Lokale Agenda 21 zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Nachhaltige Entwicklung, ihre Aufnahme in Recht und Praxis [1 ed.] 9783428521364, 9783428121366

Die Weltumweltkonferenz von Rio 1992 ist auch heute noch bekannt. Für die auf der Konferenz entstandene Tagesordnung für

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German Pages 731 Year 2006

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Lokale Agenda 21 zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Nachhaltige Entwicklung, ihre Aufnahme in Recht und Praxis [1 ed.]
 9783428521364, 9783428121366

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Schriften zum Umweltrecht Band 148

Lokale Agenda 21 zwischen Wunsch und Wirklichkeit Nachhaltige Entwicklung, ihre Aufnahme in Recht und Praxis

Von

Frank Nolte

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

FRANK NOLTE

Lokale Agenda 21 zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 148

Lokale Agenda 21 zwischen Wunsch und Wirklichkeit Nachhaltige Entwicklung, ihre Aufnahme in Recht und Praxis

Von

Frank Nolte

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-12136-8 978-3-428-12136-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 2005 von der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen. Sie befindet sich, ergänzt um einzelne später erschienene Veröffentlichungen, auf dem Stand Frühjahr 2005. Gedankt sei an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Helmuth Schulze-Fielitz, der den Anstoß zu dieser Arbeit gab. Bei weiten wissenschaftlichen Freiräumen unterstützte er mich aufgeschlossen auch bei ungewöhnlichen Ansätzen und erstellte nicht zuletzt innerhalb kürzester Zeit das Erstgutachten. Ferner danke ich all den Gesprächspartnern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, die mir vertrauensvoll und offen Einblick in die Praxis verschiedener lokaler Agenda 21-Prozesse gewährt haben. Meinem Studienfreund Dr. Matthias Knauff danke ich für Kritik und Austausch in vielen Gesprächen sowie für seine Unterstützung beim Korrekturlesen. Ebenso danke ich meinem Bruder Matthias für seine Hilfe bei den Tücken der Technik. Schließlich danke ich meinen Eltern. Sie haben diese Arbeit während der zwei Jahre ihrer Entstehung erst ermöglicht. Duderstadt, im Frühjahr 2006

Frank Nolte

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehung und Entwicklung der Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historische und etymologische Wurzeln nachhaltiger Entwicklung . . . . .

21 22 25

A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Wirtschaftswissenschaftliche Modelle der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 IV. Umsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 V. Nachhaltigkeit und Vorsorge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis . . . . . . . . . . III. Begleitung und Förderung des Agenda-Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Langfristige Perspektiven einer lokalen Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Nachhaltige Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Völkerrecht und Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden. . . . . . . . . . . . . . V. Folgerungen und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

108 108 115 147 155 160 160 172 213 344 366

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Organisatorische Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

371 373 389 438

E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze. . . . . . . . III. Problemfelder der Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Neuere Partizipationsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . .

482 483 493 508 566 580

8

Inhaltsübersicht

Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nachhaltige Entwicklung als Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nachhaltigkeit im Recht und Rückwirkungen auf die Gemeinden. . . . . . . III. Organisationsstrukturen und Handlungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Partizipation und Dialog als Erfolgsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Stand, Thematik und Ausblick der lokalen Agenden. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

594 594 595 598 600 602

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehung und Entwicklung der Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historische und etymologische Wurzeln nachhaltiger Entwicklung . . . . . 1. Etymologische Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Historischer Hintergrund der Nachhaltigkeit: Forstwirtschaft . . . . . . .

21 22 25 26 29

A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . I. Wirtschaftswissenschaftliche Modelle der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . 1. Forstliche Nachhaltigkeit als Grundlage eines Bewirtschaftungsmodells?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neoklassische Umweltökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenhang mit der forstlichen Nachhaltigkeit. . . . . . . . . . . . . . b) Würdigung und Einordnung des Modells für die Agenda 21. . . . . 3. Das Nachhaltigkeitsmodell der Ökologischen Ökonomie . . . . . . . . . . . a) Das Management-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Varianten des Managementmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik und Würdigung der ökologischen Ökonomie. . . . . . . . . . . . . 4. Die Bewirtschaftungsintensität der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strikte und starke Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schwache Nachhaltigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vermittelnde Intensitätsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangsbeschreibung der Brundlandt-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstruktur der Brundlandt-Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedarf als Intensitätszielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Teilbereichskonzepte der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) 3-Säulenmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leitaspekt Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leitaspekt Ökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Leitaspekt Soziales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Soziale Existenzsicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Soziale Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gesellschaftliche Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 1-Säulenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) 4-Säulenmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 32 34 36 37 40 40 42 44 48 49 52 52 53 55 56 57 59 60 61 64 66 67 67 70 71 73 74

10

Inhaltsverzeichnis

III.

IV.

V.

VI.

bb) Subsidiarität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Internationale Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Syndrom-Ansatz als Nachhaltigkeitsumschreibung . . . . . . . . . . . . . Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zielkonflikte als strukturelle Folge der Konzeption nachhaltiger Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zielkonflikt Wachstum–Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Lösungsansatz qualitatives Wachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entwicklungsphasen qualitativen Wachstums . . . . . . . . . . . . . . . bb) Präferenzimperialismus zur Durchsetzung der Vorhaben . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Global – lokal und ökologischer Strukturwandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtmäßigkeit als Strategievoraussetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Suffizienzkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Effizienzkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konsistenzstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Koppelung der Ansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachhaltigkeit und Vorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Variationen des Vorsorgebegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis Nachhaltigkeit–Vorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltsüberblick und Gliederung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Terminierungen in der Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Agenda-Adressaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis. . . . . . . . . . . 1. Beschlusslage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Praxis der Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nationale Umfragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Internationaler Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prägung, Wirkungstiefe und typische Beispiele der lokalen Agenda 21 in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Arbeitskreise und Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gefahren einseitiger Schwerpunktbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Thematische Mangelbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Begleitung und Förderung des Agenda-Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nationale Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Länderinitiativen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fördermöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 76 77 77 79 81 82 82 84 87 89 90 90 94 95 95 96 96 99 101 105 108 108 108 110 111 115 117 120 121 129 135 137 140 143 147 147 149 150

Inhaltsverzeichnis

11

a) Finanzielle Anreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Operationale Hilfestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leitfaden des Dt. Städtetags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die umweltbewußte Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonstige Hilfestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Langfristige Perspektiven einer lokalen Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 151 151 153 154 155

C. Nachhaltige Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Völkerrecht und Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Agenda 21 als politisches Programm oder „soft law“ . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachhaltige Entwicklung als Rechtsprinzip und Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachhaltige Entwicklung als politisches Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachhaltige Entwicklung als „soft law“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Staatsziel Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausrichtung des Art. 20a GG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verankerung der Nachhaltigkeit in Art. 20a GG . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfassungsrechtlich gebotene Intensität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ökologisches Existenzminimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art. 20a GG als Verschlechterungsverbot des Umweltzustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Nachhaltigkeit als Maßstab des Schutzniveaus? . . . . . . . . . . . . d) Verankerung nachhaltiger Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Art. 109 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nachhaltige Entwicklung und Grundrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzen aus Freiheitsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art. 3 GG als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfassungsrechtliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Herleitung von Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Relevanz von Schutzpflichten für die Gemeinden . . . . . . . . . . 6. Kommunale Selbstverwaltungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einschränkung im Rahmen der Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Regelungsbefugnis durch Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Regelungserfordernis des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einschränkung des Gesetzesvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . .

160 160 161 164 168 168 169 172 173 175 177 181 181 183 185 188 190 191 192 193 194 196 197 198 199 202 202 203 204 205 206 207 208

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Inhaltsverzeichnis c) Kommunale Finanzhoheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nachhaltige Entwicklung und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden im Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Raumordnungsrecht als Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 1 ROG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) §§ 9/7 ROG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachhaltigkeit im BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Identität von Nachhaltigkeit und Abwägungsgebot? . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalte des Abwägungsgebotes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eigenständiger Gehalt der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mangelnde Steuerungswirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Optimierungsgebot und Nachhaltigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Baurecht und Naturschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Differenzierung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. . . . . bb) Der Ausgleich von Eingriffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden für nachhaltige Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gestaltungsspielräume in der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mängel der Bauleitpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beteiligung im BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Umweltprüfung (UP). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Vertragliche Regelungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kommunaler Bodenschutz und nachhaltige Entwicklung. . . . . . . . . . . . a) Aufnahme von nachhaltig im BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ziel und Schutzumfang des BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Flächenverbrauch als Bodenschutzproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Landwirtschaftliche Bodennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Landwirtschaft als grundsätzliches Problem der Bodennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gute fachliche Praxis als taugliche Steuerung? . . . . . . . . . . . . . cc) Ordnungsrechtliche Maßnahmen als Lösung?. . . . . . . . . . . . . . . e) Bodenschutz und Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bodenschutzrelevante Regelungsmöglichkeiten in gemeindlicher Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Innenraumentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Strukturelle Probleme der Innenentwicklung . . . . . . . . . . . (3) Örtliche Verkehrswegegestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gemeinden und Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kommunaler Immissionsschutz und Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . a) Baurechtlicher Immissionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211 213 214 214 215 216 218 219 220 221 224 225 229 230 232 234 235 238 240 242 245 248 248 250 252 253 254 259 260 262 262 263 265 268 269 270 273 275

Inhaltsverzeichnis bb) § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewicht des kommunalen Immissionsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachhaltige Entwicklung und kommunale Wälder . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdehnung der Nachhaltigkeit auf alle Waldfunktionen . . . . . . . . aa) Situationsbezogene Einwände gegen dreidimensionale Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtlich-systematische Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemeinden und Wald. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nachhaltige Entwicklung und Naturschutz in den Gemeinden . . . . . . a) Nachhaltigkeit im BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 1 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 2 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 18 – §§ 8/11a. F. BNatSchG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) §§ 23 Abs. 2, 3 Abs. 2 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Naturschutz und Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zusammenfassung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Naturschutz in den Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Naturschutz und Landschaftspflege auf örtlicher Ebene . . . . . (1) Anforderungen an Landschaftspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Landesrechtliche Integrationsmodelle für Landschaftspläne in der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Erweiterte Festsetzungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderer Schutz einzelner Landschaftsbestandteile . . . . . . . (1) Landesrechtliche Ausgestaltungen und ihre Auswirkungen auf die Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Insbesondere Baumschutzsatzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Naturschutz im Baurecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Darstellungsmöglichkeiten Naturschutz im Flächennutzungsplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Darstellungen im Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Regelungsmöglichkeiten der Landesbauordnungen . . . . . dd) Sonstige Naturschutzmöglichkeiten in den Gemeinden. . . . . . 6. Abfall, Entsorgung und Kommunalwirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kommunale Verpackungssteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auflagen im Straßen-, Gaststättenrecht und bei der Nutzung kommunaler Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umweltberatung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Abfallsatzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Abfallentsorgungsgebühren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Kommunalwirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 278 280 280 282 284 284 286 288 290 291 292 293 294 296 297 298 300 300 301 302 303 304 305 305 306 308 308 309 314 315 316 319 320 322 323 324 325 329

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Inhaltsverzeichnis 7. Nachhaltige kommunale Wasserwirtschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffsverwendung „nachhaltig“ im WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewirtschaftungspläne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung und Einordnung von „nachhaltig“ im WHG . . d) Kommunaler Wasser- und Gewässerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regenwasserversickerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gebührenmaßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Kooperationsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Informales Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vor- und Nachteile direkter und indirekter Instrumente . . . . . . . . . . b) Normvollziehende Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Freiwillige Selbstverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kommunale Förderprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtliche Probleme informalen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Renaissance informaler Planung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Folgerungen und Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entwicklung von Nachhaltigkeit im Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene. . . . . . . . . . . . . . .

332 332 335 336 337 339 340 342 344 344 347 348 350 353 356 357 361 366 366 368

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Organisatorische Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Agenda-Büro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einbindung in die Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachbearbeiterlösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) „Stabslösung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigenständige Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Personalausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gemischte Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bürgerforum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fachforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Offenes Fachforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschlossenes Fachforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Agenda-Beirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Lenkungskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umsetzungsverfahren „bottom up“ oder „top down“? . . . . . . . . . . . . . . a) Nationale „bottom up“-Präferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme und Ausblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Klassifizierung der Ansätze auf Gemeindeebene . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Initiierung auf lokaler Ebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

371 373 374 374 376 376 377 378 379 380 382 383 387 387 388 389 389 390 392 393 393

Inhaltsverzeichnis bb) Die Organisation als Kombination von Initiierung und Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Top down“-Ansatz Verwaltungsagenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligungsgeprägte Verwaltungsagenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Intra-Behörden-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemeinderatsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bürgermeistermodell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Probleme der Verwaltungsagenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kurzfristorientierung von Mandatsträgern und Verwaltung . . . . . . b) Steuerbarkeit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Personalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Qualifikation der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personalverteilung und -separation im Öffentlichen Dienst . . d) Organisations- und Prozessstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Arbeitsabläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arbeitsbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ressortsteuerung innerhalb der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ressortegoismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Spiegelreferate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Dezentralisierung als Lösung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ämterübergreifende Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Partizipationsfeindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verwaltungsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fortschreiten verwaltungsreformerischer Bemühungen . . . . . . bb) Überschneidungen mit lokalen Agenda 21-Initiativen . . . . . . . 4. „Top down“-Ansatz Planungsbüroagenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. „Bottom up“-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Besondere Agenda-Bedingungen kleinerer Gemeinden . . . . . . . . . . . . . a) Fachliches Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Soziale Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formale Umsetzung/Umbenennung vorhandener Ansätze . . . . . . . . . . a) Vergleich zu Vorgängerplanungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Probleme damaliger Planungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterschied lokale Agenda 21-STEP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Renaissance (o)der Entwicklungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Faktoren formaler Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ähnlichkeit mit Vorinitiativen, erreichter Standard und negative Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Finanzdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kennzeichen formaler Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Systematische Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

395 397 399 401 402 403 405 405 407 409 409 411 412 412 413 415 415 416 418 420 422 424 425 426 428 431 435 435 436 438 439 439 440 442 443 445 445 447 451 453

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Inhaltsverzeichnis a) Zielbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nachhaltige Entwicklung als Überlastung eines Leitbildes? . . bb) Lange andauernde Zielformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfolgskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einzel- und Vielindikatorensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Indikatorenansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele . . . . . . . . . . . (2) Umwelthaushaltspläne als besondere Indikatoren . . . . . . . (3) Das Bruttosozialprodukt als Indikator. . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) CSD- und Syndromansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Eignung vorhandener Indikatoren oder Eigenentwicklung? . . 3. Strategisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Inkrementale Handlungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Perspektivischer Inkrementalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungsfaktoren und Ablauf inkrementaler Handlungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

454 455 456 457 459 460 461 463 465 466 467 472 476 477

E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen. . . . . . . . . . . . . . . . I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Egoismen der dezentralisierten Selbstverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Traditionell formalisierte Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Neuere interkommunale Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze . . . . . . . . 1. Erfolge vorhandener Partizipationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachkundige Bürger/erweiterte Ausschüsse im Gemeinderat . . . . . b) Beiräte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemeindeversammlung/Bürgerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bürgerbegehren und Bürgerentscheide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Initiatoren von Bürgerbegehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erfolg und Häufigkeit von Begehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Defizite der herkömmlichen Beteiligungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Soziale Blindheit und geringe Wirkungstiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konfrontation Einwender–Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit der Anhörungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Problemfelder der Partizipation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftlich bedingte Beteiligungsprobleme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Veränderungen in der Politikstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorbehalte im Gemeinderat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Reaktionsmöglichkeiten und Stellungnahme zur Bewältigung der Schwierigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kommunikation und Komplexität in der gesellschaftlichen Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Interdisziplinäre Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

482 483 485 487 491 493 493 493 496 497 499 500 502 504 504 506 507 508 509 510 510

478

511 514 514

Inhaltsverzeichnis bb) Kommunikationsschwierigkeiten zum Bürger . . . . . . . . . . . . . . cc) Komplexität als separierender Faktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gesellschaftliche Separation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Medien und Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Planung und Information. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Marketing nachhaltiger Entwicklung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Medien im Agenda 21-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gefahr der Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Stellungnahme und Ansätze zur Optimierung der Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktivierungsprobleme der Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bürgereinbindung im Speziellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aktivierung der Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aktivierungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erreichter Aktivierungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ehrenamtliches Engagement als Aktivierungspool der lokalen Agenda 21? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widersprüche von Denken und Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sozialökonomische Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Discount rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bildungsarbeit als Lösung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ansätze zur Einbindung der Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Partizipation und Akteure der lokalen Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nichtregierungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Selbstverständnis und Forderungen an den Prozess . . . . . . . . . bb) Mitbestimmungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Inhaltliche Erwartungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Instrumentalisierung von NGOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wirtschaft als lokaler Agenda-Akteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beteiligungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abschreckungsfaktor Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abschreckungsfaktor inhaltliche Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . f) Die Verwaltung – Motor oder Bremse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Themenbereich Wohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Themenbereich Verkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Freizeit, Freiflächen, Konsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Internationale Zusammenarbeit/Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . gg) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 515 518 519 521 523 525 526 527 528 529 529 530 533 533 534 537 539 540 541 543 545 545 547 547 548 549 550 551 552 554 555 556 557 558 559 560 561 562 564 565 565

18

Inhaltsverzeichnis IV. Neuere Partizipationsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Moderation/Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fachforum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Runder Tisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zukunftswerkstatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zukunftskonferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Open Space Technology. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Planungszelle/Bürgerforum/Bürgergutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Anwaltsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sonstige Formen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Community organizing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beratungskommission/Enquete-Kommission. . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Delphi-Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kooperatives Diskursmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Neuere Planungsinstrumente in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konsens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verifizierbare Vorteile im lokalen Politiksystem?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein Zusammenhang zwischen Integrationsfähigkeit und Ortsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgerungen und Bedeutung für Organisation und Partizipationsinitiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Perspektiven für eine kommunale Zukunftsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leitbild Zivilgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Private Verantwortungsteilhabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wandel des Partizipationsverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zivilgesellschaft und lokale Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

566 567 569 570 570 572 573 574 575 576 576 577 577 578 578 580 581 584

586 587 588 589 590 592

Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nachhaltige Entwicklung als Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nachhaltigkeit im Recht und Rückwirkungen auf die Gemeinden. . . . . . . III. Organisationsstrukturen und Handlungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Partizipation und Dialog als Erfolgsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Stand, Thematik und Ausblick der lokalen Agenden. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

594 594 595 598 600 602

585

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Agenda-Beschlüsse 1996–2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Abbildung 2:

Aktionsfelder 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Abbildung 3:

Aktionsfelder 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Abbildung 4:

Aktionsfelder 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Abbildung 5:

Verteilung Agenda-Prozesse Welt (1996/97). . . . . . . . . . . . . . . . 130

Abbildung 6:

Quantitative Veränderungen nach Sachgebieten. . . . . . . . . . . . . 134

Abbildung 7:

Typische Handlungsfelder der lokalen Agenda 21 . . . . . . . . . . 136

Abbildung 8:

Koppelungsmöglichkeiten von Prozessinitiierung und -strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396

Abbildung A-1:

Befindet sich Deutschland auf dem Weg nachhaltiger Entwicklung (1998)?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608

Abbildung A-2:

Beschlusszahlen Bund/NRW 1996–2004. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608

Abbildung A-3:

Beschlussentwicklung 1996–2004 Bund, NRW . . . . . . . . . . . . . 609

Abbildung A-4:

Prozentualer Anteil der Agenda-Beschlüsse in den Gebietskörperschaften der Länder in Deutschland 2004 . . . . . . . . . . . . 609

Abbildung A-5:

Von Agenda-Beschlüssen umfasste Bevölkerung in Deutschland 1998, 2002. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610

Abbildung A-6:

Stellt die lokale Agenda 21 eine kommunale Aufgabe dar? . . 610

Abbildung A-7:

Aufstellungsbeschlüsse zur lokalen Agenda 21 und erste Umsetzungsanstrengungen am Beispiel der Umweltqualitätsziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611

Abbildung A-8:

Thematische Einordnung der lokalen Agenda 21 1996 . . . . . . 611

Abbildung A-9:

Beginn von Veranstaltungen zur lokalen Agenda 21 . . . . . . . . 612

Abbildung A-10: Genutzte Umsetzungsansätze im Prozess 1996 . . . . . . . . . . . . . 612 Abbildung A-11: Betrachten die Gemeinden die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 Abbildung A-12: Wurde ein politischer Beschluss zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 gefasst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613

20

Abbildungsverzeichnis

Abbildung A-13: Welcher Fachbereich in der Verwaltung ist mit in den Gremien zur lokalen Agenda 21 vertreten? . . . . . . . . . . . . . . . . 614 Abbildung A-14: Welchen Fachbereichen sind die Aktivitäten der Gemeinden zuzuordnen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 Abbildung A-15: Wurden Veranstaltungen zur lokalen Agenda 21 durchgeführt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 Abbildung A-16: Nutzung von Veranstaltungsformen national/international 1996–1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 Abbildung A-17: Welche Akteure wurden in den Prozess einbezogen? . . . . . . . . 617 Abbildung A-18: Prozesshemmnisse in der Wahrnehmung der Gemeinden (1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 Abbildung A-19: Betrachten die Städte die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 Abbildung A-20: Wurde ein politischer Beschluss zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 gefasst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 Abbildung A-21: An der lokalen Agenda beteiligte Ämter in den Städten . . . . . 619 Abbildung A-22: Welche Schwerpunkte hat der lokale Agenda 21-Prozess? . . . 620 Abbildung A-23: Welchen Fachbereichen sind die Aktivitäten der Städte zuzuordnen (1999)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 Abbildung A-24: Welche Akteure wurden in den Prozess einbezogen? . . . . . . . . 622 Abbildung A-25: Prozesshemmnisse in der Wahrnehmung der Städte (1999) . . 623 Abbildung A-26: Agenda-Prozesse weltweit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 Abbildung A-27: Lokale Agenda in Europa im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 Abbildung A-28: Akteurseinbeziehung in den lokale Agenda-Prozess weltweit. 625 Abbildung A-29: Rolle der Akteure in den Agenda-Prozessen weltweit (2001) . 625 Abbildung A-30: Rolle der Akteure in den Agenda-Prozessen in Europa (2001) 625 Abbildung A-31: Kennzeichen der Organisationsmodelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 Abbildung A-32: Stärken der Organisationsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 Abbildung A-33: Schwächen der Organisationsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 Abbildung A-34: Abläufe des kooperativen Diskursmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637

Einleitung 1992 trafen sich in Rio de Janeiro Staats- und Regierungschefs von 178 Staaten zur internationalen Konferenz über Umwelt und Entwicklung, dem so genannten Erdgipfel von Rio.1 Sie verabschiedeten gemeinsam mit der Rio-Deklaration und der Erklärung über die nachhaltige Waldbewirtschaftung die „Agenda 21“ als Grundsatzprogramm,2 die im Zusammenhang mit diesen beiden Erklärungen zu lesen ist.3 Die Agenda 21 stellt unter dem zentralen Leitbild „Sustainable Development“ – nachhaltige Entwicklung – ein langfristig umfassend angelegtes Handlungsprogramm für die internationale Staatengemeinschaft dar.4 Die Erkenntnis, dass Konsum und Wachstum der westlichen Industrieländer nicht unbegrenzt fortgeführt können, ist nicht neu.5 Bevölkerungswachstum, Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch sind nur einige der drängenden Probleme.6 In verschiedenen Szenarien über die Entwicklung auf der Erde wird innerhalb der nächsten 30–50 Jahre der Zenit des Wachstums prognostiziert.7 Umwelt- und Ressourcennutzung tritt dabei vornehmlich als erstrangige Aufgabe und Entwicklungsgrenze in Erscheinung, die mit Verteilungsproblemen und Migration auch an der sozialen Basis der Gesellschaft innerhalb wie außerhalb der Industriestaaten rütteln wird.8 Zugleich ist ein zunehmender Bedeutungsverlust der Umweltfragen9 in der gesamtgesellschaftlichen Realität zu konstatieren. In 1 UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 3; Fiedler, Der Städtetag 1997, 347 (349); Krautzberger, UPR 2001, 130 (131). 2 Ruffert, ZUR 1993, 208; Töpfer, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 1996, S. 96; Krautzberger, UPR 2001, 130 (131). 3 UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 3; abgedruckt ebd. S. 9ff. sowie S. 289ff. Das Wort Agenda stammt aus dem Lateinischen und bedeutet, „das, was zu tun ist“. Die Zahl 21 steht für das 21. Jahrhundert, so dass „Agenda 21“ eine Tagesordnung für das 21. Jahrhundert bedeutet. 4 Vallender, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 194 (195); Töpfer, UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung, S. 96. 5 Vgl. die im Auftrag des Club of Rome Anfang der siebziger Jahre gefertigte Studie „Die Grenzen des Wachstums“. 6 Vgl. etwa BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 7f. 7 Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 206, 208, 210, 235, 237, 245. 8 „Schicksalsfrage kommender Generationen“ Leidig, UPR 2000, 371; ähnlich: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 16f.

22

Einleitung

jüngster Zeit rückten vor allem Nahrungsmittelskandale und Umweltkatastrophen erneut ökologische Belange ins Bewusstsein.10 Die gesellschaftliche Aufgabe einer zukunftsfähigen Entwicklung steht angesichts dieser Divergenz vor der Herausforderung, die Inhalte dieses Weges zu bestimmen. Für die Rechtswissenschaft ergeben sich daraus zwei Probleme. Es ist zu untersuchen, ob und inwieweit das Recht als gesellschaftliches Steuerungsinstrument nachhaltige Entwicklung aufgenommen hat. Für die Bestimmung der Steuerungsrichtung und die Steuerungskraft ist es unerlässlich, die Theorien und Argumentationen zu diesem Begriff herauszuarbeiten. Verwaltungswissenschaftlich stellt sich schließlich die Frage, ob und wie nachhaltige Entwicklung Eingang in die Rechtswirklichkeit findet. Hier soll ausgerichtet an der „lokalen Agenda 21“ untersucht werden, welche Umsetzungsansätze und Handlungsmöglichkeiten in den Gemeinden existieren und welche besonderen Schwierigkeiten und Erfolgsfaktoren die lokale Agenda 21 prägen.11

I. Entstehung und Entwicklung der Agenda 21 Die Einbindung von „Sustainable Development“ in die Rio-Deklaration und Agenda 21 wurde durch die Überlegungen einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen unter Gro Harlem Brundlandt12 begünstigt.13 In dem 1987 erschienenen Brundlandt-Bericht wird nachhaltige Entwicklung als Eckpfeiler einer für die heutige und die Nachwelt beispielhaften Politik vorgestellt14 und hat sich seitdem als Leitbild in der Umwelt- und Entwicklungsarbeit 9 Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (33); empirisch belegt etwa bei Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 28ff.; bezogen auf die lokale Ebene bei Libbe/Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (27f.). Vgl. www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuell/ news/2004/26-05_10/content.html (27.05.2004). 10 Vgl. F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (46ff.) mit Hinweis auf die Zielkonflikte (48); Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 50f. 11 Nachteilig wirken die erforderlichen zahlreichen Vorgriffe oder Verweise. Die Vernetzungen in einem komplex horizontal und vertikal vernetzen Themenbereich führen jedoch zwangsläufig zu Verweisungen, wenn nicht ihre Komplexität auf einen linearen Prozess reduziert werden soll, ähnlich Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 1a. 12 Deutsch: Hauff (Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft. Der Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. 13 Vgl. UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 9, 233; Menzel, ZRP 2001, 221 (222); Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 56ff.; Hohmann, NVwZ 1993, 311 (313); Gündling, EA 1992, 251.

I. Entstehung und Entwicklung der Agenda 21

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durchgesetzt.15 Der Begriff ist keine Entwicklung der Brundlandt-Kommission,16 sondern wurde bereits zuvor in der „World Conservation Strategie“ der International Union for Conservation of Nature/UNEP (United Nations Environment Programme)/WWF verwendet.17 Ein zentraler Vorläufer von Brundlandt-Kommission und Rio-Konferenz war die Weltumweltkonferenz in Stockholm 1972.18 Sie fand aufgrund sich wirtschaftlich niederschlagender Auswirkungen der globalen Umweltverschmutzung statt, die in engem Zusammenhang mit der Etablierung des Verursacherprinzips im Umwelt(völker-)recht stehen.19 Als Reaktion auf die globalen Umweltprobleme erfolgte die Gründung des UNEP20 und der Brundlandt-Kommission durch die UN-Generalversammlung.21 Verknüpft mit diesem Entwicklungsstrang finden sich ethische Begründungen, die „Sustainable Development“ als eine Weiterentwicklung des „common heritage of mankind“-Prinzips betrach14 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (19); „Initialzündung für eine weltweite Debatte [. . .] des sustainable development“, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 18. 15 Vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (451); Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 41; Schröder, AVR 34 (1996), 251 (253); insbesondere die Ähnlichkeit des vierten Terms mit der Brundlandt-Definition ist beachtlich. 16 So wohl: Sieben, NVwZ 2003, 1173 (1174) und zwar angesichts der Stockholmer Umweltkonferenz auch nicht für Überlegungen weltumspannender Umweltpolitik. 17 Vgl. World Conservation Strategie, I. Introduction in: Hohmann (Ed.), Basic Documents of International Environmental Law, Vol. I, S. 79 (85–87), dort 4., 10.; Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 14; Lee, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 169 (171); Haber, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 7 (8); Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 54; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121; vgl. auch die Bezugnahme in der Rio-Deklaration vor Prinzip 1, UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 9. 18 Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (127ff.); Kunig, StudJur 2/1997, 12; Oberthür, EA 1992, 595 (600f.); Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 52f.; Hohmann, NVwZ 1993, 311 (312ff.); Abdruck der Deklaration bei: Hohmann (Ed.), Basic Documents of International Environmental Law, Vol. I, S. 21–26. 19 Insbesondere Verschmutzungen aus Ostblockstaaten an der Ostsee, die sich in Skandinavien negativ bemerkbar machten, vgl. Hoelting, GJICL 1994, 117 (122f.). 20 Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 40f.; Haber, in: Evanglische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 7; Lembke, ZAU 1992, 322ff.; Beyerlin, The concept of Sustainable Development, S. 95 (97ff.); an die ökologische Stabilitätsdiskussion allgemein: Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26; Hobe, JA 1997, 160 (161f.). 21 The environment in 1982 – Retrospect and Prospect in: Hohmann (Ed.), Basic Documents of International Environmental Law, Vol. I, S. 99 (V., VI. (108ff.)); vgl. Hoelting, GJICL 1994, 117 (124).

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ten.22 Es ist durch den Gedanken geprägt, dass wichtige Bestandteile von Natur und Kultur auch intergenerationell allen Menschen zu Erforschung, Genuss und friedlicher Nutzung zur Verfügung stehen sollen.23 Auf der internationalen Ebene sind Gemeinden als wichtige Akteure nicht anerkannt. Umso erstaunlicher ist ihre Berücksichtigung und Hervorhebung durch Kapitel 28.1 der Agenda 21. Kapitel 28 der Agenda 21 ist der Anknüpfungspunkt für den Entwurf lokaler Agenden. Kap. 28.124 lautet: „Da viele der in der Agenda 21 angesprochenen Probleme und Lösungen auf Aktivitäten auf der örtlichen Ebene zurückzuführen sind, ist die Beteiligung und Mitwirkung der Kommunen ein entscheidender Faktor bei der Verwirklichung der in der Agenda enthaltenen Ziele. Kommunen errichten, verwalten und unterhalten die wirtschaftliche, soziale und ökologische Infrastruktur, überwachen den Planungsablauf, entscheiden über die kommunale Umweltpolitik und kommunale Umweltvorschriften und wirken außerdem an der Umsetzung der nationalen und regionalen Umweltpolitik mit. Als Politik- und Verwaltungsebene, die den Bürgern am nächsten ist, spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Informierung und Mobilisierung der Öffentlichkeit und ihrer Sensibilisierung für eine nachhaltige umweltverträgliche Entwicklung“.

Die Hervorhebung der Gemeinden als wichtiger Faktor für die Umsetzung Agenda 21 ist zum einen aus der Sachmaterie selbst zu erklären, zum anderen aus der Urheberschaft des Vorentwurfs. Der Vorentwurf zu Kapitel 28 stammt von ICLEI.25 ICLEI ist ein 1990 unter der Schirmherrschaft von UNEP und dem internationalen Gemeindeverband gegründetes Netzwerk26 von Gemeinden. Die Städtevertreter nutzten die Gelegenheit, ihre Position durch Verankerung in einem internationalen Dokument zu stützen.27 Das globale Ziel der Rio-Konferenz soll damit durch kleine lokale Schritte unterstützt bzw. verwirklicht werden. Eine 1993 errichtete „Commission on Sustainable Development“ (CSD) wacht über die Umsetzung von Agenda 21 und „Sustainable Develop22

v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 38ff. m. w. N.; auch Hohmann, NVwZ 1993, 311 (313); Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen, S. 67. 23 Vgl. Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen, S. 68; so auch Schrödter, AVR 34 (1996), 251 (253); Principle 2 Stockholm Declaration. 24 Vgl. die Originalfassung, UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 233f. 25 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3; Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (26); Otto-Zimmermann/Storksdieck, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 241 (246). 26 Strobach, Die Agenda 21, S. 5. 27 ICLEI wurde 1990 unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und des Internationalen Gemeindeverbandes (IULA) in New York gegründet. Das Weltsekretariat hat seinen Sitz in Tokio, das Regionalsekretariat für Europa befindet sich in Freiburg.

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ment“.28 Sie soll die Prozesse beobachten, fördern und evaluieren.29 In der Folge entwickelte sich zur Förderung eines Austausches zwischen den europäischen Städten die „sustainable cities & towns Campaign“ (Kampagne zukunftsbeständiger Städte und Gemeinden). 1994 wurde die Charta von Aalborg (Charta der Europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit) unterzeichnet.30 Die dort unterzeichnenden Kommunen verpflichteten sich dazu, lokale Agenda 21-Prozesse einzuleiten, um langfristige Handlungsprogramme zur Zukunftsfähigkeit aufzustellen.31 Die Charta von Aalborg hatte einen breiten Anklang bei den Städten. Bei der zweiten Konferenz zukunftsbeständiger Städte in Lissabon 1996 waren bereits mehr als 1000 Teilnehmer aus 37 Ländern vertreten.32 Der deutsche Aktionsplan zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung, der in Zusammenhang mit der Weltsiedlungskonferenz Habitat II entstand, identifiziert als bedeutsame Aspekte nachhaltiger Entwicklung die Bewahrung und Weiterentwicklung der günstigen dezentralen Siedlungsstruktur, die Bildung und der Ausbau von Städtenetzen, der Abbau von Anreizen zur Suburbanisierung sowie die Stabilisierung ländlicher Räume und Siedlungen.33

II. Historische und etymologische Wurzeln nachhaltiger Entwicklung Der Begriff des „sustainable development“ als Ausweg für lebenswerte Lebensbedingungen in der Zukunft,34 ist für die Agenda 21, ebenso wie das Problem, welches Verfahren für die Organisation angemessen ist, von zentraler Bedeutung.35 Die adäquate deutsche Bedeutung des englischen Be28

Vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (451); eingehend: Beyerlin/Marauhn, Rechtssetzung und Rechtsdurchsetzung im Umweltvölkerrecht nach der RioKonferenz 1992, S. 60ff.; Malanczuk, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 23 (48f.); vgl. UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 3. 29 Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 27. 30 Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (36). 31 Vgl. Menzel, ZRP 2001, 221 (228); Otto-Zimmermann/Storksdieck, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 241 (245f.). 32 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (34). 33 BMBau (Hrsg.), Nationaler Aktionsplan zur nationalen Siedlungsentwicklung, S. 4f. 34 Kunig, StudJur 2/1997, 12 (13). 35 UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21. Statt vieler: Preamble (S. 15); Art. 2 (S. 19); Art. 3 (S. 27); Art. 14 (S. 114f.); Art. 28 (S. 233). Wie hier: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (451); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17; vgl. etwa: Hermanns, ZAU 1997, 126 (128); Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter

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griffs „sustainable“ ist nicht befriedigend geklärt.36 Daly konstatiert seine Verwendung als „everybody’s darling“ in nahezu allen Gesellschaftsbereichen, obwohl eigentlich niemand wisse, was der Begriff bedeute.37 1. Etymologische Wurzeln Für „Sustainable“ ist über die Grundform „to sustain“ auf das lateinische „sustenire“ zurückführen.38 Im Aktiv bedeutet sustenire usuell „aufrechterhalten“. Okkasionell meint das Wort „zurückhalten“, „hemmen“ oder „anhalten“. Metaphorisch treten die Bedeutungen „schützen“, „bewahren“, sowie „aushalten“ und „(er)tragen“ auf, wozu okkasionell die Bedeutung „widerstehen“ oder „verzögern“ tritt.39 Im Englischen treten neben diesen ähnlichen Beschreibungen über 26 weitere.40 Ähnlich wie bei der deutschen Bezeichnung „Öko“,41 haben im englischen Sprachraum die Begriffe „sustainable“ und „sustainability“ eine Nivellierung zu einer bloß modischen Vorsilbe erfahren.42 Die Bedeutungsproblematik von sustainable findet sich daher analog43 für den in der Agenda 21 verwendeten Begriff des „sustainable development“.44

Agenda 21, S. 7; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 41. Kritisch zu der teilweise vorgeprägten Diskussion Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, Vorwort. R. A. Leitmotiv Nachhaltigkeit und Bürgerbeteiligung: Strobach, Die Agenda 21, S. 20; Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 19. 36 Vgl. Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, „has come to mean whatever suits the particular advocacy of the individual concerned“, S. 1. Von Übersetzung bis zu Konsequenzen herrsche Unklarheit, vgl. Schneider, Arbeitgeber 1994, 102; auch: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (451). 37 Vgl. Daly, Beyond Growth, S. 1: „Sustainable Development is a term that everybody likes, but nobody is sure of what it means“. 38 The New Oxford dictionary of English, Oxford 1998, S. 1870. 39 Stowasser u. a., Der kleine Stowasser, 3. Auflage 1991, S. 449. 40 Vgl. The Oxford English Dictionary, Second Edition, Oxford 1989, Vol. XVII, S. 326f.; The New Oxford dictionary of English, Oxford 1998, S. 1870. 41 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (28); Otto-Zimmermann/Storksdieck, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 241 (244). 42 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (5); „[. . .] hat sich gleichsam zu Tode gesiegt und ist dabei zu einer modischen Allerweltsvokabel und zu einer allseitig einsetzbaren Mehrzweckwaffe verkommen“; Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Die Nachhaltigkeit der Agenda 21, S. 83. 43 Vgl. unten A.II. bei Fn. 133ff. 44 Sustainability wird wechselnd mit sustainable development in der Agenda 21 verwendet, vgl. etwa Art. 5/Art. 2, UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, S. 35/19.

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Dementsprechend ist auch im Deutschen die Bedeutung des Begriffs „Nachhaltigkeit“ nahezu konturlos.45 Er wird schlagwortartig46 in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gebraucht47 und scheint ein Eigenleben zu entwickeln.48 „Nachhaltige Entwicklung“,49 „dauerhafte Entwicklung“,50 „dauerhafte umweltgerechte Entwicklung“,51 „zukunftsfähige“ oder „zukunftsbeständige Entwicklung“52 lassen sich auf „sustainable development“ zurückführen. Daneben findet sich „Zukunftsfähigkeit“ und „Zukunftsbeständigkeit“,53 dauerhaft,54 bestandsfähig,55 aushaltbar, andauernde Existenzfähigkeit,56 dauerhafte tragfähige Entwicklung57 als Übersetzungen von „sustainable“ bzw. „sustainable Development“. Weitgehend durch45 „Schillernde Modedroge“ mit „nachhaltiger Sprachverwirrung“, Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (169). 46 Vgl. Haber, ZAU 1994, 9 (13), „nur ein neues Schlagwort, das ältere [. . .] ersetzt“. 47 Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (49); a. A. Gebauer, in: Böhm/ders./Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 135 (137). 48 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (169). 49 So etwa: Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 10; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 129. 50 Hauff (Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft, S. 47. 51 ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. III; Rehbinder, NVwZ 2002, 657; Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (86); ders. u. a., UGB-KommE, S. 453; Schröder, WiVerw 95, 65 (78). 52 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 16. 53 Die Übersetzung als „Zukunftsfähigkeit“, die vom Wuppertal Institut herrührt, vgl. BUND/MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 24; Kuhn/Suchy/ Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (5), und die weitere Übersetzung als „Zukunftsbeständigkeit“ (ICLEI) haben zwar Zustimmung gefunden, etwa: Nieke, Nachhaltige Entwicklung, S. 63; Beaucamp, Nachhaltigkeit und Umweltrecht, S. 81 (87), bisher jedoch keine weitergehende Verbreitung in allen Fachbereichen; a. A. Bruns, Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung, S. 51 (52). Hintergrund der Einführung von „Zukunftsfähigkeit“ war die Überlegung beider Organisationen, „nachhaltig“ und „dauerhaft“ seien zu sehr ökologisch dominiert. Die überdurchschnittlich schnelle Verbreitung zu Beginn des Prozesses ist damit zu erklären, dass die Literatur der Organisationen, die diese Begriffe eingeführt haben, zu den ersten Darstellungen und Empfehlungen gehörten, die von den Gemeinden willkommen aufgenommen wurden. Auch heute wird der Begriff „Zukunftsfähigkeit/Zukunftsbeständigkeit“ noch in Darstellungen von Gemeinden verwendet. Insgesamt ist in den letzten Jahren eine geringere Verwendung festzustellen. 54 Hermanns, APuZ B10–11/2000, 3; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 62. 55 Hohmann, NVwZ 1993, 311 (313). 56 Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 250. 57 Gettkant, Nach dem Erdgipfel, S. 12.

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gesetzt haben sich die Begriffe „nachhaltige Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“.58 Die Begriffe werden häufig synonym59 verwendet oder einem bestimmten Fachbereich zugeordnet.60 Letztlich sind alle Begriffe weder bestimmt noch öffentlichkeitswirksam, so dass die Verwendung Geschmacksfrage bleibt.61 Nachhaltig bedeutet im deutschen Sprachgebrauch „längere Zeit stark auswirkend“.62 Es lassen sich somit eine temporäre und eine qualitative Komponente ausmachen.63 Der inflationäre Gebrauch des Begriffs64 deutet auf Unkenntnis über den Umfang des Leitbildes oder inhaltlich einseitige Interpretationen.65 Der gesamtzustimmungsfähige Begriffskern wird von unterschiedlichen Gruppen so verwendet, dass er die jeweils erwünschten Aspekte beinhaltet.66 Hier be58

Vgl. auch: Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120; Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (34); Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 26; bzw. nachhaltige Entwicklung, Fiedler, Der Städtetag 1997, 347 (348); Krautzberger, UPR 2001, 130; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 128; Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26f.; kritisch: Gremm, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 117 (119). 59 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 26, 98. 60 Wie etwa dem Umweltsektor bei Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (84f., 87, 92f.). Daneben wird auch noch Nachhaltigkeit als Äquivalent für nachhaltige Entwicklung bzw. dessen Synonyme gebraucht, vgl. Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (117); Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 10. Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (49) vertritt, die schlagwortartige Verwendung suggeriere eine zukunftsfähige und zukunftsbeständige Entwicklung der Städte und Gemeinden. 61 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 18. Die gegen den Begriff der Nachhaltigkeit vorgebrachte Kritik, vgl. Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (169), trifft auch auf die Alternativbegriffe, vgl. Fn. 53, zu. 62 Wiss. Rat der Dudenredaktion (Hrsg.), Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Auflage Mannheim u. a.O. 1999; ohne die Vorbewertung der qualitativ-quantitaven Komponente „auf längere Zeit anhaltend und wirkend“: Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm (Hrsg.), Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1889. 63 Vgl. auch: Peters, Nachhaltigkeit als Grundsatz, S. 69f.; a. A. Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 14, die vorwiegend zeitlich Prägung vertreten. 64 Mit dem zugleich eine zunehmend willkürliche Verwendung verbunden ist, Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (8). 65 So richtig: Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (122 Fn. 15.); vgl. auch Fn. 35. 66 Vgl. auch Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86. Daher ist Skepsis angebracht, wenn Gruppen zur Prozessinitiierung einer lokalen Agenda 21 bereits ein fertiges Konzept zur Nachhaltigkeit der Gemeinde oder einen inhaltlich spezifizierten Antrag vorlegen. Beispielhaft einige Aspekte im Antrag der Ratsfraktion der Grünen im Stadtrat von Hannover. Der Antrag ist durchgehend als Auftrag an die Stadtver-

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steht die Gefahr, dass Nachhaltigkeit als ideelle Maskierung zur Durchsetzung eigener Positionen dienen soll.67 Er ist dann trotz identischem Oberbegriff nicht identisch mit der wiederum spezifischen Definition anderer Gruppen,68 so dass mit gleicher Begrifflichkeit unterschiedliche Konzepte verfolgt werden. Unklarheit im Anforderungsprofil und die daraus entstehende Diskussion „mit erhobenem Zeigefinger“ in Richtung auf die Kommunen69 verstärken diesen Trend. Dies hat Auswirkungen auf das Recht und die Rechtswirklichkeit. Die kaum noch überschaubare Diskussion zur Nachhaltigkeitsproblematik70 übersteigt mit der Informationsfülle die Möglichkeiten zur Verarbeitung der Informationen. Dies führt wiederum zu Ratlosigkeit oder aktionistischen Bemühungen der Gemeinden,71 als typische Folgen „informationeller Hyperventilation“.72 2. Historischer Hintergrund der Nachhaltigkeit: Forstwirtschaft Die etymologische Mehrdeutigkeit des Begriffs „Nachhaltigkeit“ lässt einen Blick auf seine traditionelle Verwendung angeraten erscheinen. Nachhaltigkeit ist, auch wenn sie vielfach erst mit dem Brundlandt-Bericht ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen sein mag, kein novum in der deutschen Wissenschaft. Sie ist auf zwei parallele Wurzeln zurückzuführen: waltung formuliert, die unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit das Programm erarbeiten soll. Der Antrag ist nicht ergebnisoffen formuliert, sondern setzt einen Vorrang der ökologischen Dimension implizit voraus und missachtet damit die Abwägungsentscheidung aller drei Nachhaltigkeitsdimensionen. Der Auftrag an die Verwaltung lautet „Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung alle wirtschaftlichen und soziologischen Handlungen so auszuführen, dass sie weder die Natur noch die Umwelt schädigen und auch die zukünftigen Generationen nicht belasten“, vgl. den Abdruck des Antrages bei Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 164ff. (Hervorhebungen d. Verf.). Die Wichtigkeit, dass es keine vorgefertigten „Öko-Pläne“ gibt, sondern dass lokal spezifische Schwerpunkte zu setzen sind, wird immer wieder betont, vgl. Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 16. 67 Vgl. die Schilderung hinsichtlich „Grüner Gruppierungen“, Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; auch das Beispiel bei Feindt/Weber/Weinelt, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 217 (226); Gespräch G1–G3 (vgl. Anhang). 68 Vgl. Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (57). 69 Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485); ähnlich BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 9. 70 So auch: Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 11a. 71 Nachdem Richtung verloren, Anstrengungen verdoppeln, so Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485). 72 Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300 vom 27.12.2003, S. 13.

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Historisch findet sich der Begriff der Nachhaltigkeit erstmalig in der Forstwirtschaft. Dort wurde er in der „Sylvicultura Oeconimica“ von v. Carlowitz verwendet (1713).73 Grundprinzip einer nachhaltigen Forstwirtschaft ist es, nur soviel Holz einzuschlagen, wie durch Neupflanzungen nachwachsen kann. Ziel ist es den Wald langfristig zu nutzen, ohne dass eine Substanzgefährdung eintritt.74 Anlass zur Entwicklung des Bewirtschaftungsprinzips war weniger die Sorge um die (quasi-)objektiven Grenzen der Holznutzung,75 als vielmehr Sorge um Erhalt und Vermehrung des wirtschaftlichen Besitzwertes.76 Die planmäßige staatlich gestützte Holznutzung hat zur Gründung forstlicher Lehranstalten und späteren Universitäten geführt, die das Nachhaltigkeitsprinzip wissenschaftlich aufgearbeitet und verbreitet haben.77 Dieses Wirtschaftsprinzip umfasst nicht nur Nutzungsgrenzen sondern auch aktive Maßnahmen.78 Parallel findet sich das Nachhaltigkeitskonzept im Aufsatz „Essay on the Principle of Population“ (1798) von Thomas Robert Malthus.79 Malthus betrachtet dort den Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelproduktion und Bevölkerungswachstum.80 Er entwickelt eine nachhaltige Bewirtschaftung anhand des Zusammenhangs der zwei speziellen Faktoren Bevölkerungswachstum und Nahrungsmittelproduktion. Strukturell unterscheidet sich der Ansatz nicht von dem der Forstwissenschaft. Auch der Holzeinschlag diente wirtschaftlichen und menschlichen Bedürfnissen und beeinflusste damit die Bevölkerungsentwicklung. Beide Ansätze überschneiden sich somit im Punkt prinzipiell substituierbarer Flächennutzungen81 und stellen somit zwei Seiten ein und derselben Medaille dar. 73

Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 20. Zitiert in: Bode/v. Hohnhorst, Waldwende, S. 81; Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17; Schröder, WiVerw 95, 65 (67); F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (50); Bolz, Nachhaltigkeit, S. 31f.; Grober, Generationengerechtigkeit 1/2003, 11 (12ff.); vgl. Wonhas, Das bayerische Forstgesetz, S. 47. 75 So aber wohl: Sieben, NVwZ 2003, 1173. 76 Weber, Gute Beispiele, S. 28; etwa auch für die Lehensnutzung, v. Ganghofer/ Weber, Von Ganghofers Kommentar zum Forstgesetz, S. 81; Winkler, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR Band I, Sp. 1428. 77 Zu alledem: Weber, Gute Beispiele, S. 28; Grober, Generationengerechtigkeit 1/2003, 11 (13). 78 F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (50); Wonhas, Das bayerische Forstgesetz, S. 47. 79 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 15. 80 Vgl. Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 18f.; Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 20. 81 Waldnutzung war ein unerlässlicher Faktor für Industrie und Wirtschaft, Feldnutzung für Ernährung, vgl. dazu: Weber, Gute Beispiele, S. 28. 74

A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle Die in der Einleitung dargestellten historischen Hintergründe der Nachhaltigkeit stellen zwar immer noch die „Wurzeln“ nachhaltiger Entwicklung dar, die in einer lokalen Agenda 21 umgesetzt werden soll. Es haben sich jedoch im Laufe der Zeit weitere unterschiedliche Nachhaltigkeitsmodelle herausgebildet. Deren Differenzierung ist für die Umsetzung der lokalen Agenda-Prozesse von erheblicher Bedeutung,1 sollen die konträren theoretischen Theorien nicht auf ein einseitiges Bild verengt und der Prozess einseitig vereinnahmt werden. Daher erfolgt im Folgenden ein Überblick über die Entwicklung und die Hauptargumentationen der Nachhaltigkeitstheorien [A.I., A.II.], dem sich die Herausarbeitung der resultierenden Zielkonflikte [A.III.] und der Hauptumsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung [A.IV.] anschließt. Schließlich wird der Frage nachgegangen, ob all die Probleme zur Nachhaltigkeit bereits über das Vorsorgeprinzip in Deutschland berücksichtigt sind [A.V.].

I. Wirtschaftswissenschaftliche Modelle der Nachhaltigkeit Das historische Nachhaltigkeitsmodell wurde als umfassendes Ressourcenbewirtschaftungsmodell weiterentwickelt. Kennzeichnend ist das Bemühen, für nicht erneuerbare Ressourcen sowie Emissionen eine vergleichbare Regelung zu finden2 und zunehmend eine vorausschauende Ressourcenbewirtschaftung und auch die gezielte Ressourcenentwicklung3 einzubeziehen. Der Diskurs führte aber bisher weder in der Begriffsdefinition noch in seiner Operationalisierung zu Konsens.4 Wirtschaftswissenschaftlich stellen die neoklassische Umweltökonomie [A.I.2.] und die ökologische Ökonomie [A.I.3.] die beiden Pole eines solchen Bewirtschaftungsmodells dar. Die 1 Wie hier: Heinelt, in: ders./Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 51 (55). 2 Schröder, WiVerw 95, 65 (70). 3 Vgl. Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 12. 4 Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 65; Köppel, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 93 (94); Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 7.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Auseinandersetzung zwischen diesen beiden ökonomischen Richtungen ist durch zahlreiche Unschärfen und Inkonsequenzen geprägt und hat daher bei Nichtökonomen eher zur Verwirrung als zur Klärung beigetragen.5 Die mangelhafte Berücksichtigung beider Theorien ist Grund einseitiger Vereinnahmung und Polarisierung in Agenda-Prozessen. Sie sind nach wie vor die maßgebliche Argumentationsgrundlage für die Auseinandersetzung über nachhaltige Entwicklung, ohne die die unterschiedlichen Positionen der Akteure in lokale Agenda 21-Prozessen nicht erklärbar sind.6 1. Forstliche Nachhaltigkeit als Grundlage eines Bewirtschaftungsmodells? Grundlegend für die Erweiterung forstlicher Nachhaltigkeit ist zunächst, ob Nachhaltigkeit in seinem etymologischen und historischen Kennzeichnungsgehalt als Grundlage eines Bewirtschaftungsmodells in Frage kommt.7 Eine Anwendung der forstlichen Nachhaltigkeit auf sämtliche erneuerbare Ressourcen wird zum Teil aufgrund einer einseitig holzwirtschaftlichen Ausrichtung abgelehnt.8 Die Ablehnung ist nicht überzeugend. Dem temporären Faktor wird in dieser Auffassung eine sehr lange Zeitspanne zugebilligt.9 Teilweise wird dies mit einer hohen Gewichtung des qualitativen Faktors der Nachhaltigkeit verbunden. Materiell wirkt sich dies als unterschiedliche Intensität der Nachhaltigkeit aus. Der Unterschied beruht jedoch lediglich 5 Vgl. auch Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (31). 6 Vgl. oben bei Fn. 66, 67, 68. 7 So v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 43f.; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (470). 8 Brösse, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 24 (30); ähnlich: D’Oleire-Oltmanns, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 133 (137); Weber, Gute Beispiele, S. 29, was er mit Windbruch und Insektenbefall zu belegen versucht. Der Hinweis geht jedoch fehl, weil diese Schäden aus den zu recht kritisierten Monokulturpflanzungen des letzten Jahrhunderts resultieren (so auch: Weber ebd.). Diese werden aber heute gerade nicht mehr verfolgt; vgl. eingehend unten: C.III.4.b) bei Fn. 955f. Noch restriktiver in strikt ökozentrischer Sichtweise, weil die forstliche Walderhaltung „natürlich ablaufenden ökologischen Programmen entgegengerichtet sein“ kann, Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26 (27), Anmerkung 1. Konsequent verfolgt führt diese Auffassung letztlich zu einer Eliminierung des Nachhaltigkeitsbegriffs. Wenn bereits eine natürlichen ökologischen Programmen entgegengerichtete Handlungsweise nicht nachhaltig ist, kann menschliches Leben schlechthin, mit den damit zwangsläufig verbundenen wirtschaftenden Handlungen, kaum nachhaltig sein, vgl. dazu auch: Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (246). 9 Der Bezugszeitraum kann gegen unendlich gehen, vgl. so wohl Weber, Gute Beispiele, S. 30.

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auf einer strengeren normativen Wertung. Strukturell ergeben sich keine Unterschiede. Immanent liegt auch dieser Sichtweise ein temporärer und qualitativer Faktor zugrunde. Zudem ist die Verengung forstlicher Nachhaltigkeit auf eine rein ökonomische Nutzung schon eine unzutreffende Ausgangsprämisse.10 Die Übertragbarkeit der forstlichen Nachhaltigkeit auf nicht erneuerbare Ressourcen wird vor allem mit dem Argument abgelehnt, Nutzungen nicht nachwachsender Rohstoffe könnten nicht nachhaltig sein. Konsequent fortentwickelt bedeutete dies, dass für eine nachhaltige Ressourcennutzung nicht erneuerbare Ressourcen überhaupt nicht genutzt werden dürften.11 Eine Wirtschaft ohne Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen ist jedoch nicht vorstellbar.12 Die Maximalposition potentiell unendlicher Ressourcennutzung überdehnt die sinnvolle Limitierung durch den temporären Faktor der Nachhaltigkeit. Sie berücksichtigt menschliche Belange zulasten eines Ressourcenerhalts um seiner selbst willen nicht ausreichend.13 10 Vgl. etwa: Wonhas, Das bayerische Forstgesetz, S. 47, „dass ein Wald alljährlich Nutzungen von möglichst gleicher Größe gewähre [. . .], bezieht sich jedoch nur auf die Holzlieferung, nicht auf die Geldeinnahme“; v. Ganghofer/Weber, Von Ganghofers Kommentar zum Forstgesetz, S. 13, „Bewirthschaftung der Staatswaldungen“, „jährlichen Fruchtgenuß aus diesen Waldungen“, bei dessen Beachtung die „höchstmögliche Holzproduktion“ [. . .] „zur Aufgabe gestellt“ ist. Neben der vordergründigen Bewirtschaftung seien schon früh im Ansatz auch ökologische Aufgaben des Waldes einbezogen gewesen, Schröder, WiVerw 95, 65 (67); Christner/ Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 15; a. A. Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 26; Klose/Orf, Forstrecht, § 11 BWaldG Rn. 36 (Klass. Nachhaltigkeit, Schutz, und Erholungsfunktion sowie dauerhafte Komponente). Ohne ökologische Komponente z. B. ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 107. 11 Weber, Gute Beispiele, S. 30; vgl. Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 17; Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 8; Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 174f.; Nutzinger, in: ders. (Hrsg.), Regulierung, Wettbewerb und Marktwirtschaft, S. 77 (98); Binswanger, Symposiumsbeitrag, zitiert nach: Schneider, Arbeitgeber 1994, 102; Britz, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 145 (147); Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 4; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 58 erkennt hierin einen Verstoß gegen Art. 20a GG. 12 Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 142, 174; Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (437f.). 13 Schließlich wird die Ansicht in dem Punkt uneinsichtig, in dem Verfechter einer zinsorientierten, nach eigener Definition unübertragbaren Nachhaltigkeit, ebenfalls eine „übertragene Nachhaltigkeit“ erfinden, so Weber, Gute Beispiele, S. 30. Die Erfindung einer „übertragenen Nachhaltigkeit“, die gemeinsam mit der unübertragbaren Nachhaltigkeit die Problematik generationengerechter Ressourcennutzung bewältigen soll, ist ein semantischer Eiertanz. Sie versucht, den verfehlt maximierten temporären Faktor der Nachhaltigkeit über die Neueinführung des gemeinsamen Ziels generationengerechter Nutzung zu retten. Die Verbindung über die zeitliche

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Schlüssel für die Übertragung des Nachhaltigkeitsprinzips auf nicht erneuerbare Ressourcen ist demnach die gemeinsame langfristige Nutzungsperspektive. Für die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen bedeutet dies bei nur selektiver Beeinflussbarkeit des qualitativen Faktors eine Stärkung der zeitlichen Perspektive. Wenn der regenerative Faktor in der Nutzung ausfällt, kann bei nicht erneuerbaren Ressourcen nur eine möglichst dauerhafte Nutzung angestrebt werden. Im Ergebnis besagt eine Übertragung des Nachhaltigkeitsgedankens auf die nicht erneuerbaren Ressourcen nichts anderes als das Postulat sparsamer Ressourcenverwendung.14 Die forstliche Nachhaltigkeit kann somit strukturell als Basis für ein umfassendes Bewirtschaftungsmodell dienen. 2. Neoklassische Umweltökonomie Die neoklassische Umweltökonomie überträgt die neoklassische Gleichgewichtstheorie auf die Umwelt und den Ressourcenumgang.15 Nachhaltigkeit wird aus neoklassischer Sicht als steigende, mehrere Generationen übergreifende Wohlfahrt, auch als Maximierung der gesellschaftlichen Nettowohlfahrt verstanden.16 Implizit liegt diesem Modell die Annahme der Subsituierbarkeit verschiedener Kapitalarten zugrunde. Diese Annahme erstreckt sich auch auf Naturkapital und dessen stetig ausreichende Verfügbarkeit.17 Die Austauschfunktion der Märkte sowie die Annahme eines eigennützigen Individuums sollen zur optimalen Güterverteilung (Ressourcenallokation) auf dem Markt führen.18 Die Bewertung des gegenwärtigen Wohlstandes als Bezugsgröße des Modells soll anhand des gemessenen Verbrauchs, abzügKomponente der Generationengerechtigkeit ist jedoch nichts anderes als der gemeinsame temporäre Faktor bei beiden Arten der Ressourcennutzung, der oben herausgearbeitet worden ist. Schließlich ist auch die Gleichsetzung von menschlicher Nutzung und Zerstörung nicht zulässig, da auch ohne menschlichen Einfluss ein ständiger Wandel der Ökosysteme vonstatten geht, vgl. wohl Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (246); Leidig, UPR 2000, 371 (372). 14 Kunig, StudJur 2/1997, 12. 15 Vgl. Junkernheinrich/Karl/Klemmer, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 88 (90f.). 16 Klemmer, ZAU 1994, 14. 17 Daly, Beyond Groth, S. 76; Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 92; Steger, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 91 (93). 18 Zustimmend insoweit aus dem sozialen Bereich Heins, ZAU 1994, 19 (22), der „ohne die enorme Effizienz eines aus egoistischen Gründen rationalisierten wirtschaftlichen Handelns“ die nachhaltige Entwicklung nicht für bewältigbar hält. Vgl. weiter Köhn, Bewertungskriterien und Entscheidungsprozesse, S. 137; Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (64); Goddland/Leddec, EcolModel 38 (1987), 19ff.

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lich des Aufwands für Schadensbeseitigung und der Kapitalkosten der verbleibenden Verschmutzungsschäden, ermittelt werden.19 Die Kosten der Umweltbelastung sind in dieser Theorie Indikatoren für Wohlfahrtsverluste.20 Das aus Kosten-Nutzen Analyse optimale Umweltqualitätsniveau (pareto optimum),21 lässt sich allerdings auch als ökonomisch optimales Verschmutzungsniveau kennzeichnen.22 Die Kritik am neoklassischen Modell konzentriert sich im Wesentlichen auf zwei miteinander verknüpfte Einwände. Informationsdefizite und komplexe Ursache-Wirkungszusammenhänge führen in der Wirklichkeit dazu, dass die Ressourcennutzung nicht mit der optimalen Ressourcenallokation übereinstimmt.23 Das Modell geht zu vereinfacht von reinen Kosten-NutzenErwägungen der Individuen aus, die Fehlurteile über die Realwelt provozieren.24 Diese Defizite wirken sich auch auf die Monetarisierung aus.25 Sie 19 Ferner der Vorschlag einer Abzugsrate als Zugeständnis an menschliche Schwäche oder technisches Zugeständnis an Bequemlichkeit: Solow, A almost practical Step toward sustainability, S. 10; etwa in Form von Substitutivkosten für verlorene Ressourcen oder von Kompensationskosten für die Opfer der Umweltschäden, Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (25); vgl. auch: Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 32f.; Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 106; Klemmer, ZAU 1994, 14 (17); Löhr/ Knaus/O’Reagen, ZfU 2004, 79 (92); Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 63 m. w. N. 20 Rennings, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 27 (29). 21 Vgl. auch: Goddland/Leddec, Ecol. Modelling 38 (1987), S. 20f. 22 So richtig: Cansier, Umweltökonomie, S. 28; Rennings, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 27 (30); Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 76; vgl. Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (38). Das Pareto-optimum als wohlfahrtorientiert maximale Ressourcenverteilung kann im neoklassischen Nachhaltigkeitsmodell demnach auch im Bereich einer unökologischen Ressourcennutzung oder einer als unethisch empfundenen Einkommensverteilung liegen, Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (21). 23 Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 98; SRU, BT-DruckS 12/6995, Rn. 127. 24 Zur unvollkommenen Rationalität der Akteure mit der Konsequenz für das Verwaltungsverfahren, Voßkuhle, Die Verwaltung 34 (2001), 347 (364f.). Goddland/ Leddec, Ecol. Modelling, 38 (1987), 19 sprechen von einem ernsthaften Übersehen oder Unterbewerten der ökologischen Belange; vgl. Brand, in: Draschba/Heidorn/ Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotentials in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 156 (160f.); Hampicke, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 138 (143); ders., in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 95 (104f.); vgl. auch: Nutzinger, in: Gethmann/Kloepfer/ ders., Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 42 (56f.); Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (33f.).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

betrifft zunächst die schwierigen Bewertungen26 von Umweltschäden und ihrer Vermeidung.27 Ethische Bedenken gegen die Monetarisierung betonen die nicht ohne weiteres ökonomisierbare Ökologie,28 insbesondere bei den Rechtsgütern Leben und Gesundheit.29 a) Zusammenhang mit der forstlichen Nachhaltigkeit Das neoklassische Nachhaltigkeitsmodell hat auf den ersten Blick kaum etwas mit dem ursprünglichen Bewirtschaftungsprinzip gemein. Der Einschluss mehrerer Generationen in der neoklassischen Definition stellt jedoch die Parallele zur langfristigen Bewirtschaftungsperspektive forstlicher Nachhaltigkeit dar. Die Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt im neoklassischen Ansatz entspricht der materiellen Nutzungskomponente der forstlichen 25 Rennings, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 27 (37); Daly, Beyond Groth, S. 86; skeptisch hinsichtlich des umfänglichen Informationsstandes Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300 v. 27.12.2003, S. 13. 26 Vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 82ff.; Goddland/Leddec, Ecol. Modelling 38 (1987), 19 (23ff.), zur Bewertung unberührbarer Naturgüter S. 26f. 27 Cansier, Umweltökonomie, S. 78f.; auch die Ansätze einer ökologischen Schadensbilanz bei Wicke, Umweltökonomie, S. 113f.; UBA (Hrsg.), Umweltschutz – ein Wirtschaftsfaktor, S. 20ff. (bezogen noch auf alte Bundesländer). 28 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 88; kritisch auch: Wotte, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 161 (163); Multhaup, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 227. Zu den Problemen der Schätzung von Umweltwerten: Goddland/ Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (23–27). 29 Köck, NuR 1997, 528 (532); Köhn, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 137 (141). Die Bedenken lassen sich je nach Lager der Verfasser noch auf weitere Gebiete ausdehnen, z. B. hinsichtlich Natur- und Artenschutz bei BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 174f. Essentielle Güter seien aufgrund unendlich hoher Zahlungsbereitschaft nicht monetarisierbar, Hampicke, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 95 (110). Auf diese Güter könnten dann die Handelsregeln nicht angewendet werden, Solow, An almost practical Step toward sustainability, S. 21. Absehen von dieser normativen Frage spricht die Unersetzlichkeit nicht gegen die Monetarisierung als solche. Vielmehr erlaubt gerade auch ein unendlich hoher Rechenansatz einer vermeintlichen oder tatsächlichen Unersetzlichkeit Rechnung zu tragen. So wohl auch BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 26, mit der Ausprägung, die „intakte Natur“ für kommende Generationen unabhängig von produzierten Wohlstandsleistungen für nicht verhandelbar hält. Diese der Studie zugrunde gelegte Annahme, vgl. ebd. S. 26, ist allerdings zweifelhaft und auch nicht von den Verfassern selbst durchgehalten, wenn trotz der Unverhandelbarkeit ein Grenzwert für Zukunftsfähigkeit von der Bereitschaft der Gesellschaft abhängig gemacht wird, ein bestimmtes (Umwelt-)risiko zu tragen, vgl. ebd. S. 55.

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Nachhaltigkeit. Der Wohlfahrtsbezug gleicht der Sparsamkeitsaufforderung. So kann eine größere Ressourcennutzung zu einem frühen Zeitpunkt mehr an Nutzen für den Verbraucher schaffen, als die zeitlich verteilte Nutzung kleinerer Mengen. Zukünftigen Generationen soll für Einschränkungen in der Ressourcenausstattung durch das Handeln der gegenwärtigen Generation eine Kompensation zukommen.30 Die zeitlich verteilte Nutzung entspricht dem Gedanken, dass aus nicht erneuerbaren Ressourcen geschaffener Nutzen bzw. Wohlstand folgenden Generationen zur Verfügung steht, also nicht verloren ist.31 Gemeinsam ist forstlichem und neoklassischem Modell die bewirtschaftungsbezogene Basis. b) Würdigung und Einordnung des Modells für die Agenda 21 Die Kritik am neoklassischen Modell erfolgt häufig schematisch und im Wesentlichen durch das Aufgreifen von Vordenkerargumenten aus der Zeit der 1970er und 1980er Jahre. Das neoklassische Modell hat mit den Annahmen einer konstanten Bevölkerung, fehlenden technischen Fortschritts und verschleißfreiem Sachkapital praxisferne Rahmenbedingungen.32 Umweltbelastungen und Umweltschäden treten vor allem aufgrund struktureller Probleme als Folge partiellen Marktversagens auf.33 Die kostenlose Nutzung von Naturgütern stellt durch die den Verursachern nicht auferlegten sog. externen Kosten der Nutzung einen ursächlichen Faktor der Umweltzerstörung dar.34 Das Phänomen ist nicht auf die Ressourcennutzung beschränkt. Der 30

Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 3. Vgl. dazu die Solow-Investitionsregel unten: A.I.4.b) und Fußnote 99, 115f. Der sich dagegen erhebende Einwand richtet sich gegen die Praxis, mit Krediten Konsumaufgaben zu finanzieren, die als Investitionen „getarnt“ würden, um eine formale Erfüllung gesetzlicher Vorgaben zu erreichen, Willgerodt, Die unverstandene Wirtschaftskrise, FAZ Nr. 171, vom 26.07.2003, S. 11; Hebeler, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 265 (274). 32 Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 93. 33 Insbesondere durch die Externalisierung von Umweltkosten, zur Problematik der Nutzung öff. Güter und dem Gefangenendilemma eingehend: Stengel, Ökologische Psychologie, S. 165ff.; vgl. auch: Radkau, Natur und Macht, S. 90ff.; Cansier, Umweltökonomie, S. 22f., 24, 35; Huber, Unternehmen Umwelt, S. 57ff.; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 62, 157; Rennings/Brockmann/Bergmann, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 257 (258); Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (65) m. w. N. Zum Trittbrettfahrerproblem: Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (44f.); ähnlich: Velsinger/Lienenkamp, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 129. 34 Töpfer, in: Levi/Danzer, Umweltverträgliches Wirtschaften, S. 126; Wotte, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, 31

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neoklassische Ansatz bildet einen Hang zur Diskriminierung öffentlicher allgemein zugänglicher Ressourcen aus,35 der nicht ausreichend die Zukunftsorientierung der Nachhaltigkeit berücksichtigt.36 In der Nachhaltigkeitsdebatte wird die neoklassische Umweltökonomie vielfach als abschreckendes Beispiel behandelt und ihr allenfalls beschränkter Nutzen zugebilligt.37 Die gerade hinsichtlich der Austauschfunktion der Märkte begründete Kritik darf jedoch nicht über die Bedeutung des neoklassischen Modells hinwegtäuschen. Die verengte Sichtweise der neoklassischen Umweltökonomie hat in der Rechtstatsächlichkeit keine große Bedeutung erlangt.38 Ein ökologisch progressiverer Ansatz der neoklassischen Theorie fordert zur Korrektur Marktpreise, die die „ökologische Wahrheit“ widerspiegeln, d.h. auch die vollen Umweltkosten enthalten.39 Die entwickelten Instrumente,40 die in der Internalisierung externer Kosten bei der Förderung nachhaltiger Entwicklung von Nutzen sein können, zielen insS. 161 (163). Vgl. eingehend auch: Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 5ff.; 51ff., 93ff.; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 62; Simonis, ZUR 11 (1998), 63 (64). 35 Müller-Rigaud, Politische Ökologie 66 (2000), 31 (33). Insbesondere bei langfristigen Schäden, die zum Zeitpunkt ihrer Erstehung nicht ersichtlich sind, können sich so jahrhundertelang unbemerkte Fehlallokationen ausbilden, Töpfer, in: Levi/ Danzer, Umweltverträgliches Wirtschaften, S. 126. 36 Köhn, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt MecklenburgVorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 137. Dies lässt sich auch als intertemporales Allokationsproblem einordnen, vgl. Nutzinger, in: Gethmann/Kloepfer/ders., Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 77 (98). Andere Kritiker sehen Präferenzen künftiger Generationen, insoweit den temporären Faktor der Nachhaltigkeit, als gar nicht ermittelbar an, Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 98; Löhr/Knaus/O’Reagen, ZfU 2004, 79 (82); Multhaup, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 227 (229f.). 37 Zur Kritik eingehend: Bartmann, Umweltökonomie, S. 30ff.; 205ff.; Cansier, Umweltökonomie, S. 57f. 38 Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (34). 39 Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (251); kritisch: Engel, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, Zukunftsfähig?, S. 131 (140f.), der für die freie Marktpreisbildung eintritt. Diese Preise seien bereits Ausdruck der Wertschätzung, ein „wahrer Preis“ sei ebenso subjektiv. Motiv des progressiveren Ansatzes sind häufig Befürchtungen über den Verlust unbekannter Nutzfunktionen durch Artenverluste, Zimmermann, in: ders. u. a., Ökologische Modernisierung der Produktion, S. 19 (40f.). Das Argument lässt sich allerdings auch im Zusammenhang mit der Bewertungsproblematik gegen den neoklassischen Ansatz wenden. 40 Ordnungsrechtliche Instrumente, indirekt wirkende und neue ökonomische Instrumente, vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 74f. Als Grundansätze Pigou-Steuer und Standard-Preis-Ansatz, Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 157.

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besondere auf die Selbstregulierung des Marktes.41 Die Berücksichtigung gesellschaftlicher Gesichtpunkte lässt bereits die Erweiterung der Nachhaltigkeit zum Entwicklungsmodell erkennen.42 Die naturwissenschaftlichen Fortschritte in Kernphysik, Biochemie und Gentechnik verschieben die Grenzen zwischen regenerierbaren und nicht regenerierbaren Ressourcen. Zumindest partiell bringt dies die Grundkritik unwiederbringlicher Verluste ins Wanken. Die ethischen Einwände gegen die Monetarisierung richten sich häufig nur vordergründig gegen diese und eigentlich gegen ein damit verbundenes Werturteil.43 Bei der Monetarisierung handelt es sich aber primär um einen rein instrumentalen Rechenansatz, ohne normative Aussage über Wert oder Unwert eines Gutes, auch wenn in der Alltagspraxis eine Bewertung durch die Nachfrage nahe liegt. Auf lokaler Ebene ist die Monetarisierung des neoklassischen Ansatzes bei der Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen als Macht des Faktischen in Form von Haushaltsansätzen und Ressortfragen von entscheidender Bedeutung.44 In der Praxis dominiert das Verständnis der Umwelt als Ressource der Wirtschaft.45 Die Instrumente zur Internalisierung externer Kosten sind auch aus Sicht der Kritiker für die Förderung nachhaltiger Entwicklung relevant.46 41 Internalisierung von Kosten bedeutet, dass alle Kosten, die mit Produktion oder Konsum verbunden sind, vom Verursacher des Schadens getragen werden müssen, vgl. Binswanger, Wachstum und Umweltschutz, S. 369. Barbier, Economics, Natural-Resource Scarcity and Development, S. 84ff.; ähnlich: Renner, in: ders./Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 93 (100); Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (31f.). Ablehnend für den Umweltschutz: Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 64ff., 104. 42 Die Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsmodell tritt vor allem in mikroökonomischen Abhandlungen auf, wohingegen makroökonomisch Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell dominiert. Zum Problem, dass volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit nicht identische Ziele haben, auch: Menzel, ZRP 2001, 221 (223). 43 Wohl auch: Multhaup, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 227. 44 Vgl. etwa für das Gewicht ökonomischer Argumente für den Umweltschutz: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band II, I-14ff., I-49. Die Arbeit in vertrauten (monetären) Größen kommt den Gemeinden entgegen. Als vorteilhaft gilt der kontinuierliche Verbesserungsdruck, der mit der vergleichbaren Bewertungsebene durch die Anwendung ökonomischer Instrumente bei der Umsetzung und Prozessevaluation möglich wird, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 350; Biehler, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung, S. 117 (121). 45 Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (84). 46 Vgl. oben: Fn. 40. Ablehnend: Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 55: „[. . .] per se ungeeignet, Defizite der Marktwirtschaft zu kompensieren, die im Marktmechanismus selbst angelegt sind“.

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3. Das Nachhaltigkeitsmodell der Ökologischen Ökonomie Die Ökologische Ökonomie47 versucht, über die rein ökonomische Betrachtungsweise der neoklassischen Umweltökonomie hinauszugehen48 und insgesamt einen langfristigen Naturerhalt anzustreben.49 Ansatzpunkt für ein nachhaltiges Bewirtschaftungsmodell ist ein Prinzipienbündel, das überwiegend als Managementregeln bekannt, daneben aber noch in einer Vielzahl weiterer Spielarten zu finden ist.50 Das Management-Modell beschreibt nachhaltiges Wirtschaften als eine Erhaltung natürlichen Kapitals. a) Das Management-Modell Die „Managementregeln“ sind von Daly bzw. Barbier aufgestellt worden.51 Sie ergeben sich wirtschaftstheoretisch aus der Materialbilanz, einer Darstellung, die den Grundzusammenhang im Kreislauf von Wirtschaftstätigkeit und Umwelt erfasst.52 Ihnen liegt die Annahme zugrunde, dass die Ökonomie ein offenes Teilsystem der Ökologie ist, die ihrerseits endlich 47 Zu theoretischen Grundlagen: Bartmann, Umweltökonomie, S. 231ff.; kritisch: Junkernheinrich/Karl/Klemmer, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 88 (93), die betonen, es sei noch zwischen einen naturwissenschaftlichen Entropieansatz und dem normativen Sustainable Developmentansatz zu unterscheiden, so dass der Begriff Ökologische Ökonomie eine Geschlossenheit impliziere, die faktisch nicht gegeben sei. Insbesondere zu den Kritikpunkten der Ökologischen Ökonomie: Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 124ff. 48 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 92; Hampicke, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 95 (105); Daly, EcolEconomics 2 (1990), 1 (3f.). 49 Nutzinger, in: Gethmann/Kloepfer/ders., Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 42 (59). 50 Dies zeigt etwa die Darstellung der Prinzipien der Ökologischen Ökonomie bei: Bartmann, Umweltökonomie, S. 7f. und Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 93, die zwar die Managementregel so nicht erwähnen, der Sache nach aber nichts anderes zeigen. 51 Daly, Ecological Economics 2 (1990), 1 (2); Barbier, Economics, Natural-Resource Scarcity and Development, S. 188f.; vgl. Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (6); Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 70f.; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 23. Die amerikanischen Vertreter einer ökologischen Ökonomie, insbesondere die Vertreter einer „stable state“ bzw. „stationary state economy“ haben prägenden Einfluss, vgl. Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 52f.; Priewe, ZfU 2002, 153 (154). 52 Vgl. etwa: Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 138f., in grafischer Darstellung S. 140; sowie: Barbier, Economics, Natural-Resource Scarcity and Development, S. 101–104; deshalb auch als ökologische Nachhaltigkeit klassifiziert, etwa von Binswanger, ZfU 1/1995, 1 (2).

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und begrenzt ist. Die Managementregeln haben weitgehende Akzeptanz gefunden und konkretisieren Nachhaltigkeit sowohl international53 als auch vom Blickpunkt nationaler Umweltpolitik.54 Es handelt sich dabei jedoch nicht um Regeln, sondern eher um Prinzipien.55 Die Managementregeln differenzieren die Bereiche: • Erneuerbare Naturgüter, • nicht erneuerbare Naturgüter, • Emissionen. Jede Ressource erhält eine Managementregel, die ihre nachhaltige Nutzung beschreibt. Sie umfassen eine Abbau-, Substitutions- und Assimilationsregel. Diese lauten: 1. Die Nutzung erneuerbarer Naturgüter darf auf Dauer nicht größer sein als ihre Neubildungsrate (Regenerationsrate). Andernfalls stehen diese Ressourcen zukünftigen Generationen nicht (ausreichend) zur Verfügung (Abbauregel56). 2. Nicht erneuerbare Naturgüter dürfen nicht schneller verbraucht werden, als sie durch dauerhafte, erneuerbare Ressourcen ersetzt werden können. Andernfalls gingen nicht nur die Ressourcen selbst, sondern auch deren Funktionen zukünftigen Generationen verloren. Die Nutzung nicht erneuerbarer Naturgüter darf auf Dauer nicht größer sein als die Substitution ihrer Funktion (Substitutionsregel57). 3. Die Freisetzung von Stoffen und Energie darf auf Dauer nicht größer sein als die Anpassungsfähigkeit der natürlichen Umwelt, also die Fähigkeit von Luft, Wasser und Boden, diese Schadstoffe zu binden und abzubauen. Andernfalls würden Naturgüter und/oder die menschliche Gesundheit geschädigt (Assimilationsregel58). 53 Z. B. die Charta von Aalborg. Die „Charta der Europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit – Charta von Aalborg“ ist von den Teilnehmern der Konferenz zukunftsbeständiger Städte und Gemeinden am 27. Mai 1994 in Aalborg verabschiedet worden. Siehe dort etwa Teil I.2.; vgl. Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 52; auch oben: Einleitung I., nach Fn. 29. 54 Rehbinder, NVwZ 2002, 657; Bundesumweltministerium, Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, S. 9; vgl. Hilligardt, RuR 1998, 9 (10). 55 Auch: Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 174; zu der Einordnung vgl. unten: A.III. 56 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 223. 57 Bundesumweltministerium, Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, S. 9; Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 138f. in grafischer Darstellung S. 223.

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Das Managementmodell ist damit eine Konkretisierung der ökologischen Nachhaltigkeit, womit zugleich eine Anlehnung an die forstliche Nachhaltigkeit offenbar ist.59 b) Varianten des Managementmodells Das Managementmodell wurde um einige Aspekte erweitert oder unter anderen Begriffen gegliedert.60 Diese Variationen sind jedoch nicht so einschneidend, dass sie als selbstständige Modelle die allgemeine Anerkennung der Management-Regeln in Frage stellen können.61 Die wichtigsten Variationen sollen hier kurz dargestellt werden. Das Input-Output-Modell basiert auf der Durchlaufwirtschaft, die als „Input-Output-Röhre“ zunächst Quellen aufsaugt, diese verarbeitet und schließlich Reststoffe ausscheidet.62 Auf diese Weise stellt es die Stoffströme bildlich dar.63 Das Input-Output-Modell fasst erneuerbare und nicht erneuerbare Ressourcen unter dem Oberbegriff „Input“ zusammen. Emissionen fallen unter den Begriff „Output“.64 Die Handlungsanweisungen für Input- und Outputseite gleichen denen der Managementregeln.65 Das Input-Output-Modell betont anstelle der Umweltmedien mehr die Betrachtung ihres Weges.66 Eine weitere Handlungsregel fordert, Gefahren abzuwehren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwir58 Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 70f.; Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 223; Pfister/Renn, Ein Indikatorensystem zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung, S. 10ff. 59 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 13; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 43f. 60 Vgl. Hilligardt, RuR 1998, 9 (10); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 15: „Ernteregel, Extraktionsregel und Emissionsregel“; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/11200, S. 25, 29. 61 Rehbinder, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 95 (99); für die Anwendung auch in den Prozessen, Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 15; ablehnend: Brösse, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte umweltgerechte Entwicklung, S. 24 (29f., 40) „helfen praktisch nicht, den Pfad einer dauerhaften, umweltgerechten Raumentwicklung zu definieren“. 62 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 221; vgl. Wotte, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 161 (164), Abb. 1. 63 Klemmer, in: Junkernheinrich/ders./Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 158 (159), der von „Stoffstrommanagementregeln“ spricht, ohne die Input-Output-Gliederung vorzunehmen. 64 Vgl. Werheit/Katterle, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 119 (121). 65 Vgl. Spars, ZAU 1999, 225 (229). 66 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 17.

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kungen in die Umwelt zu vermeiden.67 Sie findet sich auch zukunftsbezogen mit der Zielsetzung, Probleme, insbesondere Abfälle nicht in die weitere Umgebung oder die Zukunft zu verlagern.68 Diese Erweiterungen sind lediglich deklaratorisch.69 Die Vermeidung von Gesundheitsrisiken ist bereits von der dritten Managementregel erfasst.70 Der Zukunftsbezug ist Teil der normativen Wertung, so dass bereits eine inhaltliche Bestimmung erfolgt ist.71 Systematisch gehört diese Frage zum materiellen Inhalt des Bewirtschaftungsniveaus. Als zusätzliche Erhaltungsregel wird die Erhaltung von Artenvielfalt und anderem Ästhetischen genannt, da Menschen gesunde Natur für Lebensfreude und emotionale Stabilität bräuchten.72 Diese Erweiterung betont vorwiegend den Grund, warum nachhaltig gewirtschaftet werden sollte. Der normative Schutzgrund ist als ethische Wertung Vorfrage für Anwendung und Intensität der Nachhaltigkeit, wie auch der spezifizierten ökologischen Nachhaltigkeit im Managementmodell.73 Für beide Ergänzungen besteht kein zwingender Bedarf. Huber möchte das Management-Modell um die Punkte „tragbare Bevölkerungsdichte“74 und „naturverträgliche Innovationen“ ergänzt wissen. Die innovative effektive Ressourcennutzung betrifft gerade die Nutzung, die die Managementregeln für die drei differenzierten Gebiete generell umschreiben. Die Berücksichtigung einer Bevölkerungsmanagementregel hat bei 67

Vgl. SRU, BT-DruckS 12/6995, Rn. 12; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/11200, S. 25; ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Raumplanung, S. 7; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 12; BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 18; BMU (Hrsg.), Erneuerbare Energien, S. 6. 68 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 18. 69 In der Literatur ähnlich: Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 35. 70 Vgl. oben: A.I.3.a). 71 Dies zeigt: Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 35, mit seiner Bezugnahme auf ein versicherbares kalkulierbares Maß. 72 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 223. 73 Die immaterielle Bedeutung der Natur, die in der Erhaltungsregel betont wird, ist jedoch ein Kernpunkt der Kritik, der zur Weiterentwicklung der ökologischen Umweltökonomie von der neoklassischen Umweltökonomie geführt hat, vgl. Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (19, 26f.). 74 Ebenso: Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 98; in diesem Sinne auch Pflüger, ZfU 1/1999, 135 (140f.). Zu diesem Punkt eingehend mit entstehenden Rückkoppelungen Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 140–148 und S. 45–55; unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer, Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 98–111. Zum Problem der globalen Bevölkerungsentwicklung und Urbanisierung: WBGU, Welt im Wandel. Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen. Jahresgutachten 1993, S. 118ff.

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den zurückgehenden Bevölkerungsprognosen in Deutschland keine akute Bedeutung,75 erscheint aber in der Systematik der Managementregeln erwägenswert.76 c) Kritik und Würdigung der ökologischen Ökonomie Die Managementregeln werden sowohl unter dem Aspekt des offenen Bewirtschaftungsniveaus77 als auch wegen der Erhaltung des „status quo“ kritisiert.78 Aus dem die Übernutzung limitierenden Ansatz resultiert jedoch kein Verbot einer Mindernutzung. Sie führt zu einer ressourcenspezifischen Konsolidierung der Ausgangslage.79 Die Annahme ein status quo würde zemen75 Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt MecklenburgVorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 63 (64). Eine gewisse Relevanz besteht für de Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. 76 Positiv auch: Haber, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 75 (84f.); Daly, Beyond Groth, S. 14. Systematisch stellt die Bevölkerung als Ressourcennachfragesektor einen Bereich dar, der denkgesetzlich in den Managementregeln berücksichtigt sein muss. Einer besonderen Hervorhebung bedürfte es daher nur, wenn besondere Gründe dies erfordern. Die Managementregeln gehen von der Steuerungsmöglichkeit der Nachfrage sowohl hinsichtlich der grundsätzlichen Frage ihrer Anwendung als auch von der temporären und qualitativ-quantitativen Bestimmbarkeit aus. Sie implizieren somit eine Nachfrageelastizität. Das Bevölkerungswachstum stellt einen kurzfristig nicht beeinflussbaren Faktor dar, Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 38. Bei starkem Bevölkerungsdruck ist zumindest die Grundversorgung ein indisponibler Faktor, vgl. auch: Tolentino, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 137 (143); Daly, Beyond Groth, S. 125. Er kann eine Erfüllung der Managementregeln und damit nachhaltiges Wirtschaften unmöglich machen kann. Aus ethischen Gründen müsste in diesem Fall eine „Ermessensreduktion auf Null“ erfolgen. Mit Recht bezeichnet es Preisendörfer daher als „recht harten Standpunkt“, das Handeln als wenig umweltgerecht zu beurteilen, wenn der Akteur kaum eine Möglichkeit hat, sich anders zu verhalten, ders., Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 60. Dies bedeutete eine Absenkung der Nachhaltigkeitsintensität. Die Bevölkerungsfrage ist somit geeignet, als faktischer „ethischer“ Zwang eine Nachfrageelastizität zu verhindern. Im Ergebnis kann dies zu der völligen Aushöhlung der Nachhaltigkeit führen, im Endeffekt Raubbau. Das Bevölkerungsmanagement ist somit als viertes Managementziel erwägenswert. Dagegen: Frenz, UPR 2003, 361 (365), „mit den drei Dimensionen des Nachhaltigkeitsbegriffs eigentlich nichts zu tun“. 77 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 65. 78 Dieser müsse nicht dem maximierten Nutzen aus der Ressourcennutzung entsprechen und sei normativ willkürlich gewählt, Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 176. Gegen ein ökologisches Urmeter als Idealzustand: Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 72; Haber, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.) Zukunft für die Erde, S. 7 (9ff.); vgl. d’Oleire-Oltmanns, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 133 (135f.).

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tiert, richtet die ethisch-normative Grundentscheidung immanent an der tatsächlich bestehenden Ressourcenübernutzung aus. Die Managementregeln bedürfen Erhaltungsziele, die nur politisch gesetzt werden können.80 Sie stehen daher im Einklang mit den dargestellten Strukturen der Nachhaltigkeit, die eine ethisch-normative Grundentscheidung erfordern.81 Einen rechtlich verbindlichen Maßstab stellen sie nicht dar.82 Die Eingrenzung folgte somit aber nicht aus den Managementregeln, sondern aus einem wertenden Intensitätsurteil. Diese ist eine unumgängliche Entscheidung über ein öffentliches Gut, aber mit der Entscheidung für die Anwendung der Managementregeln noch keineswegs getroffen.83 Auch wenn die Grenzziehung zwischen erneuerbaren und nicht erneuerbaren Ressourcen vereinzelt Schwierigkeiten bereitet, etwa wenn die Regenerationsrate einen menschlich schwer überschaubaren Zeitraum betrifft, kann dies die Grundsystematik nicht in Frage stellen.84 Die ökologische Ökonomie versucht, das Zusammenwirken der beteiligten Systeme zu erfassen und etwa die Begrenzungen der Monetarisierung, Diskontierung85 sowie subtilere Größen und Risiken nicht auszublenden.86 Die 79 Vgl. auch die tatsächliche Waldentwicklung mit einem Zuwachs an Holzmasse und die forstliche oszillierende Nachhaltigkeit, unten: D.III.4.b) bei Fn. 913. 80 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 23. 81 Leidig, UPR 2000, 371 (374f.), „kategorischer Verteilungsimperativ“, der Nutzung als „kategorischer Nutzungsimperativ“, sowie zuletzt ein „Substitutions- und Innovationsimperativ“ in Anlehnung an Kant. Ein materiell absolutes Inhaltsniveau ist damit nicht verbunden. Dies wäre mit der Kantschen Position jedoch gerade nicht kompatibel, Dierksmeiner, Generationengerechtigkeit 1/2003, S. 23. 82 Vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (468), der die politische Zielvorgabe ebenso im Vordergrund sieht. 83 Solches wird aber bisweilen unterstellt und wirkt dann negativ in der Debatte, vgl. etwa Maier-Rigaud, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 157 (172). 84 So versucht Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 180, mit dem Beispiel der Bodenfruchtbarkeit zu belegen, dass die Managementregeln nicht unmittelbar in allen Bereichen anwendbar sind. Das Beispiel ist nicht geeignet, die Anwendbarkeit der Managementregeln zu unterminieren, im Ergebnis auch Lorz/Müller/ Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 14. Gerade die Nutzung von Böden, die Nährstoffgehalt und Bodenneubildungsrate beachtet, fällt in den Anwendungsbereich der ersten Managementregel, a. A. Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Schutz des Menschen und der Umwelt“, zitiert nach: Holzwarth/Radtke/Hilger/ Bachmann, BBodSchG, § 1 Rn. 6. Das Fazit Unnerstalls, ebd. S. 181, die Managementregeln seien nur notwendige Bedingung für den Erhalt des Naturkapitals, nicht aber hinreichend, ist nur für von Unnerstall gewählten zu engen und daher unzutreffenden Grundprämissen richtig. 85 Gegenwärtige Bedürfnisse werden allgemein höher eingeschätzt als zukünftige. Wirtschaftstheoretisch liegt dem ein abnehmender Grenznutzen des Einkommens zugrunde. Bei höherem Lebensstandard in der Zukunft hat das höhere Einkommen

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optimistische Sichtweise einer maximal unendlichen Ressourcennutzung neoklassischer Ökonomie hat mit diesen Veränderungen keinen Bestand.87 Die Verwendung physischer Indikatoren anstatt der Monetarisierung als Indikator zeigt aber die ähnliche Basis.88 Die Annäherung ökologischer und neoklassischer Ökonomie, die mit der Berücksichtigung komplexerer Strukturen realitätsgetreuer ausgestaltet sind,89 macht sich vor allem in den gemäßigten Positionen bemerkbar. Zwischen pragmatischeren (ökologischen) Umweltökonomen und progressiveren neoklassischen Umweltökonomen90 kann nicht immer eine präzise Grenze gezogen werden.91 Für eine Weiterentwickin der Zukunft einen geringeren Nutzen als das Einkommen in der Gegenwart. Ein geringerer Ertrag in der Gegenwart entspricht damit einem unsicheren Ertrag in der Zukunft, da das Sterberisiko steigernd einzubeziehen ist. Vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 81; Cansier, Umweltökonomie, S. 118ff.; kritisch dazu: Steger, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 91 (94f.); zu den einzelnen Faktoren: Köhn, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 137 (149). 86 Hampicke, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 95 (139); vgl. Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 19; zur Kritik auch: Siebenhüner, ZAU 9 (1996), 210 (211ff.). 87 Steger, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 91 (93). 88 Vgl. Bäuerle, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 225 (243); Nutzinger, in: ders. (Hrsg.), Regulierung, Wettbewerb und Marktwirtschaft, S. 77 (101f.); Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 59. Zum Teil wird auch nur Ergänzung monetärer Indikatoren um physische Indikatoren gefordert, Multhaup, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 227 (228). 89 Für die wirtschaftswissenschaftliche Theorienbildung ist die Bedeutung nachhaltiger Entwicklung auch gering. Ihr Verdienst besteht in der Popularisierung und Umsetzung ökonomisch erklärter Naturerhaltung. Steger, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 91 (95); ähnlich: Maier-Rigaud, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 157 (172), der die Unterscheidungen zwischen „Freiburger Imperativ, Keynesscher Botschaft und der Vision von Rio“ als „äußerst trivial“ einschätzt; Nutzinger, in: ders. (Hrsg.), Regulierung, Wettbewerb und Marktwirtschaft, S. 77 (102). 90 So lassen sich wiederum distributiv und ökologisch ausgerichtete ökologische Ökonomen unterscheiden, wobei erstere zugunsten von Umverteilung zwischen den Generationen die natürlichen Schranken der Natur weiter interpretieren, wohingegen die ökologische Gruppe strenge ökologische Grenzen postuliert, vgl. Rennings, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 27 (49). Ausgangsüberlegung ist die Annahme, dass es in einer Gesellschaft Güter gibt, die positive Effekte auf die Gesellschaft haben, für deren zur Verfügungsstellung gemeinhin nicht eine so große Zahlungsbereitschaft besteht, wie zur optimalen Versorgung mit diesen Gütern angezeigt wäre, zu diesem Zahlungsbereitschaftsansatz: Cansier, Umweltökonomie, S. 112f.; kritisch Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 167f. Die Relevanz dieser Frage ergibt sich in Detailfragen der sog. meritorischen Güter, die z. B. Schutz- und Vorsorgemaßnahmen im weiteren Sinne sowie Bildungsinvestitionen einschließen, vgl. Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (67).

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lung zu nachhaltiger Entwicklung zielen neoklassische wie ökologische Ökonomen auf eine Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,92 die umweltfreundliches Verhalten der Verbraucher vorteilhafter machen.93 Die heftige Kritik am neoklassischen Ansatz und dessen Zurückdrängen zugunsten der Ökologischen Ökonomie ist demnach vorsichtig zu betrachten. Die ökologischen Ökonomen zehren zu einem nicht geringen Bestandteil aus „neoklassischen“ Wurzeln.94 Das Resümee, ein Gegensatz zwischen neoklassischer und ökologischer Ökonomie existiere nicht mehr,95 ist jedoch verfehlt. An den „Flanken“ der beiden Pole von „Ökologischen Ökonomen“ und liberalen neoklassischen Ökonomen ist nach wie vor der gegenseitige Vorwurf gegenwärtig, fälschlich der Ökologie oder der Ökonomie eine Priorität einzuräumen, so dass hier die Diskussion ideologisch bedingt festgefahren ist.96 91 Vgl. Hampicke, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 95 (141); klarer: Steger, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 91 (95). Ein Unterscheidungsindiz kann jedoch in der Annahme absoluter Schranken als ökologische Mindeststandards und der eigenständigen Dimension von Verteilungs- und Ökologieaspekten gegenüber der Allokation externer Kosten gesehen werden, Rennings, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 27 (49). 92 Gemeinsame Strukturen beider Nachhaltigkeitsschulen sieht auch: Radkte, Nachhaltige Entwicklung, S. 283. Zur Verdeutlichung dieses Ansatzes vergleicht Hegmann, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 175 (188) den Ansatz mit einer Gruppe Süchtiger, die die langfristige Schädlichkeit ihres Tuns kennen und deshalb einen Mediziner aufsuchen, der ihnen Rezepte zum Umgang mit der Umwelt und das eigene Handlungsmanagement vorgibt, die zudem noch bedürfnisgerecht und wirksam verhaltensändernde Anweisungen sind. Diese Experten müssten noch kompetenter als die der neoklassischen Umweltökonomie sein. 93 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 92; Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (66). 94 Dazu auch die Ausführungen bei Fn. 25, 26. Neoklassik „unverändert als Gravitationszentrum abstrakt-ökonomischer Theorienbildung“, Siebenhüner, ZAU 9 (1996), 210f.; vgl. auch: Nutzinger, in: ders. (Hrsg.), Regulierung, Wettbewerb und Marktwirtschaft, S. 77 (101f.). Dies gilt etwa auch für die Ungewissheit über die „Wahrheit“, Nutzinger, in: Gethmann/Kloepfer/ders., Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 42 (48), die auch als Grund zur Ablehnung des Modells verwendet wird. Der auf den status quo gerichteten Naturerhaltung steht aber ein ebenso normativ willkürlich gewähltes Niveau gegenüber, Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 176, 180; auch: Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 52; Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 81f. Konsens ist, dass es keine objektiven Werte, sondern nur typisierte subjektive Werte gibt, Löhr/Knaus/O’Reagen, ZfU 2004, 79 (80), 95 Steger, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 91 (95); gemeinsame Struktur beider Nachhaltigkeitsschulen sieht auch Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 283. 96 Dazu unten: A.I.4. Renner, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 93 (95).

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4. Die Bewirtschaftungsintensität der Nachhaltigkeit Die Bewirtschaftungsmodelle erhalten ihre Aussagekraft erst durch die Beantwortung der Frage nach der zugrundezulegenden Bewirtschaftungsintensität.97 Die Normativität bleibt auch in den Managementregeln durch die unbestimmten Begriffe vorhanden.98 Dabei ist vor allem umstritten, inwieweit eine Substitution bei der Ressourcennutzung überhaupt zugelassen wird und, falls dies geschieht, inwieweit eine Berücksichtigung substitutiver Elemente (noch) nachhaltig genannt werden kann.99 Weitgehend durchgesetzt hat sich der Ansatz, die Vorschläge aufgrund einer Prognose temporär danach zu ordnen, wie lange sie eine Bewirtschaftung ermöglichen. Für diese Einteilung hat sich die Bezeichnung einer starken Nachhaltigkeit (strong sustainability) und schwacher Nachhaltigkeit (weak sustainability) etabliert.100 Vorschläge, deren Resultat zu einer länge97 Der Streit geht dabei weniger um das „Ob“ der Nachhaltigkeit als vielmehr um das „Wie“, Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 15. 98 Menzel, ZRP 2001, 221 (225). 99 So wird es als Fehlschluss angegriffen, von der Substitutionsmöglichkeit einzelner auf die aller Ressourcen zu schließen. Die Substituierbarkeit natürlicher Ressourcen basiere auf der unzulässigen Übertragung von Erfahrungen der Vergangenheit auf die Zukunft, Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 142, 169, 179; ebenso: de Haan/Kuckartz, Umweltbewusstsein, S. 279f. Zugunsten der strengen Nachhaltigkeit spricht der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Nach diesem müssen Erhöhungen der Ressourceneffizienz bei Energieressourcen Grenzen durch thermodynamische Minima finden, die die Substitutionsmöglichkeiten letztlich begrenzen, Daly, Beyond Groth, S. 65, 76; Priewe, ZfU 2002, 153 (154); vgl. auch: Rehbinder, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 58. Dieses Aufzeigen einer physikalischen Grenze führt nicht weiter. Vertreter schwacher wie starker Nachhaltigkeit können es in gleicher Weise in Anspruch nehmen. Im Grunde ist die absolute Endlichkeit der Ressourcen unstrittig. Diese darf jedoch nicht so interpretiert werden, dass nachhaltige Entwicklung lediglich auf einer ressourcenökonomischen Sichtweise basiert, vgl. so Schmitz-Rode, Effizienz der Instrumente des Völkerrechts, S. 10. Auch die dauerhafte Sicherung der Ressourcen wäre keine keine Garantie für ein dauerhaftes Überleben. So könnte die mit Aktivitäten verbundene Entropieerhöhung, und der damit zwangsläufig verbundene „Wärmetod“ des Universums als ebenso zwangsläufig programmiertes absolutes Ende gegen die strikte Nachhaltigkeit angeführt werden, vgl. auch: Rest, in: LdR/VR S. 428; BMU (Hrsg.), Erneuerbare Energien, S. 7; Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, S. 188. 100 Einige Vertreter starker Nachhaltigkeit lehnen schon die Differenzierung ab. Streng auf ihre eigene Wertanschauung fixiert, lehnen sie den „verengten“ Blick auf ökonomische Prozesse, der Ziele und Maßnahmen mische, ab. Schwache Nachhaltigkeit deformiere den Begriff Nachhaltigkeit bis zur Unkenntlichkeit, Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26. Nachhaltigkeit sei vielmehr nur die strenge Nachhaltigkeit, die mit Managementregeln beschrieben sei, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 21f. Die Begründung der strengen

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ren Bewirtschaftung führen, werden als starke Nachhaltigkeit, solche, deren Bewirtschaftung nur einen kurzen Zeitraum beständig ist, als schwache Nachhaltigkeit bezeichnet. a) Strikte und starke Nachhaltigkeit Die Auffassungen einer strikten Nachhaltigkeit legen der Bewirtschaftungsanforderung eine akute Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlage zu Grunde.101 Sofortiges und radikales Umsteuern,102 das allein auf die Reduktion des Ressourcenverbrauchs zielt, ohne auf die Präferenzen der Wirtschaftssubjekte Rücksicht zu nehmen, ist daher der Lösungsansatz.103 Eine starke Nachhaltigkeit fordert zumindest einen intensiven langfristigen Veränderungsprozess mit öffentlicher Diskussion, der aufgrund der nahezu erreichten Belastungsgrenze sofort eingeleitet werden müsse.104 Sie zielt ebenfalls auf die drastische Einschränkung der Rohstoffnutzung in den Industrieländern.105 Die strenge Interpretation der Nachhaltigkeit lässt schwierige Umstrukturierungen in Produktion und Konsum in einem Zeitraum von 50–70 Jahren erwarten.106 In der Form der Ablehnung einer Übertragbarkeit auf nicht erNachhaltigkeit mit Verweis auf das Niveau der Managementregeln ist zumindest partiell ein Zirkelschluss. Es ist nämlich gerade umstritten, welches Niveau die Managementregeln vorgeben. Definitorisch wird auf diese Weise Nachhaltigkeit allein auf den materiellen Inhalt einer Grundanschauung reduziert. Dies bietet erheblichen Konfliktstoff für einen Diskurs im Agenda-Prozess. 101 Eine „intakte Natur“ für kommende Generationen ist nach dieser Auffassung, unabhängig von produzierten Wohlstandsleistungen, nicht verhandelbar. Auf dieser Grundannahme basieren die Entwicklungen der Studie zukunftsfähiges Deutschland, BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 26. Dies ist allerdings auch in der Studie selbst nicht konsequent durchgehalten. So wird später ein Grenzwert für Zukunftsfähigkeit von der Bereitschaft der Gesellschaft abhängig gemacht, ein bestimmtes (Umwelt-)risiko zu tragen, ebd. S. 55, was eine gewisse Verhandelbarkeit gerade voraussetzt. 102 Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 63. 103 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 110; dagegen Klemmer, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 188 (208ff.). 104 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik S. 110. 105 BUND/MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 287; Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7. 106 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 111; Pfister/Renn, Ein Indikatorensystem zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung, S. 13.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

neuerbare Güter107 geht sie noch über die Konzeption der Nachhaltigkeit in den Managementregeln hinaus.108 In der Konsequenz wird ein interventionistisches Regelungsmodell mit hohem Steuerungsanspruch angestrebt.109 Die Adressatenkonzeption polarisiert Lager, die auf eine „Gemeinschaft der Bürger“ gegen die vom Staat unabhängigen einflussreichen kleinen Interessengruppen hinausläuft.110 Gemeinschaft der Bürger in diesem Sinne meint nicht einen umfassenden gesellschaftlichen Partizipationsansatz, sondern gleicht einer Spaltung „wir gegen die“ – „gut gegen böse“. Die zu erwartenden Szenarien disqualifizieren ihre Anwendung in der Praxis und leisten der Argumentation der schwachen Nachhaltigkeit Vorschub.111 b) Schwache Nachhaltigkeit Die Position einer schwachen Nachhaltigkeit geht von der prinzipiellen Ersetzbarkeit des natürlichen Kapitalstocks durch künstliche Erzeugnisse aus,112 der durch technischen Fortschritt unterstützt werden soll.113 107 So auch: Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (730), ohne sich die strikte Auffassung zu eigen zu machen. Dazu bereits oben: Fn. 99, 100. 108 A. A. Loske (Tagungsreferat) zitiert nach: Westholm, Initiativen für nachhaltigere Entwicklung, S. 19 (21), Managementregeln seien Regeln für eine „strong sustainability“. 109 Als ideale Rechtfertigung für Abgabeerhöhungen und einen, auch militärische Mittel einschließenden, umfassenden Interventionismus, Radkau, Natur und Macht, S. 332. Vgl. dazu auch das Suffizienz-Konzept unten: A.IV.1. Ablehnend Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190; für flexible Handhabung dagegen Loske, Die Ökologie ist ein starker Innovationsmoter; gekürzt unter: „Das Märchen von den staatsfixierten Umweltschützern, DIE ZEIT Nr. 4, vom 15.1.2004, S. 15, www.loske.de/rsvgn/rs_datei/0,,5227,00.pdf (31.01.2004). 110 Vgl. Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (268, 269, 271). 111 Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (93); Huber, in: Prittwitz (Hrsg.), Umweltpolitik als Modernisierungsprozess, S. 53; ähnlich: Binswanger, ZfU 1/1995, 1 (18); Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 142; „unrealistisch“ (S. 174); sowie gegen den interventionistischen Steuerungsanspruch, Gremm, in: Böhm/ Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 117 (123). 112 Engel, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 131 (142); „zweifellos“ durch technische Einrichtungen „auch fundamentale Naturressourcen marginal zu ersetzen“, Hampicke, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 95 (111); Solow, A almost practical step toward sustainability, S. 8f.; vgl. auch die ablehnende Schilderung bei: Löbbe, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 128 (131); Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 4. Für diese Bewertung wird als eine Alternative ein konstanter ökonomischer Wert des Kapitalstocks vorgeschlagen, der für abnehmenden Kapitalstock mit steigendem

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Die schwache Nachhaltigkeit strebt in der Umsetzung überwiegend eine Steuerung durch Informationen und Kooperationsmechanismen an. Verbote und Gebote für besonders wichtige Schutzgüter sollen zulässig sein.114 Die Argumentation basiert in der Regel auf der Solow-Investitionsregel, nach der in einer Volkswirtschaft Produktionskapazität/Konsumniveau aufrechterhalten werden kann, wenn die Erträge aus dem Abbau der Ressourcen in den reproduzierbaren Sachkapitalstock investiert werden.115 Die Grenzen zwischen gemäßigter starker und restriktiverer schwacher Nachhaltigkeit sind fließend.116 Mit der Annahme der Souveränität der Individuen ähnelt die schwache Nachhaltigkeit der neoklassischen Umweltökonomie,117 die wegen der Substituierbarkeit auch als Basis schwacher Nachhaltigkeit bezeichnet wird.118 Eine Gleichsetzung geht jedoch nicht auf. Die schwache Nachhaltigkeit muss nicht immer mit einer Monetarisierung einhergehen. Eine nur schwach nachhaltige Nutzung ist auch über die Variation des temporären oder/und des qualitativ-quantitativen Faktors der Nachhaltigkeit erzielbar. Damit ist schwach nachhaltige Nutzung auch im Managementmodell ökologischer Ökonomen konzipierbar. In der deutschen Literatur wird die schwache Nachhaltigkeit überwiegend abgelehnt.119 Realpreis einen konstanten ökonomischen Wert erlaubt. Als Einwand werden, entsprechend dem gleichgelagerten Problem in der neoklassischen Umweltökonomie, große Bewertungsprobleme genannt, Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 43f., zu den Problemen im speziellen S. 82ff. Vgl. auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 53ff., zu den ökonomischen und Risikobewertungsschwierigkeiten auch: Zimmermann, in: ders. u. a., Ökologische Modernisierung der Produktion, S. 19 (40ff.); offen: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des Grundgesetzes, S. 129: Kein Absinken des gesellschaftlichen Wohlfahrtsniveaus. 113 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 224. Der Begriff der schwachen Nachhaltigkeit ergibt vor diesem Hintergrund allein dann einen Sinn, wenn er am Maß der zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen bestimmt wird. Sobald der Austausch durch künstliches Kapital akzeptiert wird, ist eine schwache gesamtbezogene Nachhaltigkeit nicht denkbar. Mit dem vollendeten Austausch ist demnach vorher wie nachher das gleiche Maß an Nachhaltigkeit vorhanden, vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 60f. 114 Vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 110. 115 Solow, An Almost Practical Step to Sustainability S. 7; vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 93; Bunzel, NuR 1997, 583 (584). 116 So ließe sich die Position Solows (Fn. 115) in Bezug auf die Produktionskapazität schwächerer, hinsichtlich der ausgeprägten temporären Ausdehnung auch der starken Nachhaltigkeit zuordnen. 117 Vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 109. 118 Daly, Beyond Groth, S. 76ff.; Rennings, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 27 (29); ähnlich: Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (55).

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c) Vermittelnde Intensitätsmodelle Vermittelnde Modelle versuchen, beide Extrempositionen durch eine Kumulation der positiven Aspekte zu mildern. Sie streben an, Bewertungsspielräume offen zu belassen. Für Nachhaltigkeit lehnen sie, wie bei allen Prinzipien, absolute Positionen ab,120 und verlangen eine güterspezifische Differenzierung.121 Die begrenzte Substitution soll sich dabei am Erhalt der grundlegenden Funktionen der Natur orientieren.122 Systematisch ist der Ansatz des differenzierenden Handlungsmodells damit vor allem in der Substitutionsproblematik der zweiten Managementregel verankert. Die Vertreter lassen sich dogmatisch nicht konsequent einer neoklassischen oder ökologischen Ökonomie zuordnen. Die pragmatisch einzelanwendungsorientierte Entscheidung läuft zumeist auf die Gemengelage gemäßigt starker und schwacher Nachhaltigkeit hinaus. Sie zeigt sich argumentativ in einer wertenden Bezugsetzung der absoluten ökologischen Grenzen zu der menschlichen Nutzungsperspektive.123 Im Detail ist vieles umstritten.124 Für die Umsetzung wird eine allgemeine Schwerpunktverlagerung von nachgeschaltetem zu integriertem Umwelt- und Ressourcenschutz in allen Sektoren betrachtet125 mit einer dynamischen prozessualen Aneinanderrei119 Menzel, ZRP 2001, 221 (223); vermittelnd Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 176f.; 85ff.; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 129f.; Tremmel/ Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (437f.), die auch die starke Nachhaltigkeit in ihrer radikalen Ausprägung als „sinnlose Forderung“ ablehnen. 120 Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (38). 121 Löbbe, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 128 (131); vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 62; Priewe, ZfU 2002, 153 (162f.); Ekardt, Das Prinzip Nachhaltigkeit, S. 32. 122 Vgl. SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 25. 123 Für nicht fossile Ressourcen wird eine naturwissenschaftliche Nutzungsgrenze bestritten, da alle notwendigen Elemente für Million Jahre auf der Erde ausreichten bzw. substituierbar seien, Goeller/Weinberg, Science 191 (1976), 683; Cansier, Umweltökonomie, S. 59. Die Grenze der Nutzung bestehe in den zunehmenden Kosten der Ausbeutung, Goeller/Weinberg, ebd. Die absolute Endlichkeit der Ressourcen erlaube keinen zwingenden Schluss über die Knappheit und Verfügbarkeit. Die fallenden Ressourcenpreise wiesen eher in die entgegengesetzte Richtung Pflüger, ZfU 1/1999, 135 (139); a. A. wohl: Pfister/Renn, Ein Indikatorensystem zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung, S. 17. 124 Dies gilt selbst für Bereiche, die auf den ersten Blick eine besonders schonende Naturnutzung ermöglichen, z. B. die Auseinandersetzung über den Nutzen der Solarenergie. Vgl. kritisch: Binswanger, Energie, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 211ff. Dagegen die Beurteilung als voraussichtlichen „Grundpfeiler eines ökologisch dauerhaften Energiesystems“, Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 50f.; vermittelnd: Levi, atw 42 (1997), 7 (10f.). 125 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 62f.; ähnlich: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (662).

II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell

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hung vieler kleiner Schritte,126 im Kontrast zum radikalen diktatorischen Umsteuern strikter und „laisser-faire“-orientierter Umsetzung sehr schwacher Nachhaltigkeit. Die vermittelnden Positionen lassen sich durch ein differenzierendes Handlungsmodell operationalisieren.127 Strukturell ist es den Management-Regeln ähnlich. Konkretisierte Handlungsanforderungen an einzelne Ressourcennutzungsarten sollen vom Anwender, je nach erwünschter Nachhaltigkeitsintensität, befolgt werden. Operationell erfordert das differenzierende Handlungsmodell somit vor seiner Anwendung eine Klärung, welche Nachhaltigkeitsintensität angestrebt ist. Das differenzierende Handlungsmodell kann in Agenda-Prozessen vor allem dann nützlich sein, wenn die Managementregeln durch einseitige (strikte) Vorprägung „verbrannt“ sind und sich im politischen Prozess nicht mehr durchsetzen können. Die vorherige Differenzierung ermöglicht einen zunächst verhaltenen Einstieg in den Prozess, ohne dass eine qualitative Steigerung ausgeschlossen ist. Damit wird eine Kompromisslösung für die Prozessgestaltung möglich.

II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell Die Agenda 21 soll als Aktionsprogramm Strategien und Konzepte nachhaltiger Entwicklung befördern. Nachhaltige Entwicklung beinhaltet die Übertragung der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsmodell auf die gesamte Gesellschaft, inklusive Vernetzungen und Wechselwirkungen.128 Damit ist eine Grundlage für Missverständnisse gelegt. Schonende Ressourcenbewirtschaftung ist zwar Teil einer nachhaltigen Entwicklung,129 kann aber mit 126 Gremm, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.) Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 117 (122); ebenso Marx, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 1 (2); Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 13. 127 Vgl. im Anhang I. 128 Vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (470); ebenso: Bartlsperger, Aufgabe der Landesplanung, S. 1 (7); dagegen: Gebauer, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 135 (136), der nachhaltige Entwicklung nicht aus der Verallgemeinerung der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsregel, sondern nur aus einer philosophischen Neubesinnung der Naturbewirtschaftung zulassen will. Völlig abwegig daher: Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 11a, der konkrete Regelungsgehalt „unterscheidet sich aber in der Sache nicht von dem Begriff der Bewirtschaftung. [. . .] erschöpft damit den ganzen Umfang dessen, was gemeinhin für nachhaltig gehalten wird“. 129 So etwa: Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 3ff., der nachhaltige Entwicklung zwar als dreidimensionales Modell erwähnt, sich in seinen Erörterungen doch vornehmlich dem ökologischen Sektor widmet und damit den Eindruck einer ökologischen Aufgabe erweckt.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

dieser nicht gleichgesetzt werden kann.130 Zur Verdeutlichung wird Nachhaltigkeit in der Bedeutungsform als Entwicklungspostulat auch als Nachhaltigkeit im weiteren Sinne (i. w. S.) bezeichnet.131 Parallel zu der Struktur des Bewirtschaftungsprinzips ist auch nachhaltige Entwicklung nur ethisch begründbar,132 so dass im Gesamtkonzept die Gegensätze einer liberalen und ökologischen Position bleiben.133 130 Vgl. auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 12f; zur Möglichkeit des Verständnisses einer besonders intensiven Nutzung: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (473); so jedoch Bartlsperger, Aufgabe der Landesplanung, S. 1 (11f.), der es in der Interpretation des ROG als ökologisches Prinzip einschätzt. Calliess, in: ders./Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 6 EG Rn. 13; ebenso zu Art. 2 EUV: Stumpf, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 2 EUV Rn. 12, die beide als zentral die ökologische Sicherung betrachten. 131 Nachhaltigkeit in der Bedeutungsform des Wirtschaftsprinzips, mit dem eine Beschränkung auf den ökologischen Sektor einhergeht, vgl. Barbier, Economics, Natural-Ressource Scarcity and Development, S. 185, wird auch Nachhaltigkeit im engeren Sinne (i. e. S.) genannt. 132 Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (91); ein ethisches Konzept sieht auch Lendi, UPR 2001, 321 (325); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (43). 133 Vgl. Hegmann, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 175 (188ff.) über Gerken/Renner, Nachhaltigkeit durch Wettbewerb 1996. Absoluter Vorrang der Ökologie: Müller-Rigaud, Politische Ökologie 2000, 31 (32). Geschichtliche Vorläufer finden sich im Ecodevolopmentkonzept und in Schumpeters Abhandlungen über Wirtschaftssysteme. Er betont in diesen die notwendige langfristige Betrachtung von Entwicklungsprozessen in Wettbewerbssituationen und kritisierte unreflektierte Profitmaximierung. Eine vorteilhafte Leistung eines Systems, das zu jedem gegebenen Zeitpunkt eine hochgradige Nutzung seiner Möglichkeiten aufweise, könne auf lange Sicht einem System unterlegen sein, das dies zu keinem Zeitpunkt tue, weil gerade dies die Bedingung für eine langfristige Leistung sein könne. Diese zeitlich punktuelle Datenakzeptanz führe zu einem „Scheuklappenblick“ auf eine Situation, die deren dynamischen Entwicklungsprozess ausblende, vgl. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, S. 12ff, 88ff., 103ff.; ders., Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, S. 134–143. Die Strukturen, die Nachhaltigkeit als forstliche Bewirtschaftungsregel und übertragene ökologische Bewirtschaftungsregel prägen, werden hier im Zusammenhang gesellschaftlicher Wirtschaftssysteme in einen umfassenderen, sektorübergreifenden Kontext gestellt. Der Schwerpunkt liegt, wie bei der forstlichen Nachhaltigkeit, auf dem ökonomischen Sektor. Im Ecodevolopmentkonzept stehen, anknüpfend an die Umweltübernutzung vor allem die Sicherung der Grundbedürfnisse, vernünftiger Umgang mit Naturressourcen, gerecht verteiltes ökonomisches Wachstum, Partizipation und Selbstverantwortung der Akteure als zentrale Forderungen im Mittelpunkt, insbesondere als Resultat aus der Armut der Entwicklungsländer wie dem Lebensstil der Industrieländer, BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 8; Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (724); Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 22f.; vgl. Hohmann, NVwZ 1993, 311 (312); Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (92) und Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 27; Steinberg, Der ökologische Verfassungs-

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1. Ausgangsbeschreibung der Brundlandt-Kommission In der Literatur finden sich mehr als 100 Definitionsversuche nachhaltiger Entwicklung.134 Die Suche nach einer Nachhaltigkeitsdefinition ist nicht abgeschlossen,135 auch wenn nach einer verbreiteten Auffassung eine allgemeinverbindliche Definition nicht möglich ist.136 Die Definition nachhaltiger Entwicklung der Brundlandt-Kommission stellt den Definitionsansatz der Agenda 21 dar. Sie ist mit dem weitestgehenden Konsens137 der einzig international anerkannte Definitionsansatz138 und definiert nachhaltige Entwicklung als eine „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“139 staat, S. 111; Born/Weber, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 10 (15). Der Unterschied des Ecodevelopment-Ansatzes zum Entwicklungskonzept Schumpeters liegt in der unterschiedlichen Anwendungsintention. Während Schumpeter eher volkswirtschaftlich argumentierend die Erfolgsbedingungen für ein Wirtschaftssystem überhaupt untersucht, setzen die Ecodevelopmentvertreter mit gerecht verteiltem Wachstum als Entwicklungsfaktor einen ethischen Schwerpunkt. 134 Spars, ZAU 1999, 225; Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 40; Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51; Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26. 135 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 99; Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26. Schon die Suche ist nach Homanns Einschätzung verfehlt, ders., in: Gerken (Hrsg.), Ordnungspolitische Grundfragen einer Politik der Nachhaltigkeit, S. 33 (37). 136 So richtig: Enquete-Kommission Schutz des Menschen und der Umwelt, BTDruckS 13/11200, S. 16; Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (57f.); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 20; Homann, in: Gerken (Hrsg.), Ordnungspolitische Grundfragen einer Politik der Nachhaltigkeit, S. 33 (37); Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 448 (455); Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), S. 83 (87); Sieben, NVwZ 2003, 1173; zur Nachhaltigkeit i. w. S.: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 73; Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 58. Auch solche Definitionen, die von ihren Verfassern als allgemeinverbindlich eingeordnet werden, etwa die von Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 158, Nachhaltigkeit sei ein Vorgang, in dem durch Gerechtigkeitssubjekte auf der Basis eines präferierten Koordinationsmechanismus zu wählende, hinsichtlich der berücksichtigten Gerechtigkeitsobjekte anzuwendende in einer gewählten Dimension zu messende erreichbare Verteilungsregel implementiert werde, erlauben angesichts der weitgehenden und detaillierten Streite über den Inhalt nachhaltiger Entwicklung keinesfalls diese Einschätzung. Radke selbst gesteht Konkretisierungsbedarf zu, ebd., S. 158, 289. 137 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (90); Schnitzer, in: Freeman/Puskas/Olbina (Hrsg.), Cleaner Technologies and Cleaner Products for Sustainable Development, S. 25 (27); Brand, Politische Ökologie 2000, 19 (20); Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 320: „allgemein anerkannt“. 138 Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 129.

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a) Grundstruktur der Brundlandt-Definition Kernelemente der Brundlandt-Definition sind die Bedarfsorientierung und der Aspekt der langfristigen Potentialerhaltung im weitesten Sinne.140 Durch die Verwendung des Begriffs „Bedürfnis“ bleibt der Ansatz im rein abstrakten Bereich, ist wenig anschaulich und auslegungsbedürftig.141 Die Entwicklung zur Bedarfsbefriedigung weist mit der langfristigen Potentialerhaltung einen deutlichen Strukturzusammenhang zur Nachhaltigkeit in ihrem forstlichen Aussagegehalt und zum Bewirtschaftungsprinzip auf.142 Die Verbindung von Bedarfsbefriedigung mit Nutzen zeigt eine Parallele zur neoklassischen Umweltökonomie.143 Zugleich deutet die Verknüpfung mit intergenerationeller Bedarfsbefriedigung auf die absolute Nutzungsgrenze der Natur und zeigt die gleichzeitige Einbindung der ökologischen Ökonomie. Die Brundlandt-Definition ist ein Kompromiss,144 der sich in der offenen Formulierung und der Verbindung zweier im Grunde antithetischer Theorien zeigt.145 Damit wollte die Definition gerade auch Entwicklungsländern Entwicklungsperspektiven bieten.146 Die Betonung intergenerationeller und intragenerationeller Verteilungsgerechtigkeit weicht von 139 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (19); Hauff (Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft, S. 46; auch: Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 28; BMBau (Hrsg.), Nationaler Aktionsplan zur nationalen Siedlungsentwicklung, S. 2. 140 Vgl. Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 54f.; 97. 141 Die Brundlandtdefinition diente als Vorbild zahlreicher weiterer Definitionsbemühungen in der Literatur. Das führt zu verschiedenen Schwerpunkten, etwa zur Zuordnung eines konkretisierten ethischen Zielniveaus, z. B., „intergenerative Gerechtigkeit bei den verfügbaren Umweltgütern“, Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (108), oder Zielveränderungen von der Risikoabwendung unmöglicher künftiger Bedarfsbefriedigung hin zu einer Gewährleistung zukünftiger Lebensqualität, etwa: Akademie für Technikfolgenabschätzung (Hrsg.), Jahrbuch 1992/93, S. 38; Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 5; Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 52; Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (22f.) und auch deren Steigerung, vgl. Allen, How to Save the World S. 21f., 25. 142 Vgl. oben: A.II.2. 143 Vgl. Goddland/Leddec, EcolModel 38 (1987), 19 (36). Die weiter gefasste Wohlstandstheorie sei in vielfacher Weise mit Wohlstandskonzept der BrundlandtDefinition konsistent, Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 37. 144 Bolz, Nachhaltigkeit, S. 35f.; zu Konflikten, Verhandlungen und Kompromissen der auf dem Erdgipfel verabschiedeten Instrumente: Oberthür, EA 1992, 595 (596f.; 600f.). 145 Diese verdeutlicht sich daran, dass bei gleichbleibendem Bedarf die Zielkonvergenz langfristiges Wirtschaftswachstum anzielen muss, vgl. Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (330); Meyer/Gaum, APuZ 31–32/2002, 25 (27).

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der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip ab.147 Ethische Gründe und Zielsetzungen werden deutlich über die immanente Grundanwendung des Modells hinaus verankert.148 Intergenerative und internationale Gerechtigkeit werden daher auch als Kernbestandteil149 oder „konstitutiv“ für Nachhaltigkeit i. w. S. bezeichnet.150 b) Bedarf als Intensitätszielsetzung Der Bedarf ist das Intensitätsziel des Entwicklungsrahmens. Auf welche Weise der Bedarf zukünftiger Generationen abgeschätzt werden kann, ist ein offenes Problem des Brundlandt-Ansatzes. Der zukünftige Bedarf ist eine unbekannte Größe. Die Konkretisierungsversuche setzen an einer Analogie des gegenwärtigen Ressourcenbedarfs151 auch für die Zukunft an152 oder versuchen mit einer Negativabschätzung spiegelbildlich vom Bedarf der Zukunft auf den gegenwärtigen Bedarf zu schließen.153 146 Vgl. auch: Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 99; Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 5; Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, S. 189. 147 Die Bedarfsbefriedigung der Gegenwart wirkt sich aufgrund endlicher Ressourcen auf die Bedarfsbefriedigung der Zukunft aus. Wirtschaftswissenschaftlich betrachtet stellt sich dies als intertemporales Allokationsproblem dar, das mittels des Zeitablaufs auch die Verteilung zwischen den Generationen betrifft. Die Grenzen zwischen Allokation und Distribution werden daher fließend, Nutzinger, in: ders. (Hrsg.), Regulierung, Wettbewerb und Marktwirtschaft, S. 77 (98). 148 Ebenso: Binswanger, ZfU 1/1995, 1 (2); Wissel, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 127; Haber, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 75 (77). 149 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121. 150 So Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 120, 130ff. 151 Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (37); eingehend zu Grundlagen und Änderungspotential: Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 166ff., 207. 152 Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (90ff.). Nicht überzeugen kann der Ansatz, soweit er den als nicht tragfähig erkannten (gegenwärtigen) Lebensstil zum Ideal einer zukünftig tragfähigen Lebensweise erhebt. Der Widerspruch soll durch die Modifikation eines mäßigen gegenwärtigen Lebensstils behoben werden. Dabei soll Lebensqualität aber in einer besonderen Weise definiert werden, so dass die eine Loslösung von Modeerscheinungen und ein Potential zur Sammlung von Erfahrungen ermöglicht. Die Frage nach dem angemessenen Bedarf der Zukunft wird damit auf die des gemäßigten Gegenwartsbedarfs projiziert. Der Austausch der Begriffs „Bedarf“ durch „Lebensqualität“ beseitigt das Grundproblem nicht. Maßstabsund Bewertungsprobleme bleiben. Es handelt sich um eine verdeckte Negativabschätzung des Bedarfs. 153 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 48f. Auf die gegenüber der positiven Bestimmung des Optimums leichtere, wenn auch nicht optimale Bestimmung aus dem Prinzip weist Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 38 hin.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Beide Konkretisierungsversuche stehen vor dem Problem, dass die Variable des „Bedarfs“ auf beiden Seiten der Gleichung auftritt und eine Abschätzung der Ressourcennutzungsproblematik schwierig möglich ist. Sie erlauben nur eingeschränkte Aussagen darüber, welche Entwicklung nicht nachhaltig ist.154 Aus der Anknüpfung an den Bedarf ist somit kein limitierendes Maximalniveau zu entnehmen. Etwas anderes gilt für das Minimalniveau. Hier sind grundlegende Lebensbedingungen in Rechnung zu stellen, insbesondere das zum Leben erforderliche Ernährungsniveau.155 Ohne sie verliert der Begriff „Bedarf“ letztlich seinen materiellen Aussagegehalt. Die Grundbedürfnisansätze (basic needs) schließen zumeist ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, hinreichende Ernährung, Freiheit und Menschenrechte ein.156 Allgemein akzeptierte Grenzwerte sind jedoch kaum bestimmbar.157 Über die Minimalversorgung hinaus kann der Brundlandt-Definition kein inhaltliches Niveau der Nachhaltigkeit zugeordnet werden. Auch die häufig postulierte gerechte Verteilung bei den verfügbaren Umweltgütern ergibt sich nicht zwingend aus ihr.158 Die nähere Operationalisierung nachhal154 Insoweit ergibt sich die Besonderheit, dass der an sich leichteren negativen Bestimmung, vgl. Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 38, deshalb ein höherer Schwierigkeitsgrad zukommt, weil die negative Annäherung durch die doppelte Struktur der Nachhaltigkeit mit der positiven politischen Gestaltungsentscheidung über die zeitliche Komponente wiederum einer Annäherungsgrenze gegenübersteht. Im Ergebnis ist daher die negative Bestimmung zwar von höherer Schwierigkeit als gegenüber strukturell einfach gelagerten Prinzipien, jedoch immer noch geringer als die positive Bestimmung des Optimums der Nachhaltigkeit. Einigkeit wird nur bei ohnehin evidenten Entwicklungen, wie z. B. Bevölkerungsentwicklung und Überfischung zu erzielen sein, vgl. Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 40. 155 Auch Rees, Planning for Sustainable Development, S. 18, der zusätzlich noch eine Sicherung eines minimalen ökonomischen Lebensstandards für ein würdevolles Leben fordert. 156 Altner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 134; Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 103; Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 97; „unverzichtbarer Kernbereich“, Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 185. 157 Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 184. Eine Minimalbefriedigung mit geringstmöglichem Niveau findet nur geringen Zuspruch. In diesem Zusammenhang ist in der Diskussion häufig von dem unter Menschenwürdeaspekten respektablen Niveau zu lesen. Es meint jedoch nichts anderes als die Übertragung nationaler Existenzminimum-Konzepte auf das Weltsystem, Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 103. Werden Existenzminimum-Konzepte der Entwicklungsländer auf das Weltsystem übertragen, dürfte dieses nur gering über dem geringstmöglichen Niveau liegen. Eine strikte Nachhaltigkeit als angestrebtes Niveau ist jedoch ebenfalls problematisch. Sie beschneidet die im Brundtlandkompromiss angelegten Entwicklungsperspektiven erheblich. 158 So aber: Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (108); jedoch im Weiteren in Bezug auf ökologische nachhaltige Entwicklung „als Summe der langfristig

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tiger Entwicklung erfolgt insbesondere durch Teilbereichskonzepte [A.II.2.] und die Syndromansätze [A.II.3.]. 2. Teilbereichskonzepte der Nachhaltigkeit Ein Ausweg aus dieser potenzierten Inhaltsproblematik wird über eine Differenzierung in Teilbereiche nachhaltiger Entwicklung gesucht, für die dann eine Konkretisierung versucht wird.159 Das vernetzte und schwer durchschaubare Gesamtsystem wird dadurch handhabbarer. Der damit eingeschlagene Weg ist im Grunde ein traditioneller bei der Systematisierung vernetzter Strukturen.160 Die Aufspaltung führt jedoch mit dem zur Operationalisierung erwünschten Verlust an Komplexität auch zu einem Verlust an Wechselwirkungen, die berücksichtigt werden müssen. Aus der Addition der Einzelergebnisse ergibt sich in der Regel nicht mehr das Abbild des komplexen Systems.161 Säulenmodelle sind die verbreitetsten Teilbereichskonzeptionen. Die Strukturprinzipien der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip werden dabei direkt auf die in den Modellen extrahierten Teilbereiche übertragen. Je nach der Anzahl der differenzierten Teilbereiche nachhaltiger Entwicklung lassen sich 3-Säulenmodelle [A.II.2.a)], 1-Säulen-Modelle [A.II.2.b)] und 4-Säulenmodelle [A.II.2.c)] unterscheiden. Inhaltlich im wesentlich entsprechend findet sich auch die Bezeichnung als Ziel-Dreiecke,162 -Vierecke oder -Vielecke. zu lösenden, heute ungelösten Umweltprobleme“ oder „Summe der langfristig akkumulierten Umweltbelastungen“, ebd., so dass dort eher ein „Verschmutzungsschwerpunkt“ gebildet wird. 159 Vgl. Hubig, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 225 (231ff.); kritisch: SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 31, auch das 3-Säulenmodell sei noch überfordernd. 160 Nicht eingeschlagen wurde die Alternative über computergestützte Prozessanalyse eine Systemdynamik der Erde nachzubilden, von welcher aus wiederum Handlungsanweisungen zu extrahieren wären. Im Weiteren ist bei diesem Ansatz problematisch, ob mathematische Analyse auch für Verhalten von Gesellschaften oder Individuen zutrifft. Zu alledem: Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (177f.). 161 Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (177). 162 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 250; Mitschang, DÖV 2000, 14 (15); Lendi, UPR 2001, 321; Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (27ff.); Rehbinder, NVwZ 2002, 657; Rogall/Dybe, in: dies. (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 11 (12). Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 43; Menzel, ZRP 2001, 221 (223); Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (56); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 281; Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 24; Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (91); Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (126); Christner/Pieper, Bedeu-

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a) 3-Säulenmodelle Das 3-Säulenmodell ist das herrschende Nachhaltigkeitsmodell.163 Dessen Bezeichnung resultiert aus der Differenzierung nachhaltiger Entwicklung in einen ökologischen [A.II.2.a)aa)], ökonomischen [A.II.2.a)bb)] und sozialen [A.II.2.a)cc)] Teilbereich. Innerhalb der 3-Säulenmodelle lassen sich mehrere Interpretationen unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Aspekte etwas hervorheben.164 Inhaltlich treffend und zumeist intendiert ist eine Entwicklung, die ökologische, soziale und ökonomische Systeme zu einem „relativen Pareto-Optimum“, d.h. zu einer gleichzeitig jeweils möglichst nachhaltigen Verwirklichung führt.165 Die teilbereichsbezogene jeweils nachhaltige Bewirtschaftung ist somit nicht identisch mit der nachhaltigen Entwicklung. Die Relativität und die wechselseitige Abhängigkeit der drei Teilbereiche führen für die Umsetzung zu einem dynamischen sehr änderungsfreudigen System. Daher ist es schwer denkbar, dass Nachhaltigkeitspolitik mit wissenschaftlicher Beratung an ein Ende, im Sinne eines erreichten Ziels, gelangen kann.166 Vielmehr handelt es sich um fortlaufende Beobachtungs-, Evaluations- und Steuerungsprozesse,167 die keine fertige Lösung aufweisen.168 tung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 16; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 14; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (18). 163 So auch: Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (731); aufgrund der Veröffentlichungen der Bundesregierung und staatlichen Behörden vgl. etwa: Deutsche Bundesregierung, Perspektiven für Deutschland, S. 1ff., für lokale Agenda 21-Prozesse von besonderer Relevanz. Gegen dieses: Ekardt, Das Prinzip Nachhaltigkeit, S. 27. 164 „Balance zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zielen“, Beaucamp, Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung im Recht, S. 19; Ausgleich von sozialen, ökonomischen und ökologischen Interessen, Mitschang, DÖV 2000, 14 (16); Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 14. Kritisch: Rehbinder, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 95 (98), der als primäre Blickrichtung die Umweltpolitik betrachtet und daher semantische Unterscheidungen zwischen Säulen- und Dimensionen-Modellen für nebensächlich hält. Vgl. Barbier, Economics, Natural-Resource Scarcity and Development, S. 184f.; ferner: Multhaup/Grossmann, in: dies u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 1 (7). Die Dynamik ergibt sich aus dem Begriff der Entwicklung, vgl. Haber, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 75 (78); Brösse, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte umweltgerechte Entwicklung, S. 24 (27). 165 Schröder, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 43 (45). 166 Darüber besteht weitgehend Einigkeit, Beaucamp, Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung im Recht, S. 20; Spars, ZAU 1999, 225 (226); Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26 (28); a. A., Brakel, Politische Ökologie spezial, 9/1993, 14 (15); Dieckmann, in: Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 3; Sieben, NVwZ 2003, 1173 (1174).

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aa) Leitaspekt Umweltschutz Der Leitaspekt Umweltschutz umfasst den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen im weiteren Sinne. Zur ökologischen Zukunftsbeständigkeit gehören die Erhaltung der Artenvielfalt, der menschlichen Gesundheit, sowie die Sicherung der Luft-, Wasser- und Bodenqualitäten, die für das Leben und Wohlergehen von Menschen, Tieren und Pflanzen für alle Zukunft ausreichend sind.169 Dies beinhaltet ein Mindestmaß an Umweltschutz.170 Umstritten ist die Schutzintention des Leitaspekts Umweltschutz. Es stehen sich eine anthropozentrische und eine ökozentrische Position gegenüber.171 Erstere sehen den Mensch im Zentrum und als Ausgangspunkt der 167 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 373f.; Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 13; vgl. auch Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 6; a. A. Weg mit Ziel: Dieckmann, in: Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 3. 168 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BT-DruckS 13/11200, S. 38; 44; Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 190; BUND/MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 26; Spars, ZAU 1999, 225 (226). 169 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, 3 (6). 170 Sieben, NVwZ 2003, 1173 (1174). 171 In der Kritik am Anthropozentrismus schwingt zuweilen der Vorwurf von Egoismus und moralischer Verwerflichkeit mit, De Souza, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 65f.; 68ff.; Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen, S. 49f.; hinsichtlich Nachhaltigkeit insgesamt: Leidig, UPR 2000, 371 (375). Umweltschutz müsse auf der Einsicht beruhen, dass der Umwelt „ein Wert in sich“ zukomme, auch dahingehend, dass Tiere und Pflanzen als Träger eigener Rechte anzusehen seien: Haber, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.) Zukunft für die Erde, S. 7 (17); Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen, S. 50. Damit soll neues ökologisches Denken an Stelle der anthropozentrischen Vernunftethik treten, woraus sich eine Situation ergebe, die Umweltethik als reine Selbstartikulation eines Ökosystems verstünde, Mittelstraß, in: Levi/Danzer (Hrsg.), Umweltverträgliches Wirtschaften, S. 18; Hastedt, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 41 (43f.). Die Problematik setzt sich an der philosophisch-rechtlichen Schnittstelle fort. Es ist zumindest fraglich, ob der Mensch als gleichrangiges Element des Ökosystems geeignet wäre, Vorgaben für die Verteilung und Anspruchsrealisierung zwischen allen Bestandteilen der Umwelt im Sinne der ökozentrischen Ansicht zu treffen, so richtig der Gedanke von Wink, in: Junkernheinrich/ Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 99 (101); ähnlich auch Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 66. Der Umweltbegriff ist schon von seiner Wortbeschreibung her (Um-welt) auf den Menschen ausgerichtet. Auch ökologische Dinge können nur aus menschlicher Sicht gesehen werden, so zu Recht: Hofmann, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltstaat, S. 1 (34f.); Mittelstraß, ebd., S. 19; ebenso: Streinz, „auch eine ökozentrische Perspek-

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Schutzbemühungen,172 Letztere vertreten den Schutz der Lebensgrundlagen um ihrer selbst willen.173 Ein hohes Umweltschutzniveau ist von beiden Begründungsansätzen heraus zu rechtfertigen. Der Grund für die anhaltende Auseinandersetzung beider Begründungsansätze scheint weniger die Sorge unzureichender Umweltstandards, als deren unzulängliche Durchsetzung zu sein.174 Die ökozentrische Bewegung führt die Diskussion an der falschen Stelle, da die Schaffung von Eigenrechten diesem Defizit nicht entgegenwirkt175 und nicht überzeugend ist.176 Bei der nachhaltigen Entwicklung handelt es sich um einen anthropozentrisch ausgerichteten Ansatz.177 Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip (Nachhaltigkeit im engeren Sinne) ist zugleich die Umschreibung der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit im weiteren Sinne (einer nachhaltigen Entwicklung).178 Umtive Produkt menschlichen Geistes“, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (471) und Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 66; für die anthropozentrische Argumentation auch Birnbacher, Utilitaristische Umweltberatung, S. 22ff.; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 21; argumentativ ähnlich: Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (92). Ökozentrischer Eigenwert wie anthropozentrischer Wert sind über die Zuordnung des Wertes schon menschbezogen. Das schließt es aus, von einem natürlichen System in der Umweltplanung auszugehen, vgl.: Hofmann, ebd., S. 34f.; Streinz, ebd., 471; Gassner, NuR 1993, 358 (359). Als Humanegoismus ist diese Position nicht zu qualifizieren. Sie bedeutet nicht, dass der Natur kein Wert zukommt, Hofmann, ebd., S. 34f. Treffend ist diese Kritik allenfalls für einen inhaltlich engen Anthropozentrismus, der ausschließlich Menschen einen Eigenwert zuordnet, vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 153. 172 Velsinger/Lienenkamp, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 123; Ruffert, ZUR 1993, 208 (210); Gündling, EA 1992, 251 (253). 173 Dazu auch: Cansier, Umweltökonomie, S. 16f. 174 So richtig: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 70. 175 Hofmann, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltstaat, S. 1 (35f.); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 70. Es bedürfte zusätzlichen Durchsetzungsbemühungen, die aber durch Eigenrechte allein gerade nicht gesichert sind. 176 Vgl. auch Hastedt, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 41 (45); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 66; „Nicht anthropozentrische Begründungsversuche in der Ethik“ seien „als gescheitert anzusehen“, Minsch u.a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 281. Davon abgesehen hat jedoch die Verwendung von Eigenrechten der Natur im unjuristischen Sinn in der Bevölkerung nahezu common sense-Charakter, vgl. BMU/ UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 54. 177 So auch: Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 15; Schröder, AVR 34 (1996), 251 (255). 178 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 35; auch: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 102f.; Gu-

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stritten ist auch die Bedeutung des ökologischen Sektors innerhalb der nachhaltigen Entwicklung. Die Bewertung der Umwelt als zentraler Aspekt nachhaltiger Entwicklung stellt mit der Ausdehnung des Zeithorizontes bis zur Enkelgeneration oder darüber hinaus179 letztlich die Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip dar. Ergänzt um inter- und intragenerationelle Verteilungsgerechtigkeit180 bedeutet dies inzident eine Reduktion von einem 3-Säulenmodell zu einem 2-Säulenmodell, das aus ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit besteht. Ökonomischer wie sozialer Leitaspekt sind dazu der Ökologie untergeordnet.181 Nachhaltige Entwicklung würde damit auf umweltpolitische Fragestellungen182 mit einer interventionistischen Umsetzungspräferenz verengt.183 Eine gewisse tatsächliche Heraushebung gewinnt der Leitaspekt der Ökologie dadurch, dass der Begriff der Nachhaltigkeit häufig bedeutungsverkürzt als Synonym für die Begriffe „ökologisch“ oder „umweltfreundlich“ verwendet wird.184 Die Vorrangposition der Ökologie basiert jedoch auf einer strikten Nachhaltigkeit im Bewirtschaftungsprinzip und verkürzt die Zeitdauer bis zur endgültigen Erschöpfung der Ressourcen unangemessen stark. Der natürliche Kapitalstock wirkt auch über die ökologische Dimension hinaus, indem die natürlichen Lebensgrundlagen als Wirtschaftsgrundlage ebenfalls für Frieden und Wohlstand sorgen.185 Hieraus ist es zu erklären, dass Nachhaltigkeit vor allem auf Basis eines hohen Pro-Kopf-Einstedt/Kanning, RuR 1998, 167 (170). Wohl auch: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 198. 179 Vgl. Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 2. 180 Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 2, sowie Bückmann/Lee/Simonis, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 15 (16), die dies auch als Kernbestandteil des Nachhaltigkeitsprinzips der Brundlandt-Kommission betrachten. 181 Argument sind die absoluten Nutzungsgrenzen des ökologischen Bereichs, Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 101 Abb. B-1; Burchardt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, 111 (115); einschränkend auf langfristige Sicht auch ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 13. 182 Vgl. etwa: Marx, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 1ff. Der Staat ließe sich besser mit Ökologie begründen als durch Ökonomie und Sozialpolitik, Radkau, Natur und Macht, S. 332. 183 Radkau, Natur und Macht, S. 332. 184 Stark, Lokale Agenda 21, S. 10. 185 Hilligardt, RuR 1998, 9 (10). Dies bedeutet keine Relativierung einer Ressourcenübernutzung, die ein Ergebnis der Umweltbelange als strukturell schwache öffentliche Interessen ist, Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 227. Das Zurückstellen ökologischer Probleme hinter „harte“ Ziele, wie Wachstum und Beschäftigung, resultiert aus dem starken Einfluss der Verteilungsfrage auf die Umsetzungsbedingungen der Raum- und Umweltplanung, Hesse, RuR 1996, 103 (115).

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kommens stärkere Berücksichtigung findet.186 Soziale und ökonomische Dimension haben gegenüber dem Ressourcenschutz einen bedeutenden Unterschied. Er liegt in der schnelleren zeitlichen Reaktion. Bei einer sofortigen strikten ökologischen Nachhaltigkeit sind letztlich soziale Unruhen und ein dauerhaftes Zusammenbrechen der Ökonomie zu erwarten.187 Ein Zusammenbrechen gesellschaftlicher und staatlicher ordnender Systeme aber führt zu einer umso schnelleren Erschöpfung der Ressourcen. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung kann es aufgrund der relativen Perspektive, die im menschlichen Dasein ruht, keinen absoluten Vorrang des ökologischen Sektors geben.188 bb) Leitaspekt Ökonomie Der zweite Leitaspekt betrifft die Förderung ökonomischer Lebensgrundlagen des Menschen. Die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit189 setzt auch ausreichend Arbeitsplätze und eine ausgewogene und andauernd wettbewerbsfähige Wirtschaft voraus.190 Auf lokaler Ebene ist der ökonomische Sektor schon deshalb von nicht zu unterschätzender Bedeutung.191 Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen haben aufgrund positiver Wechselwirkungen mit dem sozialen Sektor besondere Bedeutung für den Prozess.192 Global wirkt wirtschaftliche Entwicklung neben 186 Zimmermann, ZAU 14 (2001), 20 (29), und zwar nicht nur auf die ökologische Nachhaltigkeit bezogen. 187 Vgl. Brusis, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 7 (8f.). 188 Ablehnend auch: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 40; Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (24); auch: Mitschang, DÖV 2000, 14 (16f.); Beaucamp, Nachhaltigkeit und Umweltrecht, S. 81 (82); Mühlum, BdW 2000, 5 (7). 189 Ruffert, ZUR 1993, 208 (213), der eine umweltverträgliche wirtschaftliche Entwicklung im sustainability-Konzept sieht. 190 Hilligardt, RuR 1998, 9 (11). 191 Für einen positiven Zusammenhang zwischen nachhaltiger Entwicklung und Standortattraktivität spricht die fiskalische Erfahrung, dass nur eine gleichzeitige Entwicklung der Städte im Zusammenhang von Wohnen und Arbeiten zu attraktiven Standorten führt. Ähnlich für durchmischte Siedlungsgebiete, Walter, in: Sibum/ Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 59 (61); Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (30); Reidenbach, in: Henckel u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 39 (75); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (264). Mit der Zunahme der Bedeutung weicher Standortfaktoren (Stadtqualität, Urbanität, intakte Umwelt, Kulturangebote, Gesundheitswert der Lebensräume) gerade bei qualifizierten Arbeitskräften wächst auch deren Bedeutung im internationalen Wettbewerb, Kreibich, Kommunen im Spannungsfeld von Globalisierung und Nachhaltigkeit, S. 16.

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den Auswirkungen der Ressourcennutzung zugleich als Form der Risikoreduzierung, da Armut eine bedeutende Ursache für Umweltbedrohungen und Gesundheitsgefahren darstellt.193 Der häufig faktische Vorrang ökonomischer Interessen194 steht ganz im Kontrast zum ebenso häufig postulierten Vorrang ökologischer Belange. Der tatsächlichen Bedeutung wird die theoretische Untermauerung der ökonomischen Nachhaltigkeit nicht gerecht.195 Ein vergleichbar durchgesetztes Handlungsmodell, wie etwa die Managementregeln, ist nicht in Sicht.196 Deren Ressourcenbewirtschaftung ist unter dem Aspekt der Erschöpfbarkeit der Ressourcen und damit mittelbar für das Wirtschaftssystem relevant. Aus der Wirtschaft wird vielfach von einem Verständnis ökonomischer Nachhaltigkeit als dauerhaft quantitatives Wirtschaftswachstum berichtet.197 Die allein quantitative Steigerung des Bruttosozialproduktes kann jedoch kaum mit der Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werden. Sie steht auch nicht mit der Zielsetzung der Nachhaltigkeit als langfristiges Bewirtschaftungsprinzip im Einklang.198 Ökonomische Nachhaltigkeit umfasst den traditionell wirtschaftswissenschaftlichen Bereich, in den etwa die Vorüberlegungen Schumpeters einzuordnen sind.199 Sie wird teilweise durch die erweiterten Ziele des Stabilitätsgesetzes beschrieben.200 Die ökonomische Leistungsfähigkeit der Gesellschaft sei zumindest beizubehalten, möglichst aber quantitativ und qualitativ 192 Walter, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 59 (69). Ohne Einbindung von Unternehmen und Interessenverbänden wird Nachhaltigkeit schon keine Aussicht auf Realisierung zugesprochen, Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (125); vgl. auch: UBA/Z II 5, Umwelt 3/2003, 136 (137). 193 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 27. 194 Bunzel/Löhr, ZfBR 2000. 307 (315); ähnlich auch zur lokalen Ebene: Libbe/ Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (9f.); Verständnis der Umwelt als Ressource der Wirtschaft dominiere die Auslegung, Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (84); kritisch auch: Meyer/Gaum, APuZ 31–32/2002, 25 (26). 195 Leerbegriff, dessen Verdienst allein in seinem wissenschaftlichen Forschungsanreiz liege, Binswanger, ZfU 1/1995, 1 (5). 196 Zu den mikroökonomischen Schritten zu einem nachhaltigen Unternehmen, vgl. etwa: Grothe-Senf, in: Dybe/Rogall (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 203 (204ff.). 197 Menzel, ZRP 2001, 221 (224, sowie Fußnote 31). 198 Menzel, ZRP 2001, 221 (224f.). 199 Vgl. oben: Fn. 133. 200 § 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz, vom 8.6.1967, BGBl I, S. 582, Preisstabilität, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum. Vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 103.

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zu verbessern.201 Zur Steuerung dieses Prozesses wird überwiegend auf das Instrument eines Preiswettbewerbs gesetzt.202 cc) Leitaspekt Soziales Im Sozialbereich hat sich ebenfalls kein anerkanntes „Managementmodell“ etabliert.203 Gerade in sozialen Zielsetzungen ist ein gesellschaftlicher Konsens nur schwer erreichbar.204 Während die Frage sozialer Existenzsicherung [A.II.2.a)cc)(1)] weitgehend außer Streit steht, sind die Problemkreise soziale Gerechtigkeit [A.II.2.a)cc)(2)] und darauf aufbauende gesellschaftlich-politische Erweiterungen [A.II.2.a)cc)(3)] weit von einem Konsens entfernt. Die theoretische Untermauerung des sozialen Leitaspekts hat in der Nachhaltigkeitsdiskussion wohl bisher die wenigste Aufmerksamkeit gefunden205 und wird durch ökologische Belange dominiert.206

201 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/11200, S. 26f.; wiedergegeben auch bei Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (127f.). 202 Dabei sollen die Ressourcenpreise zusätzlich die Knappheit der Güter spiegeln, um Innovationen zu fördern und den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/11200, S. 26f.; vgl. auch bei Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (127f.). Die Idee eines von allem staatlichen Einfluss freien Wettbewerbs sehen jedoch auch diese liberaleren Vertreter als ökonomische „Utopien“, vgl. Breuer, in: Wenz/Issing/Hofmann (Hrsg.), Ökologie, Ökonomie und Jurisprudenz, S. 21 (23). 203 Zwar gibt es einen noch in der Entwicklung stehenden Teilbereich, der sich mit Theorien sozialer Arbeit befasst und einen Bereich des Sozialmanagements. Diese Ansätze sind jedoch mehr darauf ausgerichtet, Theorien für konkrete Problemlösungen, insbesondere für den Lebensalltag der Industriegesellschaft zu erarbeiten, oder Soziales und Leitungswesen sozialer Einrichtungen zu ergründen. 204 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 105. 205 Ähnlich: Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 256; mit einem weiten gesellschaftlichen Ansatz: Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (128). 206 Renner, in: ders./Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 93 (100); insbesondere Erhaltung des ökologischen Realkapitals (starke Nachhaltigkeit), Heins, ZAU 1994, 19 (20). Etwas anderes gilt für die Bedeutung in der Praxis. Der soziale Bereich hat aufgrund des unmittelbaren Bürgerbezugs in lokalen Agenda-Prozessen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, vgl. etwa unten: E.III.3.f).

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(1) Soziale Existenzsicherung Grundsätzliche Einigkeit besteht hinsichtlich der karitativen Fürsorge. Dazu wird etwa die existenznotwendige Grundsicherung mit Nahrung, Kleidung, Wohnung und eine medizinische Grundversorgung gezählt.207 Hier liegt eine Überschneidung mit dem zweiten Leitaspekt vor, da Armutsbekämpfung nicht von ökonomischer Entwicklung abgekoppelt werden kann.208 Die Zusammenhänge und Vernetzungen des sozialen Sektors zu anderen Sektoren sind aus Sicht des sozialen Sektors augenscheinlicher. Nahezu alle sozialen Grundgüter sind mehreren Nachhaltigkeitsdimensionen zuzuordnen.209 (2) Soziale Gerechtigkeit Die Betonung ganzheitlich sozialer Gerechtigkeit210 erfolgt im Sinne einer intra- und intergenerativ gerechten Verteilung der natürlichen Ressourcen.211 Sie wirkt ausgleichend und korrigierend auf Ökonomie und Ökologie.212 Die Errichtung unumkehrbarer Fakten, die spätere selbstbestimmte Entfaltung behindern,213 soll unterbleiben. Das Verhältnis von intra- und intergenerativer Gerechtigkeit ist jedoch umstritten. Eine Ansicht sieht intra- und intergenerative Gerechtigkeit als gleichwertig an.214 Vertreter einer Gleich207 Für viele: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 28. Darüber hinaus auch für soziale Sicherheit mit kulturellen Grundbedürfnissen, Sieben, NVwZ 2003, 1173 (1174). 208 Gewissen Reichtum und ausgeglichene Lebensbedingungen will Schröder, in: Kastenholz/Erdmann/Wolff (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 157 (160f.) als Voraussetzungen nachhaltiger Entwicklung normieren, so dass die politische Umsetzung nachhaltiger Entwicklung seiner Ansicht nach für Entwicklungsländer aufgrund der ökonomischen und sozialen Situation nicht möglich sei. 209 Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 119. 210 Dagegen lehnt eine abweichende Auffassung dies aus dem Grunde ab, dass Nachhaltigkeit ein intergenerationelles Konzept, soziale Gerechtigkeit hingegen ein intragenerationelles Konzept sei, Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (433). Dagegen mit Recht: Menzel, ZRP 2000, 308: Aufkündigung eines Konsenses mittels technokratischer Nachhaltigkeitsvorstellung. 211 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklungen, S. 217. Dabei besteht eine gegenläufige Wirkung von Umverteilung intragenerationeller Gerechtigkeit und geringerer Ressourcennutzung, Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (91). 212 Vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 20f. 213 Sieben, NVwZ 2003, 1173 (1174f.). Im Zweifel soll dem ökologischen System aufgrund der höheren ökonomischen Anpassungsgeschwindigkeit Priorität zukommen, Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklungen, S. 217. Damit ist jedoch zugleich wieder eine inhaltliche Tendenz zu einer stärkeren „ökologischen“ Nachhaltigkeit verbunden.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

ordnung stehen dabei auf einem gerechtigkeitsorientierten Argumentationsstandpunkt215 mit Schwerpunkt im sozialen Sektor. Andere Vertreter betrachten die intergenerative Gerechtigkeit als vorrangig.216 Der Vorrang der intergenerativen Komponente ergibt sich insbesondere aus Sicht des ökologischen oder ökonomischen Sektors. Der Streit über die Einstufung intra- und intergenerationeller Gerechtigkeit ist für die lokalen Agenden von zu vernachlässigender Bedeutung. Beide Ansichten beruhen auf einer unterschiedlichen ethischen Grundauffassung und dürften in ihrer Reinform nicht zu verwirklichen sein.217 Das Grundanliegen, Umverteilung von reich nach arm, ist bei beiden Auffassungen identisch. Die Schwierigkeit liegt in der Bestimmung der Frage, welches Maß gesellschaftlicher Solidarität auch in der Zusammenschau mit ökonomischer und ökologischer Dimension notwendig und durchsetzbar ist.218 In den lokalen Agenden sollte daher nicht Energie in die weitgehend fruchtlose Diskussion investiert werden, sondern das Augenmerk auf die Förderung der 214

Vgl. Kopfmüller u.a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 139ff.; Ott/Bartolomäus, Generationengerechtigkeit 1/2003, 16. 215 Die Prämisse internationaler Gerechtigkeit findet in ihrer Ausprägung als absolut gleiche Ressourcen- und Naturanspruchmenge Kritik, da sie nicht unterschiedliche Anforderungen verschiedener und sei es nur klimatischer Lebensbedingungen berücksichtige, zweifelnd: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 99, Fn. 132. Abweichend: Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 216, der wegen des ethischen Prinzips intergenerationaler und interregionaler Gerechtigkeit den beiden Zielen Umweltverträglichkeit und Internationalverträglichkeit absolute Priorität einräumt als „dritte und höchste Stufe der Entwicklung der Menschheit“. 216 Vgl. BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 14f. Zum Wuppertal-Modell, ökologische und soziale Nachhaltigkeit mit Konzentration auf intergenerativer Gerechtigkeit, vgl. Bückmann/Lee/Simonis, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 15 (17). Nach einer anderen Ansicht ist die Betonung der Gerechtigkeit so weitgehend, dass das Nachhaltigkeitskonzept eigentlich „Sustainable and equitable Development“ lauten sollte, Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 39. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob die Erweiterung in der Umschreibung zu einer leichteren Verbreitung und einem höheren Bekanntheitsgrad des Konzeptes führt. Zum anderen birgt dieser Ansatz inhaltlich nichts Neues. Huber selbst merkt richtig an, dass diese Umschreibung auch als magisches Dreieck bekannt ist, Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 43; ebenso: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 101, Fn. 138. Aus diesem Grund ist es auch völlig überflüssig, zusätzliche Definitionen für identische Begriffe etablieren zu wollen. Treffend konstatiert Kuschnerus, Die „Nachhaltigkeit“ im Abwägungsprozess, S. 149 (150, (Fn. 6)) zu dieser Thematik, die Erfindung neuer Kategorien und Begrifflichkeiten, die gerade im Planungsrecht häufig anzutreffen sei, stelle in diesem Bereich nicht die entscheidende Problematik dar. 217 Dazu im Einzelnen die maßgeblichen Problembereiche unten A.III. 218 Mühlum, BdW 2000, 5 (8).

II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell

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Bereitschaft dieses Grundanliegens gelegt werden. Hilfreich, die abstrakte Frage auf ein vor Ort verständliches Niveau „herunter zu brechen“, sind das „Umweltraumprinzip“ sowie der „ökologische Fußabdruck“. Das von Opshoor entwickelte Umweltraumprinzip stellt einen Versuch dar, intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit zu operationalisieren.219 Hergeleitet wird das Umweltraumprinzip aus dem ethischen Gedanken, dass Gerechtigkeit in der Naturgutnutzung den gleichen Anspruch aller Menschen auf diese Güter bedingt.220 Ähnlich ist der Ansatz zur Berechnung eines ökologischen Fußabdrucks als Indikator zukunftsfähiger Entwicklung.221 Dieser setzt die Umweltauswirkungen menschlicher Aktivitäten in Bezug zur damit verbundenen Flächenbeanspruchung, um einen Vergleich über die regional tragfähige Lebensweise zu erhalten.222 Die ethische Rechtfertigung lässt jedoch außer Acht, dass gewisse Nutzungsstrukturen klimatisch bedingt sind und keine unbesehene Folgerung auf Reduktionsmaßstäbe erlauben.223 Stoffströme, die durch internationalen Handel, auch vielfältige Ver- und Bearbeitungsstationen einschließen, sind zudem nicht mehr sinnvoll auf ein Gebiet beziehbar.224 Der Vorteil dieser Operationalisierungsversuche ist ihre hohe Anschaulichkeit, die die Problematik der Verteilung von Ressourcennutzungen anschaulich visualisiert. Der Lebensstandard der Industrieländer ist vor diesem Hintergrund nicht haltbar.225 Entgegen der inter- und intragenerationellen Umverteilung verengen liberale Sozialvorstellungen Gerechtigkeit auf „Rechtmäßigkeit“.226 Wirkungen, die ungerecht erschienen, seien die notwendigen Konsequenzen der gerechten Handlungen aller Betroffenen.227 Der Ansatz birgt begründete Zweifel 219 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (28); BUND/ MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 26ff.; Kopfmüller u.a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 141. Es will eine Zuteilung gleicher Nutzungsrechte an natürlicher Umwelt und Ressourcen als Summe aller verfügbaren Ressourcen und unter Berücksichtigung der Belastungsgrenze der Umweltmedien pro Individuum erreichen, Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (90). 220 BUND/MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 33ff.; vgl. Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7. 221 BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 15; OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 76f. 222 Vgl. auch: Löhr/Knaus/O’Reagen, ZfU 2004, 79 (86f.); ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 172; vgl. auch: Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (90); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 127. 223 Vgl. dazu: Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (29); zu den verteilungstheoretischen Hintergründen: Young, Equity, S. 12, 79f., 162ff. 224 Vgl. dazu auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 53; Müller, in: Geis/Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 227 (229). 225 Richtig: Menzel, ZRP 2001, 221 (223); Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 5; Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (90).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

an der Vereinbarkeit mit dem sozialen Rechtsstaat.228 Er berücksichtigt die Chancengleichheit nicht genügend. Spätere Generationen müssen die Folgen schlechteren Wirtschaftens ihrer Vorfahren uneingeschränkt mittragen.229 Insofern handelt es sich gerade nicht um eine notwendige Konsequenz gerechter Handlungen von Betroffenen, da keine Anknüpfung an eigenverantwortliche Entscheidungen vorliegt. Vielmehr sind im Resultat „Nichthandelnde“ durch von ihnen „Nichtbeeinflussbare“ beeinträchtigt.230 Liberale Vertreter konnten sich mit ihren Sozialtheorien bisher nicht durchsetzen. (3) Gesellschaftliche Erweiterungen Eine erweiternde Variation des sozialen Teilbereichs nachhaltiger Entwicklung betont neben dem Gerechtigkeitsaspekt noch eine gemeinsame gesellschaftliche Basis eines Grundwertekonsenses.231 Dazu werden unter anderem Grundrechte, aber auch verteilungspolitische Zielsetzungen gezählt.232 Oberziel für all diese Punkte ist die Erhaltung des gesellschaftlichen Leistungspotentials für künftige Generationen.233 Fortentwicklungen 226

Der Markt führe per se zu gerechten Verteilungsergebnissen, so dass die Frage nach sozialer Gerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit überflüssig ist, Hayek, Recht, Gesetzgebung und Freiheit, S. 93ff. 227 Hayek, Recht, Gesetzgebung und Freiheit, S. 62f., 66; Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13. 228 Etwa Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 95. 229 Eng damit verbunden ist die Ansicht, die den Bereich der intergenerativen Gerechtigkeit als zeitliche Dimension der ökonomischen Entwicklung betrachtet, Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 16. 230 Zudem trifft die Annahme nicht zu, dass der Preis die Informationen über das notwendige Wissen beinhaltet, Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13; vgl. schon oben: A.I.2., bei Fn. 23ff. 231 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: dies./Internationaler Rat für Umweltinitiativen (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (6); ähnlich: Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 48, die nachhaltige Entwicklung mit allen Dingen, die sich auf Wohl oder den Nutzen von Individuen auswirken sowie weitere Faktoren etwa Freiheit und Selbstachtung beschreiben. Die politische Zielsetzung ist durch einen beschreibenden Ansatz der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ näher bestimmt. Diese politische Positionierung wird nicht selten in den lokalen Agenda 21-Prozessen aufgegriffen, vgl. Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 15. 232 Vgl. elementare Persönlichkeitsrechte, politische Bürgerrechte, Sozialrechte, sowie ein „moralisches Recht auf Arbeit“, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 20f.; ähnliche Ziele mit etwas anderer Kategorisierung, soziale Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, soziale Integration und Sicherheit, gerechte Verteilung der Lebenschancen und gesellschaftliche Wohlfahrt, Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 105f.

II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell

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fragen operationalisierend nach der besten Umsetzungsmaßnahme234 und wollen neben Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit auch die Partizipation in Entscheidungsprozessen aufnehmen.235 Sie ergebe sich aus der Notwendigkeit der Planung des gesellschaftlichen Miteinanders236 und der Nachvollziehbarkeit und Überzeugung von der Notwendigkeit getroffener Entscheidung.237 Dieser Ansatz wird vor allem zur Legitimation von Partizipation in lokale Agenda 21-Initiativen eingesetzt.238 Eine weite gesellschaftliche Stabilität mit breiten Partizipations- und Mitentscheidungsrechten gewährleistet nachhaltige Entwicklung nicht.239 b) 1-Säulenmodell Das 3-Säulen-Modell wurde aus der Rechtswissenschaft in Frage gestellt. Rehbinder stellte die These auf, für einen entwickelten Staat der ersten Welt komme nur ein 1-Säulenmodell in Betracht, das die Abwägungsgrenzen bei staatlichen Maßnahmen verkörpere.240 In Deutschland liege eine weithin angemessene und soziale Entwicklung vor, die eine Anwendung des Nach233

Vgl. Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/11200, S. 27f.; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 28. 234 In der englischsprachigen Literatur wird noch ein extrem weiter Ansatz vertreten, der die Förderung menschlicher Gesundheit und der allgemeinen Wohlfahrt so weit definiert, dass diese den Schutz lebensnotwendiger Basisressourcen, die Annahme ressourcenbewahrender Siedlungsmuster, Transportsysteme, Handels- und Versorgungsmodalitäten und Recycling umfassen soll, Allen, How to save the world, S. 147. Dieser Ansatz ist in der deutschen Diskussion nur noch sehr vereinzelt anzutreffen. Er erinnert an die Problematik der Verankerung des Umweltstaatsprinzips vor dessen ausdrücklicher Aufnahme in das GG im Sozialstaatsprinzip. Für die lokalen Agenda-Prozesse ist dieser Ansatz kaum mehr bedeutend. 235 Hilligardt, RuR 1998, 9 (11); ähnlich: Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (24). 236 Knemeyer, DVBl 2000, 876 (878), sieht im sozialen Sektor mit der Interaktion der Akteure den wichtigsten Bereich einer Bürgergesellschaft; ebenso: Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 270f., mit den Faktoren Staatsbürgersinn und Gemeinsinn als Gemeinwohlorientierung. Knemeyer postuliert die Beförderung von Bürgerangelegenheiten als Neuauflage der Hand- und Spanndienste, die auf freiwilliger Basis im sozialen Bereich unter dem Begriff Selbsthilfeaufgaben öffentliche Aufgaben in öffentlicher Verantwortung in subsidiaritätsentsprechender Ausführung durch Bürger ausgeführt werden, Knemeyer, ebd. S. (879). 237 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 73; um ein Erodieren der Demokratiebasis zu vermeiden, bestehe die Notwendigkeit einer verstärkten Partizipation und einer ausgeglichenen Ressourcenverteilung, um räumliche und soziale Kohäsion zu gewährleisten, vgl. Heins, ZAU 1994, 19 (21); Kistenmacher/ Mangels, RuR 2000, 89 (90). 238 Menzel, ZRP 2001, 221 (224). 239 Dazu aus Übersichtlichkeitsgründen unten: A.II.2.c)aa).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

haltigkeitsprinzips im engeren Sinne von Umwelt- und Ressourcennutzung sinnvoll mache. Das 3-Säulenmodell gelte nur für Entwicklungsstaaten.241 Der industrieländergeprägten Sichtweise hat sich v. Bubnoff angeschlossen.242 Sie reduziert das Konzept jedoch dann auf den Gedanken, Industriestaat und Umweltstaat zum Ausgleich zu bringen, und ordnet dies dann als Kernanliegen des Umweltschutzes ein.243 Letztlich erkennt sie im Leitbild eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bzw. des allgemeinen umweltrechtlichen Abwägungsgebots, speziell für den Ausgleich von ökologischen und wirtschaftlichen Belangen.244 Die implizite Annahme eines erreichten Ziels in diesen Ansätzen ist problematisch.245 Auch in westlichen Industriestaaten wird vermehrt vor dem Hintergrund innergesellschaftlicher Verwerfungen die hinreichende und angemessene Gewährleistung von Grundbedürfnissen bezweifelt.246 Rehbinder ist denn auch von der Unanwendbarkeit des 3-Säulenmodells für Industriestaaten abgerückt und vertritt nun die unterschiedliche Betonung des 3-Säulenmodells in Bezug auf verschiedene Regionen.247 Die Auffassung v. Bubnoffs ist hingegen abzulehnen. Sie betrachtet rein ergebnisbezogen die Parallelen im Ausgleich verschiedener Belange von Verhältnismäßigkeit und nachhaltiger Entwicklung. Aus dieser Parallele schließt sie, dass das Leitbild Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bzw. des allgemeinen umweltrechtlichen Abwägungsgebots ist.248 Das Verhältnismäßigkeitsprinzip resultiert jedoch aus dem Ausgleich von Prinzipien. Die Optimierung von Prinzipien führt somit zum verhältnismäßigen Aus240 Rehbinder (Diskussionsbeitrag), in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 248. 241 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (731). 242 Ähnlich Rehbinder sieht sie nachhaltige Entwicklung nicht von einem strikten ökologischen Gebotsmaßstab geprägt, sondern auch von der Einbeziehung individueller und kollektiver Entwicklung des Menschen, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 40. 243 Bestätigend wertet sie die Hervorhebung der zeitlichen Dimension des Umweltschutzes, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 45. 244 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 199; wohl auch: Köhn, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 137 (154); sowie Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 5. 245 So zeigte der „Lisbon Report 2004“ des World Economic Forum deutliche Mängel in Deutschland im Bereich sozialer Teilhabe, vgl. FAZ Nr. 98, v. 27.04.2004, S. 11. 246 Altner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 134 (135). 247 In Entwicklungsländern kann sich dies zu einem Vorrang des Entwicklungsaspektes verdichten, Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (724, 730ff.). 248 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 199.

II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell

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gleich der Belange.249 Der Verweis auf die Abwägungsgrenzen führt nicht weiter, da auch in der Abwägung betroffene ökonomische und soziale Belange einzustellen sind. Es kann daher irreführen, diese Belange materiell nicht dem 3-Säulenmodell zuzuordnen. Der Erleichterungseffekt, der in der ausschließlichen Nutzung des Nachhaltigkeitsprinzips in seiner Bedeutung als Ressourcenbewirtschaftung liegen mag, ist vor diesem Hintergrund ein rein semantischer. Ein zweites 1-Säulenmodell berücksichtigt Ökonomie und Soziales nur weitgehend, ohne dass diese eigenständigen Zielcharakter erhalten.250 Diese Position beruht auf einer Durchsetzung ökologisch starker Nachhaltigkeit auch im Verhältnis der Dimensionen untereinander. Dieses Modell verdient, soweit die Vorrangstellung absolut gemeint ist, aus obigen Erwägungen keine Zustimmung.251 c) 4-Säulenmodelle Die 4-Säulenmodelle sind in ihrem Kern keine eigenständigen Ansätze. Sie beruhen, mitunter verschieden eingeteilt, auf dem 3-Säulenmodell. So wird teilweise der ökonomische Sektor unter dem Aspekt der Bedürfnisbefriedigung mit sparsamem Ressourcenumgang und intergenerationaler Gerechtigkeit gekoppelt und als „Zukunftsfähigkeit“ bezeichnet.252 Letztlich liegt in diesem Fall bloß eine neue Zuordnung der Teilbereiche des 3-Säulenmodells unter neuen Oberbegriffen vor. Die Erweiterung der 3-Säulenmodelle erfolgt unter umsetzungsbezogenen Aspekten. Zu unterscheiden sind eine partizipative [A.II.2.c)aa)], subsidiaritätsbezogene [A.II.2.c)bb)] und eine international-kooperative Erweiterung [A.II.2.c)cc)].

249 Vgl. auch: Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 39f. Grund für die Ähnlichkeit ist die Optimierung der drei Prinzipien, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 16. Nicht das Leitbild an sich ist eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die konkretisierte Optimierung des Leitbildes stellt im Ergebnis auch einen verhältnismäßigen Ausgleich dar. Der Ausgleich widerstrebender Prinzipien ergibt sich jedoch aus deren Eigenschaft als Prinzipien, Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 33. Der Ausgleich selbst ist kein Prinzip. 250 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 48. 251 Vgl. oben: A.II.2.a)aa) nach Fn. 184. 252 Vgl. auch zu der weiteren Gliederung: Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Agenda 21, S. 145; Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 17; ähnliche Erweiterung auch: Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (59).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

aa) Partizipation Ob öffentliche Partizipation, die zur aktiven Einbeziehung der betroffenen Menschen in die Entscheidung über eine nachhaltige Entwicklung auffordert, als vierter Teilbereich nachhaltiger Entwicklung anzuerkennen ist, ist nach wie vor umstritten.253 Die Frage der Umsetzung wird auch als institutionelle Dimension der Agenda 21 bezeichnet.254 Sie ist kein rein akademisches Problem. Wenn die Partizipation Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung wäre,255 würde aus dem Umsetzungsziel „nachhaltige Entwicklung“ in der Agenda 21 schon die „Verpflichtung“ zur Partizipation resultieren. Das könnte zur Legitimation der Forderung nach Partizipation in lokale Agenda 21-Prozessen genutzt werden256 und somit den Umsetzungsspielraum der politischen Entscheidungsträger begrenzen.257 Die Brundlandt-Definition weist mit der bedarfsbezogenen Beschreibung keinen spezifischen Bezug zur Umsetzungsfrage auf. Der geschichtliche Zusammenhang weist auf ein Bewirtschaftungsprinzip, das aus der Ressourcenökonomie stammt. Ein partizipativer Ansatz ließe sich nur aus dem sozialen Sektor entwickeln,258 wohingegen ökologischer und ökonomischer Ansatz weniger notwendig eine partizipative Umsetzung bedingen. Ein weiteres Indiz gegen diese Auffassung ist auch die internationale Akzeptanz des Leitbildes nachhaltige Entwicklung, die bei breiter Partizipationsforderung so schwer denkbar ist. Die Einbeziehung der Partizipation als viertes Element nachhaltiger Entwicklung ist daher nicht überzeugend.

253

Vgl. Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Agenda 21, S. 145; Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 17; ähnlich: Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (14), ohne dies als Vierstufenmodell zu kennzeichnen. Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 5; Maasberg, RuR 1998, 90 (92), mit Betonung einer diskursiven Einbeziehung aller Akteure. Partizipation ist danach eine unverzichtbare Mindestbedingung der nachhaltigen Entwicklung, da nur auf breiter gesellschaftlicher Basis ein langfristiger Erfolg möglich sei, Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 170; wohl auch: Kubala/ Petschow, VM 2001, 171 (174); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 158. Vgl. schon die Parallele oben: A.II.2.a)cc)(3). 254 Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 110. 255 Dafür: BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 33. 256 Vgl. die Parallele oben: A.II.2.a)cc), insbesondere Menzel, Fn. 238. 257 So richtig: Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (175). 258 Vgl. dort: A.II.2.a)cc)(3).

II. Nachhaltigkeit als Entwicklungsmodell

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bb) Subsidiarität Die Charta von Aalborg259 nennt als weiteren Handlungsgrundsatz „stufenweises Weitervermitteln nach außen“.260 Dieser fordert, Probleme nicht in die Zukunft oder die Umgebung zu „exportieren“. Eine Lösung soll zunächst in der Gegenwart und auf lokaler Ebene gesucht werden. Erst wenn sich dort keine Lösungsmöglichkeit findet, soll das Problem auf die nächst höhere Ebene abgegeben werden.261 Die Forderung dezentraler Aufgabenerledigung als vorrangige Umsetzungsform ist in der durch Kommunen geprägten Entstehungsgeschichte der Charta von Aalborg begründet. Die Erweiterung ist in strenger Auslegung nicht erfüllbar. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die nachhaltige Entwicklung der Städte nicht losgekoppelt von ihrer Umgebung möglich ist,262 da städtische Ressourcennutzung immer mit einer Umgebungsbeanspruchung verbunden ist.263 Die Ergänzung ist lediglich eine vor allem subsidiaritätsspezifische Betonung der dritten Managementregel.264 cc) Internationale Kooperation Die dritte Erweiterung des 3-Säulenmodells um internationale Kooperation265 steht in engem Zusammenhang zum Leitaspekt Soziales. Ihre Verfechter betrachten die Bewältigung des Nord-Süd-Konflikts als Schlüssel zur globalen Umsetzung nachhaltiger Entwicklung,266 da zunehmende ökologisch-ökonomische Abhängigkeit,267 Komplexität der physikalisch-chemischen Ursache-Wirkungszusammenhänge,268 Langfristigkeit der Wirkun259

Dazu oben: Einleitung I. Charta von Aalborg Teil I.5. 261 Als vorteilhaft wird aus politischer Perspektive insbesondere die Sichtbarmachung des integrativen Ansatzes beurteilt, Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 24. 262 Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 138. 263 Vgl. Albers, Die alte Stadt 1997, 283 (285); Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153; Born/Weber, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 10 (11); Maasberg, RuR 1998, 90. Diese Feststellung erfolgt häufig moralisierend, vgl. Schubert, Raumplanung 73 (1996), 68 (69), der sich gegen die „Verdammung“ der Städte als „Parasiten“ wendet. 264 Insbesondere der Senkenproblematik, dazu oben: A.I.3.a). 265 Vgl. Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53. 266 Caspar, ARSP 1997, 338 (353); zur internationalen Zusammenarbeit als instrumentelle Nachhaltigkeit, auch: Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 298ff. 267 Maasberg, RuR 1998, 90 (95). 268 Auch: Leidig, UPR 2000, 371 (372) „erhebliche Wissensdefizite“. 260

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

gen und mögliche Unumkehrbarkeit der Schädigungen269 nur mit globaler Sichtweise zu bewältigen seien.270 All diese Bedenken können jedoch ohne weiteres dem Aspekt intragenerationeller Gerechtigkeit zugeordnet werden und ohne Bedeutungsverlust eine Zuordnung zu Handlungsgrundlagen der Agenda 21 erhalten.271 Einer eigenständig zu verwirklichenden Säule bedarf es deshalb nicht. 3. Der Syndrom-Ansatz als Nachhaltigkeitsumschreibung Syndromansätze zur Umschreibung nachhaltiger Entwicklung entscheiden sich grundlegend von den vorherrschenden Teilbereichskonzeptionen [s. o. A.II.2.]. Die Syndromansätze verfolgen statt einer ressourcenbezogenen Sichtweise den umgekehrten Weg.272 Sie untersuchen, welche Auswirkungen in Umwelt und Gesellschaft zu konstatieren sind. Diese Auswirkungen werden nach ihrer besonderen Kennzeichnungskraft als Syndrome273 qualifiziert. Ähnlich einer ärztlichen Untersuchung wird dann angestrebt, eine Klärung der Ursachen für das Auftreten des Syndroms zu finden, um sie dann zu beseitigen. Hintergrund ist die Annahme, dass sich die Syndrome nur bei einer nicht nachhaltigen Nutzung ergeben.274 Die Symptome für das Auftreten der Syndrome setzen sich aus menschlicher Sphäre und Natursphäre zusammen. Innerhalb dieser Untergliederung lassen sich Nutzungs-, Entwicklungs- und Senkensyndrome unterscheiden.275 Auch beim Syndrom-Ansatz ergibt sich die Schwierigkeit, Grenzen der Belastbarkeit natürlicher Systeme exakt zu ermitteln. Die Syndromansätze 269

Simonis, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 75 (76). Menzel, ZRP 2001, 221 (223). 271 Etwa Art. 28 als politisch wichtigste Handlungsgrundlage für Nord-Süd Arbeit, vgl. im Ergebnis damit auch: Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 123; Lohse, VR 1997, 202, aber wohl ohne Bejahung einer eigenständigen Dimension. Der Grund für ihre Hervorhebung scheint weniger die mangelhafte Verankerung, als vielmehr die mangelnde Berücksichtigung als Querschnittsaufgabe zu sein: Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 8. 272 Vgl. Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (662). 273 Diese Vorgehensweise findet sich auch im Jahresgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung 1993, indem Veränderungen in Natursphäre und der Wandel der Anthroposphäre in Untersektionen klassifiziert werden und darauf Analysen und Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden, WBGU, Welt im Wandel. Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen. Jahresgutachten 1993, S. 15ff. 274 Streng betrachtet handelt es sich um Indikatoren, vgl. unten: D.III.2.a); D.III.2.b)bb)(1); D.III.2.b)bb). 275 Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (185); Landel/Vogg/ Wüterich, BBodSchG, EinfA Rn. 4ff. (9). 270

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung

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haben den Vorteil, die negativen Folgen eines Verhaltens zumeist noch an konkreten Beispielen darzustellen. Die Negativkataloge sollen als allgemein unerwünschte Phänomene Grundlage für Beschränkungen sein, innerhalb derer sich eine nachhaltige Entwicklung vollziehen kann.276 Aus diesem Grund sind sie für die grundsätzliche Auseinandersetzung über die Einleitung eines Prozesses nachhaltiger Entwicklung sehr hilfreich. Nachteilig, insbesondere für den lokale Agenda 21-Prozess, ist die gerasterte Erfassung. Während die Senkensyndrome auch für deutsche Kommunen Relevanz haben, ist die Mehrzahl von Nutzungs- und Entwicklungssyndromen aufgrund der klimatischen Rahmenbedingungen sowie des erzielten Entwicklungsstands im Naturschutz und Städtebau für die deutschen Kommunen nicht einschlägig.277

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung Die Darstellung von Nachhaltigkeitsmodellen und Modellen nachhaltiger Entwicklung hat gezeigt, dass zwei grundsätzlich gegensätzliche Vorstellungen unterschiedliche Entwürfe zur Folge haben. Der Ausgleich sozialer, ökonomischer und ökologischer Belange wird häufig als „Quadratur des Kreises“ bezeichnet278 und steht vor dem Dilemma, dass jede Entspannung von Spannung von Gerechtigkeitskrise (Arm-Reich) und Naturkrise (Mensch-Natur) die andere Krise zu verschärfen droht.279 Zielkonflikte zwischen den Dimensionen sind damit gar nicht vermeidbar.280 1. Zielkonflikte als strukturelle Folge der Konzeption nachhaltiger Entwicklung Das Phänomen, sich aus den Ansprüchen nachhaltiger Entwicklung der Aufgabe einer „Quadratur des Kreises“ gegenüberzusehen, ist in der Struktur der Nachhaltigkeit angelegt. Es spiegelt sich auch in einem indifferenten 276

Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 126. Vgl. dazu die Syndromdarstellung im Anhang II. 278 Fiedler, Der Städtetag 1997, 484; Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 71. 279 Vgl. Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 36; Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 5; „teils rationalistische Fiktion“, „teils idealistische Kopfgeburt“, so Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 52, bezogen auf den BrundlandtBericht. 280 Vgl. Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 5; Zweifel angesichts der enormen Schwierigkeiten bei der Operationalisierung der ökologischen Nachhaltigkeit Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 13. 277

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Sprachgebrauch. Nachhaltigkeit wird häufig undifferenziert als Regel oder Prinzip bezeichnet.281 Regeln und Prinzipien sind jedoch qualitativ verschieden. Es liegt eine Unterscheidung zwischen zwei Arten von Normen vor.282 Prinzipien sind Optimierungsgebote, die darauf gerichtet sind, dass etwas unter den rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen in einem möglichst hohen Maße verwirklicht wird.283 Prinzipien können in unterschiedlichem Grad erfüllt werden. Regeln erhalten Festsetzungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und sind immer nur erfüllbar oder nicht erfüllbar.284 Regeln und Prinzipien stehen daher in einem Ausschlussverhältnis. Die rechtlichen Möglichkeiten der Prinzipien werden durch anders gerichtete Prinzipien und Regeln bestimmt. Prinzipienkollisionen erfordern eine Güterabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der konkreten Fallentscheidung.285 Sie werden durch ein Zurücktreten eines der beiden Prinzipien gelöst. Der Vorrang kann sich unter anderen Umständen umkehren.286 Regelkonflikte haben demnach eine Geltungsdimension, Prinzipienkonflikte eine Gewichtsdimension.287 Daraus folgt, dass nachhaltige Entwicklung keine Regel darstellt, sondern aus der Prinzipienkollision288 der nachhaltigen Bewirtschaftung der Dimensionen ein optimales Gesellschaftsmanagement erreichen will und somit ein Prinzip ist. Dieser Prinzipiencharakter der Nachhaltigkeit führt 281

Wohl auch: Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 147; vgl. Vallender, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 194 (195); Epiney/Scheyli, SZIER 1997, 247 (264f.). 282 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 72, 75; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 79; R. Dreier, NJW 1986, 890 (892). 283 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 75; Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 51; Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 35; offenlassend: Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 303; a. A. wohl Murswiek, ZUR 2001, 7 (11), der eine uneingeschränkte Geltung einer Sollensaussage für ihren Geltungsbereich annimmt. 284 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 76; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 72ff.; R. Dreier, NJW 1986, 890 (892); Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 33; a. A. Murswiek, ZUR 2001, 7 (11), der dies wohl auch für Prinzipien annimmt. 285 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist daher durch den Prinzipiencharakter impliziert, der, im engeren Sinne, aus der Relativierung der rechtlichen Möglichkeiten folgt, so zutreffend: Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 100; R. Dreier, NJW 1986, 890 (893); Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1154). 286 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 79; auch: R. Dreier, NJW 1986, 890 (892); Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 98f.; zustimmend im Ergebnis ebenfalls: Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 303. 287 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 77ff.; R. Dreier, NJW 1986, 890 (892), mit weiteren Darlegungen zur Herkunft. 288 Von den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung spricht auch: Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 4.

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung

auch dazu, dass die Agenda 21 auf der einen Seite zept“, das maßstäbesetzend für tägliche politische wird, während ihre Gegner sie als „neuer Wein in ökologisch und sozial insgesamt unausgewogen,291 zum Geldverdienen“292 ablehnen.

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als „schlüssiges KonArbeit ist,289 gefeiert alten Schläuchen“,290 „Lüge“ und „Mythos

Es ist daher unstimmig, wenn entwickelte Leitbilder einer nachhaltigen Entwicklung für lokale Agenden oder zur Förderung des Einstiegs in den Prozess ein harmonisches Bild zwischen den Anforderungen ökologischer Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Interessen malen.293 Der Einsatz von Modeworten294 zur Verschleierung von Konflikten oder Legitimation eigener Interessen ist dem Prozess nachhaltiger Entwicklung abträglich. Das bewusste oder unbewusste Verschleiern von Konflikten stellt eine Ursache für Politisierung und Ideologisierung eines Agenda-Prozesses dar und ist damit ein maßgeblicher Faktor für dessen Scheitern.295 Zum einen geht die integrative Wirkung verloren,296 so dass auch kleinere Schritte dadurch erschwert bzw. vereitelt werden. Zum anderen erfolgt auch eine Diskreditierung des Konzeptes als solchem.297 Durch das Offenlegen der Konfliktstränge, die prinzipienbedingt notwendigerweise auftreten, und der mit diesen einhergehenden Argumentationsstrukturen kann zu einer sachorientierten Auseinandersetzung zurückgekehrt werden. Für die Auseinandersetzung haben die Zielkonflikte von Wachstum und Entwicklung [A.III.2.] sowie die Frage global-lokaler Wechselwirkungen [A.III.3.] besondere Bedeutung. 2. Zielkonflikt Wachstum–Entwicklung Weitgehend anerkannt in der Argumentation über die Vereinbarkeit von Wachstum und Entwicklung ist die wirtschaftliche Prämisse, dass Wachstum Voraussetzung für Entwicklung ist.298 Auch nachhaltige Entwicklung benö289 Hohmann, NVwZ 1993, 311 (318); einschränkend: Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 73, zumindest bestimmbar. 290 Hillebrand, BWGZ 1999, 953. 291 Strobach, Die Agenda 21, S. 7. 292 Bergstedt, Politische Ökologie 54 (1998), 7 (8). 293 Zutreffend: Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 20. 294 Dagegen: F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45, 56. 295 Vgl. schon oben nach Fn. 487. 296 Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86. 297 Was sich treffend mit dem Sprichwort „Gebranntes Kind scheut das Feuer“ beschreiben lässt und in den Form der Negativerfahrungen auch an anderer Stelle den Prozess hindern kann, vgl. D.III.1.b)aa).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

tigt demnach Wachstum.299 Dies führt zu einem Konflikt, wenn die Wirtschaft Ressourcen der Umwelt in Anspruch nimmt und auch Wachstum als Voraussetzung der Entwicklung um dies nicht umhin käme. Wirtschaftswachstum und Umwelt sind daher nach einer Auffassung unvereinbar, weil Wirtschaftswachstum immer zu einer erhöhten Umweltbelastung führe.300 Eine Entkoppelung301 führe lediglich zu einem Zeitgewinn, aber keiner Entwicklung in Richtung Zukunftsfähigkeit.302 Gemäßigtere Vertreter erkennen zwar Wachstum als Voraussetzung der Entwicklung an, mahnen aber, durch kurzfristiges Wachstum auf Kosten der Umwelt nicht langfristige Entwicklungsfähigkeit zu zerstören.303 Die Gegenauffassung sieht in der langfristigen Betrachtung eine Überbewertung des Gegensatzes von Ökologie und Ökonomie, der nur bei einem ökozentrischen Verständnis erscheine.304 Eine wirtschaftlich langfristige Nutzung ermögliche ein konsistentes Verständnis,305 so dass zwischen quantitativem Wachstum und der Erhaltung der Lebensbedingungen ein langfristig entkoppelbarer Zielkonflikt stünde.306 Der Versuch, ökonomische Nachhaltigkeit mit strenger ökologischer Grundlage in Einklang zu bringen, gleicht einem Spagat zwischen Realität in Form der Notwendigkeit wirtschaftlicher Entwicklung und angestrebter 298 Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 189; Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a green Economy, S. 30; für die Gegenansicht vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 99ff.; zweifelnd: Daly, Ecol. Economics 2 (1990), 1 (5). 299 Vgl. Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (330). 300 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 370; Boer, in: Ginther/ Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 111 (113) „contradiction in terms“. 301 Ein geringerer Anstieg der Umweltbelastung als das Sozialprodukt. 302 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 371; ein Einklang von Marktinteressen mit ökologischen Belangen ist nach dieser Ansicht eher eine günstige, nicht verallgemeinerbare Fügung, ebd. S. 171. 303 Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 189. 304 Radkau, Natur und Macht, S. 312; ähnlich: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 97. Sie zieht als Beispiel, dass wirtschaftliche und ökologische Zwecksetzung nicht im Widerspruch stehen müssen, die Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit als Voraussetzung künftiger Nutzbarkeit heran. Dabei ist die Fallgestaltung genau so gewählt, dass der Konflikt nur im Einzelfall deshalb nicht zum Tragen kommt, weil bereits vorher die ökonomische Dimension beschnitten worden ist. 305 Vgl. Erz, in: Buchwald/Engelhardt (Hrsg.), Handbuch für Planung Bd. 3, S. 560 (563f.); BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 15. 306 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 142; ablehnend: vgl. Boer, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 111 (113).

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung

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Veränderung bei der ökologischen Güternutzung,307 der nicht immer recht gelingen will.308 Dem liegt auch das Problem zugrunde, dass volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit nicht identische Ziele haben.309 a) Lösungsansatz qualitatives Wachstum Bei einer Unvereinbarkeit von Wachstum und nachhaltiger Entwicklung kann die Lösung des Zielkonfliktes nur in einem Verzicht auf Wachstum liegen. Ohne Wachstum des Bruttosozialproduktes kommt es zum Einfrieren der Einkommen. Es stellt als Summe der erzeugten Güter und Dienstleistungen als Kehrseite auch die Summe der erzielten Einkommen.310 Nullwachstum kann daher nicht mit breiter Akzeptanz in der Bevölkerung rechnen.311 Das theoretisch Notwendige steht aber in der Politik in der Regel unter Vorbehalt des politisch Erreichbaren, so dass spekulative Lösungsansätze von Beginn an unterbunden werden.312 Der Versuch, aus ökologischen Gründen Wachstum bremsen zu wollen, kann die bereits geschilderte Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen und damit auch ökologischer Verheerung hervorbringen.313 Die Absicht, Wachstum aus dem Feld nachhaltiger Entwicklung zu verbannen, ist demnach mehrheitlich unerwünscht. Daher werden definitorische 307 So etwa die Forderung nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung als radikale Strukturveränderung, die als Zielfunktion enthält, dass die natürlichen Lebensgrundlagen aller heute und in Zukunft lebenden Menschen mit den ökonomischen und sozialen Bedingungen in Einklang stehen, wobei Nachhaltigkeitsregeln erfüllt sein müssen, Majer, Wirtschaftwachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 74. Schon die Vereinbarkeit radikaler Veränderungen im Sinne eines Einklangs mit gegensätzlichen Belangen ist kaum vorstellbar. 308 So etwa der Widerspruch im Bestreben Wirtschaftswachstum und Ökologie zu verbinden in der Forderung, langlebige Güter zu konstruieren zugleich mit der Forderung fortlaufender Effizienzsteigerung neuer Güter, vgl. BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 188/201. 309 Menzel, ZRP 2001, 221 (223). 310 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 131f.; Willgerodt, Die unverstandene Wirtschaftskrise, FAZ Nr. 171, vom 26.07.2003, S. 11. Zweifelnd, ob Wachstum wirklich den entscheidenden Faktor für Wohlstandswachstum darstellt: Daly, Ecol. Economics 2 (1990), 1 (5). 311 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 131f.; sie wäre zudem auch nicht nachhaltig, weil konstant Ressourcen verbraucht werden, Priewe, ZfU 2002, 153 (166). 312 Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 381. 313 Vgl. oben: A.II.2.a)aa). Engel, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 131 (148f.). Für die umgekehrte Problematik der Auseinandersetzungen durch verknappte Ressourcen und Klimawandel: Loske, Die Ökologie ist ein starker Innovationsmotor, vgl. DIE ZEIT Nr. 4, v. 15.1.2004, S. 15.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Anstrengungen unternommen, um Wachstum und (nachhaltige) Entwicklung miteinander zu vereinbaren. Ansatzpunkt ist, dass ohne die Verbesserung des gesellschaftlichen Realeinkommens keine (ökonomische) Entwicklung der Gesellschaft zu erwarten ist. Dem wird gegenübergestellt, dass Wachstum, das auf Kosten anderer Belangen erzielt wurde, ebenfalls keine Entwicklung darstellt.314 Entwicklung enthält in der letzteren Verwendung einen moralisch-ethischen Bedeutungsgehalt. Dem Verzicht auf Entwicklung wird „formell“ entgegengetreten und dagegen eine Vereinbarkeit der Entwicklung mit den natürlichen Grenzen als Verantwortung für die Zukunft315 gefordert. Diese normative Verwendung von „Entwicklung“, die eine positive im Sinne einer Weiterentwicklung suggeriert, führt zu einer Ausdifferenzierung von quantitativem und qualitativem Wachstum. aa) Entwicklungsphasen qualitativen Wachstums Qualitatives Wachstum soll sich in drei Phasen vollziehen. In der ersten Phase soll der Umwelteinsatz pro Einheit des Bruttosozialproduktes verringert werden, in der zweiten Phase der Ressourceneinsatz pro Kopf der Bevölkerung. Zusätzlich müssten die Einsparungen durch bessere Umweltnutzung höher sein als zusätzliche Ressourceninanspruchnahmen.316 Die dritte Phase zielt dann auf qualitatives Wachstum durch global absolute Verringerung des Umweltverbrauchs.317 bb) Präferenzimperialismus zur Durchsetzung der Vorhaben Das qualitative Wachstum soll Voraussetzung nachhaltiger Entwicklung sein, mit absoluter Priorität ökologischer Kriterien, Ganzheitlichkeit der Ziele sowie Mittel und Träger einer entscheidenden Rolle demokratischer Lernprozesse.318 Auf diese Weise soll der Widerspruch zwischen der Wachstumsforderung und dem Anstreben eines weniger anspruchsvollen Lebensstils319 überbrückt werden. Diese Ausdifferenzierung erlaubt dann die 314 Vgl. Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a green Economy, S. 30; ähnlich: Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 189; Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung5, S. 96. 315 Vgl. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 98; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 250f. 316 Ähnlich auch mit der Bezeichnung „selektiven Wachstums“: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 132; ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 140f. 317 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (38f.). 318 Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 233; vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 33.

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung

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Aussage, Wachstum sei ein integraler Bestandteil des nachhaltigen Wirtschaftssystems. Es gehe allerdings um qualitatives Wachstum.320 Zum Ausgleich der damit verbundenen Einschränkungen wird ein Mehr an Lebensfreude durch die Erfüllung immaterieller Bedürfnisse empfohlen.321 Die Befürworter der Konsumbeschränkung sehen kaum Nachweise für einen Zusammenhang zwischen Zufriedenheit der Menschen und Einkommenssteigerungen, soweit deren Grundbedürfnisse befriedigt sind.322 Sie folgern daraus einen umgekehrten Zusammenhang zwischen Ökonomie und Lebensqualität, mit der These, die ökonomische Entwicklung habe nicht zu einem Vorteil, sondern zu einer Verminderung des Lebensstandards geführt.323 Die philosophische Frage des Verzichts als neugewonnene Chance zur Befreiung324 wirkt in der Alltagsdiskussion als Verschleierungstaktik.325 Sie suggeriert, der Verzicht sei eine nur schöne Sache, die helfe, die Leiden der „größere(n) Bürde“ aufgrund des materiellen „Mehr vom Gleichen“ zu beseitigen.326 Mohr spricht treffend von „Präferenzimperialismus“, mit dessen Hilfe durch die Änderung von Begriffen den Menschen vorgegeben wird, was sie wollen sollen.327 Einmal erworbener Wohlstand wird jedoch ungern 319 Beaucamp, Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung im Recht, S. 38f.; vgl. Graf Vitzthum, in: ders. (Hrsg.), Völkerrecht, S. 430 Rn. 113f. 320 Dazu: Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 73ff. 321 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 21; v. Weizsäcker/Lovins/Lovins, Faktor vier, S. 325ff.; Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (43), der, ohne sich diese Position zu eigen zu machen, im Extrem eine Rücksichtnahme auf eine nicht greifbare Zukunft zugunsten eines allein innerlichen Gewinns spricht. 322 Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (23). 323 Mehr neuere Güter gäben weniger Befriedigung als wenige alte, Kohr, The breakdown of nations, S. 140. 324 Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (18). 325 „Freundlichkeitsrhetorik“, die dazu benutzt werde, über problematische soziale und ökologische Tatsachen, Dinge die wehtun, hinwegzuspielen, Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 60; ähnlich: Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (170). Spiegelbildlich tritt dieser Vorwurf auch bei denjenigen auf, die dauerhaftes Wachstum ablehnen. Sie betrachten etwa die Diskussion um eine Definition als eine Verschleierungstaktik, um einen positiven Begriff zu bewahren und von der Notwendigkeit schmerzhafter Veränderungen abzurücken, um mittels „spitzfindige(r) akademische(r) Diskussionen“ möglichst geringe Veränderungen im Wohlstand hinnehmen zu müssen, Diefenbacher, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 37 (39f.). 326 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 19 (24). 327 Mohr, in: Gerken (Hrsg.), Ordnungspolitische Grundfragen einer Politik der Nachhaltigkeit, S. 281 (284); ähnlich: Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 12 (13); Ekardt, Das Prinzip Nachhaltigkeit, S. 114 „(öko-)diktatorische Beseitigung der Freiheit“.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

aufgegeben.328 Das qualitative Wachstum strebt die demokratisch nicht mehrheitsfähige Konsequenz eines Null- oder negativen Wachstums an, ohne das so zu nennen.329 Dies scheint auf der Überlegung zu beruhen, durch die Verwendung eines nicht negativ besetzten Begriffs eine bessere demokratische Zustimmungsfähigkeit zu erzielen.330 b) Kritik Die Forderung, qualitatives statt quantitatives Wachstum anzustreben, hat immer weitere Verbreitung gefunden, so dass teilweise schon von einer Verdrängung überkommener wirtschafts- und gesellschaftlicher Paradigmen durch qualitatives Wachstum gesprochen wird.331 Das ist zweifelhaft. Umso mehr sind Bedenken angebracht, wenn die dargestellten Bedingungen qualitativen Wachstums berücksichtigt werden. Wachstum ist ein vorwiegend quantitativ geprägter Begriff. Die Modifikation ist reine Begriffskosmetik. Schon die Verbindung von absoluter Priorität ökologischer Kriterien mit der entscheidenden Rolle demokratischer Lernprozesse332 zeigt deutlich, dass die Forderungen qualitativen Wachstums auch aus Sicht ihrer Verfechter demokratisch nicht durchsetzbar sind. Absolute Priorität der Ökologie und Beschränkung der Ressourceninanspruchnahme führt zu Konsumverzicht und Einsparungen.333 Diese „Einsparungen“ sind aber nicht derart, dass sie den Konsumenten zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Intergenerative und intragenerative Gerechtigkeit bedeuten Umverteilung. Die Einsparungen kommen damit künftigen Generationen bzw. der gleichen, aber materiell weniger begüterteren Generation zugute.334 Besser ist es daher, aus der Sicht der Industriegesellschaft nicht von Einsparungen, sondern von Einschnitten sprechen, die eine Form negativen Wachstums335 darstellen. Die in Verbindung mit qualitativem Wachstum genannte Chance, Vollbeschäftigung und Massenwohlstand zu sichern und gleichzeitig den Ent328

Vgl. auch: SRU, BT-DruckS 12/6995, Rn. 400. Der Sache nach auch: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (43). Allenfalls 5% der Bevölkerung sind zu diesen Konsequenzen bereit, vgl. Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 19. 330 Vgl. ähnlich: Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 4. 331 So etwa: Menzel, ZRP 2001, 223 (224), der jedoch dabei qualitativem Wachstum einen quantitativen Faktor zuschreibt; wohl auch: F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45, 56. 332 Vgl. oben: Majer, Fn. 318. 333 Ähnlich: Lehner, Zukunft der Arbeit, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 175. 334 Vgl. auch: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (43). 335 „Dematerialisierung ist letztlich nichts anderes als die ökologische Kehrseite der Entwicklung (. . .)“, Lehner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 175. 329

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung

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wicklungsländern eine gleichwertige Lebensqualität zu ermöglichen, die ebenfalls ökologisch zukunftsfähig sind,336 geht in der alltagssprachlichen Begriffsbedeutung nicht auf.337 Schon eine nachhaltige Entwicklung mit intergenerativer Gerechtigkeit als Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Gegensätze geht nicht nur über die ökologische Grundlage hinaus, sondern auch daran vorbei.338 Soziale Sicherungssysteme können nur mit einer leistungsfähigen Ökonomie unterhalten werden,339 die ihrerseits eine Inanspruchnahme von Ressourcen bedingt. Soll intragenerative Gerechtigkeit an ökologische Nachhaltigkeit angenähert werden, ist der Begriff Massenwohlstand aus einer intragenerationellen Perspektive zu definieren. Der Ausgleich des enormen globalen Wohlstandstandsgefälles stellt nur aus der Entwicklungsperspektive der ärmeren Regionen einen Wohlstandsgewinn dar. Aus der Sicht der Industriestaaten ist damit ein massiver Einschnitt in den Lebensstandard verbunden. Für die lokale Agenda 21-Prozesse in Deutschland ist das entscheidend, da die Gemeinden auf der Basis der deutschen Industriegesellschaft mit dem Prozess beginnen müssen. Der Begriff „Massenwohlstand“ ist daher irreführend und verschleiert für die Akteure in deutschen Gemeinden eine erhebliche Absenkung des Lebensstandards340 und einen Massenwohlstandsverlust. Grundsätzlich stehen sich somit auch hier die beiden dargestellten unterschiedlichen Auffassungen vom Primat der Ökologie341 innerhalb der drei Dimensionen und die Gleichberechtigung342 der drei Dimensionen343 gegenüber. Ein Primat der 336 337 338

Lehner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 175. Kritisch auch: Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 69. Haber, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 7

(13). 339 Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 40; Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 189; die Bedeutung insbesondere mittelständiger Betriebe für die lokale Sozialstruktur betont: Walter, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 59. 340 Zweifelhaft ist vor dem Hintergrund des umfassenden Einsparungsanspruchs aber auch die Feststellung, mit nachhaltigem Konsumverhalten sei kein Verzicht auf Lebensqualität, sondern ein Gewinn verbunden, Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 20. Die alternative Annahme die verminderte Ressourcennutzung durch Effizienzsteigerungen zu steigern, erscheint aber momentan ebensowenig realistisch, so: Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, S. 136ff.; 189ff.; 194ff. 341 So Finke, IzR 1996, 109; vgl. oben: A.III.2. 342 Ablehnend kritisch: Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (23), die den offenen Streit um das Primat der Ökologie als „eines der größten Defizite“ in der bisherigen Nachhaltigkeitsdiskussion bezeichnen. 343 Nur hingewiesen sei noch auf eine dritte Auffassung. Diese vertritt die zentrale Bedeutung von Ökologie und Kultur, vgl. Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 (667). Eingehend ebd. S. 627

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Ökologie ist wegen der demokratiebedrohenden Zerstörung sozialer und kultureller Ressourcen nicht praktikabel.344 Die Suggestion, Umwelt und Wirtschaft seien so miteinander vereinbar, dass im Grunde kein Bereich Einschnitte hinnehmen muss,345 ist nicht zutreffend. Auch sie stellt das Resultat eines mit Einschnitten verbundenen Ausgleichs dar. Das „Ausspielen“ von ökologischen gegen ökonomische Belange ist auch der integrativen Sichtweise immanent. Es geschieht nur einen Schritt früher, nämlich bei der Gewichtung der konträren Belange auf dem Weg zur Kompromissbildung. Ökonomie und Ökologie stehen in einem grundsätzlichen Gegensatz.346 Sie sind jedoch eng verflochtene Systemkomponenten, die unter anderem durch die Faktoren Arbeit und Technologie verbunden sind.347 In diesen Wechselwirkungen muss der bestmögliche Ausgleich348 im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erzielt werden.

(651ff., 658ff., 665f.), mit der Darlegung eines verfassungstheoretischen Ansatzes zur Zukunftsfähigkeit der Verfassung. Ökonomie und Sozialsektor sollen von diesen abhängig sein, Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26 (29). Diese Auffassung betont insbesondere die kulturellen Errungenschaften und Wissensfortschritte, die durch vorherige Generationen entwickelt worden sind. Sie ähneln dem neoklassischen Gedanken, dass frühere Investitionen auch späteren Generationen zugute kommen, wenn auch keine monetäre Perspektive eingenommen wird. Der Begriff einer kulturellen Dimension tritt häufig in der Bedeutung von Lebensweise auf: Schäfer/ Schön, in: Hübler/Kaether (Hrsg.), Nachhaltige Raum- und Regionalentwicklung, S. 55 (58ff.). Indes lassen sich die Bereiche Arbeits-, Produkt-, politische und ökonomische Kultur auch den drei anderen Bereichen zuordnen, ohne dass es einer vierten Dimension bedarf. Einendes Element wäre ein Bewusstseinswandel, der als Antriebsfeder des Handelns die Arbeitsweise in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen beeinflusst und insofern eine „Klammer“ der gesamtheitlichen Implementation darstellte. Ähnlich: Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 257, die die Kultur als soziale Basis ökonomischer und sozialer Ziele bezeichnen. Ablehnend: Frenz, UPR 2003, 361 (365). 344 Vgl. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 226f.; vgl. auch die Ansätze Fn. 343. 345 „Erinnert an das ebenfalls unerfüllbare magische Viereck des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“, so richtig: Kraft, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 41 (42); ähnlich: Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 13. Gustedt/ Kanning, RuR 1998, 167 (170), die deshalb insbesondere den Begriff eines „harmonischen Dreiklangs“ angreifen; ebenso: Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (31). 346 Mit Logik der Wirtschaft kaum zu vereinbaren, Binswanger, ZfU 1/1995, 1 (4); Kahl, in: Lange (Hrsg.), S. 111 (124). 347 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 15. 348 So auch mit dem Beispiel industrieller Landwirtschaft versus Ernährungsaufgabe der Erdbevölkerung: Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190 (191).

III. Zielkonflikte der nachhaltigen Entwicklung

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3. Global – lokal und ökologischer Strukturwandel Der internationale Wettbewerb bildet einen Zielkonflikt zwischen globalen und lokalen Belangen aus.349 Globale Entwicklungen überschreiten zunehmend die Einwirkungssphäre nationaler Souveränität.350 Kritiker schreiben daher einer lokal nachhaltigen Entwicklung und damit auch einer lokalen Agenda keine Erfolgsaussichten zu.351 Probleme nachhaltiger Entwicklung werden in Deutschland, als entwickeltem und dicht besiedeltem Industrieland, primär im ökologischen Bereich gesehen.352 Zugeständnisse der Gemeinden in Sachen Ökologie sind vor allem dann zu erwarten, wenn ein ökologischer Strukturwandel positive Auswirkungen hat, etwa eine Verbesserung des Arbeitsplatzangebotes353 oder stetiges Steueraufkommen.354 Ökologische Ökonomen betonen insbesondere die Vorteile, die durch Umweltinnovationen355 und ökologischen Strukturwandel eintreten sollen. Sie seien ein Faktor für die Entwicklung einer wissensbasierten, dienstleistungsstarken Wirtschaft.356 Die Wirkungen stellen jedoch keine zwingende Kausalkette dar.357 349 Vgl. auch: Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (12). 350 Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 9; Menzel, ZRP 2001, 221 (223); Zumbansen, KJ 2001, 46 (48, 65f.). 351 Vgl. Stark, Lokale Agenda 21, S. 25; Armut als größtes Hindernis nachhaltiger Entwicklung, die die Prioritäten zulasten von Partizipation und Ökologie verschiebe, Tolentino, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 137 (143). 352 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BT-DruckS 13/11200, S. 18, 43; Müller, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 159; Haber, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 75 (81); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 64; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 59. 353 So geht ein Szenario des UBA von einen rund fünffach stärkeren Arbeitsplatzgewinneffekt gegenüber dem durch Umweltschutz bewirkten Verlust von Arbeitsplätzen aus, UBA (Hrsg.), Umweltschutz – ein Wirtschaftsfaktor, S. 49. Zu der Möglichkeit, durch Umweltschutz Arbeitsplätze zu schaffen auch: Wicke, Umweltökonomie, S. 500ff. 354 Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 73. 355 Ebenso: Lersner, in: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Hrsg.), „Nachhaltigkeit 2000 – tragfähiges Leitbild für die Zukunft?“, S. 67 (68f.). 356 Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (113, 118ff.). Dazu: Brown/ Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 43–46; vgl. auch: UBA (Hrsg.), Umweltschutz – ein Wirtschaftsfaktor, S. 30ff.; Lehner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 174; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (125), jedoch skeptisch, ob sich diese Ansätze zum „Selbstläufer“ entwickeln können. 357 Vgl. das Beispiel der Modernisierung eines Kraftwerks von Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 140f.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Umweltentlastung in Branchen, die ökologische Fortschritte gemacht haben, werden teilweise durch Wachstum in anderen Bereichen sowie steigende Mobilität und Energienachfrage kompensiert oder überkompensiert.358 Dieser Reboundeffekt wirkt umweltinnovativen Entlastungen entgegen. Ökonomische Vorteile durch Umweltschutzmaßnahmen sind je eher zu erwarten, desto intensiver Unternehmen das Marktpotential für Umweltschutzgüter ausschöpfen können.359 Exportvorteile setzen somit eine gesteigerte globale Nachfrage voraus.360 Bei mangelhafter Nachfragekapazität sind daher negative Effekte auf lokaler Ebene durch Umweltschutz zu erwarten.361 Ökologisch wünschenswerte Entwicklungen können Arbeitsplätze freisetzen, die auch durch den technologischen Fortschritt nicht ausgleichbar sind.362 Die Nachfrage nach dem Umweltschutz förderlichen Gütern durch die Verbraucher kann nicht als realistische Grundannahme unterstellt werden.363 Erstrebt ist ein positiver Nachfrageeffekt bei einem öffentlichen Gut. Dessen Verbesserung hat jedoch nicht in gleichem Maß Nutzen für den einzelnen Verbraucher.364 Vorsichtigere Prognosen sehen eine bloße Stabilisierungswirkung auf den Beschäftigungsstand.365 Zudem wird der Arbeitsplatz358 Jänicke/Mönch/Binder, Umweltentlastung durch industriellen Strukturwandel?, S. 103; Radermacher, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 219 (227); ebenso: Leidig, UPR 2000, 371 (374); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (666); sowie Bratzel, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 104ff., 114ff. mit konkreten Beispielen aus der Verkehrspolitik. Zu bereits sich abzeichnenden Entkoppelungstendenzen, Meyer-Krahmer, in: Levi/Danzer (Hrsg.), Umweltverträgliches Wirtschaften, S. 24ff.; Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 56; Levi, atw 42 (1997), 7 (8). 359 Löbbe/Wenke, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 23. 360 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 131. 361 Dybe, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 101 (114ff.,117). 362 Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 140f.; Brusis, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 7 (8f.). 363 Private Kosten und Erträge sind in der Regel nicht in Kongruenz, so Roloff, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 233; vgl. auch unten bei Fn. 391, sowie: E.III.2.b). 364 Projekte im privaten Sektor werden aus der Shareholder-Perspektive bewertet. Diese tendiert dazu, die Ziele und Objekte einer Firma im Sinne der Aktionäre zu bewerten. Projekte im öffentlichen Sektor jedoch sollten nach den Prinzipien und Zielen bewertet werden, die der Gesellschaft als ganzer zugute kommen. Entscheidungen des Privatsektors können daher mit den breiteren Zielen der Gesellschaft inkompatibel sein. Privater und sozialer Profit fallen auseinander, vgl. Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 120. 365 Wicke, Umweltökonomie, S. 498, 500.

IV. Umsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung

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gewinn vor allem in Überwachung, Forschung und Verwaltung gesehen,366 alles Bereiche, deren Finanzierung volkswirtschaftlich erst erwirtschaftet werden muss.367 Branchen mit ressourcen- oder energiereicher Produktion werden grundsätzlich zu „Verlierern“ ökologischer Umsteuerung gehören.368 Ob sich aus der Umgestaltung ein erhöhter Problemdruck auf die Städte ergibt369 oder gar nur reaktive Auffangfunktionen den Gemeinden verbleiben,370 hängt auch maßgeblich davon ab, inwieweit Handel und Direktinvestitionen zwischen entwickelten Industrieländern stattfinden.371 Ökologischer Strukturwandel geht somit nicht automatisch mit positiven Folgewirkungen einher, sondern ist gerade auch mit steigenden Anforderungen an Kommunen und Unternehmen verbunden.372 Die genannten Vorteile können nicht unkritisch in der Diskussion über nachhaltige Entwicklung vor Ort übernommen werden, sondern müssen skeptisch vor dem Hintergrund der örtlichen Situation geprüft werden.

IV. Umsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung Die Theorien nachhaltiger Entwicklung führen als Konsequenz aus den Polen liberaler und ökologischer Nachhaltigkeit zu den drei materiell-inhaltlichen Umsetzungsstrategien der Suffizienz-, [A.IV.2.] Effizienz- [A.IV.3.] und Konsistenzstrategie [A.IV.4.].373 Vorfrage für all diese Umsetzungs366

Vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.), Umweltschutz – ein Wirtschaftsfaktor, S. 44. Gleiches findet sich in ähnlichen Entwürfen zukunftsfähiger Arbeitsfelder, wenn etwa Vortragswesen, Beratungstätigkeit, Fortbildung, pflege- und haushaltsbezogene Dienstleistungen als Schwerpunkte wachsenden Arbeitsmarktpotentials bezeichnet werden, vgl. Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 17. Kritisch auch: FAZ Nr. 160 v. 13.06.2004, S. 11: „Streit um Stellenzuwachs durch erneuerbare Energien“. 368 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 128; zu den Konsequenzen für die Anforderungen an die Arbeitskräfte: Mühlich, in: Heinelt/ders., Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 141 (153). 369 „Too small for the big problems of life and too big for the small problems of life“, Bell, zitiert nach: Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (26); ebenso: Henckel, in: ders u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (298f.); Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 30f. 370 Maasberg, RuR 1998, 90 (95). 371 Der intensive Austausch ermöglicht größere Handlungsmöglichkeiten, als teilweise dargestellt, vgl. Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 22, 69f. 372 Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (12). 373 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 123; Huber, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 39ff.; Levi, atw 42 (1997), 7 (8); zu den Streiten über den Inhalt der Nachhaltigkeit vgl. A.I.2., A.I.3., A.III. 367

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

strategien ist die Frage, ob die Rechtmäßigkeit der Strategie zugleich ihre Voraussetzung ist [A.IV.1.]. 1. Rechtmäßigkeit als Strategievoraussetzung? Spannowsky vertritt die Auffassung, eine Grundbedingung der Nachhaltigkeitsstrategie sei ihre Rechtmäßigkeit. Er begründet dies beispielhaft mit einem Verstoß eines Bebauungsplans gegen das Abwägungsgebot, die eine nicht nachhaltige Planungskonzeption nach sich ziehe, und überträgt dies auf Verstöße gegen nichtigkeitsbegründende Rechtsnormen oder die Undurchführbarkeit der Nachhaltigkeitsstrategie wegen Rechtsverstößen.374 Die Argumentation betrifft die Durchführung der Nachhaltigkeitsstrategie. Davon zu trennen ist aber die Frage, ob der Inhalt dieser Nachhaltigkeitsstrategie materiell dem Nachhaltigkeitsprinzip entspricht. Rechtliche Hindernisse, die der Durchführung der Strategie entgegenstehen, betreffen nicht zwangsläufig den materiellen Inhalt. Ein ethisch begründetes Bewirtschaftungsprinzip ist dann zutreffend, wenn es „an sich“ zielführend wirkt. Die Rechtswidrigkeit der Umsetzung erlaubt wegen der örtlich anwendungsbezogenen Begrenzung nationalen Rechts keine allgemeine Aussage auf das konkretisierte Nachhaltigkeitskonzept als solches.

2. Suffizienzkonzept Das Suffizienzkonzept ist durch den Gedanken gekennzeichnet, durch Verzicht und Genügsamkeit freiwillig oder erzwungen375 weniger Ressourcen in Anspruch zu nehmen.376 Es wird vor allem von Anhängern einer starken Nachhaltigkeit als unabdingbar377 für die Umsetzung einer zukunftsfähigen Entwicklung eingeschätzt.378 374

Spannowsky, DÖV 2000, 569 (575). Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (168). 376 Daneben auch bei der Konsistenzstrategie die Stagnation der Weltbevölkerung, vgl. Rogall, Zukunftsfähige Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 112, Fn. 176, sowie oben: A.I.3.b) und oben Fn. 76. 377 Dagegen: Willgerodt, Die unverstandene Wirtschaftskrise, FAZ Nr. 171, vom 26.07.2003, S. 11. 378 Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 63 (64); abgeschwächt: Rehbinder, NVwZ 2002,657 (662); Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 44; referierend, aber ohne eigene Position zu formulieren: WBGU, Welt im Wandel. Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen. Jahresgutachten 1993, S. 156. 375

IV. Umsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung

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Die Verringerung des materiellen Konsums ist oft verbunden mit einer Lebensstiländerung379 und der Besinnung auf ideelle Werte.380 Insgesamt wird eine Beschränkung im Ressourcenverbrauch bis zu 80% des derzeitigen Verbrauchs angestrebt.381 Ähnliche Vorkonzepte liegen in den Umschreibungen der so genannten Selbstbegrenzungsformel,382 die jedoch mehr ihren Schwerpunkt auf Eigeninitiative und -interesse legt. In Varianten findet sich dieses Konzept auch verbunden mit ausdrücklichen Effizienz-Geboten.383 Die Bevölkerungsdichte,384 selbstschädigende Auswirkungen der Selbstversorgung, die freiwillig nicht durchsetzbar ist, und die Problematik, inwieweit um der Umwelt willen Beschränkungen von Handlungsfreiheiten umsetzbar sind, ohne in unzulässiger Weise Würde und Entfaltungsfreiheit der Menschen zu beeinträchtigen, sind unbewältigte Probleme, die gegen die Anliegen der Suffizienzstrategie sprechen.385 Ein gesellschaftlicher Wertewandel hin zu postmaterialistischen Werten386 ist angesichts der Divergenz 379

Menzel, ZRP 2001, 221 (228). Beispiele etwa: Zurücklegen von Strecken unter 6 km mit dem Fahrrad oder zu Fuß, die gemeinsame Nutzung langlebiger Güter, etwa durch Waschhauskollektive, und Senkung der gewaschenen Wäschemenge, vgl. BUND/MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 167, 294; ähnlich: de Haan/Kuckartz, Umweltbewusstsein, S. 281; Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 62. 380 Etwa die Forderung, bei einer nachhaltigen beschränkten Form des Konsums, den Ausgleich zu der Einschränkung mittels eines Mehrs an Lebensfreude auszugleichen durch die Erfüllung immaterieller Bedürfnisse, UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 21; v. Weizsäcker/Lovins/Lovins, Faktor vier, S. 325ff.; vgl. Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 123ff.; dazu oben: A.III.2.b). 381 Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 63 (64); de Haan/Kuckartz, Umweltbewusstsein: S. 282; Reduzierungsforderungen bis 90% schildert Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664); für eine Reduzierung der Stoffströme um 90% als zentrales Anliegen der Nachhaltigkeit: Schnitzer, in: Freeman/ Puskas/Olbina (Hrsg.), Cleaner Technologies and Cleaner Products for Sustainable Development, S. 25 (27); Loske, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 1996, S. 50 (55); Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, S. 189ff. 382 Schumacher, Small is beautiful, S. 17f.; 142ff.; 276ff.; Illich, Selbstbegrenzung, S. 32ff.; 45ff.; mit dem Plädoyer für kleine ökonomische Einheiten Kohr, The breakdown of nations, S. 133ff., 140. 383 Brakel, Polit. Ökologie spezial, 9/1993, 14 (15f.); Weizsäcker, Umweltstandort Deutschland, S. 252f., 340ff.; Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, S. 123ff., 132ff.; v. Weizsäcker/Lovins/Lovins, Faktor vier, S. 102ff.; dazu auch unten: A.IV.5. 384 Als Hemmnis, das eine Rückkehr zur „Jäger- und Sammlergesellschaft“ nicht zulässt, Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 41f.; Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190 (191). 385 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 127; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (666); Konsumverzicht nicht als „moralische Bekehrungsaufgabe“, UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 221.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

von Denken und Handeln in der Bevölkerung387 keinesfalls im erforderlichen Umfang festzustellen. Der Einsatz von Zwang liegt nach wohl überwiegender und zutreffender Ansicht jenseits der demokratischen Regelungsmöglichkeiten.388 Die Lösung, Suffizienz durch Freiwilligkeit zu erreichen, greift in ihrer Argumentation auf zwei Ansätze zurück. Zum Teil wird eine „Krise des Wohlstands“ als wichtiger Anknüpfungspunkte für Ökologisierung propagiert. Sie schlage sich in Verzicht auf demonstrative Sichtbarmachung von Berufserfolg und einkommensabhängigen Konsum nieder, der mit zunehmender Stärkung kommunikativer Binnenstruktur einhergehe.389 Von anderer Seite wird ein grundsätzlicher Wandel im Konsumententypus prophezeit. „Otto Normalverbraucher“ splitte sich auf in einen zurückhaltenden selektiven Kunden, der auf Qualität statt Quantität achtet, und einen erlebnis- und genussfreudigen Konsumenten.390 Die Prognose stößt auf einige Bedenken. Zwar vermitteln die Verbraucher in Umfragen den Anschein, Qualität statt Quantität im Einkauf vorzuziehen, jedoch besteht seit der Einführung des Euro in Deutschland ein nahezu ungebrochener Kundenzulauf zu den so genannten Discountern.391 Während letzterer Trend zuverlässig und ohne eine Zuordnung zum einzelnen Verbraucher getroffen werden kann, erlauben Umfragen Interpretationsspielraum. Zum einen könnte es sich um eine zwar vorhandene, absolut gesehen jedoch immer noch geringe Bereitschaft zum Kauf teuerer hochwertigerer Produkte handeln. Zum anderen besteht die Möglichkeit einer falschen Aussage der befragten Personen aufgrund individuellen Kontakts oder Identifikationsbefürchtungen. Eine positive Beurteilung der Aussichten bei allein freiwilliger Suffizienz kann daraus jedoch nicht erwachsen. Die verbleibende Alternative staatlicher Zwangsmaßnahmen ist nicht als adäquater Lösungsweg für Deutschland anerkannt.392 Neben rechtlichen, insbesondere demokratischen Bedenken393 werden insbesondere umfassen386

Taliani, in: Walterscheid (Hrsg.), Entrepreneurship in Forschung und Lehre,

S. 75. 387

Dazu unten: E.III.2.b). Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 127, 130; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 342f.; Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (100); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (666); Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (43); ähnlich für den Verkehrssektor: Becker/Elsel, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 205. Für die rein faktische Zwangswirkung äußerer (natürlicher) Umstände gilt dies nicht. 389 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 234. 390 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 209. 391 Vgl. Handelsblatt Nr. 39 vom 25.02.2004, S. 16. 392 Vgl. nur Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 20. 388

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der Interventionismus,394 diktatorische Mittel zur Durchsetzung und Innovationsfeindlichkeit395 befürchtet. Die nicht auffangbaren massiven Verzichtsforderungen könnten zu Verwerfungen in der Gesellschaft führen.396 Die isolierte Anwendung der Suffizienzstrategie kann daher, insbesondere in der materiell strengen Form, als unrealistisch,397 wenigstens aber als „Hantieren mit unguten Mitteln im Namen guter Absichten“ beurteilt werden.398 Die Praxis steht bei der Forderung nach Einsparungen vor Konflikten. Eine zukunftsorientierte Politik an Bedürfnissen der Bürger vorbei erscheint unmöglich.399 Allein Effektivierungsmaßnahmen gewährleisten jedoch kaum den Erhalt der Lebens- und Produktionsgrundlagen.400 Da dieses Problem jedoch alle Industrieländer betrifft, ist dies der Einsicht in singuläre Verzichtsmaßnahmen nicht dienlich und der Konflikt weitgehend unbewältigt. Das Suffizienzkonzept findet in der Praxis daher kaum Anklang.401 Die Bereitschaft, Wohlstand zu überdenken, ist gering.402 Die Förderung von Suffizienz seitens der Entscheidungsträger erscheint schwierig, solange einschneidende Maßnahmen keine Akzeptanz403 in der Bevölkerung finden.404

393

Vgl. oben: A.IV.1., insbesondere Fußnote 388. Klemmer, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 188 (211). 395 Levi, atw 42 (1997), 7 (8). 396 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664); zumindest nachhaltigkeitswidrige Auswirkungen im ökonomischen und sozialen Sektor, Klemmer, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 188 (213). 397 Huber, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 31 (40). 398 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 131. 399 Vgl. nunmehr auch die Abkehr der „GRÜNEN“ vom Konzept der „Verkehrswende“ als „ein Stück Lebenslüge“, FAZ Nr. 96, v. 24.04.2004, S. 11. 400 Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (28). 401 So sind in den „21 Tipps für einen ökologischen Lebensstil, Agenda 21 ganz privat“ die Tipps zur Förderung eines suffizienten Lebensstils in mehr als 75% mit zusätzlichen ökonomischen Begründungen versehen, vgl. Rösler (Hrsg.), Zukunftsfähiges München S. 120f. Dies steht ganz im Einklang mit der These zur Prozessbegleitung, die besonderen Erfolg für die Maßnahmen sieht, die ökonomische Vorteile versprechen, vgl. Kraus, UPR 1998, 299 (300). 402 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 126; vgl. auch unten: E.III.2.b), E.III.2.b)cc). 403 So kursiert die Einschätzung, dass nur 2% der Bevölkerung „im Umkreis des alternativen Milieus“ Suffizienz akzeptierten, vgl. Rheingans, Zukunftsfähige Lebensstile, S. 6. 404 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 230. In diese Richtung auch: Rogall, zukunftsfähige Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 421. 394

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3. Effizienzkonzepte Im Einklang mit der neoklassischen Umweltökonomie405 wollen Effizienzkonzepte das Ziel betrieblicher Wirtschaftlichkeitsprinzipien auch auf ökologische Zusammenhänge anwenden.406 Vor allem seitens der Wirtschaft wird das Effizienzkonzept auch in der Form technischer Fortentwicklung als Lösung betrachtet.407 Es soll eine Verbesserung des InputOutput-Verhältnisses, eine Steigerung der Stoff- und Energieeffizienz der Ressourcenproduktivität angestrebt werden.408 In diesen Bereich sind auch Produktverbesserungskonzepte (Langlebigkeit) und Vielfachnutzungskonzepte einzuordnen.409 Es kursieren Zahlen von einer Vervierfachung bis Verzehnfachung der Ressourcenproduktivität.410 Sie soll zu einer relativen oder absoluten Verminderung der Umweltmedienbelastung führen.411 Das Potential der Effektivierungsstrategie zur Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung wird zwar als hilfreich, aber für sich allein niemals hinreichend 405

Vgl. dazu oben: A.I.2.; Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (88, Tabelle 1). Rogall, Zukunftsfähige Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 396–422. 407 Schneider, Arbeitgeber 1994, 102; Huber, in: Fritz u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 31 (41). Für die Ausarbeitung durch die Wirtschaft: „Am effektivsten ist meist das, was die Wirtschaft aus eigenem Antrieb tut.“, Radkau, Natur und Macht, S. 335; vgl. weiter Mez/Jänicke/Binder, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 10; Frenz, ZG 1999, 143 (151); Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (30). Skeptisch: Willgerodt, Die unverstandene Wirtschaftskrise, FAZ Nr. 171, vom 26.07.2003, S. 11, der beim Ersatz fossiler Brennstoffe durch andere Energien deren teurere Produktion sieht und befürchtet, man wolle „Heller und das Weckli zugleich“. 408 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 132; ders., Unternehmen Umwelt, S. 21; auch: Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 34, 36f., 43. Ein Schwerpunkt liegt im nachsorgenden Umweltschutz, vgl. Weber, Gute Beispiele, S. 21; zweifelnd, ob dieser hinreichende Bedingung sein kann: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 111; Renn/ Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (40); Meyer-Krahmer, in: Levi/Danzer, Umweltverträgliches Wirtschaften, S. 24, 26, 30f. 409 Dazu: Stahel, Langlebigkeit und Materialrecycling, S. 1ff.; ders., in: Rat für Formgebung (Hrsg.), Vernetztes Arbeiten. Design und Umwelt, S. 34 (35, 37, 45); Huber, in: Rat für Formgebung (Hrsg.), Vernetztes Arbeiten. Design und Umwelt, S. 52 (62f.). 410 Vgl. BUND/MISEREOR (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, S. 191, 287 (Reduktion um 80–90%); v. Weizsäcker/Lovins/Lovins, Faktor vier, S. 15, 31ff.; 102ff. 411 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 133; ähnlich: Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 256. Das Effizienzkonzept beschränkt sich somit keinesfalls auf die neoklassische Umweltökonomie, womit die Verbindungen zur Ökologischen Ökonomie wieder erkennbar sind, so aber wohl: Renn/ Kastenholz, GAIA 1996, 86 (88 Tabelle 1). 406

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beurteilt.412 Grund dafür sind die Auswirkungen des Rebound-Effekts und die höhere Inanspruchnahme von Ressourcen in Industrieländern.413 4. Konsistenzstrategie Der Ausgangspunkt der häufig zu findenden Konsistenzstrategie ist schon im Brundlandtreport enthalten.414 Die Konsistenzstrategie will möglichst gut angepasste Stoffströme erzielen.415 Die damit intendierte Nutzung der Ressourcen mit den am wenigsten schädlichen Auswirkungen beinhaltet, wie die Effizienzstrategie, eine Berücksichtigung von technischem Fortschritt.416 Abgrenzungsschwierigkeiten zur Suffizienzstrategie treten aufgrund der parallelen Vermeidungsproblematik auf.417 5. Koppelung der Ansätze Vorzugswürdig und weitgehend präferiert wird eine Gesamtstrategie, die die ökologische Angepasstheit der Stoffströme verbessert (Konsistenz), dann die Ressourcenproduktivität optimal steigert (Effizienz) und zusätzlich mit der Suffizienzstrategie arbeitet.418 Die Koppelung beruht auf den als unzureichend beurteilten materiellen Erfolgsaussichten von Effizienz- und Konsistenzstrategie, bzw. auf den schon mangelhaften Umsetzungsaussichten der Suffizienzstrategie. Sie stellt eine pragmatische Mischung der Vorteile der drei Strategien dar, kann unterschiedliche Intensitätsgrade aufweisen und präferiert mehr eine märkteverbundene als eine moralische Steuerung.419

412

Vgl. auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 49; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 107; Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 111. 413 Vgl. oben: A.III.3. bei Fn. 358. Radermacher, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 219 (228). 414 Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 12 (13f.); auch als Substitutionsstrategie bezeichnet: Rogall, Zukunftsfähige Umweltund Wirtschaftspolitik, S. 113. Brundlandtreport, S. 40, „to archive trade, capital and technology flows that are constant with environmental imperatives“. 415 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 138. 416 Levi, atw 42 (1997), 7 (8). 417 Rogall, Zukunftsfähige Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 420. 418 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 157; Lehn, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 99f.; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 20; AG 21, Kap. 4. 419 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 159.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

V. Nachhaltigkeit und Vorsorge Die langfristige Entwicklungsperspektive nachhaltiger Entwicklung beinhaltet einen Vorsorgegedanken. Im Recht ist das Vorsorgeprinzip neben Kooperations- und Verursacherprinzip mittlerweile als ein tragendes Prinzip des Umweltrechts etabliert.420 Neben seiner Ausprägung in zahlreichen einfachen Gesetzen ist es auch in Art. 20a GG verankert.421 Sein Verhältnis zur Nachhaltigkeit ist bis heute nicht befriedigend geklärt.422 Nachhaltige Entwicklung könnte als Teil des Vorsorgeprinzips auch rechtlich anerkannte Handlungsmaxime für die Gemeinden sein. Die Einordnung beeinflusst somit insbesondere die Auslegung und Anwendung der umweltrelevanten Gesetze für eine lokale Agenda 21. 1. Variationen des Vorsorgebegriffs Ein weitausgelegter Vorsorgebegriff ist vor allem in Politik- und Gesellschaftswissenschaften zu finden. Vereinzelte Vorstöße aus der Rechtswissenschaft schließen sich dem an.423 Umweltpolitische Vorsorge enthält in dieser Lesart die langfristige Ausrichtung und Förderung umweltfreundlichen technischen Fortschritts,424 ergänzt um den intergenerativen Gedanken, Freiräume für künftige Generationen zu erhalten.425 Die umfassende Interpretation als Prinzip der Umweltpolitik426 ist auf den Umweltbericht 1976 der Bundesregierung herzurühren, der wiederum identische Formulierungen aus der Umweltplanung von 1971 übernahm.427 420 Di Fabio, DVBl 1990, 338; Spoerr, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1998, S. 281 (285); von Rechtsgrundsätzen sprechen: Schmidt, DÖV 1994, 749; Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen, S. 13, Rn. 2. Zu dem neueren umweltrechtlichen Prinzipienstreit: Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111ff. 421 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 83, arbeitet u. a. Ausprägungen in §§ 1, 5 I Nr. 2, 3 BImSchG; § 7 II Nr. 3 AtomG; §§ 1, 6 II GenTG; § 1a I, 7a WHG; § 1a, § 3 II 3, § 14 AbfG; § 1, §§ 4ff. Krw/AbfG; § 2 I Nr. 3 § 7, 8 II, III BNatSchG; § 7 BBodSchG heraus. 422 Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (133). 423 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 82; ähnlich schon: Rehbinder, NuR 1997, 313 (316). 424 Einige schließen darauf auf ein Nachhaltigkeitsgebot im Sinne effizienter Umweltpolitik, Bückmann/Lee/Simonis, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 15 (17). 425 Zimmermann, in: ders./Hartje/Ryll, Ökologische Modernisierung der Produktion, S. 19 (72). 426 Für ein derartiges Rechtsprinzip: Spoerr, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1998, S. 281 (285).

V. Nachhaltigkeit und Vorsorge

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In einem solch weiten Verständnis hat sich der Begriff der Vorsorge in der deutschen Rechtswissenschaft nicht durchgesetzt. Der in der Rechtswissenschaft vorherrschende Vorsorgebegriff ist enger an die Abwehr einer möglichen Gefahr orientiert.428 Das Vermeidungsobjekt der Vorsorge ist nicht der aus der konkreten Gefahr drohende Schaden, sondern bereits die Gefahr.429 Die Vorsorge setzt schon im Vorfeld der Gefahr an, indem sie auf die Vermeidung von konkreten Gefahren und konkret gefahrähnlichen Situationen zielt.430 Für die Annahme einer Gefahr reicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.431 Dagegen umfasst ein Risiko auch die geringste Möglichkeit eines Schadenseintritts.432 Vorsorge soll damit zur Abwehr von Bedrohungen bei nicht nachweisbaren Zusammenhängen dienen, bei denen aus Vernunftgründen aber Vorsicht angeraten ist.433 Aus diesem Grund werden nach Wertigkeit des Schutzgutes und möglichem Schaden in relativer Betrachtung plausible Anhaltspunkte für ein Risiko gefordert.434 Dabei sind die Grundrechte des Belasteten und das allgemeine Lebensrisiko verhältnismäßig einzustellen.435 Auf der anderen Seite ist in der Abwägung insbesondere bei Forschungsvorhaben die Wissenschaftsfreiheit zu berücksichtigen. Dieser konkrete Gefahrenverdacht verhindert „Vorsorge ins 427 Vgl. Umweltbericht ’76, BT-DruckS 7/5684, S. 9; Zimmermann, in: ders. u. a., Ökologische Modernisierung der Produktion, S. 19 (23). 428 Zimmermann, in: ders. u. a., Ökologische Modernisierung der Produktion, S. 19 (72); vgl. auch: Rehbinder, NuR 1997, 313 (321); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111f.; kritisch: Zimmermann, ebd., S. 19 (29f.). 429 Schmidt, DÖV 1994, 749 (753); Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (134). 430 Sendler, UPR 1983, 33 (43); Hofmann, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltstaat, S. 1 (32f.); Schmidt, DÖV 1994, 749 (752). 431 Dazu etwa: Prittwitz, in: Simonis (Hrsg.), Präventive Umweltpolitik, S. 50f.; Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 63. 432 Vgl. etwa: Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 82ff.; Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (132). 433 Dieser Zusammenhang wird z. T. als „Handeln müssen bei Nicht-Wissen“ beschrieben, Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (93); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (134); „Ignoranztheorie“. 434 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (736). Dabei werden Vorteile und Risiko eingestellt. Je geringer das Schutzgut und je unwahrscheinlicher die Gefahr, desto höher die schutzauslösende Gefahrenschwelle, Hofmann, in: ders., Verfassungsrechtliche Perspektiven, S. 349 (353). Ein vollständiger Ausschluß jeglicher Gefährdung ist nicht verpflichtend und übersteigt die Grenzen des Erkenntnisvermögens, so dass auch die probeweise Zulassung gefahrgeneigter Technik möglich ist, Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (132). 435 Vgl. Kloepfer u. a., UGB-AT, S. 8; allgemein: Ossenbühl, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Abwägung im Recht, S. 25 (27).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Blaue“ und rechtsstaatliche Freiräume.436 Indem Vorsorge so Risikosteuerung unterhalb der Gefahrenschwelle betrifft,437 wird die Unterscheidung zwischen Vorsorge und Gefahrenabwehr zu einer rechtlichen Wertung über das hinzunehmende Risiko.438 Die Gefahrenabwehr erscheint dabei zum Teil als „Sockel“ des Vorsorgeprinzips,439 zum Teil auch als eigenständiges Prinzip.440 In einer erweiternden Auffassung wird der engeren Vorsorge auch die dauerhafte Ressourcenbewirtschaftung441 neben der Risikosteuerung unterhalb der Gefahren436 Hofmann, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltstaat, S. 1 (33): „fast schon antithetische Spannung zum Rechtsstaatsprinzip“; vgl. auch: Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (736); Köck, NuR 1997, 528 (530). Die Rechtsprechung neigt zu einer Erweiterung der Gefahrenabwehr. Das BVerwG sieht Vorsorge dann als gerechtfertigt an, wenn aus Gründen der Vorsicht mehr verlangt wird, als kausal nachgewiesen werden kann, weil Schadensmöglichkeiten einbezogen werden, die sich nach derzeitigem Wissensstand weder kausal bejaht noch verneint werden können, BVerwGE 72, 300, 315. Nach Ansicht des BVerfG besteht Gefahr erst dann nicht mehr, wenn jenseits der Schwelle praktischer Vernunft die Grenzen das menschliche Erkenntnisvermögen übersteigen würden, BVerfGE 49, 89, 143; Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 63f.; Werner, UPR 2001, 335 (336f.); kritisch: Reinhardt, in: Marburger/ ders./Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, S. 73 (100): „womöglich Offenbarungseid rechtswissenschaftlicher Hermeneutik“. Zweifelnd ob jenseits dieser Schwelle überhaupt noch von Risikovorsorge denkbar ist: Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 86; kritisch auch: Rehbinder, in: Simonis (Hrsg.), Präventive Umweltpolitik, S. 132: „Keine Möglichkeit einer wirklichen Abgrenzung von Gefahr (Schutzprinzip) und Risiko (Vorsorgeprinzip)“, sowie Kühling, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 151 (164). Vgl. auch Schulze-Fielitz, in: Horn (Hrsg.), Recht im Pluralismus, S. 407 (414, 422), der allgemein eine Erosion des Gefahrbegriffs und stärker spekulative Vermutungen konstatiert. Zustimmend zum Schutzniveau der Rechtsprechung, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 57, jedoch ablehnend hinsichtlich der Bestimmung, ebd. S. 77; gegen diese Kritik als zu dehnbarer Maßstab: Fleury, ebd., S. 63. 437 Di Fabio, DVBl 1990, 338; Stolleis, Erwartungen an das Recht, FAZ Nr. 302, vom 30.12.2003, S. 7. Gegen Grundrechtseingriffe durch solch eine Vorsorge: Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 46. 438 Schmidt, DÖV 1994, 749 (753); Werner, UPR 2001, 335 (337); Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (132); Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 63f. Kritik erhebt sich vor allem gegen die Festlegung durch die Verwaltung ohne gesellschaftliche Diskussion: Roller, Politische Ökologie 60 (1999), 55 (56); Scherzberg, ebd., S. 140. 439 Vgl. Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 7; ähnlich: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 102, Umweltschutz als Bestandteil des Staatszwecks Sicherheit. 440 Vgl. Sendler u. a., UGB-KommE, S. 448. 441 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 130; Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 149; Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (132); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt,

V. Nachhaltigkeit und Vorsorge

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schwelle zugeordnet.442 Sie bezieht sich auf Bewirtschaftung der natürlichen, erneuerbaren Ressourcen, die mit den Managementregeln beschrieben werden,443 ohne sie so zu bezeichnen. Sie greift damit das Anliegen ökologischer Nachhaltigkeit auf und erweitert die Vorsorge zur Freiraumschaffung für künftige Belastungen.444 2. Das Verhältnis Nachhaltigkeit–Vorsorge Eine enge Verwandtschaft der Prinzipien ist weitgehend unbestritten.445 Umstritten ist neben dem Grundverständnis des Vorsorgebegriffs, ob das Vorsorge- das Nachhaltigkeitsprinzip dominiert oder umgekehrt.446 Zur Unübersichtlichkeit dieser Frage trägt noch bei, dass Nachhaltigkeit mitunter in der Form des Bewirtschaftungsprinzips verwendet wird, ohne dies zu kennzeichnen.447 Eine Ansicht betrachtet die Vorsorge als das weitergehende der beiden Prinzipien und fasst Vorsorge somit als Oberprinzip auf. Die Nachhaltigkeit wird als Unter- bzw. Nebenprinzip des Vorsorgeprinzips eingeordnet.448 Die Wirtschaft und Recht, S. 111 (134f.); Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 38. 442 BVerwGE 69, 37, 44f.; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 12, 16ff.; Hoppe/ Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 127, 132; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 2 Rn. 19f.; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 85f.; Callies, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 167ff., 175; vgl. auch: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (660); Werner, UPR 2001, 335 (336); Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 190; Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 10. 443 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 131f. 444 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (741); Köck, in: Gawel/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Rationale Umweltpolitik – Rationales Umweltrecht, S. 323 (337); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (133); BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 56. Daneben konkretisiert sie Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung für den Gesundheitsschutz, Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 191; Waechter, NuR 1996, 321 (326); Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 73. 445 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 133. Zur Überschneidung mit dem Prinzip, die Umweltbelange in andere Politikbereiche zu integrieren, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 50; Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 229; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (666). 446 Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (92). 447 Vgl. schon oben: A.II.1. So wird aus der Handlungsmöglichkeit unterhalb der Gefahrenschwelle gefolgert, das Vorsorgeprinzip sei spannender und rechtsbedeutsamer als das Nachhaltigkeitsprinzip, Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (94); genau zum Gegenteil gelangt Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1085), allerdings in der Beschränkung auf die ökologische Dimension.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

Unterordnung erfolgt vor allem hinsichtlich des Überschneidungsbereichs in der Vorsorgevariante Freiraum- und Ressourcenschutz.449 Die Freiraumthese bildet dann in einem weitergedachten Zusammenhang eines ökologischen Generationenvertrags die Parallele zum Anspruch intergenererationeller Gerechtigkeit der nachhaltigen Entwicklung.450 Abgelehnt wird die Teilidentität mit dem Argument, die nur schwache Parallele in planerischen Elementen reiche nicht zur Teilidentität aus.451 Ressourcenschonung und Vorsorgeprinzip seien nur schwer in Einklang zu bringen, da stets ein Gefahrenverdacht von Nöten sei452 und eine davon abgekoppelte Bewirtschaftung möglicherweise auch unverhältnismäßig sei.453 448 Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 31; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 243; Rehbinder, in: Simonis (Hrsg.), Präventive Umweltpolitik, S. 133; einschränkend: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661); für Teilidentität: Schröder, WiVerw 95, 65 (74); Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449, (470). Dagegen: Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1085). Einige teilen zwar noch diese Grundeinordnung, prognostizieren jedoch die Verselbständigung der Nachhaltigkeit, Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 96. Die Einordnung ist nicht immer konsistent. v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 197, ordnet Nachhaltigkeit der Ressourcenbewirtschaftung als selbständigen Teilaspekt der Vorsorge ein. Zuvor erfolgte schon die Einordnung als Ausprägung des umweltrechtlichen Vorsorgeprinzips ebd. S. 90. Kaum mehr nachvollziehbar ist dann jedoch die abschließende Einordnung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung als einen Teilaspekt der Vorsorge hinsichtlich langfristigen Umweltschutzes, ebd. S. 198. 449 Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stoffstromrecht, S. 447. Vorsorge ist nach einer Auffassung planungsrechtliches Instrument für die Erhaltung bzw. Offenhaltung von Freiräumen (Freiraumtheorie), Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 8; Waechter, NuR 1996, 321 (326); Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 73; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 26, 31. Diese Interpretation findet sich vor allem in Verbindung mit der Ressourcenschonung in § 5 I Nr. 2 BImSchG, Rehbinder, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 33; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 10 Rn. 155; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 164f. Sie wird mit Wortlautargument und Systematik der Vorsorgeplanung bestritten. Grundannahme ist ein ermessensunabhängiger Genehmigungsanspruch aus § 6 BImSchG, Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 26, § 14 Rn. 105f.; Erbguth, Rechtssystematische Fragen des Umweltrechts, S. 224, 227f.; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 84, 152; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 109 erweiternd erst voll wirksam bei unterverfassungsrechtlicher Konkretisierung; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 10 Rn. 157; Roßnagel, in: Koch/ Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 5 Rn. 480; zweifelnd zur Freiraumthese hinsichtlich nichtstofflicher Belastungen: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (660f.); keine planerische Komponente: Kloepfer, Umweltrecht, § 14 Rn. 106. 450 Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1085); vgl. Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (134f.). 451 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 321. 452 So auch v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 85.

V. Nachhaltigkeit und Vorsorge

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Die andere Auffassung vertritt eine eigenständige Bedeutung nachhaltiger Entwicklung neben dem Vorsorgeprinzip.454 Dauerhaft umweltgerechte Entwicklung wird dabei teilweise als Weiterführung des Vorsorgeprinzips455 verstanden, teilweise findet sich ein dualistisches Verständnis.456 Aufgrund fachgesetzlicher Ausrichtung und mangelnder integrativökologischer Ausrichtung sei das Vorsorgeprinzip enger als das Nachhaltigkeitsprinzip.457 Eine eigene Zukunftsdimension fehle dem Vorsorgeprinzip.458 Die weitere Auffassung sieht im Vorsorgeprinzip eine stärkere ökologische Akzentuierung sowie eine stärkere Berücksichtigung sicherheitsrechtlicher Perspektiven.459 3. Stellungnahme Ein Verständnis der Vorsorge im politisch weitgehenden Sinne gelangt zu einer Identität mit der nachhaltigen Entwicklung.460 Risiko- und Gefahrenvorsorge fallen bei diesem Verständnis, wie auch die Ressourcenvorsorge, unter Ausprägungen des Vorsorgeprinzips.461 Daher ist die Kritik zu diesem Vorsorgebegriff auch nahezu identisch mit der Kritik zur nachhalti453 Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 43f.; wohl auch: Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 103; v. Lersner, Vorsorgeprinzip, Sp. 2703 (2706f.); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 322. In der weiteren politischen Vorsorgedefinition stellt sich dieses Problem nicht. Nachhaltigkeit ist dort ohne weiteres als eigenständiger Bestandteil der Vorsorge aufzufassen, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 83. 454 Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1085), „Ergänzungsverhältnis“; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (660); Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 146f.; einschränkend: Schröder, WiVerw 1995, 65 (75). 455 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 48. 456 Vorsorgeprinzip setzt das Nachhaltigkeitsprinzip voraus, umgekehrt schaut Nachhaltigkeitsprinzip zum Vorsorgeprinzip hinüber, vgl. Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (95); ähnlich: Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 133 insoweit zweideutig Ableitung aus Vorsorgeprinzip und enge Verwandtschaft. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (470), spricht von einer Überschneidung, wobei das Vorsorgeprinzip auch Teile der Nachhaltigkeit erfasse; zu den Verflechtungen auch: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661). 457 Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1085); ähnlich: Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (743), Umweltrecht zugeordnet, eindimensional und wenig komplex. 458 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661); ähnlich: Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stoffstromrecht, S. 447. 459 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (470f.). 460 So auch: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 82. 461 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 83; ähnlich: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 170, 176ff., der von der Staatsaufgabe Risikovorsorge spricht, ebenso S. 245.

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

gen Entwicklung.462 Die rechtswissenschaftliche Unterscheidung zwischen Gefahr und Risiko sorgt mitunter interdisziplinär zu Irritationen. Sie hat keine Entsprechung in anderen Rechtsordnungen und der deutschen Umgangssprache.463 Es bestehen Bedenken, den besonderen politisch-weiten Vorsorgebegriff unter den rechtlichen Vorsorgebegriff zu fassen. Ein solch weit gefasster Vorsorgebegriff war bisher in der Rechtswissenschaft unüblich.464 Hierbei ist auch das Verständnis von Vorsorge im allgemeinen Sprachgebrauch heranzuziehen. Zu Recht weist Ossenbühl darauf hin, dass Vorsorge auf die Schaffung eines Vorrats für die Zukunft durch gegenwärtigen Verzicht zielt.465 Diese Definition trifft weiterhin zu. Die Diskussionen um Kranken-, Alters-, und Rentenvorsorge spiegeln dies wieder. Es ist ein Vorsorgender, ein Vorsorgefall und die materielle Vorsorge zu unterscheiden. Der Vorsorgende schafft die materielle Vorsorgeleistung, die ihm im Vorsorgefall seinerseits wieder zugute kommt. Die Vorsorgeleistung kommt in einem räumlich oder zeitlich nahen Zusammenhang dem Vorsorgenden selbst oder einem ihm nahe stehenden Personenkreis zu Gute. Ein wesentliches Merkmal der Vorsorge ist somit ein überschaubares zeitliches Moment. Diese Elemente der Vorsorge sind auch im gefahrenbezogenen Vorsorgebegriff vorhanden. Der zeitliche und personelle Zurechnungszusammenhang ist bei einem politisch-weiten Vorsorgebegriff gelockert. Einen Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange, wie sie die Vorsorge im politisch weiten Sinn einschließt, ist von diesem Verständnis nicht umfasst,466 auch wenn Umweltschutz ohne diesen Ausgleich langfristig nicht denkbar ist.467 Die Feststellungen, dass ohne Vorsorge nachhaltige Entwicklung nicht möglich ist, so dass Nachhaltigkeit als das Ergebnis optimaler Vorsorge erscheint,468 sind daher nur beim politisch weiten Verständnis von Vorsorge 462 Zimmermann, in: ders. u. a., Ökologische Modernisierung der Produktion, S. 19 (73), wo größerer Konsens über Einzelmaßnahmen als über Ziele und Abgrenzung des Prinzips selbst konstatiert wird. 463 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 22; Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 95. 464 So auch: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 82, die die vorwiegend ökologische Bedeutung herausarbeitet; Rehbinder, NuR 1997, 313 (316), sieht ein anlagenbezogenes engeres Verständnis. 465 Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (162). 466 Dies könnte sich höchstens in dem Fall der Zuspitzung ergeben, dass ökologische, ökonomische oder soziale Sektoren in kurzem Zeitraum vor dem Zusammenbruch stehen. 467 Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 38. 468 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 264.

V. Nachhaltigkeit und Vorsorge

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treffend.469 Die Überlegungen über die Beziehung zwischen Vorsorgeprinzip und Nachhaltigkeitsprinzip können nicht zu dem (verfehlten) Schluss führen, das Nachhaltigkeitsprinzip in Frage zu stellen.470 Vorsorge und Nachhaltigkeit sind eng verbunden. Die Vorsorge stellt dabei eine „zieladäquate Modalität der Nachhaltigkeitspolitik“471 dar. Bei Vorsorgeprinzip und nachhaltiger Entwicklung handelt es um unterschiedliche Begriffsansätze, die beide auch integrativen Umweltschutz enthalten. Die Nachhaltigkeit im weiteren Sinne stellt dabei eine Fortentwicklung des Vorsorgeprinzips dar.472 Der Gedanke der Vorsorge ist deshalb in der Nachhaltigkeit zumindest auffindbar.473 Die spezifische Kriterien zur Eingrenzung von Eingriffen, die auf dem Vorsorgeprinzip beruhen (Konzeptierungsgebot),474 sind dort grundsätzlich auf die Nachhaltigkeit übertragbar.475 Die nachhaltige Entwicklung ist inhaltlich in erweitertem Umfang integrativ, da sie mehrere Dimensionen in Zielkonvergenz bringen will.476 Die Konzentration auf die ökologische Dimension nachhaltiger Entwicklung, die sich häufig in der Gleichsetzung mit Nachhaltigkeit äußert, lässt indes den 469 Den gefahrenbezogenen engen Vorsorgebegriff trifft diese Feststellung nur noch hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit. Selbst dort besteht hinsichtlich der Freiraumthese Streit, vgl. oben: Fn. 449; Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (134f.). 470 Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (94), nochmals mit Zusammenfassung der rechtserheblichen Dimensionen und Zielsetzungen. 471 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (742); auch: Schröder, AVR 34 (1996), 251 (270); Schröder, in: Kastenholz/Erdmann/Wolff (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 157 (163). 472 Für die Überordnung auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 242. 473 Schmidt, DÖV 1994, 749 (755). Insoweit wirkt die Argumentation nicht überzeugend, eine Teilidentität abzulehnen, weil der identische Teil zu klein und das Verhältnis im Vergleichsprinzip noch nicht ausreichend geklärt sei. Die methodische Gegenüberstellung von Vorsorge, die über kausal fassbare Auswirkungen hinausgeht, wohingegen das Nachhaltigkeitsprinzip wie traditionelles Recht kausalitätsbezogen sei, kann zur Einordnung nachhaltiger Entwicklung nicht herangezogen werden, vgl. Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (85f.); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661). Ihr liegt eine semantische Veränderung zugrunde, von der nicht auf nachhaltige Entwicklung geschlossen werden kann. Die methodologischen Vergleiche beziehen sich auf die Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip. Selbst wenn Nachhaltigkeit in dieser engeren Bedeutung verwendet wird, ist die gegenüberstellende Argumentation nicht überzeugend. Sie zieht ihren Folgerungen aus der immanenten Annahme einer maximal mittelfristigen zeitlichen Perspektive. Diese unterfällt zwar ebenfalls der Nachhaltigkeit, erfasst sie aber nicht erschöpfend. 474 BVerwGE 69, 37 43f.; Petersen, Schutz und Vorsorge, S. 317ff.; Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (169). 475 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (663). 476 Vgl. Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (330).

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A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

integrativen Charakter und die Einbindung aller Gesellschaftsbereiche in der nachhaltigen Entwicklung außer Acht.477 Die Gleichsetzung oder Überordnung des Vorsorgegrundsatzes über die Nachhaltigkeit verkennt deren umfassenden Charakter.478 Bei sehr großen Zeiträumen,479 die in den Einflussbereich einer Entscheidung fallen, können zudem ungewisse Vorteile gegen Nachteile nicht mehr sinnvoll abgewogen werden.480 Eine solche Meidung unannehmbarer Risiken ist in Form intergenerativer Gerechtigkeit Bestandteil des Nachhaltigkeitsprinzips.481 Die ausgedehntere zeitliche Komponente der Nachhaltigkeit, die über das Vorsorgeprinzip hinausgeht, muss eine Einordnung als selbständiges Prinzip zur Folge haben.482 Die Langfristperspektive ökologischer Nachhaltigkeit setzt die Vorsorge voraus.483 Bezieht man darüber hinaus die in dieser Argumentation ausgeblendete soziale und ökonomische Dimension mit ein, ist Vorsorge als ein gegenüber der Nachhaltigkeit weiterer Begriff nicht einsichtig. Nachhaltigkeit im Sinne der Ressourcenvorsorge kann somit zwar als besondere Ausprägung des Vorsorgeprinzips begriffen werden.484 Sie ist jedoch besser als Teil nachhaltiger Entwicklung zu verselbständigen,485 da dadurch die zeitlich eigenständige Perspektive und die ethische Grundannahme besser zur Geltung gelangen. 477

Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661). Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 243; Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 2.; Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (435); vermittelnd: Rehbinder, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 66, der eine Verschmelzung für vorstellbar, umweltpolitisch eine Führung der Nachhaltigkeit für wünschenswert hält, jedoch auf die juristisch bessere Durchdringung des Vorsorgeprinzips hinweist. 479 Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 156f., geht von 1000 Generationen aus. 480 Daher wird zum Teil ein Überwiegen des „neminem laede“-Gebots gefordert, Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 156f.; ähnlich auch: Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 17. 481 Dies zeigt sich auch in der Forderung ihrer Verankerung als ausdrückliche Nachhaltigkeitsregel: Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 237ff. 482 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661); Meßerschmidt, BNatSchG, § 1 Rn. 61; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 242, unter Heranziehung des Grundsatz 15 der Rio-Deklaration ähnlich: Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (87), der die Einordnung des Nachhaltigkeitsprinzips „als Ableger des Vorsorgeprinzips“ als Diffamierung bezeichnet. A. A. Reinhardt, oben: Fn. 91. 483 Vgl. dazu auch: Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 314f. Dieser Konstellation liegt wohl auch die pragmatische Einstellung von Schröder, WiVerw 1995, 65 (75), zu Grunde, der die Einordnung als Neben- oder Nachbarprinzip für nebensächlich hält und statt dessen das sachliche Anliegen, das auch in „ressourcenspezifischer Interpretation des Vorsorgeprinzips“ beschrieben werden könnte, in den Mittelpunkt stellen will. 484 Nur in diesem Sinne sind Vorsorge und Nachhaltigkeit gleichgerichtet, Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661). 478

VI. Zusammenfassung

105

VI. Zusammenfassung Das Konzept der Nachhaltigkeit ist in Deutschland positiv aufgenommen worden. Nachhaltigkeit ist ursprünglich ein Bewirtschaftungsprinzip und beruht auf einer Übertragung der Grundannahmen und Strukturen forstlicher Nachhaltigkeit. Dieses Bewirtschaftungsprinzip wurde auf den gesamten Sektor wirtschaftlicher Tätigkeit erweitert. Es lassen sich ein neoklassisches und ein ökonomisch-ökologisches Nachhaltigkeitsmodell unterscheiden. Die neoklassische Umweltökonomie überträgt das Gleichgewichtsmodell wirtschaftlicher Betätigung auf die Umwelt- und Ressourcennutzung. Das zugrunde liegende liberale Wirtschaftsverständnis interpretiert Nachhaltigkeit als steigende, mehrere Generationen übergreifende Wohlfahrt bzw. als Maximierung der gesellschaftlichen Nettowohlfahrt. Demgegenüber macht die ökologische Ökonomie rohstoffbezogen die Umwelt zur Grundlage ihrer Nachhaltigkeitstheorie. Die neoklassische Interpretation verfolgt einen liberalen, anthropogenen Nutzenansatz, wohingegen die ökologische Ökonomie die absolute Endlichkeit der Ressourcen als zentrale Argumentationsprämisse hat. Weitgehend durchgesetzt hat sich das Managementmodell der ökologischen Ökonomie zur Umschreibung der Nachhaltigkeit. Es hat das neoklassische Modell in der Praxis stark zurückgedrängt, obwohl es dessen theoretische Vorarbeiten verwendet. Die Managementregeln sind maßgebend zur Operationalisierung der ökologischen Oberziele der Nachhaltigkeit und beziehen natürliche erneuerbare wie nicht erneuerbare Ressourcen ein. Eine nachhaltige Nutzung erlaubt danach eine langfristige Ressourcennutzung. Mit der Auswahl des Modells ist noch keine Entscheidung über die Bewirtschaftungsintensität gefallen. Es sind mehrere Grade der nachhaltigen Bewirtschaftung denkbar. Je länger die Nutzung möglich ist und umso weniger Gefährdungspotential für die Nutzungsbasis besteht, desto höher ist die Intensität der nachhaltigen Nutzung. Fehlende Erkenntnisse über Aufnahmekapazität von Senken, verträgliche Ressourcennutzungsraten oder unterschiedliche Bewertungen von Daten sind, ebenso wie unbekannte Wechselwirkungen, Schwierigkeiten in der Bewertungsfrage dieser Prognose. Für eine hochgradig nachhaltige Nutzung hat sich die Umschreibung als starke Nachhaltigkeit etabliert. Nachhaltige Entwicklung beruht auf einer weiteren Übertragung der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip auf den sozialen und ökonomi485 Rehbinder, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 45; für eine Verselbständigung (ökologischer) Nachhaltigkeit: Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (136).

106

A. Entwicklung und Streitstand der Nachhaltigkeitsmodelle

schen Sektor. In diesem Fall liegt ein erweiterter Nachhaltigkeitsbegriff vor. Nachhaltige Entwicklung beinhaltet die ganzheitliche integrative Vernetzung von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Belangen. Diese Zielsetzung wird überwiegend als 3-Säulenmodell bezeichnet. Eine nachhaltige soziale Nutzung bedeutet eine „Bewirtschaftung“, ohne dass die gesellschaftliche Basis so gefährdet oder zerstört wird, dass ein gemeinschaftliches Leben aller Bürger in einer Gesellschaft nicht mehr möglich ist. Dazu gehören ein Konsens über gewisse Grundwerte, gesunde Lebensbedingungen sowie intraund intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit. Eine nachhaltige ökonomische Bewirtschaftung liegt vor, wenn die wirtschaftlichen Umstände so akzentuiert sind, dass „die Wirtschaft“ an ihrem Standort langfristig bestehen kann. Dazu tritt als Motiv die Generationengerechtigkeit, die auch als Kern der nachhaltigen Entwicklung bezeichnet wird. Ein gleiches Recht auf Ressourcennutzung auch für zukünftige Generationen, ist damit nicht verbunden. Zudem beeinträchtigen soziale Zwänge einen gleichen Anspruch an Ressourcennutzung. Die zweifache Übertragung forstlicher Nachhaltigkeit auf Sozial- und Ökonomiesektor macht die Einordnung als Gesellschaftsmanagement sinnvoll. Der Entscheidungsrahmen von Nachhaltigkeit, die insoweit regulativ in sozialen Interaktionsprozessen wirken soll,486 ist weder aus den Naturwissenschaften noch aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften allein ableitbar. Daraus erhebt sich auch bei der Nachhaltigkeit das Dilemma wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit nur politisch lösbaren Problemen.487 Nachhaltigkeit richtet sich grundsätzlich auf intergenerationelle Gerechtigkeit. Die gesellschaftlich gewünschte Intensität der Nachhaltigkeit bedarf einer nur politisch zu treffenden normativen Grundentscheidung. Folglich unterlegt die Praxis, mit Verweis auf die Nachhaltigkeitsmodelle eine Nachhaltigkeitsintensität zu legitimieren, in Wirklichkeit einem Modell die jeweils erwünschte Nachhaltigkeitsintensität. Dies aber stellt zumindest den Versuch einer Manipulation der politisch zu entscheidenden Nachhaltigkeitsintensität und damit des Prozesses dar, der Widerstände und Politisierungen in lokalen Agenda-Prozessen hervorruft, wenn Mehrheiten dem moralisch faktischen Zwang einer einseitigen Interpretation der Nachhaltigkeit ausgesetzt werden, ohne dieser die dazugehörige Gegenargumentation entgegenhalten zu können. 486

Von Nachhaltigkeit im Kant’schen Sinne spricht daher: Köhn, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 137 (151). 487 Der Vorbehalt des politisch Erreichbaren beeinflusst zugleich die Bandbreite der wissenschaftlichen Lösungsansätze, vgl. Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 381.

VI. Zusammenfassung

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Die normativ-ethische Argumentation zur Stützung nachhaltiger Entwicklung ist zumeist vom Schöpfungsgedanken bzw. ähnlich begründeten ökozentrischen Konzeptionen und/oder anthropozentrischer Selbsterhaltung und Selbstverwirklichung getragen. Abhängig von dem ethisch-normativen Ausgangsstandpunkt in der nachhaltigen Entwicklung lassen sich mehrere Umsetzungsstrategien differenzieren. Das Suffizienzkonzept, eine Verzichtsstrategie, wird häufig von Vertretern einer strengen ökologischen Nachhaltigkeit präferiert, das Effizienzkonzept, das auf die Nutzung vorhandener Effektivierungspotentiale setzt, wird mehr von neoklassischen Modellen vorgezogen. Beide Modelle stellen vor dem Hintergrund demokratischer Entscheidungsprozesse in der gesellschaftlichen Meinungsbildung allein jeweils keine praxisgerechte Lösung für ein zukunftsgerechtes Gesellschaftsmanagement zur Verfügung. Für die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung stellt daher eine Verbindung beider Strategien einen praxisgerechten Ansatz dar. Der Streit um die nachhaltige Entwicklung resultiert aus dem Prinzipiencharakter der Nachhaltigkeit. Die unterschiedlichen ethisch-normativen Grundansichten wirken sich maßgeblich im Zielkonflikt von Wirtschaft und Umwelt; Entwicklung und Verteilung aus. Die in der Diskussion der Nachhaltigkeit auftretenden Probleme haben sich denn auch in den letzten 10 Jahren kaum verändert. Die Operationalisierungsschwierigkeiten mit Lösung des Indikatorenproblems, Bestimmung kritischer Schwellenwerte und Regionalisierungsprobleme bestimmen weiterhin die Diskussion, so dass einige bleibenden Status als „intuitive Idee“ konstatieren.488 Diese Offenheit im Konzept der Nachhaltigkeit ist zugleich Stärke und Herausforderung. Sie ermöglicht lokal angepasste Strategien unter Partizipation der Bürger. Nachhaltigkeit ist in Deutschland nicht bereits über das Vorsorgeprinzip des Umweltrechts als Handlungsmaxime für die Gemeinden rechtlich anerkannt. Vorsorgeprinzip und nachhaltige Entwicklung enthalten zwar beide die Idee integrativen Umweltschutzes. Die Nachhaltigkeit im weiteren Sinne stellt jedoch eine Fortentwicklung des Vorsorgeprinzips da. Anders als der politische Vorsorgebegriff umfasst der rechtliche Vorsorgebegriff keine Integration ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange, wie sie die Vorsorge im politisch weiten Sinn einschließt, oder eine eigene Zukunftsdimension.

488 Homann, in: Gerken (Hrsg.), Ordnungspolitische Grundfragen einer Politik der Nachhaltigkeit, S. 33 (35).

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis Die Agenda 21 enthält die Aufgabenstellung nachhaltige Entwicklung und konkretisiert diese Zielsetzung zugleich in mehreren Aufgabenfeldern. Hierüber gibt Teil B.I. einen Überblick. Die „lokale Agenda 21“ ist die „Übertragung der Agenda 21 auf die jeweilige kommunale Situation“.1 Ihre Verbreitung in der Praxis, sowie die thematische Ausrichtung und Wirkungstiefe dieser lokalen Agenda-Prozesse wird im Teil B.II. untersucht. Mit den Erkenntnissen dieser Teile erfolgen ein Überblick über die Förderung und Begleitung des Prozesses [B.III.] und Überlegungen über die langfristigen Perspektiven der lokalen Agenda 21 [B.IV.].

I. Die Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung Schon aufgrund der bereits dargestellten Vielschichtigkeit nachhaltiger Entwicklung kann auch aus der Konkretisierung der nachhaltigen Entwicklung in der Agenda 21 keine vollständig definierte Entwicklungsperspektive erwartet werden.2 1. Inhaltsüberblick und Gliederung Die Agenda 21 ist in vier Abschnitte und 40 Kapitel unterteilt. Diese Kapitel versuchen, mit einem breiten Vorschlagskatalog Beiträge zur Umsetzung der Rio-Anliegen zu liefern.3 Besonders angesprochen sind Probleme mit globalen Auswirkungen.4 Teil I beschreibt die soziale und wirtschaftliche Dimension. Teil II lautet: „Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für die Entwicklung“. Teil III beschäftigt sich mit der Stärkung der 1 Dazu bereits oben Einleitung bei Fn. 24; vgl. auch: Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (27); ähnlich: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (456f.), „differenzierter Maßstab je nach Leistungsfähigkeit und Entwicklungsstand“. 2 Rehbinder, NVwZ 2002, 657; vgl. auch: Ruffert, ZUR 1993, 208 (210); vgl. die Darstellung oben: A.II., A.III. 3 Vgl. Beyerlin, in: Wolfrum (Ed.), Enforcing Environmental Standards, S. 95 (113); Kunig, StudJur 2/1997, 12 (13). 4 Etwa Klimaveränderungen, Entwaldung etc., vgl. Zimmermann, APuZ B 27/97, 25; strukturiert ist die Agenda 21 nach Handlungsgrundlagen, Zielen, geplante Aktivitäten, Umsetzungsmaßnahmen.

I. Die Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung

109

Rolle wichtiger Gruppen. Der vierte Teil nennt spezifische Möglichkeiten der Umsetzung. Teil I und II sind somit Komplexe, die sich mit dem „Was“ der Umsetzung beschäftigen. Die beiden übrigen Teile klären Methoden und Instrumente, das „Wie“ der Umsetzung. Die Agenda 21 folgt in ihrer Gliederung einem konservativen sektoralen Ansatz. Der Bestand der Umweltressourcen wird aufgenommen und bewertet.5 Hierbei sind drei unterschiedliche Ebenen feststellbar, die sich an die Managementregeln anlehnen. Schutz und Nutzung der Ressourcen werden auf lokaler, nationaler Ebene sowie auf globaler Ebene aufgezeigt. Spiegelbildlich dazu beschäftigen sich andere Kapitel mit der Bewältigung von Abfall- und Chemikalienproblemen auf den operationalen Ebenen.6 Dazu wird ein Umsetzungskatalog in der Agenda 21 entworfen, der auch Finanzierung, Kostenabschätzung, wissenschaftliche und technologische Mittel, Entwicklung der menschlichen Ressourcen und Stärkung der personellen und institutionellen Kapazitäten einschließt.7 Insbesondere diesen Zielsetzungen ist jedoch auch ein Querschnittsbezug zuzubilligen.8 Die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung sind unter anderen in folgenden Zielsetzungen erkennbar: Ökologische Ziele greift die Agenda 21 etwa mit dem Schutz der menschlichen Gesundheit in Kap. 6.4, dem Schutz der Ökosysteme in Kap. 17.46 und 74 sowie Kap. 18.38 auf. Eingehender beschäftigen sich verschiedene Kapitel mit der angemahnten Ressourcenschonung etwa für Boden,9 Wald,10 Meere11 und Trinkwasser.12 Die Artenvielfalt ist als Schutzziel in Kap. 15.4 erwähnt. Ökonomische Forderungen, wie die Neuorientierung des Welthandels nennt die Agenda 21 in den Kapiteln 2.5ff., sowie 2.9 und 21. An sozialen Zielen sind in der Agenda 21 konkret Armutsbekämpfung (Kap. 3.7); Bevölkerungswachstumsberücksichtigung (Kap. 5.5, 17, 43) und friedliche Konfliktregelung (Kap. 2.1 und 39.3, 10) genannt. Kap. 33.3, 10, 11 ergänzen diese Forderungen um den intragenerativen Aspekt der Ent5 Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (184f.). Zu der Bewertung der Umwelt eingehend: Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 51ff. 6 Dazu auch: Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 117ff.; 122. 7 Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (187). 8 Gündling, EA 1992, 251 (252); Rest, in: LdR/VR S. 433. 9 Kap. 10.5, Kap 14.45. 10 Kap. 10.12. 11 Kap. 17.46, 74. 12 Kap. 18.38.

110

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

wicklungshilfe. Als Ursache der Ressourcenzerstörung wird insbesondere das nicht zukunftsfähige Gesellschaftsverhalten der Industrieländer genannt (Kap. 4.4, 5, 8, 15, 27). Zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung werden die Beteiligung der Bevölkerung und die Stärkung wichtiger gesellschaftlicher Gruppen in den Kapiteln 8.3 und 23ff. weiter hervorgehoben und konkretisiert. Für die deutsche lokale Agenda 21 sind nicht zuletzt wegen klimatischer Besonderheiten nicht alle Kapitel der Agenda 21 unmittelbar bedeutend. Von Bedeutung in Deutschland sind insbesondere die Kapitel 3 (Armutsbekämpfung); 4 (Konsumveränderung); 7 (Nachhaltige Siedlungsentwicklung); 8 (Integration von Umwelt und Entwicklung); 9, 10, 18 (Ressourcenschutz); 19, 20, 21, 22 (Müllprobleme); 23–32 (Einbeziehung und Stärkung wichtiger Gesellschaftsgruppen); 36 (Bildungsförderung) und 40 (Informationssammlung). Die Bundesregierung sieht die dringendsten Handlungserfordernisse nachhaltiger Entwicklung in Atmosphärenschutz, Schutz des Naturhaushaltes, Ressourcenschonung, Gesundheitsschutz und umweltschonender Mobilität.13 2. Terminierungen in der Agenda 21 In der Agenda 21 sind in Kap. 28.2 einige Termine für die Zielsetzung der Agenda 21 genannt. Bis 1996 sollten die Mehrzahl der Kommunalverwaltungen einen Konsens mit Bürgern in Konsultationsprozessen erarbeitet haben.14 Bis 1993 sollte die internationale Staatengemeinschaft einen Konsultationsprozess eingeleitet haben, um die Zusammenarbeit der Kommunen zu verbessern,15 bis 1994 eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und Kommunalverbänden zum Erfahrungsaustausch erfolgt sein.16 Einige sehen in der Terminbestimmung keinen Zwang, bis zu diesem Zeitpunkt ein Programm zu verabschieden.17 Die wohl überwiegende Auffassung betrachtet das Handlungsdatum 1996 als einen Zielzeitpunkt, die Agenda 21 auf lokaler Ebene tatsächlich aufzustellen.18 Letzteres ist überzeugender.19 Der Zielzeitpunkt bietet die Möglichkeit, eine erhöhte Hand13

BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 14f. Kap. 28.2 a). 15 Kap. 28.2 b). 16 Kap. 28.2 c). 17 Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485), der allerdings auch wohl schon den Programmbeschluss als solchen nicht als obligatorisch betrachtet. 18 Vgl. Zimmermann, Deutsche Kommunen im internationalen Vergleich, S. 67; Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4); auch: Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des BT bei der Einleitung zur Anhörung am 18.11.96, zitiert nach: Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485). 14

I. Die Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung

111

lungspriorität bei den Kommunen zu erreichen. Dies wirkt einer Laisserfaire-Einstellung bei den Adressaten entgegen. Jedoch darf die Terminbestimmung nicht dazu führen, eine Drohkulisse aufzubauen.20 Nachhaltige Entwicklung ist in den deutschen Gemeinden letztlich nicht erzwingbar, sondern zur Umsetzung auf die Mitwirkung der Bürger angewiesen.21 Die Aufforderung bis 1996 den Prozess einzuleiten, war jedoch aus der ex post-Perspektive22 eine Fehleinschätzung über den Arbeitsaufwand, der aus der Euphorie der Rio-Konferenz heraus entstanden sein dürfte.23 Mittlerweile mehren sich sogar Stimmen, die als zeitliche Einordnung bereits eine Veranschlagung von 20–25 Jahre für die Umsetzung von Agenda-Zielen als Hektik und Aktionismus ablehnen. Die Agenda 21 soll stattdessen als Generationenaufgabe wirken.24 3. Agenda-Adressaten Der Auftrag zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung richtet sich zuerst an die Regierungen der Staaten.25 Die Bundesländer sind demnach nicht unmittelbar angesprochen,26 obwohl ihnen Staatsqualität zukommt. Der Verantwortlichkeit der Regierungen für die Umsetzung27 wird nicht durch ein bloßes Weiterreichen des Handlungsauftrages genügt.28 Dadurch sind die Gemeinden nicht übersteigertem Handlungsdruck ausgesetzt. Die Agenda 21 behandelt in Kapitel 28 die besondere Aufgabenstellung der Kommunen in der Gestaltung eines Agenda-Prozesses. Kap. 28.1 nennt 19 Auch wenn in zeitlicher Hinsicht oft eine Fehleinschätzung eingeräumt wird: Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, S. 7. 20 Diesen konstatiert: Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485), der von einer Diskussion „mit erhobenem Zeigefinger“ spricht. 21 Es muss sich richtig um ein Angebot bürgerschaftlichen Engagements handeln, vgl. Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (5); Flashbarth, in: FEM (Hrsg.), Time to act, S. 29 (31); vgl. auch unten: E. 22 Vgl. etwa die nationale und internationale Beschlussentwicklung im Anhang: V. (Abb. A-2), XI. (Abb. A-26, A-27). 23 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, S. 7. 24 Fiedler, Zur Umsetzung der Agenda 21, S. 55. 25 Vgl. UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21, Art. 1.3 (S. 15); Töpfer, UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung, S. 96; auch: Websky, Rio-Konferenz, Sp. 1731 (1737); Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4); Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 26; zu weitgehend daher Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 46, die ebenda eine Aufforderung an die Kommunen zur Überschreitung ihrer Kompetenzen vertritt. 26 Schäffler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 239. 27 Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4). 28 Diese Klarstellung allein sieht Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485), schon als geeignet, um Verwirrung und Unwucht im Prozess zu beseitigen.

112

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

gerade die Nähe der untersten Verwaltungseinheiten zum Bürger als besonderen Faktor zur Mobilisierung der Bürger.29 Mit einstimmigem Beschluss, der die Förderung einer lokalen Agenda 21 fordert,30 hat der deutsche Bundestag dem Handlungsauftrag innerstaatlich Nachdruck verliehen. Dieser Auftrag an die Kommunen, eine Lösungsstrategie zu entwickeln,31 ist aber hinsichtlich seiner partizipativen Tragweite umstritten.32 Weitgehender Grundkonsens der vorherrschenden Ansicht ist die Einordnung nachhaltiger Entwicklung als partizipativer Prozess.33 Dies ist jedoch missverständlich. Gemeint mit nachhaltiger Entwicklung als partizipativer Prozess ist vielmehr die Umsetzungsdimension.34 Während eine weitere Ansicht darunter umfassende und gleichberechtigte Mitbestimmung der Bürger versteht,35 sehen die Gegner eine von der Gemeinde ausgehende Konsultation.36 Diese soll lediglich die Einführung von Öffentlichkeitsbeteiligung, Stärkung der Beteiligtenposition von Fachbehörden und diskursiv-moderierende Vorgehensweise der zuständigen Stelle umfassen,37 so dass die materielle Erarbeitung durch die Kommunalbehörde selbst geschieht.38 Neben den grundsätzlichen Auseinandersetzungen um einen „bottom up-“ oder „top down“-Ansatz39 liegt die we-

29 Insofern übereinstimmend die Praxiseinschätzung: vgl. Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77. 30 Deutscher Bundestag, BT-DruckS 12/6263, Verhandlungen 12. Wahlperiode Abstimmung vom 29.06.1994. 31 Kap. 28.1, 28.2 lit c, 28.3 Agenda 21. 32 Dazu schon oben: A.II.2.a)aa). 33 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (170); Hilligardt, RuR 1998, 9 (17); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 289f.; Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (67); Jänicke, Umweltpolitik 2000, S. 11 (20f.). 34 Aus der Zielsetzung der Nachhaltigkeit kann keine Pflicht zu einer Partizipation entnommen werden, vgl. oben: A.II.2.c)aa); auch: Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (142). 35 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 11ff.; vgl. Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 9f., 14, gerade bei NGOs ist diese Postion zu verzeichnen, dazu unten: E.III.3.d)aa); E.III.3.d)bb). 36 Bergstedt, Politische Ökologie 54 (1998), 7; UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 32; nicht eindeutig: Allen, How to save the world, S. 158. 37 Erbguth, DÖV 1998, 673 (674). Diese von den Gemeinden vielfach vertretene Auffassung wird aus Verhinderungsgründen auch seitens fundamentalerer Naturschützer vertreten. Sie brandmarken die Forderung, gleichberechtigter Beteiligung der Bürger als „frei erfunden“. Art. 28 der Agenda rufe nur zum Abruf des Wissens von Bürgern für die Verwaltungsarbeit auf, vgl. Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 257. 38 Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff.: „Die Lokale Agenda 21 ist durch die Kommunalbehörde zu erarbeiten, da nur diese eine Umsetzung ermöglichen kann“. 39 Dazu im Einzelnen unten: D.II.1.

I. Die Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung

113

sentliche Ursache des Streites in der Interpretation der deutschen Übersetzung des Kapitels 28 der Agenda 21. Dessen Überschrift lautet in deutscher Übersetzung: „Initiativen der Kommunen zur Unterstützung der Agenda 21“.

Im Original heißt es: „local authorities’ initiatives in support of Agenda 21“.

Kap. 28.3 lautet: „Jede Kommunalverwaltung soll in einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine „kommunale Agenda 21“ beschließen. Durch Konsultation und Herstellung eines Konsenses würden die Kommunen von ihren Bürgern und von örtlichen Organisationen, von Bürger-, Gemeinde-, Wirtschafts- und Gewerbeorganisationen lernen und für die Formulierung der am besten geeigneten Strategien die erforderlichen Informationen erlangen. [. . .] Außerdem würden kommunalpolitische Programme, Leitlinien, Gesetze und sonstige Vorschriften zur Verwirklichung der Ziele der Agenda 21 auf der Grundlage der verabschiedeten kommunalen Programme bewertet und modifiziert. [. . .].“

Die Übersetzung bietet Interpretationsspielraum für eine breite Mitbestimmung der Bürger bei der Formulierung der Agenda 21. Die Originalfassung des Kapitel 28.3 lautet: 28.3.: Each local authority should enter into a dialogue with its citizens, local organizations and private enterprises and adopt „a local Agenda 21“. Through consultation and consensus-building, local authorities would learn from citizens and from local, civic, community, business and industrial organizations and acquire the information needed for formulating the best strategies. [. . .] Local authority programmes, policies, laws and regulations to achieve Agenda 21 objectives would be assessed and modified, based on local programmes adopted.[. . .].

Im Original wird deutlich, dass die Initiative von der kommunalen Ebene ausgehen soll, die einen bestimmenden Einfluss auf die Geschicke der Gemeinde hat. In den Kapiteln 23–32 sind einige weitere gesellschaftliche Gruppen ausdrücklich hervorgehoben, die bei einer Agenda 21 besondere Bedeutung haben, z. B. Frauen, Kinder- und Jugendliche, Nichtregierungsorganisationen und Landwirte. Wenn auch aus der Zielsetzung der Nachhaltigkeit keine Pflicht zu einer Partizipation entnommen werden kann,40 so ergibt sich die Beteiligungsanforderung im Nachhaltigkeitsprozess aus den Anforderungen der Agenda 21. Aus Kap. 28.3 kann jedoch nicht eine gleichberechtigte Mitsprache oder gar Entscheidungskompetenz der Akteure abgeleitet werden. Aus der deutschen Übersetzung erscheint zwar ein solches Verständnis denkbar, insbesondere wenn vom „Eintreten in einen Dialog“ und dem „Be40

Vgl. oben: A.II.2.c)aa).

114

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

schluss der kommunalen Agenda 21“ die Rede ist.41 Die Konsultation zielt jedoch auf einen Lernprozess, Kap. 28.3, nicht auf einen Mitentscheidungsprozess. Der Dialog und Konsens mit den Akteuren hat den Sinn, die Informationsbasis zu verbreitern. Diese soll zu einer bestmöglichen lokalen Nachhaltigkeitsstrategie beitragen. Damit ist eine besondere Rolle der Politik und Verwaltungsebene verbunden.42 In der Bedeutung Kommune sind daher die Kommunen als die verfassten Bürgerschaften mit ihren politischen und administrativen Organen gemeint.43 Einige halten, möglicherweise in einer nicht-bindenden Übersetzung von „adopt“, auch die Verabschiedung eines Plans als nicht von der Agenda 21 umfasst.44 Zweifelhaft ist, ob eine weite partizipatorische Interpretation von der Agenda 21 intendiert sein kann. Dazu ist wiederum eine Rückkoppelung zur Entstehungsgeschichte erforderlich. Der Kompromisscharakter im Brundlandt-Bericht will eine integrative Wirkung entfalten.45 Damit steht es nicht in Einklang, mit der Formulierung basisdemokratischer Elemente schon zentralstaatlich-organisierte Staaten vor eine kaum zustimmungsfähige Anforderung zu stellen.46 Aus diesem Grund erscheint eine einschränkende Auslegung der notwendigen Anforderungen angebracht. Sie hat jedoch keinen abschließenden Charakter. Aus Effizienzgesichtspunkten können Dialog und Partizipationsbemühungen gerade vor dem Hintergrund ihrer integrierenden Wirkungen ausgeweitet werden. Fraglich ist, ob damit den Gemeinden eine exklusive Stellung zur Einleitung eines Agenda 21-Prozesses zugewiesen ist. Einige Meinungen47 weisen den Anstoß für den Beginn des Agenda-Prozesses der Kommunalverwaltung zu. Dies soll aber nur subsidiär für den Fall gelten, in dem noch nicht örtliche Verbände mit einer Initiative an die Öffentlichkeit getreten sind. Die 41 In deutschen Auslegungen ist häufig von einem gleichberechtigten Dialog die Rede. 42 Dies hebt auch Kap 28.1 hervor. 43 So auch: Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (7). 44 Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (485), der seine Ansicht, soweit ersichtlich, nicht näher begründet. 45 UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 26f., hinsichtlich fehlender Rechtsverbindlichkeit; skeptisch: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 980, Rn. 14; zu den kritischen Verhandlungspunkten auf der Riokonferenz: Hoelting, GJICL 1994, 117 (129ff.). 46 Diese ist allerdings durch die „Soll“-Anforderung, Kap. 28.3 S.3 relativiert. Vgl. Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (268) mit dem Hinweis auf totalitäre Gesellschaftssysteme; vgl. auch: Teubner, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 29 (29f.); a. A. Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 155. 47 Vgl. etwa Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 43.

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

115

Kommunalverwaltung soll dann jedenfalls den Prozess weiter organisieren und koordinieren.48 Überlegung dieses Vorschlages scheint zu sein, aufkeimende Initiativen nicht durch die Verwaltung zu ersticken, sondern Entfaltungsmöglichkeiten zu gewähren. Der Subsidiaritätsgedanke des Vorschlages kann nur soweit überzeugen, als dies nicht einen Wettlauf der Partikularinteressen um Beginn und Richtung einer lokalen Agenda 21 nach sich zieht. Ein Zwang der Kommunalverwaltung, die zuerst aufkommende Initiative weiter zu organisieren und zu koordinieren, steht dann nicht mehr mit der Begründung dieses Vorschlags im Einklang, wenn die angestrebten Maßnahmen der Initiative gerade keine Zustimmung in der Bürgerschaft finden und stellt dann eine Aushebelung demokratischer Willensbildungsprozesse dar. Von deutscher Regierungsseite wird eine vermittelnd progressive Ansicht vertreten. Sie fordert Verantwortung des Einzelnen ein und im Einklang mit der vorherrschenden Ansicht eine dezentrale Gestaltung im weitesten Sinne.49 Im Zentrum soll die Bevölkerung als Handelnde stehen.50 Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure erhält hohe Bedeutung.51 Daraus wird ein dynamischer Prozess abgeleitet, indem Leitbilder vor allem als Ergebnis von Bewusstseinsveränderungen ermöglicht werden.52 Diese umfassende Integration aller gesellschaftlichen Kräfte soll nach dem Leitbild der Agenda 21 nicht nur bei der konkreten lokalen Zielfindung,53 sondern auch bei der Durchführung der notwendigen Maßnahmen erfolgen.54

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis Der hohe Abstraktionsgrad der Brundlandt-Definition ist die Grundlage ihrer weitgehend Akzeptanzfähigkeit55, so dass teilweise sogar von einem „breiten gesellschaftlichen Konsens“ gesprochen wird.56 Einige sehen nach 48 Die Verwaltung setze im Auftrag der Bürger Maßnahmen um, Kuhn/Suchy/ Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, 3 (8). 49 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 21f.; vgl. auch: E.V.3.c), E.V.3.a); Breuel, in: dies. (Hrsg.), Agenda 21, S. 9f.; Agenda 21 als konsultativer Prozess mit dem Hauptadressat Gemeinderat bedeute jedoch nicht, dass der Prozess losgelöst vom gemeindlichen Entscheidungsorgan stattfindet, Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 52. 50 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 136. 51 Ruffert, ZUR 1993, 208 (212); Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (124). 52 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 136. 53 Kap. 28.3 Agenda 21. 54 Kap. 28.2 lit d); vgl. Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (4).

116

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

Einrichtung eines Nachhaltigkeitsrates und Bemühungen um eine Nachhaltigkeitsstrategie die Diskussion um Nachhaltigkeit als im politischen Alltagsgeschäft angekommen an oder gar nachhaltige Entwicklung als zentralen Teil des Zeitgeistes einer Epoche.57 Die Bundesregierung verbindet zwar mit dem Bedeutungsgewinn der Nachhaltigkeit eine Stärkung von integrativem Denken, Wissen und Handeln auf allen Ebenen für die Zukunftssicherung in Deutschland.58 Ob tatsächlich von einem übergeordneten gesellschaftspolitischen Leitbild gesprochen werden kann, ist aber zweifelhaft.59 Für die Einschätzung der Kritiker, die Nachhaltigkeit als öffentliche Angelegenheit „weder mental begriffen noch gar politisch verarbeitet“ sehen,60 spricht schon die schnelle und einseitige Reklamation im rechtspolitischen Kräftefeld, die wiederum zu geringerer Akzeptanz führt.61 Lediglich hinsichtlich der Berechtigung eines solchen Leitbildes überhaupt lässt sich von Konsens sprechen,62 nicht hinsichtlich dessen Ausgestaltung.63 Dazu soll im Folgenden eine Betrachtung zu den Aktivitäten zur lokalen Agenda 21 erfolgen. Angesichts der im Teil A.II. dargestellten Definitionsbreite nachhaltiger Entwicklung erweist sich schon die Identifizierung einer validen Vergleichsgröße anhand derer lokale Agenda-Prozesse zu messen wären, als problematisch. Inhalt und Umsetzung der Agenda 21 variieren stark. Sie sind von Konsensbildung und prozessualen Besonderheiten in den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängig. Daher wird zumeist auf einen Gemeinderatsbeschluss zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 abgestellt. Hintergrund dieses Ansatzes ist die Überlegung, dass die Aufstellung eines solchen Ge55 Unbestimmtheit als „Schlüssel“ zur weitgehenden Einigkeit, Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 29f.; Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (169); allgemein zur Nachhaltigkeit: Spars, ZAU 1999, 225. 56 Mitschang, DÖV 2000, 14; Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (14); auch: Menzel, ZRP 2001, 221 (223); Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (30); dagegen: Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (169). 57 Kubala/Petschow, VM 2001, 171; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 11; „als globales Entwicklungsparadigma anerkannt“, Anton, Lokale Agenda 21, S. 4; dazu bereits oben: A.III.2. 58 BBR (Hrsg.), Bundesraumordnungsbericht 2000, S. 289. 59 Dafür: Zellner, Umwelt 30 (2000), 20; differenzierend: SRU, BT-DruckS 13/4108, Rn. 1ff.; anders: Rehbinder, NVwZ 2002, 657. 60 Grothe-Senf, in: Dybe/Rogall (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 203; Czybulka, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 32 (37). 61 Erbguth, DÖV 1999, 1082 (1083); vgl. auch: Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86. 62 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 19. 63 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 23.

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

117

meinderatsbeschlusses häufig eine Voraussetzung für die staatliche Förderung darstellt.64 Das Anknüpfen an die Aufstellung eines Gemeinderatsbeschlusses ist jedoch lediglich ein wenig aussagekräftiger Indikator für den Stand der kommunalen Agenda 21.65 Er besagt nichts über den Inhalt der lokalen Agenda 21, ob der Beschluss verwirklicht worden ist, welchen Grad an Nachhaltigkeitsintensität die lokale Agenda 21 aufnimmt, sowie ob der Prozess noch aufrechterhalten wird.66 Der Beitritt zu einem Städtebündnis, die Unterzeichnung einer Deklaration oder ein Agenda-Beschluss können daher noch keinesfalls als Erfolg gewertet werden.67 Dennoch soll zunächst ein Überblick über die formelle Beschlusslage zur lokalen Agenda 21 in den Gemeinden erfolgen [B.II.1.], ehe nach dieser groben Abschätzung der Verbreitung der lokalen Agenda 21 die inhaltlichen Schwerpunkte [B.II.3.] und deren Wirkungstiefe [B.II.3.] näher untersucht wird. 1. Beschlusslage Die Zahlenangaben zur Beschlusslage der Kommunen sind nicht genau zu ermitteln.68 Die Schwankungen resultieren aus unterschiedlichen monatlichen Erfassungszeiträumen. 2004 hatten bundesweit 2470 kommunale Gebietskörperschaften einen Beschluss zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 gefasst.69 Die absoluten Zahlen zur Beschlussfassung der lokalen Agenda 21 64 Vgl. ähnlich: Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 270; auch: G2 (vgl. Anhang). 65 Skeptisch auch: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 7; Teubner, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 29 (30). 66 Ebenso: v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 7; BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 16. 67 Vgl. Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11. 68 Es kursieren für das Jahr 1996 noch Zahlen von bundesweit 200 Teilnehmern, jedoch nur 3 Beschlüssen in NRW; Zahlen: Kuby, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 23 (26). Dagegen finden sich ebenso insgesamt niedrigere Zahlennachweise für die Beschlüsse im Jahr 1997. In Dtl. ca. 95 Kommunen (9/97) gegenüber 57 Kommunen (04/97), vgl. Daten nach: Hoffmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 245. Niedrigere Zahlen weisen auch Döring, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 425 (438), 1998: in Dtl. 120 Kommunen von rund 15000 mit Zielsetzung LAG 21- und das BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 3/2001, S. 4, nach, Juni/2001, fast 1700 Beschlüsse der Gemeinden zur lokalen Agenda 21. Die Beschlusslage in den Kommunen bundesweit ist im Internet verfügbar: http//www.agenda-transfer.de/c_lok_besch/index.htm (21.10.03); http//www.agenda-transfer.de/agendaservice/beta2/admin/download/ Beschluesse3-03.pdf (27.05.03). 69 Zur Zahlenentwicklung und Quellen: vgl. im Anhang V. Abb. A-3.

118

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

werden häufig als Beleg für die Erfolgsgeschichte der lokalen Agenda 21 gewertet. Dabei wird jedoch die Zahl der Agenda-Beschlüsse in der Regel nicht in Bezug zur Anzahl der Gemeinden in Deutschland gesetzt. Nur dieser Vergleich erlaubt aber eine Abschätzung darüber, ob die lokale Agenda 21 auf kommunaler Ebene erfolgreich ist. Besonders deutlich wird die Relation, wenn die Beschlusszahlen grafisch der Gesamtzahl der deutschen Gemeinden gegenübergestellt werden:70

14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

Lokale Agenda-Beschlüsse bundesweit Gesamtzahl der kommunalen Gebietskörperschaften

Abbildung 1: Agenda-Beschlüsse 1996–2004

Die Relation von Gesamtzahl kommunaler Gebietskörperschaften zu der Zahl derjenigen mit Agenda-Beschluss zeigt, dass die Agenda 21 eher Ausnahme als Regel ist. Weniger als ein Viertel der deutschen kommunalen Gebietskörperschaften haben einen Beschluss zur Agenda 21 gefasst. Der stärkste Anstieg in der Beschlussentwicklung ist im Zeitraum 1998–1999 zu verzeichnen. Der „Boom“ der lokale Agenda 21-Beschlüsse in Deutschland in den Jahren 1996–199971 ist jedoch wesentlich durch die Förderpro70

Zahlen bis 2002: http//www.agenda-transfer.de/c_lok_besch/pdf/beschluss_ entwicklung.pdf (21.10.03). Zahlen 2003: http//www.agenda-transfer.de/agenda service/beta2/admin/download/Beschluesse3-03.pdf (27.05.03); Zahlen 2004: http// www.agendatransfer.net/agenda-service/admin/download/Beschluesse-Juli2004.pdf (16.04.2005); ähnlich: Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431. 71 Vgl. auch: v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (21).

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

119

gramme der Landesregierungen beeinflusst.72 2003 stagnierte die Zunahme, 2004 war eine leichte Zunahme zu verzeichnen.73 Im Bundesdurchschnitt haben etwa 19% der kommunalen Gebietskörperschaften einen Agenda-Beschluss gefasst. Zwischen den einzelnen Bundesländern sind jedoch signifikante Schwankungen festzustellen.74 Die Stadtstaaten können relativ einfach eine Beschlussquote von 100% erreichen. Summarisch zeigt sich ein deutliches Süd-West-Nordostgefälle in der Beschlusslage der Bundesländer. Etwa 80% der gesamten lokale Agenda-Beschlüsse finden sich in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Abgesehen von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern hat die lokale Agenda 21 in den östlichen Bundesländern nur geringen Widerhall gefunden. Die Quote von 12,91% in Brandenburg im Jahr 2004 ist ein statistischer Effekt aus der Gebietsreform im Land. Wie im Jahr 2003 bestanden in Brandenburg unverändert 58 Beschlüsse (2003: 3,8%) zur lokalen Agenda 21. Die geringe Resonanz hat vor allem aufgrund des Aufholbedarfs in der Entwicklung der neuen Bundesländer Verwunderung hervorgerufen.75 Die lokale Agenda 21 hätte nach ihrer ganzheitlichen Konzeption hier langfristiger Entwicklungsmotor sein können. Der Grund, warum dies nicht geschehen ist, scheint in der einseitigen theoretischen Aufnahme der Agenda 21 im Umweltbereich zu liegen. Das erdrückende Problem der neuen Bundesländer, wirtschaftlicher Aufschwung und Arbeitsplätze, hat in der Aufnahme der Agenda 21 nur geringe Berücksichtigung gefunden. Die geringere Resonanz ist daher nicht verwunderlich. Die statistische Erfassung der Bevölkerung durch lokale Agenda 21-Beschlüsse zeichnet hingegen ein positiveres Bild von der Verbreitung der lokalen Agenda 21. Während 1998 nur etwa 25% der Bevölkerung von lokale Agenda 21-Beschlüssen erfasst war, war dies 2002 für 70% der Bevölkerung der Fall.76 Auch die Aussagekraft dieses statistischen Wertes ist jedoch gering. Sie ergibt sich aus der nahezu vollständige Aufnahme der deutschen Großstädte in den Kreis der Gemeinden, die einen Agenda-Prozess begonnen haben. Zurückführen ist die höhere Beteiligungsrate größerer Städte auf die dort stärkere Umweltverwaltung und absolut höhere Anzahl der Aktiven. Die politische Zusammensetzung des Rates und die Finanzsituation der Gemeinde haben nur nachrangige Bedeutung.77 Die Städte haben aufgrund ih72 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 34; Born/Kreuzer, Nachhaltigkeit lokal, S. 7f. 73 Vgl. grafisch im Anhang V. Abb. A-3. 74 Die grafische Darstellung findet sich im Anhang VI. Abb. A-4. 75 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22). 76 Zahlen: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (53), vgl. grafisch im Anhang VII. Abb. A-5. 77 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (53).

120

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

rer hohen Funktionsdichte mit der Häufung von Menschen und Infrastruktur eine besondere Bedeutung für die lokale Agenda.78 Gerade in größeren Gemeinden stoßen die Partizipationsbemühungen jedoch auf besondere Schwierigkeiten. Während in Großstädten Agenda-Prozesse häufig mit Erfolg initiiert werden, nimmt die Anzahl der erfolgreichen Agenda-Prozesse mit der Größe der Gemeinden ab.79 Die Mehrzahl der Kommunen in Deutschland sind kleine Gemeinden, die in hohem Maße die Siedlungsstruktur in Deutschland prägen.80 Die Agenda-Prozesse erfassen diese nur begrenzt. Die Umsetzung des theoretischen Konzepts nachhaltiger Entwicklung in lokalen Agenden ist nicht voraussagbar.81 2. Die Praxis der Agenda 21 Die Verbreitung von Agenda-Aufstellungsbeschlüssen sagt nichts über die inhaltliche Qualität der Agenden aus.82 Als Gradmesser des zivilgesellschaftlichen Erfolgs der Bürgerbeteiligung und der lokalen Agenda 21-Prozesse sind sie nicht aussagekräftig. Aus diesem Grund versuchte das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) in den Jahren 1996 1997 und 1999, die inhaltliche Entwicklung der lokalen Agenda 21 in Deutschland mittels Umfragen festzustellen. Die Fragen zielten auch auf Art und inhaltlichen Gehalt der lokalen Agenden. Parallel führte ICLEI internationale Umfragen bei den Gemeinden über die Agenda 21 durch. Diese Umfragen sind die einzigen Ansätze, die systematisch einen Vergleichsüberblick über die Agenda 21 zu ermöglichen. Der Zweck der Umfragen ist auf Erfassung des Ist-Zustandes und die Nutzung eines gezielten Erfahrungsaustausches angelegt.83 Das Ziel der Umfragen wird aber durch einige Faktoren konterkariert. Bei ihrer Stellungnahme bedenken die Städte die Öffentlichkeitswirkung ihrer Äußerungen. Dies fördert den Druck zum „Etikettenschwindel“. Die Gemeinde wird gezielt nach bisherigen Aktivitäten suchen, die agendatauglich sein könnten. Die erzwungene Öffentlichkeit führt zu einer veränderten Standortbewertung der Verwaltungsmitarbeiter, die zu gemeindegünstigen Einschätzungen führt.84 Dadurch tritt das Ziel der Werbung, Imageverbes78

Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 4. Vgl. Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 10. 80 Hannemann, in: dies./Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 11 (13). 81 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (24). 82 Auch: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 7. 83 Stark, Lokale Agenda 21, S. 49. 84 So ließen sich beispielsweise 17 von 37 genannten Projekten in der Kategorie „umgesetzte Projekte und Maßnahmen zur Agenda 21“ lediglich als notwendige 79

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

121

serung und damit Sicherung des eigenen Standortes vor eine dynamische Standortbewertung.85 Den Gemeinden kommt zudem durch die Befragung eine quasi-hoheitliche Berichterstattungsfunktion über den Agenda-Prozess zu, was sie aus ihrer Akteurrolle faktisch hervorhebt. Diese verzerrenden Faktoren im Umfrageergebnis müssen bei der Würdigung der folgenden Daten Berücksichtigung finden.86 Die Umfrageergebnisse stellen ein tendenziell positiveres Bild dar, als es in der Praxis existiert.87 Die zumeist einseitig positive Beurteilung erschwert den Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden und verdeckt den Blick auf die maßgeblichen Probleme lokaler Agenden.88 a) Nationale Umfragen Bei einer ersten Umfrage 1996 beteiligten sich 157 Städte. Difu fragte: Fünf Jahre nach Rio – wie weit sind die deutschen Städte auf dem Weg zur lokalen Agenda 21? Die Frage, ob die Teilnehmer die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe betrachten, stieß bereits 1996 auf ein knapp positives Echo. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten ordnete die lokale Agenda 21 dem kommunalen Aufgabenkreis zu. Ein gänzlich anderes Bild vermittelt aber der tatsächliche Stand. Einen politischen Beschluss hatten nur 17% gefasst. 48% beabsichtigten gar keine Beschlussfassung, also auch ein Teil derjenigen, die grundsätzlich die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe betrachteten. Materielle Fortschritte hinsichtlich einer Nachhaltigkeit waren nur in bescheidenem Umfang festzustellen. Die Aufstellung von Umweltqualitätszielen, ein für die nachhaltige Entwicklung nutzbares Instrument, gibt ein ähnlich mangelhaftes Bild ab, wie die Beschlusslage zur Agenda 21.89 Thematisch lag der Schwerpunkt der lokalen Agenda 21 1996 in der Regel im Ökologiesektor. Fast jeder gewählte Tätigkeitsbereich weist dorthin Bezüge auf.90 Dem entspricht die in einer anderen Befragung festgestellte Dominanz des Umweltamtes und der Umwelt-NGOs als Hauptakteure91 und Schritte zur Prozessetablierung wie eine Auftakteveranstaltung einordnen, vgl. Anton, Lokale Agenda 21, S. 10; vgl. auch die von Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (15), geschilderte Auslegung der Konsultation Träger öffentlicher Belange als Erfüllung, sobald der Verwaltungsentwurf den Gemeinderat passiert hat. 85 Vgl. zu alledem: Stark, Lokale Agenda 21, S. 50. 86 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 7. 87 Ähnlichkeit mit einer „neueren Werbestrategie der Städte“, Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9. 88 Kritisch auch: Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 48. 89 Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (48f.). 90 Vgl. im Detail die grafische Darstellung im Anhang VIII. Abb. A-8.

122

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis Öffentliche Arbeit Abfall

15

Flächen, Bauen, Wohnen

10 Lärm

Energie 5 0

Wirtschaft

Klimaschutz

Luft, ImmSch

Verkehr

Altlasten

Natur, Landschaft Wasser/Abwasser

Ökologie

Ökonomie

Soziales

Abbildung 2: Aktionsfelder 1996

hängt damit zusammen, dass der Anstoß zur Initiierung der Agenda 21 zumeist aus dem Umweltsektor entstammt.92 Der Sozialsektor bildete in der Umfrage noch keinen eigenständigen Themenbereich aus. Die Dominanz des Ökologiesektors zeigt sich deutlich, wenn die angegebenen Tätigkeitsfelder in ein Netzdiagramm aufgetragen werden. Die prozentuale Nennung der Tätigkeitsfelder war zu diesem Zeitpunkt allerdings überwiegend noch nicht zur Umsetzung gelangt. 58% der Gemeinden hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Veranstaltungen zur lokalen Agenda 21 durchgeführt.93 Die Tätigkeit der Gemeinden entfaltete sich zunächst verhalten und orientiert an den bekannten Partizipations- und Dialogformen. Die Spitzenstellung bei herkömmlichen Formen nahmen dabei die Kommunikationsansätze ein, die nicht mit direktem Bürgerkontakt verbunden sind. Neue Partizipationsformen wurden kaum genutzt.94 Der Kern der lokalen Agenda 21 lag nach den Berichten aus dieser Zeit im Konsultations91

Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 75. Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (226); Fürst, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 13 (26). 93 Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (53); im Detail die Grafik im Anhang VIII. Abb. A-9. 94 Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (52); vgl. im Anhang VIII. Abb. A-10. 92

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

123

prozess mit Bevölkerung, lokalen Organisationen und Wirtschaft.95 Dieser Konsultationsprozess wurde überwiegend mit konventionellen Kommunikationsformen betrieben, die nicht aktivierend auf die Bürger wirken. Das häufig beklagte mangelnde Interesse lässt sich auf diesen Mangel bei der Auswahl der Beteiligungsinstrumente zurückführen. In den erneuten Umfragen 1997 und 1999 hatte sich das Wahrnehmungsbild in einigen Bereichen bereits gründlich verändert. 78% der 1997 befragten Städte und 90% der 1999 befragten Städte sahen die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe. Dieser Wandel in der Einschätzung der Aufgabenstellung fällt in den Zeitraum der beschleunigten Beschlussentwicklung zwischen 1998 und 1999. 38% der Städte hatten bereits 1997 einen politischen Beschluss gefasst oder bereiteten ihn vor.96 1999 waren es 87% der Städte sowie weitere 9%, die den politischen Beschluss zur Agenda 21 vorbereiteten.97 Das Umfrageergebnis findet somit auch Bestätigung im Beschlussbild der folgenden Jahre.98 Über die Ernsthaftigkeit des angestrebten Prozesses gibt auch die Organisation Auskunft. Von den befragten Städten sahen 59 (39,33%) gesonderte Zuständigkeiten für den Prozess vor. Die Divergenz, die aus dem Abgleich der Zahlen für die Beschlussfassung und der beabsichtigten Aufstellung erscheint, kann mit der noch nicht verfestigten Planung der beschlussvorbereitenden Städte erklärt werden. Schlechter sieht die Situation bei der Finanzierung des Prozesses aus. Nur 30 Städte (20% der Befragten) haben auch gesonderte Finanzmittel für die lokale Agenda 21 bereitgestellt.99 Diese Zahl scheint gering, ist aber richtigerweise in Bezug zu der Zahl der Städte zu setzen, die bereits einen Agenda-Beschluss gefasst haben. In dieser Vergleichsgröße haben 52% aller Städte, die einen lokalen Agenda-Beschluss gefasst haben, auch gesonderte Finanzmittel bereitgestellt. Wenn die Bereitstellung von finanziellen Mitteln als positives Signal für die angestrebte Ernsthaftigkeit des Prozesses gelten kann, sind mehr als die Hälfte der Städte zu einem ernsthaften Prozess bereit gewesen. Ein Indiz für die thematische Ausrichtung der lokalen Agenda 21 gibt die Beteiligung der Ämter an den verwaltungsinternen Kooperationsgremien der 95

Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (55). Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (19), vgl. Anhang IX. Abb. A-12. 97 Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (14f.). 98 Vgl. auch: Stadt Darmstadt, www.agenda21.darmstadt.de/basis/Deut.htm (20.10.2003). 99 Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (20). 96

124

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis Klimaschutz/ENERGIE 100 Öffentlichkeitsarbeit 80 Verkehr 60

Gesundheit Erziehung/Bildung

40

sonstiges

Bauen/Wohnen

20 Entwicklungspolitik

Natur/Landschaft

0

Lärm

Luftreinhaltung

Altlasten

Flächen/Nutzung Abfall

Wasser/Abwasser Wirtschaft

Ökologie

Ökonomie

Soziales

Abbildung 3: Aktionsfelder 1997

lokalen Agenda 21. Dominierend waren 1997 der ökologische Sektor sowie die Stadtplanung. Wirtschaftsbezogene Ämter rangierten im Mittelfeld, abgeschlagen in der Mitarbeit und Einbindung waren noch die Ämter im sozialen Sektor.100 Dieses Ergebnis wurde in der Umfrage 1999 bestätigt. In der Häufigkeit der Nennung wurden jedoch die 1997 führenden Ämter deutlich weniger genannt. Kultur- und Sozialamt haben an Gewicht in der Organisation gewonnen. Damit in Einklang steht, dass die Ökologie weiterhin den Handlungsschwerpunkt stellte, wobei aber Ökonomie und Soziales weiter an Bedeutung gewannen.101 Die Koordination in Form einer Stabsstelle war im Verhältnis zu den beiden dominierenden Ämtern nur gering vorhanden. Die Sachbereiche, denen die Aktivitäten der Gemeinden zuzuordnen sind, waren schon ein Jahr nach der letzten Umfrage durch starke thematische Veränderungen geprägt. Es ist insgesamt eine stärkere Auseinandersetzung mit den drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung festzustellen. Dieser Ef100 Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (21) (Mehrfachnennungen möglich). 101 Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (15).

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

125

fekt zeigt sich durch die Möglichkeit von Mehrfachnennungen in der Befragung verstärkt.102 Übertragen auf eine Netzstruktur hat der noch im Jahr 1996 an letzter Stelle rangierende Sozialsektor stark aufgeholt und dominiert in der Nennung der Projekte den Wirtschaftssektor. Der Ökologiesektor konnte seine hohe Bedeutung für die lokalen Agenda 21-Initiativen behaupten. Das Netzdiagramm bildet hierbei die Bedeutung des ökologischen Sektors nur unzureichend ab. Dies ist der Darstellung der Sozial- und Ökonomiesektoren geschuldet. Es zeichnet sich ab, dass sich sozialer und ökologischer Sektor vom ökonomischen Sektor emanzipieren.103 Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass dem Wirtschaftssektor keine Bedeutung zukommt. Das Gegenteil ist in der Praxis der Fall.104 Er fällt jedoch aus der integrierenden Perspektive der lokalen Agenda 21 heraus. Schon am Anfang des Prozesses wurde somit der Grundstein für die später viel beklagte Unterrepräsentation der Wirtschaft im lokalen Agenda 21-Prozess gelegt. Die Umfrage 1999 bestätigte den 1997 erkennbaren Trend.105 Sehr deutlich haben sich in den drei Sektoren die Schwerpunkte Erziehung, Bildung und Konsumverhalten, Klimaschutz und Energie sowie Arbeit und Beschäftigung herausgebildet. Bei den Gemeinden zeigen sich in den Folgeumfragen bereits Auswirkungen der verstärkten Diskussion über Partizipation und Dialog.106 Schwerpunkte der gemeindlichen Arbeit sind nach wie vor konventionelle Kommunikationsformen.107 Die Anstrengungen in der Pressearbeit wurden ver102

Vgl. Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (22). 103 A. A. Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (17), die dies erstmalig in der Umfrage 1999 erkennt. 104 Vgl. Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11. 105 Noch 1997 war die Umsetzung der Aktivitäten weiterhin gehemmt. Knapp 40% der Gemeinden haben bereits Veranstaltungen durchgeführt. Gemeinsam mit den Aktivitäten vorbereitenden Gemeinden haben 55% das Umsetzungsstadium bzw. ein nahe bevorstehendes Umsetzungsstadium erreicht, vgl. für Berlin 1997: de Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 6ff.; dazu im Anhang IX. Abb. A-15f. Fertige Aktionspläne in den Gemeinden sind 1997 kaum – wenn nicht gar nicht vorhanden, ähnlich auch: Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9. 1999 haben 27% der Städte Leitbilder für nachhaltige Entwicklung aufgestellt, 51% bereiten diese vor, 21% halten Leitbilder für nicht erforderlich, Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (22). 106 Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.): Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (24); Eberhardt, ZAU 11 (1998), 72 (74). 107 So auch die Folgerungen bei: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 18.

126

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis Öffentlichkeitsarbeit 140 Verkehr 120 Klimaschutz/Energie 100 Natur/Landschaft 80 60 Bauen/Wohnen 40 20

Öko-Audit Beschaffung Soziales Frauenprojekte Kinder und Jugendliche

Arbeit und Beschäftigung

0

Erziehung/Bildung + Konsumverhalten

Flächen/Nutzung + Planung, Entwicklung

Entwicklungspolitik

Luftreinhaltung

Gesundheit Altlasten Ökologie

Ökonomie

Lärm Wasser/Abwasser

Soziales

Abbildung 4: Aktionsfelder 1999

doppelt. Die beliebteste Form des konventionellen Dialogs sind Vorträge bzw. Diskussionen. Als echter „Renner“ der neuen Partizipationsformen erweist sich der Runde Tisch. Berücksichtigt man die Ähnlichkeit mit dem ebenfalls häufig verwendeten Forum, übertrifft ihre Nutzung bereits die der Informationsbroschüren und gelangt je nach Gewichtung auf Platz zwei bzw. Platz drei der genutzten Kommunikationsformen. Die Propagierung bürgernaher „neuer“ Partizipation führte im ersten Jahr nach den großen Kampagnen für neue Partizipationsformen zu einer verstärkten Nennung. Teilweise beruht sie auf Umdeklarationen bekannter Formen, um eine moderne und innovative Arbeitsweise vorzuspiegeln. So weisen die Gemeinden neben der etablierten Verwaltungsberatung die Bürgerberatung aus. Als neues Instrument wird die Bürgerversammlung ausgewiesen, ein bei näherer Betrachtung ebenso konventionelles Instrument, wie die modern als „hearing“ bezeichnete Anhörung. Die ebenso neu aufgetretene Nennung der Volkshochschule spiegelt die Bemühungen eines eigenen Agenda-Akteurs, der in den Prozess eingetreten ist, bildet aber keinen eigentlichen Verwaltungsdialog. Die Kernbereiche aufwendiger neuer Partizipationsmethoden (Anwaltsplanung, Planungszelle, Mediation) stagnieren nahezu auf unverändert niedrigem Niveau. Auch die Umfrage 1999 zeigte keine Umkehr dieses Trends. Die Städte verstärkten vielmehr ihre Aktivitäten auf den vertrau-

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

127

ten Gebieten. Die Pressearbeit ist auch 1999 die meistgenannte Kommunikationsform,108 so dass die Gemeinden weiterhin auf ein nur eingeschränkt taugliches Mittel zur Mobilisierung der Bevölkerung setzten.109 Einen vergleichsweise starken Zuwachs konnten 1999 Runde Tische und Zukunftswerkstätten verzeichnen. Im Vergleich mit den internationalen Zahlen zeigt sich, dass der noch 1997 sichtbare Nachholbedarf deutscher lokaler Agenden deutlich vermindert worden ist. Die Validität des internationalen Vergleichs ist jedoch mit Vorsicht zu beurteilen, da die Ergebnisse auf absolut geringeren Umfragezahlen beruhen. Die Rückmeldungen der Gemeinden über das Ergebnis der Partizipation, die Einbeziehung der Zielgruppen und der Akteure in die lokale Agenda 21 zeigte zunächst eine gute Quote für Bürgerbeteiligung und die Einbeziehung der Wirtschaft in den Prozess.110 In einer anderen nicht repräsentativen Befragung zeichnete sich 1996 eine Spitzenstellung der Umweltbehörden als Hauptakteur bei der lokalen Agenda ab, gefolgt von Umwelt-NGOs und Entwicklungs-NGOs. Nur einen geringen Beitrag leisteten in diesem Zeitraum Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Parteien und Bildungseinrichtungen; am geringsten waren Bürgerinitiativen beteiligt.111 Die Akteurseinbeziehung ist zu Beginn der Prozesse relativ ausgewogen gewesen. Ein solch ausgewogenes Akteursbild konnte nur von wenigen Agenda-Initiativen beibehalten werden. Nach der Initiierung der Agenda-Initiativen sind aufgrund parteipolitischer Instrumentalisierung und aufgrund mangelhafter Partizipation die interessierten Bürger den lokalen Agenda-Initiativen in Scharen weggelaufen.112 Die geringe Bürgerbeteiligung kennzeichnet bis heute viele lokale Agenda 21-Prozesse.113 Als eine zweite tragende Säule ist die Beteiligung der Wirtschaft weggebrochen.114 Der Grund dafür liegt vor allem in der mangelhaften Partizipations- und Organisationsstruktur sowie in der bereits angedeuteten inhaltlich einseitigen Ausrichtung, die die Belange der Wirtschaft nicht genügend eingestellt hat.115 Aus 108 109 110

Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (22). Vgl. dazu unten: E.III.1.c)cc). Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17

(25). 111

Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 75. Zu den Partizipationsprobleme eingehend unten: E.III.1., E.III.2. Einschneidender als mangelnde Unterstützung durch Verwaltung und Politik wird seitens der Akteure das Desinteresse der Bevölkerung empfunden, de Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 25. 113 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 19 (38f.). 114 Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 11. 115 Vgl. oben: A.VI., sowie unten: E.III.3.e)bb), E.III.3.e)cc). 112

128

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

diesem Grund steht zu vermuten, dass die Umfrage von Maasberg 1996 bereits das realistischere Bild von der Akteurseinbeziehung gezeichnet hat.116 Die Prozesshemmnisse nach Ansicht der Gemeinden spiegeln aus einer ex post-Perspektive eine gänzlich fehlgehende Problemwahrnehmung.117 Als gravierendste Hindernisse schätzten die Gemeinden zu Beginn des Prozesses wie auch 1999 fehlende Finanzen und eine zu geringe Personaldecke ein.118 Kompetenz des Personals, Inhalte und Informationsmängel waren nahezu ohne Bedeutung. Der gesellschaftspolitische Konfliktstoff, den die Agenda 21 mit ihrem Theorieansatz, den zugrunde liegenden Interessenkonflikten119 sowie partizipativer Umsetzung bietet, haben die Gemeinden völlig unterschätzt.120 Genauso schwierig erwiesen sich bald darauf die Mobilisierung wichtiger Gruppen und die Einbeziehung der Bürger in den Prozess.121 Mangelndes Interesse der Bürger und Wirtschaft stellte 1999 ein jeweils zu mehr als 60% genanntes Prozesshemmnis dar.122 Die finanzielle Grundsituation der Gemeinden ist zweifellos ein die Agenda maßgeblich beeinflussender Faktor. Die Gemeinden stehen mittlerweile vor der Situation, trotz Landeszuschüssen keine Finanzmittel bereitstellen zu können.123 Die Konzentration auf die offensichtlichen Probleme der Finanz- und Personalausstattung haben den Blick auf die eigentlichen Problemlagen der Agenda 21 getrübt. Dies zeigt sich daran, dass trotz finanzieller Unterstützung und Fördermaßnahmen der Prozess keine qualitativen Sprünge machen konnte. Modellpro116

Vgl. oben: Fn. 111. Zahlen nach: Rösler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 63ff.; dies., in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (54); auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 219. 118 Ähnlich in Frankfurt: Finanzen ca. 44%, Politik, Interessenskonflikte je 30%, Informationsdefizite ca. 28%, Personal ca. 16%, Prioritäten ca. 15%, Bevölkerung ca. 12%, vgl. Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 7. Finanzen 73%, Personal 66%, andere Prioritäten 35%; Informationsdefizite 20%, Sonstige 23%, k. A. 16%, vgl. Gege, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 71 (73); ähnlich auch: Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (156); Maasberg, RuR 1998, 90 (98). 119 Diese stellen nach Auffassung der Gemeinden keine zentralen Schwierigkeiten der Prozesse dar, Maasberg, RuR 1998, 90 (98), Abbildung 2. Die Problematik war jedoch grundsätzlich bekannt, vgl. auch: Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 49f. 120 Dort zeigt sich im Fortschritt des Prozesses, dass zwar grundsätzliche Einigkeit über Integration der drei Dimensionen bestand, jedoch aufgrund kontroverser Schwerpunktsetzung Dissens zwischen verschiedenen Vertretern, etwa: Mordhorst, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 61 (66). 121 Maasberg, RuR 1998, 90 (98), Abbildung 2. 122 Vgl. im Anhang X. Abb. A-25. 123 Roters/Richter, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 207 (216); G10 (vgl. Anhang). 117

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

129

jekte unter einer „Käseglocke von Fördermitteln“124 bilden nicht ohne weiteres übertragbare Ansätze, deren Zukunftsperspektive noch dazu unklar ist.125 Unbewältigte Interessenkonflikte und institutionelle strukturelle Probleme führten häufig zum Scheitern oder Einschlafen des Prozesses. Die Beschreibung der lokalen Agenda 21-Prozesse als mehrheitlich offener und integrierender Prozess, der die drei betroffenen Sektoren der Nachhaltigkeit zu einem tragfähigen Ausgleich bringt,126 hält einer Überprüfung nicht stand. Nachhaltigkeit wird zwar als Schlüsselbegriff der Agenda 21 bezeichnet und auch inhaltlich zutreffend auf das integrierte Zusammenwirken mehrerer Dimensionen erstreckt,127 in der Praxis verbleibt diese Erkenntnis jedoch in der Regel auf der Ebene theoretischer Wunschvorstellungen. Die Herangehensweise der Gemeinden ist meist sektoral geprägt. Es wird entweder auf ökonomische, ökologische oder soziale Belange der Nachhaltigkeit abgestellt, so dass der integrative Ansatz weiterhin in einer Ausnahmeposition verbleibt.128 Zusätzlich sind die drei Belange der Nachhaltigkeit nicht ausgewogen berücksichtigt.129 In jüngeren Veröffentlichungen beginnt sich ein realistischeres Bild der Hemmnisse und Prozessdefizite abzuzeichnen. Schwierigkeiten der langfristigen Prozessabsicherung, schwierige Bürgerbeteiligung, fehlende Verwaltungseinbeziehung, Vorbehalte gegenüber der Ernsthaftigkeit des politischen Willens und Probleme in der Inhaltsvermittlung130 treten aus dem Schatten der Finanzklagen heraus. b) Internationaler Vergleich Ein internationaler Vergleich der deutschen Bemühungen zur lokalen Agenda 21 wird vor allem durch zwei Erhebungen möglich, die ICLEI im Jahre 1996/97 und 2001 weltweit unter Kommunen durchgeführt hat. Ende 1996 waren nach der ersten Erhebung 1812 Gemeinden aus 64 Ländern mit 124

Auch: Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 267. Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (38f.). 126 Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (34). 127 Vgl. etwa: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 2; Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 9. 128 Mitschang, DÖV 2000, 14 (15). 129 Ausnahme etwa die Schilderung der Frankfurter Agenda 21, die zwar auch ein ökologisches Übergewicht aufweist, aber davon abgesehen relativ ausgewogen die Felder berücksichtigt, etwa 40% Ökologie, Ökonomie ca. 32%; Soziales ca. 28%, Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 7. 130 Vgl. die Untersuchungsergebnisse bei Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, Agenda 21, S. 10f. 125

130

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis Verhältnis der Agenda-Prozesse 1996/97 10% 2% Industrieländer Deutschland Entwicklungs-/ Schwellenländer

88%

Abbildung 5: Verteilung Agenda-Prozesse Welt (1996/97)

dem lokale Agenda-Prozess beschäftigt. 879 hatten den Prozess damals gerade erst eingeleitet.131 Knapp 180 Prozesse fanden in Entwicklungs- bzw. Schwellenländern statt.132 Lokale Agenda 21-Prozesse finden in der überwiegenden Anzahl in den Industrieländern statt. Inhaltlich unterscheiden sich Prozesse in Industrieund ärmeren Ländern. Während die Betonung von Umweltaspekten vor allem in reicheren Ländern feststellbar ist, liegt der Schwerpunkt in ärmeren Ländern mehr auf Entwicklung und Dienstleistung.133 Die Schwerpunkte sind jeweils ortsangepasst, spiegeln aber dennoch eine sich abzeichnende Dualität von „Umwelt“ und „Entwicklung“.134 Alle Gemeinden, die bereits einen laufenden Prozess angeben, verfolgen diesen nach eigener Darstellung in einem konsultativen Bürgerprozess. Auffallend gering ist die Anzahl der Gemeinden, die Bedingungen für eine Erfolgskontrolle bzw. lokale Indikatoren zur Evaluation aufgenommen haben.135 131

UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www. iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 4. 132 UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www. iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 8. 133 UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www. iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 16f.; vgl. auch: Schmidt-Bleek, Wieviel Umwelt braucht der Mensch?, S. 289. 134 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (29, 34ff.).

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

131

Fünf Jahre später zeigt die ICLEI-Umfrage eine Zunahme der Aktivitäten. 6416 Gemeinden haben Aktivitäten zur lokalen Agenda 21 genannt. 84% der lokalen Agenden finden weiterhin in den Industrieländern statt, allein 52% in Deutschland.136 Die Zahlen weisen in ihrer Mehrzahl eine Steigerung der Agenda-Aktivitäten in Europa auf. Deutschland ist es gelungen, die absolut stärkste Steigerung in Agenda-Aktivitäten zu erzielen. Insbesondere der Vergleich zu Großbritannien, den Niederlanden und Schweden zeigt jedoch eine signifikant geringere relative Beteiligung in Deutschland.137 Die hohen Prozentzahlen in Europa am Prozessbeginn werden aus deutscher Sicht teilweise mit dem Argument fehlender Vergleichbarkeit angegriffen. Länder mit niedrigeren Umweltaktivitäten erfassten in Deutschland bereits vorhandene Maßnahmen unter lokale Agenda-Aktivitäten, so dass sich schon aus dem Nachholpotential hohe Prozessraten ergäben.138 Die niedrigen prozentualen Zahlen in Deutschland resultierten aus dem fehlenden Konsultationsprozess mit den gesellschaftlichen Akteuren. Aus den Zahlen könnten keine Rückschlüsse über Qualität von vernetztem Denken und Handeln gezogen werden.139 Die Analyse der Kritik ist zutreffend. Dabei sollte allerdings bedacht werden, ob nicht auch in Deutschland die Steigerung der Zahlen durch ähnliche Ansätze „kreativer Buchführung“ befördert worden sind. International ergibt sich auch hinsichtlich der Partizipation an lokalen Agenda 21-Prozessen kein eindeutiges Bild. Positiv wird zumeist herausgehoben, dass bereits 73% der Gemeinden in irgendeiner Weise die Akteure 135 237 Gemeinden haben demnach eine Erfolgskontrolle, 210 mittels Indikatoren, vgl. UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www.iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 5. 136 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 3; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 33.; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22); Koll, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 23 (37); UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.2004), S. 10ff. Dazu im Anhang XI. Abb. A-26. 137 Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (35); dazu im Anhang XI Abb. A-27. Zu der Problematik der Vergleichbarkeit der Länder und zu den erzielten Impulsen: Teubner, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 29 (31ff.). 138 Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (36); ähnlich ohne internat. Bezugnahme, Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 16; auch: Rösler, Der Landkreis 2003, 426, allerdings mit Hinweis auf die weiteren Dimensionen. Das Argument trifft eher in Bezug auf die Niederlande und Großbritannien zu. In Schweden ist ein niedrigeres Niveau nicht zu erkennen, vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 61ff.; 115ff. 139 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 15.

132

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

in den Prozess einbeziehen. Hier handelt es sich um ein Beispiel, wie aus Legitimationsgründen beeindruckende Teilnehmerzahlen veröffentlicht werden.140 Es geht nicht von einem weitgehenden Partizipationsverständnis aus, sondern erweitert den Begriff Partizipation. Von der Qualität der Einbeziehung ist dagegen kein positiver Schluss naheliegend. 27% der Gemeinden haben überhaupt keine Akteursgruppen, 34% der Gemeinden nutzen Akteursgruppen lediglich zur Verbreiterung der Inputbasis.141 Eine Einbeziehung in den Entscheidungsprozess findet nur in 21% der Gemeinden statt. International sind in 60% der Gemeinden die lokalen Entscheidungsträger auch die Verantwortlichen für die lokale Agenda 21 und ihr Budget.142 Die europäischen Ergebnisse sind noch eindeutiger. In 74,8% der Gemeinden sind die lokalen Entscheidungsträger auch die Entscheidungsträger der lokalen Agenda 21 und ihrer Finanzierung.143 Keine Rolle spielen im europäischen Durchschnitt Akteursgruppen in 22,8% der Gemeinden, in 38,6% der Gemeinden sind sie nur Informationslieferanten und in 22,8% lediglich in die Entscheidungsfindung einbezogen.144 Auch die Möglichkeiten von Mehrfachnennungen in den Umfragen kann eine Tendenz nicht verdecken. Sowohl in Europa wie auch weltweit liegen die Entscheidungsfindung und die Verantwortung für den Prozess in der Regel bei den Gemeinden. Partizipation bedeutet damit in der Regel keine weite mitentscheidende Partizipation, sondern Unterstützung gemeindlicher Planung. Die inhaltliche Zielsetzung der lokalen Agenden zeigt weiter den 1996/97 nachgewiesenen Trend zu unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten in armen und reichen Ländern. Die inhaltliche Reduktion auf Umweltschutz ist ein häufiges Problem westlicher Industriestaaten und nicht auf den lokale Agenda 21-Prozess in Deutschland beschränkt.145 Weltweit weisen etwa 46% der Gemeinden eine Umweltorientierung in der Agenda 21 aus, einen Ausgleich aller drei Belange glauben 36% verwirklicht zu haben.146 Diese 140 Vgl. unten: E.III.2.a)bb) bei Fn. 394; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 17. 141 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 14. 142 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 10. 143 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ europe.pdf (26.02.2004), S. Q10, 11; grafisch im Anhang XI, Abb. 29f. 144 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ europe.pdf (26.02.2004), Q 10 (Mehrfachnennungen möglich). 145 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (20). 146 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 16.

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

133

Schwerpunktsetzung ist auch durch den immer noch höheren Anteil reicherer Länder an den lokale Agenda 21-Prozessen zu erklären.147 In den Entwicklungsländern liegt der thematische Schwerpunkt dagegen weiter auf wirtschaftlicher Entwicklung.148 Davon abgesehen tritt eine Gemeinsamkeit jedoch in allen Agenden weltweit zu Tage. Sie ist die hohe Wertschätzung und primäre Bedeutung des Ressourcenmanagements und der Versorgung mit der Ressource Wasser.149 Sie ruht in der alle Länder gleichermaßen betreffenden Ortsgebundenheit dieser Ressource und seiner unmittelbaren Bedeutung für menschliches Leben. Die Bedeutung der lokalen Agenda 21 zeigt sich weltweit in zwei Bereichen. Sie schärft das Bewusstsein für die Prinzipien der Agenda 21 und für ihre Integration in die alltägliche Arbeit der Kommunalverwaltungen. Sie verbessert die Umweltarbeit oder ihre Präsenz im öffentlichen Bewusstsein.150 Im Netzwerk der Belange erscheint den Gemeinden weltweit Umweltpolitik als der Bereich, indem sie unverzüglich die größten Veränderungen herbeiführen können. Wirtschaftspolitik ist ein Bereich, in dem die Gemeinden am wenigsten Einfluss zu haben glauben.151 Die größere Anerkennung der Bedeutung der lokalen Agenda 21 und der Bedeutung ihrer Integration in die lokalen Strukturen hat aber bisher nicht zu einem Wechsel in den kommunalen Systemen geführt.152 Die Anerkennung verharrt vielmehr auf der Vorstufe zu Veränderungen. Dem entspricht es, dass die Fortschritte durch die lokalen Agenden von den Gemeinden verhalten eingeschätzt werden. Die Tabelle zeigt die Einschätzung der qualitativen Veränderungen durch die lokale Agenda 21 in verschiedenen Sachgebieten durch europäische Gemeinden.153 Ein Wert von Null steht für die Einschätzung keiner Veränderung, ein Wert von drei bedeutet eine hohe Veränderung. 147 5400 von 6416 Prozessen weltweit finden sich in Ländern mit einem hohen BSP (9266 US$ und mehr/Kopf), UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.2004), S. 10. Aus diesem Grund ist auch die Argumentation von Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (33) nicht stimmig, da der beklagte Vorrang der Ökologie vor der Ökonomie schon aus den Prozessresultaten durch die Dominanz der Industrieländer entsteht, anders als Zimmermann, ebd. annimmt. 148 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 16. 149 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 17. 150 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 17. 151 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 21. 152 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 18.

134

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

3 2,5 2 1,5 1 0,5

Luftqualität

Erziehungssysteme

Arbeitsplätze

Frieden

nachhaltiger Tourismus

Grundbedürfnisse

Sicherheit

Katastrophenschutz

Bildung

Verwüstung

Gesundheit

Energiesparen

Abwasser

Stadtverschönerung

Wohnen

Bodenschutz

Wasserqualität

Wasserversorgung

Kulturelles Erbe

öffentl.Bewußtsein

Treibhausgasemissionen

Nahrungsmittelversorgung

örtl.Wirtschaft

Menschenrechte

Frauenbelange

nachhaltiger Transport

Stärkung der Gemeinden

Biodiversität

Abfallverminderung

Armutsverminderung

0

Abbildung 6: Qualitative Veränderungen nach Sachgebieten

Die qualitativen Veränderungen durch die lokalen Agenda 21 halten sich in Europa im Mittelfeld. Die Mehrzahl der Bereiche pendelt im befriedigenden bis ausreichenden Bereich von 1–1,5. Sie decken sich mit den Beobachtungen deutscher lokale Agenda 21-Prozesse, bei denen auf Absichtserklärungen kaum Taten gefolgt sind (1997).154 Ein „großer Wurf“ durch die lokale Agenda 21 konnte damit auch außerhalb Deutschlands nicht erzielt werden. Bei den Schwierigkeiten, die die nachhaltige Entwicklung im Agenda-Prozess in Deutschland verursacht, handelt es sich nicht um ein auf Deutschland beschränktes Phänomen. Auch international zeichnet sich die Schwierigkeit der Integration aller drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung als ein Praxisproblem ab.155 Die Formulierung konkreter und realistischer überprüfbarer Ziele gelingt nicht zufriedenstellend. Zumeist erfolgt eine Konzentration auf eine Umweltstrategie, die dem integrativen Ansatz nicht gerecht wird.156 Es entsteht im Prozess ein Spannungsverhältnis zwischen Kalkulierbarkeit, Integration und Partizipation. Dabei verbleibt die Integration der gesellschaftlichen Gruppen auf einer nicht optimalen Basis. 153

UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ europe.pdf (26.02.2004), Q 21. 154 Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 9. 155 Sehr strenge Anforderungen stellen Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 40. Sie berichten, ihnen sei kein einziges Beispiel einer Strategie bekannt, in der alle drei Aspekte im Sinne der Agenda 21 vollkommen integriert seien. 156 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 147; vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 1a.

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

135

Die Prozessinstitutionalisierung gelingt oft nicht genügend, so dass ein ausreichender Gegenpol zu wechselnden Machtkonstellationen und politischen Strömungen fehlt. Dazu gesellt sich ein Vollzugsdefizit, das auf der fehlenden Vereinbarung konkreter Maßnahmen oder deren mangelhafter Kontrolle anhand von Indikatoren beruht.157 3. Prägung, Wirkungstiefe und typische Beispiele der lokalen Agenda 21 in Deutschland Eine Befragung im Jahr 1998, die die Einschätzung der Bevölkerung darüber untersuchte, ob Deutschland auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung ist, ergab folgendes Bild: Von allen Befragten waren 28% der Ansicht, dass Deutschland sich auf diesem Weg befindet. 55% dieser Personen gaben an, den Begriff der Nachhaltigkeit zu kennen, 23% nicht. 30% aller Befragten hingegen meinten, Deutschland befinde sich nicht auf dem Weg nachhaltiger Entwicklung. 33% dieser Personen kannten den Begriff Nachhaltigkeit, 30% kannten ihn nicht; 42% der befragten Personen konnten sich für keine Antwort entscheiden, davon war 12% der Begriff Nachhaltigkeit bekannt, 47% kannten den Begriff nicht.158 Die Befragung zeigt ein hohes Maß an Unsicherheit. Die Zahl derer, denen Nachhaltigkeit kein Begriff war, ist annähernd gleich so hoch wie die Zahl der Personen, die keine Angaben zum Begriff der Nachhaltigkeit machten. Die Einschätzung, nachhaltige Entwicklung sei mittlerweile im Alltag angekommen,159 erscheint damit noch zu optimistisch. Schon dies weckt weitere Bedenken hinsichtlich der Etablierung nachhaltiger Entwicklung im gesellschaftlichen Alltag. Für eine Einschätzung der Etablierung nachhaltiger Entwicklung können Wettbewerbe für nachhaltige Entwicklung hilfreich sein. Sie bieten einen anschaulichen Überblick über Stand und Wirkungstiefe der verfolgten Projekte.160 Die aufgenommenen und dargestellten Projekte gelten als beispielhaft und nachahmenswert. Die Auswertung dieser Aktivitäten zeigt einige typische Handlungsfelder der lokalen Agenda 21, auch wenn in Bezug auf die Sachmaterie eine Schematisierung aufgrund der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinden und der verschiedenen Belastungsursachen schwierig ist.161 157 Zu dem Ergebnis kommen auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 147. 158 Zahlen nach: Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 251; vgl. grafisch im Anhang III. Abb. A-1. 159 So: BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 4/2000, S. 4. 160 Vgl. für viele: Umweltberatung Nordost (Hrsg.), Nachhaltige Aktionen, München 1997, S. 56ff.; vgl. CAF (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 28f., 18f.; Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (49).

136

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis Tourismus Umweltbildung

Recycling

Öffentlichkeitsarbeit

Regionalprodukte

Naturschutz Tauschen

Teilen

Energie-/Resourcensparen

Verzicht zweite Hand Miete

Abbildung 7: Typische Handlungsfelder der lokalen Agenda 21

Die Aktivitäten richten sich in der Regel auf Energie- oder Ressourcensparmaßnahmen und Klimaschutz.162 Weitere Handlungsfelder sind die längere oder intensivere Produktnutzung163 sowie der Straßenverkehr. Ebenfalls typisch ist die Förderung und Vermarktung regional oder/und ökologisch erzeugter Produkte.164 Der Schwerpunkt liegt meist auf „erzieherischen Maßnahmen“.165 Sie sind in der Regel auf nicht schmerzhafte Aktionen beschränkt, die sich ohne großen Aufwand einfach umsetzen lassen. Modifikationen des Vollzugs, Neuerungen von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen,166 die Erstellung von Landschafts- und Grünordnungsplänen sowie Umweltkatastern167 mit einer Aufwertung von Umweltbelangen blei161 Junkernheinrich, in: ders./Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 42 (46). 162 Etwa Recycling, Energiesparen, fifty-fifty-Modelle, Papiersammlungen, Abfallvermeidung etc.; vgl. auch: BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 47; zum Wasser eigens: BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 3ff. 163 Produkttausch, Verleih, Second-Hand-Märkte, sharing-Modelle. 164 Öko-Märkte, Lieferservice, Marketing. 165 Maasberg, RuR 1998, 90 (96). 166 Etwa der Erneuerung des Stadtentwicklungplan in Heidelberg, dazu eingehend: Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 49ff. 167 Zu Umweltkatastern vgl. Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 40f., die Datenverarbeitungssysteme zur Umweltbeobachtung vor allem in Mittel- und Großstädten sehen.

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

137

ben die Ausnahme.168 Agenda 21-Projekte sind besonders dann erfolgreich, wenn sie einen wirtschaftlichen Anreiz bieten.169 a) Arbeitskreise und Projekte Die Arbeitsgruppen oder Fachforen der lokalen Agenda 21 sind in der Anfangsphase eher an Politikfeldern ausgerichtet gewesen. Mittlerweile ist eine Ausrichtung an Lebensbereichen erkennbar.170 Die Schwerpunkte der einzelnen Gemeinden sind recht unterschiedlich, und durch örtliche Faktoren beeinflusst.171 Fortschritte können lokale Agenda 21-Initiativen in Klimaschutz, nachhaltiger Landnutzung, Ressourcennutzung, Abfallmanagement, Gesundheitsförderung, soziale Entwicklung und Bildung vorweisen.172 Dies führt zumeist zu Arbeitskreisen aus folgenden Bereichen:173 • Arbeit und Wirtschaft, • Wohnen und Stadtplanung174, • Verkehr/Mobilität, • Klimaschutz/Energie, • Bildung/Eine Welt, • Umwelt, Ver- und Entsorgung175. 168

Dominanz kurzfristiger sektoraler Handlungsprogramme – echte Interessenkonflikte vielerorts nicht aufgenommen, vgl. v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (24); BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 11, 49. 169 Müller/Schönfeldt, Der Landkreis 2003, 441 (443). 170 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 90. 171 Vgl. Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (34); ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 162. Vgl. etwa die räumliche Differenzierung in: BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 4/2001, 10ff. Überörtliche Relevanz haben jedoch losgelöst von der lokalen Agenda 21 die Belange Wohnqualität, Verkehr, Umweltqualität und Jugend- und Ausbildung in den Gemeinden, BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 2/2002, 1f. 172 Vgl. Koll, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 23 (37). 173 Vgl. beispielhaft Forum Umwelt & Entwicklung Köpenick, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 71 (73–75); Rösler, in: Heinelt/ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (17); ähnlich: BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 24. Eine gleichrangige Wertigkeit, wie sie Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 92 feststellt, halte ich aus den unter b), c) genannten Gründen für problematisch. 174 Dazu eingehend: Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 49ff.; Maasberg, RuR 1998, 90 (96). 175 Vgl. beispielhaft: Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (195); Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (62); Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107 (111); BMU/UBA, Handbuch Lokale

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

Die Arbeitspunkte der lokalen Agenda 21 stimmen mit Untersuchungen über Belastungen überein, die Straßenverkehrslärm, Autoabgase, herumliegende Abfälle und schlechte Luft als Hauptbelastungsbereiche zeigen.176 Entsprechend der Siedlungsstruktur lässt sich in Großstädten eine besondere Bedeutung der Bereiche Verkehr, Flächen- und Siedlungsentwicklung und verschiedener Industrie- und Gewerbefragen nachweisen, wohingegen ländliche Regionen bevorzugt Landwirtschaft, Energie und Tourismus ins Zentrum ihrer Arbeit stellen.177 Im Bereich Bauen, Wohnen und Flächennutzung ist kein besonders typisches Umsetzungsmerkmal erkennbar, abgesehen negativ vom ungebremsten Flächenverbrauch.178 Klimaschutz ist weitgehend akzeptiert179 und von Einfallsreichtum bei den Projekten geprägt.180 Dieser Bereich erhält besondere Schubkraft durch die realisierbaren positiven Einkommenseffekte.181 Ein regelrechter „Dauerbrenner“ ist das fifty-fifty-Modell. Es beruht auf einer Besonderheit des Haushaltsrechts. Im Regelfall ist etwa eine Gebietskörperschaft Kostenträger für die laufenden Kosten von Gebäuden. Heizung, Energie und Wasserverbrauch werden nicht oder nicht vollumfänglich vom Nutzer der Gebäude getragen. Ein Beispiel für solche Situationen ist die Nutzung von Schulen oder Sportanlagen.182 Der Nutzer hat keinen Anreiz, durch Verhaltensänderungen eine Kostenreduzierung herbeizuführen, weil er „in fremde Taschen“ sparte.183 Dort setzt das fifty-fifty-Modell an, indem Agenda 21, S. 82; vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda 21 II, S. 37f. 176 Vgl. Zahlen bei Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 35; zum Verkehrslärm Schulze-Fielitz, DÖV 2001, 181ff.; BMU/ UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 64ff. 177 Spehl/Tischer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 291 (297). 178 Innenentwicklung „leere Hülse“ angesichts des interkommunalen Wettbewerbs, so Schubert, Raumplanung 73 (1996), 68 (71). 179 Vgl. auch: Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 14; wichtigstes globales Ziel in den Prozessen: Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (428). 180 Baumpflanzprojekte und viele andere, vgl. die Handlungsmöglichkeiten bei: Clausnitzer u. a., in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 187 (190ff.). 181 Etwa kostenlose Energieberatung, um über die Vorteile Aktivitäten der Bürger zu erreichen, vgl. Landeshauptstadt München, Ein Heizspiegel für München, Umweltbericht 1995/1996, S. 58–60. 182 Agenda-Transfer, Anküpfungspunkte für die lokale Agenda 21 in Deutschland, S. 8. 183 Anregung für ressourcenoptimierte fifty-fifty-Modelle, Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (10). Ähnliche Probleme werden etwa mit Förderprogrammen zum Energiesparen bekämpft. So findet sich im privaten Bereich ein Investoren-Nutzer-

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

139

als Anreiz für Ressourceneinsparungen die eingesparten Kosten zur Hälfte zwischen Nutzer und Kostenträger geteilt werden.184 Die Verknüpfung von lokale Agenda, Stadtplanung- bzw. Stadtmarketing und Klimaschutz ist bewährt, aus dem Sektor der Lärmminderungsplanung fehlen Erfahrungen.185 Der Sektor Verkehr befasst sich insbesondere mit der Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs.186 Er konzentriert sich auf die Förderung der Attraktivität des ÖPNV187, die Förderung von Fahrradkonzepten188, oder car-sharing189. Effektive Beispiele zur Freizeitgestaltung wie InlineskaterDilemma, vgl. dazu: Pesik, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 73. Die gesammelten Daten können wiederum zur Optimierung der Energiesparprogramme dienen, z. B. Münchner Heizspiegel, vgl. Landeshauptstadt München, Ein Heizspiegel für München, Umweltbericht 1995/1996, S. 58–60. Zur Auswertung summarisch: Weninger, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 79ff. 184 Auch andere Quoten 30–70%: Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt – Entwicklung, S. 6; 25/75% (Bremen), vgl. Weber, Gute Beispiele, S. 87. 185 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (262). Die Lärmminderungspläne weisen eine eher geringe praktische Relevanz auf, dazu: Schulze-Fielitz, ZUR 2002, 190 (192). 186 BMBau (Hrsg.), Nationaler Aktionsplan zur nationalen Siedlungsentwicklung, S. 8; ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 148; so auch: Forum Umwelt & Entwicklung Köpenick, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 71 (73); kritisch gegen die undifferenzierte Förderung des ÖPNV als vermeindlich besten Verkehrsmittel: Bratzel, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 107f., der auf die mögliche ökologische Nachteiligkeit in regionalen Querverbindungen hinweist. Vgl. nunmehr auch die Abkehr der „GRÜNEN“ vom Konzept der „Verkehrswende“ als „ein Stück Lebenslüge“, FAZ Nr. 96, v. 24.04.2004, S. 11. 187 Durch nah erreichbare Haltestationen, attraktive Fahrtaktzeiten, Abstimmung auf den Individualverkehr, weit ausgebautes Streckennetz und lukrative, d.h. ökonomisch günstige Tarifstrukturen, idealerweise eine preiswerte und übertragbare (Umwelt)Zeitkarte, vgl. etwa: Heller, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (167ff.); Grewing, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 185 (190); auch: Joswig, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 18f.; Kindhäuser, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie, S. 61 (64ff.); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 118; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VI-10; ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 148; Forum Umwelt & Entwicklung Köpenick, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 71 (73). 188 Vgl. Roters/Richter, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 207 (213); Heller, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (169); zur Optimierung des ÖPNV: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VI-10f.; Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 24. 189 Zum Beispiel die Möglichkeit, car-sharing rund um die Uhr zu nutzen, mit Buchungsmöglichkeit bis direkt vor Fahrantritt, Weber, Gute Beispiele, S. 98f. Zu Recht weist Schulze-Fielitz, ZUR 2002, 190 (191) jedoch darauf hin, dass sich die aufgezeigten Lösungsalternativen für den Verkehr zumeist nur in Ballungsgebieten realisieren lassen.

140

B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

Routen sind zwar unter unmittelbarer Bürgerbeteiligung einfach und effektiv,190 aber noch nicht weit verbreitet. Das Zusammenspiel der Bereiche Bildung und Eine Welt ist daraus zu erklären, dass Veränderungen in der Ressourcennutzungs- und Konsumstruktur den Ansatz freiwilliger Suffizienz verfolgen.191 Im Bereich Bildung/Eine Welt stellen Vermarktungsaktionen für regional erzeugte Lebensmittel192 eine verbreitete Maßnahme zur Förderung nachhaltiger Verbrauchsmuster dar. Parallel dazu existieren Vermarktungsförderungen für sogenannte fair gehandelte Waren aus Schwellen- und Entwicklungsländern.193 Der „Faire Handel“ fällt in der Umsetzung der lokalen Agenda 21 deutlich hinter die Vermarktungsförderung für regionale Produkte zurück. Der Erfolg beider ist schwer zu beurteilen und fällt regional unterschiedlich aus.194 Fair gehandelte Produkte werden in der Regel überregional von NGOs gestützt und sind bereits häufig in Supermärkten gelistet. Jedoch verbleibt eine Grauzone. Regional erzeugte Artikel stehen zudem nicht zu typischerweise fair gehandelten Produkten in direkter Konkurrenz, da es sich um unterschiedliche Produktgruppen handelt. Nicht alle regional erzeugten Artikel werden im Verkauf als solche gekennzeichnet. Das Feld regional erzeugter Produkte, die auch ausdrücklich als solche vermarktet werden, ist weitgehend der Wochenmarkt, mit Einschränkungen auch das Einzelhandelsgeschäft. Im Themenbereich Abfall liegt der Schwerpunkt auf der Abfallvermeidung. Typisch sind Auflagen zur Nutzung von Mehrweggeschirr – oft verbunden mit der Möglichkeit zur Nutzung kommunaler mobiler Geschirrspüler.195 Ein weiterer Klassiker ist der kommunale Reparaturführer. Der Reparaturführer ist eine Zusammenstellung von Betrieben, die Gebrauchsgüter reparieren. Er erleichtert die Informationsbeschaffung der Verbraucher und kann damit Einfluss auf die Weiternutzung vorhandener Güter bieten. b) Gefahren einseitiger Schwerpunktbildung Die lokalen Agenden sind thematisch stark durch den Umweltbereich dominiert,196 so dass die Agenda 21 „in die Umweltecke gedrängt“197 und so190

Pengemann, Der Landkreis 2003, 444 (445). Vgl. oben: A.IV.2. 192 Vgl. Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431 (432). 193 Ein Kombinationsbeispiel bei Nitschke/Walde, Der Landkreis 2003, 433f. 194 Die fair gehandelten Produkte erreichen in Deutschland in keinem Fall ein Prozent des entsprechenden Marktes, FAZ Nr. 118, 22.05.2004, S. 20. 195 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IX-14. 196 Vgl. Linn, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung in Kommunen, S. 75 (80), ebenso zu den Indikatoren. Das zehn-Punkte Pro191

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

141

gar verbreitet schon eine Ablösung des Begriffs Umweltschutz durch den nachhaltiger Entwicklung gesehen wird.198 Der Zugang über ökologische Ziele, der teilweise mit dem Postulat eines ökologischen Vorrangs einhergeht, ist aufgrund der ganzheitlichen Perspektive nachhaltiger Entwicklung nicht weiterführend.199 Dort kommt es vor allem auf die Ausgewogenheit der konträren ökonomischen ökologischen und sozialen Belange an.200 Umweltlastigkeit kann sich deshalb als großer Nachteil erweisen.201 Die Reduktion lässt die positiven Wirkungen auf das gesamte kommunale Handeln nicht hervortreten202 und behindert einen integramm aus Berlin ist fast ausschließlich ökologisch ausgerichtet, vgl. Strobach, Die Agenda 21, S. 16. In Frankfurter Projekten zur Agenda 21 sind insgesamt 43 Projekte geschildert. Davon sind 14 Projekte mit der Zielsetzung Konsum und Bewusstseinsbildung beschreibbar. Ein Projekt ist dem Bereich soziale Entwicklungszusammenarbeit zuordbar. 7 Projekte können dem Sozialsektor zugeordnet werden, eines der Wirtschaft. 20 Projekte sind schwerpunktmäßig Umweltprojekte; (eigene Einordnung) Übersicht in: Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 28. Zu dem Komplex vgl. auch: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 45; Brusis, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 7 (8); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 15; BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 24. Die Einengung der lokalen Agenda 21 auf ein einseitiges Umweltprogramm räumt auch das Umweltbundesamt ein: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda 21 II, S. 15. 197 Schäffler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 239ff., berichtet von einer Bundeskonferenz zur lokalen Agenda 21, auf der sich alle Referate mit Umweltschutz befassten. Ähnlich auch die Auslobung eines Umweltschutzpreises für Beiträge zur lokalen Agenda 21: bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 17; vgl. auch: Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 5. 198 Schmitz-Rode, Effizienz der Instrumente des Völkerrechts, S. 8; Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (88); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 15; für die Agenda 21: Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; vgl. auch: SRU, ZAU 13 (2000), 84 (88), der die Agenda 21 als kooperative langfristige Umweltpolitikplanung auf breiter Basis beschreibt. 199 Vgl. Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (30); teilweise stellt jedoch diese Vorgehensweise gerade das Erfolgspotential. Dies ist insbesondere dann festzustellen, wenn örtliche ökologische Problemlagen als einender Faktor auftreten, vgl. v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (20). 200 SRU, BT-DruckS 13/10195, Rn. 251; Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (170). 201 Wegen der gleichzeitigen Zurückdrängung sozialer ökonomischer und sozialer Dimension habe sich dies phasenweise als Hauptschwäche des Prozesses gezeigt, vgl. auch: Lohse, VR 1997, 202 (203); Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (33); Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 46; Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (17); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; Hesse, RuR 1996, 103 (115); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 18; Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (75); auch: Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (226).

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

grativen und vernetzten Ansatz.203 Der Erklärungsversuch, die Dominanz ökologischer Belange sei eine bloße Kompensation vorheriger Vernachlässigung,204 ist nicht überzeugend. Schon eine starke Vernachlässigung ist angesichts weitgehend kontinuierlicher Verbesserung der Umweltsituation zumindest fraglich.205 Zudem greifen die Maßnahmen in ihrem Großteil nicht an der Wurzel der Vernachlässigung an.206 Die Bevorzugung ökologischer Belange, ist eher der leichteren Operationalisierbarkeit gegenüber den beiden anderen Aspekten geschuldet und der langjährigen Erfahrung der Gemeinden in Verkehrs- und Umweltpolitik.207 Werden Ziele für die Agenda 21 formuliert, trifft dies in der Regel ökologische Ziele, wohingegen die Formulierung ökonomischer und sozialer Ziele meist nur „vorgenommen“ (nicht erfolgt) bleibt. Dies gilt auch für die Umsetzung erster Schritte.208 Trotz der Dominanz des Ökologiesektors ist zu beobachten, dass ökonomische und soziale Folgen als häufiger Bestandteil ökologischer Projekte berücksichtigt sind, ökologische Auswirkungen aber umgekehrt nur selten bei sozialen und ökonomischen Projekten.209 Gerade die einseitige Ausrichtung der lokalen Agenda 21 auf eine Umweltschutzthematik hat vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Problemfelder und ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein Scheitern des Prozesses.210 Schon Mitte der 1990er Jahre zeichnete sich in den neuen Bundesländern eine Priorität der Bevölkerung für arbeitsmarktpolitische und soziale Ziele gegenüber Umweltzielen ab.211 202

Vgl. richtig: Stark, Lokale Agenda 21, S. 17. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 15; Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (48). 204 Stark, Lokale Agenda 21, S. 20. 205 Dies wird auch von privater Seite betont: Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 28. Abfall und Wasserbelastung seien neben Flächenverbrauch Ausnahmen von der Regel. 206 Dazu bereits oben bei Fn. 167f. 207 Conrad, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 87; Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 104; Fürst, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 13 (21); Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (23); Linn, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung in Kommunen, S. 75 (80). 208 Vgl. Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 10f. (alle ökologischer Bezug). 209 BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 45; auch: Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (17). 210 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (48). 211 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 99; BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 27; Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 20; Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (84). Die Situation hat sich 203

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

143

Die Anforderung der Umgestaltung sozialer Sicherungssysteme verschiebt die Prioritätensetzung auch in den alten Bundesländern. Ein Agenda-Prozess, der angesichts dieser Veränderungen unbeirrt umweltpolitische Aktivitäten fordert, stößt in der Bevölkerung auf grundlegendes Unverständnis. Oft wird die Frage gestellt, „ob wir keine anderen Probleme hätten“. Die Beschäftigung mit Umweltbelangen wird als Verkennung der Problemlage abgelehnt.212 Befördert wird diese Einschätzung durch die Wahrnehmung der persönlichen Umweltsituation. Die allgemeine Belastung der Umwelt wird in der Regel als gravierender empfunden als die Situation der persönlichen Umwelt des eigenen Lebensumfeldes.213 Dies schwächt die Position des Umweltschutzes auf örtlicher Ebene im Vergleich zur ökonomischen und sozialen Situation.214 Für den einseitig geprägten Agenda-Prozess kann dies das Aus bedeuten.215 c) Thematische Mangelbereiche Für den deutschen wie weltweiten Agenda 21-Prozess ist die Prozessentwicklung ernüchternd. Eine positive Bewertung216 im Sinne eines halb vollen Glases217 ist bei der Betrachtung der Zahlen verfehlt. Weder eine Aufin ostdeutschen Regionen noch verschärft. So liegen in einigen Gebieten Mecklenburg-Vorpommerns oder Brandenburgs die Bevölkerungszahlen bereits unter dem Niveau, bei dem sich die Versorgung mit privaten Gütern rentiert und die öffentliche Infrastruktur aufrechterhalten werden kann, vgl. Pohle, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 11 (21f.). Die Schwerpunktverschiebung zeigt sich auch in der 1999 erstmals auftretenden Nennung von sozialen und wirtschaftsbezogenen Projekten in lokalen Agenda 21-Prozessen, Rösler, in: Heinelt/ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (17). Unter Berücksichtigung der Vorlaufplanungen zu den Projekten ist deren Initiative um die Mitte der 1990er Jahre zu verorten. 212 Dies kann hohe psychologische Druckwirkung auf Entscheidungsträger entfalten, insbesondere, wenn die Prangerwirkung der Vernichtung oder Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Entscheidung genutzt wird, so richtig: v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (139). 213 Vgl. de Haan u. a., in: UBA (Hrsg.), Konzeptionelle Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren, S. 1 (36); BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 34ff. 214 Darauf beruht die teilweise vertretene These, dass im gleichen Maße, wie andere Ziele in substanzielle Konkurrenz zum Umweltschutz treten, die Wahrscheinlichkeit abnimmt, dass die Umweltziele zu handlungsleitenden werden, de Haan u. a., in: UBA (Hrsg.), Konzeptionelle Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren, S. 1 (37). 215 Zusätzlich erhebt sich die Frage, welchen zusätzlichen Nutzen das lokale Agenda-Programm neben den bestehenden Umweltprogrammen hat, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 15. 216 Einen Erfolgskurs sieht etwa BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 2/2000, 4. 217 Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431.

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

bruchstimmung noch eine Massenmobilisierung wurde erreicht.218 Schon die Zahlen bleiben weit hinter der Größe zurück, die eine mitreißende Wirkung für Gemeinden und Bevölkerung entfaltet.219 In den lokale Agenda 21-Prozessen treten Störungen der Prozesse in der Regel seitens der Fachgebiete auf, die durch eine starke Verflechtung mit der Gesamtwirtschaft und eine ausgedehnte Klientelbasis geprägt sind. Dies trifft wirtschaftliche Belange, insbesondere Energiesektor, Straßenverkehr, Bau und Landwirtschaft.220 Soziale Projekte finden selten Eingang in die Berichterstattung,221 wohl auch aufgrund der Konzentration dieses Bereichs in der Sozial- und Arbeitsverwaltung.222 Die beispielhaften Projekte haben aber ein hohes Qualitätsniveau.223 Mit der Ausweitung sozialer Reformen bekommen soziale Projekte jüngst wieder Vortrieb.224 Kommunale Entwicklungszusammenarbeit ist fast nur in größeren Städten zu finden.225 Wenn die Entwicklungszusammenarbeit Niederschlag in der kommunalen Agenda 21 findet, ist dies zumeist besonderen Konstellationen geschuldet. Als solche kommen besonderes Engagement der Kirchen oder NGOs in den jeweiligen Gemeinden226 oder Städtepartnerschaften in Betracht.227 Die Entwicklungszusammenarbeit dient in der Regel dem exem218

v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (24); vgl. auch: Bolz, Nachhaltigkeit,

S. 37. 219

Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (53). Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (114, 117). 221 Ausnahme etwa: Pengemann, Der Landkreis 2003, 444 (445); Steingaß, Der Landkreis 2003, 449f. 222 Fürst, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 13 (26). 223 Vgl. das Beispiel bei Steingaß, Der Landkreis 2003, 449. 224 Mainpost Nr. 7 vom 10.01.2004, S. C4; Bauchmüller, Imperialismus der anderen Art, SZ Nr. 14 vom 19.01.2004. S. 4. Das Phänomen war auch in Prozessen zu beobachten, in denen gesellschaftlich-soziale Leitbilder dominant waren, als Spiegel der Unzufriedenheit mit der Lebensqualität, etwa in Berlin: Rheingans, Politische Ökologie 52 (1997), 47, und zeichnete sich schon in den Difu-Umfragen 1997/1999 (oben: B.II.2.a) bei Fn. 105) ab. 225 Eine Beobachtung, die auch die Städte selbst machen, vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. III; Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1. Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 10; Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (88); dazu auch: Lohse, VR 1997, 202ff.; Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 11 (20f.); Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 19 (40); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 53; Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (428); Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (234). Besonderes Gewicht hat das Thema etwa in Osnabrück, vgl. Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207ff. 226 Vgl. Massarrat, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 243 (247); vgl. Gerlach, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 79 (81). 220

II. Verbreitung und Inhalte der lokalen Agenda 21 in der Praxis

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plarischen Aufzeigen von Handlungsauswirkungen vor Ort auf andere Regionen228 und kann der Erweiterung des Horizontes dienen. Sie hilft damit, eigene Ansprüche und die Schwerpunktbildung kritisch zu reflektieren.229 „Missionarische“ Ambitionen mit einem weltweiten Anspruch für das eigene Projekt können so unterbunden werden.230 Sie sind allerdings ohnehin die Ausnahme. Die Möglichkeit das Blickfeld zu erweitern bleibt in der Regel ungenutzt, was auch als Schwierigkeit der „Provinzialität“ bezeichnet worden ist.231 Thematisch konzentriert sich die Entwicklungszusammenarbeit auf die Bereiche Handel232 und Umwelt/Klimaschutz.233 Dabei hat das Thema Regenwald ein hohes Mobilisierungspotential in der Bevölkerung. In der Umsetzung in den Gemeinden stößt die Thematik mitunter auf Vermittlungsprobleme.234 Insbesondere bei kleinen Gemeinden ist die Sinnhaftigkeit der Zielsetzung umstritten. Hier spielt der resignierende Gedanke „was können wir als kleines Dorf schon gegen die Vernichtung des Regenwaldes ausrichten?“ eine Rolle. Er zeigt die Verbindung zur theoretischen Ausrichtung der Umsetzungsverfahren.235 Dazu kommt, dass die materiellen Förderungsmöglichkeiten durch kleine Gemeinden noch begrenzter als die der Großstädte sind. Sinnvolle kontinuierliche Projektförderung ist nur eingeschränkt mög227 Vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 126; Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (428); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 48; Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9. 228 Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (210); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (29). 229 So auch: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 66. 230 Ein anschauliches Beispiel ist aus dem lokale Agenda-Prozess aus Berlin-Köpenick berichtet. Der Anspruch der Köpenicker Akteure, auch strukturell weltweit Maßstäbe für lokale Agenda 21 Maßstäbe setzten zu wollen, sei von einem Kenianer mit der Frage beantwortet worden, „inwieweit dörfliche Gemeinschaften, deren tägliches Überleben gesichert werden müsse, in Richtung Zukunftsfähigkeit motiviert werden könnten. Er glaube nicht, daß das dadurch möglich sei, dass man sich auf die komplizierten Texte von Rio oder von Ökumenischen Versammlungen stützt, weil diese Texte dort niemand lesen kann. Für diese Gemeinschaften seien nicht äußere Vorgaben und Empfehlungen bestimmend, entscheidend sei vielmehr mühsame alltägliche Hilfe beim Umgang mit ihren eigene Erfahrungen und Problemen“, nach: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 66. 231 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 58. 232 Vgl. Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 25. 233 Vgl. etwa: Belle, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 38f.; Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 68; Maasberg, RuR 1998, 90 (96f.); BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 47; Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (17). 234 Vgl. Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11. 235 Vgl. oben: D.II.1.a).

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

lich.236 Eine Alternative zu der Entwicklungsinitiative einer Gemeinde ist der Zusammenschluss mehrerer Gemeinden zur gemeinsamen Förderung eines Entwicklungsprojekts.237 Gelingt dies nicht, verbleibt bestenfalls eine bloß kommunikative Auseinandersetzung mit Diskussionen und Berichten, ohne daraus zugleich eine Zielsetzung über Handlungsmaßnahmen abzuleiten.238 Grenzüberschreitende europäische Zusammenarbeit zur Bewältigung von Zukunftsaufgaben findet sich sehr selten schon als Aufgabenstellung,239 obwohl sich dabei die Möglichkeit bieten würde, die Zusammenarbeit auch der fördernden Gemeinden zu einem Netzwerk auszubauen, so dass auch die Förderer von der Zusammenarbeit profitieren könnten. Intragenerationelle Gerechtigkeit bleibt somit meistens auf soziale und wirtschaftliche Belange und lokal auf Deutschland beschränkt.240 Entwicklungszusammenarbeit aufgrund persönlichen Kontakts, der Betroffenheit vermittelt,241 kann die Lethargie durchbrechen. In dieser Form wird ein ganz konkretes Projekt gefördert (Patengemeinde, Städtepartnerschaft242 etc.) etwa mit der Idee, Bildungspatenschaften, für Kinder eines Dorfes in Afrika an Bürger der Gemeinde zu vermitteln, ökologischen Tourismus, Umweltbildung, ökologischen Landbau oder Aids-Prävention zu fördern.243 Formen engagierteren Eintretens für intragenerationelle Belange sind die Ausnahme. In der Regel verbleibt die Entwicklungszusammenarbeit, auf der oberflächlichen Ebene des alternativen Kaffee244 – oder Bananenhandels sowie der Einwerbung von Spenden für Hilfe zur Selbsthilfe und Armutsbekämpfung.245 236 Vgl. Belle, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 38 (39). 237 Vgl. den Zusammenschluß von Enschede, Greven, Gronau, Ibbenbüren, Lingen, Münster, Osnabrück, Rheine und Sendenhorst zum Schutz des Regenwaldes in Südamerika, bei: Belle, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 38 (39). 238 Vgl. Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 19. 239 Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (214f.). 240 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 163. 241 Vgl. Nitschke/Walde, Der Landkreis 2003, 433 (435); zu diesem Faktor: Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 212. 242 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 65; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 85. 243 Projekt B 4.2 des BürgerInnenzirkels Münster, Stadt Münster, Beschlussvorlage 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, 2.2; Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (214). 244 Selbst dieser stellt nach wie vor ein Nischenprodukt dar, www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuell/news/2003/29-10_10 (30.10.2003). 245 Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11; auch: Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 163f.; Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (24).

III. Begleitung und Förderung des Agenda-Prozesses

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III. Begleitung und Förderung des Agenda-Prozesses 1. Nationale Förderung Bund und Länder haben durch mehrere Initiativen die Verbreitung der Agenda 21 zu fördern versucht. Die operationale Unterstützung durch Bund, Länder und Landkreise gehört neben finanzieller Unterstützung mittlerweile zu den wichtigsten Einflussfaktoren für den Erfolg der lokalen Agenda 21 in Deutschland.246 Diese Entwicklung ist vor den internationalen Erfahrungen keine Überraschung. Grund für einen fortgeschrittenen Agenda-Prozess sind dort hauptsächlich Regierungskampagnen.247 Lokale Initiativen können mit Unterstützung durch ein nationales Netzwerk effektiver arbeiten.248 Quantitativ lässt sich dieser Faktor an der durchgehend höheren Beteiligung von Gemeinden in Ländern mit nationaler Koordinationsstelle festmachen.249 Länder mit nationalen lokale Agenda-Kampagnen haben eine 35% höhere Wahrscheinlichkeit, aktive Prozesse hervorzubringen. Ein qualitativer Unterschied zwischen Ländern mit und ohne Koordinationsstelle lässt sich jedoch kaum nachweisen.250 Zur Förderung der Ausdehnung der lokalen Agenda in den Gemeinden ist somit eine nationale Kampagne sinnvoll251. In Deutschland war der Beginn der lokalen Agenda-Prozesse, nicht zuletzt durch die fehlenden nationalen oder Landeskoordinierungsstellen von einem Koordinationsdefizit geprägt.252 Eine Bundeskoordinierungsstelle wurde daher oft gefordert.253 Mittlerweile sind dezentrale Kontakt- und Koordinationsstellen auf Landesebene etabliert.254 Die Einrichtung dieser Informations- und Koordinierungsstellen wird von den meisten Gemeinden als hilf246

Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (54); Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 267. 247 Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (255). 248 Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 47f.; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 13. 249 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (35f.); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22); vgl. die Ergebnisse der internationalen Studie von UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www.iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02. 2004), S. 20f. 250 UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/ final_document.pdf (26.02.2004), S. 12f. 251 Für integrierte Planungskonzepte auf nationaler Ebene: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 210. 252 Vgl. Hermanns, ZAU 1997, 126 (128). 253 Maasberg, RuR 1998, 90 (98); Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (19); diese fordern auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 220.

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

reich betrachtet.255 Die von den aktiven Gemeinden bewältigte Koordinationslücke hat bereits eine Vielfalt an Ansätzen hervorgebracht.256 Deren nachträgliche Koordinierung kann nur bei der Vermittlung positiver Ansätze sinnvoll sein257 und bei der Abstimmung etwa der nachhaltigen Siedlungsentwicklung helfen.258 Eine zentral steuernde Bundesstelle ist mit der föderalen Struktur der Bundesrepublik und dem hohem Stellenwert der kommunalen Selbstverwaltung nur schwer zu vereinbaren.259 Seit 2002 existiert eine bundesweite Servicestelle von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium, die Informationen sammelt, zur Verfügung stellt und dadurch die Netzwerkbildung unterstützt.260 Mittlerweile hat die Bundesregierung auch die Initiative zur Erstellung einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ergriffen. Sie basiert auf einem 3-Säulenmodell. Ihre Schwerpunkte liegen aber mit Klimaschutz, umweltverträgliche Mobilität, Ernährung und Gesundheit261 vor allem im Ökologieund Sozialsektor.262 Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie soll als Orientierungswert für Akteure dienen.263 Daneben hat die Bundesregierung einen Rat für nachhaltige Entwicklung eingerichtet. Er dient der Kommunikation und Förderung der nachhaltigen Entwicklung.264 Die Auswirkungen des Nachhaltigkeitsrates können noch nicht abschließend beurteilt werden.265 Es ist jedoch eine Stärkung im öffentlichen Dialog durch den Nachhaltigkeitsrat zu erwarten.266

254 Born/Kreuzer, Nachhaltigkeit lokal, S. 7; vgl. www.ecocontur.de sowie www. agenda-transfer.de. 255 Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (15). 256 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (17f.). 257 In diesem Sinne auch: Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67 (72). 258 Paulsen, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 99. 259 Kuhn; in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (18). 260 www.agenda-service.de. 261 Gallas, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 130 (132f.); BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 19. 262 Vgl. BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 13f.; mit sozialem und Gerechtigkeitsschwerpunkt: Koll, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 23 (27ff.). 263 BMU, 10 Jahre nach Rio, S. 6. 264 BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 21; Gallas, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 130 (133); www.nachhaltig keitsrat.de. 265 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22). 266 Koll, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 23 (27).

III. Begleitung und Förderung des Agenda-Prozesses

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2. Länderinitiativen Schon vor dem Bund haben die Länder Strategien für nachhaltige Entwicklung als Agenda oder in Form eines Umweltplans entworfen.267 Initiativen für Landesagenden waren noch 1997 nur vereinzelt anzutreffen.268 Als erstes Bundesland konnte Bayern eine Agenda 21 für die Landesebene 1998 präsentieren.269 Die Verknüpfung und Ergänzung der Landesstrategien mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie und mit regionalen Nachhaltigkeitsstrategien, sowie die Umsetzung durch Zielsetzungsmodelle befindet sich nach wie vor „in den Kinderschuhen“.270 Ansprechpartner in den Ländern sind fast durchgehend im Umweltministerium angesiedelt.271 Teilweise ergeben sich auch dort die gleichen Ressortprobleme wie bei der Umsetzung der lokalen Agenda 21 in den Gemeinden.272 Die Länderaktivitäten können auch analog zu den Kenntnissen über eine nationale Koordinierungsstelle zu einem Wachstum an aktiven Kommunen führen.273 Sie sind daher, abgesehen von der national notwendigen Koordinierung ebenfalls als sinnvoll einzuschätzen,274 da die Länder im Staatsaufbau den Gemeinden näher stehen, als der Bund.275 Eine Vorreiterrolle hat für die Agenda-Koordinierungsstelle Nordrhein-Westfalen eingenommen mit CAF/Agenda Transfer.276 Weitere Bundesländer haben nachgezogen.277 Bis heute hat jedoch CAF/ Agenda Transfer eine über Nordrhein-Westfalen hinausreichende Bedeutung 267

BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 16. Schäffler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 239 (240). 269 Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4); Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 13. 270 Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (174). 271 F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (29). In Bremen ist neben dem Umweltministerium das Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit Ansprechpartner. In NRW sind Umweltministerium, Staatskanzlei und Bauministerium und in Rheinland-Pfalz neben Umweltministerium die Landeszentrale für Umweltaufklärung als Ansprechpartner vorhanden, vgl. Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 13f. 272 Wenig hilfreich für Agenda 21, „wenn sich gleich fünf Ministerien innerhalb der Landesregierung dieses Themas völlig unkontrolliert annehmen, jeweils unter dem Blickwinkel der eigenen Klientel“, Hillebrand, BWGZ 1999, 953 zu der Situation in Baden-Württemberg. Dazu unten: D.II.3.d)cc). 273 Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen einer Transferstelle in Bundesländern und Beschlussfassungen zur lokalen Agenda 21 in diesen Bundesländern: Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431. 274 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 15. 275 Schäffler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 239 (243). 276 www.agenda-transfer.de. 277 Detaillierte Übersicht: Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 13ff. Bayern, www. bayern.de/lfu/komma21; Baden-Württemberg, www.lfu.baden-wuerttemberg.de/lfu/ abt2/agenda/; Bremen, www.sustainability-center-bremen.de; Hessen, www.mulf. hessen.de/agenda21/. 268

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inne.278 Die kommunale Gemeinschaftsstelle Köln gilt als Vorreiter im Verständnis einer Bürgerkommune mit der Zielsetzung, Bürger an demokratischen Prozessen zu beteiligen und sie zum aktiven Einsatz für die Gemeinschaftsbelage zu bewegen.279 3. Fördermöglichkeiten Aufgrund der großen Einflüsse der lokalen Faktoren können die Länder die kommunalen Aktivitäten nicht zielgerichtet steuern. Wichtiger ist die Stützung und Förderung, um positive Anreize für eine Verwirklichung der Prozesse zu bieten. a) Finanzielle Anreize Nordrhein-Westfalen hat etwa in der Anfangszeit ein finanzielles Förderprogramm von 50 Pfennig pro Einwohner für Entwicklungszusammenarbeit, auch zur Unterstützung durch Ausbildungsprogramme für Akteure bereitgestellt.280 Die Verbesserung der kommunalen Finanzsituation ist grundsätzlich sinnvoll. Gerade angesichts der Erfahrung, dass die Förderung in der Anfangszeit lediglich deshalb in Anspruch genommen wurde, um Mittel in Anspruch zu nehmen, sind Einschränkungen der Förderbedingungen empfehlenswert. Um Formalagenden so weit wie möglich zurückzudrängen,281 sollte die Gewährung finanzieller Mittel möglichst nicht nur, wie es verbreitet der Fall ist, von der Vorlage eines Agenda-Beschlusses abhängig sein, sondern auch vom materiellen Einleiten des Prozesses selbst.282

278 Agenda-Transfer ist mittlerweile bundesweite Servicestelle, die vom BMU gefördert wird. 279 Hill, BayVBl 2002, 321 (322). 280 Zum Beispiel Hessen, BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 51; Mecklenburg-Vorpommern, Fördertopf mit Anteilsfinanzierung von max. 50% zur Unterstüzung der Findungsphase der Agenda 21, Permien, Der Landkreis 2003, 436. 281 Dazu unten ausführlich: D.III.1. 282 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (33). So hat denn auch die 50 Pf. Förderung in NRW trotz verbesserter Grundausstattung der Gemeinden keinen Durchbruch in kleineren Gemeinden gebracht, da diesen Zeit und Personal für den Prozess fehlte, vgl. Hoffmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 245 (246). Nicht verschwiegen werden soll, dass dies bereits Aufnahme in Fördervoraussetzungen gefunden hat, vgl. www.bayern.de/lfu/komma21/foerderung/foerderung_detail.php?ID=44 (23.02.2004).

III. Begleitung und Förderung des Agenda-Prozesses

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b) Operationale Hilfestellungen Neben finanziellen Hilfen ist es vor allem wichtig, operationales Wissen für die Gemeinden abrufbar zu halten. Leitfäden zur Gestaltung des Prozesses sind sinnvoll, wobei aber auf die ausgewogene Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsdimensionen geachtet werden sollte.283 Literatur zur nachhaltigen Entwicklung und lokalen Agenda 21 ist in besonderer Häufung in der Zeit des „Booms“ der Agenda 21-Beschlüsse seit 1996 erschienen. Die neuste Literatur zu diesen Themen bringt in der Regel keine Weiterentwicklung der Themen mit sich, sondern beschränkt sich meistens auf eine Darstellung von Projekten. Angesichts dessen hat die Literatur aus dem Zeitraum der Jahre 1996–2000 hinsichtlich der Inhalte und Operationalisierung der lokalen Agenda bleibende Aktualität. aa) Leitfaden des Dt. Städtetags Der Handlungsleitfaden nimmt in Anspruch, eine Orientierungshilfe für das Handeln vor Ort in deutschen Städten zu sein. Er beschreibt 19 Handlungsfelder für Kommunen. Sie sind jeweils in den Dreierschritt Bestandsaufnahme-Ziele-Handlungsmöglichkeiten gegliedert, um auf diese Weise eine besondere Anlehnung an die Agenda 21 nachzuvollziehen.284 Schon nach der Einführung des Textes vollzieht die Orientierungshilfe den inhaltlich umfassenden Anspruch der Agenda 21 nicht nach.285 Die Aufgabenstellung des Städtetags, Handlungsmöglichkeiten für die Umsetzung der Konferenzergebnisse von Rio zu formulieren, wird auf umweltpolitische Maßnahmen der kommunalen Ebene eingeengt286 und lokale 283

Schäffler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 239 (242). Ein Negativbeispiel ist der „Tipp“ zur lokalen Agenda 21 bei Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik 2001, E 2-1, S. 5: „Tipp, Überlegen Sie, welche Gedanken der Agenda 21 in ein kommunales Leitbild ihrer Stadt integriert werden können. [. . .] Der lokale Agenda-Prozess ist damit geboren“. Dieser „Tipp“ ist eine gefährliche Banalisierung. Er impliziert die Übertragung einer Interpretation nachhaltiger Entwicklung auf einen gesamten kommunalen Prozess. Dies kann die erste gefährliche Klippe für ein Scheitern sein, wenn sich beispielsweise der Ansatz von einer „parlamentarischen“ Minderheit erhebt. Die Vereinfachung ist enorm – es wird der Schein erweckt, die Agenda 21 sei ein einfach zu initiierender Spaziergang. Dies fördert Fehleinschätzungen, denen gerade zu Prozessbeginn ein Großteil der Gemeinden unterlag, vgl. oben: bei Fn. 117. 284 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 3, 6. 285 Im Kontrast dazu der Anspruch den Agenda-Prozess von Beginn an umfassend angeregt und gefördert zu haben, Lattmann/Welge, ZAU 13 (2000), 27. 286 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 6. Sie benennen als Handlungsfelder Organisation der städtischen Umweltverwaltung, Um-

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

Agenda 21 mit kommunalem Umweltschutz287 gleichgesetzt.288 Die Orientierungshilfe ist angesichts der Zielsetzung nachhaltiger Entwicklung daher schon thematisch nur eingeschränkt hilfreich.289 In Bestandsaufnahme, Zielsetzung und Handlungsmöglichkeiten erfolgt vielfach die Nennung von allgemeinen Lebensweisheiten. Die Handlungsempfehlungen für die Organisation der städtischen Umweltverwaltung weisen auf gut ausgebildetes Personal und finanzielle Ausstattung hin.290 Die Zielsetzung im Bereich Umwelt und Wirtschaft fordert die Förderung umweltverträglichen Wachstums, mit den Handlungsmöglichkeiten lokales Aktionsprogramm „Arbeit und Umwelt“, kommunale Ansiedlungsförderung, Ausbau des ÖPNV, Schaffung wettbewerbsfähiger und umweltverträglicher Arbeitsplätze, rechtzeitige UVP und ähnliches.291 Kommunalverwaltung und -politik werden sich angesichts des Neuigkeitswertes derartiger Empfehlungen die Augen reiben. Das Abstraktionsniveau in Zielen und Handlungsmöglichkeiten ist in der Regel hoch. Für kleine und mittlere Gemeinden wird daher der Handlungsleitfaden nur eine beschränkte Hilfe sein.292 Der Leitfaden des deutschen Städtetages ist daher eher Erinnerungsposten für umweltpolitische Lenkungsmöglichkeiten im kommunalen Handlungsfeld.293 Eher konservativ ist auch die Haltung zur Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit. Unter Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit versteht dieser dort vor allem umfassende Information der Bürger und Anwendung des rechtlichen Instrumentariums der Beteiliwelt und Wirtschaft, Energie und Klimaschutz, Natur und Landschaft, Flächeninanspruchnahme und Zuordnung der Nutzungen, Bauen und Wohnen, Verkehr, Abfallwirtschaft, Bodenschutz und Altlasten, Wasser und Abwasser, Luftreinhaltung, Lärm, Kommunale Umweltverträglichkeitsprüfungen, Kommunale Umweltinformationssysteme, Beschaffungswesen, Finanzierung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit, Umwelterziehung und -bildung, Umwelt und Entwicklung. 287 Vgl. Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 70f. 288 So auch: Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (19): nur „umweltpolitische Empfehlungen“. 289 Die wachsende Zahl von „Rezeptpublikationen“ beklagt auch: Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (9). 290 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 9. 291 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 12. 292 So für alle verfügbaren Leitfäden, Permien, Der Landkreis 2003, 436. In der Regel stoßen diese Gemeinden bei der Bewältigung komplexer Aufgabenstellungen durch limitierten Personal- und Finanzrahmen schnell an Grenzen, Thallmeier, Vorwort in: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I; a. A. wohl: Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (5). 293 Diese Eigenschaft kann er insbesondere für größere Gemeinden entfalten, die in ausreichender Anzahl qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung haben, um diese Erinnerungsposten in konkrete Handlungsschritte umzuformen, so auch kritisch: Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 12, mit der Bemängelung der einseitigen Ausrichtung, die ungeeignet zur Einleitung eines Prozesses sei.

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gung.294 Er zeigt zwar mit dem Aufzeigen von Mitwirkungsmöglichkeiten eine Öffnungstendenz, jedoch setzt sich diese nicht in den entsprechenden Partizipationsinstrumenten fort. Die Instrumente beschränken sich zumeist auf bewährte Formen,295 allenfalls das Mediationsverfahren findet eingeschränkt Berücksichtigung.296 bb) Die umweltbewußte Gemeinde Der vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen herausgegebene Leitfaden „Die umweltbewußte Gemeinde“ möchte nach seinem Untertitel Leitfaden für nachhaltige Kommunalentwicklung sein. In diesem Leitfaden ist ein Verständnis der kommunalen Agenda 21 als „umfassendes Umweltaktionsprogramm“ grundlegend,297 aber nicht durchgängig in den Mittelpunkt gestellt. So wird in Kapitel V-5 darauf hingewiesen, dass ein Klimaschutzprogramm nur ein Bestandteil der kommunalen Agenda 21 sein kann.298 Der ganzheitliche fach- und medienübergreifende Umweltschutz wird erwähnt, die Partizipation als wesentlicher Inhalt der Agenda 21 herausgearbeitet.299 Der Leitfaden nimmt nicht für sich in Anspruch, Anleitung zur Nachhaltigkeit zu sein. Seine Konzeption basiert darauf, Gemeinden sowohl Hilfestellungen zur Umsetzung einzelner Umweltschutzmaßnahmen zu geben, als auch Handlungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Handlungsbereichen darzustellen. Dabei beschränkt der Leitfaden sich nicht auf allgemeine Hinweise. Mit Checklisten zu den Themenbereichen des Leitfadens kann die Gemeinde einen Grobüberblick über Defizite erstellen. Für defizitäre Bereiche weist der Leitfaden auf konkret beschriebene Konzepte und Maßnahmen hin.300 Zu den einzelnen Konzepten und Maßnahmen werden Beispiele Gemeinden unterschiedlicher Größe genannt, so dass ein Erfahrungstausch mit vergleichbaren Gemeinden erleichtert wird.301 Bewährte Gliederungsmöglichkeiten für Dokumentationen302, Checklisten für Organisationsmaßnahmen303, Ko294

Insbesondere in Bauleitplanung, Umweltberichterstattung und UVP, Fiedler/ Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 63. 295 Umweltforum, Beirat, Anhörungen, Gesprächsforen. 296 Etwa auf streitanfällige Großverfahren, Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 64. 297 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, E-2, I-12. 298 Zu Klimaschutzkonzepten als LAG-Instrument: UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 115ff. 299 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, I-13. 300 Vgl. etwa: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, E-3ff. 301 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, I-7. 302 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, I-14.

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operationsmaßnahmen304, Formulierungsvorschläge und -beispiele für Bebauungspläne305 helfen nicht nur hinsichtlich der Frage, was gemacht werden sollte, sondern auch wie es umgesetzt werden könnte. Soweit in den Gemeinden ein Handlungswille vorhanden ist, erlaubt das Alltagsgeschäft meist keine eigene umfassende Informationssuche über Maßnahmen, Erfahrungen und erfolgversprechende Umsetzungsansätze. Die rund 600 Praxisbeispiele aus den Handlungsbereichen kommunale Umweltschutzorganisation, Siedlungsökologie, Energieeinsatz, Klimaschutz, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sowie Fremdenverkehr bieten zur Bewältigung dieser Problematik ein reichhaltiges Informations- und Nachahmungspotential. Besonders hervorgehoben sind Kosteneinsparpotentiale für die Gemeinden.306 cc) Sonstige Hilfestellungen Weitere Hilfestellungen sind mittlerweile an vielen Stellen für die Gemeinden verfügbar, ohne dass hier eine abschließende Aufzählung erfolgen kann.307 Beispielhaft kann etwa auf die Förderung des Agenda-Prozesses durch Landeswettbewerbe zu nachhaltiger Stadtentwicklung (NRW 1997/98)308 oder in partizipatorischer Hinsicht der Wettbewerb für bürgerfreundliche Verwaltung (Bayern 2000)309 hingewiesen werden. Letzterer 303

Etwa: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, I-26. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, II-37. 305 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, III-36. 306 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band I, E-2, V-10, VII-25; Band III 1–49f. 307 Zum Stand 1997 der helfenden Ansätze: vgl. Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33, auch: Bundesumweltministerium, Umwelt 1997, 235 (236f.), Berliner Erklärung „Die Städte – Betroffene und Verbündete im Umweltschutz (1992); Charta der Europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit – Charta von Aalborg (1994) und deren weitere Konkretisierung im Aktionsplan von Lissabon (1996); Köpenicker Aufruf zur lokalen Agenda 21 „Lokale Schritte zur globalen Zukunftsbeständigkeit“ (1995); Materialien des Dt. Städtetags für „Lokale Agenda 21“ „Städte für eine umweltgerechte Entwicklung“ (1995); Europäische Lokale Agenda 21- Planungsleitfaden des Internationalen Rates für kommunale Umweltinitiativen (1995); Beiträge und Beschlüsse des Siedlungsgipfels HABITAT II der Vereinten Nationen (1996); Bremer Erklärung „Wirtschaft und Kommune – Neue Partnerschaften für das 21. Jahrhundert“ (1997); Kölner Beirat zum Agenda21-Prozess in Deutschland 1996; Umweltbundesamt, Zukunftsstudie „Nachhaltiges Deutschland“, Schritte zur nachhaltigen umweltgerechten Entwicklung in Deutschland; B.A.U.M (Hrsg.), Die umweltbewusste Gemeinde – Leitfaden für eine nachhaltige Kommunalentwicklung; vgl. auch: www.gute-Bei spiele.net. Allein die Namen- und Aktivitätenzusammenstellung Bundesumweltministerium (Hrsg.), Kommunaler Klimaschutz, hat rd.170 Seiten. 308 Hoffmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 245 (246); auch Landesumweltwettbewerb: Permien, Der Landkreis 2003, 436 (437). 304

IV. Langfristige Perspektiven einer lokalen Agenda 21

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zielt insbesondere auf die Vernetzung eigenverantwortlicher Bürgerprojekte mit Aktivitäten der Verwaltung.310 Die Präsentationen des Prozesses können als Anschauungs- und Nachahmungsmaterial für weitere Gemeinden dienen. Ähnlich kann die Unterstützung von Bürgerengagement und Netzwerken förderlich auf lokale Agenda-Prozesse einwirken.311 Der Beginn von lokale Agenda-Prozessen kann zusätzlich durch Unterstützung der Landesregierungen mit Symposien und ähnlichem gefördert werden.312 Zahlreiche Datenbankbeispiele für lokale Agenden und Förderungen finden sich mittlerweile im Internet.313

IV. Langfristige Perspektiven einer lokalen Agenda 21 Der Weltgipfel von Rio hat als Großereignis vielfältige Beachtung gefunden.314 Die Beurteilungen klaffen auseinander.315 Während Optimisten vor allem ein „Symbol des neuen Bewusstseins der gemeinsamen Verantwortung in einer gemeinsamen Welt“ in der Rio-Konferenz sehen,316 befürchten 309 Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb für bürgerfreundliche Verwaltung – Bürgerorientierung im Freistaat Bayern, Dokumentation 2001. Fortführung: „Der Bürger als Partner – Wettbewerb für partnerschaftliche Verwaltung“. 310 Hill, BayVBl 2002, 321. 311 Vgl. das Städtenetzwerk Bürgerengagement (BW) mit dem Ziel von Austausch und Diskussion aktueller Themen, Weitergabe von Erfahrungen und Organigrammen etc. Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), „Das Bürgerland Handbuch“, S. 152ff., 239; Hill, BayVBl 2002, 321 (323); aus bay. Sicht: Köhle, BayGTZ 2001, 282. 312 Etwa Rheinland-Pfalz, vgl. F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (41) m. w. N. 313 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: www.iclei.org; www.service-eine-welt.de/ foerderdb.php; www.bayern.de/lfu/foerderung/index_foerderung.php; www.bayern. de/lfu/komma21/neuigkeiten_detail.php?ID=2; www.agenda21-netzwerk.de; www. sustainable-cities.org; www.kosa21.de; www.bayern-ez-plattform.de; www.agenda21 berlin.de; www.um.mv-regierung.de/agenda21/index_flash_main.htm; www.agenda 21nrw.de/frm/21nrw/21nrw.htm; http,//www.lfu.baden-wuerttemberg.de/lfu/abt2/ agenda/index.html. Vgl. auch: BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 3/2002, 12. 314 „Publicityträchtigste und bestvorbereitete UN-Tagung aller Zeiten“, Khor, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 139. 315 „Gipfel der Belanglosigkeiten“/„Ereignis von historischer Bedeutung“, vgl. Martens, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 149; „absoluter Vorrang [. . .] [der] wirtschaftlichen Interessen“, Khor, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 139 (140f.); Hartenstein/Schmidt, Planet ohne Wälder, S. 139: umfassende Erkenntnisse, eindruckvolle Bekenntnisse, mageres Ergebnis; „Ansammlung von Worthülsen und falschen Zielen“, Bergstedt, Politische Ökologie 54 (1998), 7. 316 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (19).

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

Skeptiker eine Entwicklung zur umweltpolitischen Steuerung des Weltmarktes.317 Entsprechend umstritten ist auch die Einordnung von Rio-Deklaration und Agenda 21.318 Einigkeit besteht darin, dass nachhaltiger Entwicklung mit dem Rio-Gipfel der Durchbruch als prägenden Grundsatz internationaler Umweltpolitik gelungen ist.319 Mit dieser Klassifizierung ist aber keine Aussage darüber getroffen, welch materieller Inhalt der nachhaltigen Entwicklung zukommt.320 Als Konkretisierungsprogramm nachhaltiger Entwicklung hebt die Agenda 21 notwendig die Überschneidungen und Verknüpfungen nachhaltiger Entwicklung hervor.321 Die Offenheit überlässt damit der jeweiligen Gemeinde eine eigene Interpretation der Agenda und weitgehende Freiheit für das eigene Handlungsprogramm, das im Dialog aus einer Konsensfindung zwischen den gesellschaftlichen Akteuren hervorgehen soll.322 Eine allein auf die Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit abstellende Kritik ist daher zu kurzsichtig. Auch die Ausstrahlungswirkung des politischen Zusammenhangs ist in die Bewertung einzubeziehen.323 Unbestreitbares Verdienst ist die mit der Konferenz von Rio entfaltete politische Schubkraft.324 Aus dieser Sicht ist schon die Aufnahme der Bedürfnisse zukünftiger Generationen wie auch gerade ärmerer lebender ein Fortschritt.325 Die Brisanz der Agenda 21 ist richtigerweise vor ihrem Entstehungshintergrund zu sehen. In vielen Regionen der Erde gibt es Bürgermeister als Staatskommissare, keine selbstverwalteten Kommunen und keine frei gewählten Kommunalparlamente.326 Eine revolutionäre Neuerung stellt die Agenda 21 in Deutschland angesichts der grundsätzlich möglichen integrativen Arbeit und 317

Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (121). „Wichtigstes Ergebnis von Rio“, Martens, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 149 (150); Agenda 21 als zentrales Dokument neben Rio-Deklaration, Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 26f.; zu den negativen Äußerungen auch Fn. 315. 319 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (38); ähnlich: Hilligardt, RuR 1998, 9; Maasberg, RuR 1998, 90. 320 Vgl. Hoelting, GJICL 1994, 117 (130ff.). 321 Sadik, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 21 (22). 322 Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 29f.; Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (35). 323 Wohl auch: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 29f., der das Innovative des Konzepts schon in der Einigung mehrerer Staaten auf ein umfassendes Programm erkennt. 324 Vgl. Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 14; Sadik, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 21 (22f.); ähnlich: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 29f. 325 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 15. 326 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (8). 318

IV. Langfristige Perspektiven einer lokalen Agenda 21

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der durch das Kommunalverfassungsrecht ermöglichten vielfältigen Initiativbildung327 nicht dar. Der Unterschied zu bisherigen kommunalen Programmen liegt im Zusammenwirken vieler „multi-lokalen“ Agenden zur Bewältigung globaler Handlungsaufgaben.328 Sie schließen die gesellschaftliche Integration der Nachhaltigkeit mittels neuerer Partizipationselemente ein, sowie die Anforderungen der so genannten Informationsgesellschaft und die damit verbundene Aufgabe des lebenslangen Lernens.329 Die Agenda 21 kann hierbei als Chance genutzt werden,330 erneut entscheidende Probleme anzusprechen.331 Positive Stellungnahmen zur Agenda 21 und nachhaltiger Entwicklung finden sich besonders in der Zeit der Rio-Konferenz und den fünf Jahren danach.332 Gerade in jüngster Zeit wird jedoch die Umsetzung der Nachhaltigkeit kritisiert333 und eine Ernüchterung in der Debatte festgestellt.334 Ursache zur Klage bietet dabei die Überlagerung der Nachhaltigkeit durch globalisierungsgeprägte Fragen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik,335 die wiederum auf das theoretische Konzept zurückwirken.336 Ungeachtet dessen ist auf internationaler Ebene auf dem Johannesburger Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung die nächste Phase nachhaltiger Entwicklung eingeleitet 327

Vgl. so auch: UBA/ZII5, Umwelt 3/2003, 136. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 29. 329 Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (108). 330 Sowohl hinsichtlich wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Lerneffekte, Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 355. 331 Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 9; vgl. Altner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 134 (138). 332 Die Rio-Konferenz habe Nachhaltigkeit von einem „Dämmerzustand“ auf die politische Tagesordnung gesetzt, Born/Weber, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 10 (16). Überzeugendes Zusammenführen von Umwelt und Entwicklung, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 76. Anstoß für tiefgreifenden Wandel in Umwelteinstellungen und im Umweltverhalten, de Haan/Kuckartz, Umweltbewusstsein: S. 276; positiv auch: Mez/Jänicke/Binder, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 10. 333 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (90); ähnlich: Maier, RuR 2000, 150. 334 Auch international, Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 978, Rn. 11; nach diesem Zeitraum wird dies auch von vielen Modernisierungsprozesses, etwa dem „Neuen Steuerungsmodell“ konstatiert, vgl. Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (9); BMU (Hrsg.), Umweltpolitik, S. 18; Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430). 335 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (90); ähnlich: Maier, RuR 2000, 150; Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (732); Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 25; Ferenschild, in: Massarat/Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 53 (55ff.). 336 Martens, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 149 (150). 328

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B. Inhalte und Umsetzung der Agenda 21 in der Praxis

worden. Auf local agenda 21 folgt local action 21. Local action soll den Prozess stärken und die Vorteile nachhaltiger Entwicklung, auch für den Schutz weltweiter Gemeingüter stärken. Stärker als bei der lokalen Agenda 21 ist damit ausdrücklich Umweltschutz verbunden.337 Die internationale Entwicklung koppelt sich damit ein Stück weiter von der gesellschaftlichen Entwicklung ab. Die obigen Zahlen zeigen, dass die lokale Agenda 21 auf dem Gebiet nachhaltiger Entwicklung keinen Durchbruch gebracht hat. Die lokale Agenda 21 stagniert in Deutschland.338 Dies zeigt sich nicht nur an den sinkenden Zuwachsraten der Beschlusszahlen. Die Prozesse haben nur in seltenen Fällen bleibende erfolgreiche Resultate hervorgebracht. Als symptomatisch kann insofern eine Umfrage der Landeskontaktstelle „komma 21“ in Bayern aus dem Jahre 2000 gelten. Nur 5% der Befragten stuften ihre eigene Arbeit als erfolgreich ein. 12% betrachteten ihre Arbeit als gescheitert, 43% hielten sie für gut bis zufriedenstellend.339 Selbst wenn diese Zahlen als authentisches Bild der Situation von lokalen Agenden gelten könnten, sind sie kein positives Fazit. Die Resultate beziehen sich aber nur auf maximal 32% der bayerischen Gemeinden, die überhaupt einen Agenda-Beschluss aufgestellt haben. In der Realität dürfte das Fazit der lokalen Gemeinden angesichts manch geschönter Darstellung in den Gemeinden noch schlechter aussehen. Zwischen Anspruch und Realität in der Umsetzung der Agenda 21 bestehen „gewaltige Lücken“. Dort findet der lokale Agenda 21-Prozess vielfach folgendermaßen ein Ende: Nach einem Agenda-Beschluss werden zunehmend Beispielprojekte unter Haushaltsansatzvorbehalt gestellt, Arbeitsgruppen zusammengeführt oder in die Stadtentwicklungsplanung eingegliedert.340 Überwiegend handelt es sich bei diesen Agenden um schriftliche Dokumente und Diskussionsforen mit geringem Umsetzungsgrad. Die Projekte sind zum Stillstand gekommen oder warten auf eine innovative Umsetzung. Vorherrschend sind Stagnation und Bedeutungslosigkeit.341 Das durch die Fachforen erarbeitete Wissenspotential wurde häufig weder weitergetragen noch weiterentwickelt, so dass das „gebildete Kapital“ letztlich ungenutzt verblieb. Die hauptsächlich mit der Weiterentwicklung betraute Verwaltung war zeitlich und strukturell mit dieser Aufgabe überfordert.342 Der Prozess schläft in der Folge ein oder wird noch förmlich eingestellt.343 Eine Erfassung darüber existiert nicht. Unter 337 Näher: www.iclei.org/ICLEI/news32/news32_specialfeature.htm (26.02.2004), S. 1ff. 338 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 76. 339 KommA Aktuell 1/2001, zitiert nach Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 35; Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (17). 340 Vgl. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Diskussionsstand, S. 4f. 341 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 76.

IV. Langfristige Perspektiven einer lokalen Agenda 21

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Umständen wird der Prozessabschluss noch als Erfolg verkauft und werbewirksam bekanntgemacht.344 Eine Zielerreichung, wie sie einige Städte nahelegen wollen, ist vor dem Verständnis der Agenda als dynamischer langfristiger Such- und Lernprozess345 nicht stimmig. Sie ist hinsichtlich der materiellen Fortschritte in den Gemeinden eine Farce und auch nicht mit der längerfristigen internationalen zweiten Agenda-Phase vereinbar. Ob die schlechte Situation der lokalen Agenda als (erneute) Herausforderung zur Überwindung der Krise dienen kann, um soziale Innovationen hervorzubringen,346 ist daher zweifelhaft.

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Vgl. auch: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 54. Dies ist in zu geringem Umfang geschehen, Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 129f.; G 3, G 4 (Anhang). 343 Interessant sind die Begründungen. Sie stellen fest, dass angesichts mehrerer bearbeiteter Projekte ein Nachhaltigkeitsbericht keinen Erkenntnisgewinn mehr bringe und verbleibende Prüfungen auch von den zuständigen politischen Gremien vorgenommen werden könnten, so dass ein Controlling des Rates entbehrlich sei. Die integrierte Stadtentwicklung umfasse Kernbereiche nachhaltiger Entwicklung und werde deshalb in deren Berichterstattung integriert. Dies stelle auch kein Abrücken von der Agenda 21 dar, da die gesetzliche Verankerung in BauGB und ROG die Gemeiden ohnehin zur nachhaltigen Entwicklung verpflichte und die Gemeinde sich nicht nur formell um deren Umsetzung bemühe, Stadt Münster, Beschlussvorlage 691/2002, vom 20.8.2002, S. 2f., beschlossen am 05.02.2003. Die Argumentation erinnert an die „haben wir alles schon“-Argumentation, die zu Beginn der Agenda 21 Widerstände getragen und formelle Agenden kaschiert hat; dazu unten: D.III.1.b). 344 Http//www.muenster.de/stadt/agenda/aktuell.html (25.05.03). Abschluß der lokalen Agenda 2002 mit dem Ziel, alle Kritierien und Schwerpunkte der nachhaltigen Entwicklung bis dahin so zu verankern, dass Projekt nicht mehr notwendig ist, Rothgang, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 269 (278) (Beispiel Wuppertal). 345 Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (151); Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik 2001, E 2-1, S. 16. 346 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 120.

C. Nachhaltige Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden Die Ergebnisse der Teile A. und B. haben gezeigt, dass sich die lokale Agenda 21 mit ihrem Anliegen an die politischen Entscheidungsträger wendet und der Prozess auch maßgeblich von Seiten der Gemeindeverwaltungen getragen wird. Die Verwirklichung der Agenda 21 und deren materielles Anliegen nachhaltige Entwicklung in den Gemeinden ist insbesondere dann zu erwarten, wenn zugleich entweder die Agenda 21 und/oder nachhaltige Entwicklung eine rechtlich verbindliche Aufgabenstellung für die Gemeinden darstellen. Ob und wieweit aus völker- oder europarechtlicher Perspektive rechtliche Bindungen für die Gemeinden resultieren, ist im Teil C.I. behandelt. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben nachhaltiger Entwicklung und ihre Verankerung im Grundgesetz schließt sich im Teil C.II. an. Danach wird im Teil C.III. untersucht, ob auf der einfachgesetzlichen Ebene nachhaltige Entwicklung Aufnahme ins Recht gefunden hat und welche Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden für nachhaltige Entwicklung in für die Gemeinden relevanten Aufgabenfeldern nachhaltiger Entwicklung bestehen. Die rechtliche Würdigung der bei der lokalen Agenda besonders häufig verwendeten Kooperation und informalen Steuerung bei der Nutzung der aufgezeigten Handlungsmöglichkeiten sind im Teil C.IV. erörtert.

I. Völkerrecht und Europarecht Allgemeines Völkergewohnheitsrecht steht als Teil des allgemeinen Völkerrechts in der Rangordnung der Rechtsordnung über einfachem Bundesrecht.1 Völkergewohnheitsrecht fließt über Art. 25 GG in das deutsche Verfassungsrecht ein und hat von allen Organen in der Bundesrepublik beachtet zu werden.2 Für eine lokale Agenda 21 ist daher die Frage von Bedeutung, wie nachhaltige Entwicklung der Agenda 21 völkerrechtlich zu qualifizieren ist3 und ob sie innerstaatlich rechtlich bindend wirkt.4 Einigkeit besteht, dass „Sustainable Development“ nur rechtlich bindend sein kann, soweit es als Rechtsbegriff in einem völkerrechtlich verbindlichen 1

BVerfGE 66, 39, 64f.; Jarass/Pieroth, GG, Art. 25 Rn. 7, 12; Kunig, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, S. 130 Rn. 131, näher Rn. 136f., 172. 2 Kunig, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, S. 143, Rn. 172, 176; differenzierend: Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 25 Rn. 18ff.

I. Völkerrecht und Europarecht

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Vertrag verwendet worden ist.5 Ansonsten kommt nur eine Qualifikation als „soft law“ oder „bloß“ politisches Prinzip in Betracht.6 1. Agenda 21 als politisches Programm oder „soft law“ Die Agenda 21 ist kein völkerrechtlich bindender Vertrag, so dass sich aus ihrer Unterzeichnung keine rechtlich bindenden Folgen ergeben.7 In lokale Agenda 21-Prozessen kann diese Feststellung als irreführende „formaljuristische Auslegung“ diskreditiert werden.8 Diese Kritik beruht jedoch auf der nicht zu unterschätzenden außerrechtlichen, politisch-moralischen Bindungswirkung.9 Zumindest die Einordnung als Ideensammlung ohne Umsetzungsverpflichtung wird dem nicht gerecht.10 Mit „soft law“ wird eine Phase recht3

Völkerrechtsregeln zum Umweltschutz können sich aus Völkervertragsrecht, Völkergewohnheitsrecht und den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts ergeben, Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 12. 4 Die Agenda 21 wäre nur insoweit völkerrechtlich verbindlich, als sie gewohnheitsrechtliche Pflichten und Prinzipien beinhaltet, Hohmann, NVwZ 1993, 311 (314). Gegen die völkervertraglich rechtliche Bindungswirkung nachhaltiger Entwicklung aus der Verwendung in der Agenda 21: Epiney/Scheyli, SZIER 1997, 247 (264); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 81. 5 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (467). 6 Zu den Begriff: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 250, § 19 Rn. 20ff.; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (467). 7 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 337; Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 86; ebenso für Rio-Deklaration: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 80; Feist, JuS 1997, 490 (493f.); Hobe, JA 1997, 160 (162); Heintschel von Heinegg, Internationales öffentliches Umweltrecht, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 976 (978), Rn. 11; Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4); Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 71; Strobach, Die Agenda 21, S. 6; Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 27; Gündling, EA 1992, 251 (252); F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (28f.); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17; Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 5; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (464); Hohmann, NVwZ 1993, 311 (314); Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 18; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 111; Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 28f. 8 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 19 (57f.). 9 Vgl. UN (Hrsg.), Earth Summit Agenda 21. S. 3; Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 86; Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (132); Czybulka, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Chance oder Sackgasse, S. 32 (35). Der Deutsche Bundestag spricht in einem Beschluß von den „Verpflichtungen aus der Agenda 21“, Deutscher Bundestag, BT-DruckS 12/6263, Verhandlungen 12. Wahlperiode Abstimmung vom 29.06.1994; so auch: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (467), mit Verweis auf die KSZE Schlussakte 1975.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

lich unverbindlicher Normen auf ihrem Weg zu völkerrechtlicher Verbindlichkeit bezeichnet.11 Sie sind aufgrund zunehmender Verfestigung nicht mehr gänzlich unverbindlich, jedoch auch noch nicht soweit verfestigt, dass von echter rechtlicher Verbindlichkeit gesprochen werden kann. Die Qualifikation als „soft law“ kann verbindlich erst ex post nach der Entstehung bindender Normen erfolgen.12 „Soft law“ erfasst auch Übereinkünfte, die eine Staatenpraxis begünstigen können und damit neues Völkerrecht vorbereiten.13 Für die Einordnung als „soft law“ spricht der stark verpflichtende Charakter der Agenda 21.14 Die politische Natur der Agenda 21 macht sie für eine juristische Bewertung nicht untauglich.15 Auch politisch motivierte Verhaltensweisen können zu Rechtsprinzipien verdichtet werden,16 so dass die Qualifikation als „soft law“ nicht ausgeschlossen ist. Die Qualifikation der Agenda 21 als „soft law“17 oder sogar als von faktisch rechtsähnlicher Verbindlichkeit,18 die ein Schritt zu bindendem Völkerrecht sein könnte,19 beruht aber in der Regel lediglich auf der festen Ver10 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 64; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 80. 11 Die Bezeichnung des „soft law“ ist im Völkerrecht allgemein anerkannt, Beyerlin/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 8. 12 Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 70; Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 25, 12; Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (93), spricht in diesem Zusammenhang von nachhaltiger Entwicklung als einem Element des internationalen Rechts; dagegen: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 251, § 19 Rn. 20ff., der aus diesem Grund auch die Bezeichnung bei einer ex-ante Betrachtung als zu spekulativ und ungeeignet ablehnt. Kritisch zum Begriff des „soft law“ auch: Beyerlin/ Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 8. 13 Etwa die Aufstellung von Umweltaktionsprogrammen durch Staatenkonferenzen, politische Einigung auf eine Reihe völkerrechtlich noch nicht anerkannter Verhaltensregeln, die „deklaratorische Bekräftigung bereits anerkannter völkergewohnheitsrechtlicher Verhaltensregeln“, die Feststellung auf dringende Schutzmaßnahmen ohne völkerrechtliche Verpflichtung, vgl. Beyerlin/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 10; Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 70, Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 12, 25. 14 So wohl: Schmitz-Rode, Effizienz der Instrumente des Völkerrechts, S. 98f.; Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 27; Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4). 15 Ähnlich: Callies, DVBl 1998, 559 (561). 16 Ruffert, ZUR 1993, 208 (214); ein Rechtsprinzip sustainable development nimmt Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 2 an. 17 Vgl. Oberthür, EA 1992, 595 (600); Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 67; vgl. auch: Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 70, die dies als überwiegende Auffassung betrachten, aber sustainable development weitergehend als Rechtsprinzip betrachten (S. 73); wohl auch: Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 25.

I. Völkerrecht und Europarecht

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ankerung der Agenda 21 auf allen politischen Ebenen.20 Der Anstrengungen, auch der Agenda 21 „soft law“-Charakter zuzubilligen, bedarf es dafür jedoch nicht zwangsläufig. Die Begründungen für den „soft law“ Charakter der Agenda 21 sind eng mit der nachhaltigen Entwicklung verbunden.21 Die innovativen Wirkungen werden auf die Nachhaltigkeit,22 nicht oder nur eingeschränkt auf die Agenda 21 zurückgeführt.23 Die zunächst tatsächliche Verbesserung der Umweltsituation durch einen innovativen Normierungsprozess, die nach einer Ansicht unter Umständen für eine Einordnung als „soft law“ hätte sprechen können,24 litt allerdings schon unter mangelhaften Umsetzungsbemühungen der Staaten.25 Die Euphorie der Aufbruchstimmung26 18

Offenes Abweichen nur, wenn dem Staat Verlust an politischer Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit egal ist, so: Hohmann, NVwZ 1993, 311 (318). Tatsächlich ist denn auch eine Orientierung der Staaten bei der Aushandlung internationaler Umweltschutzabkommen an den Grundsätzen der Rio-Deklaration und der Agenda 21 festzustellen, wenn auch mit mangelhaften Umsetzungsbemühungen, Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 976 (978f.) Rn. 11, S. 980f. Rn. 14f. Jähnke, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 185 (186). Für eine Selbstbindungswirkung auch politischer Prinzipien, Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1154). 19 Ruffert, ZUR 1993, 208 (214); vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (467). 20 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 5. 21 Dies gleicht der Argumentation, wie wenn aus dem „soft law“-Charakter der Nachhaltigkeit der etwaige der Agenda 21 fließen soll, vgl. auch Fn. 18. 22 Das Prinzip verpflichte zur Ausgestaltung des Umweltvölkerrechts, vgl. Epiney/Scheyli, SZIER 1997, 247 (265). 23 Impulse durch die Ausrichtung am Postulat der nachhaltigen Entwicklung, die die nationalen Rechtsordnungen zur Anpassung zwingen werden, Callies, DVBl 1998, 559 (561); Agenda 21 könnte das folgenreichste Rio-Dokument werden, wenn sie am Beginn eines innovativen Normierungsprozesses stehe, Beyerlin; ZaöRV 54 (1994), 124 (135); zunehmender Verpflichtung zur Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung, so Jähnke, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 185 (186); Grundsätze der Rio-Deklaration als Mindestniveau internationale Umweltpolitik, vgl. Caspar, ARSP 1997, 338 (355); ähnlich: F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (49). 24 Beyerlin; ZaöRV 54 (1994), 124 (135); vgl. Oberthür, EA 1992, 595 (601f.). Der strukturelle Mangel bloß verbaler Umweltpolitik, je höher Vereinbarungen auf der internationalen Ebene vordringen, hat sich zunächst nicht auf nachhaltige Entwicklung niedergeschlagen, vgl. Jänicke, ZfU 3/1990, 213 (230); Stolleis, Erwartungen an das Recht, FAZ Nr. 302, vom 30.12.2003, S. 7. 25 Vgl. Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 976 (978 Rn. 11; 980f. Rn. 14f.). 26 Erwartungsvoll: Kein Zurückfallen der internationalen Umweltpolitik hinter die Grundsätze der Rio-Deklaration, Caspar, ARSP 1997, 338 (355); ähnlich: F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (49).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

mit der Orientierung an Rio-Deklaration und Agenda 21 ist jedoch mittlerweile einer Ernüchterung gewichen.27 Eine Orientierung, die derart verfestigt ist, dass von der Agenda 21 als „soft law“ gesprochen werden könnte, ist allenfalls noch verschwommen feststellbar.28 Die Argumente, die für wie gegen eine Qualifikation als „soft law“ genannt werden, sind gleich schwach und indiziell.29 Die hohe politisch-moralische Bindungswirkung richtet sich aber auf die Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklung, nicht auf die der Agenda 21 als solche. Dies spiegelt sich auch im Wortlaut der Agenda 21. In Kap. 38 sind noch Schwerpunkte für die Entwicklung eines internationalen Rechts nachhaltiger Entwicklung benannt. Ihre Aufnahme deutet darauf hin, dass die Agenda selbst noch keinen Schlusspunkt der Entwicklung darstellen sollte. Diese Entwicklung soll sich auf eine nachhaltige Entwicklung, nicht auf eine Weiterentwicklung der Agenda 21 richten. Für die Qualifikation der Agenda 21 muss daher analog gelten, dass diese somit über ihre politische Bindungswirkung hinaus nicht als „soft law“ zu qualifizieren ist. 2. Nachhaltige Entwicklung als Rechtsprinzip und Völkergewohnheitsrecht Trotz der Schwierigkeit, den Begriff der nachhaltigen Entwicklung (juristisch) zu definieren, wird er allein aufgrund seiner Verwendung in völkerrechtlichen Verträgen als Rechtsbegriff eingeordnet.30 Darüber hinaus erkennt eine Ansicht ein nationales und internationales Rechtsprinzip31 mit 27

Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 978, Rn. 11. Auch die Qualifikation von Teilen der Agenda 21, die normativen Charakter hätten als „soft law“ nicht unproblematisch, Beyerlin/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 8 Rn. 15. A. A. wohl Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 270. 29 Ein weitergehendes Verständnis dehnt den Begriff „soft law“ auch auf Übereinkünfte mit einer Aussage über geltendes Recht oder nur mit Tendenzen zur Weiterentwicklung des Völkerrechts aus, Graf Vitzthum, in: ders. (Hrsg.), Völkerrecht, S. 32 Rn. 68. Nach dieser Ansicht wäre auch die Agenda 21 als Tendenz zur Weiterentwicklung nachhaltiger Entwicklung als „soft law“ einzuordnen. Diese Qualifizierung vermag aber kaum noch ein Differenzierungskriterium zwischen „soft law“ und politischem Programm aufzustellen. In einer engeren Fassung des Begriffs „soft law“ als Phänomen, das Völkerrechtssubjekte unterstellen und auf dessen Einhaltung sie dringen, ohne dessen Nichteinhaltung als Bruch des Völkerrechts zu behandeln, Kunig, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, S. 141, Rn. 166, mit dem Hinweis auf die flüssige Grenze zwischen dem Rechtscharakter indizierenden Staatsverhalten und dem, das auf nichtrechtliche Normen schließen lässt. 30 Callies, DVBl 1998, 559 (561); ebenso: Bückmann/Lee/Simonis, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 15 (18); Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 505 (50. EL); inzident wohl auch: Söhn28

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völkergewohnheitsrechtlicher Geltung seit der Rio-Konferenz.32 Die Gegenauffassung will nur eine partiell rechtliche Verpflichtung, etwa zur Herstellung zukunftsfähiger Sozialsysteme,33 die Verankerung einiger Managementregeln,34 oder des Vorsorgeprinzips35 annehmen. Die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht setzt eine längere Rechtspraxis mehrerer Staaten mit der Überzeugung voraus, dass insoweit eine Rechtspflicht besteht.36 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Einigung der Staaten auf eine eindeutige und wirksame Rechtspflicht aus wirtschaftlichen Gründen nur zögerlich erfolgt.37 Das Fehlen der längeren allgemeinen Rechtspraxis38 kann in seinem zeitlichen Bezug nicht entscheidend sein. Die erforderliche Zeitdauer zur Entstehung von Völkergewohnheitsrecht ist nicht abstrakt bestimmbar, sondern variiert fallabhängig. Das lein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 130, der den Begriff zur Auslegung des GG heranziehen will. 31 Bückmann, UPR 2002, 98; Badura, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, S. 43 (58); Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (122); Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 2; Weeramantry, Sondervotum zur IGH-Entscheidung ILM 37 (1998), 204, zitiert nach: Graf Vitzthum, in: ders. (Hrsg.), Völkerrecht (2. Auflage), S. 464 Rn. 161 Fn. 415. 32 Hohmann, NVwZ 1993, 311 (314, 318); wohl auch: F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (28f.); kritisch: Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (139, Rn. 69), „stark relativiertes Rechtsquellenverständnis“, „verfrüht“. 33 Caspar, ARSP 1997, 338 (342). 34 So sieht Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 22, die erste und dritte Managementregel völkerrechtlich abgesichert, nicht jedoch die zweite, die ihm zu unspezifisch und „auf Dauer“ schwer zu handhaben ist, sowie auch in konsequenter Ausprägung die Interessen der gegenwärtigen Generationen vernachlässige, ders., NuR 2001, 301 (302); ebenso hinsichtlich erneuerbarer Ressourcen: Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 248. 35 Feist, JuS 1997, 490 (494); Hohmann, NVwZ 1993, 311 (314); Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, § 57 Rn. 25, S. 996f.; vorsichtiger: Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (133f.), mögliche „Kristallisationspunkte für künftige Völkerrechtssätze“; skeptisch: Hobe, JA 1997, 160 (164f.). Summarisch sieht Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (79), das Vorsorgeprinzip verbreiteter als das Nachhaltigkeitsprinzip im internationalen Umweltrecht. Ablehnend hinsichtlich der Ableitung des Vorsorgeprinzips aus dem allgemeinen Schädigungsverbot: Heintschel von Heinegg, Umweltvölkerrecht, § 23 Rn. 81. 36 Vgl. Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 23; vgl. Beyerlin/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 6; Hoppe/ Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 16; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 213ff., § 16 Rn. 2ff. 37 Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 980, Rn. 13. 38 Zweifelnd: Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 23. Zu diesem Merkmal besteht allerdings wenig Übereinstimmung im Völkerrecht, vgl. dazu: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 213ff., § 16 Rn. 3ff.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

konstitutive Element der allgemeinen Übung ist ebenfalls umstritten. Grundsätzlich kann jedes Verhalten von Staaten im rechtlich relevanten oder faktischen Bereich eine Übung darstellen.39 Das Nachhaltigkeitsprinzip ist in seiner Intensität nicht auf eindeutige, hinreichend konkrete unmittelbare Verhaltensanforderungen eingrenzbar.40 Jedenfalls fehlt auch eine derartige Überzeugung momentan.41 Die Akzeptanz des Prinzips („Ob“) ist für die Annahme als Völkergewohnheitsrecht nicht hinreichend konkret.42 Sie führte dazu, dass einer etwaigen völkergewohnheitsrechtlich verankerten Nachhaltigkeit kein substanzieller Inhalt zu entnehmen wäre.43 Im Gegensatz zum anerkannten Verbot erheblicher Schädigungen jenseits des eigenen Hoheitsgebiets,44 bei dem noch (relativ) leicht Ursache und Wirkung bestimmt werden können und eine Folge ableitbar ist, liegt das Problem bei nachhaltiger Entwicklung anders. Die Mehrdimensionalität erschwert die Bestimmung 39 Dazu im Einzelnen: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 213ff., § 16 Rn. 3ff. 40 Vgl. auch: Beyerlin/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 23. Daher ist auch der Ansatz fraglich, durch eine Verengung auf die umweltpolitischen Belange eine rechtliche Bedeutung nachhaltiger Entwicklung zu forcieren, vgl. Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 101. Zum einen stellt sich nämlich das normative Bewertungsproblem ebenso in der ökologischen Nachhaltigkeit, zum anderen erreichte man durch die Einschränkung nachhaltiger Entwicklung keine völkerrechtliche Verankerung dieser, sondern allenfalls des ökologischen Bewirtschaftungsprinzips. 41 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 84; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 42; a. A. Vallender, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 194 (195). Für beginnende Anerkennung: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 147. 42 Schröder, AVR 34 (1996), 251 (272); Feist, JuS 1997, 490 (494); F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (49); Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (140); Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (92f.). Vgl. ähnlich auch: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (468); Beyerlin/Marauhn, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht, S. 22; Epiney, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 100; Hobe, JA 1997, 160 (165). Dahingehend auch: Calliess, DVBl 1998, 559 (561), der trotz der definitorischen Ansätze zumindest ohne weitere Konkretisierung keine Vollziehbarkeit sieht. 43 Vgl. auch: Hobe, JA 1997, 160 (165). Insbesondere kann auch die Auffassung nicht überzeugen, die aus der weitgehenden Zustimmung zur Nutzung erneuerbarer Ressourcen Konsens in deren Nutzung festzustellen meint, so: Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 248. Angesichts weltweiter Diskussionen um Fischereiquoten und ähnlichen Streiten ist diese Auffassung schlicht nicht zutreffend. Soweit sie sich auf einen generellen Konsens beziehen will, etwa eine Verhinderung von Raubbau, führt dies ebenso wenig weiter. Diese evidenten Beispiele fallen schon aus dem Anwendungsbereich der Nachhaltigkeit heraus, vgl. oben: A.VI. 44 Dazu: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 1049, § 58 Rn. 17; Randelzhofer, Jura 1992, 1 (6); Schmitz-Rode, Effizienz der Instrumente des Völkerrechts, S. 71ff.

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der Ursache-Wirkungszusammenhänge, begünstigt ungewisse Folgen45 und kann noch dazu im Nachhaltigkeitsniveau variieren.46 Die Auffassung, die anscheinend schon das Vorliegen einer Entscheidung des „Ob“ der Nachhaltigkeit47 als ausreichend betrachtet,48 überzeugt daher nicht. Auch eine Bestätigung bestehenden Völkergewohnheitsrechts scheidet daher aus.49 Nachhaltige Entwicklung ist nicht als Völkergewohnheitsrecht zu qualifizieren.50 Eine rechtliche Bindungswirkung aus der internationalen Verwendung liegt nicht vor.51 Nachhaltige Entwicklung ist primär durch nationales Recht zu verwirklichen.52 45 Dieses Problem erhebt sich dann nicht, wenn Nachhaltigkeit als Integrationsprinzip mit der Aufgabe definiert wird, Umweltaspekte in Entscheidungsprozesse einzubinden sowie den intergenerativen Umweltqualitätserhaltungssatz zu verwirklichen, vgl. etwa Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 139, 190f. In diesem Fall scheitert jedoch die Einordnung als Völkergewohnheitsrecht an der damit ebenfalls entfallenden gemeinsamen Übung und Überzeugung der Rechtssubjekte. 46 Dahingehend auch: Frenz, NuR 2001, 301 (302), hinsichtlich seiner Ablehnung der Verankerung der zweiten Managementregel; ähnlich auch über die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen wegen mangelnden Konsenses: Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 248. 47 Etwa Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 139, der meint, mit Anerkennung des Konzeptes müsse „nur“ noch über dessen inhaltliche Ausgestaltung diskutiert werden. 48 Weeramantry, Sondervotum zur IGH-Entscheidung ILM 37 (1998), 204, zitiert nach: Graf Vitzthum, in: ders. (Hrsg.), Völkerrecht (2. Auflage), S. 464 Rn. 161 Fn. 415; wohl auch: Vallender, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 194 (195). 49 Hobe, JA 1997, 160 (162). 50 Beyerlin, in: Wolfrum (Ed.), Enforcing Environmental Standards, S. 95 (120); Streinz, Verwaltung 31 (1998), 449 (467f.); Feist, JuS 1997, 490 (494); Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 71; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, S. 978, Rn. 11; Hobe, JA 1997, 160 (165); Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (93), Schröder, AVR 34 (1996), 251 (271f.); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 86. 51 Nach den obigen Darlegungen kann auch der Ansatz von Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 147f., nicht überzeugen, der aus der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Art. 25 GG eine Fähigkeit von Rio-Deklaration und Agenda 21 herleiten will, die Auslegung des Grundgesetzes zu prägen. Umstritten ist, ob bei völkerrechtlichen Verträgen eine Auslegung des GG im Sinne des Vertrages möglich ist. Einige wollen die Auslegung nur ausnahmsweise, im Fall eines festen internationalen Wertekonsenses zulassen, während andere völkerrechtliche Verträge und allgemeine Regeln des Völkerrechts gleichstellen wollen. Nach Ansicht von Calliess, ebd., sind beide Auffassungen erfüllt, da sowohl eine allgemeine Regel des Völkerrechts wie auch ein fester Wertekonsens vorliege. 52 Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (101f., 104).

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3. Nachhaltige Entwicklung als politisches Prinzip Beyerlin ordnet nachhaltige Entwicklung als bloß politisches Konzept ein. Nachdem er nach Verabschiedung der Rio-Deklaration der Auffassung war, „sustainable development“ sei kein neues Völkergewohnheitsrecht, könne aber Leitlinie für künftige Umweltnormen werden,53 sieht er mittlerweile keine Chance mehr, dass es sich zu einem Prinzip des Internationalen Völkergewohnheitsrechts entwickelt. Dies begründet er mit dem „amorphen“, zu „vieldimensionalen“ Konzept und prognostiziert dessen Verbleiben als ein politisches Ziel im Bereich des internationalen Umweltschutzes.54 Die Vielschichtigkeit bildet auch den Kern der Bedenken, ob nachhaltige Entwicklung überhaupt ein juristisch fassbarer Begriff ist. Sie sind jedoch zurückzuweisen.55 Die Vielschichtigkeit des Konzeptes erschwert es zwar, nachhaltige Entwicklung mit Inhalt56 zu füllen. Eine Beliebigkeit des Konzeptes ist darunter nicht zu verstehen. Die immanente gewisse qualitative Entwicklungstiefe und die längere zeitliche Ausdehnung erlaubt es, zumindest evidente Verletzungen nachhaltiger Entwicklung aus dem Prinzip auszuscheiden. Aus diesem Grund erscheint es angemessen, nicht mehr von einer bloß politischen Formel auszugehen.57 4. Nachhaltige Entwicklung als „soft law“ Überwiegend wird eine politische Bindungswirkung nachhaltiger Entwicklung anerkannt.58 Die weltweite Aufmerksamkeit für nachhaltige Entwicklung hat zu einem moralisch sehr hoch legitimierten Handlungsfeld geführt59 und zu einer Verfestigung, die auch innerstaatlich keinen Politik53

Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (139f.). Beyerlin, in: Wolfrum (Ed.), Enforcing Environmental Standards, S. 95 (120); „lediglich politische Direktive, die keine rechtliche Steuerungskraft besitzt“, Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 11a. 55 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39; so auch bezüglich der Verwendung in § 1 V BauGB: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 180. 56 „Sicherlich an der Grenze jurisprudentieller Definitionsmöglichkeiten“: Ruffert, ZUR 1993, 208 (209). 57 Auch: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (468); in diesem Sinne zweifelnd aber: Ruffert, ZUR 1993, 208 (209). 58 Calliess, DVBl 1998, 559 (561); Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 65; auch: Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 15; F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (49); wohl auch: Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 29. 59 Vgl. Hohmann, NVwZ 1993, 311 (318); Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 59; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 76; 54

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bereich mehr vom Anspruch nachhaltiger Entwicklung freistellt.60 Daher qualifizieren mehrere die Grundsätze der Rio-Erklärung, die nachhaltige Entwicklung einschließen, als „soft law“, mit der Perspektive, als Grundlage für künftiges Völkergewohnheitsrecht zu dienen.61 Diese Einordnung ist überzeugend. Auch wenn die nachhaltige Entwicklung nicht als Völkergewohnheitsrecht qualifiziert werden kann, ist der durch sie entfaltete Einfluss nicht zu leugnen. Die Aufnahme der Nachhaltigkeit in Gesetze und die Prozessinitiierung erfolgte nicht aufgrund rechtlichen Zwangs, sondern aufgrund moralisch-politischen Antriebs.62 Dieser war jedoch so stark, dass von einem einfachen, politisch-beliebig änderbaren Konzept63 kaum mehr gesprochen werden kann. 5. Europarecht „Nachhaltigkeit“ findet sich in Art. 37 der Europäischen GrundrechteCharta ausdrücklich als Rechtsgrundsatz.64 Der Begriff ist im 8. Erwägungsgrund der Präambel sowie im Art. 2 EUV und den Artt. 2, 6 EGV verankert.65 Das Ausmaß der Bindungswirkung für mitgliedstaatliche Behörden ist im Detail in der Literatur umstritten.66 Da aber grundsätzlich Einigkeit vgl. Brand, Politische Ökologie 63/64 (2000), 19 (22); Tremmel, Generationengerechtigkeit 1/2003, 6 (7); für weltweite Verbindlichkeit mit der Rio-Konferenz Halbritter, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 53 (59). 60 Calliess, DVBl 1998, 559 (561f.); Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 70; Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 12, 25; Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (93), spricht in diesem Zusammenhang von nachhaltiger Entwicklung als einem Element des internationalen Rechts. 61 Rest, in: LdR/VR, S. 432; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 15; Schmitz-Rode, Effizienz der Instrumente des Völkerrechts, S. 97; Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (78f.); Calliess, DVBl 1998, 559 (561); Graf Vitzthum, in: ders. (Hrsg.), Völkerrecht, S. 431, Rn. 115; Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 64; skeptisch hinsichtlich dieser Aussicht, Schröder, AVR 34 (1996), 251 (268f.). Dies sei für Prinzip 21 der Agenda schon der Fall, Bartholomäi, Sustainable Development und Völkerrecht, S. 66. 62 Vgl. Lang, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 90 (93); zu dieser Wirkung von „soft law“ auch: SchmitzRode, Effizienz der Instrumente des Völkerrechts, S. 92. 63 Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1154) nimmt auch für politische Prinzipien eine schwache nicht rechtliche Selbstbindungswirkung an. 64 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (660). 65 Hilf/Pache, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Präambel EUV Rn. 30, Art. 2 EUV Rn. 8; Grundlage der Gemeinschaftspolitik, Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 6 EGV Rn. 20.

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darüber besteht, dass jedenfalls eine Bindungswirkung vorliegt,67 soll eine genauere Diskussion daher mit Blick auf die Schwerpunktbildung unterbleiben. Nach der Neufassung des Art. 2 EUV68 besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Art. 2, 1. Spiegelstrich EUV eine nachhaltige Entwicklung fordert, wie sie auf der Konferenz von Rio ausgeformt worden ist.69 Dies bedeutet eine Förderung nachhaltiger Entwicklung in der mehrdimensionalen, gleichberechtigten Verknüpfung dreier Dimensionen, wie sie auch hier dargestellt worden ist.70 Art. 2 EGV verbindet nachhaltige Entwicklung mit der Beeinflussung des Wirtschaftslebens durch die Verbindung ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange.71 Dies wird teilweise als wirtschaftliche Entwicklung im Einklang mit hohem Maß an Umweltschutz und entwicklungspolitischer Ausrichtung72 bzw. sozialem Schutz als Verfassungsziel73 interpretiert. Ein hohes Schutzniveau ergibt sich aus der Konkretisierung des Zielkataloges aus Art. 174 Abs. 1, 2 EGV, sowie partiell aus dem „stand-still-Gebot“ hinsichtlich erreichter Fortschritte auf dem Gebiet der Verwirklichung der Vertragsziele.74 Auch in Art. 2 EGV ist somit eine dreidimensionale Nachhaltigkeit aufgenommen worden.75 66

Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 49; Hilf/Pache, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 2 Rn. 3; Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 2 EGV Rn. 5. Callies, DVBl 1998, 559 (566); Frenz, Sustainable development durch Raumplanung, S. 50ff.; Frenz/Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 198. 67 Vertragsziele mit rechtlich steuernder Wirkung: Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 2 EG Rn. 6; rechtsverbindliche Gebote: Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 2 EGV Rn. 2. 68 Vor der Fassung des Art. 2 in Form des Amsterdamer Vertrages wurde kritisiert, es sei weder eine Festlegung auf nachhaltige Entwicklung gemeint, noch interpretatorisch tragfähig, Schröder, NuR 1998, 1 (2); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 42. 69 Hilf/Pache, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 2 EUV Rn. 8, Präambel EUV Rn. 30; Wasmeier, EWS 2000, 47; Blanke, in: Calliess/Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 2 EUV Rn. 5; Stumpf, in: Schwarze (Hrsg.), EUKommentar, Art. 2 EUV Rn. 12; Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (131); a. A. Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 58. 70 Frenz, NuR 2001, 301 (304); ders., Sustainable Development durch Raumplanung, S. 46; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658); Callies, DVBl 1998, 559 (562); Schink, ZAU 1999, 183. 71 Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 43; Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 2 EGV Rn. 12. 72 Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 2 EG Rn. 12, 16. 73 v. Bogdany, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 2 EG Rn. 30, 25.

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Art. 6 EGV als Querschnittsklausel hat sowohl die Qualität einer Handlungsanweisung an den Gemeinschaftsgesetzgeber als auch die einer Auslegungsregel für die Rechtsanwender.76 Analog zur Problematik in Art. 2 EGV, ergibt sich die Frage nach dem Verhältnis von nachhaltiger Entwicklung zum Umweltschutz. Einige sehen in Art. 6 EGV die Verankerung einer umweltverträglichen, nachhaltigen Entwicklung,77 so dass nachhaltige Entwicklung im dreidimensionalen Sinne in Art. 6 EGV aufgenommen ist.78 Andere beschränken Art. 6 EGV lediglich auf die Einbeziehung des Umweltschutzes.79 Die Förderung nachhaltiger Entwicklung ist nach dieser Auffassung nur Zielsetzung, nicht aber inhaltlich prägende Bestimmung. Diese Ausrichtung auf nachhaltige Entwicklung, ohne diese zum inhaltlichen Bestandteil zu haben, ist jedoch nur bedingt überzeugend.80 Die Querschnittsklausel Art. 6 EGV81 hat durch die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung ihren Blickwinkel zu einer zukunftsbezogenen Sichtweise verändert.82 Die vorher mit guten Gründen vertretene Position eines alleinigen umweltbezogenen Querschnitts83 ist geschwächt worden. Eine Akzentsetzung im Umwelt- und Ressourcenschutz84 wirkt allerdings nicht einschränkend auf die 74 Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 2 EG Rn. 5, 22; für die Verortung der nachhaltigen Entwicklung bereits zum alten Art. 130 r I: Kunig, StudJur 2/1997, 12. 75 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (122); Wasmeier, EWS 2000, 47; Frenz/ Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 203; Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (118); Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (131); Frenz, UPR 2003, 361 (362). 76 Wasmeier, EWS 2000, 47 (48), vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 158; Calliess, in: ders./Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 6 EG Rn. 20; Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 6 EGV Rn. 22. 77 Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 113; Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 6 EGV Rn. 18. Calliess, in: ders./Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 6 EG Rn. 13, betrachtet allerdings die ökologische Sicherung als zentral für Nachhaltige Entwicklung. 78 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (122); Wasmeier, EWS 2000, 47; Frenz/ Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 203; Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (118). 79 Hebeler, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 265 (266). 80 Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 42. 81 Callies, DVBl 1998, 559 (565). 82 Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 6 EGV Rn. 21. 83 Nachhaltige Entwicklung „lediglich ansatzweise als im Keime angelegt“ ansehbar – am weitgehendsten umsichtige rationelle Ressourcenverwendung, Frenz/ Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 164. 84 Art. 174 I 3. Spiegelstich EGV setzt eine rationelle Verwendung von natürlichen Ressourcen voraus und ist damit zusätzlich Verankerung einer Komponente nachhaltiger Entwicklung, Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung,

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nachhaltige Entwicklung.85 Art. 6 EGV stellt damit eine Regelung im gemeinschaftlichen Primärrecht dar, die über das Sekundärrecht auch nachhaltige Entwicklung in den nationalen Rechtssystemen vorantreiben wird, wobei allerdings die vorrangige Bedeutung auf der Ebene der Rechtsfortbildung zu sehen ist.86 Hierbei besteht ein weiter Gestaltungs- und Prognosespielraum, das Ziel zu erreichen.87 Bestimmte konkretisierte Handlungsaufgaben der EU88 können nicht, auch nicht aus den Managementregeln,89 abgeleitet werden. Ebenso wenig ist ein Individualrechtscharakter des Nachhaltigkeitsprinzips im EGV begründbar.90

II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden Nachhaltigkeit hat bereits vielfach Eingang in das deutsche Recht gefunden und wirkt damit auch auf Gemeinden. Dennoch erscheint der Begriff in der Rechtswissenschaft vielfach als Mysterium, der möglichst aus juristischer Arbeit herauszuhalten ist und auch auf starke Ablehnung stößt.91 FragS. 33. In Art. 174 II EG sind Vorsorgegrundsatz und Verursacherprinzip verankert, Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 106ff.; § 2 Rn. 11; Calliess, in: ders./Ruffert, EU-Vertrag/EG-Vertrag, Art. 174 EG Rn. 10, 25ff.; 34ff.; JahnsBöhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 174 EGV Rn. 18, 21; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658). 85 Vgl. Calliess, DVBl 1998, 559 (565). 86 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 163; Callies, DVBl 1998, 559 (561); wohl auch: Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 131. 87 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 87; Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 2 EGV Rn. 5. 88 Vgl. etwa: Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 6 EGV Rn. 21. 89 Deren Geltung auf EU-Ebene vertritt: Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EUKommentar, Art. 6 EGV Rn. 21. 90 Schink, ZAU 1999, 183 (184); Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 2 EGV Rn. 6. 91 Vgl. Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (113f.). Eines der schärfsten und engagiertesten Plädoyers stammt von Reinhardt, in: Marburger/ Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 73 (102): Bei Nachhaltigkeit handele es sich um einen Begriff „der als Rechtsbegriff auftritt, der aber dennoch kein Rechtsbegriff ist, einen Begriff, der Interdisziplinarität für sich reklamiert, dieser dann aber eher im Wege steht, einen Begriff, der sich wie eine Hülse über die Institute des Verwaltungsrechts stülpt und diese gleichsam metastatisch befällt, einen Begriff der den Geist der befallenen Gesetze verschleiert und eine Literatur, besser ein Schrifttum der Unbefugten schürt, indem er ihnen hilft, sich zu äußern, ohne etwas sagen zu müssen, kurz, einen Begriff, der sich präsentiert als eine rechtliches nullum, junk-law eines überforderten oder sich verweigernden Legislators, das das Gerüstetsein für ein neues Zeitalter nur vortäuscht“.

II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden

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lich ist daher, welches Bedeutungsspektrum mit der Aufnahme von Nachhaltigkeit im Recht verbunden ist.92 Dazu sind zunächst die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Verfassung als die dauerhafte Ordnung eines Gemeinwesens muss neue Probleme integrieren können, soll sie nicht der Gefahr erliegen, im Wandel der Zeit zu erstarren.93 Deshalb muss die Verfassung auch hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung zukunftsoffen interpretiert werden.94 Im Hinblick darauf, dass der verfassungsrechtliche Handlungsrahmen der Gemeinden bereits weitgehend durch das einfache Gesetzesrecht konkretisiert ist, soll die Erörterung des verfassungsrechtlichen Rahmens auf wesentliche Streitpunkte beschränkt bleiben. 1. Staatsziel Umweltschutz Das Staatsziel Umweltschutz, Art. 20a GG, wurde 1994 in das Grundgesetz aufgenommen und 2002 um den Gesichtspunkt des Tierschutzes ergänzt.95 Art. 20a GG lautet: Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Recht und Gesetz durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Nachhaltige Entwicklung nimmt er in der seinem Beitrag folgenden Diskussion jedoch von dieser Kritik aus. Dies ist jedoch vor dem Hintergrund der Verknüpfung beider Begriffe nicht stringent. 92 Erbguth, DÖV 1999, 1082 (1083) mit Fn. 11, weist eine Ansicht nach, die vor dem Hintergrund exegetischer Arbeit bereits einen problemorientierten und anwendungsbezogenen Umgang der gesetzlichen Normen mit der Nachhaltigkeit feststellen soll, so dass die begriffliche Verankerung nebensächlich sei. Die dort zitierte Nachweisstelle von Lendi trägt die Ausführungen jedoch nicht. Dieser stellt lediglich konditional fest, wenn bereits eine problemorientierte Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips in den Normen existiere, sei die Verankerung des Prinzips nebensächlich, ansonsten diese als Auslegungshilfe wünschenswert, Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (80f.). 93 Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 (628f.); ders., Jura 2000, 1 (2f.). 94 Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 (665f.); ebenso: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 47; Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 335; Hesse, Verfassung und Verfassungsrecht Rn. 27, 30; Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 (187), spricht von der rechtsstaatswidrigen Wucherung gegenwärter Grundrechtsdogmatik, ebd. S. 190. 95 Gesetz vom 27.10.1994 (BGBl. I, S. 3146), sowie Gesetz vom 26.07.2002 (BGBlI. S. 2862). Zur Aufnahme des Tierschutzes in das GG: Knauff, SächsVBl 2003, 101.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Eine Staatszielbestimmung ist kein subjektiver Anspruch96 des Einzelnen, deshalb aber nicht etwa ein unverbindlicher Programmsatz, sondern eine objektive Verpflichtung des Staates.97 Staatszielbestimmungen sind Prinzipien und somit Optimierungsgebote. Sie machen die „approximative Realisierung eines moralischen Ideals zur Rechtspflicht“.98 Grundsätzlich ist eine Staatszielbestimmung geeignet, alle Staatsorgane, auch die Kommunen, zur nachhaltigen Entwicklung des Gemeinwesens zu verpflichten.99 Die Verpflichtung aller Staatsorgane aus Art. 20a GG ist im Rahmen ihrer Kompetenzen wahrzunehmen.100 Die verfassungsunmittelbare Adressatenschaft der Exekutive führt daher nicht zu einer eigenständigen von der Legislative unabhängigen Umweltschutzverantwortung.101 Art. 20a GG kann die erforderliche einfachgesetzliche Grundlage für Grundrechtseingriffe nicht ersetzen.102 96 H. M: BVerfG, ZUR 2001, 403 (404); BVerwG, NuR 1995, 253 (254); Peters, NVwZ 1995, 555; Waechter, NuR 1996, 321; Schink, DÖV 1997, 221 (223); Ekardt, SächsBVl 1998, 48 (50); Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 9, 18; implizit: Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 397 (398). 97 Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (20); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 12; Westphal, JuS 2000, 339; Kloepfer, DVBl 1996, 73 (74); Knauff, SächsVBl 2003, 101; Badura, Staatsrecht, D Rn. 42; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 9; Ekardt, SächsVBl 1998, 49; Caspar, ARSP 1997, 338 (358); Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (472). 98 R. Dreier, NJW 1986, 890 (892); vgl. auch: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 65. 99 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 166; Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (50); vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 44; Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (20); Kloepfer, DVBl 1996, 73 (75); Sanden, Umweltrecht, § 2 Rn. 3; Henneke, NuR 1995, 326 (330); Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (50); Knauff, SächsVBl 2003, 101. 100 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (472); Westphal, JuS 2000, 339 (342); ähnlich: Caspar, ARSP 1997, 338 (357); Henneke, NuR 1995, 326 (331), vgl. Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 57; Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (50). Aus diesem Grund ist der Vorschlag, eine Querschnittsklausel zur Beachtung von Umweltschutzgesichtpunkten ins Grundgesetz einzufügen, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 184 sowie Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 211ff., von zweifelhaften Wert. Das strukturell-organisatorische Defizit hat auch Art. 20a nicht beseitigt, obwohl diese Bestimmung ebenso von der Exekutive zu beachten ist. 101 Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 54; Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (22); dazu kritisch: Sendler, DVBl 2002, 318 „recht knapp bemessen“. 102 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 62; Westphal, JuS 2000, 339 (342); Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (23); Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 57 m. w. N.

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Eigenständige Bedeutung verbleibt Art. 20a GG für die Gemeinden dort, wo das Gesetz ihnen Entscheidungsspielräume offen lässt,103 also bei Ermessens-, Beurteilungsspielräumen und Planentscheidungen sowie der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe.104 Fraglich ist, ob Art. 20a GG über eine Hinweiswirkung auf angestrebte Veränderungen des gesellschaftlichen Bewusstseins hinaus105 auch Nachhaltigkeit in seinen Schutzbereich aufgenommen hat. Streit besteht dabei um die anthropozentrische oder ökozentrischen Ausrichtung sowie nach Umfang und inhaltlicher Intensität der Verankerung von Nachhaltigkeit. a) Ausrichtung des Art. 20a GG Der Streit um die Ausrichtung des Art. 20a GG betrifft die Frage, ob mit dem Begriff der natürlichen Lebensgrundlagen alle oder nur die des Menschen gemeint sind. Der Schutz außermenschlichen Lebens durch Art. 20a GG ist zumeist mit einer Einordnung als „nicht-anthropozentrische Staatszielnorm“ verbunden.106 Ökozentrische Interpretatoren sehen die Natur um ihrer selbst Willen geschützt.107 Ein konkreter Nutzen für den Menschen wird wegen der Begrenztheit menschlicher Erkenntnis nicht gefordert.108 Die ökozentrische Ansicht legt den Begriff der natürlichen Lebensgrundlagen weit aus, die auf alles Leben bezogen werden.109 103 Keine Veränderung durch Art. 20a GG, wenn bereits durch Gesetz gleichrangige Abwägung mit anderen Gütern vorgesehen: Kloepfer, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 20a GG Rn. 45. Im Einzelfall ist das Ermessen aufgrund von Art. 20a GG auf Null zu reduzieren, Henneke, NuR 1995, 326 (333). Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (51), will sogar den direkten Rückgriff der Exekutive auf Art. 20a GG zulassen, wenn gesetzliche Regelungen fehlen. 104 BVerwG, NVwZ 1998, 1080 (1081); vgl. Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 61; Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 91; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 29f.; Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 57; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 54. 105 Knauff, SächsVBl 2003, 101. 106 Kuhlmann, NuR 1995, 1 (3ff., 7). 107 Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 26f.; wohl auch: Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1026). 108 Westphal, JuS 2000, 339 (341); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (224); mit anderer Begründung auch: Waechter, NuR 1996, 321 (323f.). 109 Murswiek, NVwZ 1996, 222 (224); Vogel, DVBl 1994, 497 (500); Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (52), der dies fälschlicherweise für die h.M hält und dazu Henneke, NuR 1995, 325 (329) als Beleg zitiert, der allerdings Vertreter der vermittelnden Gegenauffassung ist; offen lassend: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 282.

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Nach überwiegender Auffassung sind in Art. 20a GG die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen wegen geschützt.110 Aus der Formulierung des Art. 20a GG sowie auch aus der Gesamtkonzeption der Grundrechte wird die anthropozentrische Sichtweise begründet.111 Der Einwand gegen die anthropozentrische Interpretation des Art. 20a GG richtet sich zum Teil gegen die normative Annahme als solche.112 Teilweise greifen die ökozentrischen Vertreter es als Inkonsequenz innerhalb der anthropozentrischen Argumentation und Verwerfung an,113 unter die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen auch Tiere und Pflanzen zu fassen, die keinem menschlichen Zweck oder Nutzen dienen.114 Daneben werden vermittelnde Ansichten vertreten, die versuchen, die ökozentrische Auffassung nicht zu verwerfen, aber von einer Durchsetzung der anthropozentrischen Sichtweise im Konfliktfall auszugehen.115 Sie wollen den natürlichen Lebensgrundlagen eigenständigen Wert zuzubilligen, ohne zugleich die anthropozentrische Sichtweise aufzugeben.116 Der Formulierung des Art. 20a GG kann entgegen der h. M. keine eindeutige Stellungnahme für eine anthropozentrische Sichtweise entnommen werden. Es sich um eine offene Kompromissformel.117 Die Argumentation, Art. 1 Abs. 1 GG für oder wider eine der Ansichten zu verwenden,118 ist 110 Henneke, NuR 1995, 325 (329); Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art 20a Rn. 39f.; Menzel, ZRP 2001, 221 (223); Westphal, JuS 2000, 339 (341); Meßerschmidt, BNatSchG, § 1 Rn. 33; Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 13, der dies als „ökologisch-anthropozentrische Sichtweise“ der h. M. bezeichnet. 111 Menzel, ZRP 2001, 221 (223); vgl. auch: Westphal, JuS 2000, 339 (341); Knauff, SächsVBl 2003, 101; Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 38f. 112 Dazu oben: A.II.2.a)aa). 113 Caspar, ARSP 1997, 338 (345). 114 So: Brohm, JZ 1995, 213 (219); Westphal, JuS 2000, 339 (341); mit anderer Begründung: Waechter, NuR 1996, 321 (323f.). 115 Waechter, NuR 1996, 321 (324f.); vermittelnd auch: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 64. 116 Henneke, NuR 1995, 325 (329); Vogel, DVBl 1994, 497 (500). 117 Caspar, ARSP 1997, 338 (344); Knauff, SächsVBl 2003, 101. 118 Das Hauptargument gegen die ökozentrische Auffassung ist der Bezugspunkt des Art. 1 I GG, der den Menschen zum Maß und Mittelpunkt allen staatlichen Handelns mache, Knauff, SächsVBl 2003, 101 (101f.); die Kritiker halten auch eine nur teilweise ökozentrische Staatstätigkeit mit diesem Leitbild für unvereinbar, Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 94; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 13. Art. 1 I GG findet sich zugleich aber als Argument für die Vereinbarkeit ökozentrischen Umweltschutzes mit dem Grundgesetz, soweit dabei das Wohl des Menschen beachtet wird, Henneke, NuR 1995, 325 (329); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (224) und Waechter, NuR 1996, 321 (324f.). Die ökozentrische Auffassung begründet dies mit der menschlich eingegangenen Verpflichtung eines Natureigenwertes, Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 98.

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nur auf den ersten Blick überzeugend. Beide Ansichten ziehen Art. 1 Abs. 1 GG für ihre Argumentation heran. Das Problem wird hierdurch nur verlagert. Es stellt sich dann die Frage, ob zur Wahrung der menschlichen Würde auch die Verpflichtung zur Bewahrung der Natur mit einem Eigenwert gehört.119 Der Streit beruht auf normativ verschiedenen Grundauffassungen, die beide mit juristischer Argumentation nicht widerlegbar sind. Gleichwohl erscheint im Zusammenhang der Verfassung eine weite anthropozentrische Begründung überzeugender. Die Verfassung richtet sich an den Menschen und ordnet das Zusammenleben der Menschen. Ihr ist damit eine anthropozentrisch weite Sichtweise immanent.120 Dies schließt es nicht aus, auch die natürlichen Lebensgrundlagen aus einer normativen Grundentscheidung heraus zu schützen.121 Diese Grundentscheidung ist jedoch keineswegs eine eigengesetzliche, sondern auf die menschliche Sichtweise zurückzuführen.122 Der Streit hat in der Praxis nur geringe Relevanz.123 Eine genuin ökozentrische Auffassung wird nicht vertreten.124 In weiter Auslegung unterscheiden sich die Ergebnisse beider Argumentationsansätze kaum.125 b) Verankerung der Nachhaltigkeit in Art. 20a GG Aus dem Zusatz „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen“ wird von der überwiegenden Meinung im Schrifttum der Verfassungsauftrag zur Verwirklichung von Nachhaltigkeit abgeleitet,126 wobei der Umfang der Verankerung wieder umstritten ist.127

119 So auch: Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 23. In konziliaren Prozessen wird dies unter dem Stichwort „Bewahrung der Schöpfung“ gefasst, vgl. Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff.; Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konziliarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 4; aber auch: Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 40. 120 Vgl. auch: Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 40. 121 Insofern richtig: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 144, der betont, aus ökologischer Indifferenz der Verfassung könne nicht auf ökologische Irrelevanz geschlossen werden. Bolz, Nachhaltigkeit, S. 60. 122 Meßerschmidt, BNatSchG, § 1 Rn. 31f. 123 Vgl. Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 9; ähnlich: Murswiek, NVwZ 1996, 222 (224), Streit „eher akademischer Natur“. 124 Caspar, ARSP 1997, 338 (345f.). 125 Streit „dürfte bei der gebotenen weiten Interpretation des Begriffs in der Praxis müßig sein“, Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 83; ähnlich auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 283; Schink, DÖV 1997, 221 (224); Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 114; dazu kritisch: Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 20ff.

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Die Verwendung des Begriffs Nachhaltigkeit erfolgt nicht einheitlich.128 Häufig wird er allein mit den Managementregeln ökologischer Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Eine Auffassung lehnt es gänzlich ab, die Managementregeln und die Staatszielbestimmung Umweltschutz zu verbinden. Sie vertritt, die kompromissorientierte Staatszielbestimmung vertrage sich nicht mit dem Regelcharakter der Managementregeln.129 Eine andere Auffassung will nur teilweise die Verankerung der Managementregeln in Art. 20a GG zulassen.130 Zukunftsverantwortung umfasst nach dieser Ansicht nur die Nutzung natürlicher, erneuerbarer Ressourcen.131 Der Grund für diese Ablehnung ergibt sich aus zwei unterschiedlichen Argumentationen. Eine konservative Auslegung argumentiert, die Nutzung natürlicher Ressourcen sei herkömmlich und zwingend hinsichtlich erneuerbarer Ressourcen wegen des Wortsinns „natürliche Lebensgrundlagen“.132 Eine Ausdeh126

Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 121f.; Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (725); a. A. Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 14, der die Berücksichtigung der Belange künftiger Generationen in Art. 1 I GG verankert; ähnlich: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 44, Art. 20a als Konkretisierung des Art. 1 I 2 GG. 127 Rogall/Dybe, in: dies. (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 11 (12); Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 48; implizite Verankerung: Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (122); für die implizite Verankerung der nachhaltigen Entwicklung in Art. 20a GG auch: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 9, 34f.; Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (42f., 79); Caspar, ARSP 1997, 338 (356, 359f.); Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (472); sowie Bückmann/Lee/Simonis, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 15 (19), die zumindest wesentliche Versatzstücke verankert sehen. A. A. Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 45 (beschränkend auf ökologische Nachhaltigkeit S. 354f.); Erbguth, DÖV 1999, 1082 (1084f.), der nur die ökologische Nachhaltigkeit in Art. 20a GG verankert sieht, die Nachhaltigkeit insgesamt aber am Rechstaatsprinzip festmachen will. 128 Vgl. oben: A.II.; A.I.4.; A.II.1. 129 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 167; ebenso: Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 40: „keine konkrete Handlungsanweisung“; a. A. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 102. 130 Partiell Frenz, NuR 2001, 301 (305); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 66; gegen die umfassende Verankerung auch: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 129, Fn. 608 zumindest für die Managementregel nicht erneuerbarer Ressourcen; zweifelnd auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 167. 131 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (725). 132 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658); Kloepfer, DVBl 1996, 73 (76); vgl. für deren Schutz auch: Frenz, ZG 1999, 143 (156); ders., NuR 2001, 301 (305); West-

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nung auf nicht erneuerbare Ressourcen sei eine Überdehnung des Wortlautes.133 Die zweite Argumentation verknüpft dies mit grundsätzlichen Bedenken über die Erstreckung des Art. 20a GG auf nicht erneuerbare Bodenschätze. Öl und Kohle nähmen nicht mehr am natürlichen Stoffkreislauf teil und die Sicherung von Rohstoffvorkommen unterfalle nur schwer dem Staatsziel Umweltschutz.134 Die dritte Auffassung erkennt die Verankerung der ökologischen Nachhaltigkeit mit der Aufnahme des Art. 20a GG ins Grundgesetz an, die auch die Managementregeln als Umschreibung ökologischer Nachhaltigkeit umfassen sollen.135 Auch die nicht erneuerbaren Ressourcen sind dann in den Schutzbereich eingeschlossen.136 Die Argumentation, die die Verankerung der ökologischen Nachhaltigkeit in Art. 20a GG ablehnt, ist nicht überzeugend. Die Managementregeln sind strukturell Prinzipien.137 Ihre Interpretation als strikte Regeln wäre untragbar. Ihre Nachhaltigkeitsintensität überträfe noch die der strikten Nachhaltigphal, JuS 2000, 339 (341); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (225); Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (438); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 53, 66; Schink, DÖV 1997, 221 (223ff.); Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (414). 133 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658); Waechter, NuR 1996, 321 (326). 134 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 167, mit Nachweis von Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 93f., 129; vgl. auch: Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (725f.); ders., NVwZ 2002, 657 (658); Waechter, NuR 1996, 321 (326). 135 Bernsdorff, NuR 1997, 328 (332); Bosselmann/Schröter, Umwelt und Gerechtigkeit, S. 68; Waechter, NuR 1996, 321 (326); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG Art. 20a Rn. 37f.; Westphal, JuS 2000, 339 (341); Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 27 (28); Callies, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 124; Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 102; Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (53); wohl auch: Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 73 (90); ergänzend um die intergenerationelle Komponente, Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 20f.; Brenner, Baurecht, S. 92. Die Managementregeln werden teilweise zwar nicht explizit erwähnt, sind jedoch der Sache nach beschrieben, vgl. Badura, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, S. 43 (50); Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 131f.; unklar Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (471): „Erhaltung und Nutzung natürlicher Ressourcen“; Steiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen, Rn. 102f. 136 Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 30; Schink, DÖV 1997, 221 (223); Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stoffstromrecht, S. 425; Westphal, JuS 2000, 339 (340); Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 102; Christner/ Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 40; Henneke, NuR 1995, 323 (329); Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (51); Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 36. 137 Dazu oben: A.I.3.a); A.V.

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keit.138 Sie wäre mit dem Umweltschutzprinzip und den Gewährleistungen der Freiheitsgrundrechte unvereinbar. Die Ansichten, die lediglich eine teilweise Verankerung der Nachhaltigkeit zulassen wollen, greifen zu kurz.139 Zum einen kann die herkömmliche Betrachtung nicht den Ausschlag für die künftige Auslegung geben. Die Verfassung ist zukunftsoffen auszulegen.140 Zum anderen überzeugt auch das Abstellen auf Energievorräte nicht. Die besondere Erscheinungsform der Energieträger und ihre Erschöpfbarkeit bildet den Kern der Begründung. Die Energieträger bestehen aus nicht erneuerbaren, aber natürlichen Ressourcen. Ihr Erscheinungsbild beruht auf dem spezifischen Zusammenwirken von Elementen. Auch nicht erneuerbare Ressourcen wie Salze, Spurenelemente, Metalle sind für menschliches Leben unabdingbar.141 Sie gehören, auch wenn sie sich nicht erneuern, zweifellos zu den natürlichen Lebensgrundlagen.142 Das Kriterium der Natürlichkeit ist für die Differenzierung nicht weiterführend. Überzeugender ist daher eine weite Auslegung der natürlichen Lebensgrundlagen,143 die die Friktionen einer nur teilweisen Verankerung der ökologischen Nachhaltigkeit vermeidet. Im Artikel 20a GG144 lassen sich aus der Formulierung „natürliche Lebensgrundlagen“ die ökologische Komponente und aus der „Verantwortung für die künftigen Generationen“ die normative intergenerationelle Wertung festmachen,145 die im Einklang mit der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungs138

Vgl. oben: A.I.4.a). Menzel, ZRP 2001, 221 (225). 140 Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 (665f.); ebenso: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 47; Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 335; Hesse, Verfassung und Verfassungsrecht, Rn. 27, 30. 141 Falsch daher schon der Einwand, Bodenschätze hätten keine unmittelbare Funktion im Rahmen biosystemarer Zusammenhänge, vgl. Wolf, in: AK GG, Art. 20a Rn. 23; für die Einbeziehung der Bodenschätze auch: Frenz, UPR 2003, 361 (364). 142 Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 30a. 143 Natürliche Lebensgrundlagen in Art. 20a GG sollten als Synonym zum Begriff Umwelt die Abgrenzung zur psycho-sozialen Umwelt klarstellen, nicht aber eine Ressourcenart ausgrenzen, vgl. Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 27; ebenso: Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 36 sowie Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-DruckS 12/6000, S. 65ff. 144 Eine andere Ansicht sieht die Fortentwicklung aus der Menschenwürde im Art. 1 I GG, die auch künftige Generationen schützt, Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 62f. 145 Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 39; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 31f.; Knauff, SächsVBl. 2003, 101 (102); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 32, 37; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 167; Frenz, Nachhaltige Entwicklung nach dem Grundgesetz, S. 37 (40f.), ohne Einschränkung; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 113; Schink, DÖV 1997, 221 (225); Callies, 139

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prinzip steht.146 Auch das Vorsorgeprinzip sowie Bedenken möglicher Gefährdungen künftiger Generationen sind über die Managementregeln erfasst und unterfallen ebenso dem Schutzbereich des Art. 20a GG.147 c) Verfassungsrechtlich gebotene Intensität? Der Schutzinhalt des Art. 20a GG gleicht einem kaum bestimmbaren Appell.148 Art. 20a GG gibt dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich keine Instrumente für den Umweltschutz vor.149 aa) Ökologisches Existenzminimum Vor der Aufnahme des Art. 20a GG in das GG wurde das ökologische Existenzminimum mit Bezug auf die Rechtsprechung des BVerwG zum Existenzminimum zum Teil im Sozialstaatsprinzip verankert.150 Nach der Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 121f.; Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (722, 725); Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 27f.; Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 56f.; in Bezug auf nachhaltige Ressourcennutzung auch v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 66. 146 So wohl auch: Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 9, 24, 31, 34f., der den internationalen Bezug zu Rio herstellt und den zentralen Punkt aber wohl in der Nutzung der Ressourcen sieht, jedoch unter Einschluss des soziokulturellen Ansatzes von Häberle. Vgl. zum letzteren: Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 eingehend (651ff., 657ff., 665f.); Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 129, 130; ablehnend: Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 36. Frenz, UPR 2003, 361 (362) sieht auch die Anlage ökonomischer und sozialer Komponente in Art. 20a GG, die aber spezifisch in Artt. 12, 14 und 20 GG abgesichert sein sollen. 147 Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (53); dazu unten: C.II.5.c). 148 Knauff, SächsVBl 2003, 101 (102); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 31f. 149 Waechter, NuR 1996, 321 (322); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 55. Zu weitgehend wohl die Bedenken von Knauff, SächsVBl 2003, 101 (102), wegen der Detailunschärfe könnte ein Verstoß gegen Art. 79 I 1 GG in Frage kommen. 150 BVerwGE 1, 159 (161f.); vgl. Sendler, UPR 1981,1 (3); Stein, in: Olschowy (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 3, S. 877 (880f.); Lücke, DÖV 1976, 289 (293); Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 60f.; Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 397; vgl. auch: Kloepfer u. a., UGB-AT, S. 8; Schmidt, DÖV 1994, 749 (751). Die Verankerung des Umweltschutzes im Sozialstaatsprinzip wurde hingegen vielfach weniger aus materiellen Einwänden denn aus strukturell-dogmatischen Gründen abgelehnt. Die Betroffenheit der Umweltschutzbelange für eine sozialgerechte Lebensführung war weitgehend unstreitig, vgl. etwa Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 7f.; für viele: Rauschning, VVDStRL 38 (1980), 167 (186). Insbesondere die Gefahr der Überfrachtung der So-

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Einführung des Umweltschutzprinzips in das Grundgesetz hat dieser Ansatz an Bedeutung verloren. Indirekter Umweltschutz wurde vor Einführung des Art. 20a GG aus dem nachhaltigen Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum aus den Grundrechten hergeleitet.151 Diese Herleitung des Schutzes natürlicher Lebensgrundlagen ist allgemein anerkannt.152 Strittig ist hingegen die zusätzliche Verankerung des ökologischen Existenzminimums in Art. 20a GG153 und das inhaltliche Schutzniveau. Gegner sehen dies jedoch eher als Ausdruck politischer Entscheidung an.154 Sie befürchten Bewertungs- und Prognoseschwierigkeiten155 und eine Rückwirkung, die eine faktische Absenkung des Umweltschutzniveaus an das Existenzminimum zur Folge haben könnte.156 Die Bedenken sprechen indes nicht entscheidend gegen die Verankerung des ökologischen Existenzminimums in Art. 20a GG.157 Der Minimalstandard zialstaatsklausel sowie eine zu hohe Bindung des Gesetzgebers durch die Ableitung konkreter Handlungspflichten wurden gegen diesen Ansatz vorgebracht, Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 30. Diese konkrete Handlungspflicht für Umweltschutz wurde jedoch nicht in einem weitgehenden Ansatz vertreten, sondern vielmehr in der einer Berechtigung des Gesetzgebers, sich auf das Sozialstaatsprinzip als Legitimationsgrundlage zu berufen, vgl. Sendler, UPR 1981, 1 (3); Stern, Staatsrecht I, S. 910. Die Einwände richteten sich damit inzident gegen einen Verstoß gegen das Demokratieprinzip. 151 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 260; vgl. etwa: Stein, in: Olschowy (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 3, S. 877 (880); Klinski, in: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 180; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 53; Frenz, UPR 2003, 361 (362); auch: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 105, jedoch mit Verankerung bei Artt. 1 I und 2 II 1 GG. 152 Vgl. etwa: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 300; Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 1 Rn. 25. 153 Waechter, NuR 1996, 321 (321f.); Westphal, JuS 2000, 339; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 61; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 11; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 62. 154 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 113, Rn. 246. 155 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 87f.; Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (415). 156 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 87f. Trotz dieser Ablehnung will Söhnlein, ebd. eine staatliche Handlungspflicht in nicht näher spezifizierten Fällen dennoch zulassen. Ablehnend hinsichtlich der Absenkung auch: Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 61. Ähnlich auch die Bedenken von Badura, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, S. 43 (45), der die grundrechtlichen Schutzpflichten nur als Grundbestand der Rechtssphäre des Menschen betrachtet, der weiter reichenden Schutzbedürfnissen nicht mehr gerecht werde.

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lebensnotwendiger Grundlagen ist konkretisierbar. Die Gefahr, das Umweltschutzniveau über die Akzeptanz eines ökologischen Existenzminimums an dieses heran abzusenken, dürfte demgegenüber eine theoretische Annahme bleiben. Umweltschutz findet in der Rechtstatsächlichkeit, konkretisiert durch das einfachgesetzliche Umweltschutzrecht, weit über diesem Mindestniveau statt.158 Das ökologische Existenzminimum bildet die unabdingbare Schutzgrundlage, die dem Umweltschutzprinzip innewohnt, nicht das wünschenswerte Schutzniveau. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen bildet zudem einen hinreichenden Anhaltspunkt im Wortlaut des Art. 20a GG für das ökologische Existenzminimum als Schutzuntergrenze.159 Zur Bestimmung des inhaltlichen Schutzniveaus des ökologischen Existenzminimums aus Art. 20a GG bietet sich, auch vor dem Hintergrund der weiteren Verankerung in Artt. 2 Abs. 1 GG, 1 Abs. 1 GG160 ein Rückgriff auf die Dogmatik des Untermaßverbots für grundrechtliche Schutzpflichten an.161 bb) Art. 20a GG als Verschlechterungsverbot des Umweltzustands Nach anderer Ansicht soll Art. 20a GG über das ökologische Existenzminimum hinaus162 ein Verschlechterungsverbot des Umweltzustands enthal157 So wohl auch: Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (121), der sowohl aus Staatsziel wie aus Schutzpflichten die Verwirklichung effektiven Rechtsgüterschutzes ableitet; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 21 spricht von einer Selbstständigkeit der Schutzpflicht, die neben dem Staatsziel steht. 158 Vgl. inzident: Steinberg, NJW 1996, 1985 (1988). 159 Vgl. ähnlich: Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 41; Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 34; Steiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen, Rn. 82; wohl auch: Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (122); weitergehend: Kloepfer, in: Dolzer/ Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 20a Rn. 51. 160 Zustimmend noch: Steiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen, Rn. 82. 161 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20a Rn. 71; Knauff, SächsVBl 2003, 101 (102); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 62; allgemeine Einigkeit über ein ökologisches Existenzminimum aus Art. 2 I/2 II GG konstatiert: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 300; Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 1 Rn. 25; dies sah schon 1981 Sendler, UPR 1981, 1 (2). Weitergehend: Lücke, DÖV 1976, 289 (293); Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 103; Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 40f.; ablehnend: Steiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen, Rn. 81f., der nicht nur Überleben, sondern ein wenn auch nicht maximales so doch optimales Schutzniveau ohne nachhaltige Störung der Lebensgrundlage gewährleistet sieht; ähnlich: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 139, der in hoher Verunstaltung und Schadstoffbelastung, ungeeigneter Erholung sowie permanenter Bedrohung der menschlichen Gesundheit einen Verstoß gegen die Menschenwürde sieht. 162 So aber nicht näher spezifizierend: Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 34.

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ten.163 Dies soll auch von der Nachhaltigkeit umfasst sein, sofern sie Art. 20a GG zugeschrieben wird.164 Das Verschlechterungsverbot wird mit der Einführungsintention des Art. 20a GG begründet, den Umweltzustand zu verbessern.165 Teilweise wird es auch aus einer Analogie zum Gedanken des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG gewonnen, im Bereich des Art. 20a GG ebenso einen ausgeglichenen Naturhaushalt anzustreben.166 Diese Auslegung erkennt im Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einen Schutz der vorhandenen natürlichen Lebensgrundlagen,167 aus dem auch ein Gebot abgeleitet wird, die natürlichen Lebensgrundlagen vor Schädigungen durch Dritthandeln oder unmittelbares staatliches Handeln zu schützen.168 Um die Einwände großer Definitionsschwierigkeiten und faktischer Undurchführbarkeit gegen das Verschlechterungsverbot169 zu entkräften, haben die Vertreter des Verschlechterungsverbots unterschiedliche Operationalisierungsansätze entwickelt. Czybulka will die Pflicht zur Führung umfassender „Naturkonten“ einführen, aus denen sowohl der Umweltzustand, eine Untergrenze als auch Veränderungen ersichtlich werden, um mit Vorsorgepolitik 163

Waechter, NuR 1996, 321 (326); Ekardt, SächsVBl 1998, 48 (55); Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 25, 32; Bernsdorff, NuR 1997, 328 (332); Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 124; Rehbinder, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 95 (99); Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stoffstromrecht, S. 447; Murswiek, NVwZ 1996, 222 (226); Steiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen, Rn. 103; Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 103, der dies mit zwei Literaturstimmen als allgemeine Meinung bezeichnet. 164 Siehe unten: C.II.1.c)cc). Dafür: Bernsdorff, NuR 1997, 328 (332); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 44; Waechter, NuR 1996, 321 (326); Westphal, JuS 2000, 339 (341); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (127); für nachhaltige Entwicklung auch Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 7 Rn. 69. Dagegen spricht jedoch die theoretische Verankerung der Nachhaltigkeit, oben: A.II.2.; wie auch die Gleichrangigkeit der drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung, vgl. oben: A.II.2.a). 165 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 64; Bernsdorff, in: Umbach/Clemens, Grundgesetz, Art. 20a Rn. 30. 166 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 123f. 167 Vgl. Murswiek, NVwZ 1996, 222 (226). 168 Auch: Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (53); ähnlich: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 117. Ekardt, ebd. S. 55, leitet daraus spezielle Gebote, wie die Mineralölsteuerbefreiungen und einen absoluten Vorrang des Umweltschutzes bei unwiederbringlicher Zerstörung von Tier- und Pflanzenarten ab. Relativierend Badura, Staatsrecht, D Rn. 44, der dem Schutzgebot nur eine unangemessene Vernachlässigung oder Zurücksetzung zuschreibt; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 14f.; Westphal, JuS 2000, 339 (340); Caspar, ARSP 1997, 338 (359). 169 Vgl. Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 122f.; Abgrenzungsschwierigkeiten sind auch von den Befürwortern unbestritten, vgl. Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 65.

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Verbesserungen im Gestaltungsauftrag zu erreichen.170 Andere wollen den Umweltzustand an einem bestimmten Artenbestand festmachen.171 Stichtag für ein absolutes Verschlechterungsverbot soll die Einführung des Art. 20a GG am 15.11.1994 sein.172 Die Erfassung und fortlaufenden Kontrolle sämtlicher Arten ist jedoch effektiv nicht leistbar.173 Die Ermittlungsschwierigkeiten des Umweltzustandes, versucht eine andere Auffassung durch das Abstellen auf den umweltrechtlichen Zustand bei Einführung des Art. 20a GG zu umgehen.174 Der umweltrechtliche Zustand kann jedoch aufgrund des Vollzugsdefizits nicht als Indikator für den umwelttatsächlichen Zustand dienen. Die Vorschläge versuchen, mit den Operationalisierungsansätzen ein absolutes Verschlechterungsverbot und unwesentliche Verkürzungen des Umweltschutzes zu vereinbaren.175 Konsequenter ist es dagegen, bei erkennbarer Irreversibilität von Umweltschäden die Anforderungen an den Gesetzgeber dahingehend zu steigern, dass dieser durch Verzögern eine Gefahrenabwehr nicht vereiteln darf.176 cc) Nachhaltigkeit als Maßstab des Schutzniveaus? Als weiterer Maßstab für das Schutzniveau des Art. 20a wird das Nachhaltigkeitsprinzip, insbesondere das Verbot der Übernutzung, herangezogen.177 Nachhaltigkeit und Intensität der Nachhaltigkeit sind jedoch zu dif170 Czybulka, in: Erbguth/Müller/Naumann (Hrsg.), Rechtstheorie und Rechtsdogmatik im Austausch, S. 83 (106ff.). 171 Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (434); ebenso: Czybulka, in: Erbguth/Müller/Naumann (Hrsg.), Rechtstheorie und Rechtsdogmatik im Austausch, S. 83 (107f.); weitergehend: Murswiek, NVwZ 1996, 222 (226), der den Bestand der vorhandenen Arten gewährleisten will. 172 Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen für die Verwaltung, S. 79; Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 135. 173 Schärfer noch: Däubler-Gmelin, ZRP 2000, 27 (28). Die Vereinfachung in der Evaluation anhand solcher einzelner Indikatoren für den Umweltzustand ist jedoch bereits lang geübte Praxis, vgl. Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (16); auch der Vorschlag bei Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 3 Rn. 2. 174 VG Frankfurt, NVwZ RR 1997, 92; Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 103; Bernsdorff, NuR 1997, 328 (332); wohl auch: Czybulka, Vorüberlegungen zum Naturschutz, S. 83 (105f.); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 216; Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (55); Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 123; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 65. 175 So wohl auch: Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 44, mit der Forderung eines prinzipiellen allgemeinen Verschlechterungsverbotes; Garantie umweltrechtlicher Kerngehalte: Kloepfer, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 20a Rn. 35. 176 Bernsdorff, NuR 1997, 328 (330).

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ferenzieren.178 Auch ökologische Nachhaltigkeit ist keine messbare Größe, sondern abhängig von einer vorherigen normativen Grundentscheidung.179 Die normative Wertung wird durch die Annahme der Nachhaltigkeit als solcher gerade nicht getroffen. Die Annahme einer strikten Nachhaltigkeit als Maßstab für das Umweltschutzniveau könnte jedoch ein Verschlechterungsverbot darstellen. Dies würde dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen höchste Priorität zubilligen180 und das Verbot der Förderung von Umweltbeeinträchtigungen181 oder aktive Erhaltungspflichten182 aus Art. 20a GG nach sich ziehen. Solche Vorstellungen sind von der ökozentrischen strikten Sichtweise geprägt, die die für die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung bedeutenden anderen Faktoren nicht hinreichend berücksichtigt. Entscheidend für die verfassungsrechtliche Interpretation muss die Frage sein, ob von Verfassungs wegen derartig strikte normative Grundentscheidung bereits festgelegt ist. Das hätte nämlich zur Folge, dass jede von einer strikten Nachhaltigkeit oder dem absoluten Verschlechterungsverbot abweichende Entscheidung, allein aus diesem Grund bereits verfassungswidrig wäre. Ein solch absoluter Maßstab aus Art. 20a GG ist jedoch wegen der Verkürzung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bedenklich.183 Ein besonderes Gewicht oder ein Vorrang zu anderen Verfassungsgütern kommt Art. 20a GG nach allgemeinem Verständnis nicht zu.184 Die Anwendung eines absoluten Verschlechterungsverbots hätte zur Folge, dass andere Ver177 Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (55); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 45; vgl. auch etwa den Vorschlag, Art. 20a GG justiziabler zu gestalten, indem er um das Postulat einer sparsamen und vertretbaren Ressourcennutzung ergänzt werden soll, Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (434). 178 Vgl. auch: Schink, DÖV 1997, 221 (225, 227), der der nach Sache richtig den Inhalt der Managementregeln von Art. 20a GG umfasst sieht, jedoch dies von der Intensität trennt und diese nicht im strikten Sinne anwenden will. 179 Vgl. oben: A.II.2.a); Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (433); kritisch auch: Menzel, ZRP 2000, 308. 180 Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder, Denkschrift und Verfassungsentwurf, S. 38. 181 Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (53ff.), mit der Folge eines verfassungsrechtlichen Gebots, Befreiungen des Luftverkehrs von der Mineralölstuer, Gasölverbilligungen abzuschaffen; ähnlich: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 117. 182 Lücke, DÖV 1976, 289 (293). 183 Ablehnend: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 66; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 40f.; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 63; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (659); Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 355, der dies als h. M. bezeichnet. 184 Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 43; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (659); dagegen: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 99f.

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fassungsgüter nur noch unzureichend berücksichtigt werden können.185 Im Ergebnis kann dies die Unmöglichkeit wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung zur Folge haben.186 Eine solche Vorstellung ist mit einer zukunftsoffenen Verfassung187 nicht zu vereinbaren. Art. 20a GG ist ein Optimierungsgebot ohne abstrakten Vorrang der Umweltbelange.188 Ausgehend von der Zukunftsbezogenheit des Schutzes lässt sich jedoch eine gewisse zeitliche Sicherung der Gewährleistung festmachen.189 Diskutabel erscheint es, einem Vorschlag von Frenz folgend, den Grundrechtsvoraussetzungsschutz, angesichts des Wortlautes „zukünftiger Generationen“, zumindest der Lebenserwartung eines Neugeborenen anzugleichen.190 Im Moment resultiert aus der Berücksichtigung der Mindestanforderungen des Art. 20a GG, auch im Interesse der künftigen Generationen, nur die Grenze der Unzulässigkeit unbegrenzt quantitativen Wachstums.191 Ein darüber hinausgehendes bestimmtes Schutzniveau kann ebenso wenig, wie die Verpflichtung zur Ergreifung bestimmter Maßnahmen dem GG entnommen werden.192 Eine strengere Nachhaltigkeit ist dadurch jedoch grundgesetzlich 185 Knauff, SächsVBl 2003, 101 (102); a. A. Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 65, mit Blick auf die Gesamtsituation der Umwelt. 186 Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 162; dagegen auch: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 143, der insbesondere Flexibilität bei veränderten Umständen für bedeutend hält; vgl. oben: A.II.2.a)aa). 187 Allgemein zur Neigung des Gesetzgebers, eigene Handlungsspielräume offenzuhalten: Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (126f.). 188 Caspar, ARSP 1997, 338 (357); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 53, der jedoch für konfligierenden Belange verbindliche Kriterien aus dem GG zur Gewichtung verlangt. Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 62f.; ähnlich: Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 41; ablehnend zumindest bei anderen grundrechtlich geschützten Belangen: Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 32. 189 Dahingehend auch: Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (122), jedoch ohne zeitliche Vorgabe. 190 Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (65f.); ähnlich: Kunig, StudJur 1997, 12; sowie der Gedanke von Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 143, der intergenerationelle Gerechtigkeit aus dem Verbot ökologischer Hypotheken ableitet. 191 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (123); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (129); Wolf, in: Denninger u. a. (Hrsg.), AK-GG, Art. 20a Rn. 24. 192 Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 22; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 85f.; Schink, DÖV 1997, 221 (226); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 216f.; Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 355; Schink, DÖV 1997, 221 (226f.); Tremmel/Laukemann/Lux; ZRP 1999, 432 (434); Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 75.

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nicht versagt.193 Im Einzelfall ist auch in der Abwägung der Verfassungsgüter ein „absoluter“ Vorrang des Umweltschutzes vorstellbar, etwa im oft diskutierten Fall irreversibler Zerstörung von Lebensgrundlagen einzelner Tier- und Pflanzenarten.194 Ein allgemeines oder gar absolutes Verschlechterungsverbot hat jedoch aus politischer Entscheidung zu erwachsen.195 d) Verankerung nachhaltiger Entwicklung Fraglich bleibt aber, ob Art. 20a GG über die Verankerung der ökologischen Nachhaltigkeit hinaus auch die verfassungsrechtliche Grundlage nachhaltiger Entwicklung in seiner dreidimensionalen Form darstellt. Die Verankerung nachhaltiger Entwicklung in Art. 20a GG ist im gesellschaftlichen Meinungsbild umstritten.196 Vor allem seitens der Politik wird auch Nachhaltigkeit im weiteren Sinne in Art. 20a GG verankert.197 Häufig wird sie lediglich thesenartig proklamiert.198 Daher ist es schwierig nachzuvollzie193

Zu beachten wären indes die grundrechtlichen Freiheitsgewährleistungen. Ekardt, SächsVBl 1998, 49 (55); ähnlich: Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 71; so für die nachhaltige Raumentwicklung: StMLU, Landesentwicklungsprogramm Bayern, S. 3. 195 Vgl. Steinberg, NJW 1996, 1985 (1991); so wohl auch: Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 64, hinsichtlich des bestehenden Naturzustandes. 196 Für die umfassende Verankerung, aber nur hinsichtlich des Ressourcenschutzes begründend: Steiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen, Rn. 101ff. 197 Vgl. BMU, Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, S. 9f.; Kron/Kuhn/Robrecht, in: BMU (Hrsg.), Lokale Agenda 21 und nachhaltige Entwicklung in deutschen Kommunen, S. 16; für einen Handlungsauftrag zur lokalen Agenda 21: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 337. Eine Parallele zum ganzheitlichen Ansatz nachhaltiger Entwicklung besteht im Vorstoß, den räumlichen Schutzbereich der natürlichen Lebensgrundlagen durch Art. 20a GG auf andere Staaten ausdehnen, vgl. Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stroffstromrecht, S. 426, 428; Waechter, NuR 1996, 321 (322, 326f.); Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 23. Art. 20a GG gibt keinen Auftrag zum umfassenden Umweltschutz in anderen Ländern. Grundsätzlich muss der Anwendungsbereich des Grundgesetzes auch für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auf seinen räumlichen Geltungsbereich beschränkt bleiben. Eine Ausnahme ist jedoch für solche Lebensgrundlagen zu machen, die typischerweise grenzüberschreitende Wirkungen entfalten, dahingehend auch: Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 20a Rn. 23. In diesem Fall erscheint es angemessen, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch jenseits des räumlichen Geltungsbereichs des Grundgesetzes mit den eingeschränkten Wirkungsmöglichkeiten des Staates jenseits des eigenen Hoheitsbereiches zuzulassen, wenn ein Einwirkungsbereich nach Deutschland vorliegt, vgl. Epiney, ebd; vgl. etwa auch den strafrechtlichen Schutz für Gewässer, Boden und Luft im Ausland in § 326 StGB, dazu: Lenckner/Heine, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 326 Rn. 7. 194

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hen, ob der Grund für die Ansicht lediglich definitorische Unschärfen oder gar eine begriffliche Verwechselung mit der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip ist.199 Der gemeinsame Prinzipiencharakter nachhaltiger Entwicklung und des Art. 20a GG200 reicht für die Begründung nicht aus. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird daher zu Recht überwiegend die Verankerung nachhaltiger Entwicklung in Art. 20a GG abgelehnt.201 Die Entstehungsgeschichte der Norm weist auf die Umwelt-Dimension.202 Die Verankerung aller drei Dimensionen geht über den Wortlaut des Art. 20a GG hinaus.203 Eine Prägung unterverfassungsrechtlicher Strukturen im Sinne des Sustainability-Konzeptes und die Verstärkung völkerrechtlicher Verpflichtungen erwächst demnach aus Art. 20a GG nicht.204

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Caspar, ARSP 1997, 338 (356); Sustainable Development wie in der Rio-Deklaration, Bernsdorff, NuR 1997, 328 (332); Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 48; wohl auch: Krautzberger, in: Bückmann/Lee/ Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (121f.); Ekardt, SächsVBl. 1998, 49 (53), der ohne Begründung formuliert, Nachweltschutz erfordere dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung; Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (119); BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 16. 199 So ausdrücklich auch: Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (122, Fn. 15.), die in der vielfältigen Aufnahme von Nachhaltigkeit in die Gesetzestexte und deren Interpretation Unkenntnis über den Umfang des Leitbildes oder eine andere Interpretation erkennen. 200 Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (41). 201 Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 39; Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086); Westphal, JuS 2000, 339 (342); Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 32, 37; nunmehr auch Frenz, NuR 2001, 301 (305); Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 476 (50. EL); Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (433); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 166; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 113; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat, S. 129 (nur natürliche Lebensgrundlagen in enger Auslegung); dagegen: Menzel, ZRP 2000, 308. 202 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 166; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 113; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat, S. 129 (nur natürliche Lebensgrundlagen in enger Auslegung); deshalb wohl fehlgehend Mathwig-Sauer, Idee und Umsetzung, S. 33. 203 Menzel, ZRP 2001, 221 (225); Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (122 Fn. 15); jüngst auch: Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 61. 204 Caspar, ARSP 1997, 338 (359f.); Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 238; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 129; Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 61; für Nachhaltigkeit als gedankliches Konzept des Art. 20a GG: Tremmel/ Laukemann/Lux, ZRP 1999, 432 (434). Für eine implizite Aufnahme in das GG: Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (41, 43); Peters, NVwZ 1995, 555.

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2. Rechtsstaatsprinzip Das Rechtsstaatsprinzip ist als „offenes Verfassungsprinzip“ konkretisierungs- und ausformungsbedürftig durch zusätzliche andere Verfassungsaussagen.205 Eine Ansicht in der Rechtswissenschaft verfolgt den Ansatz, nachhaltige Entwicklung im Rechtsstaatsprinzip zu verankern:206 Die Argumentation geht vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als anerkanntem Teil des Rechtsstaatsprinzips aus207 und führt dies dahingehend fort, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip Grundlage des planerischen Abwägungsgebots208 ist. In diesem sei mit der Berücksichtigung aller relevanten Belange ohne einseitige Vorbelastung auch der grundlegende Gedanke für die Integration ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange der nachhaltigen Entwicklung vorhanden,209 so dass deshalb der integrative Gedanke der drei Dimensionen im rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip verankert sei.210 Die Folgerung ist mit Recht auf Ablehnung gestoßen.211 Als „Klippe“ in der Folgerung erweist sich der Schluss von der Berücksichtigung der abwägungsrelevanten Belange zur Integration ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange, die den Bogen zur nachhaltigen Entwicklung spannt.212 205

Vgl. BVerfGE 74, 129, 152; Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086); Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band I, § 24 Rn. 2, 7ff.; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 19ff., 24f., 422ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 41ff., 61ff.; Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 293. 206 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 171; Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086). 207 Vgl. BVerfGE 69, 1, 35; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG Art. 20 Rn. 146; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 234ff., 253. Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 99f. Für eine Verankerung in den Grundrechten dagegen Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 355ff.; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 101; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band I, § 24 Rn. 80, 87. Gegen diese wiederum: Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 251. Eine kumulative Auffassung vertreten: BVerfGE 90, 145, 173; Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 80; Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086). 208 Vgl. richtig: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 171; Ossenbühl, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Abwägung im Recht, S. 25 (26, 29); Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 100; Kuschnerus, ZfBR 2000, 15 (16); Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 216. 209 Vgl. Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 74f. 210 Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086f.). 211 Greift „zu kurz“: Menzel, ZRP 2001, 221 (226) Fn. 58; „kühne Konstruktion“, Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664). 212 Diesen Punkt könnte auch Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 171, gemeint haben, der insoweit von der Voraussetzung

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Integrationsgedanke und neutrale Abwägung können nicht als Anhaltspunkte für eine Inkorporierung des Nachhaltigkeitsprinzips dienen. Die Berücksichtigung der relevanten Belange setzt nicht voraus, dass eine zukunftsfähige Planung der Ausgangspunkt des Abwägungsgebots ist. Die Abwägung der betroffenen Belange ermöglicht auch ein Ergebnis, das nicht dem Ideal einer nachhaltigen Entwicklung entspricht, ohne dass ein Abwägungsfehler vorliegen muss. Verhältnismäßigkeitsprinzip und Abwägungsgebot liefern den Maßstab, wie bei einer Güterabwägung vorzugehen ist, sagen aber nicht, ob eine staatliche Planung zu erfolgen hat und ob diese integriert oder separat vorgehen muss.213 Die Gleichberechtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange gehört nicht zu den anerkannten Elementen des Rechtsstaatsprinzips.214 Es allein fordert daher nicht zwingend eine integrierte Gesamtbetrachtung der Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung.215 3. Sozialstaatsprinzip Das Sozialstaatsprinzip bezweckt die Berücksichtigung sozialer Belange durch staatliches Handeln. Die „endgültige und definitive Operationalisierung“ seiner Planungsziele ist aufgrund der Offenheit des Prinzips nicht möglich.216 Das Sozialstaatsprinzip umfasst den Ausgleich sozialer Gegensätze und eine gerechte Sozialordnung,217 die mit Schutz sozial Schwacher,218 einer gewissen Chancengleichheit219 und der Einrichtung sozialer Sicherungssysspricht, „dass das Verfassungsrecht die staatlichen Organe zu einer Zukunftsfähigkeit verpflichtet“. 213 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 172; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 178. 214 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 171; Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1086). 215 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 172; das räumt auch Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1087) ausdrücklich ein, der insoweit von einem nicht der nachhaltigen Entwicklung entsprechenden Vorrang der sektoralen Fachplanung im GG spricht. 216 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 397; Gröscher, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 (Sozialstaat) Rn. 30f.; vgl. schon oben: C.II.1, bei Fn. 96ff. 217 BVerfGE 94, 241, 263; BVerfGE 69, 272, 314; Eichendorfer, Sozialrecht, Rn. 119ff. 218 BVerfGE 35, 202, 236; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 426f.; Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 394f.; Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 73ff.

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teme verbunden werden.220 Es umfasst alle Unterziele „sozialen Friedens“ mit dem Bestand der Ordnung und einem geordneten Zusammenleben.221 Das Sozialstaatsprinzip sichert als Garantie die materielle Mindestvoraussetzung für die Ausübung der Freiheitsrechte.222 Die Verteilung der begrenzten Mittel bedarf einer systematischen staatlichen Planung.223 Damit stellt das Sozialstaatsprinzip die Verankerung der sozialen Dimension nachhaltiger Entwicklung mit der geforderten intragenerationellen Gerechtigkeit zumindest auf nationaler Ebene dar.224 Die zukunftsbezogene Interpretation des Sozialstaatsprinzips nimmt den intergenerationellen Aspekt der nachhaltigen Entwicklung auf und dient als „Kontrapunkt“ zur ökologischen Seite der nachhaltigen Entwicklung.225 4. Art. 109 Abs. 2 GG Art. 109 Abs. 2 GG wird als ökonomische Staatszielbestimmung oder Wachstumsvorsorgegrundsatz angesehen,226 der wichtigen Aussagen nach219 Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 72; Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 377f.; Eichendorfer, Sozialrecht, Rn. 120. 220 BVerfGE 28,324, 348; Ipsen, Staatsrecht I, § 19 Rn. 992ff.; Gröscher, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 (Sozialstaat) Rn. 33ff.; Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 72ff.; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (459). 221 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 397. 222 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 56; Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 378, 386; Eichendorfer, Sozialrecht, Rn. 120; Gröscher, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 (Sozialstaat) Rn. 55. 223 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 383ff. (386); Kirchhof, in: Isensee/ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 59 Rn. 103; Benda, in: ders./Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, § 17 Rn. 191f.; Stern, Staatsrecht II, S. 700. Das bedeutet jedoch keine totalitäre Sozialplanung oder die Verpflichtung zur Planwirtschaft, Hoppe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 71 Rn. 85. Für Art. 20a mit Gefährdungsabschätzung und fortlaufender Beobachtung auch Köck, NuR 1997, 528 (530); ähnlich: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 70f., der Pflicht zu sorgfältiger Sachverhaltsermittlung unter Berücksichtigung der Belange zukünftiger Generationen nach den Umständen des Einzelfalls verankert sieht; strenger: Czybulka, in: Erbguth/Müller/Naumann (Hrsg.), Rechtstheorie und Rechtsdogmatik im Austausch, S. 83 (106). 224 Vgl. richtig: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 170; Menzel, ZRP 2001, 221 (226); Caspar, ARSP 1997, 338 (347f.); Eichendorfer, Sozialrecht, Rn. 115; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658). 225 Caspar, ARSP 1997, 338 (347f.); Menzel, ZRP 2001, 221 (226). Dies führt zu den bereits skizzierten Spannungen, vgl. Menzel, ebd.; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 73. 226 Wohl Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 109 Rn. 12ff. Vgl. die Nachweise bei: Stern, Staatsrecht I, S. 892; 902; Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 294.

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haltiger Entwicklung widerspricht.227 Gleichwohl würde nur eine Verfassungsverpflichtung für eine Wirtschaftswachstumspolitik einen für die nachhaltige Entwicklung problematischen Vorrang eines Einzelbelangs gegenüber den beiden anderen Belangen bewirken.228 Der Wortlaut des Art. 109 Abs. 2 GG fordert die Haushalte von Bund und Ländern auf, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu beachten. Die einseitige Einengung des Art. 109 Abs. 2 GG auf wirtschaftliches Wachstum ist nicht zwingend. Zwar liegt in der Berücksichtigung von Gegenwart und naher Zukunft mehr Gegenwarts- als Zukunfts- oder Nachhaltigkeitszentrierung.229 Die Erwähnung des gesamtwirtschaftlichen Rahmens muss implizit die Möglichkeit einschließen, mit anderen Verfassungsbestimmungen eine Abwägung der betroffenen Belange durchzuführen.230 Eine Verpflichtung auf einseitige Wachstumspolitik lässt sich Art. 109 Abs. 2 GG demnach nicht entnehmen.231 Das Wirtschaftswachstum ist in diesem Zielkanon kein vorrangig zu beachtendes Ziel, sondern ein gleichrangiges unter mehreren.232 5. Nachhaltige Entwicklung und Grundrechte Die Rechtsanwendung in den Gemeinden wird durch unmittelbar aus der Verfassung geltende verfassungsimmanente Schranken begrenzt.233 Ins227 Theobald, ZRP 1997, 439 (440). Nicht zielführend, „angemessen“ im Sinne qualitativer Kriterien auszulegen: Menzel, ZRP 2001, 221 (226); so aber: Theobald, ZRP 1997, 439 (441). Dazu oben: A.II.2.a)bb) bei Fn. 198. Für die Verankerung des Umweltschutzes in Art. 109 II GG vor der Einführung Art. 20a GG vgl. Hofmann, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltstaat, S. 1 (36ff.). 228 Vgl. Menzel, ZRP 2001, 221 (225). 229 Hebeler, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 265 (273). 230 So etwa ausdrücklich den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in dem Entwurf für einen neuen Art. 109 II GG bei: Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder, Denkschrift und Verfassungsentwurf, Art. 109 (S. 174); Jarass/Pieroth, GG, Art. 109 Rn. 6; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 109 Rn. 20ff. 231 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 169. A. A. „anachronistisch und revisionsbedürftig“, Menzel, ZRP 2001, 221 (225). 232 Vgl. Frotscher, Wirtschaftsverfasssungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 19, 92ff.; Heintzen, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar Bd. 3, Art. 109 Rn. 13; wohl auch: Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (411ff.). In der einfachgesetzlichen Konkretisierung des Art. 109 II GG durch § 1 Satz 2 StWG wird nicht allein auf das Wirtschaftswachstum abgestellt, sondern auf eine Politik, die Stabilität des Preisniveaus, hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem angemessenen Wirtschaftswachstum befördert, vgl. Arndt, JuS 1990, 343; Menzel, ZRP 2001, 221 (225). 233 Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 (169).

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besondere die entgegenstehenden Grundrechtsgewährleistungen beschränken die Handlungsmöglichkeiten des Staates.234 a) Grenzen aus Freiheitsrechten Grundrechte als Freiheits- und Abwehrrechte Dritter gegenüber staatlichem Handeln können auch staatlichen Planungen für eine nachhaltige Entwicklung entgegenstehen. Vor allem die Artt. 14, 12 und 2 GG können in ihrer Ausformung als Wirtschaftsgrundrechte staatliche Maßnahme begrenzen und die Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung konterkarieren.235 Calliess spricht anschaulich von Grundrechten als „Sand im Getriebe“ und „verfassungsrechtlich gewollte(n) Steuerungsdefizite(n)“.236 Besonders häufig sind Konfliktsituationen mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und staatlichen Regelungen, die umweltschützerisch wirken sollen, denkbar.237 Im Regelfall werden solche Einschränkungen des Art. 14 Abs. 1 GG Inhalts- und Schrankenbestimmungen darstellen.238 Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums erfolgen „durch die Gesetze“, was auch Satzungen einschließt, da der Gesetzesvorbehalt nicht auf formelle Gesetze beschränkt ist. Die nach h. M. erforderliche Ermächtigung zum Eingriff in Grundrechte ist im Bereich gemeindlicher Tätigkeit weitgehend erfolgt.239 Einschränkungen durch Inhalts- und Schrankenbestimmungen müssen jedoch ihrerseits rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Das bedeutet, dass Einschränkungen nicht unverhältnismäßig sein dürfen, sondern zwischen den schutzwürdigen Interessen der Beteiligten einen gerechten Ausgleich bewirken müssen.240 Hierbei besteht ein weiter Gestaltungsspielraum. Nachhaltige Entwicklung ist als Grund der Inhalts- und Schrankenbestimmung verfassungsrechtlich nicht in einem Grundrecht oder Staatsziel verankert. Die drei Dimensionen lassen sich an Art. 20 Abs. 3, Art. 20a GG und den Wirtschaftsgrundrechten festmachen.241 Die Gleichrangigkeit der Verfas234

Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 43. Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 42ff. Für Art. 2 I GG besteht noch ein relevanter Bereich bei der allg. Handlungsfreiheit, etwa bei der Untersagung von Freizeitbetätigungen, Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 49; Menzel, ZRP 2001, 221 (226). 236 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 603. 237 Zu denken wäre hier insbesondere an naturschützerische Nutzungsbeschränkungen. 238 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 49; Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 45ff.; Sellmann, Nutzungsbeschränkungen, S. 62ff. 239 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 54f. 240 BVerfGE 52, 1, 29. 235

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sungsgüter erlaubt kaum eine Steuerungswirkung von Art. 20 oder Art. 20a GG242 oder durch die Wirtschaftsgrundrechte.243 Nachhaltige Entwicklung muss daher als in diesen Verfassungsgütern verankertes Allgemeinwohlinteresse in der Abwägung bei der Einschränkung der Freiheitsrechte berücksichtigt werden.244 Ein weiterer relevanter Konfliktbereich ergibt sich bei der Arbeit lokaler Agenda-Initiativen aus der Berufs- und Wettbewerbsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Bezugspunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit. Sie stellt für die Umsetzungsstrategie einer lokalen Agenda 21 einen bedeutenden Erfolgsfaktor dar.245 Nach dem klassischen Eingriffsbegriff handelt es sich aber bei der Öffentlichkeitsarbeit mangels Unmittelbarkeit nicht um einen Eingriff.246 Um faktische oder mittelbare Staatseinwirkungen nicht schutzlos zu stellen, geht die h. M. von einem weiten Eingriffsbegriff aus.247 Er qualifiziert jedes staatliche Handeln als Eingriff, das dem Einzelnen ein grundrechtlich geschütztes Verhalten unmöglich macht oder wesentlich erschwert, unabhängig davon, ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtsförmig oder faktisch durch Realakte erfolgt, sofern die Beeinträchtigung nur von einem zurechenbaren Verhalten der öffentlichen Gewalt ausgeht.248 Bei Warnungen und Empfehlungen ist somit ein Eingriff anzunehmen, wenn die hoheitliche Maßnahme gerade die nachteilige Wirkung 241 Vgl. BVerwG, NJW 1995, 2648ff.; NuR 1997, 440f.; Hoppe/Beckmann/ Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 33; Caspar, ARSP 1997, 338 (356f.); vgl. auch Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 62. A. A. Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 55, dass ein Staatsziel Umweltschutz „keinesfalls die Funktion einer immanenten Grundrechtsschranke übernehmen könnte“. 242 A. A. Zwang zur Entkoppelung von Ge- und Verbrauch natürlicher Ressourcen und wirtschaftlichem Wachstum: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 66. 243 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658); Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (422). 244 Menzel, ZRP 2001, 221 (226); Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (425). 245 Vgl. eingehend unten: E.III.1.c); E.IV.; E.V. 246 Dazu: Papier, VerwArch 84 (1993), 417 (422); Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 15; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 238ff. 247 BVerwGE 71, 183, 191f. 248 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 240; Bleckmann/Eickhoff, DVBl 1988, 373 (376ff.); Philipp, Staatliche Verbraucherinformation im Umwelt- und Gesundheitsrecht, S. 88ff.; Papier, DVBl 1984, 801 (805); vgl. Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2710ff.); Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 15ff., der allerdings an einigen Einschränkungen festhalten will, ebd. S. 31f., 103.

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bezweckt, eine gewisse Schwere aufweist und den Schutzbereich eines Grundrechts betrifft.249 Die sachliche und ausgewogene Wiedergabe von pro und contra ist hingegen verfassungsrechtlich unbedenklich und auch in den Beratungsvorschriften der Fachgesetze ermöglicht.250 Nur die einseitige plakative Bewerbung ist daher wegen eines Eingriffes in die Wettbewerbsfreiheit unzulässig. b) Art. 3 GG als Grenze Art. 3 Abs. 1 GG stellt mit dem Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung von Gleichem eine Schranke für Rechtsanwendung und Gesetzgebung dar.251 Aus Art. 3 Abs. 1 GG haben einige vor dem Hintergrund intergenerationeller Gerechtigkeit ein Ungleichbehandlungsverbot in der Zeit statuiert.252 Dies wird mitunter auch mit Art. 1 Abs. 1 GG begründet. Ein menschenwürdiges Leben existierender Generationen beruhe nämlich auf den Leistungen der früheren Generationen und verpflichte zur treuhänderischen Rücksicht auf die Nachkommenden.253 Die Argumentation mit Art. 1 Abs. 1 GG kann von Befürwortern wie Gegnern gleicherweise in Anspruch genommen werden254 und bringt über das ohnehin anerkannte Existenzminimum hinaus keinen Erkenntnisgewinn. Eine Gleichbehandlung in der Zeit ist für Gesetzesänderungen und Stichtagsregelungen nicht anerkannt.255 Die Verschiebung von Problemlösungen in die Zukunft sowie vorübergehend unvollkommene Lösungen können sogar unter Umständen verfassungsrechtlich geboten sein.256 Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG wäre nur im Ausnahmefall denkbar, wenn eine evident unangemessene Lösung vorliegt.257 Art. 3 249

Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 30f. 250 Papier, in: Hendler u. a., Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (23); ders., VerwArch 84 (1993), 417f. 251 Hofmann, in: ders., Verfassungsrechtliche Perspektiven, S. 325 (343). 252 Dafür: Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 447; Hofmann, in: ders., Verfassungsrechtliche Perspektiven, S. 325 (343). 253 Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 (665f., 668f.); ähnlich: Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (56f.); Hofmann, in: ders., Verfassungsrechtliche Perspektiven, S. 325 (332f.), unverjährbarer und unveränderlicher Standard der Menschenrechte als Fixierung erreichten Humanität. 254 Vgl. schon oben: C.II.1.a) bei Fn. 119. 255 BVerfGE 3, 58, 147f.; 87, 1, 43ff.; Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 32; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 3 Rn. 233. 256 Insbesondere wenn das Verhältnismäßigkeitsprinzip eingestellt wird, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 72, 77; Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (50f.); vgl. auch Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664). Gänzlich ablehnend: Badura, in: Marburger/Rein-

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Abs. 1 GG setzt somit nur weitmaschige Anforderungen,258 da ansonsten eine zu große Bindung des Gesetzgebers resultiert.259 c) Verfassungsrechtliche Schutzpflichten Das Verfassungsrecht ist grundsätzlich nur Grenze der Planung, nicht Ursprung für die Ziele der Planung.260 Der Entwurf politischer Planungen ist vorrangig Kernaufgabe der Regierung.261 Langfristige politische Planungen sind unter Beteiligung des Parlamentes aufzustellen.262 Unbegrenzter Planung steht die Verfassung dabei entgegen. So erfordert es etwa das Demokratieprinzip, den künftigen Generationen ihre Entscheidungsfreiheit zu belassen und keine irreversiblen Maßnahmen zu ergreifen.263 Relevanz hat diese Überlegung vor allem für unabdingbare Lebensgrundlagen. Daher wurde die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Umweltplanung aus den grundrechtlichen Schutzpflichten in Verbindung mit der Zielbestimmung des Art. 20a GG hergeleitet.264

hardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, S. 43 (48). 257 Rehbinder, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 95 (102). 258 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664); Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (428). 259 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, Art. 3 Rn. 16ff.; 44f.; Murswiek, Staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 214f., daneben komme die willkürliche Ungleichbehandlung praktisch kaum vor; ablehnend auch v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 78. 260 So Hoppe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 71 Rn. 92; ähnlich: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 114. 261 Hoppe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 71 Rn. 62; Böckenförde, Der Staat 11 (1972), 429 (443); Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 146ff.; SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 8. 262 Böckenförde, Der Staat 11 (1972), 429 (444f.); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 193. 263 BVerfGE 79, 311, 343; vgl. Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 438; Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 236; Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (418). 264 Vgl. Köck, NuR 1997, 528 (530, 534); vorher mit ähnlicher Begründung die Verankerung Sozialstaat und Menschenwürde, vgl. Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211 (235). Für die Begründung Art. 20a auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 174; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 15ff.; Schink, DÖV 1997, 221 (222); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 83f.

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aa) Die Herleitung von Schutzpflichten Die grundrechtliche Schutzpflicht für Gefahren,265 die nicht vom Staat, sondern von Dritten verursacht wurden, wurde vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG i. V. mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG entwickelt und mit dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte als Wertentscheidungen begründet.266 Aus der Wendung des negativen Schutzbereichs ins positive267 wird eine generelle Verantwortlichkeit des Staates für die Beeinträchtigung grundrechtlicher Schutzgüter begründet268 und auf eine staatliche Gewährleistungspflicht einer gewissen Basis aller Grundrechte erweitert.269 Dieser Teilhabeanspruch wird insbesondere mit der Argumentation des BVerfG zu § 218 StGB270 fortentwickelt. Das BVerfG hat anerkannt, dass aus der Eigenart des zu regelnden Sachbereichs, der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter und der Prognoseunsicherheit der künftigen Auswirkungen strengere Anforderungen an die Wirksamkeit der Tätigkeit des Gesetzgebers gestellt werden können, die sich bis zum Einsatz eines bestimmten Mittels verdichten können.271 Diese gezielte Rechtsgutsverletzung des Schwangerschaftsabbruchs wird zum Teil auf die ungewissen Wirkungszusammenhänge der Umwelt übertragen.272 Der wirksame Schutz Ungeborener stehe nicht gänzlich ungeeignetem oder völlig unzureichendem Schutz Geborener gegenüber.273 Die grundrechtlichen Schutzpflichten wer265 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 52; vgl. auch Wehr, Rechtspflichten, S. 167ff. 266 BVerfGE 90, 145, 195; BVerfGE 39, 1, 41f.; BVerfGE 88, 203, 251f.; BVerfGE 49, 89, 142; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 43; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 80; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 49; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 63; Hesse, Bedeutung der Grundrechte, Rn. 50; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 54, 72; die Übertragung auf Art. 20a GG erwartet auch: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 98 Fn. 90. 267 Lücke, DÖV 1976, 289 (293). 268 Vgl. dazu: Steinberg, NJW 1996, 1985 (1986). 269 Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (64); und Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 64. 270 BVerfGE 39, 1 42ff.; Steinberg, NJW 1996, 1985 (1988); ders., Der ökologische Verfassungsstaat, S. 328, Murswiek, Die Verwaltung 31 (1998), 241 (263); ablehnend: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 221. Vgl. jüngst dazu: Ekardt, Das Prinzip Nachhaltigkeit, S. 168ff. 271 BVerfGE 77, 170, 215; BVerfGE 88, 203, 262; Hesse, Bedeutung der Grundrechte, Rn. 52; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 177; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 94ff.; dagegen: Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (58). 272 Murswiek, Die Verwaltung 31 (1998), 241 (263); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 328; ähnlich: Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 109; Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 324.

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den auf diese Weise teilweise auf Schutzmaßnahmen für kommende Generationen erweitert.274 Grundrechte werden damit auch noch nicht Lebenden zugebilligt.275 Mit dem Verständnis der Grundrechte als Schutzpflichten ermöglicht dies die verstärkte Beschränkung umweltbelastender Tätigkeit.276 bb) Stellungnahme Das Verständnis der Grundrechte als Abwehrrechte bietet keinen Ausweg gegen die Verletzung und Gefährdung von verfassungsrechtlich geschützten Positionen durch Private277 und damit auch nicht in negatorischer Funktion zum Schutz der Umwelt. Der daraus resultierende „egoistische“ Umweltschutz durch die Eigentumsordnung weist deutliche Schutzlücken für Natur und Umwelt auf.278 Grundrechte sind ihrer Geschichte nach Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat.279 Drittschutzfälle sind vor allem durch den Konflikt von Grundrechtsträgern geprägt.280 Die Schutzpflichten des Staates resultieren aus einer Grundrechtsbeeinträchtigung durch das Nichthandeln des Staates, 273

Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 328. Hofmann, in: ders., Verfassungsrechtliche Perspektiven, S. 349 (351f.), der dies unabhängig von der zeitlichen Realisation der Bedrohung wie auch von der künftigen Geltung des Grundgesetzes sieht; Caspar, ARSP 1997, 338 (347f.); Häberle, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, S. 627 (668f.); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 49; Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen, S. 75, 87f.; Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (122). Relativierend für die Fernwirkung von Leben und Gesundheit: Kloepfer, in: Gethmann/ders./Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 20 (33), mit einer Ganzheitsbetrachtung resultierender Folgen. 275 Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen, S. 99, 108f., die die Geltendmachung der Rechte durch Dritte ermöglichen wollen. Dagegen: Kloepfer, in: Gethmann/ders./Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 20 (28), der schon darauf verweist, dass es kein Recht auf Existenz gebe, ebenso: Hofmann, in: ders., Verfassungsrechtliche Perspektiven, S. 349 (351), aber für den objektiv-rechtlichen Gehalt. 276 Murswiek, DVBl 1994, 77 (82ff.); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 124; Vorarbeiten bereits bei Lücke, DÖV 1976, 289 (294). 277 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 79. 278 Steinberg, NJW 1996, 1985 (1986f.). Rechtsschutzdefizite bei kollektiver und künftiger Betroffenheit, sowie bei solcher der Allgemeinheit, Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 191; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 68; Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 109. 279 Hesse, Bedeutung der Grundrechte, Rn. 15, 19, 29; v. Münch, in: ders./Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar Bd 1, vor Art. 1 Rn. 16; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 54; Ekardt, Das Prinzip Nachhaltigkeit, S. 113. 280 Jarass, AöR 120 (1995), 345 (348ff., 351). 274

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die ihre Veranlassung in dem Handeln eines Dritten hat.281 Die Wahrnehmung der grundrechtlichen Schutzpflicht durch den Staat stellt zugleich eine Einschränkung eines anderen Freiheitsrechts dar.282 Sie stellt die Konsequenz aus der Überlegung dar, dass eine gewisse materielle Basis zur Wahrnehmung der egalitären Freiheitsrechte notwendig ist. Die Schutzpflicht ist somit dem Abwehrrecht nicht spiegelbildlich gleichgeordnet, sondern dient als Ausnahme der Aufrechterhaltung des Abwehrrechts gegenüber dem Staat.283 Die Nutzung öffentlicher Umweltgüter stellt dogmatisch eine Freiheitsausübung dar. Deren Einschränkung ist ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff.284 Das Verständnis der Grundrechte als Teilhaberechte verlässt den Boden des liberalen Grundrechtsverständnisses.285 Die Teilhabeprämisse erfordert nahezu denknotwendig einen umfassend planenden und zuteilenden Apparat,286 der aus Gleichheitsgründen die versorgende Tätigkeit auch überwachen müsste.287 Das Verständnis der Grundrechte als Teilhabeanspruch, das nicht die Freiheit zur Ressourcennutzung, sondern Umweltschutz umfassend gewährleistet, führt zwar zu einem Umweltverschmutzungsminimum anstatt eines ökologischen Existenzminimums.288 Die Globalverantwortung, die dem Staat für wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zugeordnet wird,289 überfordert diesen letztlich und führt durch die widersprüchlichen Anforderungen zu symbolischer Politik, welche die Unzufriedenheit der Bürger und planwirtschaftliche Lenkung fördert.290 Eine Planungsverpflichtung aus der Schutzpflichtendimension der Grundrechte ist somit nur in außergewöhnlichen Einzelfällen denkbar.291 Voraussetzung ist die Erkennbarkeit der Gefährdung für Leib oder Gesundheit.292 Unvorhersehbare Gefahren sind der Schutzpflicht entzogen.293 281

Vgl. Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 54. Ablehnend: Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 55, Schutzpflichten keine immante Grundrechtsschranke. 283 Herzog, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20 VIII. Rn. 49ff.; „Mindestschutz“, Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 184. 284 Murswiek, DVBl 1994, 77 (83). 285 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 69; Steinberg, NJW 1996, 1985 (1988); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 125; Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (46). 286 Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 205f.; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 169 (174), Gefahr von Planwirtschaft; Murswiek, DVBl 1994, 77 (84); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 343, „Züge einer Ökodiktatur“. 287 So in der Tat: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 124; Murswiek, DVBl 1994, 77 (83). 288 Murswiek, DVBl 1994, 77 (82f.). 289 Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 207. 290 Vgl. Müller, in: Geis/Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 227 (234). 291 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 129. 282

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Auch die Rechtsprechung des BVerfG zu § 218 StGB kann nicht zur Begründung strengerer Intensität nachhaltiger Entwicklung dienen.294 Die Rechtsprechung zeigt eine höhere Kontrolldichte des Untermaßverbots.295 Das Verhältnismäßigkeitsprinzip „regelt“ die Intensitätsanforderungen an die Kontrolldichte. Je weiter der Vorsorgeanlass von einem potentiellen Schadenseintritt entfernt ist, desto länger sind mildere Eingriffsregelungen aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit verfassungsrechtlich geboten.296 Die Argumentation, die auf diese Rechtsprechung zur Begründung verfassungsrechtlich gebotener strengerer Nachhaltigkeit zurückgreift, setzt aber den unmittelbaren Entzug von Leben mit der Beeinträchtigung von Bedingungen für Leben gleich. Anders als beim unmittelbaren Entzug von Leben ist der Einfluss auf die Lebensumstände jedoch durch Bewertungs- und Wissensdefizite in der Abwägungsposition geschwächt.297 Der unmittelbare und direkte Entzug aller Bedingungen für das Leben genießt daher auch für Geborene und Ungeborene gleichermaßen einen hohen Schutzstandard. Im Kontext nachhaltiger Entwicklung wird ein solch direkter Lebensentzug mit einer Reduzierung auf nur eine verfassungsrechtliche zulässige Schutzmaßnahme jedoch eine äußerst seltene Extremsituation sein. Zum einen dürfte durch die Vielzahl der Wirkmechanismen zwischen den unterschiedlichen Umweltmedien die Kausalität selten so offen zu Tage treten, zum anderen müsste der Ausgleich der drei Nachhaltigkeitsdimensionen unter angemessener Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Resultat führen, dass ohne die Festsetzung von Nachhaltigkeitszielen Menschenleben unmittelbar vernichtet wird.298 Eine direkte Drittwirkung der Grundrechte in private Konflikte wird daher zu Recht abgelehnt.299 292 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 51; existenzielle Gefährdungen, Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 40f. 293 Murswiek, Staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 207f.; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 84. 294 Frenz, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37 (57f.); für die Verallgemeinerung: Murswiek, Die Verwaltung 31 (1998), 241 (263). 295 Vgl. Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 323. Dies zeigt sich etwa in Elektrosmog- und Waldschadensbeschluss des BVerfG, vgl. BVerfG, JZ 1997, 897f.; BVerfG, NJW 1998, 3264ff. 296 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 71. 297 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 72f. 298 Vgl. auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht S. 220f.; Lux-Wesener, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405 (422); Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 116ff. 299 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 173ff. (181); Jarass/Pieroth, GG, Art. 1 Rn. 27; Jarass, AöR 120 (1995), 345 (352).

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cc) Relevanz von Schutzpflichten für die Gemeinden Zur Erfüllung der Schutzpflichten steht dem Gesetzgeber ein sehr weiter Ermessensspielraum zu.300 Eine integrierte Planung ist von der Verfassung nicht geboten.301 Ein Verstoß gegen die Schutzpflichten ist nur denkbar, wenn Gesetzgeber oder Verwaltung in Kenntnis einer Gefahrenlage nichts unternehmen oder nur völlig unzureichende Maßnahmen ergreifen.302 Das setzt eine umfängliche Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers dahingehend voraus, ob Rechtsvorschriften mit Anforderungen des Art. 20a GG noch vereinbar sind. Für Gemeinden besteht die gleiche Pflicht in ihrem Wirkungsbereich, insbesondere für Flächennutzungs- und Bebauungspläne.303 Grundrechtliche Schutzpflichten werden daher im Umweltrecht angesichts der vielfältigen Umweltgesetze kaum praxisrelevant.304 Die exzessive Ausdehnung von Schutzpflichten zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung steht auch nicht mit dem angestrebten Leitbild in Deutschland in Einklang. Dieses Bild eines aktivierenden Staates mit eigenverantwortlichen Akteuren, der aus einer „Bringschuld“ der Umweltpolitik eine „Holschuld“305 macht, ist mit dem Bild eines zuteilenden „Vollkaskostaates“ mit umfangreichen Schutzpflichten nicht zu vereinbaren. 6. Kommunale Selbstverwaltungsgarantie Angesichts der Bedeutung der Gemeinde als Akteur in den lokalen Agenda 21-Prozessen ist es relevant, welche Handlungsmöglichkeiten den Gemeinden durch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in der Verfas300 Vgl. BVerfGE 56, 54, 80f.; BVerfGE 79, 174, 202; Hesse, Bedeutung der Grundrechte, Rn. 51; eingehend zu den Kontollmaßstäben: Callies, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 321ff.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 97; Hoppe/Beckmann/ Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 75. Zum Umweltschutz: Westphal, JuS 2000, 339 (342f.); Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 22; Bernsdorff, NuR 1997, 328 (330); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 85f.; Jarass/Pieroth, GG, Art. 20a Rn. 18. Zum Sozialstaatsprinzip: BVerfGE 22, 180, 204; BVerfGE 69, 272, 314; Jarass/ Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 103, Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 47ff.; Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 69ff. 301 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 174f., 239. 302 Vgl. BVerfGE 56, 54, 80f.; BVerfGE 79, 174, 202; Callies, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 322; Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 341f.; zurückhaltend: Jarass/Pieroth, GG, vor Art. 1 Rn. 29ff.; 51ff. 303 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 110. 304 Steinberg, NJW 1996, 1985 (1988); Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 129. 305 Müller, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 159 (162).

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sung eingeräumt sind. Die kommunale Selbstverwaltung beruht auf dem Gedanken, dass die Ausführung der Gesetze und die laufende tägliche Verwaltungsarbeit möglichst den Menschen, auf die sie sich bezieht, angepasst werden soll, um zweckmäßig, volks- und lebensnah zu sein.306 Die Beteiligung der Betroffenen an der Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe wird als Wesensmerkmal der Selbstverwaltung beschrieben.307 Dies zeigt Parallelen zu der Tendenz, nachhaltige Entwicklung in den Gemeinden über das Durchgangsstadium der Zivilgesellschaft zu erreichen.308 Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG umfasst die von Stern skizzierte institutionelle Rechtssubjektsgarantie, die objektive Rechtsinstitutionsgarantie und die subjektive Rechtsstellungsgarantie.309 Besonderes Interesse für lokale Agenden hat die objektive Rechtsinstitutionsgarantie, die Inhalte und eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung der Gemeinden beinhaltet. a) Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Die kommunale Selbstverwaltung ist durch die Allzuständigkeit in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gekennzeichnet, Art. 28 II 1 GG. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nach Verfassungsrechtsprechung „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben“.310 Es handelt sich um einen nicht enumerativen Aufgabenkatalog, zu dessen traditionellen Aufgaben aktuelle hinzutreten können.311 Ein entscheidendes Merkmal für die Allzuständigkeit der Aufgabenwahrnehmung ist der räumliche Bezug zur örtlichen Gemeinschaft.312 Bei der Einordnung sind sowohl die traditionelle Aufgabenerledigung als auch die Angemessenheit der gemeindlichen Aufgabenerledigung zu berücksichtigen,313 weshalb es durch 306

Elleringmann, Grundlagen der Kommunalverfassung, S. 11, 15. Groß, DVBl 2002, 1182 (1191). 308 Dazu unten: E.V.3., E.V.3.d). 309 Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 28 Rn. 78ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 92. 310 BVerfGE 79, 127, 151; prinzipieller Vorrang dezentraler Aufgabenwahrnehmung: Henneke, Öffentliches Finanzwesen und Finanzverfassung, Rn. 834. 311 BVerfG, NVwZ 1989, 347 (348); Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 5, sieht hierbei eine konservative Prägung, die die neuen kommunalen Aufgaben vom Kernbereich der Selbstverwaltung ausnimmt, weil sie nicht zum historisch gewachsenen Aufgabenbestand zählen. Zu den Schwierigkeiten prägnant: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 14ff. 312 Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (13); Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG Bd. 2, Art. 28 Rn. 168. 307

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gesellschaftliche und technische Veränderungen zu Veränderungen in der Zuordnung kommen kann. Dadurch erhalten die Gemeinden jedoch ein Aufgaben- und Funktionenerfindungsrecht.314 b) Eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung Neben der gemeindlichen Allzuständigkeit ist die kommunale Selbstverwaltung durch die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung geprägt.315 Die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung bedeutet, dass die eigenen Angelegenheiten frei von staatlichen Weisungen, insbesondere hinsichtlich Ermessensgebrauch und Zweckmäßigkeit unter Rechtsaufsicht des Staates verwaltet werden können.316 Die Eigenverantwortlichkeit umfasst die Gemeindehoheit in Form von Organisationshoheit, Personalhoheit, Planungshoheit, Finanzhoheit,317 sowie Schaffung und Unterhaltung der Einrichtungen zum Einwohnerwohl mit der Daseinsvorsorge.318 Die Gemeinden verwalten zusätzlich Angelegenheiten des Bundes und ihres Landes. In diesem Bereich besitzen die Kommunen nur eine geringe Eigenverantwortlichkeit, da die Selbstverwaltungsgarantie nicht die gesetzlich übertragenen staatlichen Aufgaben umfasst.319 In der Auftragsverwaltung sind die Gemeinden auf die Nutzung der Konkretisierungsspielräume für eigenständige Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt.320 Nach Schätzungen erstreckt sich etwa 80% der kommunalen Verwaltungstätigkeit auf die weisungsgebundene Ausführung von Bundes- und Landesgesetzen. Den Gemeinden verbleibt beim Vollzug aber regelmäßig ein Handlungsspielraum, 313

BVerfGE 76, 107, 118; Badura, DÖV 1963, 561 (565); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 92. 314 Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 28 Rn. 87; v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 12. 315 Vgl. BVerfG, NVwZ 1989, 347 (348); Oebbecke, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 239 (240). 316 Stober, Kommunalrecht, S. 73f. 317 BayVerfGH, DÖV 1989, 306; BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 8. 318 Stober, Kommunalrecht, S. 164ff. 319 Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (13); Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 168. A. A. Knemeyer, DÖV 1988, 397 (398ff.), zumindest für den Bereich der Pflichtaufgabe nach Weisung in Nordrhein-Westfalen. Der Sektor ist umstritten, vgl. VerfGH NW, DVBl 1985, 685 (687) sowie Dippel, die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 15; vgl. zu Aufgabenübertragungen: Petz, DÖV 1991, 320 (324ff.). 320 Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 111; Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (73), Fn. 16 mit dem Beispiel § 45 Ib1 Nr. 5, § 44 StVO sowie weiteren Literaturnachweisen.

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der ihnen einen großen Einfluss auf ihr Handlungspotential erlaubt.321 Nur Kultur und Sport sind „relativ gesetzesfrei“.322 Bei freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben könne die Gemeinden „ob“ und „wie“ der Wahrnehmung bestimmen, bei den Pflichtaufgaben nur das „Wie“ der Wahrnehmung.323 aa) Einschränkung im Rahmen der Gesetze Der Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung ist durch Gesetze einschränkbar, wobei nicht nur formelle Gesetze, sondern jede staatliche Außenrechtsnorm gemeint ist. Der Gesetzesvorbehalt beschränkt sich nicht nur auf das Merkmal der Eigenverantwortlichkeit, sondern auch auf die Universalität des Aufgabenkreises.324 Bei der Ausgestaltung der Aufgabenzuordnung hat der Gesetzgeber die überkommenen identitätsbildenden Merkmale des Wesensgehalts der gemeindlichen Selbstverwaltung zu beachten.325 Außerhalb des Kernbereichs der Aufgaben enthält Art. 28 Abs. 2 GG ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip, das der Gesetzgeber zu berücksichtigen hat.326 Er hat einen Einschätzungsspielraum, inwieweit eine Aufgabe eine solche der örtlichen Gemeinschaft darstellt.327 Für die Beurteilung sind die Besonderheiten des betreffenden Aufgabenfeldes zu berücksichtigen, insbesondere seine Dimension, die Relevanz für die staatlich zu schützenden Belange und die Intensität der in Frage stehenden gesetzgeberischen Ingerenz.328 Eine Aufgabe mit relevantem örtlichem Charakter darf der Gesetzgeber den Gemeinden nur aus Gründen des Gemeininteresses entziehen, vor allem also dann, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgaben321

Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (11). Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 77; Stober, Kommunalrecht, S. 171, 173f. 323 Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 106. 324 Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 28 Rn. 114; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 106. 325 „Das Essentiale, das man aus einer Institution nicht entfernen kann, ohne deren Struktur und Typus zu verändern“, Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 28 Rn. 123; Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (14); Badura, Staatsrecht, D Rn. 92. 326 BVerfGE 79, 127, 150; ebenso: Badura, Staatsrecht, D Rn. 92; Erlenkämper, NVwZ 1990, 116 (117); Henneke, Öffentliches Finanzwesen und Finanzverfassung, Rn. 835. 327 BVerfG, NVwZ 1989, 347 (350). 328 Die Kontrolldichte ist umso höher, je mehr die Selbstverwaltungsgarantie durch die Regelung an Substanz verliert, BVerfG, NVwZ 1989, 347 (350); Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (79). Die Reichweite gemeindlicher Eigenverantwortung bestimmt sich auch danach inwieweit die Gemeinde planerische Vorleistungen erbracht hat, ob sie „wehrfähige“ Positionen eigener Planung aufgebaut hat, vgl. Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 32. 322

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erfüllung nicht sicherzustellen wäre.329 Dabei ist von einem breiten kommunalen Wirkungskreis auszugehen, der weder durch das Abziehen beliebig vieler Aufgaben ausgehöhlt werden darf,330 noch durch eine nicht der Aufgabenverantwortung entsprechende Finanzausstattung.331 Es besteht somit ein Spannungsverhältnis zwischen kommunaler Selbstverwaltungsgarantie und dem rahmensetzenden Bundes- oder Landesrecht.332 bb) Die Regelungsbefugnis durch Satzung Als Instrumente zur Regelung der eigenen Angelegenheiten können die Gemeinden Satzungen erlassen.333 Es ist umstritten, ob den Gemeinden ein autonomes Satzungsrecht zukommt oder ob das Recht zum Satzungserlass einer staatlichen Ermächtigung bedarf.334 Die Sicherung kommunaler Handlungsspielräume ist ein wichtiger Faktor für die lokale Nachhaltigkeitspolitik.335 Ein autonomes kommunales Satzungsrecht ist nur im Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben relevant, da die Gemeinden durch eigene Regelungen nicht in übertragene Aufgaben und die Kompetenz der Länder ein329 BVerfGE 79, 127, 153. In der Praxis sind daher trotz der weite Selbstverwaltung intendierenden Formulierungen auch wichtige Aufgaben der Selbstverwaltung wie Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung und Landschaftspflege nicht dem unantastbarem Kernbereich zugehörig, der Schutz vor Hochzonung bietet, Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 32. 330 BVerfG, NVwZ 1989, 347 (349); Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 3; vgl. auch: Clemens, NVwZ 1990, 834 (836f.). 331 Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 3, 16; Henneke, Öffentliches Finanzwesen und Finanzverfassung, Rn. 840; Petz, DÖV 1991, 320 (325); schon 1972: Knemeyer, Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, S. 557 (563f.). 332 Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (16); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 140; Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (81), sieht dabei einen Primat gemeindlicher Vorstellungen, so dass nicht die kommunale Tätigkeit, sondern das staatliche Gesetz vor der Selbstverwaltungsgarantie zu rechtfertigen sei. 333 BVerfGE 12, 325; Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, D 12; Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (378); Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 18. 334 Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 96; zu den Argumenten des Streites im Detail, Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 705ff.; Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 52ff.; Haaß, Handlungsspielräume, S. 192; Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtssetzungsbefugnis, S. 19ff.; v. Arnim, AöR 113 (1988), 1 (19). 335 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 216. Anregung, in den Länderverfassung den Gemeinden grundsätzlich jede örtliche Verwaltung als Aufgabe der gemeindlichen Verwaltung zuzubilligen, da dies den kommunalen Spontanbereich vergrößere und bürgerschaftliches Engagement fördere, Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (50), mit Beispiel Hessen, Art. 137 I Hess Verfassung.

II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden

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greifen dürfen.336 Aufgrund der weitgehenden Satzungsermächtigungen ist die Praxisbedeutung der Frage begrenzt. Die Satzungsermächtigungen decken nahezu den ganzen Tätigkeitsbereich der Gemeinden ab.337 Ein autonomes Regelungsrecht hat jedoch Bedeutung, wenn neue Handlungsfelder erschlossen werden sollen, für die bisher keine Ermächtigung besteht.338 (1) Regelungserfordernis des Gesetzgebers Die formale Argumentation sieht, ausgehend von der Einordnung der Gemeinden als Teil der Verwaltung,339 ein zwingendes Erfordernis für eine Regelung des Gesetzgebers aus Art. 20 Abs. 2 GG.340 Die kommunale Satzungsautonomie sieht die h. M. zwar durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG geregelt. Die Gemeinden bedürften zusätzlich jedoch einer staatlichen Ermächtigung, aufgrund derer die Rechtsetzung möglich ist.341 Nach der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, bedürfen Entscheidungen, die Eingriffe in Freiheit und Eigentum der Bürger bewirken oder wesentliche Fragen der Lebensgestaltung betreffen, eines förmlichen Parlamentsgesetzes.342 Die allgemeinen Satzungsklauseln in den Gemeindeordnungen genügen dem nicht.343 336 Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 706; ebenso wenig in die des Bundes, Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 46. 337 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 51; a. A. Haaß, Handlungsspielräume, S. 182. 338 Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 705. 339 Zweifelnd: Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 27; Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 715ff.; vgl. Mohl, Erhebung neuer Steuern, S. 38. 340 Wegen des Fehlens der Stellung und Funktion eines Trägers politischer Staatsleitung wird die mit dieser verbundene Eingriffsbefugnis in Grundrechte abgelehnt, Papier, VerwArch 84 (1993), 417 (428). 341 BVerwG; DVBl 1993, 153 (154f.). Aus dieser resultieren Ansprüche der Gemeinden auf Bereitstellung einer gesetzlichen Regelung für eine funktionsfähige örtliche Planung, Oebbecke, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 239 (243). Dagegen: Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 20; Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 52. 342 BVerfGE 49, 89, 126; 95, 267, 307; 83, 130, 142; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, Rn. 38ff; Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 46f.; Wehr, JuS 1997, 419 (422f.); Haaß, Handlungsspielräume, S. 183f.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 291f. 343 BVerwGE 90, 359, 360ff.; OVG Schleswig, NVwZ 1996, 1034; OVG NW, DÖV 1987, 646 (647); BayVGH, BayVBl 1992, 337 (338); BayVGH, DVBl 1992, 717 (719) m. w. N.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 134; Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 28 Rn. 109; Knemeyer/Deubert, BayVBl 1992, 340; Schmidt-Aßmann, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kom-

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Die Selbstverwaltungsgarantie könne keine Verschiebung der Legitimation zulasten des Bürgers zur Folge haben.344 Generell-abstrakte Satzungen könnten funktional der Gesetzgebung gleichkommen,345 so dass dort die Gemeindevertretung mit unmittelbarer demokratischer Legitimation auch funktional legislativ tätig ist.346 Die gemeindlichen Satzungen dürften wegen des Vorrangs des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.347 Wenn der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, soll das eine Sperrwirkung gegenüber kommunalen Abweichungen entfalten.348 Gesetzliche Vorgaben schränken die Satzungsgebung somit spiegelbildlich ein.349 (2) Einschränkung des Gesetzesvorbehalts Es erscheint jedoch sachgerecht, wegen der besonderen direkten Legitimation der Gemeinderäte im Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung den rechtsstaatlichen Vorbehalt des Gesetzes zugunsten des allgemeinen Vorbehalts des Gesetzes zurücktreten zu lassen.350 Eine Selbstverwaltungsaufgabe kann die Gemeinde aufgrund der ihr unmittelbar zukommenden kommunalrecht, Rn. 96; Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (16ff.); ders., VerwArch 84 (1993), 417 (428f.); Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, D 90; Henneke, Öffentliches Finanzwesen und Finanzverfassung, Rn. 847; Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 24; Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 708 m. w. N.; a. A. Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 60f.; Mohl, Erhebung neuer Steuern, S. 45; v. Arnim, AöR 113 (1988), 1 (20); Elleringmann, Grundlagen der Kommunalverfassung, S. 32. Nach herrschender Auffassung handelt es sich bei den generellen Satzungsermächtigungen der Gemeindeordnungen um deklaratorische v. Arnim, ebd.; Schmidt-Aßmann, ebd. Rn. 95f.; Schröder, Kommunalverfassungsrecht, Rn. 101. 344 Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (92). 345 Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 134. 346 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 42; Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 (218). 347 Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 28 Rn. 108; Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 710. 348 Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (77), wobei er kritisch anmerkt, es komme bei der Berührung mit örtlichen Bezug darauf an, ob eine abschließende Normierung intendiert gewesen sei, ebd. S. 70 (89). 349 Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, D 22f. 350 Haaß, Handlungsspielräume, S. 192; weitergehend Mohl, Erhebung neuer Steuern, S. 45, der den Gemeinderat im autonomen Bereich anstelle des Parlaments sieht.

II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden

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munalen Satzungsautonomie auch ohne spezialgesetzliche Ermächtigung durch Satzung regeln.351 Bundes- und Landesgesetzgeber haben die Befugnis, „den Rahmen“ dieser Selbstverwaltung „durch die Gesetze“ zu bestimmen.352 Die Funktion des im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gründenden Gesetzesvorbehalts ist es, Eingriffe in Freiheiten des Bürgers auf eine parlamentarische Entscheidung zurückzuführen.353 Über die Begrenzung des Rahmens besteht aber eine parlamentarische Entscheidung.354 Die Gemeindebürger stellen ein Teilvolk355 dar, das „vollgültige demokratische Legitimation“ vermitteln kann.356 Die unmittelbar eingreifenden Entscheidungen können auf den durch das Gemeindevolk legitimierten Gemeinderat zurückgeführt werden, die Rahmensetzung auf das Parlament.357 Der Hauptein351

So die (erfolglose) Beschwerdebegründung in BVerwGE 90, 359, 361; im Raum der Gemeinde steht die autonome Satzung dem formellen Gesetz gleich: Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 60; wohl auch: Sendler, DVBl 2002, 318. Dagegen die h. M., alleiniger Verantwortungsbereich des Gesetzgebers, BVerwGE 90, 359, 361ff., mit Hinweis auf BVerfGE 33, 125, 158f.; 76, 171, 184; (in BVerfGE 33, 125 geht es um einen Berufsverband, der jedoch mit der Gemeinde nicht vergleichbar ist, da diese eine ergänzende demokratische Legitimation und mit der personalen Verankerung über Gebietszugehörigkeit eine geringere Verflechtung in Partikularinteressen aufweist, Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (94f.). Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (18); Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 24; Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 44f. 352 So will Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (94f.), die spezialgesetzliche Grundlage als Ermächtigung zum Satzungserlass ausreichen lassen und nimmt ein geringeres Maß an Bestimmtheit wegen der Direktwahl und der Gebietszugehörigkeit an. 353 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 26; Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 70f. 354 Badura, DÖV 1963, 561 (564f.), der dies allerdings auch für die Satzung annimmt. 355 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band I, § 22 Rn. 31. 356 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 37; Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 86f.; in diesem Sinne auch: Böhm, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 717; v. Arnim, AöR 113 (1988), 1 (9, 14ff., 18f.); Mohl, Erhebung neuer Steuern, S. 40; wohl auch: Püttner, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (I), S. 159 (163); Henneke, Öffentliches Finanzwesen und Finanzverfassung, Rn. 828; Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 55; Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 (218), der Art. 20 II, 28 I GG als abschließende Sonderregelungen im GG bezeichnet. 357 Eigenständiger Legitimationsstrang: Groß, DVBl 2002, 1182 (1192); BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 8. Kluth, in: Wolff/Bachof/Stober, § 81 Rn. 266. Dagegen hält ein weiterer Legitimationsbegriff neben der demokratischen Bestimmung auch noch das Treffen der „richtigen“ Entscheidungen für wesentlichen Bestandteil der Legitimation, Haaß, Handlungsspielräume, S. 75; ähnlich: Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhoff (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 62 Rn. 49. Aufgrund

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

wand der Selbstregulierung, das Fehlen demokratischer Legitimation,358 trifft auf Gemeindeebene nicht zu. Angesichts der vollgültigen Legitimation der Gemeinderäte359 kann im Bereich der örtlichen Angelegenheiten nicht auf den allgemeinen Gesetzesvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG als Schranke abgestellt werden.360 Die Einordnung der Selbstverwaltung zur Exekutive ist daher zu relativieren.361 Regionaler Wettbewerb und Dezentralisierung sprechen grundsätzlich für dezentrale Regelungskompetenzen.362 Eine Kompetenz ohne Regelungsform wäre nur ein „hinkendes Recht“.363 Der Sinn der Selbstverwaltung liegt gerade darin, den Bürgern die Regelung der Angelegenheiten, die sie selbst betreffen und aufgrund der überschaubaren Situation beurteilen könnten, in eigener Verantwortung zu ermöglichen.364 Hinter der ablehnenden Auffassung der h. M. steht häufig die Befürchtung, Differenzierungen in kleingliedrigen Gebieten könnten zu für die Bürger unvorhersehbaren Regelungen führen.365 Sie zeigt sich in der Einordgeringeren Sachverstandes und größerer Partikularinteressenneigung wird die Legitimationswirkung durch den Gemeinderat abgelehnt und ein formeller Gesetzesbegriff gestützt, Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 49; Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (93); auch: Schmidt-Aßmann, in: ders. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kommunalrecht, Rn. 95; ähnlich: v. Arnim, AöR 113 (1988), 1 (24f.), der von einer Überlegenheit der Parlamentsgesetze wegen höherer Richtigkeitsgewähr ausgeht. 358 Müller, in: Geis/Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 227 (235). 359 Hendler, Die bürgerschaftliche Mitwirkung an der städtebaulichen Planung, S. 30. 360 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 46. Vermittelnder Ansatz bei Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, D 89f., der für Eingriffe in Grundrechte des Bürgers eine ausdrückliche ges. Ermächtigung fordert, aber dem Gemeinderat grundrechtsrelevante Nutzungsreglungen zubilligt. 361 BVerfGE 32, 346, 361; Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 27; in diesem Sinne auch Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 716ff. 362 Umfassende detaillierte Vorgaben der Gemeinden sind dabei nicht möglich, Fürst, in: Ritter (Hrsg.), S. 59 (64). Der Handlungsspielraum der Gemeinden wächst somit. 363 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 24. 364 v. Arnim, AöR 113 (1988), 1 (17). 365 BayVGH, BayVBl 1992, 337 (338). Tragend scheint aber der Gesichtspunkt zu sein, auch nicht der Gemeinde zugehörige Grundrechtsträger könnten willkürlich Grundrechtseinschränkungen unterworfen werden. Dies ergibt sich inzident aus der Einschränkung des BayVGH, der Regelung spezifisch örtlichen Bezugs, der nur den Bereich jener einen Körperschaft erfasst, zulassen will. Diese frei erfundene Einschänkung, so ablehnend: Böhm, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht1, Rn. 616, ist die notwendige Konsequenz aus der formalen Argumentation der h. M. und der Forderung nach eigenverantwortlicher Regelung.

II. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Gemeinden

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nung des Sachgebietes der kommunalen Regelung als überörtlich.366 Die Befürchtungen sind unbegründet. Eine konsequent weit angelegte Regelungsbefugnis der Gemeinden würde Friktionen durch unterschiedliche Maßstäbe in verschiedenen Rechtsgebieten vermeiden. Bisher nicht gesetzlich geregelte soziale Ausgestaltungen und sozialpolitische Regelungen, die als Nebenzweck an einen örtlichen Tatbestand anknüpften, wurden mit einem wohlwollenderen Maßstab für die Einordnung als örtliche Angelegenheit behandelt. Gleiches gilt für lokal begrenzte Fördermaßnahmen in Fachbereichen örtlicher Gemeinschaft. Die Auswirkungen vor Ort mit den Vorteilen kommunaler Aufgabenträgerschaft reichten als Vorteile für eine Klassifizierung als örtliche Angelegenheit bereits aus, wenn die Regelung an der Solidarität des Verbandes für seine Mitglieder anknüpfte und identitätsbildend wirken sollte.367 Gegen die Befürchtung unverhersehbarer örtlicher Regelungen spricht zudem die verbreitete Mustersatzungshörigkeit kleiner Gemeinden.368 Die Regelungswut der Gemeinden kann schon durch die Eingrenzung durch den dichten Regelungsteppich von Bund und Ländern nur geringe Räume ausfüllen.369 Grundrechtsrelevante Rechtssetzung ist bereits Bestandteil der gemeindlichen Tätigkeit, so dass grobe Unzulänglichkeiten durch ein autonomes Satzungsrecht nur begrenzt zu befürchten sind. Spezielle Gesetzesvorbehalte stellen sowohl bei den Grundrechten, wie auch im organisatorischen Teil des Grundgesetzes ein Hindernis undelegierter kommunaler Rechtssetzung dar. Für den Bereich der Gemeinderechtsetzung bleibt somit lediglich im Bereich des Art. 2 Abs. 1 GG ein weites Betätigungsfeld, soweit keine speziellen, durch formelle Gesetzesvorbehalte beschränkbaren Gesetze eingreifen.370 c) Kommunale Finanzhoheit Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG begründet keinen neuen finanzverfassungsrechtlichen Tatbestand, er knüpft an die allgemeinen Regelungen der bestehenden Finanzverfassung an.371 Die h. M. geht von der gesetzlichen Ermächtigungs366

Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (77). Vgl. Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, D 85f.; Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (85). 368 Sie beruht darauf, dass gerade in kleineren Gemeinden die Gemeindeversammlung mit Willensbildung und Verfahren eher das Bild einer „Ortshonoratiorenversammlung“ hat, Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 49; ähnlich: v. Arnim, AöR 113 (1988), 1 (24f.). Mit zunehmender Größe der Gemeinde ist ein stärkerer reräsentativ-parlamentarischer Charakter des Gemeinderats festzustellen, Meyn, ebd. 369 So zu Recht: Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 723. 370 Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 47, 50f. 367

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

bedürftigkeit der Steuererhebung durch die Gemeinden aus.372 Die Grenze der Steuererhebung ergibt sich aus Artt. 105f. GG, so dass den Gemeinden nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG nur die Ertragshoheit hinsichtlich der örtlichen Verbrauchssteuern zusteht.373 Eine originäre Steuersetzungskompetenz der Gemeinden existiert nicht.374 Hat das Land den Gemeinden das Recht, Abgabensatzungen zu erlassen übertragen, gehört die Wahrnehmung dieses Rechts, also die Steuer- und Abgabenhoheit, zum Kernbereich der Selbstverwaltung.375 Die grundlegende Bedeutung der angemessenen Finanzausstattung stellt Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG klar.376 Ohne ausreichende Finanzmittel bleibt den Gemeinden nur ein „kraftloses Schattendasein“.377 Die verfassungsrechtliche Gewährleistung zielt auf das Gesamtvolumen der finanziellen Ausstattung.378 Die ausreichende Finanzausstattung ist dann unterschritten, wenn die Gemeinden ihre verfassungsrechtlichen oder einfach-gesetzlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Die untere Grenze liegt jedoch oberhalb der Wahrnehmung der Pflichtaufgaben,379 mit deren vorrangiger Erfüllung die Zurückstellung der Agenda 21 bisweilen gerechtfertigt wird.380 371 Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 28 Rn. 84d; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG Bd. 2, Art. 28 Rn. 248ff. 372 Vgl. Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 667. 373 Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 667; vgl. Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (382). 374 Vgl. BayVerfGH, NVwZ 1993, 163 (165); Steiner, in: Berg u. a. (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, Teil C Rn. 160; dagegen: Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 49, Gemeinden mit eigenständiger Einnahmenhoheit, Finanzverwaltungshoheit und Ausgabenhoheit schon aus Art. 28 II 1 GG, da dies unzweifelhaft Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft seien, (jedoch ausdrücklich ohne Berücksichtigung anderer einschränkender GG-Normen, ebd. S. 50f.); auch: Mohl, Erhebung neuer Steuern, S. 66ff. und Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 667. 375 BayVerfGH, NVwZ 1993, 163 (164) mit Hinweis auf BVerfGE 23, 353 (369); vgl. auch: Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Finanzverfassung, Rn. 845; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG Bd. 2, Art. 28 Rn. 183; Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 668. 376 Dreier, in: ders. (Hrsg.), GGK II, Art. 28 Rn. 25; Löwer, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar Bd. 2, Art. 28 Rn. 88f., Papier, BayVBl 1994, 737 (741); Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 28 Rn. 84a; Meyer, Finanzverfassung der Gemeinden, S. 66. 377 Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (32 und 34); zustimmend: Sendler, DVBl 2002, 319. 378 VerfGH NRW, NVwZ 1985, 820 (821). 379 Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (33); Grawert, VVDStRL 36, 277 (300); Henneke, Öffent-

III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen

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III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden Die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden werden maßgeblich durch einfaches Recht konkretisiert. Die Verbandskompetenz zur gesetzlichen Normierung von Zukunftsfähigkeitszielen ist zu großen Teilen auf den Bund konzentriert. Insbesondere in der Sozial-381 wie Wirtschaftsgesetzgebung382 stehen dem Bund eine Vielzahl von Kompetenzen zu. Nach herrschender Auffassung liegt in der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie kein unmittelbares hoheitliches Gestaltungsrecht. Umweltschutzbelange können die Gemeinden nur als Primär- und Annexkompetenzen im Zusammenhang mit anderen staatlichen oder kommunalen Aufgaben wahrnehmen.383 So können die Gemeinden Ermessensspielräume im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen, müssen sich aber am Zweck der Ermessensermächtigung orientieren.384 Auch Gesichtspunkte der Staatszielbestimmungen in die Ermessensentscheidung können daher beim Vollzug der Gesetze in die Verwaltung einfließen. Die Rechtsprechung eröffnet den Gemeinden dabei teilweise weite Handlungsmöglichkeiten.385 Hier ist zu untersuchen, ob Nachhaltigkeit im einfachen Gesetz bereits im dreidimensionalen Sinne der Rio-Deklaration aufgenommen ist, ob die Aufnahme eine nutzlose inhaltsleere Hülse386 darstellt oder ob sich bereits stimulierende Effekte387 aus Wissenschaft und Praxis liches Finanzwesen, Finanzverfassung, Rn. 842 m. w. N. setzt ein Verbleib von 10–15% der Ausgaben für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben an. 380 Vgl. Stark, Lokale Agenda 21, S. 24. 381 Etwa Art. 74 Abs. 1 Nr. 7, 9, 10, 10a, 12, 13, 19a GG. 382 Vgl. Art. 73 Nr. 3–9 GG sowie Art. 74 I Nr. 1,12, 16 GG sowie die „Auffangkompetenz“ Art. 74 I Nr. 11 GG. 383 Vgl. Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 179; zu den Möglichkeiten und Grenzen auch Burgi, VerwArch 90 (1999), 70ff.; a. A. BMU (Hrsg.), Verantwortung für die Zukunft, S. 61. 384 Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 74f.; Papier, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 11 (21). Aus diesem Grund hat Art. 20a GG bei Umweltschutzgesetzen kaum Bedeutung, vgl. Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 30; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 69; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (472). 385 Das BVerwG hält es auch für möglich, dass Maßnahmen des Landschaftsschutzes (hier Landschaftsbild § 35 III BauGB) auf eine Konkretisierung des Art. 20a GG zurückzuführen sind, BVerwG, NuR 1995, 253 (254); ähnlich: Hoppe/Beckmann/ Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 11, Kulturlandschaften; ebenso: Schink, DÖV 1997, 221 (223f.). Eine Ausnahme für die genannten weiten Ermessensspielräume der Gemeinden gelten jedoch, soweit der Gesetzgeber bereits die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte abschließend festgelegt hat, Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 30; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20a Rn. 69. 386 Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717; Jüdes, Politische Ökologie, 52 (1997), 26.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

entfalten. Eine umfassende Untersuchung aller für eine nachhaltige Entwicklung relevanter Gesetze würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Mit Blick auf die lokale Agenda 21 soll daher nur eine Auswahl der Rechtsgebiete dargestellt werden, die einen besonderen Kommunalbezug haben.

1. Nachhaltige Entwicklung und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden im Baurecht Die Bauleitplanung ist das zentrale rechtliche Instrument für die Planung und Gestaltung in den Gemeinden. Das Leitbild für räumliche Entwicklung einer Kommune ist in der Regel im Rahmen der Flächennutzung fixiert.388 Richtungsweisende Entscheidungen mit Umweltrelevanz werden ebenfalls in der Bauleitplanung389 getroffen. Nachhaltigkeit in der Bauleitplanung hat daher eine besondere Bedeutung für die Beeinflussung einer kommunalen Strategie. Aus diesem Grund ist es zunächst von Interesse, inwieweit im BauGB die Vorstellungen nachhaltiger Entwicklung aufgenommen worden sind. a) Raumordnungsrecht als Rahmen Die Ziele der Raumordnung sind für die Bauleitplanung der Gemeinden verbindlich, § 1 Abs. 4 BauGB. Das Raumordnungsrecht beeinflusst auf diese Weise schon den Rahmen der gemeindlichen Planung.390 Die Raumplanung findet aufgrund ihrer Querschnitts- und Vorsorgeorientierung, § 1 Abs. 1 ROG, eine positive Einschätzung zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung.391 Sie hat eine wichtige Integrationsfunktion gegenüber Umweltfachplanungen,392 ist jedoch gleichsam als Kehrseite der Integrationsfunktion primär ordnungspolitisch-rahmensetzend geprägt.393 Einflüsse der Nachhaltigkeit zeigen sich in den §§ 1, 2, 9 und 7 ROG. 387 Aus der Verwendung unklarer Gesetzesbegriffe: vgl. Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (169). 388 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (30). 389 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-5. 390 Zur Raumordnung und interkommunaler Abstimmung: Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 781 (782f.). 391 Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1083, 1091); Diller, RuR 1996, 228 (232); Weber, in: Hübler/Kaether (Hrsg.), nachhaltige Raum- und Regionalentwicklung, S. 18f.; Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 106; ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 4; Lendi, UPR 2001, 321 (323); Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, 317 (319); Bückmann/ Rogall, UPR 2001, 121 (124). 392 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 7 Rn. 44.

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aa) § 1 ROG Die Leitvorstellung der nachhaltigen Raumentwicklung wird in ihren sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Funktionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1–8 ROG konkretisiert.394 Die Belange sollen in dauerhafter ausgewogener Ordnung stehen, § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG. Als Leitvorstellung der Raumordnung soll diese den Auftrag der Raumordnung mit den Grundsätzen, § 2 Abs. 1, 2 ROG, verknüpfen. Ihr kommt eine „Scharnierfunktion“395 zu. Die Definition der nachhaltigen Raumentwicklung greift nahezu mustergültig den dreidimensionalen langfristigen und integrativen Ansatz der Nachhaltigkeit auf396 wie sie in dieser Deutlichkeit nur in wenigen Gesetzen Eingang gefunden hat. Die aufgeführten Grundsätze der Raumordnung müssen daher im Gesamtzusammenhang nachhaltiger Entwicklung interpretiert werden.397 § 2 Abs. 2 Nr. 1–15 ROG nimmt die verschiedenen Belange in unterschiedlicher Gewichtung auf. Die Heraushebung der Nachhaltigkeit, vor allem in ökologischen Bezügen,398 soll helfen, eine Ökonomielastigkeit der Planung zu korrigieren.399 Die Grundsätze sind untereinander gleichrangig und erhalten ihre Bedeutung aus der konkreten Abwägungs- oder Ermessensentscheidung.400 Die Berücksichtigung des zukunftsgerichteten intergenerationellen Ausgleichs401 ist in der Politik und auch in der Bauleitplanung bisher noch nicht 393 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (92); Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 45. 394 Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 1 Rn. 10. Die intergenerationelle Verantwortung nachhaltiger Raumentwicklung hebt § 1 II Nr. 1, 4 ROG hervor, Frenz, Sustainable development durch Raumplanung, S. 150ff.; Frenz, UPR 2003, 361 (364). Vgl. kritisch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 413; ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 1 II Nr. 6 der Sache nach doch Hesse, RuR 1996, 103 (115); für eine Umorientierung durch Berücksichtigung des endogenen Raumpotentials: Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83 (102f.). 395 Runkel, UPR 1997, 1 (2). 396 Auch: Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 1 ROG Rn. 63, 65; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 1 Rn. 10; Frenz, UPR 2003, 361; Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (135, 139). 397 Frenz, UPR 2003, 361 (365); Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 2 ROG Rn. 7f. 398 Direkt erwähnt in Nr. 1, 3, 5ff.; 8, 10, 14; indirekt auch in Nr. 2, 4, 9, 12. 399 Behrens/Kaether; in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 81 (86); Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83 (86); ähnlich: Hesse, RuR 1996, 103 (113); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (662). 400 Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 2 ROG Rn. 5. 401 Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 21, die dort im Weiteren eine Überlagerung durch den Nachweltschutz sehen; a. A. Kuschnerus,

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befriedigend erfolgt.402 Die Leitvorstellung nachhaltiger Entwicklung stellt noch keinen so weit verdichteten Rechtsbegriff dar, dass aus ihm einzelne einklagbare Positionen resultieren. Sie sind der Abwägung zugänglich. Ihre angemessene Berücksichtigung kann gerichtlich nur auf Abwägungsfehler hin geprüft werden.403 Die Aufnahme der Interessen zukünftiger Generationen hat eine beschränkende Wirkung in der Abwägung, weil sie als Legitimationsbasis zur Einschränkung ökologischer und sozialer Belange dienen kann.404 Nachhaltigkeit kann dabei teilweise als weiterer Abwägungsbelang, teilweise als ergänzende Abwägungsoption eingeordnet werden.405 Dies geht über den Gehalt einer politischen Absichtserklärung406 hinaus. Entscheidend aber auch für eine solche Wirkung der Nachhaltigkeit und damit auch für die Berücksichtigung der Interessen zukünftiger Generationen in der Abwägung ist es, einen Willen zur Nachhaltigkeit auszubilden und aufrechtzuerhalten.407 bb) §§ 9/7 ROG Instrumentell ist in § 9 Abs. 1 ROG eine Verpflichtung zur Aufstellung von Regionalplänen verankert. Es besteht die Möglichkeit, diese zusammen mit dem Flächennutzungsplan unter besonderen Voraussetzungen zu einem regionalen Flächennutzungsplan zu verbinden, § 9 Abs. 6 ROG. Dieses Instrumentarium der Raumplanung wird in Zusammenschau mit den inhaltlichen Anforderungen, insbesondere mit der Kompensationsmöglichkeit für unvermeidbare Beeinträchtigungen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 ROG), als erweiterter ZfBR 2000, 15 (19f.), der auch diese beiden Aspekte bereits als „alte“ Bestandteile der Bauleitplanung sieht. 402 So wohl: Kuschnerus, ZfBR 2000, 15 (19f.); Lendi, UPR 2001, 321 (322), der darin auch ein Problem der Artikulation sieht; für einen Vorrang daraus des Ergebnisses, das länger Optionen offenhält, Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (139). 403 Schroeder, UPR 2000, 52 (53); Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 1 ROG Rn. 95; ohne ein lokales Rechtsprinzip zu bejahen, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 426; hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung auch bei deutlichen Fehlgewichtungen: Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (139). 404 Ablehnend: Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 1 ROG Rn. 76, nicht zum Schutz und Entwicklung natürlicher Lebensgrundlagen. Kritisch Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 423, der eine Überformung des „Nachhaltigkeitspostulat[s] durch das raumordnerische Selbstverständnis“ bis zur Bedeutungslosigkeit der Nachhaltigkeit beklagt. 405 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (124). 406 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 142, die diese anstelle eines rechtlichen Gehaltes im Vordergrund sieht. 407 Vgl. Lendi, UPR 2001, 321 (322).

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Handlungsspielraum nachhaltiger Entwicklung betrachtet.408 Fakultativ besteht im ROG für die Länder die Möglichkeit, eine erweiterte Partizipation bei der Aufstellung der Raumordnungspläne einzuführen, § 7 Abs. 6 ROG. Die Partizipation ist ein Erfolgsfaktor für die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung und lokaler Agenda 21-Prozesse.409 Mit der Partizipationsmöglichkeit gibt das ROG daher die Möglichkeit, ein wichtiges Element nachhaltiger Entwicklung zu fördern.410 Gleiches gilt für die Öffentlichkeitsbeteiligung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, § 15 Abs. 6 ROG. Der positiven rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit wird in der Rechtstatsächlichkeit die Überalterung der Regionalpläne entgegengesetzt. Sie ist in den langen Aufstellungsspannen von 10–15 Jahren begründet. Die Pläne beruhen somit schon bei ihrer Fertigstellung nicht mehr auf der aktuellen Datengrundlage.411 Aus diesem Grund wird statt der verbindlichen Regionalplanung ein flexibles regionales Management412 vorgeschlagen, in der die Regionalplanung eine vermittelnde Rolle413 erhielte oder den ordnungspolitischen Rahmen setzt.414 Eine vornehmlich projektorientierte Ausrichtung soll in gemeinsamer Interessenlage der Akteure zur Kooperation mit den politischen Entscheidungsträgern ermutigen.415 Tendenziell ist dieser Ansatz in § 13 ROG aufgegriffen,416 indem dieser neben vertraglichen Vereinbarungen auch informale Kooperationen und Netzwerke einschließt.417 Der Vorschlag stellt einen sinnvollen Ansatz dar, ein „Handicap“ zukunftsfähiger Regionalentwicklung, die fehlende Entsprechung von geographischer Region und 408 ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalplanung, S. 16; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 418; vgl. Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (323). 409 Eingehend unten E. 410 ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalplanung, S. 17; Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1089), der für eine großzügige Auslegung eintritt. 411 Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 37. Wenn die übergeordneten Pläne dann noch im Fluß sind, ist es schwierig für die Gemeinden, globales Denken und lokales Handeln konsequent zu verwirklichen, Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (170f.). 412 Dazu: Spannowsky, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 13 ROG Rn. 85. 413 Diller, RuR 1996, 228 (232); Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83 (85, 97f.). 414 Vgl. Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (92ff., 100). 415 Vgl. Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (92); auch interkommunal, dazu: Spannowsky, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 13 ROG Rn. 70. 416 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 423; ARL (Hrsg.), Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 17; Erbguth, DÖV 1998, 673 (678). 417 Spannowsky, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, § 13 ROG Rn. 20, 30; Erbguth, DÖV 1998, 673 (678).

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Verwaltungsebene418 zu überwinden. Im ROG ist ein relativ weitgehender Ansatz nachhaltiger Entwicklung mit der Integration der drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung verankert.419 Für die Gemeinden und lokale Agenden hat die Verankerung der nachhaltigen Entwicklung als Leitvorstellung der Raumordnung positive Wirkung. Sie können auf einen gesetzlichen Niederschlag ihrer Zielsetzung verweisen, der über die bindende Wirkung auf die Bauleitpläne, § 1 Abs. 4 BauGB auch Auswirkungen auf der lokalen Ebene zeigt.420 b) Nachhaltigkeit im BauGB Das Ziel der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung wurde durch das BauROG 1998 gleichzeitig mit § 1 Abs. 2 ROG in § 1 Abs. 5 BauGB aufgenommen. Nach dieser Novellierung entwickelten sich in der Literatur unterschiedliche Auffassungen über den Inhalt dieses neu aufgenommenen Begriffs. Das Spektrum reichte von der Kombination der zeitlichen und qualitativen Komponenten „dauerhaft“ und „gewichtig“,421 die in der strukturellen Parallele zur Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft verharrte, über ökologische Schwerpunktsetzung422 und begriffliche Sonderlösungen423 bis zu der wohl herrschenden Auffassung in der rechtswissenschaftlichen Literatur, einer dreidimensionalen Sichtweise der Nachhaltigkeit im BauGB424. 418 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 419. 419 Positiv Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht S. 426; Erbguth, DÖV 1998, 673 (678); ders., DVBl 1999, 1082 (1088); ähnlich: Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (327); Brandt/ Sanden, UPR 1999, 367 (374). 420 Positiv auch wegen inhaltlicher Erweiterung: Krautzberger, in: Bückmann/ Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (129). 421 Tettinger, WiVerw 2000, 1 (5); Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 281, jedoch mit einem weiten Abwägungsverständnis, vgl. unten: C.III.1.c). 422 Vgl. generell etwa Finke, IzR 1996, 109; Haber, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 63 (66). Lediglich für die langfristige Ressourcennutzung natürlicher Ressourcen: Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 541. 423 Erbguth unterscheidet eine räumliche Nachhaltigkeit von der allgemeinen Nachhaltigkeit. Mit allgemeiner Nachhaltigkeit bezeichnet er eine dreidimensionale Problemsicht und Problembewältigung mit einem zukunftsgerichtetem tragfähigen Ausgleich, ohne einen Vorrang eines Belangs. Die räumliche Nachhaltigkeit entspreche strukturell dem Grundgedanken des allgemeinen Nachhaltigkeitsgebots, sei aber in ihrer Ausrichtung auf raumbezogene Vorgänge begrenzt. „Nachhaltige Entwicklung“ oder „dauerhafte umweltgerechte Entwicklung“ bilden in der Terminologie Erbguths einen Teilbereich der allgemeinen Nachhaltigkeit, der den ökologischen Aspekt ausfüllt, Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1083); ders., NVwZ 2000, 28 (29). 424 Menzel, ZRP 2001, 221 (227); Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 124; Schmitz, ZfBR 2001, 85 (88); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Genera-

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Mit dem Europaanpassungsgesetz Bau 2004 (EAG) hat der Gesetzgeber nachhaltige städtebauliche Entwicklung in § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB im Sinne einer Entwicklung, die soziale, wirtschaftliche und umweltschützerische Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, spezifiziert und damit den Streit im Sinne einer dreidimensionalen Nachhaltigkeit entschieden. Eine räumliche Einschränkung der Reichweite im Integrationsziel der Nachhaltigkeit auf den Geltungsbereich des jeweiligen Bauleitplans425 ist damit nicht verbunden. Zwar kann jede Gemeinde partizipativ ihren Weg zu nachhaltiger Entwicklung im Rahmen ihrer Gemeindegrenzen beeinflussen.426 Die nachhaltige Entwicklung kann somit in ihrer Intensität variieren, ist jedoch durch die übergeordnete Bindung an die Raumplanung beschränkt. Der Unterschied zu der geordneten städtebaulichen Entwicklung der Vorfassung liegt in der besonderen Betonung langfristiger Nutzungsansprüche auch künftiger Generationen.427 § 1 Abs. 5 BauGB ist insofern eine Konkretisierung der Art. 20a GG und Artt. 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG.428

c) Identität von Nachhaltigkeit und Abwägungsgebot? Auch wenn Nachhaltigkeit in das BauGB aufgenommen ist, bleibt umstritten, welche Konsequenz aus dieser Aufnahme für das Recht und seine Anwendung resultiert. Die Nachhaltigkeit wird nicht selten als eine deklarationen, S. 142; Brohm, Öffentliches Baurecht1, S. 254; Bunzel, NuR 1997, 583 (584); BBR (Hrsg.), Bundesraumordnungsbericht 2000, S. 295; wohl auch: Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1223; Erbguth, DÖV 1999, 1082 (1083); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 411; Runkel, UPR 1997, 1 (2); Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1718); Schink, Umweltschutz im Bauplanungsrecht, S. 837. Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 508 (50. EL) bezeichnet die Berücksichtigung zukünftiger Generationen als vierte Dimension. Zustimmend trotz bloß ökologischer Nachhaltigkeit: Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 542. 425 Spannowsky, DÖV 2000, 569 (571); wohl zu restriktiv der Ansatz bei Jäde/ Dirnberger/Weiß, BauGB, § 1 Rn. 25, der nachhaltige städtebauliche Entwicklung als Resultat einzelner Reglungen des Bauplanungsrechts betrachtet. 426 Vgl. Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (37). Im Ergebnis kann damit für eine Gemeinde „nachhaltig“ sein kann, was für die andere „nicht nachhaltig“ ist, Spannowsky, DÖV 2000, 569 (571). 427 Schink, ZfBR 2000, 154 (155); vgl. auch: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3 Rn. 3ff.; Krautzberger, UPR 2001, 130 (131); ders., in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (3); Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 94. 428 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 137.

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torische Umschreibung für etwas bezeichnet, was das Abwägungsgebot ohnehin fordere.429 Die Aussage wird mit der Steuerungslosigkeit und Konsequenzlosigkeit im gerichtlichen Verfahren begründet.430 aa) Inhalte des Abwägungsgebotes § 1 Abs. 7 BauGB verlangt eine gerechte Abwägung der durch die Bauleitplanung betroffenen öffentlichen und privaten Belange. Das planungsrechtliche Abwägungsgebot ist eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der darauf zielt, die betroffenen Interessen in einen sachgerechten Ausgleich zu bringen.431 Das Abwägungsgebot enthält die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, die Gewichtung der zu berücksichtigenden Belange und den Ausgleich der betroffenen Belange.432 Diese Anforderung ist nunmehr in § 2 Abs. 3 BauGB ausdrücklich geregelt.433 Die Gewichtung der betroffenen Belange erfolgt nach Ausmaß und Intensität konkreter Betroffenheit nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall ohne abstrakten oder absoluten Vorrang bestimmter Belange.434 429 Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (162, 166); ders., ZfBR 2000, 15 (19f.); ebenso: Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (29); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (125); Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (123); mit ökologischer Schwerpunktsetzung: Finke, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 119 (135f.); auch: Schink, ZfBR 2000, 154 (155). „Euphemismus“: Kraft, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung S. 41 (41f.). 430 Schink, ZfBR 2000, 154 (155); Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (164); Krautzberger, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (3); Kraft, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 41 (43). 431 Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung S. 149 (153); zu den Details sowie den Schritten im Einzelnen auch für die Praxis sehr instuktiv: ders., Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 263ff.; Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (332); Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 21. 432 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (28); Erbguth/Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 5 Rn. 114ff.; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts Rn. 1375ff.; Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung S. 149 (154f.). 433 Für die entsprechende Anwendung der bisherigen Grundsätze zum Abwägungsgebot nach der Novellierung durch das EAG-Bau auch: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 3. 434 Vgl. BVerwG, NuR 1997, 543, NVwZ 1994, 288 (290f.); Mitschang, DÖV 2000, 14 (17); Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 285ff.; Hoppe/

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Ein Vorrang der Ökologie, wie er teilweise vertreten wird,435 ist weder mit dem bauplanerischen Abwägungsgebot noch mit dem Ausgleichsgedanken des Nachhaltigkeitsprinzips vereinbar.436 Die Gemeinde handelt eigenverantwortlich und hat dabei einen weiten Entscheidungsspielraum, welchen Belangen unter der Berücksichtigung der Planungsziele und dem ihm zukommenden Gewicht der Vorrang zukommt.437 Ein Vorrang eines Belangs ist dabei denkbar, wenn er aus dem quantitativen Maß seiner Betroffenheit resultiert.438 Eine Ergebniskorrektur der sachgerechten Planung kann nur erfolgen, soweit ein völlig unverhältnismäßiges Ergebnis die Planung trotz ordnungsgemäßem Abwägungsvorgang fehlerhaft macht.439 Dieser gerechte Ausgleich zwischen den ökologischen, ökonomischen und sozialen Belangen liegt auch dem Nachhaltigkeitsprinzip zugrunde.440 bb) Eigenständiger Gehalt der Nachhaltigkeit Der Abwägungsvorgang ist mit der Zielsetzung des Verfahrens zur Verwirklichung der Nachhaltigkeit weitgehend identisch und entspricht im Kern Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 7 Rn. 9; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 31ff. Schon in der Ermittlung der Belange besteht allerdings eine Implikation ihrer Erheblichkeit und die fundamentale politische Zwecksetzung der Planung, vgl. Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 404f. 435 Finke, IzR 1996, 109. 436 Kritisch insbesondere: Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83 (89), die in der Frage nach den ökologischen Grenzen ökonomischer Entwicklung den falschen Ansatz sieht, da nun auch integriert nach den ökologischen Resultaten sozio-ökonomischer Entwicklungsprozesse gefragt werden müsse. Diese Kritik kann jedoch nicht überzeugen. Die Frage nach den ökologischen Grenzen ist richtigerweise eine zulässige Vereinfachung auf dem Weg der Ermittlung komplexer vernetzter Folgenauswirkungen. „Abwägungsüberwindbarkeit der ökologischen Belange – wie der ökonomischen und sozialen Belange auch – geradezu eine Voraussetzung für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung“, Mitschang, DÖV 2000, 14 (17); ders., in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (28); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664); Bartlsperger, in: ARL (Hrsg.), zur Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 1 (20f.). 437 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (28). 438 Erbguth/Stollmann, Bauplanungsrecht, S. 38. 439 Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (155). 440 Vgl. Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (29); Bunzel, NuR 1997, 583 (586f.); Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (125).

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den Kriterien der rechtsstaatlichen Entscheidungsfindung.441 Grundsätzlich sind alle öffentlichen und privaten Belange als Abwägungsmaterial relevant.442 Die gebotene weite Auslegung443 lässt es nicht ausgeschlossen erscheinen, auch eine dreidimensionale Problemsicht und einen intergenerationellen zukunftsgerichteten Ausgleich unter die öffentlichen abwägungsrelevanten Belange zu subsumieren. Dies ist der Weg, auf dem Kuschnerus widerspruchsfrei zu einem unveränderten Normgehalt gelangt.444 Fraglich ist jedoch, ob aus dieser Parallelität des Ausgleichsgedankens auf eine unveränderte Abwägung geschlossen werden kann. Insoweit muss zwischen materiellem Inhalt und Abwägungsvorgang differenziert werden.445 Für den materiellen Bereich bestehen Zweifel an einer Übertragbarkeit. Die Zwecksetzung der Planung impliziert schon bei der Ermittlung der Belange ihre Erheblichkeit.446 In der Literatur hat sich die weite Abwägungsauffassung nicht durchgesetzt. Allgemein werden öffentliche Belange, trotz weiter Auslegungsmöglichkeit, in einem engeren städtebaulichen Zusammenhang verstanden.447 Vorherrschend in der Diskussion öffentlicher Belange sind schädliche Umwelteinwirkungen, Verkehrsbelange und die Konfliktbewältigung unterschiedlicher Ausweisungsflächen. Dies alles sind Belange, die ihren Problembereich in einer Optimierung gegensätzlicher Auswirkungen haben. Sie eint aber noch etwas. Das vorherrschende Problemzentrum liegt in kurzfristigen Auswirkungen. Aus diesem Grund ist die Übereinstimmung mit der Nachhaltigkeit trotz struktureller Ähnlichkeit abzulehnen.448 Nachhaltigkeit geht in seinen Anforderungen in drei spezifischen Punkten über die bisher abwägungserheblichen Belange hinaus. Dies sind die Herausstel441 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 239; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 21; wohl auch: Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 103. 442 W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 162. 443 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 194. 444 Dreidimensionale Problemsicht und zukunftsgerichteter Ausgleich sind nach seiner Auffassung schon immer Bestandteile der bauleitplanerischen Abwägung, Kuschnerus, ZfBR 2000, 15 (19f.); Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 281; teilweise auch: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103, der von „Akzentuierung der auf die Zukunft gerichteten Dimension der Bauleitplanung spricht. Diese gehen damit aber über das „statische“ Abwägungsverständnis, Krautzberger, UPR 2001, 130 (131), hinaus. 445 Vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 157; Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, § 1 Rn. 95. 446 Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 404f. 447 Vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 101, 106; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 188; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 162. 448 Vgl. Krautzberger, UPR 2001, 130 (131); Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 45.

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lung der planerischen Aufgabe künftiger Lebensgrundlagensicherung,449 der eigenständige Regelungsgehalt in dauerhafter Integration widerstrebender Belange450 mit der Langfristigkeit der Planung451 und die besondere Betonung langfristiger Nutzungsansprüche auch künftiger Generationen452 mit der Überlagerung der Abwägung durch Nachweltschutz.453 Die Aufnahme der Nachhaltigkeit im Baurecht hat mit Zukunftsbezug und Langfristperspektive zur Verankerung einer ethisch-normativen Grundentscheidung geführt, die im eng städtebaulichen Bezug so nicht ausgeprägt war.454 Umweltschutz hat aber abweichend zur Vorfassung die Stellung einer primären Aufgabe erhalten, die durch ökonomische und soziale Belange „relativiert“ ist.455 Das Oberziel nachhaltige städtebauliche Entwicklung umfasst alle in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Planungsleitlinien.456 Die Zielsetzung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung bleibt durch die Aufnahme der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung erhalten.457 Es besteht insofern Deckungsgleichheit beider Begriffe, als nachhaltige städtebauliche Entwicklung immer dem Prinzip der städtebaulichen geordneten Entwicklung entspricht.458 Letztere hat jedoch einen eigenständigen Rege449

Mitschang, DÖV 2000, 14 (16). Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103; Mitschang, DÖV 2000, 14 (19). 451 Krautzberger, UPR 2001, 130 (131). 452 Schink, ZfBR 2000, 154 (155); vgl. auch: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3 Rn. 4f.; Krautzberger, UPR 2001, 130 (131); Mitschang, DÖV 2000, 14 (19); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 75; ähnlich: KrautzbergerStemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (320), rechtlich sei zeitliche Dimension bisher wenig akzentuiert gewesen. 453 Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 21. 454 Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (129). Sicherung der menschenwürdigen Umwelt oder den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zum alleinigen Zweck der Bauleitplanung zu machen, kann hingegen aus der Verankerung der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung in Verbindung mit dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nicht abgeleitet werden, so aber Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 140. Gegen zusätzliche Anforderungen: Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (36). 455 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 101, 103; Brenner, Baurecht, S. 92. 456 So auch zu dem § 1 V 2 BauGB a. F.: Mitschang, DÖV 2000, 14 (16). 457 Diese ist zudem nach h. M. weiterhin durch die Aufnahme in § 1 III BauGB bindend, für viele: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103. Die Nachhaltigkeit ist damit zugleich auch ein städtebauliches Leitbild, Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 781 (782). 458 Mitschang, DÖV 2000, 14 (17); Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 426; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 45; Söfker, in: 450

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lungsgehalt in der dauerhaften Integration widerstrebender Belange, der auch die Zukunftsgerichtetheit zuzuordnen ist. Die Aufnahme der Nachhaltigkeit bedeutet damit eine Erweiterung der Aufgabenbeschreibung der Bauleitplanung.459 cc) Mangelnde Steuerungswirkung Die Planungsleitlinien des § 1 Abs. 6 BauGB enthalten ihre vollziehbaren Anforderungen letztlich aus dem Abwägungsgebot, was eine geringe Steuerungswirkung nach sich zieht.460 Eine Steuerungswirkung nachhaltiger Entwicklung hinsichtlich konkreter Zielsetzungen und Verpflichtungen der Planung461 ist so für die Planungsleitlinien generell schwer vorstellbar.462 Daraus aber einen bloßen Appellcharakter nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung abzuleiten,463 würde den Einfluss der sich verfestigenden Nachhaltigkeit verkennen.464 Auch bei der Annahme einer mehr politischen Prägung der Nachhaltigkeit genügt der Norminhalt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Normen.465 Die Regelungsgegenstände des Rechts bedingen unterschiedlich starke Bedürfnisse nach unbestimmten ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriffen.466 Dies ist insbesondere aufgrund Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103; wohl genau die gegensätzliche Auffassung: W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 91a. 459 Auch: Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 425f. Sehr weitgehend ist jedoch die Einordnung als Qualifizierungsprinzip der Abwägung, die zur Modernisierung und „neuer Qualität“ traditioneller Planungs- und Abwägungsvorgänge führe, so F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (34); Tettinger, WiVerw 2000, 1 (5); a. A. Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 465 (50. EL). 460 Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (164). 461 Schink, ZfBR 2000, 154 (155); vgl. Schink, Umweltschutz im Bauplanungsrecht, S. 837 (838); ablehnend zu Relativierungen: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 500 (50. EL). 462 Vgl. Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 486 (50. EL). 463 So: W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 91a; eher politische Signalwirkung“ für das ökologische Handeln auf lokaler Ebene: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 281. 464 Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 489, 505 (50. EL), verweist zutreffend auf die gleiche Problematik geordneter städtebaulicher Entwicklung, die durch die Rechtsprechung bewältigt worden sei, sowie auf die seiner Auffassung nach erfolgte Wandlung vom politischen Begriff zum Rechtsbegriff durch die Aufnahme in § 1 V 1 BauGB. 465 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (738f.); weitergehend: Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 248, verbindliche Rechtsregel. 466 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (465); Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (738).

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der schnellen Entwicklung von Wissenschaft und Technik im Umwelt- und Technikrecht anerkannt und normiert.467 Unbestimmte Rechtsbegriffe sind regelmäßig durch langjährige Entwicklung in Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis der näher konkretisiert worden.468 Neben Konkretisierungen durch politische Institutionen, denen zum Teil bereits rechtliche Verbindlichkeit zugemessen wird, können auch aus der dreidimensionalen Nachhaltigkeit vereinzelt konkretisierte Aussagen abgeleitet werden.469 Die Grundentscheidung der nachhaltigen Entwicklung prägt in der Abwägung die Abwägungsentscheidung mit, auch wenn der Konkretisierungsgrad aufgrund des Prinzipiencharakters notwendigerweise gering ist. d) Optimierungsgebot und Nachhaltigkeit Alle Planungsleitlinien haben in der generellen Gesetzesfassung gleichen Rang.470 Aus dem Gedanken, eine in allen planerischen Situationen bestehende Gefährdungslage angemessen zu berücksichtigen, kann der Gesetzgeber einzelnen Planungsleitlinien ein besonderes Gewicht zuschreiben oder bestimmen, dass bestimmte Belange nur in Ausnahmefällen gegenüber anderen berücksichtigt werden dürfen.471 Für diese besondere Gewichtung ist der Begriff des Optimierungsgebotes gebräuchlich.472 Für die nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene ist es relevant, wie Optimierungsgebote die Abwägung beeinflussen und welche rechtlichen Auswirkungen Nachhaltigkeit im Gefüge der Optimierungsgebote des BauGB hat. 467 Köck, NuR 1997, 528 (530) in Bezug auf TA Luft, 13., 17. BImSchVO, sowie § 7a WHG; dazu auch: Dahme in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 7a Rn. 35f.; vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449 (466); allgemein: Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (122); kritisch: Scherzberg, in: Engel/Halfmann/ Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (127f.); Sendler, UPR 1981, 1 (9). Beispiele sind etwa die Begriffe „erheblich“ (§ 1 BImSchG), „vermeidbar“ (§ 1a WHG); sowie Technikklauseln „Stand der Technik“ (§ 3 VI BImSchG); zu letzterem kritisch: Stahel, Langlebigkeit und Materialrecycling, S. 163, Gefahr der Innovationsfeindlichkeit. 468 Sendler, UPR 1981, 1 (10). So Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 6, zur Frage der Bestimmung einer konkreten Gefahr für die natürlichen Lebensgrundlagen, allgemeiner S. 207. 469 So Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, § 1 Rn. 6. Dazu oben: A.II.2.a)cc)(1); im Ergebnis erkennt diese Tendenz schon W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 91a, selbst, indem er einzelne Forderungen bereits in die Abwägung einstellbar ansieht; ablehnend: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 489 (50. EL), der planungsrechtliche Gestaltungsfreiheit als unabdingbar für die Leitlinien ansieht. 470 W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 77. 471 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 6, S. 231. 472 Dazu: Sendler, UPR 1995, 41 (44f.).

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Optimierungsgebote sind in der Literatur umstritten. Die überwiegende Auffassung hält ein Optimierungsgebot für ein Zuerkennen eines „erhöhten inneren Gewichts“,473 das eine Zurückstellung gegenüber einfachen Abwägungsbelangen nur mit besonderer Rechtfertigung erlaubt.474 Eine weitergehende Auffassung will das Optimierungsgebot als Aufforderung des Gesetzgebers interpretieren, den betroffenen Belang möglichst umfassend zu fördern. Die anderen Belange sollen so weit wie möglich in Relation zu ihrem Gewicht zurückgedrängt werden.475 Die durch ein Optimierungsgebot beeinflusste Abwägungsproportionalität sei dann gegeben, wenn eine der Optimierung genügende Disproportionalität im Sinne der Abwägungsfehlerlehre ohne Einfluss des Optimierungsgebotes bestehe.476 Diese Auffassung hat sich aufgrund der zu weitgehenden Konsequenzen jedoch bisher nicht durchgesetzt.477 Obwohl das BVerwG in seiner Rechtsprechung von der Bezeichnung „Optimierungsgebot“478 abgerückt ist, ist darin keine Abkehr von der Dogmatik des Optimierungsverbots zu erkennen.479 Das BVerwG verwendet die Kriterien „herausgehobener Bedeutung“ bzw. „erhöhten inneren Gewichts“ als die Kriterien weiter, die vorher das Verständnis vom relativen Vorrang des Abwägungsgebots bezeichnet haben.480 473 BVerwG, NuR 1997, 543 (544f.); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 130f. 474 BVerwG, NVwZ 1997, 1213 (1214f.) bei Ablehnung des Begriffs „Optimierungsgebot“; Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (159); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 86; Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GKBImSchG, § 50 Rn. 54; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 6, S. 231; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 77. Mit konkreten Beispielen Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (28); Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 77; a. A. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 145, keine Gewichtungsvorgaben für die planerische Abwägung. 475 Hoppe, DVBl 1992, 853 (860); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 131; in diese Richtung auch: Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht § 28 Rn. 7; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 56; für die absolute Vorrangregelung als beste Möglichkeit, nachhaltige Entwicklung zu fördern: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 269. Im Ergebnis werden zwischen den Präzisierungen keine gravierend unterschiedlichen Ergebnisse gesehen, Brohm, Öffentliches Baurecht1, § 13 Rn. 7, so dass die Unterscheidung teilweise unterbleibt, etwa: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 493 (50. EL). 476 Vgl. v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 132. 477 Sendler, UPR 1995, 41 (45). 478 BVerwG, UPR 1999, 268 (269); NuR 1997, 543 (544); vgl. auch: Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 7, S. 232f. 479 Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen für die Verwaltung, S. 157. 480 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 7, S. 232f.

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In der Literatur wird auch die dogmatische Konstruktion eines Optimierungsgebots als solche angegriffen. Die Gleichrangigkeit aller Belange481 sei unverzichtbar und resultiere aus der nicht zielgebundenen Bauleitplanung, die im Gegensatz zur Fachplanung kein Ergebnis vorgegeben hat, sondern im Rahmen zwingender Normen und Rahmenplanungen frei sei.482 Die Notwendigkeit einer gesetzlichen „relativen Vorrangbestimmung“ sei kaum einsichtig zu begründen.483 Bei einem Konflikt mehrerer Optimierungsgebote helfe das Verständnis von Optimierungsgeboten nicht,484 weil der Konflikt wiederum nur abwägend gelöst kann.485 Aus diesem Grund halten die Kritiker Optimierungsgebote für entbehrlich.486 Die Kritik an der Bezeichnung „Optimierungsgebot“ ist berechtigt. Das Optimierungsgebot zielt nicht auf die Optimierung im Sinne einer Maximierung eines Belangs, sondern verstärkt bloß dessen Abwägungsgewicht. Insofern ist die Klassifizierung als „Optimierungsgebot“487 verwirrend. Die Kritik der Literatur an der Dogmatik des Abwägungsgebots zeigt, dass letztlich die konkrete Abwägung ausschlaggebend bleibt.488 Mit Recht wird daher der Bedarf einer Hervorhebung der ohnehin aus der Planungssituation resultierenden Gewichtung bezweifelt. Aus diesen Zweifeln auf die Untauglichkeit des Optimierungsgebots wie aller Umschreibungen, die einen Vorrang in der Planung suggerieren zu schließen,489 ist dennoch verfehlt. Diese Auf481 Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (513); Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 280. 482 Vgl. Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (157); Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 495 (50. EL). 483 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 8, S. 234. 484 Vgl. BVerwGE 71, 163–166, das § 1 II BNatSchG und § 50 BImschG so bezeichnet; der Sache nach: Sendler, UPR 1995, 41 (47); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 8a; kritisch: Bunzel, NuR 1997, 583 (587). 485 So: Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (158); dahingehend auch: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 104. Eine „Inflation“ des Nachhaltigkeitsgedanken hat damit die Gefahr, dass sich die konfligierenden Belange unverändert auf einer höheren Ebene gegenüberstehen, die bereits auf der Ebene einfacher Belange konkurriert haben, so richtig: Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 781 (782). 486 Eingehend: Bartlsperger, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 127 (129, 135, 144); ablehnend zur Dogmatik des Optimierungsgebots insgesamt: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 283ff., 290; dagegen: Koch, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 549 (562ff.). 487 Vgl. Hoppe, DVBl 1992, 853f.; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 58. 488 Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (158). 489 Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (157); ders., Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 279, 282f.

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fassung ist bei aller theoretischen Stringenz zu wenig mit der Planungspraxis kongruent. Zwar sollte in der Planung immer eine Berücksichtigung der Belange entsprechend ihrem Planungsgewicht erfolgen. Es ist aber kein Geheimnis, dass dies nicht immer der Fall ist.490 Ist die Begründung nicht im erforderlichen Umfang erfolgt, kann die Planung zudem nur schwer nachvollzogen werden. Es besteht somit ein praktisches Bedürfnis dafür, bestimmte Planungsdirektiven mit besonderen Anforderungen zu versehen. Der Sinn dieser Optimierungsgebote liegt darin, Belange, die typischerweise in der Planung bedeutend sind, aber aufgrund von Interessenkonstellationen häufiger nicht tatsächlich mit dem ihnen zukommendem Gewicht in die Planung eingestellt werden, durch die Zubilligung eines relativen Vorrangs hervorzuheben.491 Der erhöhte Begründungsaufwand soll ihnen eher die ihnen zukommende Stellung sichern.492 Die Kritik, dies sei eine nicht hinnehmbare Einschränkung des Planungsermessens,493 ist nicht zutreffend. Komplexe teure und schrittweise verwirklichte Planungen entfalten ein gefährliches faktisches Gewicht,494 das selbst späteren Individualrechtsschutz, bei rechtswidrigen Eingriffen überwinden kann.495 Richtigerweise handelt es sich um eine Maßnahme, eine ermessensfehlerhafte Praxis zu erschweren, die nicht schützenswert ist. Eine Einschränkung des Planungsermessens liegt im Regelfall darin nicht, weil die Gewichtung bei einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung eben grundsätzlich ohnehin im Sinne der Gewichtsvorgabe erfolgen müsste.496 Aus diesem Grund ist eine abwägungsbeeinflussende Direktive in der Planung beizubehalten. Aus den Erwägungen zu den Wirkungen des Optimierungsgebots kann nur folgen, dass auch das Nachhaltigkeitsprinzip als Optimierungsgebot ausgestaltet sein muss, soll sein umfassender Anspruch nicht durch die bestehenden Optimierungsgebote beschränkt werden.497 Das Nachhaltigkeitsprinzip ist ein Optimierungsgebot und aus seinem Prinzipiencharakter auf 490 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 89. Daher auch der Vorschlag, ökologische Elemente in der Raumplanung gezielt höher zu bewerten, um die Defizite, die durch Bevorzugung wirtschaftlicher Belange in früheren Plänen entstanden sind, auszugleichen, vgl. ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 192; Pohle, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 11 (19). 491 Insbesondere Allgemeinwohlbelange, vgl. Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 8, S. 233. 492 Vgl. auch v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 140. 493 Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 495 (50. EL). 494 Ebenso für die abnehmende Bereitschaft des privaten Bauherren, Umweltanforderungen mit Fortschreiten der Planung zu berücksichtigen: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 17. 495 Vgl. Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 191. 496 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 55.

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höchstmögliche Erfüllung ausgerichtet.498 Auch die Planungsleitlinien sind Prinzipien und zugleich Konkretisierungen nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung.499 Sie überschneiden sich zwar untereinander, sind aber auf das Prinzip nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung gerichtet und nicht dem entgegen.500 Sie können das „Wegwägen“ schwächerer Allgemeinbelange erschweren.501 Die Steuerungsfähigkeit ist aufgrund der weiten Konkretisierbarkeit geringer, so dass umfassende Bemühungen der Risikofrüherkennung geboten sind.502 Dies verschiebt die Intensität nachhaltiger Entwicklung im Regelfall von schwächerer zu stärkerer ökologischer Nachhaltigkeit.503 e) Baurecht und Naturschutz Die Intensität und Anforderungen nachhaltiger Entwicklung im BauGB, die von den Gemeinden zu beachten sind, werden wiederum von anderen Rechtsgebieten beeinflusst.504 Dem Verhältnis von Baurecht zu Naturschutzrecht kommt in diesem Zusammenhang mit der ökologischen Dimension nachhaltiger Entwicklung eine besondere Bedeutung zu.505 § 1a Abs. 3 BauGB verlangt, die Vermeidung und den Ausgleich der voraussichtlich erheblichen Eingriffe in Natur und Landschaft auch in der 497 Im Ergebnis auch Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (159), der allerdings das Optimierungsgebot ablehnt und stattdessen eine besondere Begründung bei der Zurücksetzung von Nachhaltigkeit verlangt. 498 Bunzel, NuR 1997, 583 (586); vgl. dazu oben: A.V.; zu der unterschiedlichen Bedeutung: Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 50 Rn. 35. 499 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 4, 8, S. 228; 232; vgl. Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 1 Rn. 492 (50. EL); Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 46f. 500 Vgl. auch: Bunzel, NuR 1997, 583 (586); Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13 Rn. 4, S. 229. 501 So zur Planungspraxis Behrens/Kaether, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 81 (86); gegen diese Praxis: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 292; Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (44); a. A. Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (664); polemisch Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 914 (924): „Nachhaltige Trauerarbeit mit echten Krokodilstränen“. 502 Deshalb scheint die Beteiligung unabhängiger Organisationen im Verwaltungsverfahren angezeigt, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 138f. 503 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (36); wohl auch: Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 781 (782). 504 Zu der Abstimmung mit anderen Fachplanungen: OBBBayMI, Planungshilfen, S. 12ff. 505 Zum Naturschutz unten: C.III.5.

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Abwägung zu berücksichtigen. Ein Eingriff in Natur und Landschaft ist eine Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Flächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können, vgl. § 18 Abs. 1 BNatSchG.506 Für die Prüfung, ob ein Eingriff vorliegt, ist die naturschutzrechtliche Sichtweise im BNatSchG maßgeblich, § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB.507 Dies bestimmt sich nach § 18 Abs. 1 BNatSchG.508 Die Regelung des § 1a Abs. 3 BauGB korrespondiert mit den §§ 18ff. BNatSchG. Den Anwendungsbereich der Eingriffsreglung definiert § 21 BNatSchG.509 Rechtsfolgen und Vollzug der Eingriffe, die durch die Bauleitplanung zu erwarten sind, regelt gem. § 21 Abs. 2 BNatSchG das BauGB.510 Dies führt nach überwiegender Auffassung dazu, dass die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung durch die planerische Abwägung beeinflusst werden kann.511 Die Regelung soll integratives und langfristiges Denken fördern und damit auch als Instrument nachhaltiger Entwicklung wirken.512 Im Ergebnis wird damit die Eingriffsregelung in die Bauleitplanung513 vorverlagert. aa) Differenzierung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Die erforderliche Kompensation der Eingriffe ist nach dem Gesetz durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen möglich. Ersatzmaßnahmen sind die subsidiäre Kompensation der eingriffsbedingten Beeinträchtigung, wogegen die vorrangige Schaffung eines gleichartigen Zustandes als Ausgleich eingeordnet wird, § 19 Abs. 2 BNatSchG.514 Ersatz ist danach ein „Minus“ zum Ausgleich. Rahmenrechtlich ist neben dem Ausgleich nun auch der Ersatz für Eingriffe bundeseinheitlich in § 19 Abs. 2 BNatSchG geregelt.515 Im BauGB fehlt eine solche Differenzierung; § 200a BauGB ordnet an, dass Flächendarstellungen und Festsetzungen für Flächen oder Maßnahmen zum 506

Vgl. dazu auch unten: C.III.5.a)cc). Bundesumweltministerium, Umwelt 1992, H. 2, 60 (61). 508 Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 573. 509 Vgl. auch: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7 Rn. 171. 510 Der Regelung liegt die Annahme zugrunde, die Anliegen des § 18 BNatSchG im Bauleitplanungsverfahren besser als im Vorhabengenehmigungsverfahren zu berücksichtigen, Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1a Rn. 39. 511 Vgl. Sanden, Umweltrecht, § 12 Rn. 22; Schink, ZfBR 2000, 154 (156); Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts Rn. 1241ff.; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 314. 512 Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (324f.). 513 Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3 Rn. 121. 514 Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3 Rn. 120. 515 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19 Rn. 1, 33. 507

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Ausgleich auch Ersatzmaßnahmen nach den Vorschriften der Landesnaturschutzgesetze umfassen. Das alte BNatSchG ermöglichte in § 8a Abs. 9 BNatSchG weitergehende Ländervorschriften über Ersatzmaßnahmen, die von § 200a BauGB erfasst wurden. Die daraus ermöglichte Wahlfreiheit der Gemeinden hinsichtlich der Art der Kompensation für den Eingriff516 war insoweit stimmig. Fraglich ist nunmehr die Folge für die Differenzierung zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe im BauGB. Nach einer Auffassung führt die Neuregelung dazu, dass im BauGB nunmehr ein engerer Ausgleichbegriff im Sinne des § 19 Abs. 2 BNatSchG vorhanden ist, neben den ein Ausgleichbegriff tritt, der Ersatzmaßnahmen nach Landesrecht einschließt.517 Eine andere Auffassung meint, durch § 200a BauGB kämen die landesrechtlichen Regelungen nach § 19 Abs. 4 BNatSchG nicht zur Anwendung.518 Ein naturschutzrechtlich nicht ausgeglichener Eingriff kann demnach durch Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle kompensiert werden. Die Verwendung von Ersatzmaßnahmen im Naturschutzrecht sei im Zusammenspiel mit § 200a BauGB eine bloße Klarstellung.519 Eine dritte Auffassung sieht durch die neue Regelung im BNatSchG eine Anpassung des BauGB als notwendig an. Das BNatSchG habe seinerseits bundeseinheitlich den Begriff der Kompensationsmaßnahme festgelegt.520 Die Entwicklung des Verhältnisses dieser Normen ist im Fluss. Für das Verhältnis der vorherigen Normierungen war als „Baurechtskompromiss“ weitgehend geklärt, dass sich Eingriffe in die Natur nach den baurechtlichen Vorschriften richten. Die Eingriffsregelung wurde Gegenstand in der Abwägung (sog. städtebauliche Lösung).521 Die erfolgte Veränderung wirkt sich kaum im Baurecht aus. Die Umsetzung einer rahmenrechtlichen Regelung ist weiterhin Landesrecht. Damit wird auch sie weiterhin durch § 200a BauGB erfasst,522 so dass sich der Normierungs516

Schink, ZfBR 2000, 154 (163); Lüers, UPR 1996, 401 (405). Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21 Rn. 24. 518 Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3 Rn. 120. 519 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 200a Rn. 3f.; vgl. Bunzel, NuR 1997, 583 (587); dagegen: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21 Rn. 23; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 236. 520 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 21 BNatSchG Rn. 19. 521 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht § 15 Rn. 93; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 313f.; Krautzberger, in: Schmidt-Aßmann u. a. (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 801 (806ff.); Erbguth, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 87 (93, 96); zur dieser entgegengerichteten naturschutzrechtlichen Lösung: Gassner, NuR 1993, 252 (254); kritisch: Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 71; Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1719). 522 Dies scheinen Lorz/Müller/Stöckel mit dem Blick auf Bundeseinheitlichkeit zu übersehen, oben: Fn. 520. 517

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

zusammenhang nicht verändert hat. Rechtsfolgen und Vollzug der zu erwartenden Eingriffe bleiben im Regelungsbereich des BauGB, § 21 Abs. 2 BNatSchG.523 Davon abgesehen sind die Rechtsfolgen zwischen Ersatz und Ausgleich weitgehend angeglichen.524 bb) Der Ausgleich von Eingriffen Zur Ermittlung der erforderlichen Maßnahmen für einen Ausgleich ist zunächst eine Erfassung der vorhandenen Natur und Landschaft notwendig. Eine vollständige Bestandsaufnahme ist in der Regel nicht erforderlich. Ausreichend ist die Orientierung an bestimmten Bioindikatoren,525 die sich aber nicht über mehrere Vegetationsperioden erstrecken muss.526 Die Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung steigen, je ökologisch sensibler das betroffene Gebiet ist.527 Eine bloße Inaugenscheinnahme kommt nur in sehr einfach gelagerten Ausnahmefällen in Betracht.528 FFH- und Vogelschutzgebiete sowie besondere Schutzgebiete nach § 23ff. BNatSchG529 genießen besonderen Schutz auch gegenüber gemeindlichen Planungen, § 35 Satz 2, § 34 Abs. 2 BNatSchG,530 § 1a Abs. 4 BauGB. Ihre erhebliche Beeinträchtigung ist unzulässig, § 34 Abs. 2 BNatSchG. Abweichungen sind nur in strengen Ausnahmefällen erlaubt, § 34 Abs. 3, 4 BNatSchG,531 und erfordern eine zusätzliche Verträglichkeitsprüfung, § 34 523

Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1a Rn. 39; ders., Städtebau- und Umweltrecht, S. 801 (812). 524 Dies zeigt sich auch in der Zulassung eines weiten funktionalen Zusammenhangs zwischen Eingriff und Ausgleich, vgl. BVerwG, NVwZ 1997, 1216ff.; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19 Rn. 33; vgl. Brohm, Öffentliches Baurecht1, § 6 Rn. 40; Erbguth, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 87 (99); Schmidt, NVwZ 1998, 337 (340); Schink, ZAU 1998, 407 (441ff.). Dagegen jedoch vor § 9 Ia BauGB: Schmidt-Eichstaedt, DVBl 1994, 1165 (1174). Bei enger Auslegung am Wortlaut ist es fraglich, ob Ausgleichsmaßnahmen des Naturschutzes in der Bauleitplanung überhaupt möglich sind, differenzierend dazu: Brohm, ebd. 525 BVerwG, NVwZ 2002, 1103 (1110); auch: Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 18 Rn. 26; Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1074); Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1243. 526 Strenger: Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts2, Rn. 761, mindestens eine Vegetationsperiode. 527 Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 72. 528 Großzügiger wohl: Schink, ZfBR 2000, 154 (165); a. A. auch: Louis, NuR 1998, 113 (116), der aufgrund des Art. 20a GG hohe Anforderungen stellen will, deren Umfang mit der Hochwertigkeit der Natur auf den ersten Blick zunehmen soll. 529 Dazu oben: C.III.5.c)bb). 530 Schink, ZfBR 2000, 154 (156); dazu auch: Louis, NuR 1998, 113 (114f.); zur Grenzsetzung durch europäisches Recht eingehend etwa: Schrödter, NdsVBl 1999, 173 (174ff.); OBBBayMI, Planungshilfen, S. 30.

III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen

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Abs. 1 BNatSchG.532 Der Bestandsaufnahme und Bewertung sind die erwarteten Eingriffe gegenüberzustellen.533 Zwischen Eingriff und Ausgleich genügt bereits ein weiter funktionaler Zusammenhang,534 der auch in §§ 1a Abs. 3 Satz 3, 4; 9 Abs. 1a BauGB gesetzlich anerkannt und nicht auf Bebauungspläne im Gemeindegebiet beschränkt ist.535 Die räumliche Trennbarkeit von Eingriff und Ausgleich führt zu einer Flexibilisierung der Festsetzung von Ausgleichsmaßnahmen.536 Dies bedeutet für die Gemeinden, dass Ausgleichsdefizite schwieriger zu rechtfertigen sind.537 Planungsziel ist somit grundsätzlich ein Vollausgleich.538 Die Ausgleichspflicht ist jedoch durch unverhältnismäßige Opfer beschränkt.539 Der Ausgleich ist nicht notwendig, wenn die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren, § 1a Abs 3 Satz 4 BauGB.540 Die Gemeinden reagieren auf diese Anforderungen bereits mit dem Anlegen von projektbezogenen „informellen Vorratsplanun531 Wirtschaftliche Belange seien aus der Abwägung gänzlich ausgeblendet, Jarass, Einleitung, in: ders. (Hrsg.) EG-Naturschutzrecht und räumliche Gesamtplanung, S. 1 (2); grundsätzlich nicht zu überwinden: Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 (841), ähnlich: Schrödter, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 59 (68f.), ders., NdsVBl 1999, 173 (182); vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 2839f.; Mitschang, WiVerw 1998, 20 (55); Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 38; Schink, ZfBR 2000, 254 (162), grds. keine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgebietes statthaft; Spannowsky, UPR 2000, 41; Gellermann, NdsVBl 2000, 157 (163); a. A. über Belange wirtschaftlicher und sozialer Art: Gellermann, NuR 1996, 548 (554). 532 Schrödter, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 59 (68f.); ders., NdsVBl 1999, 173 (174, 178ff.). 533 Schink, ZfBR 2000, 154 (165). 534 Dazu die Nachweise oben: Fn. 524. 535 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 15 Rn. 96; Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, § 9 Rn. 98a. 536 Schink, ZfBR 2000, 154 (164). Vorrangig sind Eingriffe zu vermeiden. 537 So auch: Schink, ZfBR 2000, 154 (166). Zu den wichtigsten naturschutzrechtlichen Planungsfehlern der Gemeinden bei der Aufstellung der Bauleitpläne: Tettinger, WiVerw 2000, 1 (16–25). 538 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 324; sowie: Louis, NuR 1998, 113 (120), Abschläge bei Ermittlung unzulässig. Ohne Festlegung auf Zahlen auch Gassner, NuR 1993, 253 (255); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 248; so auch: Tettinger, WiVerw 2000, 1 (15); dagegen: Mitschang, WiVerw 1998, 20 (30); v. Heyl, VBlBW 2000, 218, der in Gemeinwohlfällen keine Unterschreitung der Ausgleichsquote von 50% in Gemengelagen von 10–20% für akzeptabel hält. 539 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 319f. 540 Vgl. auch: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 322; Louis, NuR 1998, 113 (119).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

gen für Ausgleiche“, die sich in der Praxis bereits bewährt haben.541 Die Bildung von „Flächenpools“ und Öko-Konten“ finden Anklang als ausbaufähiges kommunales Flächenmanagement,542 die den Gemeinden ermöglichen, ein Defizit der Eingriffsbilanz abzubauen.543 f) Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden für nachhaltige Entwicklung Im Gegensatz zu den beschränkten echten Gestaltungsspielräumen der Gemeinden im staatlichen Gesamtgefüge, ermöglichen Flächennutzungsplanung, Bebauungsplanung und die informelle Planung den Gemeinden vielfältige eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Die Bauleitplanung ist rechtlich durch die Konkretisierung und Umsetzung der erarbeiteten Leitbilder im Bebauungsplan sowie den Landschaftsplänen und Grünordnungsplänen geprägt.544 Die informelle Planung betrifft städtebauliche Rahmenpläne, Stadtsanierungspläne, Revitalisierungs- bzw. Dorfentwicklungs- und -sanierungspläne.545 Kommunale Handlungsfelder bieten die Flächenplanung, Verkehrspolitik, die Umweltpolitik, insbesondere mit Immissionsschutz, Bodenschutz, Naturschutz und Landschaftspflege und Partizipation.546 Die lokale 541 Aus Praxissicht: v. Heyl, VBlBW 2000, 218. Auch Aufstellung gemeinsamer Bebauungspläne zur Nutzung des Ausgleichspools: Bunzel, NuR 1997, 583 (588). 542 Dazu: Bunzel, NuR 1997, 583 (588); OBBBayMI, Planungshilfen, S. 27f.; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts Rn. 1265; positiv auch: Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (37); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 245; Schink, ZfBR 2000, 154 (161f.). Ökokonten und Flächenpools waren schon länger Gegenstand kommunaler Forderungen, vgl. Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 29. 543 Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (324); kritisch: Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 349. 544 Paulsen, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 99 (102); vgl. auch: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (46f.); als Orientierungshilfe, OBBBayMI, Planungshilfen, S. 1ff. 545 Dagegen: Erbguth, DÖV 1998, 673 (678), der Abstimmungsauftrag des § 13 S. 3 ROG dürfe nicht anstelle der Koordinierung in der Regionalplanung treten, lediglich vorbereitend sei dort informales Handeln möglich. Vgl. detailliert: Hesse, RuR 1996, 103 (114) Übersicht 3. 546 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (25); Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 24ff., 28ff.; Maasberg, RuR 1998, 90 (92); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 290; Schröer, Kommunaler Umweltschutz in Europa, S. 7; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 16, unter Einbeziehung auch lokalen Klimaschutzes. Das Handlungsfeld nachhaltiger Entwicklung ist so umfassend, dass alle denkbaren Handlungsmöglichkeiten nicht aufgezählt werden können. Die Bundesfor-

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Umweltplanung kann durch die Betonung ökologischer Belange in der Bauleitplanung nachhaltige Projekte einer Agenda 21 fördern.547 Um nicht alle Handlungsmöglichkeiten im baurechtlichen Kontext abzuhandeln, sind die baurechtlichen Festsetzungsmöglichkeiten in die Darstellungen der Fachbereiche integriert. An dieser Stelle erfolgt ein allgemeiner Überblick über die Gestaltungsspielräume, Mängel und Beteiligung in der Bauleitplanung sowie die UVP und vertragliche Gestaltung in der Bauleitplanung. aa) Gestaltungsspielräume in der Bauleitplanung Die Gemeinden haben die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Bauleitplanung, § 2 I 1 BauGB. Eine gemeindliche Planungspflicht besteht, wenn vorhandene Bedürfnisse nicht anderes als durch eine Bauleitplanung in geordnete Bahnen gelenkt werden können.548 Eine derartige Verdichtung ist in der Praxis der Ausnahmefall. Nur im Einzelfall kann auch eine Pflicht zur Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen entstehen, wenn die städtebauliche Entwicklung nicht im Sinne einer nachhaltigen Ordnung verläuft.549 Rechtsansprüche Einzelner resultieren aus der Planungspflicht nicht. Die Erforderlichkeit der Planung, § 1 Abs. 3 BauGB, ist in ihrem Schwerpunkt der politischen Entscheidung in der Gemeinde überlassen, so dass § 1 Abs. 3 BauGB nur eine Schranke gegen grobe oder offensichtliche Verstöße550 darstellt und eine eigenverantwortliche Auswahl der zulässigen Plaschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung hat in einem Strategiekatalog fünf zentrale Handlungsfelder der Stadtentwicklung beschrieben. Sie sind in die Bereiche haushälterisches Bodenmanagement, vorsorgender Umweltschutz, sozialverträgliche Wohnungsversorgung, stadtverträgliche Mobilitätssteuerung, sowie standortsichernde Wirtschaftsförderung gegliedert und können Hinweiswirkung für eine lokale Agenda 21 haben, vgl. Fuhrich, IzR 1996, 173 (176ff.); die tabellarische Gliederung der Aufgabenfelder findet sich im Anhang unter XIII. Weitere Ansätze etwa: ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 86ff.; ähnliche Gliederung auch: Hesse, RuR 1996, 103 (110ff.); Krautzberger, in: Bückmann/Lee/ Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (124); ähnlich auch: BMBau (Hrsg.), Empfehlungen der ExWoSt-Begleitforschung zu „Nutzungsmischung im Städtebau“; BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR Nr. 5 1999, 2f.; Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89f. 547 Vgl. für die Umweltplanung: Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 169 (178f.). 548 Schlichter/Stich, Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 1 Rn. 3; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 1 Rn. 19ff. 549 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (35); Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 33, 34. 550 Insbesondere Negativfestsetzungen, die zweckwidrige vom BauGB nicht festsetzbare Zielsetzungen enthalten, um eine unerwünschte Nutzung zu verhindern, stellen solche Verstöße dar, Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 23; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 25; Gaentzsch, NVwZ 2001, 990 (991).

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nungsziele erlaubt.551 Genügend ist schon, wenn der Eingriff auch in seinem Umfang nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist.552 Die Verpflichtung, eine nachhaltige Entwicklung herzustellen, ist durch den Rahmen der Bauleitplanung beschränkt.553 Sind die mit dem Nachhaltigkeitsprinzip verbundenen Ziele nicht auch städtebaulich relevant, stellen sie keinen Rechtfertigungsgrund für eine Bauleitplanung dar.554 Aufgrund der Zielsetzung des BauGB ist die nachhaltige Entwicklung somit nur im Zusammenhang mit städtebaulichen Aufgaben auf die Normen des BauGB zu stützen.555 Eine umfassende Gesellschaftsplanung im örtlichen Bereich, die, aus dem umfassenden Anliegen der Nachhaltigkeit verständlich, teilweise von Agenda 21-Initiativen gefordert wird, ist nicht in der Bauleitplanung angelegt.556 Die kommunale Planungshoheit beinhaltet kein allgemeinpolitisches Mandat.557 Dies führt in der Gesamtbetrachtung lokaler Nachhaltigkeitsbemühungen zu Grenzen. Die rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinde sind aus diesem Zusammenhang geringer als die tatsächlichen Auswirkungen und Ursachen nachhaltigkeitsbezogener Problemlagen. Die städtebaulich relevanten Belange sind zwar nicht abschließend normiert. Anhaltspunkte bietet aber der nicht abschließende Katalog der Planungsleitlinien in § 1 Abs. 6 BauGB. Aufgrund der Erweiterung der städtebaulich relevanten Belange sind allerdings Ziele der lokalen Agenden nur selten nicht auch von städtebaulicher Relevanz.558 Die Verfolgung dieser Ziele schafft, 551 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 23; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 172. 552 v. Heyl, VBlBW 2000, 218, zum Ausgleich eines Eingriffs in der Bauleitplanung. 553 In diese Richtung: Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (30f.); Erbguth/Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 5 Rn. 121; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 45; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 21. 554 Vgl. BVerwG, DVBl 1970, 414 (415f.); Mitschang, DÖV 2000, 14 (18). 555 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 45; Brenner, Baurecht, S. 92; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 14f., 20f.; a. A. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 140. 556 Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 45; Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (31). Zu den zahlreichen vorbereitenden Planungen übersichtsartig: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 121ff. 557 BVerwG, NVwZ 1991, 682 (683); Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (31). 558 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (31). Vgl. auch: Gaentzsch, NVwZ 2001, 990 (991); daher handelt es sich nicht um bloß symbolische Gesetzgebung, v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 200.

III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen

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wenn auch keine Umweltplanung,559 so doch eine Gleichwertigkeit zu den anderen Oberzielen.560 Die lokale Ebene ist daher in den Bereichen von größerer Bedeutung, in denen Einwirkungen auftreten, die spezifisch lokaler Art sind und ihren Grund nicht in allgemein verbreiteten Stoffen haben.561 Der gewonnene Spielraum wurde in der Praxis teilweise ausgeschöpft, was sich in detaillierten Regelungen und Überfrachtungen der Bauleitpläne niedergeschlagen hat.562 Häufig bringt die Aufnahme detaillierter Regelungen aber eine Planungserschwernis mit sich. Die als Hilfestellung gedachten mehrseitigen Baugenehmigungen mit Nebenbestimmungen und Hinweisen stellen zwar keine zusätzlichen Anforderungen. Gerade wenn sie aber unter Verwendung standardisierter Nebenbestimmungen geformt sind,563 die sich juristischer Fachsprache im Gesetzestext annähern, ist die Hilfestellung für den Bürger begrenzt.

559

Für alleinigen Umweltschutz: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 140; weit auch: Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 19; vgl. Krautzberger, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 120 (126); Tettinger, WiVerw 2000, 1 (5). Auch durch die Aufnahme des § 1a BauGB sind Umweltschutz und Landschaftspflege in der Bauleitplanung gestärkt worden, Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 43, sowie Brohm, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 511 (514). Die in § 1a BauGB konkretisierten Umweltschutzaspekte dienen der Steuerung vorsorgeorientierten Umweltschutzes, vgl. Schink, ZfBR 2000, 154 (156); Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1223, 1229f.; entwickeln zugleich jedoch ein normatives Geflecht, das die Planungsfreiheit der Gemeinden einschränkt und schwerfälliger werden lässt, Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (333). 560 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (26); Schröder, SächsVBl 2001, 208 (211); zu weitgehend: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 141, der bei der Konkretisierung der menschenwürdigen Umwelt und die Sicherung der Lebensgrundlagen als Kompetenz der Gemeinden ein dem Gesetzgeber vergleichbarern Einschätzungsspielraum erkennt. 561 Rehbinder, NuR 1997, 313 (315); ähnlich: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 25, „Ausgleich im übergemeindlichen Maßstab“. 562 „Belange von Natur und Umwelt zum wichtigsten und umfangreichsten Planungsinhalt geworden“, Paulsen, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 99 (102); ähnlich: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 403, sowie Löhr, in: Berkemann u. a., Planung und Plankontrolle, S. 229 (243). Die hohe Regelungsdichte wird jedoch von den Gemeinden als positiv bewertet, vgl. FIRU, BT-DruckS 13/5489, S. 28. Vgl. auch unten: C.III.5.c)cc)(3). Anderes gilt hingegen für die generelle Beachtung der Umweltbelange in der Bauleitplanung, die auf sehr niedrigem Niveau verbleibt, vgl. Schröder, SächsVBl 2001, 208 (211). 563 Dafür: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 45, 213, die dies nicht als Erschwernis betrachten.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

bb) Mängel der Bauleitpläne Die Flächennutzungsplanung hat eine Steuerungs-, Ordnungs- und Koordinationsfunktion, auf der die grundlegenden Raumnutzungsentscheidungen gefällt werden,564 so dass sie eigentlich geeignet zur Förderung nachhaltiger Entwicklung ist. Die Bauleitpläne sind jedoch weitgehend veraltet.565 Sie führen ein „Schattendasein“ ohne faktische Steuerungs- und Koordinationsfunktion und können daher den Anforderungen nachhaltiger Entwicklung nicht genügen.566 Mehr als 50% der bei den Aufsichtsbehörden eingereichten Flächennutzungspläne wurden beanstandet, davon mehr als 80% aufgrund materieller Fehler. Hauptkonfliktfelder sind Natur- und Landschaftsschutz (67%) sowie Immissionsschutz (39%).567 Die Gemeinden sind häufig mit der verbindlichen Bauleitplanung überfordert.568 Hohe inhaltliche Anforderungen, gerade im Umweltbereich, stellen neben hohen Finanzausgaben, mangelnder Ausstattung und dem daraus resultierenden hohen Zeitaufwand569 für kleinere Gemeinden faktisch kaum überwindbare Grenzen dar.570 Die Großräu564

Mitschang, DÖV 2000, 14 (19); Entwicklung „zum Hauptinstrument der städtebaulichen Planung“, Stüer/Upmeier, ZfBR 2003, 114 (119); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (47); Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (47). 565 Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (47); siehe auch: Schink, ZfBR 2000, 154; Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 68f.; Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (34f.), mit Angabe der Zahlen von 1996, ders., DÖV 2000, 14 (19); Maasberg, RuR 1998, 90 (94); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (47). 566 Löhr, in: Berkemann u. a., Planung und Plankontrolle, S. 229 (233ff.); Bunzel/ Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 72, 102; Schink, ZfBR 2000, 154; Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (34); ders., DÖV 2000, 14 (19); ähnlich: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 82; Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (286). 567 Schink, ZfBR 2000, 154f.; Löhr, in: Berkemann u. a., Planung und Plankontrolle, S. 229 (235); dazu auch: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 92ff. 568 Paulsen, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 99 (102); Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 74f.; Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 121; Stüer/Schröder, BayVBl 2000, S. 257 (258); Löhr, in: Berkemann u. a., Planung und Plankontrolle, S. 229 (236). 569 Mitschang, DÖV 2000, 14 (19f.). 570 In Tendenz war die Aufnahme von stadtöklogischen Festsetzungen vor allem von Mittel- und Großstädten etwa paritätisch (1984–88), kaum in Kleinstädten und in Dörfern nahezu gar nicht aufgegriffen, vgl. die Auswertung bei: Stich u. a., Stadtökologie, S. 197. Diese Tendenz konnte abgeschwächt werden, dazu die Probleme der Überregulierung ökologischer Festsetzungen C.III.5.c)cc)(3).

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migkeit und Langfristigkeit erfordern Abstimmungs- und Planungsprozesse, die gerade kleinere Einzelgemeinden nicht mehr leisten können,571 was zu einem konzeptlosen „Durchwursteln“ in der Planung führt.572 Allein in der Optimierung der Bauleitplanung besteht mithin schon ein großes Potential der Gemeinden in Richtung nachhaltiger Entwicklung.573 Die neu eingeführte Überprüfungspflicht574 der Gemeinden, die spätestens 15 Jahre nach ihrer Aufstellung entsteht, soll mit der Anpassung an die neue städtebauliche Entwicklung, § 5 Abs. 1 Satz 3 BauGB, die Rechenschaft der Gemeinden über die Entwicklung im Gemeindegebiet anregen und den Abbau dieses Defizits beschleunigen.575 Nicht zuletzt aufgrund dieser Mängel hat sich zur Umsetzung der Leitvorstellungen in der Bauleitplanung wegen der Vorteile informaler Zusammenarbeit die „städtebauliche Rahmenplanung“ so etabliert, dass teilweise von einer Schlüsselstellung gesprochen wird.576 Die städtebauliche Rahmenplanung ist eine informale, rechtlich nicht verbindliche Planung, die zwischen Flächennutzungs- und Bebauungsplan steht. Das BauGB erwähnt sie in § 140 Nr. 4 BauGB. Sie hat den Vorteil der Vernetzung, indem sie städtebauliche Zusammenhänge erfasst, aber auch parzellenscharf Vorhaben darstellen kann.577 Den Rahmenplan kann der Gemeinderat als Selbstbindungsplan beschließen.578 Nach einer Auffassung soll er dann in Verbindung mit „den Vorschriften des BauGB“ Vorgabewirkung für alle Beteiligten579 entfalten. Soweit dies eine verbindliche Steuerung meint, ist dies falsch. Das BauGB stellt mit dem Grundsatz der Planmäßigkeit die Alleinstellung der rechtlichen Steuerung durch die Bauleitplanung heraus.580 In571 Allgemein: Haaß, Handlungsspielräume, S. 52; ähnlich auch für kleinere Gemeinden: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-36. 572 „Muddling through“, Löhr, in: Berkemann u. a., Planung und Plankontrolle, S. 229 (233). 573 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (36f.); Schink, ZfBR 2000, 154 (155). 574 So auch Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 9c. 575 Vgl. Finkelnburg, NVwZ 2004, 897 (900); Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 781 (783). Die Regelung bezieht sich nur auf die erstmalige oder erneute Aufstellung von Flächennutzungsplänen und ist erstmals 2010 anzuwenden, § 244 IV BauGB. 576 Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (49); OBBBayMI, Planungshilfen, S. 9f.; dazu auch Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 98ff. 577 Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (49). 578 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (169); StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band II, III 8-5; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 24. 579 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (169). 580 „Nach Maßgabe dieses Gesetzes“, vgl. auch: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 18.

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formelle Pläne können somit zwar Bindungswirkung zur Konkretisierung der gemeindlichen Vorstellungen entfalten,581 jedoch keine verbindliche Steuerungswirkung. Die Ergebnisse einer sonstigen städtebaulichen Planung, zu der informelle Planungen gehören,582 gehören zu den in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB einzustellenden Belangen,583 was nunmehr durch § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB klargestellt ist. Dies ist für die Gestaltung von Agenda 21-Prozessen von Relevanz, da dort verstärkt mit informellen Planungen gearbeitet wird.584 cc) Beteiligung im BauGB § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB erfordert es, dass sich die Nachbargemeinden mit ihren gleichrangigen Planungen untereinander abstimmen und normiert ein Mindestmaß an interkommunaler Zusammenarbeit.585 Der neu im BauGB aufgenommene § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB stärkt die interkommunale Zusammenarbeit, indem die Gemeinden die ihnen durch die Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen auch im Klageweg verteidigen können.586 Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung, § 3 Abs. 1 BauGB, dient der allgemeinen Unterrichtung über die Planungsziele, ohne dass die konkreten Planentwürfe offengelegt werden müssen. Sie soll ermöglichen, dass die Gemeinde schon möglichst im Vorfeld über mögliche Betroffenheiten informiert ist, um diese Belange in den Planungsentwurf einfließen lassen zu können.587 Die Herstellung von Öffentlichkeit ist hierbei nicht an ein förmliches Verfahren gebunden. Entscheidend ist die Information der Bürger über die Planziele und die Erörterungsmöglichkeit, da schon in der Phase der Ziel- und Optionenbestimmung Einfluss auf die Lösung genommen wird, der sich später als unverhandelbarer Sachzwang darstellt.588 Daher darf die 581 Wenn ein Beschluss der Gemeindevetretung oder des zuständigen Ausschusses vorliegt, vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 21; OBBBayMI, Planungshilfen, S. 10; UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 88. 582 Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 155; ausführlich: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 77ff.; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 24; Schink, ZfBR 2000, 154 (155): auch Leitbilder. 583 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 47, 21. 584 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (27). 585 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 410; Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, § 2 Rn. 22ff.; im Detail: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 96ff. 586 Auch: Finkelnburg, NVwZ 2004, 897 (900). 587 OBBBayMI, Planungshilfen, S. 87; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 727.

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Beteiligung nicht erst so spät stattfinden, dass eine Bürgerbeteiligung nicht angesichts bereits weitgehender Verfestigung zur Farce wird.589 § 4b BauGB ermöglich die Einbeziehung Dritter in das Verwaltungsverfahren. Diese „partielle Verfahrensprivatisierung“ soll die Kooperation von Gemeinde und Privaten stärken und folgt dem Vorbild der Mediation.590 Die durch die Letztverantwortung der Gemeinde begrenzte Neutralität des Dritten591 lässt der Mediation im materiellen Sinne wenig Raum.592 Die Verletzung der frühzeitigen Bürgerbeteiligung ist sanktionslos ausgestaltet, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Die Vorschrift wirkt den Erkenntnissen über die Bedeutung frühzeitiger Bürgerbeteiligung entgegen und dient mehr der Realisation von Vorhaben. Die förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung, § 3 Abs. 2 BauGB, ist zentral als Beteiligungsschritt für die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB.593 Sie schließt auch die Stellungnahmen von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange594, §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1, 2 BauGB mit ein. Die förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung soll mit ihrer Bekanntgabe der Planentwürfe eine Anstoßwirkung haben. Später vorgebrachte Interessen sind nur dann abwägungserheblich, wenn sich die Betroffenheit der Gemeinde hätte aufdrängen müssen.595 Ausschlaggebend für die Wirksamkeit für die Beteiligung der Planung ist allein Einhaltung der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung.596 Sie stellt jedoch nur die „unterste Grenze“ für eine Bürgerbeteiligung dar, die „klammheimliche Planung“ verhindert.597 Fehler in der 588

Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 728; Linder/Vatter, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 181 (183). 589 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 87; OBBBayMI, Planungshilfen, S. 87; Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 151 (171); Reinert, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 326; vgl. Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 16f., mit einem Plädoyer für eine Bauberatung der Bauherren durch die Verwaltung. 590 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 99. 591 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, vor § 1–13 Rn. 75; Stollmann, NuR 1998, 578 (579, 581); Erbguth/Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 5 Rn. 237. 592 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 4b Rn. 4; dazu ausführlich unten: E.IV.1. 593 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 3 Rn. 7, 13. 594 Dazu: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 742; OBBBayMI, Planungshilfen, S. 89f. Deren Beteiligung wird häufig als Grund für eine lange Verfahrensdauer genannt, Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 89. 595 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 88; zur Neufassung: Erbguth, DVBl 2004, 802 (804f.). 596 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 730. 597 Bischoff/Selle/Sinning, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 347 (362).

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Öffentlichkeitsbeteiligung können durch ein ergänzendes Verfahren, § 214 Abs. 4 BauGB, behoben werden.598 dd) Umweltprüfung (UP) Die Neuregelung des BauGB 2004 hat eine generelle Umweltprüfung für alle Bebauungspläne eingeführt, § 2 Abs. 3, 4 BauGB. Einer gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG bedarf es nicht mehr, § 17 Abs. 1 Satz 1 UVPG. In die Umweltprüfung integriert § 2 Abs. 4 BauGB alle Umweltbelange. Die Anforderungen an die Ermittlung und Bewertung der Umweltbelange sind in einer Anlage zu § 2 Abs. 4 und § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB vorgezeichnet. Die Umweltprüfung hat den Zweck, mit der Beschreibung und Bewertung der voraussichtlichen Umweltfolgen eine möglichst frühe und transparente Berücksichtigung bei der behördlichen Entscheidungsfindung zu ermöglichen.599 Grundsätzlich ist eine Umweltprüfung bei allen Bauleitplänen, sowie ihren Änderungen und Ergänzungen obligatorisch, § 2 Abs. 4 BauGB, Ausnahmen ergeben sich nur aus §§ 13, 33 Abs. 3, 34 Abs. 4 Satz 1 und 35 Abs. 6 BauGB.600 In einem Umweltbericht, der einen gesonderten Teil der Begründung des Bauleitplans darzustellen hat, muss die Gemeinde die Ergebnisse der Umweltprüfung dokumentieren, § 2a Nr. 2 BauGB. Der Bericht dient dem Nachweis, dass die Gemeinde den Anforderungen des Abwägungsgebots in den betroffenen Fällen nachgekommen ist.601 Die UP ist Bestandteil des Abwägungsvorgangs, § 2 Abs. 4 Satz 3 BauGB. Die Beschränkung auf eine dem Inhalt und Detail des Bebauungsplans angemessene Umweltprüfung, § 2 Abs. 4 Satz 2 BauGB, ermöglicht die Anknüpfung an die Rechtsprechung zur UVP.602 Diese erkannte in einem Verstoß gegen die UVP kein Indiz für einen Abwägungsfehler, soweit die betroffenen Umweltgüter ermittelt und in Abwägung eingestellt sind.603 In der Literatur stieß dies auf Kritik.604 598

Vgl. zu den Änderungen durch die Novellierung des BauGB 2004: Erbguth, DVBl 2004, 802 (804f.); zu dem alten § 215a BauGB: Battis/Krautzberger/Löhr8, BauGB, § 215a Rn. 9ff.; Dolde, NVwZ 2001, 976ff. Die Probleme der Bürgerbeteiligung sind ausführlich im letzten Kapitel behandelt. 599 Vgl. auch: Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 187. Dies fördert auch eine integrierte Sichtweise, Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 73 (76); Born, in: Bremer Umwelt Beratung (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 50 (51). 600 Zu den Details: Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 181ff. 601 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 187. 602 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 11. 603 BVerwGE 100, 238, 240; Krautzberger, UPR 2001, 1 (3f.); Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 29.

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Mit Recht wurde bemängelt, dass bei einem Verstoß gegen eine UVP-Anforderung die UVP als Teil der Abwägung diese ebenfalls fehlerhaft mache.605 Beruht der UVP-Verstoß daher auf der fehlenden Berücksichtigung eines planerheblichen Belangs, liegt auch ein rechtswidriges Abwägungsdefizit vor.606 Sind hingegen im Verfahren alle relevanten Belange berücksichtigt und entsprechend abgewogen, hätte das Ergebnis auch beim Durchführen der Verfahrensanforderungen der UVP nicht anders ausfallen können.607 Die verbreitete Skepsis hinsichtlich der für alle Bauleitpläne durchzuführenden Umweltprüfung ist mit Blick auf die Erfahrungen mit der Umweltverträglichkeitsprüfung zu relativieren. Die zunächst nur geringe Bedeutung der UVP in der Rechtswirklichkeit weicht mittlerweile zunehmendem Interesse der Gemeinden.608 Die UVP war in der Planung zunächst durch häufig zusätzliche Kosten und Verzögerungen mit erhöhten Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf609 in der Praxis nicht gern gesehen und drohte in der Bedeutung hinter den ordnungsrechtlichen Umweltschutz zurückzufallen.610 Die Mängel waren zum Teil auf typische Startschwierigkeiten zurückzuführen und betrafen mit Organisationsmängeln, Koordinationsmängeln und fehlenden verbindlichen Maßstäben Antragsteller wie die Behörden.611 Teilweise sind die zunächst auftretenden fachlichen Probleme bei der UVP ein Indiz dafür, dass die Anforderungen des § 1 Abs. 7 BauGB nicht mit dem gebotenen Ernst angewandt worden sind.612 Mit dem Zurückführen unnötiger Doppelprüfungen ist jedoch eine optimierende Tendenz durch die UVP festzustellen.613 Gewinn der UVP für die Gemeinden ist ein systematisches 604 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 143; kritisch weiter: Schink, ZAU 1999, 183 (187f.); Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 117. 605 Vgl. Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (511) m. w. N. 606 Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 404f. 607 Dagegen: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 487. 608 Steinberg, ZUR 1999, 126 (130); Schink, Umweltschutz im Bauplanungsrecht, S. 837 (842). 609 Vgl. Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 50; Born, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 50 (52). 610 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 50. 611 Vgl. Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 18ff.; Born, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 50 (52); insofern handelte es sich um einen typischen Fall, indem Anwendungsschwierigkeiten auf der fehlenden Anwendungspraxis beruhten, Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 207. 612 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 64; so hinsichtlich Eingriffsermittlung und Kompensation auch: Stüer/Upmeier, ZfBR 2003, 114 (115). 613 Stüer/Upmeier, ZfBR 2003, 114 (115); die Dominanz von Juristen und Planungsingenieuren bringt jedoch fachliche Probleme bei der Erfassung und Bewer-

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Prüfverfahren, das eine geordnete und separate Prognose über die Umweltbelange ermöglicht.614 Dies lässt sich auch an eigenen Regelungen der Gemeinden zur UVP erkennen. Die Ausdehnung gemeindlicher UVPs auch auf nicht gesetzlich vorgeschriebene Bereiche ist ein Indiz für die Akzeptanz der UVP als zweckmäßiges Planungsinstrument.615 So existieren neben der Plan-UVP, die bei der Erstellung von Satzungen durchgeführt wird, UVP von Anlagen und Beschaffungen in den Gemeinden. Die Anlagen-UVP untersucht Auswirkungen von Anlagen im weitesten Sinne (Straßen, Kleingärten, Spielplätze) auf die Umgebung. Die Beschaffungs-UVP strebt beim Einkauf von allen Materialien der Gemeinde eine Untersuchung der Verträglichkeit der Produkte von Herstellung bis Entsorgung an.616 Die aufwendige Beschaffung von Daten wird hierbei auf die Anbieter abgewälzt.617 Bei wiederkehrenden Beschaffungen verringert eine ausgearbeitete Grundsatz-UVP den Folgeaufwand.618 Zusätzliche Probleme sind auch durch die UP daher nicht zu erwarten, da sie das ohnehin bei Planungen zu berücksichtigende umweltrelevante Abwägungsmaterial umfasst und durch die Monitoringpflicht nur partiell erweitert ist.619 Die als Monitoring bezeichneten Überwachung erheblicher Auswirkungen der Pläne auf die Umwelt, § 4c BauGB, die aufgrund der neuen Richtlinien einzuführen war, stellt einen sinnvollen Ansatzpunkt dar, die Defizite im Vollzug weiter zu vermindern.620 Die Erweiterung der UVP untertung ökologischer Belange, vgl. Born, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 50 (53). 614 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 292; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 491f.; ähnlich: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 29; Stüer/ Upmeier, ZfBR 2003, 114 (115). 615 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 64f.; vgl. v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 55f.; ebenso: Stüer/Upmeier, ZfBR 2003, 114 (115). 616 Vgl. Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt-Entwicklung, S. 26; im Ansatz auch StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VIII 1–4ff.; vgl. auch insgesamt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen bei kommunaler Leistungsvergabe, Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (49). 617 Ähnlich auch: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VIII-12. 618 Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt-Entwicklung, S. 26. 619 Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 914 (915, 917); differenzierend: Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 838, 1056; zu der alten UVP auch: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 488; Stüer/Upmeier, ZfBR 2003, 114 (115); a. A. Schröer, Kommunaler Umweltschutz in Europa, S. 188f.; Erbguth/ Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 3 Rn. 35. 620 Nach Kommissionsempfehlung sollen diese Aufgaben durch die Gemeinden wahrgenommen werden, vgl. Stüer/Upmeier, ZfBR 2003, 114 (116); vgl. dazu auch:

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stützt mit der systematischen Erfassung von Umweltbelangen die nachhaltige Entwicklung.621 Für die Gemeinden, die bereits auf Eigeninitiative die UVP ausgedehnt hatten wird dies keine Neuerung darstellen.622 ee) Vertragliche Regelungsmöglichkeiten Die Gemeinden können auch durch städtebauliche Verträge Planungsziele verfolgen.623 Verträge haben eine erhöhte Bestandskraft, die zwar auf der einen Seite eine langfristige Planung ermöglicht, auf der anderen Seite jedoch auch eine Anpassung an Nachhaltigkeitsbelange oder öffentliche Interessen im Nachhinein erschwert.624 Gerade aus Wirtschaftssicht haben Verträge die maßgeblichen Vorteile der Rechtssicherheit,625 pragmatischen Vollzugs und einer Verminderung ineffizienten betriebsinternen Verwaltungsaufwands. Sie bieten einen Rahmen für die eigenverantwortliche Bearbeitung des zu regelnden Themenkomplexes.626 Anstöße für die städtebaulichen Verträge resultieren daher weniger aus eigenständigen gemeindlichen Planungsinitiativen, als auf dem „Reflex“ auf private Initiativen.627 Den Gemeinden eröffnen Verträge Handlungsspielräume, die sie bei einem Vorgehen durch hoheitliches Handeln nicht hätten.628 Sie eignen sich deshalb auch zur strategischen Planung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, wobei jedoch die Grenzen von Koppelungsverbot und Übermaßverbot nicht überschritten werden dürfen.629 Für den städtebaulichen Vertrag ist die Abschlussmöglichkeit zusätzlich auf den Zeitraum vor der Entstehung eines Erbguth/Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 3 Rn. 40; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1046, skeptisch Rn. 1054. 621 Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 914 (915, 917); Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 35; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 65; für Ausweitung auch: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 283. 622 So auch: Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 2 Rn. 185. 623 Eingehend Erbguth, VerwArch 1998, 189 (210–219); Krautzberger, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 11 Rn. 2ff. 624 Spannowsky, DÖV 2000, 569 (578). 625 Zu der Frage der Zulässigkeit unechter Normsetzungsunterlassungsverträge: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 317. 626 Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (114); die Bedeutung von Rechts und Planungssicherheit betont auch Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 139 (153). 627 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 11 Rn. 2. 628 Beispiele für Maßnahmen: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 162. 629 Spannowsky, DÖV 2000, 569 (571f., 577); Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 11 Rn. 168. Zu den Verfahrensanforderungen und den

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Anspruchs auf eine Baugenehmigung beschränkt, § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB.630 Planungsrechtlich nicht zulässige Festsetzungen sind daher nur vor Aufstellung eines Bebauungsplans vertraglich vereinbar.631 Ein Schwerpunkt der gemeindlichen Praxis bei der Nutzung von Verträgen liegt auf dem Vollzug der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, insbesondere der Refinanzierung, sowie auf der Förderung erwünschter Bevölkerungsstrukturen (Einheimischen-Modell-Verträge).632 Weitere Möglichkeiten, Nachhaltigkeit zu fördern sind, etwa Baulandmobilisierung und Baulückenschließung633 oder sozialgerechte Bodennutzung,634 sowie nach § 11 I Nr. 4 BauGB auch Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung und Solaranlagen im Rahmen der mit der städtebaulichen Planung verfolgten Zielen.635 Neben städtebaulichen öffentlich-rechtlichen Verträgen können die Gemeinden privatrechtliche Vertragsvereinbarungen treffen. In der Regel werden sich vertragliche Vereinbarungen beim Verkauf von Bauland durch die Gemeinden anbieten. Jedenfalls bei großer Baulandnachfrage hat die Gemeinde eine starke Verhandlungsposition. Umweltschützerische Maßgaben können die Gemeinden etwa durch klimaschützerische strafbewehrte Vereinbarungen treffen,636 wie auch Verpflichtungen zur Bebauung mit besonders qualifizierten Bauwerken, etwa Niedrigenergiehäuser, vereinbar sind.637 Die vertraglichen Regelungsmöglichkeiten im umweltrechtlichen Bereich sind in der Praxis noch keine Alltagsinstrumente.638 Teilweise beruht dies auf politischen Durchsetzungsschwierigkeiten. Der Vorschlag, in der Gemeinde nur noch Bauland auf gemeindlichen Flächen auszuweisen, um sie später mit Konsequenzen der hoheitlichen Regelungsform, Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (662f.). 630 Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 11 Rn. 26. 631 Vgl. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 160f. 632 Vgl. Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12 Rn. 43ff.; Spannowsky, DÖV 2000, 569 (572f.); Dirnberger, BayGTZ, 2001, 293 (295f.); Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 11 Rn. 168; OBBBayMI, Arbbl. Nr. 16, S. 23, 69. 633 Zu weiteren Möglichkeiten nachhaltiger Bodennutzungsplanung: Bunzel, NuR 1997, 583 (584ff.). 634 Spannowsky, DÖV 2000, 569 (573); zum vorbeugenden Immisionsschutzes durch Mittel kommunaler Wirtschaftsförderung durch verwaltungsrechtliche Verträge: BVerwG, NVwZ 1990, 665ff. 635 Erbguth/Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 5 Rn. 193. 636 Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 85f.; vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 55; a. A. Grewing, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 185 (188f.), Beschränkung auf Vorbild- und Beratungsfunktion. 637 Bsp. Freiburg, Heller, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (171); zu den eingeschränkten Möglichkeiten städtebaulicher Verträge: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12 Rn. 60.

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vertraglicher Bindung als Bauland weiterveräußern zu können,639 birgt für die Grundeigentümer keine attraktive Perspektive, da damit eine Gewinnabschöpfung der Wertsteigerung für Bauland verbunden ist640. Gerade in kleineren Gemeinden steht dem faktischen rechtlichen „Erpressungspotential“ der Gemeinde der politische Druck der Gemeindebürger gegenüber, der die Verwirklichung dieser Maßnahmen den an politischem Überleben gelegenen Mandatsträgern nicht angeraten scheinen lassen wird. Steht die Gemeinde in starken interkommunalen Wettbewerb, ist ihre Verhandlungsposition dementsprechend zusätzlich geschwächt.641 Die Nutzung des Privatrechts zur Verwirklichung von Zielsetzungen, die öffentlich-rechtlich nicht regelbar sind, setzt sich dem Schein von Umgehungsgeschäften und Rechtsmissbrauch aus. Die Verwirklichung der Bauleitplanungsziele ist jedoch nicht auf die Mittel der Bauleitplanung begrenzt. Die Gemeinden können Ziele der Bauleitplanung auch mit privatrechtlichen Mitteln verfolgen, wenn ein rechtmäßiges öffentliches Interesse dahinter steht. Besondere eigenverantwortlich gesetzte Aufgaben werden durch das Baurecht nicht gehindert.642 So genügt etwa für die Vereinbarung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit jeder schützenswerte Zweck. Dieser kann in der Wahrnehmung eigener wie fremder Belange oder der Förderung öffentlicher Interessen beruhen.643 Umweltschützerische Belange können angesichts der verfassungsrechtlichen Zielsetzung in Art. 20a GG nicht als die Vereinbarung hindernder Verstoß gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten oder Treu und Glauben qualifiziert werden.644 Der somit vertraglich regelbare Verzicht auf ein eigenes Auto,645 wird jedoch keine Regel. Auf der vertraglichen Ebene setzt sich ein Grundproblem bauplanerischer Festsetzungen fort. Die isolierte Verbindlichkeit gemeindlicher Regelungen wird eher überschätzt.646 Sie stellen in ihrem Schwerpunkt nur „Angebote“ dar, die erst 638

Weitgehend vernachlässigt, Di Fabio, DVBl 1990, 338 (339); auch: Krautzberger, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (16). 639 Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 161f. 640 Das Vorgehen stößt jedenfalls auch aufgrund der objektiv-rechtlichen Gewährleistungen der Grundrechte, insbesondere Art. 14 I GG, auf rechtliche Bedenken. Dazu anhand Art. 14 GG: Brohm, Öffentliches Baurecht, § 11 Rn. 13f. 641 Ähnlich mit empirischen Zahlen zum Flächennutzungsplan: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 109f. 642 BVerwGE 84, 236, 240. 643 BGH, NJW 1984, 924. 644 BGH, NJW 1984, 924; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 87. 645 Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 46. 646 Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 48; vgl. auch: Uechtritz, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 567 (568, 575ff., 579ff., 582f.).

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durch die Bauherren verwirklicht werden müssen. Bei unliebsamen Festsetzungen, die nicht zugleich durch attraktive Standortfaktoren aufgewogen werden, fehlt daher nicht selten die Nachfrage durch Bauwillige.647 Die Gemeinden nutzen auch nur zurückhaltend die Regelungsmöglichkeiten mit Verträgen. Sie sind für die Verwaltungen fremd und erfordern daher einen hohen zusätzlichen Mehraufwand, sowie wissenschaftlichen und juristischen Sachverstand, der oft nicht ausreichend vorhanden ist.648 Wegen dieser Faktoren werden die vertraglichen Instrumente in Zeiten kommunaler Finanznot eher zu Gunsten privater Interessen genutzt,649 als Allgemeininteressen zu fördern.650 2. Kommunaler Bodenschutz und nachhaltige Entwicklung Bodenschutz weist aufgrund seiner Anknüpfung an die Nutzung des Bodens zahlreiche Bezüge zu anderen Fachgesetzen auf. Bodenschützerische Belange sind aus diesem Grund in vielen anderen Gesetzen berücksichtigt. Für die nachhaltige Entwicklung in den Gemeinden sind der Flächenverbrauch, sowie gerade in ländlichen Gemeinden die landwirtschaftliche Bodennutzung bedeutende Themenbereiche. Zunächst ist für den Bodenschutz von Bedeutung, welchen Einfluss das BBodSchG auf eine nachhaltige Entwicklung hat. Der Begriff „nachhaltig“ wird dort in §§ 1 und 17 II BBodSchG verwendet a) Aufnahme von nachhaltig im BBodSchG Die Bedeutung der Verwendung von „nachhaltig“, ist, wie unter der alten Fassung des BNatSchG, strittig. Einige betrachten nachhaltig in § 1 BBodSchG als irrelevant, da das Tatbestandsmerkmal „sichern“ die Dauerhaftigkeit voraussetzte,651 so dass nur ein Synonym zur Bedeutung „dauer647

Vgl. dazu unten: Fn. 903f. Di Fabio, DVBl 1990, 338 (341); allein auf die Vorteile abstellend: Krautzberger, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (16). 649 „Investorenhörige Bebauungsplanung“, die zunehmen könnte, durch Ausweitung der Anwendung von vorhabenbezogenem Bebauungsplan oder die Kombination von Bebauungsplan mit städtebaulichem Vertrag: Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 48; kritisch: auch Erbguth, VerwArch 1998, 189 (192, 209, 219); Faber, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 425 (434). 650 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 193. 651 Reinhardt, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 73 (94). 648

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haft“ vorliege.652 Es ist bedenklich, eine ausdrückliche gesetzliche Normierung für irrelevant zu erklären, zumal die Änderung in § 1 BNatSchG nicht auf das BBodSchG übertragbar ist. Gegen die Entbehrlichkeit von „nachhaltig“ in § 1 BBodSchG spricht, dass neben „sichern“ die Alternative „wiederherstellen“ tritt. Die Folgerung der Entbehrlichkeit ist somit mit Blick auf die verbleibende Alternative „wiederherstellen“ nicht tragfähig. Eine andere Auffassung begreift nachhaltig im Bodenschutzrecht als ressourcenspezifische Ausprägung des Vorsorgegrundsatzes,653 womit wohl ein Bezug zur Nachhaltigkeit im Sinne der Managementregeln hergestellt werden soll.654 Teilweise wird auch die Verwendung von „nachhaltig“ im Sinne nachhaltiger Entwicklung vertreten.655 Die Offenheit des § 1 BBodSchG erlaubt jedoch keine Aussage über die Bedeutung von Nachhaltigkeit an jener Stelle.656 Für die Verwendung im Sinne von „sustainable Development“ spricht die Bezugnahme auf die Arbeiten der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, die, zeitgleich zum Gesetzentwurf arbeitend, den Inhalt beeinflusst haben könnte.657 Die Sicherung der Leistungsfähigkeit des Bodens ist auch in Bezug auf künftige Generationen gewährleistet.658 Der Zweck der Sicherung ist der Schutz der Bodenfunktionen.659 Als solche sind in § 1 Satz 3 BBodSchG neben natürlichen Funktionen auch kulturell-soziale Funktionen genannt. Die Normierung der Einwirkungen scheint die ökonomische Nutzungskomponente aufzugreifen.660 Die dauerhafte und umfassende Gewährleistung aller Bodenfunktionen deutet daher mehr auf die mehrdimensionale Nachhaltigkeit hin661 als auf die Verankerung der Managementregeln.662 Die Kate652

v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 96. Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 112f. 654 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 14; Nies, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 11f. 655 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103; hinsichtlich § 17 II BBodSchG, Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 59; Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 1 Rn. 18f.; Lange, in: ders. (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 109 (110f.). 656 Frenz, BBodSchG, § 1 Rn. 39; ebenso für die gleiche Fassung in § 17, § 17 Rn. 10; ähnlich: Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 68. 657 Eingehend: Frenz, BBodSchG, § 1 Rn. 38. 658 Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 62. 659 Frenz, BBodSchG, § 1 Rn. 25. 660 Für dieses Komponente, allerdings ohne die Herleitung Nies, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 1 Rn. 11ff. 661 Frenz, BBodSchG, § 1 Rn. 39, dauerhaft und umfassende Gewährleistung der Bodenfunktionen; Schink, ZAU 1999, 183 (191); Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 8; Frenz, BBodSchG, § 1 Rn. 41, § 2 Rn. 17; Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 1 Rn. 16; dagegen: Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (123). 653

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gorisierung der Bodenfunktionen in der Praxis orientiert sich am Schwerpunkt der jeweiligen lokalen Bodenfunktion,663 ist also durch natürliche Gegebenheiten zu einem großen Teil vorausbestimmt und nicht theoretisch vorab festlegbar.664 Ein Vorrang der ökologischen Funktion ist nicht aus einer alleinigen Hervorhebung ökologischer Belange am Gesetzestext zu begründen.665 Misst man demnach § 1 Satz 3 BBodSchG ein Optimierungsgebot zu, gilt dies auch für die sozial-kulturelle Funktion.666 b) Ziel und Schutzumfang des BBodSchG Das BBodSchG steht in der Kritik, weil es zu hohe Erwartungen wecke,667 weder quantitativen Bodenschutz enthalte, noch Rechtspflichten ableitbar seien.668 Das BBodSchG ist – entgegen seinem Namen – kein umfassendes Schutzgesetz, sondern zielt vorrangig auf die Verhinderung schädlicher Bodenveränderungen und auf die Bodensanierung.669 Bodenschutzbelange sind im BauGB, im BBodSchG und in der ergänzenden Bodenschutz- und Altlastenverordnung geregelt.670 Im BBodSchG sind mit dem 662 Frenz, BBodSchG, § 17 Rn. 10, sieht nur einen geringen Unterschied zwischen dauerhaft und der Bedeutung im Sinne nachhaltiger Entwicklung sei, weil stets ein langfristiger Erhalt gemeint sei und grundsätzlich Zukunftsbezug bestehe; a. A. Frenzel, Nachhaltigkeit als Prinzip, S. 68. 663 Frenz, BBodSchG, § 2 Rn. 18; vgl. auch Bickel, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 1 Rn. 2. 664 Vgl. Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BTDruckS 13/7400, S. 22. 665 Lange, in: ders. (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 109 (113). So aber: Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, Einf. Rn. 73; Erbguth/Stollmann, UPR 1996, 281 (285). 666 Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG § 1 Rn. 35ff.; Schink, ZAU 1999, 183 (191), die möglichst nicht beeinträchtigt werden sollen. Ähnlich mit Bezug auf § 1 S. 2 BBodSchG: v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 137; a. A. Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 10. 667 „Bloß symbolischer Zweck“ zu § 1 BBodSchG, Lübbe-Wolff, in: dies./Hansjürgens (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, S. 25 (40); ebenso zu § 17 II BBodSchG, Smeddinck/Hogenmüller, ZAU 13 (2000), 298 (312f.). 668 Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 1 Rn. 22f.; auch: Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, § 1 BBodSchG Rn. 2; kaum Inhalte nachhaltiger Bodenbewirtschaftung, Ziegler, LKV 1998, 249 (252); Notter, NuR 1999, 541 (542); Erbguth/Stollmann, UPR 1996, 281 (294). 669 Tomerius, ZUR 1999, 79 (87); vgl. ähnlich: Peine, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 537 (557); Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 1 Rn. 22f. 670 Vgl. Brandt/Sanden, UPR 1999, 367 (368f.); Tomerius, ZUR 1999, 78 (79ff.); Hasche, DVBl 2000, 91 (97ff.); Schink, Der Landkreis 1999, 487 (488f.); Erbguth/ Stollmann, Bodenschutzrecht, S. 20f.; 42ff.; 149ff.

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ressourcenökonomischen Ansatz, der Funktionssicherung und der sozial-kulturellen Bodenfunktion Elemente der nachhaltigen Entwicklung eingeflossen, die eine nachhaltigkeitsorientierte Anwendung des Bundesbodenschutzgesetzes erlauben.671 Das Bodenschutzgesetz ist aufgrund der Schwächen des allgemeinen Bodenschutzes entstanden.672 Es soll nur ergänzend dort wirken, wo bisher Schutzlücken zu verzeichnen waren. Die Subsidiarität des BBodSchG gegenüber dem Baurecht ist in § 3 Abs. 1 Nr. 9 BBodSchG normiert. In § 3 Abs. 2 BBodSchG sind weitere vorrangige Rechtsgebiete genannt.673 Der Kern liegt dabei in Gefahrenabwehr, Sanierung und Vorsorge.674 Der Boden als Umweltmedium ist dadurch gestärkt worden.675 Auch die Bodenentsiegelung ist vorrangig dem Baurecht zugeordnet (§ 5 BBodSchG).676 Der bleibende Anwendungsbereich für Anlagen, die nicht dem Baurecht unterfallen, wird zusätzlich durch drei Voraussetzungen in § 5 BBodSchG weiter eingeengt.677 Überwiegend als sinnvoll wird hingegen die Vorsorgeverpflichtung aus § 7 BBodSchG beurteilt,678 die durch die mittelbare Bedeutung der aufgrund der BBodSchV erlassenen in der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Vorsorgewerte lokal wirkt (über § 3 Abs. 1 Nr. 9, § 8 BBodSchG).679 Die Prüf- und Maßnahmenwerte helfen den Ge671 Vgl. ähnlich: Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 77f.; ähnlich: Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 5; positiv unter Einschluss der Verweisungen auch: Lange, in: ders. (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 109 (128). 672 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 287; Erbguth/Stollmann, NuR 1994, 319 (320, 322); Sendler u. a., UGB-KomE, Begründung S. 972. 673 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 27 Rn. 38; Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht, S. 55f. 674 Queitsch, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 1 Rn. 10; Peine, NuR 1999, 121 (125f.); Notter, NuR 1999, 541; Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1720); Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 53. 675 Sendler u. a., UGB-KomE, Begründung, S. 972; Holzwarth/Radtke/Hilger/ Bachmann, BBodSchG, Einführung Rn. 2f. 676 Notter, NuR 1999, 541; Hoppe/Beckmann/Kauch; Umweltrecht, § 27 Rn. 81; vgl. auch: Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, § 5 Rn. 1; Stüer/ Hönig, DVBl 1999, 1717 (1720); Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3 Rn. 113; Krautzberger, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (4). 677 Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht, S. 93. 678 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 279; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert „nachhaltiger Entwicklung“, S. 78. Zu große Erwartungen weckt jedoch wohl die Einordnung als „großer Sprung nach vorn“ mit der Postulation umfassender Vorsorgeverantwortung von Spoerr, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1998, S. 281 (308). A. A. Lübbe-Wolff, in: dies./Hansjürgens (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, S. 25 (41), weitgehend symbolischer Charakter.

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meinden, eine Wiedernutzung von Flächen zu planen, ohne ein gefahrbelastetes abwägungsfehlerhaftes Planungsergebnis hervorzubringen.680 Neben der Altlastensanierung stellen der schonende Bodenumgang und verdichtete Bauformen eingrenzende Maßnahmen der Flächenbeanspruchung dar.681 Die Bodennutzung ist vor allem hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bei Flächenverbrauch und landwirtschaftlicher Bodennutzung problematisch und umstritten. c) Flächenverbrauch als Bodenschutzproblem Einigkeit besteht angesichts des steigenden Flächenverbrauchs,682 dass in der Regel keine nachhaltige Bewirtschaftung des Bodens erfolgt.683 Das Problem ist bekannt und auch Gegenstand politischer Debatten. Die EnqueteKommission „Schutz des Menschen“ des Bundestages hat gegen die vielfältigen Gefährdungen des Bodens in seinen natürlichen Funktionen Umweltziele und Grundregeln der zukunftsfähigen Bewirtschaftung formuliert.684 Die Bewirtschaftung des Bodens soll unter Berücksichtigung von Substitutionsmöglichkeiten erfolgen, wobei die Oberbodenschicht als Resultat langfristiger Entwicklungsprozesse möglichst geschont und wiederverwertet werden soll. Das Wachstum von Siedlungs- und Verkehrsflächen soll bis zum Jahr 2010 auf 10% der Wachstumsrate 1997 reduziert werden.685 Als 679 Brand/Sanden, UPR 1999, 367 (370f.); Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1720); Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 27 Rn. 40; vgl. auch: Erbguth/ Stollmann, Bodenschutzrecht, S. 67ff.; Schink, DVBl 2000, 221 (223f.). 680 Brand/Sanden, UPR 1999, 367 (369); Fluck, in: ders. (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 3 BBodSchG Rn. 160; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 (847); positiv auch: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 58; strengere Vorsorgewerte sind für die Gemeinden möglich: OBBBayMI, Planungshilfen, S. 31. 681 Du Bois/Peters, Der Städtetag 1998, 309 (313). 682 Vgl. die Zahlen bei: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 28f.; BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR Nr. 3/2001, S. 2f.; BBR (Hrsg.), Bundesraumordnungsbericht 2000, S. 292; Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 13; Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (140). 683 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BT-DruckS 13/7400, S. 22; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (123); WBGU (Hrsg.), Jahresgutachten 1994, S. 4f.; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 411f.; vgl. auch die globalen Probleme anhand des Syndromansatzes bei: Landel/Vogg/ Wüterich, BBodSchG, EinfA Rn. 13–104. 684 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ BT-DruckS 13/7400, S. 23–42; vgl. Groß, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 129 (140). 685 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ BT-DruckS 13/7400, S. 23ff. (29); ähnliche Vorschläge zu CO2, NOX, NH3, organischen Verbin-

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weitere Maßnahmen werden Entsiegelung und der Freiflächenerhalt, Verdichtung von Wohngebieten, Reduzierung von Verkehrsflächen und verstärkte Nutzung älteren Wohnbestandes benannt.686 Die an den Managementregeln orientierten Maßnahmen sollen für die rechtliche Bestimmung der nachhaltigen Sicherung und Wiederherstellung der Bodenfunktionen maßgebend sein.687 Die Regeln der Enquete-Kommission zeigen, dass sich der Streit wie häufig nicht an der Verankerung der Nachhaltigkeit entzündet, sondern eigentlich die Frage angemessenen Schutzes betrifft.688 d) Landwirtschaftliche Bodennutzung Anlass zu heftiger Auseinandersetzung ist die Vorschrift zur landwirtschaftlichen Bodennutzung in § 17 BBodSchG. Die Bedeutung dieser Norm ergibt sich daraus, dass immer noch mehr als ca. 50% der Fläche der Bundesrepublik Deutschland landwirtschaftlich genutzt wird. Notwendigerweise wirkt die Landwirtschaft daher großflächig auf den Naturhaushalt ein689 und betrifft damit auch die Gemeinden. Die Landwirtschaft steht verbreitet als größte Belastungsquelle für den Boden690 in der Kritik. Die Konfrontation ergibt sich in den Bereichen Landschaftsgestaltung, Trinkwasserschutz, Flächenmanagement sowie Naturschutz. Vor allem letzterer Bereich birgt in lokale Agenda 21-Prozessen Konfliktpotential zwischen Landwirten und Naturschützern, wohingegen regionale Erzeugung und Vermarktung positive Bezugspunkte bilden. Systematisch stellt sich das Zusammenwirken der §§ 7, 17 BBodSchG folgendermaßen dar: Die Vorsorgeverpflichtung des § 7 BBodSchG wird durch die gute fachliche Praxis erfüllt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG).691 § 17 Abs. 2 BBodSchG normiert für die Nutzung des Bodens eine Anknüpfung an die gute fachliche Praxis der Landwirtschaft. Die Grundsätze guter dungen, Stickstoffeintrag: vgl. Loske, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 1996, S. 50 (54f.); sowie zu Biotopen: Rehbinder, NuR 2001, 361 (362). 686 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BT-DruckS 13/7400, S. 29ff. 687 So Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, § 1 Rn. 6, wegen des Ergebnisses, das in breitem Diskussionsprozesses auf fachlich akzeptierter Grundlage gefunden wurde. 688 Vgl. auch: Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 137. 689 BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 106; Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/ AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 37; Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, Einf. Rn. 8. 690 Frenz, BBodSchG, § 17 Rn. 1. 691 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 27 Rn. 125; Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 38.

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fachlicher Praxis in der Landwirtschaft knüpfen vor allem an die Wahrung von Fruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit des Bodens692 als ein Nebeneinander ökologischer und ökonomischer Funktionen an.693 Die Aufzählung in § 17 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG ist nicht abschließend, was durch die Aufnahme des Wortes „insbesondere“ klargestellt ist. Ergänzungen finden sich etwa durch die Konkretisierungen im Düngemittel- oder Pflanzenschutzrecht wie auch in § 5 Abs. 4 BNatSchG.694 Über die Vorgaben des § 17 BBodSchG hinaus dürfen keine weitergehenden Anforderungen an Vorsorge bei landwirtschaftlicher Bodennutzung gestellt werden.695 Anordnungen nach Polizei- und Ordnungsrecht sind dadurch grundsätzlich gesperrt.696 aa) Landwirtschaft als grundsätzliches Problem der Bodennutzung In der Literatur wird die Landwirtschaft häufig in Verbindung mit einer inhaltlich strikten Nachhaltigkeit als ökologischer Belastungsfaktor eingeordnet.697 Diese Betrachtungsweise lehnt für menschlich bewirtschaftete Ökosysteme eine systemeigene Nachhaltigkeit ab, so dass damit letztlich jede menschliche Tätigkeit in ihren Auswirkungen eine Entfernung von der standortgemäßen Nachhaltigkeit ist.698 Daher soll die gesamte Landwirtschaft auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt werden.699 Zu diesem Zweck soll etwa die Landwirtschaftsklausel gestrichen und Düngemittelund Pflanzenschutzmitteleinsatz mit Ausgleichsabgaben belegt werden.700 692

Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 56. Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, § 17 Rn. 5; Müller, Die gute fachliche Praxis, S. 84f., 92; kritisch: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 81, gemeint sei industrielle Intensivlandwirtschaft. Dagegen sehen Lorz/ Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 12 die Umsetzung der Rio-Erklärung. 694 Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 65; Lorz/Müller/ Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 12; SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 487; kritisch Rn. 488. 695 Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 39; SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 487. 696 Müller, Die gute fachliche Praxis, S. 98. 697 Vgl. etwa Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 12. Ein Zielkonflikt zwischen ökonomischen und ökologischen Belangen, der auch in diesem Bereich vorhanden sein kann, Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 113f.; 286f.; sei damit jedoch ausdrücklich nicht bestritten. 698 Born/Weber, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 10 (11); Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (246), der bereits den Beginn der landwirtschaftlichen Revolution vor 11000 Jahren (!) als Abkehr von der ökologischen Nachhaltigkeit betrachtet. 699 Vgl. BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 244; bzw. konservierende und minimale Bodenbearbeitung, vgl. Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 1 Rn. 14. 693

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Der Aufbau eines derartigen Gegensatzes zwischen Landwirtschaft und Nachhaltigkeit ist jedoch verfehlt. Landwirtschaftliche Nutzung kann eine ökologisch tragfähige Kulturlandschaft hervorbringen, die sich von der vorherigen nicht nachteilig unterscheiden muss.701 Teilweise enthält diese sogar eine höhere Artenvielfalt als eine unbeeinflusste Naturlandschaft,702 so dass die Umstellung der Landnutzung auf die vermeintlich „richtige“ Bodennutzung wiederum eine hohe Biodiversität gefährden kann.703 Die traditionelle landwirtschaftliche Bodennutzung hat seit vielen Jahrhunderten in Europa nachhaltige Bewirtschaftung ermöglicht,704 so dass die Prämisse grundsätzlicher Unvereinbarkeit von Landwirtschaft und ökologischer Nachhaltigkeit nicht haltbar ist.705 Eine Ausweitung landwirtschaftlicher Flächennutzung bedeutet nicht zugleich eine Beeinträchtigung der Nachhaltigkeit.706 Fraglich ist aber im Weiteren, ob nur die ökologische Landwirtschaft für sich in Anspruch nehmen kann, nachhaltig zu wirtschaften, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Politik ökologische Landwirtschaft intensiv fordert.707 Die Feststellung, dass heute in Europa fruchtbare Böden vorliegen,708 kann als gemeinsamer Ausgangspunkt dafür dienen, dass bis ins 20. Jahrhundert eine im Ergebnis nachhaltige Bodenbewirtschaftung vorgenommen 700 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 446; gegen Pflanzenschutzabgaben: Sendler u. a., UGB-KommE, S. 1004. 701 Haber, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 7 (14); ebenso: Heinrichsmeyer/Karl, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 94; Olschowy, in: ders. (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 3, S. 812 (816f.); vgl. Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 27f., 41; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-21; Rosenwick, Die Begriffe der Landschaft und des Landschaftsbildes, S. 166f. 702 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-13; Lorz/Müller/ Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 4. 703 SRU, Umweltgutachten 2002, BT-DruckS 14/8792, Rn. 717; BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 120. 704 Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (97); ähnlich: Ehlers, in: Erdmann/Kastenholz (Hrsg.), Umwelt- und Naturschutz am Ende des 20. Jahrhunderts, S. 155 (157, 171); a. A. Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 1 Rn. 9, in „relativ kurzer Zeit beeinträchtigt, belastet, zerstört“. 705 Boer, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Governance, S. 111; a. A. Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (246). 706 Vgl. etwa das Beispiel Hindelang bei: Lindner, Politische Ökologie 55 (1998), 48, wo trotz abnehmender Flächenstillegung und räumliche Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzung dennoch eine flächendeckende nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung etabliert werden konnte. 707 Vgl. Witzke/Holm-Müller, ZAU 14 (2001), 9 (10). 708 A. A. Grober, APuZ B31–32/2002, 3 (4).

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worden ist.709 Die Problematik überhöhter Düngemittel-, Stickstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträge710 waren Ausgangspunkte der Forderung nach ökologischer Landwirtschaft. Die umweltbedenklichen Praktiken werden zu einem Großteil auf die gemeinsame Agrarpolitik der EG zurückgeführt,711 die die Nachhaltigkeit der Landbewirtschaftung nahezu beseitigt habe.712 Auf dieser Grundlage beruht auch der Nachweis eines engen Zusammenhangs von Intensivlandwirtschaft, Umweltproblemen und nicht zuletzt auch umweltstrafrechtlicher Auffälligkeit von Landwirten.713 Im Rahmen der EG-Agrarreform 1992 und der Agenda 2000 wurde die Agrarpolitik von Markt- und Stützungspolitik hin zu Liberalisierung und Stärkung umweltgerechter Produktionsprozesse verändert,714 was sich auch in Deutschland niedergeschlagen hat.715 Hinzu kommt ein starker technischer Fortschritt in der Agrartechnik.716 Computer- und satellitengestützte Felderfassung, computergesteuerte Düngung defizitärer Bodenbereiche nach Bodenfruchtbarkeitsuntersuchungen717 sowie entsprechende Verfahren zum minimalen Spritzmitteleinsatz ermöglichen eine Bodenbewirtschaftung, die Umweltbelange berücksichtigt.718 Die pauschalisierende Betrachtung, wel709 Vgl. UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 128; Frhr. Heeremann v. Zuydtwyck, in: FME (Hrsg.), Time to act, S. 33. 710 Dort liegt eine grundlegende Kontroverse zwischen Umwelt und Landwirtschaft, vgl. Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 16; auch: Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/7400, S. 36f.; SRU, ZAU 13 (2000), 84 (92). 711 Zusammenfassender Überblick: Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 10ff.; vgl. Meyer/Gaum, APuZ B 31–32/2002, 25 (30ff.); Frhr. Heeremann v. Zuydtwyck, in: FME (Hrsg.), Time to act, S. 33f. 712 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 128; ähnlich: Olschowy, in: ders. (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 3, S. 812 (815); BBR (Hrsg.), Raumordnungsbericht 2000, S. 154; zeitlich ähnlich einordnend: Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 4. 713 Vgl. dazu eingehend: v. Danwitz, Die Umweltkriminalität der Landwirte, S. 344ff. 714 SRU, Umweltgutachten 2002, BT-DruckS 14/8792, Rn. 717ff.; Bühner, Der Landkreis 2003, 493ff. 715 Jüngst Umdenken zu erkennen: vgl. UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 128; BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 121ff.; ähnlich: Olschowy, in: ders. (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 3, S. 812 (815); Sendler u. a., UGBE, S. 993ff.; BBR (Hrsg.), Raumordnungsbericht 2000, S. 154; Witzke/Holm-Müller, ZAU 14 (2001), 9 (11f., 13); a. A. Smeddinck/Hogenmüller, ZAU 13 (2000), 298 (300); zum Umweltrecht allgemein: Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (115). 716 Hermann, Das letzte Korn entscheidet, FAZ Nr. 268, v. 18.11.2003, S. T1. 717 Zur Düngung, verschiedenen Düngern und pflanzenbaulichem Hintergrund sehr instruktiv: Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 15ff.

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che die Landwirtschaft als größte Bodenbelastung einordnet,719 wird den Veränderungen nicht mehr gerecht.720 Die „konventionellen“ Verfahren wurden hinsichtlich Umweltverträglichkeit721 und Steigerung der Qualität722 fortentwickelt. Insbesondere der integrierte Pflanzenbau entspricht umweltschonender Landbewirtschaftung.723 Diese Veränderungen724 werden, nicht nur von Teilen der rechtswissenschaftlichen Literatur, nicht zur Kenntnis genommen,725 so dass sich eine 718 Aufschlußreich sind hierzu die Arbeiten zur Belastung der Gewässer mit Spritzmitteln im Umweltgutachen 2000. Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass zwar die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in 60% der Anwendungen fehlerhaft war, diese jedoch nicht zu den großen Gewässerbelastungen geführt hat. 90% dieser Belastungen stammten aus an die Kläranlage angeschlossenen Hofabläufen, vgl. SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 593. Zu undifferenziert daher: BMU/UBA, Aktionshandbuch nachhaltige Wasserwirtschaft, S. 20. 719 Nachweis bei: Frenz, BBodSchG, § 17 Rn. 1. 720 Zunehmend werden die Überbeanspruchungstendenz traditioneller Landbewirtschaftung zurückgewiesen und positive Effekte benannt, vgl. Heinrichsmeyer/Karl, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 94; Frhr. Heeremann v. Zuydtwyck, in: FME (Hrsg.), Time to act, S. 33f.; vgl. schon 1997: Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BTDruckS 13/7400, S. 36f., die bereits in einigen Regionen zurückgehende Nitratbelastung des Grundwassers feststellt und regionales Ansteigen aufgrund der Zeitverzögerung zwischen Düngung und Auftreten im Grundwasser erklärt. Auch die Pestizidbelastung gehe mit weiter abnehmenden Trend zurück; ebenso: SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 592. 721 Ökonomisch unschlüssig wird die Annahme flächendeckenden verschwenderischen Düngemittel und Pflanzenschutzmitteleinsatzes, wenn die Pflicht zu Bodenuntersuchungen und Nährstoffbilanzen berücksichtigt wird. Umweltbelastungen resultieren aus Düngemitteleinsatz, der über den Bedarf der Pflanzen hinausgeht, UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 123; Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 15f. Diese Erscheinung ist auf ein Gewinnstreben zurückzuführen, Heinrichsmeyer/Karl, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 94f. Überobligatorischer Düngemitteleinsatz schmälert den Gewinn, läuft per Saldo also der Anwendungsintention zuwider. Es ist kein Grund ersichtlich, warum ein Landwirt nach den Kosten von Untersuchung und Nährstoffbilanzierung großflächig teure überschüssige und damit überflüssige Dünger ausbringen sollte. 722 Vgl. auch die unterschiedliche Bewertung ähnlicher Vorgänge, die in ökologischer, wie konventioneller Tierhaltung vorgenommen werden, aber nur in ökologischer Tierhaltung positiv bewertet werden, Witzke/Holm-Müller, ZAU 14 (2001), 9 (12). 723 So völlig richtig: Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 68; eingehende, sehr instruktive Darstellung: Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG § 17 Rn. 109–134. 724 Zu nennen ist hier insbesondere auch die DüngeVO, die auf bedarfsgerechte Düngung mit der Pflicht zu regelmäßigen Bodenuntersuchungen und Nährstoffbilanzen zielt, vgl. Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 246; lesenswert zu den Zusammenhängen in Bodenbewirtschaftung und guter fachlicher Praxis:

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beträchtliche Diskrepanz vom Stand der Technik und Forschung in der Agrarwissenschaft und Landbewirtschaftung726 zu Vorstellungen in Teilen der Literatur aufgetan hat.727 Sie verharrt vielfach in einer kleingärtnerischen „Viel hilft viel“-Denkweise, die noch auf den Stand der ausgehenden 1980er728 und beginnenden 1990er Jahre fixiert ist.729 Dabei findet sie sich in der guten Gesellschaft großer Bevölkerungsteile, deren Ablehnung auf der Diskrepanz zwischen Erwartungen einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft und den Voraussetzungen entwicklungsfähiger Agrarbetriebe beruht.730 Eine Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG § 17; wie hier: Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 43. 725 Vgl. Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 31, der als beachtlicheren Grund für den § 2 II Nr. 3c) Schädigungen durch eine zu intensive Landwirtschaft, mit überhöhtem Pflanzenschutz- und Düngmitteleinsatz ausmacht; „bekanntermaßen, jedoch nicht nur durch Nutzungsformen in Land- und Forstwirtschaft erhebliche Beeinträchtigungen“, Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 1 Rn. 15; Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 13, der für seine Behauptungen 15 bzw. 5 Jahre alte Erkenntnisse anführt. 726 Zu den Analyseverfahren, leider noch auf dem Stand von 1999: Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG § 17 Rn. 32ff. jedoch auf die Dynamik verweisend ebd. Rn. 137. 727 Vgl. etwa. www.hans-hoelzl.com/frm_produkte.htm (24.09.2003); www.news. agrar.de/archiv/20030616-00000/(24.09.03); weitere links zum Thema Precision farming/agriculture, www.geokonzepte.de (24.09.2003). Verfehlt ist vor diesem Hintergrund die schematische Verurteilung „industrieller Landwirtschaft“. Abgesehen von der fragwürdigen Begrifflichkeit ist gerade dort die Fähigkeit vorhanden, mit modernen Methoden und Technik schonenden Landbau zu betreiben. Zudem ist die Fokussierung auf einzelne Produktionsweisen und landwirtschaftliche Betriebstypen nicht zur Orientierung für die Agrarpolitik geeignet, vgl. Bauer, ZAU 14 (2001), 17 (18). 728 Die Belastungshöchststände für Stickstoff- und Phosphorüberschüsse liegen im Zeitraum von 1975 bis ca. 1988, vgl. BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 130. 729 So fordert etwa Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 446, die Landwirtschaftsklausel zur Steigerung der Umstellung auf Ökobetriebe zu streichen und Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatz mit Ausgleichsabgaben auch zur Einnahmensteigerung zu belegen. Zu neueren Entwicklungen äußert er sich nicht. Dies ist umso bedauerlicher, als er die Praxis, ohne hinreichende Praxiskenntnis die Diskussion zu bereichern, betreffend anderer Rechtswissenschaftler brandmarkt, die mit ihren Neuansätzen höheres Ansehen und Einkünfte erwarteten, ebd., S. 426 Rn. 2232. Sachlich ist Ekardt zuzugeben, dass ein Festsetzen ermessenszugänglicher Grenzwerte allein keine Lösung sein kann. Ebenso ist das von ihm vorgeschlagene Mittel tauglich zur Erreichung seines angestrebten Ziels. Das Ziel ist jedoch zweifelhaft. Die damit resultierende Anhebung der Erzeugungskosten wirkt sich auch auf das Lebensmittelpreisniveau aus. Sie beeinträchtigt damit soziale Belange der Nachhaltigkeit, die wiederum Rückwirkungen auf den Einnahmeeffekt hat. Gegen Pflanzenschutzabgaben auch Sendler u. a., UGB-KommE, S. 1004. 730 Smeddinck/Hogenmüller, ZAU 13 (2000), 298 (301) m. w. N. Diese Einstellung ist auch auf eine romantisierende harmonische Vorstellung von Naturschutz in der Bevölkerung zurückzuführen, vgl. BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 52f.

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gesicherte Versorgung mit hochwertigen und kostengünstigen Nahrungsmitteln ist derzeit auf Basis des ökologischen Landbaus nicht absehbar.731 Eine 100%ige ökologische Landwirtschaft732 erscheint schon angesichts dessen nicht sinnvoll, als der Förderung ökologischen Landbaus733 keine entsprechende Nachfrage auf der Marktgegenseite gegenübersteht.734 Wenn aber auch konventioneller Landbau nach den Grundsätzen guter fachlicher Praxis nachhaltig ist,735 ist der ökologische Landbau zu Recht nicht als die allein verträgliche Bodennutzung in das BBodSchG aufgenommen worden.736

bb) Gute fachliche Praxis als taugliche Steuerung? Standortangemessene Bodennutzung durch die Landwirtschaft erfolgt durch ordnungsgemäße Landwirtschaft.737 Ordnungsgemäße Landwirtschaft richtet sich nach der guten fachlichen Praxis der Landwirtschaft. Vom Standpunkt des Bodenschutzes aus wird der Schutz als zu gering und zu wenig konkret kritisiert.738 Die Normierung und Überwachung ständig wechselnder Faktoren bis zur kleinsten Ebene ist jedoch illusorisch.739 Die „gute fach731

Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 68. Vgl. BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 244. 733 Vgl. etwa das Ziel eines 20%igen Ökolandbaus, der Verbraucherschutzministerin bei: Witzke/Holm-Müller, ZAU 14 (2001), 9 (10); Smeddinck/Hogenmüller, ZAU 13 (2000), 298 (302f.). 734 Vgl. SRU, ZAU 9 (1996), 312 (317). Teilweise besteht bereits ein Überangebot an Ökoprodukten, jüngst: FAZ Nr. 22 v. 27.01.2004, S. 19. 735 Vgl. auch Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG § 17 Rn. 12; ökologischer Landbau per se nicht garantiert nachhaltig: Bauer, ZAU 14 (2001), 17 (18); ähnlich: Steiger, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 59 (82). 736 Frenz, BBodSchG, § 17 Rn. 11. 737 Zu der Konkretisierung, sowie der auch dort sich erhebenden Streitfrage zwischen ökonomischer und ökologischer Ansicht: Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 115ff., 126. 738 Ausgleich zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und ökologischen Belange, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 281; Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 138. Insbesondere in Bezug auf Differenzierung der Bodentypen und Begrenzung von Schadstoffanstiegen, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 281f.; kritisch auch: ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 99; Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 73 (80); Rehbinder, NuR 2001, 361 (365). 739 Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 139; vgl. schon die ausführlichen konkretisierenden Handlungsempfehlungen BMELF, Grundsätze und Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis, Bundesanzeiger Nr. 73, 51. Jahrgang (1999), v. 20.04.1999, S. 6585ff. 732

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liche Praxis“ ist offen für Weiterentwicklungen auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse und schreibt somit keinen statischen Ausgangszustand fest.740 Aus diesem Grund ist es erforderlich, wie bisher die Grundsätze weiterzuentwickeln und zu ergänzen.741 Der Einwand mangelhafter Konkretisierung kann nicht überzeugen.742 Hinsichtlich schädlicher Bodenveränderungen durch Wassererosion wie Bodenverdichtungen743 ist bereits ein Maß an Konkretisierung gegeben, das auch eine Einstufung als Ordnungswidrigkeit erlaubt.744 Die Schilderung guter fachlicher Praxis erschöpft sich nicht in der Aufzählung des § 17 Abs. 2 BBodSchG,745 sondern wird durch Fachgesetze ergänzt.746 cc) Ordnungsrechtliche Maßnahmen als Lösung? § 17 BBodSchG setzt auf Kooperation statt Überwachung.747 Eine Rechtspflicht zur Vermittlung guter fachlicher Praxis durch landwirtschaft740 Queitsch, BBodSchG, § 17 Rn. 164; Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG § 1 Rn. 1. 741 BMELF, Grundsätze und Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis, Bundesanzeiger Nr. 73, 51. Jahrgang (1999), v. 20.04.1999, S. 6585; wohl auch Bickel, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 17 Rn. 4. 742 In dem Sinne aber Lange, in: ders. (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 109 (120). 743 Kritisch hinsichtlich der BBodSchV etwa Müller, Die gute fachliche Praxis, S. 102f.; Peine, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 537 (554f.). 744 Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 139. Die zahlreichen Konkretisierungen weisen daher nach Ansicht einiger bereits den Weg zur Wandlung des Begriffs guter fachlicher Praxis zu einem Rechtsbegriff, Giesen, AFZ-DerWald 8/2003, 392 (393). 745 Queitsch, BBodSchG, § 17 Rn. 164. 746 Dazu oben: Fn. 724, 694; vgl. auch: Sendler u. a., UGB-KommE, § 332, S. 235f.; Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 246; sowie BMELF, Grundsätze und Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis, Bundesanzeiger Nr. 73, 51. Jahrgang (1999), v. 20.04.1999, S. 6585ff.; eine Überblick über die ordnungsgemäße Bewirtschaftung gibt Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 81ff. Vgl. § 2 I DüngeVO mit dem Grundsatz bedarfsorientierter Düngung, sowie die Düngebedarfsermittlung in § 4, die Pflicht zu Nährstoffvergleichen, § 5 sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, § 6 DüngeVO. Das BBodSchG ist gegenüber Regelungen im Düngemittel- und Pflanzenschutzrecht sowie KrW-/AbfG subsidiär, Müller, Die gute fachliche Praxis, S. 87; Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 125ff. So regelt § 6 I 3 PflanzenSchG das Verbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, wenn der Anwender damit rechnen muss, dass dadurch erhebliche schädliche Auswirkungen auf den Boden als Bestandteil des Naturhaushaltes entstehen, vgl. Queitsch, BBodSchG, § 3 Rn. 63. § 1a II DüngeMG konkretisiert die Düngung auf den Bedarf der Pflanzen und des Bodens, die gem. § 1a I DüngeMG nicht überschritten werden dürfen; vgl. auch: Ewer, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchR, Vorb Rn. 56.

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liche Beratungsstellen besteht jedoch nicht.748 Die ineffektive Durchsetzung in der Praxis ist deshalb Ansatzpunkt für die Kritik mit dem verstärkten Ruf nach ordnungsrechtlichen Maßnahmen.749 Solche sollten jedoch nur letztes Mittel in der Überwachung sein. Die Bodennutzung ist auf die ökologische Grundlage angewiesen. Damit unterscheidet sie sich erheblich etwa von der rein verbrauchenden Ressourcennutzung. Aus diesem Grund wirkt die Beratungspflicht in Einklang mit der Interessenlage der Nutzer.750 Eine Erzwingung nachhaltiger Landwirtschaft durch ordnungsrechtliche Regulierung verspricht keinen Erfolg.751 Schon das Vorhaben einer ordnungsrechtlichen detaillierten Regelung erscheint kaum realisierbar.752 Allgemein geltende Einschreitparameter sind aufgrund der Vielfalt der biologischen und sonstigen Standortverhältnisse kaum möglich.753 Die Regulierung scheiterte jedenfalls 747 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht § 27 Rn. 129; Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 60. 748 Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 46; Frenz, BBodSchG, § 17 Rn. 7; a. A. wohl Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, BBodSchG, Einf. Rn. 77; für die Durchsetzbarkeit der Grundsätze der guten fachlichen Praxis: Bickel, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 17 Rn. 2. 749 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 281f.; kritisch auch ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 99; Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 73 (80). Dazu auch: Peine, NuR 1999, 121 (126); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 487; Müller, Die gute fachliche Praxis, S. 101, 106; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 27 Rn. 129; Tomerius, ZUR 1999, 79 (86); Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 47. 750 „Erhebliches Eigeninteresse des Landwirts, seine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu erhalten“, Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 60, jedoch gegen die Sollbestimmung ebd; Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG § 17 Rn. 3. Für Beratung als bewährte Praxis auch: Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 49. Nicht überzeugend insbesondere auch der Ansatz von Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 17 Rn. 14, der die Vorsorgekonzeption mit der Begründung ablehnt, es sei nicht auszuschließen, dass Landwirte ohne Hofnachfolger weniger vorausschauend arbeiteten. Ein Landwirt ohne Hofnachfolger wird seine Flächen durch Verkauf oder Pacht weiterer Nutzung zuführen. Eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen wird sich in verringertem Nutzungswert und damit finanziellem Ertrag weiterhin niederschlagen. Der wohl industrieller Altlastenproblematik nachgebildete Gedankengang ist auch aus Praxissicht eher abwegig. 751 Führe ebenso wenig im Ergebnis zur Nachhaltigkeit, wie unsachgemäßer Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatz, so: ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 100. 752 Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 43; Giesen, AFZ-DerWald 8/2003, 392 (395); dazu auch oben: Fn. 739; dafür: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 17 Rn. 14. 753 Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 49. Alternativ wären sie so allgemein: dass wiederum der mangelnde Konkretisierungsgrad beklagt würde. Dies wird beispielhaft an den Konkretisierungen des BMELF sichtbar. Die konkretisierten Empfehlungen sind häufig wiederum mit standort- und pflanzenspe-

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am unweigerlichen Vollzugsdefizit ihrer erforderlichen Überwachung.754 Ein sinnvollerer Weg scheint die Stärkung der Eigenverantwortung755 anstelle des Ausbaus der Regulierung.756 Qualifizierte eigenverantwortliche Betriebsführung verspricht in Verbindung mit sinnvollen Rahmenbedingungen757 das beste Ergebnis für nachhaltige Bodenbewirtschaftung und Landwirtschaft.758 e) Bodenschutz und Gemeinden Bodenschutz in den Gemeinden ist vor allem durch die baurechtlichen Bodenschutzmöglichkeiten geprägt. § 1a II BauGB betont die Bedeutung sparsamer Flächeninanspruchnahme sowie die Innenentwicklung der Gemeinden für den Bodenschutz. Die Flächenverbrauchseindämmung überschneidet sich stark mit der gemeindlichen Innenraumentwicklung des Baurechts, wohingegen die Bereiche landwirtschaftliche Bodennutzung und Versiegelung stärkere Bezüge zum Wasser- und Naturschutz aufweisen. aa) Bodenschutzrelevante Regelungsmöglichkeiten in gemeindlicher Planung Die Flächennutzungsplanung stellt nur die grobe Planung der Gemeinden für die künftigen Bedarfsflächen und damit den Bodenschutz dar.759 Bodenzifischen Vorbehalten versehen: BMELF, Grundsätze und Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis, Bundesanzeiger Nr. 73, 51. Jahrgang (1999), v. 20.04. 1999, S. 6585 (6586), dort u. a., 2.1, 3. Spiegelstrich, 2.2, 1. Spiegelstrich, Unterpunkt 2; 2.3, 3. Spiegelstrich, Unterpunkt 2. Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BBodSchG, § 17 Rn. 79; G4 (Anhang); Das gleiche gilt für den Forstsektor, vgl. Giesen, AFZ-DerWald 8/2003, 392 (395). 754 Will man nicht „auf jeden Traktor einen Inspektor stellen“, Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 60; auf Bedenken stößt aus diesem Grund auch der Vorschlag einer Fachbodenschutzbehörde, neben den vorhandenen Fachbehörden, um Vernachlässigungen des Bodenschutzes zu vermeiden, vgl. Notter, NuR 1999, 541 (542f.). 755 BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 13; Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430). 756 Ähnlich der Nachweis bei Eberhardt, ZAU 11 (1998), 72 (77), „der Utopie des effektiven Steuerungsvermögens [. . .] nicht durch immer neue aktionistische staatliche Maßnahmen nachzulaufen, sondern eher Strategien der funktionellen und räumlichen Dezentralisierung verfolgen“; Witt, Agrar-und Umweltrecht, 2003 Beilage II, 1. 757 Von einer Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft durch die Rechtsordnung spricht Werner, Die Landwirtschaftsklauseln im Naturschutzrecht, S. 113. 758 Ähnlich auch: Kaus, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 17 BBodSchG Rn. 49. 759 Schink, DVBl 2000, 221ff.

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schutzrelevant sind etwa die Darstellungen von Flächen zum Naturschutz und Landschaftsschutz, Grünflächen, Landwirtschafts- und Waldflächen, § 5 Abs. 2 Nr. 5, 9, 10 BauGB. Die Feinsteuerung erfolgt durch den Bebauungsplan gemäß den Festsetzungen in BauGB und BauNVO. Die Festsetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BauGB über Maß,760 überbaubare Grundstücksflächen und Mindest- und Höchstmaße für die Bebauung können den Versiegelungsgrad von Grundstücken beeinflussen. § 19 Abs. 4 BauNVO kann zudem mit der Anrechnungsmöglichkeit von Nebenanlagen und Zufahrten auf die Grundfläche umweltschützerisch wirken.761 Zur Erhaltung von Mutterboden wirken die Begrenzung der Tiefe baulicher Anlagen, § 1 BauGB, § 16 Abs. 5 BauNVO, die Einschränkungen von Abgrabungen, § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB, und mittelbar die Verwendung des überschüssigen Bodens zur Geländemodellierung und für Lärmschutzwälle.762 § 179 BauGB ermöglicht Rückbau- und Entsiegelungsgebote in bestehenden Bebauungsplänen. Die Kostenbelastung, die § 179 Abs. 3 BauGB durch Entschädigungen oder Grundstücksübernahmen auf die Gemeinden zukommen kann, setzt der Anwendung des Instruments in der Praxis faktische Grenzen.763 Zumindest bei Neuplanungen besteht die aber Möglichkeit, gemäß § 9 Abs. 1a BauGB und § 135a Abs. 2, 3 BauGB Entsiegelungen an anderer Stelle anzuordnen, wodurch die Kosten der Gemeinden auf Vorhabenträger oder Eigentümer abgewälzt werden können.764 (1) Innenraumentwicklung Für eine nachhaltigkeitsorientierte kommunale Flächennutzung ist mit einem kommunalen Flächenmanagement nicht bedarfsorientierten Baulandausweisungen zu begegnen.765 Die umweltbezogene Berücksichtigung der 760

Dazu: Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 155ff.; Stich u. a., Stadtökologie, S. 191f.; OBBBayMI, Arbbl. Nr. 16, S. 29ff. 761 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 156. 762 Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 65. 763 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 226f.; Schink, ZAU 1998, 407 (434); auf Übernahme- und Entschädigungsansprüche durch Rückbau- und Entsieglungsgebot weist auch Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 186, hin; vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 286f.; Schink, DVBl 2000, 221 (230); sowie: Köhler, in: Schrödter, BauGB, § 179 Rn. 8a.; a. A. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 55. 764 Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 61. 765 Mitschang, DÖV 2000, 14 (20f.); dazu auch: Bunzel, NuR 1997, 583 (584ff.). Grundsätzliche Zweifel angesichts der höheren Umschlaggeschwindigkeit gewerb-

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Flächenpotentiale stellt zur Zeit eher die Ausnahme dar.766 Die Ausweisung neuer Baugebiete führt neben den hohen Kosten für die Anpassung der Versorgungsanlagen zu einem „Aussterben“ der alten Ortskerne. Bei der Baulandbereitstellung ist daher die Innenraumentwicklung der Gemeinden ein sehr wichtiges Mittel für den quantitativen Bodenschutz.767 Eine stärkere Nutzungsmischung, flächensparende Bauweise und die optimale Nutzung der städtebaulichen Dichte wirken bremsend auf den Flächenverbrauch.768 Die Gemeinden haben mit städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen, §§ 136ff. BauGB und städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen, §§ 165ff. BauGB, ein geeignetes Instrumentarium zur Innenentwicklung zur Verfügung.769 Bebauungs- und Abbruchgebote, §§ 176, 179 BauGB, können bei der Aufstellung neuer Bebauungspläne die Planverwirklichung beschleunigen. Sanierungsfähigem Leerstand kann mit Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten, § 177 BauGB, begegnet werden.770 Zur Optimierung der städtischen Innenentwicklung sind etwa Anbau, Aufstockung, Ausbau, Baulückenbebauung, Ruinengeländenutzung, Sanierungen und Umnutzungen denkbar.771 Ein sinnvolles ergänzendes Instrument einer lokalen Agenda 21 stellt hierbei die Dorferneuerung kleinerer Gemeinden dar.772 Die Innenentwicklung sollte angesichts der vorteilhaften Wirkungen für die nachhaltige Entwicklung in den Gemeinden ein höheres Gewicht vor der Außenentwicklung haben.773 Die reichhaltigen Instrumente zur Innenentwicklung werden in der Praxis aber kaum genutzt. Die Ausarbeitung einer Innenentwicklung ist im Verlicher Immobiliennutzungen: Henckel/Usbeck, in: Henckel u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 145 (170). 766 Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (116). 767 Peine, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 537 (549); Stüer/Hönig DVBl 1999, 1717 (1718); vgl. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 62f. 768 Vgl. Hilligardt, RuR 1998, 9 (16); BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 166. Krautzberger, UPR 2001, 130 (132); mit Stadt-Umland-Kooperationen, Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (322f.). 769 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 218f., 220, 221f.; für deren Nutzung zu nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung auch: Krautzberger, Gesamtund Fachplanungen, S. 1 (7f.). Zu beiden Instrumenten: Stüer, Handbuch des Bauund Fachplanungsrechts Rn. 1954ff. Hinzu kommen die durch das EAG Bau eingeführten Regelungen zum Stadtumbau und die Förderung der sozialen Stadt in §§ 171a–171d sowie § 171e BauGB, dazu Krautzberger/Stüer, DVBl 2004, 781 (788f.) und Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 2045ff. 770 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 513f. 771 Zu den gemeindlichen Steuerungsmöglichkeiten eingehend: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 428–507. 772 Vgl. eingehend: UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 106ff.; BfLR, Städtebaulicher Bericht 1996, S. 42ff.; inhaltlich auch: Karstens, in: Eifert/HoffmannRiem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 50 (62f.). 773 Krautzberger/Stemmler, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 317 (324).

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gleich zu der Außenentwicklung unattraktiv.774 Die Normierung der städtebaulichen Gebote erfordert besondere Anforderungen an die Begründung hinreichend dringlicher städtebaulicher Gründe, die in der Abwägung für die sofortige Planverwirklichung die privaten Belange merklich überwiegen.775 Die Attraktivität der Maßnahmen wird noch durch potentielle Erstattungsansprüche gegen die Gemeinde geschmälert.776 Konfliktbeladene verdichtete Siedlungsräume erfordern aufwendigere Planungen als die Neuerschließungen, so dass neben der abschreckenden Wirkung höhere Kosten auftreten.777 Gleiches gilt für die nachträgliche Verdichtung vorhandener Baugebiete.778 In der Praxis verbleiben die Konzepte zur Innenentwicklung daher in der Regel auf der Stufe der Bewusstseinsbildung. Ein Brachflächen- oder Baulückenkataster ist dabei ein sinnvolles Instrument, um die Innenentwicklung der Gemeinden transparenter zu gestalten und zu erleichtern.779 Das Offenlegen von Brachflächen und Baulücken soll die Gemeinderäte dazu bewegen, so lange keine neuen Baugebiete auszuweisen, bis zumindest das nicht bebaute Flächenpotential in der Gemeinde erschöpft ist.780 (2) Strukturelle Probleme der Innenentwicklung Die Innenentwicklung stößt bei der Vereinbarkeit von Wohnraumnutzung mit wirtschaftlicher Betätigung an Grenzen. Die Durchmischung der Siedlungsgebiete hat positive Auswirkungen auf die soziale Stabilität im Stadtgebiet und fördert zudem die Versorgung großer Bevölkerungsteile mit Dingen des täglichen Bedarfs bei kurzen Wegen.781 Die Innenentwicklung und die Erhöhung der städtebaulichen Dichte enthält jedoch zugleich ein Konfliktpotential mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder Belangen des Orts- und Landschaftsbildes sowie Erholungsbelangen. Stadtverdichtung und Nutzungsmischung stoßen an die Grenze wachsenden Verkehrsaufkommens durch die Anforderungen und Nutzung individualisier774

Auch ein internationales Phänomen, OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 25. Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 185; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 177 Rn. 68. 776 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 186; differenzierend noch: Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 177 Rn. 73f., 80ff. 777 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 68f.; Dirnberger, BayGTZ 2001, 293 (294). 778 Dirnberger, BayGTZ 2001, 293 (294); BfLR, Städtebaulicher Bericht 1996, S. 77. 779 Agenda-Transfer, Anküpfungspunkte für die lokale Agenda 21 in Deutschland, S. 11; Dirnberger, BayGTZ 2001, 293 (294). 780 G 8 (vgl. Anhang). 781 Vgl. Walter, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 59 (61). 775

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ter Mobilität.782 Der Städtebau muss eine Gratwanderung zwischen Funktionsentmischung und Funktionsverflechtung vollziehen.783 Bodenschutz hat in diesem Konfliktfeld aufgrund eines geringeren gesellschaftlichen Stellenwertes nur geringe Erfolgsaussichten in der Kommunalpolitik.784 Eine Trendwende im Flächenverbrauch785 zeichnet sich bis heute nicht ab. Es sind ein ausgeprägter Suburbanisierungsprozess und steigender Flächenverbrauch786 zu erkennen, dessen wirksame Eindämmung in der derzeitigen Situation nicht zu erwarten ist.787 Die teilweise unzureichende Regelung der zukunftsfähigen Bodenbewirtschaftung788 ist zu einem Großteil auf die weitgehende Subsidiarität gegenüber Fachgesetzen zurückzuführen.789 Zum anderen haben Wirtschaftsförderung und Wohnraumversorgung traditionell größere Durchsetzungskraft bei den Gemeindevertretungen als Natur- und Landschaftsschutzbelange.790 Die finanzpolitischen Rahmenbedingungen, insbesondere das Steuerrecht, stützen eine kommunale Bodenpolitik nicht.791 Mit steigender Abhängigkeit von einem Unternehmen oder einer Branche 782 Vgl. Finke, IzR 1996, 109 (111); dazu: BMBau (Hrsg.) Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung, S. 5ff., 11ff.; Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (30); mit Beispiel: Walter, in: Sibum/Kreibich/ Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 59 (68); Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 54. 783 BfLR, Städtebaulicher Bericht 1996, S. 67. 784 Vgl. Schink, ZAU 1998, 407 (432); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 460; ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 52. Dagegen mit positivem Beispiel trotz des nach seiner Aussage beschränkten Anwendungsbereichs des BBodSchG für kommunale Förderprogramme in Baden Württemberg: Tomerius, ZUR 1999, 78 (81, Fn. 34). 785 Vgl. Brandt/Sanden, UPR 1999, 367. 786 Vgl. Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 39f.; Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1720). 787 ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 96; Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (40); Kraft, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 41 (42f.); Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (542); vgl. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 30, 64ff. Zweifelnd: Hasche, DVBl 2000, 91 (102), zum BBodSchG insgesamt: Erbguth/Stollmann, NuR 1994, 319 (328f.). 788 Kritik besonders von Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 283. 789 Vgl. § 3 BBodSchG, Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 1 Rn. 27. 790 Bunzel, NuR 1997, 583 (586); vgl. auch: Paulsen, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 99 (102). Ein strukturelles Problem, das bereits in den 60er und 70er Jahren aufgetreten ist, Haaß, Handlungsspielräume, S. 52f. 791 Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (41); Krautzberger, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (13); Bunzel/Meyer, Die Flächennut-

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steigt auch das Bedrohungspotential, dem die Verwaltungen durch Wirtschaftsförderung der örtlichen Unternehmen zu begegnen suchen.792 Dies fördert die interkommunale Konkurrenz mit Ausweisung immer neuer Bauflächen für Wohn- und Industriegebiete.793 Die Situation wird durch den gesamtgesellschaftlich festzustellenden sinkenden Stellenwert des Umweltschutzes noch begünstigt,794 so dass investive kurzfristige Interessen sich tendenziell gegenüber intergenerativer Verantwortung durchsetzen.795 Auf der anderen Seite steht ein sich bereits abzeichnender demographischer Wandel, der gerade in Ostdeutschland einschneidende Veränderungen der kommunalen Infrastruktur erfordern wird.796 Die Probleme nachhaltiger Bodennutzung werden nicht durch die Bauleitplanung geschaffen und auch nicht durch sie beseitigt, sondern liegen in den Verhaltensmustern der Konsumgesellschaft, die einen Bewusstseinswandel erfordert.797 Rechtspolitisch stehen die Vorschläge einer Neuversiegelungsabgabe bzw. einer flächenbezogenen Grundsteuer als Ersatz der jetzigen Grundsteuer sowie die Veränderungen in der Steuerbemessung im Raum, um den Gemeinden ein ökologischeres fiskalisches Instrument als die Gewerbesteuer an die Hand zu geben.798 In den Bemühungen um eine allgemeine kommunale Finanzreform konnten sich die Vorschläge bisher nicht durchsetzen. zungsplanung, S. 109; vgl. auch: BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 241. 792 Vgl. „Bremer Erklärung“ Punkt 2.10, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 96 (100). 793 Bunzel; NuR 1997, 583 (591); Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 72; SRU Umweltgutachten 2000, Rn. 460; vgl. Hesse, RuR 1996, 103 (105); Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 73. 794 Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (41f.). 795 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (37); Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 103, 109. 796 Vgl. Burger, Das Schrumpfen gestalten, FAZ Nr. 98 v. 27.04.2004, S. 10; Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 10; zur Bevölkerungsentwicklung in der Flächennutzungsplanung, Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 105ff., 184ff. 797 Ähnlich: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 108ff.; Mitschang, DÖV 2000, 14 (21); Söhnlein, Landnutzung im Umweltstaat des GG, S. 228; a. A. Bunzel, NuR 1997, 583 (591), der den Grund für Flächenausweisungen im allgemeinen Wohlstandsniveau außerhalb der Einwirkungsmöglichkeiten von Gemeinden und Mandatsträgern sieht; Battis, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 35 (40); Kraft, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 41 (42f.); Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (542); vgl. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 30, 64ff.; Bunzel, NuR 1997, 583 (591). 798 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 462f.; ähnlich: Spars, ZAU 1999, 225 (233).

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(3) Örtliche Verkehrswegegestaltung Die örtliche Verkehrswegegestaltung ist durch eine Vielzahl an Wechselwirkungen geprägt, die es ebenso erlauben würde, das Thema im Bereich des Wasserschutzes oder des Baurechts zu verorten. Ein Patentrezept für den Wegebau ist nicht möglich.799 Auch wenn ein hoher Versiegelungsgrad beklagt wird, ist die nachhaltigste Lösung nicht immer die höchste Wasserdurchlässigkeit des Belags. So wirken Rasengittersteine zwar der Flächenversiegelung entgegen – als Gehweg sind sie jedoch ungeeignet.800 Die großen Zwischenräume machen die Nutzung für Damen mit höheren Absätzen, ältere Mitbürger – noch dazu mit Hilfsmitteln – und Kinder schwer bis unmöglich.801 Beliebt zur Flächenentsiegelung waren/sind auch Kies- und Splittdecken. Sie wurden wie Rieseldecken, Schotterrasen und ähnliches als Wege- oder Freiflächendecke eingesetzt oder sogar als Entsiegelungsmaßnahme anstelle versiegelter Oberflächen aufgebracht. Die begrüßenswerte ökologische Primärzielsetzung hat jedoch – nicht selten ideologisch bedingt – den Blick für Nebenfolgen und sekundäre ökologische Folgen getrübt. Die genannten Oberflächengestaltungen können nicht unbedingt als geeignete Fußweggestaltung gelten802 und entsprechen auch nicht den Präferenzen der Bürger, die eher den Wunsch nach guten, komfortablen, kinderfreundlichen und behindertengerechten Wegen äußern.803 Winterdienst und der größere Säuberungsaufwand durch den meist losen Oberflächenbelag gerade bei Schlechtwetter sind in der Regel erst nach der Verwirklichung der Maßnahme durch Kostensteigerungen an anderer Stelle in den Blickpunkt der Gemeinden geraten.804 Wasserdurchlässige Pflasterungen gehen in der Regel auch zusätzlich mit höheren Fahrgeräuschen einher. Raue Fahrbahndecken auf Fahrradwegen beeinträchtigen den Fahrkomfort und machen dessen Nutzung unattraktiv und erschweren eine Parallelnutzung.805 Die Nutzungsmöglichkeit vor Ort vermeidet weiteren Individualverkehr zu attraktiven Wegen und ermöglicht zudem, Kaufkraft und Besucher vor Ort zu halten. 799 Vgl. die Hinweise auf Beurteilungsmaßstäbe und Entwurfsempfehlungen bei Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 53. 800 So richtig: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 62, Übersicht 3.3–4. 801 Vgl. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 29. 802 So aber die Übersicht 3.3–4 bei Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 62. 803 Vgl. auch von Bürgerseite: Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 29. 804 Schon der Säuberungsaufwand in den Gebäuden läßt die Gesamtnachhaltigkeit der Maßnahme fragwürdig erscheinen. 805 Insbesondere Inlineskater nutzen gefällearme Rad- und Fußwege.

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Der sog. Flüsterasphalt kann zwar die Abrollgeräusche der Fahrzeugreifen dämpfen, benötigt im Winter aber eine höhere Streusalzmenge, um glättefrei gehalten zu werden. Zur innerörtlichen Lärmminderung dient er kaum, da bei innerörtlichen Geschwindigkeiten Motorgeräusche die Abrollgeräusche überwiegen.806 Häufig werden zur Verkehrsberuhigung Aufpflasterungen genutzt. Sie erfüllen insoweit auch ihren Zweck, verursachen jedoch zugleich durch die bedingte ungleichmäßige Fahrweise höhere Emissionen und schrecken Fahrradfahrer ab.807 Die höhere mechanische Belastung wirkt verschleißfördernd auf die Fahrzeuge. Allen Beispielen liegen reale Planungen oder Planungsempfehlungen deutscher Gemeinden zugrunde.808 Die unerwünschten Nebenfolgen der Planungen zeigen, dass die integrative Betrachtung mehrerer Dimensionen noch eine bleibende Aufgabe der Kommunalentwicklung darstellt. Sie kann durch die nachhaltige Entwicklung in der lokalen Agenda 21 wieder ins Bewusstsein gerufen werden. bb) Gemeinden und Landwirtschaft Das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Gemeinden hat der Sache nach vor allem Bedeutung in ländlichen Gemeinden, die in der Regel in größerem Maße vom Einfluss der Landwirtschaft geprägt sind. Die Herausforderung der Gemeinden liegt dort in zwei Bereichen. Die lokale Agenda kann in der Zusammenarbeit der Akteure vor Ort Initiativen für Tourismus oder regionale Lebensmittelversorgung initiieren. Dabei stellt die biologische Landwirtschaft keinesfalls die einzige Versorgungsoption dar.809 Strukturell sind die Flurbereinigungen in den westlichen Bundesländern zumeist abgeschlossen. Der durch die EU-Agrarpolitik erneut bevorstehende Strukturwandel in der Landwirtschaft wird die ländlichen Gemeinden vor erneute Herausforderungen stellen. Dazu gehören neue Flurbereinigungsmaßnahmen, in die die Gemeinde ihre Flächenplanung mit einbringen muss, wie auch die anspruchsvolle Aufgabe, ländliche Dorfkerne mit dem Wegfall der 806

StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VI-21. Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VI-21. 808 So kann das Ziel, Versiegelung von Verkehrsflächen zu minimieren, indem großfugige Pflaster oder Schotterrasen zwischen Fahrbahn und Grundstücksgrenzen angelegt wird, als durchgehendes Ziel in Stadtstraßenbau gerade nicht als beispielhaft gewertet werden, so aber: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VI-40. 809 Dafür wohl: Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (24). 807

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prägenden bäuerlichen Betriebe neuen Nutzungen zuzuführen und attraktiv zu gestalten. Der Vergleich mit der gemeindlichen Tätigkeit im Flächenverbrauch und im Naturschutz zeigt die häufig beklagte Disparität in der Normierung des Umweltschutzes. Maßnahmen in Kernbereichen des Umweltschutzes, in denen Auseinandersetzungen mit mächtigen Interessengruppen befürchtet werden, werden tendenziell vermieden. Hingegen wird etwa kleinlich geregelt, wann Bauern in Naturschutzgebieten ihre Wiesen mähen dürfen, ob Obstbäume am Bachufer standortgemäß sind und welche Bepflanzungen Bauherrn in ihren Gärten vorzunehmen haben.810 Diese Praxis provoziert Trotzreaktionen der Betroffenen und Unpopularität der Ökologie und geht zudem an der Gewichtung der Probleme vorbei.811 3. Kommunaler Immissionsschutz und Straßenverkehr Der Immissionsschutz tritt in lokalen Agenden vor allem durch den Schwerpunkt der Beeinträchtigung durch Auswirkungen des Straßenverkehrs, sowie durch Konflikte zwischen emittierenden Nutzungen und sonstiger städtebaulicher Nutzung in Erscheinung. Das Immissionsschutzrecht hat einen schützenden und vorsorgenden Zweck. Es knüpft in § 1 BImSchG an den Gefahrenbegriff aus dem Polizei- und Ordnungsrecht an. Der Schutzauftrag hat eine Parallele zu den Managementregeln des Nachhaltigkeitsgebots.812 Immissionsschutzrechtliche Anforderungen sind „striktes Recht“.813 Die Gemeinden erhalten jedoch dadurch einen Bewertungsspielraum, dass sie die Zumutbarkeitsgrenze der Beeinträchtigung grundsätzlich selbst bestimmen müssen.814 Orientierungswerte bzw. Richtwerte815 finden sich in der TA Lärm oder 810

„Drittrangige Fragen mit überflüssiger Kleinlichkeit“ Radkau, Natur und Macht, S. 337; dazu schon oben: C.III.5.c)cc)(3). 811 Radkau, Natur und Macht, S. 337. 812 Sanden, Umweltrecht, § 8 Rn. 7; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661) Jarass, BImSchG, § 1 Rn. 6f., 13. 813 Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (514); a. A. Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 72. 814 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 82; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 38. Die Anerkennung dieser Bewertungsräume im BImSchG wird noch durch das erschwert, was Sendler, UPR 1983, 33 (38), treffend als die noch nicht abgelegten „polizeirechtlichen Eierschalen“ bezeichnet hat; vgl. auch: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 148; ähnlich zum Umweltrecht insgesamt Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 12. 815 Ein Abdruck eines Vergleichs gebietsbezogener Lärm-Immissionswerte verschiedener Regelwerke bei Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 86, Übersicht 3.5-1.

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der DIN 18005.816 Sie entfalten keine Bindungswirkung für die Planung der Gemeinde.817 Grundsätzlich einzuhalten sind dagegen die Werte der 16. und 18. BImSchVO.818 Die §§ 41ff. BImSchG und die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16.BImSchVO) sind etwa bei der Aufstellung planfeststellender Bebauungspläne für Straßen zu berücksichtigen,819 ohne dass jedoch aus § 41 BImSchG i. V. m. 16. BImSchVO zugleich ein Anspruch auf Lärmsanierung resultiert.820 Sanierungsgrenzwerte für Straßen, deren Baulast die Gemeinde trägt, existieren nicht.821 Maßstab der Rechtsprechung ist die „enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle“, die nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt wird.822 Zur Orientierung über die Lärmbelastungen an Straßen, an der Außenfront von Gebäuden sowie zur Abschätzung von Lärmpegeln in Straßenzügen existiert eine vereinfachte Rechenmethode, die ohne rechtliche Anspruchsfolge zur Orientierung eine Entscheidungshilfe bietet, ob ein Fachgutachten über die Belastung und einzuleitende Maßnahmen erforderlich ist oder nicht.823 816

Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (514); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 82; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 442ff.; vgl. Ziekow, BayVBl 2000, 325 (327); OBBBayMI, Planungshilfen, S. 42ff.; Halama/Stüer, NVwZ 2003, 137 (138f.); Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 85; einschränkend zu den Grenzwertfestsetzungen für Schall: Kraft, DVBl 1998, 1048 (1052ff.). Sie werden z. T. als Qualitätsziele für einzelne ökologische Problembereiche aufgefasst. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 101, hält die Grenzwerte der TA-Luft für solche Definitionen; ebenso: Kühling, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 151 (160); dagegen: ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 35. 817 BVerwG, DVBl 1991, 442; Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1719); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 179; Kraft, DVBl 1998, 1048 (1051); Schulze-Fielitz/Berger, DVBl 1992, 389 (393f.). 818 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 457, 463; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 87; Uechtritz, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 567 (570); a. A. Ziekow, BayVBl 2000, 325 (326f.); dagegen: Schink, ZfBR 2000, 154 (159), Grenzwerte der 16. BImSchV immer einzuhalten. 819 BVerwG, DVBl 1999, 1288 (1289); Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (515); Ziekow, BayVBl 2000, 325 (330); vgl. auch: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 245; Jarass, BImSchG, § 41 Rn. 30ff.; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts Rn. 1318; Gaentzsch, NVwZ 2001, 990 (993); Schröder, SächsVBl 2001, 208 (209f.); Schulze-Fielitz, DÖV 2001, 181 (184ff.). 820 Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 41 Rn. 107; ders., DÖV 2001, 181 (191); Schink, ZfBR 2000, 154 (159); Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 87. 821 BVerwG, Beschluß v. 29.04.2004, Az: 4 BN 26/04. 822 Vgl. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 87; Stüer/ Schröder, BayVBl 2000, 257 (263).

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Luftreinhalte-824 und Lärmminderungspläne,825 §§ 44, 47 BImSchG, legen für ein Plangebiet Maßnahmen zur Verringerung der Belastungen fest.826 Sie entfalten keine strikte Bindungswirkung für die Gemeinde, sondern sind lediglich in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB und bei Ermessensentscheidungen, die der Luftreinhaltung dienen, zu berücksichtigen (§§ 47 Abs. 6, 47a Abs. 4 BImSchG).827 Für die Gemeinden können in der Abwägung der Belastung auch Luftqualitätskriterien als Leitindikatoren für verschiedene Raumnutzungen hilfreich sein.828 § 49 Abs. 3 BImSchG stellt klar, dass die Gemeinden ortsrechtliche Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und Luftverunreinigungen erlassen können, soweit landesrechtliche Ermächtigungen bestehen.829 Nach Landesrecht sind damit die Einschränkung oder das Verbot bestimmter Anlagen aus besonderen örtlichen Gegebenheiten möglich.830 Auch ein Anschluss- und Benutzungszwang kann zur Luftreinhaltung dienen, wenn ein Luftreinhalteplan aufzustellen ist.831 Die Regelungsmöglichkeiten beschränken sich auf Anschluss- und Benutzungszwänge der Gemeindeordnungen sowie Heizmittelverwendungsbeschränkungen, die in landesrechtlichem Baurecht oder Immissionsschutzrecht geregelt sind.832 Ferner kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde etwa durch eine Geschwindig823

StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VI 5-4 bis 5-16; zu den Schwierigkeiten in der Bestimmung der Grenzwerte: Schulze-Fielitz, DVBl 2001, 181 (182f.). 824 Dazu eingehend: Schreiber, in: Simonis (Hrsg.), Präventive Umweltpolitik, S. 187ff. ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 35ff.; Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 47 Rn. 46ff.; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht § 21 Rn. 276; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 168. 825 Ausführlich: Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 47a Rn. 26ff. 826 Kritisch zu deren Vorsorgeeignung: Petersen, Schutz und Vorsorge, S. 343. 827 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 94; Schreiber, in: Simonis (Hrsg.), Präventive Umweltpolitik, S. 197; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 21 Rn. 280; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 46; Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GKBImSchG, § 47a Rn. 257; ders., UPR 1992, 41 (43f.). 828 Etwa bei ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 37–39. 829 Jarass, BImSchG, § 49 Rn. 26f. 830 Etwa Art 10 BayImSchG, vgl. Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 47 Rn. 170. 831 Anhand Art. 24 I Nr. 3 BayGO, Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 47 Rn. 171, überblicksartig § 49 Rn. 143f.; vgl. ferner: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-25; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 90. 832 Detailliert: Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 49 Rn. 130ff.

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keitsbegrenzung schädliche Emissionen vermindern, vgl. § 40 Abs. 2 BImSchG.833 Daneben existiert die Festsetzung einer Verkehrsberuhigung im Bebauungsplan durch § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB, die durch Zeichen 325/326 StVO vollzogen wird.834 a) Baurechtlicher Immissionsschutz Der Immissionsschutz entfaltet seine Wirkungen auf lokaler Ebene vor allem durch die Bauleitplanung. Die Gemeinden haben in der Abwägung auch die Vorgaben des § 50 BImSchG zu berücksichtigen, der als Optimierungsgebot die besondere Bedeutung des Immissionsschutzes betont.835 Der Grundsatz der Konfliktbewältigung verlangt, die mit dem Bauleitplan verbundenen Konflikte einer Lösung zuzuführen. Die Plandurchführung darf mit der Belastung eines Ausgleichs nur in dem Maße betraut werden, als tatsächlich ein Ausgleich auf dieser Ebene auch möglich ist.836 Ein Nebeneinander von konfligierenden Nutzungen ist planungsrechtlich schon von Beginn an zu vermeiden.837 Umfasst von diesem Gebot sind sowohl die bestehenden als auch neue Konflikte, die die Planung hervorruft.838 Der Trennungsgrundsatz wirkt ambivalent, da er lange Wege und hohe Verkehrsbelastungen provoziert839 und grundsätzlich im Gegensatz zur städtebaulichen 833 Schink, ZfBR 2000, 154 (160); Jarass, BImSchG § 40 Rn. 31ff.; ausführlich: Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 40 Rn. 142ff.; ders., ZUR 2002, 190 (192, 194f.). 834 Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 52; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 105 (str. vgl. v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 171f.). 835 Uechtritz, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 567 (568); Bunge, in: LübbeWolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 79; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht § 21 Rn. 288; Schulze-Fielitz, in: Koch/ Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG § 50 Rn. 4, 31; ders., ZUR 2002, 190 (191); Schröder, SächsVBl 2001, 208 (209f.); kritisch: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 101ff. 836 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 47; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 391; auch: Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1441f.; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 115; Halama/Stüer, NVwZ 2003, 137 (137f.). 837 BVerwGE 45, 309 (328); OBBBayMI, Planungshilfen, S. 44. Relevanz hat dies vor allem für das Nebeneinander von Industrie und Wohnen sowie Landwirtschaft und Wohnen, vgl. auch: Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 139 (141); Schulze-Fielitz, DÖV 2001, 181 (183). 838 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 47; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts Rn. 1441f.; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 115.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Durchmischung, Verdichtung und Innenentwicklung steht. Die Gemeinde muss in der Bauleitplanung neben der Abwehr von schädlichen Umwelteinwirkungen auch auf vorbeugenden Umweltschutz hinwirken.840 Die Festsetzung von Baugebieten kann durch Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 BauNVO und § 1 Abs. 5–9 BauNVO so ergänzt werden, dass Nutzungskonflikte im Baugebiet möglichst verträglich innerhalb einer wie auch zwischen mehreren Nutzungsarten geregelt werden.841 Grenze der Gliederung ist die Zweckbestimmung des Gebietes, § 1 Abs. 4 BauNVO.842 Die Nutzung nach § 1 Abs. 4 BauNVO kann mit flächenbezogenen Schalleistungspegeln und immissionswirksamen flächenbezogenen Schalleistungspegeln als Grenzwerte gegliedert werden.843 Zusätzlich kann die Gemeinde in den Bauleitplänen mit den Festsetzungsmöglichkeiten § 5 Abs. 2 Nr. 5 und § 9 Abs. 1 Nr. 23f. BauGB Feinsteuerungen vornehmen, an die das Immissionsschutzrecht für den Bebauungsplan gebunden ist.844 Der Bereich der präventiven Konfliktbewältigung sollte von den Gemeinden effektiver als bisher genutzt werden, insbesondere mit den Modifikationsmöglichkeiten des § 9 Abs. 1 BauGB.845 839 Koch, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 549 (555f.); Schulze-Fielitz, DÖV 2001, 181 (184). 840 Entsprechend § 5 I Nr. 2 BImSchG, vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 64ff.; fakultativ: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 224. 841 Eingehend: Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 121–126; auch: Stüer/Schröder, BayVBl 2000, 257 (267); v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 89f.; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 43. 842 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 123; ausgenommen Kleinsiedlungsgebiete und reine Wohngebiete, vgl. Ziekow, BayVBl 2000, 325 (334). 843 BVerwG, DVBl 1998, 891; näher: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 688f, Ziekow, BayVBl 2000, 325 (334f.); Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 93f.; Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1077); SchulzeFielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 47a Rn. 269f. Kritisch: Bunzel/Löhr, ZfBR 2000, 307 (308ff.), da weitgehend starre Entmischung der Gebiete, die für Abweichung höheren Begründungsaufwand erforderten und den gesellschaftlichen Änderungen im Wohn- und Arbeitsverhalten nicht mehr gerecht würden; vgl. Stüer/Hönig, DVBl 1999, 1717 (1719); Kraft, DVBl 1998, 1048 (1053); Tomerius, NVwZ 2005, 30f. 844 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 61, 95–100; Kraft, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 41 (45); Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1079), Koch, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 549 (557), Ziekow, BayVBl 2000, 325 (332). 845 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 47; dazu auch: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 87f. „Planungsabstinenz“ überforderter Gemeinden, S. 106.

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aa) § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB ermöglicht es, die Verwendung bestimmter Heizstoffe zu regeln.846 Grenze für die Heizbeschränkungen ist die zumutbare Heizmöglichkeit mit anderen Mitteln847 sowie höherrangiges, insbesondere EG-Recht.848 Ein allgemeiner Verwendungsausschluss von fossilen und flüssigen Brennstoffen ist hingegen möglich, soweit die Verwendungseinschränkung an anderen als den Beschaffenheitsmerkmalen des EG-Rechts anknüpft.849 Für Fälle des Altbestandes sind aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der Regelung allerdings Ausnahmen von dem Gebot eines Brennstoffwechsels oder vom gänzlichen Ausschluss bestimmter Brennstoffe zu normieren.850 Die Praxisempfehlungen zur Behandlung von Brennstoffverboten sind nicht immer auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Sie betreffen häufig das Verbot der Holzverbrennung.851 Im Bereich der Biomassenutzung, insbesondere der Holzhackschnitzelnutzung hat es deutliche technische Fortschritte gegeben. Holzhackschnitzelkraftwerke sind in der Regel normkonform.852 Sie sind mittlerweile auch für Kleinfeuerungsanlagen erhältlich.853 Der pauschale Ausschluss von Holzverbrennung ist daher unver846 BayVGH, BayVBl 2001, 19f.; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1998, 555; Ziekow, BayVBl 2000, 325 (332); Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 16; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-8. 847 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 112. 848 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 189; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 16, mit Verweis auf die Gasöl-Richtlinie der EG, Art. 4 (in Form der RiL Abl L 91/19); sowie: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 90, 104 mit Hinweis auf Art. 3 der Richtlinie über den Schwefelgehalt bestimmter flüssiger Brennstoffe, 93/12/EWG, Abl. L Nr. 74/81. A. A.: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9 Rn. 66. 849 Dies betrifft den Schwefelgehalt beim Gasöl. Verwendungsverbote/-beschränkungen wegen anderer Luftbelastungen sind daher möglich, BVerwG, NVwZ 1989, 664; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1998, 555f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 189; Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1079); v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 131. Aus der Praxis: Du Bois/Peters, Der Städtetag 1998, 309 (313). 850 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 192; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 58f.; Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9 Rn. 68; a. A. wohl BVerwG, NVwZ 1989, 664. 851 Ähnlich auch: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 89. Auch die positive ökologische Bewertung der Nutzung von Pflanzenölen, StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-33, befindet sich wieder im Fluß. 852 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-31f.; BMU (Hrsg.), Erneuerbare Energien, S. 46f.

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hältnismäßig, so dass stattdessen eine Verwendungsbeschränkung anzuraten ist.854 Die Anordnung der Beschränkungen ermöglicht neben reaktiven Abwehrmaßnahmen auch Festsetzungen zum vorbeugenden Immissionsschutz.855 Die lufthygienischen Grenzwerte müssen dafür noch nicht überschritten sein.856 Ausschließlich aus Vorsorgegründen können die Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB aber nicht gerechtfertigt werden. Um eine Vorsorge „ins Blaue“ hinein zu verhindern, müssen bereits konkrete Anhaltspunkte ein Tätigwerden indizieren.857 Neben den Zielen der Bauleitplanung lässt sich die Festsetzung auch mit der grundrechtlichen Schutzpflicht für die Gesundheit rechtfertigen,858 die insbesondere vor der Problematik potentieller Gesundheitsgefahren elektromagnetischer Felder relevant ist.859 Umstritten ist, ob auch Maßnahmen des kommunalen Klimaschutzes angesichts des globalen Problems auf § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB gestützt werden könnten. Diese werden vor allem mit dem Argument, bei Umweltfestsetzungen mit globalem Bezug sei keine städtebauliche Entwicklung mehr einschlägig, abgelehnt.860 Dafür sprechen jedoch § 50 BImSchG als Optimierungsgebot, Art. 20a GG, sowie das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde.861 Die Erweiterung der Zielsetzungen der Bauleitplanung zu einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, erlaubt es, Umweltbelange zum Inhalt der städtebaulichen Planung zu machen, soweit auch ein lokaler Bezug vorhanden ist.862 Dieser ist aber nicht nur beim lokalen Kleinklima, son853 Vgl. BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 67, sowie zum Zuwachs dieser Kleinanlagen und der Problematik kontinuierlicher Wärmeerzeugung: FAZ Nr. 244 v. 21.10.2003, S. T1. 854 Richtig insoweit: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 104, die auf moderne Brenner und Kesseltechniken hinweisen und daher zunächst eine Verwendungsbeschränkung empfehlen; weite Spielräume für die Gemeinden eröffnet BVerwG, NVwZ-RR 1989, 664 (665). 855 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2003, 174 (175). 856 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-18. 857 Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 22f. 858 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 78; a. A. Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 18. 859 Zu Grenzwerten elektromagnetischer Felder, Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 91; vgl. auch SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 622ff. 860 Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 29, 32f.; Gaentzsch, in: Schlichter/ Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 9 Rn. 59; vermittelnd: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 197e. 861 Vgl. Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 30f. 862 Dafür bei der Bevorzugung regenerativer Energien auch: Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, § 9 Rn. 81a. Dagegen: Ziekow, BayVBl 2000, 325 (332), wohl auch: Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1079).

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dern auch beim Klimaschutz insgesamt vorhanden.863 Für eine derartige Interpretation spricht auch die Neuaufnahme des allgemeinen Klimaschutzes in die Ziele der Bauleitplanung, § 2 Abs. 5 Satz 2 BauGB. Die Versagung dieser Möglichkeit, würde die Allmendeproblematik der Klimaauswirkungen verschärfen. Es handelt es sich in diesem Fall keine lokal unabhängige Vorsorge „ins Blaue“, da Anhaltpunkte eines globalen Klimawandels bereits vorliegen, der auch die Gemeinden betrifft.864 § 9 Abs. 1 Nr. 23b) BauGB ermöglicht bei der Errichtung von Gebäuden die Festsetzung bestimmter baulicher Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien, insbesondere der Solarenergie.865 Auch § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB eröffnet Möglichkeiten, über Windschutzbepflanzungen ein wärmebewahrendes Kleinklima zur Energiebilanzverbesserung zu erreichen866 und auch damit ein Teil zum globalen Klimaschutzes beizutragen. Ein Gebot zum Einbau einer Photovoltaikanlage wurde bereits vor der Aufnahme des § 9 Abs. 1 Nr. 23b) BauGB nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB für denkbar gehalten.867 Bei einer solchen Festsetzung wird, solange die Kosten einer solchen Anlage noch im vierstelligen Bereich liegen, eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Bauherren im Verhältnis zum angezielten Erfolg nahe liegen, da minimale Auswirkungen auf das Kleinklima mit immensen wirtschaftlichen Aufwendungen verbunden sind.868 Sinnvoller ist es an dieser Stelle, die Grundvoraussetzungen zur Nutzung von Solarenergie im Bebauungsplan zu berücksichtigen. Dazu gehört eine Ausrichtung der Häuser mit Dachflächen nach Süden über § 9 Abs. 1 Nr. 2, 3 Alt i. V. m. § 9 Abs. 3 Satz 1 BauGB und die Vorsorge gegen Verschattung durch Regelungen über überbaubare Flächen bzw. Höhenstaffelungen.869

863 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 92; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 680f.; a. A. Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1079), allgemeine ökologische oder Klimaschutzgründe nicht ausreichend. 864 BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 38. 865 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 197c; dagegen: Gierke, in: Brügelmann, § 9 (vorl.), 4.6, der auch für Festsetzungen von Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien eine Rechtfertigung aus der besonderen örtlichen Situation verlangt. 866 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, III 8–14. 867 Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 128, anhand Art. 98 II Nr. 5 BayBO; dagegen: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 138. 868 Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 129f. 869 Dazu im einzelnen: Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 134f.; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, III 8–14f.; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 64, 108.

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Die Gemeinden dürfen daher, ohne höhergesetzliche Normen zu verletzen, auch einen bauplanungsrechtlichen Beitrag zum globalen Klimaschutz durch die Festsetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB leisten.870 Nicht statthaft sind allerdings gemeindespezifische Festsetzungen, die bundesrechtliche Immissionsstandards übertreffen.871 Gleiches gilt für Festsetzungen, die Wärmedämmung über die Vorschriften der Wärmeschutzverordnung hinaus treffen.872 Die Festsetzung kann zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des BImSchG auch für das gesamte Gemeindegebiet wirken,873 sowie dem Schutz anderer Gemeindegebiete dienen, wodurch die interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll gefördert wird.874 Aus dem Zweck der Bauleitplanung kann § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB nur ortsfeste, nicht aber Kraftfahrzeugfestsetzungen ermöglichen.875 Weitergehende Anforderungen können jedoch vertraglich mit dem Baulandverkauf gekoppelt sein.876 bb) § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB ermöglicht Festsetzungen für Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder Vorkehrungen zur Vermeidung oder Verminderung der Einwirkungen. Nach überwiegender Auffassung sind nur Maßnahmen, nicht jedoch isolierte Grenzwertbestimmungen im Bebauungsplan erlaubt.877 Die Judikatur zu § 9 Abs. 1 870

Dahingehend auch: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 255. 871 Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 9 Rn. 59; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 364; dagegen: Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 71f. 872 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 682; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 117; a. A. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 114, die über Mindestanforderungen hinausgehende Festsetzungen zulassen wollen, soweit sie an gemeindlichen Zielen der Emissionsminderung des örtlichen Immissionsschutzes orientiert sind. 873 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 105, 111; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 67. 874 Vgl. Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 107ff.; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 23f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 195; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 81a; Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9 Rn. 63. 875 Schröder, SächsVBl 2001, 208 (210); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 113; ebenso für § 9 I Nr. 24 BauGB: OVG NRW, NWVBl 2004, 148ff. 876 Etwa Wärmeschutz oder der Anschluss an BHKWs: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-18; schon oben: C.III.1.f)dd). 877 BVerwG, NVwZ 1991, 881; NVwZ 2000, 815; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 118f.; Kuschnerus,

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Nr. 24 BauGB hat sich bislang überwiegend mit Fragen des Lärmschutzes befasst,878 so dass bislang Überlegungen zu übrigen umwelt- und nachhaltigkeitsfreundlichen Festsetzungsmöglichkeiten nur in der Literatur aufzufinden sind. Ein Verbot von „klimaschädlichen“ Baustoffen und Tropenhölzern ist mit den Anforderungen an die äußere Gestaltung nur bedingt zu vereinbaren. Es kann sich der Sache nach nur auf sichtbare Gestaltungsmerkmale erstrecken, die zudem noch in dieser Form erkennbar sein müssen.879 Nicht mehr möglich ist es, die Anordnung der einzelnen Räume im Gebäude zur Minderung der Wärmeverluste festzulegen.880 Landesrecht ermöglicht jedoch unter Umständen die Anordnung der Fenster im Gebäude.881 Keine Bedenken bestehen auch gegen die Anordnung geschlossener Bauweise zur Minderung des Energiebedarfs882 sowie gegen weitere Maßnahmen der Gebäudeorientierung.883

Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 684; Ziekow, BayVBl 2000, 325 (333); Schulze-Fielitz, in: Koch/Scheuing/Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 47a Rn. 267. Sie sind jedoch durch § 9 I Nr. 24 BauGB möglich, etwa wenn die Gemeinde keine abschließenden Lärmschutzvorkehrungen trifft und sie zur Konkretisierung gleichwertiger Vorkehrungen bestimmte Lärmpegel angibt, Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 684; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 14.2.2001, Az: 7a D93/97.NE; dafür auch: Ziekow, BayVBl 2000, 325 (333), mit weiteren Beispielen von Grenzwerten. Ebenso für die die Verstärkung der Wärmedämmung eine Konkretisierung durch einzelne „k-Werte“, Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 118. Dazu existiert jedoch keine gefestigte Rechtsprechung, zu dem Streit der Festsetzung dieser Wärmedurchgangskoeffizienten eingehend: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 108f., 114. 878 Vgl. die Nachweise bei: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9 Rn. 69ff. 879 Anders als Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 120 meint, sind daher auch bestimmte Holzarten nur dann aus gestalterischen Gründen ausschließbar, soweit es in ihrem spezifischen Aussehen begründet ist. Wird das Holz etwa farblich verfremdet oder angepasst, ist das Verbot nicht tragfähig. 880 In diesem Sinne: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 99, die Grundrissorganisation mit Wohn- und Schlafräume mit Schallschutzklassen für möglich halten, ebenso: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 137; ähnlich auch: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 208. 881 Vgl. Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 138ff. 882 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, III-19; eingehend V-17f.; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 111. 883 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, III-20; Bunzel/ Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 108.

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b) Gewicht des kommunalen Immissionsschutzes Mit der Abwägung aus dem Erheblichkeitsmaßstab, § 3 Abs. 1 BImSchG, dem Trennungsgrundsatz, § 50 BImSchG, der Gebietstypik der BauNVO,884 dem Grundsatz der Konfliktbewältigung,885 Verwaltungsvorschriften und technischen Regelwerken886 kann die Gemeinde Einfluss auf Interessenkonflikte innerhalb ihres Gebietes nehmen. In den Gemeinden werden die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in der Regel nicht ausgeschöpft. Der Immissionsschutz bereitet neben dem Naturschutz besondere Probleme, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass der Immissionsschutz den zweithäufigsten Beanstandungsgrund der Bebauungspläne darstellt.887 Eine Vielzahl von kommunalen Ideen beschäftigt sich mit möglichst kostengünstigen Schutzmaßnahmen. Der Schwerpunkt liegt jedoch zumeist auf reaktiv-abwehrenden, anstatt auf planend-vermeidenden Maßnahmen.888 c) Straßenverkehr Für die Gemeinden bestehen nur geringe Handlungsmöglichkeiten im Bereich überregionaler Verkehrssteuerung. Neben Anhörungen der Gemeinde in den Fachplanungsverfahren können die Gemeinden nur versuchen, auf politischer Ebene Einfluss auf den Aushandlungsprozess in der Bundesverkehrswegeplanung zu nehmen.889 Beim Bau von Straßen ergeben sich die bereits im Immissionsschutzrecht genannten Anforderungen.890 Das Straßenverkehrsrecht ist primär Gefahrenabwehrrecht und nicht Recht zur Steuerung umweltgerechten Verhaltens.891 Größere Handlungsmöglichkeiten 884 Zum Typisierungsgebot auch: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 32f. 885 Dazu: Stüer/Schröder, BayVBl 2000, 257ff.; Koch, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, 546 (561f.); Ziekow, BayVBl 2000, 325 (329, 326f., 334); ausführlich: Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1440ff. 886 Dazu: BVerwGE 109, 246, 249. 887 39%, vgl. Schink, ZfBR 2000, 154f.; Löhr, in: Berkemann u. a., Planung und Plankontrolle, S. 229 (235); andere Zahlen: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 94. 888 Etwa die Idee, für Gemeinde kostenneutral Lärmschutzwälle zu bauen, indem Unternehmen als zusätzliche Entsorgungsmöglichkeit für unbelasteten Boden Einbau in Lärmschutzwall ermöglicht wird: Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (77). 889 Hollbach-Grömig, in: Henckel u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 113 (140f.). 890 Vgl. oben: C.III.3. 891 Klinski, in: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 172.

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hat die Gemeinde als Straßenverkehrsbehörde im Bereich lokaler Verkehrssteuerung.892 Die Verkehrsentwicklungsplanungen können genutzt werden, um andere Sektoren im Sinne nachhaltiger Entwicklung zu beeinflussen.893 So lassen sich etwa durch das Aufstellen von Güterverkehrskonzepten, die durch Halteverbote, und Benutzungsbeschränkungen verschiedener Gebiete bzw. bestimmter Fahrzeugarten flankiert werden können, Belastungen des Güterverkehrsaufkommens dezimieren.894 Oft sind mit staatlichen Zuschüssen für den Straßenbau auch Auflagen für die Nutzungsmöglichkeit des Güterverkehrs verbunden, so dass die Gemeinden besondere Anstrengungen auf die Finanzierung aus eigener Kraft richten sollten. Verkehrsberuhigungen895 aufgrund § 45 Abs. 1b StVO stoßen vor allem dann auf Akzeptanz der Verkehrsteilnehmer, wenn die bauliche Gestaltung der Straße oder des Baugebiets die Einführung der Verkehrsberuhigung nahelegt. Flächendeckende Tempo 30-Zonen provozieren daher insbesondere bei breiten gut ausgebauten Verkehrswegen die Missachtung der Tempolimits,896 da eine ebenso flächendeckende Verkehrsüberwachung nicht möglich sein wird. Tempo 30-Zonen haben daher weniger als Standardmaßnahme denn als integrative Gestaltungsmöglichkeit bei Neuplanungen und Stadterneuerung Bedeutung.897 Relativ schnell sichtbare Erfolge kann die Einflussnahme auf das Verhalten der Verwaltungsmitarbeiter zeigen, etwa durch das Angebot eines Jobtickets für den ÖPNV.898 Nur langfristige Optimierungsmöglichkeiten bestehen im ÖPNV, was dessen Intensivierung, Koordinierung und preisliche Attraktivität betrifft,899 da durch die vergebenen Konzessionen und ausgeschriebenen Linien eine Bindungswirkung vorhanden ist. Eine langfristige Aufgabe ist die Ausrichtung der Bauleitplanung auf durchmischte Stadtpla892

Eingehend: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 165ff.; OBBBayMI, Planungshilfen, S. 39ff. 893 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 115; v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 166ff. 894 Hollbach-Grömig, in: Henckel u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 113 (143); Schröder, SächsVBl 2001, 208 (211f.). 895 Zu der Problematik im Detail: v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 169ff. 896 Vgl. zur Anforderung des Zonenbewußtseins und einer städtebaulichen Einheit, BVerwG, BayVBl 1995 311; VG Karlsruhe Az. 3 K1694/00, v. 11.7.2001; Müller, in: Geis/Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 227 (230). 897 Mit der Bezeichnung als Standardmaßnahme Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 46, 50; differenzierend: OBBBayMI, Planungshilfen, S. 41. 898 Vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 69. 899 Hollbach-Grömig, in: Henckel u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 113 (143).

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nung900 mit Integration für ÖPNV, Fußgänger und Fahrradverkehr,901 um Wohnen, Arbeit, Freizeit und Versorgung sinnvoll zu koordinieren.902 Aus Trenderwägungen heraus autoreduzierte bzw. autofreie Gebiete zu schaffen,903 hat sich in der Praxis zumindest bei der autofreien Siedlung nicht bewährt. Sie hat keine Annahme bei den Nachfragern gefunden.904 Eine kommunale Steuer zur Einschränkung des Individualverkehrs ist schon vor dem Hintergrund ihrer Durchsetzbarkeit bei der Masse der Kommunen momentan völlig praxisfremd.905 4. Nachhaltige Entwicklung und kommunale Wälder Wald bedeckt mit 10,7 Mio. Hektar ein Drittel der Fläche Deutschlands. Ein Fünftel davon ist in Gemeindebesitz.906 Hieraus ergibt sich die Relevanz des Waldes für lokale Agenden. Auf die Normierung der waldrechtlichen Normen haben die Gemeinden keinen Einfluss. Zunächst ist daher von Bedeutung, wie das maßgebliche Bundesrecht mit dem BWaldG nachhaltige Entwicklung aufgegriffen hat. Der Begriff „Nachhaltig“ wird in §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 41 Abs. 2 BWaldG verwendet sowie auch durch die Verweisungen in §§ 8 Abs. 1 und 6 Abs. 1 BWaldG aufgegriffen. § 1 Abs. 1 BWaldG spricht von einer nach900 Auch: Walter, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix?, S. 59 (61). 901 ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 149; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 39f.; 46. Zu Fahrradwegeplänen BMU/ UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 117; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VI-7. 902 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, III-22f. Eine Vorabeinschätzung, welche Maßnahmen bei Verkehrsbelastungsfaktoren anwendbar sein können und welche ökologische Wirkungstiefe sie entfalten, kann das Stufenmodell der ökologischen Wirkungstiefe städtischer Verkehrspolitik geben, vgl. die Darstellung bei Bratzel, in: Mez/Jänicke (Hrsg.) sektorale Umweltpolitik, S. 109ff. 903 Vgl. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 46, 50. 904 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Diskussionsstand der Erarbeitung einer kommunalen Agenda, S. 25. Dies gilt zumindest für die Mehrzahl der kleineren (ländlichen) Gemeinden, die ein hohes Maß an individueller Mobilität voraussetzen. In durch ÖPNV gut angebundenen Großstadtlagen hat das Projekt größere Erfolgsaussichten, vgl. Arbeitskreis autofreie Siedlung Köln, www.bpc.de/ask/aktuelle/ index.php (23.07.2004); eine Übersicht der Projektliste bei www.autofrei-wohnen.de/ InitiativenD.html (23.07.2004). 905 Dafür: Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 701; zu den rechtlichen weiteren Hindernissen m. w. N. v. Bomhard, Immissionschutz durch kommunales Verwaltungshandeln, S. 202ff. 906 BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 125; BMU (Hrsg.), Verantwortung für die Zukunft, S. 34.

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haltigen Sicherung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes aufgrund der dort genannten Waldfunktionen. Das Bundeswaldgesetz907 hebt insbesondere die ökonomische, ökologische und soziale Funktion908 des Waldes909 hervor. Die Bedeutung der Nachhaltigkeit im BWaldG ist dennoch umstritten. Eine traditionelle Auffassung knüpft an die historische forstwirtschaftliche Verankerung der Nachhaltigkeit an.910 Eine breite Bedeutung des Waldes jenseits der wirtschaftlichen Funktion ist außerhalb der Forstwissenschaft im öffentlichen Bewusstsein erst mit Überlegungen zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen festzustellen.911 Ein derart synonymes statisches Verständnis, dass „nachhaltig“ auf die Bedeutung dauerhaft912 reduziert, vermittelt jedoch eine falsche Sichtweise forstlicher Nachhaltigkeit. Die Forstwirtschaft praktiziert eine dynamische Form oszillierender Nachhaltigkeit. Ihr liegt eine schwankende Bewirtschaftungsperspektive von sieben bis zehn Jahren zugrunde, um auf marktbedingte und witterungsspezifische Schwankungen in optimierender Weise zu reagieren.913 Im Einklang mit den Strukturprinzipien der Nachhaltigkeit als Bewirtschaftungsprinzip914 trifft die nachhaltige Sicherung daher eine Aussage über Art und Umfang 907 Vgl. zum schweizer. Waldgesetz: Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (76). 908 Dazu eingehend: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 BWaldG Rn. 54–62. 909 Vgl. Schröder, WiVerw 95, 65 (69); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 1091ff. 910 Menzel, ZRP 2001, 221 (227); Peters, Nachhaltigkeit als Grundsatz, S. 4ff.; Rehbinder, NuR 1997, 313 (324). Diese wird auch als „klassische“ Nachhaltigkeit bezeichnet, Klose/Orf, Forstrecht, § 11 Rn. 32; so für das schweizerische Waldrecht auch: Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (76). Zu der Problematik „der“ historischen forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeit: vgl. oben: Einleitung II.2.; auch: Fn. 934. 911 Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 1 BWaldG Rn. 7; ähnlich zu § 6 I, §§ 11, 41 II BWaldG i. S. nachhaltiger Entwicklung auch: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103. 912 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 96. Es wird kontrovers diskutiert, ob Nachhaltigkeit nicht als dauerhaft verstanden werden kann. Dies wird mit Blick auf die Struktur abgelehnt, Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 26. Nach anderer Ansicht schadet die synonyme Verwendung mit Dauerhaftigkeit nicht, da kein Hinweis auf eine Beschränkung auf Schutz gegenwärtiger Generationen und die Gewährleistung eines angemessenen inhaltlichen Schutzniveaus vorhanden sei. Vgl. Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (726); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658); Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 15f., 33ff. Diese Ansicht ist nur unter ihren inzidenten Prämissen zutreffend. Die qualitativ-quantitative Strukturkomponente liegt in ihren vorgenommen Einschränkungsbedingungen. Wird dies in der Diskussion nicht herausgearbeitet, kann es durch die plakative Gleichsetzung zu einer nicht hinnehmbaren Vereinfachung kommen. 913 Vgl. Städtler, AFZ-DerWald 9/2003, 442 (443); vgl. Anhang G4; zur Weiterentwicklung auch: Bolz, Nachhaltigkeit, S. 32f. 914 Vgl. oben Einleitung II.2.; ebenso: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 28.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

der Bewirtschaftung.915 Eine Reduktion auf die temporäre Bedeutung „dauerhaft“ wird dem nicht gerecht. a) Ausdehnung der Nachhaltigkeit auf alle Waldfunktionen Die Gewährleistung einer nachhaltigen Sicherung soll in Erweiterung der Waldbewirtschaftung neben der ökonomischen, gleichzeitig und gleichrangig eine ökologische Schutz- und soziale Erholungsfunktion916 einschließen.917 aa) Situationsbezogene Einwände gegen dreidimensionale Nachhaltigkeit Die grundsätzliche Gleichwertigkeit wird mit Blick auf den Vorrang einer bestimmten Waldfunktion im Einzelfall bestritten.918 Ein solcher Vorrang ist jedoch bereits das Ergebnis eines Abwägungsvorgangs, der aus der Berücksichtigung des Gewichts der betroffenen Belange im konkreten Einzelfall resultiert.919 Die Vielschichtigkeit der tatsächlichen Situationen erlaubt eine schematische Bevorzugung eines Belangs ebenso wenig, wie eine immer gleichteilige Berücksichtigung aller drei Ziele in jeder Situation,920 so dass das konkrete Abwägungsergebnis nicht gegen die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Belange sprechen kann. Die Kritik zielt verdeckt auf eine fehlge915 Kolodziejock/Recken, Naturschutz, § 11 BWaldG Rn. 6. Es stellen sich daher auch dort die Probleme ökologischer Sicherung und von Verschlecherungsverbot, vgl. Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, vor A1 Rn. 28. Vgl. für die langfristige Perspektive, Klose/Orf, Forstrecht, § 11 BWaldG Rn. 13, ähnlich § 1 BWaldG Rn. 12; Kunig, StudJur 2/1997, 12; vgl. dazu die parallel gelagerte Problematik bei Art. 20a oben: C.II.1.c)bb). 916 A. A. Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 47, die die Erholungsfunktion der ökologischen Dimension zuordnen. 917 BVerfGE 82, 159, 187; Winkler, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR Band I, Sp. 1429; ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 109; Klose/Orf, Forstrecht, § 11 BWaldG Rn. 36, § 1 BWaldG Rn. 44ff.; Schröder, WiVerw 1995, 65 (68); Gräfin von Nesselrode, in: Grossman u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 115 (117); vgl. auch den Ansatz im UGB-KommE, der alle drei Zeile des Waldschutzes aufnimmt, Sendler u. a., UGB-KommE, § 302, S. 223; Kolodziejcok/ Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 1 BWaldG Rn. 7, § 11 BWaldG Rn. 9, 13; Leisner, NVwZ 1991, 40 (41); wohl auch: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 5 Rn. 36, 39, 43; SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 1091; dagegen: Peters, Nachhaltigkeit als Grundsatz, S. 261. 918 Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 1 BWaldG Rn. 7. 919 Ähnlich: Lendi, in: ders., Subtilitäten des Rechts, S. 73 (76), in Bezug auf schweizerisches Waldrecht, der gegen prinzipienenge und schematische Konkretisierung plädiert. 920 Vgl. Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 38.

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wichtete Abwägung. Um diese Argumente zu belegen, werden häufig die Bevorzugung von Monokulturen, die Beseitigung von Sonderstandorten und als deren Folge ein geringerer Erholungswert des Waldes genannt.921 Die ökologischen Nachteile von Monokulturen sind im Grunde nicht bestritten.922 Ökonomische Interessen als Erklärung für ihre Anlage sind nur bedingt tragfähig.923 Niedrige Holzartenpreise und relativ hohe Durchforstungspreise haben bei den Nadelbaummonokulturen bereits ökonomische Rentabilität vereitelt.924 Die Beeinträchtigung der sozialen Erholungsfunktion hat im Fall der Beeinträchtigung von Sonderstandorten bereits nur beschränkte Überzeugungskraft. Moore und Sümpfe als Beispiele von Sonderstandorten werden in der Regel ohnehin kaum betretbar sein. Sie dienen damit nur in geringem Umfang der Erholung des Menschen. Ein geringerer Erholungswert von Monokulturnadelwald gegenüber einem Mischwald925 stellt eine Aussage über einen nur eingeschränkt quantifizierbaren Zustand dar.926 Den Erholungswert beeinflussen kumulativ mehrere Faktoren,927 die in hohem Maße subjektiv bewertet werden.928 Zudem unterliegen auch die Landschaft und der Blick auf sie einem steten Wandlungsprozess, der bei der Bestimmung eines der Zielbestimmung entsprechenden Bildes berücksichtigt werden muss.929

921

Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 248. Bayerische Staatsforstverwaltung, Forstinfo 16/2003, 2; u. a. Schädlings- und Windbruchanfälligkeit von Monokulturen, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 248f. 923 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 248. 924 Vgl. Bode/v. Hohnhorst, Waldwende, S. 62, 79. 925 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 248f. Die von Beaucamp angeführten Belegstellen tragen seine Ausführungen nur teilweise. Bode/v. Hohnhorst Waldwende S. 91ff. sprechen dort nur von der Begeisterung durch „herrliche Waldbilder“ und der „ästhetischen Anmut und Schönheit dieser [Misch-]Wälder“; Hartenstein/Schmidt, Planet ohne Wälder?, S. 83, sprechen von „sinkenden Erlebniswert der Wälder“, bezogen auf den geringeren Umfang von Pflanzen- und Tierwelt. 926 Ebenso: Wöbse, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 1996, S. 120 (121, 127), Erlebniswert nur zum Teil quantifizierbar. 927 Klose/Orf, Forstrecht, § 9 BWaldG Rn. 95ff.; Zundel, in: Olschowy (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 2, S. 534 (534f.); Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/ Iven, Naturschutz, § 1 BWaldG Rn. 20. 928 Vgl. etwa: Klose/Orf, Forstrecht, § 9 BWaldG Rn. 97; Rosenwick, Die Begriffe der Landschaft und des Landschaftsbildes, S. 155ff. Vgl. auch die Untersuchung zu den Faktoren für die Schönheit von Natur und Landschaft bei Rosenwick, ebd. S. 142ff., der dort über 100 teils widersprüchliche Gründe für die Schönheit von Natur und Landschaft anführt. 929 Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 1 BWaldG Rn. 18. 922

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bb) Rechtlich-systematische Argumente Rechtlich spricht für die Gleichberechtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Waldfunktionen die Nebeneinanderstellung der drei Waldfunktionen in § 1 Nr. 1 BWaldG, die in der Systematik des BWaldG in § 6 Abs. 3 BWaldG wiederholt ist.930 Schon die „Kielwasser“-Theorie, nach der durch die ökonomische Waldbewirtschaftung zugleich alle Ansprüche der Allgemeinheit an den Wald erfüllt werden sollen,931 soll zu der gleichrangigen Verankerung der drei Waldfunktionen geführt haben.932 Die Gegner eines gleichen Stellenwertes der drei Waldfunktionen lehnen diesen mit im Wesentlichen drei Hauptargumenten ab: Gegen die Ausdehnung von Nachhaltigkeit auch auf ökologische und soziale Waldfunktionen wird die nicht genügend präzise Definition im BWaldG eingewandt, was wegen der umstrittenen Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft bedeutend sei.933 Wird ein unveränderter finanzieller Ertrag in die Definition der forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeit eingestellt,934 können Widersprüche auftreten.935 Die Argumentation beruht jedoch auf Überlegungen, die nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entsprechen.936 Zielkonformität und Gleichrangigkeit sind mittlerweile und nunmehr seit geraumer Zeit ganz herrschende Lehre der Forstwissenschaft.937 Das Ziel dauerhafter Walderhaltung in den Planungsgrundsätzen 930

Klose/Orf, Forstrecht, § 1 BWaldG Rn. 46; Schröder, WiVerw 1995, 65 (68). Vgl. Burgi, Erholung in freier Natur, S. 82; Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 13. 932 Burgi, Erholung in freier Natur, S. 82. 933 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 251; Peters, Nachhaltigkeit als Grundsatz, S. 4ff., 261; Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 22. 934 So: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 BWaldG Rn. 43 § 11 Rn. 32 zum klass. Nachhaltigkeitsbegriff der Forstwirtschaft. Der derartig bestimmte forstwirtschaftliche Nachhaltigkeitsbegriff ist jedoch zweifelhaft. So hat innerhalb der forstlichen Lehrmeinungen das Nachhaltigkeitsprinzip in der Intensität zwischen Massennachhaltigkeit und Geldertragsnachhaltigkeit geschwankt, vgl. Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 11 BWaldG Rn. 13. Betrachtet vor dem ökologischen Faktor der Waldsicherung, ist beim Postulat steter Holzentnahme, deren dauerhafte Nutzung angestrebt ist, langfristig die ökologische Haushaltung mit der Natur auch im Sinne der wirtschaftlichen Nutzfunktion, Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, ebd. Aus diesem Grund ist der stete Holzertrag, nicht aber steter finanzieller Ertrag vorzugswürdig, vgl. Wonhas, Das bayerische Forstgesetz, S. 47; Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, ebd. 935 Beaucamp, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 81 (85). 936 Dazu die Erörterungen Fn. 934. 937 Leisner, NVwZ 1991, 40 (41). 931

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des § 6 Abs. 3 BWaldG stellt ein Aufgreifen von Aspekten des forstlichen Nachhaltigkeitsgrundsatzes dar.938 Die Einwände der Unpräzisität und mangelnder Widerspruchsfreiheit sind nahezu zwingende Folgen aus der Systematik des Nachhaltigkeitskonzeptes.939 Sie können immer dazu verwendet werden, ihrer rechtlichen Fixierung zu widersprechen und sind daher zu relativieren.940 Eine andere Auffassung meint, aus der Verwendung von Nachhaltigkeit in Verbindung mit der Bewirtschaftung des Waldes in §§ 1 Nr. 1, 6 Abs. 3 Nr. 3 und 41 Abs. 2 BWaldG folge ein Vorrang der Nutz- vor der ökologischen Funktion.941 Einen zwingenden Schluss auf die ökonomische Zielrichtung erlauben diese Normen jedoch nicht. Auch eine dreidimensionale Bewirtschaftungszielsetzung ergibt in jeder Verwendung von Nachhaltigkeit in den genannten Normen einen Sinn. Auch aus der Zwecksetzung „Förderung der Forstwirtschaft“ in § 1 Nr. 2 BWaldG kann keine Prämisse für einen Vorrang der ökonomischen Waldfunktion abgeleitet werden.942 Die Qualifikation als Wirtschaftswald trifft, abgesehen von überhaupt stattfindenden menschlichen Einwirkungen, keine Aussage über Art und Umfang der Bewirtschaftung.943 Auch die Festlegung eines besonderen Erholungswaldes kann keinesfalls als Beweis einer ansonsten wirtschaftlichen Waldnutzung gesehen werden.944 Unter Berücksichtigung des Abwägungsprinzips spricht dies nicht gegen das Nachhaltigkeitsprinzip, sondern wäre in der Ausformung der Gewichtung gerade dessen Bestandteil. Die Aufzählung der Waldfunktionen, die mit der Nutzenfunktion, des § 1 Nr. 1 BWaldG beginnt, 938

v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 144. Vgl. dazu oben: A.II.1., auch: Beaucamp Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 72. 940 Vgl. etwa Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 251; Schmehl, Lokale Agenda 21 Prozesse, S. 39. Die Überzeugungskraft der mangelhaften Präzisität ist vor dem Hintergrund zu relativieren, dass auch von den Kritikern an anderer Stelle die Möglichkeit einer präzisen Definition bezweifelt wird und sie die Kritik bei der Konkretisierung beachten wollen, Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 75. 941 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (659f.), „nur scheinbare Gleichrangigkeit beider Waldfunktionen“. 942 So aber: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 BWaldG Rn. 30. 943 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 252f. Auch systematische Gründe sprechen, anders als Beaucamp ebd. meint, nicht für eine wirtschaftliche Waldnutzung. 944 Vgl. auch: Burgi, Erholung in freier Natur, S. 83f.; dort mit dem Schluss, nur dort sei eine Verpflichtung, die privatnützige Bewirtschaftung der Erholung unterzuordnen. Dies kann auch den Sonderfall betreffen, dass, abgesehen von einer ansonsten gleichrangigen Funktionsordnung eine bestimmte Funktion aus einem besonderen Grund herausgehoben ist, derart aber: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 252f. 939

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kann ebensowenig eine Hervorhebung oder ein Ungleichgewicht der Waldfunktionen begründen. Mittlerweise sind Ergänzungen in den Landesforstgesetzen festzustellen. Nachhaltigkeit wird in § 11 Abs. 2 LWaldG MV als Bewirtschaftung nach anerkannten forstlichen Grundsätzen beschrieben, die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion unter Berücksichtigung der langfristigen Wachstumszeiträume stetig und auf Dauer erbringen. Eine solche Ergänzung ist auch im § 1a LForstG NRW erfolgt. Diese Gleichordnung der Waldfunktionen hat auch Aufnahme in die Judikatur gefunden.945 b) Ergebnis Die kritischen Stimmen zur Praxis des Bundeswaldgesetzes scheinen noch zu überwiegen. Sie richten sich besonders gegen die Bevorzugung ökonomischer Interessen zulasten ökologischer und sozialer Belange.946 Bei aller Kritik, die angesichts verbesserungswürdiger Praxis gerechtfertigt sein mag, darf indes nicht übersehen werden, dass in der deutschen Waldwirtschaft nicht mehr Holz entnommen wird als nachwächst.947 Es ist sogar ein leicht 945 Der VGH Mannheim hat eine ökonomische Einschränkung zugunsten von ökologischer- und Erholungsfunktion im Hinblick auf die Waldfunktion für rechtmäßig gehalten, VGH Mannheim, vom 15.11.1994, Az. 5 S 1169/93, Juris Nr. MWRE 100329500, S. 7. Das Bundesverfassungsgericht ist in der Entscheidung BVerfGE 82, 159, 187 von der Gleichrangigkeit des dem wirtschaftlichen Nutzen des Waldes zur Umwelt- und Erholungsfunktion ausgegangen. Diese Ausführungen werden zum Teil nur auf Forstpolitik, nicht jedoch auf Forstrecht bezogen, vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 11 Rn. 270; Leisner, NVwZ 1991, 40f. Das Bundesverfassungsgericht äußert sich völlig eindeutig: „Neben den wirtschaftlichen Nutzen des Waldes tritt gleichrangig seine Bedeutung für die Umwelt (vgl. §§ 1, 6 des Bundeswaldgesetzes vom 2. Mai 1975 [BGBl I S. 1037])“. Vgl. auch: OVG Greifswald, DÖV 1995, 75 (76). Teilweise wird älterer Judikatur ein Argument für die nicht gleichwertige Stellung der Waldfunktionen entnommen. Das OVG Münster hat nachhaltig in der § 11 S. 1 BWaldG wortgleichen Verwendung des § 10 LForstG NW die Bedeutung von „dauernd“ oder kontinuierlich zugemessen, OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 67 (68f.); ebenso: Rehbinder, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 61, der kleinflächigen Kahlschlag zulassen will. Angesichts der Veränderungen im Gesetz kann daraus aber kein entscheidenes Argument erwachsen. 946 Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 721 (729); Städtler, AFZ-DerWald 9/2003, 442 (444); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 258f.; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (659); Hartenstein/ Schmidt, Planet ohne Wälder, S. 82; Leisner, NVwZ 1991, 40 (41); Ökologie als Langzeitökonomie, Klose/Orf, Forstrecht, § 11 Rn. 13.; a. A. wohl Schröder, WiVerw 95, 65 (69). 947 Städtler, AFZ-DerWald 9/2003, 442 (443); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 216. Jährlich werden nur 60% der Menge genutzt, die verbraucht werden

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steigender Waldanteil der Flächennutzung festzustellen.948 Im Wesentlichen sind damit die Anforderungen einer nachhaltigen Nutzung im engeren Sinne sogar mit einer strengeren Nachhaltigkeitsintensität erfüllt.949 Anerkannte Zertifizierungssysteme haben zur weitergehenden Ökologisierung der Waldwirtschaft beitragen.950 Ohne Zertifikat ist Holz nur noch schwer verkäuflich.951 Die Befürchtungen der 1980er Jahre, die ein Waldsterben großen Ausmaßes mit der Vernichtung großer Wälder prophezeiten, haben sich nicht bewahrheitet.952 Die ausdrückliche Erwähnung aller drei Waldfunktionen als Bewirtschaftungsziele, die insoweit eindeutigen Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichrangigkeit der Waldfunktionen und das Aufgreifen dieser Auffassung in der Rechtsprechung deuten auf eine begrüßenswerte und richtige sich ausweitende Nachhaltigkeit im dreidimensionalen Sinne im Forstrecht hin.953 Die beklagte Dominanz ökonomischer Belange scheint dabei teilweise als Pflege geliebter Klischees.954 Unbestritten gab es Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ebenso Fehlausprägungen in Form von Monokulturen in der Forstwirtschaft, wie unter Nachkriegseinflüssen.955 Es ist aber nicht gerechtfertigt, Fehlentscheidungen, die vor 50 oder 100 Jahren könnte ohne die Nachhaltigkeit zu gefährden (= 40 Mio Kubikmeter), FAZ Nr. 118, 22.05.2004, S. 12. 948 Seit 1950 hat die Waldfläche um 500.000 Hektar zugenommen, insgesamt sind rd. 11 Mio Hektar bewaldet, FAZ Nr. 118, 22.05.2004, S. 12. 949 Ähnlich: Schröder, WiVerw 95, 65 (76); Giesen, AFZ-DerWald 8/2003, 392 (395); a. A. Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (660), „im Bundeswaldgesetz kein Gebot naturnaher Waldbewirtschaftung“. 950 FSC (Forest Stewardship Council) und PEFC (Pan European Forest Certification). In beiden Systemen werden soziale, ökologische und dadurch auch ökonomische Anforderungen an die Holzwirtschaft gestellt. Vgl. dazu: FAZ, Nr. 22 v. 27.01.2004, S. T1; 6,7 Mio Hektar sind nach PEFC, 4000000 Hektar nach FSC zertifiziert, FAZ Nr. 118, 22.05.2004, S. 12; vgl. auch FSC, FSC-Zertifizierung im Kommunalwald, S. 1f. 951 Städtler, AFZ-DerWald 9/2003, 442 (445); zu den Gleichbehandlungsproblemen der Systeme, Encke, AFZ-DerWald 7/2003, 345; vgl. auch: FSC, FSC-Zertifizierung im Kommunalwald, S. 1f.; G4, vgl. Anhang. 952 Etwa: Bosch, Die sterbenden Wälder, S. 44, 98ff.; vgl. dazu mit der Darstellung der Schadenszahlen: Koch, in: HdBdUR, Bd II, § 47 Rn. 156ff.; SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 216ff. 953 Landel/Vogt/Wüterich, BBodSchG, § 1 Rn. 12. 954 So beklagt etwa Sondermann in der Forstwirtschaft das Anlegen ökologisch minderwertiger Monokulturen, Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 2 Rn. 32. Die Aussage ist pauschal unzutreffend. In den Arbeitsprogrammen der Landesforstverwaltungen, die die Prioritätensetzung für einen mittelfristigen Zeitraum darstellen, findet sich sowohl die Zielsetzung ökonomischen, als auch ökologischen und ästhetischen Handelns, z. B. Landsforstverwaltung BW, zitiert nach: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 21.

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getroffen worden sind, den heutigen Forstverwaltungen anzulasten.956 Es sind bereits Stimmen zu vernehmen, die trotz gleichrangiger Verankerung der drei Waldfunktionen eine einseitige Dominanz von Schutz- und Erholungsfunktion in der Verwaltungspraxis beklagen.957 Die damit auch in der Rechtswirklichkeit auftretenden Auswirkungen958 deuten darauf hin, dass sich Nachhaltigkeit im Forstrecht von ressourcenspezifischer Ausprägung der Vorsorge959 hin zu einer Nachhaltigkeit im weiteren Sinne wandelt.960 c) Gemeinden und Wald Auf die Normierung des Forstrechts haben die Gemeinden keinen Einfluss. Sie können lediglich durch die Ausweisung von Wald in der kommunalen Bauleitplanung die grundsätzliche Flächennutzung beeinflussen.961 Aufgrund ihres kommunalen Waldbesitzes können die Gemeinden jedoch die Nutzung ihrer Wälder im Rahmen einer lokalen Agenda 21 im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung optimieren. In wirtschaftlicher Hinsicht umfasst dies die Zertifizierung der Holzbewirtschaftung.962 Bei nur kleinen Waldgebieten lohnt indes der Holzertrag nicht, um eine reguläre Nutzung durch Verkauf durchzuführen, so dass eine Zertifizierung nicht zwingend ist.963 In diesem Fall sollten die Gemeinden prüfen, inwieweit Kapazitäten der lokalen Bauhöfe genutzt werden können, um das gemeindeeigene Holz 955 Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 34ff.; Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 5 Rn. 44. 956 So auch: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 36; Renn/León/Clar, Nachhaltige Entwicklung, S. 55f. 957 Gräfin von Nesselrode, in: Grossman u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 115 (121); Zundel, in: Olschowy (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz, Bd. 2, S. 534 (534f.), stärker entwickelnde „ökologische Tönung“; zu den jüngsten Gesetzgebungsvorstößen ablehnend: Deutscher Forstwirtschaftsrat e. V., Kein Naturschutz auf Kosten der Nachhaltigkeit!, Pressemitteilung vom 12.08.2003, S. 2. 958 Zum Verhältnis Ökologie-Ökonomie auch: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 36. 959 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 112f. 960 Wohl auch: Klose/Orf, Forstrecht, § 1 Rn. 44; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 21; Städtler, AFZ-DerWald 9/2003, 442 (446). 961 Vgl. § 9 I Nr. 18 b) BauGB; zu den Details: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 147ff.; § 5 II Nr 9 b) BauGB, sowie: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 5 Rn. 54ff. 962 Die Erfahrungen mit etwa mit der FSC-Zertifzierung sind in den Betrieben überwiegend positiv: FSC, FSC-Zertifizierung im Kommunalwald, S. 1. 963 Körperschaftswald erzielte einen durchschnittlichen Reinertrag pro Hektar von 4 Euro/ha gegenüber 27 Euro/ha bei Privatwald, (Agrarbericht 2003) nach: FAZ Nr. 118, 22.05.2004, S. 12. Es verbleibt jedoch die Möglichkeit, durch die Zertifizierung die Vorbildfunktion der Gemeinde in der Öffentlichkeit zu stärken, FSC, FSC-Zertifizierung im Kommunalwald, S. 2.

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für Vorhaben im öffentlichen Raum zu nutzen. In Betracht kommt die Nutzung bei örtlichen Bauvorhaben. Bei Erneuerungen der örtlichen Heiz- und Energiegewinnung oder der Erschießung neuer Baugebiete, ist die Nutzung von lokalen Holzhackschnitzelkraftwerken oder -heizungen erwägenswert. Diese Anlagen können den vorhandenen Rohstoff Holz kostengünstig nutzen und zugleich zum kommunalen Klimaschutz beitragen. Im Erholungsbereich können die Gemeinden die tatsächliche Nutzung und den Erholungswert der Wälder erfassen und durch die koordinierte Erschließung mit Wander-, Reit-, Skating- oder Radwegen zugleich ein gemeindeübergreifendes Erholungsangebot schaffen. Im Zuge dieser Projekte kann Holz wiederum als Werkstoff für Sitzbänke, Schutzhütten oder Einzäunungen dienen. Daraus resultieren zugleich positive Rückwirkungen auf die lokale Wirtschaft. Ökologisch wertvolle Gebiete können dabei schon im Vorfeld des Naturschutzes geschont werden, bevor in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden, eine weitergehende Unterschutzstellung erfolgt. In diese Planungen sind die staatlichen Naturschutzbehörden frühzeitig mit einzubeziehen, um keine Konzepte zu entwickeln, die hochrangigen Naturschutzinteressen zuwiderlaufen. 5. Nachhaltige Entwicklung und Naturschutz in den Gemeinden Der allgemeine Naturschutz umfasst alle Maßnahmen und Handlungen, die unmittelbar und konkret der Erhaltung und Förderung von freilebenden Tieren und Pflanzen dienen. Er schließt ihre Lebensgrundlagen in der Landschaft, sowie die Erhaltung und Förderung von schutzwürdigen Landschaften, Landschaftsteilen und Landschaftselementen ein.964 Mittelbar zielt er auch auf optimale Dichten und genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenpopulationen, Artenvielfalt, natürliche Bedingungen im Verlauf der Evolution der Organismen, naturnahe stabile Ökosysteme, biologisch vielfältige Landschaften, sowie die langfristige Sicherung der bedeutsamen Komplexe und Einzelerscheinungen der Landschaft.965 Naturschutz war auch schon vor der Aufnahme des Art. 20a GG in das Grundgesetz als allgemein öffentliche Aufgabe anerkannt.966 Deren Wahrnehmung obliegt – unabhängig von der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung – sowohl dem Staat als auch den 964 Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 37; Erz, in: Buchwald/Engelhardt (Hrsg.), Handbuch für Planung Bd. 3, S. 560, Soell, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, S. 481 (487); Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 14. 965 Erz, in: Buchwald/Engelhardt (Hrsg.), Handbuch für Planung Bd. 3, S. 560f., teilweise wortgleich: Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 37. 966 So auch schon für die Situation vor Inkrafttreten eines Naturschutzrechts, Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 3.

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einzelnen Bürgern.967 Die Beschreibung der natürlichen Lebensgrundlagen deckt sich im Wesentlichem mit Art. 20a GG und den entsprechenden Aufnahmen in den Landesverfassungen.968 Der Naturschutz berührt aus diesem Zusammenhang vor allem den ökologischen Sektor und hat aufgrund der immer noch vorhandenen Dominanz des ökologischen Sektors in den lokalen Agenden besondere Bedeutung.969 a) Nachhaltigkeit im BNatSchG Für die rechtliche Würdigung der Handlungsspielräume der Gemeinden ist zunächst zu untersuchen, welchen Eingang Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung ins BNatSchG gefunden haben. Ziele des BNatSchG sind eine dauerhafte Sicherung von Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, § 1 Nr. 1 BNatSchG, der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, § 1 Nr. 2 BNatSchG und der Tier- und Pflanzenwelt mit ihren Lebensstätten und Lebensräumen, § 1 Nr. 3 BNatSchG. Weiterhin soll das BNatSchG die Vielfalt, Eigenart und Schönheit und Erholungswert von Natur und Landschaft dauerhaft sichern, § 1 Nr. 4 BNatSchG. § 1 BNatSchG hat keine unmittelbare Geltung, sondern bedarf der Umsetzung durch Landesgesetze.970 Die Neufassung des § 1 BNatSchG wird vielfach als ein neuer ökozentrischer Ansatz beschrieben,971 der mit der Aufnahme des Eigenwertes von Natur und Landschaft eine Abkehr von dem anthropozentrischen Ansatz einleiten sollte.972 Der Ansatz des Schutzes der Natur und Landschaft um ihrer selbst Willen stößt jedoch auf die im Hinblick auf Art. 20a GG angeführten Bedenken.973

967 Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 37; Soell, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, S. 481 (487); auch aus dem Leitbild nachhaltiger Entwicklung, vgl. Storm, Umweltrecht, S. 26f. 968 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Einf. Rn. 1a. 969 Vgl. oben: B.II.3.b). 970 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 75. 971 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, Vorb A1 Rn. 3; vgl. Stüer/Hermanns, DVBl 2002, 1096; hinsichtlich § 1 Nr. 1 BNatSchG auch: Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1026). 972 Marzik/Willrich, BNatSchG, Einl. Rn. 23; Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1026); ablehnend: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 1f.; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BNatSchG, § 1 Rn. 3; vermittelnd: Meßerschmidt, BNatSchG, § 1 Rn. 32. 973 Vgl. oben: C.II.1.a). Auch Meßerschmidt, BNatSchG, Einf. Rn. 10.

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aa) § 1 BNatSchG Die Bedeutung von „nachhaltig“ war gerade aufgrund der Formulierung des § 1 a. F. BNatSchG umstritten. Dieser sprach von einer nachhaltigen Sicherung der in § 1 Abs. 1 Nr. 1–4 a. F. BNatSchG normierten Funktionen und wurde vielfach als lediglich zeitliche Sicherung ausgelegt.974 Dies beruhte unter anderem auf der synonymen Verwendung von „nachhaltig“ und „dauerhaft“ in der Gesetzesbegründung.975 Auch schon vor der Neuerung des Bundesnaturschutzgesetzes wurde die dreidimensionale Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips in § 1 Abs. 1 BNatSchG a. F. vertreten.976 Die Neufassung des § 1 BNatSchG hat klarstellend gewirkt. Die „nachhaltige Sicherung“ im § 1 a. F. wurde durch die Sicherung auf Dauer ersetzt, die den verwechselungsfähigen Gebrauch von „nachhaltig“ vermeidet. Hinsichtlich der Bewirtschaftung der Naturgüter soll die nachhaltige Nutzungsfähigkeit an die dauerhafte Nutzung anschließen,977 die den Verbrauch an der Erneuerungsquote orientiert.978 Dieser Aspekt ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG in der sparsamen Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen konkretisiert und greift damit den wesentlichen Teil der Managementregeln auf. Der ökologisch orientierte Nachhaltigkeitssektor wird im Weiteren um Aspekte der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit ergänzt. Die ökonomische Nachhaltigkeit ist in der langfristigen Perspektive der Nutzung in § 1 Nr. 2 BNatSchG angesprochen.979 Soziale Funktionen finden sich insbesondere in § 1 Nr. 4 BNatSchG.980 Die Erweiterung schließt auch die langfristige Perspektive durch die Aufnahme des Schutzes künftiger Genera974 Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 1 BNatSchG Rn. 35; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 96; Berendt, Die Bedeutung von Zweck und Zielbestimmungen für die Verwaltung, S. 159; Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 25, § 3 Rn. 31. 975 Vgl. Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, BTDruckS 7/5251, S. 5. 976 Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 53; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 1 Rn. 103. Begrenzt auf den ressourcenökonomischen Ansatz der Nachhaltigkeit, Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 98. Kritisch zum Erhalt des Naturhaushaltes: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 32, der Naturhaushalt funktioniert nach seiner Ansicht immer, fraglich sei nur, mit welchem spezifischen Ergebnis im Einzelfall. Demnach sei der Naturhaushalt denknotwendig immer ökologisch. Hierbei stehen sich diese zielorientierte und eine mechanistische Position gegenüber, zu den Details ebd., § 1 Rn. 39ff.; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 144f.; Kuschnerus, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 149 (162). 977 So wohl: Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1026). 978 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 1 Rn. 6; Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 39f.

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tionen ein.981 Neben der nachhaltigen Sicherung ist auch eine Verbesserung der Naturschutzsituation angestrebt.982 Es findet sich nunmehr ein dreidimensionaler Ansatz der Nachhaltigkeit auch in § 1 BNatSchG.983

bb) § 2 BNatSchG Die Zielsetzungen des § 2 BNatSchG unterliegen der Abwägung und konkretisieren die Ziele des § 1 BNatSchG.984 Die Anwendung der Grundsätze steht damit aber auch unter dem Vorbehalt des faktisch Möglichen, Erforderlichen und der Abwägung.985 § 2 BNatSchG hat anders als unter der alten Fassung keine unmittelbare Geltung mehr, § 11 BNatSchG.986 Die Grundsätze des § 2 Abs. 1 BNatSchG haben verbindliche und bestimmende Steuerungswirkung für alle Maßnahmen in Naturschutz und Landschaftspflege.987 § 2 BNatSchG ist nur Aufgabennorm, ohne als Ermächtigungsgrundlage dienen zu können.988 Die Direktiven des BNatSchG sind nachrangig gegenüber Spezialgesetzen, die natürliche Ressourcen erfassen.989 In der Praxis wirken die Grundsätze als Anhaltspunkt zur Sammlung von abwägungserheblichen Belangen durch die Verwaltung990 wie auch orientierend in verwaltungs979 Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 29 (unter Einschluß der Managementregeln); diese war allerdings schon vorher im nachhaltigen Sicherungsauftrag enthalten, Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 45. 980 Gestärkt auch Aspekt der Erholungsvorsorge in § 2 I Nr. 13, Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1027); Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 33. 981 Stüer/Hermanns, DVBl 2002, 1096; Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1026). 982 Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1026). Zur alten Rechtslage auch: OVG Lüneburg, NuR 1990, 281 (283); OVG Konstanz, UPR 1982, 381 (382); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 262; Schröder, WiVerw 1995, 65 (70). 983 Meßerschmidt, BNatSchG, § 1 Rn. 61; Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 5 Rn. 39, 43; wohl auch: Steiger, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 59 (73); Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 29f.; 19f. 984 § 2 I BNatSchG, vgl. Kloepfer, Umweltrecht § 11 Rn. 14; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert, S. 55; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG § 2 Rn. 3f.; Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, BNatSchG, § 2 Rn. 23; Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 1. 985 Kloepfer, Umweltrecht, § 11 Rn. 39; Berendt, Die Bedeutung von Zweckund Zielbestimmung, S. 98f. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 10, 14ff.; Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, § 2 BNatSchG Rn. 4ff. 986 Kritisch: SRU, Umweltgutachten 2002 Rn. 693. 987 VGH Kassel, NuR 1985; 330 (331). 988 Kloepfer, Umweltrecht, § 11 Rn. 35; Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 39f.; Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 1. 989 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 40f.

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gerichtlichen Verfahren.991 Die mangelnde Widerspruchsfreiheit des Grundsatzkatalogs wurde kritisiert.992 Die Vielschichtigkeit im Naturschutz ermöglicht aber keine Normierung einer angemessenen Lösung für jeden Einzelfall, so dass eine schematische Anwendung des Grundsätzekatalogs schon fern liegend ist.993 Die einzelnen Grundsätze lassen vielfältige Bezüge zur nachhaltigen Entwicklung erkennen. § 2 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG soll den Verbrauch nicht erneuerbarer und erneuerbarer Ressourcen so steuern, dass eine lange Nutzungsfähigkeit gewährleistet werden kann. Dort wird auf die nachhaltige Bewirtschaftung als Teil nachhaltiger Entwicklung Bezug genommen.994 Bei den in den Nummern 3–9 näher genannten Naturgütern treten ökologische Belange als Grenze ökonomischer Nutzung in Erscheinung, worin ebenfalls Bezüge zur nachhaltigen Entwicklung liegen.995 § 2 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG ist nicht auf die Luftverunreinigungen und Lärmeinwirkungen von § 2 Abs. 1 Nr. 7 a. F. BNatSchG beschränkt. Die Vorschrift zielt, wie die im deutschen Raum verbreitete anthropogene Erweiterung der Managementregeln, auf die Abwehr von Gefahren und erheblichen Nachteilen oder Belästigungen durch Immissionen.996 Sie betont die Erweiterung des immissionsschutzrechtlichen Aufgabenspektrums durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege.997 § 2 Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG umfasst auch örtliche Klimaauswirkungen.998 Die Aufnahme einer nachhaltigen Energieversorgung in den Katalog des § 2 990

Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 15 Rn. 17; Schmidt-Aßmann, NuR 1979, 1 (5); Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmung, S. 147f.; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 55; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 11. 991 VG Gießen, NuR 1992, 95ff.; vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG § 2 Rn. 28ff. 992 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 265. 993 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 265; Kloepfer, Umweltrecht, § 11 Rn. 37ff.; Marzik/Willrich, BNatSchG, § 2 Rn. 5. 994 Marzik/Willrich, BNatSchG, § 2 Rn. 14; Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 39; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 47, mit dem strengen forstwirtschaftlichen Maßstab der Regenerationsrate; wie dort: Lorz/ Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 2 Rn. 5; ähnlich: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 112f.; Schröder, WiVerw 95, 65 (70). 995 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 264, dort noch mit den Bezifferungen der a. F. Marzik/Willrich, BNatSchG, § 2 Rn. 27. 996 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 63; Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 49. Zu restriktiv daher: Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 2 Rn. 7. 997 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 64.

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Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG darf nicht einseitig zugunsten von Windenergie ausgelegt werden,999 sondern ist mit den vermehrt auftretenden Problemen des Aufeinandertreffens von Windkraftanlagen mit Naturschutz- und Landschaftspflegeaspekten abzuwägen.1000 § 2 Nr. 9 BNatSchG betrifft den Artenschutz1001 und zielt damit auf die ökologische Dimension der nachhaltigen Entwicklung. § 2 Abs. 1 Nr. 13f. BNatSchG greifen mit den Fragen naturgebundener Erholung und historischer Kulturlandschaften vor allem die soziale Dimension der nachhaltigen Entwicklung auf.1002 cc) § 18 – §§ 8/11a. F. BNatSchG Vor der Novellierung war zur Eingriffsregelung § 8 BNatSchG a. F. umstritten, welche Bedeutung nachhaltig in der Formulierung „erheblich oder nachhaltig“ zukommt.1003 Fraglich war, ob der Begriff „nachhaltig“ in der Ergänzung durch den Begriff „erheblich“ seinen qualitativen Strukturteil im Bedeutungsspektrum behält oder ob er durch die Verwendung von „erheblich“ umschlossen wird, so dass „nachhaltig“ im Grunde nur die temporäre Bedeutung im Sinne eines „dauerhaft“ verbliebe.1004 In der novellierten Fassung des § 18 Abs. 1 n. F. bzw. § 40 n. F. BNatSchG wird der Begriff der Nachhaltigkeit nicht mehr verwendet. § 18 Abs. 1 BNatSchG spricht von einer erheblichen Beeinträchtigung, die Neuregelung in § 40 BNatSchG er998

Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 50. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 67; Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 50f. 1000 OVG Münster, NVwZ 2002, 1131 (1132f.); OVG Münster, NVwZ 2002, 1135 (1136ff.); Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1027); Meßerschmidt, BNatSchG, § 2 Rn. 50f.; dazu: BMU (Hrsg.), Erneuerbare Energien, S. 21f. 1001 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 80; Marzik/ Willrich, BNatSchG, § 2 Rn. 31f. 1002 Ähnlich: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 264f. 1003 Vgl. Steiger, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 59 (67f.). Dieses Problem stellte sich in gleicher Weise für die identische Formulierung in § 11 I a. F., der die Verpflichtungsmöglichkeit zu Pflegemaßnahmen bei erheblichen oder nachhaltigen Eingriffen normierte. 1004 BVerwGE 85, 348, 359; OVG Münster, NuR 2000, 173 (175); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 103, 106; Klose/Orf, Forstrecht, § 11 BNatSchG Rn. 37; Frenz, Sustainable development durch Raumplanung, S. 99; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 56. Steiger, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 59 (69), betrachtet daher die Verwendung von nachhaltig als überflüssig, da im Endeffekt neben erheblich keinen Sinn mehr habe „gesetzestechnische Schlamperei“. Für die Gegenauffassung vgl. Gassner, NuR 1984, 81 (83). 999

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wähnt auch diesen Begriff nicht mehr. Durch die Novellierung sollte keine substanzielle Änderung herbeigeführt werden,1005 so dass Summierungseffekte aller relevanten Maßnahmen unabhängig von dem Wegfallen des Begriffs nachhaltig auch als erhebliche Beeinträchtigung zu werten sind.1006

dd) §§ 23 Abs. 2, 3 Abs. 2 BNatSchG „Nachhaltig“ wird schließlich in §§ 23 Abs. 2, 3 Abs. 2 BNatSchG verwendet. Schon vor Novellierung des BNatSchG bezeichnete „nachhaltig“ im § 13 Abs. 2 a. F. BNatSchG entweder in Dauer oder Intensität deutlich spürbare Beeinträchtigungen.1007 Dieses Bedeutungsbild ist in der neuen Fassung des § 23 Abs. 2 BNatSchG unverändert beibehalten worden. Dabei soll in einer weiten Auslegung auch anhaltendes Lärmen, Filmen und Fotografieren zu einer nachhaltigen Störung des Schutzzweckes des Naturschutzgebietes führen können.1008 „Nachhaltig“ greift in dieser Verwendung auf die strukturellen Komponenten zurück, die im Bewirtschaftungsprinzip der Forstwirtschaft zu finden sind, aber auch die Grundlagen der dreidimensionalen Nachhaltigkeit darstellen.1009 Deutlicher ist der Zusammenhang zur ökologischen Nachhaltigkeit in § 3 Abs. 2 BNatSchG zu erkennen.1010 § 3 BNatSchG zielt auf einen wirksamen Artenschutz.1011 Der Biotopschutz ist die konkretisierte Folge ökologischer Zielsetzungen.1012 Die dauerhafte Gewährleistung des Biotopziels stellt in 1005

BT-DruckS 411/01, S. 87; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 18 Rn. 20, 23; Marzik/Willrich, BNatSchG, § 18 Rn. 27. Die darüber hinausgehende Anforderung eines ausgeglichenen Naturschutzkontos aus verfassungskonfomer Auslegung zu Art. 20a GG, Czybulka, in: Erbguth/Müller/Naumann (Hrsg.), Rechtstheorie und Rechtsdogmatik im Austausch, S. 83 (106), kann dem nicht entnommen werden, da schon das Verschlechterungsverbot in Art. 20a GG nicht besteht. Ablehnend: Meßerschmidt, BNatSchG, § 18 Rn. 35, durch „ungeschickten Sprachgebrauch [. . .] geschuldetes Scheinproblem“. 1006 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 18 Rn. 17ff.; ähnlich: Schröder, WiVerw 95, 65 (70), Nachhaltigkeitsgedanke im Sinne dauerhaft negativer Beeinträchtigung. 1007 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG1, § 13 Rn. 25; Marzik/Willrich, BNatSchG, § 23 Rn. 22. 1008 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 23 Rn. 26. 1009 Strenger: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 325; kein Zusammenhang. 1010 Ablehnend: Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, BNatSchG, § 3 Rn. 3. 1011 Vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 3 Rn. 1ff.; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BNatSchG, § 3 Rn. 8f. 1012 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 3 Rn. 2.

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der Verbindung mit dem Artenschutz ein Spiegelbild der forstlichen Nachhaltigkeit dar.1013 Dies ist jedoch auf die Struktur beschränkt und richtet sich nicht auf die ökonomische Nutzung der forstlichen Nachhaltigkeit, sondern auf die ökologische Zweckerfüllung.1014 ee) Naturschutz und Landwirtschaft Das spannungsgeneigte Verhältnis von Naturschutz und Landwirtschaft konzentriert sich im Naturschutzrecht auf das Zusammenwirken von naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung und landwirtschaftlicher Privilegierung.1015 Die Regelung in §§ 8 a. F. BNatSchG wurde von den Naturschützern als defizitär mit geradezu kontraproduktiven Auswirkungen, Ausgangspunkt faktischer Bevorzugung von ökonomischen Belangen1016 und erheblichen Vollzugsdefiziten kritisiert.1017 Die Forderungen richteten sich darauf, die so genannte Landwirtschaftsprivilegierung durch § 8 Abs. 7 a. F. BNatSchG abzuschaffen1018 und vereinzelt allein die ökologische Landwirtschaft als ordnungsgemäße anzuerkennen.1019 Die Kritik hat letztlich zu einer Neuregelung des Verhältnisses von Agrarwirtschaft und Naturschutz geführt,1020 vgl. §§ 5, 18 Abs. 2 BNatSchG. Die landwirtschaftliche, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung ist nicht als Eingriff anzusehen, soweit sie Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt, vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Sie entspricht den naturschutzrechtlichen Anforderungen, wenn sie § 5 Abs. 4–6 BNatSchG und die weiteren Regeln guter fachlicher Praxis berück1013

Vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 3 Rn. 5ff., 9; a. A. Grundsatz nachhaltiger Entwicklung gemeint, Marzik/Willrich, BNatSchG, § 3 Rn. 31. 1014 Sicherung ökologisch funktionaler Wechselwirkungen, Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 3 Rn. 3; vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht IV, BNatSchG, § 3 Rn. 9. 1015 Meßerschmidt, BNatSchG, § 18 Rn. 37. 1016 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 81, 159; allgemein: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 269. 1017 Dazu eingehend: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 83–89, der vor allem die ökonomischen Rückwirkungen der Entscheidungen auf die Gemeinden und den damit verbundenen behördlichen Druck als Grund ausmacht, vgl. ebd., S. 159–164. 1018 „Privilegieren (. . .) in einer nach heutigem Kenntnisstand unvertretbaren Weise“, Sprenger, Arbeitsblätter Umweltrecht, S. 102; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 168; kritisch auch: Pielow, NuR 1979, 16 (18). 1019 Sprenger, Arbeitsblätter Umweltrecht, S. 41. 1020 Vgl. näher etwa: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 5 Rn. 1f.

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sichtigt, § 18 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG. Die neuen Regelungen guter fachlicher Praxis in § 5 Abs. 4–6 BNatSchG stellen, insbesondere in Spiegelstrich 7, einen Kompromiss dar.1021 § 5 Abs. 4 6. Spiegelstrich BNatSchG kennzeichnet mit der Nachhaltigkeit die Nutzung, die dauerhaft gleiche Leistungen erbringt, ohne sich zu erschöpfen. Ziel ist, den nachhaltigen Ertrag standortabhängig und in gleichgewichtiger Berücksichtigung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes in langfristiger Perspektive zu bestimmen.1022 Gegenüber § 8 Abs. 7 a. F. stellt die Neuerung eine rechtliche Verschärfung dar.1023 Begrüßt wird, dass die gute fachliche Praxis nicht mehr allein aus Sicht der Wirtschaft, sondern auch durch Naturschutzrecht bestimmt wird.1024 Die Freistellung gilt nur für die tägliche Wirtschaftsweise auf den Flächen, nicht etwa für Umwandlung von Grünland in privilegierte Nutzung.1025 Bei Verfehlung der Standards liegt ein unzulässiger Eingriff vor, der zu untersagen ist. Wiederherstellung des „Status quo“ oder entsprechende Sanktionen sind weitere Folgen.1026 Indes galt auch die Privilegierung der alten Landwirtschaftsklausel nur, soweit die Vorgaben der guten fachlichen Praxis beachtet werden.1027 Der Schutz für streng geschützte Tier- und Pflanzenarten wurde verschärft.1028 Ein Eingriff in nicht ersetzbare Lebensräume ist nur noch aus zwingende Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses zulässig, § 19 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG.1029 Zur Erleichterung der Vollzugsmöglichkeit ist nach Vermeidung eine Naturalkompensation, die aus Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen besteht, zu prüfen.1030 Eine Definition, wann ein Eingriff als ausgeglichen gilt, findet sich in § 19 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, § 8 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG a. F. Der Vorrang des Ausgleichs vor anderem Ersatz hat sich damit aus der Abwägung auf die Ebene vor die Abwägung verlagert.1031 Auch bei Folgenbewältigung und Vollzugsmaßnahmen haben sich Änderungen ergeben. Ersatzmaßnahmen, § 19 Abs. 2 Satz 1, 3 BNatSchG, sind nunmehr geregelt. Die 1021

Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1028); „überflüssige Regelung“ mit der Möglichkeit der „Gesichtswahrung“. 1022 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 19. 1023 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 18 Rn. 21; Marzik/ Willrich, BNatSchG, § 18 Rn. 29. 1024 Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1029); ähnlich für die forstwirtschaftliche Nutzung: Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 5 Rn. 21. 1025 Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1029). 1026 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 18 Rn. 26. 1027 Müller, Die gute fachliche Praxis, S. 234f. 1028 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19 Rn. 45f. 1029 Vgl. Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1030). 1030 Vgl. auch: Sanden, Umweltrecht, § 12 Rn. 18. 1031 Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1030), der dadurch eine Entwertung der Untersagungsmöglichkeit sieht.

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grundsätzliche Kritik, gerade bei Großprojekten seien die negativen ökologischen Folgen auch bei größten Wiederherstellungsanstrengungen bleibend, so dass der Ausgleich nur einen solchen von Teilfunktionen darstellt, bleibt davon unberührt.1032 Die Eingriffs- und Ausgleichsregelung wird daher wie jeher „Reparaturbetrieb in der Vorhabenverwirklichung“1033 bleiben. b) Zusammenfassung und Stellungnahme Das BNatSchG verfolgt in seiner Zielbestimmung und mit der Bezugnahme auf künftige Generationen das Anliegen einer nachhaltigen Entwicklung und fördert angesichts seiner thematischen Ausrichtung vor allem die ökologische Nachhaltigkeit.1034 Der Hinweis auf künftige Generationen in § 1 BNatSchG folgt Art. 20a GG. Der Nachhaltigkeitsanspruch wirkt weder als politische Absichtserklärung,1035 noch beschränkt er den Naturschutz auf das Mindestmaß des Art. 20a GG.1036 Ein Verschlechterungsverbot in §§ 1f. BNatSchG kann nicht mit der Argumentation begründet werden, §§ 1f. BNatSchG seien verfassungskonform mit Art. 20a GG auszulegen,1037 da ein Verschlechterungsverbot schon nicht in Art. 20a GG verankert ist. Bei einer Unterschreitung der gewährleisteten Untergrenze zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen ist jedoch die Durchsetzung der Naturschutzbelange zwingend.1038 Das neue Naturschutzrecht hat die Anforderungen des Naturschutzes ausgebaut. Das gewährleistete Schutzniveau liegt insgesamt deutlich über dem Mindestschutzniveau des Art. 20a GG.1039 c) Naturschutz in den Gemeinden Die Gemeinden können in vielfacher Weise naturschützerisch tätig sein. Neben Naturschutz in der Bauleitplanung und unterschiedlichen Modellen der Landschaftsplanung sind besondere Schutzmaßnahmen für einzelne Landschaftsbestandteile oder auch Baumschutzsatzungen mögliche Handlungsräume der Gemeinden für eine lokale Agenda 21. Bei der Darstellung 1032

Gassner, NuR 1984, 81 (85f.). Kuschnerus (Diskussionsbeitrag), zitiert nach: Stüer/Hermanns, DVBl 2002, 1096 (1097). 1034 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (659); Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 19. 1035 So aber: Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 1 Rn. 3; dagegen auch: Marzik/Willrich, BNatSchG, § 1 Rn. 20. 1036 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 1af. 1037 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 1 Rn. 16. 1038 Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen für die Verwaltung, S. 163f. 1039 Wohl auch: Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1027). 1033

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der Regelungsmöglichkeiten darf jedoch nicht aus dem Blickfeld geraten, dass Naturschutz grundsätzlich zur Profilierung der Kommunalpolitiker ungeeignet ist. Die Naturschutzinteressen sind selten konform mit Flächennutzerinteressen. Dies beruht auf der Abhängigkeit der Kommunen von der örtlichen Wirtschaft und der Baulandnachfrage der Einwohner und führt mehrheitlich zur Unterordnung von Naturschutz unter die wirtschaftlichen Entwicklungsziele. Die Finanznot der Gemeinden erlaubt in der Regel keine kostenintensiven Naturschutzprojekte. In den Kommunalbelangen tritt Naturschutz deshalb häufig als entwicklungshemmender Belang oder „Verhinderungsplanung“ in Erscheinung.1040 aa) Naturschutz und Landschaftspflege auf örtlicher Ebene Landschaftspläne sind Planungsinstrumente des Naturschutzrechts1041 und bilden das naturschutzrechtliche Pendant zur Raumordnungs- und Bauleitplanung.1042 Die in §§ 13ff. BNatSchG geregelten Landschaftspläne haben die Aufgabe, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im jeweiligen Planungsraum darzustellen.1043 Sie richten sich insbesondere auf die Darstellungen von Flächen für Biotopfunktionen und Landschaftsräume von besonderer Vielfalt, Eigenart und Schönheit. Durch die Ermittlung und Beschreibung der Natur und Landschaft nach den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen sie den anzustrebenden Zustand skizzieren, um damit einen Beitrag zur Konfliktbewältigung von Siedlung, Verkehr und Landwirtschaft mit dem Naturschutz zu leisten.1044 Auf kommunaler Ebene findet sich die Differenzierung zwischen Landschaftsplan und Grünordnungsplan.1045 In der Regel haben die Landesgesetzgeber den Landschaftsplan als Entsprechung zum Flächennutzungsplan und den Grünordnungsplan als Entsprechung zum Bebauungsplan ausgestaltet1046 und in ihren Naturschutzgesetzen Konkretisierungen normiert.1047 Die Landschaftsplanung kann als konzeptionelle Grundlage der Planung eine gestie1040 Döring, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 425 (437f.). 1041 Marzik/Wilrich, BNatSchG, § 13 Rn. 1. 1042 Scholles u. a., UVP-Report 2/2003, 76. 1043 Beispielhaft für Bayern vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 3 Rn. 16. 1044 Bundesumweltministerium, Umwelt 1992 H. 2, 60 (61); Engelhardt/Brenner/ Fischer-Hüftle, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 3 Rn. 16. 1045 § 9 NatSchG BW; Art. 3 BayNatSchG; § 7 BbgNatSchG; § 6 NNatSchG§ 17 LPflG Rh-Pf; § 7 SNG; § 7 NatSchG LSA; § 5 ThürNatSchG. 1046 Marzik/Wilrich, BNatSchG, § 13 Rn. 11; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 194.

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gene Bedeutung verzeichnen.1048 Landschaftspläne können den Gemeinden für ihre weiteren Entwicklungsperspektiven Anhaltspunkte für sinnvolle Gestaltungen geben und binden an der Aufstellung beteiligte öffentliche Planungsträger im Rahmen des § 7 BauGB bei deren Planungen.1049 (1) Anforderungen an Landschaftspläne Landschaftspläne müssen die Mindestanforderungen des § 14 BNatSchG beachten, die im Rahmen der Novellierung des Naturschutzrechts 2002 effektiviert worden sind.1050 Landschaftsplanung soll als querschnittsorientierte sektorale Fachplanung auch anderen Verfahren dienen und durch die Herausarbeitung der ökologischen Belange als „Anwalt der Natur“ wirken. Sie ist verbindliche flächendeckende Aufgabe, §§ 15, 16 BNatSchG, die auf örtlicher Ebene fortgeschrieben werden muss.1051 Bei entsprechender landesrechtlicher Regelung kann im Gemeindebereich von der Aufstellung eines Landschaftsplans bei Erfüllung der Anforderungen des § 16 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG abgesehen werden. Dazu reicht auch schon die Darstellung eines Regionalplans oder eines Flächennutzungsplans.1052 Die Fortschreibungspflicht für die Gemeinden ist auf vorgesehene oder zu erwartende wesentliche Veränderungen der Landschaft beschränkt, § 16 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Um auch schleichende Veränderungen zu erfassen, stellt die Literatur für eine Fortschreibungspflicht darauf ab, ob Veränderungen dazu geführt haben, dass die Mindestanforderungen des § 14 BNatSchG nicht mehr erfüllt werden.1053

1047 Vgl. § 9 NatSchG BW; Art. 3 BayNatSchG; § 7 BbgNatSchG; § 8 NatSchGBln; § 7 BremNatSchG; § 4 HENatG; § 11 LNatG M-V; § 17 LPflG Rh-Pf; § 8f. SNG; § 6a LNatSchGSchl-H. 1048 Battis, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlichen Umweltschutzes im Baurecht, S. 46; Scholles u. a., UVP-Report 2/2003, 76. 1049 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-8,11; Bundesumweltministerium, Umwelt 1992, 60 (61). 1050 Lorz/Müller/Stöckel, BNatSchG, § 13 Rn. 1, § 14 Rn. 2; Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14 Rn. 6ff.; Marzik/Wilrich, BNatSchG, § 14 Rn. 1; vgl. Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1029). 1051 Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1029); Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 14 Rn. 3f.; § 16 Rn. 9. 1052 Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1029); Lorz/Müller/Stöckel, BNatSchG, § 16 Rn. 7; dagegen: Marzik/Wilrich, BNatSchG, § 16 Rn. 13. 1053 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16 Rn. 9; Marzik/ Wilrich, BNatSchG, § 16 Rn. 8; wohl auch Lorz/Müller/Stöckel, BNatSchG, § 16 Rn. 3; Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1030).

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(2) Landesrechtliche Integrationsmodelle für Landschaftspläne in der Bauleitplanung Hinsichtlich der Integration der Landschaftspläne in die Bauleitplanung haben sich drei Modelle auf örtlicher Ebene herausgebildet:1054 Landschaftspläne als eigenständige Norm kennen Berlin, Bremen, Hamburg und Nordrhein-Nordrhein-Westfalen.1055 Die Lösung der Primärintegration kennt keine selbstständigen Landschaftspläne. Die Landschaftsplanung wird dort unmittelbar in die Bauleitpläne integriert. Diese Lösung existiert in Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.1056 Das Modell der Sekundärintegration erarbeitet zunächst in einer eigenständigen Planung Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit einer optimierenden Zielsetzung. Erst in einem zweiten Schritt führt es die Integration durch die Aufnahme in die raumbedeutsamen Planungen durch, wobei auf dieser Ebene eine Abwägung mit den anderen Planungen erfolgt.1057 Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen haben die Landschaftspläne derart ausgestaltet.1058 In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen erarbeiten die Gemeinden zwar Landschafts- und Grünordnungspläne; diese haben jedoch nur ergänzende oder vorbereitende Wirkung für die Flächennutzungs- bzw. Bebauungspläne. Sie sollen im Erläuterungsbericht bzw. in der Begründung zum Bebauungsplan den Zustand von Natur und Landschaft darlegen.1059 Rechtliche Verbindlichkeit haben sie nicht.1060 1054 Stich, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR Band I, Sp. 1340ff.; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-5; vgl. auch tabellarisch: Bunzel u. a.: Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 124f. 1055 §§ 9f. NatSchGBln; §§ 7f. BremNatSchG; § 7 HambNatSchG; § 16 LG NW. In Bremen können Festsetzungen Schutz-, Pflege- und Erholungsmaßnahmen auch im Rahmen von Bebauungsplänen erlassen werden, § 7 IV Brem NatSchG. In NRW gilt der Landschaftsplan als Satzung nur im Außenbereich, unbeschadet baurechtlicher Festsetzungen über diese Flächen, § 16 LG NRW. 1056 Art. 3 II BayNatSchG; § 17 LPflG RhPf. Im Saarland ist die Primärintegration jedoch auf den Grünordnungsplan beschränkt, § 9 I SNG; vgl. Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 198– 202; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16 Rn. 12; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-5. 1057 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 15 Rn. 6. 1058 § 9 I NatSchG BW; § 7 II BbgNatSchG, wenn ein Bauleitplan nicht erforderlich ist, ergeht der Grünordnungsplan in Brandenburg als Satzung; § 4 IV HENatG; § 13 IV LNatG M-V; nur für den Landschaftsplan im Saarland, § 8 VI SNG; § 6 SächsNatSchG; § 6 IV LNatSchG Schl-H; § 5 I ThürNatSchG, wenn ein Bauleitplan nicht erforderlich ist, ergeht der Gründordnungsplan in Thüringen als Satzung.

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(3) Erweiterte Festsetzungsmöglichkeiten Die Länder können Festsetzungen treffen, die über die in § 9 Abs. 1 BauGB genannten Festlegungen hinausgehen. Die Gemeinden können dann Bebauungspläne mit spezifischen Differenzierungen der örtlichen Verhältnisse auch zum Zweck der Umweltvorsorge treffen.1061 Erweiterte naturschutzrechtliche Festsetzungsmöglichkeiten i. S. von § 16 Abs. 2 BNatSchG hat etwa Bayern für Landschafts- und Grünordnungsplanung getroffen, Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG. Festsetzungen werden dort entsprechend den BauGB-Vorschriften möglich, wenn keine städtebaulichen Gründe, sondern lediglich Naturschutzgründe die Festsetzung ermöglichen.1062 Naturschutzfestsetzungen im Bebauungsplan ermöglichen auch Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern.1063 Liegen derartige Sondervorschriften nicht vor, verbleibt für Festsetzungen die Regelungsmöglichkeit des § 9 I BauGB, die vom Vorliegen eines städtebaulichen Bezugs abhängig ist. Von Interesse sind dabei insbesondere die Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB. Mit dem Wegfall der Subsidiaritätsklausel, die Maßnahmen nur erlaubte, soweit nicht Festsetzungen nach anderen Vorschriften getroffen werden konnten,1064 ist der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB erweitert worden. Die Ausweisung von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft kann daher sowohl aus städtebaulichen Gründen, wie auch aus der Integration der Landschaftsplanung in die Bauleitplanung erfolgen.1065 Die Maßnahmen können auch alleiniger Inhalt eines Bebauungsplans sein.1066

1059

§ 7 I NatSchG LSA; § 6 NNatG. Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 198–202. 1061 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16 Rn. 21; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 196. Von dieser Ermächtigung haben Bayern, Art. 3 II–V BayNatSchG und Rheinland-Pfalz, § 17 LPflegG Rh-Pf, Gebrauch gemacht. 1062 Gassner/Schmidt-Räntsch/Bendomir-Kahlo, BNatSchG, § 16 Rn. 22. 1063 § 8 IV NatSchGBln; § 7 IV, III BremNatSchG; § 6 IV HambNatSchG; § 5 IV ThürNatSchG; § 13 IV LNatG M-V; für Grünordnungspläne, § 7 II 2 BbgNatSchG; § 9 I SNG. 1064 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 162; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 693. 1065 Gassner/Schmidt-Räntsch/Bendomir-Kahlo, BNatSchG, § 16 Rn. 21; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 5 Rn. 58f. 1066 BVerwG, NVwZ 1991, 62; Gassner/Schmidt-Räntsch/Bendomir-Kahlo, BNatSchG, § 16 Rn. 22. 1060

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bb) Besonderer Schutz einzelner Landschaftsbestandteile Regelungen zur Unterschutzstellung einzelner Landschaftsbestandteile trifft § 29 BNatSchG. Die gemeindlichen Befugnisse zur Unterschutzstellung sind in den Bundesländern hinsichtlich Form und Umfang unterschiedlich ausgestaltet. (1) Landesrechtliche Ausgestaltungen und ihre Auswirkungen auf die Gemeinden In den Stadtstaaten ergeht die Unterschutzstellung durch Rechtsverordnung seitens des Landes.1067 Alle Flächenländer außer Bayern wählen als Rechtsform der Unterschutzstellung die Satzung.1068 In Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern dürfen die Gemeinden nur Satzungen zum Baumschutz1069 bzw. zum Schutz der Grünbestände erlassen.1070 Der Regelungsbereich der Gemeinden ist dabei zumeist auf die im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) beschränkt.1071 In Nordrhein-Westfalen sind öffentlich bezahlte Anpflanzungen im Außenbereich sowie Wallhecken schon ohne besondere Ausweisung gesetzlich geschützt, § 45 NatSchG NRW. Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig Holstein regeln die Zuständigkeit der Gemeinden für den Innenbereich, sowie subsidiär für den sonstigen Bereich, wenn die zuständige Naturschutzbehörde noch keine Anordnungen erlassen hat.1072 Die Schutzgegenstände sind nicht auf Grüngruppen beschränkt. Im Naturschutzrecht von Sachsen-Anhalt sind nicht abschließend etwa Bäume, Baum- und Gebüschgruppen, Alleen, Feldgehölze, Schutzpflanzungen, Hecken, Parks, Streuwiesen, Raine, Heiden, Wasserflächen, Wasserläufe, Felsgruppen, erdgeschichtliche Aufschlüsse, besondere Pflanzenvorkommen, sowie Rast- und Durchzugsgebiete von Tieren genannt. Schutzvoraussetzungen sind etwa die Sicherung der Funktionsfähigkeit des 1067 Vgl. § 20 HambNatSchG; §§ 18, 22 NatSchGBln (Senat); §§ 18, 22 BremNatSchG, ob.NatSchBehörde. 1068 Bayern wählt als Rechtsform die Gemeinderechtsverordnung. Die Zuständigkeit der Gemeinden ist subsidiär zur Naturschutzbehörde, Art. 12 II, 45 II BayNatSchG. 1069 § 45 NatSchG NRW. 1070 Art. 12 BayNatSchG; § 26 HENatG; § 20 III LPflG Rh-Pf. 1071 Art. 12 BayNatSchG; § 26 HENatG. 1072 § 23 NatSchG LSA; § 28 NNatSchG. Schleswig-Holstein nennt zusätzlich den verbindlich überplanten Innenbereich, § 20 LNatSchG Schl-H; ähnlich auch Thüringen, jedoch ohne die Subsidiaritätsregelung, vgl. § 17 ThürNatSchG.

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Naturhaushaltes, die Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, die Abwehr schädlicher Einwirkungen oder der Schutz natürlicher Lebensgemeinschaften.1073 Die Normierungen ermöglichen den Gemeinden bereits umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten, die über Biotopschutz und ökologische Belange hinaus auch die Erholungsfunktion mit einschließen.1074 Die Unterschutzstellung ist zum Teil durch die Ermächtigung zur Anordnung von Mindestpflegemaßnahmen ergänzt.1075 In Baden-Württemberg ist den Gemeinden innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile der Schutz von Grünbeständen, im besiedelten und freien Bereich auch Schutzpflanzungen und Schutzgehölze erlaubt. Der Schutz von Grünbeständen ist aus ökologischen Gründen sowie landeskundlichen und kulturellen Gründen oder zur Gliederung und Belebung des Landschaftsbildes möglich, vgl. §§ 56, 25 NatSchGBW. Die weitestgehenden Regelungsmöglichkeiten für geschützte Landschaftsbestandteile räumt Sachsen den Gemeinden ein. Die Gemeinden können innerhalb des gesamten Gemeindegebiets durch Satzung Teile von Natur und Landschaft schützen, § 50 I Nr. 4 i. V. m. § 22 SächsNatSchG. Als Schutzgründe können die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes, die Erhaltung oder Verbesserung des Kleinklimas, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen auf die Naturgüter oder die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen dienen. Beispielhaft sind der gesamte Baumbestand, Hecken, Parkanlagen, Alleen oder anderen Landschaftsbestandteilen genannt,1076 § 22 Abs. 2 SächsNatSchG. (2) Insbesondere Baumschutzsatzungen Baumschutz ist beispielhaft noch auf das Reichsnaturschutzgesetz zurückzuführen, hat aber in Deutschland bis in das 15. Jahrhundert zurückreichende Wurzeln.1077 Mittlerweile haben viele Gemeinden Baumschutzregelungen eingeführt. Der Erlass einer Baumschutzsatzung setzt zunächst ihre Erforderlichkeit voraus. In der Gemeinde müssen besondere Faktoren 1073 § 23 NatSchG LSA; ähnlich mit Erwähnung des Kleinklimas auch § 28 NNatSchG. 1074 Vgl. in Schleswig-Holstein auch Zeugnisse des menschlichen Umgangs mit der Natur, § 20 LNatSchG Schl-H. Anschaulich auch die Regelung in § 17 ThürNatSchG. 1075 Etwa hinsichtlich von Bäumen § 17 IV ThürNatSchG. Unter Umständen entstehen jedoch Kostentragungspflichten, vgl. § 29 VI NNatSchG. 1076 Zum Begriff mit vielen Beispielen: Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 29 Rn. 4ff. 1077 Lorz, Naturschutzrecht, § 18 Rn. 1ff.; Günther, Baumschutz, S. 5f., 9.

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die Annahme rechtfertigen, dass der gesamte Baumbestand schutzbedürftig ist.1078 Die notwendige positive Klimabeeinflussung1079 führt in der Regel schon zur Erlassmöglichkeit einer Baumschutzsatzung.1080 Bei kleineren ländlichen Gemeinden sind klimatische Gesichtspunkte besonders begründungsbedürftig, die Landesnaturschutzgesetze bieten jedoch mehrere Gründe die eine Unterschutzstellung ermöglichen.1081 Die Bestimmtheit und die erforderliche Detailschärfe der Satzungen war in Bezug auf ihre Zwecksetzung und die Umschreibung des räumlichen Regelungsbereichs umstritten.1082 Das BVerwG hat sich strengeren obergerichtlichen Anforderungen nicht angeschlossen.1083 Es genügt daher, wenn der Anwendungsbereich nach dem Geltungsbereich des Bebauungsplans umschrieben wird.1084 Der Vorrang des Forstrechts verbietet Regelungen für den Waldbereich.1085 Die Rechtsprechung billigt den Gemeinden ein weites Ermessen zu, welche Baumarten unter Schutz gestellt werden. Ebenso sind Anforderungen an einen Mindeststammumfang wie die Unterschutzstellung einer Gruppe mit einer bestimmten Anzahl von Bäumen möglich.1086 In vielfältigen Variationen sind Ausnahmen von der Unterschutzstellung nor1078 Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 482; vgl. auch: Schink, DÖV 1991, 7 (9ff.); dagegen wohl: Kunz, ThürVBl 2001, 81 (81f.), die eine Vielzahl von Rechtfertigungen für das ganze Stadtgebiet ausreichen lassen will. 1079 Günther, Baumschutz, S. 1; sowie positive Auswirkungen auf den Artenschutz, vgl. Steinberg, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR Band I, Sp. 190; Schink, DÖV 1991, 7 (10f.). 1080 OVG Lüneburg, NuR 1985, 242, das aber auch in einem weiten Maßstab die Unterschützstellung sämtlicher Bäume und Hecken für rechtmäßig hält; Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 482; auch Schink, DÖV 1991, 7 (11). 1081 BayVGH, NVwZ 1986, 951ff.; auch: Schink, DÖV 1991, 7 (11, 13). Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 482f.: Belebung des Ortsbildes erfasse neben dem optischen auch den biologisch-ökologischen Gehalt, die Gemeinde dürfe sich bei der Unterschutzstellung auf von fiskalischen Gesichtspunkten leiten lassen. In einer stark durchgrünten Gemeinde ohne wesentliche oder bevorstehende Grünverluste erscheine die Satzung jedoch nicht erforderlich; vgl. OVG Münster, NVwZ 1986, 494; VGH BW, NVwZ 1986, 955 (956). 1082 Vgl. Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 489ff.; vgl. Günther, Baumschutzrecht S. 12ff. 1083 BVerwG, NVwZ 1994, 1099ff.; vgl. m. w. N. Günther, NuR 2002, 587; strenger auch: Schink, DÖV 1991, 7 (11f.). 1084 Vgl. Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 491; Kunz, ThürVBl 2001, 81; Günther, NuR 2002, 587; ablehnend Schink, DÖV 1991, 7 (12). 1085 Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 494; Kunz, ThürVBl 2001, 81 (83).

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mierbar, die auch zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erforderlich sind.1087 Zu Schutzregelungen von Bäumen existieren bereits eine Vielzahl von Musterregelungen,1088 die bei Bewältigung von Verfahrensfragen und Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten wie Gefahrenabwehr- und Baurecht herangezogen werden können.1089 Baumschutzmaßnahmen werden in der Regel aus der Praxis positiv beurteilt.1090 Die Befürchtung, es käme zu verminderten Pflanzungen oder prophylaktischen Beseitigungen von Bäumen, um der Unterschutzstellung zu entgehen, haben sich nicht bestätigt.1091 Unnötiges Fällen von Bäumen konnte unterbunden werden.1092 cc) Naturschutz im Baurecht Neben den naturschutzrechtlichen Handlungsmöglichkeiten können die Gemeinden auch mit den baurechtlichen Instrumenten naturschützerisch tätigwerden. (1) Darstellungsmöglichkeiten Naturschutz im Flächennutzungsplan Im Flächennutzungsplan können die Gemeinden Darstellungen nach § 5 Abs. 2 BauGB vornehmen, wobei insbesondere § 5 Abs. 2 Nr. 5–7 BauGB sowie § 5 Abs. 2 Nr. 9f. BauGB naturschutzrechtliche Relevanz haben. Grünflächen in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB meint kleinere und größere öffentliche und private Grüngürtel, nicht jedoch die nicht überbaubaren Grundstücksteile. Die Zwecksetzung der Grünflächen kann städtebaulicher, ökologischer oder landschaftsästhetischer Natur sein.1093 Die Ausweisung muss städtebaulich erforderlich sein. Die Erforderlichkeit kann sich aus örtlichen 1086

Etwa auch das Anlegen von Baumkatastern, Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (175); Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 497f.; Günther, Baumschutz, S. 27f.; ders., NuR 2002, 587f. 1087 Führen, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 506ff.; vgl. auch: Kunz, ThürVBl 2001, 81 (84); Günther, NuR 2002, 587 (588). 1088 Vgl. Günther, NuR 2002, 587, mit mehreren Nachweisen Fn. 1. 1089 Vgl. zu den Details etwa: Günther, NuR 2002, 587 (588ff.). 1090 Vgl. Günther, Baumschutzrecht, S. 119. 1091 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, III 6-5. Lediglich bei restriktiver „polizeiverordnungsähnlicher“ Vollzugspraxis werden diese Reaktionen befürchtet, Günther, Baumschutzrecht, S. 119. 1092 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VII 6-5. 1093 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 2066f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 5 Rn. 36.

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wie überörtlichen Belangen ergeben und ist angesichts der Ausgleichsaufgabe des Städtebaus, die in der Bauleitplanung auch die sonstige Nutzung und mit der Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen auch ökologische Prägungen enthält, weit auszulegen.1094 § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB ermöglicht Darstellungen für Maßnahmen zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft und bei entsprechendem Landesrecht die Integration der Landschaftsplanung in die Flächennutzungsplanung.1095 Die Darstellung beschränkt sich auf die zum Ausgleich etwaig geforderten Flächen. Die Maßnahmen selbst werden im Bauleitplan dargestellt.1096 (2) Darstellungen im Bebauungsplan § 9 Abs. 4 BauGB ermöglicht es, auch landesrechtliche Regelungen im Bebauungsplan festzusetzen. Dazu müssen die Länder allerdings entsprechendes Landesrecht erlassen haben.1097 Relevanz hat dies etwa für die Festsetzungen des Landschafts- und Grünordnungsplans. Mit der Aufnahme entfalten die landesrechtlichen Festsetzungen die gleichen Rechtswirkungen, wie die übrigen planungsrechtlichen Festsetzungen.1098 In der Praxis hat diese Regelung vor allem Bedeutung für Ergänzungen durch Vorschriften der Landesbauordnungen.1099 Dachform, Fassadengestaltung und Werbeanlagen sind häufige Festsetzungsgegenstände.1100 Daneben ermöglichen eine Reihe von Festsetzungen aufgrund § 9 Abs. 1 BauGB naturschützerische Flächenausweisungen. Insbesondere § 9 Abs. 1 Nr. 4, 10, 15, 18, 20 und 25 BauGB sind für den Umweltschutz im Bauplanungsrecht relevant.1101 1094 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16 Rn. 23; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 5 Rn. 37, 44. 1095 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 5 Rn. 58f. Wenn der Landschaftsplan als Teil des Flächennutzungsplan aufgestellt ist, hat die Regelung keine eigenständige Bedeutung, Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 210. Es kommt somit darauf an, ob die Länder von der Möglichkeit des § 16 II 2 BNatSchG Gebrauch gemacht haben. 1096 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 5 Rn. 58; a. A. Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 208f. 1097 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 257; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 550 (11. EL). 1098 Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 549 (11. EL). 1099 Vgl. § 86 II LBO NRW; Art. 91 III BayBO, etwa auch hinsichtlich der Möglichkeiten des Baumschutzes Art. 91 II Nr 3 BayBO. 1100 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 258; Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 110.

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Festsetzungen § 9 Abs. 1 Nr. 10, 15, 18 BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB ermöglicht es, Flächen von der Bebauung freizuhalten. Eine solche Festsetzung ist nur möglich, wenn eine städtebauliche Nutzung ansonsten nicht auszuschließen wäre.1102 Die städtebauliche Erforderlichkeit der Anordnung ist u. a. mit Gesundheitsinteressen der Bevölkerung, aus klimatischen Erwägungen oder zur Wahrung der Übersichtlichkeit des Verkehrs begründbar.1103 Auch wegen der Bodenbeschaffenheit nicht bebaubare Gebiete können mit dieser Planung gekennzeichnet werden.1104 Die Nutzung als Freifläche kann mittelbar oder in Kombination etwa mit pflanzerischen Festsetzungen einen sekundären Naturschutzzweck verfolgen.1105 Festsetzungen der Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB1106 müssen hinsichtlich ihrer öffentlichen oder privaten Zweckbestimmung konkretisiert werden, da ansonsten nur eine begrünte Fläche als Nutzung ermöglicht ist.1107 Zur näheren Zweckbestimmung sind in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nicht abschließend mehrere Beispiele aufgeführt.1108 § 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB zielt besonders auf die Förderung von Landwirtschaft und Wald.1109 Die Festsetzung darf aber auch andere Ziele als die Förderung der Forstwirtschaft verfolgen, wenn keine Ungeeignetheit für forstliche Ziele vorliegt. Sie sichert zugleich die natürlichen Lebensgrundlagen, Belange von Natur- und Wasserhaushalt, Luft, Boden und Klima.1110 1101

Ähnlich: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 314 (8. EL). Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 94; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 210 (8. EL). 1103 Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 211 (8. EL); Bielenberg/Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 97. 1104 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 97; dagegen: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 211 (8. EL). 1105 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 98; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 212 (8. EL); allgemein für die umweltschützerischen Festsetzungen: BVerwG, NVwZ 2001, 1043 (1045); Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 140. 1106 Dazu auch: Stich u. a., Stadtökologie, S. 187ff. 1107 BVerwGE 42, 5, 7ff.; BayVGH, BayVBl 1984, 339; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 126ff.; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 215; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 267 (8. EL). 1108 Für die Verwendung von Sportanlagen wird eine Austauschbarkeit mit § 9 I Nr. 5 BauGB angenommen, Stich u. a., Stadtökologie, S. 187; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 129; einschränkend: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 271 (8. EL). 1109 Restriktiv: Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 306 (8. EL). 1110 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 149, § 5 Rn. 54. 1102

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Die städtebauliche Erforderlichkeit kann sich aus der Abgrenzung vom bebauten Gebiet ergeben. Festsetzungen § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB ermöglicht den Gemeinden die Festsetzung von Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft. Die Festsetzungsmöglichkeit dient insbesondere den sonstigen Zielen der Bauleitplanung, etwa der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, Belangen des Naturschutzes, sparsamem und schonendem Bodenumgang und der Festsetzung von Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich von Eingriffen in die Natur.1111 Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB können auch alleiniger Inhalt eines Bebauungsplans sein1112 und ermöglichen die Integration eigenständig aufgestellter Landschaftspläne.1113 Mit der Aufnahme nachhaltiger Entwicklung können nahezu alle kommunalen Aufgabenstellungen, die sich räumlich niederschlagen, Festsetzungen ermöglichen.1114 Sie müssen jedoch bodenrechtlicher Natur sein, d.h. Rekultivierungs- und Pflegemaßnahmen können zwar grundsätzlich angeordnet werden, nicht aber Betretungsverbote oder detaillierte Bewirtschaftungsanordnungen.1115 Die Reichweite des städtebaulichen Bezugs der Maßnahmen war umstritten, insbesondere, ob über die Vorgaben zur Umwandlung in Biotope auch detaillierte Vorgaben über die künftige Behandlung dieser Biotope getroffen werden können.1116 Mit der Erweiterung der Aufgaben der Bauleitplanung können Erhaltungsmaßnahmen nicht mehr mit Hinweis auf städtebauliche Aufgaben zurückgewiesen werden,1117 so dass nun mehr für ein weites Maßnahmenverständnis spricht.1118 1111 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 149, § 9 Rn. 155; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 9 Rn. 50. 1112 Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 9 Rn. 50; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16 Rn. 22f. 1113 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 70; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 155. 1114 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 4a. 1115 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 156, 158; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 322 (8. EL). 1116 Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 696ff. Trotzdem handelte es sich um seltene Einzelfälle, da im Siedlungsbereich überwiegt die Nutzbarkeit der Grünflächen für die Menschen im Zentrum stand, Stich u. a., Stadtökologie, S. 213. 1117 Vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 698 mit UPR 2000, 156f.; Brandt/Sanden, UPR 1999, 367 (373); a. A. BMU, Umwelt 1992, 60 (64).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Festsetzungen § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB ermöglicht den Gemeinden Festsetzungen über das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen, deren Erhaltung sowie Bindungen für Bepflanzungen und Gewässer.1119 Die städtebaulichen Erfordernisse können gestalterisch, durch Naturschutz oder durch Landschaftsschutz begründet sein oder als Ausgleich von Eingriffen in die Natur erfolgen.1120 Es können einzelne Pflanzen oder Pflanzengruppen geschützt werden oder auch ein pauschaler Schutz für alle nicht überbaubaren Grundstücksflächen getroffen werden. Bindungen für Bepflanzungen richten sich lediglich auf den Erhalt vorhandener Pflanzen.1121 Der Streit um die Möglichkeit der Anordnung von Erhaltungsmaßnahmen,1122 hat sich mit der gesetzlichen Normierung erledigt. Anpflanzungsbindungen können auch die Festsetzung bestimmter Arten von Pflanzen oder deren Mischungsverhältnis im Bebauungsplan aufnehmen, wenn dies nach den örtlichen Gegebenheiten von städtebaulicher Bedeutung ist.1123 Auch in der Bebauungsplanung sind Anforderungen aus Umweltschutz, Naturschutz und Landschaftspflege zu berücksichtigen, so dass deshalb neben der Anordnung heimischer Pflanzenarten auch die Verknüpfung öffentlicher und privater Bepflanzung für ökologisch und ästhetisch gleichwertige Flächen möglich ist.1124 Mit der Festsetzungsmöglichkeit für „Teile baulicher Anlagen“ erfasst § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB Dach- und Fassadenbegrünungen.1125 Auffallend ist 1118 Stich u. a., Stadtökologie, S. 189; Gassner/Schmidt-Räntsch/Bendomir-Kahlo, BNatSchG, § 16 Rn. 23; ArGE Bau, NuR 1992, 69ff. 1119 Stich u. a., Stadtökologie, S. 34ff.; 63ff. 1120 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 216. 1121 BVerwG, Beschluß v. 15.4.2003, Az: 4 BN 12/03; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 704; Stich u. a., Stadtökologie in Bebauungsplänen, S. 79, 81. 1122 Dagegen: Gierke in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn 416 (8. EL); dafür, Bundesumweltministerium, Umwelt 1992, 60 (64); Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts2 Rn. 745; Stich u. a., Stadtökologie, S. 182f. 1123 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 221; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 223f.; Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 154f.; Stich u. a., Stadtökologie, S. 78f.; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts Rn. 366; einschränkend: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 145f.; Chilla/Stephan/ Röger/Radtke, ZUR 2002, 249 (252); Bundesumweltministerium, Umwelt 1992, 60 (64); dagegen: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 703, kein Ausschluß von aus ökologischen oder optischen Gründen unerwünschten Pflanzen; ebenso: Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 156; zwingende Pflanzlisten seien jedoch unzulässig, Stich u. a., ebd., S. 183. 1124 Stich u. a., Stadtökologie, S. 90f.; vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 95; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 221.

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die mitunter sehr einseitig Vorteile der Fassadenbegrünung betonende Argumentation (Bauphysikalische Verbesserung der Wärmedämmung, Schutz der Gebäudeaußenhaut),1126 ohne dass die gleichermaßen vorhandenen Nachteile erwähnt werden, wie Zunahme von Insekten oder Nagern im Haus1127 oder Beeinträchtigungsmöglichkeiten nicht mehr ganz intakter Gebäudeaußenhäute.1128 Fassadenbegrünungen haben untergeordnet verbessernde Bedeutung für den Naturhaushalt und zielen im Wesentlichen auf die Ortsbildgestaltung.1129 Ähnlich kann eine einzelflächenbezogene wie quartiersweite Dachbegrünung nur geringe stadtökologische Wirkungen vorweisen.1130 Daher ist genau zu prüfen, ob angesichts der mit der Anordnung verbundenen Nachteile nicht ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip liegt.1131 Ein Entschädigungsanspruch für die planerische Festsetzung der Fassadenbegrünung besteht jedoch nur im Ausnahmefall.1132 Schutzregelungen aufgrund des BNatSchG (etwa Baumschutzsatzungen) sind neben dem Schutz aus § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB möglich und können auch über den Schutz des BauGB hinausgehen.1133 1125 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 222; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 702; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, III 8–16; Chilla u. a., ZUR 2002, 249 (252); Stich u. a., Stadtökologie, S. 79, 81f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 220. 1126 Etwa: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 145. 1127 Chilla u. a., ZUR 2002, 249 (253) sprechen lediglich von der Artenauswahl der Pflanze hinsichlich des Lebensraums für Tiere; ähnlich auch: Stich u. a., Stadtökologie, S. 67. 1128 Vgl. dazu: Chilla u. a., ZUR 2002, 249 (256); Stich u. a., Stadtökologie, S. 69. 1129 Stich u. a., Stadtökologie, S. 70, 184. 1130 Stich u. a., Stadtökologie, S. 74, m. w. N. ebd. Fn. 40. 1131 So: Mäder, Möglichkeiten und Grenzen, S. 157f.; auch: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 33, bezüglich des konstruktiven Zusatzaufwandes für die Dachbegrünung, die Entschädigungspflicht annehmen. Weitere Hinweise bei Stich u. a., Stadtökologie, S. 73. 1132 Vgl. Chilla u. a., ZUR 2002, 249 (254). Ein Entschädigungsanspruch kann auch bei Pflanzgeboten nach § 41 II BauGB entstehen, dazu: Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 186; sowie eingehend: Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 41 Rn. 48ff. 1133 Schink, DÖV 1991, 7 (8); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 217; 225. Unterschied zu den Baumschutzsatzungen: Unterschutzstellung nach Stammumfang oder Beseitigungsvoraussetzungen nicht statthaft, Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 704; ablehnend auch für die Festsetzung in Baumschutzsatzungen Schink, DÖV 1991, 7 (14f.). Die Wertigkeit des Schutzes der Allgemeinwohlinteressen sei bei § 9 BauGB geringer als beim naturschutzrechtlichen Schutz, da Grund des Schutzes in § 9 die Bedeutung der Bäume für den Naturhaushalt insgesamt sei. Die Gesamtfunktion der Bäume bedinge daher für den einzelnen Baum ein geringeres Schutzniveau als die Festsetzung als Naturdenkmal, so dass regelmäßig der Baumschutz aus § 9 BauGB hinter dem

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(3) Regelungsmöglichkeiten der Landesbauordnungen Die Landesbauordnungen bieten den Gemeinden unterschiedliche Möglichkeiten, die Gestaltung der baulichen Anlagen zu beeinflussen. Die meisten Bauordnungen haben Regelungen zur Begrünung von Anlagen, bzw. der Gestaltung von Freiflächen Vorgärten oder Einfriedungen aufgenommen. Daneben existieren in einer Vielzahl von Bundesländern noch Festsetzungsmöglichkeiten zum Schutz von Bau- und Naturdenkmalen, die zumindest mittelbar auch naturschützerisch wirken können.1134 Die Beurteilung der Regelungsspielräume darf nicht isoliert auf die Bauordnungen abstellen, sondern muss darüber hinaus auch die Spielräume von Grünordnung und Landschaftsplanung betrachten, die in einem Ergänzungsverhältnis stehen. Lokale Initiativen dürfen angesichts der vielfältigen Regelungsmöglichkeiten nicht dem Irrtum unterliegen, mit einer Normierung erwünschter oder dem Verbot unerwünschter Verhaltensweisen wende sich gleichsam alles zum Guten.1135 Der Ruf nach dem Gesetz ist nur in dem Maße erfolgversprechend, wie auch eine Durchsetzung der gesetzlichen Normierungen zu erwarten ist. Die zahlreichen Regelungsmöglichkeiten sollten angesichts der begrenzten Überwachungskapazitäten nur ultima ratio sein. Die Festsetzungen sind häufig unhandlich sowie kaum vollzieh- und überprüfbar.1136 Unübersichtliche Bebauungspläne können leicht Unstimmigkeiten provozieren. Das nahezu zwangsläufig resultierende Vollzugsdefizit der kommunalen Regelungen degradiert diese zur fast reinen Symbolik. In der Praxis ist feststellbar, dass die Akzeptanz der Planung durch die Bauherren mit zunehmender Regelungsdichte abnimmt.1137 Der Steuerungsansatz hat nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten, da der interkommunale Wettbewerb die Gemeinden dem Druck von Kapitalabwanderung und schwindender Baulandnachfrage aussetzt.1138 Die lokale Agenda 21-Initiativen sollten sich daBauwunsch des Eigentümers zurückzustehen habe Schink, ebd.; vgl. dazu auch OVG NRW, Urt. v. 11.1.2002, Az: 7a D 129/00.NE; BVerwG, Beschluß v. 15.4.2003, Az: 4BN 12/03. 1134 Vgl. dazu die tabellarische Zusammenstellung der Regelungsmöglichkeiten in den Bundesländern im Anhang XII. 1135 Warnend vor überhöhter Regulierung: Schmitz, ZfBR 2001, 85 (91) zur Festsetzung von Sortimentarten und Markenartikeln in Bebauungsplänen sowie Kuschnerus, ZfBR 2000, 15 (17) mit einem Beispiel. Die faktische Grenze der der Steuerungskraft wird in der Diskussion häufig nicht berücksichtigt, vgl. Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 397 (398): „Geradezu rührendes Vertrauen in die Kraft der Gesetze“. 1136 „Verregelung der letzten Quadratmeter Freiraum“ Stich u. a., Stadtökologie, S. 221; kritisch auch: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 402f. 1137 Ähnlich auch: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 20. 1138 Vgl. Fürst, in: Weiland (Hrsg.), FS Hübler, S. 13 (21f.).

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her darauf konzentrieren, anstelle der Normierung von Restriktionen Potentiale für eine umweltverträgliche Inanspruchnahme aufzuzeigen, die mit wirtschaftlichen und sozialen Aspekten verknüpft sind.1139 Detaillierte Regelungen zur Bepflanzung sind nur in Ausnahmefällen erforderlich.1140 So geht etwa die Bremische Bauordnung davon aus, dass auch ohne gesetzliche Verpflichtung eine Begrünung erfolgt.1141 Diese sinnvolle Gegentendenz zu detaillierten Pflanzlisten mit exakter Verwendung und Mischung setzt mehr auf das Umweltbewusstsein des Grundstücksbesitzers.1142 Die Nutzung des Potentials hängt maßgeblich von den Interessenstrukturen und den Denkmustern der Akteure vor Ort ab.1143 Vollzugsdefizite lassen sich auf diesem Weg vermindern, weil die Erhaltung des selbstgewollten Zustandes in der Regel im Interesse des Eigentümers liegt. Die Bauberatung, vor allem unter Einschluss der Umweltaspekte wird jedoch in der Praxis noch nicht von den Behörden im wünschenswerten Maße betrieben.1144 dd) Sonstige Naturschutzmöglichkeiten in den Gemeinden Eine Möglichkeit der Gemeinde, Nachhaltigkeit zu fördern, ist auch in Anregungen an andere Behörden zu sehen.1145 Die kooperative Zusammenarbeit ermöglicht es den Gemeinden, staatlichen Umweltschutz schon vor dem Eintreten in gesetzliche Verfahren auf die örtliche Situation hin abzustimmen1146 und nicht nur als Verhinderungsfaktor örtlicher Planung wahrzunehmen. Ein interessanter Ansatz ist der Aufbau eines ökologischen Bewertungskatasters über die Gemeindefläche im Hinblick auf Arten- und Bio1139 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 116. Für beratendene Tätigkeit, StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, III 8–16. 1140 Für die Prüfung an der Angemessenheit detaillierter Regelungen insgesamt: Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 19. 1141 Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 108. Eine Ermöglichung zur Anordnung von Pflanzungen ist in § 7 I 2 BremBO geregelt. 1142 Stich u. a., Stadtökologie, S. 221. Ähnlich die Deregulierung im Saarland, die die Schaffung von Stellplätzen bei Ein- und Zweifamilienhäusern freistellt, weil sie dort regelmäßig auch ohne Zwang hergestellt würden, Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 163. 1143 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (63f.); vgl. Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (19f.). 1144 Vgl. Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 17f.; ebenso für die Beteiligung der Umweltbehörde im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, S. 126; Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (29). 1145 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-24. Zur Frage des Naturschutzes durch Verwaltungsvertrag, Di Fabio, DVBl 1990, 338ff. 1146 Etwa durch die Unterschutzstellung von Objekten, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde fallen.

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topschutz,1147 der eine Orientierung über potentielle Konflikte mit Vorhaben ermöglicht. Tatsächlicher Umweltschutz ist in den Gemeinden auch durch extensive Pflege der kommunalen Freiflächen möglich. Einsparpotentiale bestehen in diesem Bereich etwa durch die Zusammenarbeit mit Landwirten, die in der Regel schon die entsprechenden Maschinen besitzen. Die Nutzung kommunaler Flächen kann mit naturschützerischen Vertragsgestaltungen verbunden werden. Daneben kann die Flächennutzung der Gemeinden wie bei den kommunalen Wäldern optimiert werden. Die Erhaltung und Vernetzung ökologisch wirksamer Freiflächen setzt allerdings dauerhaftes Engagement der Kommune im Naturschutz voraus. Der Kauf ökologisch wertvoller Flächen durch die Gemeinden wird in der Regel an der kommunalen Finanzsituation scheitern. Durch langfristige Kombination mehrerer Instrumente kann die Gemeinde darauf hinwirken, die ökologisch bedeutsamen Flächen selbst zu erwerben oder geeignete unter Schutz zu stellen. Flächentausch mit den Landwirten, auch in Kombination mit Flurbereinigungsverfahren sowie auch die Berücksichtigung ökologischer Belange in Pachtverträgen der Gemeinden sind hierbei sinnvolle gemeindliche Handlungsoptionen.1148 Die Gemeinde kann mit dem Erhöhen des Grünanteils, der Berücksichtigung von Kaltluftbarrieren und der Erhaltung von Belüftungskorridoren zugleich das Kleinklima der Stadt positiv beeinflussen.1149 6. Abfall, Entsorgung und Kommunalwirtschaftsrecht In lokalen Agenden ist das Thema Abfall, Recycling und lange Produktnutzung häufig Gegenstand der Umweltarbeitskreise.1150 Die Initiativen beschäftigen sich häufig damit, wie die Abfallentsorgung intensiver für eine Steuerung zur Abfallvermeidung genutzt werden könnte. Deshalb ist hier von Interesse, welche Handlungsmöglichkeiten das Abfallrecht den Gemeinden bietet, um diese Ziele nachhaltiger Entwicklung in den Gemeinden zu fördern. Abfallwirtschaft und Versorgungswirtschaft sind vom Bundesverfassungsgericht der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit zugeordnet worden.1151 Kompetenztitel für eine umfassende Abfallrechtsregelung ist Art. 74 1147 Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt-Entwicklung, S. 18. Kritisch wegen Schematisierung und Veraltung, Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 349. 1148 Zu alledem das summarische Praxisbeispiel von Mießeler, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 16f. Dort erstreckte sich die Unterschutzstellung auf 20 Jahre. 1149 Du Bois/Peters, Der Städtetag 1998, 309 (312). 1150 Vgl. oben B. bei Fn. 162: B.II.3.b), B.II.3.a).

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Abs. 1 Nr. 24 GG1152. Der Bundesgesetzgeber hat in diesem Bereich das KrW-/AbfG erlassen1153. Kommunale Hoheitsaufgabe ist das Abfallrecht nur insoweit, als es dem klassischen Ordnungsrecht zuzuordnen ist.1154 Das KrW-/AbfG stellt die Grundsätze auf, dass Abfälle in erster Linie zu vermeiden sind und in zweiter Linie stofflich oder energetisch zu verwerten, § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG. Auch wenn die nachhaltige Entwicklung nicht explizit im KrW-/AbfG erwähnt ist, so verfolgt das KrW-/AbfG mit der mittelbar ressourcenökonomischen Zielrichtung Anliegen der Nachhaltigkeit.1155 Die Kreislaufwirtschaft kann dabei notwendigerweise nur Teillösungen anbieten,1156 da das Gesetz der Entropie immer irreversible Stoff- und Energieverluste bedingt.1157 § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG normiert eine Überlassungspflicht für Hausmüll an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Für Gewerbemüll liegt diese Überlassungspflicht nur bei Abfällen zur Beseitigung vor, § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG. Da der Müll nach einem Wandel der Marktlage zum begehrten Gut geworden ist,1158 ist für die Verteilung zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und privaten Entsorgern entscheidend, ob Verwertungsabfall vorliegt.1159 Es besteht somit ein Spannungsverhältnis zwischen kommunaler und privater Entsorgungsverantwortung.1160 Die ge1151 Für Wasserversorgung BVerfG, NVwZ 1982, 306 (307); Art. 74 I Nr. 11 GG „Recht der Wirtschaft“, Abfall, BVerfGE 98, 106, 120f.; kritisch dazu: Knemeyer/ Emmert, JZ 1982, 284ff. 1152 BVerfGE 98, 106, 120; dagegen: Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 692ff.; Ablehnung der Abfallvermeidungsregelungskompetenz aus Art. 74 Nr. 24 GG auch: Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (379); Bothe, NVwZ 1987, 938 (940). 1153 „Als Schritt in die richtige Richtung“, UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 168. 1154 Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (81). 1155 Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 67; für die dreidimensionale Verankerung, Bundesregierung, BT-DruckS 13/7054, S. 21ff.; Frenz, KrW-/AbfG, § 1 Rn. 12f.; dagegen: Schröder, WiVerw 1995, 65 (72). 1156 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (666). 1157 F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (53). 1158 Dazu: Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (56, 62f., 66ff.); Willand/Bechtolsheim/Jänicke, ZUR 2000, 74 (76); vgl. zur Situation der kommunalen Unternehmen Moraing, WiVerw 1998, 233 (234f., 237f.). 1159 Vgl. Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21 (22ff.); Willand/Bechtolsheim/Jänicke, ZUR 2000, 74 (78); Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 30 Rn. 102, 104, 110ff.; eingehend: Petersen, Die kommunale Abfallentsorgung, S. 575 (578ff.); Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (58); SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 758ff. Kritisch zu Auswirkungen scheinbarer Privatisierung: Reese, ZUR 2001, 14 (15).

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setzliche Abgrenzungsformel, § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG, ist in der Negativdefinition nicht sehr unterscheidungskräftig, so dass die Abgrenzung zur zentralen Frage des KrW-/AbfG geworden ist.1161 Stoffliche und energetische Verwertung sind gleichrangig im Gesetz verankert, § 4 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG.1162 Differenzierungsschwierigkeiten ergeben sich gerade bei der thermischen Verwertung. § 10 Abs. 2 KrW-/ AbfG lässt sie als Verwertung zu, wenn die Energiegewinnung Hauptzweck der Verbrennung ist.1163 Die Orientierung zu thermischer Verwertung ist sinnvoll.1164 Ein absoluter Vorrang stofflicher Verwertung liefe der Nachhaltigkeit entgegen, wenn in die Bilanz auch Transport und sonstiger Aufwand der Verwertung eingestellt wird.1165 Fortschritte in der Ausscheidung toxischer Nebenprodukte aus Verbrennungsrückständen lassen sogar eine Weiterverwertung der Verbrennungsrückstände im Bauwesen zu. Der Aufwand zur Aufbereitung von Altverpackungen aus Kunststoff dagegen ist bei der Rückgewinnung von Öl nicht mehr vor dem Verhältnismäßigkeitsmaßstab zu 1160 Vgl. Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (56f., 58, 76f.); Auslegung nach Maxime der funktionsgerechten Verantwortungsverteilung: Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 195 (214f.), stößt aufgrund der Verdienstspannen auf Begehrlichkeiten bei Kommunen wie Privaten und auf faktische Grenzen. 1161 § 3 I 2 Krw-/AbfG lautet: Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung. Vgl. dazu auch: OVG Münster, NVwZ 1998, 1207 (1208); VGH Mannheim, NVwZ 1999, 1243 (1244); Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (58). Entnehmbar ist nur, dass es darauf ankommt, ob die Abfälle tatsächlich verwertet werden, nicht darauf, ob eine bloße Verwertungsabsicht oder nur die Möglichkeit der Verwertung vorliegt, vgl. zu den Darlegungsanforderungen: v. Lersner, in: ders./Wendenburg (Hrsg.): Recht der Abfallbeseitigung, Krw-/AbfG, § 3 Rn. 16. 1162 Sanden, Umweltrecht, § 11 Rn. 30; v. Lersner, in: ders./Wendenburg (Hrsg.): Recht der Abfallbeseitigung, Krw-/AbfG, § 4 Rn. 14; Christner/Pieper, Bedeutung und Stellenwert nachhaltiger Entwicklung, S. 65, zu § 4 I KrW-/AbfG; Klöck, Thermische Behandlung und/oder energetische Verwertung, S. 55ff.; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21 (27). Eine Ausnahme regelt § 6 II KrW-/AbfG. 1163 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 29 Rn. 1; Sanden, Umweltrecht, § 10 Rn. 67. ablehnend hinsichtlich Hausmüll Birn, KrW-/AbfG in der betrieblichen Praxis, § 4 2.3 S. 9, der Hausmüllverbrennung nie als energetische Verwertung zulassen will. Eine thermische Behandlung, deren Nebenzweck die Energienutzung ist, ist gegenüber der stofflichen Verwertung somit nachrangig, v. Lersner, in: ders./ Wendenburg (Hrsg.): Recht der Abfallbeseitigung, Krw-/AbfG, § 10 Rn. 18. 1164 Vgl. auch Klöck, Thermische Behandlung und/oder energetische Verwertung, S. 241. 1165 Vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 372; vgl. auch Weidemann, NVwZ 1995, 631 (636f.). Für stofflichen Vorrang: Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 30 Rn. 75.

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rechtfertigen.1166 Den Gemeinden verbleibt somit nur die Entsorgung des Hausmülls und solcher Abfälle, die kein Privater entsorgen will und damit eine „sekundäre Ergänzungs- und Auffangfunktion“.1167 a) Kommunale Verpackungssteuern Bereiche, die bundesrechtlicher Regelung gem. §§ 5 Abs. 1, 9, 23f. KrW-/AbfG vorbehalten sind, dürfen nicht durch kommunale Satzungen geregelt werden. Den Gemeinden stehen die abfallrechtliche Normierung von Rückgabepflichten für bestimmte Produkte, Verbot der Benutzung von Produkten1168 nicht zur Verfügung. Nach h. M. existiert zudem eine Sperrwirkung aus Verordnungsermächtigungen des Gesetzgebers.1169 Länder und Gemeinden haben nach Rechtsprechung des BVerfG1170 keine Möglichkeit zur Einführung von Abfallabgaben, die als wirkungsvolles Mittel zur Abfallvermeidung gelten. Der Einführung von Abgaben durch Länder und Gemeinden steht danach die Annahme entgegen, dass durch das Kooperationsprinzip in der Sachgesetzgebung des Bundes ein Ausschluss für Abfallabgaben auf Bundesebene folgt.1171 Das Örtlichkeitsprinzip mit der Anknüpfung an örtliche Gegebenheiten und der Begrenzung der unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet1172 werde dadurch überschritten, dass auch der Verbrauch außerhalb des Gemeindegebiets betroffen sein kann.1173 Die Verfolgung von Lenkungszwecken läuft bei kommunalen Verpackungssteuern nicht dem Bundesrecht zuwider.1174 Das Urteil des BVerfG 1166 Vgl. Küffner, Unsortiertes komplett verwerten, FAZ Nr. 238 v. 14.10.2003, T1. Der Aufwand für die Wiederaufbereitung der Abfälle zu Öl schlägt mit einem Preis von 5 Euro pro Liter Heizöl zu Buche, FAZ Nr. 238 v. 14.10.2003, T1. 1167 Sendler, DVBl, 2002, 319; a. A. BMU (Hrsg.), Verantwortung für die Zukunft, S. 61. 1168 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 319; Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (382f.). 1169 Dabei ist umstritten, ob erst die Nutzung der Ermächtigung zur Sperrwirkung führt, Pippke, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 307f.; oder ob schon die Ermächtigung selbst die Sperrwirkung entfaltet, Bothe, NVwZ 1987, 938 (944f.); Frenz, KrW-/AbfG, Einl. Rn. 19; so ablehnend: Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (379). 1170 BVerfGE 98, 106, 118ff. 1171 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 385; Maukisch, Die Verpackungssteuer, S. 23; zustimmend auch: Weidemann, DVBl 1999, 73 (74); anders: Murswiek, Die Verwaltung 31 (1998), 241 (278). 1172 Mohl, Erhebung neuer Steuern, S. 78. 1173 OVG Münster, NWVBl 1995, 466 (468); BVerwG, NVwZ 1995, 59 (62). 1174 Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 689f.

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überspannt die Anforderungen an die Reichweite des Kooperationsprinzips.1175 Abgaben stellen keinen Widerspruch zum normierten Instrumentarium des KrW-/AbfG dar. Sie legen lediglich Anreize zu kooperativem Verhalten.1176 Kommunale Abgaben wirken im Gegenteil mit der Vermeidung von Abfall zielkonform mit dem KrW-/AbfG.1177 Eine auf den „Verzehr an Ort und Stelle“ beschränkte kommunale Verpackungssteuer stellt auch eine rechtmäßige Verbrauchssteuer der Gemeinden dar.1178 Eine Überschreitung des Örtlichkeitsprinzips liegt in dieser ebenso wenig wie in den anerkannten örtlichen Getränke-, Vergnügungs- und Hundesteuern.1179 Die Rechtsprechung steht jedoch weiter der Stärkung kommunaler Entsorgungszuständigkeit auch durch Landesabfallrecht entgegen.1180 b) Auflagen im Straßen-, Gaststättenrecht und bei der Nutzung kommunaler Einrichtungen Die weitgehende „Ohnmacht“ der Gemeinden im Bereich des Abfallwirtschaftsrechts1181 schließt es jedoch nicht aus, dass die Gemeinden bei Erledigung ihrer Aufgaben auch auf das Abfallrecht einwirken können. Die Gemeinden können straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnisse mit Bedingungen oder Auflagen versehen.1182 Inwieweit diese Auflagen neben der Straßennutzung noch andere Belange verfolgen können, ist umstritten. 1175

Weidemann, DVBl 1999, 73 (75); Meßerschmidt, in: Gawel/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Rationale Umweltpolitik-Rationales Umweltrecht, S. 361 (379f.); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (27); auch: Murswiek, Die Verwaltung 31 (1998), 241 (279), im Ergebnis wohl aber zustimmend. Die tragende These, aus dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung zum Erlaß nicht gegenläufiger Regelungen abzuleiten, mit der Folge der Nichtigkeit einer Norm, ist in der Literatur mit Recht auf Kritik gestoßen, vgl. Sendler, NJW 1998, 2875f.; Meßerschmidt, ebd.; Murswiek, ebd. S. 241 (276); in diesem Sinne aber:, v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (133); Frenz, KrW-/AbfG, Einl. Rn. 18. 1176 Reese, ZUR 2001, 14 (18). 1177 Maukisch, Die Verpackungssteuer, S. 166; vgl. im Ergebnis auch: Murswiek, Verwaltung 33 (2000), 241 (279). 1178 Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 674; Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (382); vgl. Maukisch, Die Verpackungssteuer, S. 107. 1179 Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 681. 1180 BVerfGE 98, 83ff.; BVerfGE 98, 106ff.; sowie BVerfG, NWVBl 2000, 330 (333f.); Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (78); Frenz, Krw-AbfG, Einl. Rn. 18f. 1181 Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (575). 1182 Vgl. Wiesinger/Markuske, Straßenrecht, S. 246, 249.

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Eine engere Auffassung lehnt Regelungen zur Abfallvermeidung bei straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen ab,1183 da allein abfallrechtliche Erwägungen eine Versagung nicht tragen könnten.1184 Andere wollen jeden nicht willkürlichen sachlichen Grund für eine Einschränkung der Sondernutzung ausreichen lassen,1185 so dass Umweltschutz angesichts seiner Verankerung in Art. 20a GG durchaus als sachlicher Beschränkungsgrund dienen könnte. Die wohl h. M. verlangt einen Zusammenhang mit straßenrechtlichen Zwecken. Dies hat die Konsequenz, dass zwar Einwegverbote aus Abfallvermeidungsgründen unzulässig sind, jedoch zum Schutz vor Straßenverschmutzung und um die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs zu sichern, durchaus von der Gemeinde angeordnet werden können.1186 Im Ergebnis müssen die Verbote somit bloß „richtig“ gerechtfertigt werden. Daher erscheint es angebracht, Bedingungen und Auflagen in einer weiten Auslegung des Straßenzusammenhangs bereits zum Schutz und zur Pflege des Stadt- und Straßenbildes, sowie für städtebaulicher, bauplanerischer, landschaftspflegerischer sowie Denkmal- und Umweltschutzbelange ausreichen zu lassen.1187 Dies steht im Einklang mit der Erweiterung der örtlichen Planung um die nachhaltige städtebauliche Entwicklung im BauGB und trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die Straßennutzung nicht ohne weiteres aus ihrem städtebaulichen Umfeld herauslösen lässt. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG erlaubt Auflagen zum Schutz der Bewohner, Nachbarn und Allgemeinheit beim Betrieb einer Gaststätte. Umstritten ist, ob § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG auch Regelungen zur Vermeidung vermeidbarer Abfälle, etwa von Einweggeschirr erlaubt. Die überwiegende Auffassung verneint die Zulässigkeit einer solchen gemeindlichen Anordnung.1188 Anders ist es, wenn die Umgebung der Gaststätte durch Abfälle konkret beeinträchtigt wird. In diesem Fall ist eine Anordnung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zulässig.1189 In der Praxis sind statt eines Verbots der Einwegverpackungen die Anordnung milderer Mittel wie Abfallbehälter1190 oder Ein1183

Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 11 Rn. 176; a. A. Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (382); StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IX-6. 1184 Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (576). 1185 Grote, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, S. 698, Rn. 14, 18. 1186 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 321; VGHBW, VBlBW 1997, 107 (108ff.); ähnliche Argumentation im Bauplanungsrecht: BVerwG NVwZ 2001, 1043 (1044ff.). 1187 Wiesinger/Markuske, Straßenrecht, S. 246f.; Grote, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, S. 698, Rn. 17f. Mit einer weiten Auslegung auch im Bauplanungsrecht: BVerwG, NVwZ 2001, 1043, 1044ff. unter gleichzeitiger Beibehaltung der formalen Argumentation. 1188 Pöltl, GastG, § 5 Rn. 35d; VGH BW, BWGZ 1994, 233; Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (576); Metzner, GastG, § 5 Rn. 48; Czybulka/Biermann, JuS 2000, 353 (359).

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sammelauflagen1191 verbreitet. Die sicherheitsrechtlichen Generalklauseln bieten keine Handhabe, da deren Tatbestandvoraussetzungen schon regelmäßig nicht gegeben sind.1192 Abfallvermeidungsgebote sind dagegen in Sondernutzungssatzungen und Benutzungssatzungen kommunaler Einrichtungen zulässig.1193 Daher können die Gemeinden Rücknahme- bzw. Pfandpflichten und Verwendungsverbote bei der Nutzung gemeindlicher Einrichtungen vorschreiben. Die Nutzung stellt, auch wenn sie nicht so erfolgt, wie es der Antragsteller begehrt, ausschließlich eine Bedingung einer Leistung dar, die kein Bundesrecht verletzt.1194 Pfandpflichten stellen mittlerweile verbreitete Maßnahmen bei Veranstaltungen im gemeindlichen Raum dar. Einige Gemeinden stellen zur logistischen Bewältigung der Pfandpflichten einen gemeindlichen Großgeschirrspüler zur Verfügung. c) Beschaffung Die Gemeinde kann bei der Beschaffung von Produkten oder bei der Vergabe von Dienstleistungen weniger umweltbelastende Angebote auch dann annehmen, wenn sie nicht die finanziell günstigsten sind.1195 Der Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erlaubt auch die Einbeziehung öffentlicher Interessen.1196 Der Aufnahme von Umweltschutzanforderungen in die Leistungsbeschreibung stehen weder das GWB noch EG-Recht entgegen.1197 1189 Metzner, GastG, § 5 Rn. 48; Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 322; Czybulka/Biermann, JuS 2000, 353 (359); OVG Schleswig, GewArch 1994, 493 (494); Czybulka/ Rodi, LKV 1995, 377 (383). 1190 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 322. 1191 Diese haben insbesondere bei der Genehmigung von Franchise-Schnellrestaurants Verbreitung gefunden. Für die Zulässigkeit von Verpackungssteuern, Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (97). 1192 Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (576). 1193 Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (97); Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (576). 1194 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 320; Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (382). 1195 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 66f.; vgl. Ax/Schneider/ Nette, Handbuch Vergaberecht, Kap. 1 Rn. 106. 1196 Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 79; Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 85; vgl. dazu die Beschaffungs-UVP, C.III.1.f)dd). 1197 Vgl. Ax/Schneider/Nette, Handbuch Vergaberecht, Kap 1 Rn. 104, 112.

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d) Umweltberatung In Bereichen, in denen nur geringe kommunale Handlungsmöglichkeiten bestehen, können die Gemeinden Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Informationsarbeit nutzen, um indirekt auf Verhaltensänderungen in nicht zugänglichen Regelungsbereichen hinzuwirken.1198 Eine allgemeine Zuständigkeit der Gemeinden zur Umweltberatung ortsansässiger Bürger erwächst aus der kommunalen Selbstverwaltung.1199 Grundsätzlich folgt aus der Zuständigkeit kommunaler Behörden für die Öffentlichkeitsarbeit die Rechtmäßigkeit dieser Tätigkeit im Verhältnis zu Dritten, soweit die Informationstätigkeit nicht grundrechtsrelevant ist.1200 Warnungen sind dann zulässig, wenn die kommunale Zuständigkeit gegeben ist und die Warnung vor der gefahrabwehrrechtlichen Ermächtigung umfasst ist.1201 Die Grenze zwischen unbedenklicher Wissensvermittlung und Beeinflussung des Verbraucherverhaltens mit faktischem Grundrechtseingriff ist fließend.1202 Nach neuerer Ansicht liegt schon in der Verbreitung zutreffender und sachlicher Informationen, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer Bedeutung haben können, keine Verletzung des Schutzbereichs des Grundrechts aus Art 12 GG.1203 Jedenfalls ist die Grenze für die Bestimmung eines Eingriffs im Lichte eines mündigen Verbrauchers weit zu ziehen. Die zwanglose Beratung belässt die Entscheidungsfreiheit dem Verbraucher, der nach seiner rationalen Überzeugung entscheiden mag. Diese Informationen unterstützen die autonome Marktteilnahme des Verbrauchers. Auch wenn der Gemeinde als öffentlicher Stelle eine besondere Glaubwürdigkeit oder Autorität zukommt, kann dies noch nicht zur Annahme einer Regelungsintensität und damit ei1198

Heller, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (172f.); Hoppe, DVBl 1990, 609 (610f.); Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 302ff.; Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 85. 1199 Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2707); wohl auch: Haaß, Handlungsspielräume, S. 220. 1200 Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 46; Haaß, Handlungsspielräume, S. 223f. 1201 Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 56f.; a. A. Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 56. 1202 Vgl. Papier, VerwArch 84 (1993), 417 (422f.); vgl. auch: Mohr, NuR 1989, 101 (105); Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2708ff.). Relevant ist hier insbesondere ein Eingriff in die Berufs- oder Wettbewerbsfreiheit: Pippke/Gnittke, in: LübbeWolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 329; vgl. BVerwGE 87, 37, 42, sowie bereits oben: C.II.6.b)bb). 1203 Vgl. Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 (178), mit Nachweis BVerfGE 105, 252ff. Zu streng daher: Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 63, mit zusätzlichen Abwägungsanforderungen.

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nes Eingriffs genügen.1204 Daher reicht die bloße Weitergabe von zutreffenden, vollständig, unmissverständlich, widerspruchsfrei und nachvollziehbar bewerteten Informationen für die Qualifikation des Handelns als Eingriff nicht aus.1205 Appelle erreichen erst dann Eingriffsqualität, wenn sie sich unternehmerisch individualisieren lassen,1206 was bei Umweltappellen oder Umweltberatung in der Regel nicht gegeben sein dürfte.1207 Die Einflussmöglichkeiten durch Informations- und Öffentlichkeitsarbeit werden summarisch auch eher überschätzt.1208 e) Abfallsatzungen Rechtsgrundlage für die Abfallsatzung sind Art. 28 Abs. 2 GG, die speziellen Ermächtigungsgrundlagen in den Landesabfallgesetzen mit Anschluss- und Benutzungszwang sowie § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG1209. Der Anschluss- und Benutzungszwang umfasst auch die notwendigen Maßnahmen zur Durchsetzung der Benutzungsbedingungen.1210 Wegen der vorrangigen Regelungen des KrW-/AbfG und der Verordnungsermächtigungen verbleibt den Gemeinden nur die Regelung von Modifikationen der Abfallentsorgung. Darunter fallen Trennungsverpflichtungen, die Benutzung örtlicher Entsorgungseinrichtungen,1211 Entsorgungs1204 Haaß, Handlungsspielräume, S. 218f.; vgl. auch: Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 52; a. A. wohl Philipp, Verbraucherinformationen im Umwelt- und Gesundheitsrecht, S. 238f. 1205 Haaß, Handlungsspielräume, S. 221; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2711); Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 75f. 1206 Haaß, Handlungsspielräume, S. 223. 1207 Hinsichtlich der Steuerung von Konsumverhalten lediglich Appellfunktion: Birn, in: ders., KrW-/AbfG in der betrieblichen Praxis, § 4, 2.3 S. 6; dagegen: Frenz, KrW-/AbfG, Einl. Rn. 14. 1208 Dazu unten: E.III.3.e)cc). 1209 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 310; a. A. Fluck/Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/ AbfG, § 13 Rn. 74b. Zu Art. 28 II GG auch: Frenz, KrW-/AbfG, § 13 Rn. 9. 1210 Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (96); Fluck/Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 14 Rn. 58ff.; a. A. Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (378). Unterlageneinsicht oder Durchsuchungen gehören nicht dazu, Frenz, KrW-/AbfG, § 14 Rn. 3. 1211 Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (380); Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 348ff.; Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (574); Fluck/Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/ AbfG, § 13 Rn. 74a. Für der VerpackungsVO unterfallende Verpackungen kann gem. § 15 III 1 Krw/AbfG ein Ausschluss von der Entsorgung in der Abfallsatzung erfolgen, der jedoch Haushalte nicht betrifft, § 15 III 2 KrW-/AbfG, Pippke/Gnittke, ebd., Rn. 316, 343; Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 15 Rn. 17ff. (24f.; 28).

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intervalle sowie Größe und Beschaffenheit der Abfallbehälter.1212 Die Benutzungsregeln können auch den Schutz der Anwohner einschließen.1213 Bringpflichten für Abfälle müssen eine zumutbare Entfernung und Entleerung sicherstellen, wobei die Rechtsprechung als Grenze von einem üblichen Fußweg ausgeht.1214 Für ordnungsgemäß kompostierte Bioabfälle besteht ein Befreiungsanspruch vom Anschluss- und Benutzungszwang.1215 Die Voraussetzungen ordnungsgemäßer Kompostierung sollten in der Abfallsatzung geregelt werden, um ein hohes Maß an Transparenz für die Bürger zu schaffen1216 und die erwünschte Lenkungswirkung nicht zu erschweren. f) Abfallentsorgungsgebühren In einer Marktwirtschaft ist der Endabnehmer Kostenträger für den nachgefragten Umweltschutz.1217 Bei einer hohen kommunalen Entsorgungsbelastung kann der Verbraucher gezielt Produkte mit geringem Verpackungsvolumen kaufen, um sein Abfallvolumen optimal zu steuern.1218 Aus dem Vorrang der Abfallvermeidung im KrW-/AbfG folgt, dass die Abfallentsorgungsgebühren nicht so niedrig sein dürfen, dass sie Abfallvermeidung für die Bürger uninteressant machen.1219 Die Gestaltung der Abfallentsorgungsgebühren ist eine Handlungsmöglichkeit, die den Gemeinden trotz des Verpackungsurteils des BVerfG als Gestaltungsaufgabe einer lokalen Agenda 21 1212

Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 29 Rn. 17; ebenso: Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 358. 1213 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 356. 1214 2 km nur im Ausnahmefall; BVerwG, VBlBW 1995, 472 (473); Pippke/ Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 354f.; Fluck/Giesberts, in: Fluck (Hrsg.), KrW-/AbfG, § 13 Rn. 74cff.; SRU, BT-DruckS 11/8493, Rn. 964. 1215 OVG NW, UPR 1995, 456f.; Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 334; Frenz, KrW-/ AbfG, § 15 Rn. 3; Reimer, Die Ökologiesierung des Abfallgebührenrechts, S. 144. Zur Quersubventionierung über die Restmüllbeseitigung, OVG NW, DVBl 2004, 587f. 1216 Vgl. Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 335f.; 360. 1217 Wenz, in: ders./Issing/Hofmann (Hrsg.), Ökologie, Ökonomie und Jurisprudenz, S. 126. 1218 Vgl. Huber, in: Prittwitz (Hrsg.), Umweltpolitik als Modernisierungspolitik, S. 68. 1219 SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 505.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

verblieben ist.1220 An den Wirkungsgrad dürfen jedoch keine zu hohen Erwartungen gestellt werden. Selbst bei einer Steigerung der Müllgebühren zwischen 85–98% ist die Lenkungswirkung noch zu gering, um Wirkungsbeeinträchtigungen zu begegnen.1221 Zudem ist der Rückgang der Entsorgungsanfälle nicht immer auf die angezielten Haushalte zurückzuführen, sondern auf erhöhte Anstrengungen im Gewerbe, sowie Müllexporte.1222 Die Gebühren können nicht beliebig bemessen werden. Eine Gebühr erfordert eine individuell zurechenbare Leistung oder Kostenverursachung, die sie zur ausgleichenden Gegenleistung macht.1223 Das Äquivalenzprinzip und das Gebot der Gebührengleichheit bei der Festsetzung der Gebühr verlangen ein angemessenes Verhältnis zur Gegenleistung und die Gleichbehandlung der Gebührenschuldner untereinander.1224 Das Kostendeckungsprinzip ist nur dann obligatorisch, wenn es der Landesgesetzgeber vorgeschrieben hat,1225 da es nach h. M. kein Merkmal der Gebühr ist.1226 Ohne eine gesetzliche Bestimmung darf das Gesamtgebührenaufkommen auch die Einrichtungskosten übersteigen.1227 Die Gemeinden haben zudem einen nur eingeschränkt überprüfbaren Prognosespielraum bei der Abgabenkalkulation.1228 Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühren für die Abfallentsorgung sind die Landeskommunalabgabengesetze in Verbindung mit der jeweiligen Gebührensatzung der Entsorger;1229 speziellere Regelungen treffen die Landesabfallgesetze.1230 Zur Bemessung der Gebühren existieren mehrere Streitfragen. Sie konzentrieren sich im Wesentlichen auf die zwei Probleme, 1220 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (49); Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 85; SRU, BT-DruckS 11/8493, Rn. 962; SRU, BT-DruckS 12/6995, S. 323f. 1221 Vgl. v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 529ff.; SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 475. 1222 Heller, in: Ritter, Ernst-Hasso (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (173). 1223 Henneke, Öffentliches Finanzwesen und Finanzverfassung, Rn. 375, SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 479. 1224 v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 54ff; Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (381); Knemeyer/Deubert, DÖV 1992, 572 (575); SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 480ff. 1225 Vgl. Frenz, KrW-/AbfG, § 15 Rn. 12. 1226 BVerwGE 12, 162, 167; v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 543; Heer, Verteilungs- und Bemessungsgesichtspunkte, S. 87f. 1227 Dagegen: Reimer, Die Ökologiesierung des Abfallgebührenrechts, S. 180. 1228 BVerwG, NVwZ 2002, 1123. 1229 Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (381); Frenz, KrW-/AbfG, § 15 Rn. 12. 1230 v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 540.

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welche Kostenansätze des Entsorgers in die Gebührenberechnung einfließen dürfen und wie die Gesamtkosten auf die Nutzer umgelegt werden können. Bei der Gebührenberechnung wollen einige einen möglichst umfassenden Kostenansatz in die Gebührenrechnung einstellen. Dieser soll sowohl allgemeine Betriebskosten umfassen als auch Kosten für die Abfallberatung, zentrale Sammelbehälter, Rücklagen für Nachsorge, Nachsorgekosten für stillgelegte Abfallanlagen, Altlastensanierung und kalkulatorische Kosten wie Abschreibungen und Zinsen sowie Wagniszuschläge.1231 Nach anderer Auffassung ist der Kostenansatz restriktiv zu handhaben, da die Gebühr als Finanzleistung mit Gegenleistung von der Steuer abzugrenzen sei. Relevanz hat der Streit etwa bei der Behandlung stillgelegter Abfallanlagen, bei der die Benutzer der Abfallentsorgung nicht mehr die der stillgelegten Anlage sind, so dass eine zeitliche Konnexität und eine Einbeziehung der Sanierungskosten in die Gebühr nicht mehr möglich ist.1232 Die restriktive Auffassung verdient keine Zustimmung. Die Schließung einer Deponie kann die abfallwirtschaftliche Zwecksetzung nicht aufheben.1233 Sanierungskosten stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Abfallentsorgung, da die Sanierung kausal auf die Abfallentsorgung zurückzuführen ist.1234 Die Verlagerung der weiteren Abfallfolgekosten auf die Allgemeinheit wird dem Verursachungsbeitrag nicht gerecht. Die Ausbuchung der Altlasten, die aus dem Abfallentsorgungsbetrieb entstehen, widerspricht der langfristigen Perspektive nachhaltiger Entwicklung. Die Berechnung der Abfallgebühren hat bei den Bemühungen um eine lokale Agenda 21 mit einer weiten Bemessungsgrundlage zu erfolgen, die auch der erwünschten Internalisierung externer Kosten dient.1235 1231 v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 556–572; so auch: Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (384); gegen eine weite Ausdehnung: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 486f.; Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 61. 1232 Vgl. Böhm, NVwZ 1990, 340 (342); v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 564; skeptisch auch: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 489; Reimer, Die Ökologisierung des Abfallgebührenrechts, S. 208. 1233 v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 564. 1234 Wohl auch: v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht1, Rn. 564f. 1235 Für die Ansatzfähigkeit der Beseitigung von „wildem Müll“ etwa: VGH BW, DVBl 2004, 586; ähnlich: v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 565. In den Landesabfallgesetzen finden sich mittlerweile auch ausdrückliche Normierungen über die Berücksichtigunsfähigkeit der Altlastensanierung, vgl. etwa § 9 II 2 AbfG NW; § 8 II 2c AbfG BW; Art. 7 V Nr. 2 BayAbfAlG; § 8 II AbfVG BBg; § 2 II 1 AbfG Hess; § 12 III Nr. 1 AbfG Nds; §§ 9 II 2, 11 II Nr. 4 KAG Sachs; § 6 III Nr. 1 AbfG SA; § 4 II

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Bei der Umlegung der Gebühren auf die einzelnen Haushalte werden ebenfalls unterschiedliche Konzepte vorgeschlagen. Die Ideen reichen von Gewichtsmaßstäben,1236 Personen- und Behälterbezügen (Wirklichkeitsmaßstab) bis zur indikatorischen Wahrscheinlichkeitsbemessung.1237 Zum Teil ist ein Vorrang des Wirklichkeitsmaßstabes gegenüber dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab normiert.1238 Die unterschiedlichen örtlichen Siedlungsstrukturen erlauben keine pauschal bestmögliche Lösung,1239 unter Umständen müssen Abstimmungen der Gemeinden mit dem Landkreis erfolgen.1240 Grundsätzlich sollte eine Struktur angestrebt werden, die das Aufkommen möglichst wirklichkeitsnah erfasst. Sie ergibt eine direkte Rückmeldung zwischen Verursacherbeitrag und Kosten mit einem Veränderungsanreiz und hoher Lenkungswirkung.1241 Hierbei sind auch die unerwünschten Nebenfolgen der Lenkungswirkung (Landschaftsentsorgung) mit einzustellen.1242 Bei der ortsspezifischen Optimierung ist an eine Kombination von Grundtarif mit variablen Abfuhrzeiten, eventuell auch unter Nutzung von Wertmarkensystemen zu denken, um die Entsorgung im Sinne nachhaltiger Entwicklung zu optimieren.1243 Problematisch wirkt hierbei die erschwerte Planbarkeit der Entsorgungsauslastung mit erhöhtem Aufwand,1244 sowie seuchenhygienische Grenzen der Abfallentsorgungsintervalle. Zwei- bis vierwöchige Intervalle haben sich auch im Wechsel von Bio- und Restmüll als praktikabel erwiesen.1245 6 ThrAbfAG. Übersichtsartig: Reimer, Die Ökologisierung des Abfallgebührenrechts, S. 213ff. 1236 Dagegen: Frenz, KrW-/AbfG, § 15 Rn. 12. 1237 Vgl. Reimer, Die Ökologisierung des Abfallgebührenrechts, S. 187ff.; v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 579f.; Frenz, KrW-/AbfG, § 15 Rn. 12. Die Wahrscheinlichkeitsmaßstab stellt die Regel dar, Oehler, KAG, Art. 8 Rn. 4.1.b). 1238 § 6 III MVKAG; vgl. auch Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (381). 1239 Zu den Ansätzen vgl. v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 579ff. 1240 Die Landkreise sind häufig Träger der Abfallbeseitigung als Pflichtaufgabe, vgl. Art. 3 II BayAbfG; Oehler, KAG, Art. 8 Rn. 4.1.b). 1241 v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 582f., 593ff. 1242 Zu den Vor- und Nachteilen der Maßstäbe Reimer, Die Ökologisierung des Abfallgebührenrechts, S. 196ff.; v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 588ff. 1243 Vgl. v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 600ff.; Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (383f.); in diesem Sinne auch lobend über die Initiative der Stadt Bad Kissingen: Knemeyer/ Deubert, DÖV 1992, 572 (575). 1244 v. Bechtolsheim, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 604.

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g) Kommunalwirtschaftsrecht Die Gemeinden können wirtschaftliche Initiativen anderer Akteure unterstützen oder selbst innerhalb des gesetzlichen Rahmens solche Initiativen anregen.1246 Beispiele für derartige Vorhaben sind lokale Produktförderungen durch Kennzeichnung oder Markttage, lokale Spendenparlamente,1247 Wirtschaftsinitiativen, Branchendiskurse, Ehrenamt- und Selbsthilfeförderung,1248 sowie Unternehmensrankings zur Förderung der lokalen Identität.1249 Die Benutzungsregelungen kommunaler Einrichtungen können sozial schwächere Bevölkerungskreise begünstigen, soweit dies aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert wird.1250 Die gesetzliche Ermächtigung zum Betrieb einer öffentlichen Einrichtung legitimiert Satzungsbestimmungen über das Verhalten von Benutzern sowie den Ausschluss von der Benutzung.1251 Einflussnahme auf Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist, ist nur im Rahmen des Gesellschaftsrechts möglich. Eine rechtliche Verpflichtung für die Mitglieder im Vorstand oder Aufsichtsrat einer GmbH bzw. AG scheitert an den Regelungen im AG und GmbHG.1252 Die Gemeinden können lediglich eine faktische Bindungswirkung nutzen. Bei Unternehmen, die die Gemeinden in Form des Privatrechts betreiben, ist es daher sinnvoll, schon bei der Unternehmensgründung öffentliche Zwecke in der Gesellschaftssatzung zu verankern, damit es nicht zu Kollisionen zwischen dem privatrechtlich vorrangigem Unternehmenswohl und der öffentlichen Zwecksetzung kommt.1253 Die Nutzung privater Rechtsformen erfolgt vor allem bei freiwilligen kommunalen Umweltaufgaben, soweit sie ohne Qualitätseinbuße günstiger erledigt werden können.1254 Vorteile sind geringere Personalkosten 1245 Reimer, Die Ökologisierung des Abfallgebührenrechts, S. 197, 200; Pippke/ Gnittke, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 359. 1246 Vgl. Stober, Kommunalrecht, S. 179f. 1247 Vgl. auch: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 56. 1248 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 48ff. 1249 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 134, mit einführenden Erläuterungen ebd. 1250 Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden?, D 85f. Nach der hier vertretenen weiten Auffassung wäre auch eine direkte Belastung der anderen Benutzer der örtlichen Einrichtung statthaft, da es sich um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handelt. 1251 So auch: Czybulka/Rodi, LKV 1995, 377 (378). 1252 §§ 76, 111 AktG und § 52 GmbHG. 1253 Pippke/Gnittke, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 326; vgl. ähnlich: Burgi, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und Kommunale Selbstverwaltung, S. 101 (121).

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und ein flexibleres Personalmanagement. Auch für die Beschäftigung von Spezialisten wird eine privatrechtliche Organisationsform bevorzugt, da sie größere Spielräume bietet, deren Anforderungen entgegenzukommen.1255 Die Nutzung des kommunalen Einflusses kommt insbesondere bei der Energieversorgung der Stadtwerke neben der Aktivierung des Energiesparpotentials durch die Gemeinden selbst1256 in Betracht. Denkbar sind lineare zeitvariable Stromtarife durch die Stadtwerke, die ohne einen Grundpreis durch Staffelung des Tarifs nach Schwachlast- und Spitzenlastzeiten Energiesparanreize setzt.1257 Die Stadtwerke können Energiekonzepte, Klimaschutzpläne mit Vorschläge für konkrete kommunale Maßnahmen entwerfen1258 und mit Häuserchecks, Bestenlisten, Stromchecks und Messgeräteverleih Energiesparmaßnahmen fördern.1259 Auch wenn absolut eine beachtliche Größe an Energie einsparbar ist, darf das Potential der Gemeinden nicht überschätzt werden. 50% der Energienutzung sind gar nicht einzusparen. Weitere 25% sind nur unwirtschaftlich einzusparen, 15% sind wirtschaftlich und 10% allenfalls grenzwirtschaftlich einsparbar. Öffentliche Einrichtungen verbrauchen dabei ca. 4% des Endenergieverbrauchs. Die Summe der Haushalte und Kleinverbraucher stellt einen 10-fach höheren Anteil. Verkehrs- und Gewerbeanteil verbrauchen 32% bzw. 24% des Endenergieverbrauchs.1260 Bei infrastrukturellen und versorgungspolitischen Aufgaben entwickeln die Gemeinden eine beachtliche Kreativität,1261 die bis zur Förderung effizienter Blockheizkraftwerke mit Konzessionsverträgen zum Verkauf in kleineren Wohngebieten geht1262 oder Beteiligungsverträge der Gemeinde zur Errichtung von Blockheizkraftwerken oder Biomassekraftwerken hervorbringt.1263 Instrument zum Absatz sind nicht selten privatrechtliche Verein1254 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 58f.; Stober, in: Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, vor § 81 Rn. 28. 1255 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-21; Stober, in: Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 91 Rn. 49. 1256 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-11f.; vgl. WeimarJehle/Hampel/Pfenning, Kommunaler Klimaschutz, S. 61ff. 1257 Heller, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (171f.). 1258 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 115. 1259 Weber, Gute Beispiele, S. 82f. 1260 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, V-3. 1261 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (49); vgl. etwa das Beispiel Wardenburg, wo die Gemeinde in private Pflanzenkläranlagen investiert, Abfallvermeidung, Kompostierung und Recycling auch durch gemeindeeigene Betriebe fördert, und gemeindeeigene Flächen intensiver Bewirtschaftung entzieht, Hildebrandt, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 207ff. 1262 Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt-Entwicklung, S. 7.

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barungen, die eine zentrale Energieversorgung und auch Fernwärmeanschlüsse in Neubaugebieten dinglich absichern.1264 Eine weitere Möglichkeit ist die Zusammenarbeit mit Landwirten oder Landschaftspflegeverbänden bei Landschaftspflegeaufgaben öffentlicher Grünbereiche, da deren häufig bessere Maschinenausstattung kostenintensive eigene Beschaffungen erspart und das Arbeitsentgelt meist preisgünstiger als die Eigenvornahme ist.1265 Für kommunale Betriebe bietet sich auch das Öko-Audit-Verfahren zum Aufspüren von Einsparpotentialen und als Vorbildfunktion an.1266 Die schwierige Finanzsituation der Gemeinden hat jedoch bereits dazu geführt, dass diese Einsparpotentiale nahezu ausgeschöpft sind und nunmehr nur die Alternative einschneidender Kürzungen verbleibt.1267 Einige Gemeinden nutzen das contracting, um Finanzschwierigkeiten zu überbrücken und leisten gleichzeitig Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung.1268 Bei diesem Modell wird privates Kapital zur Sanierung von öffentlichen Gebäuden eingeworben. Die Finanzierung erfolgt über die durch die Sanierung ermöglichten Einsparungen an Energie- und Ressourcenverbrauch.1269 Umstritten ist die Betätigung der Gemeinden außerhalb ihres umrissenen Aufgabenbereichs. Diese weckt aufgrund der schlechten Finanzlage Begehrlichkeiten der Gemeinden.1270 Der Streit trifft vor allem die Betätigung kommunaler Umweltschutzreinrichtungen, die landesrechtlich meist privilegiert sind1271 und die Öffnung von Hilfs- und Annexfunktionen der Gemeinden für Dritte.1272 Die Gemeinden sehen sich durch die Liberalisierung der Märkte einer „Rosinenpickerei“ durch private Unternehmen ausgesetzt und fordern freie Chancen für eine finanziell erfolgreiche Betätigung der 1263

StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-24f. Vgl. Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (49). 1265 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-24, II 22f.; Band II, III, 3–19. Nunmehr ein als contracting-out bezeichneter Sektor im Bereich des Public-Private-Partnerships, vgl. Stober, in: Wolff/Bachof/ders., Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 92 Rn. 2ff. 1266 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 67; für die Verwaltung allgemein: Müller/Schönfeldt, Der Landkreis 2003, 441 (442f.); Gehrlein/Stärk, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 141 (153). 1267 Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 59. 1268 Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 9. 1269 Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt- Entwicklung, S. 5. 1270 Frenz, KrW-/AbfG, Einl. Rn. 38; vgl. auch Stober, in: Wolff/Bachof/ders., Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 91 Rn. 95ff. 1271 §§ 121 HEGO, 68 II KV M-V, 108 III NdsGO; 85 III GemO Rh-Pf; 108II KSVG; 97 II SächsGO; 116 II GO LSA; 101 IV SHGO; 73 I Nr. 1 ThürKV; Frenz, KrW-/AbfG, Einl. Rn. 38. 1272 Reichard, in: ders. (Hrsg.), Kommunen am Markt, S. 61 (66f.). 1264

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Städte.1273 Der Streit ist im Fluss und letztlich nur politisch zu entscheiden.1274 Die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nicht-wirtschaftlichen Aktivitäten der Kommune ist auf der einfachrechtlichen Ebene des kommunalen Wirtschaftsrechts angesiedelt, nicht auf der Ebene des Art. 28 Abs. 2 GG.1275 Das Selbstverwaltungsrecht kann daher nicht gegenüber Privaten geltend gemacht werden.1276 Mit Mitteln des Wettbewerbsrechts kann der Tätigkeit der Gemeinden in der Regel nicht begegnet werden, da der Verstoß gegen das Kommunalwirtschaftsrecht nicht zugleich wettbewerbswidrig nach § 1 UWG ist.1277 7. Nachhaltige kommunale Wasserwirtschaft Die Bedeutung des Wassers und die Wasserversorgung sind die Belange, die in den unterschiedlichen internationalen Schwerpunkten der lokalen Agenden übereinstimmend von hoher Wertschätzung sind.1278 Vor diesem Hintergrund ist es von Interesse, inwieweit nachhaltige Entwicklung das deutsche Wasserrecht prägt und welche Handlungsmöglichkeiten die Gemeinden für eine nachhaltige kommunale Wasserwirtschaft haben. Maßgeblich für die Gestaltung des Wasserrechts wirkt das Wasserhaushaltsgesetz. Im Wasserhaushaltsgesetz wird der Begriff „nachhaltig“ in §§ 1a, 19g, 25d Abs. 3 WHG verwendet. a) Begriffsverwendung „nachhaltig“ im WHG § 1a Abs. 1 WHG spricht von einer Bewirtschaftung, die insgesamt eine nachhaltige Entwicklung gewährleistet. Nachhaltige Entwicklung im WHG 1273 Reichard, in: ders. (Hrsg.), Kommunen am Markt, S. 61 (73); Stober, in: Wolff/Bachof/ders., Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 91 Rn. 13. 1274 Vgl. zum Streit: OLG Düsseldorf, NWVBl 2000, 75 (76); Tettinger, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 55 (86); Otting, NWVBl 2000, 206 (208); Schink, UPR 1997, 201 (204f.); vgl. Reichard, in: ders. (Hrsg.), Kommunen am Markt, S. 61 (69). 1275 Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, S. 122; VerfGH RhPf, DVBl 2000, 992ff.; a. A. Wieland/Hellermann, Der Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen, S. 25, 27f.; Moraing, WiVerw 1998, 233 (245, 247). 1276 Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinden und Wirtschaft, S. 217ff.; Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 689f.; differenzierend: VerfGH RhPf, DVBl 2000, 992 (993); a. A. wohl: Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge, S. 170f.; 179. 1277 BGH, NVwZ 2002, 1141ff.; vgl. eingehend: Knauff/Nolte, VR 2003, 3ff.; unzutreffend daher: Frenz, KrW-/AbfG, Einl Rn. 39. 1278 Vgl. oben: B.II.2.b).

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wird als Äquivalent von Sustainable Development verwendet und hat erst durch das 7. WHG-Änderungsgesetz Aufnahme in § 1a WHG gefunden.1279 Die gesetzgeberischen Bemühungen waren darauf gerichtet, die als zu stark empfundene Gewässernutzung einzudämmen.1280 Den faktisch starken Nutzungsinteressen muss in der Abwägung die besondere Betonung der ökologischen Belange gegenüberstehen. Aus diesem Grund hebt § 1a Abs. 1 WHG als Optimierungsgebot ökologische Belange besonders hervor, ohne für diese eine generelle Vorrangstellung zu beanspruchen.1281 Als wohl bedeutendster wasserwirtschaftlicher Belang mit Allgemeinwohlcharakter gilt vor allem die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Wasserversorgung.1282 Die Praxis der Wasserbewirtschaftung ist vor der Bedarfsorientierung der Ballungszentren auf heftige Kritik gestoßen.1283 Um dieser zu begegnen, verankert § 1a WHG die Verpflichtung, Wasserversorgung unter dem Gesichtspunkt der Ortsnähe auszugestalten. Die Norm zielt auf den verantwortungsvollen Umgang mit regionalen Ressourcen, soll die Ausweisung von Wasserschutzgebieten beeinflussen, Gefährdungen von Trinkwasserqualität durch Transport entgegenwirken sowie den Energieverbrauch senken.1284 Die Bedeutung der Trinkwasserversorgung bleibt auch nach der Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes hoch.1285 Zu Allgemeinwohlinteressen sind nun auch die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere 1279 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 7d; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 1, 11a; Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (120). Die Hervorhebung ökologischer Belange wurde indes schon vorher vertreten, Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG 1a Rn. 3f.; wohl auch: Storm, Umweltrecht, S. 20f., der nachhaltige Entwicklung im WHG insbesondere mit der Gewährleistung ökologischer Nachhaltigkeit gleichsetzt. Schon mit dem fünften WHG-Änderungsgesetz sind Gewässer nach einer Ansicht selbst zu schützende Güter des § 1a WHG, Volkens, Vorsorge im Wasserrecht, S. 213. 1280 Vgl. Einzelbegründung zu § 1a I, BT-DruckS 10/3973, S. 9; BT-DruckS 13/5254, S. 1. 1281 Vgl. Volkens, Vorsorge im Wasserrecht, S. 63; v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 135f. wohl Optimierungsgebot des § 1a I 2 WHG mit Vorrangwirkung; vgl. Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 2, 3a; zu weitgehend aber: Czychowski/Reinhardt, WHG, §1a Rn. 1, die mit WHG-ÄndG VII ökologische Gewässerfunktion vor Ausnutzung natürlicher Ressourcen zugunsten Mensch gestellt sehen, da beispielsweise zu den wasserwirtschaftlichen Belangen des Allgemeinwohls auch die ausreichende öffentliche Wasserversorgung gehört, ebd., §1a Rn. 5. 1282 ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 76; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 5. 1283 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 296f., relativierend S. 318. 1284 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 25a. 1285 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 5; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 4.

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Gewässerökologie und Naturschutz, zu rechnen.1286 Das angestrebte hohe Schutzniveau des § 1a Abs. 1 WHG betont auch deren Bedeutung.1287 Diese Veränderungen haben Auswirkungen auf das Sparsamkeitsgebot in § 1a Abs. 2 WHG.1288 Es wurde vor der Änderung des WHG überwiegend appellativ eingeschätzt.1289 Die Stärkung ökologischer Funktionen bedingt deren Erhaltung, wenn es der Wasserhaushalt erfordert.1290 Der Wasserhaushalt ist Teil des ökologischen Systems und damit vom WHG ebenfalls unter Schutz gestellt worden.1291 § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a WHG ermöglicht daher nicht nur in Mangelsituationen nachträgliche Anordnungen zur sparsamen Wasserverwendung,1292 wodurch das Sparsamkeitsgebot des § 1a Abs. 2 WHG als eine jedermann unmittelbar bindende Norm1293 gestärkt worden ist. „Nachhaltig“ beschreibt in § 19g Abs. 5 WHG Veränderungen des Wassers. Jede nicht nur unerhebliche Veränderung wird durch den Begriff nachhaltig umfasst, kurze Einwirkungen hoher Intensität ebenso wie lange Einwirkungen geringer Intensität. Damit verbindet „nachhaltig“ zeitliche, qualitative und quantitative Aspekte in den Auswirkungen des Stoffes.1294 § 25d Abs. 3 Satz 2 WHG normiert eine Ausnahme von den zulässigen Bewirtschaftungszielen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 Nr. 1 WHG soll „nachhaltig“ jedoch die gleiche Bedeutung wie in § 19g Abs. 5 WHG zukommen.1295 Hier ist nachhaltig wieder in der Bedeutungsstruktur des Bewirtschaftungsprinzips verwendet. Nach den Veränderungen im WHG ist die Auffassung, die keinen Zusammenhang mit dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung und dem ressourcenökonomischen Anliegen des Nachhaltigkeitsgebots im Wasserhaushaltsgesetz erkennt,1296 kaum noch haltbar. 1286

Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 4; Pape, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht III, WHG, § 1a Rn. 15f. 1287 Vgl. Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht III, WHG, § 1a Rn. 7a. 1288 Daher wird verbreitet von einer parallelen Wirkung von § 1a I und § 1a II WHG gesprochen, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 303, Fn. 464. 1289 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 305. 1290 Vgl. Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 21a. 1291 Czychowski/Reinhardt, WHG, Einl Rn. 38; Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht III, WHG § 1a Rn. 16. 1292 Vgl. Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 21a, § 5 Rn. 9; so aber Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 304; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 5 Rn. 6. 1293 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 13; Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht III, WHG, § 1a Rn. 28; Sellmann, Nutzungsbeschränkungen, S. 202f. 1294 Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 19g Rn. 42; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19g Rn. 17. 1295 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 25d Rn. 24. 1296 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 325.

III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen

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Schon vor dem Inkrafttreten des 7. WHG-Änderungsgesetzes hat die Mehrzahl der Auffassungen in der Literatur zumindest Parallelen anerkannt.1297 b) Bewirtschaftungspläne § 36 b Abs. 3 Nr. 2 und 3 a. F. WHG erlaubten die zumeist nutzungsbezogene Festsetzung von Qualitätsstandards und Gewässergütezielen in Bewirtschaftungsplänen. § 36b WHG war als Steuerungsinstrument für nachhaltige Gewässerbewirtschaftung umstritten.1298 Von Nachteil in der Praxis erwies sich der hohe Verfahrensaufwand, der mit vielfältigen Messungen, § 36b Abs. 7 a. F. WHG und der Gefahr von Aufdeckung von Vollzugsdefiziten1299 einherging. Dem stand keine unmittelbare Außenwirkung1300 der Bewirtschaftungspläne gegenüber, so dass die Aufstellung für die Behörde wenig attraktiv war.1301 § 36b WHG ist mit dem 7. WHG-ÄnderungsG neu gefasst worden. § 36b n. F. WHG stellt die Übernahme des Art. 13 der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)1302 in Bundesrecht dar.1303 Die Aufstellung von Bewirtschaf1297 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (661). Wohl nur auf die Ressourcenschonung bezogen; Schröder, WiVerw 1995, 65 (71); Winkler, in: Kimminich/v. Lersner/ Storm (Hrsg.), HdUR Band I, Sp. 1429f. Die ablehnende Auffassung bezieht das Nachhaltigkeitsgebot zu eng nur auf die Bewirtschaftung einiger erneuerbarer Ressourcen, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 321; Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, § 1a Rn. 23. 1298 v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 170, 172; Czychowski, WHG, § 36b (a. F.) Rn. 27f. 1299 Volkens, Vorsorge im Wasserrecht, S. 141. 1300 Die Bewirtschaftungspläne waren nur für Behörden verbindlich in Brandenburg, § 25 IV BbgWG; Bremen, § 167 VII 1 BrWG; Hamburg, § 27b II HaWG; Hessen, § 119 II HWG; Niedersachsen, § 184 III, V, NdsWG; NRW, § 21 IV WG NW; Rheinland-Pfalz, § 24 III LWG Rh-Pf, Sachsen-Anhalt, § 186 V VII WG LSA; Schleswig Holstein: § 132 WG-SchlH; Thüringen, §§ 126 II i. V. m. 117 I Thür WG. In Baden-Württemberg und Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen bestand die Möglichkeit der Verbindlicherklärung, § 3 I WG BW und Art. 71a II 3 BayWG, Art. 71b II 2 BayWG, §§ 131 II i. V. m. 130 III LWaG M-V; § 7 III i. V. m. 6 III SächsWG. Die Verbindlicherklärung entfaltet auch Wirkung für die Bauleitplanung der Gemeinden. Andernfalls ist der Bewirtschaftungsplan nur in die Abwägung der Gemeinde einzustellen, Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 181; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 70. 1301 Czychowski, WHG, § 36b (a. F.) Rn. 2, 32; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 169 (172) für wasserwirtschaftliche Rahmenpläne; Ell, Wasserrechtliche Planung, S. 30f. Dazu kommt noch eine aus Behördensicht achtliche Wasserqualität, so auch: Bode, Umwelt Bd. 30 (2000), H. 3, 3; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 7; Kloepfer, Umweltrecht2, § 13 Rn. 175.

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

tungsplänen ist nunmehr obligatorisch durch Landesrecht zu regeln. Inhalt und Anforderungen des Bewirtschaftungsplans sind durch § 36b Abs. 2–4 WHG näher geregelt. Dokumentarisch sind die jeweiligen Maßnahmen für die Gewässer zusammenzufassen.1304 Dazu gehören nunmehr auch eine effiziente und nachhaltige Wassernutzung, § 36b Abs. 2, 3 WHG, die eine sparsame und schonende Wassernutzung beinhaltet.1305 Die Bewirtschaftungspläne müssen bis zum 22.12.2009 aufgestellt und veröffentlicht werden, Art. 13 Abs. 6 WRRL.1306 Sie sind spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten zu überprüfen1307 und zu aktualisieren, danach alle sechs Jahre, Art. 13 Abs. 7 WRRL.1308 c) Zusammenfassung und Einordnung von „nachhaltig“ im WHG Der gesetzliche Rahmen der Wasserwirtschaft im WHG weist Nachhaltigkeitsstrukturen auf. Nachhaltigkeit als Grundgedanke findet sich in der strukturellen Parallele zum Bewirtschaftungsprinzip in §§ 19g und 25d WHG. Die ökologische Komponente nachhaltiger Entwicklung ist in §§ 1a und 36b WHG mit ökonomischen Belangen koordiniert. Die eigenständige Sicherung und Bedeutung ökologischer Funktionen im WHG kann einen Zusammenhang zu den Managementregeln im Ansatz eines vernünftigen Ressourcengangs herstellen. Die Aufnahme der nachhaltigen Entwicklung in § 1a WHG hat insofern auch klärend gewirkt. Die Vorsorge für künftige Nutzungsinteressen und der intergenerationellen Aspekt der Nachhaltigkeit bilden eine Parallele. Die bleibende Bedeutung der Wasserversorgung spricht nicht gegen die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung ins WHG. Die Trinkwasserversorgung hat eine hohe Bedeutung als öffentliches Gut. Sie ist Voraussetzung zur Sicherung menschlichen Lebens. Diese hohe Bedeutung schlägt sich auch im Zieldreieck der nachhaltigen Entwicklung nieder. Die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung unterstreicht die Anforderungen der anderen Sektoren im WHG.1309 Sie ist nicht lediglich klarstellend.1310 Dieser Eindruck beruht auf 1302 2000/60/EWG, Abl Nr. 327 vom 22.12.2000; dazu näher: Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, S. 278ff. 1303 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 36b Rn. 3. 1304 Begrüßend: Czychowski/Reinhardt, WHG, § 36 Rn. 11. 1305 Vgl. Art. 11 III WHG; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 36 Rn. 16. 1306 Eingehend zu den Anforderungen: Ell, Wasserrechtliche Planung, S. 34ff. 1307 Spätestens bis zum 22.12.2015. 1308 Vgl. auch: Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, § 36 Rn. 22f. 1309 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG § 1a Rn. 7d; a. A. Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, § 1a Rn. 23, im Ergebnis nur dauerhafte natürliche Regenerierung. 1310 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 11.

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dem Gewicht der Bedeutung der Wasserversorgungsfunktion in der Abwägung. Die Interessen des Naturhaushaltes können nicht dazu führen, dass die Nutzung von Gewässern künftig zu unterbleiben hat.1311 Als „ökologisches Mindestmaß“ haben vermeidbare Beeinträchtigungen ökologischer Funktionen jedoch zu unterbleiben.1312 Die Einschätzung, Nachhaltigkeit habe eine geringe Steuerungswirkung und sei kaum durchsetzbar,1313 kann daher lediglich bei einer isolierten Betrachtung der ökologischen Belange aufkommen. d) Kommunaler Wasser- und Gewässerschutz Kommunale Bauleitplanung und das Ausbau- und Bewirtschaftungsermessen der Wasserbehörde aus den Landeswassergesetzen stehen nebeneinander. Es besteht jedoch ein Vorrang des Staates, für Besiedlung, Industrialisierung und Gewinnung von Bodenschätzen die wasserwirtschaftlichen Vorgaben zu setzen.1314 De facto richtet sich die Nachhaltigkeit damit nach den Gewässerbewirtschaftungsvorgaben des Staates.1315 Auch bei kleinräumigen Gewässerstrukturen im Gemeindegebiet, deren Nutzung nicht isoliert von der Flächennutzung im Gemeindegebiet beurteilt werden kann, muss sich in der Harmonisierung von staatlicher Gewässerbewirtschaftung und Bauleitplanung die Gemeinde nach dem Land richten.1316 In der Bauleitplanung können die Gemeinden im Rahmen der Flächennutzung Ausweisungen für den Hochwasserschutz nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauGB vornehmen.1317 Für die Gemeinden verbleibt im Bereich des Gewässerschutzes ansonsten die Festsetzungsmöglichkeit des § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB,1318 die allerdings aufgrund des Vorrangs von Länder- oder WHG-Regelungen nur sehr eingeschränkte Anwendung findet und bescheidene Wirkungen entfalten kann, sowie die des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB, der die Gewässererhaltung solange erlaubt, wie nach anderen Vorschriften noch keine Maßnahmen getroffen sind.1319 1311

Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 4a. Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1a Rn. 7b; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 11. 1313 Schröder, WiVerw 1995, 65 (76). 1314 Salzwedel, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 105. 1315 Salzwedel, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 105 (108); Sendler u. a., UGB-KomE, Begründung S. 1070. 1316 Salzwedel, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 105. Die Landeswassergesetze werden aus diesem Grund nicht eingehend erörtert. 1317 Bielenberg/Söfker, BauGB, § 5 Rn. 48. 1318 Bielenberg/Söfker, BauGB, § 9 Rn. 134; a. A. lediglich Flächenfestsetzungsmöglichkeit, keine Maßnahmen: Stich u. a., Stadtökologie, S. 195. 1312

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Die Wasserversorgung wird in der Regel durch kommunale Versorgung sichergestellt.1320 In den Gemeindeordnungen ist auch eine Ermächtigung zur Festlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs durch Satzung verankert.1321 In einigen Landeswassergesetzen versuchen die Gesetzgeber stärker auf einen sparsamen Wasserverbrauch hinzuwirken.1322 Mit „muss“1323oder „kann“1324-Vorschriften sollen die Gemeinden dazu gebracht werden, als Wasserversorger Leitungsverluste zu vermeiden, Niederschlagswasser zu verwerten, Verbrauchsmessgeräte zu installieren, Verbraucherberatung zu betreiben und mittels der Tarifgestaltung auf rationellen Wasserumgang hinzuwirken.1325 Steuerungsgrößen sind neben den Sparmaßnahmen die Verringerung des Schadstoffeintrags und Anreize zur Vermeidung von Emissionen sowie die Regenwasserbewirtschaftung.1326 Der quantifizierbare Effekt der Sparaufrufe an die Bevölkerung darf angesichts der öffentlichen Wasserförderung von 14% gegenüber 83% durch Bergbau und Industrie1327 keine falschen Vorstellungen wecken. Der Wasserverbrauch in Deutschland ist im europäischen Vergleich bereits sehr niedrig. Die quantitative Einschränkung der Wassernutzung wurde weitgehend erreicht.1328 Zudem ist eine deutliche Verbesserung der Qualität der Fließgewässer festzustellen.1329

1319 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 171ff.; Stich u. a., Stadtökologie, S. 186f. 1320 Dazu eingehend: Burgi, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und Kommunale Selbstverwaltung, S. 101 (114). Landesaufgabe ist die Wasserversorgung etwa in Berlin, § 37a BWG. 1321 Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 374. 1322 § 43b III WG BW; § 59 I 2 BbgWG; § 55 HeWG; § 44 LWaG MV; § 58 I 1 SächsWG; § 148 S. 1 WGLSA; § 62 S. 1 ThürWG; übersichtsartig die Tabelle mit Regelungen zu Wassersparmaßnahmen, Niederschlagswasserverwendung und -versickerung bei: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 93. 1323 Vgl. § 58 I 1 SächsWG; § 232 SWG. 1324 Vgl. § 55 HeWG; § 59 I 1 BbgWG; § 44 LWaG MV; § 148 S. 1 WG LSA; § 62 S. 1 ThürWG. 1325 Für Hessen: Becker, HessWG, Kommentar, § 55 S. 129. Eine Übersicht zu den Möglichkeiten wassersparender Maßnahmen in den Bauordnungen der Länder findet sich etwa bei: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 93. Direkt auf das öffentliche Wasserversorgungsunternehmen richten Berlin und Bremen ihre gesetzlichen Regelungen, § 37a III BWG, § 131a BrWG. 1326 Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (354). 1327 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 306f. 1328 Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (354). Bei weiterer Reduzierung treten in einigen Versorgungsnetzen hygienische Gefahren auf, vgl. BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 4; Renn/León/Clar, Nachhaltige Entwicklung, S. 47. 1329 Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (354); Renn/León/Clar, Nachhaltige Entwicklung, S. 52.

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Zur Vorsorge im Trinkwassereinzugsbereich hat es sich bewährt, mit Landwirten über eine extensive Bewirtschaftung oder besonders grundwasserschonende Bewirtschaftung zu verhandeln. Die kleingliedrige und regional geprägte Organisationsstruktur ermöglicht relativ leicht umweltpolitische Einflussmöglichkeiten.1330 Die kooperativ gefundene Lösung mit Ausgleichszahlungen für den Nutzungsverzicht des Landwirts stellt häufig die kostengünstigere Lösung zur Trinkwasseraufbereitung oder Fernwasserversorgung dar.1331 aa) Abwasser Baurechtlich können die Gemeinden in §§ 5 Abs. 1 Nr. 4 bzw. 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB Flächen für die Abwasserbeseitigung ausweisen.1332 Die Abwasserentsorgung ist in den Landeswassergesetzen eine kommunale Pflichtaufgabe mit Selbstverwaltungscharakter, so dass die Abwasserentsorgung zum größten Teil in kommunaler Hand ist.1333 Die kommunale Politik verfügt damit über „kurzen Draht“ zu dem jeweiligen Beseitigungsträger, da sie bestimmenden Einfluss auf die Unternehmensleitung ausübt und zusätzliche Satzungspflichten normieren kann.1334 Sie kann daher höhere ökologische Standards festlegen als das Mindestniveau der Umweltgesetzgebung fordert.1335 Die Grenzwerte für die Abwassereinleitung1336 in das Abwasserentsorgungsnetz der Gemeinde müssen eine Gesundheitsgefährdung der Ange1330 Burgi, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und Kommunale Selbstverwaltung, S. 101 (117). 1331 Daneben sind auch Beispiele bekannt, die den Schwerpunkt auf Beratung und Zusammenarbeit legen, BMU/UBA, Aktionshandbuch nachhaltige Wasserwirtschaft, S. 24ff.; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VII-10. § 18 III BNatSchG privilegiert den Vertragsnaturschutz, indem die Wiederaufnahme der Nutzung nicht als Eingriff gilt, Marzik/Willrich, BNatSchG, § 18 Rn. 35ff. 1332 Bielenberg/Söfker, BauGB, § 5 Rn. 31; § 9 Rn. 119. 1333 §§ 45b I 1WG BW; 66 I 1 Bbg WG; 52 I 1 HeWG; 40 I WaG MV; 149 I NdsWG; 53 I LWG NRW; 52 I 1 LWG Rh-Pf; 63 II 1 SächsWG; 151 I WG LSA; 31 I 1 LWG SchlH; 50a I, 50 II SWG; 58 I Thür WG; Art 41b I BayWG. Vgl. Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (355). Richtigerweise ist jedoch von einer Aufgabe des eigenen Wirkungskreises auszugehen, so dass die Ermächtigung der Landeswassergesetze deklaratorisch sind, vgl. Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 374. Eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises ist in Bayern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt normiert, vgl. Art. 41b I 2 BayWG; § 149 I 2 NdsWG; § 151 I 2 WG LSA. Eine Landesaufgabe ist in Berlin normiert, § 29e I BWG. Vgl. zu den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen: Kloepfer, Umweltrecht in Bund und Ländern, S. 283ff. 1334 Vgl. Lübbe-Wolff, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht1, Rn. 288; zu den unterschiedlichen Wahrnehmungsformen, Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (360f.).

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stellten beim Abwasserentsorger ausschließen. Die Satzung muss ferner die Grenzwerte für die Einleitung des geklärten Abwassers sowie die Klärschlammgrenzwerte beachten.1337 Die Satzung sollte möglichst vollzugsfreundlich ausgestaltet werden, da dies die verstärkte Überwachung wassergefährdender Anlagen erleichtert.1338 Betretungs-, Besichtigungs- und Probenahmerechte, Auskunfts- und Meldepflichten sowie die Normierung von Eigenkontrollpflichten, die mit der Maßgabe verbunden werden sollten, die Ergebnisse der Untersuchungen der Gemeinde vorzulegen,1339 können zu einer solch vollzugsfreundlichen Gestaltung beitragen. Angesichts sanierungsbedürftiger Abwasseranlagen versuchen die Gemeinden vielerorts, die Abwasserbehandlung wegen des erheblichen Investitionsbedarfs auf Private zu übertragen.1340 In diesem Fall bieten die Betreiberverträge den rechtlichen Ansatz, umweltrechtliche Anforderungen zu verankern.1341 bb) Regenwasserversickerung Niederschlagswasser, das von befestigen Flächen abfließt, ist Abwasser im Sinne des Wasserrechts, § 2 Abs. 1 Satz 1 AbWAG. Ähnlich sind die Begriffsdefinitionen in den meisten Landeswassergesetzen gefasst.1342 Der Begriff Abwasser in diesem Gesetz umfasst Schmutz- wie Niederschlagswasser. Unter diesen Tatbestand wird auch das Versickern von Wasser im Boden gefasst.1343 Auch das Versickern von Regenwasser auf eigenen Grundstücken, das über versiegelten Flächen niederging, kann daher abgabenpflichtig werden. Die Wahrnehmung dieser Abgabenmöglichkeit stellt 1335 Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, S. 112; Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 412. 1336 Zu den Regelungsmöglichkeiten im Einzelnen Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 386ff.; 403ff. 1337 Kloepfer, Umweltrecht in Bund und Ländern, S. 283 mit Nachweis der Richtlinien Fn. 302; Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 389ff.; vgl. detailliert: Köhler, AbwAG, § 4 Rn. 17ff. 1338 Du Bois/Peters, Der Städtetag 1998, 309 (313). 1339 Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 443–479; Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (368). 1340 Die Bundesländer stehen diesen Bestrebungen skeptisch gegenüber, vgl. Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (357). 1341 Dazu StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-23. 1342 Etwa § 51 I LWG-NW; vgl. im Detail: Roth, AbwAG, § 2 Rn. 3ff. 1343 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 19 Rn. 10f.; OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 60.

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eine kontraproduktive Maßnahme zur nachhaltigen Baugestaltung dar. Die Gemeinden sollten daher satzungsrechtlich darauf hinwirken, dass beim Anschluss- und Benutzungszwang Maßnahmen, die die Versickerung von Niederschlagswasser fördern,1344 nicht behindert werden. Dies setzt allerdings voraus, das insoweit keine besondere Belastung des Niederschlagswassers mit Schadstoffen zu erwarten ist.1345 Daher sollte die Satzung eine Ausnahme vom Anschluss und Benutzungszwang vorsehen, die auch im Sinne der Vorschrift gehandhabt werden muss.1346 Soweit es die kommunale Finanzsituation erlaubt, kann eine Förderung von Versickerungsanlagen und Entsiegelungen erwogen werden. Die dezentrale Versickerung von Regenwasser sollte durch eine verringerte Abwassergebühr gefördert werden. Pauschale Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung sind bei einer Ermöglichung dezentraler Versickerung abzuschaffen, da die Grundannahme einheitlicher Einleitung nicht mehr zutrifft.1347 An bebauter bzw. befestigter Grundstücksfläche orientierte Gebühren mit Abschlägen für die Versickerung könnten als Alternative dienen.1348 Bei öffentlichen Vorhaben sollten die Gemeinden Versiegelungsverzicht so weit wie möglich anstreben.1349 Bei der Neuplanung von Bebauungsgebieten wird den Bauherren bereits teilweise eine Pflicht zur Regenwasserversickerung vorgeschrieben.1350 Derartige Versickerungsflächen können im Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB festgesetzt werden, nicht jedoch die Versickerung des Regenwassers selbst.1351 Sie ist durch § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB festsetzbar.1352 1344 Für die Förderung auch: Grewing, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 185 (191); vgl. zu den möglichen Maßnahmen eingehend: OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 20ff. 1345 Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 436ff.; 16ff.; 653ff.; Stich u. a., Stadtökologie, S. 195f. 1346 Du Bois/Peters, Der Städtetag 1998, 309 (313). Wenn die Landesgesetze schon ein Versickerungs- und Verwertungsgebot beeinhalten, ist der Spielraum der Gemeinden ohnehin dahingehend eingeschränkt. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 71; vgl. auch: OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 57f. 1347 Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 654ff. 1348 Köhler, AbwAG, § 7 Rn. 27f.; OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 58f.; LübbeWolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 656ff. 1349 Du Bois/Peters, Der Umweltplan Münster, S. 309 (312). 1350 So Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt – Entwicklung, S. 13. 1351 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 119; Bunzel/ Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 72. 1352 Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 56a; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg (Hrsg.), BauGB, § 9 Rn. 158; OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 56.

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Einzelne Landesbauordnungen erlauben auch, die Herstellung von Anlagen für Niederschlagswasser vorzuschreiben.1353 Die Renaturierung von Gewässern und der Rückbau störender Bauwerke kann vorbereitend für großflächige Maßnahmen wirken.1354 Die Umstellung ist jedoch, insbesondere bei der Erfassung des Bemessungsmaßstabs mit einer erheblichen Arbeitsbelastung für die Verwaltung verbunden. Hoher Verwaltungsaufwand, Unmöglichkeit dezentraler Versickerung oder Erfordernisse von wasserrechtlichen Erlaubnissen1355 werden von den Gemeinden als häufigste Hemmnisse genannt. Angesichts des Veränderungsaufwands ist es für die Akzeptanz in der Gemeinde von besonderer Bedeutung, welche über das positive Nachhaltigkeitsgefühl hinausgehenden Folgen dezentrale Versickerung für die Gemeinden haben kann. Kurzfristige finanzielle Vorteile sind nicht zu erwarten. Langfristig ergeben sich durch eine Verringerung der Abwassermengen finanzielle Anreize für die Gemeinden. Die Reduzierung der Abwassermenge vermeidet hydraulische Überlastungen des Kanalnetzes und eine Verkürzung der Nutzungsdauer.1356 Eine bauliche Erweiterung kann vermieden werden,1357 insbesondere wenn bei Erweiterungen des Abwassernetzes die Nutzungsgrenzen des vorhandenen Netzes ausgeschöpft sind. Vor einer breiteren Förderung ist jedoch zu prüfen, ob nicht eine Mischkanalisation aus betriebstechnischen Gründen auf Niederschlagswasser angewiesen ist.1358 cc) Gebührenmaßstab Die Kosten für die Abwasserbeseitigung werden in den Flächenstaaten zumeist durch kommunale Gebührensatzungen erhoben1359 Mustersatzungen sehen häufig Mindest- bzw. Grundgebühren für Abwasser vor. Diese Praxis dient nur bis zur Höhe der Mindestgebühr dem Anliegen sparsamer Wasser1353 Etwa § 56 I Nr. 8 NBauO; § 93 II Nr. 4 LBO Saar; § 74 III NR. 2 LBO BW; vgl. Sauter, LBO BW, § 74 Rn. 103ff.; übersichtsartig die Tabelle mit Regelungen zu Wassersparmaßnahmen, Niederschlagswasserverwendung und -versickerung bei Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 93. 1354 Du Bois/Peters, Der Städtetag 1998, 309 (313). 1355 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VII 6-6. 1356 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VII 6-4; ähnlich: Sauter, LBO-BW, § 74 Rn. 103. 1357 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VII 6-4; OBBBayMI, Arbbl. Nr. 16, S. 18. 1358 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, VII-21; Köhler, AbwAG, § 7 Rn. 33ff. In einer Mischkanalisation erfolgt keine Trennung von Niederschlagswasser und Abwasser aus den Haushalten. 1359 Kloepfer, Umweltrecht in Bund und Ländern, S. 290.

III. Nachhaltige Entwicklung in Fachgesetzen

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nutzung. Jenseits der Mindestgebühr wird die sparsame Wassernutzung nicht mehr honoriert.1360 Bei einer reinen Nutzungsgebühr ist hingegen die Abgabe direkt und nutzungsabhängig lenkungswirksam,1361 was höhere Einsparpotentiale aktiviert. In der Praxis stellt sich dabei das Problem eines praktikablen Bemessungsmaßstabs zur Gebührenfestsetzung. Die Trinkwasserversorgung bietet mit den vorhandenen Wasserzählern den bewährten Ansatz der Gebührenbemessung. Dazu tritt ein Anteil von Niederschlagswasser, der nach der befestigten Grundstücksfläche bestimmt wird.1362 Er sollte als Wahrscheinlichkeitsmaßstab ausgestaltet werden, so dass beim Nachweis der Nichteinleitung in die Kanalisation Abschläge möglich sind.1363 Die starre Bemessung der Abwasserentsorgung nach der Trinkwasserversorgung bietet keinen Anreiz, alternative Ver- bzw. Entsorgungsmöglichkeiten zu nutzen. Die Förderung von Regen- und Brunnenwassernutzung1364 wird beispielsweise durch Verzicht auf die Erhebung von Abwasserkosten für die genutzten Wassermengen ermöglicht.1365 Der Verzicht auf die gemischte Abgabenerhebung durch Beiträge und Gebühren, sowie die Förderung alternativer Wassernutzung wird aus der Praxis kritisiert, da die laufenden Kosten der Abwasserbehandlung nicht linear zur Verminderung des anfallenden Abwassers sinken.1366 Für die verbleibende Abwassermenge wäre ein starker Kostenanstieg zu erwarten. Die Trennung von Grund- oder Mindest- und variabler Leistungsgebühr dient der Quersubventionierung oder Senkung der Entsorgungsgebühren.1367 Ein Frischwassermaßstab, der um eine zusätzliche Schmutzwassererfassung ergänzt wird, mag zwar aus Gerechtigkeitserwägungen heraus wünschenswert sein, er ist jedoch in der Umsetzung nicht praktikabel.1368 Eine Rechtspflicht zur Berücksichtigung von Starkver1360

Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 641. 1361 Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 631. 1362 Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (367); OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 59; ohne Ansatz des Niederschlagswassers, Oehler, KAG, Art. 8 Rn. 4.1.a). 1363 Vgl. Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 637, 649; 657; ähnlich: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VII 6–8; Oehler, KAG, Art. 8 Rn. 4.1.a); OBBBayMI, Arbbl. Nr. 15, S. 59. 1364 Zu den hygienischen Anforderungen, Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 95. 1365 Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt – Entwicklung, S. 13. Zumeist wird dieses Wasser zur Bewässerung im Garten verwendet, Sauter, LBO-BW, § 74 Rn. 105. 1366 Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (371). 1367 Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (370).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

schmutzern besteht nur, wenn die Inanspruchnahme nach dem Verschmutzungsgrad sachgerecht erscheint. Dies stellt scheinbar eine nicht nachhaltige Privilegierung dar. Übermäßig hohe Verwaltungskosten oder eine insgesamt unerhebliche Verschmutzung1369 dürfen aber die Vorteile der Erfassung nicht aufzehren. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip bedingt mit Geeignetheit und Erforderlichkeit ein Mindestmaß an Effektivität und Effizienz.1370 Die Privilegierung tritt somit nur bei einer isoliert ökologischen Betrachtung der Nachhaltigkeit auf, die den Ausgleich mit den beiden weiteren Sektoren nachhaltiger Entwicklung nicht berücksichtigt.

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden Lokale Agenda 21-Initiativen nutzen zu einem erheblichen Maß informale Vorgehensweisen. Weil die Gemeinden als grundrechtsverpflichtete Akteure eine große Bedeutung für die lokalen Agenda-Prozesse haben und gerade den Verwaltungen häufig eine zentrale Rolle zukommt, sind die rechtlichen Hintergründe von Kooperation und informaler Steuerung auch für die lokale Agenda 21 relevant.1371 1. Das Kooperationsprinzip Das Kooperationsprinzip ist neben Vorsorgeprinzip und Verursacherprinzip1372 ein tragendes Element der Umweltpolitik und des Umweltrechts.1373 Ursprünglich als „politische Handlungsmaxime“1374 qualifiziert, ist mittlerweile umstritten, ob oder wieweit das Kooperationsprinzip zum Rechtsprinzip verfestigt ist.1375 Das Kooperationsprinzip war bereits im nicht verwirk1368 Vgl. Rahmeyer, ZfU 2002, 353 (367); wohl auch StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band II, VII 6–8. 1369 Lübbe-Wolff/Wegener, in: dies. (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 650. 1370 Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stroffstromrecht, S. 109. 1371 Vgl. oben: A.II.2.c), B.II.2.a), B.IV., D.II.1., E.I., unten: E.I.3., E.III.2. 1372 Die sog. Prinzipientrias des Umweltrechts, Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 1. 1373 Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, UGB-AT, S. 155; Di Fabio, DVBl 1990, 338; „Ökologische(r) Staat als Kooperationsstaat“, Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 398. 1374 Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (24); Murswiek, ZUR 2001, 7 (8); Di Fabio, NVwZ 1999, 1153; Sendler u. a., UGB-KommE, S. 457; vgl. Umweltbericht ’76, BTDruckS 7/5684, S. 9. 1375 Dagegen: Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, S. 5; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 107; Murswiek, ZUR 2001, 7 (11); zwei-

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden

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lichten UGBE-AT in § 6 erstmals als gesetzliche Regelung vorgesehen.1376 Die h. M. versteht unter Kooperation jedes Zusammenarbeiten zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft.1377 Eine andere Auffassung stellt für Kooperation wesentlich auf die gleichberechtigte Stellung der Akteure ab.1378 Murswiek lehnt den Begriff der Kooperation für Konstellationen ab, in denen gesellschaftliche Kräfte nur selbstgesteckte Ziele verfolgen.1379 Die kooperativen Elemente der h. M. seien nur das „immer schon unvermeidliche alltägliche Maß an Mitwirkung und Kommunikation unter Betroffenen, das den meisten ordnungsrechtlich geprägten Verfahren in der einen oder anderen Weise zu eigen ist“.1380 Die engeren Kooperationsansätze schließen den Großteil informaler Zusammenarbeit aus dem Begriff der Kooperation aus. In der Regel kommt es zum Zusammenwirken rechtlich Ungleicher, die zumindest auch ein Interesse an der Erledigung der Kooperationsziele haben.1381 Recht ist, trotz der Möglichkeit seiner zwangsweisen Durchsetzung, zu einem Großteil auf seine freiwillige Befolgung angewiesen.1382 Die Abhängigkeit des Rechts von seiner flächendeckend freiwilligen Befolgung stellt die korrespondierende Größe zur Machtposition des Staates dar. Auch die Erledigung eigener Aufgaben, die juristisch gesehen natürlich immer im eigenen Interesse liegt, kann daher kooperativ erfolgen. Kooperatives Handeln ist immer dann festzustellen, wenn Private aufgrund des hoheitlichen Einwirkens, das noch keine zwangsweise Durchsetzung1383 ist, etwas vornehmen oder dulden, was sie aus eigenem Antrieb nicht tun würden. Daher felnd: Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (112f.); Fehling, in: Hansjürgens/Köck/Kneer (Hrsg.), Kooperative Umweltpolitik, S. 139 (141). 1376 Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, UGB-AT, S. 155; str., dagegen vorrangig polit. Charakter: Fehling, in: Hansjürgens/Köck/Kneer (Hrsg.), Kooperative Umweltpolitik, S. 139 (143). 1377 Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (27); Murswiek, ZUR 2001, 7 (8); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 60; Fehling, in: Hansjürgens/Köck/Kneer (Hrsg.), Kooperative Umweltpolitik, S. 139 (140). Zur Unterteilung von Kooperation vgl. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 14. Die Unterteilung setzt damit schon voraus, dass auch nicht-gleichberechtigte oder eigennützige Zusammenarbeit Kooperation darstellen kann. Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 44; vgl. auch: Hoffmann-Riem/Eifert, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 318 (321f.); Kloepfer, JZ 1991, 737 (738ff.). 1378 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 83; idealtypisch auch: Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25). 1379 Murswiek, ZUR 2001, 7 (8). 1380 Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (27); a. A. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 194. 1381 Vgl. Gusy, ZUR 2001, 1 (5); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (28). 1382 Auch: Müller, in: Geis/Lorenz (Hrsg.), FS Maurer, S. 227 (230). 1383 Auch: Vollzug und Verhandlung sind nicht grundsätzlich entgegengesetzt, vgl. Gusy, ZUR 2001, 1 (6).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

ist das Merkmal der Gleichberechtigung der Kooperationspartner nicht geeignet, als Differenzierungskriterium für Kooperation zu dienen. Kooperative Handlungsformen, und zwar auch im weiten Verständnis der h. M., sind nahezu selbstverständlich in der staatlichen Steuerung und den Mitwirkungsinstrumenten.1384 Die Verengung des Blickwinkels auf gleichberechtigte oder nicht lediglich eigene Zielverfolgung liefe der Rechtstatsächlichkeit entgegen. Das Grundgesetz verpflichtet weder explizit zur Nutzung kooperativer Handlungsformen, noch verbietet es sie.1385 Das Kooperationsprinzip wird allerdings bei Grundrechtseingriffen adäquat von der Verhältnismäßigkeit im Teilbereich der Erforderlichkeit eingeschlossen.1386 Auch der Grundgedanke arbeitsteiliger Gemeinwohlverwirklichung im sektoralen Staat des Grundgesetzes ist nach einer Auffassung Ausprägung des Kooperationsprinzips.1387 Der Kooperationsgedanke findet sich auch in §§ 24f., 28 VwVfG.1388 Bewährte Formen informaler Kooperation sind mittlerweile fachgesetzlich normiert.1389 So findet sich der Einsatz von Projektmanagern und Mediatoren in § 2 Abs. 2 Nr. 5 9. BImSchVO1390 oder § 4b BauGB.1391 Das Kooperationsprinzip zielt darauf, eine möglichst umfassende gesellschaftliche Beteiligung in der umweltpolitischen Willensbildung1392 zu erreichen.1393 Es umfasst ein Distanzgebot,1394 Entscheidungstransparenz und 1384

Gusy, ZUR 2001, 1. Gusy, ZUR 2001, 1 (5). 1386 Waechter, NuR 1996, 321 (322). In der Grundrechtsgewährleistung liegt somit zugleich die Grenze des Kooperationsprinzips, vgl. Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 24. 1387 Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1157). 1388 Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (665); weitere Beispiele: Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 61. 1389 Die Verfestigung zum Rechtsprinzip wird jedoch auch seitens der Kritiker erwartet, sobald eine Kodifikation im UGB erfolgt, vgl. etwa Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 107. 1390 Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (27). 1391 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 99; Erbguth/Wagner, Grundzüge des öffentlichen Baurechts, § 5 Rn. 231ff. 1392 Etwa durch Einbeziehung von privatem Sachverstand, Verbesserung der Informationsbasis, Vollzugserleichterung und Umweltschutzverbesserung, Legitimation und Akzeptanz durch Verfahren, sachgerechte Abwägung, Ausgleich individueller Freiheitsrechte und gesellschaftlichen Ansprüchen, vgl. Murswiek, ZUR 2001, 7 (10f.). 1393 Vgl. Kloepfer, Umweltschutzrecht, § 4 Rn. 45; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 151; vorsichtig, Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1154, 1157f.); ablehnend zum Kooperationsprinzip: Murswiek, ZUR 2001, 7 (11); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25). 1394 Vgl. auch Gusy, ZUR 2001, 1 (2). 1385

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden

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Vertrauensbindungen mit einem Konsistenzgebot, die Erhaltung individueller Freiheiten sowie die Nutzung sinnvoller Instrumente in der gesellschaftlichen Zusammenarbeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben („Funktionslogik“).1395 Das Kooperationsprinzip kann aufgrund der gesetzlichen Normierungen und der erfolgten Ausdifferenzierungen mittlerweile als Rechtsprinzip qualifiziert werden.1396 2. Informales Handeln Umfang und Qualifizierung informalen Verwaltungshandelns sind umstritten. Bohne definiert informales Handeln als alle rechtlich nicht geregelten Verhaltensformen der Exekutive, die anstatt rechtlich geregelter Verfahrenshandlungen oder Rechtsfolgeentscheidungen benutzt werden, aber auch in Formen der Rechtsordnung hätten ergehen können.1397 Diese Abgrenzung impliziert eine kritische Grundauffassung, die informalem Verwaltungshandeln eine potentielle Illegalität unterstellt.1398 Schulze-Fielitz baut diese Grunddifferenzierung ohne die negative Implikation aus. Nach seiner Auffassung soll es nur auf das Handeln in nicht geregelten Organisations- und Handlungsformen ankommen.1399 Dadurch sind auch formalisierte „ge1395

Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1157). BVerfGE 98, 106; 121f., 126ff.; Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1156); Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 6. Dagegen spricht auch nicht, dass einige Beteiligungsfomen bereits vor der Etablierung des Kooperationsprinzips vorhanden waren, dahingehend aber Murswiek, ZUR 2001, 7 (9). Ein jüngeres Prinzip kann auch ältere gleichgerichtete Elemente inkorporieren. Die flexiblen Instrumente bilden einen ersten Anhaltspunkt für kooperative Offenheit, die in den normativen Aufnahmen verfestigt sind, vgl. Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen, S. 13f. Rn. 2. Dieser lehnt dort den selbstständigen rechtsnormativen Charakter ab, erkennt aber dennoch die „normative Aussage“. Es ist jedoch nicht Element nachhaltiger Entwicklung, so aber: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 66, der es als soziales Ziel der Nachhaltigkeit betrachtet; wohl auch: Rehbinder, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 95 (103): Nachhaltigkeit als „Domäne des Kooperationsprinzips“. Dieser Einordnung steht entgegen, dass nachhaltige Entwicklung in materieller Form von ihrer Umsetzung zutrennen ist, dazu oben: A.II.2.c), A.IV. sowie unten D.III. 1397 Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (344); Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 80; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 64f. 1398 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (236). Vgl. tendenziell auch: Beyerlin, NJW 1987, 2713 (2721), der aus einer informellen Sanierungsabsprache regelmäßig den Verdacht der Gefährdung von Drittinteressen sieht; pointiert: Sendler, DÖV 1989, 481 (485): beschönigend für Handeln außerhalb der Legalität. 1399 Schulze-Fielitz, Der Informale Verfassungsstaat, S. 12. 1396

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schriebene“, aber nicht rechtlich normierte Regelungen vom informalen Handeln umfasst.1400 Die informalen Verhaltensweisen sind maßgeblich durch persönliche Bindungen geprägt.1401 Eine dritte Auffassung differenziert hinsichtlich der Anzahl der Beteiligten und bildet aus der Gegenüberstellung von einseitigem zu kooperativem Handeln den Anknüpfungspunkt, der insbesondere zur Abgrenzung der einseitigen klassischen Eingriffs-/Hoheitsverwaltung führt.1402 Formelles Verwaltungshandeln setzt informales Verwaltungshandeln voraus.1403 Es ist damit auch zur Vorbereitung einseitiger Hoheitsverwaltung denkbar.1404 Informales Handeln lässt sich in normvollziehende und normersetzende Absprachen (inklusive deren Vorbereitung) unterscheiden.1405 Angesichts der alltäglichen Verwendung spricht keine Vermutung für eine implizite Rechtswidrigkeit.1406 Es wird vorwiegend in schwer regelbaren Sondergebieten, wie dem Wirtschaftsverwaltungs- oder Umweltrecht eingesetzt, insbesondere in der Risikovorsorge.1407 a) Vor- und Nachteile direkter und indirekter Instrumente Die Befürworter formaler Handlungsformen plädieren vor allem für den verstärkten Vollzug des Ordnungsrechts. Die Gegner halten dagegen Ordnungsrecht für „gänzlich ungeeignet“, Verhaltensänderungen einzelner Bürger1408 zu veranlassen und Eigeninitiativen zu fördern.1409 Selbstverantwortliches Handeln erscheint ihnen als erfolgversprechendstes Instrument zur Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung.1410 Schon ein Blick auf die 1400

Schulze-Fielitz, Der Informale Verfassungsstaat, S. 16; Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 100. 1401 Schulze-Fielitz, Der Informale Verfassungsstaat, S. 11, mit Beispielen ebd. S. 16. 1402 Bulling, DÖV 1989, 277 (288). 1403 Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 93. 1404 Kritisch auch: Henneke, NuR 1991, 267 (274). 1405 Vgl. Henneke, NuR 1991, 267 (270f.); Kloepfer, JZ 1991, 737 (739f.); eingehend auch: Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 25ff.; Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (345ff.). 1406 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (236f.). 1407 Henneke, NuR 1991, 267 (271); Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 312. 1408 Klinski, in: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 178f. 1409 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 21; vgl. Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 61. 1410 Frenz, Sustainable Development durch Raumplanung, S. 111.

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden

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Rechtstatsächlichkeit zeigt, dass beide Vorstellungen ein zu grobschlächtiges Bild liefern.1411 In Deutschland ist eine starke Präferenz traditionell ordnungsrechtlicher Instrumente mit Ge- und Verboten, und die Bevorzugung von Steuern, Abgaben und Gebühren feststellbar.1412 Direkte Instrumente weisen die Vorteile hoher ökologischer Wirksamkeit, Praktikabilität und Akzeptanz auf. Die ökologische Wirksamkeit wird jedoch häufig ineffizient1413 erreicht, wirkt reaktiv und bietet mangelnde dynamische Anreize.1414 Die Akzeptanz variiert abhängig von der Betroffenheit der Akteure.1415 Die theoretisch leichte Überwachung ist in der Praxis durch ein Vollzugsdefizit geschwächt.1416 Indirekte (ökonomische und informale) Instrumente1417 sind in der Regel flexibler als direkte Instrumente.1418 Die ökologische Wirksamkeit schwankt mit der Regelungstiefe des gewählten Instrumentes.1419 Ab einer bestimmten 1411

So ist etwa das formale Instrument der Abgabe neben dem immer mehr in den Vordergrund tretenden Finanzierungszweck durchaus in der Lage, indirekte Verhaltenssteuerung zu betreiben Kloepfer, in: Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zum Umweltgesetzbuch, S. 97; ders., JZ 1991, 737 (742). 1412 Vgl. etwa: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 284ff., 288ff.; Jänicke/Weidner, Germany, in: dies. (Eds.), National Environmental Policies, S. 133 (139); Lübbe-Wolff, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2000, S. 77 (88f.). 1413 Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 137; dagegen: Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (482f.). 1414 Cansier, Umweltökonomie, S. 204f. Karstens, in: Eifert/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 50 (71); vor allem in zeitlicher Hinsicht, Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 155f.; Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (74f.); Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (283); ebenso für das zugrunde liegende Organisationsmodell: Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 66f.; Huber, Unternehmen Umwelt, S. 72f.; dagegen: Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (483f.). 1415 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 191f. 1416 SRU, BT-DruckS 12/6995, Rn. 298. Das Vollzugsdefizit wurde bereits 1987 als chronisch bezeichnet, Breuer, in: Wenz/Issing/Hofmann (Hrsg.), Ökonomie, Ökologie und Jurisprudenz, S. 22. 1417 Vgl. Kloepfer, in: Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zum Umweltgesetzbuch, S. 91. Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 207f.; Bonus, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 301 (303). 1418 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 192; Radkau, Natur und Macht, S. 336f. 1419 Ökonomische Instrumente haben beispielsweise einen hohen Wirkungsgrad im Flächen- und Bodenmanagements sowie im Versorgungsbereich, Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (285); Hesse, RuR 1996, 103 (114); Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (76f.).

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Regelungstiefe indirekter ökonomischer Instrumente treten die gleichen negativen Effekte wie bei direkt wirkenden Instrumenten auf.1420 Ihre Wirkungstiefe kann somit auch ökonomisch wie ökologisch gering sein. Hoch ist sie insbesondere, wenn freie Entscheidungen der Akteure Systemkonformität und Selbststeuerungsprogramme erlauben.1421 Sichtbare Grenzen bestehen schon, wenn politische Blockaden zu Verzögerungen oder dem Scheitern der Instrumente führen.1422 Die Dominanz der Denk- und Verhaltensweisen, die als soziales Netz die Entscheidungsprozesse überlagern, müssen bei informalen Handlungsformen wie bei gesetzlichen Handlungsformen mitbewegt werden.1423 Ohne Mitwirkung des Bürgers ist keine Aufgabenerfüllung der Verwaltung möglich.1424 Die pauschale Argumentation verstellt somit den Weg zu dem optimal abgestimmten Instrumenteneinsatz.1425 b) Normvollziehende Absprachen Die komplizierten naturwissenschaftlichen, technologischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemstellungen stellen hohe Anforderungen an die Behörden. Sie müssen die Sachverhalte genau kennen und die Auswirkungen prognostizieren. Angesichts der Personalstruktur der Gemeinden übersteigt diese Anforderung häufig die Qualifikation der Mitarbeiter in den Gemeinden.1426 Vorteile zeigen informale Handlungsweisen vor allem in der Vorbereitung komplexer Entscheidungen.1427 Flexiblere Reaktionsmöglichkeiten, effektivere und praktikable Rechtsanwendung führen zum Abbau von Rechtsunsicherheiten,1428 da die Beteiligten sich auf diese Weise schon im 1420 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 208; Hesse, RuR 1996, 103 (114). Rechtlich besteht eine Grenze ökonomischer Instrumente in der „Erdrosselungssteuer“, Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 460; vgl. Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GGK I, Art. 14 Rn. 54. 1421 Vgl. Rogall, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 63 (75f.); Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschaftsund Umweltpolitik, S. 200f.; vgl. Cansier, Umweltökonomie, S. 221, in diesem Fall liegt auch ein dynamischer Verbesserungsantrieb vor, ebd. S. 217; Hesse, RuR 1996, 103 (114). 1422 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 21f. 1423 Schmidt-Aßmann, DVBl 1984, 582. 1424 Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (665). 1425 Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (482f.); BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 16. 1426 Vgl. Bulling, DÖV 1989, 277 (278, 288); ähnlich: Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 312f. Die integrierende Betrachtung verstärkt diese Überforderung noch, Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (331); vgl. dazu unten: D.II.3.b). 1427 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (241); Erichsen, in: ders./Ehlers (Hrsg.), Allg. VerwR, § 32 Rn. 3.

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Vorfeld über das Vorgehen einigen können. Die überlegene Sachkunde der Privaten dient nicht selten als verkappte Ressource der Verwaltung.1429 Besondere Bedeutung und politische Druckwirkung haben Absprachen bei der Sicherung von Investitionen.1430 Informales Handeln kann schon im Vorfeld genutzt werden, um Regelungen zu treffen, damit eine Genehmigung möglich wird oder Verbotstatbestände nicht erfüllt werden.1431 Dies ist vor allem relevant, wenn die Verhältnismäßigkeit einer neuen/beabsichtigten Anordnung umstritten ist.1432 Die Privaten haben dadurch früh die Möglichkeit, die Ansicht der Behörde bei ihren Planungen zu berücksichtigen.1433 Die Befriedungswirkung im Verhältnis zu Privaten sowie die Sicherung guter beidseitiger Beziehungen stehen meist in dem unausgesprochenen Kontext, Zugeständnisse zu erreichen.1434 Dabei läuft die Kooperation Gefahr, Alibi zum Unterlassen umstrittener oder komplizierter Verwaltungsentscheidungen zu werden.1435 Andererseits hat der Staat auch die Möglichkeit, über informale Gespräche Maßgaben auszuhandeln, die hoheitlich nicht gerichtsfest zu treffen wären.1436 So können informal Verbesserungen an emittierenden Altanlagen anlässlich der Genehmigung von Neuanlagen durchgesetzt werden, obwohl für die Genehmigung der Neuanlage der Betrieb der Altanlage irrelevant ist.1437 Dabei können informale und formale Instrumente kombiniert werden, indem über informale Absprachen der Inhalt des Verwaltungsaktes weitgehend oder sogar detailliert ausgehandelt wird.1438 1428 Henneke, NuR 1991, 267 (272); Erichsen, in: ders./Ehlers (Hrsg.), Allg. VerwR, § 32 Rn. 4. 1429 Henneke, NuR 1991, 267 (272). Sie ist aber auch ein Grund dafür, dass der Informationsvorsprung zugunsten der Unternehmen wirkt, Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 90, 96. 1430 Henneke, NuR 1991, 267 (272); vgl. Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (664). 1431 Erichsen, in: ders./Ehlers (Hrsg.), Allg. VerwR, § 32 Rn. 1f.; HoffmannRiem/Eifert, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 318 (321). 1432 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 106; Jarass, DVBl 1986, 314 (320). 1433 Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (297). 1434 Henneke, NuR 1991, 267 (273). Die Zugeständnisse gehen in der Regel zulasten von Allgemeinwohlbelangen, v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (131); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25); ähnlich: Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (207f.), der Entgegenkommen anstelle von Ausübung von Druck als billigen Weg betrachtet, Unterschiede zwischen Privaten und staatlichen Behörden zu überwinden, die aber über die damit zwangsläufig verbundenen Zugeständnisse die Interessenselektivität verstärkten. 1435 Dagegen: Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (659). 1436 Bulling, DÖV 1989, 277 (288); Henneke, NuR 1991, 267 (273). 1437 Jarass, DVBl 1986, 314 (320); Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 106.

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Die ausgehandelten Ergebnisse können zur Weiterentwicklung und Etablierung eines neuen Stands der Technik führen. Übernimmt der Gesetzgeber diesen in generelle Anforderungen,1439 ist auf diese Weise zugleich eine Fortentwicklung der Umweltstandards möglich. Kooperatives Verwaltungshandeln wird häufig aufgrund der nur scheinbaren Kooperationsbereitschaft der Unternehmen, die in Wirklichkeit eine bewusste Verzögerungstaktik sei, kritisiert.1440 Einige Defizite kooperativen Verwaltungshandelns sind in der Struktur großer Organisationseinheiten begründet. Sie treten in Unternehmen wie in der Verwaltung auf. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen, die einen maßgeblichen Anteil beim Zusammentreffen von Wirtschaft und Verwaltung stellen, liegen die Gründe für eine anscheinend mangelnde Kooperationsbereitschaft oftmals in einfachen organisatorischen Mängeln.1441 So mögen Genehmigungsunterlagen nicht zentral archiviert sein. Genehmigungsdetails, Auflagen und Überwachungserfordernisse sind nur einzelnen Personen oder gar nicht bekannt, so dass bei Krankheit, Urlaub oder Unternehmenswechsel das betriebliche Wissen über die Anforderungen nicht verfügbar ist.1442 Auf den Grund der Verzögerung muss flexibel reagiert werden. Die Bereitschaft zu informell-kooperativen Lösungen schließt die Anwendung ordnungsrechtlicher Instrumente nicht aus.1443 Im vermehrten Einsatz Ordnungsrechts besteht aber keine breite Lösungsperspektive.1444 Die Verschärfung und der Ausbau der Gesetze vergrößern die Vollzugsprobleme noch weiter.1445 Der restriktive Einsatz des Ordnungsrechts kann nur die angemessene Lösung im Einzelfall sein. Dies bedeutet jedoch keinen Verzicht auf die ordnungsrechtlichen Instrumente, da vor allem externer Druck entscheidend für die Durchsetzung von Umweltschutzmaßnahmen ist.1446 Ord1438

Kloepfer, JZ 1991, 737 (740). Bulling, DÖV 1989, 277 (288f.). 1440 Auch Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (216); Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (664); Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 59 Rn. 158; zu den Problemen: SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 226ff. 1441 SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 225f.; vgl. Crux/Schwilling, Die sieben Fallstricke der strategischen Planung, FAZ Nr. 142 vom 23.06.2003, S. 20. 1442 Vgl. Bremer Umwelt Beratung (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 66 (67). 1443 Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (302). 1444 Dafür wohl: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 174. 1445 Sendler, DÖV 1989, 481 (484); mit Beispielen aus der Bauüberwachung, die nur noch Zufallsfunde zu Tage fördere, Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 13; vgl. auch das anschauliche Beispiel von Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (226f.). 1446 Conrad, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 94; LübbeWolff, NuR 1989, 295 (302). 1439

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nungsrechtliche Instrumente haben bleibende Relevanz bei Standards für eine große Anzahl von Adressaten.1447 Effizienter können im Verwaltungsalltag informale Vorgehensweisen wirken. Zwar bewältigt auch das formelle Verwaltungsverfahren verschiedene Interessen und Beteiligungserfordernisse. Darüber hinaus gibt es aber einen Bereich von Sympathie und Antipathie und Verhandlungsgeschick, in dem Erfolg oder Misserfolg auf Charisma und Erfahrung der beteiligten Akteure beruhen. Diese zwischenmenschliche Ebene macht den eigentlichen Erfolg informaler Absprachen aus. Sie ist ein immanenter Teil der natürlichen Rechtssubjekte, aber durch Paragraphen nicht normierbar. Eine Mischung aus harten und weichen Steuerungselementen erscheint daher der sinnvollste Lösungsansatz,1448 der eine bleibende Herausforderung darstellt.1449 c) Freiwillige Selbstverpflichtungen Selbstverpflichtungen werden definiert als rechtlich unverbindliche Zusagen von Unternehmen oder Unternehmensverbänden gegenüber dem Staat, die die Erreichung bestimmter politischer Ziele zum Gegenstand haben.1450 Selbstverpflichtungen gehören damit zu den informalen Regelungsinstrumenten des öffentlichen Rechts.1451 Sie ersetzen zunehmend hoheitliche Handlungsansätze.1452 Systematisch sind horizontale und vertikale Selbstverpflichtungen zu unterscheiden. Horizontale Selbstverpflichtungen finden 1447 Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481 (484f.), Nutzinger, in: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Hrsg.), Nachhaltigkeit 2000, S. 221 (231); Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (283); ähnlich: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 154; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); a. A. Multhaup/Grosmann, in: dies./ Meiß/Eisenberg (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 1 (4). 1448 Wohl allgemein anerkannt: vgl. Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 237; Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 70; Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stroffstromrecht, S. 98f.; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 164; skeptisch: Gawel, in: ders./Lübbe-Wolff (Hrsg.), Rationale Umweltpolitik – Rationales Umweltrecht, S. 237 (297ff.). 1449 Vgl. auch BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 16; kritisch: Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (9), erfolgreiches Wechselspiel von „harten“ und „weichen“ Faktoren noch weitgehend ausgeblieben. 1450 Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 24. Sie zielen damit primär auf die Wirtschaft, vgl. SRU, Umweltgutachten 1996, BT-DruckS 13/4108, Rn. 162–168; zu Vor- und Nachteilen der Selbstverpflichtungen auch eingehend: Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 62ff. 1451 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 58ff.; Instrument des Kooperationsprinzips, Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 23. 1452 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 148.

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zwischen Gleichgeordneten statt,1453 sind aber in der rein horizontalen Form selten.1454 Vertikale Selbstverpflichtungen beschreiben die Kooperation von Privaten und Staat im weiteren Sinne, um bei der Lösung eines Problems auf staatliche Normierungen zu verzichten. Die Abgrenzung dieser beiden Varianten ist nicht trennscharf möglich, da oftmals beide Möglichkeiten in einer Abspracheform kombiniert werden.1455 Entscheidendes Motiv dieser Vereinbarungen ist ein staatliches Drohpotential.1456 Als Drohpotential kommen aus Rechtsstaatlichkeitsgründen nur Kompetenzen und Befugnisse in Frage, die verfassungsrechtlich zulässig sind.1457 Ausgeschlossen sind Selbstverpflichtungen, sofern eine Gesetzgebungspflicht aufgrund Europarechts oder aus grundrechtlicher Schutzpflicht besteht.1458 Selbstverpflichtungen ermöglichen Verhandlungs- und Tauschmöglichkeiten, die Raum für eigene Lösungsentwürfe der Beteiligten lassen.1459 Sie haben Vorteile in Bereichen, in denen das Ordnungsrecht die Aufgaben nicht optimal erfüllen kann, etwa, weil nicht überprüfbare Verpflichtungen vorliegen.1460 In diesem Grenzbereich bieten Selbstverpflichtungen Beschleunigungswirkung, flexiblere Reaktionsmöglichkeiten und Akzeptanz der Akteure, was insgesamt der Effizienz und Staatsentlastung dient.1461 1453 Hier stellt sich das Problem, ob Verbände verbindlichen Zusagen zulasten ihrer Mitgliedsunternehmen eingehen können, vgl. auch: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 317; zu den Durchsetzungsproblemen: Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (492). 1454 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 41f. 1455 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 42f. 1456 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 115; Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 211; Trute, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Rückzug des Ordnungsrechts im Umweltschutz, S. 13 (51); Knebel/Wicke/ Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge, S. 524; so Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (52); ebenso: Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (114). Verallgemeinernd: Radkau, Natur und Macht, S. 335, der die wesentliche Umweltschutztätigkeit durch staatlichen Druck verwirklicht wurde, selbst wenn die Innovation von Umweltschutztechnik zu führender Exportstellung führte. 1457 Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 59 Rn. 159. 1458 Henneke, NuR 1991, 267 (272). 1459 Vgl. Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 44ff.; Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481 (491f.); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 172; Flotow/Schmidt, Evaluation von Selbstverpflichtungen, S. 65f. 1460 Sanden, Umweltrecht, § 5 Rn. 16. 1461 Henneke, NuR 1991, 267 (271); Bulling, DÖV 1989, 277 (287ff.); Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 63ff., der auch auf die Verzögerungsmöglichkeiten hinweist, die allerdings unter dem Druck drohender Normierung nicht unüberwindbar sein dürften. Vgl. Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 181; Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umwelt-

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Ein Erfolg der Selbstverpflichtungen ist insbesondere bei der Beteiligung einer geringen Zahl mindestens mittelbar betroffener Unternehmen, einem hohen Organisationsgrad bei zudem hoher Homogenität des Wirtschaftszweigs mit begrenztem Wettbewerb und begrenzter Reichweite des Umweltproblems als Rahmenbedingung zu erwarten.1462 Selbstverpflichtungen haben als Kompromisslösungen meist eine geringere dynamische Anreizwirkung als fix vorgegebene Werte und damit auch einen geringeren Anreiz auf den technischen Fortschritt.1463 Aufgrund der flexibleren verhandelbaren Nutzbarkeit steht die Industrie dem Instrument der freiwilligen Selbstverpflichtung zur Aktivierung der Eigeninitiative der Wirtschaft grundsätzlich positiv gegenüber.1464 Freiwillige Selbstverpflichtungen können aufgrund ihrer eingeschränkten Erfolgsbedingungen ordnungsrechtliche Instrumente und das Umweltverwaltungsrecht nicht ersetzen.1465 Die Entscheidungsträger sind bei der Aushandlung der Verpflichtung den gleichen Zwängen ausgesetzt, die auch die ordnungsrechtliche Umsetzung nachhaltiger Entwicklung hemmen. Die Selbstverpflichtungen, die im Licht der Öffentlichkeit stehen, können den Eindruck erwecken, es handele sich um ein Instrument mit nur mäßigen Erfolgsaussichten.1466 Dabei wird außer Acht gelassen, dass die freiwilligen Selbstverpflichtungen nicht normähnlich veröffentlicht sind. Die bekannten Verpflichtungen sind nur ein Ausschnitt der erfolgten Initiativen.1467 Umfassendere Untersuchungen weisen eine minimale Erfolgsquote von etwa 80% nach.1468 Auf die Gemeinden ist dies nicht übertragbar. Freiwillige Selbstverpflichtungen sind vor allem dann erfolgversprechend, wenn die Verhandverträge, S. 313f.; 523f.; Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190 (194f.); Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 147. Skeptisch: Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 70ff. 1462 SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 312; Flotow/Schmidt, Evaluation von Selbstverpflichtungen, S. 59ff.; vgl. ähnl. Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 148. 1463 Rennings/Brockmann/Bergmann, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 257 (270); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 205f.; DIW, DIW Wochenbericht, 36/99, 643 (644). 1464 Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190 (194f.); VCI, Handpapier „Position des VCI zu Selbstverpflichtungen als Instrument der Umweltpolitik“, vom 13.05.1998, S. 1ff. 1465 Khor, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 139 (141); Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (331); Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 290; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (126). 1466 So scheinbar: Reese, ZUR 2001, 14 (17). 1467 Ein Überblick findet sich bei: Flotow/Schmidt, Evaluation von Selbstverpflichtungen, S. 126ff.

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lung durch den staatlichen Verband erfolgt, der für die Normgebung zuständig wäre, da ansonsten kein Austausch- bzw. Druckpotential besteht.1469 Ohne dies haben Selbstverpflichtungen generell schlechte Erfolgsbedingungen. Den Gemeinden verbleiben daher nur geringe Spielräume, etwa im ermessensgesteuerten Gesetzesvollzug oder bei rechtsetzender Exekutivtätigkeit,1470 da die Satzung als Druckmittel einer Eingriffsgrundlage bedarf, soweit ein Eingriff in Grundrechte erfolgt.1471 Zudem beeinträchtigen zwei Rahmenbedingungen die Nutzbarkeit von freiwilligen Selbstverpflichtungen in den Gemeinden: Die Selbstverpflichtungen sind nur schwer an politischadministrative oder physische Grenzen anpassbar. Sachebenenbezogen eignen sie sich eher für höherrangige Vereinbarungen.1472 Die mangelnde Homogenität in Kleinindustriezweigen, die den Gemeinden größtenteils gegenüberstehen, verschlechtert zudem die Erfolgsaussichten.1473 d) Kommunale Förderprogramme Kommunale Förderprogramme sind typischerweise keine informalen Instrumente. Die Verteilung der finanziellen Mittel ist rechtlich und damit formal geregelt. Die Förderprogramme wirken jedoch als indirekte Steuerungsinstrumente ähnlich wie auch informales Handeln.1474 Die Vor- und Nachteile indirekter Steuerung sind deshalb auch bei kommunalen Förderprogrammen von Bedeutung. Kommunale Förderprogramme können in der Regel leicht politisch durchgesetzt werden und bieten je nach Konzept die Möglichkeit, in hohem Maße das angestrebte Ziel zu erreichen.1475 Dazu muss die Subvention ausreichend hoch sein, um eine Anreizwirkung zu entfalten.1476 Der Leistungs1468

Reese, ZUR 2001, 14 (17); dagegen umfangreiche Analyse bei: Knebel/ Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 527f., minimale Erfolgsquote bei 80%. Eine Beschreibung verschiedener Selbstverpflichtungen ebd., S. 419ff. 1469 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 109; ähnlich: Reese, ZUR 2001, 14 (17). 1470 Di Fabio, DVBl 1990, 338 (343); zu freiwilligen Selbstverpflichtungen auch: Werheit/Katterle, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 119 (123); Bedenken: Sanden, Umweltrecht, § 6 Rn. 13ff. (16). 1471 Dippel, Die Kommunen im Recht des Umweltschutzes, S. 64f. Es verbleibt somit die wenig erfolgversprechende Selbstverpflichtung auf rein freiwilliger Basis. 1472 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (172). 1473 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 266; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 286. 1474 Vgl. oben: C.IV.2.a); bei Fn. 1417. 1475 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 374.

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fähigkeit steht aber gesamtwirtschaftlich gesehen die Ineffizienz von Subventionen entgegen.1477 Subventionen verlagern politische Probleme in die Zukunft, da insbesondere bei dauerhaften Förderungen ein Effekt der Besitzstandsschaffung bei den Begünstigen auftritt.1478 Dieser Effekt gestaltet den Rückbau schwierig.1479 Für die Gemeinden stellen Förderprogramme angesichts der Überforderung der finanziellen Situation in der Regel kein ausdehnbares Handlungsinstrument dar.1480 e) Rechtliche Probleme informalen Handelns Informales Verwaltungshandeln erscheint teilweise als Patentrezept, um fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Bürger, Staat und Wirtschaft gedeihen zu lassen. Henneke spricht überspitzt davon, dass die Zusammenarbeit je fruchtbarer ist, desto informeller sie sei.1481 Die Kritiker befürchten mit dem Aufkommen informalen Verwaltungshandelns eine „Dunkelkammer des Rechtsstaats“, die mit Kungelei illegales Handeln verschleiere und Mängel an Gesetzesloyalität der Beamten und an Gesetzesakzeptanz zeigt.1482 Die Kritik an informellem Verwaltungshandeln lässt sich auf drei Grundpunkte reduzieren. Sie richtet sich gegen selektive Interessenberücksichtigung zulasten des Allgemeinwohls, das Unterlaufen rechtlicher Vorgaben und die Gefährdung von Drittinteressen. Bei informalem Handeln bestehe durch tauschbasierte Verhandlungen und asymmetrischen Distanzabbau1483 die Versuchung, eine einseitige Prämissenbildung zu etablieren, die zu selektiver Interessenberücksichtigung führe und zulasten des Gemeinwohls wirke.1484 Dadurch werde informales Han1476 So ist das Beispiel einer Förderung von Nutzfahrzeugen mit Fördersummen von 1 (!) DM bis 4500 DM (Zahlen nach Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 286) bei einem Anschaffungspreis von 300–500 TDM nicht anreizwirksam. 1477 Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (489); Cansier, Umweltökonomie, S. 138ff. (142); vgl. auch: Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Umweltpolitik, S. 286. 1478 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 375. 1479 Vgl. Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (489). Befristungen, Subventionsberichte zur Offenlegung von Transfers, Einnahmenprivilegien, können dies vermindern, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 186. 1480 Vgl. ähnlich zur Staatssituation: Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (126). 1481 Henneke, NuR 1991, 267 (269). 1482 Sendler, DÖV 1989, 481 (485f.); vgl. Henneke, NuR 1991, 267 (269) m. w. N.; Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (211). 1483 So auch: Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band III, § 59 Rn. 162.

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deln zur Schwachstelle des Rechtsstaates und Tummelplatz für einstweilige Duldungen,1485 nicht ganz rechtmäßiger Verhaltensweisen und mehr.1486 Die tauschähnlichen Verhandlungen werden auch bei der Sonderform der freiwilligen Selbstverpflichtungen angegriffen. Es ist jedoch unrealistisch, die Bereitschaft zu einschränkenden Bindungen zu erwarten, wenn der Staat nicht auch seinerseits Entgegenkommen signalisiert.1487 Niemand würde eine Vereinbarung eingehen, wenn von vorneherein deren völlige Unverbindlichkeit feststünde.1488 Dies gilt umso mehr, als aufgrund dieser Vereinbarungen typischerweise aufwendige Dispositionen getroffen werden.1489 Richtigerweise ist die Grundbedingung dieser informalen Regelungen Vereinbarungstreue und eine gewisse Kontinuität des Verhaltens.1490 Sie reicht faktisch an eine rechtsverbindliche Absprache heran1491 und entfaltet insoweit eingriffsähnliche Wirkungen. Freiwillige Selbstverpflichtungen sind aber nicht rechtlich 1484 v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (131); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25); so auch Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (373); Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1980), 187 (204); Hoffmann-Riem/Eifert, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 318 (323); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 70; Erichsen, in: ders./Ehlers (Hrsg.), Allg. VerwR, § 32 Rn. 5; eingehend auch: Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 153. Daher sieht Caspar, ARSP 1997, 338 (358), teilweise einen Widerspruch zu Art. 20a GG; Müller-Rigaud, Politische Ökologie 66 (2000), 31 (34), sieht den Staat in der Rolle eines Bittstellers, der nur zeige, wie ineffektiv er das eigene Steuerungsinstrument halte und der zulasten künftiger Generationen handele; differenzierend: Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 122, 125f. 1485 Gegen aktive Duldungen auch: Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (356f.); zur Duldung rechtswidrigen Verhaltens, Wehr, Rechtspflichten, S. 370ff. 1486 Sendler, NJW 1989, 1761 (1766); vgl. auch Murswiek, ZUR 2001, 7 (9). Das Opportunitätsprinzip könne nur zur Begründung des Vollzugsdefizits dienen, soweit der Vollzugsbedarf die Kapazität übersteigt. Informal sei jedoch Ausgangsüberlegung der Duldung die Abwägung zwischen ökologischen und ökonomischen Belangen, die aber auf der Ebene des Vollzugs des Umweltrechts nicht mehr von Belang und daher rechtswidrig sei, Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (301); dies., in: dies./ Hansjürgens (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, S. 25 (35). 1487 Vgl. SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 317. 1488 Vgl. dazu: Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (297). 1489 Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (297). Entgegenlautenden Beteuerungen auch aus der Verwaltung spricht Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 147f., die Glaubwürdigkeit ab. 1490 So auch für das Verfassungsrecht: Schulze-Fielitz, Der Informale Verfassungsstaat, S. 86f. 1491 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (245). Dies übersieht die Argumentation, die keine Zuverlässigkeit wegen der mangelnden rechtlichen Verbindlichkeit bemängelt, Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 77f. Dagegen daher mit Recht: Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 524, vier Fünftel der (bekannten) Selbstverpflichtungen waren erfolgreich.

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bindend,1492 sondern wirken durch eine ihnen eigentümliche indirekte Steuerung.1493 Geltung und Wirkungen sollen diese Vereinbarungen entfalten.1494 Der Unterschied liegt darin, dass sich auch die Parteien darüber einig sind, dass keine rechtliche Durchsetzbarkeit besteht.1495 Die Durchsetzbarkeit beruht allein auf politischen und gesellschaftlichen Sanktionen.1496 1492 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 245; grundsätzlich für regulative Absprachen: Kloepfer, ZAU 9 (1996), 200 (202). 1493 Erzieherische Wirkung kommt freiwilligen Umweltvereinbarungen entgegen einer Auffassung nicht zu, Frenz, Nachhaltige Entwicklung durch Raumplanung, S. 124. Ein pädagogischer Ansatz, wie er bei der Öffentlichkeitsarbeit auf natürliche Personen wirken kann, ist bei Unternehmen in viel geringerem Maße tauglich. Die Organe der Unternehmen sind primär dem Unternehmenszweck verpflichtet, vgl. etwa Minssen, Die Rationalität der Rationalisierung, S. 89f.; der jedenfalls in der Bestandserhaltung die harte Regelgrenze für Entscheidungsauseinandersetzungen sieht. Diese Zielsetzung ist in den Normen des Gesellschaftsrechts und Strafrechts ausdrücklich anerkannt und hat das Handeln der Organe zu bestimmen. Selbstverpflichtungen sind daher insoweit erfolgversprechend, als sie mit Verbrauchererwartungen einhergehen. Dies ist aber primär in markt- und wettbewerbsbezogene Faktoren begründet, nicht in pädagogisierenden Verhaltensänderungen. 1494 Auch: Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 92, der die Übertragung der französischen Rechtsfigur des „quasi-contract“ erwägt. 1495 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (245). Die Anwendung vertraglicher Verpflichtungen stößt zudem auf schwierige rechtstaatliche Probleme. Sie ermöglicht zwar Überwachbarkeit und Erzwingbarkeit der Vereinbarung, Frenz, Nachhaltige Entwicklung durch Raumplanung, S. 125. Zugleich steht sie aber vor dem Problem, dass die Vertragsform für den privaten Partner nur dann eine akzeptable Regelung sein wird, als er durch seine Bindung ein entsprechendes Äquivalent des Staates erhält. Eine vertragliche Verpflichtung, einen Normerlass nicht durchzuführen, wäre zwar solch ein Äquivalent, aber eine aus rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenkliche Festlegung, vgl. Rennings/Brockmann/Bergmann, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 257 (273); SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 317. 1496 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 107. Eine Auffassung dagegen will in den mittelbaren Anreizen der freiwilligen Selbstverpflichtung bereits eine so weitgehende Lenkung erkennen, dass die Freiwilligkeit eingeschränkt, bzw. aufgehoben sei, so dass die „freiwillige Selbstverpflichtung“ einen staatlichen Eingriff darstelle, Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 87; Kloepfer, ZAU 9 (1996), 200 (204f.). Auch Wirtschaftsverbände hätten durch ihre Teilnahme an der Ausübung exekutiver und legislativer Herrschaft teil, Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 180, so dass auch die Verpflichtungserklärung der Wirtschaft demokratischer Legitimation bedürfe, ebd., S. 163. Freiwillige Selbstverpflichtungen seien als „de facto Normsubstitute“ wie Normen demokratisch zu verantworten, Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (492f.); Helberg, ebd., S. 182. Sie als Eingriffe zu qualifizieren ginge aber fehl, vgl. auch Kloepfer, JZ 1991, 737 (743). Die Androhung des Eingriffs stellt noch keinen Eingriff dar, da noch völlig offen ist, ob die notwendigen politischen Mehrheiten für eine Gesetzgebung zusammenkommen. Vor der rechtlichen Regelung liegt keine Grundrechtseinschränkung vor, Trute, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Rückzug des Ordnungsrechts, S. 13 (50);

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Weitere Vorwürfe richten sich auf die Illegalität informalen Verwaltungshandelns. Informelles Verwaltungshandeln unterliege keiner Kontrolle, so dass das Unterlaufen rechtlicher Vorgaben begünstigt werde.1497 Die Kreativität informalen Verwaltungshandelns führe zum Handeln an oder „jenseits der Grenze herkömmlicher Legalität“.1498 Die Folgen seien Formenvertauschung, Regelungssurrogate und eine Absenkung des Regelungsniveaus. Diese Gefahr bestehe vor allem beim Verdrängen oder Modifikationen hoheitlich-eingreifenden Verwaltungshandelns.1499 Das Unterlaufen gesetzlicher Vorgaben gefährde zudem die Befriedungswirkung der gesetzlichen Verfahrensausgestaltungen.1500 Informales Handeln gefährde zudem die Verfahrenschancen Dritter.1501 Die beteiligten Privaten genössen außerdem keinen Rechtsschutz und hätten jedenfalls eine Schmälerung ihrer Verfahrensaussichten zu erwarten, die schon aus dem verspäteten Vorbringen resultiere.1502 Selbstverpflichtungen können in der Tat dann als faktische Grundrechtseingriffe qualifiziert werden, wenn sie Grundrechte Dritter beeinträchtigen.1503 Eine Vereinbarung zu Rehbinder, NuR 1997, 313 (318); ähnlich: Fehling, in: Hansjürgens/Köck/Kneer (Hrsg.), Kooperative Umweltpolitik, S. 139 (151); auch: Köck, in: Barth/ders. (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 117 (143), der allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine gesetzliche Regelung fordert. Zu eng daher: Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (206f.). Nach seiner Auffassung liegt „freiwillige“ Mitwirkung nur bei Positionen des Privaten, wenn kein grundlegender Widerspruch zu eigenen Positionen oder teilweise Übereinstimmung vorhanden ist. Bei diesem Maßstab würden auch weite Teile der anerkannten Privatautonomie mit unterschiedlich starken Verhandlungspartnern zumindest nahe an Unfreiwilligkeit und Mißbrauch stehen. 1497 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (204); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25) Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 70. 1498 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (204); Sendler, UPR 1983, 33 (37); dagegen: Bulling, DÖV 1989, 277 (288). 1499 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (241); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 70. 1500 Eifert, in: Hoffman-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 88 (128f.); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 70; Kloepfer, ZAU 9 (1996), 200 (203); Sendler, DÖV 1989, 482 (486f.); Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 105; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 167; vgl. Beyerlin, NJW 1987, 2713f.; ähnlich: Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (211f.); dagegen: Bulling, DÖV 1989, 277 (288f.). 1501 v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (131); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 70; auch: Kloepfer, ZAU 9 (1996), 200 (206); ähnlich: HoffmannRiem, VVDStRL 40 (1982), 187 (211f.); dagegen: Bulling, DÖV 1989, 277 (288f.). 1502 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (242). 1503 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 202ff.; Köck, NuR, 1997, 528 (535f.).

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden

361

Lasten Dritter ist durch die Figur eines freiwilligen Grundrechtsverzichts des Selbstverpflichtenden nicht erklärbar, da die Dritten schon nicht beteiligt waren.1504 Aus rechtsstaatlichen Gründen ist in diesen Fällen eine Regelung des Verfahrens und eine Wirksamkeitskontrolle der Verpflichtungen erforderlich.1505 Dieses Problem könnte durch die analoge Anwendung des VwVfG oder durch das Verbot informalen Handelns bei Drittbezug bewältigt werden.1506 Aus Demokratieerwägungen sind ferner institutionelle Unabhängigkeit, sowie Transparenz im Willensbildungsprozess und demokratische Verantwortlichkeit zu fordern.1507 Innerhalb dieser Grenzen können Selbstverpflichtungen ein Entwicklungspotential entfalten, das über die Handlungsmöglichkeiten imperativen Gesetzeshandelns hinausgeht.1508 f) Renaissance informaler Planung? Ausgangspunkt informellen Handelns ist der Bedarf nach flexiblen und pragmatischen Vereinbarungen und Kontaktformen,1509 um den Anforderungen des Rechts in möglichst großem Umfang zu genügen. In Situationen, in denen eine einseitige hoheitliche Regelung nicht mehr problemangemessen ist, wird die Ausbildung „kooperativen Rechts“ gefördert.1510 Es stellt eine Gewichtsverschiebung zwischen Staat und Gesellschaft zugunsten der Entwicklung eigenständiger Problemlösungen durch die gesellschaftlichen Akteure dar.1511 Die Tendenz zur gesellschaftlichen Selbstverantwortung hat 1504 Faber, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 425 (433); ähnlich auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 27; Köck, in: Barth/ders. (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 117 (142); Rehbinder, NuR 1997, 313 (318); Fehling, in: Hansjürgens/Köck/Kneer (Hrsg.), Kooperative Umweltpolitik, S. 139 (152), der die Berücksichtigung der Belange von durch die Einbeziehung indiziert sieht. 1505 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 142; ebenso: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 206. 1506 Beyerlin, NJW 1987, 2713 (2720); Bulling, DÖV 1989, 277 (289). 1507 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen, S. 181; Hoffmann-Riem/ Eifert, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 318 (323); vgl. auch: Knebel/Wicke/Michael, Selbstverpflichtungen und normsetzende Umweltverträge, S. 140ff. 1508 Vgl. Hoffmann-Riem, in: Eifert/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 26 (42). 1509 Vgl. Henneke, NuR 1991, 267 (269); Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 86. 1510 Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (663). 1511 Zilleßen, Modernisierung der Demokratie, S. 115. Symptom struktureller Änderungen, sowohl in staatlichem. Handeln, als auch in Komplizierung der Entscheidungsprozesse und der Pluralisierung staatlicher Binnenorganisation: Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (252).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

den Einsatz informeller Instrumente gefördert.1512 Ein zweiter Faktor der verstärkten Nutzung informaler Instrumente liegt in den zunehmenden Vollzugsdefiziten ordnungsrechtlicher Instrumente.1513 Die steigende Veränderungsgeschwindigkeit eines Systems erschwert die Schwierigkeit seiner Steuerung, insbesondere bei ordnungsrechtlichen Reaktionen.1514 Das reaktive Ordnungsrecht führt daher notwendig zu einer verzögerten Reaktion auf die veränderten Konstellationen, die mit höherer Veränderungsgeschwindigkeit der gesellschaftlichen Gegebenheiten noch zunimmt. Die zusätzlich erforderliche spiegelbildliche Komplexität des Steuerungssystems für die Erfüllung von Querschnittsaufgaben1515 ergibt die Grenze der Variabilität in Unübersichtlichkeit und Handlungsunfähigkeit.1516 Gehen dann die Erwartungen an das Recht über dies hinaus,1517 werden Eingriffe und Anforderungen an die Qualität immer weiter gesteigert. Der damit für den Vollzug erforderliche Verwaltungsaufwand steigt ebenso, ohne dass eine entsprechende Kapazitätssteigerung der Verwaltung erfolgt.1518 Das Ausweichen auf die informalen Handlungsinstrumente zielt in dieser Situation grundsätzlich nicht auf Schwächung materiellen Rechts, sondern auf seine möglichst weitgehende Durchsetzung. Ein Vorrang informaler Entscheidungsformen kann daraus aber neben formalisierten Verfahrensformen nicht begründet werden,1519 auch wenn deren Nutzung aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten sein kann.1520 Die Zunahme informalen Handelns zeigt sich sowohl im Vorfeld von Verwaltungsakten als auch ohne bei Ab1512 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 54f. 1513 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (65); Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 73 (87); ähnlich: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 155. Die Lösung alternativ den Vollzugsdruck zu stärken, Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (220), stößt angesichts der Vielfalt der Regelungen und Adressaten auf faktische Grenzen der Leistbarkeit. Gerade aus diesem Grund hat sich das informale Handeln in diesem Bereich verstärkt. 1514 Leidig, UPR 2000, 371 (373); Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (41); Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 73 (88). 1515 Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (180). 1516 Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (179); Scherzberg, in: Engel/Halfmann/ Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (142). 1517 Stolleis, Erwartungen an das Recht, FAZ Nr. 302, vom 30.12.2003, S. 7. 1518 Gawel, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 63. 1519 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 71. 1520 Schulze-Fielitz, DVBl 1994, 657 (658); in diesem Sinne auch Gawel, in: ders./Lübbe-Wolff (Hrsg.), Rationale Umweltpolitik – Rationales Umweltrecht, S. 237 (295).

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden

363

sprachen rechtlich regelnden Hintergrund1521 und ist faktisch normal im Verwaltungsalltag.1522 Sie macht sich mit der Renaissance informaler Planungen vor allem im Bau- und Umweltrecht bemerkbar.1523 Gerade in kleineren Gemeinden hat sich die Nutzung von einfachen informellen Planungsinstrumenten durchgesetzt.1524 So existieren informale Absprachen zur Bearbeitung von eingehenden Fällen mit Standardtextbausteinen,1525 Absprachen zur Verfahrensbeschleunigung über die Fallgestaltungen, in denen die Beteiligung des Umweltamtes erfolgt oder die Empfehlung, das gesetzliche Beteiligungsverfahren zumindest noch formal durchzuführen.1526 Dies beschreiben einige, Luhmann aufgreifend,1527 als eine „brauchbare Illegalität“, die um der Funktionsfähigkeit der Gesetze Willen als hinnehmbar betrachtet wird.1528 Daraus rechtlich oder ethisch angreifbares Handeln abzuleiten ginge jedoch fehl.1529 Rechtliche Formalisierungen sind unvermeidbar mit informalen Handlungsweisen verbunden. Ein Verbot wäre daher kaum aussichtsreich.1530 Die Vorschläge einer analogen Anwendung des VwVfG oder stärkerer Binnenkontrolle der Verwaltung etwa durch Beauftragte sind nicht weiterführend.1531 Weitergehender rechtlicher Formalisierung der Entscheidungsverfahren hat bisher die tatsächliche Informalisierung korrespondiert.1532 Grund dafür ist, dass mit der Formalisierung die Vorteile 1521 Vgl. Schulze-Fielitz, ZG 2000, 295 (306); ähnlich: Henneke, NuR 1991, 267 (268) „Verwaltungsalltag“; vgl. auch: E.I.3, C.IV.2. 1522 Henneke, NuR 1991, 267 (268); Bulling, DÖV 1989, 277 (278). 1523 Bunzel/Löhr, ZfBR 2000, 307 (312, 314); Mitschang, in: Spanowsky/ders. (Hrsg.), Flächennutzungsplanung im Umbruch?, S. 11 (13); ähnlich für das Umweltrecht: Köck, NuR 1997, 528 (531). Mit der Prognose der Ausweitung, Köck, in: Barth/ders. (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 117 (128). 1524 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde, Band II, III 8-5 sprechen von immer größerer Bedeutung in der Praxis insgesamt. 1525 Bei der Verfahrensbeschleunigung durch diese Verwaltungsmodernisierung besteht allerdings die Gefahr, dass die Sensivität für die Besonderheiten des Einzelfalls verloren geht, vgl. Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 211. 1526 Vgl. Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 33. 1527 Vgl. Luhmann, Funktionen und Folgen formaler Organisationen, S. 304ff. 1528 Vgl. Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (373); Sendler, UPR 1983, 33 (37) (beschreibend); ablehnend: Bulling, DÖV 1989, 277 (288f.). 1529 Bulling, DÖV 1989, 277 (278). 1530 Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (373). 1531 Ablehnend auch: Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allg. VerwR, § 32 Rn. 6; Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 170, spricht angesichts der Bedeutungszunahme von „neokorporatistische(n) Züge(n)“, die schon zu formellen oder informellen Institutionalisierungsversuchen des Staates geführt haben, ders., Der Wandel der Staatsaufgaben, S. 291 (298); dazu auch: Selle, Was ist den bloß mit der Planung los?, S. 97; Trute, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Rückzug des Ordnungsrechts im Umweltschutz, S. 13 (48).

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C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

informalen Handelns verloren gehen.1533 Ihr Verlust führt zu erneuten Bestrebungen, informales Handeln vorzuverlagern.1534 Steuern kann der Staat diesen Komplex durch strategische Vorgaben, die in den Zielsetzungen formellen Rechts enthalten sind.1535 Bei Illusionen über Steuerungsleistungen und die Steuerungsleistungsfähigkeit könnte jedoch der Korrekturbedarf auch bei den Erwartungen an das Recht liegen.1536 Dieser Steuerungsansatz ist jedoch unbequem. Er fordert Politik und Gesellschaft tatsächliche Veränderungen ab, anstatt als Alibi strengere Gesetze zu fordern und mit Normierungen Aktionismus zu demonstrieren.1537 Allein im Umweltrechtsbereich waren schon vor zehn Jahren 16000 Seiten Gesetzestext ohne technische Regelwerke zu verzeichnen, die zu Unmut und Überforderung bei den Beteiligten führten1538 und die Rechtslage schwer durchschaubar gemacht haben.1539 Die Schwierigkeit, eine Liberalisierung bei ausreichender Reregulierung umzusetzen, stellt den Staat vor das dauerhafte Dilemma, den Erwartungen unterschiedlichster Interessen kaum gerecht werden zu können.1540 Die integrative Aufgabenstellung nachhaltiger Entwicklung verschärft diese Probleme noch, indem sie zwar eine überragende Zweckrationalität anstrebt, jedoch zu ihrer Verwirklichung in Vollzug und Effektivität schwer nachvollziehbar und kontrollierbar ist.1541 Bewertungs- und Abwägungsspielräume vor Ort bieten in dieser Situation eher die Möglichkeit, die Regelungskraft des Rechts durch die Exekutivtätigkeit der Verwaltung zur Geltung zu bringen, als die Normierung durch den Gesetzgeber.1542 Die informalen Handlungsformen müssen eine 1532

Gusy, ZfU 4/1990, 353 (354). Hill, BayVBl 2002, 321 (326). 1534 Gusy, ZfU 4/1990, 353 (354); Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (253); wie hier: Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 86. 1535 Vgl. Fürst, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 91 (94f.); Karstens, in: Eifert/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 50 (80). 1536 Lübbe-Wolff, in: dies./Hansjürgens (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, S. 25 (28); Stolleis, Erwartungen an das Recht, FAZ Nr. 302, vom 30.12.2003, S. 7. 1537 Vgl. auch: Jarass, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 381 (390). 1538 Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 51. 1539 Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stroffstromrecht, S. 105. 1540 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“ (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Globalisierung, S. 249; vgl. Ganser/Siebel/Sieverts, Raumplanung 61 (1993), 112; BMI (Hrsg.) Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 18. 1541 Di Fabio, NVwZ 1998, 329 (335). 1542 Schulze-Fielitz, Jura 1992, 201 (208). Für die Gemeinden haben somit flexible Instrumente in Verbindung mit der Ausbildung einer lokalen Identität besondere Bedeutung für eine lokale Agenda 21. Vgl. auch aus Wirtschaftssicht: Deekeling, Corporate Identity – Idée fixe und Sackgasse, FAZ Nr. 137 v. 16.06.2003, S. 23. 1533

IV. Kooperation und informale Steuerung in den Gemeinden

365

schwierige Gratwanderung zwischen legitimer Vorbereitung mit Verfahrensökonomisierung und dem Übergang zu „Filz“ und „Mauschelei“ vollziehen.1543 Während vor allem aus Verwaltungssicht die Vorteile informalen Handelns betont werden, hat sich jedoch in der Praxis ein vor allem von freiberuflichen Juristen beklagter tatsächlicher Verfall an Rechtsstaatlichkeit eingeschlichen.1544 Die demokratietheoretischen Bedenken1545 gegen diese Praxis können nicht mit Blick auf die Ergänzung in förmlichen Verfahren als überprüfbar und daher von geringer Bedeutung beurteilt werden.1546 Diesen Problemen ist durch offene Instrumente im Kontakt mit der Kommunalverwaltung zu begegnen.1547 Sie führen aber nicht zur generellen Rechtswidrigkeit informaler Vorverhandlungen.1548 Informales kooperatives Handeln der Verwaltung ist zulässig, wenn es sich um die Regelungsbemühungen bei ermessenseröffnenden Normen handelt und der Inhalt der Absprache auch Inhalt eines Verwaltungsaktes hätte sein können.1549 Auch Zugeständnisse der Verwaltung sind daher möglich, soweit sie (noch) nicht geltendem Recht widersprechen.1550 Die Verwaltung kann im Rahmen der Vorverhandlungen auch an privaten Vorbesprechungen teilnehmen, ohne dadurch das Gebot unparteiischer Amtsführung zu verletzen.1551 Selbst in der weitgehenden informalen Absprache der Entscheidung, die im förmlichen Verfahren nicht mehr verändert wird, liegt keine faktische Abgabe der staatlichen Letztentscheidungsmacht an die beteiligten Privaten.1552 Erst mit rechtlich verbindlicher 1543

Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 61 (62). Vgl. Sendler, DÖV 1989, 482 (483). 1545 Hill, BayVBl 2002, 321 (326); Schneider, in: Sydow/Windeler, Steuerung von Netzwerken, S. 327 (337ff.); Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 101 (121f.). 1546 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 29. 1547 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (54f.). 1548 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (253). 1549 Kloepfer, ZAU 9 (1996), 200 (203); Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (350). 1550 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 21; vgl. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 102f.; vgl. auch oben im Zusammenhang vertraglicher Regelungsmöglichkeiten: C.III.1.f)ee). 1551 In diesem Sinne aber: Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (351f.); a. A. wohl auch gegen formalisierte Betrachtungsweisen: Bulling, DÖV 1989, 277 (278). Zu kurz daher: Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 83, der Einflussnahme durch das Einwirken auf einzelne Bedienstete der Verwaltung als rechtlicht unzulässig qualifiziert und missverständlich wohl eher an allgemeine Bürgerbeteiligung gedacht hat. 1552 Henneke, NuR 1991, 267 (273). 1544

366

C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

Regelung kann aber von einer Abgabe der Entscheidungskompetenz gesprochen werden.1553

V. Folgerungen und Stellungnahme Keine Grundgesetznorm enthält allein eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer nachhaltigen Entwicklung. Die ökologische Dimension nachhaltiger Entwicklung ist in Art. 20a GG verankert, die soziale und ökonomische finden ihre Grundlagen in Artt. 12, 14 GG, sowie Art. 20 Abs. 1, 3 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Das Grundgesetz gibt kein über die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten hinausgehendes Niveau für nachhaltige Entwicklung vor. Insbesondere stellt der Versuch, Grundrechte als Teilhaberechte auszulegen, um damit Umweltschutz umfassend zu gewährleisten, keinen gangbaren Weg dar. Dessen rechtliche Ausgangsbasis verlässt den Boden eines liberalen freiheitlichen Grundrechtsverständnisses und überfordert den Staat mit einer Globalverantwortung für wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Gerechtigkeit. Die Staatszielbestimmungen und Grundrechte sind von den Gemeinden bei ihrer Exekutivtätigkeit wie bei ihrer funktionalen Gesetzgebung zu berücksichtigen. Auch die Selbstverwaltungsgarantie ermöglicht den Gemeinden keine von den grundgesetzlichen Vorgaben losgelöste Nachhaltigkeitspolitik. Art. 20a GG ermöglicht es, staatliches Handeln mehr in Richtung ökologischen Nachweltschutz hin zu verschieben. Die rechtliche Kontrolle unzureichenden Umweltschutzes ist nur sehr eingeschränkt möglich. In der Praxis konnte Art. 20a GG bislang kaum als Gegengewicht zu den Grundrechten wirken. 1. Die Entwicklung von Nachhaltigkeit im Recht In den untersuchten Fachgesetzen bedeutet „nachhaltig“ nicht das gleiche. Überwiegend nutzen die Fachgesetze noch „nachhaltig“ in Sinne des Bewirtschaftungsprinzips. Meist zielt dies eine optimale Erfüllung der jeweiligen sektoralen Aufgabe im Sinne ökologischen Umweltschutzes und auf langfristige Nutzung erneuerbarer Ressourcen. Prägend für dieses abwägungsoffene Verständnis sind insbesondere die Arbeiten Rehbinders. Diese eindimensionale „deutsche Nachhaltigkeit“ ist nicht identisch mit der Deutung der Rio-Deklaration, das diese Verwendung erfasst, und ergänzend Bewirtschaftungsregeln über nicht erneuerbare Ressourcen und die Aufnahmekapazität der Umweltmedien unter Einbeziehung des sozialen und kultu1553

330).

Schmidt-Preuß, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 309 (328,

V. Folgerungen und Stellungnahme

367

rellen Ausgleichs enthält [s. o. A.II.]. Der Versuch, Nachhaltigkeit zu identifizieren, indem auf die Effizienz des Rechts abgestellt wird, nicht nachhaltige Handlungen zu unterbinden,1554 hilft nur mit Einschränkungen. Er identifiziert nicht die nachhaltigen Handlungen und kommt damit nicht über die ohnehin evident ausgeschiedenen Fallgestaltungen [s. o. A.II.1.b)] hinaus. Eine gesamte Regelung der Nachhaltigkeit überfordert zudem die gesetzlichen Möglichkeiten und müsste planwirtschaftliche Züge tragen. Eine abschließende und abgrenzende Bestimmung des Nachhaltigkeitsprinzips ist nicht notwendig. Ein gewisser Offenheitsgrad gehört zum Wesen eines Prinzips [vgl. oben: A.III.]. Nachhaltigkeit ist ein „Finalprogramm“, das die Abwägung beeinflusst. Es steht im Einklang mit der Entfernung des Umweltrechts von „konditioneller Programmierung“1555. Eine verbindliche Steuerungsvorstellung auf ein bestimmtes Maß verhindert letztlich eine verhältnismäßige Abwägung der betroffenen Belange [vgl. oben: A.III.]. Recht bildet somit einen Handlungsrahmen und eröffnet nur Möglichkeiten, die erst noch ausgestaltet werden müssen. Die Handlungspräferenzen innerhalb dieses rechtlichen Rahmens werden durch den Problemdruck und durch das Problembewusstsein beeinflusst. Nachhaltigkeit ist aufgrund der unterschiedlichen Durchsetzungsfähigkeit der Akteure nur begrenzt im Willensbildungsprozess durchsetzbar. Notwendig zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung ist daher nicht prohibitiv-steuernder Zwang, sondern vor allem ein gesellschaftlicher Umdenkensprozess und der politische Wille, Nachhaltigkeit umzusetzen. Zunehmend sind Aufweitungen der eindimensionalen Nachhaltigkeit feststellbar, die zu einer Aufnahme der nachhaltigen Entwicklung geführt haben. Einen Ausgangspunkt der Aufweitung stellt die Neufassung des ROG dar. Dadurch ist auch im BauGB eine Verankerung nachhaltiger Entwicklung festzustellen, die mit der jüngsten Novellierung durch das Europaanpassungsgesetz Bau 2004 unmissverständlich klargestellt ist. Die Differenzierung, die Nachhaltigkeit im weiteren Sinne nur als politisches Leitbild gegenüber der rechtlichen Fixierung eindimensionaler Nachhaltigkeit betrachtet, verliert damit an Kennzeichnungskraft. Wasserhaushaltsgesetz, Bundesnaturschutzgesetz und Bundeswaldgesetz verwenden mittlerweile einen dreidimensionalen Nachhaltigkeitsbegriff. Der Vielzahl der richterlich kaum nachprüfbaren Gestaltungsmöglichkeiten stehen jedoch auch Konkretisierungen, insbesondere im Bundeswaldgesetz und Wasserhaushaltsgesetz gegenüber, die die administrative Handhabbarkeit und damit die Praxis1554

Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 46f. Stolleis, Erwartungen an das Recht, FAZ Nr. 302, vom 30.12.2003, S. 7; Karstens, in: Eifert/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 50 (78f.); jüngst auch: Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 157. 1555

368

C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

anwendung erleichtern. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz ist dort als ein zu einem unmittelbar anwendbaren Maßstab verdichtetes Prinzip im Recht vorhanden. Diese Erweiterungstendenz vollzieht sich nahezu parallel zu der im Teil A. beschriebenen Strukturerweiterung zur nachhaltigen Entwicklung. Von einer lediglich singulär zeitlichen Bedeutung über Ressourcenwirtschaftung erneuerbarer Ressourcen hin zu nicht erneuerbaren Ressourcen findet Nachhaltigkeit im weiteren Sinne Eingang ins Recht. Mittlerweile mehren sich die Stimmen derer, die schon Nachhaltigkeit im engeren Sinne als Prinzip des Umweltrechts betrachten.1556 Die von Rehbinder bereits festgestellte Dynamik eines Wandels, der die Nachhaltigkeit auch auf nicht erneuerbare Ressourcen erstreckt,1557 hat damit einen weiteren Entwicklungssprung genommen. Diese Entwicklung stützt somit auch die Einordnung als „soft law“. Vieles spricht schon für ein nationales und internationales Rechtsprinzip.1558 2. Die Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene Die Umweltpolitik der Gemeinden ist auf eine relativ enge Grenze der Eigenständigkeit beschränkt, wenn sie sich nicht nur auf verwaltungsinterne Regelungen oder Leistungserbringungen zielt. Kommunale Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche bedürfen nach der h. M. einer speziellen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. In fachaufsichtlichem Gesetzesvollzug kann die Gemeinde Ermessensspielräume im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen, muss sich aber am Zweck der Ermessensermächtigung orientieren. Die Rechtsprechung eröffnet den Gemeinden dabei teilweise weite Handlungsmöglichkeiten. Insbesondere im Sozialsektor können die Gemeinden weite Handlungsspielräume ausschöpfen. Förderungen für das gemeinschaftliche Zusammenleben in der Gemeinde stellen gleichsam das Hausgut der Gemeinden dar. Integrationskonzepte für Ausländer, Jugendhilfe und Jugendarbeit, sowie Betreuung und weitere Hilfe etwa für Alleinerziehende, Familienbeihilfen ab einem bestimmten Kind sind nur einige der möglichen Programme1559 [vgl. dazu schon oben B.II.3.a)]. Weite Handlungsmöglichkeiten resultieren auch aus der Bauleitplanung. Die Siedlungsentwicklung stellt gemeinsam mit der interkommunalen Ab1556 Meßerschmidt, BNatSchG, § 1 Rn. 61: „anerkanntes Prinzip“; Steiger, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 59 (71). 1557 Vgl. Rehbinder, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 63. 1558 Bückmann, UPR 2002, 98; Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 248. 1559 Vgl. Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (97); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 117.

V. Folgerungen und Stellungnahme

369

stimmung ein Hauptinstrument bei der kommunalen Nachhaltigkeitspolitik dar. Der planerische Gestaltungsspielraum, den die Gemeinden in eigenen örtlichen Angelegenheiten genießen, ist in qualitativer Hinsicht weiter als der Ermessensspielraum der Verwaltung.1560 Die Verankerung nachhaltiger Entwicklung im Baurecht hat für die Praxis keine rechtlich grundsätzlich neuen Aufgaben gebracht. Die Bauleitplanung konzentriert die wesentlichen umweltrelevanten kommunalen Handlungsmöglichkeiten, indem sie vor allem Art und Maß der Nutzung, Erschließung, Bauweise, Gebäudeformen und -gestaltung, Natur, Landschaft und Freiflächen sowie Immissionsschutz festsetzen kann. Überwiegend stellen sie jedoch „Angebote“ für die Bauherren bereit, die erst noch verwirklicht werden müssen. Zudem tritt ein langfristiger Bestandsschutz, der keine ad hoc Veränderung der vorhandenen Strukturen erlaubt. Die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung hat jedoch dennoch im Baurecht eine Stärkung der politischen Systemlogik und Signalwirkung für ökologisch integrierte Problemlösungen bewirkt. Eine alleinige Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung ist auch durch die Bauleitplanung nicht möglich. Die lokale Agenda 21 geht vor allem im integrativen Ansatz und globalen Ansatz über die klassische Bauleitplanung hinaus. Die kommunale Planungshoheit trifft letztlich nur wenige verbindliche Bewertungsvorgaben selbst und muss zudem Zielkonflikte bewältigen. Der Forderung nach rechtlich verbindlichen Umweltqualitätszielen und Umwelthandlungszielen [dazu unten: D.III.2.b)bb)(1)] kann auf kommunaler Ebene nur in beschränktem Umfang nachgekommen werden. Über die Bereiche kommunaler Rechtsetzungsbefugnis hinaus kommen Formen freiwilliger Selbstverpflichtungen der Städte nur eingeschränkt in Betracht. Eine Bündelung der Bauleitplanung mit Stadtentwicklungsplanung, UVP, Öffentlichkeitsarbeit, Beschaffung und Haushaltsplanung ermöglicht weitgehende Umweltschutzmaßnahmen und effektives Nachhaltigkeitsmanagement. Ressourcenmanagement selbst kann die Gemeinde häufiger effektiver informal und außerhalb des Baurechts verfolgen.1561 Aufgrund ihrer originären Verbindung zu den Aufgaben der Daseinsvorsorge können die Gemeinden zudem in den Sektoren der Ver- und Entsorgung das Anliegen nachhaltiger Entwicklung fördern. Angesichts dieser Möglichkeiten bieten die kommunale Selbstverwaltung und das föderale System der Bundesrepublik eine ausreichende Grundlage 1560 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, § 7 Rn. 7; dazu: Schulze-Fielitz, Jura 1992, 201 (205). 1561 Vor allem in Gesundheitsversorgung, Gastronomie, Lebensmittel und Ernährung, Handwerk, Ausbildung, Reparatur, Land- und Forstwirtschaft, Ver- und Entsorgung, Energie, Verkehr (ÖPNV, Regionalverkehr), Wohnen und Bauen sowie regionale und lokale Freizeitförderung, vgl. Behrens/Kaether, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 81 (110); positiver unter der Prämisse der Effektivierung der Flächennutzungsplanung: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 109, 217ff.

370

C. Entwicklung im Recht und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

für die lokale Agenda 21. Dieses Ergebnis wird auch von den Gemeinden selbst mehrheitlich geteilt. Das Instrumentarium der gemeindlichen Handlungsmöglichkeiten halten die Kommunen mehrheitlich (72%) für ausreichend, was auf einen lokalen Situationsbezug hinweist.1562 Die Möglichkeiten zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung werden vielfach unterschätzt und auch nicht optimal genutzt.1563 Informelle Institutionen und die kulturelle Prägung im Natur- und Sozialverträglichkeitsverständnis haben zentrale Bedeutung für nachhaltige Entwicklung und den Erfolg der lokalen Agenda 21.1564 Die Komplexität der Aufgaben wird die öffentlich-private Verflechtung weiter vorantreiben und damit auch die Nutzung informeller Instrumente, um den Anforderungen zumindest teilweise gerecht werden zu können.1565

1562 21% für nicht ausreichend: Zahlen nach Krautzberger, in: Spannowsky/ Mischang, Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 1 (11). 1563 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 265. Die starke Länderposition wirkt jedoch als Gegenpol. Die lokalen Gestaltungsspielräume der deutschen Kommunen sind mit denen Frankreichs vergleichbar, Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 140. 1564 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 101. Agenda-Prozesse sind aber keine Erscheinungsformen informaler Planung, so wohl: Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (112). Lokale Agenda 21-Prozesse nutzen vielmehr die Zusammenarbeit mit den rechtlichen legitimierten Organen, um mit informalen und formalen Instrumenten einen möglichst großen Beitrag zur Agenda 21 zu leisten. 1565 Gerstlberger, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 63 (78).

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse Eine lokale Agenda 21 stellt eine Nachhaltigkeitsstrategie auf kommunaler Ebene dar. Deshalb stoßen die Gemeinden bei der Erstellung ihrer Strategien zu einem Großteil auf die Probleme zum Inhalt der Nachhaltigkeit.1 Erste Anregungen und Handlungsanleitungen zur Unterstützung der kommunalen und regionalen Akteure sind erst relativ spät erschienen.2 Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Kommunen auf sich allein gestellt. Sie standen in zweifacher Hinsicht vor einem Problem. Zum einen war der materielle Inhalt „nachhaltiger Entwicklung“ und der der Agenda 21 nicht hinreichend bekannt,3 so dass Ratlosigkeit über die Möglichkeiten kommunalen Tätigwerdens herrschte. Zum anderen lagen keine Erfahrungen über die organisatorische Gestaltung des Prozesses vor, was Unsicherheit über die ersten Schritte verursachte.4 Der mangelnde Erfahrungsschatz und der Mangel eines einheitlichen Bildes in der Beurteilung der laufenden Agenda-Prozesse5 führten wiederum zu Hilflosigkeit im Handlungsansatz und wirkten dazu noch auf die materielle Zielfindungsphase zurück.6 Die Basisanforderungen, insbesondere die des vorsorgenden Umweltschutzes, sind dagegen weitgehend unumstritten. Zu diesen liegen bereits Darstellungen themen- und akteursspezifischer Handlungsmöglichkeiten vor. Die Umsetzung der theo1

Vgl. Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77 (78). Dazu ausführlich oben: A.II., A.I., A.II. 2 Vgl. etwa ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung. 3 „Gedanken“-Gebäude ähnelt noch einer Struktur von Slumsiedlungen, Gustedt/ Kanning, RuR 1998, 167 (174); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (252). 4 Vgl. Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 11; Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (252). 5 Vgl. Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (23); Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (19). 6 Thallmair, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 233 (234). Diese Probleme sind mit denen der nationalen Strategien identisch. In diesen wird ebenfalls ein partizipatorischer Prozess angestrebt. Die Herangehensweise zur Initiierung eines Prozesses ist mehrheitlich vom klassischen Planungsprozess in der Abfolge von Situationsanalyse, Zielsetzung, Partizipation und Prozessinitiierung mit Institutionalisierung geprägt. Für die internationale Ebene: Boer, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development, S. 111 (123).

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

retischen Ziele nachhaltiger Entwicklung bereitete jedoch große Probleme.7 Gerade in dieser Anfangsphase der lokalen Agenda 21 in Deutschland lag somit eine besonders große Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher Diskussion und Ansätzen zur praktischen Umsetzung vor.8 Die Unsicherheit in der Frühphase ermöglichte jedoch auch die Entwicklung eigenständiger Entwicklungsmodelle in einzelnen Kommunen, die als fruchtbare Ergebnisse einer „trial and error-Phase“ betrachtet werden können.9 Berlin-Köpenick ist bundesweit zuerst mit Aktivitäten zur lokalen Agenda 21 in Erscheinung getreten.10 Daneben war der Münchener Agenda-Prozess einer der VorreiterProzesse in Deutschland.11 Sie wirkten zugleich als fallbeispielhaftes Vorbild im interkommunalen Erfahrungsaustausch.12 Trotz vieler Aktivitäten13 stehen die Kommunen noch immer bei der Umsetzung der Agenda 21 vor großen Problemen.14 Dieses Kapitel gibt zunächst eine Überblick über die organisatorischen Gremien, die sich bei den lokalen Agenda-Prozessen typischerweise herausgebildet haben [D.I.]. Die folgenden Kapitel geben einen näheren Einblick in die Organisationsstrukturen und die bei diesen typischerweise auftretenden Problemlagen in lokalen Agenda-Prozessen. Dabei wird zunächst dargestellt, welche Initiierungsansätze zur lokalen Agenda 21 existieren, d.h. von welcher Ebene der Anstoß zu einer lokalen Agenda 21 erfolgt [D.II.]. Da nach den Erkenntnissen des Teils B.II.2. die Verwaltung der bedeutendste Träger der lokalen Agenda 21 ist, nimmt die Darstellung der Probleme bei ihrer Beteiligung breiten Raum ein. Das Kapitel D.III. 7 Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (15); vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 27. 8 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167. Erkennbar auch am zögerlich wachsende Agenda-Prozess, Stark, Lokale Agenda 21, S. 5, 18. 9 Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31. Insgesamt befinden sie sich noch in den Anfängen, Mitschang, DÖV 2000, 14. 10 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (27f.). 11 Strobach, Die Agenda 21, S. 14; vgl. auch: BMU, Umwelt 1997, 235 (237). 12 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 33. 13 Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9. Zwischenberichte einzelner Gemeinden etwa auch bei: Mayer, Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung. 14 Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (15); vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 27. Polemisiert wird dieser Zustand in der Literatur mitunter als Sechs-Phasen-Modell beschrieben: Auf Begeisterung folge Verwirrung, Ernüchterung, Suche der Schuldigen, Bestrafung der Nichtschuldigen und Auszeichnung der Nichtbeteiligten, Jüdes, Politische Ökologie 52 (1997), 26f. Diese bereits aus der Planungseuphorie der 70er Jahre stammende Beschreibung, vgl. Nebelspalter Nr. 38/1971, zitiert nach: Nef, Sprüche und Widersprüche zur Planung, S. 140, weist zugleich auf die Einflüsse und Berührungen zu Vorgängerplanungen.

I. Organisatorische Gremien

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stellt im Anschluss daran dar, welche Strategien bei der Umsetzung der lokalen Agenda zu differenzieren sind und welche Problemlagen bei den jeweiligen Umsetzungsstrategien auftreten.

I. Organisatorische Gremien Nachdem in der Anfangsphase noch mit unspezifizierten Gremien an der lokalen Agenda 21 gearbeitet wurde,15 weisen die meisten Agenda-Prozesse nunmehr einige typische organisatorische Gremien auf. Die Gemeinden richten sich dabei deutlich erkennbar inhaltlich und organisatorisch am Handlungsleitfaden des Deutschen Städtetags16 sowie vergleichbaren Handlungsanleitungen aus.17 Starken Einfluss hat auch die Vorbildwirkung der Organisation in anderen Städten.18 In der Regel sind Agenda-Büro, Agenda-Team (Lenkungskreis), Bürgerforum, Runde Tische, Beirat und Stadtrat vorhanden.19 Die Einbindung erfolgt mehrheitlich in bestehende Organisationsformen.20 Zur Regelung der Verfahrensabläufe zwischen den Beteiligten wird auf Satzungen und Geschäftsordnungen zurückgegriffen.21 Art und Umfang der Organisation sind stark von der Anschubfinanzierung abhängig.22

15

Maasberg, RuR 1998, 90 (97). Zu diesem kritisch oben: B.III.3.b)aa). 17 Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (487); Zapf, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 203 (204); zu den Themenfeldern auch: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 33. 18 So ist etwa die Leiziger Agenda 21 an Berlin orientiert, Tschense, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg, S. 35 (38). In Berlin haben Beispiele aus Münster Aufgriff gefunden, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 33. Eine hohe Ausstrahlungswirkung hat auch München erreicht. So orientieren sich Germering und andere Gemeinden am Münchner Prozess, Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107. 19 Vgl. Strobach, Die Agenda 21, S. 18; Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 4ff.; vgl. auch: bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21 in Deutschland, S. 14–27. 20 Maasberg, RuR 1998, 90 (97). 21 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (22); Knapek, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 217 (218), Abdruck der Satzungen ebd. S. 222. Die Klage vom Umschwenken von Agenda 21 auf die Diskussion Geschäftsführungsdebatte ist nicht selten, vgl. Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 33. 22 Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 66; Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (36f.). 16

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

1. Agenda-Büro Ein zentrales Gremium für lokale Agenda 21-Prozesse ist das AgendaBüro. Das Agenda-Büro hat Koordinations- und Informationsaufgaben, und damit unter Umständen auch Teile des Prozessmanagements inne.23 In seiner verwaltungsorganisierten Form existiert mit gleicher Aufgabenstellung auch die Form eines Agenda-Beauftragten.24 Das Agenda-Büro bildet einen Knotenpunkt für Aktivitäten mit Informations- und Multiplikatorfunktion.25 Es führt die Akteure zusammen und unterstützt sie administrativ durch Kampagnen sowie allgemeine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.26 Grundgedanke dieser organisatorischen Einheit ist es, dass die Akteure vorrangig mit Projektideen und ihrer Umsetzung befasst sein sollen und nicht mit organisatorischen Aufgaben belastet.27 Die Koordination durch das Agenda-Büro oder eine Steuerungsgruppe mit flexiblen kooperativen Strukturen stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor für den Agenda-Prozess und den Konsultationsprozess dar.28 Die inhaltliche Arbeit erfolgt außerhalb des Koordinierungs- und Verwaltungsbedarfs in besonderen Arbeitskreisen oder Runden Tischen.29 a) Einbindung in die Verwaltung Das Agenda-Büro ist zumeist in der Verwaltung angesiedelt.30 Die Ansiedlung des Ansprechpartners innerhalb eines Amtes der Verwaltung beeinflusst die Thematik, mit der die lokale Agenda in Verbindung gebracht wird.31 Entscheidend bei der Wahrnehmung von Querschnittsaufgaben ist, 23 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (18); BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 57. 24 Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (5f.); ein Agenda-Beauftragter ist auch außerhalb der Verwaltung denkbar, wobei dann jedoch zusätzlich ein Ansprechpartner in der Verwaltung notwendig ist, um den Kontakt der Bürger zum Prozess zu sichern, vgl. Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (258). In kleineren Gemeinden kann diese Aufgabe auch der Bürgermeister, der Umweltbeauftragte oder eine sonstige Persönlichkeit wahrnehmen, Thallmair, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 233 (234). 25 Kraffzik-Knauber, Der Landkreis 2003, 453. 26 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 57. 27 Vgl. Gauer u. a., Der Landkreis 2003, 439; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 34. 28 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 96. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 46; Thallmair, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 233 (234). 29 Maasberg, RuR 1998, 90 (97). 30 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (18).

I. Organisatorische Gremien

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welcher Behörde die Federführung zukommt.32 Diese hat damit die Problemdefinition und Prozessleitung inne. Das mit der Agenda 21 betraute Amt sollte daher ein Initiativrecht zur Erörterung von Nachhaltigkeit entgegengesetzten Entwicklungen erhalten.33 Die Unterstellung an einen möglichst starken politischen Träger kann dabei helfen, Ressortegoismen zurückzudrängen.34 Die Ansiedlung innerhalb einer Fachverwaltung35 hat den Vorteil, auf engagierte Mitarbeiter zurückgreifen zu können, denen, zumindest im Bereich des Umweltschutzes, die Arbeit mit Zukunftsfähigkeit nicht neu ist. Häufig sind auch bereits praktische Vorstellungen zur Verwirklichung der Agenda 21 vorhanden. Der mitunter mangelnde Einfluss auf andere Fachbereiche36 und die Gefahr, alte politische Rivalitäten zu reaktivieren37 wirken dagegen nachteilig. Eine besondere Verantwortung für den Prozess liegt zumeist beim Umweltamt38 oder Stadtplanungs-/Bauamt.39 Angesichts der Nachteile einseitiger inhaltlicher Ausrichtung40 ist die Ansiedlung im Umweltamt problematisch. Schwierigkeiten sind dann zu erwarten, wenn es am Verständnis für Querschnittsaufgaben mangelt41 oder zugleich eine Dimension der Agenda 21 fachspezifisch vertreten wird.42 Das Stadtplanungsamt erscheint für 31 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 33; dazu auch unten: D.II.3.d)cc). 32 Wird das Agenda-Büro innerhalb der Verwaltung angesiedelt, befindet es sich in diesem Fall beim Federführenden Referat, vgl. Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (60); Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 2. Ein allgemein länger bekanntes Problem, Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 206. 33 Müller, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 159 (165f.); Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 34 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 423; ähnlich: Erbguth, DVBl 1999, 1082 (1088); Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (13). 35 Zu den Vor- und Nachteilen interner und externer Aufgabenwahrnehmung: Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 132f. 36 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 58. 37 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 41. 38 Vgl. Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 4; Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107; Friege/Hentze, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 95; Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (226). 39 v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (104); Imholz, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg, S. 47 (50). 40 Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (226). 41 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (29).

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

eine Ansiedlung des Agenda-Büros aufgrund der Integrationsarbeit dieser Ebene besser geeignet.43 Sie ist ein Indiz für die gesamtstädtische Ausrichtung der lokalen Agenda 21.44 Beteiligungen des Kulturamtes finden sich insbesondere bei der Förderung des Eine-Welt-Gedankens sowie sachspezifischer weiterer Veranstaltungen.45 Die gemeinsame Koordination und Organisation durch mehrere Ressorts kann einer einseitigen Ausrichtung jedoch entgegenwirken.46 Innerhalb der Verwaltung kann das Agenda-Büro als Sachbearbeiter-Lösung oder Stabslösung integriert sein. aa) Sachbearbeiterlösung Die Vorteile von Sachbearbeitern sind ihre bessere Einbindung in den Informationsfluss der Verwaltung sowie ihre größere Akzeptanz aufgrund ihrer Gleichordnung zu den Kollegen. Obwohl sich positive Beispiele dieser Vorteile durchaus finden lassen,47 wird die Koordination durch einen untergeordneten Mitarbeiter überwiegend kritisiert.48 Als problematisch hat sich herausgestellt, dass ohne Entscheidungskompetenz die Lösung der Sachbearbeiter nur eine geringe Durchsetzungskraft entwickeln kann und auf schwankende Interessenkoalitionen der Ressorts angewiesen ist.49 Die Initiativen können dadurch schon auf der Verwaltungsebene gestoppt werden, was die eigene Schwerpunktsetzung schwieriger gestaltet.50 bb) „Stabslösung“ Eine zweite Möglichkeit ist die Ansiedlung des Agenda-Büros bei der Fachreferats- oder sogar Verwaltungsspitze.51 Eine Ansiedlung bei der Verwaltungsspitze hat ein hohes Integrationspotential der unterschiedlichen Fach42 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (23); BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 58. Problematisch ist auch, dass Naturschutzzuständigkeiten für die Masse der Gemeinden der Kreisebene zugeordnet sind, so dass das Umweltamt schon einen beschränkten Handlungsrahmen hat. 43 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 124. 44 v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (104). 45 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 67f. 46 Weber, Gute Beispiele, S. 10, mit dem Beispiel Bremen (Umweltressort und Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit). 47 Etwa Bad Neustadt, G4 (vgl. Anhang). 48 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 71. 49 Vgl. Haaß, Handlungsspielräume, S. 167; vgl. D.II.3.d)cc). 50 Daneben stehen Interessen- und Aufgabenkonflikte, StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-8. 51 „Bewährt“, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 71.

I. Organisatorische Gremien

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verwaltungen52 und erleichtert ressortübergreifende Arbeit.53 Sie entfaltet auch nach außen eine hohe Signalwirkung.54 Wird die lokale Agenda nicht zur „Chefsache“ gemacht, ist der Alltagszwang innerhalb der Verwaltung groß, unverändert weiterzuarbeiten.55 Gleiches gilt für das Niveau der Umsetzung in den Fachbereichen. Auch dort beeinflusst das Engagement der leitenden Personen das Niveau der Umsetzung dieses Bereiches maßgeblich.56 Die Ansiedlung an der Verwaltungsspitze ist in den Fällen empfehlenswert, in denen sich zwischen den Ressorts der Verwaltungen Konkurrenzen und Ressortegoismus etabliert haben.57 Die Nähe zur Verwaltungsspitze bringt kurze Entscheidungswege mit sich, ermöglicht unabhängige Initiativergreifung und vermeidet die Nachteile der Abhängigkeit von fremden Finanzmitteln.58 Nachteilig kann die Umlenkung des verwaltungsinternen Informationsflusses am Bürgermeister vorbei sein, was noch durch das Verständnis des Engagements als „Einmischen“ verstärkt wird.59 Widerstände aufgrund vermeintlicher Kompetenzübergriffe60 sind aber auch bei Fachressortbüros zu verzeichnen. Diesen ist jedoch gerade bei einem problematischen Ressortverhältnis zwischen den Ämtern ein noch höheres Problempotential immanent.61 b) Eigenständige Organisation Ein Agenda-Büro, das außerhalb der Verwaltung agiert, ist nur selten vorzufinden. Motiv dieser Organisationsform ist es, professionelle Moderation, 52

BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 58. Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (18). 54 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 59; deshalb auch die positiven Auswirkungen im Bürgermeistermodell, vgl. unten: D.II.2.d). 55 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (12); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (254); „am besten Chef(in)Sache“, Hermanns, ZAU 1997, 126 (127); Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (36f.); Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 150. 56 Vgl. Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 34. 57 Dazu sogleich unten: D.II.3. 58 Vgl. auch: Agenda-Transfer, Anküpfungspunkte für die lokale Agenda 21 in Deutschland, S. 7. 59 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-8; sowie: D.II.3.d)cc)(1), insbesondere auch Fn. 354, 598. 60 Unstimmigkeiten in der Kompetenzzuweisung sind gerade vom Beginn des Agenda-Prozesses überliefert, vgl. Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (24). 61 Für eine Stabstelle daher auch: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 41; dazu: D.II.3.d)cc). 53

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Neutralität und effiziente Einigung zu erreichen.62 Ein Nachteil liegt in der hohen Kostenintensivität. Zudem führt die geringere Anbindung der Verwaltung zu längeren Amtswegen und einer nicht ausreichenden internen Vernetzung.63 Je nach organisatorischer Umsetzung kann das Büro den Prozess auch inhaltlich dominieren.64 Findet sich für die Finanzierung kein langfristiger Träger – die Anschubfinanzierung erfolgt zumeist durch die Gemeinde – liegt die zeitliche Befristung auf der Hand. Dies macht es erforderlich, sie später in die Obhut der Verwaltung zu überführen oder den Prozess gänzlich einzustellen. c) Personalausstattung In Agenda-Büros finden sich häufig ABM-finanzierte Mitarbeiter.65 Hintergrund dieser Entscheidung sind zumeist finanzielle Gründe. Diese Personallösung stößt in der Literatur vor allem wegen des Widerspruchs zwischen dem langfristigen Charakter, den die lokale Agenda erhalten soll und der kurzfristigen Perspektive einer ABM- oder befristeten Stelle auf Kritik.66 Das empfehlenswerte moderierende Auftreten ist selten mit qualifizierten ABM zu verwirklichen.67 Gerade seitens der finanziell gebeutelten Städte steht aber die pragmatische Erwägung im Vordergrund, besser eine befristete Stelle zur Verfügung zu stellen als gar keine. Der Handlungsspielraum der Gemeinden ist bei Haushaltssperren oder gar nicht mehr genehmigungsfähigen Haushalten mitunter eng begrenzt. Weisen Agenda-Büros lediglich Symbol- oder Legitimationscharakter auf68 stellt dies aber die Frage nach dem Sinn des Prozesses. Es wird dann häufig eine Koppelung mit einer „Scheinagenda 21“ vorliegen, die durch bloßes Umbenennen vorhandener Ansätze entsteht.69 62

UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 34. Vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 59. 64 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 34; dazu auch: D.II.4. 65 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 31; FH Erfurt, Prozessindikatoren, S. 9. 66 Sie wirkt sich auch auf die Motivation der beschäftigten Mitarbeiter aus, Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (18); vgl. auch: Pamme, Organisation lokaler Nachhaltigkeit, S. 197. 67 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 59, 62, „per definition nicht zukunftsfähig“; FH Erfurt, Prozessindikatoren, S. 9. Sie hängen jedoch von Persönlichkeit und Qualifikation der Mitarbeiter ab, positiv etwa Bad Neustadt, G4 (vgl. Anhang). 68 Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (15). 69 Angesichts der mit der Agenda 21 erzielbaren Vorteile für die kommunale Entwicklung ist diese Praxis zu hinterfragen. Stellt die Entscheidung für ein ABM-Büro das Ergebnis einer Diskussion dar, die die umfassenden Möglichkeiten einer lokalen 63

I. Organisatorische Gremien

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Die „klassische“ Lösung der Personalbeschaffung ist die Freistellung einer halben Stelle70 für die Koordination der lokalen Agenda 21.71 Sie bringt Interessen- und Aufgabenkonflikte mit sich. Die zur Verfügung stehende Arbeitszeit reicht in der Regel weder zur befriedigenden Erledigung der verbleibenden Verwaltungsaufgaben noch zur befriedigenden Koordination des Prozesses. Ihre Wahl ist auch der kommunalen Finanzsituation geschuldet. Im Etat kann sie durch das (trügerische) Argument gerechtfertigt werden, es würden viele Verwaltungsaufgaben, die ohnehin anfielen auch dort bearbeitet.72 Sie stellt daher zumeist eine Hilfslösung dar, die ähnlich der ABM-Besetzung den Spagat zwischen den finanziellen Rahmenbedingungen, der steigenden politischen Bedeutung der lokalen Agenda 21 und den Anforderungen des Prozesses versucht.73 Eine Abmilderung dieser Probleme ist zumindest zu Beginn des Prozesses dadurch möglich, indem die Aufgabe zunächst interessierten, engagierten, kreativen und belastungsfähigen Verwaltungsmitarbeitern des mittleren Managements übertragen wird.74 d) Gemischte Zusammensetzung In gemischter Zusammensetzung erledigen Verwaltungsmitarbeiter gemeinsam mit ehrenamtlichen Kräften die Arbeit des Agenda-Büros.75 Das Modell existiert auch mit Kosten- und Arbeitsteilung zwischen Gemeinden und Privatinitiativen.76 Agenda verkennt, sollte die politische und öffentliche Auseinandersetzung mit der Agenda 21 intensiviert werden. 70 Bei größeren Städten ist die Variationsbreite höher, etwa die Herauslösung der städt. Mitarbeiter aus Alltagsgeschäft eine Kraft 1/3, zwei Teilzeit 2/3, eine befristete Kraft sowie Beauftragte anderer Referate, vgl. Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (61); Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda, S. 19; mehr als 10 Personen in Berlin: vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (27f.). 71 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 62; Gerlach, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 79 (82). 72 Libbe, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 61 (63). 73 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 62. Dazu schon oben: D.I.1. 74 Lammert, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 179 (180). 75 Etwa München, drei Mitarbeiter Umweltschutzreferat, ein Mitarbeiter Bauund Stadtplanungsreferat ein externer Vertreter Umweltinitiative, Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (60); vgl. auch: Kreuzer, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 23 (25). 76 Wohl: Kreuzer, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 201 (203). Etwa durch einen privaten Trägerverein: Hermanns, B 10–11/2000, 3 (5f.).

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Vorteilhaft wirken hierbei die Förderung des Dialogcharakters sowie die Entlastung der Verwaltungsmitarbeiter von zeitraubenden Routinearbeiten. Konfliktpotential resultiert aus der Art der Arbeitsteilung und der zeitlichen Perspektive der Mitarbeit.77 Diese Nachteile sind jedoch nicht so gewichtig, dass auf diese Form der Organisation vorschnell verzichtet werden sollte. Das Konfliktpotential der Zusammenarbeit hängt auch von der Einarbeitung und der Form des persönlichen Umgangs ab. Die zeitliche Perspektive als Gegenargument zur Mitarbeit Ehrenamtlicher ist angesichts der ähnlichen Problematik der Alternativen, die mehrheitlich ABM- oder befristeten Verwaltungsstellen darstellen, nicht entscheidend. 2. Bürgerforum Bürgerforen dienen als offene Diskussionsplattform dem Erfahrungsaustausch, der Visionen- und Ideensammlung sowie der Information,78 etwa über die Arbeit der Fachforen.79 Auf diese Weise ist das Bürgerforum auch Ausgangspunkt für breitere Beteiligung80 und Qualifizierungsmöglichkeiten für Gemeindebürger.81 Das Bürgerforum leistet jedoch bei dieser Arbeit keine Bürgerbeteiligung im engeren Sinn,82 sondern dient der Förderung und Verbreiterung.83 77 In der Zusammenarbeit ergeben sich die Konflikte aus der Arbeitsaufteilung nach Kenntnisstand. Ehrenamtliche Arbeit bietet keine Garantie für die Dauerhaftigkeit, BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 60; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 34. 78 Vgl. Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (18); Knapek, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 217 (218); Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 79 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (63); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 89; Imholz, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg, S. 47 (51); Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 4; zum Forum Umwelt und Entwicklung: Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77 (80f.); Strobach, Die Agenda 21, S. 16; Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31). 80 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 86; Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03. 1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 4; Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42); Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 81 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (63). 82 Stärkere inhaltlich Einbindung und Diskussion der Leitbilder und Ziele wäre nachträglich sinnvoll gewesen, vgl. Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin AgendaBüro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 9; Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42).

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Die Bürgerforen tagen bis zu einmal monatlich84 und werden durch einen Arbeitsausschuss vorbereitet.85 Sie bieten große Öffentlichkeitswirksamkeit. Eine wechselnde Teilnehmerzusammensetzung macht jedoch zielgerichtetes Arbeiten schwer.86 Konsensentscheidungen können von späteren Teilnehmern als Augenblicksaufnahme angezweifelt werden.87 Die Auffangfunktion für die gesamte Öffentlichkeit führt dazu, dass gerade in größeren Gemeinden erhebliche Interessengegensätze aufeinanderprallen können, die auch die Qualität der Diskussion beeinträchtigen.88 Die Gestaltung erweist sich als zeit- und mühevoll, ist aber nicht unmittelbar entscheidungserheblich und kann daher keine dauerhaft konstruktiven Ergebnisse wie die Fachforen aufweisen.89 Bürgerforen eignen sich daher weniger zum konstruktiven Erarbeiten von Konzepten und Strategien.90 Positive Erfahrungen mit dem Bürgerforum treten ein, wenn die erhoffte Resonanz in der Presse erfolgt und das Bürgerforum auf diese Weise einen Beitrag zur öffentlichen Bewusstseinsbildung leisten kann.91 Gelingt es im Laufe des Prozesses nicht, das öffentliche Interesse an der lokalen Agenda 21 wach zu halten, entfällt gleichsam der Bedarf für ein Bürgerforum, was zur gänzlichen Einstellung dieses Organisationsteils führt.92 In diesem Fall erscheint es besser, mit wenigen Interessierten kontinuierlich weiterzuarbeiten. Die Verwendung von Bürgerforen ist kein neuer Ansatz in der deutschen Verwaltungspraxis. Sie scheint wellenförmig aufzutreten.93 Bürgerforen sind zurückzuführen auf die Einsetzung durch die Besatzungsbehörden nach dem zweiten Weltkrieg, wurden erstmals in den 50er Jahren praktiziert und erleb83 Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42), sowie oben: Fn. 80. 84 Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 85 Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42). 86 Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107f. 87 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 29. 88 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 25, das die gemeinsamen Interessen der Bürger als Idealisierung beurteilt. 89 Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42); strategische Vorschläge ohne direkte Projektumsetzung oder Bezug zum Lebensumfeld in Münster, vgl. Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 7. 90 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (9); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31). 91 Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42); vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 54. 92 Eckardt, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (42); Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107 (111).

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ten eine Renaissance in den 70er Jahren.94 Sie stießen auf die gleichen Schwierigkeiten wie lokale Agenda 21-Initiativen.95 3. Fachforum Fachforen sind die organisatorischen Einheiten, in denen thematisch fixiert96 konkrete Maßnahmen oder ein Leitbild für die Gemeinde entwickelt werden sollen.97 Je nach Größe und Zusammensetzung ihrer Teilnehmerzahl finden Fachforen auch moderiert statt.98 Da Fachforen die Inhalte der lokalen Agenda 21 erarbeiten, werden sie auch als „Herzstück“ der Agenda 21 bezeichnet.99 Thematischer Anknüpfungspunkt kann etwa eine Zukunftswerkstatt100 zur Prozessinitiierung sein.101 Die Form der Fachdiskussion entspricht dabei in der Regel dem Konzept des Runden Tisches.102 93 A. A.: Gabriel, in: Sauberzweig/Laitenberger (Hrsg.), Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt, S. 151 (156), der lange Verankerung und nichtformalisierte projektbegleitende Verwendung sieht. 94 Vgl. Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 169; „ein wichtiger Ansatz zur Demokratisierung von Planungsprozessen“, städtebaulicher Bericht 1970, zitiert nach: Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 133. Sie hatten ähnlich wie das Forum in der lokalen Agenda 21 das Ziel, Interesse für die Stadtplanung zu wecken und auf diese Weise Diskussion und Partizipation in der Gemeinde zu fördern, vgl. Hendler, ebd. S. 134. 95 Etwa Nutzung als als Rechtfertigungs- oder PR-Instrument. Dies geschieht etwa indem dem Forum eine legitimierender „Volkswillen“ zugeschrieben wird. Bekannt ist auch die Problematik dominierender Einzelinteressen; Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 135. 96 Vgl. München: Wohnen, Siedlung, und Mobilität; Arbeit und Wirtschaft; Konsummuster, Lebensstile und Gesundheit; eine Welt; vgl. Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (62); Kreuzer, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 23 (25). Arbeitskreise, Stadtplanung/Bauen-Wohnen/Verkehr/Energie-Arbeit/Wirtschaft/Konsumverhalten-Öffentlichkeitsarbeit/Bewusstseinsbildung-Landwirtschaft/Naturschutz/Wasser, vgl. Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107 (111). Fachforen und Arbeitskreise werden synonym verwendet, vgl. Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (165). 97 Vgl. BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 86; Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (19); Strobach, Die Agenda 21, S. 19; Sellnow, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 51; Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31). 98 Sellnow, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 38 (44f.); Kuhn/ Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (9); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31); Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (139f.). Vgl. auch unten: E.IV.1. 99 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 182. 100 Ein neues Partizpationsinstrument, dazu unten: E.IV.4. 101 Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 8f.

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Den Konsens der Beratungen soll der Stadtrat beschließen und umsetzen.103 Die Übertragung der Forumsentscheidung auf den Gemeinderat stellt jedoch häufig ein Problem dar.104 Eine rechtliche Übernahmeverpflichtung des Gemeinderats ist nicht möglich. Allerdings sollte zugesichert werden, dass gute Argumente auch berücksichtigt werden.105 Bereits vor der Initiierung der Agenda 21 vorhandene Fachforen der Gemeinden106 können unabhängig von ihrer Bezeichnung Bestandteil einer lokalen Agenda sein. Dazu ist aber die Verknüpfung mit nachhaltiger Entwicklung erforderlich, sowie eine konstruktive Zusammenarbeit.107 Ein Fehlschlag ist wahrscheinlich, wenn nur bereits bestehenden Foren eine zusätzliche Plattform geboten wird und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Interessenvertretern noch gesteigert werden.108 Die umfangreiche Vor- und Nachbereitung109 lässt einen dauerhaft kürzeren Tagungsrhythmus als vier Wochen selten realistisch erscheinen.110 Bisher wurden Fachforen vor allem bei finanziellen, sozialen und ökologischen Infrastrukturproblemen angewandt.111 Die Verknüpfung mit der übrigen Prozessorganisation kann über eine Berichtspflicht an den Agenda-Beirat erfolgen.112 a) Offenes Fachforum Ein offenes Fachforum bietet jedermann Zugang zur fachlichen und ergebnisorientierten Mitarbeit.113 Foren können meist einen durch Anfangs102 Strobach, Die Agenda 21, S. 19; vgl. auch die entsprechende Verwendung runder Tische in Nürnberg, Zapf, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 203 (205f.). Vgl. unten: E.IV.3. 103 Strobach, Die Agenda 21, S. 19; Knapek, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 217 (219). 104 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 256; dazu unten: E.III.1.a)aa). 105 Sellnow, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 38 (42); G3 (vgl. Anhang). Rechtlich hindernd ist auch das nicht. 106 Bsp. Verkehrsforum Heidelberg, Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 105f., mit selbstkritischer Einschätzung. 107 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 84. 108 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (51). 109 Vgl. Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). 110 Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 111 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 255. 112 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (61). 113 Etwa in Hannover, Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (139f.).

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euphorie getragenen guten Start vorweisen, der jedoch in der Umsetzungsphase in die Krise geraten kann, wenn Geldmangel oder mangelnde Verankerung in der Bevölkerung erste Frustrationen auslösen.114 Ein Schwachpunkt des offenen Fachforums ist neben der unbeständigen Mitarbeit auch die leichte Einflussnahmemöglichkeit.115 Schon der Verdacht des Lobbyismus beeinträchtigt die Arbeit.116 Eine Dominanz von Umweltthemen führt zu einer besonderen Dominanz von Umweltschutzgruppen sowie der mit diesem Fachbereich befassten Ämter.117 Sie wächst mit der Größe der Gemeinde118 und kann auch die Akzeptanz der entstehenden lokale Agenda 21-Aktivitäten in der Gemeinde beeinträchtigen.119 Einseitige Interessenvertretung entsteht vor allem aufgrund von zwei Faktoren, die beide auf Meinungspolarisation beruhen. Bestimmte Interessengruppen fühlen sich von einigen Themen der Agenda 21 besonders angesprochen und drängen in diese Arbeitsgruppen.120 Bemühungen, andere Aspekte einzubeziehen, können dabei mit dem Willen verbunden sein, Zukunftsbeständigkeit nicht anderen Politikbereichen zu überlassen.121 Dies führt zum Bestreben, vom Umweltsektor aus wesentliche Komponenten zu verknüpfen,122 um auf diese Weise die eigene Machtbasis im Zusammenwirken der Akteure auszubauen und zu festigen. Politisierende und moralisierende Auseinandersetzungen begünstigen die Entwicklung und wirken zugleich prägend auf die Mehrheitsbildung.123 Findet sich beispielsweise in solch einem vorgeprägten Umweltarbeitskreis ein Wirtschaftsvertreter, gerät 114

Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (88). Vgl. Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 10; vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 256; auch: Maasberg, RuR 1998, 90 (98) für die Beteiligung von Interessengruppierungen. Auch die Beobachtungen von: Strobach, Die Agenda 21, S. 16. 116 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 29. 117 Vgl. „Von Rio nach München – auf dem Weg zu einer ökologischen Kommunalpolitik“, Strobach, Die Agenda 21, S. 17; Kreuzer, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 23; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 78. 118 Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (9); G2, G3 (vgl. Anhang). 119 Ködelpeter, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 66 (74f.); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429. 120 Strobach, Die Agenda 21, S. 17, für den Umwelt- und Entwicklungsbereich; allgemein auch: Kodolitsch, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung, S. 39 (46); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 45. 121 Ein Regelcharakter, vgl. Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (17f.), ist daraus allerdings nicht abzuleiten. 122 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (14). 115

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dieser als „Vertreter der feindlichen Seite“ schnell an den Pranger.124 Ein solches Vorgehen führt zum Abwandern dieses Vertreters. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass ein solcher Wirtschaftsvertreter schon durch die Bereitschaft zur Teilnahme dem gepflegten Feindbild nicht nahekommt. In der Folge setzt sich eine einseitig geprägte Meinungsbildung noch eher durch. Sie ist in der Regel gesamtgesellschaftlich weniger konsensfähig und damit auch tendenziell für einen erfolgreichen Agenda-Prozess unbrauchbar.125 Dieses Problem tritt vor allem in politisch „grün“ dominierten Arbeitskreisen auf, die die Beteiligung konservativer oder liberaler Wirtschaftsvertreter abschrecken.126 Ein gezieltes Ansprechen engagierter Bürger zur Mitarbeit anstelle von Interessengruppen kann helfen, eine solche „Frontenbildung“ zu vermeiden.127 Es darf jedoch nicht in eine verdeckte Mobilisierung eigener Gefolgsleute und parteipolitische Ränke abgleiten.128 Die parteipolitische Auseinandersetzung ist die zweite Möglichkeit, aus der Polarisation im Gemeinderat erwachsen kann. In vielen Gemeinderäten wird nur in kommunalparteipolitischen Kategorien gedacht.129 Ausgangspunkt der Auseinandersetzung ist der Verdacht, ein politischer Gegner könnte mittels lokaler Agenda 21 versuchen, in politischen Gremien nicht mehrheitsfähige Ansichten zu verwirklichen.130 Dies führt zu einer grund123 Beispielhaft hierfür ist das Aufgreifen von Problemen, die sich momentan im Fokus der Öffentlichkeit befinden, wie z. B. Allergien bei Kindern oder der sog. Rinderwahnsinn (BSE); die ungeachtet fehlender oder differenter wissenschaftlicher Erkenntnisse allein als Resultat einer Politik deklariert werden, die ökologische Anforderungen zu wenig beachtet, so Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (23), abzielend auf Löhr, IzR 1996, 99 (100). Zur Komplexität des Standes der Forschung beispielsweise bei Allergien, vgl. Hobom, Hoffnung auf eine Impfung gegen Allergie, FAZ Nr. 77 v. 03.04.2002, S. N1, zu der Problematik auch unten Medien: E.III.1.c). 124 Vgl. das Beispiel bei: Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (27). 125 G1 (vgl. Anhang). 126 Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (9); G2 (vgl. Anhang). 127 Friege/Hentze, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 95. UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 95; Die Beteiligung „normaler“ Bürger wird oft als gering beschrieben, vgl. etwa: Lembcke, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda, S. 50 (51); G8 (vgl. Anhang). 128 G1 (vgl. Anhang). Dies stellt eine Variante der zweiten Polarisationsmöglichkeit dar. 129 Ossenbühl, in: Horn (Hrsg.), Recht im Pluralismus, S. 103 (117). 130 Der Sache nach zielt dies auf die häufig von der Partei „Die Grünen“ initiierten Ratsbeschlüsse, Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 76. Dies kann sich schon in der Formulierung des Antrags für eine lokale Agenda 21

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sätzlich ablehnenden Haltung der politischen Meinungsbildner in der Gemeinde, die der Aufstellung einer lokalen Agenda 21 aufgrund ihrer hohen moralischen Wirkung131 jedoch faktisch zustimmen müssen. Daher beginnt ein Wettlauf um die Mobilisierung von Gefolgsleuten, um die politische Oberhoheit im Prozess zu behalten.132 Dies kann soweit gehen, schon Gruppen von Entscheidungen fernhalten zu wollen, bei denen nur andere als die eigenen Auffassungen vermutet werden.133 Inhaltsentleerte politische Auseinandersetzungen im Agenda-Forum im Sinne von „Schaukämpfen“134 stoßen die sachorientierten Bürger ab. Sie finden sich in den Foren zwischen den politischen Blöcken des Gemeinderats wieder und werden letztlich zwischen diesen zerrieben.135 Die größte Gefahr für den Prozess ist folglich dessen ideologische oder parteigebundene Gestaltung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Fehlschlag führt.136 Daneben stellt persönlich bedingter Streit in Fachforen keine Ausnahme bei kommunalpolitischen Diskussionen dar.137 Fachforen in verschiedenen Vereinen und Verbänden können jedoch bei ständigem Kontakt zu Stadtrat und Agenda-Büro sehr effektive Arbeit leisten.138 Die Erfahrungen aus lokalen Agenda-Initiativen deuten darauf, dass sich in Fachforen, deren Anzahl 10 Personen nicht übersteigt, eine fruchtbare Dialogkultur entwickeln kann. Größere Gruppen neigen zu einem bloßen Austausch von Argumenten mit Fraktionsbildungen.139

zeigen. Der Antrag der Ratsfraktion „die Grünen“ im Stadtrat von Hannover ist durchgehend als Auftrag an die Stadtverwaltung formuliert, die unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit das Programm erarbeiten soll. Dazu ist der Antrag nicht ergebnisoffen formuliert, sondern setzt einen Vorrang der ökologischen Dimension implizit voraus und missachtet damit die Abwägungsentscheidung aller drei Nachhaltigkeitsdimensionen, vgl. den Abdruck des Antrages bei Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 164ff. 131 Vgl. schon oben: C.I., Fn. 9, 62. 132 So auch: Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 143. 133 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 161f. 134 Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (9). 135 G1 (vgl. Anhang). 136 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (43), mit dem Beispiel Lüneburg; G2, G3 (vgl. Anhang). 137 Eisenreich, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 14 (16); UBA (Hrsg.), Steurungsinstrumente, S. 177. 138 Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107 (108). 139 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 122.

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b) Geschlossenes Fachforum Die geschlossene Form eines Fachforums gleicht in ihrer Zusammensetzung einem Sachverständigengremium mit etwa 10–15 Experten.140 Es liegt eine repräsentative Besetzung mit den gesellschaftlichen Gruppen vor, wobei allerdings die Auswahl der Teilnehmer in den Foren nach Interessenzugehörigkeit erfolgt.141 Die Vorgehensweise in der Aufgabenbearbeitung gleicht der von Bürgergutachten bzw. Planungszellen.142 Insbesondere bei Personen, die keine negativen Erfahrungen im politischen Alltagsgeschäft gemacht haben, besteht eine große Bereitschaft zum Engagement und zum vorurteilsfreien Umgang mit den ausgewählten Teilnehmern.143 In der Variante des lediglich repräsentativen Forums dient das geschlossene Forum eher der politischen Diskussion des Leitbildes und abgeleiteter Ziele, sowie der Diskussion von Arbeitsergebnissen aus fachlichen Gremien.144 Die Zuordnung der Teilnehmer hat den Vorteil der stetigen Teilnahme. Auf die Partizipationsmöglichkeiten der Bürger allgemein wirkt die Exklusivität der Teilnahme jedoch nachteilig. Haben anstelle der Akteure die politischen Entscheidungsgremien über die Zusammensetzung des Forums entschieden, stoßen die Ergebnisse auf höhere Akzeptanz im Gemeinderat.145 4. Agenda-Beirat Der Agenda-Beirat ist ein konsensbildendes Gremium mit repräsentativer Funktion.146 Er wirkt beratend und ist mit 15–40 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besetzt.147 Da neben stichhaltigen Argumenten der Status 140

Vgl. Strobach, Die Agenda 21, S. 19. Vgl. Sellnow, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 51 (52); ders., in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 38 (42f.). 142 Zu den Unterschieden: unten: E.IV.7. 143 Friege/Hentze, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 95; G1 (vgl. Anhang). 144 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (9); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31). 145 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 29. 146 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (62); vgl. Kreuzer, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 23 (25); ähnlich die Multiplikatorfunktion des Forum 21 in Leipzig mit 50–100 Mitgliedern, Tschense, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 161 (165). Minderheitenvoten sind idR möglich. 147 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (195); Strobach, Die Agenda 21, S. 19; Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (62); 1998: 44 Mitglieder, vgl. Kreuzer, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 23 (25). 141

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des Argumentierenden einen ebenso wichtigen Faktor zur Übermittlung darstellt,148 sollen die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens durch ihre Mitarbeit mit ihrer öffentlichen Bekanntheit und hohen Wertschätzung die Akzeptanz des Agenda-Prozesses erhöhen und die Beschlüsse gegenüber Öffentlichkeit und Stadtrat stärken.149 Aufgrund dieser Aufgabenstellung ist eine Tagung pro Quartal schon ausreichend.150 5. Lenkungskreis Der Lenkungskreis151 ist eine organisatorische Einheit, die steuernd zwischen den Agenda-Fachforen arbeitet und mit etwa einem Treffen monatlich deren Arbeit im Prozessverlauf koordiniert.152 Dazu gehört etwa die Vorbereitung von Forumssitzungen oder die Vernetzung der Ergebnisse bzw. Beschlüsse der Fachforen vor der Weiterleitung an den Agenda-Beirat.153 Die Mitglieder der Lenkungsgruppe können aus dem gesellschaftlichen Dialog der Bürgerforen154 oder Bürgerversammlungen stammen oder aus Mitgliedern von Vertretern der besonders beteiligten Referate155 und Vertretern der Fachforen bestehen.156 Auch ein in den Gemeinden bereits vorhandener Umweltbeirat kann als Lenkungsgremium dienen.157 Eine pluralistische Besetzung des Lenkungsorgans und die Vermeidung politischer Profilierung158 sind auch in diesem Gremium Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit.159 In kleineren Kommunen mit weniger komplexen Pro148

Lass/Reusswig, Politische Ökologie 63/64 (2000), 11 (12). Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (19); Strobach, Die Agenda 21, S. 19; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 121; Maasberg, RuR 1998, 90 (97). 150 Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 151 Alternativ: Agenda Team, Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 152 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (19); Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (61); Strobach, Die Agenda 21, S. 19. 153 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (61); Strobach, Die Agenda 21, S. 16; ähnlich der Koordinationskreis: Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 145 (151). 154 Bzw. Agendaforum: Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (212). 155 Auch unter Einschluss von Gemeinderäten: Friege/Hentze, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 95. 156 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (61); Behr, in: Kühn/ Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (165). 157 Gawron, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 33 (37). 158 Ein häufiges Beteiligungsmotiv, vgl. Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 100f. 149

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

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zessen kommt es häufig zu einer Zusammenlegung von Beirat und Lenkungskreis sowie Bürger- und Fachforum.160

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze Die Vielfalt der lokale Agenda-Prozesse macht es nicht möglich „den“ typischen Prozess der lokalen Agenda 21 zu identifizieren. Die Organisation des jeweiligen Prozesses lässt sich jedoch in der Regel durch eine jeweils spezifische Kombination einiger typischer Initiierungsansätze mit einigen typischen Umsetzungsstrategien beschreiben. Diese jeweilige Kombination prägt dann auch die Stärken und Schwächen des lokalen Prozesses. 1. Umsetzungsverfahren „bottom up“ oder „top down“? Die Umsetzungsprobleme nachhaltiger Entwicklung konzentrieren sich neben der Frage der Partizipation161 auf die Problematik, von welcher Ebene aus die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung angegangen werden sollte. Die Streite über das adäquate Umsetzungsverfahren finden in einem Spannungsfeld zwischen dem „bottom up“- sowie dem „top down“-Ansatz statt. Die Herangehensweise in der Umsetzung der Agenda 21 in der internationalen Politik wird als „top down-approach“, die Umsetzung auf regionaler und kommunaler Ebene als „bottom up-approach“ bezeichnet.162 Die Kennzeichnungskraft dieser zumeist als „bottom up“- oder „top down“-Ansatz verkürzten Begriffe ist jedoch gering. Ein „top down“-Ansatz ist nicht stets mit internationaler Umsetzung nachhaltiger Entwicklung verbunden. Vielmehr hat sich eine weitergehende Verwendung beider Begriffe durchgesetzt. Er umfasst mit der Bezeichnung „top down“ alle Ansätze, die eine Umsetzung „von oben nach unten“ umfassen. Dies schließt alle zentralen Entscheidungsfindungen von höher strukturierten und gegliederten (hierarchischen) Einheiten hin bis zu unteren Einheiten ein. Ein „bottom up“-Ansatz wird gleichermaßen für alle Ansätze, die „von unten nach oben“ vorgehen, verwendet.163 159

Gawron, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 33

(37). 160

Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (19). Dazu schon oben: A.II.2.c)aa). 162 Vgl. Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 218. 163 Die Vorgehensweise, das globale Ziel der Rio-Konferenz durch kleine Schritte zu verwirklichen, wird auch als „bottom up“-Strategie bezeichnet, vgl. Burmeister/ Hokkeler, IzR 1998, 31 (35). Daher kann das Tätigwerden der Gemeinde über Behörden zu Ministerien ebenso als „bottom up“-Ansatz bezeichnet werden, wie auch teilweise politische Verflechtungen zu Spitzenpolitikern als Ausprägungen des „bot161

390

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

a) Nationale „bottom up“-Präferenz Die Herkunft nachhaltiger Entwicklung aus Brundlandtkommission und internationaler Politik wird als „top down“-Ansatz164 klassifiziert. Die überwiegende Auffassung in den tangierten Wissenschaftsbereichen erachtet jedoch den „bottom up“-Ansatz als vielversprechendste Umsetzungsstrategie.165 Eine restriktive Auffassung hält den „top down“-Ansatzes sogar dem Geist von Rio widersprechend.166 Nicht nur Partizipation sondern auch die Basisumsetzung der Nachhaltigkeit sind danach konstitutive Bestandteile der Nachhaltigkeit.167 Diese Vorstellung findet jedoch in der nachhaltigen Entwicklung der Rio-Deklaration keine Stütze.168 Umweltverbände und Gewerkschaften gehören eher zu denjenigen, die staatliche Normierung als „top down“-Präferenz fordern,169 während die Wirtschaft eher den Einsatz kooperativer flexibler Instrumente erreichen will. Weitverbreitet ist auch die Kombination von „bottom up“- und „top down“-Ansätzen.170 Die Präferenz der nationalen Sicht wird in der Regel mit der Stärkung von Planungsdemokratie und Eigenverantwortlichkeit begründet.171 Sie ist häufig plakativ kontrastiert zu den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Zentralisietom up“-Ansatzes begriffen werden, vgl. Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 65f. 164 Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (25); Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 43; Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9; „top down“ zur Indikatorentwicklung: Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 180ff., 197. 165 SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Tabelle 1.4–3, S. 108f., mit einer vergleichenden Übersicht der wichtigsten Nachhaltigkeitsindikatorensysteme; Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (68f.); Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (183); Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (34ff.); Hilligardt, RuR 1998, 9 (17); Thrän u. a., in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 99 (100); OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 67; Crux/Schwilling, Die sieben Fallstricke der strategischen Planung, FAZ Nr. 142 vom 23.06.2003, S. 20. 166 „Nichts widerspricht dem Geist von Rio mehr als eine nur in verstaubten Amtsstuben entstandene Lokale Agenda 21. Ihre Verwirklichung erfordert also eine bottom up und keine top down Strategie“, Großmann, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 169 (180). 167 Auch: Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (26). 168 Dazu eingehend oben: A.II.2.c). 169 Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53; Breuel, in: dies. (Hrsg.), Agenda 21, S. 12. 170 SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 149. Damit ist stets die Förderung durch die politischen Entscheidungsträger verbunden, Mitschang, DÖV 2000, 14 (15); ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 5; vgl. Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (30f.). Auch mit netzwerkartig und polyzentrischen Lösungsansätzen: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 126.

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

391

rung, insbesondere Frustrationskosten,172 Bereitstellungskosten,173 Partizipationskosten174 und Internalisierungskosten,175 die für Reibungsverluste und Planungsschäden verantwortlich gemacht werden.176 Die Gegner einer starken Dezentralisierung verweisen auf überregional wirkende ökologischer Stoffströme, die eine lokal nachhaltige Entwicklung unmöglich machten.177 Die Alternative soll regionale Nachhaltigkeit sein, auch als Teil einer „regional governance“.178 Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine umfassende Regionalpolitik,179 die neben dem lokalen Sektor alle Entscheidungsträger einbezieht.180 Für die lokale Agenda 21 bedeutet dies ein integriertes Konzept von Stadt- und Raumplanung.181 Der Ansatz findet besonderen Anklang in der Regionalplanung.182 Die lokale Agenda 21 kann danach nur kleine Schritte zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen ohne eine eigene globale Lösung.183

171 Vgl. etwa Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 4. 172 Durch Oktroyierung fremder Präferenzen. 173 Zunehmende Ressourcenbeanspruchung bei Versorgung durch zu hohen Ebene/zu großes Kollektiv. 174 Zentralisierungsbedingte Überauslastung von Planungs-, Entscheidungs- und Handlungskapazitäten, bei gleichzeitiger Unterauslastung niedrigerer Entscheidungsebenen. 175 Überbewertung der Internalisierung externer Effekte, vgl. Biehl, in: KonradAdenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (II), S. 85 (111ff.). 176 Weede, Gefährliche Pläne der Politiker, FAZ Nr. 136, v. 15.06.2002, S. 15. 177 Nur ein Kurieren von Symptomen statt Ursachen, vgl. Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, S. 1 (27); Schubert/Koopmann, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 371 (374); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 173. 178 Benz, DfK 2001, 55 (59f.); dafür auch: Albers, Die alte Stadt 1997, 283 (286). 179 Teilweise auch in der Ausprägung, allein auf regionaler Ebene sei eine Operationalisierung sinnvoll möglich, Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (97). 180 Benz, DfK 2001, 55 (60f.); vgl. generell: Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 78. 181 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 7. 182 Vgl. Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (92). „Top down“-Ansätze halten auch die Regionalebene noch für ungeeignet, vgl. Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 46. 183 Nur global zu bewältigende Probleme mit nationaler Nachhaltigkeit als Teilbereich: Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (658).

392

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

b) Stellungnahme und Ausblick Als allein angemessene Strategie zur Umsetzung der Agenda 21 kann der „bottom up“-Ansatz nicht betrachtet werden, da dies die Entstehung der RioDeklaration sowie die Folgen einer absolut gesetzten Partizipationsforderung zu wenig berücksichtigen würde.184 Insbesondere ökologische Wechselwirkungen grenzüberschreitender Stoffströme lassen an der Wirksamkeit lokal beschränkter Initiativen zweifeln. Zwar sind die partizipativen Vorteile eines dezentralen Ansatzes185 weitgehend unbestritten, indes mangelt es an der Umsetzung. Angesichts vielfacher Vernetzungen mit erheblichem Koordinationsbedarf ist der ökonomisch genannte Vorteil geringeren Aufwandes zumindest zweifelhaft. In der steuerungstheoretischen Diskussion deuten Indizien auf einen Wechsel der präferierten Vorgehensweise. Die vorherrschende Forderung nach Förderung des „bottom up“-Ansatzes steht in interessantem Widerspruch zu neueren Unternehmensreformansätzen, die häufig als Vorbild für den Staat gelten.186 Sie propagieren wieder die Einführung von Unternehmensleitbildern und ihre Umsetzung mittels „top down“-Ansatz, weil dieser dem Steuerungsanspruch besser gerecht werde.187 Feldforschungsergebnisse haben Hinweise darauf ergeben, dass ein vorgegebener Zielerreichungsgrad unter Beteiligung der Mitarbeiter bessere Resultate erzielt als die alleinige „bottom up“-Festsetzung durch die Mitarbeiter.188 Ob damit 184 „Nichts widerspricht dem Geist von Rio mehr als eine nur in verstaubten Amtsstuben entstandene Lokale Agenda 21. Ihre Verwirklichung erfordert also eine bottom up und keine top down Strategie“, Großmann, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 169 (180). Dazu bereits oben: A.II.2.c)aa). 185 Erweiterte Ideensammlung, Diskussion, verbesserte Chancen vorteilhafter Vereinbarungen, erhöhte Entscheidungsakzeptanz, Mitverantwortung auch in der Verwirklichungsphase etc., vgl. Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 17. 186 Vgl. Deekeling, Corporate Identity – Idée fixe und Sackgasse, FAZ Nr. 137 v. 16.06.2003, S. 23; Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (173); Schilde, in: Kopatz, (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 175 (177ff.). 187 Nach interventionistischer „Planungseuphorie“ der 70er, Ernüchterung und Dezentralisierung der 80er und 90er Jahre, vgl. Teil D.III.1.a). und nachdem schon die Idee der „top down“-Steuerung für erschöpft erklärt wurde, Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 22. Vgl. zur Dogmatik sowie der Funktion von Zielvereinbarungen in der Verwaltung: Hill, NVwZ 2002, 1059 (1060f.). Zu der Evolution der Organisationsentwicklung in Unternehmen übersichtsartig: Barth/Kiefel/Wille, Unternehmen im Markt – Markt im Unternehmen, FAZ Nr. 173, v. 29.07.2002, S. 22. 188 In Organisationen zeichnet sich die Neigung ab, die Zielhöhe geringer als bei privaten Zielen anzusetzen, vgl. Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, S. 1 (7.). Ein unrealistisch hohes Ziel, das durch Verhandlungen abgesenkt wurde, hat demnach eine höher Akzeptanz als eine Anhebung eines gemeinsam niedrig angesetzten Ziels, vgl. Brenner ebd.

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

393

eine Stärkung der traditionellen Planungsbeteiligung erfolgt, bleibt ebenso abzuwarten wie die Frage, ob mit diesem Ansatz wiederum ein Wechsel in der Wellenbewegung zwischen den Polen interventionistischer Planung und Lokalpatriotismus einsetzt. c) Klassifizierung der Ansätze auf Gemeindeebene Auch bei der Einleitung eines lokalen Agenda 21-Prozesses stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene zu betreiben. Soweit hier von einem streng zentralistischen „top down“-Ansatz aus argumentiert wird, der für die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung allein eine Strategie der Regierung anerkennt,189 besteht kaum Aussicht auf einen erfolgreichen Prozess.190 In strikter Ausrichtung sind diese Ansätze jedoch selten aufzufinden. Die Eignung der Gemeinden zur Förderung nachhaltiger Entwicklung ist weitgehend anerkannt und zeigt sich nicht zuletzt in dem häufig gewählten Motto „Global denken – lokal handeln“. aa) Initiierung auf lokaler Ebene Lokale Agenda 21-Prozesse lassen sich nach ihrem Initiator und tragenden Akteur unterscheiden.191 Ein „top down“-Ansatz in einem lokalen Agenda 21-Prozess innerhalb der kommunalen Ebene ist eine Organisationsform, in dem die führende kommunale Ebene, etwa Bürgermeister oder Gemeinderat die lokale Agenda 21 ins Leben ruft und vorantreibt. Das Gegenteil einer solchen Organisationsform ist der „bottom up“-Ansatz. Bei diesem stammt die Anregung zu einer lokalen Agenda 21 von der Gemeindeeinwohnerschaft oder von einer Form nicht gemeindlicher Zusammenschlüsse. 189 Dies meint eine solche Ausprägung, die die Reduzierung der Agenda 21 auf lokaler Ebene nicht für möglich hält, Sibum, Politische Ökologie 56 (1998), 91; Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (97). 190 Ihre tragende Begründung liegt zumeist in der Sinnhaftigkeit einheitlicher materieller Anforderungen und deren Durchsetzung, etwa bei der Durchsetzung von Umweltbelangen gegen Ansiedlungen von Wirtschaftsbetrieben, verschärft noch durch interkommunale Konkurrenz, vgl. Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 224; auch: Sprenger, Arbeitsblätter Umweltrecht, S. 100; Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (219). Sie befürchtet regionale Verteilungsspannungen aufgrund der lokalen Wettbewerbssituation und billigt der lokalen Agenda 21 einen bloß unterstützenden Einfluss auf die Umsetzung nationaler Nachhaltigkeitsstrategien zu, Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 47f. 191 Neben Struktur bzw. Organisation unterscheiden sich die Ansätze in Prozess und Inhalt, Gehrlein/Stärk, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 141.

394

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Dies können Vereine, Kirchen oder sonstige Nichtregierungsorganisationen sein. Eine Mischform, hier als „botop-Ansatz“ bezeichnet, verwirklicht in unterschiedlichem Umfang Versatzstücke beider Ansätze. Sie kann sich auf die Initiierung der lokalen Agenda 21 wie auch auf ihre weitere Durchführung beziehen. Unter den Initiierungsansätzen zu einer lokalen Agenda 21 kommt dem „top down“-Ansatz beziehungsweise dem „top down“-geprägten Initiierungsansatz eine dominierende Position zu. Dies beruht nicht zuletzt auf dem Umstand, dass die Verwaltungen in den Gemeinden in der Regel der einzige große Akteur sind. „Top down“-Ansätze weisen dem öffentlichen Sektor eine Schlüsselstellung zu mit der Rahmensetzung und Koordinierung der Entscheidungsfindung.192 Der „top down“-Ansatz hat den Vorteil, dass durch eine Zielfestlegung „von oben“ bereits eine Komplexitätsreduzierung der Aufgabe vorgenommen wird und auch schon realisierbare Bedingungen vorgegeben werden.193 Er findet daher auch Anklang beim Vorgehen in materiell umstrittenen Fragen, deren kontroverse Auseinandersetzung eine allgemeinwohlbezogene Gesamtabwägung verlangt, wie etwa bei Standortfragen für Anlagen, Flächenausweisungen und Verkehrslenkung,194 hat aber in der Form als Verwaltungsmodell hat keine einheitlich zuordenbare Ausrichtung.195 Langwierige Einbeziehung örtlicher Gruppen sowie ewiger Streit in „Diskussionsclubs“ und die Dominanz von Partikularinteressen bei der Umsetzung196 sollen mit „top down“-Ansätzen umgangen werden.197 Die Erarbeitung erscheint hinsichtlich Allgemeingültigkeit, Rechtsstaatlichkeit,198 sowie auch formal als rationalste Form der Herrschaftsausübung hinsichtlich Präzision, Stetigkeit und Disziplin.199 Die Verwaltungsagenda ist eher durch das Fehlen von Faktoren, nämlich starken Mitakteuren und breiter Partizipation geprägt. In den Unterformen der Verwaltungsagenda [D.II.2.a)–d)] zeigt sich dies auch daran, dass der Zuschnitt der Organisationsform häufig auf die engagierten Personen ausgerichtet ist.200

192

Hesse, RuR 1996, 103 (115). Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (175). 194 Schubert, Raumplanung 73 (1996), 68 (73). 195 Frenken/Hanel, VOP 1-2/2001, 18 (19). 196 Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 84; Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 255f. 197 „Wenn zur Agendaarbeit öffentlich eingeladen wird, ist alles schon geklärt“, Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 259. 198 Hesse, RuR 1996, 103 (113). 199 Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (179). 200 Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (189). Zu den Gründen unten: E.III.1.b); E.III.2.a); E.V.2; D.II.6.b). 193

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

395

bb) Die Organisation als Kombination von Initiierung und Strategie Die Initiierungsformen können mit unterschiedlichen Strategien zur Umsetzung der Agenda 21 verbunden sein. Es lassen sich eine inkrementalistische, systematisch-strategische, leitbildbezogene und formale Umsetzungsstrategie unterscheiden [A.IV., D.III.1.–4.].201 Das sich hieraus ergebende Agenda-Organisationsmodell kann auf bestimmte Initiierungsmotive zurückgeführt werden. Diese führen zu spezifischen Konstellationen von Initiierung und Umsetzungsstrategie. Eine lokale Agenda tritt zum einen als Antwort auf globale Institutionenkrisen auf.202 Das damit verfolgte neue Politikmodell tritt hauptsächlich bei den Strategien der Leitbild- und strategischen Stadtentwicklung auf, und zwar insbesondere bei „top down“- und „botop“-Ansätzen. Die lokale Agenda als Reaktion auf zentrale Problemlagen ist der Institutionenkrise vergleichbar. Dort tritt jedoch anstelle der Institutionenkrise ein die Gemeinde besonders prägendes Problem, etwa Verkehr oder Sicherheit. Die lokale Agenda als effizientes Mittel zur Sicherung lokaler Zukunftsfähigkeit wird teilweise als Bürgermeistermodell bezeichnet.203 Die Sicherung lokaler Zukunftsfähigkeit kann ebenso in Form eines inkrementalen „bottom up“-Ansatzes verfolgt werden. Typischer Vertreter eines „bottom up“-Ansatzes ist die lokale Agenda als öffentlicher Bildungsprozess.204 Dieser partizipatorische Ansatz ist häufig durch Volkshochschulen als Multiplikatoren205 oder Initiatoren206 gestützt. Auch geschickt umgesetzte Planungsbüro-Agenden können einen öffentlichen Bildungsprozess initiieren. Die Formenvielfalt macht es schwierig, eine standardisierte Vorgehensweise „des“ typischen lokalen Agenda-Prozesses zu identifizieren.207 Aus 201 Vgl. ohne die Einbeziehung der formalen Agenda, Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03. 1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 23. 202 Frenken/Hanel, VOP 1-2/2001, 18 (19); Brand/Christ/Heimerl, in: Heinelt/ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 241 (246). 203 Frenken/Hanel, VOP 1-2/2001, 18 (19); vgl. auch: Brand/Christ/Heimerl, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 241 (245ff.). 204 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 37; Brand/Christ/Heimerl, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 241 (247). 205 Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (117); vgl. Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77 (81). Etwa auch durch die Ausbildung von Akteuren, vgl. Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (214). 206 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (29). 207 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (18f.).

396

D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

der Koppelung von organisatorischem Verfahren und verfolgter Strategie ergeben sich im Wesentlichen die folgenden 8 Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse:

„Top down“

„Botop“

„Bottom up“

Initiierung/Strategie

+

++

++

Inkremental

+

+

~

Systematischstrategisch

+

~

Nicht beobachtet

Formal

Die Zeichen stehen für die ungefähre Häufigkeit des Auftretens (eigene Darstellung).

Abbildung 8: Koppelungsmöglichkeiten von Prozessinitiierung und -strategie

Die Variationsbreite der Organisationsstrukturen ist dabei im Bereich der „Botop“-Ansätze schon aufgrund der vielfältigen Mischmöglichkeiten am größten.208 Die Präferenzen für die jeweiligen Organisationsstrukturen lassen sich nach der Größe der Gemeinde nur grob schematisch beschreiben. Einige Kleinstädte bevorzugen projektorientierte Umsetzungsstrategien, die zumeist in den bekannten Kernbereichen von Infrastruktur, Umweltvorsorge und In208 Die Aufgabenstellung der lokale Agenda 21-Initiativen hat Ähnlichkeit mit klassischem Projektmanagement, vgl. v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (19); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 96f. Die vielfältigen organisationstheoretischen Untersuchungen über die Vor- und Nachteile spezifischer organisatorischer Ausgestaltungen können daher für die Optimierung der lokalen Agenda-Prozesse herangezogen werden. Havelock hat zur Organisationssoziologie in innovativen Vorhaben 4 Organisationsmodelle entwickelt, von denen insbesondere das „Problemlösungs-Modell“, das „Forschungs-Entwicklung und Diffusions-Modell“ und das „Soziale Interaktions-Modell“ Erklärungen für die Initiierung von Agenda 21-Initiativen bieten, vgl. Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 247–272; eine Kurzdarstellung im Anhang, XV. Anhand umweltbezogener Innovationsprojekte haben De Haan, Kuckartz und Rheingans Organisationsstrukturen von vier Modellen herausgearbeitet, die zur Evaluation von Agenda 21 Initiativen genutzt werden, De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 27f. Ihnen folgt die Einteilung bei Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 122ff.; Die herausgearbeiteten Kriterien finden in den hier dargestellten Prozessformen Entsprechungen, so dass die Stärken-Schwächenanalyse als tabellarische Gegenüberstellung der Modelle zur informativen Grobeinordnung nützlich ist. Die tabellarische Gegenüberstellung von Stärken und Schwächen der Organisationsformen finden sich im Anhang XVI.

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

397

nenentwicklung liegen. Deren Arbeit ist durch sachorientiertes und pragmatisches Zusammenarbeiten zwischen den Akteuren geprägt. Die persönliche Bekanntheit der Akteure stellt in diesen Prozessen einen maßgeblichen Faktor der Mit- und Zusammenarbeit dar.209 Schwerpunktmäßig verwenden diese Gemeinden die inkrementelle oder strategische Umsetzungsform.210 Vorwiegend mittlere Städte arbeiten mit Vernetzung und Koordinierung des Prozesses durch die Verwaltung. Je nach inhaltlichem Schwerpunkt der Agenda befindet sich die Koordination im Umwelt-, Stadtentwicklungsoder Wirtschaftsamt. Von dort aus wird versucht, die Bürger durch Öffentlichkeitsarbeit am Prozess zu beteiligen.211 Der persönliche Faktor der Mitund Zusammenarbeit ist in der Regel weniger stark ausgeprägt. Diese Städte verwenden häufig die systematische Vorgehensweise in Form der Verwaltungsagenda. Vereinzelt findet sich auch die Planungsbüroumsetzung. Größere Mittel- und Großstädte arbeiten zumeist mit einem Koordinierungsbüro in der Verwaltung, das die organisatorischen Maßnahmen plant, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit organisiert. In dieser Form ist die organisatorische Differenzierung in die geschilderten Gremien am meisten ausgeprägt.212 Sie prägt systematisches Vorgehen, bei der ein „top down“-Ansatz dominiert. Gerade in Großstädten mit starken Akteuren kann die systematische Vorgehensweise auch auf einem „bottom up“-, oder einer Planungsbüroumsetzung basieren 2. „Top down“-Ansatz Verwaltungsagenda Die Verwaltungsagenda ist eine sehr verbreitete Initiierungsform.213 Sie hat Ähnlichkeit mit dem traditionellen Vorgehen der Verwaltung in Planungsverfahren. Die Verwaltungsagenda beginnt mit einem Auftrag des Gemeinderats an die Verwaltung, die nötigen Schritte für eine Agenda 21 einzuleiten.214 209 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (164); G1, G2, G4 (vgl. Anhang). 210 Dazu oben: D.III.3., D.III.4. 211 Vgl. Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (165). 212 Vgl. Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (165); vgl. oben: D.I. 213 Die Hauptaktivitäten liegen in den lokalen Agenda 21 bei den Verwaltungen, vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (38f.). 214 Vgl. Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107; Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77, Aufstellung Sache der unters-

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Die Verwaltungserfahrung aus der Bauleitplanung215 führt als Reaktion auf die Unsicherheit über die Anforderung der lokalen Agenda 21 zu einem diesen Planverfahren ähnlichen Vorgehen.216 Sie hilft zunächst, Schwerpunkte und erste Ergebnisse zu präsentieren.217 Die Vorgehensweise ist für Partizipation meist nur eingeschränkt aufgeschlossen. Dies wird mit dem an die Kommunalverwaltung gerichteten Auftrag des Kap. 28 Agenda 21 begründet.218 Die Ergebnisse bekannter Partizipationsformen stützen ökonomische Erwägungen, begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen besser gleich zielgerichtet einzusetzen, anstatt aufwendige Prozessdialoge zu initiieren.219 Die Argumentation unterstellt, dass die Bürgerbeteiligung keine brauchbaren Ergebnisse hervorbringt. Ein unbrauchbares Ergebnis stellt jedoch nicht selten das Resultat eines unbrauchbaren Beteiligungsprozesses dar.220 Es gerät aus dem Blickfeld, dass die Verankerung von Nachhaltigkeit im Verwaltungshandeln noch eine unbewältigte Aufgabe der Verwaltung darstellt, mit der Strukturen für dauerhafte und professionelle Bearbeitung erst möglich werden.221 Im Ideal kommt der Gemeinde bei der Verwaltungsagenda eine Doppelrolle als Verfahrensführerin und Beteiligte zu.222 Die Kommunen haben in diesem Fall die Sonderrolle eines Partners zur Umsetzung, wie auch eines Akteurs mit eigenen Zielen.223 Die tragende Rolle der Verwaltung kann jeten Kommunalbehörden. Überblick auch: bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 14–27. 215 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (15). 216 Dabei ist jedoch zu beachten, dass es um die reine Planungserfahrung geht, da die Prozesse zumeist im Umweltreferat angesiedelt sind. 217 Dazu auch: Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 289f. 218 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (15); Kap. 28 stellt keinen auf die Kommunalverwaltung limitierten Handlungsauftrag dar. Vgl. dazu oben: B.I.3. nach Fn. 161. 219 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (16); Eidenmüller/Issel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 155; vgl. Hill, BayVBl 2002, 321 (324); dagegen die Schilderung aus der Praxis bei: Kraus, UPR 1998, 299 (300), nach der die intensive Bürgereinbindung „in erster Linie keine Frage des Geldes [. . .], sondern eine Frage der Kreativität und des Interesses“ ist. 220 Vgl. ausführlich unten: E.III.1. 221 Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 145 (150). 222 Eine der Partizipation zugeneigtere Auffassung sieht die Doppelrolle als Initiatorin und Moderatorin des Agenda-Prozesses; Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31); F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (61); kritisch und differenzierend: Gusy, ZfU 4/1990, 353 (358f.), aus Bindung an das Gemeinwohl folge nicht die Neutralität der Behörde. 223 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 9.

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

399

doch auch dazu führen, dass die übrigen Akteure sich von dieser dominiert fühlen.224 Die Umsetzung der Verwaltungsagenda erfolgt in der Regel durch den systematischen Ansatz.225 Von den politischen Gremien wird zunächst eine verbindliche Nachhaltigkeitsdefinition angestrebt, ehe zum Handeln übergegangen wird.226 Mit einer Grundsatzentscheidung des Rates werden die Leitlinien und Zielvorstellungen der Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt und zugleich Maßgaben für die Verwirklichung getroffen.227 Hierbei kann es sich als schwierig erweisen, die beschlossenen Zielvorstellungen konsequent umzusetzen. Die Agenda-Beschlüsse werden meist als „überparteiliche“ Aufgabe mit den Stimmen aller Parteien gefasst.228 Der einstimmige Beschluss des Stadtrates für einen Einstieg in einen lokalen Agenda-Prozess229 bildet aber keine zuverlässige Gewähr für einen erfolgreichen Prozess. Der hohe moralische Anspruch führt dazu, dass sich kein Akteur außerhalb des Prozesses stellen kann, ohne Schaden zu nehmen oder an Einfluss zu verlieren.230 a) Beteiligungsgeprägte Verwaltungsagenda Eine beteiligungsgeprägte Initiierung einer lokalen Agenda 21 verfolgen die Gemeinden nach eigenen Angaben in der Regel.231 Bei diesem Modell wird nach einem Ratsbeschluss zur Aufstellung einer Agenda 21 eine 224

UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 46. Bei enger Verknüpfung steht immer die Gefahr des Verlustes der Unabhängigkeit im Raum, vgl. Schlüter, DVP 2001, 151 (152). 225 Dazu unten: D.III.2. 226 Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 13. 227 Spannowsky, DÖV 2000, 569 (574), sehr traditionelle Vorgehensweise; vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 149. 228 Bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 7; dies empfehlen auch: BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 33f. 229 Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 35. 230 Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 29f.; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 73, 75; Huber, Nachhaltige Entwicklung, S. 13; vgl. Brand, Politische Ökologie 63/64 (2000), 19 (22). Gerade eine ökologische Interpretation nachhaltiger Entwicklung führt bei der politischen Mehrheit der großen Volksparteien im Gemeinderat dazu, das die Agenda 21 als „Tarnveranstaltung der Grünen“ begriffen werden kann, vgl. bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 14, auch: Pasternack, Der Landkreis 2003, 429. Mit mehreren Beispielen zu den Widersprüchen zwischen kommunizierter und tatsächlicher Haltung von Akteuren: Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 164. In dieser Situation werden die Mehrheitsparteien im Gemeinderat alles daran setzen, den Prozess zu konterkarieren, dazu schon oben: D.I.3.a). 231 Im Jahr 2000 etwa von 1300 Gemeinden, Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (4f.).

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Agenda-Koordinationsstelle ins Leben gerufen. Zusätzlich wird ein Ansprechpartner in der Verwaltung benötigt, der auch politisch gestützt wird.232 Die Verwaltung ist regelmäßig maßgeblich eingebunden. Ziel ist die Initiierung eines Dialoges und die Etablierung einer Vernetzung zwischen den Akteuren. Gelingt dies, kann eine ergebnisoffene Diskussion zur Popularisierung der Thematik und Anregung von Bürgerengagement führen. Gerade beim Projektmanagement kann nicht mehr von einem reinen „top down“-Ansatz gesprochen werden. Die Aktivierung der Beteiligtenpotentiale für den Prozess beinhaltet maßgebliche Elemente des „bottom up“-Ansatzes. Aus diesem Grund erscheint die prozessuale Umsetzung der Agenda 21 als Synthese von „bottom up“ und „top down“.233 Die Initiierung von weiterführendem Dialog, Partizipation und Engagement ist jedoch anspruchsvoll.234 Probleme resultieren häufig aus dem Versuch, mit traditioneller Verwaltungsorientierung den Dialog durchzuführen. Die Neuorientierung fordert eine Mischung von Expertenwissen, Organisation von Lernprozessen und Anwendung von Prozesswissen. Formelle und informelle Vorgehensweisen müssen für eine größtmögliche Aktivierung der Beteiligung kombiniert werden.235 Neben der Zieldefinition und Ablaufplanung ist es erforderlich, Rückkopplungsphasen über Erfolg und Stand von Etappenzielen einzuplanen.236 Erfolgen sie nicht, droht Orientierungslosigkeit, die zu einen „Totlaufen“ oder „Zerfransen“ des Prozesses führt.237 In diesem Fall treten kurzfristige und beliebige Inhalte der Agenda auf. Sie neigt zur Förderung interkommunaler Konkurrenz mit der bloßen Ausnutzung von Standortvorteilen.238 Vom Beschluss der Aufstellung über öffentliche Diskussionen bis zum Beschluss eines Agenda-Programms sind Zeitspannen von vier Jahren bekannt.239 Sind in diesem Zeitraum keine Ergebnisse sichtbar, führt dies rasch zu einem Nachlassen des öffentlichen Interesses. 232 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 33; so auch für den Umweltschutz, StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-6. 233 Frenken/Hanel, VOP1–2/2001, 18 (19). 234 Näher unten: E.III.1. 235 Stein, RuR 1995, 394ff.; eingehend: E.III. 236 Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190 (193); Stein, RuR 1995, 395f. 237 Zimmermann/Otto-Zimmermann, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raumund Umweltplanung, S. 237 (243); sowie unten: D.III.2.b). 238 Menzel, ZRP 2001, 221 (224). 239 Vgl. bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 14; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 31, drei Jahre bis zum ersten Arbeitsentwurf. Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 55, 6 Monate bis vier Jahre.

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b) Intra-Behörden-Modell Das Intra-Behörden-Modell ist in der Regel auf die Gemeindevertretung zurückzuführen.240 Im Intra-Behörden-Modell erfolgt eine Erarbeitung der Agenda in der Diskussion mit den Mitarbeiten und durch Tagungen auf Amtsleiterebene.241 Der Prozess der Mitarbeiterbeteiligung242 kann auch durch ein externes Institut mit Vor- und Nachbereitung sowie Moderation verfolgt werden.243 Die Dokumentation der Arbeitsgruppenergebnisse wird von der Behördenspitze an alle Mitarbeiter verteilt.244 Diese Ergebnisse können dann weiter konkretisiert werden, etwa durch die Diskussion in öffentlichen Foren. Die Inhalte einer derart entworfenen Agenda 21 sind – entgegen häufigen Vorurteilen – keineswegs einseitig konservativ. Die Verwaltung arbeitet projektorientiert und lässt auch aus der Amtsdiskussion entstandene Ideen zur Umsetzung gelangen.245 Innovative Problemlösungskonzepte sind am ehesten zu erwarten, wenn die Probleme an Rändern und Schnittpunkten eingefahrener Ressortabgrenzungen liegen.246 Im Vergleich zu einer nicht in der Verwaltung erarbeiteten Agenda wird sich aber ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Vorschlägen mit Maßnahmen innerhalb der Verwaltung beschäftigen.247 Die Sensibilisierung der Beschäftigten für die Agenda 21 ist in diesem Modell als positiv zu werten. Die breite Beteiligung in der Verwaltung führt zu einem hohen Akzeptanzgrad unter den Mitarbeitern. Vorteilhafte „Nebenwirkungen“ sind eine damit einhergehende Stärkung des sozialen Zusammenhalts in der Behörde, Rückkopplung sinnvoller Arbeit sowie bewusste Erfolgserlebnisse der Mitarbeiter. Aus Sicht der Verwaltung 240

Stoff-Isenberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 129. Vgl. ähnlich: Hoffmann, Der Landkreis 2003, 447. 242 Dazu auch: Adamaschek, VOP Sonderheft 1/2001, 37ff. 243 Stoff-Isenberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 129 (130); Frenken/Hanel, VOP1–2/2001, 18 (19); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 37f. 244 Stoff-Isenberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 129 (131). 245 Stoff-Isenberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 129 (132f.); positiv auch: Maasberg, RuR 1998, 90 (97); zu den Vorteilen auch: Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 114ff. 246 Roters, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 64 (65f.). Zur Erzielung dieser Vorteile ist es jedoch erforderlich, dass seitens der Verwaltungsspitzes keine Widerstände, etwa aus Bedenken eines Steuerungsverlustes und mangelnde Akzeptanz des partizipativen Arbeitens vorhanden sind. Solches findet sich immer wieder in den Praxisberichten, vgl. Adamaschek, VOP Sonderheft 1/2001, 37 (39). 247 Der Wunsch nach mehr Eigenverantwortung der Beschäftigten ist auch dort zu erkennen, Stoff-Isenberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 129 (132f.). 241

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ist dieses Modell geeignet, Leitziele der Agenda auch in anderen Bereichen zu verankern.248 Für die Kommunikation und Umsetzung des Modells in der Gemeinde mit öffentlicher Diskussion und Partizipation gibt die behördenzentrische Ausrichtung geringen Raum. Sie fördert die Ausbildung eines eigenen Akteursbildes. Das Modell eignet sich daher vor allem für eine „Behördenbinnenagenda“. Die eigenen Ansätze können wie in der Verwaltungsgrundform neben externen Agenda-Prozessen verwendet werden, um die Vorreiterstellung der Verwaltung zu stärken.249 Solange dies nicht auf die Dominanz der Verwaltung und die Verdrängung anderer Akteure zielt, ist eine ämterübergreifende Bestandsaufnahme der Verwaltung als grobes Raster für den Prozess und eine erste Orientierung ein sinnvoller Impuls für das Initiieren einer lokalen Agenda.250 Bei entsprechenden Kapazitäten in der Verwaltung ist das Intra-Behörden-Modell schnell aufstellbar. Es kann als Alternative dienen, wenn eine Erarbeitung mit frühzeitiger Bürgerbeteiligung nicht möglich ist.251 c) Gemeinderatsmodell Das Gemeinderatsmodell gleicht am ehesten der bekannten Parlamentsplanung. Es legt die übergeordneten Ziele der Agenda 21 durch Diskussion und Beschluss im Gemeinderat fest.252 Ein „außerparlamentarisches“ Agenda-Forum wird nicht geschaffen. Die Konzentration der Arbeit erfolgt auf die Weiterentwicklung vorhandener Ansätze und herkömmlicher Projekte. Dabei finden insbesondere beispielhafte Arbeitshilfen Verwendung.253 Dies wird mit dem erheblichen personellen, finanziellen und zeitlichen Aufwand begründet. Abschreckendes Beispiel für die Wahl des Gemeinderatsmodells ist das politische Scheitern von Vorstößen im Gemeinderat, die von den Foren beschlossen wurden.254 Auch im Gemeinderatsmodell soll die Umsetzung der Agenda im Konsens aller gesellschaftlichen Gruppen erfol248 Stoff-Isenberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 129 (135); positive Erfahrungen aus dem Landkreis Rottal-Inn schildern auch: Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (94), bei der Mitarbeitervorbereitung auf Agenda-Projekte; Adamaschek, VOP Sonderheft 1/2001, 37 (39). 249 Vgl. Mordhorst, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 61 (69); dazu unten: D.II.3. 250 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 46. 251 Thallmair, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 233 (235). 252 Eidenmüller/Issel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 155ff. 253 Vgl. dazu oben: B.III.3.b). 254 Vgl. Eidenmüller/Issel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 155 (157); Weber, Gute Beispiele, S. 12; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat,

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gen. Das Verständnis von Bürgereinbeziehung ist in diesem Fall nur ein eingeschränktes. Öffentliche Veranstaltungen haben primär das Ziel der Ideensammlung. Das Konzept des Gemeinderats soll dann von den Akteuren umgesetzt werden. Auch die Prozessevaluation soll über die Vorlage und Beratung des Gemeinderats geschehen.255 Die hervorgehobene Eigenverantwortung der Akteure kann sich nur beschränkt entfalten. Zwar wird richtig erkannt, dass die Umsetzung aus eigener Überzeugung eine gemeinsame Erarbeitung von Zielen und Aktionsplänen voraussetzt,256 ein für die Akteure motivierendes Maß an Mitwirkung ermöglicht jedoch nur eine großzügige Handhabung dieses Modells. Ein geringerer Kontrollaufwand, wie ihn einige als Vorteil dieses Modells betrachten,257 ist zweifelhaft. Trotz Gemeinderatsbeschluss kann die nicht eindeutige Positionierung der Verwaltungsspitze oder verschiedener Dezernate Probleme bereiten. Zudem kann die Gemeinderatslösung zur Ausklammerung von Konflikten tendieren. „Politikverflechtung“ kann die Kombination von Hierarchie, Verhandlungen und demokratischer Kontrolle zur erfolgreichen Bewältigung der Probleme aushebeln.258 Eine geringere Kontrolle erscheint damit nur bei einer Nivellierung des qualitativen Prozessniveaus erzielbar. d) Bürgermeistermodell Beim Bürgermeistermodell hat der Bürgermeister oder eine vergleichbare kommunale Spitzenposition den Anstoß zum Entwurf gegeben.259 Diese „Urheberschaft“ wirkt dabei auch auf die Ausrichtung der Agenda 21. Anders als die bisweilen von Partikularinteressen geleitete Initiierung einer lokalen Agenda 21 aus dem Gemeinderat,260 ist das Bürgermeistermodell eher auf die Sicherung kommunaler Zukunftsfähigkeit bedacht.261 Neben der UnS. 279f.; vgl. auch: Linder/Vatter, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 181 (183f.). 255 Eidenmüller/Issel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 155 (159). 256 Eidenmüller/Issel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 155 (157). 257 Eidenmüller/Issel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 155 (158). 258 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (68f.). 259 Vgl. auch: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 36; etwa dem Senatspräsidenten in Bremen, vgl. Weber, Gute Beispiele, S. 10. 260 Diese Situation kann auch in „bottom up“-geprägten Prozessen auftreten. So hat der unter ökologischer Schwerpunktsetzung begonnene Münchner Prozess unter Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters und Beteiligung der Stadt auch einen besonderen Schwerpunkt Strategie Arbeit und Wirtschaft hervorgebracht, vgl. Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (88); Strobach, Die Agenda 21, S. 17. 261 Frenken/Hanel, VOP 1–2/2001, 18 (19).

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terstützung durch politische Meinungsbildner wirkt dies als Erfolgsfaktor.262 Die Person des Bürgermeisters wird in besonderer Weise mit der Situation der Gemeinde in Beziehung gesetzt. Strukturell wirkt sich dieses Phänomen stärker aus, je kleiner die Gemeinde ist. In kleineren Gemeinden ist die Anerkennung der lokalen Agenda 21 zumeist sicher, wenn der Bürgermeister sich die Agenda zu Eigen macht.263 Aufgrund seiner zentraler Stellung und der faktisch noch darüber hinausgehenden Autorität ist der Prozess gegen den Bürgermeister in kleineren Gemeinden quasi gar nicht zu initiieren.264 Die insbesondere in ländlichen Regionen auftretende Verknüpfung der Nachhaltigkeitsidee mit einer Person leidet unter einem potentiellen Kontinuitätsdefizit, so dass dieses Modell besonderes Augenmerk auf die Institutionalisierung des Prozesses legen muss.265 Der Ablauf des Bürgermeistermodells gleicht der üblichen Planungsfolge. Ein Beschluss des Gemeinderats entscheidet über die Aufstellung einer lokalen Agenda 21 und die dabei zu berücksichtigende Vorgehensweise. Sie muss nicht auf einen rein von der Verwaltung ausgearbeiteten Entwurf zielen. Häufiger als bei Gemeinderatsdominanz sind repräsentative und partizipative Elemente für eine gemeinschaftliche Umsetzung enthalten.266

262 Auch: Rees, Planning for Sustainable Development, S. 36; Gege, in: Sibum/ Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 71 (73); Mitschang, DÖV 2000, 14 (15); vgl. schon: Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 276ff.; Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 43; Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (53). 263 Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (9). Dessen Engagement wird daher auch als der bei weitem bedeutendste Faktor für die Initiative eingeschätzt, vgl. Banner, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 77 (83). Dies gilt jedoch auch für Kleinstädte, vgl. Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 43. Allgemein zur Bedeutung des Engagements Einzelner in der Startphase: Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (42), mit den Beispielen München und Köpenick; Libbe, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 61 (63). 264 Dernbach, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit S. 26 (27). 265 Maier, RuR 2000, 150 (158); BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 45. Dies gilt etwa aufgrund der Wahlperiode des Bürgermeisters. Gleiches gilt auch in Großstädten, Brand/Christ/Heimerl, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 241 (251). 266 Vgl. Weber, Gute Beispiele, S. 10f. etwa die Aufstellung mittels Runder Tische in Bremen.

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3. Probleme der Verwaltungsagenda Die Anzahl der unter Beteiligung der oder durch die Verwaltung erstellten lokalen Agenden weist auf die Bedeutung der Verwaltung als einer der wichtigsten Akteure hin.267 Sie erscheint teilweise als „Grundvoraussetzung“ der lokalen Agenda 21.268 Dem steht heftige Kritik gegenüber, die der Verwaltung teilweise schon grundsätzlich die Eignung zur Verfahrensführung in lokalen Agenda-Prozessen abspricht.269 Die Kumulation von finanziellen und personellen Mitteln bewirkt ein besonderes Gewicht der Verwaltung im Agenda 21-Prozess.270 Ein adäquates Gegengewicht können dabei nur Einheiten darstellen, die ein ähnliches oder größeres Maß an finanziellen oder personellen Mitteln aufweisen. Als solche kommen etwa engagierte Unternehmen bzw. Unternehmer, große Nichtregierungsorganisationen, Kirchen, Universitäten und vergleichbare Institutionen in Betracht.271 Die Mehrheit der Kommunen kann einen solchen Akteur jedoch nicht aufweisen. Bei diesen bleibt die Verwaltung als besonderer Akteur in einer Alleinstellung. Daher sind die Hemmfaktoren eines Agenda 21-Prozess aus der Verwaltungssphäre besonders relevant. Durch eine Analyse der eigenen Hemmfaktoren wird es möglich, grundsätzlich nicht erfolgversprechende Umsetzungsmodelle für die spezifischen Bedingungen eines Ortes auszuscheiden. Die Konfliktbewältigung kann in den Bereichen Personalstruktur [3.c)], Organisationsstruktur [3.b), d), f)], Prozessstruktur [3.b), e), f)] und Programmstruktur [3.a), b), f)] gestört sein.272 a) Kurzfristorientierung von Mandatsträgern und Verwaltung Inhaltlich weisen „top down“-Modelle das Problem auf, die langfristige Perspektive nachhaltiger Entwicklung nicht genügend zu berücksichtigen. Dies wird auf strukturelle Defizite in der kommunalen Politik zurückgeführt. Sie beruhen wiederum auf Grundproblemen demokratischer Entscheidungsfindung,273 die gleichsam auch die Schattenseiten der Vorteile dezentraler Entscheidungsfindung sind. 267

Dazu oben: B.II.2.; BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 55. Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (19). 269 Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 14. 270 Auch: Pippke, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 133 (136). 271 Vgl. Müller/Schönfeldt, Der Landkreis 2003, 441 (443). 272 Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 108. 273 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 378; Kahl/Glaser, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 9 (11). 268

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Die Nutzung der Normkonkretisierung und politische Planung bedürfen Mut zur politischen Verantwortung.274 Nachhaltigkeitspolitik der gemeindlichen Entscheidungsorgane hat kaum Aussicht auf Wählerstimmen, gerade wenn es um die Auferlegung von Lasten für die Bürger geht.275 Die Mandatsträger sind auf kurzfristige Erfolge und damit gegenwärtige Belange276 angewiesen, um ihre Aussichten auf eine Wiederwahl nicht zu gefährden.277 Deshalb besteht ein stärkerer Anreiz, bei der Wahlentscheidung primär den privaten Nutzen zu berücksichtigen. Die Auswirkungen auf öffentliche Güter bilden nur einen mitnehmbaren „Nebeneffekt“.278 Dies begünstigt wiederum prozessorientierte und inkrementalistisch-sichtbare Vorgehensweisen, die langfristigen Herangehensweisen gegenüberstehen.279 Die Langfristigkeit nachhaltiger Entwicklung geht jedoch über die Amtszeit der initiierenden Gemeindevertreter hinaus.280 Deshalb wird die Langzeitverantwortung vernachlässigt.281 Die besondere Nähe der Mandatsträger zu den Bürgern der Gemeinde ermöglicht dazu eine besonders schnelle Rückkoppelung der Mandatsträger über den verfolgten Politikstand. Auf kommunaler Ebene ist häufig eine pragmatische Einstellung der Politiker feststellbar. Diese kann positiv wie negativ wirken. Ermöglicht sie auf einer Seite experimentelle Flexibilität der Gemeinden für neue Politik- und Entwicklungsmodelle, kann sie auf der anderen Seite dazu führen, dass ein Machtwechsel auf kommunaler Ebene nicht zwingend zu einem Politikwechsel führt.282

274

Sendler, UPR 1981, 1 (12). Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 84. 276 Dazu: E.III.2.b)bb). 277 Auch: Kahl/Glaser, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 9 (11); Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64 (66); Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (10). 278 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 69. 279 Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (175); Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (156). Kommt dazu ein Selbstverständnis als Interessenvertreter, was häufig mit einer Politisierung der Debatte verbunden ist, hinzu, wird zusätzlich zur Gefährdung der Langfristperspektive auch die Optimierung der Nachhaltigkeitspolitik gefährdet. Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 73; ähnlich auch: Zilleßen, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 115 (119). 280 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (10); Maasberg, RuR 1998, 90 (93); Menzel, ZRP 2001, 221 (228). 281 Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 71. 282 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (71). 275

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b) Steuerbarkeit der Verwaltung Die Verwaltung ist wegen ihrer Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) „nicht in der Lage, in größerem Umfang zukunftsgestaltend tätig zu werden“.283 Die Problematik dieses Zitats stellt sich auch im klassischen Verwaltungsmodell der lokalen Agenda 21. Insbesondere bei Planungen passt das Bild einer justizförmigen Verwaltung, die durch das Gesetz programmiert wird und dieses bürokratisch und unpolitisch vollzieht,284 nicht mehr.285 Organisation, Verfahren und Personal haben in den Entscheidungsabläufen eine höhere Bedeutung gewonnen. Die Komplexität der Aufgaben fördert dies noch.286 Dadurch kann die Verwaltung einen Informationsvorsprung gewinnen, der zur Lösung von politischen Programmen und Eigengesetzlichkeit führen kann.287 Im Ergebnis programmiert sich die Verwaltung damit zu einem nicht unerheblichen Teil selbst.288 Dies führt auch zu einem Wahrnehmen politischer Funktionen und einer nur scheinbaren Steuerung der Verwaltung.289 Auf kommunaler Ebene hängt das Ausmaß einer solchen Verwaltungsverselbständigung zu einem Gutteil von der Führungsstärke Gemeinderats ab.290 Dem Bürgermeister kommt, soweit er die Stellung eines Verwaltungsleiters innehat, dabei besondere Bedeutung zu. Das Problem wirkt sich insbesondere in Verwaltungsgemeinschaften291 aus, bei der die Verwaltung durch ein Gremium von Bürgermeistern und Gemeinderatsmitgliedern kleiner Gemeinden geleitet wird.292 283

Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 192. BVerfGE 95 1, 16; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 243ff.; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 192. 285 „Nahezu unbeschränkt Raum für eine ‚experimentelle Verwaltungspraxis‘“, Schmidt, DÖV 1994, 749 (751). 286 Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 56. 287 Becker, Wege und Möglichkeiten einer ökologischen Stadtplanung, S. 63; Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (10); Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (231); G8, G5 (vgl. Anhang). 288 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 270f.; schon Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 170; Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 173; Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (11); ähnlich aus der Exekutive selbst: Zach, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 137 (139); G8, G5 (vgl. Anhang). 289 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 272; vgl. auch Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 170ff.; Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 173; Zach, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 137 (139); Zilleßen, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 115. 290 Vgl. Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 56; Banner, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 77 (81ff.). Dies gilt aber auch für den Bürgermeister, G8, G5 (vgl. Anhang). 284

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Vor allem in ländlichen kleinen Gemeinden ist die Qualifikation der Bürgermeister häufig nicht mit denen der Amtskollegen in mittleren Städten und Großstädten vergleichbar. In kleineren Gemeinden führt dies aufgrund der dortigen sozialen Strukturen und der kleineren Verwaltung nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Verselbständigungstendenzen der Verwaltung.293 Bei Verwaltungsgemeinschaften jedoch, die gerade zur qualifizierteren und effektiveren Aufgabenerledigung entworfen worden sind,294 stellt sich die Situation anders dar. Hier kann es zu einem „Qualifikationsvorsprung“ der Verwaltung gegenüber den Bürgermeistern kommen. Dieser wird jedoch nicht durch eine gegenwirkende soziale Struktur aufgewogen. Vielmehr führt die Entscheidungsfindung in Mehrpersonengremien noch zu einer Schwächung der Führung. Der Gemeinschaftsvorsitzende hat, auch wenn er qua Gesetz eine dem Ersten Bürgermeister ähnliche Stellung innehat,295 politisch eine schwächere Position. Sie gleicht aufgrund der Wahl aus der Mitte der Gemeinschaftsversammlung296 sowie der dem Ersten Bürgermeistern verbleibenden Kompetenzen297 mehr einer „primus inter pares“ Stellung. Die diversifiziertere Entscheidungsfindung ist in erhöhtem Maße auf die vorbereitende organisatorische Arbeit der Verwaltung angewiesen. Sie kann der vorbereitenden Tätigkeit der Verwaltung faktisch keine hinreichende Kontrolle angedeihen lassen. In dieser Situation kann die Verwaltung leichter antizipativ die Politik in informalen Entscheidungsprozessen beeinflussen.298 Aufgrund der organisationsbedingten Schwäche des Entscheidungsgremiums hängt die Verwaltungsverselbständigung insbesondere von der Person des Geschäftsstellenleiters der Verwaltungsgemeinschaft ab. Dessen Stellung ist in der Verwaltungsgemeinschaft herausgehoben. Häufig wird er aus finanziellen Gründen der einzige Beamte im gehobenen Dienst sein, der zu291 Hier nur beispielhaft anhand der Bayerischen Verwaltungsgemeinschaftsordnung. Grobübersicht der einzelnen Bundesländer bei: Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 465. 292 Näher: Schober, in: Widtmann/Grasser, BayGO, Art. 6 VGemO Rn. 2ff. 293 Trotzdem ist der Einfluß der Verwaltung in der Regel erheblich, G8 (vgl. Anhang). 294 Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Art. 1 VGemO Erl. 1; Schober, in: Widtmann/Grasser, BayGO, Art. 1 VGemO Rn. 6ff. 295 Vgl. Art. 6 IV BayVGemO, Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Art. 6 VGemO Erl. 2; Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 461; Schober, in: Widtmann/Grasser, BayGO, Art. 6 VGemO Rn. 10. 296 Vgl. Art. 6 III BayVGemO. 297 Art. 4 II BayVGemO, Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Art. 4 VGemO, Erl. 2.2; vgl. Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 456f. 298 Vgl. Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (231); G5 (vgl. Anhang).

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dem an den Gemeinschaftsversammlungen beratend teilzunehmen hat und auch Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen bekommen kann.299 Der Gemeinschaftsvorsitzende hat zwar die Dienstaufsicht über die Dienstkräfte der Verwaltungsgemeinschaft (Art. 6 Abs. 4 BayVGemO). Seine Stellung ist jedoch durch den Geschäftsstellenleiter in der Realität wesentlich eingeschränkt.300 Bei einer Führungsschwäche in der Gemeinschaftsversammlung bedarf es insbesondere mit einem Qualifikations- und Informationsvorsprung des Geschäftstellenleiters nur eines kleinen Schrittes zu dessen eigenständigem unlegitimierten Wirken.301 c) Personalstruktur Die Qualifikation der Mitarbeiter und deren Verteilung in der Verwaltung setzen der Verwaltungsagenda einen Rahmen, der grundlegende Bedeutung für den weiteren Fortgang des Prozesses hat. aa) Qualifikation der Mitarbeiter Die Einbindung von Akteuren in einen lokalen Agenda 21-Prozess fordert bei der Wahl eines Verwaltungsmodells neue Fähigkeiten von den Mitarbeitern.302 Für partizipative Bemühungen schließt dies die Fähigkeit ein, als „Manager“ für einen ergebnisorientierten Prozess mit mediatorischen Diskursen tätig zu sein.303 Hohe Anforderungen an die fachliche Qualifikation, Unsicherheit angesichts der drohenden ominösen Aufgabenstellungen und die plötzliche Erwartung selbstständiger kreativer Arbeit ergeben eine Überforderungsgefahr.304 Neue Planungsinstrumente gehören weder zur Standardarbeit der Verwaltung, noch sind die Mitarbeiter auf diesen Feldern ausgebildet.305 Die scheinbar „auf der Hand“ liegende Forderung nach Weiter299 Vgl. Art. 7 II BayVGemO; Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Art. 7 VGemO, Erl. 1, 3; in der Praxis ist diese Übertragung die Regel, Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 461. 300 Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 461. 301 Zur Legitimation: Ossenbühl, in: Horn (Hrsg.), Recht im Pluralismus, S. 103 (117); G5 (vgl. Anhang). 302 Vgl. auch unten: E.III.1.b), E.III.2, E.V.3.c). 303 Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (175); Haigis, BdW 2002, 219 (220). 304 Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 80, 86f.; Hill, BayVBl 2002, 321 (324); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (20); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 135. Ebenso auf Seiten der die Verwaltung beauftragenden Gemeinderäte: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 74f. Dies sieht Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 134, als entscheidendes Problem, da mangelnde Qualifikation oft schon in den Fachbehörden festzustellen sei. 305 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31).

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bildung306 tritt jedoch in den Rückmeldungen der Gemeinden über den Agenda-Prozess kaum zu Tage.307 In den Veröffentlichungen scheinen nur bestqualifizierte Mitarbeiter mit dem Prozess betraut. Offizielle Verlautbarungen der Kommunen zu diesem Thema weisen Ähnlichkeit mit einer neueren Werbestrategie auf.308 Nur vereinzelt wird problematisiert, dass die Mitarbeiter die Methoden für die angestrebte Partizipation der Bürger nicht beherrschen.309 Die Städte, die diese Defizite auch nach außen kommunizieren, setzen sich in der Regel konstruktiv mit diesen auseinander. Sie haben zugleich eine Vorbildfunktion und einen grundsätzlich positiven AgendaProzess.310 Die überwiegend positive Darstellung der Prozesse steht im Widerspruch zu der Meidung neuer Partizipationsmethoden.311 Sie ist Indiz für die gleiche Lage in anderen Städten. Das Verschweigen eigener Qualifikationsmängel ist verständlich. Es kann den Mitarbeitern nicht zum Vorwurf gereichen, neue Methoden nicht zu beherrschen. Die einzubeziehenden Akteure als Zielgruppe steht vor dem gleichen Problem.312 Das Auftreten dieser Art von „Problemlösung“ kann aber Indiz für ein Defizit in der Kommunikationskultur des „Unternehmens“ Gemeinde sein. Etabliert sich diese Art von „Problemlösung“ in der täglichen Arbeit, drohen auch dort Schwierigkeiten. Motivationsverlust nach anfänglichen Problemen kann zu einer dauerhaften Hemmung des Prozesses führen.313 Zudem drohen ernste Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der Gemeinde. 306 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 64f.; Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 54; Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 164f.; Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 15; eingehend zu den Anforderungen: Pippke, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 133ff. 307 Ein scheinbar verbreiteter Verwaltungsreflex. Gleiche Erfahrungen schildert Rothgang, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 269, für die Verwaltungsreform. 308 Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9; dieses Phänomen ist schon lange vor der Etablierung der Agenda 21 in der Kritik gewesen, vgl. Hahlweg, Der Städtetag 1987, 310. 309 So die Stadt München, vgl. Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 101; auch: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 11, „wenige Erfahrungen“; Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 105f. „überfordert“. 310 Vgl. etwa München und Heidelberg, Fn. 309. 311 Dazu unten: E.IV.10. 312 Vgl. die Schilderung aus Sicht eines Teilnehmers: Liberum-Grammel, in: Bremer Umwelt Beratung e. V. (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung, S. 44, sowie: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 11. 313 Stark, Lokale Agenda 21, S. 5. Es gelingt nicht ausreichend, dass sich die Mitarbeiter mit dem angestrebten Ziel identifizieren, woraus Unsicherheit und Unzufriedenheit resultiert, Crux/Schwilling, Die sieben Fallstricke der strategischen Planung, FAZ Nr. 142 vom 23.06.2003, S. 20.

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bb) Personalverteilung und -separation im Öffentlichen Dienst Die Verwaltung beschäftigt unterschiedlich qualifiziertes Personal im mittleren, gehobenen und höheren Dienst.314 Die Präsenz dieser Beschäftigungsgruppen und die damit verbundene Präsenz von Fachleuten ist nicht homogen verteilt. In Überwachung und Genehmigung sowie Verwaltungsvollzug ist eine Dominanz des gehobenen Dienstes festzustellen, wohingegen im Bereich der Planung wissenschaftsbasierter höherer Dienst dominiert.315 Der gehobene Dienst mit dem Schwerpunkt des Verwaltungsvollzugs ist in durchschnittlichen Kommunalverwaltungen stark vertreten. Naturwissenschaftlich oder ingenieurwissenschaftliches ausgebildetes Personal, Wirtschafts- oder Sozialwissenschaftler finden sich erst in größeren Gemeinden und Fachbehörden.316 Neben dieser unterschiedlichen „Qualifikationsdichte“ finden sich Mechanismen, die zusätzlich auf die inhaltliche Aufgabenerledigung in der Verwaltung einwirken. Die Umsetzung materiellen Umweltrechts erfolgt gegenüber wirtschaftlichen Interessen häufig mit geringerer politischer Initiative.317 Dies fördert Vollzugs- und Motivationsdefizite in den „alleinstehenden“ Umweltämtern. Lübbe-Wolff berichtet von Unterschieden in der Besoldung, die Mitarbeiter im Bau- und Planungsamt gegenüber gleichqualifizierten Mitarbeitern im Umweltamt bevorteilen und auf die Motivation karriereorientierter Mitarbeiter wirken. Einflussnahme erfolgt selten unmittelbar, sondern über Hinweise für Karrierechancen. Sie äußert sich im erwünschten Einfluss des Mitarbeiters auf die Auslegungs-, Ermessens- und Abwägungsspielräume. Selten, aber dennoch überliefert sind rechtswidrige mündliche Anweisungen, entsprechende (umweltrechtliche) Regelungen „lasch“ zu vollziehen.318

314

Entsprechendes gilt für die Angestelltengruppen. Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (295); Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (232); zu der Dominanz der Juristen in der Umweltverwaltung, Franke, in: Gawel/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Rationale Umweltpolitik – Rationales Umweltrecht, S. 141 (157f.). 316 Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (232). 317 Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Bausteine einer zukunftsfähigen Wirtschaftsund Umweltpolitik, S. 177. 318 Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (219f.); vgl. auch: Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 288ff. 315

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d) Organisations- und Prozessstruktur Die Verwaltung stößt bei der Organisation von lokalen Agenda 21-Prozessen auf grundsätzliche operationelle Schwierigkeiten und strukturelle Defizite.319 aa) Arbeitsabläufe Verwaltungen mit konventionell hierarchisch-bürokratischen Arbeitsabläufen sind durch Regel- statt Zieldenken geprägt.320 Die hierarchische Organisationsgliederung und bürokratische Arbeitsabläufe können Kreativität und Flexibilität der Mitarbeiter behindern.321 Entscheidungsbefugnisse an der Organisationsspitze implizieren die fachliche Überlegenheit der Leitung. Die Handlungsinitiative ist primär auf die Leitungsebene zugeschnitten.322 Die Mitarbeiter der Verwaltungen befinden sich zudem in einem Unsicherheits-, Flexibilitäts- und Komplexitätsdilemma.323 Bei unüberschaubaren Folgen von Innovationen besteht in der Verwaltung der Erfahrungssatz, Risiken zu meiden.324 Er beruht auf der politischen Entscheidungsfindung in demokratischen Systemen.325 Mandatsdruck und Kurzfristorientierung, dem die politischen Entscheidungsträger ausgesetzt sind, führen dazu, dass negative Folgen oder Fehlschläge auf die Initiatoren und Förderer der Innovatio319 Kommunikations- und Kooperationshemmnisse, insbesondere eingefahrene Entscheidungsstrukturen, vgl. Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (27); zu den strukturellen Problemen in der Verwaltung auch oben: D.II.3.a); D.II.3.c); D.II.3.d)cc). 320 Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (180). Zu den ökonomischen Hintergründen hierarchischer Organisation in Unternehmen: Barth/Kiefel/Wille, Unternehmen im Markt – Markt im Unternehmen, FAZ Nr. 173, v. 29.07.2002, S. 22. 321 Schwarz, Sozialmanagement, S. 68; Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (48); Adamaschek, in: Naschold/Oppen/Wegener, Innovative Kommunen, S. 107 (117); Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 46. Hierbei handelt es sich um typische Probleme des rationalen Organisationsmodells, vgl. Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 53, 62f. 322 Dort spielen auch Herrschaftsaspekte mit ein: Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 63. 323 Grimmer/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 7 (17). 324 Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (302); dies ist allerdings ein Phänomen, dass größeren Organisationseinheiten immanent zu sein scheint, vgl. Neubauer, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), Führung und Leitung in sozialen Organisationen, S. 99; Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 82; Lindblom, The intelligence of democracy, S. 144. 325 Lindblom, The intelligence of democracy, S. 144; vgl. auch: Adamaschek, in: Naschold/Oppen/Wegener, Innovative Kommunen, S. 107 (118ff.).

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nen zurückfallen.326 Insbesondere kleinere Verwaltungen sind damit konfrontiert, dass Fehler in der Verwaltung Proteste und eine schnelle Politisierung zur Folge haben.327 Die Komplexität und das Bemühen um Risikomeidung führen zur Schwerpunktbildung auf bekannten Bereichen mit erprobten und vertrauen Maßnahmen.328 Mit der Risikomeidung bevorzugt die Verwaltung feste gesetzliche Mindeststandards. Sie dienen als rechtfertigender Rückhalt, da die Verwaltung einem starken Rechtfertigungsdruck in Zulassung und Vollzug von Anlagen seitens Betreiber wie politischer Entscheidungsträger aufgrund des interkommunalen Standortwettbewerbs ausgesetzt ist.329 Das grenzwertbezogene Denken fördert wiederum eine Technokratisierung der Stadtentwicklungsplanung, die der integrativen Betrachtung der drei Dimensionen entgegensteht.330 Die Konzentration auf die Tücken im Verwaltungsablauf und das kommunalpolitische Tagesgeschehen kann eine Tendenz zur „Beschäftigung mit sich selbst“ begünstigen und erklärt die selbstbezogenen gemeindegeprägten Agenda-Initiativen.331 bb) Arbeitsbelastung Aufgabenüberlastung in den zuständigen Ämtern lässt die kommunale Agenda als zusätzlichen „Klotz am Bein“ erscheinen.332 Die zusätzliche Belastung wirkt sich nicht positiv auf den Prozess aus.333 Gerade die stark zu326 Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 46; Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 289f.; ähnlich für die politische Durchsetzbarkeit: Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stoffstromrecht, S. 106f. 327 Die gilt gerade bei kompetetivem Politikstil in der Gemeinde, Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (225f.); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (23). 328 Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 52. Dieses Phänomen ist aber insgesamt in größeren Organisationseinheiten feststellbar, Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13. 329 Gerade angesichts des verschärften interkommunalen Standortwettbewerbs: Lübbe-Wolff, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2000, S. 77 (80f.). 330 Ähnlich: Kloepfer, in: Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 20 (38), der wegen mangelnder Flexibilität und zunehmender Politisierung nur geringe Tauglichkeit zur Prüfung von Nachweltbelangen sieht. 331 Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (12); sowie ein Beispiel aus einer Gemeindebefragung bei: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 73. Vgl. schon oben: D.II.2.a) bei Fn. 247. Die Auffassung, komplexe und tief in Leben der Bürger eingreifende Aufgaben seien ein besonders geeignetes Aktionsfeld kommunaler Selbstverwaltung, Seele, Der Landkreis 1987, 375 (382), ist daher zweifelhaft.

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nehmende Aufgabenhäufung im Bau- und Umweltamt kann nicht durch Entlastungen etwa durch Freistellungen und vereinfachte Genehmigungsverfahren kompensiert werden. Durch die Aufgabenhäufung stellt sich das Dilemma, Kürzungen nicht ohne Gefährdung der bestehenden Vernetzung durchführen zu können, um nicht an anderer Stelle die Problematik zu verschärfen.334 In der Folge werden freiwillige flankierende Maßnahmen eingestellt, die aber gerade das Niveau in den Verwaltungsverfahren gesteigert haben.335 Die Überlastung mit Routineaufgaben fördert eine passive Rolle der Verwaltung im Prozess, die dann nur Problemlösungen ohne Verwaltungseigenaufwand interessieren.336 Lösungsvorschläge, nachhaltige Entwicklung nicht als zusätzliche Aufgabenstellung zu begreifen, sondern in bestehende Aufgaben und Ressorts zu integrieren,337 sind bei dieser Konstellation nicht zielführend. Es ergibt sich eine bloß scheinbare Arbeitneutralität, indem das Paket an zusätzlicher Arbeit aufgeschnürt auf mehrere Ämter verteilt wird. Auch die Grundannahme dieses Lösungsvorschlags ist unzutreffend. Ein Teil der Aufgaben der Agenda 21 ist nicht mit herkömmlichen Verwaltungsaufgaben und Verfahren zu verbinden, wie etwa Entwicklungszusammenarbeit338 oder die Initiierung neuer Partizipationsmodelle. Zusätzlicher Abstimmungsbedarf und vermehrte direkte Bürgerkontakte führen in Verbindung mit der Qualifikationsstruktur zumindest zu erheblichen Mehrbelastungen auf der Amtsleiterebene.339

332 Kuhn in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13; Suchy in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (48); Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 134 m. w. N. 333 Stark, Lokale Agenda 21, S. 46. 334 Vgl. v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (105); Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 88. 335 Etwa Verbesserungsmaßnahmen im Umweltschutz, Öffentlichkeitsarbeit, Fortbildung oder Verbesserung der Informationsgrundlagen; vgl. ähnlich auch: Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 88; Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 214. 336 Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 42; auch: Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 32; insbesondere für kleinere Gemeinden: FH Erfurt, Prozessindikatoren, S. 10. 337 Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (31). 338 Vgl. Grewe, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 261 (266). 339 Vgl. so auch: Haigis, BdW 2002, 219 (220).

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cc) Ressortsteuerung innerhalb der Verwaltung Die Steuerung und Steuerbarkeit der Verwaltung wird schon in den bestehenden Verwaltungseinheiten durch grundsätzliche Schwierigkeiten der Ressortsteuerung beeinflusst. Sie ergeben sich teilweise aus dem strukturellen Aufbau der Verwaltung, teilweise aus der jeweiligen Arbeitskultur. Diese Faktoren sind in vielfältiger Weise verbunden. (1) Ressortegoismus Auch in den Kommunen ist überwiegend eine säulenhafte Ausformung der Fachgebiete vorhanden.340 Insbesondere in den Fachbereichen Bauen und Umwelt ist vielfach ein tradiertes Berufsverständnis einer Verpflichtung gegenüber dem Bauen bzw. der Umwelt vorhanden.341 Spezialisierte Verwaltungsstrukturen erschweren ressortübergreifende und ganzheitliche Arbeit und damit auch die Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung.342 Es fehlt häufig an der optimalen eigenen Strukturnutzung der Verwaltung.343 Bei kleineren Verwaltungen finden sich diese Probleme mit Prozessverzögerungen aufgrund der geringeren Arbeitsteilung in geringerem Umfang.344 Das Ressortdenken verhindert oder erschwert querschnittsorientierte Arbeit bei der Entwicklung von Ressortegoismus.345 Diese Kooperationsprobleme können auch zwischen verschiedenen Behördenebenen auftreten, wenn unterschiedliche Planungszuständigkeiten betroffen sind.346

340

Franke/Löhr/Sander, AfK 2000, 243 (259). Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 33. 342 Maasberg, RuR 1998, 90 (94); Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (180); Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 14; Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 4f.; Roters, Zukünfte Nr. 20/1997, 64 (65); dazu: D.II.3.d)cc)(3) bei Fn. 364. 343 Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u.a (Hrsg.), Agenda 21, S. (151). 344 Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (224). 345 Hesse, RuR 2000, 103 (113); Zach, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 137 (139). Dies geht soweit, dass sogar die Ressortbereiche, die eigentlich integrativ arbeiten wollen, dies durch den ausgeprägten Ressortegoismus nicht verwirklichen können, Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (12); vgl. schon: Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 206. In Verwaltungen, die sich bereits in einer Reform befinden und in denen die Notwendigkeit kooperativen Arbeitens stärker durchgesetzt ist, wird auch die lokale Agenda 21 leichter eingebunden, Feindt/Weber/Weinelt, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 217 (225). 346 Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77 (80); Foerster-Baldenius, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 147 (147, 150); Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 27; G1 (vgl. Anhang). 341

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Die sektorale Denkweise kann bei der Zusammenarbeit der Verwaltung noch mit den Prinzipien der Kollegialität und Nichteinmischung in die Aufgabenstellung verbunden sein. Dies gleicht einem tauschartigen „do-utdes“-Handeln mit dem Resultat längerfristiger informaler Verpflichtungen.347 Forderungen bzw. Zugeständnisse werden an andere Ressorts so angeglichen, dass keine Aufgabenerschwerung eintritt. Damit verbunden ist die Erwartung, dass sich die andere Behörde ähnlich verhält.348 Ämtern mit nur geringer Entscheidungskompetenz fehlt das Tauschpotential für Gegenleistungen, so dass sie in der Zusammenarbeit nur eine geringe Durchsetzungskraft erlangen können.349 Kleinere Verwaltungen sind dabei durch die stärkere soziale Kontrolle der Mitarbeiter geprägt. Dies kann sich bei Reformbemühungen vorteilhaft auswirken.350 In ungünstigen Konstellationen verstärkt es jedoch sektorale Denkweise und Nichteinmischungsprinzip noch. Diese Faktoren können dazu führen, dass Zusammenarbeit höchstens in Randbereichen stattfindet.351 Die Umsetzung langfristiger Integration und gleichrangiger Berücksichtigung der Dimensionen der Agenda 21 ist dann kaum zu bewältigen.352 Der Ressortegoismus kann bis zu einem kaum verdeckten Gegeneinanderarbeiten der Ressorts in der Verwaltung führen.353 Im anderen Extrem verleitet die Organisation von Zuschreibung zielbezogener Zuständigkeiten andere Ämter, passiv zu bleiben, was wiederum dem Querschnittscharakter entgegenläuft.354 (2) Spiegelreferate Um den unerwünschten Resultaten sektoraler Entscheidungen in den einzelnen Ressorts entgegenzuwirken, ist der Vorschlag aufgekommen, Spiegel347 Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 227f.; vgl. Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (344). 348 Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 198. 349 Vgl. Haaß, Handlungsspielräume, S. 167. 350 Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 81 (96f.). 351 Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31; Roters, Zukünfte Nr. 20/1997, 64 (65). 352 Von ausschlaggebender Bedeutung: Müller, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 159 (165). Mit der Forderung der Umorganisation der Verwaltung als Bedingung nachhaltiger Entwicklung, Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 47. 353 Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 42. 354 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 74; Stark, Lokale Agenda 21, S. 46; Seele, Der Landkreis 1987, 375 (380); Rothgang, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 269 (275) mit dem Beispiel Wuppertal.

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referate einzurichten.355 In den Spiegelreferaten sollen die Verwaltungsressorts die Anforderungen und Auswirkungen der Entscheidungen, bei denen sie (ur)zuständig sind, auf andere Referate berücksichtigen. Die Einrichtung von Spiegelreferaten führt nahezu unweigerlich zu einer zusätzlichen Aufblähung des Verwaltungsapparates, der mindestens erhöhte Reibungsverluste hervorrufen würde. Die kommunale Verwaltungsarbeit konzentriert sich etwa bei kommunalen Umweltschutzaufgaben bereits zu 70% auf Abstimmungsarbeit; lediglich 30% der Arbeit werden noch für die eigentliche Vollzugsarbeit aufgewendet.356 Dies zeigt die grundsätzlich erforderliche Spezialisierung der Aufgabenerledigung innerhalb der Verwaltung. Auch eine monofunktional strukturierte Verwaltung stünde vor diesen Abstimmungsproblemen. Ein Allgemeinwohlbezug betrifft immer auch mehrere Fachbereiche.357 Vorteilhafter gegenüber der Einrichtung von Spiegelreferaten ist es, die Mitarbeiter der Referate zeitweise in den Fremdreferaten arbeiten zu lassen. Auf diese Weise kann sowohl eine höhere Sensibilisierung der Mitarbeiter für Belange anderer Referate erreicht werden als auch Flexibilität der Mitarbeiter. Der Austausch ermöglicht eine zielgenauere Abstimmung zwischen den Ressorts und erhöht die Einsatzfähigkeit der Mitarbeiter nach den Erfordernissen der jeweiligen Gemeinde. Einem referatstypischen „Korpsgeist“, der sich in Ressortegoismus niederschlägt und integrativer Zusammenarbeit entgegensteht, wird dadurch entgegengewirkt. Beim Personalwechsel muss allerdings möglichst eine konsensuale Einbindung der Mitarbeiter erfolgen.358 Gerade in den Augen langjähriger Mitarbeiter stellen strukturelle Veränderungen einen unwillkommenen Einschnitt in bequeme Routinen dar.359

355 Beaucamp, Das Konzept der Zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 181, mit Hinweis auf den Sachverständigenrat für Umweltfragen; für die Bundesregierungsebene auch Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665). 356 Vgl. Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 135. Grundsätzliche Überforderung mit der Lösung von Umweltproblemen, vgl. Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (13). 357 Sendler u. a., UGB-KommE, S. 554. 358 Zu den Vorteilen dieser Vorgehensweise bei Zielvereinbarungen: Hill, NVwZ 2002, 1059 (1060f.). 359 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-8. Daher könnte schon eine regelmäßige Versetzung der Sachbearbeiter zwischen den Sachgebieten solchen Routinen und der Schaffung von „Besitzständen“ vorbeugen.

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(3) Dezentralisierung als Lösung? Für die Bewältigung nachhaltiger Entwicklung in den Gemeinden wird häufig eine dezentrale Aufgabenerledigung als Lösungsansatz gefordert.360 Organisatorisch stellt die Dezentralisierung einen „Schlüssel des Neuen Steuerungsmodells“ dar.361 Eine „molekularen Verwaltung“ soll zur Entstehung eines Netzwerkes lokaler Dienstleistungen mit flexibleren und effizienter arbeitenden kleineren Einheiten führen.362 Dezentralisierung und Vernetzung haben jedoch auch Schattenseiten, die lokale Agenda 21-Prozessen abträglich sind. Die Dezentralisierung in der Verwaltungsorganisation, die vor allem durch die Verwaltungsreform befördert worden ist, erhöht zwar die Organisationsund Kostentransparenz in der Verwaltung, nicht aber zwingend die Arbeitsfähigkeit.363 Die dezentrale Ressourcenverantwortung führt zu größerer Zersplitterung, die durch ein „Dienstleistungsnetzwerk“ aufgefangen werden muss.364 Die Ressortkonkurrenz innerhalb einer Verwaltung kann sich durch 360 Dazu oben: D.II.3.f); Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 507f.; vgl. auch für den Umweltschutzbereich Seele, Der Landkreis 1987, 375 (380); dies entspricht mittlerweile auch der überwiegenden Aufgabenwahrnehmung, vgl. Haaß, Handlungsspielräume, S. 166. 361 Wollmann, in: Caulfield/Larsen (Eds.), Local Government at the Millenium, S. 63 (82f.), ähnlich: Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 21 (32f.); Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 97; Schwarting, Effizienz in der Kommunalverwaltung, S. 22f.; vgl. zusammenfassend: Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (227f.). 362 Vgl. Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 101 (104f.). 363 Vgl. Grimmer/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 7 (17); vgl. Seele, Der Landkreis 1987, 375 (380). Teilweise Erschwerung, Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (57); für Unternehmen auch: Barth/Kiefel/ Wille, Unternehmen im Markt – Markt im Unternehmen, FAZ Nr. 173, v. 29.07.2002, S. 22. 364 Franke/Löhr/Sander, AfK 2000, 243 (259); etwa durch verbindliche Rahmenvorgaben, regelmäßige Berichterstattung, Informationsaustausch etc, vgl. SchulzeFielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (254); vgl. Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 21 (31f.); dies., ebd., S. 81 (93). Daneben wird noch die Gefahr erhöhter Vereinnahme der kleineren Verwaltungseinheiten durch gesellschaftliche Akteure und die damit einhergehende verminderte Integrationskraft der Verwaltung genannt, Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 101 (112, 115f.); Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13.

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die organisatorische Abnabelung auch nach außen sichtbar verstärken. Tendenziell führt dies zur Erschwerung einheitlicher Entscheidungsfindung. In polyzentrischen und damit komplexen Netzwerkstrukturen stößt sie schnell an Grenzen der Durchführbarkeit.365 Dazu fördert die Finanzknappheit innerhalb der Kommune die Ausbildung dezentraler Konkurrenzen. Neben dem (gewollten) Wettbewerb führt sie zu Verlust an Synergien in den horizontalen und vertikalen Kooperationen.366 Zudem kann sachkundige Ortsnähe auch mit Günstlingswirtschaft und Interessengebundenheit verbunden sein.367 Die auftretenden Probleme sind jedoch weniger ein Ämterproblem, als ein strukturelles Defizit dezentraler Entscheidungsstrukturen.368 Je stärker zentrale Koordinationseinheiten zugunsten dezentraler Strukturen abgebaut werden, desto schwieriger wird es, die Teildisziplinen in dieser Vernetzung zusammenzuführen, um ganzheitliche Strategien umzusetzen.369 Die Zielsetzung steht somit in einem Spannungsverhältnis zum Koordinationsanspruch der Querschnittsorientierung, der der zersplitterten Verwaltung entgegenwirkt.370 Eine ganzheitliche Strategie benötigt für Vergleichbarkeit und Zusammenarbeit einen nutzbaren gemeinsamen Standard.371 Grundsätzlich ermöglicht eine sternförmig vernetzte Organisationsgliederung den Vorteil erheblicher Verfahrensbeschleunigung. In Modellversuchen digitaler Akten und Startphasen des E-Government ist der Vorteil bereits eingetreten.372 Solange aber die Behörden nicht flächendeckend ausreichend vernetzt sind, be365

Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 101 (107, 117, 119); vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 37. 366 Vgl. Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 21 (31f.); dies., ebd., S. 81 (93); Seele, Der Landkreis 1987, 375 (380). 367 Sendler, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), Planung und Plankontrolle, S. 55 (60). 368 Neubauer, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), Führung und Leitung in sozialen Organisationen, S. 99; vgl. auch Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (58); Püttner, Zentralisierungswirklichkeit und Dezentralisierungspotential, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (I), S. 159 (171); Roters, Zukünfte Nr. 20/1997, 64 (65); Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 29; dazu bereits oben: D.II.3.f) sowie: D.II.3.d)cc)(1). 369 Vgl. auch: Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (254f.). 370 Fürst, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 13 (29); Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (95). 371 Vgl. etwa der Vorschlag eines Auditverfahens, Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 98; StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-16f. 372 Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 34f.; vgl. auch: BSI, E-Government-Handbuch, Band I, I 1.

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steht die Notwendigkeit, integrative Aspekte innerhalb der bestehenden Organisationsformen zu stärken.373 Die Vorteile dezentraler Organisationsgliederung kommen derzeit, abgesehen von der erhöhten Kosten- und Organisationstransparenz374 noch nicht flächendeckend zur Entfaltung. (4) Ämterübergreifende Arbeit Als sinnvollster Lösungsansatz erscheint die Organisation ämterübergreifender Arbeit.375 Die organisatorisch kleinste Form ämterübergreifender Arbeit stellt die Einrichtung eines Sonderbeauftragten dar.376 In Korrelation zu der Gemeindegröße kann ab einer Einwohneranzahl von 10.000 Einwohnern etwa die Einrichtung eines Umweltbeauftragten eine sinnvolle organisatorische Maßnahme sein.377 Die Vorteile eines Sonderbeauftragten liegen in der Entlastung einzelner Arbeitsgebiete, der stärkere Betonung von Umweltschutz in der Planung sowie in der Bündelung von Umweltschutzwissen und klaren Verantwortlichkeiten. Ressortegoismus und Dezentralisierungsprobleme378 können jedoch auch einen Agenda-Beauftragten zum „Einzelkämpfer“ „auf verlorenem Posten“ in der bzw. gegen die Verwaltung machen, gerade wenn die dargestellte Umweltzentrierung auftritt.379 Ein Sonderbeauftragter kann schon denkgesetzlich eine Querschnittsaufgabe nicht im gleichen Maße befördern, wie das bei einer sektoral begrenzten Maßnahme möglich sein mag. Eine weitere Praxisentwicklung sind amts- und dezernatsübergreifende Arbeitsgruppen, um überkommene hierarchische Strukturen aufzubrechen.380 373

G6 (vgl. Anhang); vgl. für die Regierungsebene: Beaucamp, Das Konzept der Zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 181ff. 374 Grimmer/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 7 (17). 375 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (36). Bewährt insbesondere in Form der Arbeitsgruppe, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 71, oder als verwaltungsinterner Agenda-Koordinationskreis, Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u.a (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (151). 376 Zur Parallele in der Einbindung Mehrerer im Konzept der Bildung von Schwerpunktzuständigkeiten, vgl. Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 224. 377 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-7. Besondere lokale Gegebenheiten können jedoch auch schon für eine Einrichtung bei kleineren Gemeinden sprechen. 378 Vgl. D.II.3.d)cc)(1), D.II.3.d)cc)(3). 379 Pasternack, Der Landkreis 2003, 429. Vgl. etwa: D.I.3.a) bei Fn. 117. 380 v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (104); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 31; Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 30; Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (114).

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Diese sind in zwei Formen vorhanden. Aufgabenbezogene Projektgruppen381 behandeln punktuell alle Fachgebiete gemeinsam betreffende Aufgaben. Im kleineren Umfang haben sich dabei schon positive Ergebnisse in einer Konferenzbearbeitung von Umwelt- und Bauamt gezeigt.382 Die zweite Form dezernatsübergreifender Arbeitsgruppen besteht in der Bündelung von Initiative und Kompetenz der maßgeblich betroffenen Fachbereiche.383 Sie stellt die materiell umfassendere Herangehensform dar, die im Spannungsverhältnis von koordinierender Querschnittsorientierung und Dezentralisierung begründet ist384 und ist vor allem für komplexe Problemstellungen empfehlenswert.385 Ämterübergreifende Arbeitsgruppen zur lokalen Agenda 21 finden sich entweder zeitlich befristet oder als unbefristete zusammenführende Steuerungsaufgabe.386 Ihre positive Wirkung nimmt mit zunehmender Größe der Gemeinde zu. Bei kleinen Verwaltungen, die zumeist ohnehin einen überschaubaren Personalstamm haben, der in engem persönlichen Kontakt steht, sind sie nicht zwingend erforderlich.387 Die überschaubare Zusammenarbeit kommt dort schon der „ämterübergreifenden“ Zusammenarbeit sehr nahe. Bei der behördenübergreifenden Zusammenarbeit erfolgen in der Praxis bereits informelle Absprachen über das Verfahren in Standardfällen, um eine durch die Beteiligung staatlicher Fachbehörden unerwünschte Verlängerung der Verfahrensdauer zu vermeiden und so eine Effektivierung des Verfahrens zu erreichen.388

381

v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (104). So konnten im Praxisbeispiel 1/3 der eingehenden Fälle vorab in der Konferenz erledigt werden, Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 34f. Als sehr wichtig wurde die Arbeit der Projektgruppen auch von Verwaltungsmitarbeitern selbst in einer Umfrage bezeichnet, Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (56), 383 Vgl. Zimmermann/Otto-Zimmermann, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 237 (240), Bündelung von Stadtentwicklung, Verkehr und Umweltschutz. 384 Vgl. oben: D.II.3.d)cc)(3). 385 Etwa der angemessenen Überprüfung und Fortschreibung von Risikoanalysen, Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (138). 386 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 56; Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (114). 387 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-6. 388 Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 28. 382

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e) Partizipationsfeindlichkeit Die strukturellen Probleme in der Verwaltung sind eng mit der Frage der Partizipationsfeindlichkeit der Verwaltung verknüpft.389 Die deutschen Verfahrensträger tun sich im Gesamtbild noch schwer mit innovativen Kooperationsprozessen.390 Partizipation der Bürger wird von der Verwaltung vor allem wegen geringer Innovations- und Kompetenzgewinne, Doppelarbeit und Aushöhlung der legitimierten Steuerungsinstanzen negativ beurteilt.391 Bei hierarchisch-bürokratischen Verwaltungen, die in hoheitlichem Selbstverständnis verharren, ist dies besonders ausgeprägt.392 Eine aktive Bürgerschaft kann als Konkurrenz wirken, die viele Verwaltungsmitarbeiter Partizipationsforderungen reserviert begegnen lässt.393 Insbesondere bei der Entwicklung besserer bürgerschaftlicher Lösungen gegenüber amtlichen Entwürfen ist immanent damit der Vorwurf der Vernachlässigung der Verwaltungspflichten verbunden,394 die auch die eigene Position in Frage stellt.395 Verwaltungsmitarbeiter geraten dadurch in die Defensive.396 Das behördliche Selbstverständnis basiert auf der Überzeugung, gesetzmäßig berufener Träger für die Ausführung der Gesetze zu sein. Die internen Arbeitsabläufe sind in der Regel vom Prinzip gegenseitiger Nichteinmischung397 geprägt. In Verbindung mit dem Selbstverständnis führt dies dazu, dass jeder Vorstoß von Bürgern als „störende Einmischung“ und Hemmnis der Arbeit erscheint.398 Nicht selten tritt aber die Verzögerung der Planung deshalb auf, weil die Bürgerbeteiligung zu spät durchgeführt worden ist.399 Als Konsequenz werden „störende“ Bürgereingaben in der Abwä389 Insgesamt vor allem lineare Aufgaben- und Verantwortungsverteilung, Ressortbudgets und Erfolgsbilanzierung, Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 14. Sie stellt sich parallel in den Bereichen Verwaltungsreform und der Förderung einer neuen Planungskultur, dazu: Stein: RuR 1995, 393; dazu: D.II.3.f). 390 Eberhardt, ZAU 11 (1998), 72 (74). Vgl. etwa unten: E.IV.10 bei Fn. 712; sowie unten: E.III.1.c)aa) bei Fn. 327. 391 Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (34); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (252). Zu den Hintergründen eingehend unten: E.III.1.a)aa), E.III.1.b)bb). 392 Vgl. unten: E.III.3.f)dd). 393 Hill, BayVBl 2002, 321 (324); ebenso bei Organisationsreformen: Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13. 394 Vgl. Schlüter, DVP 2001, 151 (152); Schwörke, BdW 2002, 215 (216). 395 Vgl. auch: Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (9); Schmitt, in: Hannemann/Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 209 (219). 396 Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (142f.); Adamaschek, in: Naschold/Oppen/Wegener, Innovative Kommunen, S. 107 (117). 397 Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 198.

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gungsentscheidung der Verwaltung „weggewogen“. Sie erzielen trotz prozeduraler Beteiligung keinen Einfluss auf das Ergebnis.400 Dies beruht darauf, dass der Planinhalt bei Offenlegung durch lange Abstimmungsarbeit und ein hohes Maß an politischem Entscheidungseinfluss bereits so verfestigt ist, dass Abänderungen und Anregungen ungern gesehen sind.401 Als Alternative verbleibt deshalb nur Planverwirklichung oder Planlosigkeit.402 Der mühseligere Weg einer integrierten Planung von Beginn und einer stärkeren Langfristorientierung in der Wirtschaftlichkeit403 wird nicht beschritten. Die Diskrepanz dieses Vorgehens zum Selbstverständnis gesetzmäßiger Verwaltung wird durch die Überzeugung „richtigen“ Handelns scheinlegitimiert.404 Entscheidend wirkt damit nicht die Beteiligung am Verfahren, sondern der mehr oder weniger gute Wille der Rechtsanwender.405 Die Unangemessenheit dieser Praxis für die Aufgaben der Zukunft ist weitgehend unumstritten.406 Es zeichnet sich nicht nur in der Theorie eine Tendenz zur Öffnung der Verwaltung ab, die Bürger als eigenständige Akteure fordert und den Antagonismus „oben-unten“ klassischer Planungspraxis zurückdrängt.407 Ein autoritäres Verwaltungsselbstverständnis ist nicht mehr die Regel,408 398 Luther, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 67 (73f.). Schon in den 70ern: Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 65; vgl. Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 63. 399 So: Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (49); Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 65 sieht „eher notwendiges Produkt des geltenden Planfeststellungsverfahrens als vorwerfbares Fehlverhalten der Verwaltung“. 400 Vom Misstrauen, insbesondere spontaner Initiativen gegenüber der Verwaltung berichtet auch: Hummel, BdW 2000, 241 (244). Vgl. auch unten: E.II.2. 401 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 101. Die Nachbesserung eines fertigen Entwurfs hat immer Mehrkosten zur Folge, deren Vermeidung beabsichtigt wird, Foerster-Baldenius, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 147 (153); Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (249). 402 Böckenförde, Der Staat 11 (1972), 429 (435). 403 Foerster-Baldenius, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 147 (153). 404 Die Scheinlegitimation ergibt sich aus dem Amtsauftrag zur Wahrung des Gemeinwohls. Indem jedoch Tätigkeiten, die von den Aufgaben des übertragenen Amtes nicht mitlegitimiert sind, verfolgt werden, handelt der Amtswalter persönlich und damit gerade nicht kraft demokratischer Legitimation, vgl. Ossenbühl, in: Horn (Hrsg.), Recht im Pluralismus, S. 103 (117). Der formale Gedanke der Wahrung des Allgemeinwohls dient dazu, den grundlegenden Mangel der Aufgabenverfolgung zu verdecken. 405 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 141. 406 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 55; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665). 407 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (14). 408 Bürgerorientierte, ermöglichende Verwaltung sei durch ein demokratisches Verständnis vom Bürger als Souverän geprägt, Hummel, BdW 2000, 241 (243); arbeitende Verwaltung sei schon immer kooperierend gewesen, auch in Zeiten eines

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aber ein immer noch anzutreffendes Relikt.409 Daraus die Untauglichkeit vorhandener Strukturen zur Bewältigung komplexer Aufgaben zu folgern,410 ist überzogen. Schon ein Blick auf die Planungspraxis zeigt, dass die Verwaltung trotz aller Mängel komplexe Planungen bewältigt. Die Patentlösung einer Netzwerkstruktur verkennt, dass der Aufbau ebenso wie der Betrieb eines Netzwerkes erhebliche Anstrengungen erfordert. Die Ausformung der zukunftsfähigen Gemeinde ist kein Programm, das konträr zu jeglicher bisher praktizierten Kommunalverwaltung steht. Die jüngsten Reformbemühungen der Verwaltungen gehen daher in die richtige Richtung. f) Verwaltungsreform Die vorhandenen strukturellen Probleme in der Verwaltung stehen schon seit geraumer Zeit im Zentrum von Reformbemühungen der Verwaltung und des „Neuen Steuerungsmodells“. Gerade die Ansätze, die auf eine Effektivierung der Verwaltungsarbeit abzielen, haben die Aufmerksamkeit der Verwaltungsreformer gefunden.411 Sie richten sich auf eine Abkehr vom Modell administrativer Bewirtschaftung und des allwissenden Experten hin zu projektbezogener, hierarchieübergreifender interdisziplinär Arbeit ohne Fachreferatsegoismus.412 Dies steht im Einklang mit den Ansätzen zur Agenda 21 und zur Nachhaltigkeitspolitik, die einen koordinierenden und moderierenden Staat fordern mit netzwerkartiger gesellschaftlicher Selbstorganisation.413 Die Schnittstellen zwischen Verwaltungsmodernisierung und nachhaltiger Entwicklung sind erst in jüngerer Zeit in den Blickpunkt wissenschaftlicher Forschung geraten.414 Fraglich ist, inwieweit Synergieeffekte zwischen nachhaltiger Kommunalpolitik und einer Reform der Verwaltung erzielbar sind.415 „Starken Staates“, vgl. Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 398; Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (24). 409 Andeutend auch: Oebbecke, NVwZ 2002, 1195 (1201); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 61. 410 Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff. 411 Vgl. Hill, BayVBl 2002 321 (323). 412 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (228.); Hill, BayVBl 2002, 321 (324). 413 Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (36f.); Kneissler, Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 101 (107); ebenso zur Bürgerkommune Hummel, BdW 2002, 205ff. Gegen die häufig mit dem Modell einhergehende Deregulierung: Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 508f. 414 Etwa ab 1999, Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45.

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aa) Fortschreiten verwaltungsreformerischer Bemühungen Das Fortschreiten verwaltungsreformerischer Bemühungen lässt noch keine Aussage über ein einheitlich erzieltes Niveau in den Verwaltungen zu. Während auf der einen Seite das Bild einer „eindrucksvoll kompetenten, alles andere als bornierten Verwaltung“416 gezeichnet wird, schildern andere ein weiterhin vorherrschendes einseitiges Fachwissen und Fachdenken.417 Ein Schwerpunkt verwaltungsreformerischer Bemühungen liegt in betriebswirtschaftlich-ökonomischer und organisatorischer Umgestaltung.418 Zur Anwendung gelangten jedoch meist nur betriebswirtschaftliche Instrumente.419 Der Vorrang kostenwirksamer Elemente steht dabei in enger Verbindung mit der Priorität der Gemeinden, ihre wirtschaftliche Sanierung voranzutreiben.420 Die seit den 1980er Jahren vorliegenden Partizipationsansätze und qualitative Querschnittsaufgaben haben nur geringe Bedeutung in der Praxis erlangt,421 obwohl sie förderliche Aspekte für die tägliche Arbeit gezeigt haben.422 Die unmittelbare Förderung nachhaltiger Entwicklung durch die Verwaltungsreform stößt auf Skepsis. Argument ist die begrenzte Ökonomisierbarkeit der Umwelt.423 Zumindest mittelbar wirken jedoch die Verwaltungsreform durch einen effizienteren Ressourceneinsatz sowie Ressourceneinsparungen auf die ökologische Nachhaltigkeit zurück.424 415

Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (6); BMU, Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 53; vgl. auch Hill, BayVBl 2002, 321 (323); Kraus, UPR 1998, 299 (300); Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (230ff.). 416 Lübbe-Wolff, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2000, S. 77 (89). 417 Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430). 418 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 97; vgl. Hill, DVBl 2002, 1316 (1317); Reese, ZUR 2001, 14; Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 106; Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (229f.); Steger, in: Fritz/Huber/Levi (Hrsg.), Nachhaltigkeit in naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Perspektive, S. 61 (62ff.). 419 Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (105); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 129, 131; Hill, NVwZ 2002, 1059; Schwarting, Effizienz in der Kommunalverwaltung, S. 24, 26. 420 Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 17. 421 Kubala/Petschow, VM 2001, 171; Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 17; Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (227), mit Hinweis auf das gebotene weite partizipative Verständnis von Kundenorientierung. 422 Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (142f.). 423 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 97. 424 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 31f.; Steger, in: Fritz/ Huber/Levi (Hrsg.), Nachhaltigkeit in naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Perspektive, S. 61 (65f.).

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In der Praxis tritt die Verwaltungsreform durch Ärger mit organisatorischen Veränderungen in Erscheinung. Sie ergehen in der Regel zulasten der Machtverteilung klassischer Ordnungsverwaltung, zugunsten von Bau-, Umwelt-, Grünflächenämtern und neutral bis positiv bei Querschnittsämtern durch die vorhandenen Umorientierungsmöglichkeiten.425 Die organisatorischen Veränderungen gehen mit einem veränderten Leitbild der Verwaltung einher, die auch nach außen das Selbstverständnis eines Dienstleistungsunternehmens propagiert.426 Im Vergleich zum administrativ-hoheitlichen Selbstverständnis stellt dies eine tiefgreifende Umorientierung dar.427 Schon das Dienstleistungsselbstverständnis der Verwaltung setzt ein verändertes Rollenverständnis voraus.428 Kleinere Verwaltungen sperren sich gegen Veränderungen nach Vorbildern des Neuen Steuerungsmodells oder Lean Administration, weil sie zu hohe Anforderungen auf sich zukommen sehen.429 bb) Überschneidungen mit lokalen Agenda 21-Initiativen Die Bemühungen um eine lokale Agenda 21 überschneiden sich mit der Verwaltungsreform insbesondere im Bereich von Bürgerorientierung und Partizipation.430 Fraglich ist jedoch, ob die Bürgerorientierung schon eine für die lokale Agenda 21 nutzbare Partizipationsleistung darstellt. Die Synergieeffekte durch das „Neue Steuerungsmodell“ stoßen auf einige durchgreifende Bedenken.431 Problematisch ist die isolierte Bewertung von „Verwaltungsprodukten“, die ein der Nachhaltigkeit gegenläufiges ein425 Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 81 (93f.); vgl. dazu auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 82. 426 Hill, in: Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb Innovative Verwaltung, S. 19; Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (228f.); Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 55; vgl. Oebbecke, NVwZ 2002, 1195 (1201), der den Beginn dieses Trends in der 60er Jahren ausmacht. 427 Dieser Wandel vollzieht sich von Eingriffs über Leistungs- zur Dienstleistungs- und moderierenden Verwaltung, vgl. Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 55. 428 Kubala/Petschow, VM 2001, 171. 429 Ebenso der Glaube an zu geringe Ressourcen, Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (224); Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13. Zu der Verknüpfung dieser mit der Agenda 21, SRU, ZAU 13 (2000), 84 (87). 430 Kubala/Petschow, VM 2001, 171; Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (49); Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (226); Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (14); für den Bereich Umwelt auch: bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 17 (Wuppertal).

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dimensionales Denken begünstigt.432 Das Bild einer Kundenorientierung433 ist im Verhältnis von Verwaltung zum Bürger nur in Grenzen zutreffend.434 Zwischen diesen besteht schon kein Verhältnis autonomer Marktteilnehmer, in dessen Grenzen diese frei handeln können.435 Ein enges Bild einer Kundenorientierung zielt gerade nicht auf eine breite Beteiligung der Bevölkerungskreise. Sie verbleibt vielmehr auf einer Vorstufe der Bedienung und Bedürfnisbefriedigung. Gerade im gestaltenden Aufgabenbereich und damit auch in lokale Agenda 21-Initiativen ist dies nicht gewollt.436 Eine konsumierende Form der Kundenorientierung mit dem Bemühen um „Kundenfreundlichkeit“ und „Outputorientierung“, geht mit Binnenorientierung der Verwaltungen anheim.437 Sie führt nicht zu mehr Bürgerengagement,438 sondern fördert die Ausgrenzung unterprivilegierter Bevölkerungsteile, die auch sonst von Formen bürgerlich geordneter Artikulation nur zurückhaltend Gebrauch machen.439 Mit der geforderten mitgestaltenden und aktiven Rolle der Akteure in einer lokalen Agenda 21 steht dies nicht in Einklang.440 Die parallelen Forderungen nach breiter Partizipation in der lokalen Agenda 21 wie in der Verwaltungsreform, die schon bisher nicht hinreichend verwirklicht worden sind, deuten auf Widerstände und operationelle Schwie431

Dazu auch: Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (291ff.); Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (26); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (47). Eine Parallele ist auch in der Stagnation und Ernüchterung von Neuem Steuerungsmodell und lokaler Agenda 21 nach dem gleichen Zeitraum von etwa 10 Jahren zu erkennen, vgl. Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (9). Für die Übertragung der konzeptionellen Elemente: Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 10. 432 Vgl. Stark, Lokale Agenda 21, S. 40. 433 Zur Entwicklung und Verbreitung mittels Postauswertung: Oebbecke, NVwZ 2002, 1195 (1201). 434 Hill, in: Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb Innovative Verwaltung, S. 19 (20); Schwarting, Effizienz in der Kommunalverwaltung, S. 31. 435 Stark, Lokale Agenda 21, S. 41. 436 Hinte, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 153 (155); vgl. Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 55; Pamme, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 119 (127f.). 437 Hinte, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 153; Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb 2000 für bürgerfreundliche Verwaltung, S. 13; Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 106. 438 Hummel, BdW 2000, 241 (243); auch: Kodolitsch, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung, S. 39 (59) Anm. 64, der zutreffend ein mehr an Service anstelle materieller Erwartung- und Bedürfnisausrichtung feststellt. 439 Hinte, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 153 (155); dazu unten: E.II.2.a). 440 Stark, Lokale Agenda 21, S. 41; BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 26; Hill, in: Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb Innovative Verwaltung, S. 19 (29).

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rigkeiten in der Verwaltung.441 Zugleich bieten die unzureichend umgesetzten partizipatorischen Anforderungen der Verwaltungsreform Raum für synergetische Verwirklichung.442 Die lokale Agenda 21 kann hier eine erneute Möglichkeit geben, den Wandel der Gemeinde auf dem teilweise begonnen Weg vom Dienstleistungsunternehmen hin zur Bürgerkommune voranzutreiben.443 Auf diese Weise kann der Nachhaltigkeitsgedanke verstärkt in die Verwaltungsabläufe integriert werden.444 4. „Top down“-Ansatz Planungsbüroagenda Die Hinzuziehung eines Planungsbüros ist eine Standardlösung für Gemeinden, um planerische Herausforderungen zu bewältigen. Ein typischer Planungsablauf gliedert sich in die Abfolge Bestandsanalyse,445 Prognose und Konzeptentwicklung durch Planer, sowie die Beschlussfassung durch die politisch Zuständigen und die Umsetzung durch Dritte.446 Diese klassische Projektbearbeitung durch Wissenschaft und Consulting entspricht jedoch nur eingeschränkt den methodischen Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung in der Gestaltung einer lokalen Agenda 21.447 Die Agenda 21 erweitert die Rolle von Planern.448 Die erarbeiteten Handlungsziele müssen mit Erwartungsmustern der lokalen Bevölkerung harmo441 Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (227), mit Hinweis auf das gebotene weite partizipative Verständnis von Kundenorientierung. Vgl. oben: D.II.3.e). 442 Die Konzepte laufen jedoch vielfach isoliert nebeneinander, Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 10; kritisch und skeptisch: Pamme, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 119 (126ff.); ähnlich auch die sich abzeichnende Tendenz für das neue Leitbild der Zivilgesellschaft, Hummel, BdW 2002, 205; dazu auch unten: E.V.3. 443 Pengemann, Der Landkreis 2003, 444; BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 26; vgl. Zumbansen, KJ 2001, 46 (65); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (265); wohl auch: Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 55. 444 Hill, BayVBl 2002, 321 (323); Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (26). Ein Nachteil dieser Strategie ist die schon bei Vorinitiativen eingetretene Vorverurteilung eingetretene Ablehnung aufgrund der Ähnlichkeit zu gescheiterten Entwürfen, dazu unten: D.III.1.b)aa), bei Fn. 599. 445 Dabei wird zur Arbeitserleichterung wird soweit wie möglich auf bei Behörden vorhandene Daten zurückgegriffen, Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (216). 446 Stein, RuR 1995, 393; vgl. Hesse, RuR 1996, 103 (113); Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (212f). 447 Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (34); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 94. 448 Vgl. Stein, RuR 1995, 393ff.

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nisiert werden.449 Während Planungsbüros in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht zumeist ein vertrautes Handlungsfeld auffinden, ist die Stärkung wichtiger Gruppen kein solch originäres Aufgabenfeld. Auch Planungsbüros stehen daher der erhöhten Komplexität gegenüber. Klassisch arbeitende Planungsbüros stehen vor dem Problem, einmal entwickelte Lösungsstrategien aufgrund des spezifischen Ortsbezugs nur begrenzt übertragen zu können. Die Kommunikation von Lösungen fordert einen so großen Arbeitsaufwand, dass die technische Planerstellung nahezu in den Hintergrund tritt.450 Der damit einhergehende Wandel im Verständnis von der Planbarkeit räumlicher Entwicklungen, in dem Kommunikation wieder ein zentrales Thema der Planungsdiskussion wird,451 stellt die Planungsbüros vor die Schwierigkeit, Aufwand und Ertrag in einem Planungsverfahren in Balance zu halten. Sie versuchen, durch die Nutzung der Arbeit gesellschaftlicher Interessengruppen und institutionalisierter Mitwirkung eine Lösung zu entwickeln.452 Dafür wird der Begriff „Einwirkungskompetenz“453 verwendet. Diese Bemühungen sind Äquivalent dessen, was als alternatives Steuerungselement in der Form „Förderung gesellschaftlicher Kooperation und Selbstregulierung“ empfohlen wird.454 Die Umsetzung der gemeinsamen Konzepte ist dabei ein entscheidender Faktor für die Nutzung des gesellschaftlichen Rückhalts.455 Die Identifikation der Bevölkerung mit den Vorhaben soll das Gefühl eines umsetzungshemmenden oktroyierten Plansolls vermeiden.456 Die Planungsbüroagenda stößt in Literatur und Praxis vielfach auf Kritik, weil den Akteuren (im Nachhinein) wegen sparsamer Organisationsbegleitung oder der inhaltlichen Ausrichtung der initiierten Agenda 21457 die 449

Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (219). Pahl-Weber, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 257 (258f.); die Parallelen zu den Problemen der Verwaltung sind augenscheinlich. Die Konfliktlösung in Entscheidungsprozessen nach langen Aushandlungen wird durch Zielkonflikte, Verteilungskonflikte, Beurteilungskonflikte und Beziehungskonflikte negativ beeinflusst, Schwarz, Sozialmanagement, S. 115; vgl. zur Partizipation: E.III.1.b), zur Personalqualifikation: D.II.3.c)aa). 451 Pahl-Weber, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 257 (259), ebenso: Selle, in: ders., Planung und Kommunikation, Gestaltung von Planungsprozessen, S. 11 (16). 452 Die Ähnlichkeit einer konstruktiven Umweltpädagogik mit Wunsch- und Realisationsphase mit der Zukunftswerkstatt, unten: E.IV.4 ist augenscheinlich. Vgl. Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (220). 453 Baumheier/Krautzberger/Wekel, RuR 1995, 384 (385, 387). 454 Faber, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 425 (429f.); vgl. dazu unten: Leitbild Zivilgesellschaft, E.V.3. 455 Vgl. auch: v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (23). 456 Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (219f.); vgl. auch: BMBau (Hrsg.), Nationaler Aktionsplan zur nationalen Siedlungsentwicklung, S. 3; Gusy, ZfU 4/1990, 353 (355). 450

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Agenda zu einem Gutteil auch selbst erstellbar erschien.458 Die Organisationsmittel fließen zu einem Großteil in die Vorbereitung, u. a. die Honorare.459 Umfangreiche Fördermittel für die Agenda 21 führten deshalb zu einem Boom kommerzieller Agenda-Begleitung, der aus Eigeninteresse ausgebaut werde.460 Freiberufliche Anbieter erzielten dadurch erkleckliche Verdienstspannen.461 Als Resultate entstünden nur nicht übertragbare Modellprojekte mit ungesicherter Zukunft.462 Die Planungsbüroagenda führt zu den gleichen grundlegenden Problemen, wie sie auch im verwaltungsinitiierten Prozess auftreten. Der Gemeinde wird durch den „Einkauf“ fremden Wissens allerdings die Auseinandersetzung mit der Problematik zu einem Gutteil erspart. Planungsbüros sind auf wirtschaftliche Arbeit angewiesen. Zeitliche Perspektive und Qualität des Prozesses schlagen sich dabei zwangsläufig auch in den zu veranschlagenden Kosten nieder. Auch bei der Umsetzung unter Anleitung eines Planungsbüros ist die Verwaltung nicht gänzlich vom Prozess entlastet. Organisatorisch wird ihr zumeist eine Koordinationsgruppe zugeordnet, die Informationen aufbereitet und verteilt.463 Die Konkretisierung des Planungsbürokonzeptes kann zu großem Interesse, Akzeptanz und Durchführungswillen in der Gemeinde führen. Eine äußere Rahmenbedingung ist auch bei diesem Modell eine positive Einstellung und Unterstützung durch den Gemeinderat. Dabei ermöglicht die Zusammensetzung der Planungsgruppe aus Interessengruppen und Wissenschaftlern eine umfassende Einbeziehung von Problemfeldern und ausgewogenen Lösungen.464 Die Beauftragung eines Planungsbüros ist keine Erfolgsgarantie für eine lokale Agenda 21. Sie ist auch keinesfalls, wie es Verlautbarungen der Planungsbüros nahelegen, unabdingbar für die Durchführung eines Prozesses.465 Professionelle Anbieter von Agenda-Begleitung haben mit der Ausschöpfung der Fördermittel ein Eigeninteresse am Ausbau begleiteter Agenda-Ar457 „Konzept zur eigenständigen Regionalentwicklung“, Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9. 458 G1, G4, G5 (vgl. Anhang); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (254). 459 Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 259. 460 Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 267, 270. Neuerdings zu den Förderungen des Regionalmangements wiederum: Sedlacek, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 1. 461 Vgl. Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 267. 462 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (38f.); auch: Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 267. 463 Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (221). 464 Meiß, in: Grossmann u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 209 (224). 465 Thallmair, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 233 (234).

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

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beit.466 Ihre Beauftragung ist nicht mehr als eine fakultative Möglichkeit, eine Dienstleistung einzukaufen, deren Erbringer allen Unkenrufen zum Trotz auch „nur mit Wasser kochen“.467 5. „Bottom up“-Ansätze Die aus der Bevölkerung468 oder Zusammenschlüssen aus der Bevölkerung469 entstammenden „bottom up“-Ansätze zur Initiierung einer lokalen Agenda sind von basisdemokratischen Vorstellungen, Eigeninitiative und Selbstverantwortung geprägt. Sie versuchen, Veränderungen von den Bürgern zu Entscheidungsträgern zu bringen. Eine verbreitete Ansicht betrachtet die „bottom up“-Strategie als vorzugswürdig, um nachhaltige Entwicklung zu realisieren.470 Allein aufgrund der Verwendung des Begriffs „bottom up“-Strategie lässt sich allerdings nicht von einer herrschenden Meinung sprechen. Der Begriff findet in unterschiedlicher definitorischer Form Verwendung.471 Die Ansätze stehen in enger Verbindung zur Dezentralisierungsdebatte, die Kommunen als Träger des Wandels „von unten“,472 vorrangige Handlungsebene473 und die lokale Agenda als Impulsgeber für gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeit474 fordert. In der Diskussion über „bottom up“-Ansätze wird die Stärkung von Planungsdemokratie und Eigenverantwortlichkeit475 den Nachteilen von 466

Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 270. Beispiel für eine Planungsbüro-Umsetzung ist die aus zehn Ortschaften bestehende 10000 Einwohner – Gemeinde Dörverden. Ausgangspunkt für die dortige Initiative war der Strukturwandel sowie die Schließung eines Bundeswehrstandortes. Dörverden ist durch die Bundesstiftung Umwelt gefördert worden und 1997 für seine Agenda-Arbeitskreise ausgezeichnet worden, vgl. bfub (Hrsg.), Praxisbeispiele zur lokalen Agenda 21, S. 15f. 2003 sind auf der Internetseite keine Informationen über den Prozess mehr verfügbar. 468 Vgl. v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (104). 469 Etwa entwicklungspolitische Gruppen in Münster, vgl. Imholz, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg, S. 47 (49). 470 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (68f.); Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (183); Hilligardt, RuR 1998, 9 (17); Hesse, RuR 1996, 103 (110). 471 Dazu schon eingehend oben: D.II.1. 472 So auch: Lendi, UPR 2001, 321 (322). 473 F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (24). 474 Maier, RuR 2000, 150. 475 Positiv etwa München, „Echte Basisbewegung“ mit starker politischer Unterstützung, Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (30). 467

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

strenger zentraler „top down“-Planung476 plakativ gegenübergestellt. Der Ansatz steht damit im Gegensatz zur traditionellen raumplanerischen Steuerung.477 Wegen höherer Eigenverantwortlichkeit wird der „bottom up“-Ansatz auch als „ethischer Weg“ bezeichnet.478 In Reinform wird der Ansatz in den Gemeinden dennoch nicht verwirklicht. Dort hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Legitimation durch den Gemeinderat unabdingbar für einen umfassenden lokale Agenda 21-Prozess ist479 und nicht mittels eines „bottom up“-Ansatzes vor Ort zu gestalten. Die „bottom up“-Initiierung durch Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen, Dritte-Welt-Initiativen, Kirchen, Einzelpersonen ist hauptsächlich den Anfängen der lokalen Agenda 21 Initiativen in den Jahren 1996/1997 zuzuordnen.480 Beispielhaft sind Initiativen seitens der Volkshochschule,481 die gesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen zu einer Agenda-Initiative einlädt.482 In einer gemäßigteren Form der „bottom up“-Initiativen geht es darum, Selbstorganisation zur Stärkung von Nachhaltigkeit besonders auf lokaler Ebene zu stärken.483 Damit sind insbesondere partizipative Ansätze, die Förderung von Ehrenamt, Selbsthilfe und Eigenarbeit, neuen diskursiven Verfahren, wie Mediation, Planungszellen, Zukunftswerkstätten, Energietische, Verkehrs- und Stadtforen oder runden Tischen484 als Plattformen für 476 Frustrationskosten (durch Oktroyierung fremder Präferenzen), Bereitstellungskosten (zunehmende Ressourcenbeanspruchung bei Versorgung durch zu hohen Ebene/zu großes Kollektiv), Partizipationskosten (Zentralisierungsbedingte Überauslastung von Planungs-, Entscheidungs- und Handlungskapazitäten, bei gleichzeitiger Unterauslastung niedrigerer Entscheidungsebenen) und Internalisierungskosten (Überbewertung der Internalisierung externer Effekte), Biehl, in: Konrad-AdenauerStiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns, S. 85 (111ff.). 477 Vgl. Fürst, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 13 (22). 478 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (90); ähnlich: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 49, der freiwilliges Handeln der Normadressaten im Nachhaltigkeitspostulat enthalten sieht. 479 Häusler, Politische Ökologie 54 (1998), 6; BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 44. 480 Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 9; Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (35). 481 Etwa im Bildungsmodell, Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 13. 482 Vgl. Strobach, Die Agenda 21, S. 17, 21; Kreuzer, in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 23; Eckardt in: ökom (Hrsg.), Zukunftsfähiges München, S. 40 (41). Aus einer solchen Ausgangsbasis ist der Münchener Agenda-Prozess entstanden. 483 Teuschlin u. a., in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 381 (388). 484 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 133.

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

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einen gleichberechtigten Bürger-Verwaltungsdialog verbunden.485 Die Ansätze beschränken sich dabei allerdings nicht auf einen Agenda-Prozess. Sie gehen häufig von einer Notwendigkeit einer kommunalen Entwicklungsperspektive aus, ohne diese dem Begriff der Agenda 21 zu unterstellen.486 Die „Bottom up“-Ansätze wurden mit wachsendem öffentlichen Interesse durch die „top down“-Initiierung zurückgedrängt. Dabei existieren zwischen „top down“- und „bottom up“-Ansätzen vielfältige Grauzonen und Überschneidungen. Prozesse können in einer Initiativform beginnen, sich zum Gegenansatz hinentwickeln oder auch „botop“-Mischmodelle487 mit netzwerkartigen und polyzentrischen Lösungsansätzen verfolgen.488 Die Koppelung von mehreren Strategieversatzstücken erfolgt zumeist mit der Zielsetzung, die Nachteile beider Verfahrensarten zu minimieren.489 Die Erarbeitung eines Agenda-Entwurfs durch eine „bottom up“-Initiative stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Der Standpunkt, dass der „bottom up“-Ansatz einen geringeren administrativen Aufwand erfordert,490 ist zweifelhaft, sobald der Prozess über die partikular-inkrementale Umsetzung hinauskommt. Ein zu heterogener Teilnehmerkreis macht trotz Moderation die Konsultation und Konsensfindung nur schrittweise möglich, so dass gerade aus Resignation und Frustration über fruchtloses Engagement die Aufgabe, eine Agenda zu formulieren, der Verwaltung überlassen wird.491 Ein Vorteil des Ansatzes ist es, dass starke Akteure neben der Verwaltung parallele Aktionsprogramme aufstellen können.492 Diese autonome Initiative verleiht selbst bei späterer Einbeziehung der Verwaltung den ursprünglichen Akteuren eine stärkere Stellung als in einem Prozessverlauf, in dem eine Mitwirkung erst auf Veranlassung der Verwaltung geschah.493 Auf diese 485 Menzel, ZRP 2001, 221 (228), vgl. Bischoff/Selle/Sinning, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 347 (363ff.); Feindt, APuZ B 27/1997, 39 (41ff.). 486 G2 (vgl. Anhang). 487 Vgl. oben: D.II.1.c) nach Fn. 190. 488 Vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 126. 489 Edeler/Neitzke/Siefer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 359 (365f.). 490 Thrän u. a., in: Grossman u. a. (Hrsg.), Nachhaltigkeit, S. 99 (100). 491 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 55. 492 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 36. 493 So bildete sich aus den Initiativanstößen der Kirchen mit eigenen ökumenischen Foren eine 3-Säulenstruktur aus Bezirksverwaltung, Öffentlichkeitsforum und den Kirchen heraus, vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 24; Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 12; Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (27f.). Die ökumenischen Foren diskutierten vor allem ökologische Fragen unter der Themenbezeichnung Bewahrung der Schöp-

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Weise können organisatorisch wie inhaltlich weitere Säulen der lokalen Agenda 21 entstehen.494 Bei Ressortegoismus und Kooperationsproblemen in der Verwaltung können die externen Akteure den Anstoß für Agenda und Verwaltungsumbau geben.495 Positive Wirkungen hat es, wenn es der „bottom up“-Initiative gelingt, die Verwaltung oder den Bürgermeister für die Unterstützung des Prozesses zu gewinnen.496 Ohne Beteiligung der Verwaltung lässt sich das Aktionsprogramm der lokalen Agenda 21 nur unvollständig und stückweise umsetzen. Gelingt es, die Organisation der lokalen Agenda 21 als städtische Aufgabe festzuschreiben, ist dabei auch die Befürchtung der Organisatoren des bisherigen Agenda-Prozesses, Gestaltungsmöglichkeiten abgeben zu müssen, zu berücksichtigen. Die Beteiligung stärkt die Rolle der Verwaltung und ihr Ansehen nach außen als „Macher“.497 Gerade wenn sich der Prozess unter einseitiger Dominanz bestimmter gesellschaftlicher Gruppen entwickelt hat,498 kann dies als Korrektiv integrierend wirken.499 Gelingt es nicht, den „bottom up“-Prozess durch einen Beschluss des Gemeinderats zu legitimieren, ist allenfalls eine mühsame langfristige Realisation absehbar.500 Es lässt sich dann lediglich von Impulsen durch lokale Agenda-Initiativen sprechen.501

fung, vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, Anlage 12, soziale und kirchliche Fragen, vgl. Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77 (78f.); Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 9. 494 Beispielweise von Seiten der Kirchen, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 91. Etwa das „Drei-Säulen-Modell“ Osnabrück, mit lokal und regionaler Siedlungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und Europäische Zusammenarbeit, Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (211). 495 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 27; G1, G10 (vgl. Anhang). 496 Vgl. Übernahme der Schirmherrschaft über Münchener Agenda 21- Prozess durch den Oberbürgermeister, Strobach, Die Agenda 21, S. 18. Positiv zu München auch Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (30). 497 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (262f.). 498 Dazu oben: D.I.3.a). 499 Strobach, Die Agenda 21, S. 18. Gerade auch unter einseitiger inhaltlicher Ausrichtung. So hat der unter ökologischer Schwerpunktsetzung begonnene Münchner Prozess unter der Beteiligung der Stadt auch einen besonderen Schwerpunkt Strategie Arbeit und Wirtschaft hervorgebracht, vgl. Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (88); Strobach, Die Agenda 21, S. 17. 500 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 27. 501 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (90).

II. Organisationsmuster und prägende Initiierungsansätze

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6. Besondere Agenda-Bedingungen kleinerer Gemeinden Der Agenda-Prozess wurde vor allem in größeren Städten begonnen.502 Städten wird aufgrund der hohen Funktionsdichte, Bevölkerungszahl und Infrastruktur eine besondere Bedeutung für die lokale Agenda zugemessen.503 Die Verbreitung der Agenda 21 in Deutschland hat durch Großstädte einen beträchtlichen Bevölkerungsteil erfasst, ohne dass hingegen die Masse der (kleinen) Gemeinden eine Agenda 21 aufgestellt hat.504 Dies ist nicht allein mit der unterschiedlichen finanziellen Leistungsfähigkeit zu erklären. Die unterschiedlichen finanziellen Ressourcen beeinflussen zwar den Prozess erheblich,505 können aber durch die Gewichtung der Thematik und personelles Engagement in der Gemeinde variieren.506 Die Umsetzungsbemühungen werden in besonderem Maße durch die soziale Struktur und das fachliche Potentials des Ortes beeinflusst. a) Fachliches Potential Der Anstoß zur lokalen Agenda 21 in ihrer komplexen und differenzierten Ausformung muss in kleinen Gemeinden durch einen besonderen Akteur erfolgen. In dörflichen und kleinen Gemeinden hat der Bürgermeister eine Schlüsselposition. Er stellt einen potentiellen Initiator einer lokalen Agenda 21 dar. Gerade bei diesen Gemeinden ist es nicht selten, dass der Bürgermeister seine Tätigkeit ehrenamtlich und wohl in der Mehrzahl nebenberuflich ausübt. Die Bereitschaft zur Einarbeitung in die schwierige Materie der Agenda 21 ist nur unter großem zusätzlichem persönlichem Engagement zu bewältigen. Dies ist zusätzlich erschwert, wenn der Bürgermeister keinen hauptberuflichen Kontakt mit den Problemstellungen der Agenda 21 hat. 502

Stadt Darmstadt, www.agenda21/darmstadt.de/basis/Deut.htm (20.10.2003). Sie spiegelt sich in der besonderen Betrachtung von Großstadtprozessen. Ihre Parallele findet sie in den vorwiegend auf Großstädten konzentrierten Betrachtungen der Stadtsoziologie, vgl. Hannemann, in: dies./Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 11 (12f.). Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 4. 504 Vgl. dazu schon oben: B.II.1. 505 Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 10. 506 Dazu bereits oben: Finanzdruck, D.III.1.b)bb). Im Schnitt hat die lokale Agenda daher eine besondere Erfolgschance bei Orten einer bestimmten Größe, im Ergebnis wohl auch: Jänicke, in: Altner (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 1992, S. 11 (21); a. A. (Dörfer als Innovationsträger): Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (5). 503

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Die Stärke dieses Akteurs hängt damit wesentlich von der Person des Bürgermeisters ab. Der zweite wichtige Akteur für eine kommunale Agenda 21 ist die Verwaltung.507 In kleineren Gemeinden und auf Dörfern existiert nicht der gleiche Verwaltungsapparat wie in mittleren und großen Städten. Die Qualifikation der Mitarbeiter für die Bewältigung einer lokalen Agenda 21 erfordert häufig Fähigkeiten, die im gehobenen und besonders im höheren Dienst vorhanden sind,508 der nur in geringerem Umfang zur Verfügung steht.509 Auch in Verwaltungsgemeinschaften gibt es häufig nur einen Beamten im gehobenen Dienst. Die komplexeren Aufgaben werden sich damit auf wenige Verwaltungsmitarbeiter konzentrieren. Die betrauten Mitarbeiter müssen die Herausforderung der lokalen Agenda 21 fachlich zu bewältigen. Daneben tritt zugespitzt die Schwierigkeit der zeitlichen Arbeitsauslastung. Die Erfolge hängen wesentlich von der Unterstützung, Motivation und Qualifikation des jeweiligen Mitarbeiters ab.510 Es ergibt sich eine proportionale Übergewichtung des personalen Verwaltungsfaktors. b) Soziale Strukturen Den Nachteilen im fachlichen Potential stehen Vorteile in den sozialen Strukturen kleiner Gemeinden gegenüber. Diese weisen häufig besser funktionierende Sozialstrukturen als Großstädte auf, mit größerem Kontakt zwischen Verwaltung und Bevölkerung.511 Es besteht eine Verbundenheit der Bewohner mit ihrer Gemeinde. Konsensfindungsprozesse sind einfacher möglich, da überlappende Mitgliedschaften in verschiedenen lokalen Gruppierungen vorliegen.512 In kleinen (bekannten) Gruppen ist es leichter möglich, Ungewissheit und Konflikte durch die Vertrauensbildung zwischen den Akteuren informal zu bewältigen,513 als in größeren Städten. Dort ist ein erheblicher Aufwand für die Entwicklung und Pflege der Organisations- und 507 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (38f.). 508 Schon oben: D.II.3.c)bb). 509 So auch: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 51; BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 24. 510 Vgl. Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 10. 511 Permien, Der Landkreis 2003, 436. 512 Fürst, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 91 (98); Hinweis auf ähnliche Aspekte bei: Lendi, UPR 2001, 321 (322f.). 513 Rheingans-Heintze, Lokale Akeursnetzwerke als lernende Organisationen, S. 72f.; 118ff.; 122ff.; vgl. Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (255); Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 64; „Informations- und Sanktionsmedium „Klatsch““, Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 40.

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Kommunikationsstruktur notwendig.514 Auch deshalb sind die Erfahrungen aus Städten nur begrenzt auf dörfliche Gemeinden übertragbar.515 Die Aufoktroyierung einer Agenda 21 ist mit der kommunalen Vielfalt nicht vereinbar.516 Die vielfach festzustellende Kopie einer lokalen Agenda 21 anderer Gemeinden und deren Anwendung auf den eigenen Prozess geht fehl.517 Die Bewohner müssen selbst vor Ort ihre Handlungsfelder wählen.518 Erfolgreich hat in dörflich geprägten Gemeinden eine durch äußere Gegebenheiten begünstigte einheitliche Interessenlage der Bevölkerung, etwa eine belastende Umweltsituation in der dörflichen Lebenswelt beigetragen.519 Eine Festlegung auf ökologische Positionen ist nicht ratsam. Auch ökologisch unvorteilhafte Maßnahmen, die auf Konsens und Befürwortung der Gemeindemitglieder gestützt sind, müssen akzeptiert werden.520 Die sozial besseren Strukturen in kleineren Gemeinden stellen jedoch zugleich ein Hemmnis für die Erarbeitung einer lokalen Agenda 21 dar. Das Engagement der Bürger wird in besonderer Weise durch Betroffenheit hervorgerufen.521 Die Bürger wollen vor allem, dass „der Laden läuft“, und zwar durch das Wirken der dafür vorgesehenen Institutionen.522 Gerade die sozialen Strukturen in Kleingemeinden sorgen dafür, dass mit direktem Kontakt, persönlicher Bekanntheit und Vertrauen wichtige Voraussetzungen für die wirksame Rückkoppelung zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern in der Gemeinde vorhanden sind. Missstände oder Probleme, als Anlass zum Engagement der Bürger, treten seltener auf.523 Die weitgehende Zufriedenheit führt zu daher aber auch zu einer nur geringen Bereitschaft zu verändernder gesellschaftlicher Dynamik.524 Dieses Phänomen steigert wiederum die Bedeu514

Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (253); Hey/ Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 64. 515 Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 10; Permien, Der Landkreis 2003, 436; Stadt Darmstadt, www.agenda21.darmstadt.de/basis/Deut.htm (20.10.2003); a. A. Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 72. 516 Ähnlich auch: Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 26. 517 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (38f.). 518 Hillebrand, BWGZ 1999, 953 (954). 519 Zur Entwicklung einer Förderungsinitiative für den Tourismus: Permien, Der Landkreis 2003, 436 (438). Bedenken zur Verknüpfung von lokalem Tourismus und Umwelt, Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 103. Die Steigerung des lokalen Tourismus sei mehr von globalen Krisen beeinflusst. 520 Lindner, Politische Ökologie 55 (1998), 48 (50). 521 Vgl. unten: E.III.2.a). 522 Vgl. OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 87; Mühlum, BdW 2000, 5 (6). 523 Vgl. unten: E.V.2.; E.II.1.d)bb). 524 Vgl. Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (54), sogleich unten: E.III.2.

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

tung einflussreicher Akteure525 für die Initiierung einer lokalen Agenda 21 in Kleingemeinden.526 Auf solch einen bedeutenden Akteur können nur wenige kleine Gemeinden zurückgreifen. Hilfreich sind in dieser Situation übertragbare Indikatorensätze und interkommunaler Austausch, etwa über die einschlägigen Angebote in den Ländern.527 Zur Bewältigung der fachlichen Defizite haben etwa Bayern und Baden-Württemberg besondere Förderprogramme für kleinere Gemeinden aufgelegt.528 Das Defizit kann durch einen erhöhten Beratungs- und Unterstützungsaufwand bedingt reduziert werden. Die „Popularisierungs- und Animationsfunktion“ der Unterstützungsarbeit wirkt jedoch nur einem begrenzten Bereich.529

III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden Die Notwendigkeit eines kommunalen Beschlusses zur Legitimation zu Beginn eines Agenda-Prozesses ist weitgehend Konsens.530 Danach ergeben sich unterschiedliche Ansätze, eine lokale Agenda 21 einzuleiten.531 Für die Gemeinden besteht die Möglichkeit, sich Aktivitäten anderer Gemeinden anzuschließen, eigene Ansätze zu versuchen oder mit der Verpflichtung aus der Unterzeichnung der Charta von Aalborg die dortigen Beschreibungen aufzugreifen.532 Das Fehlen strategischer Ansätze bleibt nach wie vor eines der größten Probleme der lokalen Agenda 21-Prozesse.533 Gerade bei kleine525 Solche sind etwa Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen: Müller/ Schönfeldt, Der Landkreis 2003, 441 (443); NGOs, vgl. unten: E.III.3.d); Wirtschaftsakteure, vgl. unten: E.III.3.e) oder Kirchen, vgl. E.III.3.c). 526 Insbesondere bei der Stützung durch kompetente Ortspersönlichkeiten, vgl. Lindner, Politische Ökologie 55 (1998), 48 (50). 527 Vgl. oben: D.III.2.b)cc) und unten: E.I.3. 528 Der Grenzwert wurde in Bayern auf 20000 Einwohner, in Baden-Württemberg auf 10000 Einwohner festgesetzt, vgl. Schäffler, Lokale Agenda 21, S. 11. 529 Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (280). Vgl. unten: Denken-Handeln; E.III.2.b); Kommunikation, E.III.1.b); Bürgeraktivierung, E.III.2.a)aa). 530 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 132; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22). Dies geht so weit, dass vor einem Ratsbeschluß die Beteiligung der Verwaltung als bloßes Einzelengagement und Freizeitaktivität beurteilt wird, BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 44; ähnlich: Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff. 531 Bei „bottom up“-Ansätzen ist ein solcher Beschluss am Beginn des Prozesses nicht zwingend, vgl. unten: D.II.5. 532 Vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 45. 533 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 34; mit Verweis auf www.agenda-netzwerk.de. Das Fehlen strategischer Ansätze ist auch nach einer Untersuchung von Agenda-Transfer in NRW das größte Problem der Agenda 21, Agenda Transfer, Auswertung lokaler Agenda 21-Prozesse, Bonn

III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden

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ren Gemeinden stößt jedoch die Strategieentwicklung auf große Umsetzungsprobleme,534 die sich häufig auch noch in größeren Gemeinden als Umsetzungsdefizit fortsetzt.535 Die Agenda 21 bleibt auf halbem Wege stecken. Das für viele Agenda-Prozesse aus der Anfangszeit der Agenda 21 prägende lineare 4-Stufenmodell von ICLEI,536 das die Agenda 21 als Abfolge von Auftaktveranstaltung, Bestandsaufnahme, Leitbild- und Zielformulierung, Maßnahmenentwicklung und Aktionsprogramm beschreibt, hat für die Agenda 21 Prozesse an Bedeutung verloren.537 Mittlerweile lassen sich mehrere Umsetzungsstrategien identifizieren. 1. Formale Umsetzung/Umbenennung vorhandener Ansätze Eine formale Agenda stellt inhaltlich keine adäquate Agenda dar.538 Durch ihre Aufstellung soll eine solche gerade vermieden werden. Aus dem Sachzusammenhang ist sie jedoch als eigene Kategorie zu qualifizieren.539 a) Vergleich zu Vorgängerplanungen Organisationsmodelle zur effektiven Umsetzung von kommunalen Aufgaben sind nicht erst mit der Agenda 21 aufgekommen.540 Der Zeitraum der 2001, zitiert nach: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 35. 534 Dirnberger, BayGTZ 2001, 293 (294). 535 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (30). 536 Modifiziert bei: BMU/UBA, Handbuch lokale Agenda 21, S. 32ff.; vgl. auch: D.III.2. 537 Anders noch in der internationalen Auswertung: UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.3004), S. 13. 538 Die formale Agenda trifft dabei nicht die Ansätze, die bereits die inhaltliche Arbeit der Agenda 21 erbringen, nur nicht unter dem Namen der Agenda 21. Dem formalen Agenda-Beschluß stünde in diesem Fall eine zu begrüßende inhaltliche Arbeit gegenüber. Die hier gemeinte formale Agenda trifft einen formalen Beschluss, bei dem mit einer „haben wir schon alles“-Agumentation gerade keine inhaltlichen Bemühungen entstehen. 539 Auch Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (257), die sie „pro-forma-Veranstaltung“ nennt. 540 Vgl. Schilf, in: Institut für Umweltschutz der Universität Dortmund (Hrsg.), Möglichkeiten und Grenzen kommunalen Umweltschutzes, S. 22ff.; Hucke/Müller/ Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik (1980), S. 363ff.; Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 12ff.; zu der Organisation der Umweltschutzverwaltung, Seele, Der Landkreis 1987, 375 (379ff.); Fiebig, Der Städtetag 1987, 311 (314f., 317).

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1970er Jahre mit einer Konjunktur integrierter Gesamtplanungen wird häufig als planungsgläubig oder planungseuphorisch gekennzeichnet.541 In diesem Zeitraum gab es das Modell integrierter Stadtentwicklungsplanung (STEP), zu dem lokale Agenda 21-Initiativen in Verbindung gesetzt werden.542 Sie folgte dem Leitbild allgemeiner Stadtentwicklungsplanung mit einem umfassend in die Gesellschaft integrierten Konzept räumlicher Entwicklung.543 Lokale Agenda 21-Initiativen befassen sich mit den gleichen Themen wie eine integrierte Stadtentwicklungsplanung, weisen eine ähnliche Struktur wie auch ein längerfristiges Leitbild auf.544 In gleicher Weise finden sich seit geraumer Zeit Diskussionen über die positiven Aspekte der Partizipation, wie Belebung der Selbstverwaltung, Zufriedenheit der Bürger und Effektivierung staatlichen Handelns.545 aa) Probleme damaliger Planungen Der Glaube an die umfassende Planbarkeit stieß in der Umsetzung auf erhebliche Schwierigkeiten. Als Hemmnisse erwiesen sich bereits damals das Fehlen informationeller Grundlagen, langfristiger Prognosen, die Grenzen der Komplexitätsbewältigung, sowie organisatorische Planungshemmnisse546 und unsystematische Entscheidungsprozesse.547 Die Nebenwirkun541 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (259); Kahl, in: Bauer u. a., Umwelt, Wirtschaft und Recht, S. 111 (146); Knemeyer, in: ders./Wagner, Verwaltungsgeographie, Geographie und Kommunalverwaltung, S. 9 (11f.); dies schreibt Dietrichs, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (II), S. 30 (44), bereits den 60er Jahren zu. 542 Auch Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 46; insgesamt zu den Bewegungen der 70er und 80er Jahre, Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 13. 543 Vgl. Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 261; Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (86); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. 544 Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85; vgl. auch: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 37; vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 37ff., jedoch ohne den Anspruch dies sei die Umsetzung der LAG 21; BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. 545 Umfangreiche Diskussionen fanden insbesondere in den 70ern statt, vgl. Battis, Partizipation im Städtebaurecht, Kap B (S. 21–36), Kap C (S. 38–61), 160; Becker, Wege und Möglichkeiten einer ökologischen Stadtplanung, S. 64; Knemeyer, DVBl 2000, 876 (877); Kubala/Petschow, VM 2001, 171; Dietrichs, in: KonradAdenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (II), S. 30 (51f.). 546 Zu den Schwierigkeiten der integrierten Planung der 60er und 70er eingehend Sieverts/Ganser, DISP 29 (1993), 31 (33f.); Köck, in: Barth/ders. (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 117 (128). 547 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 69 Rn. 3; Köck, NuR 1997, 528 (532).

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gen in der Planung führten zu einem Untergraben der Verwissenschaftlichung,548 aus dem vermehrte Begründungszwänge und Unsicherheiten resultierten.549 Die dazutretende Entwicklungsgeschwindigkeit in Umwelt, Wissenschaft und Technik ließ eine wirksame Steuerung allenfalls begrenzt möglich erscheinen.550 Aus diesen Faktoren ergab sich schon bei den Stadtentwicklungskonzepten551 das Problem zwischen langfristig ressourcenbindenden Beschlüssen oder der Umsetzung wenig relevanter frustrierender Gemeinplätze.552 Die Schwierigkeiten begrenzten das Potential für eine integrierte Stadtentwicklungsplanung auf größere Gemeinden oder Verbundlösungen mit dem Umland.553 Die Faktoren führten in ihrer Gesamtheit mit der zusätzlich auftretenden geringen Realisierungsaussicht554 und dem freiheitsbedrohenden Planungsanspruch555 zum Abschied von umfassender, rationaler Gesamtplanung.556 Die Stadtentwicklungsplanung der 1970er Jahre war mehr von der traditionellen Bürgerbeteiligung in Form der Einwendungen und Anhörungen in Verfahren geprägt.557 Bezüglich der Partizipation richtete sich der Streit noch ausgeprägter um den Sinn und Grund der Partizipation.558 Als Funktionen der Partizipation waren Verwaltungsfunktion,559 die demokratische Funktion,560 Rechtsschutzfunktion561 und sozialstaatliche Funktion562 he548

Vgl. unten: E.III.1.b)aa) bei Fn. 242. Schubert, Raumplanung 73 (1996), 68 (72); Stark, Lokale Agenda 21, S. 52f. 550 Vgl. Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 110f. m. w. N. und Verweis auf die Allmendeproblematik. 551 Diese habe aufgrund der längeren Nutzung eine Verankerung als Planungsinstrument gefunden. Ihnen wird teilweise höhere Verbindlichkeit als der lokalen Agenda 21 zugemessen. Bei breiter Partizipation und thematischer Aufweitung haben sie eine der Agenda 21 vergleichbare Zielsetzung, vgl. BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 43. 552 Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (76). 553 Dietrichs, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (II), S. 30 (55); diese Grenzen haben grundsätzlich auch heute noch Gültigkeit, Köck, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 117 (128). 554 Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 169 (174). 555 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 70. 556 Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 11 (19). Gegen das Konzept der Umweltleitplanung im UGB-AT(E) etwa: Hoppe, in: Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zum Umweltgesetzbuch, S. 46 (49, 52). 557 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. 558 Das „Ob“, vgl. die Darstellung bei: Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 114ff. 559 Optimierung planender Verwaltung, Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 60. 549

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rausgearbeitet. Die Einwände gegen Partizipation glichen denen, aufgrund derer auch heute Partizipation in der Verwaltung gemieden wird.563 Die Methoden der Entscheidungsvorbereitung der Verwaltung in Planverfahren wurden bereits damals als inadäquat und überholt bekämpft.564 bb) Unterschied lokale Agenda 21-STEP Agenda 21-Prozesse haben einen längeren Zeithorizont als die Stadtentwicklungsplanung. Dieser theoretische Unterschied wirkt sich jedoch in der Praxis nicht aus.565 Die tatsächliche Planung ähnelt den Zeiträumen der integrierten Stadtentwicklungsplanunung (STEP).566 Als inhaltliches Unterscheidungsmerkmal wird der unterschiedliche Reformschwerpunkt der Effizienzsteigerung genannt, der die demokratische und soziale Dimension in der Breitenwirkung der Planung vernachlässigt hat.567 Im Kontrast dazu soll die Kommunalverwaltung bei der Agenda 21 eine mehr initiierende, moderierende Funktion als eine planende haben. Sie zielt weniger auf umfassende Planung, als auf umfassende Akteurseinbindung568 mit der Institutionalisierung von Entscheidungs- und Partizipationsprozessen.569 In der inhaltlichen Untersuchung der lokalen Agenda 21-Prozesse sind aber Effizienzgewinne von nicht zu leugnender Dominanz. 560

Mittel zur Selbstbestimmung der Betroffenen und demokratische Legitimation zunehmender Herrschaftsmacht der Verwaltung, Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 79 m. w. N. Fn. 41; mit kritischer Anmerkung: Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 101. 561 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 61; Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 51ff. 562 Schmitt-Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 (249ff.). 563 Sie qualifiziert Partizipation als den Bürger überforderndes Mittel, Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung, und Störfaktor in der demokratischen Stabilität und wertet Einwendungen als Störungen der Planung, Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 56, 65; Kubala/Petschow, VM 2001, 171; sowie oben: D.II.3.e). 564 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 69. 565 Nach anderer Auffassung wohl deshalb auch ähnlicher Zeitperspektive, vgl. BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. 566 Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (90). 567 Hill, BayVBl 2002, 321 (324); Knemeyer, DVBl 2000, 876 (877f.). 568 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. 569 Köhn, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt MecklenburgVorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 137 (140); F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23 (26). Andere sehen den Unterschied mehr in der Informalisierung der Kooperation im Unterschied etwa zu den Ansätzen der 50er und 60er Jahre, Renn/ Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (259).

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cc) Renaissance (o)der Entwicklungen? Die Entscheidungsschritte politischer Planung570 und die Erfolgskontrolle kommunaler Planung Ende der 1970er Jahre571 gleichen lokalen Agenda 21Ansätzen. Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist ein periodisches Schwanken zwischen einer dezentralen und einer zentralistisch-interventionistischen Planung festzustellen.572 Skeptiker halten dies für ein Indiz dafür, dass lediglich neue Begriffe für bekannte, erforderliche Aktivitäten diesen neue Aufmerksamkeit und neuen Elan geben.573 Diese These ließe sich durch die Forderungen nach einem Aufgreifen der Visionen der 1970er Jahre in der Agenda 21 untermauern.574 Die Agenda 21 wäre dann nur imagebildender Aufhänger bekannter Elemente.575 Kritik zu der Stadtentwicklungsplanung findet sich aber auch gerade zu ihren inhaltlichen Ausprägungen.576 Die positiven psychologischen Effekte, 570

Problemformulierung, Informations- und Datensammlung, Entwicklungsprognose, Zielvorstellung – Prioritäten – Zusammenhangsanalyse sowie die Operationalisierungsfrage, vgl. Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 68ff. 571 In der Abfolge von systematischen Erfassung von Zielsystem, Zielkonkretisierung, operationalisierbaren Indikatorenbildung und deren Überwachung, vgl. Volz, Erfolgskontrolle kommunaler Planung, S. 254. Diese ähnelt in den Anforderungen der Prozessgestaltung und -begleitung. Besser bekannt ist sie unter dem Begriff des „controlling“, vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 98; Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (260f.); zu Controllingansatz und nachhaltiger Entwicklung: Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223ff. 572 Vgl. Klemmer, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns, S. 5 (11); Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik (1980), S. 363ff.; Reiberg, in: Institut für Umweltschutz der Universität Dortmund (Hrsg.), Möglichkeiten und Grenzen kommunalen Umweltschutzes, S. 102; Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 71, 146ff. Die kommunikative Planung erkennen einige schon als ein Wiederkehren der Planungsdiskussion aus den 50er und 60er Jahren, Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (259). Bis Ende der 1980er Jahre erscheinen wiederum Forderungen nach dezentraler Aufgabenwahrnehmung auch mit deren tatsächlicher Umsetzung, vgl. Seele, Der Landkreis 1987, 375 (380); dies entspricht mittlerweile auch der überwiegenden Aufgabenwahrnehmung, vgl. Haaß, Handlungsspielräume, S. 166 anhand des Umweltschutzes. 573 Mit sich verkürzenden Umbenennungintervallen, Haber, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 63 (64). 574 Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83 (85); Stark, Lokale Agenda 21, S. 53f.; „Wiederbelebung“ der Beteiligungskultur, BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 52. 575 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 99. 576 Sie laufe entweder dem Trend hinterher oder erstelle völlig unrealistische Zielperspektiven, Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (28).

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die eine Neuauflage der Stadtentwicklungsplanung unter dem positiven Image der Agenda 21 erzielen könnten, stehen deshalb ebenso der Gefahr nomineller Umsetzung und faktischer Wirkungslosigkeit gegenüber.577 Eine Renaissance der Stadtentwicklungsplanung der 1970er Jahre im Sinne eines totalitären Planungsanspruches578 kommt für die lokale Agenda 21 nicht in Frage. Die inhaltliche Beschränkung auf bekannte Elemente greift zu kurz. Das grundlegende ethische Anliegen nachhaltiger Entwicklung, die Ressourcenschonung und die inter- bzw. intragenerative Gerechtigkeit werden dadurch an den Rand oder gar in den Hintergrund gedrängt.579 Planerisches Einwirken ist jedoch für qualitative Umweltpolitik und die Verfolgung von Zukunftsbeständigkeit unverzichtbar.580 Veränderungen treten insbesondere in den Planungsvorstellungen bei der Form kommunikativer Prozesse in Erscheinung.581 Die eher korporatistische Planung der 1970er Jahre steht im Gegensatz zu den heutigen Anforderungen kooperativen Verhaltens des Staates mit koordinierenden Aufgaben.582 Hinsichtlich der Partizipation stellt dies im Vergleich einen Bedeutungsverlust der Rechtsschutzfunktion583 gegenüber einer Aufwertung von Verwaltungsfunktion und demokratischer Mitbestimmungsfunktion dar. In der Praxis zeigt sich dies im Wandel von nachgeordneten Stellungnahmen zu integrierten Lösungen am „Runden Tisch“.584 Die damaligen Überlegungen zur Kontrolle der Politik durch die Öffentlichkeit sind nicht mehr übertragbar. Medien und Bürgerinitiativen erhielten aufgrund der Abhängigkeit von staatlicher Informationspolitik, mangelnder Kompetenzpotentiale und Zeitverzögerungen nur ein sehr geringes Kontrollgewicht.585 Die Vervielfachung der Medien mit der Zulassung von Privatsendern, die Etablierung des Internets und die Beschleunigung der Informationsverarbeitung, die häufig zu einer „Live-Berichterstattung“ führen, mindern die Abhängigkeit von staatlicher Informationspolitik und ermöglichen 577

Stark, Lokale Agenda 21, S. 20. Dieser Weg wird wohl der häufigere sein, vgl. die Kritik von: Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (222), der in den Gemeinden mehr das Propagieren als Umsetzen von Vorschlägen bemängelt. 578 Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (286); zur Kritik auch: Weiland/ Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (87). 579 Sie bleiben jedoch zumindest bei den originären Prozessen zumeist dauerhaft im Hintergrund, d.h. sie werden nicht verdrängt. G10 (vgl. Anhang). 580 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. 581 Stark, Lokale Agenda 21, S. 53. 582 Fürst, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 13 (28); ähnlich: Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (91). 583 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 56. 584 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (260). 585 Volz, Erfolgskontrolle kommunaler Planung, S. 79f.

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ein schlagkräftiges Kontrollpotential.586 Die Partizipationserfahrungen sind daher nur eingeschränkt nutzbar.587 Folgerungen engerer Kommunikation zwischen Politik und Verwaltung, Bewältigung erhöhter Planungskomplexität mit höheren Planungsanforderungen in qualitativer und quantitativer Sicht sind auch noch heute von Relevanz.588 Dazu gehören auch die Operationalisierung der Planung, Prozessbegleitung und -evaluation. b) Faktoren formaler Umsetzung Eine formale Umsetzung der lokalen Agenda 21 wird durch mehrere Faktoren begünstigt. Besondere Bedeutung haben die Ähnlichkeit mit vorherigen Bemühungen, der erreichte Standard sowie der die Gemeinden bedrängende Finanzdruck. aa) Ähnlichkeit mit Vorinitiativen, erreichter Standard und negative Erfahrungen Neben kommunaler Selbstverwaltung und kommunaler Finanzhoheit existiert seit mehr als zwanzig Jahren eine differenzierte kommunale Umweltpolitik mit einem relativ hohen Standard.589 Viele Gemeinden sehen daher keinen Bedarf zum Tätigwerden und betrachten die lokale Agenda 21 mit wenig Interesse.590 In der Stadtentwicklungsplanung hatte die Verwaltung bereits in der Vergangenheit mehrfachen Kontakt mit unterschiedlichen Bürgerbeteiligungs586 Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300, vom 27.12.2003, S. 13; vgl. auch Zumbansen, KJ 2001, 46 (53), der in Zusammenhang mit der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen eine weltweite Verbreitung auch lokaler Informationen sieht; Kloepfer, in: HbStR II, § 35 Rn. 19; 28, 39f.; vgl. unten: E.III.1.c). 587 Sie waren mehr an den bestehenden Verfahren orientiert, deren Ungeeignetheit für die Erzielung partizipativer Vorteile schon erkannt war, Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 69; BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 113. Verwertet werden können indes die Erfahrungen zum Bürgerforum, vgl. oben: D.I.2. 588 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 171. Vgl. Becker, Wege und Möglichkeiten einer ökologischen Stadtplanung, S. 24f., 27ff., 34, 64; Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (48). 589 Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67 (71); auch: BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 11; BMU (Hrsg.), Verantwortung für die Zukunft, S. 61. Auch aus Bevölkerungssicht ist eine Verbesserung des Umweltzustand zu konstatieren. Während 1995 noch 67% meinten die Umwelt sei ziemlich zerstört, waren es 2004 nur noch 28%; www.nachhaltigkeits rat.de/aktuell/news/2004/26-05_10/content.html (27.05.2004). 590 Vgl. Hermanns, ZAU 1997, 126 (128); Kraus, UPR 1998, 299; UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 51ff.

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modellen und verfügt über Erfahrungen aus der Bauleitplanung sowie unterschiedlichen Modell- und Reformprojekten. Ein Herausstellen der Agenda 21 aufgrund ihrer teilweisen Verknüpfung innovativer inhaltlicher und methodischer Vorgaben591 oder wegen der Innovation eines integrativen Ansatzes wirkt nicht fördernd.592 Die große Ähnlichkeit zur integrierten Stadtentwicklungsplanung rechtfertigt es nicht, von echter Innovation zu sprechen.593 Mit hinreichender Abstrahierung scheinen alle erforderlichen Maßnahmen zur Agenda 21 bereits gesetzlich geregelt und die nachhaltige Stadtentwicklung (vgl. Kap. 7 AG21) bereits von den bestehenden Ansätzen der deutschen Städtebaupolitik umfasst.594 Die Ähnlichkeit zur integrierten Stadtentwicklungsplanung der 1970er Jahre,595 wie auch die Übertragung der Lösungsansätze aus 1970er und 1980er auf künftige Herausforderungen596 stößt auf ein Akzeptanzproblem. Insbesondere der ausgedehnte Koordinierungsanspruch eines Gesamtplans, relevant vor allem bei „top down“-Ansätzen einer lokalen Agenda 21, führt bei nicht-integrierten Planungsabläufen zu Akzeptanzproblemen und verdeckten oder gar offenen Widerständen,597 vor allem, wenn die koordinierende Federführung aus Sicht der anderen Ressorts einem eigenen Zuständigkeitsentzug nahekommt. Durch Zweifel an Methodik und Zielen sowie 591 Stark, Lokale Agenda 21, S. 20. Umweltschutz wurde schon in den Jahren vor der Agenda 21 als gleichrangige und integrative Aufgabe hervorgehoben: Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 12. 592 Dies tritt insbesondere im Abgleich mit der materiellen Aufgabestellung der Kommunen auf, vgl. Kraus, UPR 1998, 299. 593 Weber, Gute Beispiele, S. 39, betrachtet die lokale Agenda 21 als integrierte Stadtentwicklungsplanung, angereichert um wirtschaftliche und soziale Aspekte. Stark, Lokale Agenda 21, S. 51f., erkennt dies ebd. selbst. 594 Marx, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 1; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 15; Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 137; ähnlich: Hillebrand, BWGZ 1999, 953. Verkehrsentwicklungprogramme, Naturschutzkonzepte und andere Programme werden als Maßnahmenkonzepte im Sinne einer Agenda 21 eingeordnet. 595 Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67 (71); D.III.1.a). 596 Rogall/Dybe, in: dies. (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit S. 11 (12f.). Zum Stichwort ökologischer Stadtumbau, Werheit/Katterle, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 119 (122). 597 Kloepfer u. a., UGB-AT, S. 199, 205 zur Erläuterung der Umweltleitplanung. Die zu weitgehende Informationsbeschaffungs- und Koordinationsaufgaben hätten den Integrationsanspruch nicht möglich gemacht, Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (663). Das Abrücken von einer Gesamtplanung, vgl. Köck, NuR 1997, 528 (531); zeigt sich auch in der Modifikation der kritisierten eigenständigen integrierten Umweltleitplanung aus §§ 19ff. UGBAT, vgl. Gassner, NuR 1993, 358 (363f.); Kloepfer u. a., UGB-AT, S. 46ff., 198ff., zu einer Koordinierung von Umweltfachplanungen, §§ 69ff UGBE, Sendler u. a., UGB-KomE, S. 133f.; 576ff.; Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (663); Schink, ZAU 1998, 407 (412ff.); Maasberg, RuR 1998, 90 (94).

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aufgrund mehrerer Frustrationserlebnisse der Verwaltungsmitarbeiter ist die integrierte Stadtplanung weitgehend aus den Verwaltungen verbannt.598 Die Propagierung als revolutionäre Neuerung kann dazu führen, dass in der Verwaltung das Programm nicht mehr ernst genommen wird. Es droht sich damit in die Reihe der „revolutionären Neuerungen“ einzureihen, die sich bereits „totgelaufen“ haben.599 Die Mischung der drei Faktoren, erreichtes Umweltschutzniveau, Aktivität in der Stadtentwicklungsplanung sowie Frustrationserfahrungen führen zu einer Experimentiermüdigkeit bei den Mitarbeitern.600 Dieser Mechanismus ist in Verwaltung und Basisgruppen gleich. Beide Akteurgruppen stellen sich die Frage, „warum Ideen [. . .] heute als ‚Stein der Weisen‘ gefeiert werden, nur weil sie von anderen Akteuren formuliert werden oder unter einen neuen Namen firmieren“.601 Angesichts akzeptabel funktionierender Systeme sieht die Verwaltung in erneuten Aktivitäten keinen Sinn.602 Die Umsetzung der Agenda 21 erscheint als langjährige Praxis,603 die mit den vorhandenen Strukturen vereinbar ist.604 bb) Finanzdruck Die Aufstellung einer Scheinagenda oder gar ihr gänzliches Unterbleiben wird zudem vielfach durch Sachzwänge, vor allem durch knappe finanzielle Mittel begründet.605 In einigen Gemeinden ist eine Beendigung des lokale Agenda-Prozesses festzustellen. Die Prozessentwicklung zeigt einen ver598

Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67 (71); Kopatz/ Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (100); Schilderung umgekehrter Kausalität: UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 6. 599 So wohl Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 18, in Bezug auf das Bürgerengagement; Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, B 1–4, S. 1 (3), vgl. auch: D.III.1.a)aa). 600 G1 (vgl. Anhang); vgl. Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 174; Röber, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 473 (477f.). 601 Stark, Lokale Agenda 21, S. 27; vgl. ähnlich die Warnung bei: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 98; vgl. Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107. 602 Vgl. Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 137; ähnlich: Hillebrand, BWGZ 1999, 953. 603 Dagegen: Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67. 604 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 34. 605 Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (9); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 45; ebenso für die Prioritäten der Verwaltungsmodernisierung: Schwarting, Effizienz in der Kommunalverwaltung, S. 23; daneben steht die Problematik unterschiedlicher Interessen der Entscheidungsträger, Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 13.

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stärkten Trend, Beispielprojekte unter Haushaltsansatzvorbehalt zu stellen, Arbeitsgruppen zusammenzuführen oder die Agenda 21 in die Stadtentwicklungsplanung einzugliedern.606 Inhaltlich haben kostengünstige Realisierungsvorschläge entscheidende Bedeutung für die Akzeptanz.607 Einsparpotential in der Realisierung ist ein maßgeblicher Erfolgsfaktor.608 Die Agenda 21 verlagert sich von der Frage des angezielten Nachhaltigkeitsniveaus hin zur intelligenten Nutzung und Erschließung ökonomischer, natürlicher und personeller Ressourcen.609 Das Ziel, ethische Einschränkungen zugunsten der Überlebenssicherung zu erwirken, wird damit verstärkt auf die Unterstützung der Haushaltssanierung bezogen. Als Mitnahmeeffekt kann auch Ressourcenschonung eintreten.610 Die finanzielle Ausstattung des lokale Agenda 21-Prozesses setzt zugleich Zeichen über die angestrebte Ernsthaftigkeit des Prozesses.611 Wird ein begonnener Prozess aus Finanznot abgebrochen, wirkt dies frustrierend auf die Akteure und negativ auf ihr Engagement.612 Der finanzielle Rahmen beeinflusst auch die Umsetzungsgeschwindigkeit der Agenda stark. Einsparungen machen sich besonders in der Öffentlichkeitsarbeit bemerkbar. Um diesen Mangel abzumildern, muss intensivere Verwaltungsarbeit versuchen, eine möglichst weitgehende Kompensation zu erreichen.613 Das zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erforderliche Mehr an Integration, Partizipation und Innovation kann jedoch nur unter Schwierigkeiten aufgebracht werden.614 Ohne finanzielle und politische Unterstützung besteht kaum eine Er606

Vgl. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Diskussionsstand, S. 4f. Vgl. zum Beispiel Leipzig, Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 30. 608 Etwa von Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431 (432), der dies für bespielhaft hält. UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 151f. Schon zu new-public-management und Neuem Steuerungsmodell, Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (229f.). Vgl. die bei Sanden, Umweltrecht, § 4 Rn. 11, beschriebene Initiative der kommunalen Spitzenverbände zu Kosteneinsparungen mit Umweltschutz. 609 Vgl. Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431 (432); vgl. auch unten: E.V.3. 610 Zu der neuen Entwicklung ähnlich: Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (37). Zur Dominanz der Haushaltskonsolidierung in der Verwaltungsreform ebenso: Röber, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 473 (474f.). 611 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (257); Maasberg, RuR 1998, 90 (99). Dies gilt jedoch nur als Indiz, politische Widerstände machen auch eine Finanzausstattung zunichte, G1 (vgl. Anhang). 612 Rösler, Der Landkreis 2003, 426; Meyer, BdW 2002, 214; Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (257). 613 Lammert, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 179 (182). Dies belastet jedoch wieder als den Entscheidungsprozess mit Nebenfunktionen, Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 211, 214. 607

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folgschance.615 Die Praxis, Anforderungen an Instanzen zu richten, die diese selbst bei gutem Willen nicht erfüllen können, führt vielmehr dazu, dass auch die Aufgaben, die gut erledigt werden könnten, nicht mehr optimal erledigt werden.616 Die politische Durchsetzbarkeit der Agenda hängt in besonderem Maße vom Aufwand zur Umsetzung des Konzeptes ab. Praktikabilität und Vollziehbarkeit wirken auf die Fähigkeit und Bereitwilligkeit der Akteure zur Umsetzung zurück.617 Teilweise wird der Vorstellung entschieden entgegengetreten, Agenda 21Prozesse seien teuer.618 Diese Aussage ist irreführend. Die Agenda 21 ist nicht „zum Nulltarif“ zu haben. Gerade neue Beteiligungsinstrumente und die Beauftragung eines Planungsbüros sind teilweise sehr kostenintensiv.619 Eine lean-cost-Agenda ist durch einen hohen Anteil an umbenannten Projekten gekennzeichnet. Sie kommt dem Anspruch an Generationengerechtigkeit und neuen Gesellschaftsstrukturen nur in relativ geringem Umfang nach. Statt „großem Wurf“ verbleibt die „kleine Münze“.620 Erst in einer langfristigen Sichtweise relativieren sich die Kosten einer Agenda 21.621 Der Mehraufwand für Beteiligung zahlt sich häufig durch einfachere Umsetzung, geringeren Aufwand für Rechtsmittel und besseren Informationsfluss aus.622 Die Betonung des finanziellen Aufwandes für Partizipation ist ein Indiz dafür, dass die Agenda 21 primär als belastender Kostenfaktor betrachtet 614

UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 45. Müller-Kraemer/Unmüßig, Politische Ökologie 52 (1997), 20 (22); vgl. z. B. Lammert, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 179. 616 Huber, Unternehmen Umwelt, S. 66; schon Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 209ff. 617 Vgl. Brandt/Röckeisen, Konzeption für ein Stroffstromrecht, S. 105, 109. 618 Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; Meyer, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials, S. 168 (169). 619 Bzw. hinsichtlich der Bürgereinbeziehung personalintensiv. Sind die personellen Ressourcen nicht in der Verwaltung vorhanden, dazu oben: D.II.3.c)bb), müssen Spezialisten in Beteiligungssteuerung, Kommunikation und Medienaktivitäten noch engagiert werden, Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 56. 620 Ähnlich in Bezug auf die inkrementale Umsetzung: Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (11); Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (14). Die Minimalmaßnahmen können jedoch weder eine Wende im Städtebau, noch lokaler Umweltpolitik, noch die Rioziele erreichen, Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 12. Ebenso für das Regionalmanagement, Schenkhoff, in: ders. (Hrsg.), Regionalmangagement in der Praxis, S. 137 (140). 621 Vereinzelt auch schon mittel- und kurzfristig, Meyer, in: Draschba/Heidorn/ Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials, S. 168 (169); vgl. auch Schwarting, Effizienz in der Kommunalverwaltung, S. 23 für die Verwaltungsmodernisierung. 622 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (261). 615

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wird.623 Die für eine Agenda 21 anfallenden Kosten wären jedoch zu einem Gutteil ohnehin auf die Gemeinden zugekommen, um auf neue Anforderungen zu reagieren.624 Dabei soll nicht verkannt werden, dass diese langfristige Sichtweise für die Gemeinden auch finanzierbar sein muss. Die Finanzierung der Agenda 21 darf grundsätzlich nicht über eine zusätzliche Steigerung der kommunalen Verschuldung erfolgen. Dies steht im Widerspruch zur intergenerationellen Gerechtigkeit.625 Die Mittel für die Agenda müssen durch Veränderungen in der Prioritätensetzung durch Umschichtungen im Haushalt gewonnen werden.626 Bürgeraktivierung und Planungsoptimierung bieten dazu die Möglichkeit, Einsparungs- und Effizienzpotentiale zu realisieren. Das Argument der Unfinanzierbarkeit ist sorgfältig auf seine Stichhaltigkeit im jeweiligen Einzelfall zu überprüfen.627 Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Literatur zur Stadt- und Regionalplanung.628 Bei einem Großteil der mit dem Argument der Finanznot unterbleibenden Prozesse dürfte es sich um einen Vorwand handeln und vielmehr die grundsätzliche Bereitschaft zu Verhaltensänderungen fehlen.629 Gemessen an der heutigen Finanzausstattung der Kommunen erscheint die damalige Finanzknappheit komfortabel. Die seit den 1990ern nahezu stetig sinkenden Netto623

Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 10. G2 (vgl. Anhang). 625 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 119. Einige wollen anstelle einer Nettowirkungskette, die Mitnahme- und Verdrängungseffekte berücksichtigt, die einfacher zu ermittelnde Bruttowirkungskette treten zu lassen, um kleine Schritte in Richtung Nachhaltigkeit unternehmen zu können, Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (96); Maasberg, RuR 1998, 90 (94). Gegenüber solchen Vorschlägen ist Skepsis angebracht. Die Vernachlässigung der genannten Effekte kann die geplante Strategie in der Praxis schnell zu einer „Milchmädchenrechnung“ mit verschuldungssteigernden Kosten machen. 626 So auch Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda, S. 20; zur Praxis auch in Hagen: Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (114f.). Dort erfolgte die Finanzierung einer ABM-Stelle im Umweltamt aus Mittelzuweisungen für kommunale Entwicklungszusammenarbeit. 627 Skepsis ist etwa angebracht, wenn es sich um ein besonders gefördertes Projekt mit durchgehender fachkundiger Unterstützung handelt, vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 45. 628 Vgl. etwa Ende der 70er Jahre, wo aber, Klagen zum Trotz, die Finanzausstattung noch als angemessen beurteilt wurde, Püttner, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (I), S. 159 (174). Vgl. auch 1990: Hoppe, DVBl 1990, 609 (619); „Innovationen einer wirkungsvollen Nachhaltigkeit werden wahrscheinlich nicht aus den Städten kommen“, Schubert/MeyerEngelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (5). 629 Lübbe, ZUR 1996, 61 (64); Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 173; Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 9. Ebenso in Bezug auf das Vollzugsdefizit im Umweltrecht, Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (229); der Sache nach auch: Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (373). 624

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zuführungen zu den Vermögenshaushalten der Gemeinden haben sich in den letzten Jahren nahezu rapide vermindert.630 Gerade in jüngster Zeit sind Bemühungen der Kommunen festzustellen, eine Bürgergesellschaft voranzutreiben,631 in der Bürger sich verstärkt für das Gemeinwesen engagieren, vermehrt Bürger in vormalig städtische Aufgaben einzubeziehen sowie interkommunale, auch informale Netzwerke auszubilden.632 Wäre die Umsetzung dieser Handlungsoptionen, die auch unter eine Agenda 21 zu fassen sind, damals allein aufgrund des Finanzdrucks unterblieben, dürften sie jetzt erst recht nicht auftreten. Die Finanzknappheit wirkte somit grotesk als Anschubfaktor für Modernisierung.633 Steht die Gemeinde vor dem Problem, überhaupt einen gesetzmäßigen Haushalt aufzustellen, verengt sich das Blickfeld. Damit stehen Gemeinden mit weniger weitsichtiger politischer Führung vor dem Dilemma, dass die Probleme zu Zeiten, als es finanziell möglich gewesen wäre, nicht angegangen worden sind, weil der Umgestaltungsdruck nicht hoch genug war634 und die Vorzeichen mittlerweile vielfach umgekehrt sind.635 c) Kennzeichen formaler Umsetzung Die formale Umsetzung lässt sich bei Agenda-Prozessen mit dem gemeinsamen Auftreten spezifischer Kennzeichen in erhöhtem Umfang beobachten. Seitens der Bürgerschaft oder aus interkommunalem Vergleich636 entsteht ein Rechtfertigungsdruck, eine lokale Agenda 21 zu erstellen.637 Der positive Effekt aus Umfragen nach Projekten, die nach Auffassung der Träger als Agenda 21-Projekte bezeichnet werden können, hat somit neben dem positiven Bekanntheitseffekt638 auch eine negative Kehrseite. Die Verbindung der genannten Faktoren führt zu einer eigenen Variante der „Umsetzung“. Sie benennt bestehende Elemente um und präsentiert sie als lokale 630

Vgl. Reidenbach, in: Henckel u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 39 (40 Abb. 1). 631 Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 89; zur Bürgergesellschaft eingehend unten E.V.3. 632 G2 (vgl. Anhang). 633 Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (13). 634 Vgl. auch: Sedlacek, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 1 (2). 635 Vgl. ähnlich: Strobach, Die Agenda 21, S. 20. Sind die damaligen Akteure noch immer Entscheidungsträger, stehen diese vor der unangenehmen Aufgabe, eigene Fehler offenbaren zu müssen. 636 Lammert, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 179 (181). 637 Vgl. Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (19). 638 Lammert, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 179 (181).

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Agenda 21 neu.639 Fachprogramme werden unter eine Agenda 21 gestellt, um zu verdecken, dass weder strukturell noch finanziell ein Beitrag zur Zukunftsbeständigkeit erfolgt.640 Viele Aufgaben, die ohnehin erledigt werden müssen, werden unter dem Siegel „Agenda“ weitergeführt.641 Nachhaltige Entwicklung erscheint in diesen Fällen teils als Markenzeichen bereits laufender Programme oder als Teil schon immer geleisteter Arbeit.642 Indiz dafür ist eine Bestandsaufnahme nach dem Muster „haben wir schon alles!“.643 Forderungen, den Prozess aufkommensneutral zu gestalten und alte Ansätze zu nutzen, sind daher hinsichtlich ihrer Tendenz zur bloßen Umbenennung skeptisch zu prüfen.644 Erschwerend kommt hinzu, dass die Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in der Stadtentwicklung vielfach ebenso formal vorhanden ist.645 Eine internationale Studie zeigt es als größtes Verdienst der lokalen Agenda 21, Reformprozesse in den örtlichen Verwaltungen angestoßen zu haben.646 Da die formale Form aber keine sichtbaren Veränderungen hervorbringt, geht der innovative Ansatz der Agenda 21 verloren. Die Umbenennung kann zwar positive psychologische Effekte haben. Letztlich bleibt aber die Gefahr ihrer nominellen Umsetzung und faktischen Wirkungslosigkeit.647 Die Verbreitung der formalen Umsetzung ist schwer einzuschätzen. Die offene Dokumentation dieses Vorgehens ist schon der Sache nach ein Ausnahmefall. Rückschlüsse lassen sich jedoch aus der Thematik des verfolgten Engagements sowie der Dokumentation der Partizipationsrückmeldungen entneh639 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (18f.); diese Gefahr sieht auch Maasberg, RuR 1998, 90 (99); „Verkauf alter Politik unter neuem Namen“, Strobach, Die Agenda 21, S. 20. 640 Schäffler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 239. 641 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (29). 642 Vgl. Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (33); Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (149). 643 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (19f.); Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53 (55); ähnlich auch: Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 13; Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430). 644 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (44f.); und Libbe, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 61 (62f.). 645 „leider auch oft nur Worthülsen“, Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 101. 646 UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www. iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 17. 647 Stark, Lokale Agenda 21, S. 20.

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men. Skeptische Einschätzungen sehen jedoch zu weiten Teilen eine bloße Umsetzung auf dem Papier.648 2. Systematische Planung Die systematischen und strategischen Vorgehensweisen sind häufig mit einem „top down“-Ansatz verbunden. Dort werden Leitbilder von Planern als Form einer „Unternehmensphilosophie“ entwickelt.649 Etappenweise erfolgt eine Einigung über das Vorgehen und die Beurteilung des Prozessstandes anhand von Indikatoren.650 Die Einzelaktivität ergibt sich aus der Konkretisierung des strategischen Leitbildes.651 Das Vorgehen entspricht somit der klassischen Planung.652 Der systematische Ansatz stammt aus der Zeit erster Empfehlungen zur Erstellung einer lokalen Agenda 21.653 Sein nicht zu unterschätzender Gefahrfaktor liegt in der Routine. Mit dem Anknüpfen an Bekanntem prägt er ein primär lineares Prozessbild.654 Der Netzcharakter nachhaltiger Entwicklung kann dadurch in den Hintergrund geraten. Die ökologische, ökonomische und soziale Zielfestlegung ist nach der systematischen Strategie eine unerlässliche Bedingung für die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie.655 Sie wirkt der Gefahr entgegen, dass langfristige, insbesondere ökologische und soziale Belange im Alltag kurzfristigen wirt648

Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (36); skeptisch auch: Schubert, Raumplanung 73 (1996), 68 (73); Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 101; Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (222); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 34. 649 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 103; vgl. auch ähnlich die Bezeichnung als Effizienzmodell, Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 36, die aber kein anschauliches Differenzierungskriterium darstellt, da Effizienz auch in anderen Modellen angestrebt wird. 650 Menzel, ZRP 2001, 221 (224); vgl. Edeler/Neitzke/Siefer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 359 (362f.); Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (141). 651 Vgl. Edeler/Neitzke/Siefer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 359 (362f.); Teilweise wird die Einzelaktivität auch als Handlungsziel, bzw. Leitziel bezeichnet, BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 103. Strategien zeigen auf, wie zur Erreichung der Ziele vorgegangen werden soll, Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (141). 652 In der Form von Aussagen zum Ist-Zustand, Soll-Zustand und Auswahl angestrebter Handlungsalternativen, Haaß, Handlungsspielräume, S. 171; Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 46. Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 32, Bestandsaufnahme, Zielsetzungen, Maßnahmen. 653 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 28. 654 Hilfreich zur Hinterfragung der Vernetzungen der Kriterienkatalog bei: Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (241ff.). 655 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen“, BT-DruckS 13/11200 S. 18ff.; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (130); Rehbinder, in: Dolde (Hrsg.), Umwelt-

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schaftlichen Interessen untergeordnet werden.656 Insbesondere für Gemeinden ohne größere Erfahrung ermöglicht die systematische Strategie politische Verbindlichkeit und Erfolgskontrolle.657 Ausgangspunkt einer lokalen Agenda ist zumeist der Umweltsektor, von dem aus später eine Aufweitung versucht wird.658 a) Zielbestimmung Leitbilder können eine große Suggestivkraft haben und die Handlungsadressaten zu hohen Leistungen auf ein konzentriertes Ziel hin anspornen.659 Sie geben normative Orientierung und erzeugen mit der Einbindung von Bildern eine emotionale Verknüpfung.660 Die normative Orientierung ist zugleich Richtschnur für die Überprüfung der Sinnhaftigkeit geplanter Maßnahmen.661 Die Identifizierung von Problemen vor Ort ist nicht die entscheidende Schwierigkeit der Gemeinden.662 Es mangelt jedoch noch an der ganzheitlichen Erfassung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung.663 Leitbilder bedürfen zumindest einer gewissen Realitätsnähe.664 Sie bieten mit einer Realisierungschance einen Anreiz für Veränderungen.665 Völlig realitätsrecht im Wandel, S. 721 (733); differenzierend: ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 27f.; SRU, ZAU 11 (1998), 27 (34). 656 Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 191f.; auch: Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 52; ähnlich: Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, S. 506f. 657 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 135. 658 Strobach, Die Agenda 21, S. 15. 659 Vgl. Hoffmann-Riem, in: Eifert/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 26 (43); ferner zur Leitbildfunktion: Karstens, in: Eifert/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 50ff.; ähnlich: Zill, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Beispiel für Technikgestaltung, S. 95 (99); Brand, Politische Ökologie 63/64 (2000), 19 (22). 660 Göbel/Lauen, Die Verwaltung 32 (2002), 263 (266). 661 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (10); Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 43ff.; Karstens, in: Eifert/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 50 (60). 662 Die Betroffenheit auf kommunale Ebene führt zu Abhilfeforderungen der Akteure in Bezug auf die Umweltpolitik, Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (229). 663 Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (15); vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 27. 664 A. A. (Entwicklung unabhängig von Realisierungschance) Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 75; ebenso: Zill, in: Böhm/ Gremm/Gebauer (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 95 (99). 665 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (172); Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 8; Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 45; Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 188;

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unabhängige Vorstellungen laufen Gefahr, als „Spinnerei“ nicht ernst genommen zu werden. Die aus diesem Zusammenhang geprägte Bezeichnung der Nachhaltigkeit als „realutopische Leitidee“666 trifft gut die spannungsgeprägte Beziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit. aa) Nachhaltige Entwicklung als Überlastung eines Leitbildes? Die Zielbestimmung der lokalen Agenda 21 stößt mit nachhaltiger Entwicklung in der Agenda selbst auf ein komplexes Bild, das durch unterschiedliche theoretische Strategien geprägt ist.667 Kritiker sehen darin eine Überlastung des Leitbildes,668 weil sie nur visionäre Problemlösungspotentiale ermögliche.669 Die Kritik vermischt den Unterschied zwischen Leitbildund Konzeptentwicklung.670 Während das Leitbild knappe Ziele und Verhaltensrichtlinien formuliert,671 beinhaltet die Konzeptentwicklung auch die Darstellung und Analyse der Situation vor Ort, sowie die Operationalisierung globaler Ziele auf lokaler Ebene.672 Das Ausweichen auf eine Vision673 erscheint nicht angemessen. Dem Anstoß nachhaltiger Entwicklung liegt eine ethische Zielsetzung mit realen Grenzen zugrunde. In der Praxis erlaubt die Vielfältigkeit nachhaltiger Entwicklung kaum eine genaue Trennung und Auflistung von Zielen und Maßnahmen in einzelnen Handlungsfeldern.674 Die Ableitung von Zielen aus leicht erkennbaren, aber nicht direkt beeinflussbaren Problemfeldern ist ein weiterer Grund für Fehlschläge.675 Die Zill, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 95 (101), der auch noch einen zeitlich überschaubaren Zeitraum verlangt. Vgl. Neubauer, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), Führung und Leitung in sozialen Organisationen, S. 98f.; vgl. ebenso: Kraus, UPR 1998, 299, „Statt Luftschlösser zu bauen, ist eine Politik der kleinen Schritte ratsam“; von manchen wird dies auch als „Zielvereinbarung“ bezeichnet, Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, B 1–4, S. 1 (6). 666 Weber, Gute Beispiele, S. 17. 667 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 104; dazu insgesamt oben: A.I.2, A.II.2, A.II.1.b). 668 Kritisch: Zill, in: Böhm/Gebauer/Irrgang (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Leitbild für Technikgestaltung, S. 95 (99f.). 669 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (174). 670 Eine detaillierte Beschreibung der Konzeptentwicklung findet sich bei: Graf/ Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 60–87. 671 Vgl. etwa die Leitbilder bei: Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (24f.). 672 Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 88. 673 Vgl. Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 100. 674 Rösler, Der Landkreis 2003, 426. 675 Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (15); Tschense, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 161 (165).

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vorhandenen ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Zielvereinbarungen sind häufig zu hoch abstrahiert und zudem schwierig konsensual bestimmbar.676 Durch die Übernahme dieser Zielvereinbarungen kann zwar die Schwierigkeit lokaler Auseinandersetzung über die lokale Agenda umgangen werden, jedoch häufig um dem Preis kaum operationabler Ziele.677 bb) Lange andauernde Zielformulierung Als realistischer Zeitraum für die Erstellung eines Leitbildes wird ein Zeitraum von etwa 12 Monaten genannt.678 Die Erarbeitung eines kompletten Entwicklungskonzeptes kann selbst mit professioneller Unterstützung mehr als vier Jahre in Anspruch nehmen.679 Zieldiskussion und Maßnahmen wurden dabei meist getrennt, so dass Verknüpfungen „eher zufällig als gewollt“680 auftraten. Dadurch können mittelfristig Motivationsprobleme der Akteure aufkommen.681 Verzögert auftretende Probleme, die zu einem nicht unerheblichen Teil auch nachhaltige Entwicklung prägen, werden in den Kommunen häufig ohne abschließende Entscheidung diskutiert.682 Eine zeitliche Begrenzung bei der Zielformulierung ist aber sinnvoll, um Motivationsverluste und Endlosdiskussionen zu vermeiden.683 Sie ist gerade in den Anfängen der lokalen Agenda 21 nicht hinreichend erfolgt.684 676 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 51; auch für die planerische Fachsprache der Agenda 21, Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 136. Dazu unten die Problematik inkrementaler Entscheidungsprozesse: D.III.4.; Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 378. 677 Vgl. Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (15); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 3. 678 Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 90. 679 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 31f.; auch in München waren nach zwei Jahren noch keine sichtbaren Ergebnisse vorweisbar, vgl. Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). 680 Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 25 (29). 681 Vgl. BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 135; Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (11); Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (14). 682 Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (15). 683 SRU, ZAU 11 (1998), 27 (38). Weitergehend finden sich auch Beispiele, in denen der gesamte Prozess terminiert wird, Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (64f.); empfehlend auch: Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (36f.). Dies ist sinnvoll für die Zielformulierung, wie sie auch in der zu kurzen Terminierung der Agenda 21 existiert. Vor dem Verständnis der Nachhaltigkeit als dynamischer und langfristiger Prozess ist dies jedoch nicht weiterführend. 684 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (24). Hierbei ist jedoch die Grenzziehung zwischen zu engen und zu

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In der Praxis erfolgt – abweichend vom breiten Partizipationsgedanken – die Leitbildausarbeitung nicht mit breitem Interesse als Massenprozess, sondern durch detaillierte Mitarbeit hochqualifizierter Akteure in wenigen Arbeitsgruppen.685 Die Vorteile dieses Vorgehens werden in Gestalt eines dauerhaften Konzeptes allerdings erst spät sichtbar.686 Neben der strategischen langfristigen Perspektive der Nachhaltigkeit sind aber zusätzlich auch kurzfristige sichtbare Erfolge notwendig, um gesellschaftliche Anerkennung zu sichern.687 Sind die dringendsten Probleme aufgrund der Rahmenbedingungen nicht lösbar, so sollten sie zunächst zurückgestellt werden.688 Taktische Erfolge können dann anderen wichtigen Zielen durch die normative Kraft des Faktischen den Weg bahnen.689 Der schrittweise Wechsel zwischen Konsultations- und Umsetzungsphase in der Mischstrategie vermeidet Motivationsverluste oder drohende Resignation690. b) Erfolgskontrolle Eine zielorientierte Strategie benötigt für die Evaluation eine Erfolgskontrolle.691 Selbst in engagierten Gemeinden ist die Umsetzung der Beschlüsse weiten Zeitvorgaben schwierig, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 33. 685 BaySMUL u. a., Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21, S. 27; Münster hält das Ziel einer breiten Bürgerbeteiligung bei Entwicklung eines Gesamtkonzeptes für unerreichbar, Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin AgendaBüro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 22. Im Ergebnis läuft dies auf ein Beteiligungsangebot hinaus. 686 SRU, ZAU 11 (1998), 27 (33). 687 Maier, RuR 2000, 150 (158); ebenso für Umweltschutzprogramm 1987: Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 77. 688 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 110. 689 Meyer, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials, S. 168 (170). BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 110. 690 Bzw. erste parallele Umsetzungserfolge, StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-23; Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff.; vgl. Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (165); vgl. auch die Empfehlung von Projektbeispielen mit einer Folgenabschätzung zur Verdeutlichung der Anforderung der Nachhaltigkeit, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 94. Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53 (58). Nur von diesem Vorgehen erwarten Praxiserfahrungen überhaupt eine Chance zur Bürgerbeteiligung, Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 22; Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (16). 691 Vgl. SRU, Umweltgutachten 2002, Rn. 265. Ein Ansatz ist auch die Internetevaluation unter www.localevaluation21.org (27.05.2004). Der dort verfügbare Fra-

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noch sehr von der Zufälligkeit der Alltagspolitik abhängig.692 Indikatoren sollen daher als „Verkleinerungsglas“ einen Informationsgewinn durch Zusammenfassung ermöglichen und die erforderliche Intensität des Wandels aufzeigen.693 Die Ableitung der Indikatoren erfolgt theoretisch aus den Zielsystemen.694 Die Indikatoren sind abhängig von den vereinbarten Zielen. Ein Beurteilungsmaßstab ergibt sich erst aus der Bezugnahme zum Zielerreichungsgrad.695 Erfolgt in der Gemeinde daher eine Bezugnahme auf bereits vorhandene fremde Nachhaltigkeitsziele, bedeutet dies eine Normierung der Indikatoren „per definitionem“.696 Dieser Zusammenhang gilt auch umgekehrt. Mit Auswahl der Indikatoren steht prinzipiell fest, was eine Gemeinde unter zukunftsfähiger Entwicklung verstehen will.697 Die Arbeit mit Indikatoren ist ebenfalls keine durch den Rio-Prozess entstandene Neuerung.698 In der Form von Umweltqualitätszielen kamen Umweltindikatoren in den Gemeinden verstärkt Mitte bis Ende der 1980er Jahre auf.699 Sie erhöhen Transparenz und Durchsetzbarkeit und verhelfen damit auch dem Prozess zu größerer Verbindlichkeit.700 Indikatoren geben Rückmeldungen zur Verarbeitung einer „lernenden Prozessgestaltung“.701 Die durch die Indikatoren ermöglichten Erfolgskontrollen berühren in der Praxis gebogen greift indikatorisch Punkte aus den Problemfeldern lokaler nachhaltiger Entwicklung auf, die auch hier erläutert werden. 692 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 125. 693 SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 146ff.; BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 38; Werheit/Katterle, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 119 (123); vgl. auch: Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31f.). Ein Umweltbelastungsindikatorensystem findet sich etwa bei BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 47; kritisch zur Studie insgesamt: Rehbinder, NuR 1997, 313 (314), die Studie bemühe sich durch besonders rigide Beschränkungsmaßnahmen das Leitbild der dauerhaft umweltgerechten Entwicklung unattraktiv zu machen. In der Studie finden sich Beschränkungsanforderungen von 30–100%, vgl. BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 80. Zu der Intensitätsdebatte auch oben: A.I.4, A.III. 694 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (171); vgl. auch: D.III.2.b); D.III.2.b)bb)(1). 695 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 123. 696 SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 148. 697 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 124. 698 Vgl. Fiebig, Der Städtetag 1987, 311. 699 Vgl. SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 142; Frings, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung, S. 49 (56). 700 ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 30f.; Strobach, Die Agenda 21, S. 16; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 209, 213; ähnlich: Rehbinder, NuR 1997, 313 (315), pragmatische Ziele; SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 146; Köck, NuR 1997, 528 (529); Beaucamp, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 81 (87); vgl. auch: SRU, ZAU 11 (1998), 27 (34).

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aber auch Veränderungsängste und stellen Kompetenz infrage.702 Ihnen ist durch einen partizipativen Ansatz zu begegnen,703 um die Betroffenen „mit ins Boot“ zu holen, bevor zur Umsetzung übergegangen wird.704 Eine regelmäßige Erfolgskontrolle sollte im Abstand von zwei bis drei Jahren erfolgen.705 Indikatoren sind ein geeignetes Instrument, um materiell umsetzungsorientierte Agenda-Aktivitäten von „legitimierender, wirkungsloser Rhetorik“ zu differenzieren.706 aa) Einzel- und Vielindikatorensysteme Bei den Indikatorensystemen sind ein Gesamtrechnungsansatz (Gesamtindikatorenansatz) und ein Vielindikatorenansatz zu unterscheiden. Der Gesamtrechnungsansatz richtet sich zumeist auf die Umarbeitung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, um aus dieser einen Index für die Nachhaltigkeit der Gesellschaft zu bilden.707 Vielindikatorenansätze708 bestehen demgegenüber aus einer Anzahl in unterschiedlicher Weise kombinierter Einzelindikatoren.709 Sie werden in „Pressure-state-response“ (PSR)710 und „driving-state-response“ (DSR)-Ansätze unterteilt.711 Diese Indikatoren701

Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (174); Kubala/Petschow, VM 2001, 171

(174). 702

Eingehend: Volz, Erfolgskontrolle kommunaler Planung, S. 207ff. Volz, Erfolgskontrolle kommunaler Planung, S. 232. 704 Hesse, RuR 1996, 103 (115); ähnlich: Menzel, ZRP 2001, 221 (227f.); auf gesellschaftliche Akzeptanz hin: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 182; vgl. auch Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (172). 705 Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 87; für jährliche Messung: Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). 706 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (48); Maurer/ Korte, VOP 5/2001, 13 (16). 707 Etwa Index of Sustainable Welfare. 708 Etwa die CSD oder OECD-Indikatoren. 709 Denkbar ist eine Aggregation von Einzelindikatoren oder Auswahl besonders aussagekräftiger Einzelindikatoren, Lübbe, ZUR 1996, 61f.; dafür auch: Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (59); dagegen aber S. 63. Dabei können auch aufgrund der Statistikgesetze erhobene Daten zur Hilfe genommen werden Menzel, ZRP 2001, 221 (228); Walz, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 4. 710 Vgl. dazu auch: BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 40f.; BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 126; Walz, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 4 (6); Franke/Kottmann, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 109 (112f.); Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 321f. 711 Walz, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 4 (9); Franke/Kottmann, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 109 (112f.); SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 703

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ansätze der OECD haben sich als Modellrahmen für Umweltindikatoren international durchgesetzt,712 wobei der DSR-Ansatz von der „Commission on Sustainable Development“ (CSD)713 als Basis für die Entwicklung von Indikatoren zur Umsetzung der Agenda 21 anerkannt ist.714 Vielindikatorensysteme sollen durch die hierarchische Strukturierung und nach oben hin zunehmende Aggregierung in einem überschaubareren und verständlichen Katalog Schwerpunkte und Ziele an die Öffentlichkeit vermitteln.715 Sie sind jedoch häufig wenig transparent mit schwierig nachvollziehbaren Selektionskriterien.716 bb) Indikatorenansätze In Deutschland existieren eine Vielzahl an verschiedenen Indikatorenansätzen nebeneinander.717 Sie detailliert darzustellen, ist an dieser Stelle nicht möglich. Mit Blick auf den thematischen Schwerpunkt sollen hier nur einige wenige Ansätze herausgegriffen werden, die in der theoretischen Diskussion von Bedeutung sind und daher auch die Praxis der lokalen Agenda 21 beeinflussen können.

1998, Rn. 171; eine Übersicht mit dem Vergleich internationaler Indikatorenansätze findet sich bei: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 14. 712 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 40; SRU, BT-DruckS 12/6995, Rn. 150. 713 Dazu Einleitung I. bei Fn. 28. 714 Walz, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, S. 4 (13); Franke/Kottmann, in: Pfister/Renn (Hrsg.), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung S. 109 (112f.); Hesse u. a., in: UBA (Hrsg.), Kozeptionelle Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren, S. 1 (15); BUND/ MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 83f., Fn. 33; a. A. für die Anwendung SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 172, die noch Diskussionsbedarf sehen. 715 Frings, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung, S. 49 (58f.). 716 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 41. 717 Vgl. übersichtsartig: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, BT-DruckS 13/10195, Tab. 1.4–3, S. 108; daneben auch Diefenbacher u. a., Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 95, (Indikatorensystem Heidelberg + Rhein-Neckar-Kreis), siehe auch das Kennzahlensystem lokale Agenda von CAF/Agenda-Transfer u. a., abgedruckt bei Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (14); Pfister/Renn, Ein Indikatorensystem zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung, S. 47ff.; zum jüngsten Vorstoß des einheitlichen Nachhalitgkeitsindex „NAX“ der KGSt vgl. KGSt Info 2/2005, S. 11f.

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(1) Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele Die Entwicklung der Umweltqualitätsstandards unterscheidet Umweltqualitätsziele und Umwelthandlungsziele.718 Oberbegriff für Umwelthandlungsziele und Umweltqualitätsziele ist das Umweltziel.719 Umweltqualitätsziele beschreiben primär qualitativ schutzgut- bzw. wirkungsbezogen in langfristiger Ausrichtung den Zustand des Umweltqualitätsniveaus ausgewählter Parameter wobei eine Quantifizierung möglich ist.720 Sie werden durch naturwissenschaftliche und normative Elemente721 geprägt und konkretisieren damit übergeordnete Leitbilder.722 Umweltqualitätsziele sind vorteilhaft für die Kontrolle von Einträgen aus zerstreuten Quellen und die damit in Verbindung stehende Gefahrenabwehr- und vorsorge.723 Umwelthandlungsziele sind idealerweise eine quantitative belastungs- und akteursbezogene Größe.724 Sie sind kurz- bis mittelfristige Zwischenschritte in Form von Handlungsanweisungen auf dem Weg zum gewünschten Zustand der Umweltqualitätsziele,725 die konkret mess- und überprüfbar sind.726 Die Mess- und Überprüfbarkeit erfolgt mittels Umweltqualitätsstan718 Vgl. Kühling, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 151f.; zur Operationalisierung ebd. S. 159ff.; Rehbinder, NuR 1997, 313 (314). In der Diskussion werden die Begriffe teilweise identisch, teilweise gegenläufig verwendet, vgl. kritisch: Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 25 (30f.). Ausführlich: SRU, BT-DruckS 13/4108, Rn. 710ff. 719 Rehbinder, NuR 1997, 313 (314); vgl. auch Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, BT-DruckS 13/11200, S. 79 Abb. o.Nr. 720 Rehbinder, NuR 1997, 313 (314f.); Sanden, Umweltrecht, § 6 Rn. 6; Köck, ZUR 1997, 79 (80). 721 Vgl. Gutmann, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 65, 67; Theobald, in: ders. (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 11; sowie oben: A.II.2., A.I.4., A.II.2.a). 722 Vgl. Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 94; Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 25 (31); bezogen auf bestimmte Schutzgüter: Rehbinder, NuR 1997, 313 (314); a. A. Rheingans, Zukunftsfähige Lebensstile, S. 4. 723 Rehbinder, NuR 1997, 313 (316); v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen, S. 176; Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, S. 236f.; Köck, ZuR 1997, 79 (84f.). 724 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (171); Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (126); UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 33. 725 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 210; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (126); Rehbinder, NuR 1997, 313 (314); BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 10; Sanden, Umweltrecht, § 6 Rn. 6; Köck, ZUR 1997, 79 (80). 726 ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 27; Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 25 (28); messbare Zwischen- oder Endziele: Rehbinder, NuR 1997, 313 (314).

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dards, die Indikatoren zur Operationalisierung der Qualitätsziele sind, indem sie die Bewertung hinsichtlich Messverfahren, Grenzwert und Rahmenbedingungen festlegen.727 Die Abgrenzung kann dabei im Einzelfall zweifelhaft sein.728 Umweltqualitätsziele und Umwelthandlungsziele können aus vorhandenen Ergebnissen von Stoffflussanalysen oder ökologischen Fußabdrücken einer Region folgen.729 Hoch aggregierte Umweltqualitätsziele tragen der mangelnden Vergleichbarkeit der Umweltgüter nicht Rechnung.730 Daher wird auch vorgeschlagen, 5 bis 10 begrenzte Umweltqualitätsziele zu einem „Umwelt-Barometer“ zusammenzuschließen,731 um eine vergleichbare Aussage über die Umweltentwicklung treffen zu können.732 Das Konzept der umweltökonomischen Gesamtrechnung vom Beirat des Bundesumweltministeriums versucht, die Beziehungen zwischen den wirtschaftlichen Aktivitäten und der natürlichen Umwelt umfassend statistisch zu erfassen.733 Die Berechnung und Bestimmung solcher Belastungsgrenzen734 kann dabei nicht als naturwissenschaftliche Sichtweise von Nachhaltigkeit bezeichnet werden.735 Eine solch absolut gesicherte Aussage, wann nachhaltige Entwicklung erreicht ist, ist nicht möglich.736 Die Entwicklung der Umweltqualitätsziele hat mit sozialen und ökonomischen Abwägungen zu erfolgen,737 so dass unterschiedliche Er727 Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 95; Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 25 (28, 31); a. A. Sanden, Umweltrecht, § 6 Rn. 2ff., der auch die Regelungen der „Guten fachlichen Praxis“ und der „Guten Laborpraxis“ (§ 17 BBodSchG und Anhang 1 BBodSchV) für konkretisierende Qualitätsstandards hält. 728 Rehbinder, NuR 1997, 313 (315) mit dem Beispiel, ob das Umweltziel 10–15% der Flächen als Handlungsziel oder Qualitätsziel einzuordnen ist. 729 ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 171ff. 730 Rehbinder, NuR 1997, 313 (314). 731 Dazu auch: BMU, Umweltökonomische Gesamtrechnungen, S. 35ff. 732 BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 32ff.; dafür auch: SRU, Umweltgutachten 2000, Kurzfassung, S. 13. 733 Mit Hilfe des Vermeidungskostenansatzes und gegliedert in die Themenbereiche Material und Energieflussrechnung, Rohstoffverbrauch Emittentenstruktur, Nutzung von Fläche und Raum sowie Indikatoren des Umweltzustandes mit Erfassung der Verbräuche auf regionaler Ebene, Umweltschutzmaßnahmen, Ausgaben der einzelnen volkswirtschaftlichen Sektoren und Kosten der Umweltnutzung soll dies helfen, den Stand der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland sichtbar zu machen, dazu auch: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 161–163; vgl. Radermacher/ Stahmer, ZAU 1995, 99 (104f.); Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 28ff.; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 321f.; BMU, Umweltökonomische Gesamtrechnungen, S. 14ff., 47ff.; vgl. jüngst: www.nachhaltigkeitsrat.de/ aktuell/news/2004/03-03_11. 734 ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 26. 735 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 324f.; zur Kritik der Ausrichtung der Umweltpolitik am technisch Machbaren, vgl. Rehbinder, NuR 1997, 313.

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gebnisse möglich sind, ohne in willkürliche Festlegung oder pure Subjektivität abzugleiten.738 Die Bewertung beantwortet, welches (Umwelt-)Risiko die Gesellschaft tragen will.739 (2) Umwelthaushaltspläne als besondere Indikatoren Umweltschutzberichte können als Mittel dienen, eine Leistungsbilanz der Gemeinde aufzustellen und Transparenz herzustellen.740 Auch das Öko-Audit als standardisiertes Umweltmanagement kann für die Evaluation nachhaltiger Entwicklung wichtige Bedeutung haben.741 Eine weitergehende Form dieser Umweltberichte sind kommunale Umwelthaushaltspläne. Sie bündeln Ziele und Handlungsumschreibungen, aus denen Umweltqualitätsziele und Umweltqualitätsstandards entwickelt werden können.742 Die Aufstellung ist vor allem deshalb einfacher, weil auf bereits vorhandene Daten und traditionelle Arbeitsweisen743 zurückgegriffen werden kann. Ein Umwelthaushaltsplan wird in folgenden Schritten erstellt: Das Umweltamt erstellt einen Bericht über die Ist-Situation.744 Die einzelnen Ressorts prognostizieren ihren Naturverbrauch für die Planungsperiode. 736 Auch: Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 54f. Die Indikatoren zeigen daher nur eine Entwicklung zu mehr oder weniger Nachhaltigkeit, nicht aber das Niveau der Nachhaltigkeit, Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 94; Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 17. 737 Rehbinder, NuR 1997, 313 (315, 320f.). 738 Vgl. Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19 (40). 739 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 55. 740 Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 78; Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 47; Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (70). 741 Dazu: UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 140ff.; positive Einschätzung von Öko-Audit auch für Kommunen – deutlicher Kostenreduzierungseffekt für Umweltkosten, die auch die Modellkosten überstiegen, vgl. Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (9f.). 742 Sanden, Umweltrecht, § 6 Rn. 11; Fishman, Politische Ökologie 56 (1998), 93; Otto-Zimmermann/Storksdieck, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 241 (250ff.); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 209ff.; vgl. auch Brandt/Sanden, UPR 1999, 367 (372f.) mit einem Beispiel zum Bodenschutz. 743 Die traditionelle Umweltberichterstattung arbeitet mit einer Auswahl absolut den Zustand der Umwelt beschreibender Umweltdaten, während ein jüngerer Ansatz mit Ist/Soll-Verhältnis zur Analyse des bereits erreichten Standes zum Ausdruck bringt, Lübbe, ZUR 1996, 61 (62); ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 211. Daneben existiert in der Erfolgsmessung der Ist-Ist-Vergleich und der IstStatus-quo-Vergleich, dazu: Volz, Erfolgskontrolle kommunaler Planung, S. 173ff. 744 Ähnlich der Ansatz des Umweltplans Münster. Informell arbeiten die mehrere Ämter unter Federführung des sachnähesten Amtes zusammen, um die Spielräume

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Dazu können auch Interessengruppen ihren voraussichtlichen Verbrauch anmelden. Im Rat wird wie bei einem Finanzhaushalt das „Naturhaushaltswerk“ diskutiert und verabschiedet. Die Daten werden fortgeschrieben und einem Abschlussbericht zugeführt.745 Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass mit zunächst bekannten Daten und mit bekannter Arbeitsweise erste Schritte zu Umweltqualitätszielbildung unternommen werden können. Als Instrument zur Messung nachhaltiger Entwicklung746 können Umwelthaushaltspläne nicht dienen. Dies verbietet schon die Konzentration auf den ökologischen Sektor. Die Entwicklung von Musterbudgets zeigt, dass Schwächen gerade an den Stellen auftreten, an denen keine Einigung über zukünftige Ziele erfolgt.747 Die kommunalen Umwelthaushaltspläne dienen damit mehr dem Einstieg in den Zielfindungsprozess. Der Unterschied der Nachhaltigkeitsindikatoren zur traditionellen Umweltberichterstattung liegt in der gewöhnlicherweise stärkeren Betonung der Wirkungsseite, etwa auch durch die Verwendung von Lebewesen als Indikatoren.748 In den Gemeinden wird als größter Vorteil der Bewusstseinseffekt genannt, der zu Verhaltensänderungen der Akteure führen kann.749 Um das Herausforderungspotential nicht einzuschränken, sollten nicht nur existierende Instrumente zur Anwendung gelangen.750 Aufgrund der Konzentration der Ansätze auf den Ökologiesektor ist es erforderlich, die entsprechende Ergänzung durch ökonomische und soziale Daten sicherzustellen, um durch die Nutzung kein einseitiges Bild nachhaltiger Entwicklung zu provozieren.751 Die Strategie der Operationalisierung ist daher auch nicht auf die Ausprägung als Umwelthaushaltspläne beschränkt geblieben. Mittlervon Raumplanung, Bauleitplanung und Umweltrecht bestmöglich zu nutzen. Ziel ist eine querschnittsorientierte und medienorientierte Planung, die Transparenz über die wichtigsten Belange schafft und rechtlich unverbindlich, aber arbeitserleichternd und vorbereitend für Vollzug und Planung wirkt. Näher: Du Bois/Peters, Der Umweltplan Münster, S. 309. Eine Bilanzierung des Verbrauchs umfasst dieser Ansatz nicht. 745 Fishman, Politische Ökologie 56 (1998), 93 (94). 746 Vgl. Nachweis bei: Fishman, Politische Ökologie 56 (1998), 93; ebensowenig zur Erfolgsmessung der lokalen Agenda 21, vgl. aber: Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (51). 747 Fishman, Politische Ökologie 56 (1998), 93; Bielefeld – gleiche Haushaltspläne in Dresden, Heidelberg und Lkr. Nordhausen). 748 Lübbe, ZUR 1996, 61 (63). 749 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 68; vgl. auch: Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 77; Agenda-Transfer, Anküpfungspunkte für die lokale Agenda 21 in Deutschland, S. 4. 750 SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 3; Sanden, Umweltrecht, § 6 Rn. 13. 751 Vgl. Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (52). Zu UVP und Ökoaudit auch: Maasberg, RuR 1998, 90 (97).

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weile finden sich neben kommunalen Musterbudgets ökonomische und ökologische Zielvorstellungen in der Literatur.752 Daneben kann auch das Verfahrensmodell des Sachverständigenrates für Umweltfragen zur Ermittlung des Zielkonzeptes der Gemeinden angewandet werden.753 (3) Das Bruttosozialprodukt als Indikator Das Bruttosozialprodukt ist zur Ermittlung des erreichten Standes auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung nicht als Indikator anzuwenden. Es zeigt zwar die Höhe des gesamtwirtschaftlichen Einkommens auf, lässt aber keine Schlüsse auf die Einkommensverteilung, die Produktbeschaffenheit, die Externalisierung von Kosten und langfristigen Fortschritt, sowie Lebensqualität zu.754 Plakativ wird dies als ökologische und soziale Blindheit gekennzeichnet.755 Daher existieren Vorschläge, das BSP zu einem Ökosozialprodukt756 oder gar einer globalen Vermögensrechnung 752

ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 26ff.; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (127ff.); Orientierungshilfen können auch durch die Einbeziehung der Akteure selbst in den Prozess gefunden werden, mit dem Beispiel der Wirtschaft: Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (171). Eine Übersicht ausgewählter Umweltindikatorensysteme bei: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Tabelle 1.4–2, S. 98. Vgl. auch: Zieschank, ZfU 2002, 477ff. 753 Es gliedert sich in Vorbereitung, Entscheidungsfindung und Umsetzung mit sieben Verfahrensschritten, die auch auf andere Nachhaltigkeitsdimensionen übertragbar sind, SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Abb. 1.5-1; Rn. 245ff. Das Verfahren folgt dem Ablauf Sammlung und Strukturierung vorhandener Zielsetzungen, Zielüberprüfung und -ergänzung, Ermittlung technischer und verhaltensabhängiger Reduktionsmöglichkeiten, Diskussion des Zielkonzeptes mit Experten anderer Disziplinen, staatlichen Entscheidungsträgern und gesellschaftlichen Gruppen, politische Festlegung der Ziele und prioritären Themenfelder, Ableitung von Standards und Maßnahmen, regelmäßige Überprüfung der Umsetzung der Maßnahmen und Zielerreichung. Vgl. SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 2f.; SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 244ff. Für die Nutzung vgl. auch: Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89 (90), zum Kriterienkatalog SRU 1994; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 237. Ein weiterer Kriterienkatalog bei: BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 39. 754 Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 125f., 128. Majer, Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, S. 78; vgl. auch: Goddland/Leddec, EcolModell 38 (1987), 19, 27f.; Diefenbacher, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 37 (43). 755 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 56; Menzel, ZRP 2001, 221 (225). 756 Dazu soll der Abzug von Umweltnutzungskosten sowie die Zurechnung und hypothetischen und tatsächlichen Vermeidungskosten erfolgen. Dabei stellen sich jedoch die schon oben A.I.2.b) erörterten Monetarisierungsprobleme. Daneben soll anhand physikalisch-quantitativer Basisnomen die Nachhaltigkeit weiter indikatorisch ermittelt werden, vgl. Cansier, Umweltökonomie, S. 305ff.

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hin aufzuweiten.757 Die hohe Komplexität des Konzeptes sowie die auch dort benötigten politischen Zielvorgaben lassen es jedoch als für die Praxisanwendung einer lokalen Agenda nicht geeignet erscheinen.758 An die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen knüpft auch der Index für nachhaltiges Wirtschaften an. Er nimmt Modifikationen in Einkommensverteilung, Konsumgüterausstattung und Einbeziehung von ökologischen und sozialen Folgekosten vor.759 Mängel im Ausgangsdatenbestand760 und ein Akzeptanzdefizit im Bewertungsansatz lassen jedoch vergleichbar akzeptierte Aussagen wie beim BSP nicht zu.761 Für eine Aussage auf lokaler Ebene ist dieser Ansatz nur in engen Grenzen geeignet. Er ermittelt nur einen Durchschnittswert, der kaum lokal spezifizierte Aussagen erlaubt.762 Die Probleme mit einem Einzelindikator haben dazu geführt, die Errechnung eines „Ökosozialprodukts“763 zugunsten einer gleichgewichtigen Integration von physischen und monetären Indikatoren zurückzustellen.764 (4) CSD- und Syndromansätze Der international anerkannte CSD-Ansatz765 enthält mehr als 130 Indikatoren der nachhaltigen Entwicklung und zur Umsetzung der Agenda 21.766 Dazu ist ein 218 Indikatoren umfassender nationaler Indikatorensatz zur Diskussion gestellt worden.767 Dieser Ansatz ermöglicht als Vorteil eine inter757 WBGU, Welt im Wandel. Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen. Jahresgutachten 1993, S. 157; SRU, BT-DruckS 12/6995, Rn. 146. 758 Vgl. auch: Cansier, Umweltökonomie, S. 308. 759 Vgl. Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 34f. 760 Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, S. 36f. 761 Gerade die Vergleichbarkeit, die sich beim BSP etabliert hat, scheint ein ausschlaggebender Wunsch für den Vorzug von Umweltgesamtindikatoren bzw. Nachhaltigkeitsgesamtindikatoren zu sein, Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (59). 762 Positiv dazu: Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (172f.). 763 Der Ansatz der Berechnung eines Ökosozialprodukts wird nicht mehr verfolgt, vgl. BMU, Umweltökonomische Gesamtrechnungen, S. 16. 764 BMU, Umweltökonomische Gesamtrechnungen, S. 57; vgl. SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 199. 765 Vgl. oben: D.III.2.b)aa). 766 SRU, Umweltgutachten 1998, BT-DruckS 13/10195, S. 108; BMU, Umweltökonomische Gesamtrechnungen, S. 33; kritisch dazu: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 153, denen die Indikatoren zu wenig lokal handhabbar sind. 767 Bückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121 (129); vgl. BMU (Hrsg.), Erprobung der CSD-Nachhaltigkeitsindikatoren, S. 3ff.; vgl. auch: UBA (Hrsg.), Konzeptionelle Weiterentwicklung der CSD-Nachhaltigkeitsindikatoren, Texte 36/99, Berlin 1999.

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nationale Vergleichbarkeit über den erreichten Stand nachhaltiger Entwicklung. Einer „Indikatoreninflation“ wird durch die Anwendung eines Bewertungsansatzes vorgebeugt.768 Für die kommunale Praxis ist der CSD-Ansatz dennoch nur bedingt weiterführend. Neben der Problematik der Übertragbarkeit des Ansatzes auf die kommunale Situation769 übersteigt schon die schiere Anzahl der Indikatoren die Möglichkeiten für eine sinnvolle Arbeit im lokalen Agenda-Prozess in den Kommunen.770 Der Ansatz, mittels Syndrom-Indikatoren771 eine Annäherung an die Nachhaltigkeit einer Gemeinde zu beschreiben,772 hat in den deutschen lokale Agenda-Prozessen aufgrund der gerasterten Einordnung und einem relativ hohen Umweltschutzstandard nahezu keine Bedeutung. cc) Eignung vorhandener Indikatoren oder Eigenentwicklung? Indikatorensysteme sind als Hilfsmittel für die Planung nachhaltiger Entwicklung in der Agenda 21 anerkannt, Kap. 40.5 b) AG 21. Die zur Zeit der Entstehung der Agenda 21 existierenden Indikatoren waren jedoch schon zu diesem Zeitpunkt als nicht genügend aussagekräftig identifiziert, Kap. 40.4 AG 21. Im Bereich der Indikatoren für Nachhaltigkeit ist daher vieles im Fluss.773 Möglichst leichte Mess- und Erhebbarkeit, einen kausalen Zusammenhang zum Entwicklungsziel, Transparenz und Komplexitätsreduzierung gestalten die Suche nach dem idealen Indikator schwierig.774 Für die Aussagefähigkeit ist ein möglichst detailliertes und umfangreiches System anzustreben, für die Öffentlichkeitswirksamkeit und Verständlichkeit hingegen eine eng begrenzte Liste.775 Die Anzahl der vorhandenen Indikatoren und die Ausrichtung auf Flächenstaaten machen viele Konzepte für Kommunen Das Konzept wurde von einem DSR-Ansatz zu einer sektoralen Gliederung mit 57 Kernindikatoren umgestaltet, vgl. Zieschank, ZfU 2002, 477 (482). 768 Hönerbach, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung, S. 11 (21); vgl. auch: SRU, Umweltgutachten 2002, BT-DruckS 14/8792, S. 160, Rn. 269. 769 Vgl. D.III.2.b)aa). 770 Siehe unten: Fn. 779. 771 Dazu eingehend oben: A.II.3, sowie im Anhang II. 772 SRU, Umweltgutachten 1998, BT-DruckS 13/10195, Rn. 199. 773 So fehlten noch 1997 verlässliche Angaben zum Stand der Nachhaltigkeit: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 322. 774 Vgl. ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 30; Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 77f.; Volz, Erfolgskontrolle kommunaler Planung, S. 152ff.; Brown/Flavin/Postel (Hrsg.), Zur Rettung des Planeten Erde, S. 132f. 775 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 41.

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schwer handhabbar.776 Für höhere Ebenen entwickelte Indikatoren sind aufgrund ihres hohen Aggregationsgrades nicht ohne weiteres auf die lokale Ebene übertragbar.777 In der Rückkopplung mit Kommunen zeigte sich eine Tendenz zur Überforderung für die dauerhafte Pflege des Indikatorensatzes (Erhebung, Berechnung, Veröffentlichung), sobald die Gesamtindikatorenanzahl den Satz von 30 übersteigt.778 Die Literatur betont daher häufig den Nutzen eigenentwickelter Indikatoren für Konsens und Anpassung.779 Die Kommunen stehen in der Praxis als Akteure dieser Aufgabenstellung in der Regel hilflos gegenüber.780 Die Forderung, Indikatoren lokal im Konsens zu erarbeiten, ist insbesondere dem Beginn des Agenda-Prozess bis 1997 zuzuordnen.781 Der Nutzen eigenständiger Indikatorenentwicklungen782 ist aber kritisch zu hinterfragen. Dauerargumente für die lokale Erarbeitung sind der örtliche Zuschnitt sowie die breite Akzeptanz der gewählten Größen. Die Ermittlung der geeigneten Messgrößen mit konsensfähigen Indikatoren ist jedoch aufwendig. Die Diskussion führt in Fachdebatten und kann darüber den normativen Charakter von Nachhaltigkeit in den Hintergrund drängen.783 In Zeiten knapper Finanzmittel dürfte daher die eigene Herleitung noch weiter erschwert sein. 776

BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 125. Bruns, in: ARL (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 51 (63); Rehbinder, NuR 1997, 313 (315); Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (15); insbesondere zum OECD-Ansatz: SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 158. 778 Vgl. Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 10. Ein anderer Ansatz hält maximal 40 Indikatoren für eine arbeitsfähige Basis: Born, Entwicklung eines kommunalen Nachhaltigkeitsindikatorensystems, S. 36. 779 Köck, NuR 1997, 528 (529); Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89 (90); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31f.); Roters/Richter, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 207 (211); Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (225); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (48); Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 144; Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (36f.). 780 Vgl. BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 50. 781 Vgl. etwa: Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). Die Betonung eigenentwickelter Indikatoren bei: Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 144, steht dieser Einordnung nicht entgegen. Ihre Untersuchung bezog sich auf lokale Agenda-Initiativen in Großstädten und ist aus den unten genannten Gründen nicht unbesehen auf kleinere Gemeinden übertragbar. Jüngst wieder: Hill, BayVBl 2002, 321 (323), mit dem Vorschlag, Bürger über Handzettelanimation und Internetforen in die Diskussion einzubeziehen, mit beispielhaften erfolgreichen Erfahrungen Stockholms. 782 So UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 56; vgl. auch: Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (17). 783 Menzel, ZRP 2001, 221 (224). 777

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Dazu kommt ein längerer Zeitbedarf für die Entwicklung784 und die damit vorausgesetzte dauerhafte Motivation der Akteure sowie die Gefahr, während der Planung die Realisierung aus den Augen zu verlieren.785 In der Regel werden wichtige Projekte in diesem Zeitraum noch nicht zu starten sein, weil das zugrundezulegende Meßsystem zur Beobachtung noch fehlt. Die Alternative stellt ein inkrementales „Durchwursteln“ der Gemeinden dar.786 Die Probleme verlagern sich beim vollzugsdominierten pragmatischen Vorgehen nur zeitlich. Der Prozess gerät später ins Stocken.787 Zudem werden mit Verweis auf Sammlungswut und Datenfriedhöfe bereits Moderation und Forschung als „ausgelutscht(e)“ Empfehlungen angegriffen, die zugunsten des Vollzugs zurückzustellen seien.788 Das Sammeln von Daten allein ist jedoch nicht weiterführend für die Ziel- und Indikatorenbildung. Ohne die Einbindung in eine kommunale Strategie kann der Vollzug nicht über inkrementale Einzelprojekte hinausgehen. Zudem ist die Grundprämisse der Aussage unzutreffend. Bestehende Zielvorgaben sind nur in wenigen Gemeinden vorhanden.789 Bereits die Zusammenfassung bestehender Zielvorgaben erscheint schon als Gewinn für die beteiligten Akteure.790 Umweltinformationssysteme aufgrund von Umweltberichten der Umweltämter sind nicht die Regel.791 Die Gemeinden sind daher auf Beratung durch die Fachbehörden in zunehmendem Maße angewiesen.792 Eine systematische Erfassung der kommunalen Umweltsituation geschieht vorwiegend in Groß- und Mittelstädten.793 Die Datenbasis ist in mittleren Städten mit eigenen Statistikämtern weniger mangelhaft als in ländlichen Regio784 Bis zu drei Jahren, vgl. Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 145; schon oben: D.III.2.a)bb). 785 Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 25 (38, 44); Rehbinder, NuR 1997, 313 (316); ähnlich: Köck, NuR 1997, 528 (531). 786 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 89. Dies stellt jedoch wiederum kein Spezifikum der Gemeinden dar, sondern ist in schwierigen Situationen in der Wirtschaft ebenso festzustellen, vgl. Deekeling, Corporate Identity – Idée fixe und Sackgasse, FAZ Nr. 137 v. 16.06.2003, S. 23. 787 SRU, ZAU 11 (1998), 27 (34); Spars, ZAU 1999, 225 (233). 788 Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (487). 789 Vgl. Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 90ff.; Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 18; BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 4/2001, 10. 790 Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (116). 791 Auch international: vgl. www.iclei.org/cities21/c21difficulties.html (25.02. 2004). 792 Dazu und zu den Kooperationsmöglichkeiten zu Ämtern, Behörden und Institutionen in den einzelnen Umweltbereichen: StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-36f. 793 Vgl. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 18.

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nen.794 Probleme in der Erfassung entstehen auch, wenn Kreise und kreisfreie Städte die kleinsten statistischen Einheiten in der amtlichen Erfassung sind. Die Entscheidung zwischen einer aufwendigen Sonderauswertung oder dem Verzicht ist dann faktisch entscheidend für den Verzicht.795 Die Schwierigkeiten sind dabei keineswegs auf kleinere Gemeinden beschränkt. Auch größere Städte haben schon in der Frühphase des Prozesses das Fehlen von Indikatoren bemängelt.796 Stehen schon leistungsfähige größere Städte mit universitären Einrichtungen und relativ einfachem Zugang zu wissenschaftlichem Sachverstand vor Problemen, so gilt dies erst recht für kleinere Gemeinden. Jedenfalls für sie dürfte daher die eigene Herleitung von Indikatoren eine Überforderung darstellen.797 Schon aus Praktikabilitätsgründen ist es daher vorzuziehen, bereits vorhandene Indikatoren zur Bestimmung des Nachhaltigkeitsprozesses heranzuziehen und diese nur ergänzend lokal weiterzuentwickeln.798 Die wichtigsten gemeinsamen lokalen Probleme fallen in die Bereiche Wirtschaft, Arbeit, Siedlung und Verkehr.799 Dort bietet es sich an, gemeinsame Indikatoren800 zu nutzen, zumal es sich um ähnliche und nicht lediglich auf den konkreten lokalen Wirkungskreis beschränkte Bereiche handelt. Die Intensität der Bezugsgröße im angestrebten Umweltqualitätsziel ist lokal modifizierbar.801 Die Auswahl und Anpassung geeigneter Indikatoren bietet nicht nur Arbeitserleichterung, sondern auch ein Maß an Sicherheit bei bewährten Systemen anderer Gemeinden.802 Einen gewissen Erfolg können die Nachhaltigkeitsindikatoren vorweisen,803 deren Struktur sich an den Dimensionen der Nachhaltigkeit und den Themen der Agenda 21 ausrichtet und noch um institutionelle Gesichtspunkte erwei794 Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 90ff.; Bunzel/ Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 18; international auch: OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 74. 795 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 10. 796 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 26. 797 So auch für kleine und mittlere Gemeinden, Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 1. 798 Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 62, 64, wobei als mögliche Grundlagen die Ansätze der Akademie für Technikfolgenabschätzung BW und von ICLEI erwähnt werden. 799 Sie sind in Ost- und Westdeutschland übereinstimmend hoch in den Bereichen Ruhe und Ordnung, Zusammensetzung der Nachbarschaft, Umweltqualität und Alltagstauglichkeit, BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 2/2002, 1. 800 Etwa die gemeinsamen Musterindikatoren, vgl. dazu unten: bei Fn. 810. 801 Vgl. oben: D.III.2.b)bb). 802 Ebenso für den Austausch: Christner/Vandamme, BdW 2002, 212 (213). 803 Vgl. die Empfehlung bei: ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 200.

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tert ist.804 Soweit Gemeinden bereits vor der Initiierung eines Agenda-Prozesses Umweltindikatoren entwickelt haben, können diese daher Bestandteile von lokalen Agenda 21-Prozessen werden und der Information und Meinungsbildung dienen.805 Sie bilden zugleich eine erforderliche Konkretisierung der Nachhaltigkeit.806 Allein auf den Umweltaspekt konzentrierte Indikatoren führen später zu dem Problem, die verschiedenen Dimensionen verknüpfen zu müssen.807 Die größten Defizite lagen im Bereich sozialer Indikatoren vor, da meist nur eine qualitative Bemessung erfolgte und nur bedingte Vergleichbarkeit vorhanden war.808 In einer gemeinsamen Initiative der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Thüringen sind die Mängel aufgegriffen worden, um ein einheitliches aber dennoch flexibel einsetzbares Konzept für die Praxis zu entwickeln.809 Im Ergebnis können sie besonders operationable Konkretisierungen mit hoher Praxisrelevanz vorweisen.810 Oft sehen sich die Gemeinden nicht in der Lage, Umweltberichte oder Indikatoren aufzustellen, da es an Wissen über die Beschaffung der Daten und Systematik der Zusammenstellung mangelt.811 Daher finden sich neben den Indikatoren und typischerweise auftretenden Problemen einfach verständliche Anleitungen und Hinweise zur kostengünstigen Erfassung der Indikatoren.812 Die Indikatorenanzahl hält sich in einem für Gemeinden handhabbaren Rahmen. Je nach Größenklasse der Kommune ist eine gesonderte Interpretation erforder804 Etwa der Ansatz der Akademie für Technikfolgenabschätzung, Nachhaltigkeit Entwicklung in Baden-Württemberg, Arbeitsbericht Nr. 65; Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21. Vision Nachhaltigkeit, S. 55. Auch der CSD-Ansatz folgt dieser Einteilung, vgl. SRU (Hrsg.), Umweltgutachten 1998, Rn. 199; ähnlich: Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 3; Tschander, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 223 (233). 805 Frings, in: Libbe (Hrsg.), Indikatorensysteme für eine nachhaltige Entwicklung, S. 49 (57); Köck, ZUR 1997, 79 (81); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 9f. 806 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 442f.; Rehbinder, NuR 1997, 313 (314, 316). 807 SRU, Umweltgutachten 1998, BT-DruckS 13/10195, Rn. 199; BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 135; Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (23); ders., DÖV 2000, 14 (15). 808 Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (35); ARL, Nachhaltigkeitsprinzip in der Regionalplanung, S. 27; BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 37. 809 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (125); Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, Heidelberg 2000. Zu den weiteren Ansätzen: UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 154ff. 810 Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (129). 811 Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 45 (56). Eine Möglichkeit zur Fremdevaluation aufgrund gemeindlicher Angaben findet sich bei: www.localevaluation.org (27.05.2004).

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lich.813 Der Indikatorensatz greift, auch wenn aufgrund der spezifischen Lokalsituation kein Patent-Indikatorensatz möglich ist, die grundsätzlich ähnlichen Problemlagen der Kommunen in Deutschland auf.814 Dies kommt dem Bedürfnis der Gemeinden, durch Übernahme allgemein anerkannter Grundlagen aufwendige Vorarbeiten zu vermeiden entgegen.815 Die Musterindikatoren haben daher weitgehend positive Resonanz gefunden. In einer nochmaligen Reduktion von 24 auf 20 Indikatoren sind sie sachlich im Wesentlichen unverändert Gegenstand einer gemeinsamen Empfehlung von 12 Institutionen für Indikatoren zur kommunalen Nachhaltigkeit geworden.816 Empfehlenswert zur Evaluation der Organisation des lokalen Agenda-Prozesses ist die von der FH Erfurt entwickelte besonders operationale Anleitung zur Organisationsevaluation.817 Insbesondere die Verstetigung des Prozesses in kleineren Gemeinden bereitet größere Schwierigkeiten. Mit Hilfe dieses Evaluationsansatzes können die Gemeinden Schwachpunkte in ihren Prozessen aufdecken und damit auch zielgerichteter am materiellen Umsetzen ihrer Agendaziele arbeiten. 3. Strategisches Vorgehen Es kann im Rahmen eines Agenda-Prozesses nicht verlangt werden, „das Rad neu zu erfinden“.818 Anerkanntermaßen können auch bestehende An812 Vgl. Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 8, 17ff.; vgl. auch: Bückmann/ Rogall, UPR 2001, 121 (129). 813 Unterschiede bestehen in den Bereichen der Flächen Landkreis-Stadt sowie der Mobilität Stadt/Land etc., Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 13. 814 Dies zeigt sich auch in der großen Übereinstimmung von entwickelten Leitbildern und den verschiedenen Indikatorenansätze vgl. nur Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (24f.) mit den hier nachgewiesenen Indikatorenansätzen. Vgl. bereits oben: D.III.2.b)aa). 815 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 34; Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107; vgl. die Nachweise oben: Fn. 82ff.; das Aufgreifen Münsteraner Beispiele in Berlin: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 33. 816 80% der Indikatoren sind identisch. Die gemeinsame Empfehlung enthält zusätzlich Indikatoren zu den Handlungsfeldern Integration, ökologische Landwirtschaft, Ökosysteme und Artenvielfalt, erneuerbare Energie und hat damit eine „grünere“ Tendenz. vgl. www.agenda-transfer.de/agendaservice/beta2/admin/download/ anknuepfung.pdf (22.10.03); vgl. im Anhang XIV. 817 FH Erfurt, Prozessindikatoren, S. 12ff. 818 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (19); Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (51); Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107 (111); Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 6.

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sätze einen Beitrag zur lokalen Agenda 21 leisten.819 Bei einem strategischen Vorgehen findet ein Auf- und Ausbau vorhandener Instrumente statt. Er konzentriert sich auf das Schließen von Lücken820 und die Integration fehlender Bereiche in die Fachplanungen. Die lokale Agenda 21 erhält eine Klammerwirkung.821 Die Strategie ist konservativ und ähnelt in der ressortspezifischen Bearbeitung dem Ansatz klassischer „top down“-Gefahrenbewältigung in den einzelnen Umweltmedien.822 Kommt neben die Musterung der Aktivitäten unter Nachhaltigkeitsaspekten noch eine Strategieentwicklung und die Verpflichtung aller Akteure auf diese Strategie hinzu,823 sind damit zugleich Überschneidungsbereiche zu systematischen Ansätzen gelegt.824 Erforderlich ist zunächst eine genaue Bestandsaufnahme der bereits vorhandenen Initiativen.825 Erwartungsgemäß nimmt dieser Bereich breiten Raum ein.826 In Betracht kommen dabei insbesondere Elemente kommunalen Umweltschutzes,827 Stadt(teil)entwicklungspläne,828 Umweltbeiräte829 819

Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. XII; Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (19); Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 105f. 820 Vielfach im bewussten Gegensatz zur „bloß“ theoretischen Zielerarbeitung, siehe etwa: Gerlach, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 79 (83). 821 Daher findet sich in den systematischen Ansätzen auch häufig das Plädoyer für regionale Kooperation neben der Berücksichtigung bestehender Instrumente, Hilligardt, RuR 1998, 9 (17); ähnlich: F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (62f.). 822 Ähnlich: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 16; Edeler/Neitzke/Siefer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 359 (362); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 182. 823 Etwa die Einbeziehung von Hochschulen, Analyse der Vernetzungsstrukturen und Evaluierung: vgl. Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (211); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (43f.). 824 Poggemeier, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 207 (211); insoweit klassisches Vorgehen bei offenen Organisationsmodellen, vgl. Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 100. 825 Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (16); Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (19). 826 Vgl. Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107; Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (19); Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 105f.; Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89; Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (64). 827 Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 139; vgl. Bunge in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 295f. 828 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 117; Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (51); Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (146ff.); Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33ff., der noch Bauleitpläne, Landschaftspläne, Stadtentwicklungs-

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oder die UVP.830 Die klassischen Umweltziele der ökologisch orientierten Stadtentwicklung müssen dann inhaltlich um Ziele der Ökonomie, Soziales und globale Beziehungen Erweiterung finden.831 Diese Gesichtspunkte sind bei der eigenverantwortlichen Schwerpunktbildung der alten Ansätze erneut zu prüfen832 und sollten erweiterter Bürgerbeteiligung geöffnet werden.833 Der lokale Agenda-Prozess bietet hier die Möglichkeit, die Einseitigkeit aufzubrechen834 und nachhaltige Entwicklung als Impuls für neue Querschnittsaufgaben und Projekte zu nutzen.835 Erfolgversprechend ist das strategische Vorgehen, wenn schon vor einer Agenda 21 ökologische, ökonomische und soziale Initiativen in der Stadtentwicklung etabliert waren. Eine vernetzte Planung unter Berücksichtigung der drei Dimensionen nähert sich den Vorstellungen der Agenda 21 an, so dass es letztlich nicht relevant ist, ob diese Aktivitäten auch als Agenda 21 bezeichnet werden.836 Es jedoch erforderlich, den eigenen Standpunkt und Entwicklungsstand beständig zu hinterfragen, um Defizite frühestmöglich zu erkennen und zu beseitigen.837 Ein potentieller Schwachpunkt der strategischen Umsetzung ist die hohe Konformität zu bisheriger Verwaltungsarbeit.838 Für Partizipation übt das strategische Vorgehen mit seiner Ähnlichkeit zur vorhandenen Verwaltungskonzepte, Umweltqualitätsberichte, Eingriffs und Ausgleichsregelungen, Bürgerbeteiligungen im Rahmen der Bauleitplanung, Öko-Audit nennt. 829 Knapek, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 217. 830 Vgl. auch: Bunzel/Meyer, Die Flächennutzungsplanung, S. 181; zu den Anforderungen im Bauplanungsrecht: Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (506–512). 831 Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89; allgemein: Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (64). 832 Weber, Gute Beispiele, S. 13; Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 6f. 833 Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (487). 834 Etwa, indem gezielt engagierte Bürger angesprochen werden, um die Bildung „alter Fronten“ durch Interessengruppen zu vermeiden, Friege/Hentze, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 95. 835 Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (33); vgl. Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt-Entwicklung, S. 31; Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. IIIf.; BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 49. 836 In Heidelberg sind die Aktivitäten erst später unter der Agenda 21 gebündelt worden, vgl. Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u.a (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (146ff.); Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (156). 837 Nachhaltiges Heidelberg – Für eine lebenswerte Umwelt, Umfrage des IfeuInstituts. Die Umfrage zeigte Lücken in kommunaler Entwicklungszusammenarbeit und Konzeptumsetzung, wohingegen gute Ergebnisse im Klimaschutz und Bürgerbeteiligung erzielt wurden. 838 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 135. Das Phänomen ist durch den durch die Verwaltung geprägten Ausbau der vorhandenen Instrumente begründet, vgl. auch oben: bei Fn. 247.

III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden

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arbeit nicht den Reiz einer besonderen Situation aus. Um aus Vorerfahrungen geprägte Abwehrmechanismen nicht zu aktivieren,839 darf die Einarbeitung der Einzelplanungen nicht den Eindruck erwecken, neue Stadtplanung und Konzeptarbeit zu erfinden.840 Die Abgrenzung zwischen dem Aufbauen auf bestehenden Initiativen und „alter Wein in neuen Schläuchen“ ist langjährigen Aktiven nur schwer zu vermitteln.841 Aufwendige Einzelmaßnahmen erscheinen nicht mehr notwendig, wenn die strategische Grundausrichtung getroffen ist.842 Wie auch beim vorschnellen Festsetzen eines handhabbar erscheinenden Konzeptes besteht bei einer oberflächlich erstellten systematischen Agenda 21 die Gefahr, in das Auflebenlassen lediglich alter Konzepte abzugleiten. Dadurch kann zu der bequemeren Umbenennung vorhandener Ansätze zurückgekehrt werden.843 Die bloße Fortschreibung des Bestehenden trifft die Umsetzung einer lokalen Agenda 21 nicht.844 Sie wird vielmehr größtenteils eine weitgehend abgelehnte formale Agenda 21 produzieren und vorhandene politische Blockaden reaktivieren.845 Wenn eine bloße formale Umsetzung einer Agenda 21 geplant ist, sollte der Prozess besser unterbleiben.846 Eine Quote von 60–70% bereits aufgegriffener Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden für eine lokale Agenda 21 erscheint daher selbst bei Mängeln in der Umsetzung noch sehr optimistisch.847 Trotz aller Zurückhaltung und Unsicherheit ginge es fehl, die Kommunen in die Ecke rückständiger Blockierer zu stellen. In Kommunen wird gerade aufgrund neuer Problemlagen im Vollzug häufiger mit Vernetzung und innovativen Lernprozessen gearbeitet.848 Im Ergebnis kann daher auch ein Stadtentwicklungsplan als 839 Vgl. etwa Verwaltungsreform, D.II.3.f); Personalbedingte Schwierigkeiten, D.II.3.c)aa); D.II.3.c)bb); Faktoren formaler Umsetzung, D.III.1.b)aa). 840 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 98. 841 Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107. 842 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 135. 843 Daher ist die Definition der Maßstäbe der Nachhaltigkeit notwendig, vgl. Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (200); vgl. auch: Faktoren formaler Umsetzung, D.III.1.b). 844 Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, B 1–4, S. 1 (5); Stark, Lokale Agenda 21, S. 20. 845 Weber, Gute Beispiele, S. 13; Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 67; Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, B 1–4, S. 1 (5); Stark, Lokale Agenda 21, S. 20: „Etikettenschwindel“. 846 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (257); G1 (vgl. Anhang); dazu oben: D.III.1.b). 847 Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (76); die Quote ergibt sich dort aus dem Abgleich der Agenda 21 als Checkliste für Handlungsmöglichkeiten. 848 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (70).

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

Agenda 21 Leitlinien und Ziele einer nachhaltigen Entwicklung formulieren,849 wenn die Bürger in die Zielfindung einbezogen wurden.850

4. Inkrementale Handlungsansätze Inkrementale Handlungsansätze in der lokalen Agenda 21 sind eine parallele Entwicklung zu den Ansätzen in der Stadtentwicklungsplanung. Ein inkrementaler Agenda 21-Ansatz ist eine Projektstrategie. In diesem Ansatz erfolgt ein schrittweises, stufenweises Vorgehen, indem durch viele Einzelvorhaben in begrenzten Teilbereichen als Anregung die Agenda 21 greifbar gemacht wird.851 Auf diese Weise ist in der Regel der Erfolg des angestrebten Mittels schnell sichtbar. Der Ansatz ist geprägt durch eine Auseinandersetzung zwischen den Polen einer Planung im Sinne umfassender komplexer Zielsetzungen und einer Projektorientierung im Sinne umsetzbarer Wirklichkeitsveränderungen.852 Letztlich verfolgt auch der inkrementale Handlungsansatz damit eine Zielformulierung.853 Sie ist jedoch im Niveau ihres Anforderungsprofils im Vergleich zur strategischen oder systematischen Strategie viel niedriger angesetzt. Der prozessuale Charakter nachhaltiger Entwicklung bietet in der kontinuierlichen Verbesserung der Situation eine gewisse Parallele zum pragmatischen und inkrementalen Handeln.854 Vorteilhaft bei inkrementalen Handlungsansätzen wirkt, dass die Erfahrungen der Bürger in die Projekte gut und unmittelbar einfließen können.855 Ein Aktionsplan für die Gemeinde ist in dieser Umsetzungsform nicht angestrebt, oder nur, wie auch die Diskussion über Leitbilder oder Indikatoren, rudimentär ausgeprägt.856 In der Regel werden schnellstmöglich Träger und 849

Nachhaltiges Heidelberg – Für eine lebenswerte Umwelt, Umfrage des IfeuInstituts; Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (148). 850 Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (150). 851 Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (139); auch schon: Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 83f. 852 Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (75). 853 Die somit zutreffend als unerlässlich für die Einleitung nachhaltiger Entwicklung gilt, vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 235; Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (130); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 55. 854 Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 90. 855 Vgl. auch: Roters/Richter, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 207; Spehl, in: (ARL) (Hrsg.), Nachhaltige Raumentwicklung, S. 19 (26). 856 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 136. Diese beschränken sich auf einen äußeren Rahmen, der in der Integration der drei Dimensionen bestehen kann, ohne weitere inhaltliche Vorgaben zu machen, Stadt Münster, Die Oberbürgermeis-

III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden

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Vorhaben benannt und zur Umsetzung übergegangen.857 Die Einzelprojekte sind aber häufig nicht in ein größeres Gesamtkonzept eingebunden.858 Demzufolge findet auch selten eine Integration der Schwerpunktfelder in Projekten statt.859 Die daraus folgende Partikularisierung erschwert die Erfolgskontrolle und begünstigt Aktionismus. Es kommt die Gefahr einer „Strohfeueragenda“ auf, die sich mehr an Machbarkeit als an den Prioritäten orientiert.860 Gründe für die Wahl eines inkrementalen Agenda-Modells liegen vielfach im auf kurzfristige Erfolge fixierten Pragmatismus im sektoralen Denken und Handeln der Kommunalpolitik.861 „Wer ungern denkt, handelt“, mit diesem Zitat könnte der inkrementale Handlungsansatz in einer Zuspitzung charakterisiert werden.862 a) Perspektivischer Inkrementalismus Der von Ganser und Sieverts geprägte Ansatz des perpektivischen Inkrementalismus soll eine Differenzierung zum Inkrementalismus darstellen, indem neben Konzentration auf Diskussion und schrittweiser Behandlung von Schlüsselprojekten und -problemen, die Gesamtperspektive der Projekte nicht verloren gehen soll.863 Die auf der Basis gesellschaftlicher Grundwerte basierende Gesamtperspektive soll dann inkremental unmittelbar durch Projekte konkretisiert werden, mit einer Konzentration auf strategisch bedeutsame Einzelentscheidungen und mittelfristige Realisierbarkeit.864 Aus der Projektorientierung heraus werden integrierte, vorwiegend ökonomische Instrumente anstatt rechtlicher Steuerung bevorzugt.865 Der Neuheitswert des terin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 23. 857 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 177. 858 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (23); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430). 859 Mordhorst, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 61 (68). 860 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 136; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (20); Menzel, ZRP 2001, 221 (224); FH Erfurt, Prozessindikatoren, S. 10; vgl. Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 7 (8). 861 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (156); Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 177; vgl. dazu oben: Kurzfristorientierung, D.II.3.a). 862 Herkunft unbekannt, aus: Nef, Sprüche und Widersprüche zur Planung, S. 17. 863 Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (28); ähnlich schon 1987: Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 77; Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 53. 864 Sieverts/Ganser, DISP 29 (1993), 31; Ganser/Siebel/Sieverts, Raumplanung 61 (1993), 112 (114f.).

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

perspektivischen Inkrementalismus, der auch als der „Kleinere Bruder“ der integrierten Entwicklungsplanung bezeichnet wird,866 ist bei näherem Hinsehen beschränkt. Es gehört zu den grundlegenden Elementen nachhaltiger Planung, Spielräume bestehen zu lassen und Schwerpunkte zu setzen.867 Dies ist auch der Flexibilität der Planung geschuldet.868 Zu Recht bezeichnet daher Selle den Inkrementalismus als den „soliden Kern der Planung“.869 Es handelt sich nur um eine neue Sichtweise der Entscheidung, offene Leitbilder einzelfallbezogen anzuwenden.870 In den Umsetzungen, die eine Symbiose aus Projektumsetzungen und Verwirklichung von Planungszielen anstreben,871 kann eine Grenze von perspektivischem Inkrementalismus und strategischem beziehungsweise systematischem Vorgehen872 nicht präzise bestimmt werden. Daher kann durchaus von einem „Schlagwort“ neuer Planungskultur gesprochen werden.873 b) Entscheidungsfaktoren und Ablauf inkrementaler Handlungsansätze Das Entscheidungsverhalten in komplexen Systemen ist bereits Gegenstand sozial-, politik- und auch rechtswissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Die Prämissen des inkrementalen Entscheidungsmodells und seine demokratietheoretische Erweiterung sind umstritten.874 Es fällt jedoch auf, dass die Schwierigkeiten in Agenda-Prozessen, insbesondere das Unsicherheits- und Komplexitätsdilemma sowie die formale Agenda-Umsetzung, Ähnlichkeit zu den beschriebenen Merkmalen zumindest für diese Mikroebene aufweisen875. Deren Ergebnisse können daher für die lokale Agen865

Sieverts/Ganser, DISP 29 (1993), 31 (35f.); Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 69. 866 Ganser/Siebel/Sieverts, Raumplanung 61 (1993), 112 (114). 867 Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53 (56); vgl. Boer, in: Ginther/Denters/de Waart (Hrsg.), Sustainable Development, S. 111 (123). 868 Vgl. OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 24; Pahl-Weber, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 257 (260, 261). 869 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 47. 870 Gawron, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (27). 871 Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (75). 872 Vgl. daher auch die Bezeichnung als „kleiner Bruder der Stadtentwicklungsplanung“, oben: Fn. 867. 873 Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 69. 874 Bohne, in: ders. (Hrsg.), Perspektiven für ein Umweltgesetzbuch, S. 123 (135). 875 Vgl. Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (42), komplexe und langfristige Problemlösungen in der Regel nicht von hierarchischen Arrangements unterstützt.

III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden

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da 21 hilfreich sein. Ausgangspunkt ist die These, dass die Entscheidungsträger üblicherweise nur Entscheidungen fällen, die kleine oder nur begrenzte Veränderungen des Status quo zur Folge haben. Dadurch sind die großen Informationsermittlungsaufgaben komplexer Entscheidungsprozesse verengt und gleichzeitig die Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten der Entscheidungsträger reduziert. Die Anpassung an das begrenzte Auffassungsvermögen bewirkt mit der geringeren Informationsnachfrage auch geringere Analysekosten. Es tritt eine Fokussierung auf wenig Spekulatives und relativ konkretes Bekanntes auf. Wichtige Konsequenzen werden auch dadurch vernachlässigt, weil Gruppeninteressen vertreten werden oder von vorneherein deren Unlösbarkeit befürchtet wird.876 Inkrementale Entscheidungsgänge sind vor allem bei komplexen Prozessen mit unsicheren Handlungsfolgen, Meinungsverschiedenheiten der Akteure,877 Informationsdefiziten und personellen, sächlichen und finanziellen Ressourcenmängeln wahrscheinlich. Eine schwerwiegende Krise,878 eine entschlossene und hinreichend starke politische Führung sowie die Unterstützung der Entscheidung durch die Öffentlichkeit sind dagegen günstige Rahmenbedingungen für nicht-inkrementale Entscheidungsprozesse.879 Bei einem unterschiedlichem Maß an Interessenorganisation und partiellen Belastungsauswirkungen, wie sie in den Gemeinden nicht selten vorliegen, sind daher anstatt institutioneller Reformen bloß inkrementale Ergebnisse zu befürchten.880 Inkrementale Entscheidungsprozesses sind durch eine Reihe von Merkmalen gekennzeichnet,881 von denen insbesondere zwei auch Indiz für einen inkrementalen Agenda 21-Prozess sein können: Ein Merkmal ist das Aufgreifen von Problemen durch erhöhten Lösungsdruck der Öffentlichkeit882 oder einzelner Interessengruppen. Ein weiteres Merkmal sind die bruchstückhafte und uneinheitliche Analyse und Definition von Problemen, auch aufgrund partikulärer Informationen der beteiligten Akteure. Die Wahl der Mittel erfolgt nach den Präferenzen des dominie876

Lindblom, The intelligence of democracy, S. 144ff. Auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 63. 878 Vgl. auch: Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 378. 879 Bohne, in: ders. (Hrsg.), Perspektiven für ein Umweltgesetzbuch, S. 123 (131f.), jedoch als nicht notwendige Bedingung qualifiziert. 880 Anhand der Umweltpolitik, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 63; vgl. Gerlach, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 79 (83f.). 881 Bohne, in: ders. (Hrsg.), Perspektiven für ein Umweltgesetzbuch, S. 123 (126); mit enger Anlehnung an Lindblom, Democracy and Market System, S. 239ff., dessen Aufsatz dort den Titel „Still muddling, not yet thorough“ trägt. 882 Vgl. die Parallele oben: D.III.1.b)aa). 877

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D. Organisationsstrukturen lokaler Agenda 21-Prozesse

renden Akteurs, nicht nach einer Zweck-Mittel-Optimierung. Entscheidungen sind das Ergebnis von Verhandlungskompromissen, die nicht auf endgültige Problemlösung, sondern vorübergehende Abmilderung negativer Folgen zielen. Der Entscheidungsprozess wird wiederholt, bis zufriedenstellende Lösungen vorliegen oder das Interesse am Problem erloschen ist. Geringe Abweichungen vom status quo ermöglichen Lehren aus Fehlern in einem „trial and error“-Handlungskurs.883 Aus der Verwirklichung inkrementaler Handlungsansätze entspringen keinesfalls nur negative Resultate. Die Ergebnisse weisen in der Regel eine hohe Stabilität auf. Sie beruhen als Resultat der Kompromisslösung auf einer breiten Mehrheitsbasis.884 Situationsbezogene konkrete Lösungen sind auf der kommunalen Ebene eher möglich, ohne eine abstrakte Lösung des Grundproblems zu entwickeln.885 Ablehnende Einstellungen gegenüber der lokalen Agenda 21 können daher durch öffentlichkeitswirksame Aktionen vermindert, wenn nicht gar behoben werden.886 Die Konzentration auf umsetzbare Wirklichkeitsveränderungen ist aber zugleich ein Kritikpunkt des Inkrementalismus, dem Verbleiben in kleinbürgerlicher Argumentation und Opportunismus vorgeworfen wird.887 Das Vorziehen von Einzelprojekten und ein späterer Programmentwurf888 kann kurz- bis mittelfristig Erfolge hervorbringen. Einzelprojekte können daher eine Basis einer lokalen Agenda 21 bilden.889 In einer langfristigen Perspektive, die einen Zeitraum von 20–25 Jahren anzusetzen hat, hat die Organisation in Einzelprojekten keine guten Erfolgsaussichten.890 In fortgeschrittenen Agenda-Phasen gerät 883

Vgl. Bohne, in: ders. (Hrsg.), Perspektiven für ein Umweltgesetzbuch, S. 123

(127). 884 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 23. Dieser funktionierende demokratische Prozesse kennzeichnende Faktor wird die Weiterentwicklung zur allgemeinen Demokratietheorie befördert haben, vgl. Lindblom, The Intelligence of Democracy, 1965, S. 250ff. (dort zu den Vor- und Nachteilen von Mehrheitsentscheidungen); Lindblom, Democracy and Market System, S. 15; Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64 (69). 885 Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (62); Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (281). 886 „Lieber ein konkretes Objekt realisieren, als 19 theoretische Ziele diskutieren“, vgl. Kraus, UPR 1998, 299; ähnlich: Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (14). 887 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 51. 888 Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 77, für den Teilbereich Umweltschutz. 889 Positive Erfahrungen existieren in den Bereichen Klimaschutz, Abfallwirtschaft, Tourismusleitbild, Verkehrsentwicklung, Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (152).

III. Strategien in der Umsetzung lokaler Agenden

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die Arbeit ohne orientierendes Leitbild zu einer Belastung.891 Sehr engagierte Ansätze können Gefahr laufen, die Projekte an etablierten Institutionen und Strukturen vorbeizurealisieren.892 Der Prozess droht einzuschlafen oder zu zerlaufen.893 Eine durchgreifende Trendwende im Schnellverfahren ist nicht möglich.894 Der inkrementale Ansatz leidet zudem häufig unter organisatorischen Problemen. Unklare Organisationsstrukturen führen zu großem Arbeitsaufwand, der die eigentliche Aufgabe zu ersticken droht. Dies äußert sich in der Behinderung der erforderlichen Entscheidungsfindung sowie in Form faktischer Hinderungsgründe bei inkrementellen Strukturen.895 Gelingt es nicht, langfristige und tragfähige Arbeitsstrukturen zu etablieren, droht eine Abhängigkeit vom Engagement weniger Mitarbeiter und das Auslaufen des Prozesses.896 Pragmatisches Vorgehen kann somit die notwendige theoretische Grundlage nachhaltiger Entwicklung in dieser Perspektive nicht ersetzen.897 Inkrementale Handlungsansätze finden sich häufig in „bottom up“-Ansätzen. Die Projekte erhalten ihre Handlungsvielfalt zu einem Großteil durch Initiativen der Bürger. Die Kritik, die Verwaltung zeige im Prozess zu wenig konkrete Handlungsfelder auf,898 ist nicht treffend. Veröffentlichungen und Handlungsempfehlungen bieten mittlerweile eine Vielzahl an Aktionen und Beispielen, die als Vorbild in anderen Agenda-Prozessen dienen können.

890 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 354. Einen Zeitrahmen von zehn Jahren hält Fiedler, Der Städtetag 1997, 483 (486, 487), für die Ausnahme. 891 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 23. 892 Roters, Zukünfte Nr. 20/1997, 64 (66). 893 Zimmermann/Otto-Zimmermann, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raumund Umweltplanung, S. 237 (242). 894 Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (11); Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (14). 895 Mitschang, DÖV 2000, 14 (15). Dabei dürfte auch Ärger über die große Anzahl von Einzelprojekten mit einfließen, wobei die nicht genutzte Wirkungssteigerung im Vergleich zu den vorhandenen (eigenen) Nachhaltigkeitvorstellungen nicht ohne Auswirkungen bleiben dürften. 896 Vgl. Reisinger, Der Landkreis 2003, 454; Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 16; Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (29). 897 Spars, ZAU 1999, 225 (233). 898 Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430).

E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen Die zunehmende Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklung1 mit revolutionierten Informationsmöglichkeiten hat dazu geführt, dass wesentliche Veränderungen nicht mehr abstrakt durch Pläne angeordnet werden können.2 Der Verwaltungsstaat wird in zunehmendem Umfang mit der Forderung nach dem kooperativ wirkenden Verhandlungsstaat konfrontiert.3 Hier liegt ein Überschneidungsbereich zur lokalen Agenda. Als Stärke von lokalen Agenden gilt insbesondere die geographische und persönliche Nähe der Gemeinden zum Geschehen vor Ort, die vertrauensbildend wirkt.4 Die Stärkung der Eigenverantwortung und des Engagements der Bürger sollen dieses Potential der Gemeinden auch in der Praxis realisieren.5 Partizipation und Dialog gelten als besondere Mittel, um Eigenverantwortung und Engagement zu stärken. Erfolgreiche lokale Agenda 21-Initiativen wenden Bürgerbeteiligung auf möglichst alle Konzepte und Leitlinien an.6 Die Liste der 1 Auf die Frage, ob tatsächlich eine höhere oder nur eine scheinbar höhere Komplexität vorliegt, kann hier nicht näher eingegangen werden, vgl. Kirsch, Die müßige Geschäftigkeit, FAZ Nr. 300 vom 27.12.2003, S. 13. 2 Sieverts/Ganser, DISP 29 (1993), 31 (35); Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (96); dazu gesellt sich die begrenzte Problemverarbeitungskapazität politischer Planung, Rehbinder, NVwZ 2002,657 (663); Zilleßen, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 115 (122); Pohle, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 11 (14). Einige sehen auch das Aus für das hierarchische Steuerungsmodell, vgl. Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (174). 3 Vgl. Heinelt, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 10ff.; besonders im Raumplanungssektor, Stein, RuR 1995, 393; dagegen: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 134, der faktisch darin eine ausweichende Reaktion aus Gründen mangelnder Kompetenz sieht. 4 Maasberg, RuR 1998, 90 (94); ders., Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 49f. 5 BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 13; Hill, Die Verwaltung 21 (1988), 175 (182f.), ders., BayVBl 2002, 321 (324). So sieht Menzel, ZRP 2001, 221 (228), die Erarbeitung des Heidelberger Verkehrsentwicklungskozeptes als Alternative zu Planvorgaben; dazu: www.heidelberg.de/index2.htm. 6 Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u.a (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (146); auch in Kombination bekannter und neuer Partizipationsinstrumtente, v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (100); BMU/UBA (Hrsg.), Lokale Agenda 21 im europäischen Vergleich, S. 44, 49.

I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3

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Innovationsimpulse für Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene ist lang: Partnerschaften zwischen Öffentlichen und Privaten7 – auch in der Leistungserbringung – Städtenetzwerke8, Stadt-Umland-Kooperationen, Regionalentwicklungskonferenzen, kommunale Umweltberatungsstellen und Energieagenturen sowie nachhaltigkeitsorientierte Innovationsförderung9 sind einige der Formen, die der kommunale Dialog anstreben könnte. Dieses Kapitel untersucht Probleme und Perspektiven von Partizipation und Dialog als besonders propagierte Mittel für die lokale Agenda 21. Hierzu erfolgt zunächst eine Darstellung des interkommunalen Dialogs [E.I.]. Im Anschluss werden Erfolge und Defizite der konventionellen innerkommunalen Partizipationsformen untersucht [E.II.]. Die Ursachen und Problemkonstellationen der Defizite von Partizipationsbemühungen finden sich im Teil E.III. An diese schließen sich eine Darstellung der neuen Partizipationsformen [E.IV.] sowie des Nutzens erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden [E.V.] an.

I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3 Mit den Dezentralisierungstendenzen ist eine zunehmende Aufgabenverlagerung auf die Kommunen zu verzeichnen. Da die Finanzlage der Kommunen jedoch der Aufgabenerfüllung Grenzen setzt, müssen die Kommunen verstärkt Kooperationen eingehen.10 Auch die Agenda 21 betont die Bedeutung intra- und interkommunaler Lösungsstrategien.11 Der interkommunale Dialog ist damit eine auch materielle Voraussetzung, um ein umfassendes Entwicklungskonzept einer zukunftsfähigen Gemeinde zu entwerfen. Als Schritt dahin gelten schon eine verbesserte Abstimmung der Planungen 7 Für die Zusammenarbeit werden jedoch teilweise sehr kuriose Beispiele gewählt: So sei die Fertigung von maßangefertigten Schuhen durch Schuhmacher zu fördern, weil ein großes Marktpotential und Innovationsdefizit bestehe, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 350f. Es ist abzusehen, dass derartige Förderungsempfehlungen bei den finanziell nahezu ruinierten Kommunen auf wenig Verständnis stoßen dürften. 8 Kooperationen auch größeren räumlichen Zusammenhangs, die vor allem dem Erfahrungsaustausch über unterschiedliche Themen dienen, Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (307f.). 9 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 133. 10 Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (325f.); Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 31; Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 199; auch bei Erstellung einer lokalen Agenda 21, Lütkemeier, Der Landkreis 2003, 499 (501). 11 Kap 28.2 lit c) Agenda 21; auch Kap. 28.2 lit a; 28.5. Inzident setzt Kap. 28.1 die intrakommunale Zusammenarbeit voraus; vgl. Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (26); Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 45.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

untereinander und eine weitgehende Vereinheitlichung der Planungsschritte, um den Informationsaustausch zu erleichtern.12 Der Erfahrungsaustausch schließt Kontakte zu ausländischen Kommunen13 und internationalen Organisationen14 ein. Kommunikationsschwierigkeiten sind ein zentrales Hindernis der Regionalisierung.15 Der häufig gewählte Slogan „think global-act local“ lokaler Agenda 21-Initiativen,16 findet im interkommunalen Dialog kaum Berücksichtigung. Die inhaltliche und verfahrenstechnische Koordination der Agenda-Prozesse untereinander, wie auch die Koordination zwischen Städten, Gemeinden und Regionen, erfolgte bisher kaum.17 Die interkommunale Kommunikation wird auch durch die am Örtlichkeitsprinzip orientierten Gemeindeordnungen begrenzt. Die Denkweise in den Kommunen ist teilweise so sehr an diesem Prinzip ausgerichtet, dass Kooperation gar nicht in Betracht gezogen wird.18 Hinzu kommt die Neigung in Gemeinden, Nachhaltigkeit als Standortvorteil gegen andere Gemeinden auszuspielen.19 Die anerkannte Bedeutung des Erfahrungsaustausches bleibt faktisch zumeist auf der Ebene individueller Erfahrungssammlung.20 Selbst bei verstärkt geförderten „Musternachhaltigkeitsgemeinden“ sind starke Defizite in der interkommunalen Zusammenarbeit und der Regionalentwicklung festzustellen.21 Das Defizit in der interkommunalen Zusammenarbeit setzt sich in der mangelhaften Realisation von Netzwerken fort. Noch 1995 verstanden sich, bezogen auf alle Städte mit mehr als 50000 Einwohnern, weniger als 33% der Wirtschaftsförderer als Koordinatoren. Nur 20% der Kommunen haben lo12 Brösse, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 204 (208); ähnlich: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 275, die Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange diene gerade der sachgerechten Sammlung des Abwägungsmaterials. 13 Kap 28.2 lit b. 14 Kap. 28.4. Agenda 21. 15 Vgl. Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 69. 16 Vgl. etwa: Libbe/Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (27); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/ 2003, 17. 17 Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (23). 18 Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 139 (154); Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 72. Ähnlich auch: Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 26. 19 Menzel, ZRP 2001, 221 (224); „werbetaktische Überlegungen“, Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 61; Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 26. Die lokale Agenda 21 als Vorteil im lokalen Wettbewerb wird sogar ausdrücklich beworben!, vgl. Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 3. 20 Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (26, 29f., 33ff.). 21 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (174).

I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3

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kale oder regionale Netzwerke22 eingerichtet. Rund 50% der Städte haben darüber nicht einmal nachgedacht.23 1. Egoismen der dezentralisierten Selbstverwaltung Die Kommunalpolitik ist nicht primär funktions- sondern standortorientiert.24 In der dezentralisierten Selbstverwaltung tritt häufig das durch Trends beeinflusste und Lokalpatriotismus zu erklärende Streben auf, das gleiche wie die Nachbarn haben zu wollen.25 Ein häufiges, aber selten ausgesprochenes Motiv, den Agenda-Prozess einzuleiten, ist der lokalpatriotistisch geprägte Beweggrund, nicht abseits zu stehen.26 Nach außen, das heißt, gegenüber den Bürgern und anderen Kommunen soll etwas vorweisbar sein, oder es sollen Fördermittel ausgeschöpft werden.27 Wenn dieses Motiv mit nicht sehr tiefgehendem Interesse der Entscheidungsträger an einem Prozess verbunden ist, sondern vielmehr der Formierung eines Labels dient, besteht ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für eine formale Umsetzung und ein Scheitern des Prozesses. Aus dem Ziel, eigene Standortqualitäten zu erhalten, resultiert auch eine vornehmliche Projektorientierung der Gemeinden.28 Die großzügige Flächenausweisungspolitik im weiterhin zunehmenden Konkurrenzdruck der Kommunen um Ansiedlung von Unternehmen29 führt zum Scheitern des interkommunalen Freiflächenschutzes.30 Standortwettbewerb und konsequenter Vollzug des Umweltrechts treten bei kurzfristiger Betrachtungsperspek22

Eingehende Nachweise zu Organisationsübergreifenden Netzwerken mit Internetadressen, vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 32ff. 23 Zahlen 1995 nach: Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (298). 24 Vgl. auch Knieling/Fürst/Danielzyk, DISP 37 (2001), Heft 145, 41 (43); ähnlich: Knemeyer, in: Hablitzel/Wollenschläger (Hrsg.), Recht und Staat, S. 557 (564), nur in ganz wenigen Fällen Betätigung über den örtlichen Rahmen hinaus. Pessimistisch, Denken über Rathausspitze hinaus habe es nie gegeben. Das „Sankt-Florians-Prinzip“ (Verschon mein Haus, zünd’ andere an) sei in der Kulturgeschichte eher Regel als Ausnahme, Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (23). 25 Vgl. Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 49. Hauptfeind der Dezentralisation nicht der Staat, sondern der Trend, Püttner, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (I), S. 159 (184). 26 Boppel, Politische Ökologie 52 (1997), 68. 27 G2 (vgl. Anhang); Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 267, 270. 28 Vgl. auch Schwarze-Rodrian, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 220 (222f.). 29 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 188f.; BMU (Hrsg.), 10 Jahre nach Rio, S. 12; Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 54; Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 84.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

tive in Konkurrenz. Umweltrechtsvollzug wirkt dabei als negativer Standortfaktor.31 Verdeckt werden kommunale Beteiligungsrechte in Verfahren mit Umweltbezug instrumentalisiert, um hinter diesen „egoistischen Umweltschutzinteressen“ die „harten“ wirtschaftlichen kommunalen Interessen zu verbergen.32 Diese Faktoren prägen als verwaltungseigene bzw. gemeindeeigene ökonomische und politische Interessen die Verwaltungen vor Ort.33 Auch die Modifikation, statt einer „Aufholjagd“ der Kommunen ein „Besonders-Sein“ jeder Kommune anzustreben, folgt im Grundschema dieser Orientierung.34 Diese Gleichbehandlungsforderung vergibt die Möglichkeit, Vorteile von Dezentralisation, etwa Synergieeffekten durch abgestimmte Planungen, zu nutzen.35 Die globalen Veränderungen gehen indes auch in dieser Situation an den Kommunen nicht spurlos vorbei. In der Regel existiert in den Kommunen die Einsicht, dass man auf die von außen einwirkenden Globalisierungsanforderungen reagieren muss.36 Dieses dumpfe Gefühl einer erforderlichen Veränderung kann jedoch mangels Wissen über die regionalen Auswirkungen und die richtigen Konsequenzen rational nicht bewältigt werden. Die Kommunen stehen damit zusätzlich unter Entscheidungsdruck, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Um Anregungen zu erhalten, beobachten sich die Gemeinden gegenseitig im Umgang mit der Situation, anstatt zu kooperieren. Brauchbare Schlüsse zur Bewältigung der Aufgabenstellung erwachsen aus dieser Strategie jedoch nur in den seltensten Fällen. Aus diesem Grund steigt die Unsicherheit weiter. Erste (traditionelle) Kooperationen die30 Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (27); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (264). 31 Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 71; Fürst, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 13 (20); G5 (vgl. Anhang). 32 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 275; ebenso für die kommunale Planungshoheit: Gaentzsch, NVwZ 2001, 990 (991f.). 33 Gerade unter Berücksichtigung der Praxissituation Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (219); vgl. „Bremer Erklärung“ Punkt 4.4, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 96 (102). 34 Hannemann, in: dies./Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 11 (18f.). Zweifelhaft ist die Auffassung, kommunale Leistungswettbewerbe entfachten keinen verschärften Konkurrenzkampf, sondern zeigen Verbesserungspotential auf, Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 346. Die Nutzung des Verbesserungspotentials ist nämlich gerade Wettbewerb und Konkurrenz geschuldet. 35 Püttner, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns (I), S. 159 (165, 173); Lütkemeier, Der Landkreis 2003, 499 (501). 36 Eine Stärkung durch die Globalisierung prophezeit Häusler, Politische Ökologie 54 (1998), 6 (7), globalen Unternehmen, Kommunen und Bürgerinitiativen.

I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3

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nen vor allem dem Abbau von Entscheidungsdruck, indem etwa abstrakte Forderungen an übergeordnete staatliche Stellen gestellt werden, ohne diese jedoch auf die Konsequenzen für die einzelne Gemeinde hin zu beziehen. Die Beobachtung der anderen regionalen Akteure lenkt den Blickpunkt dazu noch auf die Frage nach dem Rückwirken von deren Handeln auf eigene Entscheidungen. Der gesteigerte Komplexitätsfaktor überschreitet in der Regel die Bewältigungsmöglichkeiten einzelner Kommunen.37 Die These, Regionalisierung und Dezentralisierung in der Aufgabenwahrnehmung führe zu einem Wandel vom interventionistischen zum kooperativen Staat,38 scheint vor diesem Hintergrund so nicht uneingeschränkt zuzutreffen. Die Aufgabenwahrnehmung und Organisation der Gemeinden erfolgt im Wesentlichen seit Jahren unverändert. Der Wandel, der in jüngster Zeit immer mehr zur Ausbildung von Netzwerken führt, ist maßgeblich der schlechten finanziellen Situation der Gemeinden zu verdanken.39 Die Finanzknappheit als Sachzwang hat als Kreativitätszwang und Reformdruck in den Gemeinden gewirkt.40 2. Traditionell formalisierte Kooperation Die Grundbedingungen von Kooperation und die Prämissen egoistischer Zielverfolgung bilden einander entgegenstehende Ziele. Vor dem Hintergrund einer egoistischen kommunalen Konkurrenz stehen formalisierte Kooperationen zwischen Gemeinden bereits unter wenig erfolgversprechenden Eingangsvoraussetzungen. Regionale Zusammenschlüsse41 konnten bisher zumeist nur unter Anwendung staatlichen Zwangs begründet werden.42 Dazu tragen auch von den Mandatsträgern aufgenommene Ängste der Bürger bei, durch den Zusammenschluss an Identität zu verlieren.43 Bei Kooperationen, die nicht von den Kommunen selbst ausgehen, sind besonders von 37

Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 188f. Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 81; ähnlich: Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83 (85); Necker, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 2000, S. 190 (192f.). 39 G2 (vgl. Anhang). 40 Vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 89; Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 89. 41 Z. B. der Regionalverband Braunschweig oder die Region Stuttgart. Einen Überblick über die bedeutenden Modellvorhaben der Raumordnung bei: BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 4/1999, 2. 42 Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (306); oder durch ausgeweitete Förderkampagnen etwa zum Regionalmanagement, Sedlacek, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 1. 43 Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (307). 38

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

der Mittelbehörde ausgehende Initiationen erfolgversprechend.44 Auch bei nicht hoheitlich veranlassten Formen interkommunaler Zusammenarbeit sind verschiedene Erfolgsbedingungen zu berücksichtigen. Die Anregung der interkommunalen Zusammenarbeit unterscheidet sich in der zugrundeliegenden Interessenlage nach ihren Initiatoren. Bei inhomogenen Zusammenschlüssen ist die Zusammenarbeit auch deshalb erschwert, weil unterschiedliche Ebenen von Problemsichten aufeinandertreffen. Landkreise sind eher auf dem Gebiet der Regionalplanung, des öffentlichen Personennahverkehrs und der Abfallentsorgung interessiert. Die Kommunen hingegen sehen primär in ihrer eigenen Zuständigkeit Anreize zur Kooperation. Aus diesem Grund ergibt sich schon aus der geographischen Verwaltungseinteilung ein unterschiedlicher Kooperationsmaßstab, der in die Überlegungen zur Zusammenarbeit einfließen muss.45 Sachliche Anstöße zur interkommunalen Zusammenarbeit ergeben sich zumeist aus Defiziten in Flächenpotentialen, Naturschutzerfordernissen, Ansiedlung von Anlagen – summarisch aus all den Quellen, bei denen den kommunalen Mandatsträgern die Gefahr ruinöser kommunaler Konkurrenz erscheint.46 Dauerhaftes kommunales Engagement ist nur dann zu erwarten, wenn den Gemeinden Aufgabenstellungen in ihrem Handlungsraum verbleiben, die der Identitätsbildung und den lokalen Egoismen in gewissem Umfang Rechnung tragen.47 Eine kooperative Erarbeitung von Planungsaufgaben stärkt besonders die Bereitschaft kleiner Gemeinden zur Kooperation. Dies beruht auf der integrierenden Wirkung der Partizipation, die in gleichem Maß auch im Verhältnis Gemeinde-Bürger wirkt.48 Schwache staatliche Förderanreize tragen nicht zu einem langfristigen Verzicht auf lokale Egoismen bei.49 Eindimensionale eindeutig definierte, begrenzte Kooperationsziele sind hingegen für die kommunale Zusammenarbeit förderlich.50 44 Sie sind aber auch bei dieser in großem Maße personenabhängig, Knieling/ Fürst/Danielzyk, DISP 37 (2001), 41 (46). 45 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 176, 179. 46 Beckmann, in: ARL (Hrsg.), Kooperation im Prozess des räumlichen Strukturwandels, S. 102 (104). 47 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 178. Die regionale Identitätsbildung ist daher Ziel belebender Aktivierung, Pohle, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 11 (27f.). 48 Knieling/Fürst/Danielzyk, DISP 37 (2001), 41 (45). 49 Die staatliche Förderung kommunaler Kooperation ist insofern vor ein strukturelles Problem gestellt, da die Bereitschaft zur Kooperation bei den Kooperierenden selbst vorhanden sein muss, Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 69; vgl. dazu auch: Knieling/Fürst/Danielzyk, DISP 37 (2001), 41 (44); vgl. unten: E.I.3. 50 Beckmann, in: ARL (Hrsg.), Kooperation im Prozess des räumlichen Strukturwandels, S. 102 (109).

I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3

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Der Beginn erfolgreicher Zusammenarbeit wird dann begünstigt, wenn diese schnell fassbare Ergebnisse vorweisen kann. Dieser Faktor wirkt jedoch gleichzeitig negativ auf die systematische Entwicklung eines Gesamtkonzeptes für die interkommunale Zusammenarbeit. Dieser Zusammenhang bereitet deshalb in der Praxis Schwierigkeiten, weil die personellen Kapazitäten der Gemeinden bereits stark beansprucht werden. Aufgrund des hohen Erwartungsdrucks werden diese Kapazitäten besonders für erste Ansätze praktischen Handelns benötigt.51 Dieses Dilemma lässt sich allerdings mit einem selbstorganisierten Lernprozess bewältigen, denn die Aufgabenerledigung kann sich mit dem Fortschreiten der Kooperation wiederum stabilisieren.52 Der dauerhafte Bestand traditioneller Formen interkommunaler Kooperation hängt des Weiteren von einem erfolgreichen Institutionalisierungsprozess ab. Dieser hilft, Entscheidungsprozesse nachvollziehbar zu machen und organisatorische Anforderungen zu bewältigen.53 Eine mündliche Vereinbarung scheint dazu nicht auszureichend zu sein.54 Die Verrechtlichungsbestrebungen sind auch mit dauerhafter Entscheidungssicherheit zu erklären.55 Die durch die Formalisierung gewonnene Transparenz bietet jedoch allein keine Gewähr für eine erfolgversprechende interkommunale Zusammenarbeit. In formalisierten Kooperationsformen findet sich nicht selten eine vermeintlich kollegiale Verhinderungsstrategie.56 Sie verhindert generell Maßnahmen mit hohem Veränderungspotential, um negative Einwirkun51 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 185; Beckmann, in: ARL (Hrsg.), Kooperation im Prozess des räumlichen Strukturwandels, S. 102 (109). 52 Dazu gehört auch der Anschlussbedarf in den kommunalen Aufaben, um die gemeindeüberschreitenden Entwicklungsaufgaben fortlaufend zu koordinieren, Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 182, 186; Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (180). 53 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 192. 54 Krone/Steinhart/Strähle, in: Schenkhoff (Hrsg.), Regionalmanagement in der Praxis, S. 46 (61); OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 115. 55 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 193. Dies kann bis zu einer klaren Formulierung von Zuständigkeiten, etwa für Vorberatung, bis zur Herbeiführung gemeinsamer Entscheidungen für Aufgaben besonderer Bedeutung mit beispielhafter Aufführung in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag führen. Die rechtliche Selbständigkeit der Gemeinden wird durch diese Verträge nicht berührt, vgl. Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (178f.). Die Organisation muß Transparenz über die Kosten der Kooperation schaffen, da Geschäftsführung, Koordination und Öffentlichkeitsarbeit kostenintensiv sind. Die erforderliche Eigendynamik zur Konsolidierung entfaltet sich nicht sofort. Ohne Einbindung der kommunalen Mandatsträger, sind massive Behinderungen in der Umsetzungsphase zu erwarten, vgl. Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 183f. 56 Schwarze-Rodrian, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 220 (223); ähnlich Sieverts/Ganser, DISP 29 (1993), 31 (37).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

gen von der eigenen Gemeinde fernzuhalten. Konkurrenzverhalten und mangelndes Regionalbewusstsein verhindern dabei regional sinnvolle Ausgleichslösungen.57 Die Vermeidungsstrategien bestimmen die Konfliktfähigkeit der Gruppe. Der Verhandlungsspielraum wird durch die konkurrierenden Nutzungsinteressen der Gemeinden bestimmt.58 Ein Indiz für ein solches Verhinderungskartell ist es, wenn in interkommunale Arbeitsgruppen nur selten Entscheidungsträger entsandt werden, so dass nur zögerliche Entscheidungen möglich sind.59 Das „Verhinderungskartell“ in der traditionellen Ausrichtung wird durch das Phänomen begünstigt, dass die meisten Fälle interkommunaler Kooperation keine gerechten Verteilungsergebnisse für die kooperierenden Teilnehmer mit sich bringen. Die Bereitschaft zur Kooperation sinkt aber durch höhere Kosten und ungleiche Verteilung der Kooperationsvorteile.60 Aus diesem Grunde sind in sachlicher Hinsicht Kompensationen für die Teilnehmer erforderlich, die durch die Ergebnisse der Zusammenarbeit Restriktionen zu erwarten haben, um ihre Entwicklungsoptionen nicht zu stark einzuschränken.61 Gelungene Kooperationen können daher eine Win-Win-Strategie vorweisen.62 Etabliert sich die kontinuierliche Zusammenarbeit hin zur Vertrauenssteigerung, festigt dies die Vernetzung.63 Die institutionellen Schwierigkeiten sind auf der Ebene des Bürgerengagements nicht in dieser Ausprägung vorhanden. Dort wird ohne Fixierung auf Grenzen unbefangener an die Zusammenarbeit herangegangen.64 57

Knieling/Fürst/Danielzyk, DISP 37 (2001), 41 (44). Schwarze-Rodrian, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 220 (223); sowie Sieverts/Ganser, DISP 29 (1993), 31 (37), die dies vor allem angesichts „verfilzter“ Strukturen erörtern. 59 Schwarze-Rodrian, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 220 (223); vgl. zu Entscheidungsproblemen auch Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 74ff. Der Grund liegt darin, dass es nichts zu entscheiden gibt. Der Schwerpunkt der Arbeitsgruppen liegt auf einer Wahrung von status quo und Gleichverteilung. Sie dienen der Koordinierung von Erwartungsstrukturen. Jeder Teilnehmer erhält die gleiche Chance zur Mitentscheidung wie zum Boykott, vgl. richtig: Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 203. 60 Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (29). 61 Vgl. Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 93, für die Umsetzung des Regionalparkkonzeptes; ähnlich: SRU, ZAU 9 (1996), 312 (322). 62 Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (303). 63 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (179); so auch Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 33, für Praxiserfahrungen über positive Zusammenarbeit zwischen Bau- und Umweltamt. 64 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (52); vgl. dazu auch den Faktor der Vertrauensbasis und persönlichen Bekanntheit für die Zusammenarbeit, oben: D.II.6.b). 58

I. Interkommunaler Dialog, Kap. 28.3

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3. Neuere interkommunale Kooperation Die Schwachpunkte bürokratisierter, formalisierter kommunaler Zusammenarbeit haben die Einsicht befördert, dass eine wirkungsvolle interkommunale Kooperation aus der Region selbst entstehen muss.65 Unsicherheit über Auswirkungen der Globalisierung, der europäischen Einigung und des technisch-wirtschaftlichen Strukturwandels haben mit verschärftem finanziellem Druck auch bereits einen Wechsel in der kommunalen Taktik gebracht.66 Insbesondere Regionen mit sehr kleingliedrigen Siedlungsstrukturen weisen Tendenzen zu regionaler Abstimmung auf.67 Die Initiativen gehen vor allem von Kommunen, Verbänden und Bürgerinitiativen aus.68 Die Formen der traditionellen Koordination werden dabei weitgehend verlassen.69 Die Steuerung orientiert sich zu einer Netzwerkbildung zur gegenseitigen Information und Unterstützung, um die eigenen Aufgaben zu erfüllen und das Handlungspotential zu erweitern.70 Als Handlungsfelder kommunaler Zusammenarbeit sind Problemlagen kommunalgrenzüberschreitender Aufgaben, insbesondere Flächenressourcenmanagement, Freiraummanagement, Ver- und Entsorgung, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Verkehrskonzepte Gegenstand der Zusammenarbeit,71 die auch für eine lokale Agenda 21 nutzbar sind.72

65 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 183; insoweit hat sich die Prognose von Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (306), aus dem Jahr 1997 bewahrheitet. 66 Vgl. ähnlich: Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 33, 297 (302); Schwarting, Effizienz in der Kommunalverwaltung, S. 24, 26. Von Unternehmen wird vor allem die mangelnde Gesamtbewertung von Konzepten, die über das Gebiet einer Gemeinde hinausgehen kritisiert, siehe etwa Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 139 (144f.). 67 Permien, Der Landkreis 2003, 436 (437); Wolf, BdW 2000, 17. 68 Bayern bildet aufgrund der besonderen Initiative und Finanzierung der Landesplanung eine Ausnahme, vgl. Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (92). 69 Vgl. etwa, Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 87ff; positiv auch Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 347. 70 Christner/Vandamme, BdW 2002, 212f.; Kluth, in: Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 81 Rn. 279; vgl. Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 270; Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (40); BMBau (Hrsg.), Nationaler Aktionsplan zur nationalen Siedlungsentwicklung, S. 4; OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 113ff.; Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 24 m. w. N. 71 Vgl. Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (27). 72 Dazu oben: E.I. bei Fn. 10f.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Die freiwillige Zielverfolgung hat bei ähnlicher Zielsetzung wie die staatlich angeregte Kooperation in der Regel nur selten mit Informationsasymmetrien und strategischen Verhandlungen zu kämpfen, da diese Verhaltensweisen den Erfolgsbedingungen der Netzwerke zuwiderlaufen.73 Entscheidend für die Einleitung von Kooperation zwischen den Gemeinden sind informale Kooperation und persönliche Kontakte.74 Die Kooperationsbereitschaft ist gegenüber bekannten Verhandlungspartnern höher als gegenüber fremden.75 In Verbindung mit der Bündelung selektiver Interessen und möglichen unzulässigen Verkoppelungen von Einzelentscheidungen liegt jedoch auch eine problematische Eigenschaft.76 Bei Gelingen dieser selbstorganisierten Kooperation bietet sich allerdings eine große Erweiterung der Steuerungspotentiale, die bis zu einem Beziehungsnetzwerk führen77 und auch lokale Egoismen überwinden kann.78

73 Eifert, in: Hoffman-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 90 (126). 74 Beckmann, in: ARL (Hrsg.), Kooperation im Prozess des räumlichen Strukturwandels, S. 102 (108); StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-19; v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (132); zur Funktion von Vertrauen in der Netzwerkbildung, Bachmann, in: Sydow/ Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken, S. 107 (110ff.); G2 (vgl. Anhang); vgl. auch oben: Fn. 69. 75 Graeff, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), 109 (122). Als Kehrseite hindern persönliche Feindschaften wichtiger Akteure und historische Vorbelastungen die Kooperation, Beckmann, in: ARL (Hrsg.), Kooperation im Prozess des räumlichen Strukturwandels, S. 102 (109). 76 Eifert, in: Hoffman-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 90 (126f.); siehe auch Selle, Was ist den bloß mit der Planung los?, S. 97f. 77 Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 199ff. 78 In der Bewältigung der lokalen Egoismen ergibt sich eine Parallele zur Einhaltung vom Umweltvereinbarung in Japan. Dort wird mittels moralischer Diskriminierung die Einhaltung der Vereinbarungen erzielt. In der kommunalen Zusammenarbeit wird zwar der einzelne Entscheidungsträger über seinen amtlichen Bereich hinaus nicht moralisch diskriminiert – dazu ist auch das Druckmittel des Gesichtsverlusts in Deutschland wohl nicht stark genug – jedoch bestimmt sich in der weiteren Entwicklung die Auswahl der Mitglieder in einzelnen Gruppen wesentlich danach, welches Vertrauen sie sich in der bisherigen Zusammenarbeit erworben haben, Huebner, Regionalisierung und kommunale Zusammenarbeit, S. 194f.; vgl. auch Beckmann, in: ARL (Hrsg.), Kooperation im Prozess des räumlichen Strukturwandels, S. 102 (107); Eifert, in: Hoffman-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 90 (98); Karl/Möller/Matus, ZfU 2004, 1 (14); skeptisch Barth/ Kiefel/Wille, Unternehmen im Markt – Markt im Unternehmen, FAZ Nr. 173, v. 29.07.2002, S. 22.

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze Die Ansätze von Partizipation in den Gemeinden können in unterschiedlichem Maße Erfolg für die kommunale Arbeit aufweisen. Trotz Vorbehalten der politischen Entscheidungsträger können die Formen der strategisch steuernden Partizipation, die in unmittelbaren Kontakt mit dem Entscheidungsträger der Gemeinde treten, deutlich bessere Resultate vorweisen, als die kommunale Partizipation im alltäglichen Verwaltungsvollzug. 1. Erfolge vorhandener Partizipationsformen Die verbreitete Skepsis gegenüber direkter Bürgerbeteiligung wird mit Zunahme kooperativer Elemente vermehrt in Frage gestellt. Auch die vorhandenen Instrumente in den Gemeindeordnungen können für die Stärkung von Kooperation und Beteiligung unterschiedliche Erfolge aufweisen. Je kleiner die Entscheidungseinheiten sind, desto günstigere Voraussetzungen haben sie für ihre demokratische Funktion.79 a) Sachkundige Bürger/erweiterte Ausschüsse im Gemeinderat Der sachkundige Bürger im Gemeinderat ist kein Novum des Kommunalrechts. Bereits in der preußischen Städteordnung von 180880 war eine Bürgereinbeziehung vorgesehen.81 Die Einrichtung der Mitgliedschaft sachkundiger Bürger in den Ratsausschüssen ist durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG nicht versagt.82 Der sachkundige Bürger in Ausschüssen des Gemeinderats ist nur in der Gemeindeordnung von Bayern nicht vorgesehen.83 79 Vgl. Kohr, The breakdown of nations, S. 98f. Hintergrund ist ihre bessere Rückkoppelungsmöglichkeite und der persönliche Kontakt, dazu unten: E.V.2.b). Ebenso die Erfahrungen aus der Mediation oben: E.IV.1. 80 Text in: Engeli/Haus (Hrsg.), Quellen zum modernen Gemeindeverfassungsrecht 1975, S. 104ff., vgl. dort §§ 175ff. 81 Vgl. richtig: Pünder, DVBl 2002, 382; eingehend zur Historie: Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 59ff. Sie kann zumindest als Vorläufer des sachkundigen Bürgers moderner Gemeindeverfassungen gelten. Die Ausschussmitgliedschaft nicht dem Gemeinderat angehöriger Bürger ist in den westlichen Bundesländern zumeist auf britischen Einfluss zurückzuführen, vgl. Pünder, ebd. m. w. N. Fn. 15. 82 Fechtrup, Sachkundige Bürger, S. 12f.; Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 235. Ausschüsse werden nach seiner Auffassung nicht vom Art. 28 I 2 GG erfasst, so dass keine Erwägungen repräsentativer Demokratie möglich seien, Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 110. 83 Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 115. In Bayern wird dieses Problem durch in der Literatur auf zwei Wegen bewältigt. Nach einer Auffas-

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Die Einbeziehung vertretungsexterner Personen in die Ausschussarbeit wird in der Rechtswissenschaft überwiegend positiv bewertet.84 Sie bewirkt eine Entlastungsfunktion der Gemeindevertreter, Verbesserung der Informationslage in den Ausschüssen und damit eine höhere Qualität und Akzeptanz der behördlichen und kommunalen Entscheidungen.85 Die positiven Wirkungen können sich nicht entfalten, wenn das Instrument sachkundiger Bürger im Gemeinderat parteipolitisch instrumentalisiert wird.86 Werden Kandidaten, die bei der Wahl zum Gemeinderat gescheitert sind benannt,87 besteht die Gefahr, dass die Mitgliedschaft zum Versorgungsposten und zur „Zweiten Liga der Parteipolitik“ degeneriert.88 In Gemeinderäten, in denen eine kommunalpolitische Denkweise dominiert, finden zugezogene Sachverständige kaum wirksames Gehör.89 Aus diesem Grund konnten die theoretischen Vorteile in der Praxis nicht immer zur Geltung kommen. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss die Regelung der kommunalen Angelegenheiten durch gemeindliche Volkswahl legitimierte Instanzen erfolgen. Der entscheidungsbefugte Gemeinderat hat daher eine dominierende Stellung.90 Das Erfordernis demokratischer Legitimation bei amtlichem Handeln mit Entscheidungscharakter, das rechtlich in Art. 20 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verankert ist,91 stellt eine verfassungsrechtliche Grenze sung ist die Hinzuziehung von Außenstehenden zu Ausschußberatungen im Einzelfall zulässig, Hölzl/Hien, BayGO, Art. 32 I Erl. 6. Eine andere Auffassung hält auch Beratungskommissionen des Gemeinderats für zulässig, denen Nichtstadtratsmitglieder angehören dürfen, Widtmann/Grasser, BayGO, Art. 32 Rn. 13; Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 234. Zum Streit ob daraus Verbot oder Möglichkeit zur Bestellung sachkundiger Bürger folgt: Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 38f., 124f. 84 Vgl. etwa: Fechtrup, Sachkundige Bürger, S. 8ff.; Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 64ff.; Knemeyer, in: Hablitzel/Wollenschläger (Hrsg.), Recht und Staat, S. 557 (567f.); Mattar, in: Gabriel (Hrsg.), Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, S. 105 (117f.,120); vgl. Rehn/Cronauge, GO-NRW, § 58 III 1.; Schefold/Neumann, Entwicklungstendenzen der Kommunalverfassungen in Deutschland, S. 143ff. 85 Vgl. Pünder, DVBl. 2002, 382, sowie zu der Möglichkeit der ergänzenden demokratischen Legitimierung behördlicher Entscheidungen durch Beteiligungsrechte ders., ZG 1998, 242 (252ff.). 86 Zunehmende Bedeutung der parteipolitischen Zugehörigkeit konstatieren: Rehn/Cronauge, GO-NRW, § 58 III 1. 87 Vgl. Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 117. 88 Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 67f., 233; vgl. auch kritisch: Mattar, in: Gabriel (Hrsg.), Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, S. 105 (120) „für die Beteiligung parteiloser Bürger [. . .] faktisch bedeutungslos“. 89 Ossenbühl, in: Horn (Hrsg.), Recht im Pluralismus, S. 103 (117), der diese Denkweise noch häufig in den Gemeinderäten anzutreffen glaubt. 90 Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 138.

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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für die Mitwirkung sachkundiger Bürger dar.92 In der Literatur ist umstritten, ab welchem Grad von Mitwirkung eine Mitentscheidung im Gemeinderat vorliegt. Böckenförde stellt auf eine demokratisch legitimierte Mitgliedermehrheit der Entscheidenden ab.93 Bedenken gegen dieses Modell hat insbesondere Herzog geäußert, der sich gegen die Möglichkeit der faktischen Entscheidung durch die nicht legitimierten Mitglieder bei uneinheitlichem Stimmverhalten im Gemeinderat wendet.94 Die Rechtsprechung hat im Anschluss an Böckenförde diese Bedenken in einem Modell doppelter Mehrheit weiterentwickelt. Sie fordert die Entscheidung eines mehrheitlich demokratisch legitimierten Gremiums, die zugleich von der Mehrheit der demokratisch legitimierten Mitglieder getragen sein muss.95 Jedenfalls solange die sachkundigen Bürger demnach kein Stimmrecht haben,96 vermittelt die Wahl durch den Gemeinderat eine ausreichende demokratische Legitimation.97 91

Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 74. Vgl. BVerfGE 107, 59, 87f.; 93, 37, 68 und 83, 60, 73. 93 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band I, § 22, Rn. 31. Argument Böckenfördes ist die erforderliche Legitimation der Entscheidung, nicht der Entscheidenden. 94 Herzog, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 98 Rn. 45, Fn. 2. 95 BVerfGE 93, 37, 72; 107, 59, 87f. Uneingeschränkte personelle Legitimation fordert das BVerfG für die Bereiche unmittelbarer Staatsverwaltung und die gemeindliche Selbstverwaltung. Außerhalb dieser Bereiche sieht das BVerfG weiten Spielraum für den Gesetzgeber, bei funktionaler Selbstverwaltung für abgegrenzte Bereiche besondere Formen der Selbstverwaltung zu schaffen. Für diese fordert das BVerfG ein hinreichendes Niveau von Legitimation, das dem Volk maßgeblichen Einfluß wahrt, BVerfGE 107, 59, 87ff., 94. Eher Kuriositätscharkter kommt der Auffassung von Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 83, zu. Er sieht dort trotz dieser Anforderungen einen bleibenden Einfluss der nicht legitimierten Mitglieder, gegen den auch kein Letztentscheidungsrecht einer demokratisch legitimierten Stelle helfe, da dies eine gegen Art. 20 II 2 GG verstoßende Zeitverzögerung bedeute. Diese Argumentation überspannt die demokratischen Anforderungen und führt die Einrichtung sachkundiger Bürger im Gemeinderat ad absurdum. Lässt man sich auf die Einbeziehung der zeitlichen Ebene in der Form ein, könnte auch schon das bloße Reden eines nicht legitimierten Gremiumsmitgliedes, aus Gründen der Zeitverzögerung gegen das Demokratieprinzip verstoßen. Die Einholung von Sachverstand und Einbindung von Expertenwissen in den Gemeinderat wird damit unmöglich. Wohl auch deshalb erkennt Wacker, ebd. S. 86, dann in der Wahl durch den demokratisch legitimierten Gemeinderat ausreichende Legitimation. 96 Fechtrup, Sachkundige Bürger, S. 12f. sieht zwar die die mittelbare Wahl durch den Gemeinderat, interpretiert aber Art. 28 I 2 GG so, dass dieser keine Vorschriften über Befugnisse und Aufgaben des Gemeinderats enthält, mithin also dem Landesgesetzgeber erlaubt, in den Gemeinden neben den Ratsmitgliedern noch andere zum Rat wählbare sachkundige Bürger einzurichten; so auch: Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 104ff., 235 in seiner Ablehnung der stringenten Übertragung des Repräsentationsprinzips auf den Gemeinderat. 97 Pünder, DVBl 2002, 383; dagegen: Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 75, keine demokratische Legitimation in diesem Fall erforderlich. 92

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Daneben sind auch erweiterte Ratsausschüsse eine Dialogform, die für eine lokale Agenda 21 genutzt werden können, besonders, wenn sie sich mit langfristigen Fragen und generellen Zielen für eine zukunftsbeständige Entwicklung befassen.98 Sie bilden eine positive Möglichkeit, bürgerschaftliche Nachhaltigkeitsinitiativen zu bündeln und die Agendaarbeit zu verstetigen.99 Die Einrichtung sachkundiger Bürger entscheidet nicht über Erfolg oder Misserfolg einer lokalen Agenda. Sie können aber deren Erfolgschancen erhöhen. Die vereinzelte Mitwirkung kann unmittelbare Partizipation aller nicht Betroffenen gleichwohl nicht ersetzen.100 b) Beiräte Die Arbeit von Beiräten stößt wegen ihres geringen Einflusses und des häufig unbestimmten und unbedeutenden Tätigkeitsbereichs auf Skepsis.101 Beiräte stellen nach älterem Verständnis ein vom Bürgermeister oder Gemeinderat berufenes Bürgergremium mit besonders qualifizierten Bürgern dar.102 Abgesehen von der Informationsfunktion durch Gutachten wirken sie nicht besonders partizipationsfördernd. Darüber hinaus sollen örtliche Interessenvertreter durch Kultur- oder Ausländerbeiräte in den Konsultationsprozess einbezogen werden. Weitere Möglichkeiten von Beiräten sind Betroffenenbeiräte und Vertretungsmöglichkeiten der Gemeindeöffentlichkeit. Ein Koordinationsbeirat zwischen Gemeinde und Planungsträger hat im Wesentlichen nur koordinierende und kooperierende Funktion ohne weitergehende Partizipation.103 Die Beiräte sollen Ergänzungen zu den gemeindlichen Ausschüssen darstellen und Bürgerbeteiligung ermöglichen, ohne öffentlich zugänglich zu sein.104 In Beiräten treten Interessenstandpunkte deutlicher zu Tage.105 Dies 98

BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 83. Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (55), in Bezug auf die Möglichkeiten § 72, § 62 VI HessGO; sowie: v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99, über positive Erfahrung mit § 40f. GO BW; skeptisch: Haigis, BdW 2002, 219 (220). 100 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 166. 101 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 167. 102 Hüttenhein, in: Institut zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten e. V. (Hrsg.), Bürgerverantwortung in der Gemeinde, S. 103 (109ff.); mit möglichst unabhängiger Stellung: Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 118. 103 Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 119, 121ff. 104 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, I-11f. Anders der Ansatz des offenen Forums, schon oben: D.I.3.a), sowie ebd. S. 10. 99

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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verstärkt die Transparenz in der Entscheidungsfindung und fördert auf diese Weise (mittelbar) die Partizipation.106 Die Bürgereinbeziehung durch Beiräte und Foren weist eine große Ähnlichkeit zu den geschilderten Organisationsstrukturen der lokalen Agenda 21 auf. Die Beiräte entsprechen offenen bzw. geschlossenen Fach- oder Bürgerforen. Koordinationsbeiräte haben eine Ähnlichkeit mit dem Agenda-Büro. Die Förderung dieser breiteren Beiratsarbeit mit dezentralen Strukturen und bürgernaher Verwaltung kann in der Praxis positive Ergebnisse vorweisen. Die Institutionalisierung der Mitwirkung stellt sicher, dass das bürgerschaftliche Engagement nicht einfach ausläuft oder einschläft.107 c) Gemeindeversammlung/Bürgerversammlung Die in Art. 28 Abs. 1 Satz 4 GG erwähnte Gemeindeversammlung war bis 2003 als einzigem Bundesland in Brandenburg in Gemeinden bis zu 100 Einwohnern vorgesehen.108 Die in den Gemeindeordnungen vorgesehene Bürgerversammlung hat dagegen keinen mitentscheidenden Charakter, wie die echte Gemeindeversammlung des Art. 28 Abs. 1 Satz 4 GG.109 Sie hat lediglich Mitberatungscharakter, dient der Entscheidungsfindung und soll einen lebendigen Kontakt der Gemeindevertretung zu den Bürgern und einen Informationsaustausch ermöglichen.110 Bürgerversammlungen stoßen aus Verwaltungssicht 105 Dies gilt besonders bei einer Besetzung mit organisierten Interessensgruppen: Dienel, Die Planungszelle, S. 49ff. 106 Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 121ff. Je nach Zusammensetzung der Beiräte kann die Legitimation problematisch sein bzw. aufgrund der zu großen Institutionennähe die Gefahr von Konsenshaltung oder Manipulation hervorrufen: Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 169; vgl. oben: D.II.2.a). Durch die Entsendung von Verwaltungs- bzw. Ratsvertretern können Emanzipierungsfürchte rationalisiert und zudem eine Diskussion wichtiger Planungspunkte sichergestellt werden, dazu oben: E.III.1.a)aa), E.III.1. a)bb); Hendler, ebd., S. 124. Problematisch ist auch die Segmentation der Gesellschaft, die die eindeutige Zuordnung von Gesellschaftsgruppen erschwert, vgl. bereits oben: E.III.1.b)cc). 107 Vgl. v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (100). 108 § 53 a. F. GO-BBg. Nachdem es aufgrund einer Gemeindegebietsreform in Brandenburg keine Gemeinden mehr mit bis zu 100 Einwohnern gibt, ist § 53 a. F.GO-Bbg aufgehoben worden (G v. 4.6.2003, GVBl I, S. 172). 109 Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, 10.18 Rn. 1; Widtmann/Grasser, BayGO, Art. 18 Rn. 1. 110 Hölzl/Hien, BayGO, Art. 18 Erl. 5; Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, 10.18 Rn. 1; Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 224.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

auf eine positive Bewertung.111 Praxiserfahrungen siedeln vor allem in kleineren Gemeinden ihren Wert als sehr hoch an.112 In vielen Beispielen wird die Bürgerversammlung – auch über die etwaige Pflichtversammlung hinaus – zur Erörterung von Schwerpunktfragen oder aktuellen Problemen genutzt.113 Auch Modalitäten komplexerer Projekte kann die Bürgerversammlung beraten und partizipative Vorteile nutzen.114 Die für Bürgerversammlungen aufgewandte Mehrarbeit wird kompensiert, wenn anschließend die Entscheidungen in der Bürgerschaft eher akzeptiert werden.115 Die Möglichkeit, Legitimität zu verbreitern, wird jedoch durch Einschränkungen in der Zulassung gemeindefremder Personen behindert.116 Um die umfassende Informationsbildung nicht zu vereiteln, ist eine weite Zulassungspraxis für Gemeindefremde angezeigt.117 Vor dem Hintergrund der Bildung von Bürgerinitiativen und der höheren Mitspracheforderung der Bürger ist die Bürgerversammlung in Richtung eines Bürgerbegehrens gestärkt worden.118 Daneben besteht, etwa in Bayern,119 die Möglichkeit, ein Ratsreferendum abzuhalten, das heißt, auf Initiative des Rates hin in bestimmten Fragen einen Bürgerentscheid herbeizuführen.120 Diese Möglichkeit wird genutzt, um Entscheidungen höhere Le111 Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 163 mit weiteren Nachweisen dort Rn. 30. 112 Dernbach, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 26 (31); positiv auch: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (55); kritisch: Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (3). 113 Vgl. v. Ungern-Sternberg, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 99 (100). 114 Pelzer, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 9 (11f.). 115 Hölzl/Hien, BayGO, Art. 18 Erl. 5. 116 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (55); Hölzl/Hien, BayGO, Art. 18 Erl. 8; Pflicht zu ausdrücklicher Abstimmung. Strenger noch: Widtmann/Grasser, BayGO Art. 18 Rn. 7; auch Antrag auf Worterteilung nur durch Gemeindebürger, wie diese: Bauer/Böhle, in: Masson/Samper, Bay. Kommunalgesetze, Art. 18 GO Rn. 17. Dagegen nach anderer Auffassung kein großes Hindernis, da konkludente formlose Zustimmung, wenn kein Widerspruch auf Meldung, Prandl/ Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, 10.18 Rn. 19; zu eng contra legem: Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 583. 117 Die Ansicht, die allein Einwohnern bzw. Bürgern die Möglichkeit zugesteht, das Wort zu ergreifen: Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 583, ist daher abzulehen. Sie gefährdet die umfassende Informationsbildung in der Bürgerversammlung. 118 Hölzl/Hien, BayGO, Art. 18 Erl. 5. Maßgeblich aufgrund der Behandlungspflicht mit den Empfehlungen, Hölzl/Hien, BayGO, Art. 18 Erl. 1. 119 Daneben noch in Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Schleswig-Holstein. 120 Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, Rn. 224.

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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gitimation zu geben, wenn unklare Mehrheiten in der Gemeinde existieren. Sie kann auch politisch-taktischen Erwägungen dienen, etwa indem ein eigenständiges Bürgerbegehren verhindert oder ermöglicht werden soll.121 Die Ergebnisse der Bürgerversammlungen (Empfehlungen) sind in der Regel innerhalb einer mehrmonatigen Frist vom zuständigen Gemeindeorgan zu behandeln.122 Darüber hinaus wird eine politische Selbstbindungserklärung des Rates an die Ergebnisse der Beteiligungsversammlungen empfohlen.123 Verbindliche Entscheidungen sind durch diese Beteiligungsform jedoch nicht möglich. Weitere Bürgerbefragungen sind aufgrund der gemeindlichen Allzuständigkeit rechtlich zulässig.124 Die stärkere Nutzung von Referenden erfordert zwar einen höheren Informationsaufwand der Bürger, führt aber zur höheren Transparenz von Meinungsbildung und Entscheidung.125 d) Bürgerbegehren und Bürgerentscheide Im Rahmen der gesellschaftlichen Veränderungen richtete sich die Debatte auch auf verstärkte Berücksichtigung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden.126 Mit dem Wandel des Partizipationsverständnisses wird dies vermehrt auf das Kooperationsprinzip gestützt.127 Mittlerweile sind in allen Bundesländern Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene möglich.128 Volksentscheide bzw. Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene gelten als besonders geeignet für Konsensbildung bei Fragen mit epochalen Konsequenzen, 121

Paust, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 218 (221). Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 372; für Bayern: Widtmann/Grasser, BayGO Art. 18 Rn. 10; Rh-Pf: ernsthaft beraten und sachlich bescheiden, OVG Rh-Pf, DÖV 1988, 39. 123 Pelzer, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 9 (10); vgl. die Parallelproblematik bei der Partizipation der lokalen Agenda 21 Initiativen, oben: bei Fn. 228. Die positiven Erfahrungen und der direkte Kontakt in kleineren und Kleinstgemeinden läßt eine ausdrückliche Selbstbindungserklärung dort entbehrlich erscheinen. Der direkte Bürgerkontakt und der persönliche Umgang stellen dort gute Rahmenbedingungen für eine Berücksichtigung der Bürgerversammlungsergebnisse dar (vgl. dazu auch: D.II.6.b)). 124 Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, 10.18 Rn. 1. Dazu auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 231ff. 125 Cassel, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 465 (474f.); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 233. 126 Menzel, ZRP 2001, 221 (228); vgl. v. Arnim, Tagungseinführung, in: ders. (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 9. 127 Vgl. Jänicke, Umweltpolitik 2000, S. 11 (20). Dazu C.IV.1; E.V.3. 128 Vgl. Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (86f.). 122

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

nicht jedoch zu Herbeiführung kurz- und mittelfristig wirksamer Entscheidungen.129 Bürgerentscheide sind in zwei Gruppen von Sachbereichen beschränkt. Einem Bürgerentscheid sind die in einem Standard-Katalog normierten Gegenstände in keinem Bundesland zugänglich. Dazu gehören beispielsweise Weisungsangelegenheiten des Landes oder die innere Verwaltungsorganisation. Darüber hinaus haben die Mehrzahl der Bundesländer den Katalog um Bauleitplanung,130 förmliche Verwaltungsverfahren, kommunale Wirtschaftsunternehmen, Planfeststellungsverfahren, Satzungen sowie abfall- und immissionsrechtliche Zulassungsverfahren erweitert.131 Neben diesen vom Bürgerbegehren ausgenommen Sachbereichen haben die Bundesländer unterschiedliche Quoren für Unterschriften an das Zustandekommen eines Begehrens sowie verschiedene Zustimmungsquoren normiert.132 aa) Initiatoren von Bürgerbegehren Bürgerinitiativen und ihre Vorstufe der Abstimmungsinitiativen sowie Einzelpersonen sind wichtige Initiatoren zur Herbeiführung von Bürgerbegehren.133 Daneben treten die Parteien als Initiatoren auf.134 Bürgerbegehren sind häufig „Vehikel der Artikulation politischer Unzufriedenheit“135 und zeigen ein schwindendes Vertrauen in die etablierte Politik.136 Zumeist richten sie sich in Form einer Verhinderungsinitiative auf die Beibehaltung des überkommenen Zustandes.137 In der öffentlichen Aufmerksamkeit finden die Bürgerbegehren hohe Berücksichtigung. Die Publikationshäufigkeit in 129

Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64

(93). 130

Kritisch besonders: Gabriel, ZG 1999, 299 (305). Dazu die anschauliche Gliederung des Bundesgebietes bei Schiller, in: Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (88); vgl. eingehend auch: Geitmann, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 166ff. Für direkt-demokratische Elemente bei Gestaltungsspielräumen, etwa bei Vollzug von Bundesrecht und auch bei Großanlagen und Infrastrukturplanung, Bryde, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 147 (156). 132 Schiller, in: Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (88f.); übersichtsartig etwa bei: Wollmann, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 179f. 133 Mehr als 50% in Bayern durch Einzelpersonen im Zeitraum 11/95–10/96, Abstimmungsinitiativen als häufigster Initiator in Hessen (Zeitraum 4/93–3/97), vgl. Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (101). 134 Vgl. näher: Paust, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 218 (220ff.). 135 Gabriel, ZG 1999, 299 (329). 136 Biehl, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Dezentralisierung des politischen Handelns, S. 85 (107f.). 131

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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und über Bürgerbegehren erreichte die der Kommunalwahlen mit noch steigender Tendenz.138 Bürgerbegehren wirken auf die Machtverteilung in den Gemeinden. Bürger und Bürgergruppen haben Vorteile aus der Möglichkeit, Einfluss auf den kommunalen Entscheidungsprozess zu nehmen.139 Die institutionalisierten direktdemokratischen Mitwirkungselemente zwingen die Entscheidungsorgane, verstärkt auf die formulierten Forderungen zu reagieren. Dies schwächt die repräsentative Komponente der Selbstverwaltung.140 Sie erleidet eine weitere Schwächung durch die mittels direkter Wahl141 gestärkte Machtposition des Bürgermeisters.142 Summarisch ist daher ein Machtverlust der Kommunalvertretungen und Parteien143 zugunsten von Bürgermeistern, Bürgern und Verwaltung festzustellen.144 137 Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 132f.; Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 61; auch: BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 237. 138 Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (103). 139 Bogumil/Holtkamp, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 71 (73). 140 Gabriel, ZG 1999, 299 (329, 331). 141 Daneben stehen Überlegungen, auch den unmittelbaren Einfluss der Wähler auf die Zusammensetzung des Gemeinderats weiter zu erhöhen: Gabriel, in: Sauberzweig/Laitenberger (Hrsg.), Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt, S. 151 (156). Von der Stärkung der demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten, etwa durch Kumulieren und Panaschieren, erhofft man sich eine unmittelbareren Einfluss und Abstrafung nicht nachhaltiger Gemeinderatspolitik, ebd. S. 158; Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 91ff. Ein solcher Effekt ist allerdings angesichts der Diskrepanz zwischen Denken und Handeln zweifelhaft vgl. E.III.2.b). 142 Zu der Machtausprägung der Bürgermeister in den einzelnen Bundesländern: Buß, Das Machtgefüge in der heutigen Kommunalverfassung, S. 107. Die Dezentralisierung als Schlüssel des Neuen Steuerungsmodells schwächt jedoch auf der anderen Seite wiederum den Bürgermeister, da sie seine politische Verantwortlichkeit gegenüber Gemeinderat und Wählerschaft in Frage stellt und untergräbt. Vgl. Wollmann, in: Caulfield/Larsen (Eds.), Local Government at the Millenium, S. 63 (82f.), ähnlich: Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 21 (32f.); Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (242f.). 143 Dieser muß jedoch differenziert betrachtet werden. Die Parteien erhalten die Möglichkeit, vielfach auf den Prozess einzuwirken. Erfolgreiche Entscheide stärken summarisch eher die Minderheitspartei, erfolglose die Mehrheitspartei, eingehend dazu: Paust, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 218 (222ff.). 144 Gabriel, in: Sauberzweig/Laitenberger (Hrsg.), Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt, S. 151 (179); Gabriel, ZG 1999, 299 (330). Die Stärkung der Machtposition der Verwaltung beruht nicht zu einem geringen Teil auf den Wirkungen des Neuen Steuerungsmodells, vgl. oben: Fn. 142. Bogumil/Holtkamp, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfül-

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

bb) Erfolg und Häufigkeit von Begehren Ein Standardargument gegen die unmittelbare Bürgereinbeziehung ist die Möglichkeit egoistischer Einzelentscheidungen.145 Die Tragfähigkeit dieses Arguments hängt – wie auch der tatsächliche Umfang der Machtverlagerung – nicht zuletzt vom Erfolg und der Häufigkeit der Begehren auf kommunaler Ebene ab. Am häufigsten finden Bürgerbegehren sowohl in absoluten Zahlen wie auch prozentual in den Bundesländern Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen statt.146 Eine einheitliche Tendenz über die Häufung von Bürgerbegehren in Relation zu bestimmten Gemeindegrößen lässt sich nicht treffen. Während in Schleswig-Holstein rund 61% der Bürgerbegehren in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern stattfanden, lag in Hessen der Schwerpunkt bei den Gemeinden von 10–20.000 Einwohnern mit rund 41%. Übereinstimmend ist das prozentual geringe Auftreten in Großstädten. Es betrug in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern 0,9% (Schleswig-Holstein) bis 5,2% (Hessen). Inhaltlich lässt sich das Überwiegen der Korrekturbegehren über die Initiativbegehren147 auch an Zahlen festmachen. Das Verhältnis beträgt in Hessen 15% zu 85%; in Bayern 18% zu 82%; in Schleswig-Holstein 8% zu 92%. Nahezu ausgewogen ist das Verhältnis in Nordrhein-Westfalen mit 55% zu 45%. Thematisch zeigt sich in den Schwerpunkten der Begehren die Parallelität zu den dominierenden Themen in der lokalen Agenda 21. Bürgerbegehren befassen sich vor allem mit Infrastruktur- sowie Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen, die bis zu 2/3 der Begehren ausmachen.148 Die zweitgrößte Gruppe richtet sich auf Verkehrsprojekte. Die Thematik der diesen folgenden Bereichen spiegelt regionale Besonderheiten sowie Auswirkungen der unterschiedlichen Zulässigkeitskataloge.149 Die Belung, S. 71 (73); a. A.: Buß, Das Machtgefüge in der heutigen Kommunalverfassung, S. 192, trotz Änderung der Machtverhältnisse keine merkliche Machtverschiebung. 145 Die Gefahr des Handelns nach dem „Sankt-Florians-Prinzip“ mit zwei Stimmgruppen sehen: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 354; auch: Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 61. 146 Vgl. Übersicht und Zahlen: Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (92.); ähnlich: Gabriel, ZG 1999, 299 (309); Wollmann, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 179 (183f.), mit Hinweis und Interpretation der Diskrepanzen. 147 Vgl. oben: nach Fn. 134. 148 In den neuen Bundesländern ist noch ein Schwerpunkt der kommunalen Gebietsänderungen feststellbar, Wollmann, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 179 (185f.). 149 Vgl. auch mit Zahlen: Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.). Direkte Demokratie, S. 83 (94f.).

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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gehren sind in einer großen Anzahl auf Erhaltung des Status quo gerichtet und bringen auch innovationsfeindliche Voten der Bürger hervor.150 Die Erfolgsaussichten der Bürgerbegehren und Bürgerentscheide betragen durchschnittlich deutlich unter 50%. Nur 2–10% der Bürgerbegehren werden durch den Gemeinderat aufgegriffen und positiv beendet. Zusammengerechnet mit den Bürgerentscheiden ergibt sich ein positives Ergebnis von 33–40%.151 Etwa ein Drittel der Bürgerbegehren erreicht in der Abstimmung keine Mehrheit. Der übrige Anteil war schon unzulässig.152 Günstige Verfahrensbedingungen, etwa in Bayern, garantieren dabei ebensowenig eine überdurchschnittliche Erfolgsquote,153 wie restriktive Zulässigkeitsanforderungen notwendig zu geringerer Beteiligung führen.154 Angst vor einer nicht zu bewältigenden Flut von Begehren, die die Gemeindevertretungen lahm legen, lässt sich aus bisherigen Untersuchungen nicht stützen.155 Setzt man die Häufigkeit der Bürgerbegehren und -entscheide in Bezug zur Gemeindeanzahl und zum Bestehen der Regelung zeigt sich folgender rechnerischer Durchschnitt. Beim Spitzenreiter Bayern kommt es durchschnittlich in jeder Gemeinde alle 11 Jahre zu einem Bürgerbegehren, alle 18 Jahre zu einem Bürgerentscheid. Im bundesdeutschen Durchschnitt findet in jeder einzelnen Gemeinde alle 126 Jahre ein Bürgerbegehren, alle 204 Jahre ein Bürgerentscheid statt.156 Auch die Befürchtung, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid könnten als Konkurrenz zu den regulären kommunalen Entscheidungsträgern diese in der alltäglichen Kommunalpolitik verdrängen, ist vor diesem Hintergrund nicht belegbar. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid wirken eher als Quelle für Anregungen, denn als Initialzündungen.157 Sie ergänzen in der Praxis die repräsentative Demokratie, verdrängen sie aber nicht.158 150

Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 110. Vgl. dazu die Gesellschaftsdiversifizierung und Anlagenproblematik: E.IV.7.; E.III.1.b)cc). 151 18%–45% sowie genaueren Differenzierungen bei Gabriel, ZG 1999, 299 (311). 152 Vgl. Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (96f.); wobei zwischen den Bundesländern erhebliche Schwankungen existieren von 18% (Bayern) bis 52% BW, vgl. Gabriel, ZG 1999, 299 (311). 153 Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (97) zu den Zahlen im Detail inklusive Erfolg in den einzelnen Sachbereichen, ebd. 154 Wollmann, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 179 (187). Auch der Verhinderung von Entscheiden dienen sie nicht, so insbesondere in Bezug auf Hessen, NRW, Rh-Pf und Saarland: Zach, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 137 (141). 155 So: Gabriel, ZG 1999, 299 (312). 156 Zahlen nach: Wollmann, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 179 (183f.). 157 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (55).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

2. Defizite der herkömmlichen Beteiligungsformen Neben den Beteiligungsformen, die auf der konzeptionellen Ebene wirken, können die Beteiligungsformen im „alltäglichen“ Verwaltungsvollzug nicht ein solcherart günstiges Fazit vorweisen. Anhörungen sind die wichtigste Form der Beteiligung im Planungs-, Bau- und Verwaltungsrecht. Sie sollen dem Informationsaustausch dienen und der Verwaltung ein Bild von den Belangen der Betroffenen ermöglichen.159 Die gesetzlichen Anhörungen sind in ihrer überwiegend praktizierten Form in einer Krise und kaum für intensive partizipative Bemühungen nutzbar.160 Die dem zugrundeliegende Problematik nicht neu und durch die Nachhaltigkeitsdebatte bloß aktualisiert.161 a) Soziale Blindheit und geringe Wirkungstiefe Mehrere Untersuchungen weisen eine Unterrepräsentation unterprivilegierter Bevölkerungsteile und eine Stärkung der Mittelklasse in den vorhandenen Partizipationsansätzen nach.162 Personen, die sich an den Planungsformen beteiligen, weisen eine gute Bildung auf und/oder überdurchschnittliches Engagement in örtlichen Vereinen.163 Dieses Ergebnis sieht für die neuen Partizipationsformen nicht anders aus.164 158

Schiller, in: v. Arnim (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 83 (108). Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (261). 160 Menzel, ZRP 2001, 221 (228); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); allgemein für die Überwindung politischer Entscheidungskonflikte, BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 18f. 161 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (49); vgl. oben: D.II.3.e); D.II.3.f); D.III.1.a). Die strukturell gleichen Probleme treten bereits in der Stadtteil- und Quartiersentwicklung auf, vgl. etwa: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 1a. 162 Gebhardt, in: v. Arnim, (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 13 (25); Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (3); Windhoff-Heritiér/ Gabriel, in: Gabriel (Hrsg.), Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, S. 126 (147). Dagegen sind Jugendliche, Alte, Arme und Obdachlose durch diese Verfahren schwer zu erreichen, Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (89); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 66; Hinte, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 153 (155). 163 Gebhardt, in: v. Arnim, (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 13 (25); Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (3); Gabriel, in: Sauberzweig/Laitenberger (Hrsg.), Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt, S. 151 (171). 164 „Diskursive Planung in Deutschland ist als Elitendemokratie in Elitennetzwerken nur eine ‚halbe Planungsinnovation‘“, Helbrecht, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 153 (159). Auch Bürgerforen sprechen mittlere Bevölkerungsgruppen überproportional an, Hermann, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 171 (181); vgl. auch Linder/Vatter, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 181 (186). 159

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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Der Planungsverlauf ist linear ausgerichtet mit Abstimmung in Richtung auf die federführende Planungsbehörde.165 Im Zeitraum seiner Erarbeitung kommt der Planungsentwurf im Prinzip nicht aus der Verwaltungssphäre heraus. Die Anhörungen finden erst so spät im Genehmigungsprozess statt, dass bereits eine verfestigte Planung vorliegt. Bei gewichtigen übersehenen Einwendungen sind Korrekturen nur noch schwer möglich.166 Planungsmängel geben die Planer in diesem Stadium selten zu, um die eigene Kompetenz nicht in Frage zu stellen.167 In der Regel ist zu diesem Zeitpunkt bereits die Entscheidung ohne den Bürger gefallen. Durch diese Vorabfestlegung gleicht die Anhörung mehr einer Ergebnispräsentation.168 Die Bürgerbeteiligung wird mehr zur Bürgerbeschäftigung.169 Anhörungen weisen daher häufig geringe Resonanz und Oberflächlichkeit auf.170 Der späte Versuch, eine Entwicklung zu stoppen oder zu verändern, erscheint als (negative) Anti-Entwicklung.171 Von den Bürgern kann aus der Anhörung keine Akzeptanz mehr erwartet werden, da die Entscheidung für sie eine fremde bleibt.172 Diese Situation bringt Feindseligkeiten, Unverständnis auf beiden Seiten und Fehlvorstellungen mit sich.173 Sie führt entweder in eine völlige Niederlage der Einwender oder einen (gerichtlichen) Sieg.

165

Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 23. Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (261); ähnlich: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (171); Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (249). 167 Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 218f. 168 Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 55. 169 Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 9. 170 Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (3). Die übliche Anhörung mündet daher fast zwangsläufig im gerichtlichen Verfahren, was auch als „Staatsversagen im Umweltschutz“ bezeichnet wird, Eberhardt, ZAU 1996, 401 (403); ähnlich: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (172); Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (250). 171 Der Anti-Effekt, der bestimmte Gruppen als Allesblockierer einstuft, tritt vor allem dann auf, wenn Gruppen in diese Position gezwungen wurden, weil sie nicht frühzeitig im Entwicklungsprozess beteiligt worden sind, vgl. Allen, How to save the world, S. 173; vgl. auch die Ausführungen von Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 271, der die Kausalität dergestalt sieht, dass wegen der Anti-Haltung gerade eine Abwicklung im Fachplanungsrecht vorherrsche, wobei er jedoch den gleichen Lösungsansatz wie Allen vertritt. 172 Gusy, ZfU 4/1990, 353 (355). 173 So kann die Verwaltung seitens der Bürgerinititiven als unfähig diskreditiert werden. Die Verwaltung kann kurzum die Forderungen als irrelevant für die allgemeine Bürgermeinung erklären, etwa das Beispiel Köpenick, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 64. 166

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

b) Konfrontation Einwender–Verwaltung In der Anhörung sind Podium und Zuhörer nicht gleichberechtigt. Das Gefälle von Verwaltung und Einwendern wird verstärkt durch informale, nichtöffentliche Absprachen im Vorfeld sowie durch ähnliche Arbeitsweisen bei Antragssteller und Verwaltung.174 Die Reduktion vielfältiger Belange wird auf einen Interessenausgleich des zweiseitigen Verhältnisses fokussiert und der daraus hervorgehende Kompromiss tendenziell gegen alle nicht Beteiligten nach außen „verteidigt“.175 Dies kann zu einer Diskreditierung des Beteiligungsverfahrens führen sowie zum Anschein einer parteilichen Verwaltung, was Widerstand noch fördert.176 Kommen dazu bürokratische Überheblichkeit sowie fachliche und menschliche Überforderung im Verfahrensmanagement, ist das Anhörungsverfahren dem Scheitern faktisch nahe.177 Aus den ungelösten politischen Konflikten und der unzureichenden Legitimität des Rechts resultiert die Gefahr eines „Stellvertreterkriegs“. Die vollziehende Verwaltung wird zum „Sündenbock“ für umstrittene Entscheidungen gemacht.178 Der Ehrgeiz ehrenamtlicher Stadträte, eine starke Verwaltung „vorzuführen“,179 ist ähnlich auch im Anhörungsverfahren seitens der Einwender zu finden. Daraus resultiert eine Frontenverhärtung,180 so dass häufig die Einwender durch massiven Druck eine Verhinderung des fraglichen Vorhabens suchen und die Behördenvertreter nur noch auf die formal korrekte Verfahrensdurchführung achten.181 174

Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 279. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (213, 223); Henneke, NuR 1991, 267 (273). 176 Schulze-Fielitz, in: Benz/Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption, S. 233 (246); Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 61 (72); allg. für Verwaltungsverfahren: Beyerlin, NJW 1987, 2713 (2720); Eifert, in: Hoffmann-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 90 (128f.). 177 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 279. 178 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 278; Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (258); ähnlich: Zitz (Diskussionsbeitrag) zitiert nach: Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (34), Sachzwänge der Beamten und NGO-Logik nicht kompatibel. 179 Vgl. Buß, Das Machtgefüge in der heutigen Kommunalverfassung, S. 163. 180 Auch: Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (250). 181 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (262); vgl. Gusy, ZfU 4/1990, 353 (354); Windhoff-Heritiér/Gabriel, in: Gabriel (Hrsg.), Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, S. 126 (153f.); gegen diese Verfahrensweisen auch Tolentino, Good governance through popular participation, S. 137 (142). So schon für die Begründung von Verwaltungsentscheidungen, Luhmann, Legitimation 175

II. Ausgestaltung und Praxis intrakommunaler Beteiligungsansätze

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Die zu spät erfolgende Anhörung lässt sich nicht einfach durch eine frühere Anwendung des Verfahrens beheben. Hinter der Beteiligung steht ein schwieriges Dilemma. Das Engagement der Bürger setzt erst mit persönlicher Betroffenheit ein.182 Ein solcher Grad an Betroffenheit ist jedoch zumeist erst dann erreicht, wenn es sich um eine Planung im schwer beeinflussbaren Entscheidungsstadium handelt.183 Meist sind daher nur spezialisierte Interessengruppen zu frühzeitiger Bürgerbeteiligung zu gewinnen.184 Eine Lösung müsste demnach nicht nur eine zeitlich frühere Beteiligung berücksichtigen, sondern auch Möglichkeiten zur Einbindung und Aktivierung der Bürger aufzeigen. c) Fazit der Anhörungsverfahren Die gesetzliche Anhörung ist in ihrer überwiegenden Anwendungsform für Partizipation kaum zu nutzen.185 Die normierten Beteiligungsformen sollten der Erkenntnissammlung dienen und Auseinandersetzungen vermindern. Ihre formale Handhabung verfehlt dieses Ziel.186 Die traditionellen Anhörungsprozesse sind weder dialogfördernd noch gehen sie in angemessener Geschwindigkeit vonstatten.187 „Bloße Bürgerbeteiligung“ reicht jedoch nicht aus.188 Sie bezweckt günstigstenfalls eine Akzeptanzbeschaffung für den vorgelegten Entwurf.189 Wird ein solches Verfahren auf die Agenda 21 angewandt, kommt es zum Verlust der innovativen Möglichkeiten der durch Verfahren, S. 214f.; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 278, 387. 182 Vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 23, 65; vgl. E.III.2.a). 183 Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (4); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 65. 184 Vgl. auch BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 237. 185 Menzel, ZRP 2001, 221 (228); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (665); allgemein für die Überwindung politischer Entscheidungskonflikte, BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 18f. 186 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (256). 187 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 22. 188 Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 112; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 116f., beschreibt die neueren Partizipationsansätze als in Anzahl und Dichte von anderer Qualität, die durch eine Nähe von Bürger und Verwaltung gekennzeichnet sind und zu gestaltender Beteiligung der Bürger führen. Diese neue Form der Mitwirkung entfalte, wenn auch keine Mitentscheidung, so dennoch gestaltende Einflussnahme im Entscheidungsprozess und damit auch auf die Entscheidung; ähnlich: Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (96). 189 Befriedungs- und Legitimationswirkung erheblich geschmälert, Kloepfer, ZAU 9 (1996), 200 (203); so auch für „Verwaltungsplanagenden“: Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Agenda. Die Beteiligten sehen sich selbst nicht mehr als Akteure und nehmen keine aktive Rolle bei der Umsetzung ein,190 so dass ein Schubladenentwurf droht. Die Zielsetzung der Konfliktminimierung vergibt aber noch die weitergehenden Chancen zur Optimierung der Planung.191 Trotz der Defizite der Anhörungsverfahren kann die Alternative nicht die Abschaffung der überlieferten Beteiligungsformen sein. Vielmehr ist eine Rückbesinnung auf eine ernsthaft betriebene Beteiligung eine Minimalgröße, die die Gemeinden ausweiten sollten.192 Diese erfordert es, die Probleme, die zu der beschriebenen formalen Beteiligung geführt haben zu analysieren und statt einer Umgehung der Probleme mittels formaler Beteiligung in einem erneuten Anlauf zur Bewältigung der „Wurzeln“ der Beteiligungsprobleme193 überzugehen. In einem weiteren Schritt sollten die Gemeinden über die bestehende Beteiligung hinaus in einem kooperativen Planungsverfahren innerhalb des gesetzlichen Rahmens, etwa im Flächennutzungsplan, über die gesetzlichen Beteiligungsverfahren hinausgehende Grundzüge für kooperative Partizipation der Bürger öffnen. Dies wird bereits als ein dem rechtlichem Planungsverfahren vorgeschaltetes informales Verfahren praktiziert.194 Es wahrt die aufgreifenswerte Grundlage der Beteiligung und bietet gleichzeitig einen Ansatz, das Dilemma der Bürgerbeteiligung zu entschärfen. Hierbei können auch die neueren Partizipationsformen helfen, soziale Gegensätze und Konfrontationen abzubauen.195

III. Problemfelder der Partizipation Das Element der Partizipation entwickelte sich in jüngerer Zeit zu einem maßgeblich prozessprägenden Faktor.196 Gemeinden gelten aufgrund der kleineren Entscheidungseinheiten als prädestiniert für die Umsetzung von Partizipation.197 Partizipation ist jedoch einer der schwierigsten Problembereiche in der Umsetzung der lokalen Agenda 21.198 Nahezu jede Verwal190 Kuhn, in: ders. u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 13 (16); vgl. Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (249). 191 Gabriel, in: Sauberzweig/Laitenberger (Hrsg.), Stadt der Zukunft – Zukunft der Stadt, S. 151 (156). Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 15, bezogen auf die Verwaltungsabstimmung. 192 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-19. Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (256); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 280. 193 Dazu sogleich unten E.III. 194 Frenken/Hanel, VOP1–2/2001, 18 (20f.). 195 Dazu unten: E.IV. 196 Vgl. Menzel, ZRP 2001, 221 (224); Lübbe-Wolff, NJW 2001, 481 (493); vgl. dazu oben: D.III.1.a)cc); D.III.1.b)aa); D.III.1.b)bb); E.I.3.

III. Problemfelder der Partizipation

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tung behauptet, Partizipation zu praktizieren.199 Es dominieren aber noch konventionelle Kommunikationsformen.200 Diskursorientierte Verfahren werden nur in geringem Umfang verwendet.201 Substanziell sind nur geringe Veränderungen festzustellen. Breite Bürgerbeteiligung konnte bisher kaum erzielt werden.202 Mehrheitlich verbleibt der Prozess auf der Ebene einer nicht richtig ernst genommenen „Spielwiese“.203 Die mangelhafte Umsetzung der Bürgerbeteiligung ist das Resultat einer Reaktion auf vielfältige miteinander verbundene Probleme. Diese lassen sich in Probleme differenzieren, die dem gesellschaftlich-politischen Sektor zuzuordnen sind [E.III.1.] und Probleme die aus dem Verhalten und Bewusstsein der Bürger entstehen [E.III.2.]. Im Anschluss an die Darstellung dieser Grundschwierigkeiten mangelhafter Bürgerbeteiligung erfolgt ein Überblick über die Interessenlagen besonderer Akteure für die lokale Agenda 21 [E.III.3.]. 1. Gesellschaftlich bedingte Beteiligungsprobleme Gesellschaftlich bedingte Beteiligungsprobleme resultieren insbesondere aus dem politischen Willensbildungsprozess sowie seiner spezifischen Ausprägungen auf Gemeindeebene [1.a)] sowie aus Kommunikations- und Vermittlungsproblemen [1.c), d)] in diesem Willensbildungsprozess.

197 BMBau (Hrsg.), Nationaler Aktionsplan zur nationalen Siedlungsentwicklung, S. 14; vgl. Kohr, The breakdown of nations, S. 98f. 198 Vgl. Hoffmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 245 (247); Rheingans, Politische Ökologie 52 (1997), 47 (49); Lütkemeier, Der Landkreis 2003, 499 (501); de Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 25. 199 Ähnlich insofern die Verwaltungsreaktion auch die Verwaltungsreform, Rothgang, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 269 (270). 200 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 18; Wieser/Rasmus, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 107f.; Feindt, APuZ B 27/97, 39 (40). Informationsschriften, Pressekonferenzen und Vorträge, Diskussionen oder Beiräte und die bekannten Beteiligungsformen, etwa öffentliche Versammlungen mit Fragemöglichkeit, Pressemitteilungen vgl. oben: B.II.3.b). 201 Eberhardt, ZAU 11 (1998), 72 (74); Weiland/Lustig, ZAU 11 (1998), 85 (89); mit Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (52). 202 BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 5. 203 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 172f.; UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 6.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

a) Veränderungen in der Politikstruktur Die Unterstützung durch den Rat ist ein Erfolgsfaktor für eine lokale Agenda 21.204 Problempunkte der Begegnung von Gemeindevertretung mit der lokalen Agenda 21 sind die Akzeptanz der Bürgerbeteiligung und Politisierung aufgrund der materiellen Inhalte der Agenda. Dort besteht die Gefahr bloßer „Lippenbekenntnissen“ der Stadträte zu einer guten Sache, ohne im Alltag Veränderungen zu fördern.205 aa) Vorbehalte im Gemeinderat In traditionell hierarchischen Strukturen mit einer verdeckten Aufstiegsordnung durch „Hochdienen“ bringt die Bürgerbeteiligung die politischen Strukturen durcheinander. Die Bürger werden als Störenfriede praktizierter Mechanismen begriffen.206 Gerade konfrontative Forderungen nach Bürgerbeteiligung der lokalen Agenda 21 werden als Bevormundung empfunden und abgelehnt.207 Insbesondere bei den großen Volksparteien, existiert jenseits zustimmender offizieller Programmatik vielfach Zurückhaltung gegenüber der Agenda 21. Sie erscheint als Konkurrenz,208 wobei auch die Angst vor Machtverlust im Gemeinderat als Hemmnis wirkt.209 Dahinter steht die Befürchtung, vom Beteiligungspotential „überrollt“ zu werden und ins politische Abseits zu geraten.210 Zum anderen resultiert die Angst aus verdeckter Politisierung und Instrumentalisierung.211 Sie tritt auf, wenn in der lo204 v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (22); Kuhn/Suchy/Zimmermann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 3 (9); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (33). 205 Vgl. Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11; ähnlich auch: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 74; Forum Umwelt&Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 9; dazu bereits oben: D.II.2, Fn. 228f. 206 Vgl. Luther, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 67 (73f.); Haigis, BdW 2002, 219 (220); Pamme, Organisation lokaler Nachhaltigkeit, S. 211. 207 Eisenreich, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 14 (16). 208 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 41; Meyer, BdW 2002, 214. 209 Meyer, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials, S. 168 (169); Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (259f.); Lamping/Schridde, in: Heinelt/ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 80 (88); Wolf, Partizipation und Lokale Agenda 21, S. 58. 210 Hillebrand, BWGZ 1999, 953 (955); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 40.

III. Problemfelder der Partizipation

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kale Agenda 21-Initiative Gruppen vermeintlich oder tatsächlich eigene jahrelang nicht durchsetzbare Interessen unter Berufung auf Rio-Konferenz und Agenda 21 durchzusetzen versuchen.212 Ergebnis dieser Versuche ist in der Regel das Scheitern des Prozesses.213 Die Initiierung der lokalen Agenda 21 gestaltet sich aufgrund der immer noch vorhandenen inhaltlichen Unausgewogenheit der lokalen Agenda 21 daher in „rot-grün“ regierten Gemeinden einfacher. Bei der Prozessinitiierung sollte daher auf „schwarz“ regierte, am lokalen Agenda-Prozess beteiligte Städte hingewiesen werden, um einer potentiellen Politisierung im Gemeinderat jenseits der formalen Zustimmung entgegenzuwirken.214 Auch der Hinweis auf die CDU/FDP Bundesregierung, in deren Regierungszeit die Agenda 21 fiel, wirkt Vorbehalten entgegen.215 bb) Reaktionsmöglichkeiten und Stellungnahme zur Bewältigung der Schwierigkeiten Die Betonung des Gemeinderats als Steuerungsorgan, dessen Position ebenso wenig wie die repräsentative Demokratie angetastet werden soll216 hilft nur bedingt, um Vorbehalte in der Kommunalpolitik zu entkräften. Die gesellschaftlichen Veränderungen erfordern vom Gemeinderat eine gesamtstädtische langfristige Perspektive mit Zieldefinition und Umsetzungskontrolle. Ist dieses Bewusstsein noch nicht vorhanden, wird die Umorientierung als Entmachtung empfunden.217 Taktierendes Verhalten des Gemeinde211 Und zwar nicht nur beschränkt im Gemeinderat, sondern auch in der Bevölkerung, vgl. Schmitt, in: Hannemann/Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 209 (219). 212 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 36; dazu schon oben: D.I.3.a). Eine solche Situation ist auch dann denkbar, wenn bereits vorhandene Bürgerinitiativen eine oppositionelle Haltung zum Gemeinderat fortsetzten, vgl. Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 53. In dieser Situation liegen bereits verfestigte politische Fronten vor – ein Nachteil der bloßen Umbenennung; G1 (vgl. Anhang). 213 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 36; UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 41; Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (152). 214 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (43). Exemplarisch auch in der Praxis: www.moehrendorf.de/ agenda21/index.html (25.04.2004). 215 Insbesondere konservative Gemeinderäte sehen sich bei der Ablehnung ansonsten einem Glaubwürdigkeitsproblem ausgesetzt, das sie dem politischen Gegner nicht als Vorlage liefern wollen, G5 (vgl. Anhang). 216 Hillebrand, BWGZ 1999, 953 (955); auch: Magel/Jahnke, in: Hanns-SeidelStiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (116). 217 Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (259f.).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

rats führt dazu, dass der Verdacht von Lippenbekenntnissen latent im Raum steht. Es stehen sich dann die Positionen gegenüber, die eine weitgehend autonome Entscheidung und eine bloße Einbeziehung in die Meinungsbildung fordern.218 Die Forderung der Bürger nach Gleichberechtigung und Mitentscheidung ist in der Regel nicht in der Form einer gleichberechtigten, letztverantwortlichen Mitentscheidung zu verstehen. Die Initiativgruppen wollen innerhalb der legitimierten Kompetenzen möglichst breite Entscheidungen treffen können, ohne stetige Rückkoppelung zum politischen Entscheidungsgremium.219 Die Vorschläge ordnen sich zumeist den politischen Vorgaben und bestehenden Modellen unter.220 Aus dem Zusammenhang gerissen wirken sie verunsichernd und abschreckend.221 Direktdemokratische Elemente können zum „Agenda-Setting“ übergehen, wodurch den etablierten Entscheidungsgremien das Monopol auf die zu diskutierenden politischen Themen entgleitet. Eine solche Praxis ist jedoch – auch vor dem Hintergrund der überwiegenden Verhinderungsinitiativen – selten.222 Die Situation lässt sich durch Transparenz und persönliche Kontakte entschärfen.223 Dazu gehört, dass die „Spielregeln“ der Partizipation, die Berücksichtigung der Ergebnisse in der Kommunalpolitik, vorher festgelegt werden.224 An der verständlichen Vermittlung der Agenda in Richtung Ge218 Vgl. Helbrecht, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 153 (157); Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (163). 219 Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153 (163). 220 De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 22. 221 Dies gibt manipulativen Ängsten des Gemeinderats weiter Nahrung. In der beschriebenen Situation können sich „Schattenparlamente“ bilden, die Misstrauen und Scheitern fördern, Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (6); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (20f.). Ein bloßer Verweis auf die Letztentscheidungskompetenz des Gemeinderats löst, gerade bei einem beratungsresistenten Gemeinderat Frustration der lokale Agenda 21-Akteure aus und vermindert die Erfolgsaussichten des Prozesses noch weiter, vgl. Menzel, ZRP 2001, 221 (228); verallgemeinernd: Hill, BayVBl 2002, 321 (324). 222 Paust, in: Schiller/Mittendorf (Hrsg.), Direkte Demokratie, S. 218 (226). Vgl. auch weiter oben: E.III.1.b)cc); E.II.1.d). 223 Sie fördern zugleich das Engagement, Hummel, BdW 2000, 241 (243). Repräsentations- und Partizipationsdefizite hemmen sie, Kahl/Glaser, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 9 (15); Graeff, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), Führung und Leitung in sozialen Organisationen, S. 120. 224 Dies erfordert einen Vertrauensvorschuss und Eröffnung von Handlungsspielräumen, Renn, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 101 (111); Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (15); Haigis, BdW 2002, 219 (221); Heinelt, in: ders./ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 51 (58).

III. Problemfelder der Partizipation

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meinderat wie auch in Richtung Bürger mangelte es bisher häufig.225 Transparenz verlangt eine regelmäßige Unterrichtung der städtischen Politiker, etwa in Form eines institutionalisierten Ausschusses.226 Wichtig ist dabei, dass die Arbeit der Agenda 21-Initiative bei der Entscheidungsfindung Berücksichtigung findet.227 Ein Signal dazu ist die politische Selbstbindung des Rates zur Beschäftigung mit den erarbeiteten Vorschlägen des Konsultationsprozesses und Vermittlung der Ergebnisse.228 Dazu gehört eine eingehende Begründungspflicht, um nicht den Eindruck eines „abgekarteten Spiels“ zu fördern.229 Der Transparenz und Vertrauensbildung dient auch die Teilnahme von Gemeinderatsvertretern an informellen Partizipationsprozessen.230 Sie hilft, die Aura des Unbekannten und latentes Misstrauen abzubauen und reduziert zugleich Ängste des Gemeinderats und Frustrationen der engagierten Bürger.231 Gerade fortgeschrittene Gemeinden lassen einen Unterschied in der Beteiligung der Akteure in lokale Agenda-Pozessen erkennen. Die Beteiligung setzt dort bereits bei der Entscheidung über die Leitbilder, nicht erst über verwaltungsformulierte Ziele an.232 Sie bildet im Einklang mit dem neuen Leitbild der Bürgergemeinschaft eine Einbindung sowohl bei der Politikformulierung als auch bei der Politikumsetzung233 heraus. Von einer etablierten Praxis kann aber noch keine Rede sein.

225 Vgl. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (38f.). 226 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). 227 Helbrecht, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 153 (157); G5 (vgl. Anhang). 228 BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 44; Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (118). Vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 106. 229 Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (118f.); Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (152). 230 Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (116); Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (117f.); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 42; Gehrlein/Stärk, in: Heinelt/ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 141 (148); Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (152); zu der notwendigen Vertrauensbildung anschaulich: Haigis, BdW 2002, 219ff. 231 Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (109); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 90; Feindt/Weber/Weinelt, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 217 (226f.). 232 Hill, BayVBl 2002, 321 (323). 233 Auch Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (173); Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (8ff.).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

b) Kommunikation und Komplexität in der gesellschaftlichen Entwicklung Neben prinzipielle Grenzen der Erkenntnis234 treten Kommunikationsprobleme, die die Erfassung der Sachlage erschweren.235 Das mangelhafte Interesse der Bürger beruht oft nicht auf mangelndem Beteiligungsinteresse, sondern auf den mangelhaften Kommunikationsangeboten und Mitwirkungsformen der Planer.236 Fachwissen kann nicht zur Geltung gelangen, wenn es sich nicht in Kommunikationsprozessen bewährt.237 Der Kommunikationsprozess kann an mehreren Stellen gestört sein. Hier ist zwischen dem Dialog zwischen den Fachbereichen [aa)] und den Schwierigkeiten im Partizipationsdialog nach Außen in die Gesellschaft [bb)–dd)] zu unterscheiden. aa) Interdisziplinäre Kommunikation Die Störung des interdisziplinären Dialogs beruht auf dem Rückzug auf die sektorale Sichtweise der eigenen Disziplin.238 Das Eingeständnis, dass auch die andere Fachdisziplin wichtig ist, erfolgt nicht selten aus scheinbarer Kollegialität, die in der Praxis nicht ausreichend umgesetzt wird.239 Dahinter steht die Überzeugung, dass eigentlich doch die eigene Disziplin besonders wichtig sei. Eine Rolle dabei spielen auch überlieferte Denkmuster. Bis in jüngste Zeit war vor allem in Politik, Verwaltung und Geisteswissenschaften vorherrschend das klassisch naturwissenschaftliche Kausalitätsmodell, das Linearität, Reversibilität und grundsätzlich auch Stabilität natürlicher und sozialer Prozesse vertrat.240 Die mangelhafte Auseinandersetzung mit der anderen Sichtweise führt zu einem Aufblühen von Differenzierungen, die zu 234

Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 276. In diesen Bereich fällt das Problem wissenschaftlicher Ergründbarkeit von Nachhaltigkeit, dazu oben: A.II.2. 235 Tscheulin u. a., in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 381 (385); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 177. 236 Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (167); Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (126). Hinte, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 153 (159); De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 25; Schwörke, BdW 2002, 215 (216). 237 Planung als Kommunikationsprozess, Baumgart, RuR 1995, 397 (398f.); Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 296. 238 Die nur ausnahmsweise vorhandenen interdisziplinären Ansätze bemängeln etwa auch: Schröder, AVR 34 (1996), 251 (265); und Renn, in: Evangelische Akademie Baden (Hrsg.), Zukunft für die Erde, S. 80 (83ff.), mit einer Darstellung des Nachhaltigkeitsbegriffs in Ökonomie, Ökologie, Natur- und Sozialwissenschaften. 239 Etwa zu den Auswirkungen juristischen und technischen Fachverständnisses auf die kooperative Umweltpolitik: Stark, in: Hansjürgens/Köck/Kneer (Hrsg.), Kooperative Umweltpolitik, S. 201ff.

III. Problemfelder der Partizipation

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teilweise stark gegensätzlichen Ergebnissen führen.241 Das klassisch naturwissenschaftliche Kausalitätsmodell wird zunehmend verdrängt durch ein neues Ideenmodell, das Komplexität und Dynamik der Prozesse betont.242 Der Rückzug auf die sektorale Sichtweise der eigenen Disziplin wirkt sich auf den Inhalt von Nachhaltigkeit aus. Es betrifft die Bürger damit mittelbar durch die Kommunikation über den materiellen Inhalt von nachhaltiger Entwicklung. Bei fehlender Rückkopplung ohne Möglichkeiten zu Lerneffekten und sichtbaren Verbesserungen, kann dies eine homogene Planung vereiteln. Indiziell spricht dafür ein Geflecht an Gutachten und Stellungnahmen, die zu Enttäuschung und Ratlosigkeit der Beteiligten und langjährigen Konsequenzen in der Politik und Planung führen können.243 Die Aufgabe der Wissenschaft, Konflikte und unterschwellige Annahmen aufzuzeigen und Orientierungswissen für einen sinnvollen gesellschaftlichen Diskurs bereitzustellen, wird damit verfehlt.244 bb) Kommunikationsschwierigkeiten zum Bürger Die Kommunikationsschwierigkeiten zu den Bürgern sind eine weitere Ursache von Akzeptanzschwierigkeiten in der Planung.245 Sie lassen sich in kommunikative und Vermittlungsschwierigkeiten unterteilen. Kommunikative Schwierigkeiten beschreiben die Aufgabe, den Fachsprachengebrach so einzudämmen, dass auch für Laien eine verständliche Kommunikation ermöglicht wird.246 Eine zu theorielastige Diskussion zerredet innovative Ansätze und erschwert Neuzugänge sowie die Entscheidungsbildung.247 240

Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (115). 241 Vgl. Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (169). Jedoch ist eine zunehmend interdisziplinäre Diskussion auszumachen, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 75; Binswanger, ZfU 1/1995, 1 (5); fordernd auch: Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), 449, (480); Radke, Nachhaltige Entwicklung, S. 17. 242 Vgl. Scherzberg, in: Engel/Halfmann/Schulte (Hrsg.), Wissen – Nichtwissen – Unsicheres Wissen, S. 112 (115), mit der Ordnung als Ausnahmefall vom Grundsatz des Chaoszustandes. Vgl. dazu etwa oben: A.I.4.c); A.II.2; B.I.3. 243 Vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 106; vgl. die negativen Vorerfahrungen oben: D.III.1.b)aa). 244 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 349. 245 Luz, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 79 (81f.); Magel/ Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (111). 246 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 449. 247 Rheingans, Politische Ökologie 52 (1997), 47 (50); de Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 25.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Vermittlungsschwierigkeiten beschreiben das Problem, wie Komplexität und Relevanz bürgerverständlich und bewusstseinsverändernd kommuniziert werden können.248 Idealtypisch lassen sich diese Probleme nicht trennen. In der Praxis wird im Regelfall eine Vermischung beider Faktoren vorhanden sein. Eine erfolgversprechende Kommunikationsstrategie für die Aktivierung des Partizipationspotentials muss sich nach der anzusprechenden Zielgruppe orientieren.249 Den unterschiedlichen Kommunikationsbedürfnissen der Bevölkerungsgruppen kann die Verwaltung faktisch nur begrenzt gerecht werden. Sie kann Kommunikation nur weitgehend ermöglichen, nicht aber erzwingen.250 Dabei existieren schon in der Verwaltung unterschiedliche Wahrnehmungsperspektiven der Zielgruppe Bürger. Eine skeptische Haltung erwartet aus der Beteiligung nur Kenntnisse persönlicher Betroffenheit und des Lokalen.251 Nicht wie erhofft verlaufende Partizipationsbemühungen stützen diese Auffassung.252 Sie ist insbesondere in der planenden Verwaltung kleinerer und mittlerer Gemeinden anzutreffen, die auch mit dem alltäglichen Verwaltungsvollzug beschäftigt ist. Aus planerischer Sicht253 sind häufiger positive Stimmen zur Wirkung der Bürgerpartizipation zu vernehmen.254 Sie halten es für wichtig, den Betroffenheitskern der Bürger nicht als unsachlich abzutun, sondern ernst zu nehmen.255 Bürger erscheinen summarisch als Experten für das Leben in der Gemeinde, die mit kooperativen Verfahren in die Planungsprozesse integriert werden müssen.256 Dies beruht auf folgendem Zusammenhang: Aufgrund 248

Behr, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 153

(157). 249

Vgl. BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 2. Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 399. 251 Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (34); Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (252); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 276; vgl. etwa auch die thematische Ausrichtung der lokalen Agenda Bad Neustadt a.d.S., in der ökologische Fragen und die Stadt selbst den deutlichen Schwerpunkt stellen, Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 13–27. 252 Etwa, wenn sich wie in Berlin-Köpenick die Reaktion der protokollierten Diskussionsrunden im Wesentlichen auf persönliche Fragen an den Referenten erschöpfte, UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 70f. In diesem Resultat zeigt sich auch ein Informationsdefizit, dazu unten: E.III.1.b). 253 Dies gilt auch für die Stadtplanungsämter, ähnlich: Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 295 (299). 254 Etwa die Ablehnung dirigistischer Planvorstellungen mit Vorstellungen vom Willen der Bürger und die Forderung, sie als Träger von Fachwissen zu begreifen, Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (27); vgl. auch: Löhr, IzR 1996, 99 (104). 255 Reiberg, in: Institut für Umweltschutz der Universität Dortmund (Hrsg.), Möglichkeiten und Grenzen kommunalen Umweltschutzes, S. 102 (107). 250

III. Problemfelder der Partizipation

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der Dominanz gut gebildeter Schichten in der planerischen Beteiligung kann die Planung dort qualifizierte Anregungen erhalten und Verbesserungen aufnehmen.257 Die Bürger haben vielfach schon Qualifikationen für eine Mitarbeit unter Überwindung der kommunikativen Barrieren erarbeitet.258 Dieser Bürgeremanzipation entspricht ein gestiegenes politisches Selbstbewusstsein. Die höhere Mitspracheforderung kann jedenfalls nicht mit dem Argument mangelhafter Qualifikation verwehrt werden.259 In lokale Agenda-Prozessen treten die positiven Erfahrungen vor allem in den begrenzten Teilnehmerkreisen der Fachforen in Erscheinung.260 Die Planer sind aus diesen Gründen der Partizipationsausweitung mit dem Bild eines mündigen und fachkundigen Bürgers zugeneigt.261 Die positiven planerischen Erfahrungen werden publiziert und dann auch von der Politik als Vorgabe an die Verwaltung weitergereicht. Das Bild der vollziehenden Verwaltung sieht vielfach anders aus. Insbesondere auf der lokalen Ebene ist sie täglich mit Bürgern konfrontiert, die Lesen und Schreiben leidlich beherrschen und zu kommunikativer Auseinandersetzung kaum fähig sind.262 Besonders gilt dies in den Kommunen für die Fachbereiche Soziales263 bzw. Ordnung und Sicherheit in so genannten sozialen Brennpunkten. Das der Verwaltung vorgegebene Leitbild eines mündigen, interessierten und engagierten Bürgers könnte insoweit keine grö256

UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda 21 II, S. 14; Gauer u. a., Der Landkreis 2003, 439 (440); nahezu unkritisch positiv: Spitzer, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform (2. Auflage), S. 144ff. 257 Vgl. oben: E.II.2.a). Insbesondere im Bereich Verkehr und Infrastruktur, Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 61, 64f., 68. Vgl. auch: Paetzold, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 77 (81). 258 Hummel, BdW 2000, 241 (245). Dies wird als Wiederaneignung und Rückfilterung des Expertenwissens durch Laien beschrieben, Giddens, The consequences of Modernity, S. 144f. Das Expertenwissen ist über die modernen Kommunikationsmittel jedem zugänglich, der Zeit, Mittel und Ausbildung besitzt, vgl. richtig: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 438. 259 Zilleßen, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 115 (121); vgl. Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 51; wohl ähnlich: Hummel, BdW 2000, 241 (245). 260 Vor der Intention einer breiten umfassenden Bürgerbeteiligung wird dies häufig als „Schwachpunkt“ beurteilt, Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 100; G4 (vgl. Anhang), wobei allerdings zu wenig eingestellt wird, dass die hoch qualifizierten Foren für einen echten Schwachpunkt erstaunlich hohe Ergebnisse vorweisen können. 261 Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (27); vgl. auch: Löhr, IzR 1996, 99 (104). 262 Umgekehrt proportional zu der Beherrschung dieser Kulturtechniken verhält es sich leider häufig mit deren Anspruchsdenken. 263 Vgl. ähnlich: Kopatz, in: ders. (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 295 (299).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

ßere Differenz zum alltäglichen Verwaltungsvollzug darstellen. Es erweist in diesen Bereichen als unrealistisch.264 Die Menschen scheinen immer weniger zum Verständnis komplexer Sachverhalte in der Lage, wollen aber dennoch informiert werden.265 Die Verwaltungsfachleute trauen Laien daher die Lösung komplexer Planung nicht zu, was die Ausbildung der bemängelten dirigistischen Planvorstellungen fördert.266 cc) Komplexität als separierender Faktor Bei komplexen Sachverhalten ist zudem eine unterschiedliche Wahrnehmung von Wahrscheinlichkeiten bei der Beurteilung von Vorhersagen und Risiken durch Fachleute und das „Laienpublikum“ feststellbar.267 Es tritt ein Widerspruch von Alltagserfahrung und Gefahrenwissen auf,268 da etwa ökologische Bedrohungen nicht sinnlich wahrnehmbar sind und teilweise nur die Zukunft betreffen. Die mangelnde Risikowahrnehmung belastet auch die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung.269 Sie beeinträchtigt die Vertrauensbildung zwischen Experten und Laien.270 Leistungen aus dem Expertenwissen bleiben aber nur dann integrationsfähig, wenn sie von der Basis mehrheitlichen Gemeinwissens beurteilungsfähig sind.271 Die Komplexität fördert daher in Verbindung mit den Auswirkungen der Kommunikationsschwierigkeiten Zweifel an der Steuerungsfähigkeit.272 Die Bürger setzen daher zunehmend kompromisslos auf die Durchsetzung der Ziele, die ihre eigene Betroffenheit spiegeln.273 Der Protest ist in großen Teilen darin begründet, dass die Zusammenhänge der Krise von der Allgemeinheit nicht mehr über264

Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (100). Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 4-1, S. 1. 266 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (258); Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (27). 267 Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 253f. 268 Auch: Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 436. 269 Hübler, in: ders./Kaether (Hrsg.), Nachhaltige Raum- und Regionalentwicklung, S. 125; Lass/Reusswig, Politische Ökologie 63 (2000), 11; Brand, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotentials, S. 156 (158). 270 „Die Lebensweltferne moderner Wissenschaft“, Lübbe, Der Lebenssinn der Industriegesellschaft, S. 47ff.; 56ff. 271 Lübbe, Der Lebenssinn der Industriegesellschaft, S. 59; „Was nicht verstanden wird, wird eher abgelehnt, statt darauf zu vertrauen, dass es die Experten schon richtig machen.“, Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 4-1, S. 1. 272 Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 124; sowie unten: E.III.2.b)aa). 273 Vgl. Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 4-1, S. 1 (3); auch: BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 237; G1 (vgl. Anhang). 265

III. Problemfelder der Partizipation

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blickt werden können.274 Er richtet sich nicht mehr in Form des „St.-Florians-Protest“ etwa gegen den konkreten Standort einer Anlage,275 sondern alternativlos gegen das Vorhaben als solches.276 Gewöhnungseffekte schwächen Alarmmeldungen ab und lassen Menschen nur noch begrenzt auf Bedrohungen reagieren. Diese irrationale Reaktion ist von der Ausgangslage der Protestierenden her erklärbar. Die Betroffen versuchen das Bestmögliche aus der scheinbar nicht steuerbaren Lage für sich zu erreichen. Die Verfolgung von Teilinteressen, der Vertrauensverlust in Expertensysteme und Politikverdrossenheit sind Nachteile der gesellschaftlichen Differenzierung mit Spezialisierung und Dynamisierung.277 Zwischen diesen Polen steht die öffentliche Planung mit der Aufgabe, nicht Partikularinteressen zu bedienen und das Allgemeinwohl zu fördern.278 Ein hilfreicher Ansatz in dieser Situation ist, in der Kommunikationsstrategie auch Hoffnungen anzusprechen, kleine Teilprobleme und Kompensationsmöglichkeiten anzugehen.279 Bürgerinitiativen können sich bei der entsprechenden Perspektive von Verhinderungsinitiativen zu dauerhafter Entwicklungs- und Interessenwahrnehmung mit institutionalisierten Strukturen weiterentwickeln.280 dd) Gesellschaftliche Separation Die gegensätzlichen Wahrnehmungsperspektiven von Planern und vollziehender Verwaltung sind je für ihren Teilbereich zutreffend. Zunehmend sind gesellschaftliche Konflikte nicht mehr an den traditionellen politischen Konfliktlinien orientiert,281 so dass etablierte Organisationen nicht mehr ein rela274 Vgl. Lübbe, Der Lebenssinn der Industriegesellschaft, S. 33f.; Bauchmüller, Imperialismus der anderen Art, SZ Nr. 14 v. 19.01.2004, S. 4; v. Lersner, in: Gawel/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Rationale Umweltpolitik – Rationales Umweltrecht, S. 227 (228); vgl. ähnlich auch: Mühlum, BdW 2000, 5 (9). 275 So auch: Haaß, Handlungsspielräume, S. 74f. 276 Vgl. oben: Fn. 24; Schmitt, in: Hannemann/Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 209 (218f.); vgl. auch BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 237; zum Beispiel eine Müllbeseitigungsanlage als zu verhindernde Anlage, vgl. E.IV.7. 277 Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 36f. Dieses Phänomen ist jedoch nicht mit einer generellen Ablehnung der Wissenschaft verbunden, sondern zielt auf ihre bedarfsgerechten Einsatz, Taliani, in: Walterscheid (Hrsg.), Entrepreneurship in Forschung und Lehre, S. 75 (78). 278 F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (63); v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (598). 279 Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 124f. 280 Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 130f.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

tiv eindeutiges Abbild der „repräsentierten“ Bürger und ihrer Problemlagen geben. Der Veränderungsprozess spiegelt sich in der Forderung nach Partizipation verbunden mit der verbreiteten Auffassung, doch „eh nichts ausrichten zu können“.282 Die Postulation eines hierarchiearmen „bottom up“-Ansatzes tritt zusammen mit der Forderung nach Organisation für kontinuierliche Arbeit. Die breite Beteiligung soll zugleich in möglichst kleinen Initiativkreisen effektiv arbeiten.283 Die Widersprüche zeigen die Gratwanderung zwischen Institutionalisierung und Bürgereinbeziehung.284 Positive Projektergebnisse erscheinen vielfach nur durch die Aussetzung einer echten Bürgerbeteiligung möglich.285 Die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Verwaltung und die gegensätzlichen Forderungen in den Initiativen spiegeln eine Segmentierung der Gesellschaft und eine Polarisierung der Partizipation.286 Diese gegensätzlichen Forderungen sind nur dann miteinander vereinbar, wenn mit der Beteiligung eine „Elitenpartizipation“ gemeint ist. Auf der einen Seite sammeln sich Bürgerinitiativen und Medienintervention. Auf der anderen Seite steht eine wachsende Bevölkerungsgruppe, die teilnahmslos oder destruktiv in ihren Lebensbedingungen verharrt und keine Einflussmöglichkeiten sieht.287 Die Gesellschaftsgruppen diskutieren mehr übereinander als miteinander.288 Es bildet sich ein Antagonismus oben/unten, mit Zweifeln der Menschen an der Ernsthaftigkeit der Politiker, Politikverdrossenheit und Skepsis gegenüber städtischen Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung.289 Die Konsultation kann sich daher nicht mehr auf den Kontakt mit organisierten Interessengruppen beschränken. Für die Agenda-Initiativen er281

BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 18. Rheingans, Politische Ökologie 52 (1997), 47 (48). Insbesondere, wenn kein Bezug zwischen eigenem Handeln und Auswirkungen festzustellen ist, so: Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 45. 283 De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 24; ähnlich: Kohr, The breakdown of nations, S. 98, für den Zusammenhang zwischen Demokratie und Staatsgröße. 284 Vgl. Maasberg, RuR 1998, 90 (97). 285 Vgl. Schmitt, in: Hannemann/Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 209 (217). 286 Vgl. Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (116); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 66; Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (152). 287 Gerade in Stadtgebieten mit gehäuften sozialen Problemlagen, Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (2). 288 Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (116); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 66. 289 Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137f. Dies führt wiederum zu einer Stärkung der NGOs, vgl. unten: E.III.3.d)aa). 282

III. Problemfelder der Partizipation

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schwert dies die Arbeit, da die Akteurskonstellation gestört ist und handlungsfähige Kooperationspartner fehlen.290 Die Ausbildung von Lagerparteien führt zu einem Abgrenzungseffekt und ist daher im Agenda-Prozess unbedingt zu vermeiden.291 Die Integration sozial Benachteiligter292 ist besonders über die praktische Einbeziehung in konkrete Projekte möglich.293 Anwaltsplanung und Stadtteilläden294 können in sinnvoller Weise Hemmungen abbauen und Kommunikationsschwierigkeiten295 vermindern. Projekte mit Querschnittsbezug bewirken vielfach einen hohen sozialen Zusammenhalt der Akteure.296 c) Medien und Öffentlichkeitsarbeit Neben der Partizipation richten sich die Wünsche der Akteure in lokale Agenda 21-Initiativen in der Regel auf eine größere öffentliche Aufmerksamkeit.297 Ohne Medien ist die Verknüpfung von gesellschaftlicher Kommunikation und politischer Diskussion nur schwer möglich.298 Das Leitbild nachhaltiger Entwicklung bzw. der Begriff der Agenda 21 benötigt einen gewissen Bekanntheitsgrad, um ein Mobilisierungspotential zu erreichen.299 Der Begriff „lokale Agenda 21“ ist für die Politik vor Ort zu abstrakt.300 290 Tscheulin u. a., in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 381 (385). 291 Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (24f.); Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 2 (5f.). 292 Zur Bedeutung für die gesellschaftliche Solidarität auch: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 17. 293 Hermann, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmanagement, S. 171 (181); vgl. auch: Linder/Vatter, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 181 (186). 294 Diese bieten in Problemstadtteilen informale Ansprechmöglichkeiten und erste Starthilfen für Probleme. Sie helfen bei der Erledigung von Verwaltungskontakt und weisen durch den „Zuständigkeitsdschungel“. Verwaltungsorganisiert in der Form von Bürgerämtern, vgl. auch BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 262. 295 Dazu oben: E.III.1.b). 296 Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (97). 297 De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 22; vgl. ähnlich: Wettstein, BdW 2002, 222. 298 Oberreuter, in: Rohe (Hrsg.), Politik und Demokratie in der Informationsgesellschaft, S. 11 (13); ebenso für lokale Agenda: Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 57f. 299 Und dahingehend ablehnend in Bezug auf nachhaltige Entwicklung: Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (36). 300 Vgl. Meyer, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials, S. 168; ebenso: Brandt, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 28 (36), der Mobilisierungsfunktion

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Nicht selten ist er ökologischen und „politisch grünen Initiativen“ zugeordnet.301 Dies kann auch mobilisierungshemmend sein.302 Eine Suggestionskraft nachhaltiger Entwicklung303 stößt auf Bedenken. Günstigstenfalls handelt es sich um eine Momentaufnahme. Mehrere Studien zeigten in unterschiedlichen Jahren, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht mit dem Begriff der Nachhaltigkeit bzw. der nachhaltigen Entwicklung vertraut ist.304 Eine Steigerung der Bekanntheit ist nur in bescheidenem Umfang festzustellen.305 Auch fünf Jahre nach Rio war die Agenda 21 selbst in Städten, die einen Agenda-Beschluss gefasst haben, weitgehend unbekannt.306 Auch innerhalb der Verwaltung ist bei Einleitung des Prozesses keine grundlegend andere Bekanntheit zu erwarten.307 Die inflationäre Verwendung von „nachhaltig“, wird kaum mit nachhaltiger Entwicklung in Verbindung gebracht. Gerade in jüngster Zeit führen die Begriffe Agenda 2010 oder Agenda 2000 dazu, dass die Differenzierung in der Bevölkerung erschwert ist. Im positiven Fall resultiert daraus Desinteresse. Die jüngsten Reformbestrebungen der Bundesregierung haben aber zu einer Überlagerung mit den Begriffen Agenda 2000/2010 und einer abschreckenden Wirkung geführt.308 Eine Orientierung an einem allgemeinen Vornur mit intensiver Kommunikation für möglich hält; Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 10. 301 Meyer, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials, S. 168; vgl. unten: E.III.3.e)cc). 302 Dies gilt aufgrund der mittlerweile starken Ablehnung von „Öko“-Ideologie in der Bevölkerung, Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 13. 303 Suchy, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 47 (49). 304 So auch: Werheit/Kettele, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 119, [der Begriff sei der Bevölkerung meist „völlig neu“]; eine Befragung des Bundesumweltministeriums ergab 1996, dass der Begriff 11% der Menschen in Westdeutschland und von 7% der Bevölkerung Ostdeutschlands bekannt ist, Bundesministerium für Umwelt, Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage 1996, S. 86. Der Bekanntheitsgrad stagierte bis 2002 um 13%, 2002 hatten 28% der Bevölkerung schon von diesem Begriff gehört, BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 31. 305 15% gaben 1998 an, schon einmal von diesem Begriff gehört zu haben, vgl. Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 248. Von diesen konnten aber nur 4% den Begriff inhaltlich richtig einordnen. 28% geben 2002 an Nachhaltigkeit einordnen zu können, v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17f.; BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 31. 306 Vgl. Hoffmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 245. 307 Vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 30; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 11; in der Verwaltung „eher diffuses Leitbild hoher Komplexität und flacher Operationalisierbarkeit“, Kreibich, in: Sibum/ ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix?, S. 15 (33); Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (200).

III. Problemfelder der Partizipation

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verständnis des Wortes „nachhaltig“ erscheint ausgeschlossen. Allenfalls der Kernbestandteil der Dauerhaftigkeit kann in einer gewissen Verbreitung aufgefunden werden.309 „Nachhaltig“ fehlen die Polarisation und phantasieanregende Wirkung, wie sie etwa bei den Begriffen „Demokratie“, „Menschenrechte“ oder „Selbstbestimmung“ vorhanden ist.310 Eine tiefgehende Diskussion über nachhaltige Entwicklung und Agenda 21 existiert in der breiten Gesellschaft nicht.311 Im Kontrast zu dieser schlechten Bilanz hat nachhaltige Entwicklung und lokale Agenda 21 in der wissenschaftlichen Debatte weiterhin Hochkonjunktur.312 aa) Planung und Information Demokratische Entscheidungsprozesse benötigen aber zum optimalen Funktionieren einen hohen Informationsstand der Wahlbürger.313 Informationen der Bürger sind eine Grundlage eines Teilhabegefühls am öffentlichen Geschehen314 und damit auch ein „Motor“ der lokalen Agenda 21.315 Das Zurückhalten von Informationen in der Planung ist ein verbreiteter Grund ihrer Inakzeptanz.316 Zu Prozessbeginn sind daher gründliche Informationen über Ziele der Agenda 21 die Nachhaltigkeitsprinzipien erforderlich.317 Eine „bloße“ Verbreitung von Informationen wirkt jedoch als „Einbahnstraße“, ohne gegenseitige Kommunikation zu stärken.318 Zum Ver308 Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (22 Rn. 2); oder eine negative Voreinnahme, vgl. BaySMUL u. a., Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21, S. 23. 309 Steiger, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 59 (61); Lange, in: ders. (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 109 (110); auch oben: Einleitung II.1. 310 Brand, Politische Ökologie 63/64 (2000), 19. 311 Kahl/Glaser, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 9 (14). Anders noch vor einigen Jahren, wo Nachhaltigkeit zum Teil durch die Stilisierung von Nachhaltigkeit als „Überlebensaufgabe der Menschheit“, vgl. Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 76, Züge einer „unreflektierten Bekehrung“ annahm, Born/Weber, Sustainable Development, S. 10. Solow, An almost practical step toward sustainability, S. 14, spricht daher vom hauptsächlichen Ausdruck von Emotionen und Einstellungen. 312 Hübler, in: ders./Kaether (Hrsg.), Nachhaltige Raum- und Regionalentwicklung, S. 125 (126). 313 Cassel, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 465 (477); Böhm, in: Horn, Recht im Pluralismus, S. 135. 314 Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, C 4-2, S. 1 (4). 315 Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (37ff.); ähnlich: Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 9. 316 Luz, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 79 (86). 317 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (200). 318 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 60.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

ständnis müssen Dialog und Gedankenaustausch hinzukommen.319 Ohne sie sind keine Identifikation und Engagement der Bürger denkbar.320 Es erfolgt nur, wenn die Bürger sehen können, für was sie sich einsetzen und das Gefühl haben, ernstgenommen zu werden.321 Dies erfordert eine Aussicht auf tatsächliche Veränderungen und damit einen nicht nur formal offenen Planungsprozess.322 Die Praxis, die Information der Bürger auf ein Minimum zu beschränken, weil sie die Komplexität der Frage vermeintlich nicht verstünden und ihre Information daher als vergeblicher Aufwand scheint, geht schon von einer falschen Grundprämisse aus. Die Zufriedenheit der Bürger steigt, wenn sie sich informiert und ernstgenommen fühlen.323 Dies gilt auch dann, wenn die Anliegen nicht berücksichtigt worden sind,324 sofern die Gründe für die Zurückstellung nachvollziehbar erläutert werden.325 Information und Kommunikation dienen auf diese Weise auch der Planungsakzeptanz.326 319 3K-Prinzip“ = Kommunikation, Koordination und Kooperation, Graeff, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), 109 (122f.). 320 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (196); ähnlich auch: Meadows/Meadows/Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums, S. 274f.; Töpfer, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 134; Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (173). 321 Vgl. Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (22f.); Lass/Reusswig, Politische Ökologie 63/64 (2000), 11; etwa mit Entwicklung der LA 21 Initiative, bezahltem Koordinator, Anerkennung, Akzeptanz, Rheingans, Politische Ökologie 52 (1997), 47 (48). 322 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (272); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 19; Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (101); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (46); Lass/Reusswig, Politische Ökologie 63/64 (2000), 11. 323 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (263); vgl. auch: Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (114). 324 Ein völliger Konsens ist daher nicht erforderlich, wie man Empfehlungen zur Agenda 21 bisweilen verstehen könnte, etwa: BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 26f. 325 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (263f.); G3 (vgl. Anhang); StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-19. Begreifbarkeit der Entscheidung, Begründung der gefassten Variante und Transparenz der Entscheidungsfindung werden daher teilweise wichtiger als mehr Bürgereinbeziehung eingeschätzt, Brandl, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie: Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 4 (7); auch innerhalb der Planungsgremien, Becher, G+S 2003, 200 (202). 326 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, IV-19. Diese scheinen ursächlich für die ebenso der Beteiligung zugeschriebenen Wirkungen zu sein: Gusy, ZfU 4/1990, 353; vgl. auch eingehend: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (171ff.); so auch für den Verwaltungsvertrag: Di Fabio, DVBl 1990, 338 (341).

III. Problemfelder der Partizipation

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Der einzelne Planungsprozess stellt aber häufig noch ein „Informationsmonopol“ der Verwaltung dar.327 Zwischen haupt- und ehrenamtlichen Akteuren besteht ein Informationsgefälle.328 Die klassische Informationsarbeit genügt auch dem Eigenanspruch der Akteure selbst nicht.329 Die Monopolisierung von Informationsbeständen bei öffentlichen Stellen wird zu Recht als unzeitgemäße Geheimhaltungsstrategie und „mentales Problem mit dem Prinzip des Amtsgeheimnisses“ angegriffen.330 Sie ist nur teilweise durch berechtigte Drittinteressen zu rechtfertigen. Vielfach stehen hinter diesem Verhalten eine (vermeintliche) Arbeitsersparnis und ein Verharren in hoheitlicher Denkweise, die Routinen erhalten will.331 bb) Marketing nachhaltiger Entwicklung? Die Möglichkeiten, den Bekanntheitsgrad der Agenda 21 durch Öffentlichkeitsarbeit zu steigern, sind jedoch begrenzt. Gründe sind die komplexe Botschaft und das geringe Marketingbudget. Mit intensiver lokaler Öffentlichkeitsarbeit konnte der Bekanntheitsgrad der Agenda 21 innerhalb eines halben Jahres in der Praxis von nahezu unbekannt auf einen Bekanntheitsgrad von 33% gesteigert werden. Im Resultat ergab sich für die Stadt Münster aus diesen Anstrengungen eine regelmäßige Gesamtmobilisierung von 300 Personen.332 Zu optimistische Erwartungen erscheinen daher unangebracht. Ob jedoch die Empfehlung, die Sprache einfach zu halten und insbesondere die Begriffe „lokale Agenda 21“, „Nachhaltigkeit“ oder „Ressourcen“ zu meiden, den Ausweg darstellt, ist eher zweifelhaft. Auch wenn die Begriffe nicht zum Sprachschatz des Durchschnittsbürgers gehören und 327

Vgl. etwa den Streit, ob in der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung § 3 II BauGB auch eingeholte Gutachten offenzulegen sind. Vgl. dafür: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, Rn. 738; empfehlenswert ist es, in Bezug genommene Gutachten auch zur Einsichtnahme bereitzuhalten. 328 Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (244). 329 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 167. 330 Schoch, Die Verwaltung 35 (2002), 149 (152, 156). Verbunden etwa mit der weitergehenden Forderung, Umweltinformationssysteme aufzubauen und in Planungssysteme zu integrieren: Fiedler/Hennerkes, Städte für eine umweltgerechte Entwicklung, S. 53. 331 Beispielhaft die ältere Auffassung (1977) von Hendler, Die bürgerschaftliche Mitwirkung an der städtebaulichen Planung, S. 44f. Dort wird die positive Wirkung der Partizipation nur auf die zusätzliche Daten- und Informationenlieferung beschränkt. Bei bestimmendem Einfluss könne die Planungsqualität abnehmen. 332 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 19, 21.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

auch Basis für Missverständnisse sein könnten,333 läuft diese Empfehlung darauf hinaus, sich um die Umsetzung von Inhalten der Agenda 21 zu bemühen, ohne dies mit der Agenda 21 in Verbindung zu bringen. Sie beschwört die Frage herauf, warum eine Agenda 21 gebraucht wird, wenn es auch ohne geht. cc) Die Medien im Agenda 21-Prozess Der Markt wird bisweilen als „neuer Souverän“ auf dem Informationsund Mediensektor bezeichnet.334 Zugleich können Medien in freien Gesellschaften eine gesteigerte Schlagkraft vorweisen.335 Die Konditionen dieser Mechanismen bieten für die Agenda 21 keine günstige Ausgangslage. Die bisweilen als Fixierung auf schlechte Nachrichten erscheinende Marktnachfrage macht die Agenda 21 zu einem strukturell medienuntauglichen Thema.336 Aus den Agenda-Initiativen richtet sich das Interesse mehr auf die Medien als Instrument als auf die Medien als Akteur. Mittels kooperativer Medienbeziehungen soll auf das Desinteresse der Bevölkerung reagiert werden.337 Begehrlichkeiten richten sich insbesondere auf die Lokalpresse zur Beeinflussung des lokalen Meinungsbildes.338 Sie soll die Agenda 21 in der Bevölkerung und bei politischen Entscheidungsträgern bekannt machen.339 Aktionen und Marketing340 stehen aber bei der lokalen Agenda 21 vor dem Dilemma, dass erfolgreiche Marketing-Arbeit ein erfolgreiches Produkt voraussetzt.341 Die Öffentlichkeitsarbeit soll nach dem Motto „Tue Gutes und Rede darüber“ die Medien einbinden und selbst den Stand der Dinge darstel333 Born, Handlungsleitfaden zur Entwicklung eines kommunalen Nachhaltigkeitsindikatorensystems, S. 46. 334 Gellner, in: Rohe (Hrsg.), Politik und Demokratie in der Informationsgesellschaft, S. 25. 335 Jänicke/Weidner, in: dies. (Eds.), National Environment Policies, S. 299 (304) ordnen die Medien als eigenen Nicht-Regierungs-Akteur ein. 336 SRU, BT-DruckS 13/4108, Rn. 238; Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 168. Angst als motivierender Prozessfaktor ist nicht ratsam, vgl. unten: bei Fn. 374. Das Desinteresse der Presse ist in der Difu-Umfrage 1999 auch als Mangel aus Sicht der Städte dokumentiert, vgl. Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (22). Für Großstädte gilt dies mehr, als für ereignisarme ländliche Gebiete, Brand/Christ/Heimerl, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 241 (254). 337 Menzel, ZRP 2001, 221 (229). 338 Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 57. 339 Kreuzer, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 201. 340 Etwa Werbeaktionen für Konsumprodukte, vgl. Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 20.

III. Problemfelder der Partizipation

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len342 sowie durch Wiederholungen in der Öffentlichkeit die Glaubwürdigkeit stärken.343 dd) Gefahr der Medien Moderne, werbewirksame Öffentlichkeitsarbeit mit möglichst einfach und klar strukturierten Informationen344 hat auch ihre Kehrseite. Die für die eigenen Zwecke begrüßte Simplifizierung birgt, wenn sie nicht lediglich im Sinne der Agenda 21 genutzt wird, eine gefährliche kontraproduktive Tendenz.345 Skepsis vor der Vorstellung einer einfachen Instrumentalisierbarkeit der Medien ist schon deshalb angebracht, weil der politische Einfluss auf die Medien weiter zurückgegangen ist, so dass Journalisten auch schon als „Mitpolitiker ohne Mandat“ bezeichnet werden.346 Eine immer gröbere Schilderung der Realität schematisiert und fördert Schwarz-Weiß-Malerei. Die Dramatisierung von nicht mehr unmittelbar wahrnehmbaren Problemen führt zu einem selektiven, realitätsfernen Umgang mit ihnen.347 Mit zunehmender Unterhaltungsorientierung entsteht ein stark vereinfachtes Bild von Politik und damit Unzufriedenheit mit dem politischen Alltag. Die Auswirkungen sind schlimmstenfalls undifferenzierte Schuldzuweisungen und die Behinderung angemessener Kommunikation.348

341

Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (76); in gleichem Maße muß schon eine grundsätzliche Offenheit für das Produkt vorhanden sein: Beaucamp, Das Konzept der Zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 34f. 342 So auch: Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, C 4-2, S. 1 (3), mit der Qualifizierung als „Offensive Öffentlichkeitsarbeit“. 343 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II- 39; ähnlich: Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, C 4-2, S. 1 (11). 344 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II- 38. 345 Oberreuter, in: Rohe (Hrsg.), Politik und Demokratie in der Informationsgesellschaft, S. 11 (19). 346 So Bürklin, in: Rohe (Hrsg.), Politik und Demokratie in der Informationsgesellschaft, S. 55 (74), als Umschreibung dieser Einflussnahme. 347 Brand, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotentials in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 156 (158f.); vgl. auch zum Globalisierungsproblem: Bauchmüller, Imperialismus der anderen Art, SZ Nr. 14 v. 19.01. 2004, S. 4. 348 Gibowski, in: Rohe (Hrsg.), Politik und Demokratie in der Informationsgesellschaft, S. 79 (82); ähnlich: Böhm, in: Horn, Recht im Pluralismus, S. 135 (136; 148); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 447f.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

ee) Stellungnahme und Ansätze zur Optimierung der Öffentlichkeitsarbeit Die Vorstellung, die Medien zur Manipulation der Bevölkerung zu instrumentalisieren, hat mit freier und unabhängiger Medienberichterstattung nicht viel gemein. Das dahinterstehende Denken offenbart eine Ähnlichkeit zum dirigistischen Plandenken in der Verwaltung und bildet keinen Lösungsweg für die Segmentierung der Gesellschaft und die mangelhafte Beteiligung.349 Dienlich ist es hingegen, das Aktionsprogramm und den abschließenden Gemeinderatsbeschluss zu veröffentlichen, Wiedererkennungswert und Bekanntheitsgrad durch Logos zu steigern und Printmaterialien flächendeckend zu verteilen.350 Artikel, Vorträge und Veranstaltungen sollen Aufmerksamkeit und Verständnis der Bevölkerung wecken, um nach und nach graduelle Veränderungen und längerfristige Verankerung zu erreichen.351 Dabei sollte auch das von den Fachforen erarbeitete Wissenspotential nach außen getragen werden. Gerade in diesem Bereich existieren noch Kommunikationslücken, so dass das „gebildete Kapital“ letztlich ungenutzt verblieb.352 Ein Nachhaltigkeitsmarketing, das sich an ökologisch und alternativ ausgerichteten Gruppen orientiert,353 hat nur geringe Erfolgsaussichten. Bei der zunehmenden Abneigung der Bevölkerung gegenüber „öko“-Assoziationen354 führt dieses Marketing genau zum Gegenteil seiner Absicht. Zudem gehören die so bezeichneten Bevölkerungsgruppen bereits den engagierten Gruppen. Schwerpunktmäßig muss aber gerade die Eindung noch nicht engagierter Gruppen erfolgen.355 Zur Verbesserung in der Koordination der Öffentlichkeitsarbeit können zudem die Ergebnisse des Policy-Zyklus genutzt werden. Der Policy-Zyklus systematisiert politische Entscheidungsfindung, etwa in Form des Gesellschaftsmanagements, in verschiedene Stufen. Er entsteht aus der kreisförmigen Abfolge von Problemdefinition, Zielsystementwicklung, Alternativensuche und -bewertung, Entscheidung, Implementation, Evaluation und Rückkopplung. Nach diesen Phasen ist der Kreis durchlaufen. Der Prozess be349

Vgl. die Ergebnisse oben: D.II.3.e), E.III.1.b). Thallmair, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 233, 235. Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (6, 11f.); BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 78f. 351 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). 352 Die hauptsächlich mit der Weiterentwicklung betraute Verwaltung war zeitlich und strukturell mit dieser Aufgabe überfordert, Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 130; G3 (vgl. Anhang). 353 Lass/Reusswig, Politische Ökologie 63/64 (2000), 11 (12). 354 Dazu unten nach Fn. 454. 355 Siehe unten: E.III.2.a)bb). 350

III. Problemfelder der Partizipation

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ginnt erneut.356 Diese Abfolge untersucht der Policy-Zyklus auf die den Planungsphasen zukommende öffentliche Aufmerksamkeit. Symbolträchtige Situationen im politischen Entscheidungsprozeß sind nach dem Policy-Zyklus-Modell die Phasen der Programmentscheidung und des Setzens der Agenda. Geringe öffentliche Aufmerksamkeit erhalten die Phasen der Implementierung des Programms sowie die Erfolgsevaluation. Bei jeder erneuten Durchführung dieses Zyklus kommt den gleichen Phasen ein geringerer Öffentlichkeitsgrad zu als bei der erstmaligen Durchführung.357 Die Stufen eingeschränkten Interesses in der Öffentlichkeit sind in einem hohen Maß mit den Erfahrungen lokaler Agenda 21-Initiativen konform.358 Der Policy-Zyklus kann somit genutzt werden, um die Strategie der lokalen Agenda 21 frühzeitig auf die schwankenden Aufmerksamkeitswerte in der Öffentlichkeit hin zu optimieren. 2. Aktivierungsprobleme der Bürger Neben die allgemeinen Beteiligungsprobleme tritt als zweite Schwierigkeit die Aufgabe, Bürger für die Ziele der Agenda 21 zur Beteiligung zu aktivieren. Für mangelhafte Umsetzung und Beteiligung sind Motivationsprobleme als häufigster Grund ausgemacht.359 a) Bürgereinbindung im Speziellen Die Beschäftigung mit mangelnder Unterstützung durch Politik und Verwaltung nimmt in der Diskussion der lokale Agenda 21-Prozesse breiten Raum ein. Mit der Behauptung „das Engagement sei da“360 und grundsätzlich seien bei der richtigen Maßnahmenwahl der Gemeinde alle Bürger mobilisierbar,361 wäre fehlgeschlagene Partizipation allein auf das Unvermögen der Planer zurückzuführen. Die Kooperation und Unterstützung 356 Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (12); vgl. auch Jänicke/Kunig/Stitzel, Umweltpolitik, S. 53, Abb. 6, 65. 357 Prittwitz, in: Lübbe-Wolff/Hansjürgens (Hrsg.), Symbolische Umweltpoltik, S. 259 (270f.); dazu auch eingehend: Jänicke/Kunig/Stitzel, Umweltpolitik, S. 53ff. 358 Insbesondere die häufige Beschreibung einer guten Auftaktveranstaltung und dem folgenden nachlassenden Interesse, Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (427); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430); SRU, Umweltgutachten 2000, Rn. 7. 359 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 148; Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (229). 360 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201). 361 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-3; Selle, Reinert oben: Fn. 236.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

durch Verwaltung und Politik sind jedoch offenbar trotz der geschilderten Schwierigkeiten noch leichter zu gewinnen als die Unterstützung der Bevölkerung.362 Aus diesem Grund verdient einer näheren Betrachtung, welches Aktivierungspotential bürgerschaftlichen Engagements in den Gemeinden schlummert. aa) Aktivierung der Bürger Am Beginn eines Agenda-Prozesses stellt sich die Frage, wie die Bürger am besten auf den Prozess aufmerksam gemacht und aktiviert werden können. Es ergibt sich zudem das genannte Dilemma, dass erfolgreiches Marketing ein erfolgreiches Produkt voraussetzt, da ansonsten der Verdacht der Unglaubwürdigkeit entstehen kann,363 aber die Konkretisierung erst noch bevorsteht. Daher ist es zu Beginn erforderlich, die Eigeninteressen der Menschen anzusprechen. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die persönliche Betroffenheit der Bürger in der jeweiligen Frage einen entscheidenden Anteil für ihre Bereitschaft zur Beteiligung hat.364 Die Betroffenheit kann aus der persönlichen Bindung des solidarischen Zusammenlebens vor Ort oder aus der Berührung mit der Sachmaterie resultieren.365 Der solidarische Betroffenheitsfaktor aus dem örtlichen Zusammenleben ist dabei von geringerer Bedeutung.366 Aus diesem Grund gestalten sich praxisnahe und umsetzungsorientierte Konsultationsbemühungen über eine gesamtstädtische 362

Im Verhältnis der Ursachen in der unmittelbaren Prozessumsetzung empfinden die Akteure vor Ort das Problem der Verwaltungs- und Politikunterstützung im Vergleich zur Bürgereinbeziehung eher als Marginalie, De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 25. 363 Ahrens, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 73 (76); dies wird in der Progagierung nicht genügend klar gesagt, vgl. Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 3. 364 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 21f.; vgl. Kraus, UPR 1998, 299; dagegen sieht eine andere Auffassung weniger die Themenabhängigkeit entscheidend für die Mitarbeit der Bevölkerung an, als vielmehr dessen Aufbereitung und Herstellung eines Bezugs zum Ort, BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 38; Pamme, Organisation lokaler Nachhaltigkeit, S. 203, 208. 365 An dieser setzten die Handlungsvorschläge unverwechselbarer produktionsund Lebensqualität und spezifisch lokaler Vorstellungen an: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (44); Hey/Schleicher-Tappeser, Nachhaltigkeit trotz Globalisierung, S. 59; vgl. ähnlich: (zeitliche Nähe und vermeintliche Ähnlichkeit der Betroffenen) Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 188; grundsätzlich soll sich die Leistungsbereitschaft umso mehr erhöhen, desto höher das Ziel gesteckt ist und desto präziser es formuliert wird, Brenner, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 1-2, S. 1 (4). 366 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (44f.).

III. Problemfelder der Partizipation

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Abwägung als schwierig. Sie liegt nahezu denknotwendig außerhalb des persönlichen Umfeldes.367 Die persönliche Betroffenheit entstand in der Vergangenheit häufig aufgrund der Folgen einer überschrittenen Belastungsgrenze.368 Auch sensibilisiertes Problembewusstsein kann die persönliche Betroffenheit steigern und Verhaltensänderungen oder Beteiligung der Bürger fördern.369 Die Aktivierung erfordert die häufig nicht mehr vorhandene Erkennbarkeit und Spürbarkeit von Schäden.370 Geschehnisse in der eigenen Gemeinde lösen meist hohe Betroffenheit aus. Sie können daher die Neigung der Bürger zu Beteiligung fördern.371 Die Öffentlichkeitsarbeit sollte demnach auf die persönliche Betroffenheit der Bürger zielen, ohne Ängste vor der Ungewissheit des Wandels zu schüren.372 Angst bewirkt zwar Betroffenheit, ist aber zur Motivation des Agenda 21-Prozesses ungeeignet.373 Ein Nachlassen des Angstdrucks führt auch zu einem nachlassenden Veränderungswillen.374 Ein langfristiger Prozess ist durch dieses Phänomen, gerade beim Dazutreten schnell einsetzender Gewöhnungsprozesse, kaum sinnvoll erzielbar. In den lokale Agenda-Initiativen zeigt sich der Betroffenheitszusammenhang in der vorrangigen Verankerung der Akteurswünsche in der gesellschaftlich-sozialen Dimension375 etwa auch bei der Umgestaltung des lokalen Lebensraums.376 In Relation zu der gesamten Beteiligung der Bürger fällt die ausschließliche 367

Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 22. 368 Reinert, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 326. 369 Vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-38; vgl. dazu auch: E.III.2.b). 370 Hübler, in: ders./Kaether (Hrsg.), Nachhaltige Raum- und Regionalentwicklung, S. 125; Lass/Reusswig, Politische Ökologie 63 (2000), 11; Brand, in: Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotentials in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 156 (158). 371 Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 45. 372 Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, C 4-2, S. 1 (11); Brakel, Polit. Ökologie spezial, 9/1993, 14 (17); Mühlum, BdW 2000, 5 (7); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 438. Dieses Hemmnis trat auch im Münchener Prozess zu Tage, Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 10. 373 BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 9. 374 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 99; auch die Beschreibung oben: E.III.1.b)cc). 375 So richteten sich die Wünsche der Akteure in Berlin eher auf ein kleinstädtisches/ländliches Szenario, das auf die Berliner Urbanität ungenügend einging, vgl. Rheingans, Politische Ökologie 52 (1997), 47 (48). 376 Vgl. dazu auch: De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 21.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Betroffenheitsbeteiligung deutlich hinter die Akteursgruppe der ohnehin bereits engagierten Personen zurück.377 Eine gelungene Auftaktveranstaltung weckt Neugier und Interesse und erschließt auf diese Weise Partizipationspotential.378 Die Gemeinde ist aufgrund der Mittel, eine solche Aufgabe organisatorisch zu bewältigen für eine solche Initiative prädestiniert.379 Hierbei hat es sich bewährt, auf vorhandenen Initiativen aufzubauen.380 Häufig macht sich nach der anfänglichen Begeisterung der Auftaktveranstaltung Ernüchterung breit. Nur ein geringer Teil der Bürger ist an der Konsultation beteiligt.381 Dieses Phänomen lässt sich begrenzen, indem statt einer bloßen allgemeinen Information und Einladung aktiv auf die Bürger als Einzelne zugegangen wird und sie persönlich bzw. brieflich angesprochen werden.382 In den Foren kann die Gruppensituation zur Zuordnung von Verantwortlichkeiten genutzt werden, indem in einer Forumumfrage beantwortet werden soll, welchen Beitrag der Einzelne zur Agenda 21 leisten kann und will.383 Die Gemeinden sollten zur effizienten Nutzung bürgerschaftlichen Engagements die freiwillig gegebene Leistung anerkennen und in partnerschaftliche Akzeptanz überführen.384 Hilfreich ist eine Bürgerinitiative,385 die zusätzlich den Agenda377 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 21f. 378 Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (5f.). 379 Vgl. allgemein: SRU, ZAU 11 (1998), 27 (29). Davon kann beim Engagement anderer Akteurer mit einem gewissen Mittelpotential abgewichen werden. Dies zeigen die Initiativen von Kirchen, etablierten Foren oder NGOs. 380 Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (142). 381 Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (427); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430). 382 Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (142). Auslöser zum Mitmachen war in Frankfurt für mehr als 50% das direkte Ansprechen, Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 7; vgl. mit Beispiel: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 39f.; Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (122f.). Erfolgversprechend ist vielmehr das Ansprechen über das Beteiligungsangebot hinaus, etwa durch das Verteilen von Handzetteln in der Hauptverkehrszeit sowie ein begleitendes Internetforum, vgl. Hill, BayVBl 2002, 321 (323), mit dem Beispiel Stockholm. 383 Hesse, Aktivitäten zur lokalen Agenda 21 für Hannover, Zwischenbericht, Stand 05.10.1995, S. 159. 384 Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (201); auch: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 40; Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 11; Agenda-Transfer, Anküpfungspunkte für die lokale Agenda 21 in Deutschland, S. 4; Graeff, in: Boskamp/Knapp (Hrsg.), Führung und Leitung in sozialen Organisationen, S. 120; Wolf, BdW 2000, 17 (18). 385 In Heidelberg auch mit Vertretern von Umweltverbänden, entwicklungspolitischen Initiativen, Gewerkschaften, Kirchen, sozialen Institutionen.

III. Problemfelder der Partizipation

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Prozess bekanntmacht und unterstützt, sowie Aufrufe prominenter Bürger zur Mitwirkung.386 Im Weiteren sind die Entscheidungsbefugnisse der Agenda-Gremien zu klären.387 Die Glaubwürdigkeit des Prozesses ist angesichts der freiwilligen Mitarbeit der Bürger wesentlicher Erfolgsfaktor.388 Es besteht ein Konfliktpotential zwischen dem Verantwortungs- und Mitentscheidungsanspruch der Ehrenamtlichen bzw. von etablierten Verbänden sowie der Verwaltung und dem Gemeinderat.389 Die kommunalen Institutionen haben zwar ein Interesse, eine Verbesserung der örtlichen Situation zu erreichen, zu der auch Privatinitiative beiträgt. Bestimmte Tätigkeitsfelder wollen sie jedoch selbst ordnen oder beeinflussen, so dass ein Konkurrenzverhältnis auftreten kann.390 bb) Aktivierungspotential Die erreichte Aktivierung von Bürgern für einen lokale Agenda 21-Prozess bleibt in der Regel hinter den Erwartungen der Gemeinden zurück.391 Auffallend ist die geringe Akteurszahl und die Bedeutung engagierter „Schlüsselpersonen“.392 Die Kampagnen laufen mit latenter Gefahr des Scheiterns im Alltag. Aus Legitimationsgründen werden vielfach beeindruckende Teilnehmerzahlen veröffentlicht, wohlweislich ohne Langzeitevaluation.393 (1) Erreichter Aktivierungsstand Die Stadt Münster erreichte nach eigenen Angaben mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit 90 Bürger, von denen 60 Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit zeigten. Dieses Resultat wurde schon als „überaus zufriedenstellend“ bewertet.394 Es entspricht einer prozentualen Bevölkerungsbeteiligung von 0,002%. Münster steht mit diesem Ergebnis nicht allein. Es finden sich häu386 So in Heidelberg: Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u.a (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (146); Zimmermann/Otto-Zimmermann, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 237 (242). 387 Vgl. oben: E.III.1.a)bb). 388 Stark, Lokale Agenda 21, S. 43. 389 Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 17. Vgl. dazu schon oben: E.III.1.a)bb), unten: E.III.3.f). 390 Schlüter, DVP 2001, 151 (152). 391 Weniger als 10% der Bevölkerung fühlen sich überhaupt angesprochen, BMU/ UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 1. 392 Conrad, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 87; Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 104; G9 (vgl. Anhang). 393 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 17.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

fig ähnliche Zahlen geringer Bürgerbeteiligung.395 In kleineren Gemeinden liegt die Beteiligungsquote in der Regel höher. Dies ergibt sich vor allem aufgrund der größeren Überschaubarkeit und Verbundenheit der Bürger untereinander, sowie der geringeren Einwohnerzahl.396 In einer 9.000 Einwohner großen Gemeinde aus zehn kleinen Orten erreichte die Teilnehmeranzahl an den Arbeitskreisen ungefähr 120 Personen, die bei den regelmäßigen Sitzungen auf ca. 80 Personen zurückging.397 Die Beteiligungsquote der Bevölkerung beträgt dort 0,89%–1,3%. Die höhere Quote entspricht der Beobachtung, dass die Bereitschaft zur Übernahme von Zukunftsverantwortung eine Gruppenstabilität und Identifikationsmöglichkeit bedingt.398 (2) Ehrenamtliches Engagement als Aktivierungspool der lokalen Agenda 21? Nach jüngsten Umfragen sind in Deutschland etwa ein Drittel der Bevölkerung ab 14 Jahre, etwa 22 Mio. Bundesbürger, ehrenamtlich engagiert.399 Das stärkste Bürgerengagement erfolgt in Gemeinden unter 5.000 Einwohnern in den alten Bundesländern.400 Die größte Mitarbeitsbereitschaft ist, entgegen anderen Einschätzungen, bei den 14–24-Jährigen festzustellen. Sie sind doppelt so stark engagiert wie der Durchschnitt.401 Ein Drittel der noch 394 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 16. 395 Hermanns, ZAU 1997, 126 (127), mit der Aufforderung für den „nötigen Realismus“ bei der Einschätzung. Dies gilt auch für besonders geförderte in der Öffentlichkeit stehende Modellvorhaben. Zur Köpenicker Agenda 21 gehen sowohl Fremdeinschätzung wie der Eigenbericht davon aus, dass ein vergleichsweise großer Personaleinsatz nicht zur Partizipation der Bürger an lokalen Entscheidungen beigetragen hat. Das Projekt soll aufgrund der Vortragsreisen in der Bundesrepublik besser bekannt sein, als im Stadtteil selbst, so: Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (11); UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 60. 396 Pasternack, Der Landkreis 2003, 429. 397 Zahlen nach: Kleine-Limberg, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 221 (222, 225f.). 398 Daher darf die Gruppe weder zu groß noch zu klein sein, vgl. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 193f. 399 In Baden-Württenberg wird ein Wert von 40% ermittelt, vgl. Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 12; zur Mehrdeutigkeit der Befunde BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 22ff. 400 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 25. 401 Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 16; ähnliches Ergebnis mit anderem Alterszuschnitt: Gabriel, ZG 1999, 299 (323). Die grundsätzlich hohe Mobilisierungsfähigkeit der Bevölkerung findet auch

III. Problemfelder der Partizipation

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nicht engagierten Bürger wäre zu einem Engagement bereit. Etwa ein Drittel der bereits Engagierten wäre bereit, sich zusätzlich zu engagieren.402 Vereinsmitglieder zählen zu den Bürgern, die hohes Engagementpotential haben.403 Je nach Rechen- und Definitionsansatz bürgerschaftlichen Engagements404 führt dies zu einem Aktivierungspotential von bis zu 58 Millionen Bürgern. Ein erster Blick auf die Zahlen des Aktivierungspotentials deutet auf „ungebrochenen“ Willen zum bürgerschaftlichen Engagement.405 Dieser Eindruck hält eingehender Betrachtung nicht stand.406 Vorrangige Motive für Engagement sind es, „Spaß zu haben“407 oder persönliche Fähigkeiten zu erweitern und das Lebensumfeld zu gestalten.408 Die Bereitschaft der Bürger zum Engagement ist mehr mit einem befristeten, spontanen Einsatz in unterschiedlichen Gruppen anstelle eines lebenslangen Ehrenamtes verbunden.409 Sie richtet sich auf ungebundene projektorientierte Arbeit mit schnellen konkreten Ergebnissen.410 Hierbei ergibt sich eine Verknüpfung zum Bereich von NGO-Seite Bestätigung, insbesondere für Umwelt und Soziales, Geyersbach/ Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 14. 402 Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 12; vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 26, mit einem Engagementgesamtpotential von 37%. Zu der höheren Beteiligungsbereitschaft von Vereinsmitgliedern auch: Simon, in: Gabriel (Hrsg.), Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, S. 241 (247ff.). 403 StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-7ff. 404 Die Zahlen zum ehrenamtlichen Engagement sind jedoch unterschiedlich und auch von der dem Begriff zugrundegelegten Definition abhängig, vgl. Kodolitsch, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung, S. 39 (56) Anm. 53 mit Zahlen von 14–40%; vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 22. 405 Burgi, VerwArch 90 (1999), 70 (71). 406 Kritisch auch: Leif, Das Gesetz der großen Zahl, http,//www.aktive-buerger schaft.de/vab/informationen/newsletter/artikelsammlung/2002-01-28.php (04.06.2004). 407 Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 14; ähnlich: Hummel, BdW 2000, 241 (243); Beck, BdW 2002, 225; Beck, Kinder der Freiheit, S. 9 (13f.); diese Empfehlung wird auch an lokale Agenda 21-Prozesse gerichtet: Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (14). 408 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (45); vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 23; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 8; vgl. auch Wolf, BdW 2000, 17 (19). 409 Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 16; Beck, Kinder der Freiheit, S. 9 (13); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 23; Richter, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 163 (171); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 8; Bürsch, BdW 2002, 209.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

der Dezentralisierung sowie zum Zielkonflikt von Denken und Handeln insoweit, als eine hohe Bereitschaft der Bürger zu erkennen ist, für eine gerechte und solidarische Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen, jedoch vorrangig im regional überschaubaren Milieu und durch Gemeinschaftsleistungen.411 Steigende Bereitschaft der Bürger zum Engagement auch wenn keine unmittelbare persönliche Betroffenheit vorhanden ist,412 lässt sich nicht feststellen. Eine solche Behauptung berücksichtigt nicht das unterschiedliche Anforderungs- und Motivationsprofil von allgemeinem bürgerschaftlichem Engagement und lokaler Agenda 21.413 Für die Agenda 21 ergeben sich daraus zwei Konsequenzen. Die Übertragung des Gesamtaktivierungspotentials auf die Agenda 21 ist nicht ohne weiteres möglich.414 Das vom Aktivierungspotential umfasste Ehrenamt und Engagement im weit definierten Sinne muss nicht in jedem Fall gesellschaftlich nützlich sein.415 Gerade das ist jedoch weitgehend die Zielsetzung der Agenda 21. Damit hat die Agenda 21 schon inhaltlich eine andere Schwerpunktsetzung als die, aus der heraus die überwiegende Motivation zum Engagement erfolgt. Kontinuierliche ehrenamtliche Beteiligung, die aufgrund der langfristigen Perspektive von Nöten wäre, kann nicht ausreichend rekurriert werden.416 Die Tendenz lässt sich an der Beteiligungsquote der Altersgruppen an der lokalen Agenda 21 ablesen. Während das Aktivierungspotential bei den 14–24-Jährigen am größten ist, ist diese Akteursgruppe in der lokalen Agenda 21 unterrepräsentiert. Die tragende Altersgruppe der lokalen Agenda 21 ist die der 31–50-Jährigen.417 Die Agenda-Aktivitäten werden häufig durch das persönliche Engagement Einzelner getragen,418 die ohnehin 410 Brandl, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 4 (6). 411 So in einer Analyse einer Bevölkerungsumfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach: Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (17, 19). 412 So etwa: Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53 (55). 413 Zu der Mehrdeutigkeit der empirischen Befunde: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 22ff. vgl. oben: E.III.2.a)bb). 414 Zweifelnd auch für das Engagement in der Zivilgesellschaft: Burns, BdW 2002, 210 (211). 415 Hummel, BdW 2000, 241 (242). 416 So auch die Praxiserfahrung: Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (427); Wettstein, BdW 2002, 222 (223). 417 Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 7, mehr als 70% der Beteiligung als dieser Altersgruppe; ähnlich allgemein (30–60 Jahre): Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (3). 418 So für die Initiierung des Lokale Agenda-Prozesses auch: BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 32. De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkom-

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schon stark gesellschaftlich engagiert sind419 und sich nicht selten bereits seit Jahrzehnten mit beeindruckender Energie der Förderung von Allgemeinwohlbelangen verschrieben haben. Die Parallele zum Aktivierungspotential ehrenamtlicher Arbeit spiegelt dieses Engagement. b) Widersprüche von Denken und Handeln Für die Wirkungstiefe einer lokalen Agenda 21 ist von Bedeutung, inwieweit die Bürger jenseits verbaler Zustimmung den Anliegen nachhaltiger Entwicklung aufgeschlossen gegenüber stehen. Angesichts der ökologischen Dominanz in den lokalen Agenden stellt sich die Frage insbesondere für den Umweltsektor. Über 60% der Deutschen sind sich der Umweltproblematik bewusst.420 Mehr als die Hälfte der Bürger geben an, Einbußen am eigenen Lebensstil zu akzeptieren.421 Die Zustimmung für die inhaltlichen Aussagen ökologischer Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit weisen eine steigende Tendenz auf.422 Das hohe Umweltbewusstsein wird vielfach durch bloß verbale Zustimmung ermittelt, ohne tatsächliches Handeln zu berücksichtigen.423 Zwischen Denken und Handeln liegt eine große Differenz.424 Wenimunikation und Lokale Agenda 21, S. 24; Brand/Christ/Heimerl, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 241 (252); G5, G9 (vgl. Anhang). 419 Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (29). Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (150). Dies gilt insbesondere in der Startphase, Westholm, ebd. S. 19 (42) mit den Beispielen München und Köpenick; Libbe, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 61 (63); „die üblichen Verdächtigen“, UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 4. 420 Bundesministerium für Umwelt, Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage 1996, S. 18; BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 20; detailliertere Zahlen, siehe: Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 45ff., 156ff. 421 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 56f., mit Hinweis auf Bundesministerium für Umwelt, Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage 1996, S. 20; ebenso 2002: BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 80f. 422 Sie liegt zwischen 83 und 86%, vgl. v. Ruschkowski, APuZ B31-32/2003, 17. 423 Vgl. Wimmer, in: Junkernheinrich/Klemmer/Wagner (Hrsg.), Handbuch zur Umweltökonomie, S. 268 (271); Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 199 m. w. N. 424 Vgl. zur Differenz von Denken und Handeln: Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 63 (65f.); Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 78; Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 56f.; Saturra, (Lokale) Agenda 21, S. 93; Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (23); Löhr, IzR 1996, 99 (100); detailliert

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ger als 25% der Bevölkerung sind bereit, für Umweltverträglichkeit auf wachsenden Wohlstand zu verzichten.425 Mehrere Untersuchungen zeigten keinen substanziellen Zusammenhang zwischen Umweltwissen, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten.426 Die eigene Wirtschafts- und Lebensweise wird zwar nicht als Vorbild betrachtet, aber „für den Hausgebrauch“ nicht in Frage gestellt.427 Handlungsdruck existiert nur bei lokal begrenzten Verschlechterungen.428 Umweltfreundliches Verhalten ist kaum komplett in allen Lebensbereichen festzustellen. Es gleicht mehr einem „individuellen selektivem Korb an umweltfreundlichen Verhalten“,429 das vor allem in Bereichen erfolgt, die geringe eigene Kosten verursachen.430 Dieser Zusammenhang ist vor allem im Wechsel von Phasen wirtschaftlicher Prosperität und Rezession zu erkennen.431 Zukunftsfragen blieben in diesen schlechten Wirtschaftsphasen bloße „Schönwetterthemen“. Die Probleme werden auf die nächste Generation in die Zukunft verschoben.432 Der Schluss von eiauch: de Haan/Kuckartz, Umweltbewusstsein, S. 103ff. (127); BMU (Hrsg.), Umweltbericht 2002, S. 21. 425 Vgl. mit diesem Vorschlag aber wohl im Bewusstsein seiner Unumsetzbarkeit, de Haan/Kuckartz, Umweltbewusstsein, S. 281f.; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 43 mit weiteren Nachweisen. Pfister/Renn, Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, S. 19 schildern nur 5%; zur Ambivalenz der gesellschaftlichen Wahrnehmung: Mühlum, BdW 2000, 5 (6). 426 De Haan, in: Vasel u. a. (Hrsg.), Ökologische Bildung, S. 125 (132); Breit/ Eckensberger, in: de Haan/Kuckartz, Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 69; ebenso: Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 72. 427 Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 248. 428 Die Handlungsansätze stoßen wiederum auf Widerstand bei Maßnahmen zu Verkehrsberuhigungen und Gebührenerhöhungen, Mäding, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 221 (230); Libbe/Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (27). 429 BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 211. 430 UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 228, 248. Prägend: Wohlbefinden, finanzielle Aspekte, Lebenseinstellungen, de Haan, in: Vasel u. a. (Hrsg.), Ökologische Bildung, S. 125 (134). 431 Vgl. etwa für die Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg, Sprenger, Arbeitsblätter Umweltrecht, S. 11; schärfer, „Dreißigjähriger Krieg gegen die Natur“, Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 43. Nach Fortschritten bei den Umweltschutzbemühungen in den 80er Jahren wird aufgrund von Wettbewerbsverschärfung, wachsender Arbeitslosigkeit und Zukunftssorgen der Bevölkerung, in den 90er Jahren wiederum das Problem der Zurückdrängung des Naturschutzes beklagt, BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 38; Fiedler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 53; ähnlich: Klinski, in: Rogall/Dybe (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 73; Renn/Kastenholz, GAIA 5/1996, 86 (100); Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 52. 432 Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (23); Löhr, IzR 1996, 99 (100); Mühlum, BdW 2000, 5 (7).

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ner Zustimmung zur Nachhaltigkeit auf deren Anliegen erweist sich als scheinbarer Umweltkonsens.433 aa) Sozialökonomische Faktoren Die Divergenz zwischen Denken und Handeln ist nicht durch willkürliche Grundlagen in der Bevölkerung bedingt. Ihr liegen zu einem maßgeblichen Teil rationale Mechanismen zu Grunde. Zwischen heutigen und zukünftigen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen liegt ein grundsätzlicher Konflikt.434 Hierbei sind mehrere Ursachen von Bedeutung. Geltungsbedürfnis, Gruppendruck, mangelnde Einflussmöglichkeiten, Handlungsunsicherheiten und Resignation bilden unterschiedliche psychologische Abwehrmechanismen aus, die zur Differenz von Denken und Handeln beitragen435 und nicht nachhaltiges Verhalten fördern.436 Sozialökonomische Faktoren wirken aus der Externalisierung der öffentlichen Güter psychologisch auf die Kosten-Nutzen Analyse bei den Menschen und verschieben die Abwägung zugunsten einer Maximierung des eigenen Vorteils entgegen dem Umweltwissen. Bei Überlegungen für lokale AgendaMaßnahmen ist dies zu berücksichtigen. Die Auswirkungen sind als Trittbrett433 Caspar, ARSP 1997, 338 (340); ebenso: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 177ff., 184ff.; ähnlich: Huber, Unternehmen Umwelt, S. 12; nur in Theorie existierende Übereinstimmung von Anforderungen zukunftsfähiger Ressourcennutzung und menschlichem Handeln, Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31; im Ergebnis auch: Sendler, in: Bückmann/Lee/Schwedler (Hrsg.), Das Nachhaltigkeitsgebot der Agenda 21, S. 83 (84); Mühlum, BdW 2000, 5 (7). 434 Zu weitgehend wohl: Schröder, Sustainable Development, S. 157 (160f.), der aus diesem Grund die politische Umsetzung nachhaltiger Entwicklung in Entwicklungsländern aufgrund ökonomischer und sozialer Belange als unmöglich betrachtet; Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (168). 435 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 57; UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 240; Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 31. 436 Tscheulin u. a., in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 381 (385). Umweltschäden treten erst durch eine Summe von Einzelentscheidungen auf. Da eine unmittelbare Ursache-Wirkungsbeziehung nicht direkt für den Einzelnen erkennbar ist, erscheint der individuelle Verzicht für ihn irrational. Dies gilt umsomehr, wenn die Folgen unsicher und intransparent sind, so dass irreparable Schäden häufig nicht abschätzbar sind, Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 86, 297. Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 19; SRU, ZAU 11 (1998), 27 (30). Kritisch: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 123, der die Unbekanntheit für einen überschätzten Faktor hält und vielmehr die Konvention, dass, wenn ein nicht genau bekanntes unmittelbar bevorstehendes Problem vorhanden ist, keine Handlung erfolgt, für das ausschlaggebende Übel hält.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

fahrersyndrom,437 Allmendesyndrom,438 Gefangenendilemma439 und Orientierung an vorhandener Konsumgüterausstattung440 beschrieben.441 bb) Discount rate Wirkungen der Umweltbelastungen sind zumeist in die Zukunft verlagert. Nutzengewinn findet dagegen durch Konsum in der Gegenwart statt. Zukünftige Auswirkungen haben desto weniger Gewicht, je später Kosten oder Wohlstand erscheinen. Unmittelbare Gewinnchancen finden eine überproportionale Gewichtung.442 Dies schwächt die Allgemeinbelange nochmals. Die Gewichtung der Gegenwart über die Zukunft wird als „discounting“ bezeichnet, die Rate, bei der die Gewichtung sich ändert, als „discount rate“.443 Eine hohe „discount rate“ ist erwünscht für kurzfristige Privatinvestitionen, eine niedrige oder Nullrate hingegen bei langfristigen öffentlichen Investitionen.444 In der Praxis wird die discount rate in der Regel nicht empirisch abgeleitet, sondern von einer Ad-hoc-Basis aus geschätzt.445 Die discount rate beschreibt mit der Bevorzugung des Konsums in der Gegenwart zugleich einen wesentlichen Faktor, der auf den Zyklus der politischen Willensbildung einwirkt.446 Bei langfristigen Investitions- oder Agendavorhaben ist es deshalb sinnvoll, die discount rate des Vorhabens so mit dem Zyklus 437 Nicht an einer Schutzmaßnahme für allgemein zugängliche Güter Beteiligte können von der Nutzung nicht ausgeschlossen werden. 438 Individuen gehen mit öffentlichem Eigentum nicht so effizient um wie mit eigenem, obwohl dies die Gesellschaft schädigt, Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 69. 439 Vgl. dazu schon oben: A.I.3.b), dort Fn. 33. 440 Sog. „Keeping off the Jones“. 441 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 69. 442 Ähnlich auch: Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 186. Vgl. zur evolutionsgeschichtliche Erklärung dieses Phänomens anschaulich: v. d. Eichen/ Stahl, Führungskrise, FAZ Nr. 179, vom 5.8.2002, S. 18. 443 Pearce/Markandya/Barbier, Blueprint for a Green Economy, S. 132, eingehend zu den Gründen S. 133ff.; vgl. auch: Goodland/Ledec, EcolModell 38 (1987), 19 (33–36). 444 Der Einwand für die Arbeit mit hohen discount rates, künftige Generationen erhielten eine produktivere und wohlhabendere Welt, ist zweifelhaft angesichts der nicht eingestellten dauerhaft negativen Auswirkungen und den häufig nur scheinbaren Wohlstandsgewinnen, vgl. Goodland/Ledec, EcolModell 38 (1987), 19 (34f.). Der sich dagegen erhebende Einwand richtet sich gegen die Praxis, mit Krediten Konsumaufgaben zu finanzieren, die als Investitionen „getarnt“ würden, um eine formale Erfüllung gesetzlicher Vorgaben zu erreichen, Willgerodt, Die unverstandene Wirtschaftskrise, FAZ Nr. 171 vom 26.07.2003, S. 11; Hebeler, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 265 (274); Becker, in: Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (Hrsg.), Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 243 (246ff.). 445 Goodland/Ledec, EcolModell 38 (1987), 19 (34f.).

III. Problemfelder der Partizipation

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der politischen Willensbildung abzustimmen, dass nicht aufgrund der Schwierigkeiten in der politischen Willensbildung447 nach kurzem ein Abbruch des Projektes droht. cc) Bildungsarbeit als Lösung? Die mangelhafte Umsetzung des Umweltbewusstseins im Umweltverhalten bedeutet jedoch nicht, dass die Umwelteinstellungen bedeutungslos sind. Ein hohes Umweltbewusstsein ist regelmäßig auch mit einem umweltorientierteren Verhalten verknüpft, jedoch in niedrigeren Korrelationen als erwartet.448 Die Lebensweise stellt einen Pufferfaktor zwischen den Dimensionen nachhaltiger Entwicklung dar. Wissen und Bewusstsein als dessen Variablen können auch kurzfristig auf andere Bereiche einwirken.449 Umweltbildung hat daher Bedeutung, damit Umweltveränderungen als komplexe Prozesse von den Akteuren verstanden werden.450 Daher sollen Gemeinden pädagogisch auf die Menschen einwirken und mit Informationen oder Modellprojekten Nachahmungseffekte anregen,451 damit die Bürger zur Einsicht in die Notwendigkeit der Askese gelangen.452 Es ist jedoch zweifelhaft, ob asketische Forderungen mit einer Ressourcenverbrauchsminderung um 80% durch pädagogische Bildungsmaßnahmen 446 F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (55f.); ebenso: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 72f. Dies sind Mandats- und Kurzfristorientierung, vgl. oben: D.II.3.a). 447 Vgl. oben: D.II.3.a). 448 Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 78. 449 Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 18; vgl. Velsinger/Lienenkamp, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 128. 450 Velsinger/Lienenkamp, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 129f.; de Haan/ Kuckartz, Umweltbewusstsein: S. 282ff.; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 11; Maasberg, RuR 1998, 90; vgl. Hermanns, APuZ B 10–11/2000, 3 (5); Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 12 (16f.); UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 310. 451 SRU, ZAU 13 (2000), 84 (90). Sie gelten als besonders geeignet, Aktionen, die sich auf Verhalten von Privathaushalte beziehen, erfolgreich zu beeinflussen und zu stützen, Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (68). 452 Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 63 (65f.). Auch für Schulen und Universitäten, Michelsen, in: Altner u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Ökologie 1995, S. 100 (103f.); in diesem Sinne auch: Menzel, ZRP 2001, 221 (228); Kopfmüller u. a., Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, S. 245f.; F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 45 (65): „Umweltbildung ist heute Bildung zur Nachhaltigkeit“.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

zu erzielen sind.453 Teilweise sind umweltorientierte Verhaltensweisen aufgrund von Erfahrungen oder biologischen Präferenzen negativ als „ÖkoStress“ besetzt.454 Eine aktivierende Politik, die mit „erdrückender Fürsorge“, belehrend, bevormundend und pädagogisierend455 auf die Bürger einwirkt und verstärkt mit der Aussage „Seht her, ich handle wieder!“456 arbeitet, bewirkt häufig das Gegenteil der Zwecksetzung.457 Sind die Anforderungen umweltgerechten Verhaltens nicht mehr mit gewohntem Handeln vereinbar, wächst die Gefahr einer apathischen oder aktionistischen Reaktion der Bürger.458 453 Diese Lösung vertritt: Nieke, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung S. 63 (64, 66f). Pessimistisch: Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 160, „gegen Null“; Müller, in: Weiland (Hrsg.), Perspektiven der Raum- und Umweltplanung, S. 159 (161); vgl. oben: A.III.2. 454 ARL, Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung, S. 160f. Die häufiger angebotene Lösung, mittels Werbung Sozialprestige und Lokalpatriotismus zu fördern, scheint nur von begrenzter Wirksamkeit. Für diese Lösung: UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 240, 244; Hastedt, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 41 (48); ähnlich: Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (266); Minssen, Rationalität der Rationalisierung, S. 60. So konnten schon ähnliche Kampagnen wie „buy-british“ oder Kampagnen zur Förderung lokaler Erzeugnisse nur begrenzte Wirkungen vorweisen. Es zeichnet sich etwa keine faktische Annahmebereitschaft der Verbraucher für nachhaltig erzeugte – teurere Lebensmittel ab. Das Ökoimage wandelt sich zum Hindernis; insbesondere Tourismuserwartungen sind auf attraktive Freizeitangebote gerichtet, Lindner, Politische Ökologie 55 (1998), 48 (49); Rehbinder, NVwZ 2002, 657 (666); Draschba/ Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 13. Die Entwicklung ist auch nicht durch Lebensmittelskandale umgekehrt. Die Chance diese für ein neues Leitbild zu nutzen, Meyer/Gaum, APuZ B31–32/2002, 25 (35f.), ist bisher nicht wahrgenommen worden. Der Verbraucher legte vielmehr weiterhin Wert auf gute, bequeme und billige Nahrungsmittel, vgl. http://www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuell/news/2003/15-10_11 (16.10.03). Öko-Produkte haben ein schlechtes Image, Assoziationen zum Umweltthema kommen schlecht an, vgl. Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten zur Erhöhung des Dynamikpotenzials in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 13; vgl. Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 226ff. 455 Hinte, in: Alisch (Hrsg.), Stadtteilmangement. Voraussetzungen und Chancen für die soziale Stadt, S. 153 (159f.); Hill, BayVBl 2002, 321 (324). 456 So die Empfehlung bei: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 60. 457 Ökologische Perfektheit schadet demnach mehr, da sie zu Unzufriedenheit führt z. B. aufgrund nicht erfüllter Erwartungen, Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 60; BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 9. Zudem erreichen alleinige Appelle nur ohnehin sensibilisierte Bürger, Libbe/Tomerius/ Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (27).

III. Problemfelder der Partizipation

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Letztlich kann aber auch die beste pädagogische Arbeit am Umweltbewusstsein nur so lange erfolgreiche Ergebnisse erzielen, wie nicht ein gewichtigerer Faktor die Präferenzen für den Umweltschutz überlagert. Dies wird nicht berücksichtigt, wenn etwa integrierte Planung zur Einbeziehung ökologischer Zielvorstellungen empfohlen wird.459 Ein solcher Faktor ist trotz der hohen Zustimmungsrate von 60–80% zur ökologischen Nachhaltigkeit die hohe gesellschaftliche und ideell-materielle Wertschätzung für Arbeit,460 die in Ostdeutschland noch stärker Umweltbelange überlagert.461 dd) Ansätze zur Einbindung der Bürger Bewusstseins- und Handlungsänderungen erfordern besondere Motivations- und Integrationsanstrengungen462 und sind durch Bildung allein nur beschränkt zu erreichen.463 Umwelt- und gruppenpsychologische Erkenntnissen zeigen, dass sich Menschen in kleinen Gruppen oder aufgrund massiver ideologischer Beeinflussung in Verbindung mit sozialer Kontrolle längere Zeit kooperativ verhalten. Die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt umso mehr ab, je größer die Menschengruppen werden und umso komplexere Zusammenhänge von Ursache und Wirkung auftreten.464 Die Wahrscheinlich458 Vgl. Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 56; v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (20). 459 Vgl. auch: BUND/MISEREOR, Zukunftsfähiges Deutschland, S. 261. 460 Ekardt, Steuerungsdefizite im Umweltrecht, S. 184, 188ff. Diese Gewichtung war auch schon in den Testläufen der Planungszelle in der BRD festzustellen, vgl. Dienel, Bürger planen, S. 54. Für die Gewerkschaften: Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 12f. Dazu kommen in diesem Jahr Alters- und Gesundheitsvorsorge, Bildung und Ausbildung, vgl. www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuell/news/2004/ 26-05_10/content.html (27.05.2004). 461 Brand/Poferl/Schilling, in: de Haan/Kuckartz (Hrsg.), Umweltbildung und Umweltbewusstsein: S. 56f.; zu dem dadurch entstehenden politischen Druck, v. Mutius/Stüber, in: Theobald (Hrsg.), Integrative Umweltbewertung, S. 119 (139); BMU/UBA, Umweltbewußtsein 2002, S. 26. 462 Ritter, in: ders. (Hrsg.), Stadtökologie, S. 277 (301); Mühlum, BdW 2000, 5 (7f.). 463 Veränderungen im Handeln sind für die Akteure schwierig, wenn zu Abstraktes oder Kollektivbelange, Wertesysteme oder Institutionen verändert werden sollen. Insbesondere gilt dies für die Berücksichtigung inter- und intragenerationeller Gerechtigkeit, Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (174). 464 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 70; Stengel, Ökologische Psychologie, S. 275ff. Dies wird noch dadurch befördert, wenn prognostizierte „Horrorszenarien“ nicht eintreten. Deren Ausbleiben hat dann eine beschwichtigende Wirkung. So ist zum Beispiel von der Erschöpfung aller Energie- und Rohstoffquellen der Welt im Jahr 2020, wie sie 1972 prognostiziert wurde, heute keine Rede mehr, vgl. Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 248; vgl. ähnlich: Mühlum, BdW 2000, 5.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

keit für Kooperation steigt, wenn Kontrolle und Sanktionen so stark sind, dass die Individuen von der allgemeinen Verwirklichung des gewünschten Handlungsziels ausgehen können.465 Aussichtsreichere nicht-monetäre Anreize zur Änderung des gewohnten Verhaltens sind dagegen Umweltpreise, Lotterien, Wettbewerbe und Feste. Kostengünstigere Anreize sind Service-Verbesserungen, Garantien und Gütesiegel.466 Sie können als „Leuchttürme“ Anregungen für Nachahmungen in anderen Gemeinden geben. Nur wenn die Akteure die Veränderungen grundsätzlich akzeptieren, kann die lokale Agenda 21 ein neues Entwicklungsmodell in der gesellschaftlichen Praxis werden.467 Neben der Optimierung der kommunikativen Strategie der Gemeinde durch Meinungsumfragen ermöglicht schon eine pauschalisierende Betrachtung sozialer Milieus eine erhebliche Erleichterung für die Abstimmung. In der Literatur existieren bereits diverse Übersichten über soziale Milieus in Deutschland mit deren Werte- und Mentalitätenorientierung und Übersichten für die erfolgversprechendsten kommunikativen Ansätze dieser Milieus.468 In den soziologischen Untersuchungen zeichnen sich sowohl Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Gruppen als auch zwischen West- und Ostdeutschland ab.469 Die zugrundeliegenden Umweltmentalitäten lassen sich jedoch auf drei bis fünf Grundtypen zurückführen, so dass Initiatoren nicht vor einem undurchdringbaren Mentalitätengewirr stehen.470 Als Randpunkte 465 Rogall, Bausteine einer zukunftsfähigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, S. 70. Insbesondere ein großer Nutzen für die Vertretenen, die Durchsetzungsfähigkeit in der Politik, eine hohe Produktivität des Ressourceneinsatzes und möglichst geringe positive Auswirkungen für Nichtmitglieder helfen, kooperatives Verhalten zu erreichen, vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 74. 466 Belohnende Anreize seien wegen ihrer höheren Verhaltenswirksamkeit zudem pädagogisch geeigneter als Sanktionen, Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 65. 467 Vgl. Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (170). Skeptisch, ob in einer 2/3-Gesellschaft mit großen sozialen Unterschieden überhaupt noch genügend Stabilität besteht um wirksame Schritte einzuleiten, UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 231. 468 Reusswig, in: de Haan/Kuckartz, Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 96, (Abb. 1); Brand/Poferl/Schilling, in: de Haan/Kuckartz, Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 45 Abb. 1; Rheingans, Zukunftsfähige Lebensstile, S. 10ff. Kleinhückelkotten/Neitzke, Polit. Ökologie Sonderheft 12/2000, 19 (20); BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 21ff. 469 Brand/Poferl/Schilling, in: de Haan/Kuckartz (Hrsg.), Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 50ff.; Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 108ff. 470 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 15; ein Überblick findet sich bei: Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 95ff.; de Haan u. a., in: UBA (Hrsg.), Konzeptionelle

III. Problemfelder der Partizipation

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sind die Persönlichkeitstypen „Persönliches Entwicklungsprojekt“ und „Weiter so“ von der gemäßigten Mitte der Typen „Bürgerpflicht“, „System- bzw. Staatsorientierung“ und „Indifferenz“ unterscheidbar.471 Trotz Mentalitätenänderungen ist im Zeitverlauf eine hohe Stabilität zu verzeichnen.472 Die Untersuchungen ermöglichen Abschätzungen, welche Projekte sinnvoll sind, um eine weitestmögliche Resonanz bestimmter gesellschaftlicher Gruppen zu erhalten.473 Auch wenn die Untersuchungen nicht verabsolutiert werden können, sind sie ein hilfreiches Mittel, um die Kommunikationsstrategie der Agenda im Hinblick auf die jeweilige Zielgruppe zu optimieren. 3. Partizipation und Akteure der lokalen Agenda 21 Einige Akteure sind entweder in der Agenda 21 besonders hervorgehoben oder haben faktisch eine zentrale Position im Prozess. Bemühungen zentraler Akteure, die den Prozess besonders vorantreiben, sind dabei unter anderem deshalb erfolgreicher, weil sie direkt mit den Entscheidungsträgern in Kontakt treten können. Ihre Vorstöße können daher direkt hierarchisch gestützt werden und „versickern“ weniger stark in der Verwaltungsorganisation.474 a) Kinder und Jugendliche Kinder und Jugendliche sind seit jeher kaum selbständig, sondern vielmehr im Zusammenhang mit allgemeinen Problemen Gegenstand der Planung.475 Diesen Mangel will die Hervorhebung von Jugendlichen in Kap. 25 der Agenda 21 zurückdrängen. Die Aufforderung zur Einbeziehung ist nicht lediglich für die Entwicklungsländer bedeutsam.476 Obwohl Jugendliche zu Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren, S. 1 (46ff.). Unter dem Untersuchungsschwerpunkt moralischer Urteile auch: Breit/Eckensberger, in: de Haan/ Kuckartz, Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 78ff. 471 Zu den Details vgl. etwa Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 95f., entsprechend die Klassifizierung als „Umweltorientierte“, „Mitläufer“ und „Ablehner“ bzw. „umweltbewusster Lebensstil“, „umweltbewusster Normalverbraucher“, „umweltbewusste Maulhelden“, „Umweltbewusste Nonkonformisten“, „Nicht-Umweltorientierte“, Preisendörfer m. w. N. ebd. 472 Brand/Poferl/Schilling, in: de Haan/Kuckartz (Hrsg.), Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 58f. 473 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 103. Brand/Poferl/Schilling, in: de Haan/Kuckartz (Hrsg.), Umweltbildung und Umweltbewusstsein, S. 56f., 62; Beispiele zum Thema Wasser, BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 43ff. 474 Gerstlberger/Kneissler, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 81 (97). 475 Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 260.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

den Bevölkerungsgruppen mit dem höchsten Engagementpotential gehören, sind sie in lokalen Agenda-Prozessen unterrepräsentiert.477 Die Einbindungsaufforderung bleibt daher auch für die kommunale Ebene der Bundesrepublik Deutschland aktuell.478 Gerade in ländlichen Gegenden bestehen Defizite in den Ausbildungs- und Freizeitangeboten.479 Kinder und Jugendliche stehen dabei vor einer gespaltenen Problemlage zwischen Umwelt- und Zukunftsperspektiven und persönlicher Unabhängigkeit. Sie zeigt sich beispielhaft in einer nicht repräsentativen Studie aus Münster. Als häufigste Probleme benennen die Kinder- und Jugendlichen zuviel Verkehr, zuviel Lärm, zu wenig Busse und zu wenig Angebote für Jugendliche, jedoch auch den Wunsch nach dem (Auto-)Führerschein ab 16 Jahren.480 Neben der relativ anspruchsvollen Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in kommunalen Kinder- und Jugendparlamenten ist an die praktikablere Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen zu denken, um Interesse von Kindern und Jugendlichen für die Ziele der Agenda 21 zu wecken.481 Zu den Beteiligungsformen für Kinder und Jugendliche existieren bereits vielfältige Ansätze.482 Wesentlich ist aber auch hier, dass die Mitarbeit der Kinder und Jugendlichen von den Entscheidungsträgern ernst genommen wird. Diese Akteursgruppe erwartet in besonderer Weise schnelle Problemlösungen sowie bei nicht kurzfristiger Realisierungsmöglichkeit einsehbare und verständliche Begründungen.483 476 So indes Ruffert, ZUR 1993, 208 (212). Auch im internationalen Schnitt sind Frauen und Jugendliche unterrepräsentiert, UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.3004), S. 15. 477 BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 6; vgl. oben: E.III.2.a)bb). 478 Nimmig/Henke, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Deutschland, S. 277. 479 Die subjektiven Defizite verstärken sich mit abnehmender Gemeindegröße, BBR (Hrsg.), Informationen aus der Forschung des BBR 2/2002, S. 2. 480 Projekt J.2, J.3 des BürgerInnenzirkels Münster, Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro Beschlussvorlage 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, 2.2. Ein zusammenfassendes Ergebnis der politischen Einstellung von Kindern und Jugendlichen aus Jugendstudien 2000 und 2001 findet sich bei: Richter, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 163 (167ff.). 481 Alsleben, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 22 (24). Nimmig/Henke, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Deutschland, S. 277 (278); Wolf, BdW 2000, 17 (18); vgl. etwa auch die Einführung des Schulfachs Umweltschutz, das auch nachhaltige Entwicklung mit einschliesst jetzt in Frankreich, Forster, Umweltschutz wird offizielles Lehrfach, www. dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/222751/(19.12.2003); G5 (vgl. Anhang). 482 Vgl. im Überblick: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 80ff. 483 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 79f.; insoweit stellte dies keine Unterscheidung zu den Anforderungen Erwachsener, sondern eine Klarstellung dar,

III. Problemfelder der Partizipation

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b) Frauen Frauen sind eine weitere in die Agenda 21 einzubeziehende Bevölkerungsgruppe, vgl. Kap. 25 Agenda 21. In der Arbeit für eine lokale Agenda 21 sind Frauen in der Regel ebenfalls unterrepräsentiert.484 Frauen engagieren sich häufig im sozialen Sektor und dort im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Die berechtigte Forderung nach gleichberechtigter Mitwirkung485 wird jedoch zum Teil nicht haltbar begründet oder gar instrumentalisiert. Das Schlagwort von „Nachhaltigkeit und Gleichstellung als zwei Seiten einer Medaille“486 wirkt angesichts der Entstehungsgeschichte der Agenda 21 grob verkürzend, wenn nicht gar verfälschend.487 Forderungen nach bedingungslos geschlechterparitätischer Mittelverteilung488 blenden die erforderliche Langfristperspektive für beide Geschlechter aus, was gleichsam eine mit der Nachhaltigkeit nicht vereinbare grobe Übergewichtung einer speziellen Form intragenerationeller Gerechtigkeit darstellt.489 Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und Agenda 21 ist Gleichstellung nicht als Selbstzweck, sondern in Verbindung mit der Gesamtperspektive erforderlich.490 c) Kirchen Die Kirchen sind vor allem im sozialen Sektor ein wichtiger Akteur der lokalen Agenda 21. Ihr traditionelles Arbeitsfeld und das Motiv der Bewahrung der Schöpfung lassen auch im Zusammenhang mit der Friedensbewevgl. Brandl, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 4 (7). 484 Etwa ein Viertel an weiblichen Forumsmitgliedern, Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 7. Westholm, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung in Niedersachsen, S. 19 (29). Im Vergleich zu anderen Engagementformen ist dies aber überproportional hoch, vgl. Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 34f.; ähnlich: Wettstein, BdW 2002, 222 (223). 485 Staszak, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 9. 486 Zillmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 263 (264). 487 Zur Entstehungsgeschichte vgl. oben Einleitung. Die Herleitung läßt sich nur über die ethische Grundentscheidung der Nachhaltigkeit begründen. Gleichberechtigung kann ihr ohne Zweifel zugeordnet werden. Der Anschein, diese sei gleichsam schon immer ein unverbrüchlicher Bestandteil der Nachhaltigkeit ist sicher unzutreffend. 488 „Auch der letzte Pfennig kann geteilt werden!“, Zillmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 263 (273). 489 Vgl. oben: A.II.2.a)cc)(2). 490 Gottschlich, in: Massarat/Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 108 (110).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

gung den Agenda 21-Prozess zum Teil als politische Entsprechung eines seit den 80er Jahren laufenden konziliaren Prozesses erscheinen.491 Die Forderung der Kirchenbeteiligung492 stößt vor diesem Hintergrund auch auf die Bereitschaft der Kirchen zur Mitarbeit. Im Prozess nehmen die kirchlichen Initiativen ihren Beschäftigungsschwerpunkt im Einklang mit ihrem traditionellen Arbeitsfeld im Themenbereich Soziales, Umwelt und Eine Welt.493 Die besondere Struktur der Kirchen ermöglicht eine Doppelfunktion, in der Wissenschaft und Sozialfürsorge gekoppelt sind.494 In der Praxis ist die Kirchenbeteiligung als stabilisierender Faktor in Erscheinung getreten.495 Sie kann sogar in ökumenischer Arbeit der Gemeinden bis zur Entwicklung eigenständiger Positionen mit einer gewichtigen Akteurssäule führen. Auch für die Kirchen stellt sich aber das Problem, das Engagement unter hohem ehrenamtlichem Einsatz aufrechtzuerhalten496. d) Nichtregierungsorganisationen Auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind in der Agenda 21 besonders hervorgehoben, Kap. 27 Agenda 21497. Der Begriff der Nichtregierungsorganisation ist nicht abgrenzungsscharf. Er kennzeichnet eine Vielfalt von Organisationsgruppen auf nahezu allen Themenfeldern durch eine negative Abgrenzung von Regierungsorganisationen.498 Aus diesem Grund ist der NGO-Begriff in der gesellschaftswissenschaftlichen Diskussion umstritten.499 Auf die Details dieser Diskussion kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Der Begriff NGO wird hier lediglich abgrenzend verstanden. 491 Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 8; Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff.; Lange, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 44 (45f.); Engelhardt, in: FME (Hrsg.), Time to act, S. 21ff. 492 Kreuzer, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 201 (202); Lange, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 44 (46f.). 493 Vgl. beispielhaft: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 87; Lehmann, in: FME (Hrsg.), Time to act, S. 45 (46f.). 494 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (171f.). 495 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 91; Lange, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 44 (46). 496 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 91. 497 Ruffert, ZUR 1993, 208 (212). 498 Vgl. Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249. 499 Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64 (80). Grund ist die durch den Begriff erscheinende Gemeinsamkeit, die gerade gegenüber gewinnorientierten Nichtregierungsorganisationen zur Profilauflösung des Begriffs führen könnte, ebd. S. 81; Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 252.

III. Problemfelder der Partizipation

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NGOs sind zumeist an den Politikfeldern entstanden, auf denen die demokratischen Institutionen keine als akzeptabel empfundenen Lösungen anbieten konnten.500 Bei abnehmendem Politikervertrauen können NGOs eine politische Aufwertung verzeichnen.501 Sie genießen durch Authenzität und Bürgernähe sowie fachliche Kompetenz ein hohes Maß an gesellschaftlichem Ansehen.502 In Expertenstreiten haben sie aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit Orientierungsfunktion in der Bevölkerung.503 aa) Selbstverständnis und Forderungen an den Prozess Viele lokale Agenda 21-Prozesse sind nicht von den Gemeinden, sondern von den NGOs angestoßen worden, etwa durch Hinweis auf „Pflichten“ der Gemeinden, oder anfängliche Organisation.504 Die NGOs interpretieren ihre Rolle im Agenda 21-Prozess im Verhältnis zu den Gemeinden vielfach als Konsultationspartner, die Fachwissen anbieten, als Multiplikatoren wirken, kontrollieren und bewerten. Grundsätzliche Anforderungen einer solchen Zusammenarbeit sind gegenseitige Akzeptanz der Akteure, Konfliktfähigkeit, Lernfähigkeit und Umsetzungsbereitschaft.505 Initiierungsansätze von NGOs für eine lokale Agenda 21 sind typischerweise „bottom up“-Ansätze“.506 Dabei besteht ein Bedarf der NGOs, sich in Netzwerken zusammenzutun, um möglichst viele „mitzureißen“.507 Die Beteiligung der großen Interessengemeinschaften führt zwar zu eingehender Mitarbeit und Unter500

Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64

(75). 501

Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (250). Hornschu, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 71 (73); vgl. auch: Preisendörfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 241f.; Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249. So ist Greenpeace bei einer Jugendumfrage für 60% der Jugendlichen glaubwürdig. Parteien stehen ganz am Ende der Rangskala, Zahlen nach: Beck, Kinder der Freiheit, S. 9 (13). 503 Kurz/Volkert, Politik der Nachhaltigkeit, S. 133. 504 Z. B. auch in Münster, Imholz, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg, S. 47 (49). Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (252). 505 Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (250f.); vgl. auch: Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (114). 506 Zumbansen, KJ 2001, 46 (59f.). 507 Hornschu, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 71 (73); Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 30f.; vgl. auch: Maasberg, RuR 1998, 90 (92); Khor, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 139 (145). Zu den Spannungsfeldern der Netzwerke, Gusy, ZfU 4/1990, 353 (361). 502

550

E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

stützung durch Initiativen und Finanzmittel, ist jedoch der latenten Gefahr nicht repräsentativer Ergebnisse für die Bürgerschaft ausgesetzt.508 Abgesehen von den allgemein bei einem „bottom up“-Ansatz auftretenden Problemen509 kann die besondere Stellung der NGOs in der Gesellschaft zu einigen spezifischen Konfliktfeldern führen. bb) Mitbestimmungsanspruch Gerade Vertreter von NGOs verbinden mit der in Kap. 28.3 Agenda 21 niedergelegten Forderung an die Verwaltung, in einen Dialog mit Organisationen und Bürgern einzutreten, eine gemeinsame Erarbeitung von gleichberechtigten besonders hervorgehobenen Akteuren. Konsultation ist nach dieser Sichtweise Beteiligung an Entscheidungen.510 Gerade das internationalen NGOs mögliche Gegengewicht zur Marktkraft erlaubt es ihnen, rigoroser und konsequenter Forderungen zu vertreten, als dies Regierungen möglich ist.511 Damit stellen sie einen Gegenpol zur Verwaltung dar, der gerade in Verbindung mit der gesteigerten Schlagkraft der Medien512 auch verhindernden Einfluss auf politische, staatliche und wirtschaftliche Vorhaben ausüben kann.513 Hierbei geraten die NGOs zunehmend in die Rolle eines „globalen moralischen Gewissens“.514 An dieser Stelle ergibt sich ein Konfliktpunkt mit dem Entscheidungsumfang in der Konsultation.515 Die lokalen NGOs fordern stärker die internationale Gültigkeit der Agenda 21 ein, um sich mittels dieser Aufwertung der Agenda 21 „globalen Rückenwind“ für lokale Anliegen zu verschaf508

Maasberg, RuR 1998, 90 (98). Vgl. bereits oben: D.II.5. 510 Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 9f. 14. 511 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 21. 512 Jänicke/Weidner, in: dies. (Eds.), National Environment Policies; S. 299 (304) ordnen die Medien als eigenen Nicht-Regierungs-Akteur ein. 513 Das „Spießrutenlaufen“ von Shell bei Versenkung der Ölplatform Brent Spar, die Auseinandersetzungen um die atomare Zwischen- und Endlagerplanung und Nutzung in Gorleben sowie die Startbahn West sind nur einige Beispiele, wie die Macht der NGOs zu einer Vetostellung erstarken kann. Vgl. auch Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 81f. und schon oben: E.III.1.b)bb). Skeptisch hinsichtlich des Einflusses auf internationaler und nationaler Ebene: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 61, 75f. 514 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 21. 515 Dazu bereits oben: E.III.1.a). Bei echter Mitbestimmung stellt sich das Problemfeld der Legitimation der NGOs, vgl. Kloepfer, in: Gethmann/ders./Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 22 (29f.). In Bezug auf internationale Tagungen, Martens, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 149 (161); Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 67; Zumbansen, KJ 2001, 46 (59). 509

III. Problemfelder der Partizipation

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fen.516 Lokale NGOs gehen offensiver mit ihrem Status aus der Agenda 21 um als NGOs auf nationaler Ebene. Dabei entsteht die Gefahr die politischen Entscheidungsträger zu übergehen oder in ihrer Verantwortung zu unterschätzen. Die Politisierung des Prozesses führt in der Regel zum seinem Scheitern.517 Lediglich beratende Tätigkeit der NGOs wird hingegen mit Recht nicht als Entscheidung und Ausübung von Staatsgewalt i. S. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gewertet.518 Vermittelnd findet sich etwa die Beschreibung der Agenda 21 als staatlich unterzeichnete Programmsetzung, die eine umfassende Ausgangsbasis der NGOs zum Tätigwerden bietet.519 Sie bietet beiden Auffassungen die Möglichkeit, „das Gesicht zu wahren“ und wird der Letztentscheidungskompetenz des Gemeinderats gerecht. cc) Inhaltliche Erwartungen NGOs, die sich schon vor dem Rio-Prozess mit den in der Agenda 21 angesprochenen Problemen befasst haben, haben eine besondere verengte Erwartungshaltung.520 Nach ihrer langen Arbeit mit der Sachmaterie dauert ihnen die lokale Agenda zu lange.521 Ein zweites Problem ist eine vorgefertigte Auffassung vom Inhalt der Agenda 21. Dies erfordert einen Bewusstseinswandel, der von der „Reinheit der Lehre“ abrückt.522 Hier zeichnet sich Ernüchterung ab.523 Die Erwartungshaltung, die von einem „großen Wurf“ für eigene Positionen ausging, wird nach den gesammelten Erfahrungen zwischen Rio- und Johannesburggipfel durch ein Vorgehen mit einer Vielzahl realistischer mühevoller Einzelmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen abgelöst.524 NGOs dominieren in lokale Agenda 21-Prozessen in umweltpoliti516 Sibum, Politische Ökologie 56 (1998), 91; ähnlich: Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 11; Czybulka, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 32 (38f.). 517 Vgl. auch oben: E.III.1.a). 518 BVerfGE 83, 60, 74; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR I, § 22 Rn. 13; Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 197; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 29; Wacker, Sachkundige Bürger und Einwohner, S. 76ff. 519 Vgl. Khor, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 139 (144f.). 520 Czybulka, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 32 (39f.). 521 Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (115). Von dieser Erfahrung berichtet auf die gesamte Fachforenarbeit bezogen auch: Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (198). 522 Häusler, Politische Ökologie 54 (1998), 6. Siehe oben: E.V.1. 523 Vgl. die Empfehlung bei: Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (254); vgl. auch Albers, Die alte Stadt 1997, 283 (286). 524 Unmüßig, in: Massarat/Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 11 (16); Weinzierl, in: FME (Hrsg.), Time to act, S. 75 (76).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

schen und Nord-Süd-Entwicklungs-Themen.525 Soziale Themen haben sich zunächst – abgesehen von der Nord-Süd-Achse – kaum in der Arbeit der NGOs als Schwerpunkt abgezeichnet,526 rücken aber gerade in jüngster Zeit im Zusammenhang mit Globalisierungsfolgen und anstehenden sozialgesellschaftlichen Reformen mehr in den Blickpunkt des Interesses.527 dd) Instrumentalisierung von NGOs Neben diesen vorwiegend durch die NGOs geprägten Konflikten ist auf der anderen Seite festzustellen, dass NGOs Begehrlichkeiten seitens der Verwaltung oder Kommunalpolitik ausgesetzt sind, die teilweise auf eine Instrumentalisierung für eigene Belange zielt.528 In diesem Fall besteht bei den 525 Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (252); vgl. Hornschu, in: Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt MecklenburgVorpommern (Hrsg.), Chancen für eine nachhaltige Landesentwicklung, S. 71 (73); Kreuzer, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 193 (194), Abb. 22. 526 Vgl. Khor, in: SEF (Hrsg.), Nach dem Erdgipfel, S. 139 (144f.). 527 Vgl. Mainpost Nr. 7 vom 10.01.2004, S. C4; Bauchmüller, Imperialismus der anderen Art, SZ Nr. 14 v. 19.01.2004. S. 4; vgl. DIFU: Soziale Schwerpunkte im Rahmen der lokalen Agenda 21, http://www.difu.de/index.shtml?/publikationen/ difu-berichte/3_00/artikel6.shtml (02.10.04). 528 Sibum, Politische Ökologie 56 (1998), 91 (92); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; Meyer, BdW 2002, 214; Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64 (102f.); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 45. Dieses Phänomen existiert jedoch auch spiegelbildlich bei links-revolutionären Gruppierungen und sog. „Anarchisten“. Das Leitbild der „nachhaltigen Entwicklung“ ist auch in diesen Kreisen Diskussionsgegenstand geworden. Die um nachhaltige Entwicklung ablaufenden Prozesse werden – durchaus realitätsnah – als „vielfältig und undefiniert wie das Konzept des Sustainable Development selbst“ und „konsensfähige Worthülse“ beobachtet. Die Offenheit des Konzeptes findet positive Aufnahme als Ansatzpunkt, eigene Vorstellungen – auch über das ursprüngliche Konzept hinaus – einzubringen und die gesellschaftliche Diskussion auf diese Weise zur Radikalisierung zu instrumentalisieren, Kreusel, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 9. Kritisiert werden etwa die Dominanz von Experten und Wissensballung in den Industrieländern, ohne dass jedoch auf die grundsätzliche Verfügbarkeit von Wissen zumindest in den industrialisierten Nationen eingegangen wird. Weitere Kritik richtet sich gegen den fundamentalen Angriff auf die gesamte Lebens- und Arbeitswelt von Frauen, den sie im Nachhaltigkeitskonzept in seiner Ausformung der Studie des Wuppertaler Instituts zu erkennen meint, Speck, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 11. Die Einbeziehung der Akteure in die Agenda 21 und die Nachhaltigkeitsdebatte, die wohl so nicht erwartet worden ist, hat bei diesen Gruppen einen Überraschungseffekt gehabt, vgl. Speck, ebd., 1. Es herrscht Ratlosigkeit darüber, wie man sich herrschaftskritisch zu einem Konzept verhalten könnte, dass „eigentlich wenig herrschaftskritisches zu bieten hat“. Eine Ablehnung der positiven Ziele wird jedoch als „taktisch unklug“ verworfen. Als „wahren Hintergrund“ der ökologischen Veränderung machen die Gruppen eine Form der Herrschaftssicherung aus, vgl. Speck, ebd., 11. Nachhaltigkeit dient nach

III. Problemfelder der Partizipation

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gemeindlichen Entscheidungsträgern bereits zu Beginn keine Bereitschaft zu einer offenen Zusammenarbeit. Die Motive sind oftmals Vorbehalte und der Wille die eigenen Entscheidungsspielräume nicht angetastet zu sehen.529 Die Einbindung der NGOs erfolgt in Gremien, deren Arbeitsergebnis im Hintergrund bereits feststeht oder die eine Einflussnahme oder Steuerung dahingehend gewährleisten, dass deren Arbeit nicht die herrschende Kommunalpolitik in Frage stellt sondern diese möglichst stützt. Diese vordergründige Einbindung der NGOs ist für die gemeindlichen Entscheidungsträger aufgrund der Glaubwürdigkeit und des hohen gesellschaftlichen Ansehens der NGOs interessant. Er steht meist mit dem Bestreben in Verbindung, den Agenda-Prozess als Akzeptanzbeschaffung für herrschende Kommunalpolitik zu missbrauchen.530 Die Instrumentalisierung der NGOs zur Legitimation und Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der Politik ist nicht förderlich.531 Es resultiert Enttäuschung, wenn der Prozess als behördlich gelenkte Veranstaltung wahrgenommen wird und als ressortgesteuerte Vergabe von Fördergeldern erscheint.532 Neben fehlendem politischen Umsetzungswillen533 und berechnender Instrumentalisierung finden die NGOs jedoch immer wieder auch Einzelpersonen in Kommunalpolitik und Verwaltung, die sie als „Verbündete“ mit ähnlicher Interessenlage wahrnehmen. Auch diese sind nicht immer in der politischen Lage, ihre Forderungen in der Politik umzusetzen.534 Es ist aber ein Merkmal politischer demokratischer Willensbildung, in einer diskursiven Auseinandersetzung auch neue Interessens- und Machtkonstellationen hervorzubringen und zu akzeptieren. Daher ist selbst in dieser Lage die Mitarbeit der NGOs am Prozess nachdrücklich zu empfehlen.535 Es besteht weitgehende Übereinstimmung, dass die Initiativen der gesellschaftdieser Ansicht dazu, die Widerstandsbewegung zu einem Teil des Herrschaftssystems zu machen, Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 260. Die konstruierte Argumentation zeugt von Hilflosigkeit gegenüber dem Nachhaltigkeitskonzept. Die Gefährdung des eigenen Weltbildes aufgrund der Konsensorientierung wird zwar gesehen, jedoch gelingt es den Vertretern nicht, sich dieser Auswirkung zu entziehen. Im Ergebnis verbleibt der Rückzug auf „bekannte und bewährte“ Feindbilder. 529 Dazu bereits oben: E.III.1.a)aa). 530 Evangelische Kirche im Rheinland (Hrsg.), Konzililarer Prozess und lokale Agenda 21, S. 9. 531 Vgl. dazu auch: Sibum, Politische Ökologie 56 (1998), 91 (92). 532 Weber, Gute Beispiele, S. 11; BaySMUL u. a., Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21, S. 23, 25. 533 Einem häufig von nicht kommunal erstellten Handlungsberichten erwähntes Hindernis, vgl. Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (117). 534 Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (253f.); Maasberg, RuR 1998, 90 (93f.); vgl. allgemein: Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 25.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

lichen Selbstorganisation für die Nachhaltigkeit genutzt werden sollten.536 Die bedeutsamere Position der NGOs gegenüber der Bürgerinitiative537 liegt in der besser organisierten Sachkunde, die die Verwaltung in Entscheidungsverfahren zunehmend nutzt.538 Für die Gemeinden ergibt sich dazu die Möglichkeit, von den Erfahrungen der NGOs in Netzwerkearbeit zu lernen.539 Langfristig zeigt sich eine stabilisierende Wirkung von NGOs auf die Gesellschaft.540 e) Wirtschaft als lokaler Agenda-Akteur Die Beteiligung Wirtschaft stellt im lokalen Agenda-Prozess das zweite partizipative Problemfeld dar.541 In der kooperativen Zusammenarbeit stellt sich die Anforderung, eine unkritische Bevorzugung ökonomischer Interessen zu verhindern.542 Als Steuerzahler und als Arbeitgeber handelt es sich bei den Wirtschaftsakteuren um einen besonders bedeutenden Entwicklungsmotor.543 Für die Gemeinden hat gerade die Einbindung von kleinen und mittleren Unternehmen in den Prozess Bedeutung. Mehr als 99% aller deutschen Unternehmen sind kleine und mittlere Unternehmen. Sie beschäftigen mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmer und erwirtschaften mehr als die Hälfte des Bruttosozialprodukts.544 Auch eine Einbeziehung der Wirtschaft 535

Sibum/Thimmel, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 249 (254); vgl. auch Albers, Die alte Stadt 1997, 283 (286). 536 Vgl. Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 60f.; weitergehend: Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64 (77), die Teilhabe an der politischen Macht sei nicht strittig, lediglich deren Durchführung. Organisierte Interessenvertretungen sind dabei für die Umsetzung der lokalen Agenda 21 von hoher Bedeutung, Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 22. 537 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 275. 538 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 16. Aus diesem Grund erheben Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 289f., eine Vergütungsforderung für die Mitwirkung der NGOs. 539 Vgl. Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 19. Zu den neueren Entwicklungen kommunaler Kooperation, E.I.3. 540 Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (271); ähnlich für Bürgerinitiativen: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (174f.). 541 So für Bremen 1997: Weber, Gute Beispiele, S. 11; Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 11; BMU/UBA, Lokale Agenda 21 und Wasser, S. 5. 542 Hesse, RuR 1996, 103 (113); ähnlich: Maasberg, RuR 1998, 90 (93). 543 Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (171). 544 Henke/Lück, Coopetition – Kooperationsstrategie für den Mittelstand, FAZ Nr. 148 v. 30.6.2003, S. 22.

III. Problemfelder der Partizipation

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kann nicht von einer vollumfänglichen Integration der Unternehmen in den Prozess ausgehen. Eine Umfrage des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung ergab im Jahr 2002, dass 29% der Unternehmen nachhaltigkeitsorientiert, 24% umweltmanagementorientiert und 47% passiv sind.545 aa) Beteiligungsgründe Der Verkauf und die Produktion von Gütern und Dienstleistungen sind legitime Ziele unternehmerischer Tätigkeit. Das primäre Ziel unternehmerischer Tätigkeit ist nicht auf Entscheidungen zugunsten der Umwelt gerichtet. Änderungen im Schwerpunkt unternehmerischer Tätigkeit erfolgen unmittelbar über die Nachfrageveränderungen der Verbraucher.546 Die Beteiligung von Unternehmern am Agenda-Prozess erfordert eine Perspektive für die Förderung des Unternehmenswohls.547 Vorteilhaft sind aus Unternehmersicht die Nutzung von Kostensenkungspotentialen, Erschließung neuer Märkte, Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit,548 Mitsprache bei Infrastruktur und Gewerbeansiedlungspolitik, die Beeinflussung weicher Standtortfaktoren,549 Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie Image- und Prestigegewinn.550 Bei den Nachhaltigkeit und Umweltmanagement aufgeschlossen Unternehmen konnte im Vergleich gegenüber passiven Unternehmen ein höheres Umsatzwachstum festgestellt werden.551 Dies beruht jedoch nicht primär auf der Nachhaltigkeits- bzw. Umweltmanagementorien545 Vgl. Schock, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 265 (275). 546 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 61; Solow, An almost practical Stepp toward sustainability, S. 9. Entscheidend sei nicht die Wirtschaft als Regelungsadressat, sondern als eigener Initiator von Problemlösungen: Frenz, ZG 1999, 143 (151). 547 Gege, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 71 (77); vgl. eingehend auch: Schaltegger/Petersen, APuZ B31–32/2002, 37 (39ff.). 548 Vgl. etwa: UBA (Hrsg.), Umweltschutz – ein Wirtschaftsfaktor, S. 81ff. 549 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (264); insbesondere langfristige Planungssicherheit ist von großer Bedeutung für die Wirtschaft: Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (114); Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 139 (153); Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke als lernende Organisationen, S. 40; G2 (vgl. Anhang). 550 Gege, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 71 (77); zu einem erfolgreichen Beispiel der Stärkung des Wirtschaftsstandortes durch lokale Agenda-Maßnahmen, Kistenmacher/Mangels, RuR 2000, 89 (96f.). 551 Vgl. Schock, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 265 (276).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

tierung der Unternehmen, sondern auf deren höherer Agilität und Innovationsfähigkeit.552 Die Diskussion über Ethik und soziale Verantwortung der Unternehmen hat wachsende Bedeutung.553 Gerade bei mittleren Unternehmen darf das Beteiligungsmotiv der Unternehmerverantwortung nicht unbesehen bleiben.554 Diese Unternehmen können zwar hinsichtlich ihres Umsatzes und der Kapitalausstattung nicht mit den sog. „global-playern“ der Weltkonzerne mithalten. Sie müssen aber durch innovative Strategien Marktlücken nutzen, um sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. Die soziale und globale Sicht ist mit langfristigem Überleben des Unternehmens auch auf eigenes Sozialkapital orientiert.555 Die größere lokale Verbundenheit mittelständischer Unternehmer, die am Ort ihres Unternehmens in der Regel ebenfalls ihren Lebensmittelpunkt haben, fördert diese Verknüpfung auch hinsichtlich der ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen.556 Damit steigt die Bedeutung der Verknüpfung zwischen Unternehmen und Gemeinde.557 Dieser Faktor ist für Unternehmen bedeutend, wenn die Nachhaltigkeitsstrategie auch langfristig über etwaige Machtwechsel hinaus erhalten bleibt.558 bb) Abschreckungsfaktor Zeit Grundsätzlich ist ein Interesse des Wirtschaftssektors an der Entwicklung der Rahmenbedingungen des Standorts festzustellen.559 Die Wirtschaft ist vor allem dann an einer Beteiligung interessiert, wenn die Erarbeitung professionell und ohne zermürbende Konfrontationen erfolgt.560 Besteht zunächst noch die Bereitschaft, sich in den Prozess einbinden zu lassen, lässt 552

Schock, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 265 (279). 553 Taliani, in: Walterscheid (Hrsg.), Entrepreneurship in Forschung und Lehre, S. 75f. 554 Vgl. Günther, in: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Hrsg.), „Nachhaltigkeit 2000 – tragfähiges Leitbild für die Zukunft?“, S. 281 (284); G2 (vgl. Anhang). 555 Taliani, in: Walterscheid (Hrsg.), Entrepreneurship in Forschung und Lehre, S. 75 (76). G2 (vgl. Anhang). 556 G2 (vgl. Anhang). 557 Vgl. Taliani, in: Walterscheid (Hrsg.), Entrepreneurship in Forschung und Lehre, S. 75 (77); G2 (vgl. Anhang). 558 Jänicke, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 107 (116). 559 So auch: UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 79. 560 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke als lernende Organisationen, S. 40; G2 (vgl. Anhang); vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 79: „chaotischer Diskutierclub ohne Realitätsbezug“.

III. Problemfelder der Partizipation

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dies mit der Ausdehnung fruchtloser Debatten rapide nach.561 Die Form der Zusammenarbeit darf daher nicht so kompliziert sein, dass Wirtschaftsvertreter mit einem ausgeprägten Zeitbewusstsein abgeschreckt werden.562 Gekoppelt mit inhaltlicher Umweltdominanz und Prangerstellung der Wirtschaft, werden in der Regel keine Unternehmen für den Prozess zu gewinnen sein.563 In der Anfangsphase der Aufbauarbeit ist es erwägenswert, zunächst wenig außenwirksame mühevolle Organisationsarbeit in Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen und Verwaltung anzugehen, um der Wirtschaft nicht die spätere inhaltliche Mitarbeit zu verleiden.564 cc) Abschreckungsfaktor inhaltliche Ausrichtung Als abschreckender Faktor in der lokalen Agenda 21 tritt der Konflikt zum Ökologiesektor hervor. Die starke Betonung ökologischer Belange führt zur Einordnung der Agenda 21 als umweltpolitisches Papier. Ein als ausreichend hoch konstatierter Umweltstandard565 lässt die Bereitschaft zur Beteiligung am Prozess schwinden. Die öffentlichen Diskussionen werden als realitätsfremd und gegen die Wirtschaftsinteressen und Wirtschaftsentwicklung gerichtet wahrgenommen.566 Die Wirtschaft fordert eine sachlichere Debatte ohne emotionale Zuspitzung und das mutige Eintreten der Gemeinde für die Verwirklichung auch von unbeliebten Industrieprojekten, wenn sie übergeordneten Nutzen bringen.567 Ein Standardargument für eine verstärkte Umweltorientierung der Unternehmen ist die höhere soziale Wertschätzung der Betriebe.568 Dies entspricht jedoch nicht mehr uneingeschränkt der Realität. Umweltaspekte als Imagegewinn finden sich nicht gleichwertig in den Industriezweigen. Während sie in der chemischen Industrie sehr ausgeprägt vorhanden sind, finden sie sich in Bereichen mit wasserwirtschaftlicher Berührung nur gering.569 Ein umfassendes Umweltmanagementsystem oder auch ein Öko-Audit ist bisher nur 561

G9, G2; G1 (vgl. Anhang). Gustedt/Kanning, RuR 1998, 167 (173); ähnlich: Pamme, Organisation lokaler Nachhaltigkeit, S. 208. 563 Vgl. dazu schon oben: D.I.3.a). 564 Lammert, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 179 (180). 565 Kellner-Stoll/Lieberum, Politische Ökologie 52 (1997), 62 (63). 566 UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 79; vgl. Pettenkofer, Paradigmenwechsel, S. 16f.; Schaltegger/Petersen, APuZ B31–32/2002, 37 (40f.). 567 Römer, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, S. 139 (149, 154). Zu dem Phänomen bereits oben: E.III.1.b)bb), E.III.1.b)cc), E.III.1.b)dd). 568 Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 60. 569 Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 (219). 562

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

bei einer Minderzahl der Unternehmen vorhanden.570 Die gesellschaftliche Veränderung des ökologischen Stellenwertes wirkt sich über die Veränderung der Nachfragerpräferenzen auf die Unternehmenspolitik aus.571 Eine solche Veränderung liegt jedoch nach obigen Feststellungen nur noch in Grenzen auch nachfragewirksam vor.572 Dabei ist es keinesfalls so, dass seitens der Wirtschaft eine vollständige Ablehnung ökologischer Belange zu verzeichnen ist. Bei Operationalisierungsansätzen zur Nachhaltigkeit in Wirtschaftsunternehmen existieren bereits eine Vielzahl von Modellen (etwa Product Sustainability Assessment [PROSA]; Zukunftswerkstatt; Companies and Sectors path to Sustainability [Compass]).573 Sie gleichen strukturell den auch für die Konzeption lokaler Agenden vorgestellten Strategieansätzen. Der Erfolg im Umweltmanagement ist jedoch von kaum verallgemeinerbaren fallspezifischen Einzelfaktoren abhängig.574 Vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen sind Informationen über umweltfreundliche und effiziente Handlungsoptionen nur unzureichend vorhanden.575 f) Die Verwaltung – Motor oder Bremse? Die Position der Verwaltung im Agenda-Prozess ist nicht eindeutig zuzuordnen. Die Beurteilungen ihrer Tätigkeit schwanken zwischen Kompetenzzentrum576 und Bremse.577 Insbesondere „Routinekartelle“ in der Verwal570

So die Auswertung einer Befragung von 150 Betrieben mit allerdings nur geringer Rücklaufquote von 20%, Löhr/Theurich, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 26 (27); vgl. auch: Lübbe-Wolff, Erscheinungsformen symbolischen Umweltrechts, S. 25 (52f.); Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 165f. 571 So werden beispielsweise bereits Umweltschutzfördermittel aus Sorge vor Wettbewerbsnachteilen aufgrund schlechten Renomees umweltfreundlicher Produktion nicht mehr abgerufen, vgl. Löhr/Theurich, in: CAF u. a. (Hrsg.), Gute Beispiele nachhaltiger Entwicklung, S. 26; dazu bereits ausführlich oben: Fn. 455. 572 Vgl. oben: E.III.2.b), Fn. 455; Grünewald, in: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (58). 573 Grothe-Senf, in: Dybe/Rogall (Hrsg.), Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit, S. 203 (208ff.); dazu auch: Sinning, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 411 (414ff.). 574 Conrad, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 86; bei den Erfolgen handelt es sich häufig um Marktnischen, vgl. mit positivem Fazit: Schaltegger/Petersen, APuZ B31–32/2002, 37 (44ff.). 575 Ewringmann, in: Wagner/Kupp/Matzel (Hrsg.), Quantitative Modelle und nachhaltige Ansätze der Unternehmensführung, S. 29 (40). 576 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hendler u. a. (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2000, S. 77 (89). 577 Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 42; auch: Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 32.

III. Problemfelder der Partizipation

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tung, die ihre Arbeitsweise an den Grundsätzen „geht nicht, rechnet sich nicht, haben wir noch nie so gemacht“578 orientieren, werden seitens der Bürgergruppen und NGOs beklagt. Der vor allem aus konfrontativen Kontakten der Bürgergruppen und NGOs entstammenden Kritik steht die Selbsteinschätzung der Verwaltung gegenüber, Nachhaltigkeit längst in ihr Handeln aufgenommen zu haben. Exemplarisch soll eine Veröffentlichung der Stadt Hannover zum Diskussionsstand der Agenda 21 aus dem Januar 1999 dazu betrachtet werden. Sie stellt nach den Sachbereichen Wohnen, Arbeit, Freizeit und Konsum gegliedert die Vorschläge der Arbeitsgruppen zum Inhalt einer Agenda der Stellungnahme der Verwaltung gegenüber.579 Die redaktionelle Darstellung der Diskussion ist durch die Stadt selbst erfolgt und nicht repräsentativ. Sie stimmt jedoch mit Fragmenten anderer Berichte580 und Ergebnisse eigener Befragungen in hohem Grad überein. Nach vorherrschender Praxis finden Darstellungen, die dem Bild der Städte zum Nachteil gereichen könnten, nicht den Weg an die Öffentlichkeit.581 Die mittlerweile fünf Jahre alte Veröffentlichung ist eine der wenigen, in der die Stellungnahmen und Reaktionen der Verwaltung auf die Vorschläge der Verwaltung protokollarisch wiedergegeben sind. Sie gibt daher einen Eindruck der nicht nach außen tretenden Interessenlage der Verwaltung in den die lokale Agenda 21 betreffenden Themenbereichen. aa) Themenbereich Wohnen Das ermittelte Leitbild stößt in der Verwaltung auf Akzeptanz. Die Stellungnahmen verweisen auf bereits umgesetzte Maßnahmen oder auf rechtliche Grenzen städtischen Einflusses.582 Auch im Bereich Energie betrachtet die Verwaltung die Vorschläge der Bürger als grundsätzlich vernünftig. Bedenken werden insbesondere in finanzieller Hinsicht angemeldet, auch mittelbar durch die Betonung der Investorenbelange. Kommunales Energiemanagement in kommunalen Liegenschaften findet durchgehend die Unterstützung der Verwaltung.583 578

Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 193. Vgl. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 4f.;7ff. 580 Beispielsweise hinsichtlich der ökonomisch-zentrierten Zukunftsfähigkeit der Kommunen, vgl. etwa: Libbe/Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (9f.). 581 G6, G7, G10 (vgl. Anhang). Zum Teil finden sie nicht einmal den Weg in die Protokolle, G5 (vgl. Anhang). Deshalb ist das Herausgreifen dieser Veröffentlichung nicht als Negativbeispiel zu verstehen. Gerade die Gemeinden, die von dieser Praxis abweichen, weisen in der Regel einen konstruktiven und erfolgreichen Prozess auf, vgl. schon oben: D.II.3.e) Fn. 309f. 582 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 10f.; 13. 579

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Einwände resultieren insbesondere aus zwei Bereichen: Zum einen stellt sich die Verwaltung Vorschlägen der Arbeitsgruppen entgegen, die rechtlich von der Stadt nicht zu regeln sind und die in Freiheitsrechte der Bürger tiefgehender eingreifen, zeigt aber Wege auf, wie das als sinnvoll anerkannte Ziel ebenfalls gefördert werden könnte.584 Die Zustimmung fällt in der Regel in Bereiche, in denen die Verwaltung die Forderungen der Bürger bereits erfüllt oder gar über sie hinausgeht. Zum anderen verficht die Stadt konsequent eine Gewerbeansiedlungsstrategie. Ökologische Belange sind zwar als grundsätzlich sinnvoll anerkannt. Investitionen und Arbeitsplätze genießen jedoch höchste Priorität.585 Trotz der tendenziellen Akzeptanz der Bürgervorschläge zeigt sich im Abgleich der Vorschläge eine rechtlich bedeutsame Konsequenz. Die Aufnahme der einsichtig begründeten Verwaltungseinwände relativiert die Managementvorschläge der Bürgergruppen, was bei verbindlicher Beschlussfassung eine abweichende Lösung der Verwaltung eröffnet.586 bb) Themenbereich Verkehr Ein durchmischtes Bild ergibt die Auswertung im Themenbereich Verkehr. Dem Arbeitsgruppenziel, eine absolute Verringerung der Pkw-Zahlen zu erreichen, steht die Verwaltung skeptisch gegenüber. Verkehrsmanagementkonzepte bei Betriebsansiedlungen werden von der Verwaltung abgelehnt und mit der freien Verkehrsmittelwahl der Beschäftigten begründet.587 In der Reaktion auf andere Vorschläge der Bürgergruppe tritt die Sorge der Verwaltung um Qualität und Quantität der eigenen Ansiedlungspotentiale hervor, die sie gefährdet sieht. Die Forderung nach ökologischer Selektierung im Bereich von Neuansiedlungen weist die Verwaltung wegen begrenzten Ansiedlungspotentials als völlig realitätsfremd zurück.588 Dies zeigt indiziell, dass der ökonomische Bereich für die Verwaltung indisponibel ist. Dies stünde auch damit im Einklang, dass die Stadt dem Konzept eines um583

Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 105ff. Vgl. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 35ff.; vgl. auch: Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (29). 585 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 38ff.; 46. 586 „Nach Abwägung anderer Belange“ (S. 14), „prüft, inwieweit [. . .] erhöht werden kann“(S. 13), „soll [. . .] vorangetrieben werden“ (S. 12), „verstärkt seine Anstrengungen“ (S. 16); ähnlich G5 (vgl. Anhang). 587 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 23f. 588 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 76ff. Deutlich wird dies auch S. 46, wo die Verwaltung die höchste Priorität der Sicherung von Arbeitsplätzen und Abbau von Arbeitslosigkeit betont. 584

III. Problemfelder der Partizipation

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weltverträglichen Siedlungs- und Verkehrkonzepts im Übrigen positiv gegenübersteht.589 Bessere Realisierungsaussichten bestehen bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen, die auch rechtlich normiert sind. Lücken werden eingestanden und Bemühungen um Ausbau zugesichert.590 Unrealisierbar scheinen aus finanziellen und personellen Gründen besonders kostenintensivere Maßnahmen der Infrastrukturgestaltung.591 cc) Freizeit, Freiflächen, Konsum Bürgergruppen und Verwaltung haben über die grundsätzliche Bedeutung von Freiflächen für die Stadtentwicklung keine unterschiedliche Auffassung. Während aber von Bürgerseite eine in etwa gleichrangige Qualifizierung zu ökologischen wie auch sozialen Funktionen erfolgt, liegt der Schwerpunkt der Verwaltung auf der sozialen Erholungsfunktion. Daneben fällt als „Verhinderungsbelang“ wiederum der ökonomische Sektor auf. Gewerbebrachen will die Verwaltung nicht als Freiflächen sondern zur Gewerbeansiedlung nutzen.592 Im Bereich der Jugendarbeit hat die Verwaltung progressivere realitätsnahe Vorstellungen vom Bedarf der Jugendlichen und auf diesem Sektor bereits mit sinnvollen Maßnahmen reagiert.593 Im Bereich Freizeit herrscht weitgehend Konsens zwischen Bürgergruppen und Verwaltung.594 Außergewöhnlich ist die Forderung der Bürgergruppen, Sport- und Freizeiteinrichtungen wirtschaftlich zu betreiben. Dieser an sich kostensparende und damit der Verwaltung entgegenkommende Vorschlag stößt dort wohl aus sozialpolitischen Gründen auf Ablehnung.595 Die Vorschläge zum Konsum werden von der Verwaltung insbesondere aufgrund von Unbestimmtheit kritisiert, gute Ansätze jedoch gewürdigt.596 Ablehnung erfolgt hinsichtlich einschneidender Handlungsziele im Ge589

Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 24. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 75, 25, 27f. Es sind auch Tendenzen erkennbar, arbeitsintensive Aufgaben abzuwälzen, so in anderem Zusammenhang, S. 174, 177. 591 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 28f. 592 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 52ff. Diese Verknüpfung findet sich aber auch in Teilen der Literatur, vgl. Bunzel/Hinzen, Umweltschutz in der Bebauungsplanung, S. 148. 593 Brennpunkte sind bekannt, ausgeprägtes Problembewusstsein und Engagement ist festzustellen, Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 132f., 135, 148f. (je Dez.D). 594 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 123ff. 595 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 146f. – insbesondere Kontrast zu Agenda-Entwurf. 596 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 157ff. 590

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

brauchsgüterbereich gegen den Willen der Marktteilnehmer.597 Die Verwaltung zeigt sich pessimistisch, das Verhalten der Bürger beeinflussen zu können, ohne deshalb aber von Maßnahmen der Umweltkommunikation abzusehen.598 Ökonomische Hemmnisse stoßen in der Daseinsvorsorge im weiteren Sinn, die Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten der Bürger umfassen, auf ihre Grenzen. Dieser klassische Aufgabenbereich der Gemeinden kann als veritables Gegengewicht zu ökonomischen Belange betrachtet werden. Freiheitsbeschneidenden Vorhaben tritt die Verwaltung entgegen. Dies resultiert aus der Gesetzesbindung der Verwaltung, kann aber den Eindruck eines Bremsers hervorrufen. dd) Partizipation Im Bereich Partizipation besteht eine größere Lücke zwischen den Vorstellungen der Bürgergruppen und der Verwaltung. Diese verspricht die stets konstruktive Auseinandersetzung mit Bürgeranregungen, will aber zugleich den bisherigen Verfahrensablauf in jedem Fall unverändert belassen.599 Schon bei der Forderung der Bürgergruppen, rechtzeitige und umfassende Beteiligung bei Verkehrsplanungen anzustreben, reagiert die Verwaltung ablehnend. Sie sieht keinen Handlungsbedarf und verweist auf das formelle Beteiligungsverfahren, Pressemitteilungen, Telefonhotlines und Verwaltungssprechstunden.600 Informationsfluss und Beteiligung scheinen der Verwaltung völlig ausreichend. Die Bürgerforderung zeigt augenscheinlich, dass aus Sicht der Bürger in diesem Bereich ein Defizit vorliegt. Diese Rückmeldung nimmt die Verwaltung nicht wahr.601 Dabei liegen bereits Erfahrungen mit neuen Beteiligungsverfahren vor. Während die Anwaltsplanung aus Verwaltungssicht ihre Bewährung bestanden hat und unter finanziellem Vorbehalt durchaus Bereitschaft zu erneuten Einsatz besteht,602 ist die Beurteilung des Bürgerforums nur verhalten positiv. Es ist der Verwaltung mit zu hohem personellem und organisatorischem Aufwand verbunden. Sein Einsatz soll nur im Ausnahmefall erfolgen, „wenn sowohl die Bedeutung der Thematik wie die Begrenzung des räumlichen Bezugsrahmens das erfor597

Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 194. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 164f., mit besonderer Betonung von Ausstellungen und Wettbewerben. 599 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 55. 600 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 34, 94. 601 Ein Problem, das in der Verwaltung nicht nur vereinzelt auftritt, vgl. Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb 2000 für bürgerfreundliche Verwaltung, S. 16f. 602 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 59; auch: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 68. 598

III. Problemfelder der Partizipation

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dert“. Aus der doppelten Vorbehaltsetzung wird deutlich, dass die Verwaltung Foren als Beteiligungsinstrument quasi nicht mehr einzusetzen beabsichtigt. Es besteht lediglich eine Bereitschaft zu nachrangiger Beteiligungsarbeit und herkömmlicher Öffentlichkeitsarbeit mit Broschüren und Drucksachen.603 Die mangelhafte Bereitschaft zur Bürgereinbeziehung ist nicht nur knappen finanziellen und personellen Möglichkeiten geschuldet. Auch das Selbstverständnis der Verwaltung spielt eine Rolle. Zur Unterstützung gleichberechtigter Partnerschaft fordern die Bürger für Foren und Bürgergruppen eine finanzielle Ausstattung, über deren Nutzung sie eigenständig entscheiden dürfen. Die Verwaltung betont die Entscheidungskompetenz des Rates und weist die Forderung der Bürger nach einer Absicherung der zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik ausgehandelter Ergebnisse brüsk zurück: „Entscheidende Beschlusskompetenz haben die Ratsgremien und die Stadtbezirksräte. Bürger und Stadtverwaltung handeln nicht Projekte mit diesen aus: Die Verwaltung bereitet die Beschlüsse des Rates vor und führt sie aus. Bürgerinnen und Bürger werden in diesem Prozess angemessen beteiligt, ohne jedoch ohne eigenständige Entscheidungskompetenz zu verfügen.“.604

Selbst wenn die Bürger eine garantierte Absicherung der einvernehmlich „gewonnenen“ Ergebnisse gefordert haben, ist hier kein Angriff auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sehen. Zugrundeliegender Gedanke der Bürgerforderung scheint vielmehr eine Übertragung des Rechtsgedankens „pacta sunt servanda“. Die Forderung nach einer Selbstbindung der Politik oder der nachvollziehbaren Berücksichtigung der Bürgerbemühungen ist ein anerkannt erfolgsfördernder und auch praktizierter Faktor für Bürgerengagement.605 Eine rechtliche Bindung resultiert daraus nicht. Indem nun ein einvernehmlich gefundenes Ergebnis bar jeglicher Aussagekraft behandelt wird, stellt sich für die Bürger die Frage nach dem Sinn der Beteiligung. Einer anzustrebenden Bürgergesellschaft ist dies, noch dazu in Zeiten finanzieller und personeller Engpässe nicht zuträglich. Die Forderung der Bürger steht im Einklang mit dem Leitbild des aktivierenden Staates, das einer Gleichberechtigung von Bürger und Staat folgt.606 Die Verwaltung verharrt in einer traditionellen hoheitlichen Position. 603

Bei außenwirksamen prestigeträchtigen Vorhaben wie etwa offiziellen Internetprojekten ist jedoch eine größere Bereitschaft zum Engagement festzustellen Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 56ff., 95. 604 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 59f. 605 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (263f.); G3 (vgl. Anhang); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (46); BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 44. 606 Libbe/Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (22); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesell-

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Scharfe Töne schlägt die Verwaltung auch an, wenn „Partizipation“ und „Wirtschaft“ in einer Forderung der Bürgergruppen gekoppelt berührt werden. Forderungen nach offener Information von Beschäftigten durch Unternehmen und Organisationen, sowie Beteiligung an strategischen wie operativen Fragen der Planung und Entscheidungsfindung werden seitens der Verwaltung als autoritäres obrigkeitsstaatliches Denken gegeißelt.607 Eine ähnlich strikte Ablehnung ist bei den eigentlich maßgeblich betroffenen Wirtschaftsvertretern nicht festzustellen.608 Das zeigt, dass die Verwaltung in besten Absichten über das Ziel hinausgeschossen ist. Im Bereich Partizipation wirkt die Verwaltung noch häufig als Bremsfaktor. Der Haushalt begünstigt die Wahl suboptimaler Beteiligungsformen, da sich die Vorteile der Beteiligung erst in einem langfristigen Etat auswirken würden. ee) Wirtschaft Die Bedeutung der Wirtschaft erschien bereits in den obigen Themenbereichen. In der Organisation der Verwaltung scheint im Einzelfall Verbesserungsbedarf.609 Bei zusätzlichen ökologischen Maßnahmen zeigt die Verwaltung Bereitschaft, auch eine Vorbildfunktion einzunehmen, wenn dabei ihre finanzielle und personelle Situation Berücksichtigung findet. Innovative Fördersysteme stoßen in Teilen der Stadtverwaltung auf Ablehnung als unerlaubte Ausgabe nicht vorhandenen Geldes.610 Vorschläge, Ermessensspielräume einzelfallorientiert zur Förderung sozial oder ökologisch engagierter Unternehmen zu nutzen, werden von der Verwaltung als zu massiver Eingriff in das Marktgeschehen und dem Vergaberecht widersprechend abgelehnt. Die Förderung von Selbsthilfe- und Tauschmärkten lehnt die Verwaltung in jeglicher Weise ab. Bevorzugungen in der Marktordnung für regioschaft, S. 12ff.; so auch für die lokalen Agenda 21-Prozesse, v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (19). 607 „An Absurdität kaum noch zu übertreffen“, Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 96f. 608 Aus neueren Erkenntnissen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit stehen die Wirtschaftsvertreter dem Vorschlag aufgeschlossen gegenüber, Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 96. Von der Unternehmerseite wird sogar ein Pilotprojekt angeregt. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Eingriffe im Ergebnis nicht auf die Zustimmung der Unternehmen stoßen, vgl. an anderer Stelle: Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 175. 609 Während eine Organisationseinheit das Vorhandensein einer kritisierten Maßgabe leugnet, geht aus einer anderen Stellungsnahme deren Vorhandensein hervor, Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 65f. 610 Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 67ff. Zu der Möglichkeit atmosphärischen Wandels durch die Nachahmung von Vorbildern: Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 240.

III. Problemfelder der Partizipation

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nale oder ökologische Erzeuger werden von der Verwaltung als rechtlich nicht möglich abgelehnt. Unterstützung signalisiert sie hinsichtlich der Ausweitung von Bauernmärkten611 und der Förderung ökologischer Vorgaben bei eigenen Veranstaltungen. ff) Internationale Zusammenarbeit/Entwicklung Die Vorschläge im Fachbereich internationale Zusammenarbeit werden von der Verwaltung verhalten positiv bewertet, ohne dass sie als Aufgaben der Stadt anerkannt werden. Eine nicht begründete Ausnahme sind Städtepartnerschaften. Die eher Desinteresse zeigenden Äußerungen machen zweifelhafte Maßnahmen von der Entscheidung des Stadtrats abhängig. Das Engagement der Verwaltung bei Aufgaben, die nicht als zwingende kommunale Aufgaben normiert sind, ist sehr zurückhaltend. Zuständigkeiten und Pflichtaufgaben sind formal entscheidender Rahmen. Die Förderung fairen Handels betrachtet die Stadt als Marktaufgabe.612 Das Denken der Bürgergruppen ist demgegenüber offener und hinsichtlich kommunaler Möglichkeiten nicht regelorientiert sondern fakultativ zielorientiert geprägt. gg) Fazit Die Sorge um die kommunale Finanzkraft ist ein gewichtiger Beweggrund in der Arbeit der Verwaltung. Soziale und umweltpolitische Belange genießen zwar nicht immer die gleiche Priorität wie ökonomische Belange, werden aber keinesfalls regelmäßig ausgeblendet.613 Bei negativen Auswirkungen auf die Standortpolitik der Stadt ist grundsätzlich mit Widerstand der Verwaltung zu rechnen.614 Ursache der Implementationsprobleme kommunaler Umweltpolitik sind nicht direkte Handlungsbarrieren, sondern indirekte Einflüsse.615 611

Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 71f.; 79; 178f. Landeshauptstadt Hannover (Hrsg.), Stadt im Dialog, S. 97ff., 100f. Das Phänomen der Vernachlässigung des Bereichs Internationale Zusammenarbeit ist unter den Kommunen verbreitet. Der Bereich wird in der Regel der Außenpolitik und damit dem Zuständigkeitsbereich des Bundes zugeschrieben, G10 (vgl. Anhang). 613 So aber: Libbe/Tomerius/Trapp, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 9 (10). Anerkannt ist auch seitens von NGOs, dass die Verwaltung im Bereich Umwelt- und Soziales, bereits diskussionsfähige Grundlagen entwickelt hat, Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 13. 614 Hier schlägt sich insoweit der verschärfte Standortwettbewerb nieder, vgl. Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 84; ähnliche Erfahrungen von der Dominanz wirtschaftlicher Belange, Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11. 615 Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 300. 612

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Die Behauptung, die Verwaltung sei das größte Hindernis für den AgendaProzess, ist schlechthin unzutreffend. Öffentliche Verwaltungen, Politiker und Träger öffentlicher Belange werden dadurch einseitig als Vertreter überkommener Handlungsstrukturen diskreditiert.616 Das Leitbild der Nachhaltigkeit findet in der Verwaltung primär Aufnahme im Umweltbereich. Ökonomische, soziale, kulturelle generative und globale Ziele sind demgegenüber meist untergeordnet.617 Insbesondere in den Bereichen Wohnen und Freizeit stellt die Verwaltung durch kompetente und konstruktive Vorschläge und Maßnahmen einen unverzichtbaren Faktor dar. Der Wechsel zum Selbstverständnis einer ermöglichenden Verwaltung618 ist dort bereits stärker fortgeschritten. Die Verwaltung existiert jedoch nicht.619 So ist die Praxis sehr vom Engagement einzelner Verwaltungsmitarbeiter und Führungspersönlichkeiten abhängig.620 Dies kann in den Ressorts der Verwaltung zu unterschiedlicher Offenheit und Beteiligungsfreundlichkeit führen.621 Die pauschale Verwendung des Bildes einer einheitlichen Verwaltung dient mehr als strategisches Instrument, um Reformeifer zu bremsen.622

IV. Neuere Partizipationsansätze Die Schlagworte einer „neuen Planungskultur“ und „neuerer Partizipation“ gelten mitunter als die „Patentrezepte“, um Bürger in die Gemeinde einzubinden und die Verwaltung zu effektivieren. Der Begriff einer „neuen Planungskultur“ umschreibt Prozesse, die eine stärkere Verschränkung von schrittweiser Planung und Umsetzung zur Orientierung auf verfügbares Handlungspotential anstreben.623 Die neueren Partizipationsansätze können zwar günstig auf die Schwierigkeiten der Partizipation wirken, werden jedoch ihrerseits durch diese Beteiligungsprobleme624 beeinflusst. Ihre wün616

Hahn/LaFond, Lokale Agenda 21, S. 5f. Kreibich, in: Sibum/ders./Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 15 (33). 618 Dafür: Hummel, BdW 2000, 241 (243); ders., BdW 2002, 205 (207); ähnlich: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 16. 619 Vgl. auch: Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (231f., 234). 620 Dies wird teilweise auf unzureichendes Gehör der Umweltabteilung im Abstimmungsprozess der Ämter zurückgeführt, vgl. Schubert/Meyer-Engelke, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, G 2-1, S. 1 (29); Banner, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 77 (83). 621 Vgl. auch: Bunzel u. a., Umweltschutz im Baugenehmigungsverfahren, S. 15. 622 Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (235). 623 Stein, RuR 1995, 393. 624 Siehe oben: E.III.1.; E.III.2. 617

IV. Neuere Partizipationsansätze

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schenswerte Ausweitung ergibt sich aus den Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Wandels.625 Für lokale Agenda-Prozesse haben die neueren Partizipationsinstrumente unterschiedliche Relevanz und sollen daher einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Nach einer Darstellung der neueren Partizipationsinstrumente [E.IV.1–9] erfolgt eine Einschätzung deren Praxisanwendung [E.IV.10]. 1. Moderation/Mediation Ein Moderator soll als Makler zwischen den beteiligten Parteien durch Neutralität und geschicktes Moderieren Kooperationsbereitschaft in der Diskussionsrunde fördern, um ergebnisorientiertes Arbeiten zu ermöglichen.626 Professionelle Moderation bei der Initiierung des Agenda-Prozesses gilt als ein wichtiger Faktor, um den Prozess nicht schon zu Beginn der Gefahr des Scheiterns auszusetzen.627 Übernimmt ein entsprechend qualifizierter Verwaltungsmitarbeiter die Moderation, ist aber zu prüfen, ob er angesichts der Akteursrolle der Verwaltung auch als neutraler Mittler von den anderen Beteiligten akzeptiert wird.628 Die Kommunalverwaltung gerät sonst schnell in den Verdacht der Befangenheit.629 Übt der Moderator eine möglicherweise psychologisch unterstützte Führungsrolle aus, kann dies zu Vorbehalten der sich übervorteilt fühlenden Teilnehmer führen. Eine zu starke Lenkung kann den Eindruck erwecken, durch die Planer nur benutzt werden zu sollen.630 Sie schwächt die Aktionsfähigkeit und Formulierung klarer Positionen.631 Aus diesem Grund muss der Kommunikationsprozess frei von Manipulation und deren Anschein sein.632 Moderation bietet sich bei einem geringen Konfliktpotential an, bei dem durch Bereitstellen von Informationen eine Lösung möglich erscheint. 625 Vgl. Köck, in: Barth/ders. (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 117 (139); dazu auch oben: E.III.1.b); a. A. wohl im Ergebnis: Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 70f. 626 Dazu mit Beispielen: Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 17 (18ff.). 627 Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 66; Hülsmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 33 (36f.); Born/Kreuzer, Lokale Nachhaltigkeit, S. 14. 628 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 91; vgl. den Bericht von Haigis, BdW 2002, 219ff. 629 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (254). 630 Dernbach, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 26 (27). 631 Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 250. 632 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 447; vor der Gefahr der Manipulation durch Identifikation warnt auch Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (173).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Schwierigkeiten sind dann zu erwarten, wenn der Rat eine bestimmte Lösung herbeigeführt wissen möchte und die Moderation allein der Verbreiterung der Akzeptanzbasis dienen soll. Die Moderation ist nicht erfolgversprechend bei Projekten, die eine stringente Leitung erfordern.633 Ohne kompromissfähige verhandlungsmächtige Akteure kann die Aushandlung auch mittels Moderation nicht zum Ziel führen.634 Von der Moderation ist die Mediation zu unterscheiden.635 Mediation ist bei einem hohen Konfliktpotential der Fragestellung vorteilhafter. Sie verlangt dem Mediator neben der Neutralität auch inhaltliche sowie kommunikative Kompetenz und Entscheidungsautorität zur Konfliktlösung.636 Zur Bewältigung der Konfliktsituation soll eine Offenlegung der wirklichen Interessen durch die Trennung von persönlichen Konflikten und Sachproblemen erfolgen. Die Offenlegung wird dadurch erleichtert, dass allen Beteiligten die gleichen Informationen zur Verfügung stehen und eine für alle nachvollziehbare Darstellung der Prozesslage erfolgt.637 Ziel ist es verhärtete Positionen aufzulösen.638 Idealerweise zielt Mediation auf eine win-win-Situation.639 Sie arbeitet jedoch nur innerhalb einer bestimmten Gruppengröße erfolgreich.640 In lokale Agenda 21-Prozessen mit besitzstandsorientierten Ak633 Dernbach, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 26 (37); Kühn/ Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (28). 634 Gusy, ZfU 4/1990, 353 (356); vgl. auch: Haigis, BdW 2002, 219. Deshalb muss das generelle Ziel abgesehen von Interessensdivergenzen grundsätzlich erzielbar scheinen, Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (265); Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (28). 635 Eingehend: Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (253ff.). 636 Diller, RuR 1996, 228 (230f.); Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (265); Gusy, ZfU 4/1990, 353 (359f.). 637 Vgl. Becher, G+S 2003, 200 (202). 638 Sinning, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 411 (417); Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 76. 639 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (264); Heinzel, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 81 (86); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 71f. Für eine global nachhaltige Entwicklung ist daher fraglich, ob Mediation und Moderation allein der Schlüssel zur Bewusstseinsveränderung und zu Verhaltensänderungen sein können, so zutreffend: BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 73, 94f. Auch in der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung werden immer Gewinner und Verlierer auftreten, ebenso: Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 11 (28); Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (22); vgl. auch unten: E.V.2. 640 Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (270). Die Mediation führt in größeren konträren Gruppen auch dann nicht zum Erfolg, wenn die Konsensfindung in kleineren Einheiten dieser Gruppe vorher funktio-

IV. Neuere Partizipationsansätze

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teuren können die auftretenden Konflikte häufig durch Moderation und Mediation erfolgreich reflektiert werden.641 Die Erfahrungen mit Moderation und Mediation in der Praxis sind überwiegend positiv.642 Beide gelten neben Sorgfalt und Fachkunde als unabdingbar für konsensfähige Arbeit.643 In der Praxis haben Mediation und Moderation vor allem auf den Gebieten der Abfallwirtschaft und Altlastensanierung Anwendung gefunden.644 In Deutschland wurden bis 2002 mehr als 200 Mediationsverfahren durchgeführt.645 Dennoch kann die „Bestellung“ der Moderation politisch Schwierigkeiten bereiten. Die Verfahren können Kosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich nach sich ziehen und gleichen dem Einkauf eines ungewissen Ergebnisses durch den Gemeinderat.646 2. Fachforum Fachforen finden sich regelmäßig in lokale Agenda 21-Prozessen. Sie sind daher bei den organisatorischen Gremien der Agenda 21 behandelt.647 niert hat, vgl. Sinning, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 411 (427). 641 Hummel, BdW 2000, 241 (245); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 17. 642 Vgl. Wazlawik, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 85ff. Für die Ausweitung auch: Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (264ff.); Beaucamp, Das Konzept der zukunftsfähigen Entwicklung im Recht, S. 66. 643 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 10; Häusler, Politische Ökologie 54 (1998), 6; Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (51). 644 Eberhardt, ZAU 1996, 401 (403); Hübler/Kaether, Institutionelle Ressourcen und Restriktionen, S. 87; Sinning, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 411 (419). Im Abfallrecht findet die Mediation meist aus dem Grund Anwendung, dass sich die Verwaltung mit einem kaum beherrschbaren Akzeptanzproblem bei der Ansiedlung von Entsorgunganlagen konfrontiert sieht, wohingegen im Bereich der Altlastensanierung zumindest Einigkeit über die Erforderlichkeit einer Zustandsänderung besteht, Eberhardt, ZAU 1996, 401 (403); vgl. auch Heinzel, in: Kühn/Moss (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 81 (88f.); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 258, zu den parallelen kooperativer Diskurs und Gruppendelphi. 645 Neben dieser Nutzung in Planungsverfahren ist die Mediation Standard in der Praxis der nachbarschaftlichen Schlichtung. Dort erreicht sie im Schnitt Erfolgsquoten von 60%. Auch günstigstenfalls verbleibt jedoch ein nicht mediativ lösbares Konfliktpotential von 20%. Der Schwerpunkt lag im Umweltrecht, vgl. Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (268). 646 Vgl. Dernbach, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 26 (27); Perschel, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft, S. 245 (274). 647 Vgl. D.I.3.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Fachforen finden Einsatz bei Vorhaben, die grundsätzliche Entwicklungsentscheidungen der Gemeinde zum Inhalt haben, wie Verkehr oder auch Wohnen und Siedlungsentwicklung. Die thematischen Gebiete der Fachforen sind in der Regel im Gemeinderat wie der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Das Forum soll in dem definierten Problemfeld einen konsensualen Lösungsvorschlag ausarbeiten,648 wobei in der Besetzung des Fachforums ein Spannungsfeld zwischen repräsentativer Besetzung und fachlicher Qualität besteht.649 3. Runder Tisch Runde Tische haben eine große Ähnlichkeit mit Foren. Ihre große Popularität erlangten Runde Tische in der sog. Wendezeit der DDR.650 Runde Tische zielen für konkrete Themen auf kooperative Lösungsstrategien im gemeinsamen Diskurs mit den Bürgern und Vertretern verschiedener Gruppen der Gemeinde.651 Die Förderung des gegenseitigen Verständnisses der Teilnehmer füreinander bringt vielfach bemerkenswerte Resultate hervor.652 Konkrete Vorschläge werden schnell möglich und praktische Maßnahmen können selbst durchgeführt werden.653 An Runden Tischen ist nicht immer eine Leitung vorhanden. Runde Tische können sowohl mit wechselnder Gesprächsführung als auch mit professioneller Moderation nutzen.654

4. Zukunftswerkstatt Die auf Jungk zurückzuführende Zukunftswerkstatt erarbeitet mit Teilnehmern aus allen gesellschaftlichen Gruppen Leitbilder für eine nachhaltige Entwicklung und Zukunftsperspektiven bei gesellschaftlichen Problemen.655 648 Vgl. Sellnow, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 51; zu den Verhaltens- und Organisationsregeln im Einzelnen vgl. Sellnow, ebd. S. 38 (39ff.). 649 Vgl. Sellnow, in: Apel (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 38 (47) im Detail oben: D.I.3., bei Fn. 138ff. 650 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 75f. 651 Bornath/Zanger/Pinkepank, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 59 (60, 64f.). 652 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 76; Landeshauptstadt München, Umweltschutzreferat, Zwischenbericht zur Lokalen Agenda 21, S. 17. 653 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 90. 654 Bornath/Zanger/Pinkepank, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 59 (64f.). 655 Vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (6); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 77; Ködelpeter, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 66 (67).

IV. Neuere Partizipationsansätze

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Die Zukunftswerkstatt ist in Wahrnehmungsphase, Kritikphase sowie Phantasiephase gegliedert. Wahrnehmungs- und Kritikphase gleichen einer subjektiven Bestandsaufnahme und Evaluation. In der letzten Phase sollen Phantasie und Kreativität frei von Hemmnissen zur Entfaltung kommen.656 Die Zukunftswerkstatt ähnelt damit einem in einem Forum durchgeführten „Brainstorming“,657 um ein Leitbild zu entwickeln. Eine sich daran anschließende Umsetzungsphase verknüpft Visionen und Handlungen, indem realisierbare Ideen mit Aktionsplan, Verantwortlichen und Zeitplänen entworfen werden.658 Das „Brainstorming“ lässt örtliche Probleme oder Interessengegensätze gut hervortreten und ist daher gerade zu Beginn des Prozesses hilfreich.659 In lokale Agenda 21-Prozessen steht deshalb zumeist die Zukunftswerkstatt am Beginn des Prozesses.660 Wie auch in Foren kann ein einseitiges Spektrum der Teilnehmenden die Akzeptanz der Entwürfe untergraben.661 Moderation und Beschränkung der Teilnehmerzahl sind zur Umsetzung empfehlenswert.662 Die starke Konsensorientierung eignet sich nicht zur Lösung von Grundsatzkonflikten.663 Trotz Negativäußerungen in den Phasen der Bestandsaufnahme, die die Mitgestal656 Ködelpeter, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 66 (70f.); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 95; vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (6). 657 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 47. 658 Ködelpeter, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 66 (72); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 95; Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (6); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 77. 659 Vgl. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 47; Kraus, UPR 1998, 299; Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (7). 660 Beispielsweise: Stadt Bad Neustadt a.d.S. (Hrsg.), Kommunale Agenda 21, S. 8f. 661 Ködelpeter, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 66 (74f.); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429; vgl. oben: D.I.3, E.IV.2. 662 Vgl. Ködelpeter, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 66 (75); empfohlen darüber hinaus eine Begrenzung auf etwa 25 Teilnehmer, vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (6). 663 Etwa im Spannungssituationen von Ökologie und Ökonomie, Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 250; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 49, aus diesem Grund auch mit der Empfehlung, zur Vermeidung von Demotivation Gestaltungsmöglichkeiten aktiv aufzuzeigen. Die Kritik bemängelt, die Befürwortung erfolge meist anhand eines theoretischen Optimalfalls, der in der Praxis durch strukturierte Abläufe, die die Kreativität und Spontanität beeinträchtigten, nicht gegeben sei, Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 250f.; a. A. UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda II, S. 52, „Auch Eignung für „festgefahrene Situationen“.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

tungsmöglichkeiten in den Hintergrund dränge, wird die Wirkungstiefe aus der Praxis als positiv und hoch beschrieben.664 5. Zukunftskonferenz Die Zukunftskonferenz gleicht der Zukunftswerkstatt, ist jedoch noch stärker konsensorientiert.665 Im Vordergrund steht die Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten, anstatt Konflikte oder Probleme zu bearbeiten.666 Die Maßnahmenplanung erfolgt erst im Anschluss an einen Konsens über die Zukunft. Zu diesem Zweck sind die Teilnehmer repräsentativ aus Betroffenen, Handelnden und Entscheidenden in der Gemeinde zusammengesetzt.667 Die Gruppen sind größer als bei der Zukunftswerkstatt. Die Zukunftskonferenz arbeitet in einem stark systematisierten Modell mit besonderen Gruppenrotationen668 in zwei Hauptphasen über drei Tage zusammen. Sie bedarf einer transparenten Vorbereitung.669 Ein einmal aufgekommener Verdacht einseitiger Gruppenauswahl oder der Ergebnismanipulation, ist kaum mehr zu beseitigen.670 Aus diesem Grund ist auch die Einbindung des Gemeinderats erforderlich, um Umgehungsängste zu verhindern.671 Die Kritik an der Zukunftskonferenz ist parallel zu der an der Zukunftswerkstatt.672 Die 664 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 90. Die Rückmeldungen von den Gemeinden und Teilnehmern einer Zukunftswerkstatt sind trotz dieser teilweise strukturierten Abläufe positiv, soweit nicht eine aktiv lenkende Vorgabe erfolgt. Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 18; Bleja, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 113 (115); De Haan/Kuckartz/Rheingans, Umweltkommunikation und Lokale Agenda 21, S. 23. 665 Zu einem Gutteil identisch ist auch die Szenariomethode, bei der mittels der Entwicklung von positiven und negativen Bildern Anregungspunkte für eine lokale Agenda 21 entstehen sollen, vgl. Weinbrenner, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 136f. 666 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 77; vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (15). 667 Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (85); BMU/ UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 96. 668 Vgl. Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (86ff.). 669 Ähnlich zur Szenariomethode: Weinbrenner, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 136 (139). 670 Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (88). Ein häufiger Vorwurf ist die Vereinnahmung durch „Die Grünen“, ebd. S. (91); Pasternack, Der Landkreis 2003, 429. 671 Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (90). 672 Konzentration von Konsens und Ausklammerung strittiger aber zukunftsrelevanter Themen, vgl. Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (92); Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 249ff.

IV. Neuere Partizipationsansätze

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Zukunftskonferenz eignet sich nicht für schnelle konkrete Ergebnisse bei vorhandenen starken Strukturen und hoher Motivation oder Verweigerungshaltung der politischen Entscheidungsträger.673 Ihre im Vergleich zur Zukunftswerkstatt höhere Vorbereitungsarbeit macht sie für die Gemeinden unattraktiver.674 6. Open Space Technology Bei der Open Space Technology bespricht eine unbestimmte Anzahl von Teilnehmern an drei Tagen ein Rahmenthema von hoher Relevanz. Das Modell will schon jeden Anschein von Zwang und Beeinflussung unterbinden. Der Konferenzleiter dient nur der Raum- und Zeitorganisation.675 Innerhalb des Rahmenthemas ermittelt die Gruppe Themen selbst, indem jeder Teilnehmer ein Thema aufschreibt, das ihn interessiert. Darauf werden nach Belieben Workshops gebildet. Die Zusammenarbeit folgt zwei Grundregeln: • Jeder darf jederzeit kommen und gehen, mitarbeiten oder es lassen, wie er gerade will. Nirgendwo soll Zwang oder Kontrolle entstehen.676 • Die zweite Regel beinhaltet die fatalistische Grundauffassung, nach der alles Bestehende als das jetzt einzig Mögliche akzeptiert wird.677 Der einzige Zwang ist die Niederlegung der Arbeitsergebnisse auf dem Computer. Das Verfahren soll Gemeinschaftsgefühl und Eigenverantwortung stärken. Die Rückkoppelung mit anderen soll Mut und Zuversicht in komplexen unsicheren Situationen entfachen. Die positiven Effekte sind eher prozessbezogener als ergebnisbezogener Art.678 Zur Konfliktlösung eignet sich das Verfahren nicht. Es kann aber in der Ideenentwicklung vorteilhaft wirken.679 Die „Philosophie der Kaffeepause“ hat in den Gemeinden kaum Resonanz gefunden. Maßgeblichen Anteil daran hat wohl die ergebnisbezogene kom673

Hüneke, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 83 (92). Anders für die Szenariomethode: Weinbrenner, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 136 (150f.). 675 Petri, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 94 (95, 98); vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (8). 676 Vgl. Petri, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 94 (96f.); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 98; Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (8). 677 BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 98. 678 Petri, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 94 (97ff.); BMU/ UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 98. 679 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 72. 674

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

munale Arbeit. Zukunftswerkstätten und Runde Tische liefern in der Regel auch für die Gemeinden umsetzbare Resultate, was bei der Open Space Technology nicht gewährleistet ist. 7. Planungszelle/Bürgerforum/Bürgergutachten Die synonym verwendeten Begriffe „Planungszelle“ und „Bürgerforum“ sind auf Dienel zurückzuführende Partizipationsinstrumente.680 Planungszellen betrauen eine ausgewählte Gruppe von Bürgern mit der Lösung konkreter Planungsarbeiten. Die ausgewählten Bürger werden u. U. mit hohem Kostenaufwand von ihrer regulären Arbeit freigestellt. Die Auswahl erfolgt durch repräsentative oder delegierte Besetzung bzw. durch Zufallsauswahl ohne Zwang zur Teilnahme.681 Sie minimiert die Probleme sozialer Selektivität der Beteiligungsprozesse und vorrangiger Berücksichtigung organisierter Interessen.682 Offene Fragestellungen eignen sich besser für Planungszellen, da auf Zustimmung oder Ablehnung angelegte Fragen aus gruppendynamischen Gründen überproportional zur Ablehnung führen.683 Die weitere Behandlung des Gutachtens muss für die Beteiligten durchschaubar sein.684 Den Prozess begleiten und unterstützen Fachleute.685 Informationen, etwa Gutachten und die Prozessorganisation, müssen bereitgestellt werden.686 680 Dienel, Die Planungszelle, S. 74ff.; Sinning, DISP 35 (1999), Heft 136/137, 12; BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 97; vgl. Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (117); ders., in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (16); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 74. Ähnlichkeit existiert auch zu dem Instrument der Konsensuskonferenz, dazu: Köberle, Die Konsensuskonferenz, S. 8ff. 681 Dienel, Die Planungszelle, S. 74ff., 86ff.; Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (266); vgl. Reinert, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 326ff.; ders., in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (117f.); Sinning, DISP 35 (1999), Heft 136/137, 12; BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 97; BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 74. 682 Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115. 683 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (268). 684 Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (124). Die Entscheidungsträger sollten sich verpflichten, die Arbeitsergebnisse zumindest zu berücksichtigen, besonders, wenn es sich um ausgewogen erarbeitete und kompetente Ergebnisse handelt, Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (268); Reinert, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 326 (327); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 173f.; Dienel, Bürger planen, S. 76. 685 Dienel, Die Planungszelle, S. 98ff.; vgl. Reinert, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 326ff. 686 Sinning, DISP 35 (1999), Heft 136/137, 12; Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (117f.); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 97; BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 74.

IV. Neuere Partizipationsansätze

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Der Haupteinwand mangelnde sachliche Kompetenz hat sich in der Praxis nicht bestätigt. Auch Laien konnten qualifizierte Lösungen in komplizierten Sachverhalten finden, soweit vollständige und ausgewogene Informationen bereitgestellt wurden.687 Die gravierendste Schwachstelle der Bürgergutachten sind die hohen Durchführungskosten, die Exklusivität des Teilnehmerkreises und der hoher Organisationsaufwand.688 Planungszellen eigenen sich insbesondere für seit Jahren ungelöste und umstrittene Problemfälle, etwa allgemein unerwünschte Mülldeponien oder Kläranlagen.689 Die Erfahrungen deuten darauf hin, dass Bürgergutachten Fehlplanungen verhindern und damit kongruent zu den Konzepten der „Kundenorientierung“ und des „Qualitätsmanagement“ sind.690 Angesichts dieser Vorteile wird mit Recht aus der Wissenschaft die verstärkte Aufnahme von Bürgergutachten und Bürgerperspektive in die Verwaltungstätigkeit gefordert.691 Unter Berücksichtigung der Kosten bleibt das Verfahren wohl auf größere Planungsprojekte beschränkt. 8. Anwaltsplanung Der Planungsanwalt ist nicht Anwalt im juristischen Sinne. Die Anwaltsplanung erstrebt einen Prozess, in dem, ähnlich wie im gerichtlichen Verfahren, die Beteiligten eine möglichst gute Aushandlung mit einer gerechten, ihren Vorstellungen entsprechenden Planung erhalten. Der Planungsanwalt, ein Fachmann für planerische Fragen, soll bei der Grundbestimmung der Planinhalte die Anforderungen bestimmter sozialer Gruppen – seiner Klienten – artikulieren und möglichst wirkungsvoll in den Planungsprozess ein687 Dienel, Die Planungszelle, S. 91ff.; ders., Bürger planen, S. 70f.; Sinning, DISP 35 (1999), Heft 136/137, 12 (14); ebenso für neue Planungsinstrumente allgemein: Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (23). 688 Vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (18); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 75, daher auch Beschränkung auf größere Planungsprojekte prognostiziert. Die Planungszellenorganisation wird in der Regel wegen des großen Aufwandes der Verwaltung auferlegt, jedoch ist die Organisation auch durch den Agendabeirat und unter Beteiligung aller für Nachhaltigkeit engagierter Gruppen möglich, Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (126). 689 Vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (17); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 247. 690 Reinert, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 115 (125); BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 90; vgl. BMU/UBA, Handbuch Lokale Agenda 21, S. 97; Kodolitsch, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung, S. 39 (47), Anm. 24. 691 Hill, BayVBl 2002, 321 (325).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

fließen lassen.692 Er arbeitet auf die Einbeziehung von Gruppen hin, die sonst durch Planung nicht erreicht werden.693 Die vermittelnde Wirkung fördert Transparenz und Verständnis.694 Dies setzt den Planungsanwalt mitunter auch der Einflussnahme seitens der Gemeinde oder der Planer aus.695 Planungsanwälte setzen Gemeinden eher ein als breite Forenarbeit. Die Auslagerung des partizipatorischen Aufwandes an den Planungsanwalt muss jedoch durch dessen Beauftragung erkauft werden. 9. Sonstige Formen Die Relevanz der sonstigen Modelle ist wegen ihrer Aufwendigkeit oder aus anderen Gründen für Agenda-Prozesse gering. a) Community organizing Community organizing basiert auf dem Selbsthilfegedanken. Es zielt auf den „bottom up“-Aufbau eines schlagkräftigen Netzwerks. Initiatoren sollen in Haustürgesprächen, die in der Schilderung Missionsgesprächen der Zeugen Jehovas ähneln, durch den Aufbau einer persönlichen Beziehung Mitglieder rekrutieren. Die Eigenbetroffenheit der Bürger bietet den Ausgangspunkt der Motivation.696 Aus diesen zahlreichen Persönlichkeitsbeziehungen soll ein dauerhaftes durchsetzungsstarkes Netzwerk entstehen. Im Gegensatz zu sektoral ausgerichteten Nichtregierungsorganisationen intendiert der Aufbau keine permanenten Gegnerschaften. Verhandlungsphilosophie und Taktik des community organizing sind nicht konsensual und kooperativ. Die „Gegner“ sollen durch Konfrontation mit vielfältigen Möglichkeiten unter Druck gesetzt und zu einer Lösung gezwungen werden. Damit ist die Etablierung einer eigenen Machtposition verbunden.697 Die Anwendung des aus den USA stammenden Modells ist in Deutschland nicht ratsam. Das ge692 Vgl. Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 124ff.; sowie Bischoff/Selle/Sinning, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 347 (350f.); Dienel, Die Planungszelle, S. 58ff. 693 Vgl. Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 1 (22); Dienel, Bürger planen, S. 59. 694 Landeshauptstadt Hannover, Nachhaltige Umwelt-Entwicklung, S. 28. 695 Hendler, Die bürgerschaftliche Beteiligung an der städtebaulichen Planung, S. 126f. 696 Häcker, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 105 (107); so auch allgemein für die Beschäftigung mit Umweltfragen: Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 17; Kraus, UPR 1998, 299. 697 Häcker, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 105 (108, 110).

IV. Neuere Partizipationsansätze

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schilderte Vorgehen ist nach deutschem Recht zumindest bedenklich, teilweise schlicht rechtswidrig.698 Das Argument, diesen Organisationsansatz nur deshalb zu übernehmen, weil er Erfolg hat,699 ist insoweit nicht tragfähig. Der Zusammenschluss zieht seine Schlagkraft aus einem massiven Unzufriedenheitspotential,700 das in Deutschland noch nicht erreicht sein dürfte. Zudem scheint die Aussage, von der Beziehungskultur des community organizing könnten lokale Agenda 21-Gruppen organisatorisch lernen, nur sehr eingeschränkt zustimmungswürdig. Es liegen nämlich unterschiedliche Interessenlagen vor. Ein einendes großes Problem aller Akteure ist – wie auch die persönliche Verbundenheit in lokale Agenda-Initiativen – nicht die Regel. Die Nutzung des community organizing steht durch die Konfrontationstaktik dem integrativen Ansatz entgegen. b) Beratungskommission/Enquete-Kommission Beratungs- oder Enquete-Kommissionen haben den Vorteil, dass die Mitglieder zumeist autonom über ihr Vorgehen entscheiden können. Die Ausrichtung auf Fachleute führt jedoch dazu, dass eine Durchmischung mit Bürgern kaum stattfindet und dadurch kaum partizipative Vorteile zu Tage treten. Durch homogene Zusammensetzung kann es zudem zu einer inhaltlichen Beeinflussung kommen, die unterschiedliche Auffassungen ausblendet.701 c) Delphi-Befragung Die Delphi-Befragung besteht aus einem Fragenkatalog zu einer geplanten Aufgabe, der an einschlägige Fachexperten gesandt wird. Diese sollen die Konsequenzen einer Maßnahme beurteilen. Aus den Stellungnahmen werden Durchschnitts- und Extremwerte sowie die Abweichungen ermittelt und anonymisiert erneut mit einer Bitte um Stellungnahme an die Experten zurückgesandt.702 Dadurch sollen Abweichungen reduziert und die Urteilssicherheit erhöht werden. Variiert findet sich diese Form in einer nicht-öffentlichen Kleingruppen-Diskussion von Experten. Die Fachauseinandersetzung hat 698 Vgl. die Beispiele und die „Erfolgsgeschichte“ bei: Häcker, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 105 (109, 113f.), die Pläne schildert, die Gedanken an Boykotte, Nötigung und Betrug und vorsätzliche Schädigung nahelegen. 699 So: Häcker, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 105 (110). 700 Z. B. Tägliche Schießereien in Wohngebieten, vgl. Häcker, in: Apel u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 105 (112). 701 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (262); dies ließ sich etwa bei der Neubesetzung des Sachverständigenrates für Umweltfragen oder beim Rücktritt des Sachverständigenrates für Landwirtschaft beobachten. 702 Burmeister, Politische Ökologie 65 (2000), 27 (28f.).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

den Vorteil, dass die Begründungen eine hohe Wahrscheinlichkeit für treffende Antworten aufweisen.703 Die Fixierung auf Fachleute, die andere Bürger ausschließt, macht es indes kaum möglich, überhaupt noch von Partizipation zu sprechen. Die Übertragung der Ergebnisse in die Gesellschaft gestaltet sich daher mitunter schwierig.704 d) Kooperatives Diskursmodell Das Modell des kooperativen Diskurses versucht, Vorteile der verschiedenen neuen Partizipationsverfahren zu kombinieren und deren Nachteile zu minimieren. Die Kriterienfindung erfolgt durch Mediation, die Auswirkungsanalyse durch Delphi-Befragung und die Abwägung durch Planungszellen. Voraussetzung ist, dass das Verfahren vor der eigentlichen Entscheidungsfindung zur Anwendung kommt.705 Der erforderliche Arbeitsaufwand dieses Modells lässt sich anhand der Tabelle im Anhang erahnen, die die Aufgaben der gesellschaftlichen Akteure in einem Drei-Stufen-Modell nebeneinander stellt.706 Die Möglichkeiten einer kleinen bis mittleren Gemeinde werden mit diesem Modell überschritten. 10. Neuere Planungsinstrumente in der Praxis In der Literatur ist kein Mangel an Stellungnahmen über die Vorteile neuerer Planungsinstrumente, die teilweise als etablierte Verfahren bezeichnet werden.707 Zweifellos können die Gemeinden, die einen neuartigen Prozess der Bürgerbeteiligung ernsthaft umgesetzt haben, positive Resultate vorweisen.708 Die positiven Wirkungen der Partizipation bestehen somit nicht rein theoretisch. Die Berichterstattung ist jedoch tendenziös. Schwierigkeiten, Kostenmodelle und quantitative Beteiligungsgrenzen finden zumeist keine Erwähnung.709 Dies führt mitunter zu praxisfremden Partizipa703 Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (263f.); Speck, Graswurzelrevolution Nr. 216, Februar 1997, 11. 704 Burmeister, Politische Ökologie 65 (2000), 27 (30). 705 Dazu: Renn, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 101 (104ff.); Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (269). 706 Im Anhang XVII., Abb. A-34; nach: Renn/Oppermann, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 257 (269). 707 Vgl. Edeler/Neitzke/Siefer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 359 (363). 708 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 87f.; Dieckmann, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 225 (227). 709 Vgl. Sinning, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 411 (427), die eine Beteiligung von 128 Gruppen an Forum als Grenze des

IV. Neuere Partizipationsansätze

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tionsforderungen.710 Die Etablierung der neuen Partizipationsinstrumente ist so pauschal nicht vorhanden.711 Es handelt sich bei den Formen des Bürgerengagements noch mehr um rein praktische Übungen oder lokale Experimente.712 In der kommunalen Praxis wird die Partizipation mehr propagiert als umgesetzt. Allein die Teilnahme am Diskurs etikettiert die Verwaltung als „modern“.713 Die Intensivierung von Bürgereinbeziehung kann meist nur kurzfristige Erfolge vorweisen.714 Die entsprechenden Handlungskompetenzen konnten nicht auf die Gesamtorganisation der Gemeinde übertragen werden.715 Es wirkt jedoch nicht fördernd, mittels utopischer Forderungen oder Trenderklärungen einen Handlungsdruck auf die Gemeinden aufzubauen.716 Die Gemeinden verfügen bereits über – nicht uneingeschränkt positive – Erfahrungen mit den Instrumenten.717 Persönliche glaubhafte Auskünfte haben für die Gemeinden ein höheres Gewicht als geschönte Literaturberichte.718 handhabbaren sieht. Vgl. differenziert auch: Reinert, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 3-1, S. 326 (328). 710 Etwa auch zur Revision des Prozessstandes zwar wirkungsvolle aber enorm kostenintensive und aufwendige Bürgergutachten als öffentlichkeitswirksame Partizipation anzuwenden, Edele/Neitzke/Siefer, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 359 (364). Zwar kann auch ein Bürgergutachten eine Revision des Prozessstandes leisten. Das Verhältnis von Mittel zu Aufwand dieser Aufgabe gleitet jedoch in ein nicht mehr vertretbares Missverhältnis ab. Breit angelegte Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit erfordert einen erheblichen, häufig unterschätzten Zeitaufwand, vgl. auch schon: Müskens, Umweltschutz in den Gemeinden, S. 83f.; Hesse, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 137 (139f.); Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 286. Bei der Prozessstrategie kursieren Zahlen von 6 Monaten bis 4 Jahren, Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 55. 711 Etwa neun Gutachten zur Stadtentwicklung im Zeitraum von 1975 bis 1999 erlauben erhebliche Zweifel, ob es sich etwa beim Bürgergutachten um ein etabliertes Planungsinstrument handelt; Zahlen nach: Sinning, DISP 35 (1999), Heft 136/137, 12 (15). Vgl. auch: Kreuzer/Born, Lokale Nachhaltigkeit, S. 11; Geyersbach/Herrmann/Tetzel, Weimar 2010, S. 11; UBA (Hrsg.), Der Prozeß zu einer Lokalen Agenda I, S. 18. Dies erstaunt selbst kritische konfrontativ ausgerichtete Gruppen, wie wenig der Staat die neue „Chance der Legitimation von Herrschaft“ genutzt habe, Radkau, Natur und Macht, S. 332; vgl. oben: B.II.2.a). 712 Hill, BayVBl 2002, 321 (322). 713 Wilkesmann, Die Verwaltung 31 (1998), 219 (222). 714 Vgl. Franke/Löhr/Sander, AfK 2000, 243 (261). 715 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 142. 716 Ebenso für die Reformentschlossenheit: Banner, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 77 (89). 717 Die Vorteile, etwa von Zukunftswerkstätten sind den Politikern zumeist bekannt, aufgrund bekannter abschreckender Beispiele des Scheiterns schrecken sie vor einer Initiierung in der eigenen Gemeinde zurück, Magel/Jahnke, in: Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (Hrsg.), Gestaltung als Auftrag, S. 105 (109); vgl. auch: Lamping/ Schridde, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 80 (94).

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Auch durch gut gemeintes Verschleiern von Problemen wird Vertrauen verspielt.719 Die lokale Agenda 21 kann dies irreparabel beschädigen.720 Entgegenkommende institutionelle Strukturen sind eine Voraussetzung zur Partizipation. Ihr Vorliegen ist gegenüber lokale Agenda 21-Initiativen mitunter zweifelhaft.721 Angesichts der Vorteile neuerer Partizipationsansätze sollte die lokale Agenda 21 als Chance genutzt werden, um experimentell die positiven Erfahrungen über die bestehende Verwaltungspraxis hinaus in die kommunalen Entscheidungsprozesse zu integrieren und die gemeindliche Entwicklung zu beleben.722

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden Die Ergebnisse der Partizipation stellen in neueren Veröffentlichungen die wichtigsten Ergebnisse der lokalen Agenda 21 dar.723 Die dargestellten Schwierigkeiten in der Partizipation stellen die Gemeinden vor die Frage, ob der zu bewältigende Aufwand für eine Ausweitung der Partizipation abseits experimenteller (Agenda-)Projekte in einem angemessen Verhältnis zu den erzielbaren Vorteilen steht. Ernsthafte Partizipation kann den Gemeinden schon in einer kurzfristigen Perspektive bei Projekten von Nutzen sein [E.V.1.]. In einer längerfristigen Perspektive sind von ernsthafter breiter Partizipation sowohl vorteilhafte Auswirkungen auf das bestehende Politiksystem [E.V.2.] als auch für die Konzeption einer zukunftsfähigen gestärkten Gemeindeorganisation [E.V.3.] zu erwarten.

718

Ähnlich zu Unternehmen: Subjektive Akzeptanzschwellen sind im brancheninternen Erfahrungsaustausch geringer als gegenüber externen Beratern, Wanke, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 79; OECD (Hrsg.), Innovative Policies, S. 87; zum gegenseitigen kommunalen Austausch: Christner/Vandamme, BdW 2002, 212f. 719 Vgl. auch: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (178); ders., Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 89. 720 Vgl. Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 106. 721 Vgl. Kopfmüller u. a., Nachhaltigkeit integrativ betrachtet, S. 253f.; Bergstedt, Politische Ökologie 54 (1998), 7. 722 Landesregierung Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Bürgerland-Handbuch, S. 52; ähnlich: Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 193f. 723 Etablierung von Arbeitsstrukturen, die Umsetzung von Projekten und Maßnahmen, Verbesserung von Kommunikation, Kooperation und Vernetzung zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik, vgl. die Untersuchungsergebnisse bei Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (10f.).

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

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1. Konsens Konsens ist eines der am häufigsten genannten Merkmale erfolgreicher Partizipation. Dieses Merkmal ist jedoch nicht unumstritten. Gerade von radikalen Umweltschützern wird der Nachhaltigkeitsprozess vor allem wegen seiner Konsensorientierung angeprangert.724 Die Zusammenfassung einer Vielzahl verschiedener Positionen auf einen gemeinsamen Nenner sowie die Widersprüche, die durch Zielkonflikte auftreten können,725 speisen die Beurteilungen der „Agenda als leerer Rahmen, in dem sich alle wohlfühlen“, „‚Wir‘-Gefühl auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner Null“, „Leerhülse“, „in Mode gekommene Mogelpackung“, Verkörperung des „guten Lebens schlechthin“ und dergleichen mehr.726 Die konsensorientierte Ergebnissuche ist nach dieser Auffassung eine Utopie, die den Agenda-Prozess zu langatmigen Diskutierclubs machte.727 Sie führte zu einer Aufgabe idealistischer Vorstellungen, der Einstellung öffentlichkeitswirksamer Aktionen und verneble nur Konflikte.728 Aus sektoraler Sicht steht zwar geringen Veränderungen in der Realität die Entradikalisierung von NGO-Programmen gegenüber.729 Hinter der Kritik steht aber häufig die Enttäuschung über die Ergebnisse des begonnen Nachhaltigkeitsdiskurses, maßgeblich wegen einer faktisch bestimmenden Wirkung ökonomischer Belange.730 Die Kritik ist nach wie vor in abwehrendem Frontendenken verhaftet.731 Sie zieht gar nicht in Betracht, dass im Abrücken von Idealen mehr Ziele zu verwirklichen sein 724 Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 270ff.; Radkau, Natur und Macht, S. 332. 725 Vgl. auch: Kühling, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, S. 151 (160f.) anhand der TA-Luft Novelle 1986; Bergstedt, Politische Ökologie 54 (1998), 7 (8); Strobach, Die Agenda 21, S. 19f.; Harborth, Dauerhafte Entwicklung, S. 67; Hesse, RuR 1996, 103 (107); Kreibich, Nachhaltige Entwicklung, S. 180f. 726 Bergstedt, Politische Ökologie 54 (1998), 7 (8); Schubert, Raumplanung 73 (1996), 68 (73); dagegen UBA, Nachhaltiges Deutschland, S. 4; vgl. Klemmer, in: ARL (Hrsg.), Dauerhafte, umweltgerechte Raumentwicklung, S. 188 (189); Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 9; kritisch: Hofmeister, in: Brandt (Hrsg.), Perspektiven der Umweltwissenschaften, S. 83. 727 Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 255f.; vgl. auch kritisch zu kooperativen Konsensverfahren aus ökonomischer Sicht: Siebert, Mehr Markt für mehr Wachstum, FAZ Nr. 20 v. 24.01.2004, S. 13. 728 Bergstedt, Agenda, Expo, Sponsoring, S. 249, 268f., 271ff.; 276; Ferenschild, Von Seattle bis Porto Alegre, S. 53 (61). 729 Altner, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 134 (137f.); Meyer/Gaum, APuZ 31–32/2002, 25 (26). 730 Ferenschild, Von Seattle bis Porto Alegre, S. 53 (61f.). 731 Zu der Problematik Loske, Die Ökologie ist ein starker Innovationsmotor, DIE ZEIT Nr. 4, v. 15.01.2004, S. 15.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

könnten als im einflusslosen Verharren auf radikalen Positionen. Die Kritik übersieht, dass die Annäherung an die Vorstellungen der Gesellschaft notwendig ist, da radikale ökologische und soziale Umverteilungen demokratisch nicht zustimmungsfähig sind.732 Nicht zuletzt resultiert dies aus zu hohen Erwartungen.733 Die breite programmatische Basis bietet keinen Platz für revolutionäre Ansätze. Statt Polarisation sollte ein Bezugsrahmen für Zusammenarbeit hergestellt werden.734 Die Konsensbildung ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Positionen der lokalen Akteure, sowie der Aufnahme vieler Informationen und Nebenziele oft langwierig und zäh.735 Eine Integration aller Gruppen einer Gesellschaft ist nicht möglich.736 Es kann daher nur um eine möglichst umfassende Einbindung vor Ort gehen.737 Die Herausarbeitung des „größten gemeinsamen Nenners“ ist zwar mit der Aussicht auf kontinuierliche Fortentwicklung verbunden.738 Dies erscheint aber zunächst als bescheidenes Resultat. Auch aus dem Zusammenwirken der Probleme im Dialog von Verwaltung und Bürgern sowie der Tendenz gesellschaftlicher Separation739 ist aber immer häufiger ein unterentwickelter Willen der Bürger, in geringerem Umfang auch der Verwaltungen festzustellen, sich zu einigen.740 Die Bedeutung der Konsensbemühungen erschließt sich daraus, dass die Frontenbildung zwischen den Akteuren mit Vorurteilen und Klischeebildung so weit gediehen ist, dass gar keine Gespräche mehr stattfanden. Aus diesem Blickwinkel 732 733

Jänicke/Kunig/Stitzel, Umweltpolitik, S. 69. Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development,

S. 57. 734

Huber, Nachhaltige Entwicklungen, S. 14. Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 208; Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 7. 736 Ebenso: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 19. Vorstellung von einvernehmlichen, konfliktfreien effizienten, vernünftigen, gerechten und demokratischen Entscheidungen sind ein maßlos anspruchsvolles Wunschbild, so richtig: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (179). 737 Hillebrand, BWGZ 1999, 953 (955); Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (101). 738 Stadt Frankfurt (Hrsg.), Frankfurter Agenda 21, S. 13; Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 24. Auch Beroleit, in: Mayer (Hrsg.), Initiativen für eine nachhaltigere Entwicklung, S. 13 (18), Veränderungen durch Kumulation vieler kleiner Schritte mit großem Akteursradius. 739 Dazu eingehend bereits oben E.III.1.b). 740 Konfliktbereitschaft bis zu letzter Instanz zu gehen G1 (vgl. Anhang); Sendler, DÖV 1989, 481 (488); vgl. auch unten: E.III.1.b)cc), insbesondere Fn. 275, 276. 735

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

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liegt der Erfolg darin, dass verschiedenste Interessenvertretungen eine längere Zeit überhaupt miteinander gesprochen haben, so dass eine Basis für künftige Diskussionen gegeben ist.741 Mit der Konsensbildung ist eine Veränderung in der Sichtweise der Akteure festzustellen. Gerade bei kleineren Gemeinden führt mehr Verständnis für die Sichtweise anderer Gruppen zu einer qualitativen Verbesserung der Partizipation.742 Die Vorteile einer Konsenslösung liegen in der Erhöhung der Planungsakzeptanz und des Umsetzungsgrades der Planung.743 Instrumentalisierte Partizipation entfaltet diese positive Wirkung in der Regel nicht. Die Partizipation kann somit „Instrument zur Konsensbeschaffung“744 werden. Konsensuale bzw. breite gesellschaftliche Mehrheitsentscheidungen sind für die Entscheidung über die ethisch gewollte Nachhaltigkeitsintensität745 und die Umsetzung einer lokalen Agenda 21 erforderlich.746 Eine „Diktatur“ ei741 Stadt Münster, Die Oberbürgermeisterin Agenda-Büro, Öffentliche Beschlussvorlage Nr. 393/99 vom 25.03.1999, Anlage 1, 1 Prozessbericht Lokale Agenda 21 für Münster, S. 24; vgl. ähnlich: Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 57. Idealerweise soll die Kommunikation zumindest zur Wahrnehmung der unterschiedlichen Probleme und Folgen der Entscheidung für die verschiedenen Akteure führen, Beispielsweise für Landwirtschaft und Landschaftsplanung, Luz, in: Selle (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 79 (83ff.); G3 (vgl. Anhang); UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 62. 742 UBA (Hrsg.), Steuerungsinstrumente, S. 100; Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 13 (23); G4 (vgl. Anhang). 743 Auch schon mit Nachhaltigkeitsbezug: Mitschang, in: Spannowsky/ders. (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 17 (24); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31ff.); Burmeister/Hokkeler, IzR 1998, 31 (36). 744 Hendler, Die bürgerschaftliche Mitwirkung an der städtebaulichen Planung, S. 34; Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (8f.). 745 Aus diesem Grund liegt auch in der Anerkennung nachhaltiger Entwicklung als Entwicklungsparadigma, keine wesentlich neue Qualität der Agenda 21, wie Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (4f.), meint. Mit der Anerkennung nachhaltiger Entwicklung als Entwicklungsparadigma besteht nichts anderes als eine Einigung auf eine Formel, die inhaltlich noch weitgehend offen ist. Eine neuwertige qualitative Stufe erreicht sie erst durch die partizipazive Entscheidung über die gewollte Nachhaltigkeitsintensität. Zugleich vermeidet der Dialog Bewertungsdefizite. In der Regel unterschätzt die Politik die Akzeptanzbereitschaft für umweltpolitische Maßnahmen und überschätzt die Duldungsbereitschaft für Infrastruktur und Anlagenbau. Vgl. Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 54, 56; vgl. auch oben: D.II.3.a). 746 Hesse, RuR 1996, 103 (113); Zimmermann, APuZ B 27/97, 25 (31f.); Löhr, IzR 1996, 99 (104); Graf/Spengler, Leitbild- und Konzeptentwicklung, S. 66; Weber/Schaller/Zirkwitz, in: Kuhn u.a (Hrsg.), Agenda 21, S. 145 (152); Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 52. Diefenbacher u. a. (Hrsg.), Nachhaltige Regionalentwicklung, S. 61; Apel, in: ders. u. a. (Hrsg.), Wege zur Zukunftsfähigkeit, S. 7 (11); ohne diese hat die Agenda 21 kaum Aussicht auf Umsetzung.

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

ner Nachhaltigkeitsdimension747 ist aufgrund der kompromissgeprägten Konsensfindung kaum denkbar.748 Das kooperative soziale und politische Klima ist zudem unabdingbar für den Erfolg einer lokalen Agenda 21.749 Die konsensuale Prozessorientierung darf jedoch nicht die Vorstellung erwecken, aus dieser allein entstünden die Beiträge zur lokalen Agenda 21. Die Präsentation eines Ergebnisses politischer Aushandlungsprozesse „als Problemlösung“ von den Akteuren, obwohl sie intern von der Unangemessenheit und Ineffektivität überzeugt sind,750 bildet eine negative Kehrseite, die im Prozess auftreten kann und dann in der Tat eine Vernebelungsstrategie darstellt. 2. Verifizierbare Vorteile im lokalen Politiksystem? Die Frage nach dem Zusammenhang von Ortsgrößen, lokalen Handlungsspielräumen und der Identifikation der Bürger mit ihrem Ort und der Politik ist trotz ihrer Relevanz für Dialog und Partizipation751 bislang kaum untersucht worden. Die meisten Darstellungen stützen sich lediglich auf plausible, nicht belegte Vermutungen über Einflüsse auf das politische Kompetenzgefühl der Bürger. Es ist ein Verdienst von Vetter, empirische Befunde über die Sozialisationsfunktion der Kommunalpolitik auf Partizipation und politische Kultur gesammelt zu haben. Die politische Kultur entspricht danach umso stärker dem Leitbild einer Zivilgesellschaft, je stärker die Gemeinden den Bürgern als autonome Leistungsträger gegenübertreten und je stärker das kommunale Institutionensystem konsensdemokratischen Mustern entspricht. Je positiver die Bürgereinstellung zu den Kommunen ist, desto eher können lokale Reformen verwirklicht werden752. Eine Annahme der Untersuchung war, dass der Kontakt zwischen Bürgern und Politik auf der lokalen Ebene am direktesten und häufigsten ist und weniger komplexe, eher nachvollziehbare und besser beeinflussbare Sachverhalte vorliegen. Die lediglich auf örtlich relevante Entscheidungsfelder beschränkte Entscheidungsbreite der Kommunen sollte daher trotz effizienter 747 „Öko-Diktatur“, F. J. Henneke, in: ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, Nachhaltigkeit und Region, S. 23. 748 Dies bedingt allerdings, dass zu Beginn des Dialogs für relevante Aussagen die Anzahl der gesprächsbereiten Akteuren nicht zu gering ist, BMU/UBA (Hrsg.), Handbuch lokale Agenda 21, S. 75. 749 UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www.iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 17. 750 Bratzel, in: Mez/Jänicke (Hrsg.), Sektorale Umweltpolitik, S. 129; Stark, Lokale Agenda 21, S. 55. 751 Vgl. oben: E.III.2.a), E.V.3. 752 Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 14, 16f.

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

585

Rückkopplung aufgrund der geringen Entscheidungsrelevanz auch eine geringere Unterstützung der Bürger nach sich ziehen.753 a) Kein Zusammenhang zwischen Integrationsfähigkeit und Ortsbindung Die Untersuchung ergab, dass die Einstellungen der Bürger gegenüber lokaler Politik nicht positiver sind als gegenüber nationaler Politik. Die Demokratiezufriedenheit ist jedoch auf lokaler Ebene höher als auf nationaler Ebene. Dies gilt auch für das lokale Kompetenzgefühl der Bürger, die sich auf der lokalen Ebene eher zu Veränderungen fähig fühlen.754 Analytisch arbeitete Vetter heraus, dass die lokale Integrationsfähigkeit und die Bindung der Bürger an ihre Heimatorte fast keinen Einfluss auf das Niveau der gefühlten lokalen Kompetenz haben.755 Ebenso wenig beeinflussen die lokale Integrationskapazität und das Ausmaß des lokalen Handlungsumfangs die Bindung der Bürger an ihre Heimatorte.756 Hohe Kompetenzwerte sind in der Regel mit hohem lokalem Gestaltungsspielraum kombiniert und steigen unabhängig von der Integrationskapazität der lokalen Strukturen. Die lokale Aufgabenbreite wirkt somit auch positiv auf die Zufriedenheit mit der lokalen Demokratie. Je höher der lokale Gestaltungsspielraum ist, desto geringer ist aber die örtliche Verbundenheit der Bürger, da diese primär auf sozialer Einbindung beruht.757 Die plausible Vermutung, dass lokaler Gestaltungsspielraum positiv auf Einstellungen der Bürger wirkt, wenn diese breite Mitentscheidungsbefugnisse haben,758 ist empirisch nicht zu belegen.759 Positiv auf die Zufriedenheit mit der lokalen Demokratie, wie auf das lokale Kompetenzgefühl, wirkt hingegen eine proportionale Interessenvertretung. Ein gleicher Zusammenhang ist zwischen lokaler Integrationsfähigkeit 753

Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 52, 55ff. Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 101. 755 Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 170. 756 Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 180; a. A. wohl Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (22). 757 Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 174, 181, 188. 758 So wohl: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (45), wo von einer Erschwerung des Engagements durch das Gefühl geringer Gestaltungsmöglichkeiten eigener Handlungs- und Betroffenheitszusammenhänge durch die örtliche Selbstverwaltung ausgegangen wird. Ähnlich: Gege, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 71 (73); Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis, S. 25. 759 Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 180. 754

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

und der Zufriedenheit der Bürger mit der lokalen Demokratie zu erkennen.760 Grund sind aber weder Komplexität noch einfachere Beteiligung, sondern die direktere Rückkoppelung zwischen Politikern und Bürgern.761 Die zentrale Rolle der Kommunen zeigt sich in der besonderen Gewichtung der kommunalen Ebene. Es ist nahezu kein Einfluss der Ortsgröße auf das Kompetenzgefühl in der Bevölkerung nachweisbar.762 b) Folgerungen und Bedeutung für Organisation und Partizipationsinitiativen Die Annahme, dezentrale Verwaltungsstrukturen und Einbeziehung der Bürger in Stadtteilarbeit förderten die Verbundenheit mit der Gemeinde und seien daher in der Agenda 21 weiter zu verfolgen,763 scheint so nicht zuzutreffen. Das beobachtete Phänomen resultiert aus dem persönlichen Kontakt und der direkten Rückkopplung, die nur häufig mit dezentralen Verwaltungsstrukturen zusammenfallen. Dies erklärt, warum dezentrale Verwaltungsstrukturen ebenso an Kommunikationsmängeln und Partizipationsfeindlichkeit leiden können.764 Gleiches gilt, wenn von niedriger Wahlbeteiligung auf mangelnde Bürgernähe und wenig Einflusschancen geschlossen765 oder als Erklärung für niedrige Wahlbeteiligung auf die abnehmende persönliche Gebundenheit an einen geographischen Ort abgestellt wird.766 Die Handlungsspielräume haben weniger Relevanz für die Bemühungen, durch Beteiligung Politikverdrossenheit zu vermindern,767 als vermutet. Zwar haben sie als Rahmen Einfluss auf die Sinnhaftigkeit, mit der Bürger ihren Partizipationsansatz betrachten. Im Abgleich zur nationalen Ebene ist aber die Integrationsfähigkeit und proportionale Interessenvertretung entscheidender für die Zufriedenheit der Bürger mit der kommunalen Demokratie. Dies wirkt sich auf die Unterstützung der Bürger für ihre Gemeinde aus, die auch lokale Agenda 21-Initiativen für ihre Ansätze benötigen. Die These der Lokalpolitik als „Schule der Demokratie“ lässt sich empirisch untermau760

Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 171, 175. Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 193; ähnlich: Böhm, in: Horn, Recht im Pluralismus, S. 135. 762 Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 200ff. 763 Vgl. Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 50. 764 Dazu oben: D.II.3. 765 Maasberg, Die Umsetzung der kommunalen Agenda 21, S. 55. 766 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (44); Brandl, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 4. 767 Bogumil/Holtkamp, in: Libbe/Tomerius/Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 71 (82). 761

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

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ern. Die lokale Politik kann somit ein erhebliches Legitimationspotential vorweisen, das der Entkoppelung von Bürgern und Politik entgegenwirken kann.768 Partizipation im Sinne eines integrativen Ansatzes ist somit von größerer Bedeutung für dauerhafte Erfolgsaussichten einer Agenda 21 in der Gemeinde, wie für gesellschaftliche Planung überhaupt, als bisher angenommen. Ein Verständnis der Partizipation als überflüssiger Luxus ist vor dem Hintergrund der Untersuchung nicht zu halten. Gelingt es Partizipation und Bürgerengagement zu verbinden, kann die lokale Agenda 21 aus der „Grünen Ecke“ herausgeholt und der Politikverdrossenheit entgegenwirken.769 3. Perspektiven für eine kommunale Zukunftsstrategie In Deutschland besteht bereits eine ausgeprägte dezentrale Struktur.770 Von einer dominierenden liberalen Gesellschaftsauffassung Ende des 19. Jahrhunderts ist die bürgerschaftliche Mitwirkung mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt worden.771 Das Vertrauen in die Fähigkeiten der Gesellschaft ist nur schwach ausgeprägt.772 Die Unzufriedenheit mit den Systemmängeln ist aber nicht so groß, dass dieser Faktor zu verändernder gesellschaftlicher Dynamik genützt werden könnte.773 Umweltprobleme und politische Defizite fördern zur Zeit die Grundausrichtung hin zu Dezentralisierung und Partizipation.774 Die Herausforderungen vor denen die Gemeinden angesichts der Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklung stehen,775 lässt das Leitbild eines umfassenden Gewährleistungsstaates nicht mehr als adäquate Lösung für eine gemeindliche Entwicklungsperspektive erscheinen. Als Lösungsansatz für eine zukunftsfähige Gemeinde gerät daher zunehmend das Leitbild einer Zivilgesellschaft ins Blickfeld, das einen Überschneidungsbereich zur lokalen Agenda 21 aufweist. 768

Vetter, Lokale Politik als Ressource der Demokratie in Europa?, S. 102f. Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 6. 770 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (54); vgl. zu den westlichen Staaten insgesamt Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (268). 771 Knemeyer, in: Hablitzel/Wollenschläger (Hrsg.), Recht und Staat, S. 557 (563); Kopatz, Lokale Nachhaltigkeit, S. 87; Buß, Das Machtgefüge in der heutigen Kommunalverfassung, S. 190; zu der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft: Wehr, Rechtspflichten, S. 150f. 772 Hummel, BdW 2000, 241 (242). 773 Vgl. Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (54). Deshalb betrachtet er den Faktor zugleich als zivilorganisatorische Schwäche. 774 Jänicke, in: Prittwitz (Hrsg.), Umweltpolitik als Modernisierungsprozeß, S. 16; ähnlich: Kahl/Glaser, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 9 (16). 775 Dazu oben: E.III.1.a); E.III.1.b); D.III.1.b). 769

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

a) Leitbild Zivilgesellschaft Das Leitbild der Zivilgesellschaft hat seinen Kern „in nicht-staatlichen und nicht ökonomischen Zusammenschlüsse(n) und Assoziationen auf freiwilliger Basis, die die Kommunikationsstrukturen der Öffentlichkeit in der Gesellschaftskomponente der Lebenswelt verankern“.776 Dem liegt ein liberales politisches Verständnis zugrunde mit einer Steigerung der Eigenverantwortlichkeit der Akteure. Es begreift Demokratie als Lebensweise statt nur als Verfassungsform.777 Kooperation und Selbstregulierung sollen dabei als alternative Steuerungselemente staatlich instrumentalisiert werden.778 Sozialer Zusammenhalt soll nicht finanzierbare Leistungen weiterhin ermöglichen und aktive Handlungsspielräume der Gemeinden zurückgewinnen.779 Die Bürgergemeinschaft soll den Staat so „in nicht bezifferbarer Größenordnung“ finanziell entlasten.780 Die Relevanz zivilgesellschaftlicher Problemlösung und Mitgestaltung ist dem Grunde nach nicht mehr strittig.781 Die 776

Habermas, E+Z 12/2001, 356f. BMU (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 13; Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430); Kühn/Moss, in: dies. (Hrsg.), Planungskultur und Nachhaltigkeit, S. 233 (240); Hummel, BdW 2000, 241 (242); Mühlum, BdW 2000, 5 (8). 778 Faber, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 425 (429f.); vgl. Steger, in: Fritz/ Huber/Levi (Hrsg.), Nachhaltigkeit in naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Perspektive, S. 61 (73). 779 Köhle, BayGTZ 2001, 228; auch und gerade in Bezug auf die lokale Agenda 21: Anton, in: Kösters (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, E 2-1, S. 1 (3f.); Klie/Roß, BWGZ 2000, 148; Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (60); Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 2; vgl. auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 89. 780 Vgl. Gemeinsame Erklärung von Bundesumweltministerin und Kommunalen Spitzenverbänden „Klima schützen – Umwelt gestalten – Kosten senken“, zitiert nach: Brandt, in: Spannowsky/Mitschang (Hrsg.), Nachhaltige städtebauliche Entwicklung, S. 167 (174f.); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 16.; Kopatz/Troja, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 95 (124); dazu bereits oben: D.II.3.f); D.II.3.d)cc)(3); D.II.5; D.III.1.a)cc); D.III.1.b)bb); E.I.3.; E.III.2.a)bb). Die Mitgestaltung in den Gemeinden als Möglichkeit zur Identifikation mit der Gemeinde stößt auch aufgrund der Finanzknappheit der Gemeinden auf Aufmerksamkeit als deren bedeutendste Ressource, Hillebrand, BWGZ 1999, 953 (954); vgl. auch: Kösters, in: ders. (Hrsg.), Erfolgreiche Kommunalpolitik, C 4-2, S. 1 (21). Dabei sollen die Stärkung der Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit einer Stadt identifikationssteigernd auf die Bewohner wirken, auch wegen der Stärkung der kleineren politischen Einheiten durch die Globalisierung, Brandl, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 4 (5); v. Ruschkowski, APuZ B31–32/2003, 17 (18). Auf diese Weise soll die Bereitschaft für Kooperation und Verantwortungsübernahme steigen, Henckel, in: ders. u. a., Entscheidungsfelder städtischer Zukunft, S. 297 (328f.). 777

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

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Bemühungen zur Förderung von Bürgerengagement können auch, befördert durch den Finanzdruck in den Gemeinden,782 bislang respektable Erfolge vorweisen. Die Kommunen konnten neue Kooperationspartner gewinnen.783 Positive Resultate kann insbesondere die Aktivierung von Vereinen für gesellschaftliches Engagement vorweisen.784 Startschwierigkeiten dieser Bemühungen sind noch die fehlende verwaltungsinterne Abstimmung zur Förderung des Bürgerengagements785 und die nicht traditionell verbandliche Organisierbarkeit.786 b) Private Verantwortungsteilhabe Private Verantwortungsteilhabe ist ein Modell einer weitergehenden liberalen Bürgergesellschaft. Die Einbeziehung der gesellschaftlichen Akteure in die Planung dient dabei zugleich der erleichterten Übernahme politischer Verantwortung.787 In einer moderaten Form soll Partizipation zu einer Teilung von Aufgabenerfüllung, Finanzierungs- und Durchführungsrisiko zwischen Privaten und Kommune führen.788 Die Verantwortungsteilhabe soll Private in die pla781

Massarat, in: ders./Rolf/Wenzel (Hrsg.), Bilanz nach den Weltgipfeln, S. 64

(77). 782

Vgl. oben: D.III.1.b)bb). Dies gilt auch für die Vorteile in der Aufgabenerledigung, die durch interkommunale Zusammenarbeit eintreten. Rösler, Der Landkreis 2003, 426 (427). 784 „Geborene Ansprechpartner“, vgl. Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (51); Wolf, BdW 2000, 17 (18). Zu strukturellen Schwierigkeiten bei kleinen Gemeinden: Wettstein, BdW 2002, 222. Vereine stellen den „klassischen Zugang“ zum Engagement auf lokaler Ebene dar, BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 43. Beispiele zur Kooperation etwa aus dem Ökologiesektor: Angler – Gewässerschutz, Gartenbauvereine – Pflanzaktionen, vgl. StMLU (Hrsg.), Die umweltbewußte Gemeinde Band I, II-11f. Ohne Vereinsarbeit müssten die Gemeinden bereits jetzt zusätzlich Kosten für Aufgaben einkalkulieren, vgl. Knemeyer, Bürgerbeteiligung und Kommunalpolitik, S. 137ff. Alternativ steht der Wegfall des Angebots. Auch: Hannemann, in: dies./Kabisch/Weiske (Hrsg.), Neue Länder – Neue Sitten?, S. 11 (25f.). 785 Hill, BayVBl 2002, 321 (324). 786 BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 15; dazu bereits oben: E.III.1.b)dd). 787 SRU, ZAU 11 (1998), 27 (28). 788 In diese Bereich können etwa die Idee von Bürgerstiftungen eingeordnet werden, dazu: BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 55f.; Wolf, BdW 2000, 17 (19). Zu deren Funktionsgefährdung durch Unabhängigkeitsverlust und Verknüpfung zu politischen Gremien/Parteien: Schlüter, DVP 2001, 151 (152); www.Buergerstif tungen.de. Auch die Public-Private-Partnership-Kooperationen gehören in diesen Bereich, vgl. Schulze-Fielitz, in: Henneke (Hrsg.), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung, S. 223 (226f.). 783

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

nerische Mitgestaltung innerhalb der rechtlich zulässigen Grenzen einbeziehen und weitestgehend in die Finanzierungsverantwortung nehmen.789 Knemeyer und Hill wollen über freiwillige Partizipation hinaus eine Renaissance gut-staatsbürgerlichen Verständnisses mit einer Einbindung der Bürger in eine umfassende Rechte und Pflichten-Stellung.790 Der Gemeinderat behält dabei die Letztgewährleistungsverantwortung.791 Seine Aufgabe besteht in gemeinwohlorientierter Abwägung und Bewertung der integrativ-informell ausgearbeiteten Vorschläge neben einer breiten Bürgerselbstständigkeit.792 Dies soll in einem neuen Selbstverständnisses von der dualen BürgermeisterRatverfassung hin zu einer aktivierenden Einbeziehung der Bürger zu einer „trialen Bürger-Rat-Bürgermeister-Verfassung“ als beste Basis für eine neue Bürgerkommune verankert werden.793 Zu diesen Überlegungen gibt es bereits erfolgreiche Experimente, auch Daseinsvorsorgeaufgaben durch Bürger wahrnehmen und finanzieren zu lassen.794 c) Wandel des Partizipationsverständnisses Mit der Veränderung in der Partizipationszielsetzung ist auch ein Wandel im Partizipationsverständnis zu verzeichnen. Das Ziel einer weitreichenden Demokratisierung, das insbesondere in der Planungsphase der 1970er Jahre von großer Bedeutung war,795 wird seltener genannt.796 Der Gesetzgeber fördert den Abbau der Öffentlichkeitsbeteiligung zugunsten einer Verfahrensbeschleunigung.797 Von demokratischer Kontrolle798 und Optimierung der Entscheidungsfindung verlagern sich die Bemühungen hin zu Koope789 Spannowsky, DÖV 2000, 569 (574); auf die Gefahr, Bürger als „Lückenbüßer“ für die finanzielle Lage der Gemeinden zu missbrauchen weist Meyer, BdW 2002, 214 hin. 790 Knemeyer, DVBl 2000, 876 (878); ähnlich die „Bremer Erklärung“ Punkt 2.3 mir der Foderung nach einem allseitig getragenen „gutem Bürgertum“, in: Rösler (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 96 (99); für eigenverantwortliche bürgerschaftliche Lösungen auch: Hill, in: Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb Innovative Verwaltung, S. 19 (26ff.); zu den Grundpflichten eingehend: Wehr, Rechtspflichten, S. 170ff.; Hummel, BdW 2002, 205. 791 Hill, in: Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb Innovative Verwaltung, S. 19 (27f.). 792 Hill, in: Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Wettbewerb Innovative Verwaltung, S. 19 (27f.); ders., BayVBl 2002, 321 (326). 793 Knemeyer, DVBl 2000, 876 (879, 882). 794 Pflege und Unterhalt der Feuerwehr, private Wasserbeschaffungsverbände, Kindergarten- und Freizeiteinrichtungen, vgl. Pelzer, in: Bay.StMLU/Bay.StMAS/ Ökologische Akademie, Dokumentation der Tagung Bürgerschaftliches Engagement und Lokale Agenda 21 im Dialog, S. 9 (11). 795 Vgl. oben: D.III.1.a). 796 Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los?, S. 25.

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

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ration und Effektivierungen,799 um die kommunale Selbstverwaltung durch die Bürgerbeteiligung zu stärken.800 Schwerpunkt der Bemühungen zur Beteiligung wird das Akzeptanzkriterium und die erhöhte Legitimationswirkung aus dem offenen Diskurs.801 Damit entwickelt sich Partizipation von einer Emanzipationsfunktion zu einer Kooperationsfunktion.802 Dies verlagert die Partizipation von der optimalen Entscheidungsfindung hin zur Suche der optimal umsetzbaren Entscheidung,803 von der Legitimation durch Verfahren804 hin zur Legitimation durch in offenem Diskurs mehrheitlich konsensual erkannte Richtigkeit und Rationalität. Damit einher geht die Tendenz zur Entstandardisierung in der Beteiligungspraxis und zu problembezogener anstatt verfahrensbezogener Beteiligung. Sie setzt statt auf Angebote auf Aktivierung.805 Die Verwaltung erhält daher in diesem Leitbild die Rolle einer Initiatorin und Koordinatorin gesellschaftlichen Engagements anstatt einer umfassenden Gewährleisterin.806 Die Aktivierung bürgerschaftlichen 797 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 283; wohl auch: Becker, Wege und Möglichkeiten einer ökologischen Stadtplanung, S. 69; Selle, Was ist den bloß mit der Planung los?, S. 94, sieht eine Ursache in dem durch idealistisch moralisch geprägte Beteiligungsforderung verursachten Missverständnis als „Verfahrensornamentik“. 798 Faber, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Planung, S. 425 (438). 799 Mit neuen Geschäftsfeldern, Imagegewinnen und Kosteneinsparungen, Schmitz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 21 (29). Vgl. auch das Ökoprofitmodell, das vor allem unter Effizienzgesichtspunkten zur Einbindung der Wirtschaft beiträgt, Moshammer, in: Sibum/Kreibich/Burgdorff (Hrsg.), Machtlos – Macht nix? Kommunen unter Druck, S. 51 (54ff.); Reisinger, Der Landkreis 2003, 454; Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 61 (69). 800 Gerstlberger, in: Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 67, Tastende Schritte zu einer neuen Verwaltung, S. 63 (79). 801 Gusy, ZfU 4/1990, 353; SRU, ZAU 11 (1998), 27 (28); Heinelt, in: ders./ Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 51 (58f.); vgl. auch eingehend: Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 161 (171ff.); so auch für den Verwaltungsvertrag: Di Fabio, DVBl 1990, 338 (341). Sie soll größere Sachgerechtigkeit und eine Richtigkeits- und Rationalitätsgarantie mit sich bringen, Di Fabio, ebd. S. (359). 802 So: Hendler, Die bürgerschaftliche Mitwirkung an der städtebaulichen Planung, S. 22. 803 Unter zunehmenden Bedrohungen etwa terroristischer Art wird wieder eine Rückkehr des hierarisch handelnden Ordnungsstaats befürchtet, Wollmann, in: Caulfield/Larsen (Eds.), Local Government at the Millennium, S. 63 (85). 804 Vgl. Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 203ff., 206ff. 805 Selle, in: ders. (Hrsg.), Planung und Kommunikation, S. 61 (77); dafür bei Umsetzung nachhaltiger Entwicklung, Kahl/Glaser, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 9 (16f.); zu den Problemen: E.III.2. 806 Tausch, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 251 (261); Huber, Unternehmen Umwelt, S. 69f., Wechsel von „Rabenvater“ zu „Animier-Mami“; Hill, BayVBl 2002, 321 (325); ähnlich: Kubala/Petschow, VM 2001, 171 (175);

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E. Partizipation und Dialog in lokale Agenda 21-Prozessen

Engagements, dem nicht zentralisierbares dezentrales Wissen zu Grunde liegt, sollte durch individuelle Anreize, das Wissen allgemeinwohlgerecht einzusetzen, erfolgen.807 d) Zivilgesellschaft und lokale Agenda 21 Die Forderung nach gesellschaftlicher Selbstorganisation und das Verständnis von Partizipation als Prozess, die der Bürgergesellschaft zu Grunde liegen, finden sich parallel in der Agenda 21.808 Partizipation geht als Perspektive der lokalen Agenda 21 über die Verwirklichung von Nachhaltigkeit hinaus.809 Jenseits einer „grün“ vereinnahmten Agenda 21 wird diese vermehrt als Mittel zur Akzeptanzsteigerung bei Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung anerkannt.810 Deshalb erscheint auch eine nachhaltige Gesellschaft auf Grundlage einer Bürgergemeinschaft als idealer Rahmen für die lokale Agenda 21.811 Nachhaltigkeitsinitiativen standen bislang nicht im Blickpunkt von Untersuchungen zu bürgerschaftlichem Engagement.812 Mittlerweile erstreckt sich der Ansatz auch auf die Agenda 21.813 FortBandemer/Hilbert, in: Blanke u. a. (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 26ff. Zu der zusätzlichen Problematik eines zu ändernden Selbstverständnisses der Verwaltung: Hill, BayVBl 2002, 321 (324); Franke/Löhr/Sander, AfK 2000, 243 (252f., 261ff.). 807 Weede, Gefährliche Pläne der Politiker, FAZ Nr. 136, S. 15. 808 Vgl. BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 13ff.; Pasternack, Der Landkreis 2003, 429 (430) sieht das gleiche Ziel. 809 Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (56). Daher ist es zweifelhaft, ob die Bemühungen um einen ergebnisoffenen Prozess zu einer Popularisierung der Nachhaltigkeitsvision führen, so Menzel, ZRP 2001, 221 (224), wohlweislich unter der Einschränkung „idealtypisch“. Es dürfte sich wohl mehr um Bemühungen handeln, die die Vorteile zivilgesellschaftlicher und partizipatorischer Bemühungen bekannt machen. 810 Lorenz, in: Rösler (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 57 (65). 811 Vgl. Roodman, in: Worldwatch Institute Report, Zur Lage der Welt 1999, S. 244 (268); ebenso: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (42); Maurer/Korte, VOP 5/2001, 13 (14); vgl. auch: Pippke, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 133 (134f.); Fürst, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 59 (60); Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 89. In der Praxis zeigt sich jedoch vielfach eine Fixierung auf kurzfristig realisierbare Projekte, Gehrlein/Stärk, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale „Agenda 21“ Prozesse, S. 141 (158). 812 Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 19; vgl. auch Hummel, BdW 2002, 205 (207). 813 „Gebot der Stunde“, vgl. Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431 (432); Agenda-Transfer, Anknüpfungspunkte, S. 2, 7. Wettstein, BdW 2002, 222 (223). Zu den auftretenden Problemen bereits oben: D.II.3.d)bb), E.III.1., E.III.2. Zur gebotenen Ausrichtung seitens der Wirtschaft und den sozialen und ökologischen Anforde-

V. Nutzen erfolgreicher Partizipation für die Gemeinden

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schrittliche Gemeinden verstehen die Einbeziehung der Bürger in Entscheidungsprozesse nicht als Konkurrenz zum Gemeinderat, sondern als Engagementförderung.814 Bürgerschaftliche Kommunen stellen danach ein Durchgangsstadium zur Nachhaltigkeitskommune dar.815

rungen an diese: Taliani, in: Walterscheid (Hrsg.), Entrepreneurship in Forschung und Lehre, S. 75 (78, 82ff.). 814 Stadt Heidelberg (Hrsg.), Nachhaltiges Heidelberg, S. 23. 815 Pippke, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 133 (134f.); ähnlich: Klie/Roß, BWGZ 2000, 148 (149).

Zusammenfassung Die lokale Agenda 21 richtet sich auf die Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung in den Gemeinden. Die erste Hürde für die erfolgreiche Umsetzung lokaler Agenden besteht bereits in der materiellen Aufgabenstellung.

I. Nachhaltige Entwicklung als Zielsetzung Die Zielsetzung nachhaltiger Entwicklung ist für die kommunale Umsetzung häufig zu abstrakt. Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades des Begriffs ist eine unterschiedliche Interpretation nachhaltiger Entwicklung leicht möglich. Zugleich kommt dem Begriff nachhaltige Entwicklung und dem lokale Agenda 21 wegen des vielbeachteten „Erdgipfels“ von Rio 1992 eine hohe moralische Legitimationswirkung zu. Mit nachhaltiger Entwicklung und lokaler Agenda 21 begründete Handlungsanträge können von den kommunalen Entscheidungsträgern daher nicht unberücksichtigt abgetan werden, wollen sie sich nicht dem Vorwurf politischer Unglaubwürdigkeit aussetzen. Dieser Problematik sind beide großen Volksparteien in den Gemeinden ausgesetzt, da die Rio-Konferenz 1992 in die Regierungszeit einer CDU-geführten Bundesregierung fällt, die Phasen des Folgeprozesses aber auch in die einer SPD-geführten Bundesregierung fallen. Das Zusammenwirken von hohem Abstraktionsgrad und hoher moralischer Legitimationswirkung begünstigt die Vereinnahmung des Begriffs nachhaltige Entwicklung und dessen einseitige Auslegung im Sinne eigener politischer Vorstellungen durch Gruppierungen, deren Vorstellungen bislang an den politischen Mehrheitsverhältnissen vor Ort scheiterten. Bei der nachhaltigen Entwicklung handelt es sich nicht um einen Begriff mit einem feststehenden Inhalt. Nachhaltige Entwicklung umfasst ein Prinzipienbündel aus ökonomischer, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit, was auch als Zieldreieck oder 3-Säulenmodell bezeichnet wird. Aus dem Wesen des Prinzips folgt, dass keinem der drei Prinzipien ein grundsätzlicher Vorrang vor dem anderem zukommt. Der Ausgleich dieser drei Prinzipien ergibt sich immer aus der bestmöglichen Gewichtung des konkreten Einzelfalls. Nachhaltige Entwicklung ist zurückzuführen auf das Bewirtschaftungsmodell forstlicher Nachhaltigkeit, hat aber seinem Grundgedanken

II. Nachhaltigkeit im Recht und Rückwirkungen auf die Gemeinden

595

nach weiter zurückreichende Wurzeln vorausschauender und umsichtiger menschlicher Lebensgestaltung. Sie bedingt eine grundlegende ethische Entscheidung über das Maß der angestrebten Bewirtschaftungsintensität innerhalb der Entscheidung, eine möglichst lang lebenswerte Erde für künftige Generationen zu erhalten. Für eine lokale Agenda ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: 1. Interpretationen, die einen absoluten Vorrang einer Dimension vertreten, verkennen das Wesen eines Prinzips. 2. Innerhalb der Grundentscheidung für eine nachhaltige Entwicklung sind neoklassisch-liberale und ökologisch-restriktivere Intensitätsentscheidungen möglich. 3. Die Wahl der angestrebten Intensität hat aus Demokratieerwägungen auf breiter Diskussionsgrundlage mit einer Mehrheitsentscheidung zu erfolgen. An einer solchen breiten Entscheidung auf kommunaler Ebene fehlt es jedoch häufig und sei es nur deshalb, weil das Bewusstsein für eine Wahlmöglichkeit fehlt. Dies führt dazu, dass entweder eine lokale Agenda 21 ohne Konzept ins Leben gerufen wird, gar keine, oder eine Agenda mit einem Konzept, dem eine fremde – widerwillig oder nicht akzeptierte – ethische Entscheidung zugrunde liegt. Diese, spätestens bei den Operationalisierungsbemühungen zu Tage tretenden materiellen Defizite sind ein nicht zu vernachlässigender Faktor für Fehlschläge.

II. Nachhaltigkeit im Recht und Rückwirkungen auf die Gemeinden Rechtliche Vorgaben beeinflussen die materiell zulässigen Vorhaben lokaler Agenden. Verfassungsrechtlich ist die ökologische Nachhaltigkeit in Art. 20a GG, die soziale in Art. 20 GG und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit in den Wirtschaftsgrundrechten Artt. 12, 14 und 2 I GG verankert. Die grundrechtsverpflichteten Gemeinden haben die aus diesen resultierenden Vorgaben auch bei der Erstellung einer lokalen Agenda 21 zu beachten. Handlungspflichten, etwa zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 sind, abgesehen von den kaum praxisrelevanten grundrechtlichen Schutzpflichten, nicht verfassungsrechtlich zu begründen. Im Interesse dezentralen Wettbewerbs und effektiver kommunaler Gestaltungsmöglichkeiten ist eine eigenverantwortliche Regelungsbefugnis mittels autonomer Satzungsautonomie in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu fordern.

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Zusammenfassung

In den einzelnen untersuchten Fachgesetzen wird „nachhaltig“ nicht bedeutungsgleich verwendet. Im einfachen Recht findet der Begriff noch überwiegend nicht in der dreidimensionalen Bedeutung nachhaltiger Entwicklung Verwendung, sondern zielt auf eine optimale Erfüllung der jeweiligen sektoralen Aufgabe. Die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung in das Recht kann nur insoweit rechtlich steuernd wirken, als sie auch einen materiellen Maßstab vorgibt. Ein solcher ist aber in der Regel noch nicht ausgebildet, so dass Nachhaltigkeit ihrem Prinzipiencharakter gemäß überwiegend als Vorstufe eines verdichteten Maßstabs und „Finalprogramm“ die Abwägung beeinflusst. Dies ist jedoch kein Defizit des Steuerungsansatzes. Die Vielschichtigkeit der Lebenssachverhalte machen, gerade wenn noch keine allgemein akzeptierte ethische Grundentscheidung über die Nachhaltigkeitsintensität gefallen ist, eine detaillierte Steuerung durch rechtliche Regelungen unmöglich. Dieses Phänomen steht im Einklang mit der Entfernung des Umweltrechts von „konditioneller Programmierung“. Der Vielzahl der daraus resultierenden, richterlich kaum nachprüfbaren Gestaltungsmöglichkeiten stehen jedoch auch Konkretisierungen gegenüber, die die administrative Handhabbarkeit der Gesetze und damit die Praxisanwendung erleichtern. Im BWaldG und WHG ist der Nachhaltigkeitsgrundsatz als ein zu einem unmittelbar anwendbaren Maßstab verdichtetes Prinzip vorhanden. Die Herausbildung eines solchen Maßstabs bei nachhaltiger Entwicklung erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit. Umfang und Art der rechtlichen Ausformung kann die Rechtswissenschaft nur bis zu einem gewissen Grad selbst ergründen. Zumindest bezüglich der naturwissenschaftlichen Teilbereiche bleibt das Recht Rezeptor deren Entwicklungen. Grundsätzlich ist die rechtliche Konkretisierung dabei umso eher zu erwarten, desto eingehender eine fachwissenschaftliche Auseinandersetzung erfolgt ist. Für die Gemeinden ergeben sich unterschiedliche Handlungsräume für eine nachhaltige Entwicklung: Im fachaufsichtlichen Gesetzesvollzug kann die Gemeinde Ermessensspielräume im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen. Beim Vollzug der Gesetze kann die Verwaltung hierbei auch Gesichtspunkte der Staatszielbestimmungen in die Ermessensentscheidung einfließen lassen. Die Rechtsprechung eröffnet den Gemeinden dabei teilweise weite Handlungsmöglichkeiten, soweit sie sich am Zweck der Ermessensermächtigung orientieren und nicht bereits die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte abschließend festgelegt sind. Der planerische Gestaltungsspielraum, den die Gemeinden demgegenüber in eigenen örtlichen Angelegenheiten genießen, ist in qualitativer Hinsicht

II. Nachhaltigkeit im Recht und Rückwirkungen auf die Gemeinden

597

weiter als der Ermessensspielraum der Verwaltung. Förderungen für das gemeinschaftliche Zusammenleben in der Gemeinde stellen gleichsam das „Hausgut“ der Gemeinden dar, was ein größeres Handlungspotential im Sozialsektor ermöglicht. Integrationskonzepte für Ausländer, Jugendhilfe und Jugendarbeit sowie Betreuung und weitere Hilfe etwa für Alleinerziehende, Familienbeihilfen sind nur einige der möglichen Programme. Rechtlich war für die Gemeinden insbesondere die Aufnahme einer dreidimensionalen Nachhaltigkeit in das BauGB von Bedeutung, obschon sie keine grundsätzlich neue Aufgabenstellung mit sich gebracht hat. Die Bauleitplanung beinhaltet eine Vielzahl gemeindlicher Handlungsmöglichkeiten, die die Gemeinden im Sinne einer lokal nachhaltigen Entwicklung nutzen können. Die Siedlungsentwicklung bietet sich gemeinsam mit der interkommunalen Abstimmung als Hauptinstrument bei der kommunalen Nachhaltigkeitspolitik an. Die Bauleitplanung konzentriert die wesentlichen umweltrelevanten kommunalen Handlungsmöglichkeiten, indem sie vor allem Art und Maß der Nutzung, Erschließung, Bauweise, Gebäudeformen und Gestaltung, Natur, Landschaft und Freiflächen sowie Immissionsschutz festsetzen kann. Die isolierte Verbindlichkeit der gemeindlichen Festsetzungsmöglichkeiten wird eher überschätzt. Sie stellen in ihrem Schwerpunkt nur „Angebote“ dar, die erst durch die Bauherren verwirklicht werden müssen und enthalten zudem langfristigen Bestandsschutz, der keine ad hoc Veränderung der vorhandenen Strukturen erlaubt. Die Aufnahme nachhaltiger Entwicklung hat dort eine Stärkung der politischen Systemlogik und Signalwirkung für ökologisch integrierte Problemlösungen bewirkt. Der Forderung nach rechtlich verbindlichen Umweltqualitätszielen und Umwelthandlungszielen kann auf kommunaler Ebene nur in beschränktem Umfang nachgekommen werden. Die lokale Agenda 21 geht jedoch vor allem im integrativen und globalen Ansatz über die klassische Bauleitplanung hinaus. Über die Bereiche kommunaler Rechtsetzungsbefugnis hinaus kommen Formen freiwilliger Selbstverpflichtungen der Städte in Betracht. Eine Bündelung der Bauleitplanung mit Stadtentwicklungsplanung, UVP, Öffentlichkeitsarbeit, Beschaffung und Haushaltsplanung ermöglicht weitgehende Umweltschutzmaßnahmen und effektives Nachhaltigkeitsmanagement. Ressourcenmanagement kann die Gemeinde häufiger effektiver informal und außerhalb des Baurechts verfolgen. Insgesamt bietet die kommunale Selbstverwaltung im föderalen System der Bundesrepublik ausreichende Möglichkeiten für die Gemeinden, eine lokale Agenda 21 aufzustellen.

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Zusammenfassung

III. Organisationsstrukturen und Handlungsansätze In den Organisationsstrukturen der lokalen Agenden hat sich überwiegend die Einrichtung eines Agenda-Büros, von Bürgerforen, Fachforen, AgendaBeirat und Lenkungskreis herausgebildet. Der Agenda-Beirat hat beratende Aufgaben und soll die Außenwirkung des Prozesses in der Öffentlichkeit verstärken. Er ist in der Regel mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besetzt. Bürgerforen dienen der Präsentation von Themen und der Kontaktaufnahme für Interessierte. In Fachforen erfolgt die konzentrierte Facharbeit für die ausgewählten Themen der lokalen Agenda. Während im AgendaBüro die alltäglichen organisatorischen Verwaltungsaufgaben erledigt werden, soll der Lenkungskreis die Koordination der Fachforen auf eine Gesamtagenda hin sicherstellen. In der Initiierung der lokalen Agenden lassen sich von „oben“, d.h. von gemeindlichen Gremien ins Leben gerufene „top down“-Ansätze von „bottom up“-Ansätzen unterscheiden, die aus der Bevölkerung entstehen. Dominierend ist der „top down“-Ansatz. Da die Masse der Gemeinden keine bedeutenden organisierten Akteursgruppen aufzuweisen hat, kommt der Verwaltung in der Regel eine maßgebliche Rolle für die lokale Agenda 21 zu. Auf diesen Umstand ist es zurückzuführen, dass Operationalisierungsprobleme innerhalb der Verwaltung auf die Arbeit für eine lokale Agenda 21 „durchschlagen“. Als solche Probleme sind die Kurzfristorientierung von Mandatsträgern und Verwaltung, Personalverteilung und -qualifikation im öffentlichen Dienst, sowie Probleme aus der Ressortsteuerung festzustellen. Sie treten in den einzelnen Verwaltungen in unterschiedlicher Gewichtung auf. Mit dem Fortschreiten verwaltungsreformerischer Bemühungen existiert eine Öffnungs- und Effektivierungstendenz in den Kommunalverwaltungen. Das Engagement des Verwaltungsleiters beeinflusst in besonderem Maße positiv den Fortschritt und die Ernsthaftigkeit des Prozesses, der dann seine Mitarbeiter auch „mitreißen“ kann. Hieraus ergibt sich auch die Bedeutung des Engagements des Verwaltungsleiters für eine erfolgreiche lokale Agenda 21. Dem Vorteil von „bottom up“-Ansätzen, eine basisorientierte bürgernahe Themenstellung zu erreichen, steht als Nachteil und Hauptherausforderung gegenüber, den Prozess angesichts organisatorischer und finanzieller Mängel zu verstetigen. In der Praxis zeichnet sich eine besondere Gefahr des Scheiterns ab, wenn nicht nach dem Abklingen der ersten Anfangseuphorie die Einbindung der Verwaltung gelingt.

III. Organisationsstrukturen und Handlungsansätze

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Aus den Variationen der Initiierungsansätze und der Herausarbeitung lokaler Ziele nachhaltiger Entwicklung sind vier Umsetzungsstrategien lokaler Agenden identifizierbar: Eine lediglich formale Umsetzung stellt keine Umsetzung einer lokalen Agenda 21 im eigentlichen Sinne dar. Sie versucht, durch das Umbenennen von vorhandenen Ansätzen den Schein einer lokalen Agenda 21 zu erregen. Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, vorhandene Ansätze seien per se für eine lokale Agenda 21 untauglich. Bei formalen Agenden wird jedoch versucht, agendauntaugliche Ansätze aus Reformmüdigkeit oder aufgrund eines als befriedigend empfundener Standards zur Grundlage einer Agenda 21 zu erklären. Die Rechtfertigung dieses Vorgehens mit Finanzproblemen ist dabei ein häufig zu findendes Scheinargument, das mangelnden Willen für eine lokale Agenda 21 verdecken soll. Gerade in jüngster Zeit sind aufgrund der desolaten Finanzsituation der Gemeinden wieder Aktivitäten für lokale Agenden zu erkennen, um durch die Einbindung bürgerschaftlichen Engagements Beiträge zur Verbesserung der kommunalen Situation zu erschließen. Die systematische Umsetzung der lokalen Agenda 21 ist dadurch gekennzeichnet, zunächst verbindlich die lokalen Vorstellungen einer nachhaltigen Entwicklung zu erarbeiten und auch möglichst anhand entsprechender Vorgaben zu evaluieren. Die Gemeinden stehen bei dieser Umsetzungsvariante vor dem Problem, die fachwissenschaftlichen Grundlagen kaum oder gar nicht eigenständig erarbeiten zu können. Daher waren bei diesen Ansätzen gefürchtete Endlosdebatten ohne Ergebnis zu beobachten, die letztlich häufig zum Einschlafen des Prozesses geführt haben. Diesem Problem wurde durch die Entwicklung in hohem Maße operationabler Indikatorensysteme begegnet, die den Gemeinden eine sinnvolle und bewältigbare Orientierungshilfe für ihre lokale Agenda 21 bieten. Das strategische Vorgehen ist der systematischen Umsetzung ähnlich. Sein Schwerpunkt liegt darauf, verstärkt vorhandene Aktivitäten der Gemeinden zu analysieren, unter Nachhaltigkeitsaspekten fortzuentwickeln und Lücken zu schließen. Ein inkrementaler Handlungsansatz versucht, die lokale Agenda 21 aktionsorientiert zu verwirklichen. Aufgrund der Demonstration von Handlungsstärke und Pragmatismus sind Kommunalpolitiker diesem Ansatz eher zugeneigt als der zunächst ergebnislosen theoretischen Erarbeitung. Für die Beflügelung des Prozesses ist der Ansatz hilfreich, da den Akteuren ein sofortiger Erfolg ihres Tuns sichtbar vor Augen steht. Problematisch wird er dann, wenn über die Umsetzung die Erarbeitung einer Programmatik der Agenda 21 zurückbleibt, was vielfach zu einem konzeptlosen „Durchwursteln“ und dem späteren Scheitern führt.

600

Zusammenfassung

Am vielversprechendsten ist es nach der vorliegenden Untersuchung, die systematische Planung mit Anfangsaktionen zu unterstützen, um nicht das Interesse an der lokalen Agenda 21 vorzeitig zum Erliegen zu bringen.

IV. Partizipation und Dialog als Erfolgsfaktoren Partizipation und Dialog sind entscheidend für die breite Akzeptanz und den Erfolg von lokale Agenda 21-Prozessen. Im interkommunalen Dialog sind echte Kooperationen zwischen den Gemeinden noch vielfach durch das „Kirchturmdenken“ der kommunalen Entscheidungsträger unmöglich. Erste Ansätze neuerer interkommunaler Kooperation zeigen aber bereits in die richtige Richtung. Die Zusammenarbeit der Akteure ist in kleinen und mittleren Gemeinden mehr von persönlichen Kontakten zwischen den Akteuren geprägt, wobei zugleich ein breiterer Bevölkerungsanteil Berücksichtigung findet als bei der formalisierteren Zusammenarbeit in Großstädten. Lokale Agenda 21-Prozesse stehen im Wesentlichen den gleichen Partizipationsproblemen wie die etablierten rechtlichen Planungsinstrumente gegenüber. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass die Verwaltungen als tragende Akteure die Prozesse häufig mit ihren bekannten Planungsprozessen zu bewältigen suchen, eine Konsequenz der vorherrschenden Arbeitabläufe. Neuere Partizipationsansätze werden insgesamt noch zu zurückhaltend eingesetzt. Der Bürgerdialog leidet häufig noch an geringer Wirkungstiefe. Er erreicht nur eingeschränkte, in der Regel gut gebildete mittlere und höhere Bevölkerungsschichten. Kommunikations- und Vermittlungsschwierigkeiten komplexer Sachverhalte fördern noch eine gesellschaftliche Separation, die wiederum die Einbindung einer breiten Bevölkerungsbasis nochmals erschwert. Zudem können sich Vorbehalte des Gemeinderats dahingehend auswirken, dass von dieser Seite keine bürgerschaftliche Konkurrenz erwünscht ist. Bleiben die Bürgervorstöße dann auf der Ebene einer „nicht ernstgenommenen Spielwiese“, stellt dies seitens der Bürger das Engagement insgesamt in Frage. Trotzdem ist die grundsätzliche Engagementbereitschaft der Bürger nach wie vor hoch. Für eine lokale Agenda 21 ist dieses Aktivierungspotential jedoch nur eingeschränkt nutzbar. Vorrangiges Engagement erfolgt mit einer kurz- bis mittelfristigen zeitlichen Perspektive für Vorhaben, die eigenem Spaß und der Selbstverwirklichung dienen. Diese sind nur partiell in Übereinstimmung mit dem gesellschaftlich nützlichen langfristigen Engagement, das eine lokale Agenda erfordert.

IV. Partizipation und Dialog als Erfolgsfaktoren

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Erschwert wird die Mobilisierung der Bürger dadurch, dass die ökologischen Anforderungen einer restriktiveren nachhaltigen Entwicklung auf Widerstände stoßen. Beim Überwiegen von Defiziten im Informationspotential oder ungenügender Erfassung der Gefährdungspotentiale wären Veränderungen im Vorgehen relativ kurzfristig zu erwarten. Die Bereitschaft, Wohlstand zu überdenken, ist jedoch nach wie vor gering- die Aussichten, durch Bildungsarbeit einen signifikanten Wandel dieser Bereitschaft herbeizuführen, ebenso. Eine neue Chance, die lokale Agenda 21 zu beleben, ist die verstärkte Propagierung des Leitbildes der Bürgergemeinschaft mit privater Verantwortungsteilhabe. Es will durch Bürgerengagement, in Zeiten des Rückzugs der Gemeinden aus öffentlichen Aufgaben vermehrt durch Eigenorganisation Angebote in der Gemeinde zu sichern. Hierbei ist zu beobachten, dass Bürger bei persönlicher Betroffenheit auch zum solidarischen Engagement bereit sind. Exemplarisch ist dies an den Erfolgen vorhandener Partizipationsformen zu erkennen. Die Angst kommunaler Entscheidungsgremien vor bürgerschaftlichem Engagement geht daher fehl. Bürgerengagement richtet sich in der Regel nicht auf ubiquitäre Mitentscheidung. Das Betroffenheitsengagement zielt vielmehr auf punktuelle Einflussnahme an Stellen, die im Bürgerempfinden defizitär durch die gemeindlichen Entscheidungsträger behandelt werden. Im generellen sind die Bürger mit ihrem Einfluss und der Organisation der politischen Entscheidungen auf lokaler Ebene zufrieden und wollen, dass das öffentliche Leben funktioniert. Die lokale Agenda 21 ist aufgrund der Schwierigkeit, breites Engagement der Bevölkerung zu erhalten davon abhängig, von besonderen Akteuren getragen zu werden. Neben der Verwaltung, die aus der Sicht der anderen Akteure teilweise berechtigt als Bremse des Prozesses wahrgenommen wird, sind Nichtregierungsorganisationen, die Kirchen und Volkshochschulen solche besonders bedeutenden Akteure. Frauen haben, gerade bei der Umsetzung in ländlichen Regionen, eine vielfach unterschätzte Rolle in der lokalen Agenda 21. Wünschenswert wäre allerdings eine auch noch stärkere Beteiligung in der programmatischen Auseinandersetzung der Fachforen. Kinder und Jugendliche sind demgegenüber in beiden Prozessphasen kaum beteiligt. Die Beteiligung der lokalen Wirtschaft wird einhellig als zu gering beschrieben. Dagegen ist jedoch vielfach die Bereitschaft kleiner und mittlerer Unternehmen festzustellen, sich für ihre Region und ihren Unternehmensstandort einzusetzen. Als maßgebliche Gründe des Rückzugs oder des Absehens vom Agenda-Engagement sind die ideologische Vorprägung des Prozesses zu sehen, die als allein gegen wirtschaftliche Interessen gerichtet

602

Zusammenfassung

wahrgenommen wurde, sowie operationale Mängel, die zu den beschriebenen zeitraubenden ergebnislosen Diskussionen geführt haben.

V. Stand, Thematik und Ausblick der lokalen Agenden Die Verbreitung der lokalen Agenda 21 gibt keinen Anlass zur Euphorie. Es ist weder eine Mobilisierung der Massen noch eine generelle Aufbruchstimmung spürbar. Der Schwung der lokalen Agenda 21-Prozesse scheint in letzter Zeit abzunehmen. Die immer wieder festzustellenden Zurückweisungen einer Stagnation der Agenda 21 beruhen auf der Verabsolutierung eigener Beispiele, die dazu tendieren, die eigenen erzielten Erfolge in ihrer Gesamtrelation zu überschätzen. Schon die Zahlen zur Verbreitung einer lokalen Agenda 21 deuten in eine andere Richtung. Der Großteil der Gemeinden ist Ermüdungserscheinungen ihrer lokalen Agenda 21 ausgesetzt, die an Attraktivität verloren hat. Der Prozess ist nicht selten bereits vor der Entwicklung eines Handlungsprogramms zum Erliegen gekommen. Diese Erkenntnis beginnt auch, nach einer überwiegend positiven Würdigung Eingang in die Literatur zu finden. Noch größere Zweifel sind angesichts der Berücksichtigung des Inhalts der lokalen Agenda 21 angebracht. Die lokalen Agenden waren zunächst thematisch stark durch den Umweltbereich dominiert, was verbreitet dazu geführt hat, dass die Agenda 21 insgesamt unzutreffend als umweltpolitisches Papier wahrgenommen worden ist. Diese Reduktion ließ und lässt die positiven Wirkungen auf das gesamte kommunale Handeln nicht hervortreten und behindert einen integrativen und vernetzten Ansatz. In der Regel wurden Erfolge durch schrittweise Veränderungen erzielt, die es nicht notwendig machten, den vorhandenen Bezugsrahmen des Handelns zu berühren oder nur in Frage zu stellen. Die Bevorzugung ökologischer Belange ist auch der leichteren Operationalisierbarkeit gegenüber den beiden anderen Aspekten geschuldet und der langjährigen Erfahrung der Gemeinden in Verkehrs- und Umweltpolitik. Demgegenüber verbleibt die Formulierung ökonomischer und sozialer Ziele in der Regel auf der Absichtsebene. Konsequenterweise schlägt sich dies auch in der Umsetzung erster Schritte nieder. In den Beziehungen der Nachhaltigkeitsbereiche untereinander ist zu beobachten, dass in den Projekten der lokalen Agenden zwar ökonomische und soziale Folgen häufig als Bestandteil ökologischer Projekte berücksichtigt sind, ökologische Auswirkungen aber umgekehrt nur gering bei sozialen und ökonomischen Projekten.

V. Stand, Thematik und Ausblick

603

Gerade die einseitige Ausrichtung der lokalen Agenda 21 auf die Umweltschutzthematik hat vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Problemfelder und ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein Scheitern des Prozesses. Die Anforderungen aus der Umgestaltung sozialer Sicherungssysteme und die Probleme auf dem Arbeitsmarkt führen zu einer Veränderung in der Prioritätensetzung. Ein Agenda-Prozess, der angesichts dieser Veränderungen unbeirrt umweltpolitische Aktivitäten fordert, stößt in der Bevölkerung auf grundlegendes Unverständnis. Befördert wird diese Einschätzung durch die Wahrnehmung der persönlichen Umweltsituation, deren Belastung in der Regel geringer als die allgemeine Belastung der Umwelt empfunden wird. Thematische Unverträglichkeiten in den lokalen Agenda 21-Prozessen treten seitens der Fachgebiete auf, die durch eine starke Verflechtung mit der Gesamtwirtschaft und eine ausgedehnte Klientelbasis geprägt sind. Dies trifft wirtschaftliche Belange, insbesondere Energiesektor, Bau und Landwirtschaft sowie den Straßenverkehr, Kommunale Entwicklungszusammenarbeit ist fast nur in größeren Städten zu finden und wird durch besonderes Engagement der Kirchen oder NGOs begünstigt. Thematisch konzentriert sie sich auf die Bereiche Handel und Umwelt-/Klimaschutz, wobei das Thema Regenwald ein hohes Mobilisierungspotential in der Bevölkerung hat. Formen engagierteren Eintretens für intragenerationelle Belange sind die Ausnahme. In der Regel verbleibt die Entwicklungszusammenarbeit, auf der oberflächlichen Ebene des alternativen Kaffee- oder Bananenhandels, sowie der Einwerbung von Spenden für Hilfe zur Selbsthilfe und Armutsbekämpfung. Intragenerationelle Gerechtigkeit bleibt somit meistens auf soziale und wirtschaftliche Belange sowie lokal auf Deutschland beschränkt. Die neuesten finanziellen Einschnitte im wirtschaftlichen und sozialen Bereich konnten der lokalen Agenda 21 jüngst wieder Vortrieb verschaffen. Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen erhält der zu Beginn des Prozesses vernachlässigte Sozialsektor höhere Bedeutung, indes ist aufgrund der thematischen Fokussierung die Gefahr gegenwärtig, wirtschaftliche und soziale Belange gegen langfristige ökologische Belange auszuspielen. Die abnehmende Umsetzung steht im Widerspruch zur Verbreitung des programmatisch-intellektuellen Definitionsansatzes, der sich immer mehr zum „Lieblingskind“ in der Wissenschaft entwickelt. Dabei erfolgt eine immer größere Erarbeitung von Ziselierungen und Variationen, die weder neu sind, noch zur Fortentwicklung der Debatte beitragen. Dies steigert nicht nur für die Gemeinden die Unübersichtlichkeit und verstärkt die beschriebene Tendenz. Interdisziplinäres Arbeiten erfolgt in zu geringem Umfang und zu wenig mit einem gleichberechtigtem Anspruch der Fachwissenschaften. Bei-

604

Zusammenfassung

spielhaft ist etwa die Verknüpfung der Naturwissenschaft mit der rechtswissenschaftlichen Gesetzgebungslehre und den Verwaltungswissenschaften zu nennen, sowie deren Verbindung zu sozial- und politikwissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Verknüpfung interdisziplinärer Arbeit ist wegen des dreidimensionalen Nachhaltigkeitsprinzips unabdingbar, um einen einheitlichen Bezugsrahmen zu erstellen. Die Theorielastigkeit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zeigt sich auch daran, dass die praxisorientierten und empirischen Untersuchungen in der Minderzahl sind. Aufgrund nicht ausreichenden Praxisproblemwissens führt dies zur Fortentwicklung der Wissenschaft ohne Praxisbezug. Die Vielschichtigkeit der Mängel bei der Umsetzung der lokalen Agenda 21 erfordert noch weitere Unterstützung in allen Bereichen. Kernpunkte der Kritik sind die Erfolglosigkeit der Agenden, die mangelhafte Einbeziehung der Bevölkerung, das Fehlen strategischer Ansätze, sowie Widerstände in den kommunalen Spitzen. Die Vorteile lokaler Agenden stützen sich wesentlich auf die bekannten Vorteile dezentraler Organisations- und Entscheidungsstrukturen anstatt auf die Ausweitung kommunaler Kompetenzen. Der lokale Sektor hat schon aufgrund seiner vielfältigen Prozessansätze einen Sonderstatus. Probleme werden unmittelbar erlebt, Vollzugsdefizite sind damit sofort spürbar und nur schwer auszusitzen, so dass eine ideenoffenere, flexiblere Reaktion notwendig ist, um neue Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Diese Vorteile werden zu wenig wahrgenommen. Die Agenda 21 wird häufig als „Pflicht“ anstatt als Chance bietende „Kür“ begriffen. Die Gemeinden sollten neue Partizipationsmodelle und das Potential gesellschaftlichen Engagements verstärkt nutzen, um ihr Profil zu schärfen und die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die kommunale Ebene gilt mit Recht als besonders bürgernah, so dass eine ernsthaft verfolgte kommunale Agenda 21 die gemeindliche Entwicklung vorantreiben sowie den Gedanken kommunaler Allzuständigkeit wieder beleben kann und zugleich tragfähige Zukunftsperspektiven bietet. Positive Beispiele in deutschen Gemeinden zeigen, dass, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Reformwillen und Veränderungsbereitschaft vorausgesetzt, diese Perspektive kein utopischer Wunschtraum bleiben muss.

Anhang I. Die Handlungsregeln des differenzierenden Handlungsmodells Ausgangspunkt des differenzierenden Handlungsmodells ist das Substitutionsgebot der ersten Managementregel. Sie reicht für Vertreter der schwachen Nachhaltigkeit aus und muss in jedem Fall eingehalten werden. Vertreter starker Nachhaltigkeit müssen weitere Regeln beachten, da im Substitutionsgebot keine Differenzierung zwischen substitutionsfähigen und den essentiellen Ressourcen vorgenommen wird. Regel 1 Substitutionsgebot: Jeder Verbrauch natürlichen Kapitals muss durch die korrelierende Erhöhung künstlichen Kapitals ausgeglichen1 werden, so dass die Lebensqualität der künftigen Generationen zumindest gleich bleibt. Regel 2 Ein Management für nicht erneuerbare Ressourcen basiert auf dem Erhalt der Nutzenfunktion. Die natürlichen Ressourcen sind soweit zu schonen, dass ihr Nutzungspotential auch kommenden Generationen noch zur Verfügung steht. „2a) Nicht erneuerbare Ressourcen können solange genutzt werden, wie eine der drei folgenden Fragen mit „ja“ beantwortet werden kann: • Entspricht die Summe der ausgebeuteten Rohstoffe der Summe der zum jeweiligen Zeitpunkt noch zusätzlich erschlossenen Reserven oder der durch absehbare Know-how-Verbesserungen zusätzlich gewinnbaren Ressourcen? • Entspricht die Summe der ausgebeuteten Rohstoffe dem Substitutionspotential durch erneuerbare (erste Priorität) oder nicht erneuerbare (zweite Priorität) Energierohstoffe? • Entspricht die Summe der ausgebeuteten Rohstoffe den Nutzengewinnen durch Effizienzsteigerungen bei der Umwandlung?“.2

1 Der Sache nach auch: Engel, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, S. 131 (142), der darüber hinaus in gegenwärtigen Wettbewerb und Wirtschaftswachstum die Voraussetzung für die Verbesserung der Lage künftiger Generationen sieht. 2 Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (34).

606

Anhang

2b) „Nicht erneuerbare Rohstoffe, die nicht zur Energieumwandlung eingesetzt werden, können solange genutzt werden, wie sie mit vertretbarem Aufwand wiederverwertet werden können.“ Regel 3 „Ein Management für erneuerbare Rohstoffe muss die Regenerationsfähigkeit sicherstellen. Für erneuerbare Ressourcen als Rohstoffquelle gilt, dass Inanspruchnahme und Regeneration in einem Gleichgewicht stehen müssen“. 3a) Erneuerbare Rohstoffe und Medien, die sie zu ihrem Wachstum benötigen, sollen nur in dem Ausmaß genutzt werden, dass ein langfristiges Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Regeneration eintritt. 3b) Bei Umwelteingriffen muss die langfristige Funktionsfähigkeit so erhalten bleiben, dass auch bei ungünstigen Umständen eine Ernte möglich ist. Regel 4 Eine Umweltnutzung als Senke darf die Assimilationsfähigkeit nicht überschreiten“ Prioritätenskala: 4a) „Als oberste Priorität sind humantoxische Substanzen zu vermeiden, vor allem dann, wenn sie sich biologisch gar nicht oder nur über längere Zeiträume abbauen und ubiquitär verteilt sind. • In zweiter Priorität sind die Mengen der Stoffe zu begrenzen, die einen signifikanten Einfluss auf das globale Klima oder die globalen Stoffströme haben.“ • In dritter Priorität sind die Substanzen zu minimieren, die in überschaubaren Räumen ökotoxische Wirkungen auslösen, also für uns wertvolle Biotope oder Arten schädigen“. • „In vierter Priorität sind die Stoffe zu reduzieren, die sich in der Umwelt anreichern, ohne dass sie biologisch abgebaut werden, auch wenn toxische Wirkungen nicht vermutet werden. • In fünfter Priorität sind alle verbleibenden anthropogen ausgelösten Stoffströme soweit wie möglich zu reduzieren.“ 4b) Eine genaue Grenze zwischen tolerabel und intolerabel lässt sich nur durch Risikobetrachtungen finden. Regel 5 Im Konsens der Beteiligten können Naturgegenstände einen immanenten Wert erhalten, auch wenn dies zu einem negativen Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Naturgutbewirtschaftung führt3.

3

Renn/Knaus/Kastenholz, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 17 (35f.).

Anhang

607

II. Die Differenzierungen des Syndromansatzes Die Nutzungssyndrome entstehen aus den Folgen unangepasster Nutzung von Naturressourcen.4 Dazu gehören: Sahel-Syndrom, Raubbau-Syndrom, Landflucht-Syndrom, Dust-Bowl-Syndrom (Umweltschädigungen durch nicht-nachhaltige Gewässer/Bodennutzung unter hohem Energie-/Kapital-/Technikeinsatz), • Katanga-Syndrom (Schädigungen durch rücksichtslosen Ressourcenabbau ohne Rücksicht auf natürliche Umgebung), • Massentourismus-Syndrom, • Verbrannte-Erde-Syndrom (Bezogen auf militärische oder paramilitärische Auseinandersetzungen.). • • • •

Entwicklungssyndrome sind Mensch-Umwelt-Probleme aus nicht nachhaltigen Entwicklungsprozessen. Sie umfassen: • Aralsee-Syndrom, • Grüne-Revolution-Syndrom (Umweltverschlechterungen durch Verbreitung standortfremder landwirtschaftlicher Produktionsfaktoren), • Kleine-Tiger-Syndrom (Vernachlässigung ökologischer Standards im Zuge hochdynamischen Wirtschaftswachstums), • Favela-Syndrom (Unregulierte und umweltgefährdende Verstädterung), • Suburbia-Syndrom (Schädigung durch Ausweitung von Stadt- und Infrastrukturen), • Havarie-Syndrom5. Senkungssyndrome kennzeichnet eine Umweltdegration durch unangepasste zivilisatorische Entsorgung. Zu den Senkensyndromen gehören: • Hoher-Schornstein-Syndrom (Fernwirkung von Emissionen), • Müllkippensyndrom, • Altlasten-Syndrom6. 4 Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (179ff.); Landel/Vogg/ Wüterich, BBodSchG, EinfA Rn. 10. 5 Vgl. Schulz-Baldes, in: Breuel (Hrsg.), Agenda 21, S. 176 (182f.); ähnliche Einteilung: WBGU, Gefährdung der Böden, Jahresgutachten 1994, S. 8; Landel/Vogg/ Wüterich, BBodSchG, EinfA, Rn. 11. 6 Vgl. Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, EinfA Rn. 12.

608

Anhang

III. Bekanntheitsgrad nachhaltiger Entwicklung 1998 50 40 gesamt

30

bekannt

20

nicht bekannt

10 0 ja

nein

weiss nicht

Eigene Darstellung, Zahlen nach: Preisendorfer, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland, S. 251.

Abbildung A-1: Befindet sich Deutschland auf dem Weg nachhaltiger Entwicklung (1998)?

IV. Beschlusszahlen zur lokalen Agenda 21, Bund und NRW 1996–2004 Jahr

Bund

Nordrhein-Westfalen

1996

36

4

1997

205

44

1998

596

94

1999

1315

168

2000

1651

217

2001

2052

249

2002

2384

261

2003

2393

266

2004

2470

271

Zahlen bis 2002, http://www.agenda-transfer.de/c_lok_besch/pdf/beschluss_entwicklung.pdf (21.10.03); Zahlen 2003, http://www.agenda-transfer.de/agendaservice/beta2/admin/download/Beschluesse3-03.pdf (27.05.03); ähnlich: Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431; Zahlen 2004: http//www.agendatransfer.net/ agenda-service/admin/download/Beschluesse-Juli2004.pdf (16.04.2005).

Abbildung A-2: Beschlusszahlen Bund/NRW 1996–2004

Anhang

609

V. Beschlussentwicklung zur lokalen Agenda 21 1996–2004 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1996

1997

Bund

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

NRW

Eigene Darstellung. Zahlen bis 2002: http//www.agenda-transfer.de/c_lok_besch/pdf/beschluss_entwick lung.pdf (21.10.03); Zahlen 2003, http://www.agenda-transfer.de/agendaservice/beta2/admin/download/ Beschluesse3-03.pdf (27.05.03); Zahlen 2004: http//www.agendatransfer.net/agenda-service/admin/ download/Beschluesse-Juli2004.pdf (16.04.2005); ähnlich: Pierk/Wulff, Der Landkreis 2003, 431.

Abbildung A-3: Beschlussentwicklung 1996–2004 Bund, NRW

West

Ost

Nord

Süd

Eigene Darstellung, Zahlen 2004: http//www.agendatransfer.net/agenda-service/admin/download/ Beschluesse-Juli2004.pdf (16.04.2005).

Abbildung A-4: Prozentualer Anteil der Agenda-Beschlüsse in den Gebietskörperschaften der Länder in Deutschland 2004

S-A

Schl-H

Rh-Pf

Sachsen

Nds

BBg

M-V

Thüringen

B-W

Bayern

Saarland

NRW

Hessen

Hamburg

Bremen

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Berlin

VI. Prozentuale Verteilung der Agenda-Beschlüsse in den Bundesländern bei regionaler Zuordnung der Bundesländer (2004)

610

Anhang

VII. Verhältnis von Bevölkerung zu Agenda-Beschlussfassung Von Beschlusslage erfasste Bevölkerung (1998)

Von Beschlusslage erfasste Bevölkerung (2002)

25%

30% von LAG umfasste Bevölkerung nicht umfasste Bevölkerung

70%

75% Eigene Darstellung, Zahlen: Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 39 (53).

Abbildung A-5: Von Agenda-Beschlüssen umfasste Bevölkerung in Deutschland 1998, 2002

VIII. Difu-Umfrage 1996 zur lokalen Agenda 21 Lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe?

31%

ja

53%

noch nicht keine Angabe

16% Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Dokumentation eines Erfahrungsaustauschs beim Deutschen Städtetag am 29. April in Köln, S. 47 (49).

Abbildung A-6: Stellt die lokale Agenda 21 eine kommunale Aufgabe dar?

Anhang

611

Politischer Beschluss gefasst (1996)? 11%

Umweltqualitätsziele aufgestellt? 11%

17%

24%

ja nein

24%

6%

in Vorbereitung k.A.

a)

b)

48%

39%

Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Dokumentation eines Erfahrungsaustauschs beim Deutschen Städtetag am 29. April in Köln, S. 47 (58).

Abbildung A-7: Aufstellungsbeschlüsse zur lokalen Agenda 21 und erste Umsetzungsanstrengungen am Beispiel der Umweltqualitätsziele

Prozentuale Häufigkeit der Nennung

16 14 12 10 8 6 4 2

Soziales

Ökonomie

Abfall

Lärm

Wirtschaft

Altlasten

Wasser/Abwasser

Natur und Landschaft

Verkehr

Öffentlichkeitsarbeit

Energie

Flächen, Bauen, Wohnen

Klimaschutz

0

Ökologie

Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Dokumentation eines Erfahrungsaustauschs beim Deutschen Städtetag am 29. April in Köln, S. 47 (51).

Abbildung A-8: Thematische Einordnung der lokalen Agenda 21 1996

612

Anhang Veranstaltungen zur LAG 21 durchgeführt? 14%

15%

ja

13%

nein in Vorbereitung k. A.

58% Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, Stand der Umsetzung der Lokalen Agenda 21, S. 47 (53).

40 35 30 25 20 15 10 5

„neu“

Planungszelle

Mediation

Zukunftswerkstätten

Interview

Forum

Runde Tische

Beratung

Ausstellungen

Vorträge/ Diskussionen

Informationsbroschüren

0 Pressearbeit

Prozentuale Häufigkeit der Nennung

Abbildung A-9: Beginn von Veranstaltungen zur lokalen Agenda 21

„konventionell“

Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Dokumentation eines Erfahrungsaustauschs beim Deutschen Städtetag am 29. April in Köln, S. 47 (52).

Abbildung A-10: Genutzte Umsetzungsansätze im Prozess 1996

Anhang

613

IX. Umfrage Difu 1997 Lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe? 4% 16% ja 2%

nein noch nicht keine Angabe 78%

Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (19).

Abbildung A-11: Betrachten die Gemeinden die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe?

Politischer Beschluss gefasst? 7%

38%

ja nicht beabsichtigt in Vorbereitung

38%

k.A.

17% Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (19).

Abbildung A-12: Wurde ein politischer Beschluss zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 gefasst?

614

Anhang

80 70 60 50 40 30 20 10

Soziales

Ökonomie

keine Angabe

sonstiges

Wohnungsamt

Gesundheitsamt

Sozialamt

Kultur

Tiefbau

Hochbau

Wirtschaftsförderung

Stadtplanungsamt

0 Umweltamt

Prozentuale Häufigkeit der Nennung

90

Ökologie

Eigene Darstellung; Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (21) (Mehrfachnennungen möglich).

Abbildung A-13: Welcher Fachbereich in der Verwaltung ist mit in den Gremien zur lokalen Agenda 21 vertreten?

Anhang

615

100 Ökonomie

Ökologie

80

60

40

20

sonstiges

Entwicklungspolitik

Gesundheit

Altlasten

Abfall

Lärm

Wasser/Abwasser

Luftreinhaltung

Erziehung/Bildung

Flächen/Nutzung

Wirtschaft

Bauen/Wohnen

Natur/Landschaft

Verkehr

Öffentlichkeitsarbeit

0 Klimaschutz/ Energie

Prozentuale Häufigkeit der Nennung

Soziales

Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (22).

Abbildung A-14: Welchen Fachbereichen sind die Aktivitäten der Gemeinden zuzuordnen?

Veranstaltungen durchgeführt (1997)? 12

37 18

ja nein in Vorbereitung k. A.

33 Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (22).

Abbildung A-15: Wurden Veranstaltungen zur lokalen Agenda 21 durchgeführt?

Das folgende Diagramm zeigt die Nennung der Veranstaltungsformen in ihrer Häufigkeit und gegliedert nach konventionellen und „neuen“ Kommunikationsansätzen. Im Vergleich dazu ist die internationale Nutzung von Kommunikationsansätzen zur lokalen Agenda 21, wie sie sich aus einer ICLEI- Umfrage ergeben hat7, eingetragen. Pressearbeit Informationsbroschüren Vorträge/Diskussionen Ausstellungen Beratung Runde Tische Forum

Interview Zukunftswerkstätten Mediation Planungszelle VHS

Bürgerversammlung Hearing Anwaltsplanung Lokalradio/-fernsehen Internet Beirat + Beratergremien 0

10

20

30

40

50

60

70

80

Prozentuale Häufigkeit der Nennung „konventionell“ (1996) „neu“ (1996)

„konventionell“ (1997) „neu“ (1997)

„konventionell“ (1999) „neu“ (1999) Internationale Anwendung

Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (24); Eberhardt, ZAU 11 (1998), 72 (74); sowie nach Hänisch, Lokale Agenda 21, S. 7.

Abbildung A-16: Nutzung von Veranstaltungsformen national/international 1996–1997 7 Zahlen: UNDPCSD/ICLEI, Lokal Agenda 21 Survey. A study of responses by local authorities and their national and international associations to Agenda 21; www.iclei.org/LA21/LA21rep.htm (26.02.2004), S. 10, dort noch mit kooperativer Planung (ca. 41%) und Focus-Groups (interview-artigen Planungszellen) (46%).

Anhang

617

Akteurseinbeziehung k.a. Gewerkschaften sozialpolit. Verbände Religionsgemeinschaften Wirtschaftsverbände Gewerbe/Handwerk/ Industrie Fraktionen/ Parteien Umweltverbände Bürger

20

0

40

60

80

100

Nennung in Prozent Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: dies. (Hrsg.), Städte auf dem Weg zur Lokalen Agenda 21, S. 17 (25) (Mehrfachnennungen möglich).

Abbildung A-17: Welche Akteure wurden in den Prozess einbezogen?

Hemmnisse des Agenda-Prozesses 1997 40 Prozentuale Nennung

35 30 25 20 15 10 5 Inhalte

Kompetenz

Informationsdefizit

Interessenkonflikte

sonstiges

Politik, Bevölkerung

Prioriäten

k. A.

Personal

Finanzen

0

Eigene Darstellung, Zahlen nach Rösler, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 63ff.; dies., in: dies. (Hrsg.), Stand der Umsetzung der Lokalen Agenda 21, S. 47 (54); auch: Minsch u. a., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, S. 219.

Abbildung A-18: Prozesshemmnisse in der Wahrnehmung der Gemeinden (1997)

618

Anhang

X. Difu 1999 Lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe? 4%

6% 4%

ja nein noch nicht keine Angabe

86% Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Prozesse, S. 13 (14).

Abbildung A-19: Betrachten die Städte die lokale Agenda 21 als kommunale Aufgabe?

Politischer Beschluss gefasst? 9%

1%

3% ja nicht beabsichtigt in Vorbereitung k.A.

87% Eigene Darstellung, Zahlen: Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Prozesse, S. 13 (15).

Abbildung A-20: Wurde ein politischer Beschluss zur Aufstellung einer lokalen Agenda 21 gefasst?

Anhang

619

60

40 30 20 10

Soziales

Ökonomie

Ökologie

Eigene Darstellung nach Hänisch, Lokale Agenda 21, S. 11.

Abbildung A-21: An der lokalen Agenda beteiligte Ämter in den Städten

Frauenbeauftragte

sonstiges

Wohnungsamt

Gesundheitsamt

Sozialamt

Kultur

Tiefbau

Hochbau

Wirtschaftsförderung

Stadtplanungsamt

0 Umweltamt

Prozentuale Häufigkeit der Nennung

50

620

Anhang

Öko-Audit Beschaffung

Öffentlichkeitsarbeit 160 Verkehr 140 120

Klimaschutz/ Energie

100

Soziales

Natur/Landschaft

80 60

Frauenprojekte

Bauen/Wohnen

40 20

Kinder/ Jugend

Arbeit und Beschäftigung

0

Flächen/ Nutzung + Planung

Konsumverhalten

Luftreinhaltung

Entwicklungspolitik Lärm

Gesundheit Altlasten

Soziales

Ökonomie

Abfall

Wasser/Abwasser

Ökologie

Eigene Darstellung nach Hänisch, Lokale Agenda 21, S. 2.

Abbildung A-22: Welche Schwerpunkte hat der lokale Agenda 21-Prozess (1999)?

Soziales Ökonomie Ökologie

Eigene Darstellung nach Hänisch, Lokale Agenda 21, S. 3.

Abbildung A-23: Welchen Fachbereichen sind die Aktivitäten der Städte zuzuordnen (1999)? Öko-Audit

Beschaffung

Soziales

Entwicklungspolitik

Gesundheit

Altlasten

Abfall

Lärm

Frauenprojekte

Luftreinhaltung

Arbeit und Beschäftigung Flächen/ Nutzung+ Planung, Erziehung/ Bildung+

Bauen/ Wohnen

Natur/Landschaft

Kinder und Jugendliche

Öffentlichkeitsarbeit

Klimaschutz/ Energie

Prozentuale Häufigkeit der Nennung

Anhang 621

100

80

60

40

20

0

622

Anhang k. A. Entwicklungspolitische Gruppen sonstige

Übergeordnete Institutionen Land- und Forstwirtschaft Wohnungsbaugesellschaften Komm. Verkehrsunternehmen Gewerkschaften Wirtschaftsverbände sozialpolit. Verbände Vereine Ver- und Entsorger Gewerbe/Handwerk/ Industrie Religionsgemeinschaften Fraktionen/ Parteien Bildungseinrichtungen Bürger Umweltverbände 0

20

40

60

80

100

Nennung in Prozent Eigene Darstellung, Zahlen: Hänisch, Lokale Agenda 21, S. 6 (Mehrfachnennungen möglich).

Abbildung A-24: Welche Akteure wurden in den Prozess einbezogen?

120

Eigene Darstellung, Zahlen nach Rösler, in: Heinelt/Mühlich (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Prozesse, S. 13 (26).

Abbildung A-25: Prozesshemmnisse in der Wahrnehmung der Städte (1999) weitere

mangelndes gesellschaftl. Interesse

mangelndes Interesse in der Verwaltung

Informationsdefizite

mangelndes Interesse der Bevölkerung

mangelndes Interesse der Wirtschaft

andere Prioritäten

Personalmangel

Finanzen

Prozentuale Nennung

Anhang 623

100

80

60

40

20

0

624

Anhang

XI. Lokale Agenda 21 im internationalen Vergleich 16%

52%

reiche Länder davon Dtl. ärmere Länder

32%

Eigene Darstellung, Zahlen: UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www. iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.2004), S. 3; Draschba/Heidorn/Zachow, Möglichkeiten in Nachhaltigkeitsinitiativen, S. 33.; v. Ruschkowski, APuZ B31-32/2003, 17 (22), Koll, in: Kopatz (Hrsg.), Reformziel Nachhaltigkeit, S. 23 (37); UNDPCSD/ ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.2004), S. 10ff.

Abbildung A-26: Agenda-Prozesse weltweit

Gemeinden mit Agenda-Aktivitäten Europa (1996/2001)

Deutschland

2001

Österreich

Norwegen

Niederlande

Italien

Irland

Großbritannien

Frankreich

Finnland

Dänemark

1996

Schweden

2000 1750 1500 1250 1000 750 500 250 0

Eigene Darstellung, Zahlen 1996: www.iclei.org/LA21/LA21rep.htm#findingsa (04.03.2004), Zahlen 2001: www.iclei.org/rioplusten/final_document.pdf (26.02.2004).

Abbildung A-27: Lokale Agenda in Europa im Vergleich

Anhang

625

27%

irgendeine Einbeziehung keine Einbeziehung

73%

Abbildung A-28: Akteurseinbeziehung in den lokalen Agenda 21-Prozess weltweit (2001)

21

21

Einbeziehung in Entscheidungsprozess Informationssammlung 34

Gemeinde Entscheidungsträger keine Akteursgruppen

60

Eigene Darstellung, Zahlen: UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/final document.pdf (26.02.2004), S. 14.

Abbildung A-29: Rolle der Akteure in den Agenda-Prozessen weltweit (2001) 22,8

22,8

Einbeziehung in Entscheidungsprozess Informationssammlung 38,6

74,8

Gemeinde Entscheidungsträger keine Akteursgruppen

Eigene Darstellung, Zahlen: UNDPCSD/ICLEI, Second local Agenda 21 survey, www.iclei.org/rioplusten/europe.pdf (26.02.2004), S. Q 10, 11.

Abbildung A-30: Rolle der Akteure in den Agenda-Prozessen in Europa (2001)

626

Anhang

XII. Regelungsmöglichkeiten der Gemeinden in den Landesbauordnungen der Bundesländer

Land

Norm

Regelung

Rechtsform/Änderung bestehender Anlagen Satzung; Veränderungen auch an bestehenden Anlagen bei Bedrohung für Leben und Gesundheit, § 76

BadenWürttemberg

§ 74 LBO-BW

• Anforderungen an Gestaltung und Nutzung unbebauter Flächen der bebauten Grundstücke, Art von Einfriedung zum Schutz von Kultur und Naturdenkmalen

Bayern

Art. 98 I BayBO

• Gestaltung und Ausstattung Satzung/Festsetzung auch der Gemeinschaftsanlagen durch Bebauungsplan • Art und Gestaltung der Einfriedungen • Baumschutz, wenn für Straßen- Ortsbild, Lärmschutz oder Luftreinhaltung erforderlich oder bedeutsam

Berlin

Brandenburg

Bremen

(§ 8 BauO • Gärtnerische Anforderung Bln) aus Gesetz, Bepflanzung verlangbar, auch bei nicht überbauten Flächen § 7

§ 81 BBgBO

Anforderungen an bestehende Bauten, zur Vermeidung einer Gefährdung von öff. Sicherheit oder Ordnung, insb. Gesundheit oder Leben

• Natschrechtl. Anforderungen direkt aus BBgBO (§ 7 I 2 BBgBO) • Besondere Anforderungen an bauliche Anlagen zum Schutz von Bau- und Naturdenkmälern • Gestaltung der Gemeinschaftsanlagen der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke • Gärtnerische Vorgartengestaltung • Art der Einfriedungen

Satzung, Aufnahme in Bebauungsplan mögl., Anpassung bestehender Anlagen bei erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit

87 BrmBO • Besondere Anforderungen an bauliche Anlagen zum Schutz von Bau- und Naturdenkmälern • Gestaltung der Gemeinschaftsanlagen, Art Gestaltung und Höhe der Einfriedung mit Anforderungen der Bepflanzung

Satzung, auch als Festsetzung in Bebauungsplan mgl. Anpassung mgl. wenn wegen öffentlicher Sicherheit oder Gesundheit erforderlich

Anhang Land

Norm

Regelung

627 Rechtsform/Änderung bestehender Anlagen

• Anforderungen zur Begrünung von Gebäuden und Gestaltung der Freiflächen von Baugrundstücken, auch gärtnerische Gestaltung der Vorgärten Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

§ 81

Ausschluss von Heizungsanlagen und Festsetzung gemeinsamer Heizungsanlagen zur allgemeinen Energieersparnis oder Schutz der Umwelt Bepflanzung nicht überbauter Flächen vorgeschrieben § 9 I Begrünung auf Verlangen der Bauaufsichtsbehörde, § 9 V

Rechtsverordnung, Anpassung an bestehende Vorschriften bei Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit

§ 81 HBO • Besondere Anforderungen Satzung, Aufnahme in Bean baul. Anlagen zum Schutz bauungsplan mgl. von Naturdenkmälern • Gestaltung von Plätzen mit Anforderungen an die Bepflanzung und Verwendung von Pflanzen, insbesondere Einfriedungen • Begrünung von baul. Anlagen, • Nutzung, Gestaltung und Bepflanzung der Grundstücksfreiflächen § 86 LBauO • Besondere Anforderungen M-V an bauliche Anlagen zum Schutz von Bau- und Naturdenkmalen • Gestaltung von nicht überbauten Flächen bebauter Grundstücke, • Art, und Gestaltung der Einfriedung, Vorgärtennutzungseinschränkung und gärtnerische Gestaltung, • Begrünung baul. Anlagen § 56 NBauO

• Anforderungen auch in ökologischer Absicht. Einfriedungen, • Gestaltung nicht überbauter Flächen der bebauten Grundstücke, insbesondere Vorgärten,

Satzung, auch als Festsetzung in Bebauungsplan aufnehmbar, Veränderungen örtl. Baurechts auch an bestehenden baulichen Anlagen noch durchsetzbar, wenn wegen Sicherheit oder Gesundheit erforderlich, § 87 I.

Satzung, Aufnahme in Bebauungspläne und in Satzung 34 IV Nr. 2, 3 BauGB mögl. (98, NBauO), Änderungen an Anforderungen nur für Anlagen vor Inkrafttreten BauO)

(Fortsetzung nächste Seite)

628

Anhang

Fortsetzung Land

Norm

Regelung

Rechtsform/Änderung bestehender Anlagen

• Begrünung baul. Anlagen, • Baum, oder Strauchanpflanzungen mit Erhaltung Nordrhein- § 86 BauO • Besondere Anforderungen Westfalen NRW an bauliche Anlagen zum Schutz von Denkmälern und Naturdenkmälern • Gestaltung, Begrünung und Bepflanzung unbebauter Flächen bebauter Grundstücke • Begrünung baulicher Anlagen

Satzung, Festsetzung in Bebauungspl., mgl. Veränderungen auch an bestehenden Anlagen bei Sicherheit für Leben und Gesundheit, 87

Rheinland§ 88 • Besondere Anforderungen Pfalz LBORh-PF an bauliche Anlagen zum Schutz von Bau- und Naturdenkmalen, • Gestaltung von nicht überbauten Flächen bebauter Grundstücke, • Art, und Gestaltung der Einfriedung, • Vorgärtennutzungseinschränkung • Begrünung baul. Anlagen sowie Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern

Satzung, auch als Festsetzung in Bebauungsplan mgl.

Nachträgliche Anforderungen bei Abwehr für erhebliche Gefahren für öff. Sicherheit, insbes. Leben und Gesundheit, 85 I

Saarland

§ 93 LBO Saar

• Gestalterische Anforderungen zur Verwirklichung sparsamen Umgangs mit Energie und Wasser oder Gewinnung erneuerbarer Energie • Gestalter. Anforderungen für Schutz v. Bau, Bodenund Naturdenkmalen • Gestaltung Begrünung und Bepflanzung unbebauter Flächen bebauter Grundstücke, Begrünung baul. Anlagen

Satzung, auch als Festsetzung im Bebauungsplan mgl.

Sachsen

§ 83 SächsBO

• Besondere Anforderungen an baul. Anlagen zum Schutz von Natur- und Kulturdenkmalen • Gestaltung von unbebauten Flächen bebauter Grundstücke,

Satzung, auch durch Bebauungsplan erlassbar. Anpassung für bestehende Anlagen bei Erforderlichkeit wegen Sicherheit und Gesundheit

Anhang Land

Norm

Regelung

629 Rechtsform/Änderung bestehender Anlagen

• gärtnerische Gestaltung von Vorgärten festschreibbar. SachsenAnhalt

§ 90 BauOLSA

• Anforderungen zum Schutz von Bau- oder Naturdenkmalen, • Gestaltung von Gemeinschaftsanlagen, unbebauter Flächen bebauter Grundstücke, • gärtner. Gestaltung der Vorgärten • Begrünung baulicher Anlagen

Satzung, Aufnahme in Bebauungspläne und Satzungen § 34 IV a Nr. 2,3 möglich, § 90 IV Geänderte Anforderung örtlichen Baurechts auch auf bestehende Anlagen übertragbar, bei Erforderlichkeit für Sicherheit oder Gesundheit (§ 91)

SchleswigHolstein

§ 92

• Besondere Anforderungen an bauliche Anlagen zum Schutz von Denkmälern und Naturdenkmälern • Begrünung baulicher Anlagen • Gestaltung, Begrünung und Bepflanzung unbebauter Flächen bebauter Grundstücke, mit konkretisierenden Pflanzbestimmungen

Satzung, als Festsetzung in Bebauungsplan aufnehmbar. Anpassung bei Erforderlichkeit für Erhaltung der öffentlichen Sicherheit

Thüringen

§ 83 ThürBO

• Anforderungen zum Schutz von Bau- oder Naturdenkmalen • Gestaltung von Gemeinschaftsanlagen, unbebauter Flächen bebauter Grundstücke, gärtner. Gestaltung der Vorgärten • Begrünung neu zu errichtender baul. Anlagen

Satzung, Aufnahme in Bebauungspläne mgl., Anforderungen an bestehende Anlagen aufgrund veränderten örtl. Baurechts mgl., wenn zur Abwehr erhebl. Gefahr für Leben, Gesundheit oder zum Schutz von Straßen-, Orts- oder Landschaftsbilds vor Verunstaltungen notwendig, § 84

630

Anhang

XIII. Strategiekatalog fünf zentrale Handlungsfelder der Stadtentwicklung der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung Haushält. Bodenmanagement

Vorsorgender Umweltschutz

Sozialverträgliche Wohnungsversorgung

Stadtverträgliche Mobilitätssteuerung8

1. Reduzierung des Zuwachses an bebauter Siedlungsfläche

1. Energieeinsparung und Ausweitung des Anteils regenerativer Energien10

1. Ressourcenschonender, kostenreduzierter Wohnungsbau

1. Anbindung von Wohngebieten und Arbeitsstätten

1. Sicherung innerstädtischer Wirtschaftsstandorte

2. Reduzierung des Flächenbedarfs des motorisierten Individualverkehrs

2. Schaffung wohngebietsverträglicher Arbeitsplätze

2. Wiedernutzung von städtebaulichen Brachen und leerstehenden Flächen

2. Minderung der Luftschadstoffe und der Treibgase

3. Reduzierung 3. Schutz und Pflege des der BodenverGrundwassers siegelung und lokaler 4. Optimale WasservorNutzung städte- kommen baulicher 4. Stärkung Dichte9 von Stoffkreis5. Erhaltung läufen und Reund Vernetzung duzierung des klimawirksamer RestmüllaufFreiflächen kommens

2. Versorgung von Wohnungssuchenden mit besonderem Wohnbedarf 3. Sicherung wohnungsnaher Grundversorgung

3. an ÖPNV Ausbau des Fahrradwegenetzes

4. Erhöhung 4. Förderung der Aufenthaltsnachbarschaftli- qualität für cher Selbsthilfe FußgängerInnen

Standortsichernde Wirtschaftsförderung

3. Gezielte Standortförderung für umweltschonende Betriebe11 4. Stärkung und Entwicklung innerstädtischer Zentren

Zusammenstellung der Strategie nach Fuhrich, IzR 1996, 173 (176ff.); ausführliche Beschreibung: Raumordnungsbericht 1996, BT-DruckS 13/5390, S. 5ff.

8 Ähnlich Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie nach: Koll, Nationale und internationale Nachhaltigkeitspolitik, S. 23 (34). 9 Zu deren Grenzen, Albers, Die alte Stadt 1997, 283 (288f.). 10 Vgl. auch Heller, in: Ritter (Hrsg.), Stadtökologie, S. 163 (170). 11 Kreibich, Kommunen im Spannungsfeld von Globalisierung und Nachhaltigkeit, S. 31.

Anhang

631

XIV. Musterindikatoren für eine lokale Agenda 21 Die entwickelten Musterindikatoren aus der gemeinsamen Initiative der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Thüringen lauten in den Bereichen12: Ökologie13 1. Geringe Abfallmengen: (kg Siedlungsabfall/Einwohner) 2. Niedrige Luftverschmutzung: (Veränderung des Flechtenbestandes) 3. Schonender Umgang mit nicht erneuerbaren Ressourcen: (Bodenflächen nach Nutzungsarten in Prozent der Gesamtflächen) 4. Erhaltung des Bestandes an erneuerbaren Ressourcen: (Wasserverbrauch der priv. Haushalte L/Einwohner und Tag) 5. Niedriger Energie-Einsatz: (Stromverbrauch der priv. Haushalte: kWh/Einwohner) 6. Umwelt- und sozialvertr. Mobilität: (Pkw/1000 Einwohner)14. Ökonomie15 1. Gleichmäßige Arbeitsverteilung: (Arbeitslosenquote (m/w)) 2. Hoher regionaler Selbstversorgungsgrad: (Anteil der Anbieter überwiegend regionaler Nahrungsmittel auf dem Wochenmarkt) 3. Ausgeglichene Wirtschaftsstruktur: (Anteil der sozialvers.pflichtig Beschäftigten nach Wirtschaftsbereichen) 4. Hohe Preisniveaustabilität: (Preisindex der Mieten) 5. Gesunde Struktur der öff. Haushalte: (Komm. Schulden/Einwohner (1995 = 100)) 12 Zum Vergleich der ähnlichen Entwicklungsansätze sind am Ende der Musterindikatoren in den Fußnoten die entsprechenden Indikatoren aus einer Berliner Initiative angefügt. 13 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 18ff. 14 Wasserverbrauch pro Kopf und Jahr, Energieverbrauch pro Kopf und Jahr, Anteil erneuerbarer Energien am Pro- Kopf- Energieverbrauch pro Jahr, Heizenergiebedarf in Wohn- und Arbeitsräumen, Flächenverbrauch, Versiegelungsgrad, Verkaufsund Bürofläche pro Einwohner, bezirkliche Altlastenverdachtsflächen, Brachflächenanteil der Gesamtfläche, Gesamtaufkommen von festem Grünabfall am Gesamtaufkommen, Haumüllaufkommen pro Kopf und Jahr, Gewerbeabfallaufkommen pro Kopf und Jahr, Mehrwegquote, Motorisierungsgrad, Anteil verkehrsberuhigter Zonen, Verkehrsdichte, Modalsplit, Schadstoffemissionen, vgl. Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89 (92f.). 15 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 30ff.

632

Anhang

6. Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes: (Anzahl der Unternehmen mit Öko-Audit)16 Gesellschaft/Soziales17 1. Gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen: (Zahl der Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt/1000 Einw.) 2. Hohes Niveau an Aus- und Weiterbildung: (Anzahl der Ausbildungsverhältnisse je 1000 sozialverspfl. Beschäftigte) 3. Ausgewogene Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur: (Zahl der Zu- und Fortzüge/1000 Einwohner und Wanderungssaldo) 4. Hohes kulturelles Angebot: (Anzahl der Teilnehmer an Veranstaltungen der drei größten Fort- und Weiterbildungseinrichtungen pro 1000 Einwohner) 5. Hohes Gesundheitsniveau: (Anteil der übergewichtigen Kinder gemäß Schuleingangsuntersuchungen) 6. Hohes Sicherheitsniveau: (Bekannte Straftaten je 1000 Einwohner)18 Partizipation19 1. hohes ehrenamtliches Engagement: (Zahl der eingetr. Vereine pro 1000 Ew) 2. hohes demokr. Engagement: (Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen) 3. Kommunaler Einsatz für internationale Gerechtigkeit: (Komm. Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit in Prozent des komm. Haushalts) 4. Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am öff. Leben: (Anteil der Frauen pro Kommunalparlament) 16 Erwerbslose zu Zahl der offenen Stellen, Ausbildungssuchende zu Zahl der offenen Ausbildungsplätze, Marktanteil von Produkten aus der Region am Gesamtumsatz der Einzelhandels, Gewerbefläche pro Arbeitsplatz, Marktanteil von Produkten mit zertifizierten Unternehmen, wirtschaftliche Diversifizierung nach Branchen, Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89 (92f.). 17 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 42ff. 18 Einwohnerentwicklung/Einwohnerdichte, Einkommensverteilung (einschließlich Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose), Bildungsstand, Haushaltsgröße, Umzüge (Wanderungssaldo, Wanderungsdichte), Zahl der Wohnungslosen, Wohnungsversorgung (m2 /Person), Wohnungsausstattung (Bad, WC, Ofenheizung), Mietniveau, Weidlich, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21, S. 89 (92f.). Ähnliche Entwicklungen von Qualitäts- und Handlungszielen bei: Bückmann/Rogall, UPR 2001, 121 (129). 19 Vgl. Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg u. a. (Hrsg.), Indikatoren im Rahmen einer Lokalen Agenda 21, S. 54ff.

Anhang

633

5. Verbesserung der Lebensumwelt von Kindern und Jugendlichen: (Komm. Ausgaben für Kinder- und Jugendarbeit in Prozent des komm. Haushalts) 6. Teilhabe am Nachhaltigkeitsprozess: (Anteil der ehrenamtlich geleisteten Stunden im Rahmen der lokalen Agenda 21 je 1000 Einwohner). XV. Organisationsmodelle nach Havelock Bei den Organisationsmodellen von Havelock handelt es sich um das Forschung, Entwicklung- und Diffusions- Modell“, das „soziale InteraktionsModell“, das „Problemlösungsmodell“ und das „Linkage-Modell“.20 • Im „Forschung, Entwicklung und Diffusion- Modell“ soll eine rationale Reihenfolge von Forschung, Entwicklung und Präsentation stattfinden, bevor eine breite Diffusion der Ergebnisse beginnt. Eine Akteursgruppe hat eine zentral steuernde Stellung und will den Innovationsprozess ohne wesentliche Partizipation realisieren. Dem liegt das Bild eines passiven aber aufnahmewilligen Akteurs zugrunde.21 Das „Forschung, Entwicklung und Diffusion-Modell“ kann Erfolge bei der Einführung hochwertiger Güter und Stützung durch ordnungsrechtliche Mittel vorweisen.22 • Das „Soziale Interaktions-Modell“ setzt auf eine breite Partizipation aller irgendwie involvierten Personenkreise mit gemeinsamer Entscheidungsfindung. Das Modell geht jedoch von der Voraussetzung aus, dass die Adressaten einem Netz sozialer Beziehungen angehören, das maßgeblichen Einfluss auf ihr Verhalten entfaltet.23 Liegt diese Voraussetzung vor, stellt das soziale Interaktionsmodell die These auf, dass sich durch das vorhandene und auf die Adressaten rückwirkende Netz die Innovation in einem natürlichen Diffusionsprozess durchsetzt.24 • Das „Problemlösungs- Modell“ stellt als zentralen Ausgangspunkt für das Vorgehen der Akteure ein gemeinsames Bedürfnis fest.25 Das Vorgehen in diesem Modell sollte maßgeblich auf die Akteure abgestellt werden, so dass nicht der Eindruck einer Fremdführung entsteht. Der Antrieb zum Tätigwerden liegt in der Verbundenheit zur eigenen Innovation, so dass 20

Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 247–272. Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 263. 22 Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 265; vgl. ähnlich Engelhardt, Organisationsmodelle, S. 74, zum insoweit damit verknüpften rationalen Organisationsmodell. 23 Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 258. 24 Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 260. 25 Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 251. 21

634

Anhang

auch mit der Lösung des Problems eine Einstellung der Aktivitäten zu erwarten ist.26 • Das „Linkage Modell“ versucht effektive Innovationsorganisation zu gestalten, indem der Berater ein genaues Bild der Adressatenorganisation entwickelt und eine lernende Prozessorganisation aufbaut, die auch die Beteiligung der Akteure einbindet.27 XVI. Organisationsmodelle nach de Haan/Kuckartz/Rheingans De Haan, Kuckartz und Rheingans differenzieren idealtypisch Kooperationsmodell, Initiationsmodell, Verwaltungsmodell und Netzwerkmodell.28 • Im Kooperationsmodell bleibt Planung, Strukturierung, Koordinierung und Durchführung von Innovationen bei dergleichen Akteursgruppe.29 • Wenn eine kleine Gruppe Leitlinien zur Umsetzung an andere ausgibt, handelt es sich um das hierarchische Initiationsmodell. • Im Verwaltungsmodell schaffen die Hauptakteure nur den Rahmen, in dem andere sich frei bewegen und ihre gemeinsamen Interessen und Vorstellungen umsetzen können, so dass nur Unterstützung mit Ressourcen, nicht aber inhaltliche Beeinflussung gegeben ist. • Das Netzwerkmodell30 ist durch lose Verbünde und zweckorientierte Kooperation von Akteuren gekennzeichnet. Informationelle Verknüpfung und offene Strukturen sollen die Lernfähigkeit steigern.31 Netzwerke basieren auf Kompetenzen von Einzelakteuren und lassen aufgrund häufiger Re- und Neustrukturierung immer wieder Hinzukommen bisher nicht integrierter Akteure zu.32 Dadurch ermöglichen sie hohe Flexibilität, die sich auch in der Gewichtungsmöglichkeit seiner Komponenten zeigt.33 26

Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 252f. Havelock, Schulinnovation. Ein Leitfaden, S. 270, 271 Abb. A-4; in diesem Sinne auch Carew-Reid u. a. (Hrsg.), Strategies for National Sustainable Development, S. 53, die Ergänzung der wissenschaftlichen Herangehensweise durch Partizipation fordern um einen hohen Partizipationsgrad mit hoher Interdisziplinarität zu kombinieren. 28 Rheingans-Heintze, Lokale Akteursnetzwerke, S. 44f. 29 Vgl. auch: Selle, Was ist denn bloß mit der Planung los? S. 77ff. 30 Dazu ausführlich: Boskamp, in: Boskamp/Knapp: Führung und Leitung, S. 161ff. 31 Eifert, in: Hoffman-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 90 (96f.). 32 Vgl.: Rheingans/de Haan/Kuckartz in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Deutschland, S. 281 (283). 33 Eifert, in: Hoffman-Riem/ders. (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 90 (96f.), S. 90 (95); BMI (Hrsg.), Wegweiser Bürgergesellschaft, S. 37. 27

Anhang

635

Kooperation

Initiation

Verwaltung

Netzwerk

Flache Hierarchien

Hierarchisierung

Bürokratische Hierarchisierung

Multizentrische Struktur

Strategie

Einbeziehung vieler

Aufforderung zur Zurückhaltung

Unterstützung leisten

Verbundenheit auf Zeit

Diskursstruktur

Gleichberechtigte Kommunikation

Unterweisung

Berichterstattung wenig Diskussion

Know-How austauschen

Denkstil

Prozessorientiert

Zielorientiert

Entlastungsorientiert

Effizienzorientiert

Organisationsstruktur

Abbildung A-31: Kennzeichen der Organisationsmodelle

Stärken der Organisationsmodelle Kooperation • Verantwortlichkeiten sind breit gestreut • Alle Entscheidungen werden durch erzielten Konsens herbeigeführt • Spontanität und Kreativität des Verhaltens, gute Gruppenatmosphäre

Initiation

Verwaltung

Netzwerk

• Hierarchie sorgt • Forciert die Er• Hohe Flexibilität für Stabilität und stellung eines und breite ParKontinuität präzisen Konzeptizipation tes, das nach • Klare Strukturen • Wenig Zeitaufaußen vertreten und Verantwortwand für Orgaund verantwortet lichkeiten ernisationsfragen: werden muss leichtern OrienDie Problemtierung • Klare Strukturen lösung steht im und VerantwortVordergrund • Routinen belichkeiten erfreien vom • Die Akteure steleichtern die Zwang, ständig hen in intensiven Orientierung neu aushandeln Kontakt zueinanzu müssen

• Hohe Flexibilität • Berechenbarkeit und Transparenz, des Verhaltens da Planung, Koder Akteure ordination und Durchführung in einer Einheit zusammengefasst

• Strukturelle Freider, agieren jeräume ermögdoch autonom lichen die Ent• Aufgrund zeitfaltung von licher BegrenztKreativitätsheit drohen keine potentialen Ermüdungserscheinungen

Nach: Rheingans/de Haan/Kuckartz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Deutschland, S. 281 (284f.).

Abbildung A-32: Stärken der Organisationsmodelle

636

Anhang Schwächen der Organisationsmodelle Kooperation

Initiation

Verwaltung

Netzwerk

• Tendenz zum Gruppendruck: Alle müssen mitmachen

• Mangelnde Flexi- • Hoher Bedarf an • Geforderte Kombilität aufgrund Kommunikation petenz und notstarrer Strukturen für Abstimmung wendig großes und Koordination Engagement der • Kommunikation Akteure als • Häufig lange Dewird auf ein • Lange InformaSelektionsfaktor batten, insbesonMindestmaß tionswege dere über Orgabeschränkt • Unübersichtlich• Unterschätzung nisationsfragen keit und Unbe• Häufig Intransstruktureller stimmtheit • Unklare, erst parenz: einseitige Konflikte auszuhandelnde Informations• Unterschätzung Definition der prozesse struktureller Rolle des Einzel- • Einschränkung Konflikte nen erzeugt von KreativitätsUnsicherheit und Partizipa• Durch das Fehlen tionspotentialen von Regulations- • Unsicherheit mechanismen ist in Bezug auf Macht schwer zu Identifikation erkennen und mit dem Vorlässt sich kaum haben offen thematisieren Nach: Rheingans/de Haan/Kuckartz, in: Kuhn u. a. (Hrsg.), Lokale Agenda 21 Deutschland, S. 281 (284f.).

Abbildung A-33: Schwächen der Organisationsmodelle

Anhang

637

XVII. Abläufe des kooperativen Diskursmodells Akteure

1. Stufe: Kriterien zur Bewertung

2. Stufe: Folgenabschätzung der Optionen

3. Stufe: Optionenbewertung

Erstellung von Wertbäumen für jede Gruppe

Vorschläge und gruppenspezifische Abschätzungen

Zeugenaussagen für Bürgerberatung

Beifügung und Modifikation von Werten und Optionen

Übertragung der Expertenurteile in Nutzkategorien

Bewertung und Empfehlung von Optionen

Antragsteller

Beifügung von Werten und Suche nach Optionen

Einbindung des institutionellen Wissens

Zeugenaussagen für Bürgerberatung

Forschungsteam

Übersetzung der Werte in Indikatoren

Verifikation der Expertenurteile (Literaturstudie)

Erstellung des Bürgergutachtens

Produkte

Integrierter Wertebaum

Auswirkungsprofil für jede Option

Rangordnung der Optionen und politischen Empfehlungen

Interessengruppen Experten

Abbildung A-34: Abläufe des kooperativen Diskursmodells

XVIII. Eigene Recherchen Für diese Untersuchung wurden mehrere Gespräche mit Lokalpolitikern und Agenda-Aktiven geführt, um die theoretischen Erkenntnisse der Untersuchung mit dem Praxisstand zu reflektieren. Einige dieser Gespräche sind nur unter der Zusicherung der Vertraulichkeit zustandegekommen. Um den Gesprächspartnern aus den Einblicken in die politischen Hintergründe keine Nachteile entstehen zu lassen, sind die Protokolle dieser Gespräche dieser Arbeit nicht angefügt. Zitiert sind unter der Abkürzung G in den Fußnoten Erfahrungen aus folgenden Gesprächen: G1:

Gespräch mit einem Lokalpolitiker aus Südniedersachsen, am 04.04. 2003 von 11.45–12.30 Uhr.

G2:

Gespräch mit einem Unternehmer aus Südniedersachsen am 11.11. 2003 von 09.00–10.00 Uhr.

638

Anhang

G3:

Gespräch mit einem Lokalpolitiker aus Nordbayern am 15.09.2003 von 19.20–22.00 Uhr.

G4:

Gespräch mit einem Agenda-Aktiven aus Nordbayern am 15.09. 2003 von 17.00–19.00 Uhr.

G5:

Gespräch einem Ortsbürgermeister aus Südniedersachsen am 25.06. 2004 von 16.00–18.00 Uhr.

G5:

Gespräch mit einem Verwaltungsmitarbeiter aus Nordbayern am 13.10.2003 von 17.00–17.45 Uhr.

G6:

Gespräch mit einem Bürgermeister aus Südniedersachsen am 02.07. 2004 von 09.00–09.45 Uhr.

G7:

Gespräch mit einem Verwaltungsmitarbeiter aus Südniedersachsen am 02.07.2004 von 09.45–10.15 Uhr.

G8:

Gespräch mit einem Bürgermeister aus dem Landkreis Würzburg, 30.06.2004 von 14.00–15.30 Uhr.

G9:

Gespräch mit einem Agenda- Aktiven aus dem Landkreis Würzburg am 19.06.2004 von 11.45–12.30 Uhr.

G10:

Telefonisches Gespräch mit der Landesanstalt für Umweltschutz als Koordinationsstelle Bayern am 09.07.2004 von 09.30–11.00 Uhr.

(G11: Informelle Diskussion mit einer Jungpolitikerin aus Schwaben am 11.06.2004, 11.00–13.00 Uhr). (G12: Informelles Gespräch mit einem Universitätsmitarbeiter, der die Agenda 21 in ihren Sachanliegen wissenschaftlich unterstützt hat am 19.06.2004 von 11.15–11.45 Uhr). (G13: Informelles Gespräch mit einem ehemaligen Kommunalpolitiker aus Sachsen-Anhalt, am 20.03.2004 von 15.00 Uhr–17.30 Uhr).

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Stichwortverzeichnis 1-Säulenmodell 59, 71ff. – Abwägungsgebot 72, 190 – Verhältnismäßigkeitsprinzip 72 3-Säulenmodell 59, 60, 63, 106, 148 – Leitaspekt Umwelt 61ff. 4-Säulenmodell 59, 73ff. – internationale Kooperation 75f. – Partizipation 74 – Subsidiarität 75, 115 Abfall – Entsorgungseinrichtungen 317, 324f., 327 – Entsorgungsgebühren 325f., 327 – Gebühr 342 – Gebührenbemessung 328, 343f. – Trennungsverpflichtungen 324 Agenda – Beirat 373, 383, 387f., 389, 497, 598 Agenda – Büro 373, 374ff. – Personalausstattung 378ff. – Sachbearbeiterlösung 376 – Stabslösung 376f. – Verwaltungseinbindung 374f. Agenda 21 – Adressaten 111ff. – bedeutende Kapitel für Deutschland 110 – Bekanntheit 521f. – bottom up Ansatz 112, 389ff., 392, 431ff., 481 – Gemeinde als besonderer Akteur 114f. – Gliederung 108ff. – Kapitel 28 und lokale Agenda 21 24 – partizipative Tragweite 112f., 114

– – – –

Softlaw 161ff. Terminierungen 110 top down Ansatz 112, 389f. und Managementregeln 40ff., 44f., 48, 53, 65, 105, 109 Agenda-Team 373 Anhörungsverfahren 506, 507f. Anthropozentrischer Umweltschutz 61f., 175f., 292 Anwaltsplanung 126, 521, 562, 575 Äquivalenzprinzip – Gebührenrecht 326 Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen 230ff., 299 Basic-needs 58, 72, 83 Baulandnachfrage 246f., 301, 314 Bauleitplan – Anpflanzungen, Bepflanzung 270, 277, 312, 315, 626ff. – Naturschützerische Festsetzungen 309ff., 312, 626ff. Bauleitplanung – als Gesellschaftsplanung 236 – erweiterte Festsetzungsmöglichkeiten 304 – Hauptkonfliktfelder 238 – Überfrachtung 237, 314 – veraltete Pläne 238 – vertragliche Regelungsmöglichkeiten 245ff. Baumschutzsatzungen 300, 305, 306ff., 313 Beteiligung – gesellschaftliche Separation 519f., 582, 600

724

Stichwortverzeichnis

– in der Bauleitplanung 240ff., 423, 505 – Konfrontation Einwender Verwaltung 506f., 508 – Mitentscheidungsforderungen 71, 114, 512, 533, 585, 601 – Rückmeldung Bürger 452, 524, 562 – Transparenz 512f., 518f., 576 – Verfestigung der Planung 423, 505 Beteiligungsformen – soziale Blindheit 504, 517, 520 Bewusstseinswandel 86, 115, 133, 267, 551 Bildungsarbeit 541ff., 579, 601 Brundtland-Bericht 22ff., 55 Brundtland-Definition 55, 56, 114, 115 – Bedarfsproblematik 57 – Kompromisscharakter 56, 114 – und Bezüge zu Nachhaltigkeitsmodellen 56 Bruttonationaleinkommen (BNE) siehe Bruttosozialprodukt Bruttosozialprodukt 81, 465f. Bürgeraktivierung 529ff., 591 Bürgerbegehren 499ff. – Erfolg und Häufigkeit 502ff. – Initiatoren 500f. – Machtverteilung in der Gemeinde 501 Bürgerbeteiligung – Aktivierungspotential 400, 530, 533 – Milieuübersichten 544f. Bürgerentscheid 499ff., 503 Bürgerforum 574 – einseitige Interessenvertretung 384 – geschlossenes Fachforum 387 – offenes Fachforum 383f. – Vorgängermodelle 381f. Bürgerforum / Fachforum 374, 380f., 497, 569f. Bürgergesellschaft 428, 451, 588, 592 Bürgergutachten 574

Bürgerinitiative 491, 498, 500, 532, 554 – Verhinderungsziel 518f. Bürgermeister – als Schlüsselakteur 393, 403f., 407f., 434ff., 501 – Qualifikationsvorsprung der Verwaltung 408, 435 Bürgerversammlung 497ff. Charta von Aalborg 25 Dezentralisierung 391, 405, 418ff., 483, 487 Dialog 514, 524, 550, 582, 584, 600ff. Diskontierung 45, 540f. Ecodevelopment – Ansatz 54f. Effizienzkonzept 91, 94ff., 107 Eigenverantwortlichkeit 155, 202ff., 221, 235, 245, 262, 390, 431f., 588, 595 Eigenverantwortung 262, 403, 482, 573 Eingriffsregelung – BNatSchG 229f., 231ff., 246, 296, 298 – Vorratsplanungen 233 Einweggeschirr, Einwegverpackung 321 Energetische Verwertung 317f. Entsiegelung 251, 253, 263, 268, 341 Fachforum siehe Bürgerforum Fassaden 309, 312f. FFH-Gebiete 232 Flächennutzungsplan – Naturschutzdarstellungen 308f. Flächenpools 234 Flächenverbrauch 138, 248, 252ff., 262, 264, 266, 270 – Innenentwicklung 263f.

Stichwortverzeichnis – strukturelle Probleme der Innenentwicklung 265ff., 273f., 485 – Verkehrswegegestaltung 268f., 271 Freiwillige Selbstverpflichtungen 353ff., 358 Gemeinderat – Beiräte 496f. – Beschluss 112, 117ff., 123, 399, 402, 404, 438, 528, 563 – Vorbehalte gegenüber Bürgerbeteiligung 510f. Gemeindeversammlung 497ff. Grünordnungspläne 301, 314 Heizstoffverwendung im Bauleitplan 275ff. ICLEI – Umfragen 120ff. – Vorentwurf Kap 28 24 Indikatoren 46, 130, 135, 272, 438, 458ff., 470ff. – Eigenentwicklung 467ff. Informales Handeln 347ff., 350, 353, 421, 436, 492 – Distanzverlust 357 – illegales Handeln 357, 360f., 363, 411 – rechtliche Probleme 357ff., 411 – selektive Interessenberücksichtigung 357 – Verbreitungsschwerpunkte 348, 350, 363 – Vereinbarungstreue 358 Informationsforderung 518, 523f. Inkrementalismus 478ff. Input-Output-Modell 42 Intergenerationelle Gerechtigkeit 56, 63, 67f., 84, 100, 104, 106, 180, 192, 444 Interkommunaler Dialog 483ff. – Entscheidungstransparenz 489 – formalisierte Kooperation 487ff.

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– Interessendivergenzen 488 – Kommunikationsschwierigkeiten 484 – Netzwerke 484f., 491ff. – Verhinderungsstrategie 489 Intragenerationelle Gerechtigkeit 56, 63, 67f., 84, 192, 444 Kapitalstock 51, 63 Kommunale Selbstverwaltung 202ff., 445 – Allzuständigkeit der Gemeinden 203 – Eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung 204f. – Finanzhoheit 211f. – Gestaltungsspielräume für Nachhaltigkeit 204ff. – Instrumentalisierung von Beteiligungsrechten 485f. – Kommunale Regelungsflut 210f. – Satzungsrecht 206ff. Kommunaler Klimaschutz 125, 136, 138f., 148, 276f., 278, 291, 330 Kommunaler Standortwettbewerb 413, 484, 485ff. Kommunalpolitik – Pragmatismus 406 – strukturelle Defizite 405f., 407, 412, 485ff. Kommunalwirtschaftsrecht 329f. Kommunikationsschwierigkeiten 514ff. – Bürger und Verwaltung 515f. – Interdisziplinarität 514f. Konfliktbewältigung im Baurecht 222, 273f., 301 Konsenslösungen 433, 436, 468f., 571f., 581ff. Konsumbeschränkung 83, 90f. Konsumententypen 92 Kooperation – als Verzögerungstaktik 352

726

Stichwortverzeichnis

– Zugeständnisse 351, 354f., 358, 365, 416, 490 Kooperationsprinzip 344ff., 499 – Definitionsansätze 345 Kostendeckungsprinzip – Gebührenrecht 326 Landschaftspflege 298, 331 Landschaftsplan 303 Landschaftsplanung 300ff., 314 Landwirtschaft – Agenda 2000 256 – Agrarreform 1992 256 – gute fachliche Praxis 259ff., 298f. – öffentliche Wahrnehmung 257f. – technische Entwicklungen 256 – Vertragsumweltschutz 269, 316, 331, 339 Leitaspekt Soziales – Existenzsicherung 66f. – Grundwertekonsens 70 – soziale Gerechtigkeit 67 Lenkungskreis 388f. Local action 21 158 Lokale Agenda 21 – Agenda-Beauftragter 420 – Akteursbeteiligung 127, 128, 545ff., 622 – Arbeitskreise und Projekte 137ff. – Arbeitsneutralität in der Verwaltung 414 – Aufgabenhäufung in der Verwaltung 414 – Beschlusslage 117ff., 608ff. – bottom up Initiierung 393, 395, 431ff., 481 – Bürgermeister als Schlüsselakteur 404, 407, 435 – Bürgermeistermodell 403f. – Dilemma Prozessbeginn 371, 438f. – Diskrepanz Wissenschaft – Umsetzung 372 – ehrenamtliches Engagement 534ff.

– einseitige Schwerpunktbildung 140ff., 437 – Entwicklungszusammenarbeit 144ff., 414, 565 – erfasste Bevölkerung 119f. – Evaluationsprobleme 120ff., 123f., 474f. – Förderprogramme 118, 128, 147ff., 356, 430, 564 – formale Umsetzung 395, 439ff., 451ff., 485 – Frauen 547 – Gemeinderatsbeschluss 116f. – Gemeinderatsmodell 402 – Hemmnisse aus der Verwaltungssphäre 405ff. – Indikatorenansätze 438, 458ff., 631ff. – Initiierungsansätze 389ff. – inkrementalistische Umsetzung 396, 476ff. – internationaler Vergleich 129ff. – Kinder und Jugendliche 545f. – Kirche 547f. – Kollision mit traditioneller Verwaltungsorientierung 400 – Kombination Initiierung – Umsetzung 395f. – kommunaler Finanzdruck 447ff., 450, 487, 589 – Kommunikationsformen 125f. – Kosten 449ff. – langfristige Perspektiven 155ff., 158, 480 – Leitbildfunktionen 454ff. – Leitfäden 151ff. – Mangelbereiche 143ff., 158 – Mitarbeitereinbindung Verwaltung 401 – Nichtregierungsorganisationen 548 – Öffentlichkeitsarbeit 521ff., 523, 526 – Organisationsgremien 373ff. – Partizipationsformen 126f., 131f., 616

Stichwortverzeichnis – – – – –

Planungsbüroagenda 428 Policy-Zyklus 529 Projektorientierung 485 Prozesshemmnisse 128ff. Qualifikation Verwaltungsmitarbeiter 409f., 411 – Renaissance bekannter Ansätze 443f. – Schwerpunkte gemeindlicher Arbeit 121ff., 135ff., 138ff., 615 – Spiegelreferate in der Verwaltung 416ff. – systematisch strategische Umsetzung 396 – systematische Umsetzung 453ff. – top down Initiierung 393, 395 – und Partizipation 398ff., 422, 482ff. – und Stadtentwicklungsplanung 442f., 445f., 473 – Variationsbreite nach Gemeindegrößen 396f. – Veränderungspotential 133f., 158 – Verwaltung als Schlüsselakteur 394, 398f., 401f., 405, 436 – Verwaltungsagenda 394, 397ff., 401f. – Zielformulierung 456f. Luftreinhaltepläne 272 Management-Modell 40ff., 44f., 48, 53, 65, 105 – Varianten 42ff. Managementregeln 40ff., 44f., 48, 53, 65, 105, 178f., 249, 293 – Bewirtschaftungsintensität 48ff., 105, 178f. Mediation 567, 568f. Medien 521, 526ff. – Schematisierung 527 Milieuübersichten 544 Moderation 567f., 571f. Monetarisierung – Bedeutung für Kommunen 39

727

Nachfrage – öffentliche Güter 88f., 406 Nachhaltige Entwicklung – als gesellschaftspolitisches Leitbild 116 – als politisches Prinzip 168 – als Rechtsprinzip 164, 367 – Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen 230ff., 233, 299 – Baurecht und Naturschutz 229ff. – etymologische Herkunft 25ff. – im BNatSchG 292ff. – im BWaldG 282ff. – im Raumordnungsrecht 214ff. – im Völker- und Europarecht 160ff., 169ff. – in der Bauleitplanung 234ff., 236, 245ff., 369 – informelle Planung 234, 239f., 347ff., 361ff. – Instrumentalisierung 28f., 79, 82, 116, 384ff., 511 – Landwirtschaft 254ff. – Legitimationswirkung 168f. – Marketing 525, 528 – Rechtmäßigkeit als Umsetzungsvoraussetzung 90 – softlaw 163, 168f., 368 – Strukturcharakter 78f., 85f., 104 – Suffizienzkonzept 90 – Syndromansatz 59, 76, 466f., 607 – Synonyme 27 – Teilbereichskonzepte 59ff. – Umsetzungsstrategien 89ff. – und Baurecht 218ff., 367 – und Bodenschutzrecht 248ff. – und Rechtsstaatsprinzip 190ff. – und Völkergewohnheitsrecht 164ff. – Verwaltungsreform 424 – Widerspruch Denken Handeln 537ff. – Zielkonflikte 77ff., 79f.

728

Stichwortverzeichnis

Nachhaltigkeit – als Bewirtschaftungsprinzip 105, 179ff. – als Entwicklungsmodell 53f., 105f. – Bekanntheit 135, 522f. – Bewirtschaftungsintensität 48ff., 105f. – differenzierendes Handlungsmodell 53, 605ff. – forstliche Nachhaltigkeit als Grundlage eines Bewirtschaftungsmodells 32ff. – Gleichberechtigung der Dimensionen 78f., 85 – Instrumentalisierung 28f. – Leitaspekt Ökonomie 64ff. – Leitaspekt Soziales 66ff., 85, 191f. – Management-Modell 40ff., 105 – neoklassische Umweltökonomie 34ff., 105 – Ökologische Ökonomie 40ff., 105 – schwache 50f. – starke 49f. – strikte 49f., 186, 254 – synonyme 27 – und Abfallrecht 316ff. – und Abwägungsgebot 190, 219ff. – und Forstwirtschaft 30, 106, 282f., 289, 290 – und Optimierungsgebot 225ff. – und Vorsorge 96ff., 101ff., 107 – vermittelnde Intensitätsmodelle 52ff. – Vorrang der Ökologie 63f., 82, 85, 141f. – Wasserrecht 332ff. – Wirtschaftswissenschaftliche Modelle 31ff. – Wurzeln 29ff. Nachhaltigkeit im engeren Sinn 62 – als Umschreibung der ökologischen Dimension nachhaltiger Entwicklung 62 Nachhaltigkeit im weiteren Sinn 54, 63 Naturschutz

– als Verhinderungsplanung 301, 315 – besonders geschützte Landschaftsbestandteile 305f. Neoklassische Umweltökonomie 34ff., 105 – Abgrenzung zur ökologischen Ökonomie 46f. – Bedeutung für Agenda 21 37ff. – Kritik 35f. – und schwache Nachhaltigkeit 51 – Zusammenhang forstliche Nachhaltigkeit 36f. Nichtregierungsorganisationen 548 – Instrumentalisierung 552ff. – Mitbestimmungsanspruch 550f. – Selbstverständnis 549f. Nord-Süd-Konflikt 75 Normvollziehende Absprachen 350ff. Öko-Audit 557 Öko-Konten 234 Ökologische Ökonomie – Abgrenzung zur neoklassischen Ökonomie 46f. – ethisch-normative Grundentscheidung 45, 68f. – Kritik und Würdigung 44 Ökologischer Fußabdruck 69 Ökologischer Strukturwandel 87 – Nachfragekapazität 88 – Positive Auswirkungen 87, 89 Ökologisches Existenzminimum 181ff., 200 Ökozentrischer Umweltschutz 61f., 80f., 175ff. Open space Technology 573 Optimierungsgebote 225ff. Partizipation – Betroffenheit 516, 530 – gesellschaftliche Separation 519f. – Legitimation 71, 74, 441

Stichwortverzeichnis – Meidung neuer Partizipationsmethoden 410, 422, 442, 579 – Neuere Ansätze 566ff. – Nutzen für Gemeinden 580ff. – positive Außendarstellung 410, 516f., 578 – Wandel im Verständnis 590ff. – Wirtschaft 554 Perspektivischer Inkrementalismus 477f. Pfandpflicht 322 Planungszelle 574 Präferenzimperialismus 82, 90f. Prinzip 78, 104, 164ff., 168, 179, 191 Private – als Ressource der Verwaltung 351 Qualitatives Wachstum 81, 84ff. – Kritik 84ff. Rebound-Effekt 88 Recycling 316 Regenwasserversickerung 340ff. Regionalpläne 217, 391 Ressourcennutzung – Substitution 48ff., 51, 52, 64f., 80f. Rio-Konferenz 21ff., 111, 155f., 157, 594 Runder Tisch 373, 570 Sachkundige Bürger 493 Sondernutzungserlaubnisse 320 Soziale Gerechtigkeit 67, 191f. Staatszielbestimmungen 173ff., 191, 192, 366 – Nachhaltigkeit als Maßstab 185ff. – Verschlechterungsverbot 183ff. – Zukunftsgewährleistungen 187, 196 Steuerung – direkte Instrumente 348, 349 – indirekte Instrumente 348, 339, 359 Steuerungsfähigkeit – des Rechts 363ff., 407 Stoffliche Verwertung 318

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Strong sustainability 48f. Sustainability – strong 48f. – weak 48f., 50f. Sustainable development – etymologische Herkunft 25ff. Teilbereichskonzepte – 1-Säulenmodell 59, 71ff. – 3-Säulenmodell 59, 60, 594 – 4-Säulenmodell 59 Umsetzungsstrategien nachhaltiger Entwicklung 89ff. – Effizienzkonzepte 94 – Konsistenzstrategie 95 – Suffizienzkonzept 90ff. Umweltberatung 323, 324 – Eingriffscharakter 323 Umweltbewusstsein 537ff. Umweltgüter – Internalisierung externer Kosen 38 – Monetarisierung 39, 45 – ökologische Preise 38 Umwelthandlungsziele 369, 461ff. Umwelthaushaltspläne 463ff. Umweltprüfung 242ff. Umweltqualitätsziele 369, 461ff. Umweltraumprinzip 69 Umweltstandard 445 UVP 242ff., 369, 474 Verantwortungsteilhabe 589f. Verfassungsrecht und Nachhaltigkeit 172ff. – Art. 3 GG 196f. – Freiheitsrechte 194ff. – Schutzpflichten 197ff., 202 – und Gemeinden 172, 175 – Verankerung in Art. 20a GG 173ff. – Verankerung nachhaltiger Entwicklung 188ff. Verhandlungsstaat 482 Verkehrsberuhigung 281

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Stichwortverzeichnis

Verkehrsentwicklungsplanung 281 Verpackungssteuer 319f. Verschlechterungsverbot 183ff., 300 Verursacherprinzip 344 Verwaltung – bürokratischer Vollzug/ bürokratisch 407, 412, 422 – dezentrale Ressourcenverantwortung 418 – Einfluss durch Karrierechancen 411 – Komplexitätsdilemma 412, 478, 518 – Kurzfristorientierung 405f. – Neues Steuerungsmodell 418, 424, 426, 501 – Partizipationsfeindlichkeit 422ff., 442, 562ff. – Personalstruktur 409, 411 – Qualifikation Mitarbeiter 409, 411 – Ressortegoismus 415, 417, 420, 434 – Ressortprinzip 415f. – Ressortsteuerung 415 – Risikomeidung 412f., 479 – Sonderbeauftragte 420 – soziale Kontrolle 416, 436 – Spiegelreferate 416 – Steuerbarkeit der 407 – tradiertes Berufsverständnis in Fachbereichen 415 – und Nichtregierungsorganisationen 552ff., 559 – Verselbständigungstendenzen 408 Verwaltungsgemeinschaft – Geschäftsstellenleiter 408f. – Qualifikationsvorsprung der Verwaltung 408f. Verwaltungsreform 418, 424ff. – betriebswirtschaftlicher Schwerpunkt 425 – Erfahrungen aus Vorgängerplanungen 439ff., 445f. – Kundenorientierung 427, 428

– Partizipationsdefizit 427, 442 – Veränderungen in Machtverteilung 426 Verwaltungsstaat 482 Verzicht 82f., 90f., 93, 488, 538ff. Vogelschutzgebiete 232 Vollzugsdefizit 314, 315, 352, 362, 411 Vorrang der Ökonomie 65, 125, 192f., 215 Vorsorge 96ff. – als Prinzip 96, 99, 101, 107 – Gefahr 97, 98, 100, 101f. – „ins Blaue“ 97f. – Risiko 97f., 101 – Schaden 97f. – und Nachhaltigkeit 99f., 103f. Wasserversorgung 333, 336, 338 Weak sustainability 48f., 50f. Wegwägen 229, 423 Weltumweltkonferenz Stockholm 23 Wertewandel 91f., 93 Wirtschaft – Beteiligungshemmnisse 556f. – Prozessbeteiligung 554f. Wirtschaftliche Betätigung – Gemeinden 329 – Konzessionsverträge 330 – Versorgungseinrichtungen 330, 333, 338 Zentralisierung 390f. Zielkonflikt – Global-Lokal 87ff. – Strukturfolge nachhaltiger Entwicklung 77f., 106f., 581 – Wachstum und Entwicklung 79, 81f. Zivilgesellschaft 587ff. – und lokale Agenda 21 592f. Zukunftskonferenz 572f. Zukunftswerkstatt 570f.