrise des Weimarer Herzogs hatte sich dessen Schwiegerfamilie zunächst noch vermittelnd und unterstützend an die Seite der Ehefrau gestellt, doch in Luises Fall schien aus dynastischer Perspektive ein gemeinsames Vorgehen Sachsen-Coburg-Saalfelds und Sachsen-Gotha-Altenburgs ratsam. Caroline war sich sicherlich bewußt, dass Ernst als Vormund seiner Frau Anspruch auf das Gothaer Territorium erheben würde. Ihr Einfluss würde größer sein, wenn sie sich um ihre nun mutterlos gewordenen Enkel Ernst und Albert kümmern würde. Ob Luise nun tatsächlich Ehebruch begangen hatte, oder es sich bei den Vorwürfen nur um eine geschickte Diskreditierung handelte, war für den weiteren Ausgang unerheblich. Es gab aus der Perspektive des Fürsten nur eine Möglichkeit: die Auflösung der Ehe, die in protestantischen Häusern eine in den Normen liegende Option war. „Die Scheidung eines Herzogpaares dokumentierte, dass das Ehepaar wie auch das gesamte Haus nicht in der Lage waren, eheliche Differenzen zu lösen. Demgegenüber stellte eine Scheidung – zumindest für protestantische Fürsten wie die Ernestiner – zugleich ein legitimes Mittel dar, um letztlich wieder geordnete Verhältnisse herzustellen“, hält Stefanie Walther fest.4 Konstruierte Scheidungsgründe lagen dabei im Bereich der Handlungsoptionen, wie sowohl der Fall in Sachsen-Weimar als auch der Fall in Coburg zeigen. Ernst würde Luise bis

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zu ihrem Tod nicht nur des Ehebruchs bezichtigen, sondern auch des Hochverrats im Zusammenwirken mit der gefürchteten Autorin Madame Panam. Er lastete seiner Ehefrau die alleinige Schuld an den Coburger Unruhen an, obwohl diese sich gegen das herzogliche Haus und die Willkür eines Adjutanten Ernsts richteten und sich an der Verbannung Luises lediglich entzündeten. Aus dynastischen Erwägungen musste der Herzog alle Register des Umgangs mit Renegaten gegen seine Ehefrau ziehen, um die Kontrolle über die Coburger Vorderbühne zurück zu erlangen. Wie reibungslos die Entfernung Luises vom Hof schließlich doch bewerkstelligt wurde, widerspricht der Auffassung, dass ein schwaches oder fehlendes Glied in der Ahnenkette das Funktionieren eines herrschaftlichen Hauses gefährden muss. Vielmehr ist aus dem Fall Luises abzuleiten, wie sich ein soziales Netzwerk im Hochadel nach dem Verlust eines Mitglieds reorganisiert. Ernsts Mutter Auguste, die in der Heiratsdiplomatie der Coburger so versierte Macht hinter den Kulissen, sorgte schnell für Ersatz. Ernst heiratete in zweiter Ehe seine Nichte. Am Schicksal Luises lässt sich auch ablesen, dass die Frauen der Coburger Wettiner mehr waren als nur ergeben Gebärende. Sie erweisen sich bei näherer Betrachtung als die eigentlichen Konstrukteure und Wartungsspezialisten des so erfolgreichen, schließlich über ganz Europa ausgedehnten Netzwerkes, das einem unbedeutenden und finanzschwachen Fürstentum schließlich königliche Würden bescherte. Allen voran war es Ernsts Mutter Auguste, die ihre weiblichen Verwandten in Schlüsselpositionen manövrierte und damit die Coburger Signatur prägte. Ihr Sohn Leopold sollte sich als ihr gelehrigster Schüler erweisen, als er schließlich seinen Neffen Albert der Königin von Großbritannien zuführte. Ebenso wichtig wie das Stiften von Ehen war für das Netzwerk die interne Kommunikation. Johannes Paulmann legt nahe, den Austausch zwischen den Angehörigen einer Dynastie wie den Aufbau eines Telegraphennetzwerkes oder eines Korrespondentennetzes zu betrachten.5 Wer über einen Informationsvorsprung verfügte, konnte sich auf die Herausforderungen einer sich dramatisch wandelnden Gesellschaft besser einstellen. Briefe und Besuche waren das probate Mittel, den Zusammenhalt zu stärken. Dabei wurde die dynastische Bedeutung der innerfamiliären Angelegenheiten auch von den Frauen der Ernestiner diskutiert und bewertet. Dies zeigt der Fall Luises in der Analyse der Briefe Augustes, Carolines und der Schwester Ernsts, Sophie von Mensdorff-Pouillys. Zur Lösung von Konflikten wurden Vorschläge unterbreitet oder praktische Hilfestellung geleistet. Die männliche Hierarchie wurde bei den Coburgern also ergänzt durch ein sehr flexibles, sehr dehnbares und erfindungsreiches weibliches Gespür für die Erfordernisse eines funktionierenden Hauses. Dies erklärt auch, warum es für eine Schlussbemerkungen  |

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Verstoßene wie Luise kaum weibliche Solidarität im Familienverband gab. Im Kampf ums „oben bleiben“ erfüllten die Frauen der Wettiner also nicht unerhebliche Anpassungsleistungen, die über das Gebären von männlichem Nachwuchs als Garanten der Fortführung der Ahnenreihe weit hinausgingen. Konnte der weibliche Einfluss auf der einen Seite die Dynastie stützen, konnte er auf der anderen Seite auch eine gefährliche destruktive Kraft entwickeln. Das zeigt die Affäre um die Memoiren der angeblichen Geliebten Ernsts, der mysteriösen Madame Panam. Durch die Schmähschrift wurden die Geheimnisse der Coburger Hinterbühne auf internationaler Ebene enthüllt – jedenfalls muss es den Rezipienten des Skandalromans so erschienen sein. Ernst zeigte sich unfähig, mit der Affäre angemessen umzugehen, was zu einem existentiellen Konflikt mit seinem jüngeren Bruder Leopold führte, der über weit mehr diplomatische Einsicht verfügte. Ernst wählte die Mittel der Restauration, nur um zu erfahren, dass die veröffentliche Meinung vor seinen Palasttoren nicht mehr Halt machte und mit Pressezensur nicht mehr zu unterdrücken war. Die Panam-Affäre war nur ein Vorbote des Abgesangs auf die fürstliche Allmacht, wie sie sich in den nach den napoleonischen Reformen noch immer existerenden Kleinstaaten in Deutschland erhalten hatte. Luise zum „Sündenbock“ auch für die Enthüllungen der Panam zu stempeln, war aus Sicht Ernsts ein nachvollziehbarer Reflex, aber es war angesichts der Größe des Problems marginal. Es stand nicht weniger auf dem Spiel als die internationale Reputation der Coburger – und damit Macht und Einfluss. Gerüchte konnten toleriert werden, solange sie lediglich im inneren Zirkel der Paläste kursierten. Ernst wurde die Lage, wenn sie nach außen drangen. Wurden sie dann auch noch publiziert, konnten sie sich zu einer Staatsaffäre ausweiten, wie Robert Darnton feststellt.6 Dies zu erkennen, fehlten Ernst Erfahrung und Überblick. Schon in der Ehekrise mit Luise hatte er unterschätzt, welche Kraft der „allgemeine Volksgeist“7 entwickeln konnte. Damals war es Luise gelungen, eine Beziehung und eine Kommunikation mit der Bevölkerung am Fürsten vorbei aufzubauen. Die Berichterstattung über die Coburger Unruhen konnte noch unterdrückt werden, da sich das Geschehen im bescheidenen Rahmen der deutschen Provinz abspielte. Doch die Affäre Panam war dazu angetan, einen internationalen Skandel auszulösen. Ernst konnte nicht erkennen, dass mit der Entwicklung einer freien Presse die fürstliche Herrschaft auf den Prüfstand gestellt wurde. Sein Bruder Leopold war dazu in der Lage, und sein Sohn Albert sollte in seiner Ehe mit Queen Victoria daraus die Schlüsse ziehen und die Signatur der Coburger weiterentwickeln zu einem Erfolgsmodell, das auf Zurückhaltung in Machtfragen ausgerichtet war. Mit dieser subtilen Präsenz gelang

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|  Schlussbemerkungen

Albert eine Modernisierung im höfischen Rahmen, weil er erkannte, dass sich ein herrschendes Haus nicht mehr nur auf seine Selbstreferenz hochadeliger Herkunft stützen konnte, sondern sich der Frage des Publikums stellen musste: wozu sind sie nütze? Dies beantwortete Albert mit seinen Projekten zur sozialen Frage und seinem unermüdlichen Schaffensdrang, der der viktorianischen Epoche mit der Weltausstellung in London 1851 einen bemerkenswerten Höhepunkt verlieh und weit in die Zukunft wies. Verkürzt könnte man die Signatur der Coburger, die sie im 19. Jahrhundert entwickelten, so beschreiben: Suche die Nähe der Macht, aber verschleiere, wenn nötig, deine Absichten. Zeige Präsenz auf der politischen Bühne, aber wahre die Geheimnisse der Familiengeschichte. Bis zur Selbstaufgabe waren die Coburger damit erfolgreich. Der viktorianische Journalist Walter Bagehot erhob diese in der Geschichte herausragende Signatur gar zum Prinzip der konstitutionellen Monarchie, deren Wesen die Verschleierung sei.8 Die wahre Macht versteckte sich hinter einem repräsentativen Zeremoniell, was nach Bagehots Ansicht dem eingeschränkten Politikverständnis der Massen entgegenkam. Prinz Albert, Luises Sohn und ihr Schwager Leopold, erster König der Belgier, waren nach dem Urteil Bagehots in diesem Sinne vorbildliche Repräsentanten ihrer Zunft. Coburger durch und durch, verkörperten sie den Charme der idealen Monarchie, wie sie Bagehot vorschwebte: sie lebe von ihrer Magie, die niemals dem Tageslicht ausgesetzt werden dürfe.9 Mit dieser Strategie gelang es der Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha, trotz widriger Ausgangsbedingungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts, ein Erfolgsmodell adeligen Überlebens an der Spitze der Gesellschaft zu entwicklen. Die Coburger Signatur wirkt fort, auch oder gerade weil die britische Monarchie daraus ihre Lektionen ableitete. Traditionen bewahren, wo möglich, Anpassung und Wandel, wo nötig. Dazu gehörte auch, die Geheimnisse der Hinterbühne zu verbergen, um den Preis, unangepasste Familienmitglieder wie Luise der historischen Bedeutungslosigkeit anheim fallen zu lassen. Dass die Royal Archives in Windsor Castle die dort vorhandenen Dokumente für die vorliegende Dissertation einsehen ließen, hat einen neuen Blick auf das Schicksal der vergessenen Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld ermöglicht.

Schlussbemerkungen  |

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Anhang Anmerkungen Einleitung 1 Fischer, O.: Denkwürdigkeiten aus dem Leben der Herzogin Luise von SachsenGotha-Altenburg (kommentierte Ausgabe des verschollenen Manuskripts von Julie von Zerzog, geb. von Thon-Dittmer), in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge, Band 24, Jena 1924, S. 450. 2 Lutz Schilling, Direktor des Thüringischen Staatsarchivs Gotha, in seinem Vorwort zu: Barthel, Rosemarie: Prinzessin Luise von Sachsen-Gotha und Altenburg – Stamm-Mutter des englischen Königshauses. Quelleninventar des Thüringischen Staatsarchivs Gotha, Gotha 2009, S. 8. In der Folge wird die Publikation bezeichnet als „Quelleninventar Gotha“. 3 Vgl. Nicklas, Thomas: Das Haus Sachsen-Coburg. Europas späte Dynastie, Stuttgart 2003, S. 7. 4 Walther, Stefanie: Die (Un-)Ordnung der Ehe, Normen und Praxis ernestinischer Fürstenehen in der Frühen Neuzeit, München 2011, S. 366. 5 Hofmann, Friedrich: Drei Tage aus dem patriarchalischen Staat, in: „Die Gartenlaube“, Leipzig 1862, Nr. 3, S. 41 – 44. 6 Staatsarchiv Coburg (künftig StACo), LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 29. Oktober 1825. 7 Vgl. Walther, S., a.a.O., S. 53. 8 Vgl. Anm. 1. 9 Vgl. Diemel, Christa: Adelige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert, Frankfurt am Main 1998, S. 37. 10 Auch Luises Sohn Albert hatte sich von seiner Mutter abgewendet, während er mit ihrer Stiefmutter Caroline einen umfangreichen Briefverkehr pflegte. Die Grabstätte Luises war ihm zunächst unbekannt. 1832 war ihre Leiche in der Gruft der Dorfkirche von Pfeffelbach beigesetzt worden. Erst 1846 ließ Albert nach den sterblichen Überresten suchen und sorgte dafür, dass der Sarg Luises in die herzogliche Gruft in der Coburger Moritzkirche überführt wurde. Die neuerliche Beisetzung musste auf seine Anordnung um Mitternacht in aller Stille geschehen. Vgl. Royal Archives, Windsors Castle (künftig RA), VIC/MAIN/I/1/16. 11 Rosemarie Barthel schreibt in ihrem Vorwort zum Quelleninventar Gotha über Herzogin Luise: „Da sie in ihrer Geburtsstadt leider fast vergessen ist, möchten wir die Forschung gerne dafür sensibilisieren. (…) Ziel ist es (…), auf die im Thüringischen

Staatsarchiv Gotha vorhandenen und bisher wenig genutzten Quellen zu diesem Thema aufmerksam zu machen.“ Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 9. 12 Reif, Heinz: Adel im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999, S. 9. Reif führt aus, dass der Anteil des Adels an der Gesamtbevölkerung während des „langen“ 19. Jahrhunderts drastisch sank: von 0,5% (1815/30) auf weniger als 0,1% (1925). 13 Ebd., S. 40. 14 Ebd., S. 30. 15 Vgl. Paletschek, Sylvia: Adelige und bürgerliche Frauen (1770–1870), in: Fehrenbach, Elisabeth (Hrsg.): Adel und Bürgertum in Deutschland 1770–1848, München 1994, S. 175. Paletschek weist darauf hin, dass sich in den Standardwerken zu Ehescheidungen nichts zum deutschen Adel finden lässt. Die folgende Reihe geschiedener Frauen aus dem Hochadel, deren Schicksal mit dem Luises vergleichbar ist, kann also keinesfalls als vollständig betrachtet werden. Scheidung und Verbannung erlebten Katharina Elisabeth Freifrau von Galler (1607–1672), Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (1666–1726), Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel (1746–1840), Caroline Mathilde von Dänemark (1751–1775) und Marianne von Preußen (1810–1883). 16 Vgl. Walther, S., a.a.O. 17 Vgl. Frie, Ewald: Adel um 1800. Oben bleiben?, in: zeitenblicke 4, 2005, Nr. 3, URL: http://www.zeitenblicke.de/2005/3/Frie/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-92457, [17.02.2012]. Vgl. auch: Thamer, Hans-Ulrich: Die Französische Revolution, München 2004. 18 Ebd. 19 Vgl. Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 19, Bd. 2, Innsbruck 2008, Editorial S. 5. 20 Vgl. Ullrich, Volker: Die schwierige Königsdisziplin, in: DIE ZEIT, 4. April 2007, Nr. 15, S. 51f. 21 Ebd. 22 Nachfahren der Coburger fanden und finden sich seit dem 19. Jahrhundert in vielen europäischen Ländern, oft suchten sie die Nähe der Macht: durch Heirat kamen sie nach Russland, Österreich, Ungarn, Portugal, Bulgarien, Belgien, Großbritannien und Irland, Schweden und mit Vicky, der Tochter Queen Victorias und Prinz Alberts und Mutter Kaiser Wilhelms II., auch wieder zurück nach Deutschland. Vergl. Pellender, Heinz: Ein Herzogtum macht Weltgeschichte – Coburger Prinzen und Prinzessinnen und deren Nachkommen auf europäischen Thronen, 4. Auflage, Coburg 1989 und Barthel, Rosemarie: Die Königshäuser Europas – von Gotha geadelt, Gotha 2011. 23 Vgl. Knöfel, Anne-Simone: Dynastie und Prestige. Die Heiratspolitik der Wettiner, Köln/Weimar/Wien 2009, S. 436. Anmerkungen  |

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24 Ebd. S. 430 f. 25 Vgl. ebd. 26 Zur dynastischen Verflechtung der Sachsen-Coburger mit den Thronen Europas vgl. Schilling, Ludwig (Hrsg.): Die Königshäuser Europas – von Gotha geadelt. Friedensteinsche Quellen Nr. 4, Gotha 2011. 27 Nicklas, T., a.a.O., S. 78. 28 Vgl. Malinowski, Stephan: Vom König zum Führer. Sozialer Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen Kaiserreich und NS-Staat, Berlin 2003, S. 50. 29 Vgl. Knöfel, A., a.a.O., S. 378. Weitere Studien zum Netzwerk der Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha finden sich in Urbach, Karina (Hrsg.): Royal Kinship, Anglo-German Family Networks 1815 – 1918, München 2008. 30 Vgl. Paulmann, Johannes: Pomp und Politik. Monarchenbegegnungen in Europa zwischen Ancien Régime und Erstem Weltkrieg, Paderborn/München/Wien/ Zürich 2000, S. 48. 31 Vgl. Paulmann, J., a.a.O., S. 134 f. 32 Vgl. ebd., S.147. 33 Ebd. 34 Vgl. StACo, Koháry-Archiv, Findmittel der Staatlichen Archive Bayerns, 2009. Privatkorrespondenz der Häuser Sachsen-Coburg-Saalfeld bzw. Sachsen-CoburgGotha, sowie Koháry und Mensdorff-Pouilly, S. 16 – 68. 35 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 76 – 143. 36 Vgl. Bauer, Franz J.: Das ‚lange’ 19. Jahrhundert. Profil einer Epoche, Stuttgart 2004, S. 24 ff. 37 Vgl. Carter, Miranda: The Three Emperors. Three Cousins, three Empires and the Road to World War One, London 2009. Clark, Christopher: Wilhelm II., Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers, München 2008. Clay, Catherine: King, Kaiser, Tsar. Three Royal Cousins Who Led the World to War, New York 2006. Neitzel, Sönke: Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert, Weltkrieg und Revolution 1914 – 1918/1919, Berlin 2008. 38 Dieser Begriff geht auf den Soziologen Niklas Luhmann zurück. Ewald Frie deutet ihn in seinem Aufsatz „Adel um 1800. Oben bleiben?“ (a.a.O.) um in eine Anastrophe, also eine Inversion im soziologischen Sinne, in der die gewohnte Rangordnung in der Gesellschaft verändert wird. Da Anastrophe aber auch eine Wendung zum Besseren bedeutet, ist dieser Begriff aus Sicht der regierenden Fürstenhäuser zur der Zeit um 1800 möglicherweise missverständlich. Das Ringen darum, oben zu bleiben, verfolgt das Ziel, den gesellschaftlichen Wandel, der sich im sogenannten „Laboratorium der Moderne“ andeutet, aufzuhalten. Dominic Lieven beschreibt den einsetzenden Machtverlust gar als Attacke: „Der Angriff auf die Aristokratie

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begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Aufklärung leugnete, dass die irdische Ordnung einen göttlichen Willen widerspiegele. Des Menschen Ziel sei Glück und Zufriedenheit auf Erden, nicht Erlösung im Jenseits. Menschliches Elend sei das Ergebnis nicht der Erbsünde, sondern fehlerhafter Einrichtung von Regierung, Gesellschaft und Wirtschaft. Vernünftige Menschen guten Willens müßten die Gesellschaft zu reformieren suchen. Ihr Verdienst und ihr Ansehen sollten ihrem persönlichen Beitrag zu dieser Sache entsprechen. Traditionelle Werte, Gewohnheitsrechte und Standesprivilegien behinderten die Schaffung der guten Gesellschaft und sollten abgeschafft werden. Der Aristokrat müsse den Stolz auf seine Geburt und seine vorrangige Loyalität gegenüber seiner Familie und seiner Klasse vergessen. Er solle ein Bürger wie andere werden und die Tugenden des Maßes sowie der Güte, Vernunft und harten Arbeit pflegen. Diese Doktrinen unterminierten die Prinzipien, auf denen die alte Ordnung ruhte. Deren Bedrohung wurde dann durch den Ausbruch der Französischen Revolution enorm verstärkt.“ Lieven, Dominic: Abschied von Macht und Würden. Der europäische Adel 1815 – 1914, Frankfurt am Main 1995, S. 28. 39 Frie, E., a.a.O. 40 Reif, H., a.a.O., S. 1. 41 Marburg, Silke: Europäischer Hochadel. König Johann von Sachsen (1801 – 1873) und die Binnenkommunikation einer Sozialformation, Berlin 2008, S. 40. 42 Vgl. Frie, E., a.a.O. 43 Hölscher, Lucian: Die Entdeckung der Zukunft, Frankfurt am Main 1999, S. 68. 44 Frie, E., a.a.O. 45 Goffman, Erving: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen, Frankfurt am Main, 1980. Darin schreibt Goffman auf Seite 16: „Mir geht es um die Situation, um das, dem sich ein Mensch in einem bestimmten Augenblick zuwenden kann; dazu gehören oft einige andere Menschen und mehr als die von allen unmittelbar Anwesenden überblickte Szene. Ich gehe davon aus, daß Menschen, die sich gerade in einer Situation befinden, vor der Frage stehen: Was geht hier eigentlich vor? Ob sie nun ausdrücklich gestellt wird, wenn Verwirrung und Zweifel herrschen, oder stillschweigend, wenn normale Gewißheit besteht – die Frage wird gestellt, und die Antwort ergibt sich daraus, wie die Menschen weiter in der Sache vorgehen. Von dieser Frage also geht das vorliegende Buch aus, und es versucht ein System darzustellen, auf das man zur Beantwortung zurückgreifen kann.“ 46 Goffman, E., Rahmen-Analyse, a.a.O., S. 22. „Persönlich“, so fährt Goffman fort, „halte ich die Gesellschaft in jeder Hinsicht für das Primäre und die jeweiligen Beziehungen des einzelnen für das Sekundäre; die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich nur mit dem Sekundären.“ Er erläutert seinen Ansatz ausführlicher: „Mein Ziel ist der Versuch, einige der grundlegenden Rahmen herauszuarbeiten, die Anmerkungen  |

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in unserer Gesellschaft für das Verstehen von Ereignissen zur Verfügung stehen, und ihre besonderen schwachen Punkte zu analysieren. Ich gehe von der Tatsache aus, daß vom Standpunkt eines bestimmten Menschen aus etwas als das erscheinen kann, was tatsächlich vor sich gehe, während es sich in Wirklichkeit einfach um einen Scherz oder einen Traum oder einen Zufall oder einen Fehler oder ein Mißverständnis oder eine Täuschung oder eine Theateraufführung usw. handeln kann. Und wir werden uns fragen, weshalb unsere Auffassung von dem, was vor sich geht, so anfällig für das Bedürfnis nach diesen verschiedenen Umdeutungen ist.“ (Ebd., S. 18 f.). 47 Vgl. Goffman, Erving: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag, München 1983. 48 Vgl. Goffman, E., Rahmen-Analyse, a.a.O., S. 17. 49 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 101. 50 Goffman selbst zieht in „Wir alle spielen Theater“ an einigen Stellen die Parallele zum Hofleben als besonders ausgeprägtem sozialen Theater. Ein Beispiel: „Wenn wir eine Szene nehmen, für die ein Ensemble von mehreren Darstellern erforderlich ist, stellen wir bisweilen fest, daß ein Ensemblemitglied zum Hauptdarsteller, Star oder Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wird. Ein extremes Beispiel bietet das traditionelle Hofleben, wo in einem Saal das Gefolge als lebendes Bild so arrangiert ist, daß das Auge von jedem Punkt im Saal aus auf den König als Mittelpunkt der Aufmerksamkeit hingeführt wird. Er darf auch auffälliger gekleidet sein und höher sitzen als alle anderen.“ Ebd., S. 92. 51 Vgl. Elias, Norbert: Die höfische Gesellschaft, Frankfurt am Main 2002. Zur kritischen Auseinandersetzung mit den Thesen Norbert Elias’ in der neueren Forschung vergl. Asch, Ronald G.: Hof, Adel und Monarchie. Norbert Elias’ Höfische Gesellschaft im Lichte der neueren Forschung, in: Opitz, Claudia (Hrsg.): Höfische Gesellschaft und Zivilisationsprozeß. Norbert Elias‘ Werk in kulturwissenschaftlicher Perspektive, Köln 2005, S. 119–142. 52 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 34. 53 Vgl. Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, Leipzig 1832, darin S. 52–55 die Artikel von Johann Georg Mussmann über Öffentliche Meinung und Öffentlichkeit. 54 Ebd., vgl. auch Schiewe, Jürgen: Öffentlichkeit. Entstehung und Wandel in Deutschland, Paderborn 2004, S. 55. 55 Zitat entnommen aus Schiewe, J., a.a.O., S. 49. 56 Vgl. ebd., S. 50. 57 Zitiert nach Frie, E., a.a.O. 58 Vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 213. Den Begriff der „repräsentativen Öffentlichkeit“ hatte Jürgen Habermas für die höfische Gesellschaft des Absolutismus geprägt. Vergl. Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt am Main 1962/1990.

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59 Vgl. Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 19–71. 60 Vgl. ebd., S. 19. 61 Ebd., S. 36. 62 Vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 117. 63 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 105 f. 64 Ebd., S. 149. 65 Ebd., S. 150. 66 Vgl. StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Brief Ernst I. (Abschrift), Coburg, den 25. April 1823. 67 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 26. 68 Vgl. StACo, NL (Höfer), Nr. 5, Abschrift eines Briefes (wahrscheinlich Ernst an Metternich), 8. Juni 1823, unpag. 69 Wienfort, Monika: Gesellschaftsdamen, Gutsfrauen und Rebellinnen. Adelige Frauen in Deutschland 1890 – 1939, in: Conze, Eckart/Wienfort, Monika (Hrsg.): Adel und Moderne, Köln 2004, S. 182. 70 Ebd. 71 Elias, N., a.a.O., S. 21. 72 Marburg, S., a.a.O. Die Forschung in der Breite dagegen, also die Fülle von Einzelbetrachtungen abgegrenzter Themenfelder und einzelner Adelsgruppen, hat nach Einschätzung Marburgs in den vergangenen Jahren einen beachtenswerten Umfang erreicht. Einen guten Überblick über die Geschichte des Adels liefern folgende Arbeiten: Wienfort, Monika: Der Adel in der Moderne, Göttingen 2006; Lieven, Dominic: Abschied von Macht und Würden, Der europäische Adel 1815–1914, Frankfurt am Main 1995 sowie Reif, Heinz: Adel im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999. 73 Reif, H., a.a.O., S.1. Monika Wienfort beschreibt die Hofgesellschaft als zentralen Adelsraum im 19. Jahrhundert: „Wie in der frühen Neuzeit bestand die wichtigste Funktion des Hofes in der Repräsentation der Monarchie und der Verkörperung gesellschaftlicher Hierarchie. Staatsleitung und –verwaltung waren jedoch niemals strikt von dieser Repräsentationsfunktion getrennt. Das trug nicht unerheblich zu ihrer Anziehungskraft gerade auch für das Bürgertum bei. Deutschland stellte im Blick auf die Hofgesellschaft im europäischen Vergleich einen Sonderfall dar. Während sich in London und bis 1870 in Paris, in Madrid und Sankt Petersburg nationale Repräsentation vollzog, existierten im Deutschen Bund und später im Kaiserreich zahlreiche Höfe nebeneinander.“ Wienfort, M., Adel in der Moderne, a.a.O., S. 135. 74 Frie, E., a.a.O. 75 Menning, Daniel: Adlige Lebenswelten und Kulturmodelle zwischen Altem Reich und „industrieller Massengesellschaft“ – ein Forschungsbericht, unpag., in: H-Sozu-Kult, 23.09.2010, http://hsozkult.geschichte.hu.berlin.de/forum/2010-09-001, [August 2012]. Anmerkungen  |

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76 Ebd., Menning stellt in seinem Fazit fest, dass die Forschung zum preußischen Nordosten noch überwiegt, inzwischen aber weitere Regionen in den Blick genommen werden. Dazu gehört zum Beispiel der sächsische Adel, der von Silke Marburg, Josef Matzerath und Marko Kreutzmann untersucht wurde, siehe Anmerkungen 6, 8 und 9 bei Menning. Den westfälischen Adel untersuchte Heinz Reif (Anm. 34), den bayerischen Adel Dieter J. Weiß (Anm. 69). Menning gibt insgesamt einen guten Überblick über die regionalen Ansätze der Adelsforschung. Zu ergänzen wäre noch die Arbeit von Thomas Nicklas über das Haus SachsenCoburg, a.a.O. 77 Vgl. ebd., Kapitel „Der adelige Wertehimmel – Charakteristikum eines Standes in nachständischer Zeit?“. 78 Vgl. ebd., Kapitel „Adel und Nation – Adel und Region“. 79 Vgl. ebd., Kapitel „Adliger Lebensunterhalt – Kontinuitäten und Wandlungen“. 80 Vgl. Anm. 41. 81 Ebd., Kapitel „Hochadel und Monarchismus – Gruppenkonstitution und gesellschaftliche Prägekraft“. 82 Ebd., Kapitel „Fazit“. 83 Ebd. 84 Diemel, C. a.a.O. 85 Ebd., S. 16. 86 Ebd. 87 Vgl. ebd., S. 17. 88 Vgl. ebd., S. 47. 89 Vgl. ebd., S. 50. 90 Vgl. ebd., S. 101. 91 Vgl. ebd., S. 215. 92 Vgl. ebd., S. 217. 93 Ebd., S. 221. 94 Walther, S., a.a.O. 95 Ebd., S. 362. 96 Vgl. ebd., S. 360. 97 Vgl. ebd., S. 361. 98 Vgl. ebd., S. 362. 99 Vgl. ebd., S. 363. 100 Vgl. Reif, H. a.a.O., S. 1. 101 Ebd. 102 Vgl. ebd., S. 35. 103 Vgl. ebd., S. 32. 104 Ebd., S. 27.

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105 Vgl. ebd. 106 Vgl. Kubrova, Monika: Vom guten Leben. Adelige Frauen im 19. Jahrhundert, Diss. Berlin 2011, S. 11. 107 Vgl. ebd., S. 12. 108 Vgl. dazu auch Reif, H., a.a.O., S. 119. 109 Vgl. Kubrova, M., a.a.O., S. 25. 110 Ebd., S. 103. 111 Vgl. ebd., S. 110. 112 Vgl. dazu Lüdtke, Alf (Hrsg.): Herrschaft als soziale Praxis. Historische und sozialanthropologische Studien, Göttingen 1991. Lüdke ermuntert dazu, weniger in formalen Kategorien von autorisierter Herrschaft zu denken, sondern die Kräftefelder in den Blick zu nehmen, die den Inhaber legitimer Macht umgeben. Analog zum physikalischen Verständnis gibt es hier Rückkoppelungen, die die menschlichen Handlungsweisen determinieren und begrenzen. Dabei wird die klassische Politikgeschichte, die Personen und Institutionen im Streben um Macht untersucht, ergänzt durch geschlechts- und alltagsspezifische Aspekte. Siehe dazu auch: Martschukat, Jürgen: Feste Banden lose schnüren. „Gouvernemantalität“ als analytische Perspektive auf Geschichte, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 3 (2006) H. 2., URL: http://www.zeithistorischeforschungen.de/16126041-Martschukat-2-2006. [August 2012] 113 Vgl. Paletschek, S., a.a.O., S. 185. 114 Ebart, Paul von: Luise, Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Ein Lebensbild in Briefen derselben. Minden in Westfalen 1903, S. XI f. 115 Dreesen, Josef/Schnur, Gerhard: Luise, Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Ein Porträt, St. Wendel 2006. 116 Conrad Höfer war ein pensionierter Coburger Lehrer, der Anfang des 20. Jahrhunderts mit umfangreichen Recherchen versuchte, die „Affäre Panam“ aufzuklären. Sein Nachlass mit Aufzeichnungen und Recherchen zur Affäre Panam befindet sich im Staatsarchiv Coburg. StACo NL (Höfer), Nr. 5 und Nr. 6. 117 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Handschriftliche Kopie aus dem Staatsarchiv Wien, Vertrauliches Schreiben an den Botschafter Frankreichs am sächsischen Hof, Monsieur de Rumigny, überreicht von M. v. Szymborski, betreffend die Angelegenheiten der Madame Panam, verfasst in Coburg am 28. Oktober 1823. StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Brief Ernst I (Abschrift) Coburg, 25. April 1823 an Ew. Durchlaucht, (vermutlich an Fürst Metternich). StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Gutachten des alten Advokaten im königlichen Gericht Billecoaq, Paris den 25. Mai 1823. Ebd., Brief Ernst I. an den französischen König, wahrscheinlich vom April 1823, unpag. Anmerkungen  |

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StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Vertrauliches Schreiben an den Botschafter Frankreichs am sächsischen Hof, Monsieur de Rumigny, überreicht von M. v. Szymborski, betreffend die Angelegenheiten der Madame Panam, verfasst in Coburg am 28. Oktober 1823 (handschriftliche Kopie aus dem Staatsarchiv Wien). StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Extract aus einem Briefe des G.R. von Lindenau vom 5. Juni 1823 aus Gotha (Beilage zum Briefe des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). StaCo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Abschrift eines Briefes des Oberconsistorialdirektors Peucer an den Herzog Ernst (Beilage zum Brief des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Schreiben des Staatsarchivs Weimar vom 26. Oktober 1922 an Dr. Conrad Höfer. StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Schreiben vom 23. August 1823. StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Extract aus einem Briefe des G.R. von Lindenau vom 5. Juni 1823 aus Gotha (Beilage zum Briefe des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst, 4. Nov. 1823. StACo, LA A, Nr. 6509, fol. 3 – 6: Bericht des Miltitz über Vorwürfe gegen Luise, Gotha, 29. 4.1831. Quelleninventar Gotha, a.a.O. Vgl. StACo, Stockmar A II Nr. 25, unpag., Abschrift eines Briefes von Herzogin Auguste an ihren Sohn Leopold, geschrieben aus Prag, ohne Datum. Hierin erwähnt Auguste einen umfangreichen Briefwechsel Luises mit Leopold.

Jugend und Erziehung 1 Gestrich, Andreas/Krause, Jens-Uwe/Mitterauer, Michael: Geschichte der Familie, Stuttgart 2003, S. 455. 2 Haarmann, Franz: Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha. Deutsche Fürstenhäuser Heft 21, Werl 2011, S. 5. 3 Urbach, Karina: Introduction. Royal Kinship. In: Urbach, Karina (Hrsg.): Royal Kinship. Anglo-German Family Networks 1815 – 1919, München 2008, S. 18. 4 Paulmann, J., a.a.O., S. 93. 5 Ebd. 6 Das Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg existierte seit 1672. Erste Erwähnung findet Gotha im Jahr 775 in einer Schenkungsurkunde Kaiser Karls des Großen an das Kloster Hersfeld. 1263 wird Gotha nach dem hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg dem Herrschaftsbereich der Wettiner zugeschlagen, einem der ältesten regierenden Häuser in Europa (seit 1034). 1353 kommt Coburg hinzu. 1423 erwirbt

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Kurfürst Friedrich I. von Sachsen die Gebiete und vereint seine Territorien unter dem Namen Sachsen. Künftig tragen alle Mitglieder des Hauses Wettin den Titel Herzog oder Herzogin von Sachsen. In der Folge gibt es vielfache erbbedingte Teilungen, aus denen eine albertinische und eine ernestinische Linie hervorgehen. Aus letzterer entwickelten sich im 17. bzw. 18. Jahrhundert die Herzogtümer SachsenGotha-Altenburg und Sachsen-Coburg-Saalfeld, vgl. Sandner, Harald: Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha, Coburg o.J., S. 13 – 25. 7 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 12 f. Die Ehe der Eltern Luises war eine arrangierte Ehe, wie in vielen Fürstenfamilien im 18. und 19. Jahrhundert üblich. Augusts Vater, Herzog Ernst II., hatte die erst 18-jährige Prinzessin Louise Charlotte als Gemahlin seines Sohnes ausgesucht. Die Trauung fand am 21. Oktober 1797 in Schwerin statt. Schwiegervater und Schwiegertochter waren einander sehr zugetan: der Herzog bedachte die „geliebte“ Louise in seinem Testament, vgl. Thüringisches Staatsarchiv Gotha (künftig ThStAGo), Geheimes Archiv E I A Nr. 29 Bd.1, in: Quelleninventar Gotha, S. 13. 8 Quelleninventar Gotha, S. 26., darin zitiert: Geheimes Archiv E II A Nr. 51. 9 Quelleninventar Gotha, S. 25. Ein Antwortschreiben auf den “Gevatterbrief ” ist weder im Thüringischen Staatsarchiv in Gotha erhalten, noch im Bestand des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, BPH Rep. 49 König Friedrich Wilhelm III. 10 Ebd., S. 19. 11 Ebd., S. 22, darin zitiert: Hohenlohe Archiv – Gemeinschaftlich Nr. 101. Oberhofprediger Schäffer fährt in seinem Bericht fort: „Traurigrührend jenes Andenken; feyerlich-rührend aber auch der Anblick: - eine liebevolle Großmutter, die Durchl. Herzogin, Höchstselbst voll Rührung, Mutters Stelle vertretend; auf Ihren Armen die liebe kleine Prinzessin, die soeben die achte Woche Ihres Alters erfüllte, und schon so freundlich, so hoffnungsvoll und lieblich, gleich einer jungen aufblühenden Knospe sich gleichsam zu entfalten anfieng, als wollte Sie schon andeuten, wie sehr Sie künftig Ihre Freude darin finden werde, um sich her Freude zu schaffen, und nichts, als Freude zu verbreiten; - in einer kleinen Entfernung zur Seite aber ein Durchl. Großvater, und ein verwittweter Vater, tief im Herzen, und mit Thränen im Auge, die liebe Enkelin, seegnend, seegnend die geliebte Tochter! Wie mußte da nicht in der ganzen Versammlung die Rührung des einen sich dem anderen mittheilen!“ 12 In der Abkündigung zum Tod der Erbprinzessin wurde der „innigst geliebte[n] Gattin“ gedacht. Der Hof ließ Landestrauer 1. Grades für sechs Wochen anordnen. Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 19. 13 Charlotte Amalie war eine Prinzessin von Sachsen-Meiningen und wurde 1804 Witwe, als der regierende Herzog Ernst II. von Gotha-Altenburg starb. In der Folge unternahm sie mit ihrem Oberhofmeister, dem berühmten Astronomen Franz Xaver Anmerkungen  |

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von Zach, größere Reisen nach Frankreich. Von Zach sollte im Leben Luises noch eine bedeutende Rolle spielen. 14 Vgl. Ponsonby, D. A.: The Lost Duchess, London 1958, S. 15. 15 Ebd. S. 16. 16 Luise Dorothea war eine geborene Prinzessin von Sachsen-Meiningen und wurde im Alter von 19 Jahren mit Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1699–1772) vermählt. Ihre starke Persönlichkeit wurde von ihrem Ehemann geschätzt, der sie in die Regierungsgeschäfte einbezog. Luise Dorothea war kulturell sehr interessiert und orientierte sich stark nach Frankreich, dessen Strömungen der Aufklärung sie faszinierten. Nach Vorbild der Pariser Salons gestaltete sie das kulturelle höfische Leben in Gotha, bezog sogar die „Correspondence litteraire“, eine handschriftlich vervielfältigte Zeitschrift mit Neuigkeiten des literarischen Pariser Lebens, die exklusiv an Fürstenhöfe unter der Auflage der Verschwiegenheit versandt wurde. Ihr Zeitalter wurde als das „Siècle de la Duchesse Louise“ bezeichnet. Unter den Briefwechseln Luise Dorotheas ragt der mit Voltaire heraus, der sich 1753 mehrere Wochen in Gotha aufgehalten hatte. Vgl. Raschke, Bärbel: Französische Aufklärung bei Hofe. Luise Dorothea von Sachsen-Gotha (1710–1767), in: Espagne, Michel/Greiling, Werner (Hrsg.): Frankreichfreunde. Mittler des französisch-deutschen Kulturtransfers (1750–1850). Leipzig 1996, S. 23–28. 17 Vgl. August Emil Leopold, Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 1, Leipzig 1875, S. 681 ff. 18 Fischer, O., a.a.O., S. 436. 19 Quelleninventar Gotha, S. 36, Verweis auf Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha Chart B 1576 (bis 1834: Geheimes Archiv E XIII B Nr. 8, Bl.198). 20 Vgl. Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 17. 21 Mit Jean Paul führte August einen regen Briefwechsel, auch über die Pressefreiheit. Als Herzog galt August als Bewunderer Napoleons, doch er war auch ein Verfechter der Pressefreiheit. Vgl. Fischer, O., a.a.O, S. 437. 22 1806 trat August dem Rheinbund bei. Am 23. Juli 1807 empfing er Napoleon I. in Gotha. Mehrfach besuchte dieser das Fürstentum, so im Oktober 1808 auf dem Weg zum Erfurter Fürstenkongress und am 14. Dezember 1812 auf dem Rückweg vom Russlandfeldzug. Am 15. April 1813 wurde Napoleon erneut mit großem Pomp empfangen, als sich Preußen und Russland bereits in den Befreiungskriegen gegen die Herrschaft des französischen Kaisers zur Wehr setzten. Die Rheinbund-Fürsten, zu denen August gehörte, hielten sich zunächst zurück. Allerdings zahlte die Gothaer Bevölkerung einen hohen Preis für die Nähe zu Napoleon, denn für dessen Feldzüge wurden Soldaten in das Rheinbund-Regiment „Herzöge zu Sachsen“ eingezogen, die an den Schlachten bei Kolberg (1807), in Tirol (1809), in Spanien (1811), in Litauen (1812) und in Danzig (1813) beteiligt waren und schwere Verluste

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erlitten. Am 25. Oktober 1813 übernachtete Napoleon noch einmal in Gotha, im Gasthof zum Mohren. Vgl. Sandner.H, a.a.O., S. 21 sowie Quelleninventar Gotha, S. 39, darin zitiert: Auszug aus den Fourierbüchern 1801–1827, Oberhofmarschallamt Nr. 681 b, Bl. 39, 44 und 70. Die Malerin Louise Seidler, die sich in Thüringen aufhielt, beschrieb die Kriegshandlungen im Jahr 1813 plastisch in ihren „Erinnerungen“. „In diesem März des Jahres 1813 bereiteten große politische Ereignisse sich vor“, notierte Louise Seidler. „König Friedrich Wilhelm III. von Preußen hatte sein Volk in die Waffen gerufen; Theodor Körners schwungvolle Lieder mit den herrlichen Melodien C.M. von Webers, Ernst Moritz Arndts feurige, patriotische Schriften entflammten die deutsche Jugend; das Volk stand auf, der Sturm brach los. Auch meine sechs schon lange ungeduldigen Vettern waren jetzt nicht länger zu halten; kampfesmutig zogen sie mit so viel tausend anderen hinaus in den Krieg für das deutsche Vaterland. Es war eine fieberhafte Zeit; eine Nachricht jagte die andere, kriegerisches Leben kam in unsere unmittelbare Nähe.“ Uhde, Hermann (Hrsg.): Erinnerungen der Malerin Louise Seidler, Weimar 1965, S. 105. 23 Vgl. Fischer.O, a.a.O., S. 436. 24 Vgl. Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 17. 25 Quelleninventar Gotha, S. 37: „Luise bleibt sich immer gleich und weint aus Herzens-Triebe, sie ist zwar nicht an Versen reich, doch reich an Kindesliebe. Heut lähmt die Ehrfurcht ihren Muth, allein sie kann nicht schweigen – Es liegt nun einmal in dem Blut, sie muß die Freude zeigen …“. 26 Offenbar hatte Augusts Vater auch in diesem Fall die Braut für seinen Sohn ausgewählt. Im Quelleninventar Gotha findet sich ein Schreiben, mit dem Herzog Ernst II. die Eltern der verstorbenen Louise Charlotte über die bevorstehende Vermählung unterrichtet und die Wahl der Braut mit ihren anerkannt liebenswürdigen Eigenschaften begründet. Nachdem beide fürstlichen Elternpaare über die Modalitäten Einigkeit erzielt hatten, konnte die Verlobung bekannt gegeben werden. Siehe: Quelleninventar Gotha, S. 24, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E I d Nr. 3, Bl. 65. 27 Vgl. Uhde, H., a.a.O., S. 88. 28 Vgl. Barthel, Rosemarie: Vortrag anlässlich der Gothaer Schlossgespräche, unpag. und undat. Manuskript: „Archivrat Bube hatte von Augusts Privatgemächern folgende Eindrücke: Kaum durch eine Flügeltüre hineingetreten, flattert mir ein großer struppiger Haushahn entgegen und nötigt mich, ihn mit beiden Händen abzuwehren. Währenddem regt sich in den tiefen Doppelfenstern des Vorplatzes wirres Leben. Hier sind in gesonderten Räumen muntere Eichhörnchen, kleine Affen und junge Geier eingeschlossen. (…) Im Wohnzimmer des Herzogs hängt links vom Eingang ein schönes Ölgemälde, Napoleon im Krönungsornat darstellend. Noch einige Schritte links und ich stehe vor zwei Sofas, die mit Staub und Schmutz Anmerkungen  |

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bedeckt sind, da der Herzog seine Tiere sich darauf herumtummeln ließ. Den Mittelpunkt des Zimmers bildete ein großer runder Tisch, auf welchem eine Menge Merkwürdigkeiten bunt durcheinander liegen; orientalische Dolche, ägyptische Altertümer aller Art, oben darauf eine wohl erhaltene, schön geformte Mumienhand. Insbesondere aber ziehen zwei große Glaskästen, in welchen weiße Mäuse lustig hin- und herspringen meine Blicke auf sich. Ich scheide aus diesen Räumen, die soviel Ungereimtes und Närrisches enthalten, mit der Erkenntnis, dass nur seltsame Willkür und launenhafte Einfälle solche Disharmonie und Verwirrung hervorbringen konnten.“ 29 Uhde, H., a.a.O., S. 88 f. 30 Vgl. ebd., S. 89. 31 Ebd., S. 90. 32 Vgl. ebd., S. 91. 33 Anfang des 19. Jahrhunderts war die Beziehung adeliger Mädchen zu ihren Vätern meist eher von Furcht als von Liebe gekennzeichnet. Der Vater der Familie war auch der Vorstand eines adeligen Hauses, dessen Mitglieder sich nicht als Individuen verstanden, sondern als Glieder einer Dynastie. Kinder galten als Garanten dieser Familienkontinuität. Zwar entwickelte das Bürgertum Ende des 18. Jahrhunderts neue Konzepte von Familie, Kindheit und Erziehung, in denen auch die Kinder als Individuen anerkannt wurden, diese flossen aber nur langsam in die Struktur adeliger Familien über, vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 18 ff.. Augusts abweichendes Verhalten ist wohl nicht als Beginn eines bewussten Wertewandels zu verstehen, sondern möglicherweise eine Rebellion gegen das strikte Hofprotokoll. Interessant ist dies aber vor dem Hintergrund der späteren Schwierigkeiten Luises, sich der strengen Hofetikette in Coburg anzupassen. 34 Quelleninventar Gotha, S. 41. 35 Uhde, H., a.a.O., S. 94. 36 Allgemeine Biographie der Deutschen, Band 1, Leipzig 1875, S. 683. 37 Julie von Zerzog, geb. von Thon-Dittmer, stammte aus Regensburg und war die Tochter eines Bankiers. Von 1827 bis zum Tod Luises 1831 führten die beiden Freundinnen einen ausführlichen Briefwechsel. 38 Fischer, O., a.a.O., S. 435. 39 Ebd., S. 434. 40 Vgl. ebd., S. 432. 41 Ebd., S. 438. 42 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 9 f. 43 Christa Diemel definiert Ebenbürtigkeit als eines der wichtigsten Merkmale des Adels im 19. Jahrhundert zur Absicherung der ständischen Abgeschlossenheit. Besonders streng achtete der Hochadel auf die Ebenbürtigkeit potentieller Hei-

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ratskandidaten und –kandidatinnen. Die kirchliche Einsegnung, also Konfirmation, zeigte den Wechsel ins heiratsfähige Alter an. Noch hatten sich die bürgerlichen Vorstellungen von der Liebesheirat im Hochadel nicht durchgesetzt, es herrschte vielmehr die Vorstellung vor, dass sich Liebe und Ehe gegenseitig ausschlossen. Wichtigste Kriterien für die Partnerwahl waren Rang und Vermögen, um den Besitzstand zu wahren. Charakterliche Eigenschaften standen nicht im Vordergrund, das Verhältnis der Ehegatten war ohnehin eher distanziert und diente in erster Linie der Kinderaufzucht und damit der Fortführung der Dynastie, vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 43–47. 44 Fischer, O., a.a.O., S. 438. 45 StACo, LA A, Nr. 6149, fol. 35 ff. 46 Ebd., fol. 40. 47 Charlotte von Bock beschreibt den Charakter Luises als widersprüchlich. Zwar habe diese viel „Sinn für das Glück des Herzens, auch eine gewisse éxaltation (…), die ihr schädlich werden könnte. (…). Sie ist biß jetzt noch beynahe ohne alles Fürstliche, ganz einfach. Ihre Geburt und ihr Stand erschienen ihr lange als hindernde Schranken, die ihrer Natur widerstrebten! Dieses Weesen – ein seltenes Gemisch geistigen Ernstes, und kindischer Unbesonnenheit – man mögte sagen eine zu früh gereifte Pflanze (…). So viel Einsicht – so viel liebenswürdige frivolitaet. Wird man dieß alles zu würdigen, zu benutzen wissen zu ihrem Wohl?“ Vgl. StACo, LA A, Nr. 6149, fol. 35 und 40. 48 Vgl. Barthel, R., Vortrag…, Transkription eines Briefes von August an Luise vom 16. August 1817. 49 Vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 16. 50 Vgl. Paletschek, Sylvia: Adelige und bürgerliche Frauen (1770 – 1870), Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, S. 15 ff. (Originalbeitrag erschienen in: Fehrenbach, Elisabeth (Hrsg.): Adel und Bürgertum in Deutschland 1770 – 1848, München 1994). 51 Vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 43. 52 Vgl. Paletschek, S., a.a.O., S. 15 ff. 53 Vgl. Sotnick, Richard: The Coburg Conspiracy. Royal Plots and Manoeuvres, London 2008, S. 11 – 14. 54 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 24. 55 Sammlung Herzoglicher Kunstbesitz SCG, Schloss Callenberg Coburg, Porträt Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld, unbekannter Künstler, Anfang 19. Jh. 56 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 39. 57 Ernst ist der dritte regierende Fürst mit diesem Namen des Herzogtums SachsenCoburg-Saalfeld. Ab 1826, mit dem Zugewinn Gothas und der Entstehung des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha, nennt er sich Ernst I. Zur Geschichte des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha vgl. auch: Nicklas, T., a.a.O. Anmerkungen  |

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58 Aus ihrer Ehe mit Franz hatte Auguste folgende Kinder: Maximilian (1792–1793), Sophie (1778–1835), verh. 1804 mit Emmanuel von Mensdorff-Pouilly, Antoinette (1779–1824), verh. 1798 mit Prinz Alexander Friedrich Karl von Württemberg, Juliane, später Anna Feodorowna, (1781–1860), verh. 1796–820 mit Großfürst Konstantin Pawlowitsch, Ernst I. (1784–1844), verh. 1817–1826 mit Luise von Sachsen-Gotha-Altenburg, verh. 1832 mit Cousine Marie von Württemberg, Vater von Ernst II. und Albrecht, gen. Albert, Ehemann von Queen Victoria, Ferdinand (1785–1851), verh. 1816 mit Marie Antonie Gabriele(Toni) von Koháry, Vater von Ferdinand II., König von Portugal und Großvater von Ferdinand I., Zar von Bulgarien Victoria, gen. Victoire (1786–1861), verh. 1803 mit Fürst Emich Carl zu Leiningen, verh. 1818 mit Edward Augustus, Duke of Kent and Strathearn, einem jüngeren Sohn des engl. Königs George III., Mutter von Queen Victoria, Marianne Charlotte (1788–1794), Leopold I. (1790–1865), 1831–1865 König von Belgien, verh. 1816 mit der engl. Prinzessin Charlotte Auguste, verh. 1829 mit Karoline Bauer, verh. 1832 mit Marie Louise von Orléans, vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 234. 59 Vgl. Dressel, Christian: „Ein Pumpernickel-Staat“? Sachsen-Coburg im frühen 19. Jahrhundert, in: Bosbach, Franz/Davis, J. R.: Prinz Albert – Ein Wettiner in Großbritannien, Prinz-Albert-Studien Band 22, München 2004. 60 Blanning, Tim: The Pursuit of Glory. Europe 1648–1815, London 2007, S. 278: „… every prince rules with complete freedom and authority albeit according to the laws and costums of the Empire.“ 61 Ebd., S. 277 f.: “It is commonly supposed that Germans of the old regime were unpolitical creatures, content to live out their unambitious lives under the flaccid hand of their prince. Rather the reverse was true. Thanks to the fragmentation of authority, most Germans were closer to, and more actively involved in, the exercise of power than any other European people, the British included. (…).The political forms involved were never democratic, always restricted, often oligarchic or aristocratic, but they did diffuse authority deep down towards society’s roots.” 62 Dressel, C., „Pumpernickel-Staat“, a.a.O., S. 44 f. 63 Vgl. Nicklas, T. a.a.O., S. 71. 64 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 23. 65 Vgl. Sotnick, R., a.a.O., S. 110. 66 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 74. 67 Vgl. ebd.

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68 Ebd., S. 74 f. 69 Ebd., S. 75. 70 Vgl. Schönpflug, Daniel: Napoleon, die Napoleoniden und das Europa der Dynstien, in: Bénédicte Savoy (Hrsg.): Napoleon und Europa. Traum und Trauma, München/ Berlin/London/New York 2010, S. 73. 71 Blanning, T., a.a.O., S. 285: “I am going to let you in on my secret. The little princes in Germany would like to be protected against the big; but the big princes would like to rule as they see fit; but , as all I want from Germany is men and money and it is the big princes who can supply me with them, I shall leave them in peace and the small fry will have to make the best of it.” 72 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 75. 73 Vgl. ebd. 74 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 34. 75 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 75. 76 Vgl. Sotnick, R., a.a.O., S. 111. 77 Vgl. Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 22. 78 Durch die Heirat Queen Victorias mit ihrem Cousin Albert trug die britische Königsfamilie den Nachnamen Sachsen-Coburg und Gotha. Dies wurde erst mit einem Dekret König Georges V. im 1.Weltkrieg geändert. Nach dem Familienschloss nannte sich die Royal Family nun Windsor, ein traditionell klingender Name, die den Eindruck verwischen sollte, auf dem Thron Englands säßen Abkömmlinge des Kriegsfeindes. Das Auswärtige Amt in Berlin und die Verwandtschaft in Gotha erfuhren von der Namensänderung aus der Zeitung. Vgl. Barthel, Rosemarie: Die Königshäuser Europas – von Gotha geadelt, Gotha 2011, darin zitiert: ThStAGo, Staatsministerium Abt. Gotha Dep. I Loc. 1 b Nr. 67. 79 Vgl. Nicklas,T., a.a.O., S. 71. 80 Vgl. Bachmann, Gertraude: Die Reisetagebücher der Herzogin Auguste Caroline Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1757-1831) als Europäischer Zeit- und Kulturspiegel. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung, Coburg 2006, S.1–414. 81 Urbach, K. (Hrsg.), Royal Kinship, a.a.O., S. 18: “… [they] have shown that one reason for placing family members in other countries was simply common sense – they were a low-cost alternative, the cheapest way to do business and get access to information. It was also the safest way – within a family there often existed a culture of solidarity, a soziales Vertrauen – which was based on common traditions and family honour.” 82 Herzog Franz wird als liebenswürdiger Mensch beschrieben, aber auch als gewohnheitsmäßig untreu. Gerüchte machten in Coburg die Runde. So soll er eines Tages auch der Tochter des Schmieds zu nahe getreten sein, der ihn darauf mit einem Hammer bedroht haben soll. Vgl. Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 22. Anmerkungen  |

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83 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 35. Verhandlungen über eine Verlobung mit Prinzessin Hermine von Anhalt-Schaumburg zerschlugen sich 1813. 84 Vgl. ebd., S. 37. 85 Vgl. ebd. 86 Quelleninventar Gotha, S. 43. 87 Vgl. Dreesen, Josef: Das Fürstentum Lichtenberg (1816–1834) im Vormärz, Holsthum 2008, S. 9 f. 88 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 38. 89 Mit Sophie bekam Ernst eine Tochter, die Geliebte heiratete aber noch vor der Geburt des Kindes einen Kapitän, der von Ernst später geadelt wurde. Die Tochter trug den Namen Berta von Schauenstein. Bis zu seinem Tod traf sich Ernst mit Sophie in Wiesbaden, ihren Lebensabend verbrachte sie in Coburg. Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 38 f. 90 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 35. 91 Paulmann, J., a.a.O., S. 91. 92 Vgl. ebd. 93 Vgl. ebd., S. 91 f. 94 So beschrieb Marie von Sachsen-Coburg und Gotha, geborene von Württemberg, Luise. Sie war die zweite Ehefrau Ernsts und die Tochter seiner Schwester Antoinette. Zitiert nach Bachmann, Gertraude: Herzogin Marie von Sachsen-Coburg und Gotha, geb. Herzogin von Württemberg 1799–1860 (SR der historischen Gesellschaft Coburg.e.V., Bd. 14), Coburg 1999. 95 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 12, Anm. 15, zitiert von Bachmann, G., Herzogin Marie, a.a.O, S. 28 f. 96 Elias, N., a.a.O., S. 90. 97 Zitiert nach Dreesen, J/Schnur, G., a.a.O., S. 14. 98 Ebd., a.a.O., S. 14. 99 Quelleninventar Gotha, S. 43 f. 100 Ebd. 101 Ebd., S. 47 ff. 102 Ebd., S. 45. 103 Ebd., S. 47. 104 Ebd.; S. 48. 105 Ebd., S. 53.

Ehe mit Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld 1 Barthel, R., Vortrag …, a.a.O, unpag. 2 Vgl. Wienfort, M., Adel in der Moderne, a.a.O., S. 119.

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3 Vgl. Gestrich, A., a.a.O., S. 455. 4 Ebd., S. 56. 5 Vgl. Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 23. 6 Quelleninventar Gotha, S. 67. 7 Ebd. 8 Ebd., S. 67–70. 9 Ebd., S. 71. 10 Schönpflug, Daniel: Luise von Preußen. Königin der Herzen, München 2010, S. 105. 11 Ebd., S. 72. 12 Zitiert nach Ebart, P., a.a.O., S. 10. 13 Vgl. Schönpflug, D., Luise, a.a.O., S. 80. 14 Die zeremonielle Darstellung von Wirklichkeit, wie sie sich in der Hochzeit Luises und Ernsts feststellen lässt, dient nach Erwing Goffman der Idealisierung der oberen Ränge. Vgl. Goffman, E., Theater, S. 35 f. Alltägliche Handlungen, wie das Essen und Tanzen auf einem Fest, werden durch strengste Reglementierung überhöht und schaffen so einen Abstand zum Volk, das durch die prächtige Illumination des Orangengartens auf die Bühne aufmerksam gemacht wird, ohne am Geschehen teilhaben zu dürfen, oder es gar aus nächster Nähe betrachten zu dürfen. Billets, also Eintrittskarten, werden nach Rangordnung verteilt und die Wachen strikt angewiesen, keine Unordnung zuzulassen. Das schafft Distanz zur Fürstenfamilie und kultiviert damit die aristokratische Fassade. Das Hochzeitsfest war also nicht in erster Linie Ausdruck überschwänglicher Freude über die eheliche Verbindung, sondern vor allem eine Demonstration fürstlicher Macht. 15 Quelleninventar Gotha, S. 74. 16 Bastl, Beatrix: Tugend, Liebe, Ehre. Die adelige Frau in der frühen Neuzeit, Wien 2000. 17 Quelleninventar Gotha, S. 74, Auszug aus den Original Ehepacten, aufgezeichnet auf 8 Blatt Papier, Pergament, in rotem Samt gebunden und mit Goldborte verziert, darin zitiert: Geheimes Archiv QQ (G) Nr. 35 a, datiert Gotha, 31. Juli 1817 und Coburg, 29. Juli 1817. 18 Bastl, B., a.a.O., S. 37. Der Gedanke, dass die Eheschließung dem Splendor und der Glorie der Familie dient, wird nach Beatrix Bastl unausgesprochen impliziert. 19 „Es sollen und wollen aber auch der Prinzeßin Braut Liebden mit dem obgedachten Heirathsgute und der gereichten Aussteuer zufrieden seyn, und dem im Herzoglich Sächsischen Hause bestehenden Herkommen und den Hausverträgen gemäs, zum Besten des männlichen Stammes der Herzoge von Sachsen und auf alle Erbfälle aus dem regierenden Hause an Land und Leuten, nach der darüber besonders aufzusetzenden Notul gebührenden eydlichen, mündlichen und schriftlichen Verzicht leisten und thun (…).“ Quelleninventar Gotha, S. 76. Anmerkungen  |

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20 Vgl. Bastl, B., a.a.O., S. 37. 21 Quelleninventar Gotha, S. 77, darin zitiert: Geheimes Archiv QQ (G) Nr. 35 b, Verzichtsurkunde, Gotha den 4. August 1817. 22 Ebd., S. 76: Ausgenommen blieben „… testamentarische Dispositionen oder andere Uebergabe von Todes wegen oder intervivos über das fahrende Vermögen oder Allodial Güter und Erbschaften, in sofern solches nach den Verträgen und Ordnungen des Herzoglichen Hauses zulässig ist, wie recht und billig ausgeschieden.“ In einen weiteren Absatz heißt es: „Die, von dem Anfange des nächstkünftigen Jahres an, fällig werdenden Interessen sollen von der Prinzeßin Liebden gegen eine von Derselben ausgestellte Quittung zur Verfallszeit jedes Mal erhoben und Ihrer Disposition überlaßen werden. So viel die zu dem Paraphernal Vermögen der Prinzessin Liebden gehörenden Kostbarkeiten an Juwelen, Schmuck, Gold- und Silber Geräthe u.s.w. ingleichen die sonstige dazu gehörige Mobiliarstücke betrifft; so soll darüber ein besonderes Verzeichniß gefertigt, und jedem Theile ein Exemplar zugestellt werden. Das Eigenthum und die Benutzung derselben verbleibt der Prinzessin Liebden.“ 23 Vgl. Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 35 ff. 24 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 57 – 60. 25 Vgl. ebd. 26 Zitiert nach Heym, Sabine: Feenreich und Ritterwelt. Die Rosenau als Ort romantisch-literarischen Welterlebens, München 1996, S. 241. 27 Ebd., S. 240. 28 Vgl. ebd., S., a.a.O., S. 257. 29 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 44. 30 Vgl. StACo, LA A, Nr. 5994, unpag.: Beschreibung des Ritterturniers auf der Rosenau 1817. 31 Quelleninventar Gotha, S. 60. 32 Kunstsammlungen der Veste Coburg. Kupferstichkabinett: Tagebücher des William von Schauroth, Bd. III, 1814–1836, Eintragungen vom 7. 8. und 18.8.1817, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 20, Anm. 24. 33 Vgl. Schönpflug, D., Luise, a.a.O., S. 33. 34 Zitiert ebd., S. 69. 35 Quelleninventar Gotha, S. 144. „Abends 7 Uhr langten Durchl. Herr Herzog mit Ihrer Durchl. Frau Gemahlin unter dem innigsten Jubel des Landes hier an. (…) Es ritten den höchsten Herrschaften vor die Postillione mit den Post Officianten, dann die Neustädter und die hiesigen Schützen, dann die gesamt Jägerey des hiesigen Landes, dazu die Scholaren, dann mehrere angesehene Bürger von Coburg, hierauf folgten die reich geschmückten Pferde Sr. Durchl. dann die beyden Stallmeister vor dem Wagen der Höchsten Herrschaften. Zu den beyden Seiten des Wagens ritten die Diensthabenden Herrn Cavaliers und die Pagen vom Dienst, am Schlag des

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Wagens gingen die Heyducken. Sowie die Höchsten Durchl Herrschaften der Stadt nahe kommen ertönten die Kanonen und alle Glocken der Stadt gaben ihre Feyerklänge von sich. An der ersten Ehrenpforte überreichte die weibliche Jugend Kränze und Blumen (…)“. Ebd. 36 Zitiert nach Ebart, P., a.a.O., S. 16. 37 Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 20, Anm. 24. 38 Vgl. Kunstsammlungen der Veste Coburg. Kupferstichkabinett: Tagebücher des William von Schauroth, Bd. III, 1814–1836, Eintragungen vom 7. 8. und 18.8.1817, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 20, Anm. 24. 39 Ebart, P., a.a.O., S. 34 f. 40 Ebd., die schwärmerische Beschreibung Luises verrät viel über ihren literarischen Geschmack. Der Ritter in der diamantenen Kutsche spielt auf ein gleichnamiges Märchen von Franz Horn an, das im Frauentaschenbuch für 1815 erschienen war. Schon in jungen Jahren dürfte sie eine begeisterte Leserin von deutschsprachigen Märchen gewesen sein. Die Rosenau verglich sie mit den alten Ritterburgen, welche in Romanen und Rittergeschichten beschrieben wurden. Vgl. auch Heym, S., a.a.O., S. 254. 41 Vgl. ebd., S. 254. 42 Ernst hatte sich für seine Inszenierungen ähnliche Veranstaltungen beim Wiener Kongress zum Vorbild genommen. Dort hatte er ein Ritterspiel in der Spanischen Hofreitschule miterlebt. Der Ritterkult hatte seine Wurzeln in der Freimaurerei, der auch Ernst angehörte. In der Literatur lebte die Welt der Getreuen des legendären König Artus fort, die 1803 mit der Auflösung des Ritterstandes und dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation de facto aufgehört hatte, zu existieren. Vgl. Heym, S., a.a.O., S. 259. 43 Vgl. ebd., a.a.O., S. 248 f. 44 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 57. 45 Ebd. 46 Quelleninventar Gotha, S. 90. 47 Ebd. 48 Ebd., S. 86. Für das Studium der Geschichte wurde Humes „History of England“ empfohlen, dazu noch Spittlers Staatengeschichte, da dieser für geistvoll erachtete Schriftsteller auf wenigen Blättern einen Überblick vermitteln konnte. Vgl. ebd. 49 Diemel, C., a.a.O., S. 32. 50 RA, VIC/ADDU/313, Luise, Duchess of Saxe-Coburg & Gotha à Aurore, Comtesse de Venancon (née Comtesse de Marasse), Gotha le 31. Mai 1817: «Ma jeunesse aura souvent besoin des conseils d’une amie; je serai toujours prete á les écouter et a y repondre avec une véritable confiance.» 51 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 46. Anmerkungen  |

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52 Ebart, P., a.a.O., S. 53. 53 Gestrich, Andreas: Noble Siblings, Rivalry and Solidarity in Aristokratic and Noble Families, in: Urbach, K. (Hrsg.), Royal Kinship, a.a.O., S. 44. 54 Ebd.: “As there was much at stake, the rules of aristocratic and royal houses stayed much tighter, their structures more hierarchical and sibling relationships more exposed to strain from traditional inequality,” schreibt Andreas Gestrich in seiner Analyse über das Verhältnis adeliger Geschwister. 55 Diemel, C., a.a.O., S. 47. 56 Zitiert nach Diemel, C., a.a.O., S. 52 f. 57 Ebd., S. 53. 58 Ebd. 59 Ernst II. schrieb weiter: „ …da die Familie einem rein deutschen Haus entsprungen ist, [muss] sie ihr Hauptaugenmerk darauf richten, im allgemeinen eine rein deutsche zu bleiben. Möchten sich daher die Gesamtheit der Glieder ja immer in deutschen Elementen bewegen, und nie aufhören, zu Deutschlands Erhaltung und Wohlergehen beizutragen. Außer dem Chef des Hauses sind durch glückliche Umstände noch drei Glieder bestimmt worden, an der Regierung mächtiger Reiche directen oder indirecten Theil zu nehmen. Zwei sind durch Verheirathung und einer ist durch Wahl zu jenen Stellungen gelangt; die beiden Ersteren stehen der Natur ihrer Stellung nach ihrem Stammhause und deßen Intereßen noch beinahe ebenso nahe als denen jener Länder, in die sie so eigentlich hineingeheirathet haben.“ In: StACo, LA A 7206 (NL Herzog Ernst II.), „Denkschrift seiner Hoheit über die politische Haltung welche seine Familie im innern gegen ihre Glieder nach außen gegen die europäischen Mächte befolgen sollte.“ 60 Vgl. Paulmann, J., a.a.O., S. 69 und S. 77. 61 Urbach, K., Albert, a.a.O., S. 87. 62 Vgl. Paulmann, J., a.a.O., S. 278. 63 Ebd. 64 Ebd., S. 279. 65 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 161. Nicklas schreibt über Ernst II. „Nicht selten wurde Ernst mit einem Schauspieler verglichen, der sich auf zu vielen Bühnen produzieren wollte. Coburg und Gotha boten ihm nicht genügend Raum zur Entfaltung seiner Persönlichkeit. Er wandte sich an ein gesamtdeutsches Publikum, das er gezielt mit Gesten umwarb. (…). Er sammelte auf seinem Lebensweg viele Feindschaften, die sich in Verdammungsurteilen äußerten.“ 66 Zitiert nach Urbach, Karina: „Albert and Palmerston“, in: Bosbach, F./Davis J. R., a.a.O., S. 85: “The 25 pages were intended for the family’s eyes only and gave advice on how to act as a true Coburger at home and abroad. From the start Ernest calls the members of his family ‘Glieder’ (links) – the links in a chain often used as a metaphor

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in documents by German aristocrats. It symbolises that one generation builds upon another and that a missing ‘link’ can destroy the family. Ancestors, current and future members of the family are one, they exist outside the conventions of space and time. The family and its glory has to be at the centre of the thinking of every ‘link’.” 67 Ponsonby, D. A., a.a.O. S. 70. 68 Quelleninventar Gotha, S. 138. 69 Ebd., August schreibt weiter: „Nichts möge dich verhindern ihn zu achten, zu preißen, zu vergöttern, und ich gestehe selbst, daß sein Geist, sein fester Wille, sein Alles berechnender Verstand, mich oft schon bey deinem Herzoge, mit Staunen erfüllte. Ja, dein fürstlicher Gemahl ist gemacht in dem lauten Leben, sich sehr und groß hervorzuthuen. Verschönere ihm dieses Leben, und scheue keine Opfer ihm stets deine Ergebenheit, deine Selbstentsagung an den Tag zulegen. Gott gebe Dir Kraft, fromme Demuth und ein ewig liebendes Hertz.“ 70 Ebart, P., a.a.O. , S. 58. 71 RA, VIC/MAIN/M/30/21.12.1817, Copy of Journal of Dowager Duchesse of Saxe-Coburg-Saalfeld 1816–1818. 72 Ebd. 73 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 77. 74 Ebd. 75 Ebd. 76 Quelleninventar Gotha, S. 140, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 4 Nr. 9, Bl. 129 ff. 77 Zitiert nach Bachmann, G., Reisetagebücher, a.a.O., S. 315. 78 Ebd. 79 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 79 f.: “Victoire was brought in by Ernest. She was wearing a white dress trimmed with white roses and orange-blossom – which sounds a rather youthful bride’s dress for a widow over thirty, with two children. However that may be, her mother thought she looked charming; and that the bridegroom, in his uniform of an English Field Marshall, was a handsome figure.” Weiter heißt es: “… the guns from the Veste roared out to announce when the marriage had been solemnized, and then – no one will be surprised to learn – a big dinner followed, ‘which ended very late’. Three days later the Kents left Coburg. But they had not yet done with marriage ceremonies. That performed at the Ehrenburg had been by Lutheran rites. Six weeks later, on July 13, at four in the afternoon, they were married again in the drawing-room at Kew by the Archbishop of Canterbury and the Bishop of London, and in the precense of the Duke’s mother, Queen Charlotte. Hopeful as they were of being parents of one who would sit on the Throne of England, it was essential that not even the thinnest edge of the thinnest wedge could be prised into the legality of their marriage.” Anmerkungen  |

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80 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 100 f. 81 Schönpflug, Daniel: One European Family? A Quantitative Approach to Royal Marriage Circles 1700–1918, in: Bosbach, Franz u.a., Royal Kinship. Anglo-German Family Networks1815–1918, Berlin, New York 2008, S. 26: “They represent a specific kind of family relation that required thourough preparation, planning and legal acts, involved in the relocation of a female family member, were believed to have a binding effect, were celebrated with huge festivities and international guests, and were thus likely to produce intense bonds between dynasties,” schreibt Schönpflug. Er führt weiter aus, dass der elitäre Heiratszirkel zwischen 1700 und 1918 lediglich 20 Dynastien umfasste. So suchten sich die Hannoveraner, die seit 1714 in Personalunion auch in England regierten, viele Partner in der Ernestinischen Linie der Wettiner, in Hessen und in Mecklenburg. 82 Leopold I. erfuhr dabei später die größte Anerkennung. Wie Thomas Nicklas ausführt, arbeitete der König der Belgier an einer dynastischen Integration Europas mit Coburg als Mittelpunkt. Dabei übersah er die entscheidende Hinwendung zur Realpolitik der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert, da er den höfischen Allianzen und Heiratsbündnissen verpflichtet blieb, wie sie sich im 18. Jahrhundert ausgeprägt hatten. Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 96. 83 Vgl. Schönpflug, D., One European…, a.a.O., S. 33. Wie erfolgreich die Wettiner in ihrer Heiratspolitik waren, beschreibt Schönpflug mit einem Zitat: „Looking at the houses and marriage circles of Europe, we are able to appriciate the exeptional character of the house of Saxe-Coburg-Gotha in the second half of the nineteenth century: ,From Lisbon to St. Petersburg, from Scotland to Adrianople the spheres of our material and spiritual […] power extend‘, wrote Prince Ferdinand of Bulgaria to his ,dear uncle‘ Duke Ernest II of Coburg in 1887.“ In Sachsen, Polen, Belgien, Großbritannien und Bulgarien saßen Wettiner auf dem Thron. 84 Quelleninventar Gotha, S. 145, darin zitiert: Auszug aus dem Fourierbuch für Coburg, 1816 – 1828, Oberhofmarschallamt Nr. 672 c, Bl. 9 RS. 85 Vgl. ebd. 86 Ebart, P., a.a.O., S. 86 f., Julius von Wangenheim war Herzoglich Sachsen.-CoburgGothaischer Oberkammerherr und Oberlandjägermeister, geb. am 19. Januar 1788, gest. am 12. September 1859. 87 Diemel, C., a.a.O., S. 102. 88 Ebd., S. 103. 89 RA, Victorian Additional MSS.U.,VIC/ADDU/313 – 324, Luise, Duchess of Saxe-Coburg & Gotha to Aurore, Comtesse de Venancon (née Comtesse de Marassé), Bl. 315 : «Le Duc m’a quitté hier matin pour aller á Carlsbad, voir sa sœur la Duchesse de Wurtemberg, heureusement il reviendra déjà le 29. Je suis bien seule, bien triste aprisent et c’est pour la premiere fois que je desire que le tems ai des ailes.»

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90 Ebart, P., a.a.O., S. 132. 91 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag.: Brieffragment; vgl. Auch Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 24. 92 Fischer, O., a.a.O., S. 439. 93 StACo, LA A, Nr. 6055, unpag., Herzogin Auguste an ihren Sohn Ernst I., Ketschendorf den 17 ten Juni 1824. 94 Ebd. 95 Zitiert nach: Weber-Kellermann, Ingeborg: Frauenleben im 19. Jahrhundert, München 1998, S. 23. 96 Ebd. 97 Ebd. 98 Ebd., S. 23 f. 99 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag.: Brieffragment; vgl. Auch Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 24. 100 Zitiert nach: Weber-Kellermann, I., a.a.O., S. 24. 101 Ebd. 102 Ebd. 103 Quelleninventar Gotha, S.155, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc.I Tit. 3 Nr. 16, Bl. 20. 104 RA, Victorian Additional MSS.U., VIC/ADDU/313 – 324, Luise, Duchess of Saxe-Coburg & Gotha to Aurore, Comtesse de Venancon (née Comtesse de Marasse), Bl. 316, Rosenau le 23. Septembre 1819: «Vous avez sans doute appris l’heureux événement qu’ on ma rendre mère pour la seconde fois, d’un joli petit garcon. Malgré que j’avais bien désirée avoir une fille, je suis bien contente (…) Si je pouvais seulement vous le faire avis c’est le portrait du Duc avec des yeux bleus, même bouche, même nez, le tour du visage et la taille qui est très grande pour un enfant de cet âge, il aurait certainement votre aprobation chère amie.» 105 Ebart, P., a.a. O., S. 117 f. 106 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 98. 107 Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 23 f. 108 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 116 f. 109 Wie berauschend das Wiener Hofleben sich darstellte, beschreibt die Schriftstellerin Frances Trollope in ihrem Buch „Ein Winter in der Kaiserstadt“. 1837 bewegte auch sie sich in den Zirkeln der Élégantes, war zu einem Ball im Palais Metternich eingeladen. Die Wände des Marmorsaals erstrahlten im Glanz hunderter Wachslichter, die Pracht der Toiletten erinnerte an Paris, die Frauen trugen die schönsten Diamanten der Welt, schildert Trollope ihre Erfahrungen. Auch sie war überwältigt von Eleganz und Üppigkeit der Gesellschaften. „Wenn auch kein Land den Geschmack und die Vollendung der Pariser Toilette zu übertreffen vermag, muss Anmerkungen  |

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man den Wienern doch einräumen, dass sie unzweifelhaft an Pracht nicht zu übertreffen sind,“ schreibt Frances Trollope. „Diese außerordentliche Kostbarkeit des Putzes entspringt nicht bloß daraus, dass alle vermählten Frauen die schönsten Diamanten der Welt tragen, wenngleich dies viel dazu beiträgt, sondern auch jeder andere Artikel, den die modischen Leute von Stand auf einem Wiener Ball tragen, ist so vollkommen hinsichtlich teurer Eleganz, wie es nur äußerste Verschwendungssucht zustande bringt. (…) Ich weiß, dass das Ballkleid einer jungen Dame in allen Ländern als etwas den Grazien Geheiligtes betrachtet wird und dass die ganze Kleidung aus leichteren und schöneren Stoffen bestehen soll als jedes andere Gewand, das gewöhnliche Sterbliche tragen dürfen; aber die Ballkleider von Wien erfüllen nicht nur, sie übertreffen diese hochgespannte Erwartung.“ Trollope, Frances: Ein Winter in der Kaiserstadt, Wien, 2003, S. 186 f. 110 Schönpflug, D., Luise, a.a.O., S. 104 111 Schönpflug, D., Luise, a.a.O., S. 106 f. 112 Matt, Peter von: Die Intrige. Theorie und Praxis der Hinterlist, München/Wien 2006, S. 83. 113 Ebd., S. 396. 114 Ebd. 115 Ebart, P., a.a.O., S. 156. Alexander Graf zu Solms war ein Jugendfreund und Kammerherr Ernsts I. am Coburger Hof. Er hatte ihn im Dezember 1816 nach Gotha begleitet, als er um die Hand Luises anhielt. Vgl. ebd. 116 Zitiert nach: Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 30. 117 StACo, LA A, Nr. 6006, unpag. 118 Ebd. 119 Ebd. 120 Fischer, O., a.a.O., S. 440. 121 Ebd. 122 StACo, LA A, Nr. 6006, unpag. 123 StACo, LA A, Nr. 6006, fol. 4. 124 Ebd. 125 Ebd. 126 StACo, LA A, Nr. 6006, fol. 24. Es gibt mehrere Hinweise auf eine Hofdame Luises, Rosalie von Lützow, die einen angeblich moralisch fragwürdigen Einfluss auf die Herzogin gehabt haben soll. Sie schien die einzig verbliebene Vertraute Luises am Coburger Hof gewesen zu sein. Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 146 und 148. 127 Ebd. 128 StACo, LA A, Nr. 6006, fol. 4. 129 StACo, LA A, Nr. 6006, fol. 25. Ernst klagte zu dieser Zeit über Kopf- und Zahnschmerzen. Der von Farneis von Wangenheim in ihrem Brief angesprochene Land-

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tag, der aus relativ freien Wahlen hervorging, wurde am 20. März 1821 eröffnet. Es war der erste Landtag seit 1685. Ernst gab sich dort betont liberal, im August 1821 wurde für Coburg ein Grundgesetz erlassen, welches bewusst nicht auf das Fürstentum Lichtenberg (St. Wendel) ausgedehnt wurde, da sich Ernst mit der Absicht trug, es später zu verkaufen. Seine zynische und reaktionäre Haltung gegenüber Volksinteressen offenbarten sich in dem langwierigen Beratungsprozess, der der Verfassungsgebung vorausging. Zu den verfassungsrechtlichen Entscheidungen im Herzogtum Coburg siehe Dressel, Carl-Christian: Die Entwicklung von Verfassung und Verwaltung in Sachsen-Coburg 1800–1826 im Vergleich, Diss., Berlin 2007. 130 StACo, LA A, Nr. 6006 fol. 4 f. 131 Ebd. fol. 5. 132 Ebd. fol. 25. 133 Sotnick, R., a.a.O., S. 132 f. 134 Walther, S., a.a.O., siehe Kapitel: „Der Welt nichts zu reden geben“ – Die Ehe und Scheidung des Herzogs Wilhelm Ernst und der Herzogin Charlotte Marie von Sachsen-Weimar, S. 126–189. 135 Ebd. 136 Ebd., S. 135. Walther erklärt die Herkunft des Begriffs Humeur aus dem Lateinischen, wo humor mit Saft gleichzusetzen ist und der im 17. Jahrhundert als adäquate Bezeichnung für Stimmung verwendet wird. 137 Ebd., S. 136. 138 Ebd., S. 142. 139 Ebd., S. 184.

Die Affäre Panam 1 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, Brief des Pariser Anwalts Javon an Leopold vom 15. Juli 1820, in dem er vor den Memoiren der Madame Alexander warnte, die bereits fertig gestellt seien und in Paris wie auch in England erscheinen könnten. Anwalt Javon hatte bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis einiger Passagen des möglichen Inhalts, denn er deutete an, Ernst könne in der Publikation des Mordversuchs an Madame Panam und ihrem Kind bezichtigt werden. 2 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst vom 4.11.1823. 3 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 128. 4 Zwei Ausgaben der Panam-Memoiren sind 1823 in Paris erschienen, beide unter dem Titel „Memoires d’une jeune Grecque: Madame Pauline Adelaide Alexandre Panam, contre S.A. Sérénissime Le Prince-Régnant de Saxe-Coburg, 2 vol., eine Ausgabe verlegt bei Auteur, 1823, die andere bei Brissot-Thivars, 1823. Auch in Anmerkungen  |

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London erschienen 1823 zwei Ausgaben, eine bei Sherwood, Jones & Co, die andere bei J. Fairburn, letztere mit einem Vorwort des Übersetzers. 5 Panam, Pauline-Adélaide Alexandre: Memoires d’une jeune Grecque  : Madame Pauline-Adélaide Alexandre Panam, contre S. A. sérinissimé le prince-régnant des Saxe-Coburg, Paris 1823, S. 10 : «Un grand jeune homme, don’t la tête un peu baissée, se couvrait de cheveux noirs naturellement bouclés, me fit l’honneur de me distinguer et de causer longtemps avec moi: c’était le duc de Saxe-Cobourg. Sa démarche était noble, sa figure belle, sa taille élégante. Son langage un peu gêné, mais de bon ton, annoncait plus d’assurnace que de facilité, plus de confiance que d’aisance. Je remarquai sans peine l’attention avec laquelle plusieurs femmes le suivaient des yeux; je fus flattée de celle qu’il accordait à moi seule.» 6 Ebd., S. 17 f.: «Je me mis à pleurer à chaudes larmes. Il s’assit sur le pied de mon lit et essuya mes pleurs avec des baisers. Au moment des mon réveil, souffrante et faible, cette nouvelle m’accabla: je ne trouvai de force que pour gémir et non pour repousser ses caresses. Plus il me parlait de ce fatal départ, plus mes pleurs redoublaient, plus il s’occupait avec ardeur de les tarir, moins j’étais capable de me dégager de ses bras. Il abusa de tout l’ascendant de sa position, de ma douleur, de mon ignorance et de ma faiblesse. Je fus coupable, sans avoir la conscience de ma faute. Jamais femme peutêtre ne tomba aussi aveuglément dans l’abîme. J’avais quatorze ans.» 7 Ebd., S. 28 f.: «Un air de silence et d’ennui semblait peser sur la ville, je dis la ville; car telle était la capitale du royaume, dont le souverain m’appelait auprès de lui. Nous passâmes devant une maison plus haute, plus large et plus noire que les autres. Au milieu d’une vaste muraille enfumée, un portail massif et sans proportions semblait announcer quelque écurie gothique. (…) Deux gros rats, il m’en souvient encore, s’échapèrent des fondemens du vénérable édifice, et vinrent se jeter dans mes jambes. J’eus peur des ces animaux; et j’avais raison: c’étaient des rats courtisans. Ils sortaient du palais même de S.A.R. le duc de Cobourg.» 8 Ebd., S. 50 f.: «J’escaladai les marches, traversai je ne sais combien de salles désertes, et me refugiai dans un vieux grenier à farine. J’en fermai les portes, je me tapis derrière les sacs, et cinq heures s’écoulèrent, avant que j’eusse pris le courage de sortir de ma cachette.» Diese Passage in Paulines Erzählungen führte in der englischen Fassung der „Memoires“ im Vorwort zu einer heftigen moralischen Attacke des Übersetzers auf Leopold, der sich zu dieser Zeit noch immer am britischen Hof befand. 9 Ebd., S. 76: «Cependant l’hiver finissait; le neuvième mois était à son terme; nous n’avions ni ligne, ni bois, ni chandelle ; et mon fils vit le jour au milieu des cris de la détresse, des souffrances de ma mère, et des convulsions de la douleur, du désespoir et de la faim, le 4 mars 1809.» 10 Hier ist offenbar Franz Xaver Fischler, später Graf Fischler von Treuberg, gemeint. Er war Herzoglich Sachsen-Coburgischer und gothaischer Geheimer Rat und

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Geschäftsträger, der 1823 im Fall Panam in Paris im Auftrag Ernsts tätig wird, um das Erscheinen der Memoiren zu verhindern. Vgl. StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag. 11 Panam, P.-A., S. 4: «Innocente, même à leurs yeux, ils ont voulu me tuer. Quand je leur demandai la nourriture de mon enfant, ils me donnèrent du poison. Je dois tout craindre, aujourd’hui que je mets à nu leurs âmes, et que je livre à l’indignation de l’Europe leurs forfaits Sérénissimes! Prenez garde cependant! Dès ce moment je me place sous la protection d’une Puissance, qui punit mais qui n’assassine pas. La justice publique veille sur mes jours.» 12 Charles Joseph Fürst von Ligne war ein hochangesehener belgischer Offizier, Diplomat und Schriftsteller. Ligne, der auch der „Fürst Europas“ genannt wurde, galt als einer der letzten typischen Vertreter des Ancien Regime und war mit Madame de Stael befreundet. Er starb am 13. Dezember 1814 in Wien während des Wiener Kongresses. Vgl. Ligne, Karl Joseph Fürst de, in: Allgemeine Deutsche Biograhie, Band 18, Leipzig 1883, S. 642–644. Sein Tod im Jahre 1814 macht eine Urheberschaft des Briefes an Pauline Panam sehr unwahrscheinlich, vergl. Pichois, Claude: La mystérieuse Madame Panam où Amour, police et diplomatie, in: Revue d’histoire diplomatique, avril – juin, Paris 1957, S. 155–174. 13 Darnton, Robert: The Devil in the Holy Water or the Art of Slander from Louis XIV to Napoleon, Philadelphia 2010. Dort heißt es im Klappentext: “Literary history lacks nobility when seen from below – that is, from Grub Street, where libels were cobbled together like the lives of their authors, from dirt and grit. The dirt may be distasteful, but the grit infused energy into a huge body of literature, one largely forgotten but worthy of study; for it reached readers everywhere, and it helped shape their understanding of the world in which they lived. That world has disappeared, but slander still dogs at the heels of the great. To see how it brought them down in the eighteenth century is not to draw a lesson from the past but rather to understand how authoritarian regimes can be vulnerable to words and how well-placed words can mobilize the mysterious force known as public opinion.” 14 Robert Darnton schreibt: “The way of constructing libels varied as much as the genres for which they where adapted; libeling was a supremely flexible medium. But all libels had the same general charcter and the same basic components. They manipulated the information system of their time by extracting material from a wide variety of sources, reworked it, and reinserted it in a manner designed to create the most damage. Libels where a powerful mode of communication. Governments had reason to fear them, both under the Ancient Régime and at every stage in the Revolution.” Ebd., a.a.O., S. 268. 15 Oberst Maximilian von Szymborski war Adjutant und engster Vertrauter Herzog Ernsts. Der gebürtige Pole war beim Coburger Volk äußerst unbeliebt. Er hatte offenbar auch den Auftrag, Luise zu überwachen, vgl. Hofmann, F., a.a.O., S. 44. Anmerkungen  |

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16 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst I. (betr. Panam), 4. Nov. 1823. 17 StACo, NL (Höfer), Nr. 6 , unpag., Brief des Mr Javon über d. Mme Al. Panam und deren Pläne, geschrieben aus Paris am 15. Juillet 1820 an Son Altesse Royal le Prince Monsigneur Leopold. 18 Zitiert nach Nicklas, T., a.a.O., S. 157. 19 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unag., Brief Leopolds an Ernst I. (betr. Panam), 4. Nov. 1823. 20 Vgl. ebd. 21 Ebd. 22 Pichois, C., La mystérieuse …, a.a.O., S. 155 : «…les larmes coulent et l’édition s’est écoulée». 23 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Handschriftliche Kopie aus dem Staatsarchiv Wien, Vertrauliches Schreiben an den Botschafter Frankreichs am sächsischen Hof, Monsieur de Rumigny, überreicht von M. v. Szymborski, betreffend die Angelegenheiten der Madame Panam, verfasst in Coburg am 28. Oktober 1823. 24 Archives Nationales, F7. 6901A, dossier 7160, zitiert nach Pichois, C., La mysterieuse …, a.a.O., S. 157: «Airrivée à Paris depuis trois mois, elle déclara qu’elle était née à Montpellier, où les affaires de son père, nommé Alexandre, avaient été compromises par la Révolution, et qu’après la mort de celui-ci, elle était venue demeurer dans la capitale avec sa mère et ses sœurs. Sous l’Empire, très jeune encore, elle fit la connaissance d’Ernest III, duc de Saxe-Cobourg, lequel en devint éperdument amoureux et l’emmena en Allemagne. De cette liaison naquit un fils, dont l’origine serait constatée par des lettres du duc qui, loin de tenir ses promesses, aurait fait subir à cette malheureuse persècutions et mauvais traitements.» 25 Ebd. S. 158. 26 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Brief Ernst I. (Abschrift) Coburg, 25. April 1823 an Ew. Durchlaucht, (vermutlich an Fürst Metternich). 27 Ebd. 28 Vgl. Paulmann, J., a.a.O., S. 115. 29 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Gutachten des alten Advokaten im königlichen Gericht Billecoaq, Paris den 25. Mai 1823. 30 Ebd. 31 Ebd. 32 Vgl. Nicklas.T, a.a.O., S. 157. 33 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Gutachten des alten Advokaten im königlichen Gericht Billecoaq, Paris den 25. Mai 1823, unpag. 34 Ebd., Brief Ernst I. an den französischen König, wahrscheinlich vom April 1823, unpag.

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35 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Vertrauliches Schreiben an den Botschafter Frankreichs am sächsischen Hof, Monsieur de Rumigny, überreicht von M. v. Szymborski, betreffend die Angelegenheiten der Madame Panam, verfasst in Coburg am 28. Oktober 1823 (handschriftliche Kopie aus dem Staatsarchiv Wien). 36 Im August 1808 war Ernst tatsächlich nach St. Petersburg gereist, um dort um die Hand Anna Pawlownas anzuhalten, vergl. Sandner, H., a.a.O., S. 35. 37 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst vom 4. Nov. 1823. 38 Das „Journal des Luxus und der Moden“ wurde vom Verleger und Unternehmer Friedrich Justin Bertuch und dem Künstler Georg Melchior Kraus herausgegeben und erschien in Weimar von 1786 bis 1827. Ende des 18. Jahrhunderts, in ihren erfolgreichsten Jahren, erreichte die Zeitschrift eine Auflage von über 2000 Exemplaren und war damit rund 25.000 Leserinnen und Lesern zugänglich. Zur Geschichte dieses Intelligenzblattes vgl. Kuhles, Doris: Journal des Luxus und der Moden 1768–1827. Analytische Bibliographie, Bd. 1–3, München 2003. 39 „Journal des Luxus und der Moden“, Weimar 1823, Band 38, Heft 43, S. 365 f., sowie Heft 44, S. 370 f. 40 „Journal des Luxus und der Moden“; Heft 38, Band 43, S. 366. 41 Ebd. 42 „Journal des Luxus und der Moden“, Heft 38, Band 44, S. 371. 43 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Extract aus einem Briefe des G.R. von Lindenau vom 5. Juni 1823 aus Gotha (Beilage zum Briefe des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). 44 Nicklas, T., a.a.O., S. 157 f. 45 StaCo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Abschrift eines Briefes des Oberconsistorialdirektors Peucer an den Herzog Ernst (Beilage zum Brief des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). 46 „Journal des Luxus und der Moden“, Weimar 1823, Heft 71, Band 38, S. 592. 47 Ebd. 48 Der Bundestag hatte am 20. September 1819 die Karlsbader Beschlüsse verabschiedet, vier Gesetze, die eine Reglementierung der Universitäten und der Presse und die Einrichtung einer Behörde zur Untersuchung revolutionärer Umtriebe möglich machten. Vgl. Dressel, C., Verfassung und Verwaltung, a.a.O., S. 359. 49 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Schreiben des Staatsarchivs Weimar vom 26. Oktober 1922 an Dr. Conrad Höfer. 50 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Schreiben vom 23. August 1823. 51 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Extract aus einem Briefe des G.R. von Lindenau vom 5. Juni 1823 aus Gotha (Beilage zum Briefe des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). Anmerkungen  |

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52 Conrad Höfer bemühte sich bei seinen Recherchen um Aufklärung eines Hinweises des Historikers Karl Eduard Vehse, der in seinem Hauptwerk „Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation“ vermerkt hatte, die „Memoires d’une jeune Grecque“ seien das erste Buch gewesen, welches unter den Karlsbader Beschlüssen in Deutschland verboten worden waren. Vom Staatsarchiv Weimar erhielt Conrad Höfer am 26. Oktober 1922 dieses Schreiben: „Die Archivverwaltung erwidert auf Ihr Schreiben vom 14. X. folgendes: Die Stelle bei Vehse II S. 124 ist wohl in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Der Schriftwechsel über das Verbot der Mémoires d’une jeune Grecque befindet sich in Landesdirektionsakten (B 5457 d Bl. 13–22). Hiernach (Bl. 16) ist die Schrift in Sachsen- Weimar-Eisenach infolge eines offiziellen Verwendungsschreibens des Herzogl. Coburgischen Ministeriums verboten worden. Nach dem Protokoll der Landesdirektion über die Bekanntgabe des Verbotes der Schrift an die weimarischen Buchhändler Hoffmann und Albrecht (Bl. 22) bemerkte bei dieser Gelegenheit der erstere, „dass dieses das erste Buch sey, welches hier verboten werde. Dr. Tille, Archivdirektor.“ Vgl. StACo, NL (Höfer), Nr. 5. 53 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst, 4. Nov. 1823. 54 Ebd. 55 Ebd. 56 „Journal des Luxus und der Moden“, Heft 71, Band 38, S. 592. 57 StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst vom 4. Nov. 1823. 58 Nicklas, T. a.a.O., Nicklas bezeichnet die Coburger im Untertitel seines Buches als „späte Dynastie“. 59 Ebd. 60 Ebd.

Intrigen und Verrat 1 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 131. 2 Karoline Bauer folgte Leopold 1829 nach London, wo sie als Gräfin Montgomery eine morganatische Ehe mit ihm einging. 1831 folgte die Scheidung, als Leopold die Königskrone von Belgien angetragen worden war. Vgl. Bauer, Karoline, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 55, Leipzig 1910, S. 667–672. 3 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 131. 4 Bereits 1822 gab es im inneren Zirkel Gothas offenbar Gerüchte, dass Luises Ehemann Herzog Ernst es auf die Nachfolge Augusts und Friedrichs abgesehen hatte. Baron Zach, der ehemalige Hofastronom, schrieb kurz nach dem Tod Augusts an seinen Freund Schiferli: „Nun kommt die zweite Frage, was wird aus uns armen Gothanern werden? Der jetzige Thron-folger [Friedrich IV.], ist bekanntlich imbecille, blödsinnig und – catholisch (verzweifelte Synonima!) Er steht seit langer Zeit

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unter einer Aufsicht, wie König Georg III. in England gestanden hat, und Georg IV. stehen sollte. Wer wird also regieren? Fragen Sie dies die Astrologen! Diese behaupten der gegenwärtig am Himmel stehende Comet bedeute, ein Ernst, und ein Leopold werden regieren! Mehr darf ich vom Horoscope nichts verrathen! (….).In Gotha wird wohl künftig der Herzog von Coburg seine Residenz aufschlagen. Wie sonderbar!“ Zitiert nach Brosche, P. u.a. (Hrsg.), Astronom, Weltbürger, Blasensteinpatient, Basel 1998, S. 126. Die Hofauguren sollten recht behalten, auch wenn es erst im Jahr 1826 so weit war. 5 Quelleninventar Gotha, S. 163, bzw. S. 166 f. 6 Fischer, O., a.a.O., S. 440 f. 7 Ebd. 8 Ebd. 9 Ebart, a.a.O., S. 208. 10 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 137. Hans Emanuel von Thümmel (1796–1825) war der Sohn des Altenburger Geheimen Rates Hans Wilhelm von Thümmel (1744 – 1824), einem Vertrauten Herzog Augusts, vgl. ebd. 11 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 7, Brief Augustes an ihren Sohn Ferdinand, in dem sie Münchhausen als begünstigten Liebhaber Luises in Gotha bezeichnet. 12 Quelleninventar Gotha, S. 126, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E Tit. I 3 Nr. 19, Bl. 80 ff., Brief von Rosenbergs an Ernst vom 18. September 1824, geschrieben aus Braunschweig. 13 Ebd. 14 Ponsonby, D. A., a.a.O., S. 144. 15 Quelleninventar Gotha, S. 128. 16 Ebd. 17 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 185 f. 18 Vgl. Thümmel, Moritz August von, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 38, Leipzig 1894, S.171–177. Thümmel wird als Anhänger eines demokratischen Sinnes geschildert, der seine Abneigung gegen höfische Etiquette nicht verbergen konnte. Humor und Ironie halfen ihm über den Hofdienst hinweg, ohne dass er seine Pflichten vernachlässigte. „Wie ernst es ihm bei alledem um seine Pflichten gegen den fürstlichen Herrn war, geht zur genüge aus dem besonderen Vertrauen hervor, das man ihm bei häufiger Verwendung in diplomatischen Sendungen schenkte. (…). Seine Gemahlin war die Wittwe seines jüngeren Bruders Friedrich Christian (1745–1778). In erster Ehe war sie, eine geborene Friederike v. Wangenheim, mit dem Oberkammerherrn v. Wangenheim verheirathet, der ihr seine beträchtlichen Güter im Gothaischen und in Surinam vererbt hatte, die aus der Hinterlassenschaft seiner ersten Frau auf ihn gekommen waren.“ 19 Corin, A. L.: Hundert Briefe von Johann Ernst Wagner an Jean Paul Fr. Richter und August von Studnitz, Liège 1942, S. 64. Anmerkungen  |

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20 Ebd., S. 204. 21 Schmidt, Friedrich August (Hrsg.), Neuer Nekrolog der Deutschen, Ilmenau, 1826, S. 473 f., weitere Erwähnung findet Hans von Thümmel in der Allgemeinen Deutschen Biografie, Band 38, Leipzig 1894, im Artikel über seinen Bruder Moritz August: „Der erwähnte Bruder Thümmel’s, Hans Wilhelm, stand dem Dichter von allen Geschwistern zeitlebens am nächsten. (…) Seit 1804 war er Minister und wirklicher geheimer Rath des Herzogs August. – In den Annalen der Gothaer Geschichte füllt seine segensreiche Thätigkeit eines der ruhmvollsten Blätter. Er durchkreuzte das Land mit Straßen, nahm neue Landesvermessungen vor und ließ auf Grund eingehender Terrainaufnahmen eine wichtige militärische Karte des Herzogthums anfertigen. Auf ihn geht die Gründung der Gothaer Landesbank zurück, die er als Kammerleihbank ins Leben rief. Der in jenen Zeiten seltene Tropfen demokratischen Oeles, mit dem er gleich seinem Bruder Moritz August gesalbt war, führte ihn darauf, den Herzog zu bewegen, daß er die sogenannten ungemessenen Frohnen der Bauern aufhob und neue Steuerbücher anlegen ließ. Sein verdienstlichstes Werk jedoch ist die Durchführung der Armenversorgung, an der er trotz des Widerstandes vieler seiner Amtsgenossen mit rühmenswerther Zähigkeit durch Jahre hindurch festhielt, bis ihm die Lösung der schwierigen Frage gelang. Nicht minder glücklich war er in der Erfüllung diplomatischer Missionen, die ihn mit hohen und höchsten Persönlichkeiten zusammenführten, ohne daß Erfolg und Herrengunst seine streng bürgerliche Gesinnung ins Wanken zu bringen ver mocht hätten.“ 22 Ebd. 23 Ebd., S. 474. 24 Hofmann, F., a.a.O., S. 41. 25 Ebd., Hofmann nimmt Bezug auf das Schicksal der Herzogin Anna von Sachsen (1567–1613), eine Prinzessin aus dem Haus der Wettiner. Sie wurde nach einem Ehebruch von ihrem der Jagdleidenschaft frönenden Gatten Herzog Johan Casimir zu lebenslanger Haft verurteilt und eingesperrt. Ihre flehentlichen Bitten um Gnade wurden ignoriert und sie starb auf der Veste Coburg. 26 Ebd. 27 Matt, P., a.a.O., S. 94. 28 Ebd., S. 94. 29 StACo, Stockmar A II, Nr. 25, 1, fol. 4 ff. 30 Ebd. 31 Vergl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 32. 32 Ebd. 33 Diemel, C., a.a.O., S. 26. 34 StACo, Stockmar A II Nr. 25, 1: Abschrift eines Briefes der Herzogin Auguste an ihren Sohn Leopold, Datum unleserlich, Dreesen/Schnur vermuten Ende 1822.

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35 Ebd. 36 Ebd. 37 Gottfried von Bülow, geb. 1804 in Wolffenbüttel, gest. 1844 in Rhode. Sein Vater Gottfried Philipp von Bülow (1770–1850) war Kammerdirektor in Braunschweig. 38 Quelleninventar Gotha, S. 126, darin zitiert aus: ThStAGo, Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E Tit. I 3 Nr. 19, Bl. 91, Brief von Rosenbergs an Ernst vom 24. August, geschrieben aus Wolffenbüttel 39 Ebd. 40 Ebd. Was Rosenberg zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen konnte: Maximilian von Hanstein wurde später Luises zweiter Ehemann. Maximilian Elisäus Alexander von Hanstein stammte aus einem thüringischen Adelsgeschlecht. Um eine standesgemäße Ehe mit Luise möglich zu machen, wurde er 1826 von Luises Onkel Friedrich, dem Herzog von Hildburghausen, in den Grafenstand erhoben. Fortan durfte er den Titel Graf von Pölzig und Bayersdorf tragen, vgl. StACo, LA A, Nr. 6005, unpag., Schreiben vom 7.3.1826 und Quelleninventar Gotha, S. 233. 41 StACo, LA A, Nr. 6055, unpag., Herzogin Auguste an Ernst I, Ketschendorf, den 17. Juni 1824. 42 Ebd. Auguste spielte auf das Schicksal der Königin Matilda von Dänemark (1751– 1775) an, einer Tochter Augustas von Sachsen Gotha, die mit dem Dänenkönig Christian VII. verheiratet war. Sie führten eine „Ehe à la mode“, d.h., der Ehemann nahm von seiner Frau wenig Notiz, was diese zunächst mit Hingabe und Unterwürfigkeit zu parieren versuchte. Vom König mit Feinden und Spionen umgeben, suchte sie ihr Heil in der Wohltätigkeit, kümmerte sich um Arme, Alte und Kranke und gewann so den Respekt der Bevölkerung. Ihr wurde ein Verhältnis mit dem deutschen Arzt Friedrich Struensee unterstellt, ein Aufklärer und Befürworter eines modernen Staates. Zunächst sperrte man Matilda ein, später wies man sie von Hof, von ihren Kindern wurde sie getrennt. Im Exil in Celle wurde sie zur Ikone eines Kreises von Verschwörern um ihren ehemaligen Oberstallmeister Baron Bülow, vgl. Leitner, Thea: Skandal bei Hof, München 2002, S.197–250. 43 StACo, LA A, Nr. 6055, unpag., Herzogin Auguste an Ernst I, Ketschendorf, den 17. Juni 1824. 44 Ebd. 45 Ebd., Herzogin Auguste an Ernst I, Coburg den 21. Juni 1824. 46 StACo, Koháry Archiv Nr. 56, Herzogin Auguste an Ferdinand, Rosenau, den 10. September 1824. Ehen zur linken Hand, bzw. morganatische Ehen, waren im europäischen Hochadel keine Seltenheit. Meist wurden sie von adeligen Männern mit Frauen aus einem niederen Stand geschlossen, die von der Thronfolge ausgeschlossen werden sollten. Sie dienten oft auch der Legalisierung von Verhältnissen mit Mätressen. 47 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 1. Anmerkungen  |

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48 StACo, Koháry Archiv Nr. 56, Herzogin Auguste an Ferdinand, Rosenau, den 10. September 1824. 49 StACo, LA A, Nr. 6007, unpag., Vernehmung vom 24. August 1824, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 48. 50 Ebd. 51 Ebd., S. 48 f. 52 Gottfried von Bülow (Sohn, 1804 – 1844), geboren in Wolffenbüttel, lebte nach seinem Ausscheiden als Coburgischer Kammerjunker und Lieutnant bis zu seinem Tode bei seinem Vater. Gottfried Philipp von Bülow (Vater, 1770–1850), Sohn eines Braunschweigischen Oberhofmeisters, war nach einer langen Laufbahn als Jurist und Beamter von 1826 bis 1830 Kammerpräsident in Braunschweig, vgl. Allgemeine Deutsche Biographie, Band 3, Leipzig 1876, S. 527–529. 53 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 7 f.: Herzogin Auguste an Luise, Ketschendorf, den 26. August 1824. 54 Vgl. Dressen.J./Schnur, G., a.a.O., S. 38. 55 Ebd., S. 44, Zitat aus einem Brief Ernsts I. an seinen Bruder Ferdinand, 1. Hälfte September 1824. 56 Coburgische Landesbibliothek, Ms 460, Treuegelöbnis Herzogin Luises gegenüber Maximilian von Hanstein, Ehrenburg, den 9. Juni 1824, vgl. auch Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 46. Wahrscheinlich bezieht sich Luise auf eine Versorgungsverfügung ihrer Großmutter für den Astronomen von Zach. 57 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 1; 7; 15 f; 18’. 58 Vgl. Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 182 f. 59 Ebart, P., a.a.O, S. 218 f., Luise an Auguste von Studnitz, Bad Brückenau, 21. September 1824. 60 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 8 f., Luise an Ernst I., Rosenau, 27. August 1824. 61 Ebd. 62 StACo, LA A, Nr. 6082, fol. 22. 63 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S.50 – 52. 64 Ebart, P., a.a.O, S. 219 f., Luise an Auguste von Studnitz, Bad Brückenau, 21. September 1824. 65 Zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 50 ff. 66 Hofmann, F., a.a.O., S. 41–44. 67 Ebd., S. 42. 68 Fischer, O., a.a.O., S. 441. 69 StACo, Koháry Archiv, Nr. 59, Herzogin Auguste an Ferdinand, Mainz, 10. Juli 1825, Zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 40. 70 Ebart, P., a.a.O., S. 219 f., Luise an Auguste von Studnitz, Bad Brückenau, 21. September 1824.

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71 Hofmann, F., a.a.O., S. 42. 72 Ebd., S. 43. 73 Ebd., S. 43. 74 Ebd. 75 Ebart, P., a.a.O., S. 220 f., Luise an Auguste von Studnitz, Bad Brückenau, 21. September 1824. 76 Hofmann, F., a.a.O., S. 43. 77 Ebd. 78 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 182. 79 Vgl. Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, Leipzig 1832, darin S. 52–55 die Artikel von Johann Georg Mussmann über Öffentliche Meinung und Öffentlichkeit. Zu den Öffentlichkeitstheorien des ausgehenden 18. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts siehe auch: Liesegang, Torsten: Öffentlichkeit und öffentliche Meinung. Theorien von Kant bis Marx (1780–1850), Würzburg 2004. 80 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 202. 81 Vgl. Schiewe, J., a.a.O., S. 47. 82 Ebd., S. 49. 83 Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, Leipzig 1832, S. 52 f. 84 Habermas, J., a.a.O., S. 66 f. 85 Vgl. Hofmann, F., a.a.O., S. 43. 86 Ebd. 87 Bachmann, G., Reisetagebücher, a.a.O., S. 309. 88 Ebd., S. 44. 89 StACo, Koháry Archiv, Nr. 104, Ernst an seinen Bruder Ferdinand, o.O., 1. Hälfte September 1824 (Brieffragment), zitiert nach Dreesen.J./Schnur. G., a.a.O., S. 42. 90 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 4, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 60. 91 Ebd., fol. 15 f., zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 64. 92 Vgl. Nicklas,T., a.a.O., S. 158.

Geheimdiplomatie 1 2 3 4

Nicklas, T., a.a.O., S. 77. Ebd., S. 82. Nicklas, T., a.a.O., S. 84. Im Mai 1830 erteilte Leopold den Großmächten eine Absage. Die „Dornenkrone“ Griechenlands schien ihm eine zu große Bürde, da er innere Machtkämpfe fürchtete. Der Rückzug trug ihm viel Kritik ein. Er habe sein bequemes Leben in England nicht für die große Aufgabe opfern wollen. Doch er sollte Recht behalten, denn Anmerkungen  |

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der bayerische Prinz Otto, der die griechische Krone angenommen hatte, wurde 1862 aus dem Land gejagt. Leopold hingegen regierte ab 1831 erfolgreich in Belgien. Zur Geschichte Leopolds vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 78–98. 5 StACo, Koháry Archiv, Nr. 210, Sophie von Mensdorff-Pouilly an ihren Bruder Ferdinand, Prag, 20. März 1824. Abderit ist die Bezeichnung für einen naiven Einfaltspinsel, hergeleitet von der antiken Stadt Abdera, die bei den Hellenen den Ruf eines „Schilda“ hatte. „Die Abderiten“ war ein satirischer Roman von Christoph Martin Wieland, der in der Zeitschrift „Der Teutsche Merkur“ in den Jahren 1774 bis 1780 in Fortsetzungen erschien. Abdera wird dort als Freistaat bezeichnet, der ein zweideutiges Mittelding zwischen Demokratie und Aristokratie darstellte. 6 StACo, LA A, Nr. 6508, fol. 27 ff., Abschrift der gedruckten Annonce von 1824: «Memoires d’une jeune Grecque, par Mme A.-P.-H. Alexandre Panam, contre le Duc regnant de Saxe-Coburg-Saalfeld et le Prince Leopold, son frère; Suivis de la vie politique des ces deux Princes, de leurs aventures amoureuses, et des principaux événements qui se sont passés depuis 1808 jusqu’au Congrès de Vienne.» 7 Ebd., S. 6: «Ah! Si mes premiers Mémoires avaient pu trouver des incrédules, ils n’ent trouveraient plus désormais ; car la conduite atroce du Duc de Saxe-Cobourg, à l’egard de sa vertueuse et jeune épouse, en soulevant l’indignation de son peuple à fait éclater sa honte aux yeux de L’Univers. Je rendrai compte dans mes nouveaux Mémoirs de ces faits qui viennent de provoquer plusieurs révolutions à Cobourg.» 8 StACo, LA A, Nr. 6083, fol. 15, Amalie von Uttenhoven an Ernst I., St. Wendel, 15. April 1825. 9 StACo, Koháry Archiv, Nr. 230, Gräfin Sophie von Mensdorff-Pouilly an ihren Bruder Ferdinand, Prag, 3. April 1835. 10 Sandner, H., a.a.O., S. 39. 11 StACo, Koháry Archiv, Nr. 230, Gräfin Sophie Mensdorff an ihren Bruder Ferdinand, Prag, 3. April 1835. 12 Vgl. Turner, Katherine (Hrsg.): Women’s Court and Society Memoirs, Vol. 7, Pauline Adelaide Alexandre Panam, Memoirs of a Young Greek Lady (1823), London 2010, S. 2, Anmerkung 1. Dieser Hinweis auf Philarète Chasles sei wenig zuverlässig, bemerkt Turner. 13 Quérard, Joseph Marie: Les Supercheries littéraires dévoilées, Paris 1850, S. 404. Quérard nimmt an, es habe auch 1825 eine Ausgabe der „Memoires d’une jeune Grecque“ gegeben, da ja die Annonce veröffentlicht wurde. Diese Auflage ist aber nie erschienen. «Deux prospectus de ces Memoires ont été publiés, l’un en 1824, et l’autre en 1825, promettant ces scandaleux Memoires en quatre volumes, mais il n’en a été publié que deux», rechnete Quérard vor. Claude Pichois schreibt dazu: «Le bibliographe a confondu le livre réel avec la description qui a été donnée par la Bibliographie de la France d’après le prospectus de 1825.» Vgl. Ders.: La mystérieuse …,

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S.  156, Anm. 4. Möglicherweise erklärt sich durch dieses Missverständnis auch, warum Philarète Chasles in der französischen Nationalbibliothek als Autor verzeichnet ist. Vgl. dazu auch Brosche, Peter: Der Astronom der Herzogin, Frankfurt a.M. 2009, S. 307, Anm. 1061. Quérard hat in seinen „Supercheries“ nicht offengelegt, wie er eine Verbindung zwischen Philarètes Chasles und den „Memoires“ ziehen konnte. 14 Pichois, C., La mystrieuse …, a.a.O., S. 172, Anm. 3: «S’il n’y a aucun argument prouvant que Chasles ait rédigé, même sur pièces les Mémoires d’une jeune Grecque, il me semble, en revanche, qu’il y a des présomptions contre cette attribution: rien dans les papiers des Chasles ne se rapporte à cet ouvrage et il n’y est fait aucune mentions dans ses oeuvres postérieures. – Le style même des Mémoires me paraît assez féminin », befand Pichois. Vgl. auch: Pichois, Claude: Philarète Chasles et la Vie litteraire au Temps du Romantisme, Paris 1965. 15 Pichois, C., La mysterieuse …, a.a.O., S. 172. 16 Brosche, Peter, a.a.O., S. 307, Anm. 1063, Baron Zach vermutete, Louis Pierre Édouard Bignon (1771–1841), ein französischer Diplomat, sei der Autor. 17 Ausgabe von 1823, published by J. Fairburn, London, translated by W.H. Ireland, Member of the Athenaeum of Sciences and Arts at Paris. 18 Ebd., S. vii f.: . „In the course of the following sheets mention is made of Prince Leopold of Saxe-Cobourg, a scion from his German Stock. As Englishmen, the name is familiar to us“, erläuterte Ireland und erwähnte auch Leopolds Verbindung zum Königshaus: “since upon the life of the late lamented Princess Charlotte of Wales once depended the future accession to the Britsh throne. (…) It remains, therefore, with the reader to decide, whether, from the following statements, as concerns this individual, the people of England have any just cause to lament that the future of this throne is not reserved for the German Prince Leopold of Saxe-Cobourg.” 19 Pickering & Chatto Publishers, Women’s Court and Society Memoires, http://www. pickeringchatto.com/major_works/women_s_court_and_society_memoirs [Stand 17.02.2012]: “In England, coming just three years after the trial of Queen Caroline, it served as further evidence of royal cruelty and decadence, and its politically subversive untertones were anxiously registered by the critics”, schrieb Ireland. 20 Augusta von Sachsen-Gotha-Altenburg (1719–1772) war eine Vorfahrin Luises. Sie war die Tochter Friedrichs II. (1676–1732), Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg, dem Ur-Großvater Augusts von Sachsen-Gotha-Altenburg, dem Vater Luises. Augusta war durch Heirat mit Friedrich Ludwig von Hannover Prinzessin von Wales und die Mutter des britischen Königs George III., vgl. Kwan, Elisabeth E./ Röhrig, Anna Eunike: Frauen vom Hof der Welfen, Göttingen 2006, S. 116–118. 21 Robins, Jane: Rebel Queen. How the Trial of Caroline brought England to the Brink of Revolution, London 2006, S. 51: “My mother was bad, but she would not have become as bad as she was if my father had not been infinitely worse.” Anmerkungen  |

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22 Ebd., S. 321: “[He] was to address the central issue that had made the Caroline agitation so dangerous – that of the army and militia. All the time that public protest might be met with sabres and guns there was a danger of an escalation into widespread rebellion. Peel set about defusing that explosive cocktail with the establishment of a police force armed only with truncheons and far more suited to managing public demonstration and civil disobedience, though it was not to come about until 1829.” 23 Ebd., S. 289. Caroline blieb trotzdem die ungekrönte Königin Englands. Als George IV. 1820 den Thron bestieg, ließ er seine Ehefrau von den Krönungsfeierlichkeiten ausschließen. Mehr zum Schicksal Carolines auch bei Feuerstein-Praßer, Karin: Caroline von Braunschweig. Englands ungekrönte Königin, Regensburg 2009. 24 Robins, J., a.a.O., S. 322: “The Queen’s trial raised it to its zenith. Public opinion in 1820 seemed not simply the embodiment of the wisdom of the people, but also part of the great, unstoppable tide of history that was to lead to their liberation,” bilanziert Jane Robins. 25 Vgl. Habermas, J., a.a.O., S. 161 ff. 26 Vgl. Schiewe, J., a.a.O., S. 53. 27 Vgl. ebd. 28 Vgl. Geisthövel, Alexa: Restauration und Vormärz 1815–1847, Paderborn 2008, S. 31. 29 Vgl. ebd., S. 30 f., Sachsen, Hannover, Braunschweig und Hessen-Kassel erhielten zwischen 1831 und 1833 Verfassungen, vgl. auch Kermann, Joachim: Von den Nationalaufständen zur Solidarität der freien „Völker“ Europas. Die Europäischen Revolutionen von 1830/31 und das Hambacher Fest, in: Kermann, Joachim/ Nestler, Gerhard/ Schiffmann, Dieter: Freiheit, Einheit und Europa, Ludwigshafen 2006, S. 9–46. 30 Vgl. StACo, Koháry Archiv, Nr. 118, 119, 120 und 121, Findmittel der Staatlichen Archive Bayerns, Staatsarchiv Coburg 2009, S. 32. 31 Vgl. ebd. 32 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 149. 33 Schunk, Erich: Ohne Pressefreiheit keine Bürgerfreiheit, in: Kermann, J. u.a., a.a.O., S. 135. 34 Zitiert nach Schunk, E., a.a.O., S. 184. 35 StACo, NL (Höfer), Nr. 5, unpag. 36 Schunk, E, a.a.O., S. 138. 37 Vgl. Turner, K., a.a.O., S. 1. Turner schreibt: “William Henry Ireland is best known today as a literary forger, who fabricated a paly, Vortigern, in 1795, as well as a number of other letters and documents which he claimed were written by Shakespeare. He was swiftly discredited and subsequently made his living as a self confessed forger

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and hack. Between 1814 and 1823 he lived in France, where he wrote and translated many works on Frensh history and culture.” 38 Vgl. Pichois, C., La mystrieuse …, a.a.O., S. 174. 39 Vgl. ebd. 40 Ebd.: «La Duchesse, dont la tête légère et fort ardente prend facilement toutes les impressions qu’on lui donne, s’èrait nourrie de la lecture des romans et ne souhaitait rien autant que d’occuper d’elle le monde entier», urteilte Rumigny. 41 Nach Jürgen Habermas liegt darin neben der ungewissen Meinung die zweite, wichtige Bedeutung von „opinion“ im Englischen, nämlich die der „reputation“. Damit ist der Ruf, das Ansehen gemeint. Es geht darum, was man in den Augen der anderen darstellt. „Opinion im Sinne der ungesicherten Meinung, die den Wahrheitsbeweis erst noch bestehen müßte, verbindet sich mit opinion im Sinne eines im Kern fragwürdigen Ansehens bei der Menge.“ Habermas, J., a.a.O., S. 161 f. 42 StACo, LA A, Nr. 6083, fol. 13–15. 43 StACo, LA A, Nr. 6511, S. 8 ff., Braunschweiger Vernehmungsakte über das Erscheinen von “Paulinens Reise nach Deutschland”, vgl. auch StACo, NL (Höfer), Nr. 6, unpag. 44 Ebd. 45 StACo, Stockmar A II, Nr. 25, 1, Bernhard von Lindenau an Leopold, Gotha, 23. Juli 1825. 46 Ebd. 47 Ebd. 48 A German Prince and his Victim, taken from the Memoirs of Madame Pauline Panam, “The Beautiful Greek”, John Long, London 1915. 49 Vgl. Clay, C., a.a.O., S. 178 f. In einem Telegramm hatte Kaiser Wilhelm II. dem Präsidenten der Burenrepublik Transvaal, Paulus „Ohm“ Krüger, zur Abwehr eines Putschversuchs gratuliert, der von der benachbarten britischen Kapkolonie aus gesteuert worden war. Die anti-britische Tendenz der „Krüger-Depesche“ löste in der britischen Presse und Bevölkerung große Verärgerung aus. Vgl. dazu auch Clark, C., a.a.O., S. 178 f. 50 Bradford, Sarah: Elizabeth. A Biography of Her Majesty the Queen, London 1996, S. 17: “I may be uninspiring, but I’m damned if I’m an alien,“ wütete George V. 51 Betroffen waren der regierende Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, Kaiser Wilhelm II. und sein Bruder, der König von Württemberg, der preußische Kronprinz, der Großherzog von Hessen und bei Rhein und der König von Hannover (obwohl ein Sohn Georges V.), vgl. Fellowes, Edmund H.: The Knights of the Garter 1348–1939, SPCK 1939.

Anmerkungen  |

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Verbannung und Scheidung 1 Vgl. ebd. 2 Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 193. 3 StACo, LA A, Nr. 6009, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 42. 4 Ebd., fol. 5 f. 5 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 32. 6 Ebd. 7 Ebd. 8 StACo, LA A, Nr. 6009, fol. 5 f., zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 68. 9 StACo, LA A, Nr. 6009, fol. 3–4, Luise an Caroline, Bad Brückenau, 12.10.1824. 10 Ebd. 11 Ebd. 12 Ebd. 13 Ebd. 14 Ebd. 15 StACo, LA A, Nr. 6008, fol. 32’. 16 Die Sammlung der Briefe Carolines an Albert ist in den Royal Archives in Windsor Castle erhalten. 17 Dreesen, Josef: Das Fürstentum Lichtenberg (1816–1834) im Vormärz. Ein Provisorium, Holsthum 2008, S. 46. Weiter heißt es ebd., S. 176: wegen der Anwesenheit der Herzogin Luise „blieben die Spannungen zwischen der katholischen Geistlichkeit und der herzoglichen Regierung weitgehend unbeachtet, obwohl die Opposition [im Fürstentum] sich diese hätte zu Nutzen machen können (…). Ebenso wenig nahm die lichtenbergische Öffentlichkeit Notiz von dem Konflikt ihrer Regierung mit der protestantischen Bevölkerung Baumholders, die sich Ende des Jahres 1828 vehement gegen die geplante Vereinigung der Konfessionen zu einem gemeinschaftlichen Schulunterricht wehrte, Bürgerversammlungen abhielt und den Gottesdienst boykottierte, um so die Rücknahme der ‚neuen Schuleinrichtung‘ zu erzwingen.“ Ernst verkaufte schließlich das ungeliebte Fürstentum Lichtenberg 1834 an Preußen und erwarb dafür die Domäne Wandersleben, die Herrschaft Sternberg im bayerischen Kreis Unterfranken und Aschaffenburg zum Fideikomiss des herzoglichen Hauses sowie die Domänen Thal und Mechterstädt zum Vermögen der Herzoglichen Kammer. Der Kreis St. Wendel wurde unter gleicher Bezeichnung in den preußischen Regierungsbezirk Trier eingegliedert. Vergl. dazu auch Quelleninventar Gotha, S. 228. 18 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 22. November 1824. 19 Quelleninventar Gotha, S. 229. 20 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 22. November 1824.

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21 Ebd. 22 Quelleninventar Gotha, S. 229. 23 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 228 f. 24 ThStAGo, Staatsministerium Dep. C.I.Tit.2, Nr. 19/2, fol. 8, zitiert nach Dreesen, J./ Schnur, G., a.a.O., S. 74. 25 RA, Confidential Family Papers, M. 40, Duchesse Louise 1817–1831, No. 2, 3, Deeds of Separation: „4. Dagegen verzichten der Frau Herzogin Louise Durchlaucht auf alle Ansprüche welche Höchstderenselben aus dem zu Gotha und Coburg den 31sten Juli und 29sten Juli 1817 errichteten Ehepacten zustehen, insbesondere auf die Höchstdemselben darinnen ausgesetzten Hand- und Spielgelder von 3000 fl. und die Morgengabs- Verzinsung, so wie auf jede andere in diesem Vertrag Ihr zugewiesenen Berechtigung, vorzüglich auf die Vormundschaft über die Kinder und die Landesregierung, welche Ihr nach §15 der Ehepacten auf den Fall überlassen ist, wenn Sn. Durchlaucht der regierende Herr Herzog noch während der Minderjährigkeit (…) versterben sollte. 5. Desgleichen verzichten der Frau Herzogin Louise Durchlaucht auf die dem Herrn Herzog Ernst Durchlaucht zugebrachten Dotalgelder und sämmtliches andere zugebrachte Vermögen; namentlich auch auf die dem letzteren zur Bezahlung der erkauften Herrschaften Grainburg vorgeliehenen Summe von 87000 fl. (…) zum Besten der beiden Prinzen Ernst und Albrecht und deren Nachkommen. 6. Eben so treten der Frau Herzogin Louise Durchlaucht und zwar unbedingt und unwiderruflich alle Höchstderenselben an die dereinstige Allodial Verlassenschaft des Herzogl. Hauses S. Gotha und Altenburg nach den Bestimmungen des Römhilder Kreises vom 28. Juli 1791 hausverfassungsmäßig zustehenden Ansprüche an Ihre mit dem Herzog Ernst Durchlaucht erzeugten beiden Prinzen Ernst und Albrecht und deren Nachkommen unter Verzichtleistung auf alle Regredient – Erbschaftsoder Erbrückfalls Ansprüche ab, nur mit dem einzigen Vorbehalt einer nach dem dereinstigen Abgange des S. Gotha und Altenburg. Herzogl. Mannesstammes und wirklichen Anfall des Allodialnachlaßes derselben jährlich zu bestimmenden lebenslänglichen Rente, und soll diese Rente nach Maasgabe des sich ergebenden Betrags dieses Allodialnachlaßes durch weitere Uebereinkunft jedoch nicht höher als auf 12000 fl. bestimmt, und so lange die verwittwete Frau Herzogin Charlotte Amalie von Sachsen Gotha Altenburg Durchlaucht am Leben verbleiben, und die Höchstderselben mittels des Vertrags vom 25. September 1823 aus dem Allodialnachlaß zugesicherten Rente von 3000 fl. geniesen wird, diese Summe auf die obbemerkten 12000 fl. auf- und angerechnet werden. 7. Was den dereinstigen Privatnachlaß des Herzogs Friedrich von S. Gotha und Altenburg anlangt, verzichten der Frau Herzogin Louise Durchlaucht ebenmäßig Anmerkungen  |

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zum Besten Ihrer obgenannten beiden Prinzen Ernst und Albrecht und deren Nachkommen auf alle und jede Disposition über die Substanz dieses Nachlaßes, doch verbleibt Höchstder(n)enselben davon lebenslänglich die volle Nutzniesung und nächstdem noch die Berechtigung, von dem Ertrag dieses Vermögens auf Ihren Todesfall Ihrer Dienerschaft und sonstigen Angehörigen bis auf den Betrag von 3000 fl. lebenslängliche Pensionen auszusetzen.“ 26 Quelleninventar Gotha, S. 206. 27 Ebd., S. 208. 28 Ebd. 29 Ebd., S. 209. 30 StACo, LA A, Nr. 6010, unpag., Luise an Sophie von Mensdorff-Pouilly, St. Wendel, 18. Dezember 1824. 31 Quelleninventar Gotha, S. 206 f. 32 Zitiert nach Bachmann, G., a.a.O., S. 311. 33 Ebd., S. 309. 34 Ebd. 35 Zitiert nach Bachmann, G., Reisetagebücher, a.a.O., S. 310. 36 In der Gradualerbfolge ging es darum, wer am nächsten mit Friedrich IV. verwandt war, danach hätte Meiningen die Herrschaft über das Fürstentum zugestanden. Bei der Linearerbfolge wären alle männlichen Nachkommen Ernsts des Frommen erbberechtigt. 37 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 171 f. 38 Vgl. ebd. 39 Vgl. ebd. 40 Quelleninventar Gotha, S. 173. 41 Nicklas, T., a.a.O., S. 155. 42 Ebd. 43 Nicklas, T., a.a.O., S. 156. 44 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 76. 45 Quelleninventar Gotha, S. 209, zitiert aus Staatsministerium Abt. Gotha Dep.C. Loc. I Tit. 4 Nr. 12, Blatt 78. 46 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 29. Oktober 1825. 47 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 4.12.1825, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 76. 48 Quelleninventar Gotha, S. 208. Luise schrieb: „1. Daß der Herzog die jetzigen 13.000 rth. unverändert bis zu dem Zeitpunkt fortzahlt, wo ich die 12.000 rth. aus dem Haus-Allodium erhalte; 2. Daß der Herzog die Auszahlung der 1.000 rth. wegen des Fidei Comisses von meinem Onkel verwilligt;

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3. Daß er mir unentgeldlich das Haus u. Gartenhaus in St. Wendel lebenslänglich überläßt, oder wenn Er lieber sähe, daß ich nach der Scheidung und Wiederverheiratung, nicht in seinem Lande bliebe, oder wenn er das Fürstenthum vertausche, mir die Einrichtung nach Angabe des durch den Gebrauch verminderten Werthes der Sachen ersetzen; 4. Daß ich alle zwei Jahre meine Kinder sehe.“ 49 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 78. 50 Quelleninventar Gotha, S. 209. 51 Ebd. 52 Ebd.: das Justizcollegium Coburg stellte fest, dass „(…) das zwischen Seiner Herzoglichen Durchlaucht dem regierenden Herrn Herzog Ernst von Sachsen Coburg Saalfeld und der Frau Herzogin Louise geborene Herzogin von Sachsen Gotha und Altenburg Durchlaucht bestehende Fürstliche Eheband für aufgelöst zu achten, wie wir denn solches andurch lösen und aufheben; es bleibt auch beyden höchsten Theilen unbenommen eine anderweite christliche Eheverbindung einzugehen, und im übrigen behält es bey dem zwischen Höchstdenenselben sowohl hinsichtlich Höchst ihrer eigenen gegenseitigen Verhältnisse, als auch rücksichtlich der aus dieser Fürstlichen Ehe entsprossenen beyden Durchlauchtigsten Prinzen und deren Rechte geschlossen und respective cum curatore anerkannten Vertrag.“ 53 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 80. 54 Vgl. Bachmann, G., Reisetagebücher, a.a.O., S. 311.. 55 StACo, LA A, Nr. 5572, Tagebücher der Herzogin Auguste, Eintrag vom 12. März 1826, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 80. 56 Maximilian Elisäus Alexander von Hanstein, geb. 6. Juni 1804 in Bayreuth, gest. 18. April 1884 in Schmölln, vgl. Quelleninventar Gotha, S. 234 ff. 57 Vgl. ebd., S. 234, darin zitiert: Geheimes Archiv E V Sonne 6 Nr. 16. 58 Quelleninventar Gotha, S. 234. 59 Vgl. Paletschek, S., a.a.O., S. 175. Paletschek weist darauf hin, dass systematische Bestandsaufnahmen zum Thema Scheidungen im 19. Jahrhundert nicht vorhanden sind. Ihre Einschätzung gewinnt sie aus der Lektüre von Memoiren. 60 Vgl. Paulmann, J., a.a.O., S. 63. 61 Ebd., S. 65. 62 Quelleninventar Gotha, S. 241: „Artikel 1. Es soll in dieser Ehe die gesetzliche Gütergemeinschaft unter Eheleuten nicht stattfinden, sondern die Ehe wird unter den Rechten des Eingebrachten geschlossen, so daß alle Erwerbungen, welche während der Ehe gemacht werden, dem Manne zugehören. Art. 2. In Rücksicht auf diese Ehe macht die Frau Herzogin von Sachsen Durchlaucht Ihrem künftigen Herrn Gemahl Grafen von Pölzig durch unwiderrufliche Anmerkungen  |

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Schenkung unter Lebenden, mit Verzichtsleistung auf die im Artikel 953 des Civilgesetzbuches herzuleitenden Auflösungsklagen folgende Geschenke: A. Das Gothaische Fideicommiß von Fünf und zwanzigtausend Reichsthalern B. Diejenigen dreytausend Reichsthaler, als wie hoch die Frau Herzogin Durchlaucht auf ihren Todesfall über die Nutzungen des Privatnachlasses ihres verewigten Oheims, des in Gotha ruhenden Herzogs Friedrich IV. von Sachsen Gotha und Altenburg zum Besten Ihrer Angehörigen auf deren Lebenszeit vertragsmäßig disponieren darf und welche dreytausend Reichsthaler nach dem Tode der Frau Herzogin je jährlich zu beziehen sind.“ Bei der Scheidung von Ernst wurden Luises Ansprüche am Gothaischen Fidei-Kommiss allerdings gar nicht berücksichtigt. 63 StACo, LA A, Nr. 6151, fol. 22–23’, Herzogin Luise an Elise Kummer, geb. Morgenthal in Coburg, St. Wendel, 2. Januar 1827. 64 StACo, LA A, Nr. 6083, fol. 12. 65 Fischer, O., a.a.O., S. 442 f. 66 StACo, LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 4.12.1825. Paul von Württemberg war mit der wettinischen Prinzessin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen verheiratet. Mit ihr hatte er fünf Kinder. 1818 trennte er sich von ihr, eine legale Ehescheidung wurde vom württembergischen König abgelehnt. 67 Gutachten Florschütz 1835 VIII [7], in: ThStAGo, Staatsministerium, Nr. 30 fol. 14–20, zitiert nach Bosbach, Franz, Studium des Prinzen Albert, in: Bosbach, Franz/ Davis, J. R. (Hrsg.): Prinz Albert. Ein Wettiner in Großbritannien, München 2004, S. 59. 68 Zitiert nach Wiedau, Kristin: Eine adlige Kindheit in Coburg, Coburg 2001, S. 16. 69 RA, VIC/ADDA7/155, Handgeschriebener Brief Prinz Alberts an seine Mutter, ohne Datum, auf Übungspapier für Schönschrift. „Liebe gute Mama! Wir haben acht brasilianer Schmetterlinge und hiesige sammeln wir immer mehr auf unseren Spaziergängen. Das schöne Wetter lockt uns oft ins Freie. Wir machen auch kleine Reisen zu Fuß. Wir wollen auch einmal zu Fuß auf die Rosenau gehen. Wir waren in der Komödie; da wurde Wallensteins Tod aufgeführt, wobey ein junger Mann nicht von Wallenstein weg sollte. Ich habe am grünen Donnerstag die ganz großen Nester gefunden. Wir suchten die Eier auf dem Hofgarten und die Lindemänner suchten mit uns. Nachher spilten [sic] wir mit ihnen. Es ist ein Schnelllaufer hier gelaufen, der war aus Gotha; aber er hat nicht viel gekonnt. Lebe wohl, liebe Mama und behalte lieb Deinen kleinen Albert.“ 70 Zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 80. 71 Fischer, O., a.a.O., S. 445. 72 RA, VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 24, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg.

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73 Ebd., No. 25, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St. Wendel, 4. August 1830. 74 Zitiert nach Wiedau, K., a.a.O., S. 15. 75 RA, VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 28, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, 14. Januar 1831, St. Wendel. 76 Ebd. 77 Fischer, O., a.a.O., S. 443 f. 78 Vgl. Diemel, C., a.a.O., S. 21 f. 79 Bauer, F., a.a.O., S. 42. 80 Ebd., S. 44. 81 Fischer, O., a.a.O., S. 444. 82 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 227. 83 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 84. 84 Am 6. November 2010 enthüllte der Bürgermeister von St. Wendel zu Ehren Luises eine Statue vor ihrem ehemaligen Wohnsitz. 85 StACo, Min R, Nr. 946, fol. 66, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 86. 86 Vgl. Sandner, H., a.a.O., S. 45. 87 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 86. 88 Vgl. Nicklas, T., a.a.O., S. 148 f. 89 Vgl. ebd., S. 149.

Tod und Erbe 1 Vgl. Fischer, O., a.a.O., S. 450. 2 Vgl. StACo, LA A, Nr. 6151, fol. 22–23’, Herzogin Luise an Elise Kummer, St. Wendel, 2. Januar 1827, ebd., fol. 24–25’ , Herzogin Luise an Elise Kummer, St. Wendel, 20. Januar 1828. 3 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 82. 4 Vgl. StACo, LA A, Nr. 6152, fol. 13 ff. und ebd. Nr. 6150, fol. 27 ff. 5 Fischer, O., a.a.O., S. 449. 6 Ebd. 7 RA, VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 26, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St. Wendel, 17. August 1830. 8 Fischer, O., a.a.O., S. 450. 9 Fischer, O., a.a.O., S. 451. 10 Zach, geboren 1754, starb 1832 mit 78 Jahren in Paris an der Cholera, die von Deutschland her eingeschleppt worden war und 20.000 Tote forderte. Baron LindeAnmerkungen  |

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nau setzte Zach auf dem Friedhof Père Lachaise einen Grabstein mit der Inschrift: „Dem Himmelskundigen Franz Xaver von Zach, sein dankbarer Schüler und Freund, Bernhard von Lindenau.“ Vgl. Gosteli, Leo/ Boschung, Urs/ Brosche, Peter, (Hrsg): Astronom, Weltbürger, Blasensteinpatient, Franz Xaver von Zachs Briefe an Rudolf Abraham von Schiferli 1821–1832, Basel 1998. 11 Fischer, O., a.a.O., S. 447 12 Gosteli, L., u.a., a.a.O., S. 251 f. 13 Zitiert nach Gosteli, L., u.a., a.a.O., S. 251 f. Weiter führt Zach in seinem Brief an Schiferli vom 12.10.1827 aus: „Die genaue Erweisung solcher angeblichen und vermutheten Vatterschaften wurde die menschliche Gesellschaft in ein Heer von Schwierigkeiten verwikeln und namentlich bey unseren Fürstlichkeiten, das jezt so beliebte Principe de Legitimité, gewaltig gefährden. Im Grunde, was erbt dann diese Louise? das, was ihr meine gute Herzogin nicht nehmen, und mir nicht geben dürfte.Sie sehen also, dass wenn die Louise in dem Testament meiner unvergesslichen und bis in dem Todte mir wohlwollenden Herzogin, zur UniversalErbin eingesetzt worden ist, dies eine blose Erfüllung rechtlicher Formen war, welche die Gesetze in dieser Beziehung vorschreiben, ohne welche, wie gesagt, das ganze Testament ungültig gewesen seyn würde. Nun verstehen Sie hofentlich diese ganze Erbschafts-Angelegenheit ganz genau; das ganze Unglück ist, dass meine gute Herzogin keine eigenes Capital-Vermögen hatte, alles was vorhanden war, fideicommiss, und Louise als, vor Gericht und der Familie anerkannte Enkelin, die Noth Erbin war.“ 14 Ebd., S. 302. 15 Ebd. Zach unterrichtete Schiferli davon, er sei der Pensionär Luises, da deren Großmutter ihr auferlegt habe, ihm lebenslang eine gewisse Summe zu zahlen. Luise zahle pünktlich und könne gut rechnen, bemerkte Zach, dem auch das gute Einvernehmen mit ihrem zweiten Ehemann, Graf Pölzig, auffiel: „Mir scheint, ihr jeziger Gemahl, hat einen sehr grossen Einfluss auf sie, und die Herzogin scheint mir sehr lenksam zu seyn; ich möchte beynahe glauben, dass hätte die Herzogin eine bessere Umgebung in Coburg gehabt, klügere und bessere Rathgeber, so wäre wahrscheinlich mancher Scandal verhüttet worden. Hier in Paris, leben diese jungen Leute sehr anständig und eingezogen, das heisst, sie sehen keine Gesellschaft, besuchen fleissig die Théatres, und sehen alles Sehungwürdige, in und um Paris. Die Herzogin ist sehr instruirt, und liebt sehr sich zu instruiren, sie kauft viele Bücher, und liest viel.“ 16 RA, VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 25, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St. Wendel, 4. August 1830. 17 Ebd., No. 26, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St. Wendel, 17. August 1830.

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18 Ebd., No. 27, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St. Wendel, im September 1830. 19 Ebd. 20 Ebd. 21 Ebd. 22 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 241 ff. 23 Ebd., No. 29, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, Paris, 14.3.1831. 24 StACo, LA A, Nr. 6509, fol. 3–6: Bericht des Miltitz über Vorwürfe gegen Luise, Gotha, 29. 4.1831. 25 StACo, LA A, Nr. 6509, Maximilian von Pölzig an Herzogin Auguste vom 25.4.1831. 26 Gosteli, L. u.a., a.a.O., S. 302. 27 Ebd., S. 229. 28 Ebd., S. 231. 29 Ebd., S. 233. 30 StACo, LA A, Nr. 6509, Brief von Zach, Empfänger unbekannt, 26.4.1831. 31 Pauline Panam verstarb am 21. Juni 1840 in der Rue Montholon Nr. 30. Vgl. Pichois, C., La mystérieuse … , a.a.O., S. 171. Am 10. Januar 1830 hatte Ernst den Sohn der Panam, Ernst Belmont, in den Adelsstand erhoben und zum Ritter von Hallenberg (einem Gut zwischen Gotha und Meiningen gelegen) ernannt, vgl. Quelleninventar Gotha, S. 150. 32 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 241. 33 StACo, LA A, Nr. 6015, fol. 5 f., zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 90. 34 RA, Confidential Family Papers, Volume M. 40, Louise, Duchesse of Saxe-Coburg-Gotha 1817–1831, 4. Louise, Duchesse of Saxe-Coburg-Gotha (Will), (Copie de Copie),Testament de Made. La Duchesse de Saxe, 25. Juillet 1831, M. Montaud, Notaire à Paris. 35 Vgl. ebd.: «Made la Duchesse malade de corps, mais saine dèsprit ainsi qu’il est apparu aux notaires et témoins en conversant avec elles. Laquelle a fait & dicté aux notaires soussignés en présence des témoins, son testament ainsi qu’il suit : Je nomme et instute pour mes héritiers universels mes deux fils, issus de mon prémier mariage, savoir : Le Duc Ernest Auguste Charles Jean Leopold Alexandre Edouard Prince héréditaire de Saxe-Coburg-Gotha et de Lichtenberg et le Duc Albert Francois Auguste Charles Emanuel Prince de Saxe-Coburg-Gotha et de Lichtenberg. Voulant donner un témoignage de tendresse à mon bien aimé épouse Maxime Elysée Alexandre comte de pölzig, je lui légue la toute propriétaire et jouisfiance du fideicomis de Vingt cinq mille Thalers Saxons, provenant de l’héritage de feu mon oncle le Anmerkungen  |

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régnant Fréderic II de Saxe-Gotha & Altenburg, à laquelle somme j’ai droit conformément au testament de mon oncle, au moyen de l’option que j’ai faites, et qu’en tant que de besoin je réitère, aux termes du même testament.» 36 Vgl. auch Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 92. 37 StACo, LA A, Nr. 6015, fol. 8’, zitiert nach Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 92. 38 Quelleninventar Gotha, S. 245, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 157, Bl. 6 RS. 39 Ebd. 40 RA, VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers Grossmama 1844 – 1845, No. 29, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, Paris, 14.3.1831, No. 39. 41 Ebd. 42 Vgl. ebd. 43 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 95 f. 44 Ebd., S. 94. 45 Quelleninventar Gotha, S. 246. 46 Ebd., S. 268. 47 Ebd., S. 243, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 157. 48 Ebd., S. 252. 49 Ebd., S. 246. Zach bemerkt weiter, dass Graf Pölzig seit einiger Zeit mit Herzog Ernst I. in Verhandlungen über das Gut Einberg stand. Es sei wohl das Beste, der Kauf würde nun abgeschlossen und der Graf siedele sich anderswo an, befand Zach. Sein Aufenthalt und das Grab seiner Gemahlin so nahe bei Coburg sei nicht erwünscht. 50 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 98. 51 Quelleninventar Gotha, S. 249, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 158. 52 Ebd. 53 Ebd. 54 Ebd., S. 253, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 159. 1845, nach dem Tod ihres Vaters, überließen Luises Söhne Ernst und Albert Graf von Pölzig das Erblehn-Rittergut Pölzig sowie das Vorwerk Bayersdorf als Schenkung, verbunden mit einer Fideikommiß-Stiftung, vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 98. Die Autoren vermuten darin eine späte Wiedergutmachung. 55 Ebd., S. 249. 56 Quelleninventar Gotha, S. 249. 57 Ebd. 58 Ebd., S. 247.

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59 Ebd., S. 247. 60 Quelleninventar Gotha, S. 247, darin zitiert: Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit.5 Nr.157, Bl. 104 ff. 61 Ebd., S. 247. 62 Der Bürgermeister von Berschweiler erstattete Bericht über die Beisetzung: „Der Sarg wurde durch acht dazu bestellte Bürger aus der letztgenannten Gemeinde in einem feierlichen Zuge, an dessen Spitze sich der Kirchen- und Schulinspektor Hepp und mehrere Geistliche aus der Nachbarschaft befanden, in die Kirche zu Pfeffelbach getragen und in die dazu besonders hergerichtete Gruft eingesenkt und beigesetzt. Die Gruft ist an der südlichen Seitenwand der Kirche zwischen der Kanzel und den Bänken eingerichtet, hat sieben Fuß Länge, zwei und einen halben Fuß Weite und drei und einen halben Fuß Tiefe. (…). Nachdem der Herr Kirchen- und Schulinspektor Hepp eine passende und gehaltvolle Leichenrede gehalten hatte, wurde die Gruft gedeckt.“ Zitat entnommen aus Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 100. 63 Stewart, Jules: Albert, London 2012, S. 12: “Albert never got over the loss of his mother, who bequeathed to her younger son a personality full of cleverness and talent, as well as a striking physical resemblence, in his early youth, of sparkling blue eyes and a fair complexion”, schreibt Stewart. 64 “MY DEAREST DEAREST DEAR Albert…his excessive love & affection gave me feelings of heavenly love & happiness I never could have hoped to have felt before! He clasped me in his arms, & we kissed each other again & again! His beauty, his sweetness & gentleness – really how can I ever be thankful enough to have such a Husband!” Zitiert nach Hibbert, Christopher: Queen Victoria. A Personal History, London 2000, S. 123. 65 Vgl. Quelleninventar Gotha, S. 156. 66 RA, VIC/MAIN/I/1–17, Papers Concerning the Politics of Germany, 1844 – 1848, No. 2, Brief des Presbyteriums der ev. Gemeinde von Pfeffelbach, verschiedene unleserliche Unterschriften, Dec. 9–1841 (mit Bleistift angefügt). 67 Vgl. RA, VIC/MAIN/I/1–17, Papers Concerning the Politics of Germany, unpag. Bereits 1841 wird Albert in einem Schreiben der Gemeinde Pfeffelbach über den Verbleib von Luises Leiche informiert: „Indem Erw. Königliche Hoheit in diesen Tagen mit Rührung auf den Neugeborenen hinblicken, gedenken Höchstdieselben gewiß auch mit Wehmuth und Dank der heimgegangenen Verklärten, und unter diesen Höchstihrer entschlafenen Frau Mutter, Ihre Durchlaucht, der Frau Herzogin Louise von Sachsen Coburg, welche im Jahre 1831 in Paris starb. Ihre Hülle ruht in unserer kleinen Dorfkirche, unfern von St. Wendel, wie dies aus dem in beglaubigter Abschrift beiliegenden Documente hervorgeht. Unsere Gemeinde hat der hohen Leiche, nachdem sie fast zwei Monate in dem Schlosse zu St. Wendel gestanden, und Anmerkungen  |

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da man nicht recht wußte, wohin man sie zur letzten Ruhe niederlegen sollte, in ihrer Kirche gerne eine Ruhestätte eingräumt, und sie wurde hier am 20ten Oktober 1831 [sic] feierlich beigesetzt. Aber ach! Die Gruft der Entschlafenen deckt ein Sandstein, ohne eine Inschrift, und unsere Kirche zerfällt, das Ganze ist einer solchen Fürstin nicht werth, und wir sind zu arm, um die Fürstengruft und die Kirche auch nur anständig schmücken zu können!“ Erst nachdem sein Vater Ernst I. 1844 verstorben war, ließ Albert nach der Beerdigungsstätte suchen, wie ein Bericht seines Vertrauten Justizrat Knauer aus dem Februar 1845 belegt (RA, VIC/MAIN/I/1/5). 68 RA, VIC/MAIN/I/1/3, Brief eines Gesandten an Prinz Albert vom 22. Januar 1846. 69 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 38. In der britischen Öffentlichkeit war die Vermählung Queen Victorias mit ihrem Cousin Albert zunächst skeptisch aufgenommen worden, da er als nicht ebenbürtig galt. Vergl. dazu auch: Barthel, R., Königshäuser …, a.a.O., S. 53. 70 Vgl. Urbach, Karina: Queen Victoria, München 2011, S. 57. 71 Quelleninventar Gotha, a.a.O., S. 269. 72 Ebd., S. 270 73 RA, VIC/MAIN/I/1/5. 74 RA, VIC/MAIN/I/1/15, Abschrift des Protokolls der Beisetzung des Leichnams von Luise, geschiedene Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld in der Gruft der Moritzkirche zu Coburg, in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 1846. Dort ist die Verfügung „stille Beisetzung“ mit einer Unterstreichung besonders hervorgehoben. 75 RA, VIC/MAIN/I/1 – 17. 76 Vgl. Urbach, K., Queen Victoria, a.a.O., S. 72 f. Albert und Victoria hatten sich an die Seite ihres Premierministers Robert Peel gestellt, der sich für eine Aufhebung der Kornzölle und damit gegen künstliche Verteuerung und Protektion aussprach. Albert war im Januar 1846 auf der Besuchergalerie des Parlaments erschienen, um Peel öffentlich den Rücken zu stärken. Ein Auftritt, der ihm Kritik einbrachte, schien er doch zu beweisen, wie stark sein Einfluss tatsächlich war. Albert lernte aus diesem Fehler: zukünftig musste er vorsichtiger agieren, um die Überparteilichkeit der Krone wenigstens nach Außen zu demonstrieren. 77 Benson, A. C./Viscount Esher: Letters of Queen Victoria, London 1908, S. 65 f. Albert schreibt: “If he [Peel] had resigned in November, Lord Stanley and the Protectionists would have been prepared to form a Gouvernment, and a Revolution might have been the consequence of it. Now they felt that it was too late. Sir Robert has an immense scheme in view; he thinks he shall be able to remove the contest entirely from the dangerous ground upon which it has got – that of war between the manufacturers, the hungry and the poor against the landed proprietors, the aristocracy, which can only end in the ruin of the latter; he will not bring forward a measure upon the Corn Laws, but a much more comprehensive one.” Robert Peel war

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schließlich erfolgreich und setzte durch, dass eine Vielzahl von Zöllen aufgehoben wurde. 78 RA, VIC/MAIN/I/1/16 + 17, Bericht des Königlich Preußischen Justizraths zu St. Wendel, Georg Nicolas Knauer, an Prinz Albert vom 29. Juni 1846. Vgl. auch: Quelleninventar Gotha, S. 210. 79 Vgl. ebd., VIC/MAIN/I/1/15. 80 Ebd. 81 Ebd., VIC/MAIN/I/1/16. 82 Ebd. 83 Urbach, K., Queen Victoria, a.a.O., S. 84 f. 84 Vgl. ebd. 85 Zitiert nach Paulmann, J., a.a.O., S. 276. 86 Paulmann, J., a.a.O., S. 277. 87 Vgl. ebd., S. 91 88 Vgl. Dreesen, J./Schnur, G., a.a.O., S. 102. 89 Vgl. Urbach, K., Queen Victoria, a.a.O., S. 128 f.

Schlussbemerkungen 1 2 3 4 5 6

Vgl. Wienfort, M., Adel und Moderne, a.a.O., S. 112 f. Vgl. Walther, S., a.a.O., S. 333. Goffman, E., Theater, a.a.O., S. 185 f. Walther, S., a.a.O., S. 333. Vgl. Paulmann, J., a.a.O., S. 93. Darnton, R., a.a.O., S. 362 f.: “Gossip could be tolerated as long as it remained confined within the closed world of the court. When it seeped outside, it became a serious matter, when it was published, it could turn into an affair of state.” 7 Vgl. Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, a.a.O., S. 52 f. 8 Bagehot, Walter: The English Constitution, Neuauflage, New York 2001, S. 51: “It acts as a disguise.“ 9 Ebd., S. 54: “It’s mystery is it’s life. We must not let in daylight upon magic.”

Anmerkungen  |

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Quellen- und Literaturverzeichnis Primärquellen Staatsarchiv Coburg (StACo): LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 29. Oktober 1825. LA A, Nr. 5994, unpag., Beschreibung des Ritterturniers auf der Rosenau 1817. NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Brief Ernst I. (Abschrift), Coburg, den 25. April 1823. LA A, Nr. 6005, unpag., Schreiben vom 7.3.1826. Koháry-Archiv, Findmittel der Staatlichen Archive Bayerns, 2009. Stockmar A II Nr. 25, unpag., Abschrift eines Briefes von Herzogin Auguste an ihren Sohn Leopold, geschrieben aus Prag, ohne Datum. NL (Höfer), Nr. 5, Abschrift eines Briefes (wahrscheinlich Ernst an Metternich), 8. Juni 1823, unpag. LA A, Nr. 6149, fol. 40. LA A, Nr. 6149, fol. 35’. LA A 7206 (NL Herzog Ernst II.), „Denkschrift seiner Hoheit über die politische Haltung welche seine Familie im innern gegen ihre Glieder nach außen gegen die europäischen Mächte befolgen sollte.“ LA A, Nr. 6005. LA A, Nr. 6055, unpag., Herzogin Auguste an ihren Sohn Ernst I., Ketschendorf den 17ten Juni 1824. LA A, Nr. 6006. LA A, Nr. 6006, fol. 4. LA A, Nr. 6006, fol. 24. LA A, Nr. 6006, fol. 25. LA A, Nr. 6006, fol. 4 f. NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief des Pariser Anwalts Javon an Leopold vom 15. Juli 1820. NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief Leopolds an Ernst vom 4.11.1823. NL (Höfer), Nr. 6, unpag., Brief des Mr Javon über d. Mme Al. Panam und deren Pläne, geschrieben aus Paris am 15. Juillet 1820 an Son Altesse Royal le Prince Monsigneur Leopold. NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Vertrauliches Schreiben an den Botschafter Frankreichs am sächsischen Hof, Monsieur de Rumigny, überreicht von M. v. Szymborski, betreffend die Angelegenheiten der Madame Panam, verfasst in Coburg am 28. Oktober 1823 (handschriftliche Kopie aus dem Staatsarchiv Wien). NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Brief Ernst I. (Abschrift) Coburg, 25. April 1823. NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Gutachten des alten Advokaten im königlichen Gericht Billecoaq, Paris den 25. Mai 1823.

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NL (Höfer), Nr. 5, unpag., Extract aus einem Briefe des G. R. von Lindenau vom 5. Juni 1823 aus Gotha (Beilage zum Briefe des Herzogs an Metternich vom 8. Juni 1823). LA A, Nr. 6008, fol. 7, Brief Augustes an ihren Sohn Ferdinand. Stockmar A II, Nr. 25, 1, fol. 4 ff. Stockmar A II Nr. 25, 1: Abschrift eines Briefes der Herzogin Auguste an ihren Sohn Leopold, Datum unleserlich. LA A, Nr. 6005, unpag., Schreiben vom 7. 3.1826 LA A, Nr. 6055, unpag., Herzogin Auguste an Ernst I., Ketschendorf den 17. Juni 1824. LA A, Nr. 6055, Auguste an Ernst I., Coburg den 21. Juni 1824. Koháry -Archiv Nr. 56. LA A, Nr. 6008, fol 1. LA A, Nr. 6007, unpag.: Vernehmung vom 24. August 1824. LA A, Nr. 6008, fol. 7–7: Herzogin Auguste an Luise, Ketschendorf den 26. August 1824. LA A, Nr. 6008, fol. 8-9, Luise an Ernst I., Rosenau, 27. August 1824. LA A, Nr. 6082, fol. 22. Koháry A, Nr. 59, Auguste an Ferdinand, Mainz, 10. Juli 1825. Koháry, Nr. 104, Ernst an seinen Bruder Ferdinand, o.O., 1. Hälfte September 1824. LA A, Nr. 6008, fol. 4. LA A, Nr. 6008, fol. 15 f. Koháry Nr. 210, Sophie an Ferdinand, Prag, 20. März 1824. LA A, Nr. 6508 fol. 27. LA A, Nr. 6083, fol. 15, Amalie von Uttenhoven an Ernst I., St. Wendel, 15. April 1825. Koháry, Nr. 230, Gräfin Sophie Mensdorff an ihren Bruder Ferdinand, Prag, 3. April 1835. LA A, Nr. 6511. Stockmar A II, Brief Lindenaus von 1825. LA A, Nr. 6008, fol. 32 LA A, Nr. 6009, fol. 5 f. LA A, Nr. 6009, fol. 3–4, Luise an Caroline, Bad Brückenau, 12.10.1824. LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 22. November 1824. LA A, Nr. 6010, unpag., Luise an Sophie von Mensdorff-Pouilly, St. Wendel, 18. Dezember 1824. LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 29. Oktober 1825. LA A, Nr. 6005, unpag., Luise an Ernst I., St. Wendel, 4.12.1825. LA A, Nr. 5572, Tagebücher der Herzogin Auguste, Eintrag vom 12. März 1826. LA A, Nr. 6151, Herzogin Luise an Elise Kummer, geb. Morgenthal in Coburg, St. Wendel, 2. Januar 1827. LA A, Nr. 6083, fol. 12. Anmerkungen  |

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Min R, Nr. 946, fol. 66. LA A, Nr. 6151, Herzogin Luise an Elise Kummer, St. Wendel, 2. Januar 1827. LA A, Nr. 6151, Herzogin Luise an Elise Kummer, St. Wendel, 20. Januar 1828. LA A, Nr. 6509, Bericht des Miltitz über Vorwürfe gegen Luise, Gotha, 29.4.1831. LA A, Nr. 6509, Brief von Luises 2. Ehemann an Herzogin Auguste vom 25.4.1831. LA A, Nr. 6509, Brief von Zach, Empfänger unbekannt, 26.4.1831. LA A, Nr. 6015, fol. 5 f. Stockmar A II, Nr. 25, 1, fol. 4 ff. Kunstsammlungen der Veste Coburg: Kupferstichkabinett: Tagebücher des William von Schauroth, Bd. III, 1814–1836, Eintragungen vom 7.8. und 18.8.1817. Thüringisches Staatsarchiv Gotha (ThStAGo): Geheimes Archiv E I A Nr. 29 Bd.1. Geheimes Archiv E II A Nr. 51. Hohenlohe Archiv – Gemeinschaftlich Nr. 101. Geheimes Archiv E XIII B Nr. 8, Bl.198. Geheimes Archiv E XIII B Nr. 8. Oberhofmarschallamt Nr. 681b, Bl. 39, 44 und 70. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E I d Nr. 3, Bl. 65. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. I Loc. 1 b Nr. 67. Geheimes Archiv QQ (G) Nr. 35a, datiert Gotha, 31. Juli 1817 und Coburg, 29. Juli 1817. Geheimes Archiv QQ (G) Nr. 35 b, Verzichtsurkunde, Gotha den 4. August 1817. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 4 Nr. 9, Bl. 129 ff. Fourierbuch für Coburg, 1816-1828, Oberhofmarschallamt Nr. 672 c, Bl. 9 RS. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc.I Tit. 3 Nr. 16, Bl. 20. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E Tit. I 3 Nr. 19, Bl. 91, Brief von Rosenbergs an Ernst vom 24. August. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E Tit. I 3 Nr. 19, Bl. 80 ff., Brief von Rosenbergs an Ernst vom 18. September 1824. Staatsministerium Dep. C.I.Tit. 2, Nr. 19/2. Staatsministerium Abt. Gotha Dep.C. Loc. I Tit. 4 Nr. 12, Bl. 78. Gutachten Florschütz 1835 VIII [7], StA Gotha, Staatsmin., Nr. 30 Fol. 14–20. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 157. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 158. Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. I Tit. 5 Nr. 159.

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Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz: BPH Rep. 49 König Friedrich Wilhelm III. Royal Archives Windsor Castle (RA): VIC/MAIN/I/1/16. VIC/ADDU/313, Luise, Duchess of Saxe-Coburg & Gotha à Aurore, Comtesse de Venancon (née Comtesse de Marasse), Gotha le 31. Mai 1817. VIC/MAIN/M/30/21.12.1817. Copy of Journal of Dowager Duchesse of Saxe-Coburg-Saalfeld 1816–1818. Victorian Additional MSS.U.,VIC/ADDU/313 – 324, Luise, Duchess of Saxe-Coburg & Gotha to Aurore, Comtesse de Venancon (née Comtesse de Marasse), Bl. 315. Victorian Additional MSS.U., VIC/ADDU/313 – 324, Luise, Duchess of Saxe-Coburg & Gotha to Aurore, Comtesse de Venancon (née Comtesse de Marasse), Bl. 316, Rosenau le 23. Septembre 1819. Windsor Royal Archives, Confidential Family Papers, M. 40, Duchesse Louise 1817– 1831, No. 2, 3, Deeds of Separation. VIC/ADDA7/155, Handgeschriebener Brief Prinz Alberts an seine Mutter, ohne Datum. VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 24, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg. VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 25, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St.Wendel, 4. August 1830. VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers Grossmama 1844–1845, No. 26,The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St.Wendel, 17. August 1830. VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers Grossmama 1844–1845, No. 27,The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, St.Wendel, im September 1830. VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers, Grossmama 1844–1845, No. 28, The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, 14. Januar 1831, St. Wendel. VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers Grossmama 1844–1845, No. 29,The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, Paris, 14.3.1831. Confidential Family Papers, Volume M. 40, Louise, Duchesse of Saxe-Coburg-Gotha 1817–1831, 4. Louise, Duchesse of Saxe-Coburg-Gotha (Will), (Copie de Copie), Testament de Made. La Duchesse de Saxe, 25. Juillet 1831, M. Montand, Notaire à Paris. Anmerkungen  |

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VIC/MAIN/M/38, Confidential Family Papers Grossmama 1844–1845, No. 29,The late Louise, Duchess of Saxe-Coburg-Gotha to Dss. of Saxe-Gotha Altenburg, Paris, 14.3.1831, No. 39. VIC/MAIN/I/1–17, Papers Concerning the Politics of Germany, 1844–1848, No. 2, Brief des Presbyteriums der ev. Gemeinde von Pfeffelbach, verschiedene unleserliche Unterschriften, Dec. 9–1841. VIC/MAIN/I/1/3, Brief eines Gesandten an Prinz Albert vom 22. Januar 1846. VIC/MAIN/I/1/5. VIC/MAIN/I/1/16. Nachschlagewerke: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 1, Leipzig 1875. Allgemeine Deutsche Biographie, Band 3, Leipzig 1876. Allgemeine Deutsche Biographie, Band 18, Leipzig 1883. Allgemeine Deutsche Biographie, Band 38, Leipzig 1894. Allgemeine Deutsche Biographie, Band 55, Leipzig 1910. Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, Leipzig 1832. Zeitschriften: Die Gartenlaube, Leipzig 1862, Nr. 3. DIE ZEIT, 4. April 2007, Nr. 15. Journal des Luxus und der Moden, Weimar 1823, Band 38, Heft 43. Journal des Luxus und der Moden, Weimar 1823, Band 38, Heft 44. Journal des Luxus und der Moden, Weimar 1823, Band 38, Heft 71. Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 19, Bd. 2, Innsbruck 2008. Revue d’histoire diplomatique, avril – juin, Paris 1957. Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge, Band 24, Jena 1924. Online: Frie, Ewald: Adel um 1800. Oben bleiben?, in: zeitenblicke 4, 2005, Nr. 3, URL: http:// www.zeitenblicke.de/2005/3/Frie/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-2457, [17.02.2012]. Pickering & Chatto Publishers, Women’s Court and Society Memoires, http://www.pickeringchatto.com/major_works/women_s_court_and_society_memoirs [Stand 17.02.2012]. Unveröffentlichte Quellen: Barthel, Rosemarie: Vortrag anlässlich der Gothaer Schlossgespräche, unpag. und undat. Manuskript. (Zitate aus Briefen Herzog Augusts von Sachsen-Gotha-Altenburg).

274

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276

|  Anhang

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Pellender, Heinz: Ein Herzogtum macht Weltgeschichte – Coburger Prinzen und Prinzessinnen und deren Nachkommen auf europäischen Thronen, 4. Auflage, Coburg 1989. Pichois, Claude: La mystérieuse Madame Panam, Revue d’Histoire diplomatique, avril– juin, Paris 1957. Ders.: Philarète Chasles et la Vie litteraire au Temps du Romantisme, Paris 1965. Ponsonby, D. A: The Lost Duchesse. The Story of the Prince Consorts Mother, London 1958. Quérard, Joseph Marie: Les Supercheries littéraires dévoilées, Paris 1850. Raschke, Bärbel: Französische Aufklärung bei Hofe. Luise Dorothea von Sachsen-Gotha (1710–1767), in: Espagne, Michel/Greiling, Werner (Hrsg.): Frankreichfreunde. Mittler des französisch-deutschen Kulturtransfers (1750–1850). Leipzig 1996. Reif, Heinz: Adel im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999. Robins, Jane: Rebel Queen. How the Trial of Caroline brought England to the Brink of Revolution, London 2006. Savoy, Bénédicte (Hrsg.): Napoleon und Europa. Traum und Trauma, München/Berlin/ London/New York 2010. Schiewe, Jürgen: Öffentlichkeit. Entstehung und Wandel in Deutschland, Paderborn 2004. Schmidt, Friedrich August (Hrsg.): Neuer Nekrolog der Deutschen, Ilmenau 1826. Schönpflug, Daniel: Luise von Preußen, Königin der Herzen, München 2010. Ders.: Napoleon, die Napoleoniden und das Europa der Dynastien, in: Savoy, Bénédicte (Hrsg.): Napoleon und Europa. Traum und Trauma, München/Berlin/London/New York 2010. Ders.: One European Family? A Quantitative Approach to Royal Marriage Circles 1700–1918, in: Bosbach, Franz u.a., Royal Kinship. Anglo-German Family Networks 1815–1918, Berlin, New York 2008. Schunk, Erich: Ohne Pressefreiheit keine Bürgerfreiheit, in: Kermann, Joachim/Nestler, Gerhard/Schiffmann, Dieter: Freiheit, Einheit und Europa, Ludwigshafen 2006. Sotnick, Richard: The Coburg Conspiracy. Royal Plots and Manoeuvres, London 2008. Stewart, Jules: Albert, London 2012. Thamer, Hans-Ulrich: Die Französische Revolution, München 2004. Trollope, Frances: Ein Winter in der Kaiserstadt, Wien 2003. Turner, Katherine (Hrsg.): Women’s Court and Society Memoirs, Vol. 7, Pauline Adelaide Alexandre Panam, Memoirs of a Young Greek Lady (1823), London 2010. Uhde, Hermann (Hrsg.): Erinnerungen der Malerin Louise Seidler, Weimar 1875. Ullrich, Volker: Die schwierige Königsdisziplin, in: DIE ZEIT, 4. April 2007, Nr. 15, S. 51 f. Urbach, Karina: „Albert and Palmerston“, in: Bosbach, Franz/ Davis, J. R.: Prinz Albert. Ein Wettiner in Großbritannien, München 2004.

278

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Dies.: Queen Victoria, München 2011. Dies. (Hrsg.): Royal Kinship. Anglo-German Family Networks 1815–1919, München 2008. Walther, Stefanie: Die (Un-)Ordnung der Ehe. Normen und Praxis ernestinischer Fürstenehen in der Frühen Neuzeit, München 2011. Weber-Kellermann, Ingeborg: Frauenleben im 19. Jahrhundert, München 1998. Wehler, Hans-Ulrich (Hrsg.): Europäischer Adel 1750–1950 (= Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft; 13), Göttingen 1990. Wiedau, Kristin: Eine adlige Kindheit in Coburg, Coburg 2001. Wienfort, Monika: Der Adel in der Moderne, Göttingen 2006. Dies.: Gesellschaftsdamen, Gutsfrauen und Rebellinnen. Adelige Frauen in Deutschland 1890 – 1939, in: Conze, Eckart/Wienfort, Monika (Hrsg.): Adel und Moderne, Köln 2004. Dies.: Monarchie in der bürgerlichen Gesellschaft. Deutschland und England von 1640 bis 1848 (= Bürgertum; 4), Göttingen 1993.

Quellen- und Literaturverzeichnis  |

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Abkürzungen a.a.O. am angeführten Ort Abt. Abteilung Anmerkung Anm. Bd. Band Bl. Blatt Ders. Derselbe Dieselbe Dies. Diss. Dissertation Ebd. Ebenda folgende Seite f. fortfolgende Seiten ff. folio, folia fol. Herausgeber Hrsg. Staatsarchiv Coburg – Angelegenheiten des herzogl. Hauses LA A NL Nachlass ohne Jahresangabe o.J. page p. RA Royal Archives Windsor Castle S. Seite Staatsarchiv Coburg StACo ThStAGo Thüringisches Staatsarchiv Gotha und andere u.a. unpagniert unpag. Vgl. Vergleiche Victorian VIC

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Abbildungsnachweis Abb. 1: Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld mit ihren Söhnen Ernst und Albert. Gemälde von Ludwig Döll, ca. 1823. Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Abb. 2: Porträt Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Unbekannter Künstler, Anfang 19. Jhdt. Sammlung Herzoglicher Kunstbesitz SCG, Schloss Callenberg, Coburg. Abb. 3: Porträt der Prinzessin Luise von Sachsen Gotha-Altenburg. Gemälde von Ludwig Döll, ca. 1813. Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Abb. 4: Blick auf Gotha von der Nordseite. Gothaischer genealogischer Kalender auf das Jahr 1818. Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Bibliothek G-114. Abb. 5: Luise und Ernst I. Gothaischer genealogischer Kalender auf das Jahr 1818. Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Bibliothek G-114. Abb. 6: Miniatur Luise rosenbekränzt, im Hintergrund Schloss Rosenau. Anfang 19. Jhdt. Kunstsammlungen der Veste Coburg. Abb. 7: Ehevertrag von Ernst I. und Luise. Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Geheimes Archiv QQ (G) XXXV Bl. 3 u. 3RS. Abb. 8: Stundenplan Luises. Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Staatsministerium Abt. Gotha Dep. C Loc. E Tit. I 9 Nr. 75 Bl. 5.

Quellen- und Literaturverzeichnis  |

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Personenregister A Adelaide, Königin von Großbritannien 74, 278 Adolphus Frederick, Herzog von Cambridge 79 Albert Edward, Prinz von Wales 203 Albert, Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha 9, 10, 11, 15, 35, 48, 54, 74, 75, 80, 84, 86, 88, 89, 110, 131, 138, 159, 170, 175, 179, 181, 182, 192, 193, 199, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 214, 215, 216, 217, 218, 232, 233, 238, 258, 259, 260, 262, 266, 267, 268, 269, 274, 275, 276, 277, 278 Alexander I., Zar von Russland 46, 50 Alexander von Württemberg 84 Anna Pawlowna, Großfürstin von Russland 53 Anna von Sachsen-Coburg 126, 250 Antoinette von Sachsen-Coburg-Saalfeld 48, 51, 84, 232, 234 Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen 30 Arnim, Else von 72, 73 Augusta von Sachsen-Gotha-Altenburg 15, 158, 255 Auguste, Herzogin von Sachsen-CoburgSaalfeld 9, 10, 16, 46, 47, 48, 49, 51, 52, 55, 77, 78, 79, 80, 85, 86, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 135, 137, 142, 174, 175, 179, 181, 183, 193, 212, 213, 215, 226, 232, 233, 241, 249, 250, 251, 252, 261, 265, 270, 271, 272, 275 August, Herzog von Sachsen-GothaAltenburg 9, 11, 30, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 45, 58, 62, 76, 77, 82, 120, 121, 124, 125, 176, 190, 211, 212, 223, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 239,

282

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248, 249, 250, 252, 255, 271, 272, 273, 274, 276, 278 Augustus Frederick, Herzog von Sussex 78 Aurore, Comtesse de Venancon 69, 83, 84, 86, 89, 237, 240, 241, 273 B Bachmann, Gertraude 233, 234, 239, 253, 260, 261, 275 Bagehot, Walter 217, 269, 275 Barthel, Rosemarie 5, 35, 218, 219, 229, 231, 233, 234, 268, 274, 275 Bastl, Beatrix 62, 63, 235, 236, 275 Bauer, Karoline 51, 120, 232, 248 Belmont, Ernst, Ritter von Hallenberg 265 Bernhard, Herzog von SachsenMeiningen 176 Bernhard von Sachsen-Jena 30 Bertuch, Friedrich Justin 247 Bignon, Louis Pierre Èdouard 158, 255 Billecoaq, Advokat 112, 225, 246, 270 Bismarck, Otto von 15, 16 Blanning, Tim 48, 232, 233, 275 Blumenfeld, Ewald 163 Bock, Charlotte von 45, 91, 92, 123, 231 Bonaparte, Napoleon 39, 40, 49, 50, 53, 102, 228, 229, 233, 245, 278 Bosbach, Franz 232, 238, 240, 262, 275, 276, 278 Bradford, Sarah 257, 275 Brandis, Hauptmann 124, 129 Bülow, Gottfried Philipp von 251, 252 Bülow, Gottfried von 124, 129, 131, 132, 133, 135, 164, 251, 252 Byron, George Gordon 189

C Carl Fürst zu Leiningen 175 Carlowitz, Albert von 163 Carlowitz, Christoph Anton Ferdinand von 177, 199 Caroline, Herzogin von Sachsen-GothaAltenburg 9, 41, 42, 44, 56, 57, 69, 92, 93, 94, 135, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 182, 183, 184, 191, 192, 193, 205, 207, 208, 213, 214, 215, 218, 258, 271, 275, 276, 278 Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel 12, 13, 54, 78, 158, 159, 160, 166, 255, 256 Charlotte Amalie, Herzogin von Sachsen-Gotha-Altenburg 38, 39, 86, 189, 227, 259 Charlotte Marie von Sachsen-Jena 12, 13, 97, 98, 99, 243 Charlotte, Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen 262 Charlotte, Prinzessin von Wales 15, 54, 77, 78, 89, 153, 158, 159, 194, 232 Charlotte von Sachsen-Altenburg 170 Chasles, Philarète 157, 254, 255, 278 Clark, Christopher 5, 220, 257, 275 D Dalberg, Karl Theodor von 50 Darnton, Robert 106, 107, 216, 245, 269 Diemel, Christa 28, 29, 72, 83, 128, 218, 222, 223, 224, 230, 231, 237, 238, 240, 250, 263, 276 Dietrich I., Graf von Wettin 36 Dreesen, Josef 5, 34, 84, 143, 156, 171, 225, 230, 234, 236, 237, 241, 242, 250, 252, 253, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 265, 266, 267, 268, 269, 276

Dressel, Carl-Christian 232, 243, 247, 276 E Ebart, Paul von 33, 225, 235, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 249, 252, 253, 276 Edward, Herzog von Kent 48, 78, 79, 80, 81, 232 Elias, Norbert 20, 25, 28, 55, 222, 223, 234, 275, 276, 277 Elisabeth, Zarin von Russland 46, 47 Emich Karl, Fürst von Leiningen 79 Ernst August I., König von Hannover, Herzog von Cumberland 78, 208 Ernst August von Sachsen-Weimar 30 Ernst Friedrich, Herzog von SachsenCoburg 125 Ernst I., der Fromme 37, 260 Ernst I., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha 9, 10, 11, 18, 19, 21, 22, 23, 24, 30, 34, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 80, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 153, 154, 155, 156, 157, 159, 161, 162, 163, 165, 166, 167, 168, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 186, 187, 189, 193, 194, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 218, 223, 225, 226, 231, 232, 234, 235, 237, 241, 242, 243, 245, 246, 247, 248, 249, 251, 252, 253, Personenregister  |

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254, 258, 259, 260, 261, 262, 265, 266, 268, 270, 271, 272, 276 Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha 10, 73, 74, 75, 81, 82, 88, 138, 170, 179, 181, 182, 183, 184, 192, 193, 199, 203, 204, 207, 211, 214, 232, 238, 240, 259, 260, 266 Ernst II., Herzog von Sachsen-GothaAltenburg 39, 227, 229 F Ferdinand II., König von Portugal 54, 232 Ferdinand I., Zar von Bulgarien 232, 240 Ferdinand von Sachsen-Coburg-Saalfeld 48, 53, 54, 67, 70, 131, 133, 137, 143, 154, 161, 175, 177, 232, 249, 251, 252, 253, 254, 271 Fermepin, Sophie 54, 234 Fischer, O. 218, 228, 229, 230, 231, 241, 242, 249, 252, 262, 263, 264, 276 Fischler, Franz Xaver, Graf von Treuberg 105, 244 Florschütz, Johann Christoph 181, 183, 262, 272 Franz Friedrich Anton von SachsenCoburg-Saalfeld 48, 51, 233 Frederick Louis, Prinz von Wales 15 Friedrich August, Herzog von York 78 Friedrich, Herzog von Sachsen-Hildburghausen 176 Friedrich IV., Herzog von SachsenGotha-Altenburg 121, 122, 132, 175, 176, 178, 196, 199, 248, 260 Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg 99 Friedrich Josias von Sachsen-CoburgSaalfeld 46

284

|  Anhang

Friedrich Wilhelm II. (der Große), König von Preußen 66, 90 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 66, 87 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 74 Frie, Ewald 13, 17, 18, 26, 219, 220, 221, 222, 223, 274 G Gentz, Friedrich 162 George III., König von Großbritannien 15, 78, 232, 255 George II., König von Großbritannien 41 George IV., König von Großbritannien 54, 78, 79, 80, 158, 159, 160, 256 George V., König von Großbritannien 16, 17, 164, 233 Gestrich, Andreas 36, 226, 235, 238, 276 Goethe, Johann Wolfgang von 116, 189 Goffman, Erving 19, 20, 21, 22, 23, 24, 63, 98, 102, 120, 125, 140, 165, 213, 214, 221, 222, 223, 235, 236, 243, 249, 252, 253, 258, 269, 276 Gruner, Johann Ernst 69 H Habermas, Jürgen 141, 222, 253, 256, 257, 276 Hanstein, Maximilian von, Graf von Pölzig 124, 129, 133, 169, 177, 179, 180, 192, 193, 194, 195, 198, 199, 200, 201, 202, 204, 205, 251, 252, 261, 266 Heim, Charlotte 124, 132 Hepp, Pfarrer 205, 207, 267 Hermine von Anhalt-Schaumburg 234 Heym, Sabine 64, 67, 236, 237, 277 Höfer, Conrad 34, 223, 225, 226, 243, 245, 246, 247, 248, 256, 257, 270, 271

Hofmann, Friedrich 126, 136, 137, 138, 139, 140, 142, 218, 245, 250, 252, 253 Hohnbaum, Johann Christian 70 I Ireland, William H. 158, 162, 255, 256 J Javon, Anwalt 108, 243, 246, 270 Johann Casimir, Herzog von SachsenCoburg 126, 250 Johann Georg II. von Sachsen-Eisenach 99 Johann, König von Sachsen 17, 25, 27 Juliane von Sachsen-Coburg-Saalfeld 47, 48, 175, 189, 232 K Karl August, Großherzog von Weimar 115 Kastendieck, Adolph 162 Katharina II. (die Große), Zarin von Russland 46, 47 Knauer, Justizrat 203, 204, 205, 206, 207, 208, 268, 269 Knigge, Adolph Freiherr von 86 Knöfel, Anne-Simone 14, 219, 220, 277 Koháry, Antonie von 54, 70, 232 Koháry, Franz Josef von 54 Konstantin, Großfürst von Russland 46, 47, 189, 232 Kraus, Georg Melchior 247 Kretschmann, Theodor Konrad von 49, 50, 64 Kubrova, Monika 31, 32, 225 L Leopold, Prinz von Sachsen-CoburgSaalfeld (König von Belgien) 10, 12,

15, 30, 34, 35, 48, 50, 53, 54, 71, 73, 77, 78, 79, 80, 81, 89, 101, 104, 105, 107, 108, 109, 114, 117, 118, 119, 120, 127, 128, 131, 153, 154, 155, 158, 160, 163, 188, 194, 203, 215, 216, 217, 226, 232, 240, 243, 244, 246, 247, 248, 249, 250, 253, 254, 257, 270, 271 Ligne, Charles Joseph de 105, 245 Lindenau, Bernhard von 115, 117, 128, 136, 143, 164, 166, 172, 173, 175, 179, 182, 183, 188, 189, 198, 226, 247, 257, 264, 271 Lingis, Henriette, alias Belmont 101, 109, 110, 113 Louise Charlotte von MecklenburgSchwerin 37, 38, 227, 229 Ludwig I., König von Bayern 29 Ludwig XVIII., König von Frankreich 111 Ludwig XVI., König von Frankreich 157 Luise Dorothea, Herzogin von SachsenGotha-Altenburg 39, 228 Luise, Herzogin von Sachsen-CoburgSaalfeld 5, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 22, 23, 24, 25, 27, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 52, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 73, 75, 76, 77, 78, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 101, 107, 110, 111, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 143, 144, 155, 156, 159, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, Personenregister  |

285

196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 234, 235, 237, 240, 241, 242, 245, 248, 249, 251, 252, 253, 255, 258, 260, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 270, 271, 272, 273, 275, 276, 278 Luise, Königin von Preußen 38, 59, 61, 66, 87, 90, 127, 235, 236, 242 Lützow, Rosalie von 242 M Malinowski, Stephan 15, 220, 277 Marburg, Silke 17, 25, 27, 221, 223, 224, 277 Marianne Charlotte von SachsenCoburg-Saalfeld 48, 232 Marie Louise von Orléans 232 Marie von Württemberg 84, 96, 174, 232, 234 Matilda, Königin von Dänemark 130, 251 Matt, Peter von 91, 126, 127, 242, 250, 277 Maximilian von Sachsen-Coburg-Saalfeld 48, 232 Menning, Daniel 26, 27, 28, 223, 224 Metternich, Klemens von 34, 90, 101, 111, 142, 143, 154, 161, 162, 223, 225, 226, 241, 246, 247, 270, 271 Metz, Anna 196, 197, 198 Meurer, Johann Otto 99 Meyer, Gottfried Christian Ernst 163, 164 Miltitz, Hauptmann 193, 226, 265, 272 Montaud, Jean Eustache 195 Montez, Lola 29 Motte Fouqué, Friedrich Baron de la 68

286

|  Anhang

Münchhausen, Baron von 122, 249 Mussmann, Johann Georg 20, 21, 141, 222, 253 N Neitzel, Sönke 5, 220, 277 Nicklas, Thomas 15, 16, 52, 116, 153, 154, 177, 218, 220, 224, 231, 232, 233, 234, 238, 240, 246, 247, 248, 253, 254, 256, 260, 263, 277 O Opitz, Johann Heinrich 131, 173, 179 Otto, Prinz von Bayern, König von Griechenland 254 P Paletschek, Sylvia 33, 46, 219, 225, 231, 261, 277 Panam, Alexandre 103 Panam, Pauline Alexandre 18, 21, 34, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 142, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 161, 162, 163, 164, 165, 167, 174, 178, 193, 194, 195, 215, 216, 225, 226, 243, 244, 245, 246, 247, 254, 257, 265, 270, 275, 277, 278 Paul, Jean 33, 40, 43, 225, 228, 249, 276 Paulmann, Johannes 15, 16, 36, 209, 215, 220, 226, 234, 238, 246, 261, 269, 277 Paul, Prinz von Württemberg 181, 262 Peel, Robert 159, 206, 268 Peter, Katharine 60 Peucer, Friedrich 116, 226, 247 Pichois, Claude 157, 245, 246, 254, 255, 257, 265, 278 Ponsonby, Doris A. 80, 228, 229, 233, 237, 239, 241, 248, 249, 278

Q Quérard, Joseph Marie 157, 254, 255, 278 R Recke, Elisa von der 86, 87, 88 Regel, Ludwig 31, 37, 40 Reif, Heinz 12, 21, 25, 30, 31, 219, 221, 223, 224, 225, 278 Robins, Jane 159, 160, 255, 256, 278 Rosenberg, Heinrich von 122, 123, 124, 129, 131, 135, 139, 140, 249, 251 Rousseau, Jean-Jacques 157 Rumigny, Comte de 113, 158, 162, 225, 226, 246, 247, 270 S Sartorius, Anwalt 199 Schäffer, Wilhelm Friedrich 38, 59, 60, 227 Schäftlein, Kutscher 195 Schauenstein, Berta von 157, 234 Schauenstein, Sophie von 156, 157 Schauroth, William von 65, 67, 182, 236, 237, 272 Schiferli, Rudolph Abraham 189, 190, 194, 248, 264, 276 Schnur, Gerhard 34, 225, 230, 234, 236, 237, 241, 242, 250, 252, 253, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 265, 266, 267, 268, 269, 276 Schönpflug, Daniel 59, 60, 81, 233, 235, 236, 240, 242, 278 Schunk, Erich 161, 256, 278 Seelmann, Johann Gottlieb 132 Seidler, Louise 41, 42, 43, 229, 278 Solms, Alexander Graf zu 91, 93, 94, 96, 97, 101, 123, 124, 129, 132, 213, 242 Sophia Antonia von Sachsen-CoburgSaalfeld 51

Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Gräfin von Mensdorff-Pouilly 29, 48, 154, 157, 174, 177, 215, 219, 232, 254, 260, 271, 275 Sotnick, Richard 47, 231, 232, 233, 243, 278 Speßhardt, Kammerherr 123, 171, 172 Stephan, Advokat 15, 202, 204, 220, 277 Stewart, Jules 203, 267, 278 Stillfried, Freiherr von 124, 166 St. Laurent, Julie de 79 Stockmar, Christian Friedrich von 73, 78, 79, 81, 153, 203, 226, 257, 270, 271, 272 Struensee, Friedrich 251 Studnitz, Auguste von 33, 44, 57, 64, 66, 67, 70, 71, 75, 76, 78, 81, 82, 84, 86, 89, 91, 120, 122, 124, 125, 134, 136, 139, 252, 253 Studnitz, August von 44, 125, 249 Studnitz, Pauline von 125 Szymborski, Maximilian von 107, 109, 113, 126, 134, 135, 139, 140, 142, 162, 204, 225, 226, 245, 246, 247, 270 T Therese, Herzogin zu Mecklenburg 90 Thümmel, Hans Emanuel von 122, 124, 249 Thümmel, Hans Wilhelm von 57, 125, 126, 128, 249, 250 Thümmel, Moritz August von 124, 125, 249, 250 Thümmel, Moritz von 124, 125 Trollope, Frances 241, 242, 278 U Ullrich, Volker 14, 219, 278 Personenregister  |

287

Urbach, Karina 5, 36, 52, 74, 75, 208, 209, 220, 226, 233, 238, 268, 269, 276, 278 Uttenhoven, Amalie von 156, 171, 172, 178, 181, 183, 197, 198, 254, 271 V Victoria, Königin von Großbritannien 9, 15, 16, 35, 48, 54, 74, 75, 80, 84, 118, 154, 159, 165, 170, 182, 203, 204, 208, 209, 216, 219, 232, 233, 267, 268, 269, 275, 277, 279 Victoria (Victoire) von Sachsen-CoburgSaalfeld 48, 78, 79, 80, 81, 82, 118, 154, 232 Voß, Sophie von 29, 61, 90 W Walther, Stefanie 10, 11, 13, 29, 30, 97, 98, 99, 213, 214, 218, 219, 224, 243, 269, 279 Wangenheim, Farneis von 93, 95, 96, 242 Wangenheim, Julius von 82, 240 Wangenheim, Major von 142, 159

288

|  Anhang

Weber-Kellermann, Ingeborg 86, 241, 279 Wells, H.G. 164 Wiedau, Kristin 262, 263, 279 Wienfort, Monika 25, 211, 223, 234, 269, 275, 279 Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar 29, 97, 98, 99, 100, 243 Wilhelm, Herzog von Nassau 179 Wilhelm II., Deutscher Kaiser 16, 17, 164, 220, 257, 275 Wilhelm IX., Landgraf von Hessen 41 William IV., König von Großbritannien, Herzog von Clarence 79 Z Zach, Franz Xaver von 189, 190, 191, 192, 194, 195, 197, 198, 199, 228, 248, 252, 255, 263, 264, 265, 266, 272 Zerzog, Julie von 43, 44, 45, 85, 93, 121, 122, 137, 181, 182, 184, 185, 186, 188, 189, 218, 230

MARTINA SCHATTKOWSKY (HG.)

ADLIGE LEBENSWELTEN IN SACHSEN KOMMENTIERTE BILD- UND SCHRIFTQUELLEN

Mit einem breiten Spektrum an Bild- und Schriftquellen veranschaulicht dieser reich bebilderte Band über 700 Jahre Geschichte des sächsischen Adels. Beschrieben werden die Lebenswelten zahlreicher Adelsfamilien wie u. a. derer von Bünau, von Schönberg, von Gersdorff, von Friesen, von Schleinitz, von Einsiedel, von Minckwitz oder von Carlowitz. Ihre Vertreter traten nicht nur als Äbte oder Bischöfe hervor, sondern auch als Geheime Räte, Berghauptleute und Landtagspräsidenten, als Diplomaten und Generäle, als Gelehrte, Maler und Dichter, als Rittergutsbesitzer und Unternehmer. In viele dieser Bereiche sind adlige Frauen gleichermaßen vorgedrungen. Anhand von Testamenten, Leichenpredigten, Briefen, Familienordnungen, Bestallungsakten, Fotografien oder Zeugnissen aus Kunst und Literatur werden Aspekte sächsischer Adelskultur beschrieben und in den Gesamtzusammenhang der modernen Adelsforschung eingeordnet. 2013. 509 S. 89 FARB. UND 10 S/W-ABB. GB. 170 X 240 MM. | ISBN 978-3-412-20918-6

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GudruN GerSmaNNHaNS-WerNer LaNGbraNdtNer (HG.)

Adlige lebenswelten im RheinlAnd Kommentierte Quellen der Frühen neuzeit uNter mItarbeIt VoN moNIka GuSSoNe

Der Adel prägte die Geschichte der weltlichen und geistlichen Territorien des Alten Reiches auf vielfältige Weise. Dieses Buch stellt die privaten und öffent­ lichen Lebenswelten des niederen Adels am Beispiel des rheinischen Adels vor, der innerhalb der Landesterritorien im Westen des Reichs eigene Adels­ herrschaften besaß, aber durchaus auch in landesherrlichen Diensten ein­ flussreiche Positionen am Hof und in der Verwaltung bekleidete. 2009. XXIV, 448 S. 16 farb. abb. Gb. 170 X 240 mm | ISbN 978-3-412-20251-4

„[E]in sehr buntes und auch umfassendes Bild der rheinischen Adelsland­ schaft […]. Die prägnanten Kommentare mit Erläuterung und Allgemein­ betrachtung rücken den Band geradezu in die Nähe einer kleinen Adels­ Enzyklopädie, die zum Schmökern und auch Weiterforschen anregt.“ Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins

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ECKART CONZE, WENCKE METELING, JÖRG SCHUSTER, JOCHEN STROBEL (HG.)

ARISTOKRATISMUS UND MODERNE ADEL ALS POLITISCHES UND KULTURELLES KONZEPT, 1890–1945 (ADELSWELTEN, BAND 1)

Unbestritten nahm die Bedeutung des Adels zum 20. Jahrhundert hin in Europa ab. Gleichzeitig traten in unterschiedlichsten Diskursbereichen um 1900 neue Ideen und Konzepte von Adel oder Aristokratie auf. Dieser als Aristokratismus bezeichneten Ausweitung der Semantik des Adeligen spürt der Band mit interdisziplinären Perspektiven nach. Er spannt den Bogen von Nietzsches Philosophie eines „Neuen Menschen“ über die Figur des Dandys in Kunst und Literatur, die Ideen einer „Geistesaristokratie“, etwa im GeorgeKreis, bis hin zu Neuadelsvorstellungen in der völkischen Bewegung und im Nationalsozialismus. 2013. 385 S. GB. 155 X 230 MM. | ISBN 978-3-412-21007-6

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TATJANA TÖNSMEYER

ADELIGE MODERNE GROSSGRUNDBESITZ UND LÄNDLICHE GESELLSCHAFT IN ENGLAND UND BÖHMEN 1848–1918 (INDUSTRIELLE WELT, BAND 83)

Das 19. Jahrhundert gilt als bürgerliches Jahrhundert. Die vorliegende Studie zeigt jedoch, dass die Geschichte des europäischen Adels dieser Zeit nicht als Untergangsgeschichte zu lesen ist. Vielmehr vermochten sich gerade großgrundbesitzende hochadelige Gruppen erfolgreich zu behaupten. Diese Prozesse einer Stabilisierung auf dem Lande beleuchtet die vorliegende Untersuchung. Sie analysiert, aufgrund welcher Eigenlogiken, Sinnstiftungen und Praktiken Magnaten ein Obenbleiben in den Interaktionen mit nichtadeligen Gruppen auszuhandeln vermochten. Sichtbar werden dabei spezifische Mischungsverhältnisse aus Traditionalität und Modernität und somit ländlich geprägte Räume, die integraler Bestandteil von Gesellschaften auf dem Weg in die Moderne waren. 2012. 372 S. GB. 155 X 230 MM. | ISBN 978-3-412-20937-7

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KATRIN KELLER

ERZHERZOGIN MARIA VON INNERÖSTERREICH (1551–1608) ZWISCHEN HABSBURG UND WITTELSBACH

Erzherzogin Maria, die 1571 aus München nach Graz kam und dort bis 1608 residierte, war nicht nur kämpferische Katholikin, Musikliebhaberin und besorgte Mutter. Sie unterstützte auch mit politischer Klugheit und Konsequenz ihren Gemahl, Erzherzog Karl von Innerösterreich, dem sie in 19 Ehejahren 15 Kinder geboren hatte. Nach dessen unerwartet frühem Tod war sie politische und persönliche Vertraute ihres ältesten Sohnes, des späteren Kaisers Ferdinand II. Ihre Töchter, die die reiselustige Erzherzogin jeweils zur Hochzeit begleitete, verheiratete sie nach Polen, Siebenbürgen, Spanien und in die Toskana. Ihr facettenreiches Leben wird in dieser Biografie anhand von Quellen aus Wien, München, Dresden und Graz nachgezeichnet, darunter viele eigenhändige Briefe der Fürstin. 2012. 297 S. 24 FARB. ABB. GB. 135 X 210 MM. | ISBN 978-3-205-78796-9

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STEFAN KÖRNER

NIKOLAUS II. ESTERHÁZY (1765–1833) UND DIE KUNST BIOGRAFIE EINES MANISCHEN SAMMLERS

Die Unsterblichkeit von Nikolaus II. Esterházy bestimmte die Kunst. Der Fürst sammelte, baute, ließ komponieren, arrangierte und inszenierte seine Macht. Damit kämpfte er wie die europäische Aristokratie zwischen den Epochendaten 1789 und 1848 um das Obenbleiben, um den Fortbestand des „Feenreiches“, wie Goethe es nannte. Die erste umfassende Biografie dieses schillernden und manischen Sammlers veranschaulicht die Bandbreite seiner Aktivitäten in Kunst, Politik und Privatleben. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Umwälzungen glaubte sich Nikolaus II. in der Apotheose fürstlicher Unveränderlichkeit, vergebens. – Doch das Wirken des sogenannten Il Magnifico, seine Kunstsammlungen, der Musenhof, die Eisenstädter Kulturlandschaft und idealistischen Museumsprojekte gingen in die Geschichte ein. 2013. 397 S. 385 FARB. ABB. GB. 240 X 280 MM. | ISBN 978-3-205-78922-2

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