Liturgie und Reform im Kloster Medingen: Edition und Untersuchung des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18 ... / Studies in the La) 9783161528040, 9783161586149, 3161528042

English summary: This major work edition of the Propst-Handbuch (provost handbook) of Medingen produced at around 1479 r

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Die Quellenlage
1.2. Die Forschungslage
2. Liturgie und Reform in Kloster Medingen
2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479
2.1.1. Die norddeutsche Klosterreform
2.1.2. Die Medinger Tafeln als Spiegel der Klosterreform
Tafel 1–5: Der zisterziensische Ursprung
Tafel 6–8: Die Rolle der Pröpste für die Klosterentwicklung
Tafel 9–12: Die Medinger Klosterkirche
Tafel 13: Der Propst bei der Weihnachtsmesse
Tafel 14: Die sichtbaren Zeichen der Reform
Tafel 15: Die thronende Äbtissin
2.1.3. Propst Tilemann von Bavenstedt
2.1.4. Die Durchführung der Klosterreform in Medingen
2.1.5. Die Umsetzung der Klosterreform nach 1479
2.2. Prepositus. Der Medinger Propst und seine Aufgaben
2.2.1. Propst und Klerus
2.2.2. Die Medinger Kirche
2.2.3. Das Propst-Handbuch als ›Liber Ordinarius‹
2.2.4. Liturgische Feste im Propst-Handbuch
2.2.5. Karfreitag im Propst-Handbuch
2.2.6. Krankensalbung, Begräbnis und Totenoffizium
2.3. Virgines. Die Medinger Nonnen und ihre Liturgie
2.3.1. Der Konvent
2.3.2. Die Oblationsordnung
2.3.3. Die Liturgie der Nonnen
2.4. Sustere unde brodere. Die Konversen und ihre Statuten
2.4.1. Laienbrüder und -schwestern in Medingen
2.4.2. Die Liturgie in den Konversen-Orationalien
2.4.3. Die Statuten
2.5. Populus. Die Laien in der Medinger Liturgie
2.5.1. Die niederdeutschen Gesänge
2.5.2. ›Laudes salvatori‹ und ›Christ ist erstanden‹
2.5.3. Die Einbindung der Gesänge in die Liturgie
3. Das Propst-Handbuch als Codex
3.1. Die Anlage
3.1.1. Texteinrichtung und Schrift
3.1.2. Initialen und Buchschmuck
3.1.3. Musiknotation
3.1.4. Vorlagen und Lateingebrauch
3.2. Der Ursprungscodex
3.2.1. Das Kollektar-Fragment
3.2.2. Benediktionen
3.2.3. Karsamstag mit liturgischen Schemazeichnungen
3.2.4. Das ›Rituale‹
3.3. Die Bearbeitung
3.3.1. Weihnachten, Mariä Reinigung und Fastenzeit
3.3.2. Höllenfahrt-Initiale und Osterfest
3.3.3. Bitt-Tage und weitere Festeinträge
3.3.4. Das ›Rituale‹
3.3.5. Konversen-Statuten und Oblationsordnung
3.4. Der Einband
3.4.1. Der Einband des Propst-Handbuchs
3.4.2. Die ›Werkstatt Medingen‹
GT3: Niederdeutsche Inkunabel und Klosterspiegel
GT1: Niederdeutsches Weihnachts-Orationale
HV3: Niederdeutsches Fastenzeit-Orationale
HI4: Lateinisches Fasten
W2: Niederdeutsches Weihnachts-Orationale
W5: Lateinische Gebetstraktate
3.5. Die Sammlungsgeschichte
3.5.1. Kloster Medingen
3.5.2. Edward Hailstone
3.5.3. Henry Austin Wilson
3.5.4. Die Bodleian Library
4. Edition
4.1. Einleitung
4.1.1. Handschriftenbeschreibung
4.1.2. Texteinrichtung
4.1.3. Apparateinrichtung
4.1.4. Notendarbietung
4.2. ›Kollektar‹
4.3. ›Liber Ordinarius‹
4.3.1. Weihnachten
4.3.2. Mariä Reinigung
4.3.3. Aschermittwoch
4.3.4. Mariä Verkündigung
4.3.5. Palmsonntag
4.3.6. Gründonnerstag
4.3.7. Karfreitag
4.3.8. Karsamstag
4.3.9. Osternacht
4.3.10. Ostersonntag
4.3.11. Bitt-Tage
4.3.12. Himmelfahrt
4.3.13. Fronleichnam
4.3.14. Mariä Heimsuchung
4.3.15. Mariä Himmelfahrt
4.3.16. Mauritius
4.3.17. Bitt-Tage (Nachtrag)
4.4. ›Rituale‹
4.4.1. Krankensalbung
4.4.2. Bestattung
4.4.3. Totenvigil
4.5. ›Konversen-Statuten‹
4.6. ›Oblationsordnung‹
5. Abbildungen
5.1. Zeichnungen von Kloster Medingen (Gebhardi, 1782)
Abb. 1 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Süden 1782
Abb. 2 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Osten 1782
Abb. 3 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Norden 1782
Abb. 4 Grundriss der Klosterkirche Medingen 1782
Abb. 5 Plan der Klosterkirche, Obergeschoss mit Nonnenchor
Abb. 6 Gesamtanlage des Klosters bis 1781 (Mittig/Homeyer)
5.2. Abbildungen aus dem Propst-Handbuch
Abb. 7 Einband des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18
Abb. 8 Propst-Handbuch fol. 1v: Weihnachtsgottesdienst, Hand 2
Abb. 9 Propst-Handbuch fol. 2r: Weihnachtsgottesdienst, Hand 2
Abb. 10 Propst-Handbuch fol. 27v: Karfreitag, Hand 2
Abb. 11 Propst-Handbuch fol. 28r: Karfreitag, Hand 2
Abb. 12 Propst-Handbuch fol. 36v: Segnung der Osterkerze am Karsamstag, Hand 1
Abb. 13 Propst-Handbuch fol. 37r: Segnung der Osterkerze am Karsamstag, Hand 1
Abb. 14 Propst-Handbuch fol. 46r: Weihe des Taufwassers am Karsamstag, Hand 1
Abb. 15 Propst-Handbuch fol. 47v: Beginn des Ostergottesdiensts, Hand 2
Abb. 16 Propst-Handbuch fol. 66v: Bitt-Prozession, Hand 2
Abb. 17 Propst-Handbuch fol. 83r: Krankensalbung, Hand 1
Abb. 18 Propst-Handbuch fol. 112r: Konversen-Statuten, Hand 3/4
Abb. 19 Propst-Handbuch fol. 114v: Oblationsordnung, Hand 2
5.3. Abbildungen aus Medinger Handschriften
Abb. 20 GO fol. 137v: Ostersonntag, Orationale der Anna Töbing
Abb. 21 HI2 fol. 146v: Schlussgebet, Psalter Elisabeths von Winsen 1478
5.4. Verzeichnis der Textabbildungen
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
6.1. Abkürzungen
6.2. Siglenliste Medinger Handschriften
6.3. Ungedruckte Quellen
6.4. Gedruckte Quellen und Literatur
7. Register
7.1. Texte nach Gattung
7.2. Verzeichnis der notierten Gesänge
7.3. Orts- und Personenregister
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 9783161528040, 9783161586149, 3161528042

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Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism and the Reformation herausgegeben von Volker Leppin (Tübingen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Matthias Pohlig (Münster), Eva Schlotheuber (Düsseldorf)

76

Ulrike Hascher-Burger/Henrike Lähnemann

Liturgie und Reform im Kloster Medingen Edition und Untersuchung des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18 unter Mitarbeit von Beate Braun-Niehr

Mohr Siebeck

Ulrike Hascher-Burger, geboren 1955; Studium der Musikwissenschaft, Historischen Hilfswissenschaften und allgemeinen Geschichte des Mittelalters; 2002 Promotion; affili­ ierte Forscherin am Institut für kulturwissenschaftliche Forschung, Universität Utrecht. Henrike Lähnemann, geboren 1968; Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Ev. Theologie; 1995 Promotion; 2003 Habilitation; seit 2006 Professor of German Studies an der Universität Newcastle. Beate Braun-Niehr, geboren 1956; Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäo­ logie und der Historischen Hilfswissenschaften; 1993 Promotion; DFG-Projekte zur Katalogisierung mittelalterlicher Handschriften; Lehrauftrag am Kunsthistorischen Institut der Universität Kiel.

ISBN 978-3-16-152804-0 / eISBN 978-3-16-158614-9 unveränderte ebook-Ausgabe 2019 ISSN 1865-2840 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2013 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Henrike Lähnemann aus der Cardo gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck papier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die Arbeit an diesem Buch erwuchs aus unserem gemeinsamen Interesse an der spätmittelalterlichen Literatur, Musik und Kultur der norddeutschen Frauenklöster. Ulrike Hascher-Burger hatte über ihr ›Inventar der handschriftlich überlieferten Musik aus den Lüneburger Frauenklöstern‹ die musikwissenschaftliche Basis erarbeitet, Henrike Lähnemann über ihr Projekt zur digitalen Erschließung der Medinger Handschriften Einzelstudien zu den Andachtsbüchern und einen digitalen Katalog vorgelegt. Die Rollenverteilung bei der Erstellung des Buchs sah entsprechend so aus, dass Ulrike Hascher-Burger hauptverantwortlich für die musikhistorische Seite der Untersuchungen und die Edition der Notenbeispiele war, Henrike Lähnemann für die Verbindung mit den Medinger Orationalien und den Satz des gesamten Buchs. Alle Texte und die Edition sind aber gemeinsam verantwortet und redigiert. Die Edition ist nur möglich gewesen durch vielfältige interdisziplinäre Unterstützung und Hilfe. An erster Stelle unserer Danksagungen steht Beate Braun-Niehr, ohne die das Buch nicht erschienen wäre. Sie brachte ihre umfassenden Kenntnisse in Paläographie, Kodikologie und Liturgiewissenschaft ein, die in den Katalogen der Berliner Staatsbibliothek auch bereits an Medinger Material erprobt worden waren, und arbeitete in der letzten intensiven Arbeitsphase in fast monastischem Rhythmus mit uns durch die Stunden der Nacht und des Tages. Es war ein besonderes Privileg, in und mit den Klöstern, ihren Äbtissinnen und Konventen arbeiten zu können, angefangen bei den Äbtissinnen von Medingen, Monika von Kleist und Kristin Püttmann, und der Äbtissin von Lüne, Reinhild Freifrau von der Goltz. Die von Äbtissin Erika Krüger veranstalteten Ebstorfer Kolloquien erlaubten es, das Handbuch in dem Kontext vorzustellen, dem es entstammte. Wienhausen mit Äbtissin Renate von Randow bot wichtiges Vergleichsmaterial aus dem Kloster, aus dem die Nonnen zur Reform nach Medingen kamen; die Arbeit an den Figurenornaten mit Charlotte Klack-Eitzen, Wiebke Haase und Tanja Weißgraf ergänzte ideal die Vorbereitung dieser Ausgabe. Die über viele Jahre stattfindenden Workshops zu Ostern in Kloster Mariensee mit Äbtissin Bärbel Görcke boten die Möglichkeit, auch die musikalische Aufführbarkeit der im Handbuch festgehaltenen Liturgie zu erproben; Wolfgang Brandis, der

VI

Vorwort

Archivar der Klöster, hat die Arbeit an dem geistlichen und geistigen Erbe des Klosters über Jahre hinweg unterstützt. Ebenso hilfreich war die Zusammenarbeit mit den Bibliotheken und Archiven, in denen sich die verstreuten Schätze aus Medingen jetzt befinden. Ein besonderer Dank gilt den Oxforder Kollegen, Nigel F. Palmer, Martin Kauffmann und dem gesamten Team in der Bodleian Library, ebenso wie dem St. John’s College, dessen Visiting Scholarship Henrike Lähnemann 2007 ein mehrwöchiges Handschriftenstudium vor Ort erlaubte. Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (SBB-PK), die Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die Niedersächsische Landesbibliothek Hannover und die Dombibliothek Hildesheim erlaubten uns, Handschriften aus ihrem Besitz abzubilden. Hans-Walter Stork, der Hüter der großen Gruppe Medinger Handschriften in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, veranstaltete 2007 die Ausstellung ›Von Frauenhand. Mittelalterliche Codices aus dem Nonnenkloster Medingen‹, die den Auftakt zu einer Reihe von Kolloquien bildete, auf denen die Edition und Teilaspekte erprobt werden konnten. Wichtige Stationen waren ›Sacred Voices‹ (Newcastle 2008), das Medieval Song Network / DIAMM (London 2011, Helen Deeming und Ardis Butterfield), der Workshop ›Northern German Mysticism‹ und die gemeinsame Arbeit mit Elizabeth Andersen an dem Band ›Mysticism and Devotion‹ (Newcastle 2010), das Arbeitsgespräch ›Zwischen Windesheim und Bursfelde. Klosterreform und Bibliotheksgeschichte‹ und die Vorbereitung der Ausstellung ›Rosenkränze und Seelengärten‹ mit Britta-Juliane Kruse (Wolfenbüttel 2011). Weitere kollegiale Hilfe für unsere zahlreichen kunsthistorischen, kodikologischen, lateinischen, liturgiewissenschaftlichen, mittelniederdeutschen und theologischen Fragen kam von Jürgen Bärsch, Christoph Burger, Günther Gebhardt, Johannes Janota, Sarah Kwekkeboom, Bertram Lesser, Eckart Conrad Lutz, Holger Nickel, Klaus Niehr, Brigitte Pfeil, Fidel Rädle, Friedel Helga Roolfs, Simone Schultz-Balluff, Olaf Siart, Ruth Slenczka, Frauke Thees, Sabine Wehking, Magnus Williamson und Christine Wulf. Beim Korrekturlesen und der Druckfertigstellung standen uns Timo Bülters, Hanne Grießmann, Roxana Kotula, Jenny Lemke, Christian Schmidt und Anne Simon zur Seite. Volker Leppin, Eva Schlotheuber und die anderen Herausgeber der Reihe interessierten sich über das Redaktionstechnische für die Thematik; der Verlag mit Kendra Sopper, Dominika Zgolik und Henning Ziebritzki stand von Anfang an hinter dem Projekt und geleitete es umsichtig durch den Produktionsprozess. Ulrike Hascher-Burger und Henrike Lähnemann Newcastle upon Tyne, 28. August 2013

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1.1. Die Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Forschungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 8

2. Liturgie und Reform in Kloster Medingen . . . . . . . . . . . . . .

12

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

2.1.1. Die norddeutsche Klosterreform . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Die Medinger Tafeln als Spiegel der Klosterreform . Tafel 1–5: Der zisterziensische Ursprung. – Tafel 6–8: Die Rolle der Pröpste für die Klosterentwicklung. – Tafel 9– 12: Die Medinger Klosterkirche. – Tafel 13: Der Propst bei der Weihnachtsmesse. – Tafel 14: Die sichtbaren Zeichen der Reform. – Tafel 15: Die thronende Äbtissin. 2.1.3. Propst Tilemann von Bavenstedt . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4. Die Durchführung der Klosterreform in Medingen . 2.1.5. Die Umsetzung der Klosterreform nach 1479 . . . . . .

14 17

2.2. Prepositus. Der Medinger Propst und seine Aufgaben . . . . . . .

51

2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6.

35 40 47

Propst und Klerus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Medinger Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Propst-Handbuch als ›Liber Ordinarius‹ . . . . . . . . Liturgische Feste im Propst-Handbuch . . . . . . . . . . . Karfreitag im Propst-Handbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krankensalbung, Begräbnis und Totenoffizium . . . . .

52 56 62 66 69 74

2.3. Virgines. Die Medinger Nonnen und ihre Liturgie . . . . . . . . . . .

79

2.3.1. 2.3.2. 2.3.3.

Der Konvent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Oblationsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Liturgie der Nonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79 83 90

VIII

Inhaltsverzeichnis

2.4. Sustere unde brodere. Die Konversen und ihre Statuten . . . . . . . . 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3.

99

Laienbrüder und -schwestern in Medingen . . . . . . . . . 100 Die Liturgie in den Konversen-Orationalien . . . . . . . . 103 Die Statuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

2.5. Populus. Die Laien in der Medinger Liturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2.5.1. 2.5.2. 2.5.3.

Die niederdeutschen Gesänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 ›Laudes salvatori‹ und ›Christ ist erstanden‹ . . . . . . . . . . 119 Die Einbindung der Gesänge in die Liturgie . . . . . . . . 123

3. Das Propst-Handbuch als Codex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3.1. Die Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.1.4.

Texteinrichtung und Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Initialen und Buchschmuck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musiknotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorlagen und Lateingebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128 133 138 143

3.2. Der Ursprungscodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4.

Das Kollektar-Fragment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benediktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karsamstag mit liturgischen Schemazeichnungen . . . Das ›Rituale‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146 147 149 154

3.3. Die Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5.

Weihnachten, Mariä Reinigung und Fastenzeit . . . . . Höllenfahrt-Initiale und Osterfest . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bitt-Tage und weitere Festeinträge . . . . . . . . . . . . . . . . . Das ›Rituale‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konversen-Statuten und Oblationsordnung . . . . . . . . .

158 162 165 166 170

3.4. Der Einband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3.4.1. 3.4.2.

Der Einband des Propst-Handbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Die ›Werkstatt Medingen‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 GT3. – GT1. – HV3. – HI4. – W2. – W5.

3.5. Die Sammlungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3.5.1.

Kloster Medingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Inhaltsverzeichnis

3.5.2. 3.5.3. 3.5.4.

IX

Edward Hailstone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Henry Austin Wilson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Die Bodleian Library . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

4. Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4.1.1. 4.1.2. 4.1.3. 4.1.4.

Handschriftenbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texteinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Apparateinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notendarbietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189 191 192 193

4.2. ›Kollektar‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4.3. ›Liber Ordinarius‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4.3.1. 4.3.2. 4.3.3. 4.3.4. 4.3.5. 4.3.6. 4.3.7. 4.3.8. 4.3.9. 4.3.10. 4.3.11. 4.3.12. 4.3.13. 4.3.14. 4.3.15. 4.3.16. 4.3.17.

Weihnachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mariä Reinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aschermittwoch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mariä Verkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Palmsonntag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründonnerstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karfreitag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karsamstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Osternacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ostersonntag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bitt-Tage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Himmelfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fronleichnam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mariä Heimsuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mariä Himmelfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mauritius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bitt-Tage (Nachtrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 200 216 217 219 243 244 251 282 286 302 302 313 313 313 315 318

4.4. ›Rituale‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 4.4.1. 4.4.2. 4.4.3.

Krankensalbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Bestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Totenvigil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

4.5. ›Konversen-Statuten‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 4.6. ›Oblationsordnung‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

X

Inhaltsverzeichnis

5. Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 5.1. Zeichnungen von Kloster Medingen (Gebhardi, 1782) . . . . . . . 376 Abb. 1–3 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Süden, Osten und Norden. – Abb. 4–5 Plan der Klosterkirche und des Nonnenchors. – Abb. 6 Gesamtanlage des Klosters bis 1781. 5.2. Abbildungen aus dem Propst-Handbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Abb. 7 Einband des Propst-Handbuchs. – Abb. 8–9 fol. 1v–2r: Weihnachtsgottesdienst. – Abb. 10–11 fol. 27v–28r: Karfreitag. – Abb. 12–13 fol. 36v–37r: Segnung der Osterkerze am Karsamstag. – Abb. 14 fol. 46r: Weihe des Taufwassers am Karsamstag. – Abb. 15 fol. 47v: Beginn des Osternachtfeier. – Abb. 16 fol. 66v: Bittprozession. – Abb. 17 fol. 83r: Krankensalbung. – Abb. 18 fol. 112r: Konversen-Statuten. – Abb. 19 fol. 114v: Oblationsordnung. 5.3. Abbildungen aus Medinger Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Abb. 20 GO, fol. 137v: Ostersonntag, Orationale der Anna Töbing. – Abb. 21 HI2, fol. 146v: Schlussgebet, Psalter Elisabeths von Winsen. 5.4. Verzeichnis der Textabbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396

6. Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 6.1. 6.2. 6.3. 6.4.

Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siglenliste Medinger Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

397 398 400 403

7. Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 7.1. Texte nach Gattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 7.2. Verzeichnis der notierten Gesänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 7.3. Orts- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

Kapitel 1

Einleitung Explicit expliciunt. que cordis intima promunt. Scriptando manu. totoque corporis vsu. 1 Am ersten Advent 1478 beendete die Nonne Elisabeth von Winsen in Medingen den Psalter, mit dessen Herstellung Propst Tilemann von Bavenstedt sie beauftragt hatte. Ihr Schlussgedicht ist gleichzeitig ein Auftakt, denn es steht am Anfang einer beispiellosen Handschriften- und Textproduktion, die sich in dem Zisterzienserinnenkloster in den Jahren um und nach der Klosterreform von 1479 entwickelte. Auf der Grundlage der Liturgie ihres Klosters schrieben die Medinger Nonnen zahlreiche Andachtsbücher, in denen sie lateinische Gesänge, Gebete und Lesungen notierten, sie mit mystischen Meditationen, hymnischen Gebeten und volkssprachigen Liedern und Gedichten verbanden und diese Texte auch ins Niederdeutsche übersetzten. Im Zuge dieses Reform- und Schreibprozesses entstand auch das Handbuch für den Propst, das in der Bodleian Library in Oxford unter den liturgischen Handschriften als MS. Lat. liturg. e. 18 aufbewahrt wird. Es spiegelt anschaulich die Rolle der Liturgie in allen Bereichen des praktischen Klosterlebens. Hier wurde das Zusammenwirken von Propst und Konvent vorbereitet: bei der Feier der Hochfeste des Kirchenjahres mit ihren Prozessionen, Benediktionen und Gesängen, bei der Krankenversorgung und dem Begräbnisritus, der Aufnahme von Mädchen als Oblaten in die Klostergemeinschaft und der Regelung des Alltagslebens der Laienbrüder und -schwestern. Das Handbuch entstand durch die grundlegende Umarbeitung eines wenig älteren Codex, der ein Kollektar mit den Tagesgebeten für die Sonntage des Kirchenjahres, Benediktionen, Präfationen und Gesänge für Feste 1 »Schluss – hier enden die Worte, welche die innersten Gedanken des Herzens zum Ausdruck bringen, wobei ich mit der Hand schrieb und der ganze Körper im Einsatz war.« Beginn des 15-zeiligen Gedichts in leoninischen Hexametern, das die Lüneburger Patriziertochter Elisabeth von Winsen (in Medingen 1478–1495 bezeugt) 1478 verfasste; HI1 fol. 146v. Zu dem Schlussgedicht zuletzt STORK, Handschriften S. 350 und Abb. 7; Katalogisat GIERMANN / HÄRTEL, Dombibliothek Hildesheim S. 176–177. Die aus Medingen stammenden Handschriften werden im Folgenden mit den Handschriftensiglen verzeichnet, die in 6.2. angegeben sind. Ein online-Verzeichnis aller Medinger Handschriften mit Literatur findet sich in dem Handschriftenportal ›Medingen Manuscripts‹.

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1. Einleitung

des Kirchenjahres, darunter Mariä Lichtmess und Karsamstag, und ein Rituale für Krankensalbung, Bestattung und Totenvigil für eine Frauengemeinschaft umfasste. Die ersten Lagen, die das Kollektar enthalten hatten, wurden abgetrennt und fehlen in dem vorliegenden Band, dafür wurden die Benediktionen und Präfationen mit Texten zu Weihnachten, Gründonnerstag und einem großen Osterteil stark erweitert. Dabei wurden nicht nur zusätzliche Gebete und Gesänge aufgenommen, sondern auch zahlreiche spezifische Angaben zu Prozessionen, Gebräuchen und Gesängen der Nonnen und der Laien eingefügt. Das Rituale, das die letzten viereinhalb Lagen einnimmt, wurde nur leicht bearbeitet, aber am Ende durch die niederdeutschen Statuten und Gebräuche für die Medinger Laienbrüder und -schwestern und eine Oblationsordnung ergänzt, in der die Liturgie für die Aufnahme von Mädchen in das Kloster niedergelegt ist. Durch die Überarbeitung fand auch die Volkssprache einen Platz in der Handschrift: In die lateinische Liturgie wurden deutsche Leisen und andere Gesänge eingefügt, und die Konversen-Statuten sind vollständig niederdeutsch abgefasst. Die so auf die praktischen Bedürfnisse des Klosters Medingen abgestimmte Handschrift ist keiner festen liturgischen Gattung mehr zuzuordnen. Der Besitzeintrag auf fol. 1r spricht zwar von einem ›Liber Ordinarius‹: Ordinarius ecclesie sancte Marie virginis et sancti Mauricij in Meding, 2 die Zusammenstellung geht aber über das hinaus, was in einem ›Liber Ordinarius‹ zu erwarten wäre, und setzt andere Akzente. Das Handbuch besteht aus vier Teilen, die ein unterschiedliches Profil zeigen und nur durch die Bestimmung für den Propst verbunden sind: I) ›Liber Ordinarius‹ für die Hochfeste des Kirchenjahres (fol. 1va–70va); II) ›Rituale‹ für Krankensalbung, Bestattung und Totenvigil (fol. 73va–111vb); III) KonversenStatuten (fol. 112r–114r); IV) Oblationsordnung (fol. 114v–118r). Gerade der spezielle Zuschnitt als Handbuch charakterisiert den ›Liber Ordinarius‹ als »unfesten Text«, ein Merkmal dieses liturgischen Buchtyps allgemein. 3 Das ist auch dadurch bedingt, dass der Propst für alle Gruppen im Kloster zuständig war, für die Nonnen und Konversen ebenso wie für die Kleriker. Die Rubriken, mit denen die liturgischen Texte vor allem in der Erweite2 Die Schreibung des Klosternamens hier ist nicht eindeutig. Meding endet mit einem nach rechts ausladenden Querstrich, der nach unten ausgezogen ist. Das könnte ein reiner Zierstrich wie bei den t-Endungen sein (vgl. Kap. 3.1.1. zu den Schrifttypen), könnte aber auch für eine Abkürzung stehen. In der Überschrift zu den ›Statuten‹ (fol. 112r, Abb. 19) ist der Abstrich deutlicher ausgeprägt. Dort wird die Form Medinge transkribiert, auch weil im Text der ›Statuten‹ selbst die Form ›Medinge‹ ausgeschrieben wird. Meding und Medinge wurden bis in die frühe Neuzeit nebeneinander gebraucht, vgl. Belege im UB S. 751 (Hauptansatz Meding, daneben Medinge, Medigge, Medinghe) und bei VOGTHERR, Medingen S. 1044. In Besitzeinträgen in Medinger Handschriften und Drucken finden sich beide Formen. 3 LOHSE, Liber Ordinarius als ›unfester Text‹.

1. Einleitung

3

rungsschicht erschlossen und erläutert werden, verweisen zum einen auf die Gebräuche der Diözese Verden (secundum ordinarium verdense) und zum anderen auf die Orientierung der Nonnen an den Vorgaben des Zisterzienserordens (secundum ordinem Cisterciensem), wie sie in der Reform von 1479 wieder verstärkt betont wurden. Hierin zeigt sich die doppelte Verankerung des Klosters: in der Diözese ebenso wie im Zisterzienserorden. Die Handschrift beleuchtet in vielfältiger Weise die Auswirkungen der norddeutschen Klosterreformen des späten 15. Jahrhunderts. Die vorliegenden Studien zur Edition sollen diese weiteren kultur- und frömmigkeitsgeschichtlichen Dimensionen des Propst-Handbuchs erschließen. Der erste Teil der Untersuchungen, in dem es um den Zusammenhang von Liturgie und Reform geht, setzt bei einem Abriss der Rolle Medingens in der norddeutschen Klosterreform an (Kap. 2.1.). In der Zusammenschau der Reformberichte 4 wird der Propst Tilemann von Bavenstedt 5 als treibende Kraft in der Umsetzung der Reform in Medingen im Jahr 1479 sichtbar, da das Handbuch für seine spezifischen Aufgaben ausgestaltet wird (Kap. 2.2.). Danach kommt die Gruppe der Nonnen in den Blick, ihre Beteiligung am Reform-Prozess und die daraus resultierende Liturgie (Kap. 2.3.). Die dritte Klostergruppe neben Klerus und Nonnen bilden die Konversen, deren Statuten in das Handbuch aufgenommen wurden (Kap. 2.4.). Sie stehen zwischen den Nonnen und der Gemeinde, deren Beteiligung an der Liturgie (populus cantet) zwar nur an wenigen, aber signifikanten Stellen erwähnt wird (Kap. 2.5.). Als Ergänzung der ausschnitthaften Abläufe des Propst-Handbuchs werden dabei die von den Nonnen und Laienschwestern geschriebenen Orationalien herangezogen, die im Zuge ihrer eigenen niederdeutschen und lateinischen Textproduktion die Medinger Liturgie aufgreifen, adaptieren und mehrsprachig interpretieren. Der zweite Teil der Studien beschäftigt sich mit der Handschrift als buchgeschichtlichem Zeugnis, ihrer Entstehungs- und Sammlungsgeschichte. Die Anlage der Handschrift wird in ihrer Texteinrichtung, Schrift, Initialgliederung, Musiknotation, ihrem Buchschmuck, Vorlagenund Lateingebrauch analysiert (Kap. 3.1.). Die in der Musik und den Texten vorgenommene Händescheidung bildet die Grundlage für die Rekonstruktion des Ursprungscodex (Kap. 3.2.). Auf der Basis einer detaillierten Lagenbeschreibung werden die Teile der Handschrift, angefangen bei dem abgetrennten ›Kollektar‹, charakterisiert. In der Besprechung des ›Rituale‹ wird skizziert, wie sich bereits in der Niederschrift des Ursprungscodex die Zur komplexen Quellenlage für Kloster Medingen vgl. Kap. 1.1. Die verwendeten Namensformen entsprechen denjenigen, die HOMEYER, Urkundenbuch S. 701–792, für sein Register zu Kloster Medingen angesetzt hat. Urkunden werden mit (UB Nr. S.) angegeben. 4 5

4

1. Einleitung

Ansätze zu seiner Bearbeitung finden. Der Erweiterung ist dann ein eigenes Kapitel gewidmet, das wieder auf der Grundlage einer detaillierten Lagenbeschreibung das neue Profil des Propst-Handbuchs entwickelt (Kap. 3.3.). Der zeitgenössische Einband verbindet den Codex mit weiteren Medinger Handschriften, da die charakteristische Stempelkombination der ›Werkstatt Medingen‹ es erlaubt, einen Einblick in die gleichzeitige Buchproduktion zu gewinnen (Kap. 3.4.) Nach der Einordnung der Text-, Musik- und Ausstattungsschichten 6 in den Rahmen der Reform um 1479 geht es abschließend um die weiteren Schicksale der Handschrift: Wie kam der Band, der noch 1772 von dem Klosterchronisten Lyßmann in Medingen benutzt wurde, nach England und in die Bodleian Library (Kap. 3.5.)? Das Ziel unserer Ausgabe ist es, die verschiedenen Dimensionen des Handbuchs durch die Studien zu erschließen und in der Anlage der Edition, die in einer eigenen Einleitung erläutert wird (Kap. 4.1.), transparent zu machen. Musik und Text sollen so nah wie möglich an ihrem ursprünglichen handschriftlichen Layout und so verständlich wie möglich in ihrem intendierten Gehalt präsentiert werden. Um Aufbau und Entstehungsprozess des Handbuchs deutlich zu machen, ist die Edition (4.2.–4.6.) zweispaltig konzipiert. Eine Editionsspalte gibt den diplomatisch edierten Text wieder, die Kommentarspalte hält regestenartig die Stationen der Liturgie fest und verzeichnet die Gattungen der Texte und Gesänge. Textkritische und kodikologische Anmerkungen sowie die Parallelüberlieferung anderer Quellen für die Ergänzung von linienlos notierter Musik sind in den Apparat aufgenommen. Abbildungen veranschaulichen die Argumentation der Studien. Während die 15 Tafeln zur Geschichte des Klosters, die den Blick der Nonnen auf die Themen der Klosterreform zeigen, ebenso wie diskutierte Details in den Text selbst aufgenommen wurden, sind im eigentlichen Abbildungsteil en bloc die visuellen Belege für die Gesamtargumentation des Bandes zusammengestellt. Die Zeichnungen, die vor dem Abriss der Klosteranlage 1782 angefertigt wurden, helfen bei der Rekonstruktion der liturgischen Abläufe (5.1.); ausgewählte Seiten aus dem Propst-Handbuch (5.2.) und aus weiteren Medinger Handschriften (5.3.) geben einen optischen Eindruck von der Textproduktion der Nonnen. Das Literaturund Quellenverzeichnis enthält auch eine Siglenliste für die Medinger Handschriften (6.2.) und Kurzbeschreibungen der anderen benutzten Primärquellen (6.3.). Register verzeichnen darüber hinaus die Texte nach Gattungen (7.1.) sowie die Parallelüberlieferung der Gesänge in niedersächsischen Frauenklöstern (7.2.). 6 In Kap. 3.1.3. werden die Grundprinzipien der Musiknotation dargelegt und in Kap. 3.3.1. die Variationen dieses Schemas in der Bearbeitung, für die auch die Musiknotation der Orationalien einbezogen wird.

1. Einleitung

5

Das Handbuch des Medinger Propstes macht in seinen Rubriken und Zusätzen die liturgische Einbindung von Texten und Gesängen deutlich. Liturgie wird als Grundstruktur monastischen Lebens sichtbar, über die sich weitreichende administrative, spirituelle und kulturelle Umwälzungen der Reformzeit verstehen lassen. Diese Zusammenhänge erlauben darüber hinaus eine neue Verhältnisbestimmung von Andacht und Liturgie. Damit legt diese Ausgabe den Grundstock für zukünftige Editionen der von den Nonnen in Medingen geschriebenen Handschriften.

1.1. Die Quellenlage Den geistlichen und geistigen Hintergrund für die Entstehung des Medinger Propst-Handbuchs bildet die Amtszeit Tilemanns von Bavenstedt (1467–1497), unter dessen Ägide die Klosterreform in Medingen durchgeführt wurde. 7 Wir sind über seine Amtszeit und seine Person so gut informiert wie über keinen anderen der mittelalterlichen Pröpste des Klosters; allerdings ist die Mehrzahl der Überlieferungszeugen sekundär. Daher muss vor der Darstellung der Klosterreform in Medingen eine Einführung zu den frühneuzeitlichen Quellen stehen, auf die sich alle modernen Überblicksdarstellungen stützen. 8 In der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1781 verwüstete ein Feuer das Kloster Medingen. Sophia Eleonora von Töbing, damals noch Konventualin, ab 1798 Äbtissin, ist es zu verdanken, dass die Kasse und ein großer Teil der Kostbarkeiten, wie der Krummstab aus dem Jahr 1494, gerettet wurden. Die meisten Archivalien verbrannten jedoch. 9 Was sich erhalten hat, ist Streubestand in Stadt-, Staats- und Bistums-Archiven. Hinzu kommt, was sich an innerklösterlicher Schriftlichkeit in den vor dem Brand verschenkten und verkauften Klosterbeständen findet. 10 Bekannt ist heute vor allem der einzigartige Bestand von über dreißig Orationalien, kleinformatigen Handschriften für die private Andacht. Zwei Fragmente aus notierten Handschriften für das Offizium aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die sich heute im Klosterarchiv befinden, können nicht mit Sicherheit nach Medingen lokalisiert werden. 11 In mehreren der OrationaZur Person Tilemanns von Bavenstedt vgl. Kap. 2.1.3. REINHARDT, Medingen S. 523–524, RIGGERT, Lüneburger Frauenklöster S. 323– 324; VOGTHERR, Medingen S. 1045–1046; S. 1047 zur Überlieferungslage. 9 HOMEYER, Kloster Medingen 1788–1988 S. 7. Im Kloster hat sich ein Gemälde mit einer Darstellung des Hofs vor der alten Klosterpforte während des Brandes 1781 erhalten, abgebildet bei MITTIG, Kloster Medingen Tafel 44. 10 Vgl. die Siglen-Liste der erhaltenen Medinger Handschriftenbestände 6.2. 11 Die Fragmente finden sich als Einbandmaterial für Med KB 1 und 3 (Bibliothekssiglen nach Liste 6.3.), vgl. HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 64 und 65. 7 8

6

1. Einleitung

lien wurde, wie im Propst-Handbuch, abgeschabtes Pergament aus liturgischen Handschriften wiederverwendet, beispielsweise ein Missale in HV3, einem von der Medinger Laienschwester Katharina Havemeister niederdeutsch geschriebenen und schlicht ausgestatteten kleinen Papier-Orationale für die Quadragesima. 12 Auch für die Schwesterhandschrift BE3 wurde Makulaturpergament mit musikalischer Notation verwendet. Daneben gibt es vier Psalterien, 13 eine kleine Liedersammlung, die möglicherweise als Prozessionale diente, 14 und das ›Rituale‹ zur Jungfrauenweihe, Äbtissinnenweihe, Profess der Novizinnen sowie der Liturgie für die oblacio puellarum und die Weihe der Postulantinnen. 15 Dass der Uelzener Historiker Joachim Homeyer für sein ›Urkundenbuch des Klosters Medingen‹, das nach seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Kloster 2006 posthum erschien, doch 705 Nummern verzeichnen konnte, verdankt sich vor allem dem antiquarischen Interesse des 18. Jahrhunderts. 16 Teilweise handelte es sich bei den Dokumentensammlungen um reine Abschriftenkonvoluthe wie Johann Heinrich Büttners ›Diplomatarium Medingense‹, in dem der Bericht über das Ableben von Propst Tilemann von Bavenstedt erhalten ist, teilweise um ausführliche Klostergeschichten, in denen die Reform einen breiteren Raum einnimmt. So liegt zwar anders als für Ebstorf und Wienhausen kein zeitgenössischer Reformbericht vor, aber über die Sekundärquellen kann vieles von dem Ablauf und auch der zeitgenössischen Sicht auf das Geschehen erschlossen werden. Die erste Geschichtsdarstellung wurde um 1700 von Äbtissin Clara Anna von Lüneburg (1645–1719, Priorin ab 1681, Äbtissin ab 1707) verfasst. 17 Sie war die erste Äbtissin, die nicht dem Lüneburger Patriziat entstammte, da zu ihrer Zeit eine Reform der Klosterordnung vorsah, dass jeweils ein Drittel der Stellen an nicht aus Lüneburg stammende Adelige, Töchter von verdienten Landesangestellten und Lüneburger Bürgerstöchter vergeben werden sollte. 18 Das Weiterbestehen der alten Standesgrenze zeigt sich auch daran, dass Clara Anna von Lüneburg in der alten Sakristei eine separate Begräbniskapelle für sich und vier weitere ›auswärtige‹ Konventualinnen

Abbildung fol. 31a als Palimpsest-Beispiel in HINZ, Das Buch S. 4, vgl. Kap. 3.4.2. Zu den Medinger Psalterien vgl. grundlegend BRAUN-NIEHR, Lateinisches Psalterium, und STORK, Medinger Handschriften S. 349. Zu HI2, dem von Elisabeth von Winsen 1478 geschriebenen Psalter, vgl. Kap. 1. 14 HI5 fol. 1–17; HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 85. 15 CA2, vgl. zur Oblationsordnung Kap. 2.3.2. und 3.3.5. 16 HOMEYER, Urkundenbuch, vgl. die Einleitung zu der Überlieferungslage S. 22–37. 17 Ediert bei HOMEYER, Bisher unbekannte kurze Geschichte; zur Reform S. 97–99. Im Folgenden als CAvL zitiert. 18 HECHT, Patriziatsbildung S. 294. 12 13

1.1. Die Quellenlage

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einrichtete. 19 Vielleicht gerade aus diesem Grund scheint sie sich intensiv mit der Klostergeschichte beschäftigt zu haben, denn sie verfasste neben Akten auch einen 27-seitigen Überblick, der vor allem Materialien zu den Pröpsten versammelt. 20 Dazu kommt ein kurzer Augenzeugenbericht einer Medinger Nonne über das Ableben Tilemanns von Bavenstedt, unter dem die Klosterreform durchgeführt wurde. 21 Weitere ähnliche Berichte sind in die Chronik des Klosters Wienhausen aufgenommen, die ebenfalls erst im 17. und 18. Jahrhundert von einer Konventualin vermutlich nach einer älteren Vorlage verfasst wurde. 22 Die zweite Klostergeschichte hat quasi den Status einer Primärquelle. 23 Es ist die über 300 Seiten starke Chronik, die Johann Lyßmann, der frühere lutherische Pfarrer des evangelischen Damenstifts Medingen, auf der Basis der im Propsteiarchiv und im Klosterarchiv vorhandenen Urkunden und Handschriften publizierte. 24 Lyßmann wurde neben den Pröpsten in der Klosterkirche beigesetzt. 25 Der Vergleich der beiden Chroniken mit erhaltenen Urkunden macht deutlich, dass beide Texte sorgfältig und quellennah verfasst sind, aber dass sie Teil der protestantischen Historiographie des 18. Jahrhunderts sind, für die die lutherische Reformation die einzig wahre Reform darstellte. Die Interpretation der Klosterreform durch Clara Anna von Lüneburg und Lyßmann als vorwiegend wirtschaftlich motivierte haußhaltungsreformation im Unterschied zu der religionsreformation des 16. Jahrhunderts (CAVL S. 98/101 und LYSSMANN S. 119) muss vor diesem Hintergrund in Frage gestellt werden. 26

19 Nr. 3 auf dem Plan von GEBHARDI, Abb. 4. Zur ›alten Sakristei‹ als alternativem Oblationsort für die Mädchen vgl. Kap. 2.3.2. 20 Zu Clara Anna von Lüneburg LYSSMANN S. 170. 21 HOMEYER, Augenzeugenbericht S. 103–104. 22 APPUHN, Chronik S. V. Zur Reform in Medingen ebd. S. 29–30. 23 VOGTHERR, Medingen S. 1047. 24 Johann Ludolph Lyßmanns, gewesenen Predigers zu Closter Medingen, und nachherigen Superintendenten zu Fallersleben Historische Nachricht von dem Ursprunge, Anwachs und Schicksalen des im Lüneburgischen Herzogthum belegenen Closters Meding, dessen Pröbsten, Priorinnen und Abbatißinnen, auch fürnehmsten Gebräuchen und Lutherischen Predigern &c. nebst darzu gehörigen Urkunden und Anmerkungen bis auf das Jahr 1769 fortgesetzt. Mit Kupfern. Halle bey Joh. Just. Gabauers Wittwe und Johann Jacob Gebauer 1772. Im Folgenden als LYSSMANN mit Seitenzahl zitiert; ein durchsuchbares Digitalisat findet sich auf ›Medingen Manuscripts‹. 25 Nr. 41 auf dem Plan von GEBHARDI, Abb. 4. 26 LÄHNEMANN, Nonnenkrieg.

8

1. Einleitung

1.2. Die Forschungslage Ein ähnlich widersprüchliches Bild wie die Quellenlage bietet die Forschungsgeschichte zu den Medinger Handschriften. 27 Der Klosterbrand führte dazu, dass sich vor Ort keine mittelalterlichen Bücher mehr erhalten haben. Trotzdem ist der Bestand an Codices, die Medingen zugewiesen werden können, größer als bei allen anderen norddeutschen Frauenklöstern mit der Ausnahme von Ebstorf. Die kleinformatigen, häufig illuminierten Orationalien, die von den Nonnen selbst geschrieben wurden, waren teilweise von vornherein für Leserinnen außerhalb des Klosters bestimmt, teilweise wurden sie nach der Reformation verschenkt oder verkauft. Auch die anderen Handschriften des Klosters stießen schon früh auf antiquarisches Interesse, wie u.a. der Weg des Propst-Handbuchs nach England zeigt. 28 Die verstreute Aufbewahrung bedeutete allerdings, dass die Katalogisierung der Handschriften vom jeweiligen Aufbewahrungsort abhing, anders als etwa bei dem geschlossen erhaltenen Ebstorfer Bestand, 29 und dass die Handschriften jeweils nur unter spezifischen Aspekten erforscht werden konnten. Bislang wurde vollständig nur der Osterteil der beiden in Trier liegenden Medinger Orationalien 1960 durch den schwedischen Linguisten Axel Mante ediert, der auch ein Glossar dazu erstellte. 30 Einige der illuminierten Handschriften wurden 1978 von Brigitte Uhde-Stahl behandelt, die damit vor allem auf die engen Beziehungen zwischen den Lüneburger Frauenklöstern hinwies. 31 Dass die Medinger Orationalien trotz der verstreuten Überlieferung als Bestand relativ bekannt geworden sind, verdanken sie dem Musikwissenschaftler Walther Lipphardt, der die Handschriften für den Zentralen Handschriftenkatalog des Deutschen Kirchenlieds auf ihre niederdeutschen Gesänge und Reimgebete hin untersuchte. 32 Obwohl Lipphardts Beitrag eine grundlegende Erweiterung der Kenntnis der mittelniederdeutschen Gesänge und Reimgebete bedeutete, erwies sich seine 27 Der folgende Überblick beschränkt sich auf wichtige Stationen der Erschließung der Medinger Handschriften; nur die Literatur zum Propst-Handbuch ist ausführlicher aufgeführt. Eine vollständige Literaturliste auf der Website ›Medingen Manuscripts‹. 28 Zu den einzelnen Stationen dieses Weges und weitere Beispiele aus dem Medinger Bestand vgl. Kap. 3.5.1–3.5.4. 29 GIERMANN / HÄRTEL, Kloster Ebstorf. 30 MANTE, Niederdeutsches Gebetbuch. Die Edition von T1 wird durch Lesarten aus T2 ergänzt. 31 UHDE-STAHL, Figürliche Buchmalereien; der Aufsatz war eine Teilpublikation ihrer Dissertation zu spätmittelalterlichen Handschriften der Lüneburger Frauenklöster. 32 LIPPHARDT, Handschriften aus Medingen. Er setzt in den Titel programmatisch die Daten ›1290–1550‹. Das Manuskript wurde 1971 abgeschlossen, aber nur Teile daraus wurden in Form von Aufsätzen publiziert. Alle Aufsätze nachgewiesen in dem posthum (1987) erschienenen Beitrag zum Verfasserlexikon ›Medinger Gebetbücher‹.

1.2. Die Forschungslage

9

Datierung der erfassten Handschriften in vielen Fällen als falsch. In seinem Interesse an Erstbelegen für bekannte Kirchenlieder wie ›Gelobet seist du, Jesu Christ‹ und durch die konservative Erscheinungsform der Pergamentbändchen irregeführt, setzte er alle nicht eindeutig datierbaren Handschriften in das 14. oder frühe 15. Jahrhundert, ja in einem folgenreichen Sonderfall sogar in das späte 13. Jahrhundert. 33 Lipphardts Datierungen fanden ihren Weg in die wissenschaftlichen Überblicksdarstellungen ebenso wie in die Liedangaben zum ›Evangelischen Gesangbuch‹ und halten sich immer noch. 34 Deshalb muss eingangs noch einmal ausdrücklich festgestellt werden, dass eine ›Schreibstube Medingen‹ vor dem Ende des 15. Jahrhunderts nicht belegbar ist. Bislang ist keine in Medingen entstandene Handschrift vor dem eingangs zitierten Psalter der Elisabeth von Winsen von 1478 und dem ebenfalls auf 1478 datierten Orationale HI1 bekannt. 35 Es ist erst die Klosterreform des späten 15. Jahrhunderts, die den Anstoß für die reiche Handschriftenproduktion gab, zu der auch die Niederschrift und Bearbeitung des Propst-Handbuchs gehört. Dass Lipphardts und Mantes Datierungen falsch waren, war spätestens seit dem Aufsatz des Jesuiten und Berliner Handschriftenbibliothekars Gerard Achten von 1987 bekannt, 36 der 2003 auch im Nachtragsband zum Verfasserlexikon Lipphardts Medingen-Artikel korrigierte. 37 Die linguistische Einordnung konnte in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit dem Projekt ›Atlas spätmittelalterlicher Schreibsprachen des niederdeutschen Altlandes und angrenzender Gebiete‹ in Münster präzisiert werden, 38 der 33 Die Erwähnung eines »seit etwa 1300 belegbaren eigenen Skriptorium[s]« für Medingen im Niedersächsischen Klosterbuch (VOGTHERR, Medingen S. 1047) kann sich lediglich auf Lipphardts spekulative Interpretation des Gebets für einen rege rodolfo (fol. 9r) als König Rudolf von Habsburg (1273–1291) in der Handschrift Cambridge, University Library, Ms. Add. 4080 stützen (ehemalige Medinger Sigle CA[1]). Die Handschrift entstand aber wahrscheinlich gar nicht in Medingen, sondern möglicherweise in Lamspringe (BRAUN-NIEHR, Lateinisches Psalterium) und ist deshalb nicht in die Siglenliste aufgenommen. 34 Im EG sind unter EG23 ›Gelobet seist du, Jesu Christ‹, EG100 ›Wir wollen alle fröhlich sein‹ und EG214 ›Gott sei gelobet und gebendeiet‹ jeweils vermerkt »Str. 1 Medingen um 1380«; im Anhang steht im Komponistenverzeichnis der Liednachweis »Medingen um 1320/1350/1380/1460«. Die verschiedenen Jahreszahlen beziehen sich auf verschiedene Orationalien, die Lipphardt entsprechend datierte. Für keine der Handschriften gibt es einen Beleg für die Datierung oder die Lokalisierung. 35 Zu den Handschriftensiglen und zur genaueren Datierung innerhalb der Zeitspanne zwischen 1478 und der lutherischen Reformation vgl. 6.2. 36 ACHTEN, Gebedenboeken Medingen en Wienhausen. 37 ACHTEN, Medinger Gebetbücher. 38 Mit Dank an Robert Peters für die Benutzung der Karten. BALL, Linguistic Description; LÄHNEMANN, Mischtext und Zweisprachigkeit; zur linguistischen Analyse vgl. Kap. 3.3.5.

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1. Einleitung

kunsthistorische Befund ist mit einem Überblick über die Forschungsgeschichte von Hans-Walter Stork aufgearbeitet. 39 Das Propst-Handbuch selbst wurde von Lipphardt nur kurz in seinem Beitrag zu den Orationalien für das Verfasserlexikon erwähnt. 40 In seinem Nachlass fanden sich Mikrofilmkopien der Handschrift, die Joachim Homeyer nutzte, der 1988 auf dieser Basis die niederdeutschen KonversenStatuten edierte und bemerkte: »Eine vorläufige Überprüfung der Schrift und des Inhalts führt zu der – noch nicht abschließend gesicherten – Einschätzung, daß die Handschrift im 15. Jahrhundert in Medingen entstanden ist. Eine Datumsangabe enthält sie nämlich nicht. Vielleicht gehört sie in die Zeit der Klosterreform, die Propst Tilemann von Bavenstedt (1467–1494) im Kloster verwirklichte. Auf jeden Fall scheint die Handschrift vor der Einführung von Margaretha Puffen als erste Äbtissin (8.12.1494) angefertigt zu sein.« 41

Homeyer war es auch, der 1994 anlässlich des 500-jährigen Jubliläums der Äbtissinnenweihe von Margarete Puffen einen Überblick über die Reformabläufe im Kloster gab und eine Siglenliste vorlegte, in der er der Handschrift die Sigle O2 gab (das in der Bodleian Library liegende Oster-Orationale hatte von Lipphardt die Sigle O erhalten), und als Entstehungskontext die Amtszeit von Tilemann von Bavenstedt (1467–1494) benannte. 42 Die Konversen-Statuten wurden erneut in dem von ihm herausgegebenen Urkundenbuch abgedruckt (UB Nr. 518 S. 463–466). Es gibt keinen gedruckten Katalog der Bodleian Library, in dem die Handschrift verzeichnet ist, aber in der ›Handlist of Latin Liturgical Manuscripts in the Bodleian Library‹, die von S. J. P. Van Dijk 1957–1960 erstellt wurde, wird der Band aufgeführt. 43 In dem ›Green folder‹ 44 für Handschriften, die nach 1916 erworben wurden, findet sich ein maschinenschriftlicher Eintrag mit Korrekturen. Die Inhaltsübersicht, in der alle mittelniederdeutschen Incipits verzeichnet sind, geht auf einen Briefwechsel mit Lipphardt zurück, der darauf hinwies, dass der Einbandstempel MARIA identisch mit W2 ist und dass auch die anderen Stempel in Medingen nachweisbar sind. 45 In der Box findet sich auch ein Brief von Brigitte Uhde-Stahl, die dem Bibliothekar zustimmte, dass die historisierte Initiale mit der HöllenSTORK, Handschriften des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Medingen. LIPPHARDT, VL2 Sp. 275: »Medinger Hss. anderen Inhalts sind ein Ordinarius des 15. Jh.s (mit wenigen dt. Liedanfängen) in Oxford, Bodleian Library, Ms. Lat. liturg. e 18, sowie zwei lat. Psalterien…«. Danach aufgelistet bei KRÄMER, Handschriftenerbe II S. 565. 41 HOMEYER, 200 Jahre, Kapitel ›Statuten für Konverse‹ S. 30, Abdruck S. 37–38. 42 HOMEYER, 500 Jahre, Kapitel ›Reformen in Kloster Medingen 1479–1494‹ S. 44. 43 VAN DIJK, Handlist vol. III S. 49; vol. VI S. 117 (Bodleian Library R 6 152). 44 Oxford, Bodleian Library, Ref. 717 (Med[ieval] mss.). 45 ›Letters about Bodleian Manuscripts‹, Box VI–VII, erschlossen durch die ›Bodley Refs.‹-Index, im Auftrag der Handschriftenabteilung von Albinia de la Mare geschrieben. 39 40

1.2. Die Forschungslage

11

fahrt Christi wohl eher dem 14. als dem 15. Jahrhundert zugehöre und der Kopenhagener Handschrift am ähnlichsten sähe. 46 Die Beschreibung der Bodleian Library ist das einzige bislang vorliegende Handschriftenkatalogisat: Ordinarius ecclesie sancte Marie virginis et sancti Mauricii in Medingen, containing a) (fol. 1v) processional, written for the Cistercian nunnery of Medingen, following the use of Verden, with some prayers of Cistercian use (fol. 11 and 24. Cf. also fol. 29). fol. 2r: Gelouet sistu Ihesu...Louet sistu...Louet...Louet..., fol. 48r: Crist is upp. Kyriol...Crist is . Kyriel., fol. 49v: Crist is, fol. 50r: Crist trost sy. kyriol’, fol. 50v: Crist is upstan. trost syn kyriol’. ...Crist is upstande. kyriol’, fol. 51: Crist trost syn. kyriel’. ...Crist is upstan. trost syn kyriol’., fol. 52: Crist is. kyriol’. ...Crist, fol. 52v: Help uns o ware Pasche lam de du hute van dode bist vpp gestan also her werdichliken mote wij entfan dynen hilgen licham ky., fol. 53r: Help uns o ... Help., fol. 56v: Also heylich is desse dach dat. ...Also heylich is... Also... Also... Also... Also... Also..., fol. 57: Also... Also... Also... Also hey... Also... Also heylich... Also heylich is de dach dat en nêyman wllouen., fol. 58r: Sancta maria heyliger vrowe helpet juwen luden uth van allen noden Kyryl’. At fol. 36v, 37 and 46 are figures illustrating the rubrics; b) (fol. 73v) ritual for the last sacraments, with burial service (fol. 82v) and office of the dead (fol. 92v); c) (fol. 112) Statuta et consuetudines fratrum et sororum in curia claustri Medingen in late middle low German; d) (fol. 114v) Ordo in oblacione puellarum, fol. 71–73r and 116v–118v are blank. Fol. i, which forms part of the outer leaf of the first quire, is a cancel from an office book, similarly ruled to the rest of this MS, containing versicles and collects for the 15th to 22nd Saturdays and Sundays after Pentecost. On the front cover is a medallion with the arms and name of Edward Hailstone, of Walton Hall, Wakefield. Bequeathed by the Rev. H.A. Wilson 1927.

Dieser Überblick zur Beschäftigung mit dem Propst-Handbuch macht deutlich, dass es sich keinesfalls um eine vergessene Handschrift handelt. Allerdings fehlte bislang nicht nur eine Edition des Großteils der Handschrift, sondern mehr noch eine Kontextualisierung in dem historischen, frömmigkeitsgeschichtlichen und liturgischen Entstehungshorizont der Medinger Handschriften. Dies soll in den folgenden Studien geleistet werden.

46

20. Oktober 1980; zur Höllenfahrt-Initiale vgl. Kap. 3.3.2.

Kapitel 2

Liturgie und Reform in Kloster Medingen Omnia hec fecit et famula sola peregit in Meding claustro, Luneborch prope situato, Ordinis ut fateor Cisterciensis et vtor. 1 Im Norden Deutschlands, verteilt über die Lüneburger Heide, einer Region im Bundesland Niedersachsen, liegen zwischen den Ortschaften Celle und Lüneburg, Verden und Uelzen sechs heute evangelische Klöster: Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen. Von den gut 200 religiösen Kommunitäten, die in Niedersachsen und Bremen bis zur Einführung der Reformation im 16. Jahrhundert gegründet wurden, bestanden einige Frauenklöster, darunter die sechs ›Lüneburger Klöster‹, nach der Reformation weiter als evangelische Einrichtungen. 2 Die sechs Lüneburger Klöster wurden zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert gegründet und wiesen schon im Mittelalter vielfältige Beziehungen untereinander auf. 3 Drei von ihnen gehörten dem Benediktinerorden an (Ebstorf, Lüne, Walsrode), drei waren dem Zisterzienserorden angegliedert (Isenhagen, Medingen, Wienhausen). Die Ordenszugehörigkeit der Zisterzienserinnenklöster bestand jedoch wie bei vielen Frauengemeinschaften aus einer eher losen Verbindung. Keines dieser Klöster war offiziell in den Ordensverband der Zisterzienser inkorporiert worden, doch lebten 1 »Das alles hat ganz allein die Dienerin (Christi) geschaffen und vollendet, im Kloster Medingen, das nahe bei Lüneburg liegt. Ich verrate: ich bin eine Zisterzienserin und lebe hier als solche.« Sechster und siebter Vers des Schlussgedichts der Elisabeth von Winsen in HI1, fol. 146v (Abb. 22, vgl. Kap. 1, Einleitung). Mit herzlichem Dank an Fidel Rädle für Übersetzungshilfe. 2 Der die Einrichtungen repräsentierende ›Generalkonvent der Äbtissinnen evangelischer Klöster und Stifte in Niedersachsen‹ zieht die Bezeichnung als ›evangelisches Kloster‹ dem traditionellen Begriff ›Damenstift‹ vor, vgl. GÖRNANDT, Zwischen katholischem Erbe und protestantischer Beliebigkeit S. 25, und OTTE, Evangelisches Klosterleben S. 11–19. Zahlen auf der Basis der chronologischen Liste in ›Niedersächsisches Klosterbuch‹ S. xxxix-xlviii. Das Konzept der ›Klosterlandschaft‹ wurde von Eva Schlotheuber als Verständnisrahmen für die Lüneburger Frauenklöster im Horizont der spätmittelalterlichen Reform vorgeschlagen, SCHLOTHEUBER, Intellectual Horizons S. 343. 3 RIGGERT, Lüneburger Frauenklöster. Zu dem Briefverkehr der Lüneburger Klöster untereinander vgl. SCHLOTHEUBER, Intellectual Horizons S. 344; BRANDIS, Quellen zur Reformationsgeschichte S. 363.

2. Liturgie und Reform

13

sie nach den Zisterzienserkonstitutionen. 4 Das hatte zur Folge, dass die Zisterzienserinnenklöster rechtlich dem Bischof unterstellt waren und ihre geistlichen Betreuer dem Weltklerus und nicht dem Orden der Frauen angehörten. 5 Die liturgische Folge davon war, dass die Messen dort nach der Diözesanliturgie, nicht nach der Ordensliturgie der Zisterzienser oder Benediktiner, gefeiert wurde. Diese Klosterlandschaft bietet reiches Material für die Untersuchung der Spiritualität spätmittelalterlicher Frauenklöster. Zunehmend präsentiert sie sich auch der Öffentlichkeit in Ausstellungen, die den Handschriftenbestand und Kunstschatz der norddeutschen Klöster einbeziehen. 6 Hier liegt der einmalige Fall vor, dass ein spätmittelalterliches Ensemble an Handschriften, Archivalien und Objekten, aber auch an Lebensformen, in weitgehend intakter Form erhalten ist. 7 Die Frauengemeinschaften haben die beiden für die geistlichen Institutionen in Deutschland entscheidenden Zäsuren von Reformation und Säkularisation überdauert, ja in ihrem zumindest partiellen Festhalten an tradierten Formen geistlichen Lebens sogar überbrückt. Diese Kontinuität bedeutet aber auch, dass sich über Jahrhunderte hinweg konstant Bedeutungsverschiebungen ergeben haben, die mit sich eine Neuinterpretation des Materials brachten. Um die vorreformatorischen Texte und Objekte, die damit verbundene Frömmigkeitspraxis und die Architektur, in der sich diese vollzog, angemessen interpretieren zu können, muss das geistige und geistliche Umfeld der Zeit erst wieder rekonstruiert werden. Für das Verständnis und die Interpretation der spätmittelalterlichen Handschriften ebenso wie der Architektur liegt ein bedeutsamer, wenn nicht sogar der wichtigste Schlüssel in der Liturgie, die in der Klosterreform entscheidend erneuert wurde. 4 Für Wienhausen gab es einen Antrag der Herzogin Agnes, den Abt des Klosters Riddagshausen als Vaterabt einzusetzen, aber das Kloster wurde nie förmlich in den Zisterzienserorden aufgenommen, BRANDIS, Wienhausen S. 1519. Nach dem Generalkapitelsbeschluss von 1228 entstand eine große Anzahl Frauenklöster, die nach den Zisterzienserstatuten lebten, aber nicht offiziell dem Orden angehörten und deren Zahl die der inkorporierten Frauenzisterzen um ein Mehrfaches überstieg. Zu den Abstufungen innerhalb der Zugehörigkeit zum Orden vgl. FELTEN, Der Zisterzienserorden und die Frauen S. 200. 5 RIGGERT, Lüneburger Frauenklöster Kap. 1.1: Bedeutung der Ordensstatuten. 6 Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern (2005), Fromme Bildwelten. Mittelalterliche Textilien und Handschriften (Kestner-Museum 2005), Von Frauenhand (Ausstellung Medinger Handschriften in Hamburg 2007), Rosenkränze und Seelengärten. Bildung und Frömmigkeit in niedersächsischen Frauenklöstern (Wolfenbüttel 2013). 7 Die Reihe der Ebstorfer Kolloquien hat verschiedene Aspekte des klösterlichen Lebens in den Blick genommen, u.a. das VI. Kolloquium (2004): Kloster und Bildung im Mittelalter; VIII. Kolloquium (2009): Passion und Ostern; IX. Kolloquium (2011): Weltbild und Lebenswirklichkeit in den Lüneburger Klöstern; X. Kolloquium (2013): Archiv und Bibliothek in den Lüneburger Klöstern.

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2. Liturgie und Reform

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479 Die Klosterreform, die in Medingen unter Propst Tilemann von Bavenstedt (1467–1494) geplant und 1479 administrativ durchgeführt wurde, ist Teil der spätmittelalterlichen Observanzbewegung, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die norddeutschen Klöster erfasste. 2.1.1.

Die norddeutsche Klosterreform

Bereits ein gutes halbes Jahrhundert vor der Einführung der Reformation Martin Luthers in Niedersachsen hatten die Lüneburger Klöster die norddeutsche Klosterreform des 15. Jahrhunderts durchgeführt. Diese Erneuerung war weitgehend von der niederländischen Devotio moderna, den Brüdern und Schwestern vom Gemeinsamen Leben und Augustiner-Chorherren und -Chorfrauen, sowie der Bursfelder Reformkongregation der Benediktiner bestimmt. 1 Auch nach der Reform blieben die Frauenklöster institutionell ihrem jeweiligen Diözesanbischof unterstellt und wurden in erster Linie von Vertretern der Reformkongregationen visitiert. Einer der aktivsten Verfechter dieser Reform war der Windesheimer Chorherr und Prior des Sülteklosters in Hildesheim, Johannes Busch. Viele Jahre seines Lebens widmete er der Durchführung der norddeutschen Klosterreform nach dem Vorbild Windesheims. Seine zahlreichen Abenteuer als Wanderreformator dokumentierte er zwischen 1470 und 1474 in einem spannenden Reformbericht, dem Liber de reformatione monasteriorum. 2 Dieser ist gleichzeitig als Reformhandbuch und autobiographischer Tatsachenbericht nach dem Vorbild der Confessiones Augustins angelegt und stellt eine schier unerschöpfliche Informationsquelle zum klösterlichen Alltagsleben im späten Mittelalter und der praktischen Durchführung der norddeutschen Klosterreform dar. 3 Vor allem für die Frauenkonvente bedeutete die Einführung der Klosterreform eine grundsätzliche Änderung der Lebensbedingungen mit einschneidenden Auswirkungen auf das alltägliche Leben. Sie zielte auf eine strikte Einhaltung der Ordensregeln, eine kommunitäre Lebensweise, Verzicht auf Privateigentum, Einhalten des Keuschheitsgelübdes, gemeinsam eingenommene Mahlzeiten, regelmäßige Teilnahme an liturgischen Feiern und für die Frauen ein Leben in strenger Klausur. Hierdurch verlagerte sich der Aktionsschwerpunkt der Monialen weg von einer vita activa in einer eher stiftischen Lebensführung mit zahlreichen privaten und geschäftlichen

POST, The Modern Devotion; VAN ENGEN, Sisters and Brothers. GRUBE, Johannes Busch; LESSER, Liber de reformatione monasteriorum. 3 LESSER, Johannes Busch S. 259–276. 1 2

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

15

Kontakten mit der Außenwelt. 4 Betont wurde stattdessen die vita contemplativa, Liturgie und Meditation in der Innenwelt einer observanten, d.h. den Vorgaben der Reform folgenden, klösterlichen Gemeinschaft. Dies führte zu einer rein kontemplativen Tageseinteilung und förderte die Handschriftenproduktion. Indem die Nonnen Psalterien, Orationalien, aber auch Texte wie das Propst-Handbuch schrieben, erfüllten sie die Vorschrift der Regel zur Arbeit und schufen gleichzeitig Texte, die sie bei der Andacht und Kontemplation anleiten konnten. Von den sechs Lüneburger Klöstern wurden die drei Benediktinerinnenklöster im Geist der Bursfelder Kongregation reformiert. Die Reform der niedersächsischen Zisterzienserinnenklöster wurde zum Teil von Johannes Busch als Vertreter der Windesheimer Reform initiiert. So reformierte er Kloster Wienhausen im Jahr 1469/70 mit Hilfe einer Schwesterndelegation des bereits reformierten Zisterzienserinnenklosters Derneburg. Wienhausen und Derneburg reformierten 1479 gemeinsam ohne Unterstützung Buschs das Kloster Medingen. 5 Die Reform war zu diesem Zeitpunkt schon fast ein Selbstläufer geworden, der nicht mehr direkt von Bursfelde oder Windesheim angestoßen werden musste; so wird die Reform des Klosters Isenhagen im Jahre 1488 schlicht durch die Einsetzung der Nonne Barbara Antoni aus dem Zisterzienserinnenkloster Marienstuhl als neuer Äbtissin vollzogen. Im Gegensatz zu reformierten Männerklöstern war allerdings keines der Lüneburger Klöster nach der Reform in einen festen Verband inkorporiert: weder Ebstorf, Lüne und Walsrode in die Bursfelder Kongregation noch die drei zisterziensischen Klöster in den Zisterzienserorden. Sie waren weiterhin juristisch, geistlich und liturgisch den Bistümern Hildesheim bzw. Verden unterstellt. 6 Die Reform der niedersächsischen Frauenklöster vollzog sich in mehreren Etappen. Der Einführung der Reform mit Hilfe bereits reformierter Schwesternkonvente folgten einige Zeit später Visitationen zur Kontrolle der Reformdurchführung. Die Visitationen der Frauenklöster der Bistümer Verden und Hildesheim standen unter der Leitung der Äbte der Benediktinerklöster St. Michaelis und St. Godehard in Hildesheim sowie des Magisters Gerhard Halepaghen. In Visitationsberichten wurden die Konvente ermahnt, die angeprangerten Missstände zu beheben und noch nicht In Kloster Walsrode weisen zahlreiche Urkunden auf eine selbstständige Durchführung von Geschäften, Verkaufsverhandlungen und frei verfügbares Privateigentum. Hierzu OLDERMANN, Kloster Walsrode S. 46–47. 5 Zur Reformfiliation Derneburg – Wienhausen – Medingen vgl. Kap. 2.1.4. 6 Nachweise bei den Einträgen für die einzelnen Klöster, jeweils Abschnitt ›1.2.1. Rechtsform, Lebensform, Ordenszugehörigkeit und Ordensprovinz‹ in ›Niedersächsisches Klosterbuch‹. Die Liturgie des Stundengebets wurde aber nach dem Cursus monasticus gefeiert, vgl. Kap. 2.3.3. 4

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2. Liturgie und Reform

durchgeführte Anpassungen vorzunehmen. 7 Aus der Bandbreite dieser Monita, der individuellen Formulierungen der Visitationsdokumente sowie der verstärkten Visitationsaktivitäten wird ersichtlich, dass die Reform zwar in allen Klöstern nach einem observanten Basismuster eingeleitet wurde, ihre konsequente Durchführung aber viele Jahre in Anspruch genommen hat und in jedem Kloster anders realisiert wurde. Für Frauenklöster brachte die Reform als Folge der Einführung der strengen Klausur auch einige einschneidende liturgische Veränderungen mit sich, wie sie für observante Männerklöster weit weniger zutrafen. Zuerst wurde der Nonnenchor, der schon vor der Reform existierte, gänzlich vom übrigen Kirchenraum abgeschottet, Zutritt hatte nur noch der Propst. 8 Nonnenchöre waren mit eigenen Altären ausgestattet, die es erlaubten, diesen Raum als eine zweite Kirche zu betrachten, wie die reiche Ausstattung mit mittelalterlichen Altären und Andachtsbildern, die noch im 18. Jahrhundert in Medingen zu finden waren, zeigt. 9 Die Monialen gelangten direkt von der Klausur aus zum Nonnenchor, ohne dafür das Kirchenschiff, das für die Öffentlichkeit zugänglich war, betreten zu müssen. Klerus und Nonnen wurde es untersagt, noch länger zusammen die Messe zu singen. Im Zuge der Rückbesinnung auf die eigene Ordensliturgie wurden die liturgischen Bücher ausgetauscht und die uniformen Liturgica des Zisterzienserordens bzw. der benediktinischen Bursfelder Kongregation eingeführt. Den normativen Vorgaben der Reform standen von Anfang an Bestrebungen zur individuellen Gestaltung der Liturgie von Seiten der Frauenklöster gegenüber. 10 Dieses Spannungsverhältnis lässt sich in den Visitationsakten und chronikalen Berichten feststellen. Die Konsequenzen der Reform werden in der baulichen Gestalt der erhaltenen spätmittelalterlichen Klöster sichtbar und haben auch in den Teppichen, Handschriften und Gemälden ihren Ausdruck gefunden. In Medingen ist der mittelalterliche Baubestand weitgehend zerstört, aber dafür hat sich in Lyßmanns Dokumentation das wohl wichtigste visuelle Zeugnis der norddeutschen Klosterreform erhalten: die Tafeln zur Klostergeschichte Medingens.

Vgl. die Namenslisten in der Visitationsurkunde Isenhagen U 508b S. 1, Wienhausen U 554 S. 1. Der Buxtehuder Magister und Priester Gerhard Halepaghen (1430–1485) war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit umfangreichen Reformaufgaben in Niedersachsen betraut, SCHINDLER, Gerhard Halepaghen. 8 UFFMANN, Raum und Klausur S. 186. 9 Vgl. Kap. 2.2.2. zu den Zeichnungen der Klosterkirche Medingen und den Grundriss des Nonnenchors mit Anmerkungen von Gebhardi zur Ausstattung, Abb. 5. 10 LUTZ, Identität S. 65. 7

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

2.1.2.

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Die Medinger Tafeln als Spiegel der Klosterreform

Die fünfzehn Bildtafeln, die 1499 im Haus der Medinger Äbtissin aufgehängt wurden, sollten die Geschichte des Klosters »von dessen Stifftung an« auch für alle weltlichen Besucher sichtbar darstellen. 11 Dazu wurde in umfänglichen lateinischen und niederdeutschen Beischriften die Bedeutung des Dargestellten erschlossen. 12 Wie im Original Text und Bild verbunden waren, ist nicht mehr sicher entscheidbar. Es ist aber anzunehmen, dass die präzise ausformulierten zweisprachigen Texte, darunter auch das komplexe lateinische Gedicht für die letzte Tafel, nicht nur als Maleranweisung fungierten oder als separates Heft verwahrt wurden, sondern auch für Besucher sicht- und lesbar angebracht waren. Vielleicht war eine in der Nähe der Bilder fest an die Wand montierte Tafel mit dem Text beklebt. 13 Die inhaltlich übereinstimmenden lateinischen und niederdeutschen Beischriften setzen teilweise unterschiedliche Akzente, um für unterschiedliche Lesergruppen das gleiche Material angemessen zu präsentieren. Die lateinischen Texte halten Daten, Fakten und Namen fest, während die niederdeutschen Tafeln dieses Rahmengerüst narrativ ausgestalten und sich so an ein breiteres lesekundiges Publikum, ob nun die Kloster-Konversen oder die Lüneburger Besucherinnen und Verwandte, wenden. In ihrer Gesamtfolge war die Serie wie eine überdimensionale ›lehrhafte Bildtafel‹ zu lesen, wie sie sonst etwa aus Legendendarstellungen zur Unterweisung von Pilgern bekannt ist. Jedenfalls ist die Folge deutlich von ihrem Schluss, der Gegenwart des reformierten Klosters, her konstruiert und wählt teleologisch Schlüsselereignisse der eigenen Geschichte aus. Tafel 1–5: Der zisterziensische Ursprung

Die Klostergeschichte Medingens stellt sich in den Tafeln als eine Abfolge von göttlich gelenkten Ereignissen dar, angefangen mit dem Auftrag zur Klostergründung. Er ergeht an den Zisterzienser-Konversen Johannes, der auf der ersten Tafel im Dialog mit Gott dargestellt wird, dessen Stimme

11 Anhang der funfzehn Tafeln, in welchen die vornehmste Begebenheiten unsers Closters von dessen Stifftung an, bis auf das Jahr 1449 [! recte 1499] kürtzlich verfasset sind. Ausgabe mit Übersetzung der lateinischen Texte bei WEHKING, Inschriften Nr. 58, S. 125–137. 12 Die Bilder sind als Kupferstiche in Lyßmanns Chronik wiedergegeben; er konsultierte zusätzlich zu den Tafeln den Entwurf für die Darstellung, der sich im PropsteiArchiv fand, und rekonstruierte danach auch unklare Stellen. Die ›15 Vignetten zu einer Closter=Geschichte‹ wurden von der Berliner Kupferstecher-Werkstatt Schleuen angefertigt, vgl. LÄHNEMANN, Nonnenkrieg. 13 Mit Dank an Ruth Slenczka, die auf das Beispiel der Söflinger Franziskustafel verwies, die von den Klarissen mit gereimten Bildunterschriften auf Papier beklebt wurden, SLENCZKA, Lehrhafte Bildtafeln S. 121.

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2. Liturgie und Reform

von einem langen Schriftband vertreten wird, das eine Hand aus den Wolken hält. 14 […] en godlick godevruchteren man, gheheiten Johan, und was eyn Leybroder in den orden Cistercien. de horde tho ener tyd ene stempne, de sprack tho em und sede. Gha und kope erweten und bonen und vulle twe grote secke. und so vele der synt in dem talle. so mennich utherkoren persone schal in dat nye Closter dat ick wil ghebuwet werden laten. du scholt des syn en anbeghin, und ick wil dat vullenbringhen. Do antworde de Leynbroder und sede. Wo schal dat tho ghan, wente ick byn en arm ungeleret man. De stempne sprack. Alse ick wil so muth dat scheyn.

Tafel 1: Der Konverse Johannes erhält den Auftrag zur Klostergründung, 1228 […] ein gottesfürchtiger Mann namens Johannes, der Laienbruder im Zisterzienserorden war, hörte einmal eine Stimme, die zu ihm sprach und sagte: »Geh und kaufe Erbsen und Bohnen und fülle zwei große Säcke, und die gleiche Zahl an auserwählten Personen soll in dem neuen Kloster sein, das ich bauen lassen werde. Du sollst es anfangen, ich werde es vollenden.« Da antwortete der Laienbruder und sagte: »Wie kann das geschehen, da ich doch ein armer, ungelehrter Mann bin?«. Die Stimme sprach: »So wie ich es will, wird es geschehen.«

Die Gründungsvision zitiert die Verheißung an Abraham – nur dass es sich bei dem Konversen um Erbsen und Bohnen statt um Sterne handelt, an denen Gott die Vielzahl der zukünftigen Nonnen demonstriert. Signifikant ist, dass hier der zisterziensische Ursprung betont wird und zudem die starke Beteiligung von Laien bzw. Konversen; beide Aspekte ziehen sich als Themen durch den ganzen Zyklus. Auf Tafel 2 ist der Konversenbruder mit einem Leiterwagen, auf dem die Säcke mit Erbsen und Bohnen liegen, zu sehen, die er auf Tafel 3 gegen vier Nonnen aus dem Zisterzienserinnenkloster Wolmirstedt in der Erzdiözese Magdeburg eintauscht. 14 Die Schriftbänder auf den Tafeln sind jeweils lateinisch und werden in den Beischriften lateinisch und niederdeutsch erläutert.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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Alse nu de leybroder Johannes veer simpel und entvoldighe junckvrouwen uth dem Closter Wolmerstede hadde kreghen, der ere namen alsus synt ghewest. De erste hete Clementa. De ander Floria. De drudde Anthonia, und de veerde hes Zacharia und weren ghekledet mit wytten cappen und brochten mit sick eren hovetheren Sanctum Mauricium eyn holten bilde.

Tafel 3: Vier Zisterziensernonnen verlassen Wolmirstedt, 1228 Wie der Zisterzienserkonverse Johannes vier schlichte und demütige Nonnen aus dem Kloster Wolmirstedt mitnahm, namens (1) Clementa, (2) Floria, (3) Antonia und (4) Zacharia, bekleidet mit weißen Kukullen, die mit sich eine Statue ihres Schutzpatrons, des heiligen Mauritius, führten.

Die erste Sequenz der Reihe wird durch die Nonnen auf dem Leiterwagen auf Tafel 4 und den Empfang an der ersten Station des Klosters, bei einer Witwe in Redekesdorp, abgeschlossen. Die Tafeln 1–5 zeigen so gradlinig wie in einem Comicstrip den Weg der Klostergründung als unmittelbare Umsetzung von Gottes Willen. 15 Tafel 6–8: Die Rolle der Pröpste für die Klosterentwicklung

Nach dieser Ursprungsgeschichte werden ab Tafel 6 die Pröpste für die Ortswechsel und anderen äußeren Schicksale zuständig. Bereits bei dem ersten Propst werden Aufgaben genannt, die sich dann als roter Faden bis zur Reform ziehen: für das leibliche Wohl der Nonnen zu sorgen und Klostergebäude bereit zu stellen. Betont wird aber auch, dass die Besetzung der Stelle in der Verfügungsgewalt der Nonnen liegt: 15 Überlegungen, wie die Tafeln ursprünglich ausgesehen haben könnten, bei PFEIFFER, Tradition und Veränderung S. 362–374.

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2. Liturgie und Reform

Und do koren se enen provest, ghenomet her helmeke, de halede und brochte jum de allmißen. brot und beer. van den Riddern tho olden Medingh, un de sulve provest leth jum dar enen kleynen chor moken und eyn hus. dat was dat Closter […]

Tafel 6: Propst Helmerich bringt der Äbtissin die Almosen, 1237 Dann wählten sie sich einen Propst namens Helmerich, der ihnen das Almosen, Brot und Bier, von den Rittern zu Alten-Medingen holte und brachte, und dieser Propst ließ ihnen dort eine Kapelle errichten und ein Haus, das als Kloster fungierte.

Auf dem Bild steht der in der lateinischen Beischrift helmaricus, deutsch helmeke, genannte erste namentlich bekannte Propst mit einem Körbchen vor dem kleinen Kloster und reicht eine Kanne und einen Topf der wieder mit einer witten cappen 16 markierten Ebbedische (»Äbtissin«). Die Äbtissin steht in der Tür des nur hausgroßen Klosters, das vor einer Kapelle zu sehen ist, in deren Giebel, der vielleicht den Nonnenchor repräsentieren soll, eine Maria mit Kind zu sehen ist. Dieser Propst findet ein dramatisches Ende, als ihn Slawen auf seinem Weg zu den Nonnen umbringen, indem sie seinen Kiefer durchbohren. Die Wohltaten, die er den Nonnen erwiesen hatte, führen aber dazu, dass er den Status eines Heiligen erlangt, der seinem Martyrium entsprechende Wunder tun kann: Do qwemen de arghen wenden un stecken den provest dorch de Kenebacken, dat he dot bleff beligghende in demsulven holte. umme deswillen dat he den junckvrouwen de almißen halede van dem ridder tho olden Medingh, des ghonden se jum nicht. Un in dersulven tyd is dat vorsocht de jeene de de weedaghe der tenen hadde, und in demsulven holte dem vorbenomeden proveste ene zele vesper las, de wart vorloset van aller wedaghe der tenen. 16

Bei den cappen handelt es sich um die weißen Kukullen der Zisterzienser.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

21

Tafel 7: Der erste Propst Helmerich erleidet sein Martyrium, 1240 Da kamen die argen Slawen und stachen den Propst durch die Kinnbacken, dass er tot in dem Wald liegen blieb, dafür, dass er für die Nonnen das Almosen von dem Ritter zu Alten-Medingen holte; das gönnten sie ihm nicht. Und zu der Zeit wurde erprobt, dass diejenige, die Zahnschmerzen hatte und dort im Wald für den Propst eine Seelenvesper las, von allem Zahnschmerz befreit wurde.

Nach dem heiligmäßigen ersten Propst folgt die wirtschaftliche und geistliche Konsolidierung unter dem zweiten Propst. 17 Nikolaus (1241–1287) stellt in mehrfacher Hinsicht ein Gegenstück zu dem späteren ReformPropst Tilemann von Bavenstedt dar, da er ebenfalls die Gemeinschaft durch einen Verfassungswechsel und durch eine Bücherspende erneuerte. Er brachte seine Tante aus dem Benediktinerinnenkloster Dambeke als Priorin zur zisterziensischen Gemeinschaft, die dem Konvent an liturgischen Büchern eine Benediktinerregel, zwei Antiphonarien und ein Graduale zuführte: Deferens secum regulam Sancti Benedicti et duos antiphonarios et unum Gradalem ligatos in corio crinoso (»brachte die Regel des heiligen Benedikt und zwei Antiphonarien und ein Graduale, Bücher mit Felleinband, mit« Tafel 8). Die Regula Benedicti ist auf dem Bild durch ein Schriftband markiert, und in dem Buch, das die deutlich anders gekleidete Benediktinerin hält, steht der Beginn der Benediktsregel: obsculta o fili precepta ma[gistri]. Mit dem Verweis auf diese Priorin wird in der niederdeutschen Beischrift auch begründet, warum in dem Medinger Konvent bis zur Re17 MECHAM, Sacred Communities (Kapitel ›Reminders of the Reform: The Painted Panels from Medingen‹), weist darauf hin, dass die Tafeln die männliche Dominanz über die Nonnen zeigen würden; allerdings wird trotzdem durchgehend die aktive Rolle der Nonnen deutlich, und die simplicitas des Laienbruders wird ebenso wie die der Nonnen betont.

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2. Liturgie und Reform

form auch benediktinische Traditionen herrschten, obwohl die Nonnen selbst an der zisterziensischen Lebens- und Kleidungsform festhielten: un dese brochte mede sunte benedictus regelen und sanghbocke. desulve Junckvrouwe qwan [!] in ener grawen cappen. un de dar tho olden medyng weren, de droghen wyt. wente se helden sunte bernhardus orden, und hadden sunte benedictus regeln nicht.

Tafel 8: Propst Nikolaus I. führt seine Tante als Priorin ein, 1241 und sie brachte die Benediktsregel und Bücher mit Musiknotation mit. Diese Nonne kam in einer grauen Kutte, während die Nonnen in Alten-Medingen weiß trugen, denn sie folgten dem Orden Bernhards von Clairvaux und hatten keine Benediktsregel.

Das Motiv der wytten kappen, bereits auf der dritten Tafel als Zeichen der Zisterzienserzugehörigkeit hervorgehoben, ist die visuelle Erinnerung daran, dass die Verbindung zum Orden bis in die Gründungszeit zurückgeht. Die von Lyßmann nach dem Entwurf des Propstei-Archivs verzeichneten niederdeutschen Farbangaben machen deutlich, dass die Instruktionen für den Maler spezifisch auf die korrekte Darstellung der einzelnen Teile der Tracht abzielte. 18 Die lateinische Fassung verknüpft die Einsetzung der Tante des Propstes auch mit einem verfassungsrechtlichen Aspekt, da seit dieser Zeit das Äbtissinnenamt geruht hätte (vacavit officium Abbatisse usque ad annos domini MCCCC XCIV). In der Sicht der Klostergeschichte stellt sich damit die Erhebung Margarete Puffens als Äbtissin im Jahre 1494 als Rückkehr zu einer zisterziensisch geprägten Klosterverfassung dar.

18

Zu der Signifikanz der Farbangaben WEHKING, Inschriften Nr. 58, S. 136.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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Tafel 9–12: Die Medinger Klosterkirche

Auf den nächsten im Bild präsenten Propst, Christian (1306–1326), wird der Beschluss für den Umzug nach Neuen-Medingen zurückgeführt, der wieder durch himmlische Intervention ausgelöst wird: […] sach he enes nachtes, alse he in dem bedde lach, de modder godes, de helt eme tho enen gulden ring un sede. See tho, wes dy belovet is, dat dat ghesloten werde. ick wil dat van dy eschen. Des morgens sede de provest der sammelinge, wat he seen hadde, und se vulborden dar althomalen in, un sloten dat Closter tho. dyt schude 20 jar tho voren, er dat nye Closter buwet wart, dar id nu jtzundes tho Meding is. Un do dat Closter sloten was, qwemen vele uth den steden sloten und dorpen, un ghewen ere Kynder in dut Closter, un god vormerede eren tal, dat jum dat closter tho enge wart, dat se musten trachten dat Closter upp ene ander beqweme stede tho leggende. […]

Tafel 9: Propst Christian hat eine Marienvision, 1316 […] sah er eines Nachts, als er im Bett lag, die Mutter Gottes, die hielt einen goldenen Ring und sagte: ›Schaue nach dem, was dir anvertraut ist, dass das abgeschlossen werde.‹ Am Morgen berichtete er dem Konvent, was er gesehen hatte, und sie stimmten ihm allesamt zu und führten die Klausur ein. 19 Dies geschah 20 Jahre, bevor das neue Kloster gebaut wurde, wo es jetzt in Medingen ist. Als die Klausur eingeführt war, kamen viele aus den Städten, Schlössern und Dörfern und gaben ihre Kinder in das Kloster, und Gott vermehrte ihre Zahl, dass ihnen das Kloster zu eng wurde, so dass sie darauf sinnen mussten, das Kloster an eine andere angemessene Stelle zu verlegen.

Auch hier wird die Reformentscheidung, die strikte Klausur einzuführen, bereits in der Klostergeschichte verankert. Gleichzeitig motiviert der Aufschwung, den das Kloster durch die strikte Observanz nimmt, den Klosterneubau. Maria erhält Verstärkung durch Johannes den Täufer, Stadtpatron 19

Zu den Klausurbestimmungen und ihren Auswirkungen vgl. Kap. 2.3.1.

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2. Liturgie und Reform

Lüneburgs, der auf Tafel 10 beim Graben für die Fundamente des neuen Klosters gezeigt wird. Die Klosterheiligen Maria und Mauritius und die Stadtheiligen Johannes der Täufer und Michael bilden das besondere Heiligenprofil Medingens aus, das sich in der Litanei des Propst-Handbuchs, den Anrufungen in den Medinger Orationalien und in dem von den Nonnen gearbeiteten ›Wichmannsburger Antependium‹ wiederfindet und die enge Verbindung von Kloster und Stadt dokumentiert. 20 Als Gründer des bestehenden Klosters (fundator huius monasterii) wird Christians Nachfolger Ludolf von Lüneburg (1326–1355) überlebensgroß neben der im Bau befindlichen Klosterkirche auf Tafel 11 dargestellt. Umme dat Closter weren nene muren sunder mit plancken un thunen was dat umme dahn. Alse men de Kerke buwede. worden dar alle nachte arbeydeslude ghehort. un wan murlude des morgens qwemen, so vunden se de muren jo drier stene hogher ghemuret. ane des Sondaghes nicht. eck nicht mit eren stenen. Ock wart dar vaken eyn sang ghehort na de Wyse so men synget in alle godes hilge daghe. Segget loff gode usem heren. So dat den sang unghelerte lude konden synghen.

Tafel 11: Propst Ludolf beim Kirchenbau, 1326 Um das Kloster gab es keine Mauer, sondern es war mit Holz umzäunt. Als man die Kirche baute, konnte man jede Nacht Handwerker hören, und wenn die Maurer morgens kamen, war die Mauer drei Lagen höher gemauert, außer sonntags, aber nicht mit ihren Steinen. Man hörte dort auch häufig einen Gesang auf die Melodie, die man am Allerheiligenfest singt »Sagt Lob Gott, unserm Herren«, so dass auch ungelehrte Leute das Lied singen konnten.

In der niederdeutschen Beischrift zur Tafel werden die Einfriedung des Klosterareals und die himmlische Unterstützung beim Bau der Klosterkir20

LÄHNEMANN, Wichmannsburger Antependium S. 26–29.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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che hervorgehoben. 21 Die Erwähnung des Holzzauns weist darauf hin, dass eine eigentliche Klostermauer fehlte. Die strenge Klausur, die in der Visitationsurkunde 1479 gefordert worden war, war bei Anfertigung der Tafeln 1499 gerade erst umgesetzt worden. Unter der gegenwärtigen Äbtissin wurde also fertiggestellt, was hier auf der Tafel als göttliches Werk begann. Darüber hinaus ist an der Ausführung über die himmlischen Handwerker bemerkenswert, dass die Engel ein volkssprachiges Lied auf eine bekannte Melodie singen, und zwar mit der expliziten Begründung, dass dadurch die Laien einstimmen konnten. Das ist im Grunde das Prinzip, das den deutschen Repetitionen zu Grunde liegt, die in das Propst-Handbuch bei der Überarbeitung eingefügt wurden und die es den Laien ermöglichen sollten, durch die bekannten Leisen aktiv an der Liturgie teilzunehmen. 22 Propst Ludolf war dann der erste, der in der neu erbauten Klosterkirche beigesetzt wurde, und seine Grabplatte wurde an die zentrale Stelle gegenüber dem Hochaltar gelegt, wie die Skizze von 1782 zeigt. 23 Der Umzug in das neue Kloster am 2. Mai 1336 nimmt eine eigene Tafel ein, Tafel 12. Von links nähert sich der Zug der weinenden älteren Nonnen und puellae coronatae, geführt vom Propst, der ein Beutelbuch in der Hand hält, denen die jüngeren Nonnen in einer Umzugsprozession mit den Klosterheiligen entgegengehen. Der lateinische Begleittext erklärt, dass die vorausgeschickten Nonnen die Aufgabe hatten, alles den Ordensregeln entsprechend (secundum ordinem) vorzubereiten. Der niederdeutsche Begleittext führt dazu aus, dass den Nonnen erlaubt wurde, jährlich einmal nach Bodendorpe, an den früheren Ort des Klosters, zurückzukehren, um dort eine Marienmesse und auf dem alten Friedhof eine Totenmesse 24 von zwei Kaplänen für die dort bestatteten Mitschwestern lesen zu lassen: Alsus lavede jum de provest, se scholden dar alle jar ins hen then und nemen twe Cappellane mede, de jum mißen helden. Tho badendorpe scholden se singhen: Salve sancta parens. un ghan den vort nha olden Medingh, un synghen dar Si enne [!] credimus. un virgilias [!] defunctorum, un komen des sulven daghes wedder tho huß. Alse nu alle dinge wol bereth was, do halde de Provest de olden junckvrouwen mit den Kynderen von olden Medyngh. Do se uth dem Closter ghan scholden, weneden se sere und weren ghanß wemodich. Alse se nu tho nyen Meding qwemen. gunghen de junghen junckvrouwen jum entjegen mit vanen. crutze un eren patronen alse de moder godes un sunte Mauricius. un halden se vrolicken in mit orghelen sange und alle Klocken Die Tradition der Baumirakel, wie sie sich etwa in Abt Suger von St Denis ›De consecracione‹ findet, wird hier eigenständig umgedeutet. Mit Dank an Christian Schmidt für den Hinweis. 22 Vgl. Kap. 2.5.1. zu dem Verhältnis der Leisen und der lateinischen Gesänge. 23 Nr. 44 auf dem Plan von Gebhardi, Abb. 4. 24 Die angegebenen Incipits Salve sancta parens, Introitus für Messen an Marienfest, und Si enim credimus, Introitus zur Totenmesse, stehen als pars pro toto für die beiden Messen. 21

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2. Liturgie und Reform

klyngheden. dyt was de tyd alse se uthgynghen. des donnerdaghes vor der hemmelvart. Sunte Philippus und Jacobus hadden des vorigen daghes ghewesen so dat de lustigheste meye tyd was un de alder vrolikeste lemmer tyd. al de bome bloyeden de vogele sunghen un schalleden etc.

Tafel 12: Der Umzug nach Neuen-Medingen, 1336 Daher gelobte ihnen der Propst, dass sie jährlich dahin gehen und zwei Kapläne mitnehmen könnten, um Messe zu halten. Zu Badendorpe sollten sie Salve sancta parens singen, dann nach Alten-Medingen weiterziehen und dort singen Si enim credimus und die Totenvigil, und am gleichen Tag wieder nach Hause zurückkehren. Als alles soweit war, holte der Propst die älteren Nonnen mit den Mädchen aus Alten-Medingen ab. Als sie aus dem Kloster gehen sollten, weinten sie sehr und waren ganz wehmütig. Als sie nach Neuen-Medingen kamen, gingen ihnen die jüngeren Nonnen mit Fahnen, Kreuzen und ihren Patronen, nämlich der Muttergottes und St. Mauritius entgegen. Sie zogen am Donnerstag vor Himmelfahrt um; St. Philippus und Jakobus (1. Mai) war am Vortag gewesen, so dass es die schönste Maienzeit war und die allerfröhlichste Lämmerzeit, als die Bäume blühten, die Vögel sangen und schallten etc.

Die Tafel erlaubt einen aufschlussreichen Blick in die neue Kirche, die auf der rechten Seite – ähnlich wie bei einem Modell – seitlich geöffnet erscheint. Die Darstellung dürfte sich am Zustand der Klosterkirche während der Reformzeit orientieren. Eine Nonne ist an einem höher gelegenen Ort beim Orgelspiel zu sehen; 25 neben ihr tritt auf einem Podest eine kleinere Figur, wohl ein Laienbruder, die Bälge. Zwei weitere Laienbrüder sind im Glockenturm mit dem Läuten beschäftigt. Die beiden vergitterten Fenster knapp unter der Dachtraufe und der Dachreiter mit einer kleinen Glocke verstärken den Eindruck, dass hier der Nonnenchor gemeint sein kann. 25

Zur Auseinandersetzung um das Orgelspiel in Medingen vgl. Kap. 2.3.3.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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Tafel 13: Der Propst bei der Weihnachtsmesse

Nachdem bis dahin die Frühzeit des Klosters mit zwölf Tafeln für sechs Pröpste ausführlich präsentiert wurde, wird nach dem Umzug ins neue Kloster bis zur Reform nur noch eine Episode hervorgehoben, die genau ein Jahrhundert vor der Reform liegt. Propst Dietrich von Brand (1380– 1396), der den Nonnen die ihnen zustehende Versorgung vorenthält, bildet die negative Folie zum Reform-Propst Tilemann von Bavenstedt, der auf der dann folgenden Tafel dargestellt ist. Alse de vorige Provest vorstorben was, koren se wedder hern Dyderick Brant dede tho ener tyd den junckvrouwen in den adventen ere provene vor enthelt un jum nen eten gaff. So is id geschen tho Wynachten under des hilgen Kerstes miße, alse de provest upp synen stole sath by dem altare. Sach he vor sick stande Sanctum Mauricium mit enen openbaren swerde, un sede tho em alsus. Giff mynen Kynderen wes du jum plichtig bist. Do stunt de provest upp un vell upp syne Knye und al de ghanße sammelinge mit em. men se seghen en nicht averst de provest allene.

Tafel 13: Propst Dietrich Brandt bei der Weihnachtsmesse, 1380 Als der vorige Propst gestorben war, wählten sie Herrn Dietrich Brandt, der einmal den Nonnen in der Adventszeit ihre Präbende vorenthielt und ihnen nichts zu essen gab. Da geschah es bei der Weihnachtsmesse, als der Propst auf seinem Stuhl bei dem Altar saß, dass er vor sich St. Mauritius mit gezücktem Schwert sah, der zu ihm sagte: »Gib meinen Töchtern, was du ihnen schuldig bist.« Da erhob sich der Propst, fiel auf die Knie und der ganze Konvent tat es ihm nach, obwohl nur der Propst ihn sah, die Nonnen nicht.

Das unmittelbare Eingreifen des heiligen Mauritius als Klosterpatron für seine »Töchter« ist der krönende Abschluss der Reihe himmlischer Interventionen in die Klostergeschichte, die auf den Tafeln dargestellt sind. Danach springt das Geschehen in die Gegenwart der Reform, und es wechselt die Erzählstimme hin zu einem ›wir‹ der Konventsgemeinschaft. Gleichzei-

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2. Liturgie und Reform

tig erlaubt die Szene einen Einblick in die Weihnachtsmesse in Medingen. Im Zentrum steht der Hochaltar der Klosterkirche mit Patene, Kelch und Buch und, auf einem kastenartigen Aufbau rechts und links von einem Kruzifix, den Statuen von Maria und Mauritius. 26 Die Marienfigur stimmt mit dem in der Vision auf Tafel 9 dargestellten Typ der Madonna mit Kind überein. Auch die Mauritius-Statue des gewappneten Ritters mit wehender Standarte entspricht den Heiligenstatuen, die bei dem Auszug der Nonnen aus Wolmirstedt auf Tafel 3 und bei der Prozession zum Einzug in das neue Kloster auf Tafel 12 dargestellt waren. Offensichtlich sollten die beiden Klosterheiligen Mauritius und Maria, die in der Klosterkirche auf dem Hauptaltar zu sehen waren, auf den Tafeln wiedererkennbar sein. Sie dokumentieren damit auch die verlorene Ausstattung der Klosterkirche, denn die kleine Mauritiusstatue, die sich in Medingen erhalten hat und die den gleichen Typ des gerüsteten Ritters mit krausen Haaren und wehender Standarte zeigt, wurde erst 1506, sieben Jahre nach der Entstehung der Tafeln, von Margarete Puffen in Auftrag gegeben. 27 Die Darstellung des Hauptaltars ist aufschlussreich für das Verständnis einer der ersten Rubriken im Propst-Handbuch, in der es um die Erhebung eines ›Marienbildes‹ (imago Marie) in der Weihnachtsmesse geht, das der Propst erhebt und mit dem er sich zum Volk wendet; das wäre bei einer Figur in der Größenordnung der auf Tafel 13 gezeigten durchaus möglich. Die Statue ist vielleicht identisch mit derjenigen, die im 17. Jahrhundert auf dem Nonnenchor aufbewahrt wurde und an der die Äbtissin Catharina Priggen (1681–1706) die gotische Inschrift mit dem Mariengebet Ave sanctissima Maria ersetzen ließ. 28 Zu der Anordnung in einer triumphkreuzartigen Gruppe vgl. PFEIFFER, Tradition und Veränderung S. 368. Die Zusammenstellung der Gegenstände auf dem Altar und die ganze Situation stehen hier wohl als visuelles Kürzel für die allgemeine Mess-Situation, denn die Anordnung der Gegenstände auf dem Altar passt nicht zum Kyrie. Der Kelch steht bereits auf dem Korporale, die Patene ist halb unter das Korporale geschoben. Allerdings würde man erwarten, dass das Missale bei der Wandlung auf der Evangelienseite und nicht wie auf der Tafel auf der Epistelseite liegen müsste. Auch die Stellung des Propstes gibt nicht präzise eine liturgische Situation wieder. Wenn man die Angabe des deutschen Textes, dass der Propst bei der Erscheinung des Mauritius auf seinem Stuhl saß und dann auf die Knie fällt, ernst nimmt, dann kann er nicht der Zelebrant gewesen sein, denn als Zelebrant hätte er im 14. Jahrhundert, das auf der Tafel dargestellt werden soll, das Kyrie zusammen mit seiner Assistenz gesprochen. Mit Dank an Beate Braun-Niehr für die Auskunft. 27 WEHKING, Inschriften Nr. 90, S. 166, Abb. 121/122. Zur Mauritius-Statuette PFEIFFER, Tradition und Veränderung S. 374–376; STORK, Klosterpatronate. 28 Es wurde »noch an hohen Festtagen, nebst andern Kirchenschmuck, ein kostbares Marienbild ausgesetzet, worunter mit alter Mönchsschrift folgende Worte gesetzet waren: Ave sanctissima Maria, Mater Dei, Regina coeli, porta paradisi, ... Ora pro me Christum dilectum filium tuum, et libera me ab omnibus malis Amen.« Dazu kommentiert Lyßmann: 26

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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Die lateinische Version der Beischrift zu Tafel 13 ist bei der Beschreibung des liturgischen Orts, an dem sich das Geschehen abspielt, präziser als die niederdeutsche. Im Niederdeutschen heißt es nur ohne Jahresangabe, dass sich die Vision bei der Weihnachtsmesse ereignete (tho Wynachten under des hilgen Kerstes miße), während die lateinische Beischrift präzisiert, dass sie 1380 während des Kyrie der »Hahnenschrei-Messe« geschieht (Anno domini M.CCCLXXX. in nocte nativitatis domini sub missa qve cantatur in galli cantu infra Kyrieeleison, Tafel 13), also während der Messe, mit der das Propst-Handbuch beginnt (fol. 1va, Abb. 8), und während der das Marienbild erhoben wird Die Raumgeographie der Szene ist notwendigerweise stark vereinfacht, aber es ist erkennbar, dass die Nonnen als weiter entfernte Beobachterinnen dargestellt sind, die von ihrem Platz aus das Geschehen am Hochaltar verfolgen. Über sie wird gesagt, dass sie, obwohl der Heilige nur dem Propst erscheint, auf die Knie fallen, da sie Zeuge des Kniefalls des eingeschüchterten Propstes werden (At ille perterritus mox surrexit de sede sua et flectens in terra genua et omnes virgines cum eo. qvamvis nihil viderunt sed ipse solus). Dieser Kniefall des Propstes signalisiert eine Wende im Verhältnis zum Konvent, die durch die Reform besiegelt wird. Tafel 14: Die sichtbaren Zeichen der Reform

Die vierzehnte Tafel führt in der Vogelschau die wichtigsten Elemente der Klosterreform zusammen. 29 Links kostet die Mater Celleraria den von der Conuersa angerührten Eintopf, rechts sitzen die Nonnen an langen Tafeln mit den Amtsfrauen priorissa, senior und abbatissa im Zentrum. 30 Margarete Puffen, die 1479 die Klosterführung als Priorin übernahm, wird hier also im Vorgriff auf die nächste Tafel als Äbtissin bezeichnet. Im Hintergrund ist eine Nonne am Lesepult bei der nach der Reform eingeführten Tischlesung zu sehen – diese Rolle fiel jeweils der jüngsten Nonne zu; weitere jüngere Nonnen tragen das Essen herbei. Zwischen den beiden Szenen, die das Gemeinschaftsleben nach der Reform veranschaulichen, steht wie auf einem Epitaph Propst Tilemann von Bavenstedt (1467–1494) auf seinem Wappenschild und hält unter beiden Armen Folianten. 31 Vor der Folie des pflichtvergessenen Propstes Dietrich Brandt auf der vorhergehenden Tafel »Weil nun aber die letzten Worte insonderheit nicht wol zu dulden waren; so ließ die Fr. Abbatißin Priggen, auf des Herrn Pastoris Falkenhagens Einrathen, dieselbe hinweg thun, und an deren statt aus Hebr. XII [! recte II]. 14. den Spruch […] und nach solcher Veränderung das Bild, hergebrachter Gewohnheit nach, wieder nebst anderm Schmuck auf das Jungfrauen Chor setzen« (LYSSMANN S. 169). 29 LÄHNEMANN, Andachtsanweisungen S. 440–442 und Abb. 1. 30 Zu den Unterschieden im Habit der Nonnen und Laienschwestern vgl. Kap. 2.4.1. 31 Zur Person Tilemanns von Bavenstedt vgl. Kap. 2.1.3.

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2. Liturgie und Reform

13 wird in dieser Zusammenschau umso deutlicher, dass sich Tilemann von Bavenstedt um das leibliche wie um das geistliche Wohl seines Konvents kümmert. Auf dem in die Tafel integrierten Schriftband sind die Durchführung der Reform und die Schenkung der Bücher als Hauptpunkt seiner Amtszeit zusammengefasst: Dominus Tilemannus prepositus et promotor reformacionis addens ad eandem reformacionem vi. libros iiij antiphonarios et ii graduales et plurima bona. Herr Tilemann, Propst und Beförderer der Reform, steuerte anläßlich der Reform sechs Bücher bei, vier Antiphonarien und zwei Graduale, sowie sehr viele Güter. 32

Die lateinische Beischrift ergänzt dann noch zwei weitere Akteure, Bischof Berthold II. von Landsberg (†1502) und Provisor Cord Lange, 1473–1505 amtierender Bürgermeister von Lüneburg, der Stadt, von deren Salzpfannen das Einkommen des Klosters abhing. Berthold II. von Landsberg, Bischof von Verden und Hildesheim, war bekannt für seine Förderung der geistlichen Bildung der ihm unterstellten Klöster. 33 Dies bot ideale Voraussetzungen für die Klosterreform in Medingen, da er auch Oberherr über die bereits reformierten Zisterzienserinnenkonvente Derneburg und Wienhausen war, die zur Diözese Hildesheim gehörten. Anno domini M.CCCCLXXIX. in die Sancti Blasii Episcopi. Reverendus in Christo pater et dominus dominus Bertoldus Episcopus Hildensemensis et verdensis dyocesis administrator perpetuus Visitavit et reformavit monasterium nostrum. Et in sexta feria ante dominicam Letare sedebamus ad communem mensam comedentes de una olla. Et tunc elegimus in provisorem nostrum circumspectum virum dominum Conradum Langen proconsulem Luneborgensem. qvi procuravit nos cum omni diligentia ut pius pater. et fecit nobis plurima beneficia in clenodiis. in edificiis et variis donis, ut in legenda sua habetur. Im Jahr des Herrn 1479. Am Tag des heiligen Bischofs Blasius visitierte und reformierte der Vater in Christo und Herr Herr Berthold, Bischof von Hildesheim und beständiger Administrator der Diözese Verden, unser Kloster. Und am Freitag vor dem Sonntag Laetare saßen wir an einer gemeinsamen Tafel und aßen aus einem Topf. Und damals wählten wir zu unserem Provisor den umsichtigen Mann Herrn Konrad Lange, Lüneburger Ratsherrn, der sich mit aller Sorgfalt um uns kümmerte wie ein frommer Vater und der uns viele Wohltaten in Form von kostbaren Kunstwerken, Gebäuden und verschiedenen Gaben zukommen ließ, wie es in seiner Geschichte festgehalten ist. 34

Übersetzung WEHKING, Inschriften Nr. 58, S. 133. Auf seine Veranlassung hin wurde 1483 ein Breviarium Verdense von Bartholomäus Ghotan gedruckt, GW5505, und er veranlasste den Abt des Lüneburger Michaelisklosters, die jungen Mönche auf Universitäten zu schicken. Berthold war seit 1470 Bischof von Verden und versah dazu seit 1472 faktisch das Bistum Hildesheim, da die Wahl seines Vetters Henning von Hus umstritten war. Als er offiziell das Bistum Hildesheim 1481 übernahm, geschah das unter der Bedingung, dass er das Stift Verden, in dessen Diözesanzugehörigkeit Medingen fiel, weiter als Administrator verwalten konnte. 34 Übersetzung WEHKING, Inschriften Nr. 58, S. 133. 32 33

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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Die niederdeutsche Version lässt die Rolle des Provisors aus und kleidet stattdessen die Reform in eine kleine Historie ein, die sich zwischen zwei Marienfesten entwickelt: Na godes bort dusent verhundert un in dem negen soventigesten jare des andern dages tho lichtmißen wart dat Closter tho Meding reformert van dem erwerdighen in god vader und hern hern Bartholt von Landsberge, bischopp tho hildensem und verdeschen stichtes. Un am Vrydage vor mid vasten ete wy uth enen grapen, un god de here gaff in dem jare syne benedyginge ovevlodigen, also dar alle vruchte des ertrykes un der bomen enen mahnt tho voren ripeden. Un alse Maria tho hemmel vor tho eren leven sone. leghen al de appelen rede upp usen bonen. Provest her Tyle van bavenstede de hadde west en Rath hertogen Otten van brunswick un luneborch un de gaff eme eynen louwen in syn schilt mit den strangen. de dede groten vlith und vorderde de reformacien un vorkoffte syn vederlicke erve un gaff dat by dat Closter. he gaff ock VI sangboke de leth he scriven tho hyldensem dar he bordich uth was.

Tafel 14: Die Reform in Kloster Medingen, 1479 Im Jahr 1479 am Tag nach Mariä Lichtmess wurde das Kloster zu Medingen von dem ehrwürdigen Herrn Berthold von Landsberg, Bischof zu Hildesheim und des Stifts Verden, reformiert. Und am Freitag vor Mittfasten aßen wir aus einem Topf, und Gott der Herr gab in diesem Jahr seinen überfließenden Segen, so dass alle Früchte des Erdreichs und der Bäume einen Monat früher reif waren. Und als Maria gen Himmel zu ihrem lieben Sohn fuhr, waren alle Äpfel erntereif. Propst Tilemann von Bavenstedt, ehemaliger Rat Herzog Ottos von Braunschweig-Lüneburg, der ihm ein Wappen mit Löwen und den Strängen verlieh, förderte sehr die Reformation; er verkaufte sein väterliches Erbe und gab es dem Kloster; er schenkte auch sechs liturgische Handschriften mit Musiknotation, die er in Hildesheim schreiben ließ, woher er stammte.

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2. Liturgie und Reform

Die unterschiedlichen Formen, den 3. Februar zu datieren, fallen auf: die offizielle Benennung im Lateinischen erfolgt nach dem Heiligentag, St. Blasius, aber im niederdeutschen Text wird der Reformbeginn an Mariä Reinigung als symbolisches Datum gebunden. Die göttliche Gnade, die das Kloster von Anfang an in der Darstellung der Tafeln ausgezeichnet hat, manifestiert sich dann im niederdeutschen Text auch an einem weiteren Marienfest, der Himmelfahrt Mitte August, bei der die Äpfel bereits reif sind. Lyßmann macht sich in seiner Chronik über den Gottesbeweis durch frühreifes Obst lustig (»Was von dieser Reformation in der Natur zu halten, stelle zu des Geneigten Lesers Nachdenken« S. 70), aber hinter der Bemerkung steht das Anliegen, die besondere Bedeutung Marias als Zisterzienserund Klosterpatronin hervorzuheben. Das spiegelt sich auch in der Bearbeitung des Propst-Handbuchs, bei dem Mariä Lichtmess erweitert behandelt wird und die Feste Mariä Heimsuchung und Mariä Himmelfahrt ganz neu eingetragen werden. Tafel 15: Die thronende Äbtissin

Die abschließende Tafel 15 ist der Äbtissinnenweihe von 1494 gewidmet, die als Krönung der Klostergeschichte und des Reformwerks dargestellt wird. Der Konvent nutzte die Gelegenheit des Propstwechsels, dem Amtsnachfolger Tilemanns von Bavenstedt gegenüber die eigene Rolle zu profilieren. Der neue Propst Ulrich von Bülow musste bei Amtsantritt eine Liste von 20 Punkten abzeichnen, in denen seine Pflichten dem Kloster gegenüber festgehalten waren. 35 An erster Stelle stand dabei die Verpflichtung auf die Grundlagen der Klosterreform: Int erste dat de Werdige Here unse provest uns in nenen stücke effte artikeln entjegen sy Dede unse Reformation Unsse Regulen unnd unssen orden andreyende syn Sundern in alle dem dat unssen Observancien mach vordelich syn wil behülplich wesen (LYSSMANN S. 80, UB S. 531). Zum ersten, dass der würdige Herr Propst sich uns in keinem Stück oder Artikel widersetze, die unsere Reformation, unsere Regel und unseren Orden betreffen, sondern uns bei all dem, was unserer Regelbefolgung dienlich sein kann, behilflich sei.

Die letzte Tafel stellt damit programmatisch das Selbstverständnis des Konvents auf der Höhe seiner Macht und Selbstbestimmung dar. Die neu ernannte Äbtissin thront mit dem Krummstab in der Hand, der bei Hermen Worm, dem führenden Lüneburger Goldschmied, in Auftrag gegeben worden war. 36 Ihr Schriftband betont, dass sie von den Schwestern gewählt wurde: Est electa secundum regulam sancti Benedicti a sororibus secundum 1494 April 30, UB Nr. 576 S. 530–533; HOMEYER, Ulrich von Bülow S. 40. Zum Krummstab HOMEYER, 500 Jahre S. 12; PFEIFFER, Tradition und Veränderung S. 370–372; NEUHAUS / STORK, Äbtissinnenstab (zu den Goldschmiedearbeiten). 35 36

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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canonum sanxiones (»Sie ist nach der Regel des heiligen Benedikt von den Schwestern gemäß dem kanonischen Recht gewählt worden«). 37 Während auf allen anderen Tafeln ein zweisprachiger Bericht ohne Sprecherangaben beigefügt ist, schließt die letzte Tafel mit einem rein lateinischen Gedicht in der ›wir-Form‹ aus der Sicht der Nonnen: Anno domini M.CCCC.XCIV. venerabilis domina Margareta priorissa prima in reformacione concorditer & canonice est electa in abbatissam. Et in die visitationis Marie gloriose virginis consecrata & baculata. Hec cum omni mansuetudine & pietate nos Cristi ancillas sanctam reformacionem & observanciam edocebat. Et omne vicium proprietatis obstruebat. Vere religionis et reformacionis sparsit flores Et reprobavit omnes errores. Omnia predecessarum suarum facta factis suis inauravit. & quasi angelus domini inter nos ambulavit atque die ac nocte pro nobis laborare nunqvam cessavit.

Tafel 15: Die Äbtissin und der Propst, 1494 Im Jahr des Herrn 1494. Die ehrwürdige Frau Margaretha, erste Priorin während der Klosterreform, wurde einträchtig und rechtmäßig zur Äbtissin gewählt und am Tag der Heimsuchung der ruhmreichen Jungfrau Maria geweiht, und ihr wurde der Stab überreicht. Diese unterwies uns Mägde Christi mit aller Sanftmut und Frömmigkeit in der heiligen neuen Ordnung und Observanz und stellte sich jeder Form unerlaubter Eigenmächtigkeit entgegen. Sie streute die Blumen der wahren Religion und Reform aus und verwarf alle Irrtümer. Alle Taten ihrer Vorgängerinnen vergoldete sie mit ihren eigenen Taten, und wie ein Engel des Herrn wandelte sie unter uns, und sie wurde niemals müde, Tag und Nacht für uns zu arbeiten.

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Übersetzung der Beischriften und des Gedichts nach WEHKING, Inschriften S. 134.

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2. Liturgie und Reform

Die sprechende Instanz sind also die Nonnen zur Linken der Äbtissin, die als Zeuginnen fungieren und das Geschehen kommentieren. Der Propst kniet zu ihrer Rechten; das Schriftband preist ihn für seine Wohl- und Bautätigkeit: Venerabilis dominus Vlricus de Bulow prepositus modernus et pius pater noster fecit nobis plurima bona et edificando et ceteris beneficiis (»Der ehrwürdige Herr Ulrich von Bülow, jetziger Propst und unser frommer Vater, ließ uns viele Güter zukommen sowohl durch Bautätigkeit als auch durch andere Wohltaten.«) 38 – er hatte u.a. das Äbtissinnenhaus bauen lassen, in dem die Tafeln aufgehängt wurden. Das Geschehen wird wieder auf ein Marienfest datiert, diesmal die Heimsuchung Mariens, ein Fest, das auch im Propst-Handbuch nachgetragen wurde. Der dreimal wiederholte Begriff der ›Reformation‹ ist zentral für die Selbstrepräsentation der Nonnen. Zusammen mit der vera religio definiert er einen Konvent, in dem nicht nur die Äbtissin wie ein Engel Gottes agiert, sondern das ganze Kloster ein Abbild der himmlischen Harmonie ist. Die Machtkonstellation hat sich hier eindeutig zugunsten des Konvents verschoben, wie der vor der Äbtissin kniende Propst zeigt. Die Äbtissin besetzt auf dieser Tafel die Stelle der Autorität, die auf Tafel 13 Mauritius einnahm, und ihr Krummstab ist an die Stelle des Schwerts getreten. Die Nonnen müssen jetzt ihre ihnen zustehende prövene (den ihnen zustehenden Beitrag aus den Klostereinkünften, die »Präbende«) nicht mehr stellvertretend durch den patronus einfordern lassen, sondern können selbst die Forderungen stellen. Das ist eine deutlich erweiterte Machtbefugnis gegenüber der Situation, die im Propst-Handbuch zumindest in den KonversenStatuten angenommen wird, in der der Entzug der Präbende das uniform eingesetzte Drohmittel des Propstes ist. Die Tafeln sind nicht nur ein anschauliches Zeugnis der Klosterhistoriographie des späten 15. Jahrhunderts, sondern ein entscheidendes Korrektiv des Bildes, das sich im Propst-Handbuch und in den Urkunden der Zeit präsentiert, denn die Tafeln ergänzen die Sicht der Nonnen auf die Entwicklung. Aus der Situation der ersten Generation nach der Klosterreform stellt sich ihnen im Rückblick die Klostergeschichte als eine kontinuierliche Entwicklung unter göttlichem Schutz dar, die in der Reform ihren Höhepunkt findet. Dadurch geben die Tafeln Auskunft über eine Reihe von Aspekten, die für das Verständnis des Propst-Handbuchs relevant sind: die Entwicklungen im Verhältnis zu den Pröpsten, die Bedeutung der Klosterpatrone, die Ausstattung des mittelalterlichen Kirchenbaus und vor allem das Selbstverständnis des Konvents. Die Überarbeitung des Propst-Handbuchs war zu dem Zeitpunkt, an dem die Äbtissinnenweihe stattfand, sicher bereits abgeschlossen. Die Tafeln sind aber für das Verständnis der Handschrift insofern relevant, als sie 38

HOMEYER, 200 Jahre, Kapitel ›Ulrich von Bülow‹ S. 39–46.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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demonstrieren, dass die Reform ein durchgehender Prozess war, der erst 1494, mit dem konstitutionellen Akt der Umwandlung des Priorinnen- in ein Äbtissinnenamt, vollendet war. Aus der Sicht der Tafeln ist das Tableau mit dem Propst zu Füßen der Äbtissin die logische Fortentwicklung des Reformkurses. Die Darstellung ist auch entscheidend für das Verständnis der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Propst-Handbuch und dem Rituale CA2. 39 2.1.3.

Propst Tilemann von Bavenstedt

Aus dem Überblick der Tafeln zur Klostergeschichte wird deutlich, wie stark die Geschichte Medingens von dem Wechselspiel zwischen Pröpsten und Konvent bestimmt wurde und dass der Höhepunkt dieser Kooperation in der Klosterreform erreicht wurde, als Tilemann von Bavenstedt Propst in Medingen war. 40 Die Chronisten des Klosters sehen ihn als den großen Retter nach dem einzigen promovierten Propst des Klosters, dem Dr. utriusque iuris Johannes Mahler (1464–1467), der beschuldigt wird, »gelt, golt, auch silber und güldene clenodien« (CAvL S. 96) aus der Propstei genommen und sich damit ohne Benachrichtigung des Konvents entfernt zu haben. Trotz Mahnschreiben hätten sie nichts davon zurück erhalten. Das wirkte auf den Konvent umso dramatischer, als das Kloster im späten 14. Jahrhundert nach Ausweis der in den Urkunden festgehaltenen Transaktionen das wirtschaftlich stärkste der Lüneburger Klöster war, das die höchsten Stiftungen erhielt und bei dem einzelne Nonnen und der Konvent substantielle finanzielle Transaktionen tätigten.41 Tilemann von Bavenstedt, der einstimmig vom Konvent gewählt wurde, erscheint aus der Sicht der Chronistin als göttlicher Sendbote, dessen Klosterreform die widrigen Schicksale geistlich und weltlich wendet: Anno 1467 haben sie durch die göttliche gnade und hülffe einheligen consensus, auch mit recht und willen des durchlauchtigen fürsten und heren Otten durch ordentliche wahl enbehten und beruffen hern Tileman von Bavenstede deßelben ihres landesfürsten consilien einen discreten man. Sein lob ist groß. Er hat mit großer beschwehren diese prelatur angetrehten, den sie mit viel schulden belastet gewesen. Keine speisen, kein biehr, nichts gefunden, den sein vorweser hatte alles verbracht. Auch wehren sie so sehr in nachteil kommen, das alle das ihre gentzlich verzählt und sie in große schult gebracht, das auch der probst nicht ersehen können, wodurch ihnen könte geholffen werden. Weßwegen er den von dem ersten tage an dahin gesonnen und getrachtet, wie er es dahin brachte, das sie zu der heiligen reformation kemen, und hat auch mit gottes gnade das werck erfüllet. (CAvL S. 96–97) Zu CA2, der zweiten aus Medingen erhaltene liturgische Handschrift, vgl. Kap. 2.3.2. und die in der Edition der Oblationsordnung verzeichneten Varianten. 40 Biographische Skizze bei LYSSMANN S. 65–67 und WEHKING, Inschriften S. 123. 41 MECHAM, Sacred Communities, Kapitel ›Wealth and Poverty, Piety and Necessity‹. 39

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2. Liturgie und Reform

Tilemann von Bavenstedt stammte aus einer Hildesheimer Adelsfamilie und besaß eine Präbende an St. Mauritius in Hildesheim sowie ein Vikariat in Dannenberg. Wie die Tafelbeischrift 42 betont, war er ehemaliger Sekretär Herzog Bernhards und Rat Herzog Ottos von Braunschweig und Lüneburg, auf den das Wappen Bavenstedt, ein steigender goldener Löwen auf schwarzem Grund mit weißem Gitter belegt, zurückgeführt wird. 43 Besucher, die um 1500 das Kloster kamen, konnten es nicht nur prominent auf der Tafel 14 sehen, sondern auch an zwei Schlusssteinen des Gewölbes unter dem Chore, die Tilemann gestiftet hatte. 44 Im Wintersemester 1479 immatrikulierte er sich an der Universität Leipzig, wo er drei Jahre lang nachgewiesen werden kann. 45 Während des nächsten Jahrzehnts arbeitete er kontinuierlich an der Umsetzung der Reform durch Stiftungen für die Kirche, die Errichtung des Gästehauses und die Einführung eines Sprachhauses, das die Nonnen von den weltlichen Besuchern durch ein Sprechgitter trennte. Er starb am 19. April 1494. Es hat sich der Bericht einer Medinger Nonne über das Sterben des Propstes erhalten (BÜTTNER fol. 80r–81v). 46 Die Schreiberin war wohl eine der Klosterämter bekleidenden ›Amtfrauen‹, die mehrfach im Text als Zeuginnen benannt werden. Jedenfalls wollte die Schreiberin die korrekten liturgischen und rechtlichen Vorgänge festhalten, die bei diesem ersten Propstwechsel nach der Reform zu beobachten waren. 47 Dazu notierte sie auch die bei dem Begräbnis 1494 unterlaufenen Versäumnisse auf Seiten des Klerus. Sobald deutlich wurde, dass der Propst im Sterben lag, drängte ihn die Dompna Margarete Puffen dazu, sein Testament in Gegenwart des Prokurators abzufassen. 48 Ihm wurden die Sterbesakramente heimlich gereicht, um das lose volk auf dem Klosterhof nicht auf den bevorstehenden Erbfall aufmerksam zu machen, und Laienschwestern wurden rund um die Uhr in der Propstei postiert, um der Priorin sofort eine Verschlechterung des Zustands zu melden. Der BeAbdruck der Beischriften und Abbildung in Kap. 2.1.2. Der pudelartige Löwe auf dem ›Wichmannsburger Antependium‹ soll wohl auch einer seiner Wappenlöwen sein, LÄHNEMANN, Wichmannsburger Antependium S. 35. Ebenso könnten die kleinen eingeklebten Wappenlöwen in O1 auf eine Verbindung zu Tilemann von Bavenstedt hinweisen, obwohl die Handschrift erst nach seinem Tod entstand, PALMER, Blockbooks S. 45. 44 GEBHARDI S. 855, mit einer Zeichnung von Tilemanns Wappen. Auf dem Plan des Grundgeschosses der Kirche (Abb. 4) zeichnete Gebhardi auch die Kreuzrippen der Gewölbe ein, die der Propst einbauen ließ (LYSSMANN S. 74). 45 Nachgewiesen in den Matrikeln der Universität Leipzig III: »Bavenstedt, -stede, stette. Pavenstette Tilm. de Hildißheim i W 1479 S 14, b. S 1481 (II 274)«, online unter http://codex.isgv.de/, mit Dank an Sabine Wehking für den Hinweis. 46 Eine raffende Übersetzung bei HOMEYER, Augenzeugenbericht S. 103–104. 47 Der Bericht ist ausführlicher in Kap. 2.2.6. referiert und diskutiert. 48 Der Lüneburger Bürgermeister Cord Lange, vgl. Kap. 2.1.4. 42 43

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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richt betont seinen guten Tod: er sprak nicht en vnduldich Wort, men he sede jo vaken, leue Maria, och söte Maria Help leue Maria, vnd was gans redelik wente an de Stunde sines dodes (BÜTTNER fol. 80v; »sprach kein ungeduldiges Wort, sondern sagte nur häufig ›liebe Maria‹ und ›süße Maria‹, ›hilf, liebe Maria‹ und war ganz verständig bis zur Stunde seines Todes«). Als er dann um ein Uhr mittags am Samstag vor Jubilate starb, wurde sein Ableben nur den Klerikern bekannt gegeben und auch keine Totenglocke geläutet, aber statim alse he nu storuen was (»sofort, nachdem er gestorben war«) machte die dompna mit dem Beichtvater und dem Klosterschreiber Johannes eine Bestandsaufnahme für den Nachfolger und verbrachte den Großteil des Nachlasses ins Kloster. Die Berichterstatterin kommentiert: We louen dat was jüm nicht wol to willen, men se musten dat jo don (»Wir glauben, dass Beichtvater und Schreiber das nicht gern sahen, aber sie mussten es tun.«). Die erhaltenen Auszüge aus dem Testament (LYSSMANN S. 78–79) zeigen, dass es sich um ein reiches Erbe handelte. Auch im Schenkungsverzeichnis der Clara Anna von Lüneburg ist eine stattliche Liste verzeichnet, die neben Geld auch liturgische Gewänder (drei Kaseln) und Bücher umfasste; eines dieser hinterlassenen Bücher könnte auch das PropstHandbuch gewesen sein, das nicht wie ein liturgisches Buch von vornherein zum Kirchenschatz, sondern zu den persönlich genutzten Texten gehörte und daher am ehesten über das Erbe an das Kloster gefallen sein wird: Herr Tile van Bavenstede gebet 6 höfe, 5 fl, einen fischteich bey der Rogenmühle, 78m zu seiner hern gedechtnis, 60 fl geldes, das schlaffhaus zu decken, über das uns geben 3 casulen und bücher, in summa alle seine güter an uns und unser closter gegeben, obiit 1492 [! recte: 1494]. (UB Anhang 2 Nr. 114 S. 686)

In dieser Liste nicht verzeichnet ist der von ihm gestiftete Kelch, der noch im Kloster erhalten ist. Dieser Kelch trägt die Inschrift anno domini millesimo qvadringentesimo nonagesimo qvarto dominvs tilemannvs de bavenstede praepositvs in meding dedit (»Gestiftet 1494 von Propst Tilemann von Bavenstedt«). 49 Die testamentarisch verfügte Stiftung eines Kelchs, häufig im Zusammenhang mit einer Vikarie, ist für Geistliche und Laien im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert reich bezeugt. 50 Der Kelch war ein Zeichen für die Rolle der Pröpste als geistliche Leiter des Konvents und war auch auf Tilemanns von Bavenstedt verlorener Grabplatte zu sehen, die im Chor der Klosterkirche lag (Abb. 4, Nr. 34). Er trug die Inschrift

WEHKING, Inschriften Nr. 56, S. 123. Für Lüneburg vgl. REINHARDT, Testamente, und die zahlreich überlieferten Kelchinschriften, die bei WEHKING, Die Inschriften der Stadt Lüneburg, aufgenommen werden; mit Dank an Sabine Wehking, die uns das Manuskript zugänglich machte. 49 50

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2. Liturgie und Reform

Anno Domini MCCCC°XCIIII°XIX° Aprilis obiit venerabilis Dominus tilemannus de bavenstede Praepositus huius monasterii qui hic bene rexit et multa bona fecit cuius anima requiescat in pace. (LYSSMANN S. 79) Im Jahr des Herrn 1494 am 19. April starb der ehrwürdige Herr Tilemann von Bavenstedt, Propst dieses Klosters, der hier gut regiert und viel Gutes getan hat. Seine Seele ruhe in Frieden. 51

Die Grabplatte muss ähnlich ausgesehen haben wie die Propst Ludolfs, die ihn im Priesterornat mit dem Kelch in der Hand zeigt (GEBHARDI S. 628). Zum Einsatz hätte der Kelch wohl zum ersten mal bei der Totenmesse kommen sollen, da im Rituale niedergelegt war, dass dem toten Propst dreifach ein Kelch auf die Brust gesetzt werden sollte (LYSSMANN S. 189). In dem Bericht über das Ableben des Propstes wird von der berichterstattenden Medinger Nonne deutlich Ärger darüber ausgedrückt, dass es der Oldenstädter Abt versäumte, dieses Ritual zu vollziehen. 52 Der wichtigste Aspekt der reichen Stiftungstätigkeit Tilemanns von Bavenstedt für das Verständnis des Propst-Handbuchs sind die zahlreichen Bücherschenkungen, auf die in den verschiedenen Quellen verwiesen wird. Neben dem eingangs besprochenen Psalter HI2, der 1478, im Jahr vor der Reform, im Auftrag des Propstes und seiner Tante Elisabeth von Bavenstedt von der Medinger Nonne Elisabeth von Winsen geschrieben wurde, enthält eine Inkunabel mit dem Psalter-Kommentar des Johannes von Turrecremata einen handschriftlichen Stiftungsvermerk, in dem es heißt: Ad laudem et honorem omnipotentis dei eiusque genitricis virginis Marie gloriose nec non incliti ducis sancti Mauritii sociorumque eius comparavit Venerabilis dominus Tilemannus de Bavenstede praepositus huius monasterii librum istum et donavit filiabus suis in Christo carissimis degentibus sub regula beati Benedicti ordinis Cisterciensis beati Bernardi in monasterio Medinge ad salutiferum profectum earum reformacionis quam idem honorabilis dominus diligenti providentia sua ac inspiracione divina procuravit, pro quo deo largiente tempore multo vivat incolumis et beatus nomenque eius de libro vite numquam deleatur. Amen. Zu Lob und Ehre des allmächtigen Gottes und seiner Mutter, der ruhmreichen Jungfrau Maria, und des berühmten Anführers St. Mauritius und seiner Genossen erwarb der ehrwürdige Herr Tilemann von Bavenstedt, der Propst dieses Klosters, dieses Buch und schenkte es seinen in Christus geliebten Töchtern, die nach der Regel des hl. Benedikt im Zisterzienserorden des hl. Bernhard im Kloster Medingen leben, anlässlich des heilbringenden Fortschreitens von deren Reformation, welche derselbe ehrenwerte Herr mit gewissenhafter Voraussicht und durch göttliche Inspiration vornahm, wofür er, wenn Gott es schenkt, lange Zeit leben möge, unversehrt und selig, und sein Name möge niemals aus dem Buch des Lebens getilgt werden. Amen. 53 Übersetzung WEHKING, Inschriften Nr. 56, S. 123. BÜTTNER fol. 4r, der die Inschrift ebenfalls überliefert, hat justa statt multa. 52 BÜTTNER fol. 81v, vgl. dazu Kap. 2.2.6. 53 Transkription und Übersetzung nach STORK, Medinger Handschriften, Abb. 3. 51

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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Dazu kommen die bereits als Bestandteil der Klosterreform besprochenen sechs sangboken (vgl. Tafel 14), die der Propst in Hildesheim in Auftrag gab. Aber auch in Medingen selbst ließ er noch mehr schreiben: Wie nun also die gemeine Speisung in unserm Closter völlig eingeführet war, ließ der Hr. Probst von Bavenstedt durch die Closterlehrmeisterin die Cistercienserordensreguln, und durch seinen obersten Vicarium etliche legendas sanctorum vitas patrum und andere geistliche Tractätgen zusammen schreiben, zu dem Ende, daß allemal unter der Mahlzeit ein Stück daraus öffentlich vorgelesen werden sollte, welches den jüngsten Conventualinnen aufgetragen ward, die es auch eine lange Zeit hindurch allemal nach der Ordnung, wie dieselbe sie traf, verrichtet haben. (LYSSMANN S. 71)

Keiner der genannten Bände konnte bislang identifiziert werden. Eine Inkunabel mit einem Leben des heiligen Hieronymus, die einen Medinger Besitzeintrag aufweist, zeigt, dass tatsächlich Heiligenlegenden im Kloster kursierten. 54 Was vor allem deutlich wird und was entscheidend für das Verständnis des Propst-Handbuchs ist, ist die Tatsache, dass Tilemann von Bavenstedt offensichtlich Auftragsarbeiten vergab und dabei nach verschiedenen Aufgaben differenzierte, was von wem wo geschrieben werden sollte. Für das Propst-Handbuch stellt sich damit die Frage, ob sich der Ursprungscodex und die erweiternde Überarbeitung einer oder mehrerer dieser genannten schreibenden Instanzen innerhalb wie außerhalb des Klosters zuordnen lassen. Die sangboke, die in Hildesheim in Auftrag gegeben wurden, werden in der lateinischen Beischrift als iiij antiphonarios et ii graduales präzisiert, so dass der als liber ordinarius klassifizierte Text des Propst-Handbuchs kaum zu diesem Kernbestand zählen dürfte. Es kann natürlich sein, dass auf der Beischrift zwar nur die repräsentativen liturgischen Folianten, mit denen der Propst auf Tafel 14 abgebildet ist, genannt waren, er darüber hinaus aber noch weitere Handschriften in Hildesheim in Auftrag gab. In Frage kämen dafür das Sültekloster oder die Brüder vom gemeinsamen Leben im Lüchtenhof, bei denen auch Wienhausen schreiben ließ. 55 Der Vergleich mit Wienhausen zeigt aber auch, dass Handschriften, die spezielle Kenntnis der Klostergebräuche voraussetzten, eher im Kloster von den Nonnen geschrieben wurden. So schrieben sie Handschriften für das Chorgebet (eins mitten auffm Chor zu gebrauchen), die Nonne Gertrud Bungen ein Buch 54 GT3, vgl. Kap. 3.4.2. Ein Überblick aller erhaltenen Bände aus Medingen einschließlich der Drucke in 6.2. 55 APPUHN, Chronik S. 26–27 listet die verschiedenen Schreibaufträge auf, die die 1470 eingesetzte Reformäbtissin Susanna Potstock vergab, und zwar ließ sie in Celle den Sommer- und Winterteil eines Antiphonale für den Nonnenchor schreiben, dann ab 1471 meist im Lüchtenhof und zwar je zwei Chor-gesang-Bücher jedes vor 25 fl. für Sommer und umb 44 fl. für Winter durch die Brüder in der Luchtehoveschen Versamlung; ein Jahr später dort zwei weitere und 1475 ein Brevier für Kranke. Zur bezahlten Schreibarbeit pro precio der Fraterhäuser vgl. KOCK, Buchkultur S. 79–110.

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2. Liturgie und Reform

mit 12 Responsoria und viel andere Bücher so woll des Tages als des Nachts, so woll vor gesunde als vor kranke zu gebrauchen. Auch für Medingen ist zu erwarten, dass solche Handschriften, die, wie der moderat große Quart-Band des Propst-Handbuchs, als persönliche Ausgabe gottesdienstlicher Texte auf der Schwelle zwischen den repräsentativen Liturgica und den Gebrauchshandschriften liegen und stark auf die örtlichen Gebräuche Bezug nehmen, im Kloster selbst hergestellt wurden. Der Name der für die Zisterzienserregel zuständigen Closterlehrmeisterin ist nicht bekannt, aber Elisabeth von Winsen (HI2) und ihre Schwester Winheyd (HI1) zeigen, dass zur Reformzeit genügend Schreiberinnen zur Verfügung standen, die für den Ursprungscodex ebenso wie für dessen Überarbeitung verantwortlich sein konnten. In gewisser Weise ließe sich sogar sagen, dass Medingen nicht nur ein Skriptorium hatte, 56 sondern dass der ganze Konvent ein einziges Skriptorium wurde. Um diese These von der Reform als Schriftlichkeitsvorgang zu belegen, ist eine genauere Betrachtung der verschiedenen bei der Klosterreform beteiligten Personen und Gruppen notwendig. 2.1.4.

Die Durchführung der Klosterreform in Medingen

Über die Durchführung der Klosterreform in Medingen informiert die Carta visitationis, die sich in einem Entwurf (UB Nr. 517 S. 461) und einer späteren Abschrift (UB Nr. 520 S. 466) erhalten hat. Sie hält in Protokollform die Vereinbarungen fest. Die Visitationsurkunde kann um wichtige Details aus den beiden Chroniken des 18. Jahrhunderts ergänzt werden. 57 Danach war für Propst Tilemann von Bavenstedt die Armut des Klosters der Hauptgrund dafür, seit seinem Amtsantritt und verstärkt ab 1477 die Einführung der gemeinsamen Speisung und der Gütergemeinschaft voranzutreiben. Zu diesem Ziel ließ er die üblichen Umbaumaßnahmen durchführen, die eine Gemeinschaftsspeisung wieder ermöglichen sollten. Dazu gehörten beispielsweise die Anpassung der Küche und des Refektoriums, die Reparatur des Kellers und der Speisekammern sowie ein neuer Brunnen, der im Klosterhof gebohrt wurde. Im Jahr 1478 stellte er seine Pläne dem Bischof von Verden vor, der die Einführung der gemeinsamen Speisung zur Abwendung der Armut guthieß. Am 3. Februar 1479 (St. Blasius) reiste der Bischof zusammen mit Albert von Bovenden, Abt des Benediktinerklosters St. Michael in Lüneburg, Meinhard Volser, Abt des Zisterzienserklosters Scharnebeck, Matthias von dem Knesebeck, Propst des Benedik-

So STORK, Bildprogramm S. 46. Vgl. Kap. 1.1. Clara Anna von Lüneburg (CAvL) und Lyßmann (LYSSMANN) greifen unabhängig voneinander auf einen erzählenden Bericht oder die Protokolle der anwesenden vier Notare über die Reform zurück. 56 57

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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tinerinnenklosters Ebstorf, mehreren Prälaten sowie Bürgermeistern und Anverwandten aus Lüneburg nach Medingen. Dort wurde die versammlung von den eltesten bis zu den jüngsten alle ins capittelhaus gefohdert, wo selbst der bischoff ihnen die reformation gantz lieblich und süßiglich als ein mittel zur herlichkeit eingebildet nach dem exempel der apostel und jünger Christi, welche nach dem tode des hern alles gemein gehabt, und ihnen gantz leutseliche freundliche vermahnungen gethan. (CAvL S. 97)

Anschließend wurde zuerst der Propst und dann alle Nonnen einzeln befragt. Lyßmann (S. 69) berichtet darüber nur, dass der Propst erneut auf den schlechten wirtschaftlichen Zustand des Klosters verwiesen habe, Clara Anna von Lüneburg (S. 97) referiert, er habe auch darüber gesprochen, dass die Reform »die devotion im gottesdienst mercklich vermehren« werde. Beide Nacherzählungen stimmen darin überein, dass die Nonnen der Reform einhellig im vollen Umfang zugestimmt hätten und dass der Bischof den Konvent dafür gerühmt hätte: »Welches denn Bischof Bertholdo dergestalt gefallen, daß er die Verfassung unsers Closters öffentlich gerühmet und sich dabey vernehmen lassen: er hätte noch nicht leicht in einem, absonderlich so stark besetztem Closter eine so durchgängige Harmonie und Eintracht gefunden.« (LYSSMANN S. 70) Die Unterzeichnung der Visitationsakte durch die anwesenden Herren bedeutete die formelle Bestätigung für die Durchführung der von dem Propst vorbereiteten Reform. Folgende 17 Punkte wurden festgehalten: 58 §1 Einhaltung des Stundengebets Das Stundengebet ist regelgemäß durchzuführen (divinum officium diurnum pariter et nocturnum cum debitis pausis et omni devocione et cordis sinceritate observetur); bei Nichtbeachtung wird mit disziplinarischer Strenge verfahren. §2 Vorbehaltlose Gütergemeinschaft Alles ist rückhaltlos und freigiebig der Gemeinschaft zu stiften (nullaque proprium quovismodo possideat). §3 Baldiger Einbau eines Sprechfensters Ein Fenster mit Drehscheibe (mox fenestra locutionis cum rotula), das nur mit spezieller Erlaubnis einer zu bestimmenden fenestraria und der Priorin zu benutzen ist, soll eingebaut werden. §4 Sichtschutz im Beichtstuhl Der Beichtstuhl ist so mit Fenstern und Eisenstäben (cum fenestra et cancellis ferreis) nach Art der Observanten zu versehen, dass Beichtvater und Tochter sich nicht gegenseitig erkennen können. 58 UB Nr. 517 ist eine zeitgenössische Kurzfassung, Nr. 520 die beschädigte Originalausfertigung. Die Urkunden stimmen in den Punkten völlig überein. In der Ausfertigung wurde in einem Zusatz zu §5 (S. 468) der Priorin das Recht zugestanden, für die strikte Klausur wie auch für alle anderen ähnlichen Bestimmungen zur Lebensführung, wenn notwendig (in casu necessitatis aut infirmitatis) eine Lockerung zu gewähren.

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2. Liturgie und Reform

§5 Strikte Durchführung der Klausur Alle Klostertüren sind mit doppeltem Schloss zu versehen (firmiter monasterium sub strictissima clausura ut et duplici seratura quoad omnes monasterii ianuas observetur); Propst und Äbtissin haben je einen Schlüssel zu treuer Verwahrung. Außer in Gefahrensituationen ist allen Außenstehenden der Eintritt verwehrt. 59 §6 Strikte Durchführung des Schweigegebots Schweigen ist vollständig zu halten (strictissime observetur) im Dormitorium, Refektorium, Chor und Kreuzgang; nach der Komplet und vor dem Ende der Prim sind nirgendwo Gespräche erlaubt. §7 Schuldbekenntnis bei Kapitelversammlung Bei der Kapitelversammlung soll das Schuldbekenntnis mit Demut abgelegt und die Buße mit demütiger Unterwerfung und Ehrerbietung (cum humili inclinatione et reverencia) angenommen werden. §8 Reformgesandtschaft aus Nachbarkloster Zwei Nonnen aus einem anderen reformierten Zisterzienserinnenkloster, die mit der richtigen Observanz und Reform (in vera observancia et reformatione) vertraut sind, sollen in Medingen als offizielle Vertreter der Reform Stellungen erhalten und nach den Vorgaben des Bischofs oder seiner Stellvertreter solange dort bleiben, bis ohne Murren und Widerstand (sine omni contradictione et rebellione) alle in das regelkonforme Leben (in regulari vita) eingeführt sind. §9 Gemeinschaftsspeisung und Tischlektüre Es soll eine Tischgemeinschaft im Refektorium eingeführt werden, die von geistlichen Lesungen nach dem Lektürekanon der Priorin begleitet wird (sub refectione lectiones sacras iuxta ordinacionem priorisse). §10 Karzer Da die Zisterzienserstatuten eine Bußzelle vorsehen (considerantes iuxta ordinis Cistersiensis statuta carcerem in omnibus monasteriis deputatum), soll der Propst einen Karzer bauen. §11 Krankenstube Ein angemessener Raum soll als Krankenstube umgebaut werden (locus debitus cum omni decencia pro infirmis sororibus adaptetur) und zwei Schwestern dazu bestimmt werden, die Kranken mit Fleisch, Fisch und allem anderen Nötigen zu versorgen. §12 Residenz- und Anwesenheitspflicht des Propstes Ohne zwingenden und vernünftigen Grund darf der Propst sich nicht über eine längere Zeitspanne vom Kloster absentieren (continuam residenciam faciat personalem nec se per longi temporis spacium …sine notabili et rationabili causa quovismodo absentare presumat).

Zur Umsetzung der Punkt §5 (Baumaßnahmen auf Kosten von Propst Tilemann von Bavenstedt), §8 (Reformgesandtschaft aus Kloster Wienhausen) und §9 (Tischlektüre und Gemeinschaftsspeisung) vgl. Tafel 14 in Kap. 2.1.2. und die Durchführung der Reformen in Kap. 2.1.4. 59

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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§13 Gewährleistung des Lebensunterhalts Alle Nonnen sind mit allem Lebensnotwendigen in Speise wie Kleidung durch die Prokuratoren zu versorgen (cunctis sororibus exacte et sub fideli cura de cunctis vite necessariis tam in victu quam in vestitu per procuratores ad hoc per nos deputandos provideatur) 60. §14 Aufnahme neuer Schwestern Neue Schwestern sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Bischofs aufzunehmen (nullatenus alique sorores hic sine speciali nostra licentia quovismodo investiantur) bis eine endgültige Quote festgelegt ist. §15 Erwerb von Zisterzienser-Vorschriften und -Statuten Zisterzienser-Vorschriften und -Statuten sollen möglichst schriftlich erworben werden (diffinitiones et statuta ordinis Cistersiensis consuetas studeant in scriptis procurare), um klar zu sehen, was zu tun und zu lassen sei. §16 Keine Aufnahme weltlicher Schülerinnen Damit die Schwestern sich ohne Ablenkung dem Gottesdienst widmen können (liberius sorores sine omni occupatione et mentis distractione deo servire valeant), wovon sie durch den Schulunterricht abgelenkt werden könnten, sollen sich innerhalb von drei Monaten alle weltlichen Schülerinnen aus dem Kloster zurückziehen (cunctas seculares virgines de suis monasteriis reiiciant) und keine anderen zugelassen werden, bis und falls eine Quote vom Bischof festgelegt worden ist. Danach sollen lediglich diejenigen, die in der Zukunft ein geistliches Gewand empfangen wollen, auf Probe eine gewisse Zeit vorher zugelassen werden (que in futurum habitum spiritualem recipere velint, pro probatione ad certum tempus prius intromittantur). §17 Einsetzung von Kaplänen Vor allem aber (ante omnia) soll der Propst drei Kapläne (honestos tres capellanos) zur geistlichen Versorgung des Klosters einsetzen, damit eine angemessene geistliche Versorgung der anvertrauten Gemeinde gewährleistet sei (ut populus a deo sibi commissus temporibus congruis verbo dei reficiatur) und es nicht heiße (Lam 4:4), dass »die Kleinen um Brot baten und es gab niemanden, der es ihnen brach« (»parvuli petierunt panem et non erat, qui frangeret eis«).

»Nach dieser verrichtung ist der bischoff weckgereiset und ihnen cartam visitasionis und neue versiegelung hinterlaßen.« (CAvL S. 98). Einige der aufgeführten Punkte sind wohl umgehend umgesetzt worden, wie der Bericht über den Auftrag für die in §15 geforderte Zisterzienserstatuten bei der Closterlehrmeisterin und für die in §9 angeordnete Tischlesung bei dem vicarius zeigt. 61 Die Tafel 14 mit der in die Speiseszene eingefügten Figur der Tischleserin und mit dem foliantentragenden Propst liest sich von daher wie eine visuelle Dokumentation des Konvents, dass die Visitationsurkunde auch tatsächlich umgesetzt wurde. Wie die in §12 gebotene Residenzpflicht des Propstes gehandhabt wurde, als sich Propst Tilemann von Bavenstedt ausgerechnet im Herbst des Reformjahres 1479 für drei Jahre an 60 Der Passus des Entwurfs, unwürdige Empfänger von der Gabe auszuschließen (quem repellendum a mercede, qui eligitur ad omnes), fehlt in der ausgestellten Urkunde. 61 Vgl. Kap. 2.1.3. zu Tilemann von Bavenstedt als Auftraggeber.

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2. Liturgie und Reform

der Universität Leipzig immatrikulierte, bleibt allerdings unklar. 62 Vielleicht sollten die neu eingesetzten Kapläne erprobt werden, unter denen Johannes Heine offiziell als Stellvertreter Tilemanns von Bavenstedt (VicePraepositus) bezeichnet wird (LYSSMANN S. 79). Für die praktische Übertragung der neuen Lebensform wurde auf die in §8 vorgeschlagene Gesandtschaft aus bereits reformierten Klöstern als bewährte Methode gesetzt. 63 Mit den Äbtissinnen von Derneburg und Wienhausen forderte Tilemann von Bavenstedt quasi eine Mutter- und Tochterinstitution auf, denn Wienhausen war von Derneburg aus reformiert worden. Am zweiten Sonntag der Fastenzeit trafen die Derneburger Äbtissin Sophia von Schulenburg und die Wienhäuser Äbtissin Susanna Potstock zusammen mit drei Nonnen und zwei Laienschwestern für drei Wochen in Medingen ein, um das Reformwerk in der Praxis durchzuführen. 64 Während es in Wienhausen zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen war, 65 wie sie beispielsweise auch aus Kloster Mariensee 66 überliefert sind, verlief der Reformprozess in Medingen scheinbar reibungslos, wohl auch durch die bereits in Wienhausen gesammelte Erfahrung mit der innerklösterlichen Vermittlungskette von Reformwissen. Dass sich alle Medinger Konventualinnen entschlossen, das Reformwerk zu unterstützen und gemeinsame Mahlzeiten sowie Gütergemeinschaft einzuführen, wird ausdrücklich auf die geschickte Verhandlungsführung der Reformgruppe zurückgeführt: da sie denn unterdessen (weil absonderlich die hiesige Priörin, Fr. Mechtildis von Ramstede eben damals bettlägerig war,) den Convent völlig gouvernirten, mit allerhand klugen Persuasionibus und nachdrücklichen Vorstellungen zur Sache trieben, und es endlich so weit brachten, daß die sämmtlichen Conventualinnen sich entschlossen, eine Gemeinschaft der Güter unter sich aufzurichten, und zusammen an einem Tische zu speisen. (LYSSMANN S. 70)

Die Einführung der Reform dauerte nur wenige Wochen. Bereits am 19. März wurden gemeinsame Mahlzeiten eingeführt, am darauffolgenden Tag die privaten Besitztümer abgeliefert: Daselbst haben die jungfrauen alles, was ihnen heußlich gewest, auch zieraht als etwa ein ringlein, gulden oder pfenig, alles was sie ersparet auch zum zieraht des alters köstlich gehabt, bücher und anders mehr an einen sonderen ohrt des closters gebracht und gesprochen: »fac mecum domine signum in bone, ostende tuam clementiam in nos«. Den Vgl. Kap. 2.1.3. zu den Matrikelnachweisen. Johannes Busch beschreibt dieses Vorgehen wiederholt in De reformatione monasteriorum, z. B. anlässlich der Reform von St. Maria Magdalena in Hildesheim, das er als erstes Frauenkloster selbst auch liturgisch reformieren musste, GRUBE, Johannes Busch S. 579. 64 LYSSMANN S. 70; CAVL S. 98; APPUHN, Chronik S. 29. 65 APPUHN, Chronik S. 30–32. 66 GRUBE, Johannes Busch S. 564–565; HASCHER-BURGER, Liturgie S. 130–132. 62 63

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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sontag Letare haben sie überlaßen den henden ihrer prelaten und domina ihre schlüßel, auch alles, was vordeme eigenthümlich gehabt an golt, silber und gelt. Es hat sich eine jede persohn versorget gehabt mit notdürftigen vitualien, fleisch, fisch, bohnen, erbsen, grütze, honig, öle, butter, kese etc. Solches alles haben sie frölich, gerne und willich verlaßen und mit sanct Petro gesagt: wir haben alles verlaßen und sindt dir nachgefolget, aber steht dabey, das fleisch ist doch auch schwach gewesen. (CAvL S. 98)

Margarete Puffen, eine Konventualin des Klosters Wienhausen, wurde am Montag nach Oculi im Beisein des Abts von Scharnebeck, des Propstes von Ebstorf und Lüneburger Ratsleuten zur Priorin gewählt, folgte der bei dem Reformgeschehen schon bettlägerigen alten Priorin Mechtild von Remstede (1464–1479) nach und wurde dafür offiziell von Kloster Wienhausen für diese Aufgabe freigestellt. 67 Clara Anna von Lüneburg, die Äbtissin des 18. Jahrhunderts, preist ihre Vorgängerin Margarete Puffen mit ähnlichen Worten wie es die Tafel 15 tut, in deren Zentrum sie steht: sie sei ihrem Namen (Margarete, d.h. »Perle«) gemäß »unter den anderen gewesen eine zierliche köstliche perle, vieller tugendt reich, hat diese gemeine regiert mit sanftmuht und discretion, auch mit liebe und furcht zur heiligen reformation christlicher regul und schuldigen gehorsam gebracht« (CAvL S. 98). Ein Jahr später bot das Kloster Derneburg dem neu reformierten Kloster die geistliche Schwesternschaft an, wodurch Medingen offiziell in das Netzwerk der weiblichen niedersächsischen Reformklöster aufgenommen wurde (UB Nr. 526 S. 476). Im Jahr 1494 schließlich erhielt Margarete Puffen als erste Medinger Priorin den Status einer abbatissa mit dem Hinweis auf die durchgeführte Reform, »weil in allen Clöstern, wo die gemeinschaftliche Speisung üblich, zugleich eine Abbatißin und Priörin die Direction zu führen pflegten.« (LYSSMANN S. 123) Die Klöster, die sich gegenseitig bei der Reform geholfen hatten, hielten auch über die eigentliche Reformzeit hinaus weiter den gegenseitigen Beistand aufrecht. Von Derneburg, dessen Äbtissin zuerst Wienhausen und dann Medingen reformieren half, über Wienhausen bildet sich so eine geistliche Filiation analog zum Zisterzienserorden aus, in dem Mutter- und Tochterklöster in regelmäßigem Kontakt blieben. So heißt es bei der Wahl der Äbtissin Katharina Remstede in Wienhausen im Jahre 1501, dass die Äbtissin von Derneburg »als eine Mutter von welcher die Reformation des Klosters hergerühret« und die Äbtissin von Medingen, also die Reform-Priorin und sieben Jahre vorher zur Äbtissin erhobene Margarete Puffen, »als eine Tochter, die ehemahln eine Conventualin des Klosters Wienhusen gewesen und von diesem Kloster die Reformation in Meding Urkunde vom 13. Oktober 1479: upp dat dat gude angehaven werk deste bestenteger dar so bliven moghe und de juncfrowen darsulves de rechte reformacien holden lerende (»damit das gute angefangene Werk umso beständiger bestehen möge… und die Nonnen in Medingen die richtige Reform zu halten lernen«, UB Nr. 523, S. 473). 67

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2. Liturgie und Reform

eingeführet« anwesend waren. 68 Auch mit dem Zisterzienserkloster Scharnebeck, dessen Abt ebenfalls die Reform begleitet hatte, wurde eine Gebetsverbrüderung beurkundet (UB Nr. 529 S. 479). In einem größeren Netzwerk, das in den Briefen aus Kloster Lüne dokumentiert ist, war Medingen mit weiteren Frauenklöstern der Region verbunden. 69 Die Medinger Klosterreform hatte weitreichende Auswirkungen auf das tägliche Leben der Bewohner des Klosters, der Konventualinnen, Konversen und der Gruppe von Geistlichen und Schülern um den Propst. Dank des Verzichts auf persönliches Eigentum erhielt das Kloster erhebliche finanzielle Mittel, die es ihm erlaubten, kurzfristig eine Wirtschaftssanierung durchzuführen. Langfristig jedoch waren weitere ökonomische Maßnahmen notwendig. Ein großzügiges Angebot des Propstes, jährlich auf einen Teil seiner eigenen Bezüge zugunsten des Klosters zu verzichten, bedeutete einen wichtigen Zugewinn an Einkommen für den Konvent (LYSSMANN S. 71); zahlreiche Urkunden aus den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts zeigen, wie der Rat der Stadt Lüneburg die den eigenen Familien entstammenden Nonnen mit Zustiftungen, weiteren Anteilen an Sülzpfannen und anderen wirtschaftlichen Vorteilen unterstützte. Mit der Klosterreform sollte auch in Medingen der Klausurbereich vollständig von den übrigen Gebäuden des Klosters abgeschieden werden, aber die Durchführung dieser einschneidenden Baumaßnahmen nahm einige Zeit in Anspruch. Eine Mauer um das gesamte Kloster wurde erst unter Ulrich von Bülow 1512 angefangen und von der Äbtissin Elisabeth Elvers 1518 vollendet – nur um 1536 von Herzog Ernst als Disziplinarmaßnahme wieder eingerissen zu werden; die Steine wurden für das Fürstenhaus verbaut. 70 Bis anno 1512 ist dieses closter und gantze probstei ohne mauren gewesen und nur mit einem e[der]n zaun umbzogen, also hat sich reverenda abbatissa mit dem probst hern Ulrich von Bülow beredet und vereiniget und haben angefangen, umbs closter und gantze ambt von unserem hofe an bis an den Bevenser kamp und wiederumb bis an unseren hoff. Als aber im mitteist der probst gestorben ist, hat die neue domina abbatissa Elisabet Elvers dennoch die arbeit vollführen laßen und ist verendiget worden anno 1518. 71

Das ganze Jahr über war der Klausurbereich von der Kirche getrennt, mit Ausnahme von Gründonnerstag: an diesem Tag wurde die Verbindungstür APPUHN, Chronik S. 34 SCHLOTHEUBER, Zisterzienserinnengemeinschaften S. 267 zeigt am Beispiel der Weitergabe des Jubeljahrablasses im Jahr 1500, wie aus dem Zisterzienserinnenkloster Heiligkreuz bei Braunschweig der Ablass weiter nach Wienhausen und Medingen wanderte. Eine Liste der Gebetsverbrüderungen mit Frauenklöstern bei LYSSMANN S. 242. 70 Nr. 23 auf dem Lageplan Abb. 4; HOMEYER, 200 Jahre, Kapitel ›Fürstenhaus‹ S. 47. 71 HOMEYER, Geschichte S. 99. 68 69

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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zwischen Kirche und Klosterbereich nach der ersten Messe geöffnet und erst nach der Vesper wieder geschlossen (In cena domini post primam missam aperiatur ianua ecclesie ad monasterium et maneat reserata vsque post vesperas); die Öffnung ist auf der Ansicht von Norden (Nr. 5 auf Abb. 3) sichtbar. Grund dafür war das mandatum pauperum, die Fußwaschung, über deren Verlauf in Medingen nur mitgeteilt wird, dass der Propst den Klausurbereich nach der ersten Messe betritt, um das Brot zu segnen (post primam missam intrabit dominus prepositus monasterium ad benedicendum panem, fol. 25vb–26ra). 72 Der Nonnenchor wurde stärker von der Kirche abgetrennt, aber dafür auch mit weiteren Stücken zu einem vollwertigen Sakralraum ausgestattet; zahlreiche noch bei Gebhardi verzeichnete Altartafeln, Andachtsbilder und Glasfenster gehen auf das späte 15. Jahrhundert und die beiden ersten Pröpste nach der Reform zurück. Umgekehrt wurde die Gemeindekirche ausgestaltet, etwa durch das Gewölbe, das in den Laienbereich unter dem Nonnenchor von Tilemann von Bavenstedt eingebaut wurde. Weltliche Gäste wurden nicht ausgeschlossen, aber stärker von den Nonnen separiert. In einer Anordnung vom 22. August 1483 erinnerte Bischof Berthold von Hildesheim und Verden den Propst an die Verpflichtungen aus der Visitation und wies ihn an, das versprochene Gästehaus zu bauen, upp dat sodane clausura desthe truweliker möge geholden werden (»auf das die Klausur umso verbindlicher eingehalten werde«; UB Nr. 543 S. 495). Die Nonnen dürften bei Androhung des Banns keine weltlichen Gäste mehr empfangen und keine externen Schülerinnen mehr betreuen. Daher wurde im Jahr 1484 ein Gästehaus gebaut (vgl. den Klosterplan Abb. 4). Auch Brauhaus, Krankenhaus, Keller, Dormitorium und Remter wurden renoviert, um die eigenständige Versorgung des Klosters mit gemeinsamen Mahlzeiten besser zu gewährleisten (LYSSMANN S. 74f). Mit dem Bau einer neuen großen Küche war bereits im Jahr 1477 begonnen worden (LYSSMANN S. 68). Nicht zuletzt auch in liturgischer Hinsicht hatte die Klosterreform in Medingen einschneidende Auswirkungen, da der Konvent nach der Verschärfung der Klausur im öffentlichen Gottesdienst von der Gemeinde und den Klerikern getrennt war. 73 Das Propst-Handbuch mit seinen Erweiterungen und Korrekturen spiegelt den Prozess der Anpassung an diese neuen Gegebenheiten. 2.1.5.

Die Umsetzung der Klosterreform nach 1479

Die Umsetzung der Klosterreform erforderte Zeit und wurde von den verschiedenen Gruppen, die bei der Verabschiedung der Visitationsurkunde 72 73

LYSSMANN S. 225 zitiert diese Stelle ebenfalls. Zu den Auswirkungen der Klausurbestimmungen auf den Konvent vgl. Kap. 2.3.1.

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2. Liturgie und Reform

beteiligt waren, begleitet. Aus Medingen ist anders als aus den beiden zisterziensischen Schwesterklöstern Wienhausen und Isenhagen kein Visitationsbericht aus der Zeit nach Einführung der Reform erhalten, obwohl eine Urkunde zwei Jahre nach der Reform zeigt, dass sich fast alle, die die Visitation durchgeführt hatten, regelmäßig weiter um die Umsetzung der Vorschriften sorgten. In dieser ausnahmsweise niederdeutsch ausgestellten Urkunde vom 28. Juni 1481 (UB Nr. 533) bestätigt Bischof Berthold von Hildesheim als Administrator des Stifts Verden, dass dem Konvent die Mittel zur Finanzierung von Reformen fehlten und er deshalb die Äbte der Klöster St. Michaelis in Lüneburg und Scharnebeck, den Propst zu Ebstorf sowie die Bürgermeister von Lüneburg beauftragt habe, gemeinsam mit Propst Tilemann für Abhilfe zu sorgen. 74 Dabei wurde anerkannt, dass die Gemeinschaft willig sei, die Reformen umzusetzen. Rückblickend auf die Visitation heißt es: alze de werdigen geistlikenne unde innigen junckfrouwen priorinne unde gantze sammelinge des closters to Medinge Cistersiensis ordinis unses stichtes nicht weren vullenkomeliken besorget in regulari observantia to levende unde communem mensam to holdende, hebben wy na godes gebort verteinhundert unde darna in deme negenundeseventigesten jare negestvergangen gode alweldich to Iove dat sulve clostere mit todaet der abbatissen van Demeborg unde Wynhusen unde anderer geistliken heren unde prelaten visiteret unde de gebrecklicheid daresulves wesende na nottrofft mit gantzeme vlyte na uthwysinge carte visitationis, one derwegen versegelt overgegeven, emenderen Iaten, dare sick desulve priorinne unde gantze convent ock gehorsamliken innegehatt unde geschicket hebben (UB Nr. 533 S. 483). Da die würdigen geistlichen und andächtigen Nonnen, die Priorin und der ganze Konvent des Zisterzienserinnenklosters Medingen in unserm Stift nicht vollständig über die Mittel verfügten, streng nach der Regel zu leben und Gemeinschaftsspeisung zu praktizieren, haben wir im letzten Jahr, d.h. 1479, Gott dem Allmächtigen zum Lob dasselbe Kloster unter Mithilfe der Äbtissinnen von Derneburg und Wienhausen und anderer geistlicher Herren und Prälaten visitiert und alle Mängel, wo es nötig war, eifrig verbessern lassen, wie es die hinterlegte Visitationsurkunde belegt, der sich die genannte Priorin und der gesamte Konvent auch folgsam gefügt und angepasst haben.

Es ist daher die Pflicht der genannten Visitatoren, dafür zu sorgen, dass Priorin und Konvent mit allem Lebensnotwendigen für die Beobachtung der Regel und des reformierten Lebens ausgestattet werden (de voregerorden priorinne unde gantze sammelinge in regulari observantia et vita reformata na nottrofft konden bestan unde jarelikes tokomen). Der in der Reform als Prokurator eingesetzte Lüneburger Bürgermeister Cord Lange sollte dem Kloster einen Jahreszuschuss aus den Salzgütern der Propstei gewähren, aber der Propst wurde darauf verpflichtet, das Kloster baulich zu erhalten. Entspre74 MECHAM, Sacred Communities, weist im Kapitel ›Wealth and Poverty, Piety and Necessity‹ nach, dass die Medinger Nonnen im späten 14. Jahrhundert über das höchste Einkommen der Lüneburger Klöster verfügten.

2.1. Die Klosterreform in Medingen 1479

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chend erhielt er ein Mahnschreiben Bischof Bertholds von Landsberg am 22. August 1483 (UB Nr. 543 S. 494–495), in dem er zur Umsetzung der Klausur aufgefordert wurde, allerdings in sehr gemäßigtem Stil und mit nur wenigen konkreten Auflagen. Der Ton und die Themen dieses Mahnschreibens stehen im Gegensatz zur nur einen Monat früher ausgestellten Visitationsakte für das Kloster Wienhausen, in der die vom Bischof eingesetzten Inspektoren eine vielseitige Liste von Verstößen gegen die Auflagen der Reform zusammenstellten, unter denen liturgische Monita an erster Stelle stehen. 75 Dazu gehören unter anderem die regelmäßige Teilnahme am Stundengebet, das gleichmäßige Psalmodieren unter Einhaltung der erforderlichen Pause am Ende der Halbverse sowie die Ermahnung, die Liturgie der öffentlichen Gottesdienste nicht mehr gemeinsam mit dem Weltklerus zu feiern. 76 Vierzehn Jahre nach dem Widerstand gegen die Reform waren also immer noch nicht alle Forderungen erfüllt, obwohl die Wienhäuser Nonnen selbst bei der Einführung der Klosterreform in Medingen tätig geworden waren. In dieser zeitlichen Verzögerung könnte auch ein Grund für die Überarbeitung der Gebräuche in der Oblationsordnung im Propst-Handbuch liegen. 77 Die Lage blieb in Wienhausen problematisch, wobei die Schwierigkeiten mehr auf der Seite der weltlichen Verwaltung zu liegen schienen, da die Herzogin Anna von Nassau (1441–1513) auch nicht vom Bischof autorisierte Visitatoren während der Amtszeit der Reform-Äbtissin Susanna Potstock in das Kloster schickte. Es heißt in der Chronik, die Herzogin und der Propst Heinrich Wettemann hätten viel Visitirens und besuchens angestifftet durch Patres und Prediger, welche ohn Erlaubniß vom Bischoffe offt ins Kloster kamen und bald dieses bald jenes unter dem Schein der Verbeßerung entweder einführten oder abschafften, als unter andern daß die Hauptmeße, nicht, wie vorhin, von den Geistlichen und der Jungfrl. Versamlung sollte abgesungen werden; sondern allein von denen Jungfrauen. Auch daß keine Orgel Und ander instrumental Music in der Mette und Vesper mehr sollte gehöret werden […]. 78

Der einzige Hinweis in den Medinger Akten zur musikalisch-liturgischen Umsetzung ist dagegen die ausdrückliche bischöfliche Erlaubnis, die bisherige Praxis (ut apud vos solitum fuit, UB Nr. 546 S. 497) des Orgelspiels an Festtagen beizubehalten. Da das am 27. Oktober 1483 geschah, in dem gleichen Jahr, in dem die Visitatoren Auflagen für Wienhausen machten, ist davon auszugehen, dass die Einführung einer der Reform gemäßen OrWienhausen, Urkunde 554 (1483 Juli 7). …prohibemus ne moniales missas ac quecumque cantum alternatim cum sacerdotibus decantent (»…verbieten wir den Nonnen, Messen oder anderen Gesang im Wechsel mit den Priestern zu singen…«). 77 Zu den drei Stadien der Überarbeitung der Oblationsordnung vgl. Kap. 2.3.2. 78 APPUHN, Chronik S. 26. 75 76

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2. Liturgie und Reform

densliturgie in Medingen weniger Probleme bereitete und dass zum anderen das Zusammenspiel mit dem Rat der Stadt Lüneburg besser funktionierte als das des weitgehend vom Adel besetzten Klosters Wienhausen mit der Herzogin, sonst wäre auch die Einführung des Äbtissinnenamtes in Medingen 1494, das den Konvent mit weiterer Hoheit in geistlichen Dingen versah, sicher nicht so problemlos erfolgt. 79 Einen indirekten Hinweis darauf, dass die Forderungen der Reform nach strikter Klausur und der Trennung zwischen Klerus und Nonnen während der Messe in Medingen weitgehend vollzogen war, gibt der bereits genannte Augenzeugenbericht über das Ableben von Propst Tilemann. 80 Die Rituale der Nonnen um Krankheit und Sterben des Propstes geschahen völlig konventsintern. Die Priorin ging zwar zum kranken Propst und stellte Laienschwestern zu seiner Versorgung ab, aber sobald die Priester kamen, zogen sich die Frauen zurück. Der Konvent betete währenddessen zwischen den auf dem Nonnenchor abgehaltenen Gebetszeiten einzeln oder zu zweit im Kreuzgang nahe bei der Klosterpforte (BÜTTNER fol. 80r). Auf dem Weg zur Propstei gingen die Laienschwestern nur nachts über den öffentlichen Klosterhof, tagsüber aber einen Umweg über das Klostergelände. Diesen Weg nahm auch der Konvent, als er zur Verabschiedung des Leichnams ausnahmsweise die Propstei betreten durfte. 81 Es kam zu Unstimmigkeiten zwischen Konvent und Klerus, weil die Prälaten unter der Regie des Benediktinerabts von Oldenstadt alles secundum ordinem suum (»nach ihrer Ordnung«) und ohne Erklärung vollzogen. Insgesamt sind in dem Bericht deutliche Spannungen erkennbar, die wohl gerade dadurch bedingt waren, dass durch die Trennung von Klerus und Nonnen der Konvent kaum noch Einfluss auf den Ablauf von Messfeiern nehmen konnte. Es ist signifikant, dass dies nach dem Tod des Propstes virulent wurde, als die Nonnen, wie der Bericht nach II Petrus 2:25 formuliert, quasi oues errantes sine pastore (»wie irrende Schafe ohne Hirten«, BÜTTNER fol. 80r) waren. Hier wird bereits die entscheidende Rolle des Propstes deutlich, die in dem nächsten Abschnitt grundsätzlicher dargestellt werden soll.

79 Zur unterschiedlichen sozialen Zusammensetzung der Konvente vgl. MECHAM, Sacred Communities, Kapitel ›Wealth and Poverty, Piety and Necessity‹. 80 HOMEYER, Augenzeugenbericht. 81 Vgl. Kap. 2.2.6. Zu den Prozessionswegen und der Verbindung verschiedener Klosterbereiche mit dem Totengedenken vgl. SIART, Kreuzgänge S. 291–292.

2.2. Der Propst

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2.2. Prepositus. Der Medinger Propst und seine Aufgaben Dem Propst (prepositus), dessen Aufgaben und Rechte in der Propsteiverfassung festgehalten waren, oblag die Leitung des Klosters v. a. in Wirtschaftsangelegenheiten. »The management of property has usually been seen as having posed problems for professed religious women. It was an ecclesiastical commonplace that women, by virtue of their inherent physical, moral, and spiritual inferiority to men, required male guidance for both their spiritual care as well as for the management of their properties and provision of their necessities. This attitude justified the widespread appointment of provosts for such women’s communities as the Heideklöster. The provost oversaw the management of the properties held by the monastic institution and in this region was often powerful in his own right.« 1

Durch die Einführung der strengen Klausur gewann die Vertretungsfunktion des Propstes in Frauenklöstern nach der Reform an Bedeutung. Wie stark der Konvent der Frauen mit über die Geschicke des Klosters bestimmen konnte, hing entscheidend von der rechtlichen Stellung ihrer Leiterin ab, und davon, ob es sich um eine Priorin oder Äbtissin handelte. In Medingen vollzog sich im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts eine zweifache Kräfteverschiebung bzw. Neujustierung des Verhältnisses. In der Klosterreform von 1479 wurde die Stellung des Propstes nach außen erst einmal profilierter, da die Klausur weniger individuellen Kontakt der Nonnen mit der laikalen Welt bedeutete. 2 Gleichzeitig stärkten die Durchführung der Reform und das Gemeinschaftsleben aber auch das Ansehen und die Durchsetzungskraft des Konvents, was sich dann in der Erhebung der Priorin zur Äbtissin unmittelbar nach dem Ableben des Reformpropstes niederschlug. Ging 1479 die Initiative für die Reform mit Tilemann von Bavenstedt von dem Propst aus, war es 1494 der Konvent, der seinen Nachfolger Ulrich von Bülow als Propst auf die Einhaltung der Reformprinzipien verpflichtete. 2.2.1.

Propst und Klerus

Die Leitung der öffentlichen Gottesdienste in den Frauenklöstern lag in der Hand des Propstes, auch wenn im späten Mittelalter die geistlichen Funktionen des Propstes gegenüber den administrativen in den Hintergrund traten. 3 In vielen Fällen ließ er sich von Kaplänen vertreten, wie die Forderung MECHAM, Sacred Communities, Kapitel ›Management by Provosts: Careful Providers or Wolves in Sheep’s Clothing?‹. Zur Funktion des Propstes in den Lüneburger Klöstern auch RIGGERT, Lüneburger Frauenklöster S. 105–139. 2 FAUST, Frauenklöster S. 131. RIGGERT, Ausbildung S. 40 zum Propst als Sprecher der Kirche. 3 RIGGERT, Lüneburger Frauenklöster S. 111. STORK, Handschriften Anm. 34. 1

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2. Liturgie und Reform

nach umgehender Einsetzung von honestos tres capellanos (»drei ehrenwerten Kaplänen«) in der Visitationsurkunde 4 bezeugt. Die liturgischen Aufgaben wurden an gewöhnlichen Tagen von diesen Kaplänen oder Vikaren in der Kirche und in den verschiedenen Kapellen erfüllt, nur an den höchsten Festtagen las der Propst selbst die Messe (LYSSMANN S. 182). Das erklärt auch die Anlage des Propst-Handbuchs, das allein für die großen Feste im Laufe des Kirchenjahres mit ihrer komplexen Abfolge von Prozessionen und liturgischen Handlungen ausschnitthaft jene Vorgänge regelt, bei denen der Propst aktiv werden musste. Die Leitung der öffentlichen Gottesdienste an Hochfesten lag in der Hand des Propstes als dem Hauptzelebranten, daneben konnten Kapläne und Diakone liturgische Funktionen übernehmen. Die nicht geweihten Teilnehmer an der Messe, also die Schüler der Propsteischule, die Konventualinnen und die Laienbesucher, nahmen durch kollektive Antworten, gemeinsames Niederknien oder zusätzliche Gesänge am Gottesdienst teil. Der Fokus des Handbuchs liegt deshalb auf der liturgischen Organisation des Klerus im Verhältnis zu den von dem Propst verantworteten Teilen. Während der Ursprungscodex 5 nur wenige spezifische Funktionsbezeichnungen enthält, sind die Teilnehmer an der Liturgie der Erweiterungsschicht differenzierter benannt, da es bei der Bearbeitung maßgeblich darum ging, die Ausformungen der liturgischen Rollenverteilung für Medingen festzuhalten. Es ist zu vermuten, dass die Beteiligung des übrigen Klerus noch stärker war, als die Nennungen der Bearbeitungsschicht erkennen lassen. Es ist nicht immer eindeutig, wie sich die Gruppenbezeichnungen clerus, scholares und cantores zueinander verhalten. 6 Die Rasur von sacerdotes hinter duo in der Eröffnungsrubrik zur Karfreitagsliturgie (Hinc duo [sacerdotes] tollentes crucem, »Hier heben zwei [Priester] das Kreuz hoch« fol. 26vb) könnte darauf hinweisen, dass spezifische Funktionsbezeichnungen oder Weihegrade vermieden wurden, um auch mit einem geringeren Personal oder den noch nicht geweihten scholares Teile der Messfeiern absolvieren zu können. Lyßmann nennt als Angehörige des Klerus in Medingen »Vicepropst, Beichtvater, Prädikant, Magister Scholarium, Scholaren, Vicarii oder Capellani, Küster« (S. 183). Vizepropst Tilemanns von Bavenstedt war der als §17, vgl. Kap. 2.1.4. Zu Umfang und Entstehung des Ursprungscodex vgl. Kap. 3., besonders Kap. 3.2.1. 6 Bei pauschalen Angaben schwankt die Terminologie, wenn beispielsweise in der revidierten Oblationsordnung in CA2 statt sacerdos jeweils clerus als Sprecherangabe steht oder in den Rubriken des Handbuchs passivische Formulierungen verwendet werden, so z. B. bei der Kerzenweihe Mariä Reinigung: Tunc thurificentur cerei et aspergantur aqua benedicta et accendantur (»Dann werden die Kerzen beweihräuchert und mit geweihtem Wasser besprengt und entzündet« fol. 8rb). 4 5

2.2. Der Propst

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amanuensis bezeichnete Johannes Heine, 7 aber er erscheint nicht im Handbuch, ebenso wenig wie andere vicarii oder Kapläne. Der Beichtvater wird nur zweimal genannt, jeweils zusammen mit dem Propst. Er erhebt mit dem Propst das Kreuz und singt mit ihm in der Osternacht (fol. 48vb), ebenso am Himmelfahrtstag, an dem der Propst und er im Chormantel das Kreuz zwischen sich durch die Kirche bis zum Hochaltar tragen und sich dort bis nach dem Hymnus zur Gemeinde wenden (fol. 61va), es dann in die Höhe heben und im Wechsel mit dem Klerus singen (fol. 62ra). Selbst nach der Einführung eines Sichtschutzes bei der Beichte (§4 der Visitationsurkunde) war der Confessor weiterhin der Angehörige des Klerus mit der unmittelbarsten Verbindung zu den Nonnen und noch nach der lutherischen Reformation besetzte der Beichtvater die geistliche Schlüsselposition für die Frauen im Konvent. 8 Die cantores bekleideten kein eigentlich kirchliches Amt, sondern wurden fallweise als Solisten aus dem Chor für die musikalische Umsetzung komplexer musikalischer Strukturen herangezogen. Deswegen werden sie gerade bei Gesängen erwähnt, die aus der Diözesanüberlieferung stammen und ausgezierter sind als die eher streng und schlicht gehaltenen Melodien der Reformordinarien der Orden. Sie stimmen beispielsweise das ›Responsum accepit‹ mit den charakteristisch ausgestalteten Schlussnoten oder den Tropus ›Postquam factus homo‹ zu dem Introitus ›Resurrexi‹ (fol. 49rb) an, die beide ausdrücklich »nach der Verdener Ordnung« gesungen werden, ebenso die Antiphon ›Collegerunt‹ (fol. 12va). 9 Die Klerikergruppe antwortet dem Propst mit den Schluss-Strophen aus ›Vexilla regis‹ am Palmsonntag (fol. 21va). Da regionale Abweichungen, die für den Propst notiert werden mussten, sich besonders an diesen komplexeren musikalischen Strukturen festmachen lassen, werden die cantores häufiger als andere Funktionsträger im Handbuch genannt. Um eine ähnlich fallweise unterschiedlich besetzte Funktionsbezeichnung handelt es sich bei dem celebrans. Der Zelebrant, der mit dem Diakon das Kreuz vor der Prozession an Palmsonntag trägt (fol. 23rb), konnte der Propst oder einer seiner Stellvertreter sein. An mehreren Stellen werden ministri des leitenden Priesters bzw. des Propstes erwähnt, bei denen es sich um assistierende Priester handeln muss. Sie begleiten den Propst bei der Palmzweigweihe (fol. 12va) und kreuztragend zur Segnung des Osterfeuers am Karsamstag (fol. 29rb), am Karfreitag werden mehrere ministri (Assis-

UB Nr. 573 S. 526; LYSSMANN S. 79, vgl. Kap. 2.1.5. LÄHNEMANN, Nonnenkrieg. 9 Vgl. Kap. 2.2.3. In den Orationalien ist die Verbindung von ›Postquam factus homo‹ und ›Resurrexi‹ bezeugt und die gleiche liturgische Abfolge kommentierend festgehalten, vgl. MANTE, Niederdeutsches Gebetbuch S. 60–62 und 85. 7 8

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2. Liturgie und Reform

tenten) wie der Priester (sacerdos) mit roten Kaseln bekleidet und gehen mit ihm danach zum Vestiarium zurück. 10 Diakone werden selten genannt. Der subdiaconus eröffnet die Feier des Leidens und Sterbens Christi am Karfreitag mit der Lesung aus dem Propheten Hosea (fol. 26vb). Analog zu seinen Aufgaben bei der Messfeier kommt dem diaconus am Palmsonntag bei der Palmweihe die EvangeliumLesung zu (fol. 12va). An diesem Tag trägt er auch zusammen mit dem Zelebranten das Kreuz. Allerdings wird für die ihm sonst zufallende entscheidende Rolle, das ›Exsultet‹ am Karsamstag anzustimmen, nach der Überarbeitung der Rubrik 11 ausdrücklich der Propst bestimmt, der das Lob der Osterkerze »mit feierlicher und fröhlicher Stimme« singen soll (Deinde dominus prepositus sollempni et iocunda voce cantet. fol. 31rb). Da die Rollenzuteilung allegorisch damit begründet wird, der Diakon als niederer Weihegrad vertrete die Frauen am Grab, die als schwächeres Geschlecht als erste die Auferstehungsbotschaft verkündeten, 12 ging die Übertragung an den Propst möglicherweise darauf zurück, dass er als Vertreter der Nonnen gesehen wurde. Mit dem Gesang des ›Exsultet‹ sind weitere Zeichenhandlungen verbunden, z. B. das Eindrücken von fünf Weihrauchkörnern in die Osterkerze, das hier ebenfalls auf den Propst übertragen wird. 13 Bei den feierlichen Prozessionen und Responsorien kommt der gesamte Klerus zusammen, so bei dem ›O mundi domina‹ an Heiligabend (fol. 1vb), und bei der feierlichen Prozession zur Kerzenweihe an Mariä Reinigung (fol. 8va). Diese Gemeinschaft wird dann programmatisch erweitert: Wenn sich universi oder omnes zum Kreuzesgruß am Karfreitag (fol. 26va) und am Ostersonntag (fol. 47va) versammeln, werden die Laien einbezogen (fol. 48vb), um ein umfassendes Gotteslob zu gewähren. 14 Das Zusammenspiel der verschiedenen Kleriker wird beispielhaft am Himmelfahrtstag deutlich. An dem Tag wird die Non feierlich gesungen und dann die Sequenz ›Summi triumphi‹ angeschlossen, die von dem Propst angestimmt wird und in die die volkssprachige Leise ›Christ, heiliger Gott‹ (fol. 58va) eingefügt ist. 15 Im Anschluss daran heben Propst und Beichtvater im Chormantel das Kreuz auf und tragen es zwischen sich durch die Kirche zum Hochaltar, wo sie es der Gemeinde zeigen (dominus prepositus et confessor cappati afferant crucem et portantes inter se per ecclesiam Vgl. zum Ablauf der Karfreitagsfeier Kap. 2.2.5 Das ›Exsultet‹ gehört zum Ursprungscodex (vgl. Kap. 3.1.2. zum Initialschmuck), aber bei der Erweiterung zum Propst-Handbuch wurde die zugehörige Rubrik überarbeitet, vgl. Kap. 3.3.1. 12 BÄRSCH, Osterfestkreis S. 176 mit Anm. 179. 13 Schemazeichnung auf fol. 36v, Abb. 12. Vgl. Kap. 3.2.3. zu den Schemazeichnungen und BÄRSCH, Osterfestkreis S. 177. 14 Vgl. zur theologischen Rechtfertigung der Einbeziehung der Laien Kap. 2.5.1. 15 Vgl. Kap. 2.5.3. zur Einbindung der Leisen in die lateinische Liturgie. 10 11

2.2. Der Propst

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vsque ante summum altere ibi permanendo stantes versus populum, fol. 61va). Von Propst und Beichtvater wird dann die Himmelfahrt Christi dadurch angedeutet, dass sie dreifach das Kreuz erheben und dabei jeweils im Wechsel mit dem gesamten Klerus die Antiphon ›Ascendo ad patrem meum‹ nach den Worten Christi aus dem Johannesevangelium (Io 20:17) singen. Nach dreimaliger Wiederholung wird das Kreuz auf den Altar gestellt und der Propst stimmt die Antiphon ›O rex gloriae‹ an, die in ein kleines Rollenspiel übergeht: Erst fragt ein Kleriker mit den Worten der Engel aus der Apostelgeschichte »Was schaut ihr, Männer von Galiläa«, 16 ein weiterer bestätigt den Jüngern in der Rolle Christi »Ich lasse euch nicht als Waisen zurück«,17 so dass in dem folgenden, wieder vom Propst intonierten Responsorium die Gruppe der Kleriker die angesprochenen Jünger repräsentiert, die mit dem Lobgesang ›Te decet laus‹ auf die Botschaft der Engel und Christi antworten. Danach umfasst die Aufgabe für den Propst noch, den Himmelfahrtsversikel ›Ascendit deus in iubilatione‹ anzustimmen; dafür ist im Propst-Handbuch nur der Teil bis zum mit Doppelpunkt gekennzeichneten Metrum, der Mittelzäsur, notiert; die Respons dagegen und wer sie sang, ist nicht mehr notiert. Diese elliptische Form der Aufzeichnung für die Gesangsanteile des Klerus ist auch sonst anzusetzen. Nur wenn der Propst auf das von anderen Vorgetragene musikalisch antworten musste, ist es vermerkt. Da sich dann ein Gebet und die Predigt anschließt, musste er hier nicht den Rest des Versikels kennen. Danach ist nur noch in einem Nachtrag notiert, dass zum Ausgang ein weiteres Responsorium gesungen wurde, ohne dass der Text oder die Musik dafür nachgetragen wären. Der Propst hält in dieser Form die Regieanweisungen für den gesamten Gottesdienstablauf in der Hand, mitsamt der dramatischen Einlage, die von ihm durch die Kreuzeserhebung in Gang gesetzt wurde. Die Kleriker in der Rolle der Jünger vertreten die Gemeinde. Die Nonnen werden nirgendwo erwähnt, aber in dem Moment, in dem sich der Propst mit dem Kreuz zur Gemeinde wandte, wurden er und das Kreuz auch für die oberhalb der Laien auf dem Nonnenchor sitzenden Frauen sichtbar, die der Choreographie am Hochaltar folgen konnten. Im Gebetbuch einer der Medinger Laienschwestern (BE3, fol. 136v) wird die Leise ›Christ, heiliger Gott‹ als Andachtsübung für die persönliche Andacht nach dem Mittagessen an Himmelfahrt empfohlen, 18 aber ob die Frauen auch während des

Antiphon ›Viri Galilaei quid aspicitis‹ (nach Acta 1:8) fol. 62vb. Antiphon ›Non vos relinquam orphanos‹ fol. 63ra. 18 Zur Adaptierung von liturgischen Wechselgesängen für die persönliche Andacht der Laienschwestern vgl. Kap. 2.4.2., zur Einbindung der Leisen in die Liturgie vgl. Kap. 2.5.3. 16 17

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2. Liturgie und Reform

Gottesdienstes mit dem populus in die volkssprachigen Antworten einstimmten, ist in dem Propst-Handbuch nicht vermerkt. Die Scholaren, die der Propst ausbildete, treten im Handbuch nur bei den Prozessionen in Erscheinung, vor allem bei der Palmsonntagsprozession (fol. 20ra). 19 Wenn den Rubriken genau Folge geleistet wurde, erforderte die Prozession sechs Scholaren: Zwei Scholaren singen bei dem Stationshalt, zwei weitere Scholaren singen und legen ihre Kleider vor das Kreuz und zwei weitere legen Zweige vor das Kreuz. Am Karsamstag singen sie einen Hymnus, während sich die Prozession zurückzieht (fol. 31rb). In der Gemeinschaft der Geistlichen während des Gottesdienstes nimmt der Propst also eine Stellung als primus inter pares ein, die sich darin ausdrückt, dass er die Gesänge anstimmt und als einziger durch sein Handbuch das Geschehen überblicken kann. Nur bei den Gelegenheiten, an denen der Bischof oder sein Stellvertreter in das Kloster kamen, wie bei der Nonnenkrönung, trat er seine Führungsrolle ab. Dafür verfügte Tilemann von Bavenstedt wohl über eine eigene Handschrift, die dann nach der Umgestaltung der Liturgie aufgrund der Einführung des Äbtissinnenamtes möglicherweise durch den Codex CA2 ersetzt wurde, der alle Rituale bis hin zur Äbtissinnenweihe enthält. 20 2.2.2.

Die Medinger Kirche

Die Anweisungen des Propst-Handbuchs sind auf die räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten Medingens bezogen. Die Nutzung des Sakralraums war durch den Doppelstatus der Medinger Klosterkirche bestimmt, die, wie in den anderen Lüneburger Klöstern, zugleich Pfarrkirche war. Da die Weltkleriker auch für die ortsansässige Gemeinde zuständig waren, 21 musste eine Lösung gefunden werden, den Laien eine Teilhabe an der Messe zu ermöglichen, ohne die Klausurbestimmungen zu verletzen, die ja in der Reform noch verstärkt worden waren. Die Klosteranlage, in der sich die Liturgie des Propst-Handbuchs vollzog, ist nicht erhalten, aber die Zeichnungen, die Gebhardi 1782 vor dem Abriss anfertigte (Abb. 1–5), vermitteln einen recht detaillierten Eindruck. Da sich die mittelalterliche Raumstruktur in den meisten anderen Lüneburger Klöstern erhalten hat, lassen sich auch nicht bildlich festgehaltene Details wie die baulichen LöZu den Scholaren bei der Palmenprozession BÄRSCH, Osterfestkreis S. 59. Zu den Unterschieden zwischen dem ›Rituale‹ und dem Propst-Handbuch vgl. die Ausführungen zur in beiden Handschriften enthaltenen Oblationsordnung, Kap. 2.3.2. 21 Nur wenige Frauenklöster waren offiziell in einen Ordensverband inkorporiert und hatten damit Anspruch auf Betreuung durch Ordensgeistliche. Die beiden AugustinerChorfrauenstifte Heiningen und Dorstadt, die offiziell in das Kapitel von Windesheim inkorporiert waren, bildeten eine Ausnahme, HENDRIKMAN, Tabellarium chronologicum Windeshemense. 19 20

2.2. Der Propst

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sungen für die Treppenaufgänge vom Kreuzgang, die Gestaltung der Altäre oder der Sichtschutz zum Kirchenraum rekonstruieren. Die Anlage scheint v. a. mit der in Ebstorf vergleichbar gewesen zu sein, die ebenfalls Ende des 14. Jahrhunderts als Gemeinde- und Klosterkirche mit einem großzügigen Nonnenchor angelegt wurde. Darüber hinaus weisen der Vorgängerbau in Altenmedingen und der Nachfolgebau in Medingen selbst trotz der ganz unterschiedlichen äußeren Gestalt auf gewisse funktionale Kontinuitäten hin.22 Die erhaltene gotische Kirche in der Vorgängergründung Altenmedingen (1241–1336) zeigt, dass bereits vor dem Umzug nach Medingen die Nonnen auf der Empore von dem Klerus im Chor und den Laien im Kirchenschiff getrennt waren. 23 An der räumlichen Trennung von Konvent, Geistlichen und Gemeinde wird noch im Neubau der Medinger Kirche von 1788 festgehalten. Die spätmittelalterliche Klosterkirche (errichtet 1333–1336), über deren wundersamen Bau auf Tafel 11 berichtet wird, 24 hatte eine Länge von 45,3 Metern. Besucher, die sich dem Komplex von Süden näherten (Abb. 1), konnten den Doppelstatus der Kirche bereits an der Fenstergliederung ablesen. Im Osten reichten die Chorfenster über die gesamte Höhe, der Westteil war zweistöckig gegliedert, mit größeren Glasfenstern im oberen Bereich für den Nonnenchor und niedrigen Fenstern bzw. im Mittelalter wohl teilweise Kapellen im unteren Bereich der Gemeindekirche. Im Innern war der Raum durch die Begrenzung des Nonnenchors fast exakt in der Mitte des Baus unterteilt. Der Grundriss (Abb. 4/5) zeigt einen achsensymmetrischen einschiffigen Bau, der im Osten wie im Westen einen 5/8-Schluss aufweist. Die anlässlich der Klosterreform für Frauenkonvente geforderte räumliche Trennung von Weltklerus und Nonnen während der liturgischen Feiern als Teil der Klausurvorschriften war also in Medingen bereits gegeben. Was die Stiftungen des späten 15. Jahrhunderts aber belegen, ist, dass nach 1479 die drei Grundbereiche stärker als eigenständige Räume ausgestaltet wurden. Tilemann von Bavenstedt ließ den Laienbereich unter dem Nonnenchor einwölben; vielleicht ging das mit einem steinernen Ausbau des Nonnenchors einher. 25 Doch selbst wenn die Gewölbe nur eine bestehende 22 Das Folgende nach PFEIFFER, Tradition und Veränderung S. 386–387, der sich auf Lyßmann, die Grundrisse und Ansichten bei Gebhardi, den 1738/40 entstandenen Special-Plan von Landbaumeister Otto Heinrich von Bonn und Mittigs Forschungen in seiner grundlegenden Monographie über die neue Klosteranlage stützt. 23 Niedersächsisches Klosterbuch S. 356. 24 Zur Maurerhilfe der Engel und ihrem Leisengesang vgl. die Abbildung Kap. 2.1.2. 25 So die Vermutung von PFEIFFER, Tradition und Veränderung S. 386: »Die ursprünglich wohl hölzerne Empore wurde 1483 durch eine steinerne Konstruktion über einem Gewölbe ersetzt; Lyßmann beschrieb diese 1772 als einen ziemlich kostbaren Bau über einem schönen starken Gewölbe, beide kurz vor dem Brand nach seiner Einschätzung noch in gutem Stande.«

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2. Liturgie und Reform

Konstruktion ausschmückten, wurde damit dieser Bereich deutlicher als Sakralraum markiert. Vor allem aber wurde der Nonnenchor zu einer vollwertigen Kirche in der Kirche ausgestaltet, die sogar über eine eigene Orgel verfügte. 26 N

Zugang zum Nonnenchor vom Kreuzgang 85 75. Chorgestühl 76

79. Thron der Äbtissin

73. Altar des Nonnenchors

77 81

80

72 82

83

13. Nonnenchortreppe

Nonnenchor auf dem Obergeschoss der Medinger Klosterkirche (Abb. 5)

Der Nonnenchor musste groß genug sein, um alle Nonnen, puellae coronatae und an Festtagen auch Konversenschwestern aufzunehmen; nach dem Ablassbrief von 1481 waren das zu dem Zeitpunkt 71 Nonnen, 14 puellae coronatae und 12 Konversenschwestern. Es ist anzunehmen, dass die bei Gebhardi eingezeichneten Sitzmöglichkeiten umfassten, darunter den 1703 renovierten, aber sicherlich mittelalterlichen »Äbtissinnen Thron der auch an der Wand hinauf bis zu einen Himmel von alten Schnizwerk mit grünen Laken bekleidet ist« (Nr. 79) und »Sitze mit grunem Laken für die Conventualinnen und andere für Schulfraulein und Bedientinnen die den Chorstunden beiwohnen müssen« (Nr. 75). Die Form der Sitze zeigt, dass es sich um Chorgestühl handelte, das doppelreihig an der Wand mit Lücken bei den Fenstern und dem Zugang zum Nonnenchor aufgebaut war, was der mittelalterlichen Anordnung etwa in Wienhausen oder Ebstorf entspricht. Die unter Nr. 72 genannten »Kirchen Banke der Klosterfräulein und ihrer Bedintinnen«, die direkt an der Emporenbrüstung standen, um so den Gottesdienst mit Blick auf das Geschehen im Altarraum verfolgen zu können, sind wohl neuzeitliche Zusätze.

26 Zur Sondergenehmigung für die Orgelnutzung auf dem Nonnenchor vgl. Kap. 2.1.4. und 2.3.3.

2.2. Der Propst

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Dank seiner reichen Ausstattung konnte es der Nonnenchor mit dem Chorraum im Osten aufnehmen, selbst wenn man nur die noch im 18. Jahrhundert bezeugten Altäre, Bilder und Statuen berücksichtigt. An erster Stelle verzeichnet Gebhardi zahlreiche kleine Andachtsbildwerke, die in Nischen an der Westseite der beiden Pfeiler (Nr. 76–77) standen, auf denen das Kreuzrippengewölbe des Westabschlusses aufruhte, die Gebhardi mit gestrichelten Linien in den Plan einzeichnete. Direkt in Sichtweite der Äbtissin und der ihr nächstsitzenden Nonnen bezeugt Gebhardi: »eine Verkundigung Mariä graviert von Holz; bey 77. ist S. Anna die Maria vor sich stehen hat Sec. XV. gemahlt, darunter eine sehr zierliche von Alabaster die Maria und Christum abbildet und endlich ganz tief eine kleine hölzerne schlechte Gruppe nemlich eine im bette liegende saugende Maria darin und des Christkindleins Kopf beweglich ist.« 27

Zwischen den Pfeilern befand sich auf der Ostseite das Zifferblatt der Uhr für die Kirche, die mit der Turmuhr ein gemeinsames Werk hatte. Die weiteren aufgezählten Bildwerke scheinen alle spätmittelalterlich zu sein: über dem Chorgestühl in der südwestlichen Ecke eine »Große Altartafel mit 2 Flügeln worin die Apostel von Holz in 2 Reihen Ehlen hoch« (Nr. 80), daneben in einer Wandnische, »worin eine hölzerne Gruppe der Verkündigung Marien« (Nr. 81) und in dem gleichen Wandabschnitt »Gemälde eines mit Wunden bedekten Heilandes in Lebensgröße schlecht gemahlt« (Nr. 82). 28 Zwischen den beiden Fenstern an der Südseite hing über dem Chorgestühl noch ein »Altarblad mit geschnitzten Aposteln Sec. XIV« (Nr. 83.), ihm gegenüber ein großer hölzerner Kruzifix (Nr. 85). So lässt sich doch immerhin ansatzweise die Ausstattung der Klosterkirche mit ihren Schwerpunkten von Marien-, Mauritius- und Apostelverehrung erkennen. In den Altären und der Ausstattung einer Kirche dokumentiert sich die geistliche Ausrichtung und die besondere Zugehörigkeit eines Konvents, wie sich in Medingen sowohl in den Tafeln zur Klostergeschichte wie in den Heiligen-Orationalien spiegelt. 29 Wie vor- und nachreformatorische Kunstwerke nebeneinander und miteinander im 18. Jahrhundert den Chor füllten, zeigt der Eintrag zu den kleineren Gemälden über dem Chorgestühl bei Nr. 83, bei denen ein Christuskopf von 1504 und ein Cranach-Gemälde zwischen »schlechten Möglicherweise war das dafür gedacht, die Figuren bekleiden zu können, KLACKEITZEN, Heilige Röcke S. 24. 28 Vgl. die beiden Schmerzensmann-Triptychen vor der Schranke der Nonnenempore in Ebstorf. 29 Zu den Klosterpatronen in den Tafeln vgl. Kap. 2.1.2., zu den Heiligen-Orationalien vgl. das Verzeichnis in 6.2. Für Wienhausen ist ebenfalls die Aufnahme der Altarpatrozinien in die Orationalien bezeugt, vgl. Wol 1297, Abb. 154 in BRAUN-NIEHR, Andachtsformen S. 270. 27

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2. Liturgie und Reform

und neuen« Bildchen und Kupferstichen mit biblischen Themen hingen. 30 Eine weitere großformatige mittelalterliche Darstellung war eine Ölbergszene, flankiert von Bernhard von Clairvaux und Maria (Nr. 84), eine Lüneburger Stiftung aus der Zeit der Reform, 31 bei der 1677 der beigegebene Text übermalt wurde, wohl weil der Inhalt als ›papistisch‹ empfunden wurde. 32 Auch der Altar auf dem Nonnenchor erfuhr eine nachreformatorische Umarbeitung, indem ein Abendmahlsgemälde 1694 in den Schnitzaltar eingefügt wurde (Nr. 73). Auf den Nonnenchor gab es zwei Zugangsmöglichkeiten. Die erste führte über die Treppe vom Chorraum im Kirchenschiff (Nr. 13), über die beispielsweise der Propst am Aschermittwoch hochstieg und auf der die Eltern ihre Töchter zur Oblation trafen. 33 Für die Nonnen ging der Zugang zur Klausur über den doppelstöckigen Kreuzgang; die Türöffnung ist noch auf der Zeichnung der Klosterkirche von Norden (Abb. 3, Nr. 6) erkennbar. Den Konversen wird in ihren Statuten verboten, den Weg über den Nonnenchor als Abkürzung zwischen Klausurbereich (wo u. a. dat Süstern schlaphus lag) 34 und ihrem Arbeitsbereich, der jenseits des Klosterhofs lag, zu nehmen. In die Kirche selbst gab es auch zwei Eingänge: in der Südostecke des Kirchenschiffs zu dem Laienbereich und auf der Nordseite der Kirche zum Kreuzgang. 35 Wofür das durch eine Mauer vom Kirchenraum abgeschlossene, aber eingewölbte Westende gebraucht wurde, ist

30 »An den Sitzen bey 83 sind an der Wand kleine Gemelde und Kupferstiche von biblischen Geschichten in Ramen gefasset aufgestellet. Diese sind alle schlecht und neu, außer einen Christuskopf mit Oehlfarben von 1504 und dies oben beschrieben von Kranach.« 31 »84. ein großes Gemälde mit Langen und Schomaker Wapen und an den Seiten mit Mariæ und S. Bernhards bilde stellet den Heiland am Oehlberg vor ist alt aber 1677 so renovirt daß die alte Schrift Manir und Farbe vollig verdekt ist.« Es handelt sich wohl um das Allianzwappen des Ehepaars Gebeke Schomaker und Cord Lange, dem Procurator des Klosters, das sich auch auf dem 1486 gestifteten Trinkhorn des Lüneburger Ratssilbers fand. Mit Dank an Sabine Wehking für die Vorabinformation aus dem Band ›Inschriften der Stadt Lüneburg‹. 32 LYSSMANN S. 169 berichtet, dass eine andere mariologische Inschrift im Kloster aus diesem Grund ebenfalls im späten 17. Jahrhundert übermalt wurde. 33 In CA2 dahingehend abgeändert, dass die Eltern nicht mehr die Treppe hinaufstiegen, sondern zur Sakristei gingen, vgl. Kap. 2.3.2. 34 HOMEYER, Statuten S. 34. 35 Abb. 3, Nr. 5; Abb. 4 GEBHARDI: »Gemaur des alten Klosters dessen Haupteingang bey 61 gewesen ist«. Im Kreuzgang bei den Ziffern 50–60 Äbtissinnengrabsteine u.a. die der beiden ersten Äbtissinnen Margarete Puffen (Nr. 59) und Elisabeth Elvers (57) und der ersten bürgerlichen Äbtissin Anna von Laffert (54). Bei Nr. 64 und in allen Blenden des oberen Kreuzganges standen Wandschränke.

61

2.2. Der Propst

nicht klar. 36 Aus dem Bereich für die Laien unter der bis zur Kirchenmitte reichenden Nonnenempore ging es einige Stufen hoch zu dem Chorraum. Doppelstöckiger Kreuzgang

3. Sakristei

1. Altar

13. Nonnenchortreppe Laienbereich unter dem Nonnenchor |

Stufen Chorraum für die Kleriker

Grundgeschoss der Kirche in Medingen (Abb. 4)

Die Kirche bildete die Südwestecke eines relativ geschlossenen Gebäudekomplexes um einen zweistöckigen Kreuzgang, der sich zu einem an vier Seiten umschlossenen Innenhof öffnete, in dem auch die Begräbnisstätte des Konvents, der Fraulein Kirchhof (Abb. 3, Nr. 10), lag. Der Nordflügel des Kreuzgangs lag auf der Ost-West-Achse, die jetzt das Konventsgebäude bildet. Um den Kernbereich herum befanden sich weitere Wirtschaftsgebäude, deren lockere Anlage aus gut 20 einzelnen, großenteils miteinander verbundenen Gebäuden bestand. Sie ist noch auf dem Stich von Merian an den ganz unterschiedlichen und variierten Dachformen erkennbar. 37

Klosteranlage Medingen (Merian 1654)

Die Konversen nutzten auch ein separates Werkhaus östlich vom Nordflügel des Kreuzgangs (Abb. 6, Nr. 17), in dem sie sich für die häuslichen ArZu Gebhardis Zeiten als »Kalk-Magazin« benutzt. Vielleicht war es das mehrfach erwähnte Paradies, an dem die Prozessionen Station machten, vgl. Kap. 2.3.3. 37 Matthäus Merian, Topographia Braunschweig Lüneburg S. 154. Das Fürstenhaus mit Renaissancefassade und hohen Giebel links von der Kirche wurde erst 1541 errichtet. 36

62

2. Liturgie und Reform

beiten trafen; die Türhüterin hatte die Aufgabe, sie am Abend wieder in den Klosterbereich einzulassen. 2.2.3.

Das Propst-Handbuch als ›Liber Ordinarius‹

Der Propst hatte für die Umsetzung der geistlichen und liturgischen Angelegenheiten der Klosterreform zu sorgen, die auf eine Vereinheitlichung abzielte, wie sie der Zisterzienserorden bereits seit dem 12. Jahrhundert anstrebte. Der direkten Übernahme des entsprechenden Reformordinarius 38 in den Lüneburger Klöstern stand aber entgegen, dass sie auch nach der Reform rechtlich dem jeweiligen Bistum unterstellt waren. Das PropstHandbuch ist ein Produkt dieses Spannungsverhältnisses zwischen der Diözesanliturgie des Klerus und der Zisterzienserliturgie der Monialen. Es ist genau der Aspekt des Regelwerks für eine ganz spezifische kirchliche Situation, die im Besitzeintrag festgehalten wird, wenn von dem Band als ›Liber Ordinarius‹ gesprochen wird. 39 ›Libri Ordinarii‹ traten erstmalig als Buchgenus an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert auf. 40 Eine Handschrift von 1208 typisiert dieses neue Genus als liber in quo continetur quid et quando et quomodo cantandum sit vel legendum, chorus regendus, campanae pulsandae, luminare accendendum (»Buch, in dem enthalten ist, was und wann und wie zu singen und zu lesen ist, wie der Chor zu leiten, die Glocken zu läuten und die Kerzen zu entzünden sind«). 41 Alle diese Punkte werden im Medinger ›Liber Ordinarius‹ abgehandelt, von den Gesängen über die Gebete, Anweisungen für den Chor bzw. die verschiedenen an der Messe beteiligten Gruppierungen bis hin zu den Anweisungen zur Läuteordnung (fol. 29ra, 47r, 47vv/b) und zur Schemazeichnung für das Entzünden der Osterkerze (Abb. 13, fol. 37r). Auch sonst entspricht er den vier Grundkriterien eines ›Liber Ordinarius‹: Geltungsbereich für eine ganz bestimmte Kirche, Informationen zu verschieFür die Bursfelder Reform war das der ›Bursfelder Ordinarius‹ (erste Fassung 1451), für die Windesheimer Reform der ›Ordinarius Windeshemensis‹. »Die Neufassung des Liber ordinarius mußte, um die erstrebte conformitas zustandezubringen, Partikulargewohnheiten einzelner Abteien beseitigen und die liturgischen Besonderheiten mehrerer Bistümer überwinden.« MERTENS, Bursfelder Liber ordinarius S. 728. 39 Ordinarius ecclesie sancte Marie virginis et sancti Mauricij in Meding (fol. 1r), vgl. die Definition bei LOHSE, Liber Ordinarius S. 126: es ist ein »Regelwerk, in dem festgehalten wurde, was im Laufe des Kirchenjahres beim Stundengebet und in der Messe in welcher Reihenfolge von wem vorzutragen sei«. 40 Zu Geschichte, Terminologie, Funktion und Typologie des ›Liber Ordinarius‹ vgl. LOHSE, Stand und Perspektiven S. 215. Als »unfester Text« konnte die Zusammenstellung eines solchen Regelwerks je nach Entstehungszeit und -kontext stark differieren und unterschiedliche Texte und Ausschnitte aus den liturgischen Abläufen des kirchlichen Jahres einer Gemeinschaft enthalten, vgl. ›Heiliger Raum‹, hg. von Kohlschein. 41 Zitat nach BÄRSCH, Liber Ordinarius S. 21. 38

2.2. Der Propst

63

denen Feierformen, Notate vorwiegend nur von Incipits der liturgischen Texte und bescheidene Ausstattung als Gebrauchshandbuch. 42 Typisch für die Gattung ist auch die Verbindung zur Reform. 43 Der Medinger ›Liber Ordinarius‹, bei dem alle über die Grundgebete und -gesänge hinausgehenden Anweisungen und Texte in die großangelegte Erweiterung eingetragen sind, die mit der Reform von 1479 zusammenhängen, entspricht diesem Muster. Die Eigenheit des Propst-Handbuchs wird aber anhand einiger Abweichungen sichtbar. Obwohl viele liturgische Texte nur in der Form von Incipits angegeben sind, werden wichtige liturgische Handlungen des Propstes und seiner Priester voll ausgeschrieben und notiert. 44 Der Codex wurde auch wohl nicht nur als Nachschlagewerk, sondern während der Liturgie benutzt. 45 Mittelalterliche ›Libri Ordinarii‹ aus Pfarrkirchen haben sich nur sehr selten erhalten, so dass die Hinweise auf das ›Ordinarium Verdense‹ und auf die Einbeziehung von Laien in die Liturgie eine wichtige Quelle für die Pfarrliturgie darstellen. 46 Das macht die einem ›Liber Ordinarius‹ entsprechenden liturgischen Teile des Handbuchs ebenso bemerkenswert wie die Verweise auf die in die Pfarrliturgie integrierte Klosterliturgie der Zisterzienserinnen und den ›Ordo cisterciensis‹. 47 Aus beiden in Medingen aufeinander abgestimmten Liturgien fließen Besonderheiten in die Rubriken ein. Zweimal geht es dabei um elaborierte Gesänge. 48 So werden bei dem Prozessionshalt zur Kerzenweihe an Mariä Reinigung die verzierten Schlussfloskeln am Ende jedes Textabschnitts der Antiphon ›Responsum accepit Symeon‹ nach der Verdener Ordnung gesungen: cantores cantent finales ordine suo (fol. 9va). In der Antiphon selbst sind die finales optisch durch vertikale Striche zu Beginn und Ende jedes Melismas hervorgehoben. Diese bekannte Prozessionsantiphon steht auch in Wienhäuser (Zisterzienser) und Heininger (Windesheimer) Handschriften. 49 Die längsten und häufigsten Melismen findet man in der Verdener BÄRSCH, Liber Ordinarius S. 22–24. BÄRSCH, Liber Ordinarius S. 25. 44 Der ›Liber Ordinarius‹ des Doms von Salzburg (12. Jahrhundert) verzeichnet ebenfalls Musiknotation und enthält das Incipit von ›Christ ist erstanden‹ mit Neumen. 45 Zu dieser Unterscheidung BÄRSCH, Liber Ordinarius S. 23. 46 Zur Forschungslage BÄRSCH, Liber Ordinarius S. 31–32. EICHLER, Rituale der Schollbrunner Pfarrkirche St. Ägidus. Zur Rolle der Laien vgl. Kap. 2.5.1. 47 Zur Rolle der Nonnen und der Zisterzienserordnung vgl. Kap. 2.3.3. 48 Vgl. zur Ausführung der Gesänge Kap. 2.2.1. und zur Notation Kap. 3.1.3. 49 Die Frage der Position der Medinger Gesänge in der niedersächsischen Klosterlandschaft kann hier nur kurz angerissen werden. Grundsätzlich ergeben sich bei dieser Frage schon methodische Probleme, weil die Überlieferungssituation der (liturgischen) Musik aus niedersächsischen Klöstern bisher nur ansatzweise erfasst und untersucht ist. An neuerer Literatur sei genannt: ALTSTATT, Kloster Preetz; HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge. Dazu kommen die GGdM. Für das Projekt Rekonstruktion und Erforschung 42 43

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2. Liturgie und Reform

Fassung, wie ein punktueller Vergleich der ersten und letzten Zeile dieser Antiphon mit zwei Zisterzienser-Prozessionalien und zwei Windesheimer Prozessionalien zeigt. 50 Medingen (diözesan)

Zisterzienser-Prozessionalien 51

Windesheimer Prozessionalien 52

Das große Schlussmelisma am Ende der Antiphon im Propst-Handbuch erscheint in keiner der beiden Reformvarianten: Medingen (diözesan)

Komplexer wird es noch bei dem Lobgesang am Ostermorgen, bei dem zwei Solosänger den Tropus ›Postquam factus homo‹, der eigentlich nach der Diözesanliturgie nicht gesungen wurde, sich aber in den Frauenklöstern hielt, 53 zum Introitus vortrugen, der der Verdener Ordnung folgte (canant sollempniter tropum duo cantores Postquam factus homo. super introitum Resurrexi. secundum ordinarium verdense, fol. 49rb). Schließlich wird bei den feierlichen Prozessionen, die an Marienfesten außer Mariä Empfängnis abniedersächsischer Klosterbibliotheken des späten Mittelalters, bearbeitet von Britta-Juliane Kruse, hat Ulrike Hascher-Burger die notierten Gesänge dieser Handschriften in einer nicht öffentlichen Datenbank gesammelt. 50 Verzeichnet sind die melodischen Differenzen zwischen den verschiedenen Fassungen am Beispiel des ersten und letzten Abschnitts der Antiphon, der Text ist nur bei der Medinger Variante wiedergegeben. 51 Wie 34, fol. 2r und Wie 37, fol. 9v (eine Quinte höher notiert). 52 Wol 875, fol. 11r (Heiningen) und Wol 1379, fol. 7v (Provenienz unbekannt). Die Übereinstimmung der Lesart dieser beiden Quellen mit der eines Prozessionale aus dem Windesheimer Kloster Soeterbeeck (Nijm 451, fol. 99r) belegt eine Windesheimer Provenienz für beide Prozessionalien. 53 HAUG, Musikhistorische Prozesse S. 439 (Abb. 201).

2.2. Der Propst

65

zuhalten sind, auf die Verdener Ordnung verwiesen, die zugrunde zu legen ist (In omnibus festiuitatibus beate virginis excepto festo concepcionis eius fiat processio sollempnis secundum ordinarium verdense. fol. 66rb). Zweimal werden direkt nach der Verdener Version zisterziensische Segensgebete hinzugefügt. Zur Kerzensegnung an Mariä Reinigung nach der Verdener Ordnung wird ein Segensgebet nach der Zisterzienserordnung angehängt (Explicit secundum ordinarium verdensem. Sequitur benedictio secundum ordinem Cisterciensem, fol. 11rb), und ebenso folgt nach dem kurzen Segensgebet für die Palmzweige am Palmsonntag nach der Verdener Ordnung noch die zehnfach längere entsprechende Segnung mit dem gleichen Incipit nach der Zisterzienserordnung (Explicit benedictio ramorum secundum ordinarium verdense. Sequitur benedictio in ordine Cisterciensi consueta. fol. 24rb). Beide Gebete entsprechen dem Zisterzienser-Normcodex, der angefertigt wurde, um die von den Zisterziensern schon seit der Gründung angestrebte liturgische Einheitlichkeit und Korrektheit zu garantieren. 54 Ein weiterer Zusatz zum ›Missale Verdense‹ (fol. 76va) ist der Psalmvers ›Haec est dies‹ (fol. 53ra) zur Communio-Antiphon ›Pascha nostrum immolatus‹, eine im späten 15. Jahrhundert sonst nicht mehr übliche Praxis. 55 Es musste aber nicht alles geändert werden, sondern an vier Stellen wird ausdrücklich von der Hand der Erweiterungsschicht vermerkt, Handlungen sollten nach der gewohnten Ordnung (solito more) verlaufen. Im Zusatz zur Kerzenweihe an Mariä Reinigung heißt es, die Besprengung zur Kerzensegnung folge weiterhin dem bisherigen Brauch (Ad benedictionem cereorum in purificacione primo fiat aspersio solito more, fol. 2v). Analog wird die Weihe der Palmzweige durch den Propst und seine Assistenz nur in Kurzform eingetragen, da sie nach bekanntem Muster verlaufen soll (Post terciam prepositus preparatus cum ministris peragat aspersionem solito more, »Nach der Terz soll der dafür bereitete Propst mit der Assistenz die Besprengung auf gewohnte Weise durchführen« fol. 12va). Auch in den beiden Rubriken zur Karfreitagsfeier ermöglicht es die Formel, bekannte Inhalte kurz abzuhandeln. 56 Für diese der diözesanen Liturgie verpflichteten Anweisungen ist die Textüberlieferung in einer Inkunabel greifbar, die ein unnotiertes Missale 54 Dijon 114, fol. 143vc–144ra bzw. 145vc (Das Initium ist leicht abweichend Deus inestimabilis potentię statt pietatis wie auf fol. 11rb). 55 Hierzu HILEY, Western Plainchant S. 116. In anderen Lüneburger Klöstern sind Offertoriumsgesänge mit Versus anzutreffen, die im Allgemeinen nach dem 12. Jahrhundert nicht mehr anzutreffen sind (HILEY, Western Plainchant S. 121). Ein Gradualefragment aus dem 15. Jahrhundert aus Kloster Lüne enthält drei Offertorien mit Versus. Lü 10, fol. 1r: Off. Scapulis suis obumbrabit,  Dicet domino susceptor meus; fol. 1v: Off. Revela oculos meos, Legem pone michi domine; fol.2r: Off. In te speravi domine,  Illumina faciem tuam, HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 51. 56 Fol. 26va und 28ra, vgl. Kap. 2.2.5.

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2. Liturgie und Reform

für mehrere Diözesen, darunter Verden, enthält. 57 Dagegen sind nur wenige notierte Liturgica aus Verden bekannt, obwohl es den Urkunden während des Pontifikats Bischof Bertolds von Landsberg (1470–1502) nach zu schließen zu einer starken Vermehrung der Bestände der Dombibliothek kam. 58 Fünfzehn Fragmente liturgischer Handschriften des 11.–15. Jahrhunderts aus dem Aktenarchiv der Dombibliothek, die möglicherweise aus Beständen der ehemaligen Dombibliothek stammen, liegen heute im Staatsarchiv Stade, enthalten aber keine Gesänge des Propst-Handbuchs. 59 Der Medinger ›Ordinarius‹ präsentiert also, anders als ein vollständiger ›Liber Ordinarius‹ 60 oder ein Missale, eine ganz spezielle, auf die Medinger Situation zugeschnittene Auswahl jener Riten, die vom Propst zelebriert wurden. 61 Man muss also bei der Lektüre weitere liturgische Abläufe mitdenken, die, auch wenn sie im Handbuch nicht aufgeschrieben wurden, stattgefunden haben und ohne die die aufgezeichneten Gesangsstücke und Gebete nicht verständlich sind. 2.2.4.

Liturgische Feste im Propst-Handbuch

Das Propst-Handbuch ist nach der Festordnung des Kirchenjahres aufgebaut. Das Grundgerüst dafür boten die Benediktionen und Gesangsstücke des Ursprungscodex’, darunter drei vollständig notierte lange Stücke, die teilweise quer über die ganze Seite geschrieben sind. An Mariä Reinigung, Palmsonntag und Karsamstag werden Präfationen gesungen und am Karsamstag stimmt der Propst das ›Exsultet‹ an, dessen Wurzeln bis in die gallikanische Liturgie des frühen Mittelalters zurückreichen. 62 Dieses Lob der Osterkerze ist ähnlich aufgebaut wie eine Präfation, seine Melodie jedoch 57 Missale secundum morem Magdeburgensem, Halberstadensem, Brandenburgensem, Verdensem, aliarumque multarumque ecclesiarum. Magdeburg: Koch 1486. Exemplar Oxford, Keble College Library, Special Collections, Brooke 239, abgekürzt als MV. An das Missale schließt sich ein Ordo Verdensis an, der einige für die Verdener Liturgie spezifische Hinweise enthält (18 Folia). 58 Die Bibliothek wurde verstreut und ihre Geschichte ist bisher unerforscht, MINDERMANN, Verden S. 1439. 59 Stade Rep. 1003, Nr. 109 und 136–151. Hierzu und zum Verbleib weiterer unnotierter Liturgica und Bibeln MINDERMANN, Verden S. 1439 und 1441. Die Verdener Liturgie ist bruchstückhaft auch in liturgischen Fragmenten aus anderen Lüneburger Klöstern erhalten, etwa die Liturgie der Nonnenkrönung aus dem Kloster Lüne, Lü 14. 60 Etwa der Essener ›Liber Ordinarius‹, dessen Osterfestkreis von Jürgen Bärsch ediert wurde, vgl. auch die Gegenüberstellung der Schemazeichnungen Kap. 3.2.3. 61 Dagegen wurde beispielsweise der ›Liber Ordinarius‹ aus dem AugustinerChorfrauenstift Heiningen aus der Perspektive der Frauen konzipiert und enthält entsprechend auch viele Hinweise auf liturgische Aktivitäten der Frauen. Bei LUTZ, Identität S. 47–57, ein Vergleich mit dem Medinger Ordinarius S. 49. 62 FUCHS / WEIKMANN, Exsultet S. 17–19.

2.2. Der Propst

67

ist in manchen Traditionen weit stärker ausgearbeitet. 63 Im Medinger Handbuch allerdings ist auch das ›Exsultet‹ wie eine Psalmodie streng syllabisch und ohne weitere Ausschmückungen gehalten. Notierte Präfationen im Propst-Handbuch Fest

Rubriken (von Hand 1)

6ra

Fol.

Mariä Reinigung

14vb

Palmsonntag

31v

Karsamstag

Uere dignum et iustum est equum et salutare. Nos tibi deo omnipotenti rerumque omnium creatori laudes assiduas personare… Uere dignum et iustum est equum et salutare. Nos tibi semper et ubique gracias agere domine sancte pater om(15ra)nipotens eterne deus… 64 Exultet iam angelica turba […] (33v) Vere dignum et iustum est. inuisibilem deum patrem omnipotentem. filiumque eius vnigenitum dominum nostrum ihesum christum toto cordis ac mentis affectu. et vocis ministerio personare… Vere dignum et iustum est equum et salutare. Nos tibi semper et ubique gracias agere domine sancte pater omnipotens eterne deus…

40r

Das ›Exsultet‹ umfasst den Prolog (fol. 31v) und die eigentliche Präfation (fol. 33v) mit Segnung der Osterkerze. Nach den alttestamentlichen Lesungen 65 folgt eine zweite Präfation zur Taufwasserweihe (fol. 40r). Das ›Exsultet‹ und die sich anschließende Präfation stehen auch im Verdener Missale, auf die Taufwasserweihe wird nur in einer kurzen Rubrik hingewiesen. 66 Um diesen Grundstock wird der Festkalender des Propst-Handbuchs aufgebaut. Es werden keine weiteren ausführlichen Präfationen aufgenommen, sondern viele der hinzugefügten Gesänge beschränken sich auf die Angabe von Incipits. Dafür wird das vorhandene Material systematisch durch Rubriken erschlossen 67 und in eine Kirchenjahresordnung eingefügt. Alle Rubriken zur Angabe des liturgischen Orts stammen (mit Ausnahme HILEY, Plainchant S. 49–52. Auf S. 52 ein Vergleich des ›Exsultet‹ in einer Pariser Quelle und einem Graduale Sarisburiense. 64 Der Beginn der Präfation auf fol. 14vb steht auf einem neuen Blatt, ist hierher aber von dem alten Blatt fol. 13vb kopiert, um weitere Gebete einschieben zu können; der Rest der Präfation steht auf Blättern, die zum Ursprungscodex gehören. 65 Nach dem ›Missale Verdense‹ fol. 73v–75v sind vier bzw. als ›Officium maius‹ 12 Lektionen vorgesehen. 66 ›Missale Verdense‹ fol. 75va: Deinde consecratur baptismus. In Hameln 353 (Missale mit notierten Präfationen) ebenfalls nur das ›Exsultet‹ (fol. 84v und 85r); die allgemein bekannte Taufwasserweihe lediglich in Rubrik erwähnt (fol. 87v: Sequitur benedictio fontis), vgl. Der Katholische Pfarrgottesdienst S. 594AA–594EE (mit Dank an Beate BraunNiehr). 67 Die Präfationen fingen jeweils ohne Überschrift am oberen Seitenrand an. 63

68

2. Liturgie und Reform

von fol. 3r) von Hand 2, ebenso wie alle Angaben zu Handlungen des Propstes, Prozessionen und Elementen der Diözesan- oder Zisterzienserliturgie. 68 Dadurch ergibt sich eine neue Ordnung für die Benediktionen und Gebete: Durch Rubriken hervorgehobene Festtage im Propst-Handbuch Fol.

Fest

1va 2r 2v 3rb 11vb 11vb 12rb 25vb 26va 29rb 47va 49rb 58va

Weihnachten

58va 64rb 64rb 64va 65va 66va

Rubriken (von Hand 2 bis auf fol. 3r)

In sacratissima nocte natiuitatis domini nostri ihesu cristi […] Prima missa Mariä Reinigung Ad benedictionem cereorum in purificacione […] In purificacione sancte marie. benedictiones luminum (alt) In capite ieiunij post Collectam […] Aschermittwoch Mariä Verkündigung In sacratissima die dominice annunciacionis […] In dominica palmarum ordo ad benedicendum ramos Palmsonntag In cena domini post primam missam […] Gründonnerstag In parasceue inchoante hora nona […] Karfreitag In sacratissimo et altissimo sabbato sancto Pasce […] Karsamstag In sacrosancta ac victoriosissima nocte resurrectionis […] Osternacht Ad missam matutinalem […] Ostersonntag Bitt-Tage In rogacionibus fiat processio secundum consuetudinem ecclesie per triduum eodem ordine […] In die ascensionis domini post prandium […] Himmelfahrt Fronleichnam In die sollempnitatis sacramenti altaris fiat processio sollempnis […] Mariä Heimsuchung In die visitacionis Marie erit processio In assumpcione gloriose virginis dei genitricis Marie benedictio Mariä Himmelfahrt herbarum In assumpcione fiat processio sollempnis cum aspersione (Nachtrag) Mauritius In sancto die beatissimorum patronorum huius ecclesie sancti Mauricij sociorumque eius fiat processio sollempnis […] Nachtrag Bitt-Tage In rogacionibus cantetur

Mit einem Blattweiser und einem Paragraphenzeichen sind mehrere Nachträge und Querverweise für die dreitägige Bittprozession vor Himmelfahrt (fol. 58va) eingetragen. Nach dem ausführlicheren Eintrag zum Fest des Klosterpatrons Mauritius beginnen auf fol. 66va Texte zur Prozession an den Bitt-Tagen in der Folge der Allerheiligen-Litanei, bei denen die anderen Mitglieder des Medinger Heiligenhimmels mit Maria, dem Erzengel Michael, Johannes dem Täufer und den Aposteln, die als besondere Schutzpatrone der Nonnen galten, durch Rubriken hervorgehoben sind. 69 Ohne 68 Vgl. schematische Übersicht der Gliederung in Kap. 3.1. und ausführliche Diskussion der Erweiterungen mit Lagenzeichnungen in Kap. 3.3. 69 De beata virgine, De angelis, De sancto iohanne baptista, De apostolis, De confessoribus.

2.2. Der Propst

69

eigene Überschrift fügen sich die auf Märtyrer und Jungfrauen bezogenen Gesänge und Gebete entsprechend der Abfolge der Heiligenstände in der Litanei ein. 70 Im zweiten Teil des Handbuchs ist dagegen der Ursprungcodex mit weit weniger medingen-spezifischen Zusätzen angereichert. Er umfasst Krankensalbung, Begräbnis und Totenoffizium. Nur die ersten beiden sind von der Hand 1 durch Rubriken markiert, das Totenoffizium mit Vigil, Vesper, Matutin, 2. Nokturn, 3. Nokturn und Laudes schließt sich übergangslos an. Rubriken für das ›Rituale‹ im Propst-Handbuch Fol.

Anlass

73va 81va 92va

Krankensalbung Begräbnis Totenoffizium

Rubriken (von Hand 1) Ordo ad visitandos et vnguendos infirmos Commendaciones mortuorum post missam -

Es ist gut möglich, dass geplant war, das Propst-Handbuch noch um weitere rituelle Handlungen zu ergänzen. So steht nach der Taufwasserweihe als Marginalie der Eintrag de crismate vacat; daneben sind fünf Zeilen im Text leer geblieben. An dieser Stelle sollte die Chrismation des Taufbeckens erfolgen. 71 Insgesamt konnte aber der Propst aus der bearbeiteten Zusammenstellung alle Informationen entnehmen, die für eine Feier in der Medinger Kirche notwendig waren, die den Klerikern ebenso wie Nonnen und Laien angemessen war. Das soll exemplarisch an der Analyse der liturgischen Feier des Karfreitags gezeigt werden. 2.2.5.

Karfreitag im Propst-Handbuch

Am Karfreitag steht der Mitvollzug des Passionsgeschehens im Mittelpunkt des Gottesdienstes. 72 Obwohl die Liturgie im Propst-Handbuch nur wenige Spalten (fol. 26va–29ra) umfasst, lässt sich hier das Ineinandergreifen der verschiedenen Traditionen und das Zusammenwirken aller Gruppen in Medingen besonders deutlich zeigen. Der Text nimmt die zweite Hälfte der vollständig neuen Lage 3 ein, die zwischen die aus alten und neuen Blättern zusammengesetzte Lage 2 und die vollständig alte Lage 4 eingefügt ist. Dabei ist davon auszugehen, dass der Karfreitag bereits im UrsprungsVgl. Kap. 2.3.3. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 187 bzw. 347. 72 Zur liturgischen Feier am Karfreitag allgemein KÖPF, Kreuz IV. 1.3.2.2. Im Kanonissenstift Essen BÄRSCH, Osterfestkreis S. 100–152; im Augustinerinnenkloster Heiningen LUTZ, Identität S. 203–205 (Edition des Heininger Ordinarius); in der Kollegiatskirche St. Maria in Utrecht VELLEKOOP, Liber Ordinarius S. 93–95; im ›Missale Verdense‹ fol. 68rb–72vb. Bei LYSSMANN S. 225–226. 70 71

70

2. Liturgie und Reform

codex auf den jetzt fehlenden Blättern enthalten war (vgl. Kap. 3.1.1.), aber komplett neu geschrieben wurde, um die Besonderheiten Medingens, die sich gerade an diesem Tag in besonderem Maße fanden, festzuhalten. Die einleitende Rubrik legt fest, dass sich zur Todesstunde Christi (In parasceve inchoante hora nona) alle (vniversi, fol. 26va) zur Kreuzverehrung versammeln. Diese Feier vom Leiden und Sterben Christi war im ausgehenden 15. Jahrhundert vielerorts vom Nachmittag auf den späten Vormittag verlegt worden. 73 Es wird hier also eine eigene Tradition in Kloster Medingen fassbar, das in diesem Punkt eine eher konservative Haltung bewahrt. Dabei handelt es sich um einen der wenigen Momente, so wie sonst nur Weihnachten und Ostern, an dem sich Klerus, Konvent und Laien gemeinsam in der Kirche einfinden. Die einleitende Rubrik schweigt zu den aus anderen Quellen bekannten Eröffnungsriten. 74 Sie bestimmt zunächst, dass der Priester und seine Assistenz – solito more – in rote Kaseln gekleidet werden. Diese Gewänder in der für den Karfreitag bevorzugten liturgischen Farbe geben dem Gottesdienst den Charakter einer Messfeier. 75 Sie wurden auch visuell als Signal für den leidenden und sterbenden Christus genutzt. In der ›Bordesholmer Marienklage‹ werden die Priester, die Christus und den Evangelisten Johannes darstellen sollen, angewiesen, sich durch das Anlegen roter Kaseln vorzubereiten: Ihesus debet se praeparare cum casula rubra, Iohannes simili modo. 76 Der auferstandene Christus, der den Nonnen in den Marginalszenen des Medinger Oster-Orationale von 1478 (HI1 97r u.ö.) entgegentritt, ist mit einem roten Manteltuch gekleidet. 77 Nachdem ein Leinentuch auf dem nach Gründonnerstag leer gebliebenen Altar ausgebreitet wurde, trägt der Subdiakon die erste prophetische Lesung ›In tribulacione‹ (Hosea 6,1–6) vor. Damit wird der Beginn des ersten Teils des Karfreitagsgottesdienstes markiert, des Wortgottesdienstes mit weiteren Lesungen aus Exodus, der Passion nach dem Evangelisten Johannes und den Zwischengesängen (Tractus). Diese werden im ›Missale Verdense‹ komplett aufgeführt, im Propst-Handbuch aber fehlen sie. Auf die sich daran anschließenden Großen Fürbitten, auch Gebet der Gläubigen genannt, wird ebenfalls nur mit der Gebetseinladung ›Oremus dilectissimi‹ (»Geliebteste, lasset uns beten für«) hingewiesen. 78 Sobald die Bitten »feier73 Vgl. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 103. In dem ›Liber Ordinarius‹ der Mariakerk in Utrecht von 1425 beginnt der Karfreitagsgottesdienst bereits zur Terz. VELLEKOOP, Liber Ordinarius S. 93. 74 Prostratio und möglicherweise ein stilles Eröffnungsgebet, vgl. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 107–108. 75 BÄRSCH, Osterfestkreis S. 103–104 zu Rot als liturgischer Farbe. 76 MÜLLENHOFF, Bordesholmer Marienklage S. 289. 77 LÄHNEMANN, Erscheinungen Christi S. 190 und Abb. 1. 78 Das ›Missale Verdense‹ fol. 70vb spricht für die Gebetseinladungen von praefationes; zur Terminologie vgl. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 117.

2.2. Der Propst

71

lich« (sollempniter) vorgetragen worden sind, gehen die Priester zur Kleiderkammer zurück und versammeln sich dort »demütig« (humiliter, fol. 26vb) zum Kreuzesgruß. Zwei Kleriker 79 erheben das Kreuz, halten es an der Seite des Altars zwischen sich und singen den ersten Vers der Improperien ›Popule meus quid feci tibi‹. 80 Als Antwort darauf singen die Nonnen das Trishagion ›Ayos o theos‹, gefolgt von der lateinischen Übersetzung ›Sanctus deus sanctus fortis‹. Im Heininger ›Liber Ordinarius‹ wird der griechische Gesang den Priestern, der lateinische dem Chor zugeteilt. 81 Auch in anderen Kirchen fällt den Frauen höchstens die lateinische Antwort zu, 82 während die griechische Fassung von jüngeren Klerikern oder Scholaren vorgetragen wird. In Medingen dagegen singen die Frauen beide Versionen. 83 Darum fehlt auch die Notation bei den Antworten auf die Improperien mit Ausnahme des kurzen Initiums der Anrufung nach dem dritten Vers Quid ultra debui facere. In die über dem Ayos leergebliebene Notenzeile wird dafür durch die gleiche Hand, die auch sonst die Erweiterungspartien schrieb, die Zuweisung an die Frauen (hinc virgines canant fol. 27ra bzw. virgines fol. 27rb) eingetragen. Das ad hoc-Layout weist darauf hin, dass in der Vorlage, die kopiert wurde, diese Art der Aufteilung nicht vorgesehen war. Die Zuweisung an die Nonnen scheint spezifisch für die Medinger Überarbeitung adaptiert zu sein. An die Improperien schließt sich die feierliche Enthüllung und Erhebung des Kreuzes an. Auch hier erhalten die Nonnen eine wichtige Rolle, die durch Eintragungen über der Zeile markiert ist. Nachdem die Kleriker »mit feierlicher Stimme« (sollempni voce) die Antiphon ›Ecce lignum‹ begonnen haben, antworten die Nonnen jeweils mit dem zweiten Halbvers ›in quo salus‹. Die Priester intonieren dann den Psalmvers ›Beati immaculati‹ (Ps 119:1), bevor die Antiphon nach demselben Muster wiederholt wird; der danach zu erwartende Psalmvers fehlt. In anderen Kirchen, etwa im Nach duo wurde ein Eintrag sacerdotes radiert, vgl. Kap. 2.2.5. Für Kirchen nördlich der Alpen ist der alleinige Gebrauch der ersten Improperien (›Popule meus‹ – ›Quia eduxi‹ – ›Quid ultra‹) mit dem sich daran anschließenden Trishagion typisch, vgl. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 122–126. 81 LUTZ, Identität S. 204. Es ist nicht klar, ob mit dem Chor hier die Kleriker, die auch bei der täglichen Messe singen, gemeint sind, oder wie in CA2 bei der Oblationsordnung die Nonnen. 82 Der Ordinarius des Kölner Frauenstifts St. Ursula sieht allerdings vor, dass das ›Ayos o theos‹ von zwei Kanonissen gesungen wird, worauf alle Kanonissen mit ›Sanctus deus‹ antworten. Vgl. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 123–124. 83 Die Nonnen legen das Trishagion in den Orationalien sogar Maria Magdalena als erster Sängerin in den Mund, vgl. die Marginalillustrationen in HI1 43v, K2 46r, O1 108v, M 71r zur Hortulanus-Szene, in der Maria Magdalena das lateinische Trishagion als Schriftband hält. LÄHNEMANN, Erscheinungen Christi S. 190–192 und Abb. 1 und 2. 79 80

72

2. Liturgie und Reform

Augustinerinnenstift Heiningen, wurde das ›Ecce lignum‹ seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert zur dreistufigen Enthüllung des Kreuzes oft dreimal nacheinander gesungen. 84 In der jetzigen Fassung wird im PropstHandbuch nur eine Wiederholung gefordert, aber es folgt eine durchgestrichene Notiz, die vermerkte, dass das ›Ecce lignum‹ schon vor dem Psalmvers wiederholt und danach noch einmal aufgenommen werden sollte (Nota Ecce lignum. resumetur antequam versus Beati immaculati incipitur. et post versus iterum). Es war also jedenfalls zwischenzeitlich der dreifache Wechselgesang für Medingen vorgesehen, wurde dann aber auf eine Wiederholung unter Beteiligung der Nonnen abgewandelt. Es ist signifikant, dass gerade diese Ausführung des Gesangs in der Erweiterungsschicht umgearbeitet wurde, denn es handelt sich um eine der wenigen Stellen, in denen Kleriker und Nonnen in einen musikalischen Dialog eintraten. Das musste musikalisch wie praktisch genau abgestimmt werden. Die folgenden Antiphonen (fol. 28r, Abb. 11) sind Teil einer langen Rubrik, so dass ihre Incipits teils ohne Notation, teils linienlos notiert angegeben sind. Der Schwerpunkt der Rubrik liegt auf Vortragsanweisungen. Im Gegensatz zur ersten, nicht notierten Antiphon ›Tuam crucem adoramus‹ 85 ist die zweite Antiphon ›Dum fabricator‹ 86 »mit gesenkter Stimme« (submissa voce) vorzutragen, der dazu gehörige Versus ›O ammirabile precium‹ 87 »mit feierlicher Stimme, ehrfürchtig und angemessen« (sollempni voce reuerenter et morose). 88 Bei dem nächsten Hymnus ›Crux fidelis inter omnes‹ 89 wird das darin angesprochene Kreuz »ehrfurchtsvoll verehrt« (Interea crux in loco sibi preparato reuerenter adoretur). 90 Im ›Missale Verdense‹ (fol. 72ra–b) dient der Hymnus, der im Propst-Handbuch nur als Incipit angeführt wird, zusammen mit dem Hymnus ›Dulce lignum‹ als Repetitio für einen dritten Hymnus, ›Pange lingua gloriosi praelium certaminis‹, und wird so Teil des Prozessionsgesangs. An die Kreuzverehrung schließt sich im Handbuch mit einem eigenen Paragraphenzeichen ein Abschnitt an, in dem, analog zur Regieanweisung LUTZ, Identität S. 204. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 126. Wohl Cantus ID 005226. 86 Cantus ID 002453. 87 Cantus ID 203352. ›O admirabile pretium‹ ist als Versus Teil der Antiphon ›Dum fabricator mundi‹, kennt aber auch eine selbstständige Überlieferung. Die Neumen über ›O ammirabile precium‹ stammen von einer anderen Hand und wurden möglicherweise später als die anderen Noten geschrieben, vgl. Kap. 2.3.3. 88 morose muss hier wohl mehr oder weniger synonym zu reverenter verstanden werden. Mit Dank an Jürgen Bärsch für seine Auskunft. 89 Cantus ID 008367g. 90 In Heiningen hatten auch die Augustinerinnen die Gelegenheit zum direkten Kreuzesgruß, LUTZ, Identität S. 204. Es ist nicht klar, in welcher Form die Nonnen in Medingen das Kreuz verehren konnten, ob nur von fern oder auf dem Nonnenchor. 84 85

2.2. Der Propst

73

für eine zweistöckige Bühne, erläutert wird, wie Nonnen und Kleriker danach fortfahren. Ein Priester bringt mit seiner Assistenz den »Leib Christi« (corpus cristi), also die am Gründonnerstag geweihten und an einem besonderen Ort aufbewahrten Hostien in einer Prozession mit Kerzen und Weihrauch von dem Aufbewahrungsort zum Hauptaltar. Dort stellt er das Hostiengefäß, wohl eine Pyxis oder ein Ziborium, auf den Altar und spricht das Schuldbekenntnis, alles »in geziemender Art und Weise« (debito modo). Währenddessen – die Rubrik setzt erneut bei dem weiter vorne genannten Hymnus ›Crux fidelis‹ als Orientierungspunkt an – fahren die Nonnen mit dem Singen fort und singen nun auf dem Nonnenchor in eigener Regie, nicht wie vorher als Antwort auf den Gesang des Klerus, die Antiphon ›Super omnia ligna cedrorum‹ 91. Entsprechend war es auch nicht nötig, die Melodie dafür zu notieren. Danach besteht die Möglichkeit für die Nonnen zur Kommunion, denn der Propst begibt sich dafür ausnahmsweise auf den Nonnenchor (ascendat dominus prepositus chorum virginum si ibi fuerint communicantes). Da es seit dem 13. Jahrhundert Bestrebungen gab, die Kommunionteilnahme am Karfreitag auf die Zelebranten zu beschränken, ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass den Nonnen die Teilnahme an der Kommunion gestattet wird. 92 Dieser separate Paragraph hat also nicht die Funktion, den Ablauf der Kommunionfeier an und für sich festzuhalten, 93 sondern die besondere Teilnahme der Nonnen an dem Karfreitagsgeschehen hervorzuheben. An diese Anweisungen zur Kommunion schließt sich ein weiterer separat markierter Paragraph an, der direkt zu den Angaben für die Liturgie nach der Vesper (post vesperas) springt, wenn mit der Grablegung der letzte Teil der Kreuzeshandlungen beginnt. An der Verwahrung des Kreuzes ist nur der Klerus beteiligt, aber wieder mit verteilten Rollen, die eine Aufzeichnung für den Propst nötig machten. Zwei Priester bringen in der gleichen Prozessionsanordnung mit Kerzen und Weihrauch das Kreuz zum Ort des Heiligen Grabes, während der Klerus »mit gedämpfter Stimme« (submissa voce) ›Ecce quo moritur‹ mit dem Versus ›In pace factus est‹ singt. 94 Das Responsorium ›Sepulto domino‹ mit dem Versus ›Ne forte veniant‹ ist mit vollständiger Notation aufgezeichnet, an das sich der Versikel Cantus ID 005061. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 101 mit Anm. 11 zu Papst Innozenz III., und S. 139–140 zur Tendenz gerade der Zisterzienser, die populäre Teilnahme an der Kommunion am Karfreitag einzuschränken. 93 Anders dagegen der Liber Ordinarius der Utrechter Mariakerk, wo der Ablauf der Kommunion des Karfreitags in allen Einzelheiten geschildert wird, VELLEKOOP, Liber Ordinarius S. 94, vgl. auch BÄRSCH, Osterfestkreis S. 132–140. 94 Wo sich in Medingen das Heilige Grab befunden hat, ist nicht bekannt. Das Heilige Grab im Kloster Wienhausen ist heute noch erhalten. Zum Heiligen Grab vgl. WIPFLER, ›Corpus Christi‹. 91 92

74

2. Liturgie und Reform

›Cristus factus est‹ und ein Gebet anschließen. Damit ist der Ritus der Grablegung abgeschlossen. 95 Die Einträge zu Karfreitag enden mit einem Hinweis, dass von der Vesper am Gründonnerstagsabend an bis zur Messe bei der Ostervigil die Glocke in der Kirche nicht geläutet wird, selbst nicht für den Stundenschlag (Nota ab hora vespertina cene domini vsque in vigilia pasce ad officium misse non pulsetur campana in ecclesia sed nec in horologio). 96 Stattdessen wird alles mit einer »hölzernen Glocke geläutet« (lignea campana pulsentur), wohl einer Ratsche, um zum Gebet zu rufen und den Stundenschlag zu ersetzen. Dieser Brauch wird ausdrücklich auf die Zisterziensertradition zurückgeführt (secundum ordinem cisterciensem), so dass einmal mehr der Einfluss der Nonnen auf die Gestaltung der hörbaren Abläufe im Kloster deutlich wird. Der Abschnitt zum Karfreitag macht deutlich, wie stark das Handbuch für den Propst in Medingen von den Traditionen vor Ort geprägt wurde. Hier wird im Grunde ein analoger Befund zu dem sichtbar, der für die Orationalien-Produktion der Nonnen festgestellt werden konnte: Es herrscht ein starkes Traditionsbewusstsein, das aber produktiv wirkt. Für die Überarbeitung des Handbuchs wird auf konservative Elemente wie den Zeitpunkt der gemeinsamen Karfreitagsfeier am Nachmittag und die allgemeine Kommunion zurückgegriffen. Diese werden so eingesetzt und kombiniert, dass sie den Nonnen eine Teilhabe an dem liturgischen Geschehen ermöglichen, die über die reine Diözesanliturgie oder aber auch eine neu konzipierte Reformliturgie deutlich hinausgeht. In der Zusammenstellung des Propst-Handbuchs wird liturgischer Handlungsspielraum ausgelotet. Der Karfreitag steht damit exemplarisch für den Umgang des Klosters Medingen mit den hervorgehobenen Zeiten des Kirchenjahres, denen der größte Teil der eigenen Textproduktion der Nonnen in den Orationalien gewidmet ist. Damit unterscheidet sich dieser Teil des Propst-Handbuchs deutlich von dem Rituale, das den zweiten Teil des Bandes bildet. 2.2.6.

Krankensalbung, Begräbnis und Totenoffizium

Das Rituale für die Zelebration durch den Propst wurde vollständig aus dem Ursprungscodex übernommen. 97 An die Riten zu Krankensalbung und Begräbnis schließt sich das Totenoffizium (fol. 92va–111vb) an. Gebetsbitten für »deine verstorbene Magd« (ancilla tua defuncta, fol. 83rb) und Hierzu BÄRSCH, Osterfestkreis S. 150. Das Läuten der Vesperglocke war für die Nonnen in Medingen ein wichtiger Impuls zur Vorbereitung auf die Feier, LÄHNEMANN, Apostelverehrung. 97 Zu den Anpassungen, die Hand 1 schon während der Niederschrift für die Situation vor Ort vornahm vgl. Kap. 3.2.4. Es finden sich keine voll ausgeschriebenen Gesänge, sondern es sind nur einige Incipits mit Notation verzeichnet, die der Priester während der dem Begräbnis vorangehenden Commendatio mortuorum (fol. 81va–83vb) anstimmt. 95 96

2.2. Der Propst

75

»deine Dienerin« (famula tua, fol. 81rb) zeigen, dass das Bestattungsformular für Nonnen bestimmt war. 98 Die von dem Propst zelebrierte Liturgie folgte der Diözesanform, die jahrhundertelang nach dem gleichen stabilen Muster gefeiert wurde. 99 In den von den Nonnen für ihren eigenen Gebrauch geschriebenen Psalterien waren dagegen für Sterbe- und Begräbnisritus die Texte nach der Zisterzienserliturgie verzeichnet. 100 Die Rituale um Sterben und Tod waren eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen sich die Tür zur Klausur öffnete. Das gilt sowohl für die Nonnen, die beim Ableben des Propstes seinen Leichnam einholten, wie für den Propst, der die sterbenden Nonnen in ihrer Zelle aufsuchte und dann auf dem Friedhof im Inneren des Kreuzgangs bestattete. Der Konvent ist bei der Begräbnisfeier wie bei der Krankensalbung anwesend, die von den Nonnen ausgeführten Gesänge werden aber nicht verzeichnet. In einer Rubrik wird darauf hingewiesen, dass Priester und Konvent nach dem Begräbnis zusammen in die Kirche zurückkehren: Tunc sacerdos et conventus reuertantur in ecclesiam et in via cantetur Responsorium Si bona suscepimus (fol. 91vb) Dann kehren der Priester und der Konvent in die Kirche zurück und singen auf dem Weg das Responsorium ›Si bona suscepimus‹.

Damit kann man davon ausgehen, dass die Nonnen auf dem prozessionsartigen Rückweg von der Bestattung, die im Klosterinnenhof stattfand, in die Kirche die Antwort auf das vom Propst angestimmte Responsorium san98 OTTOSEN, Responsories S. 3, 40 und 44: »All this allows us to conclude that the primary function of the Office of the Dead was connected with the celebration of the wake for a single person in connection with death and burial, and this was repeated on the 3rd, 7th and 30th day after decease and on anniversaries.« 99 Das Totenoffizium umfasst nur drei Horen: Vesper, Matutin und Laudes. In der Reihung der Lesungen und Responsorien der Matutin des Totenoffiziums entspricht die Medinger Handschrift elf anderen Handschriften aus den Diözesen Magdeburg, Verden, Hildesheim, Brandenburg, Havelberg, Halle und Halberstadt. Die Medinger Lesungen gehören Gruppe 2a an, die Responsorien in der Reihenfolge 44–47–58–76–83–79–1–18– 38 Gruppe 44. Totenoffizien aus Hamburg und Odense zeigen dieselbe Responsorienserie wie Medingen, ihre Lesungen gehören aber der Gruppe 1d an (OTTOSEN, Responsories S. 72–73, 179, 346 und 347). Auch die Gedenktage der in der Litanei auf fol. 75r/v genannten Heiligen stehen mit Ausnahme von Thaddäus im Kalender des ›Missale Verdense‹. Auffällig ist vor allem die Position des Klosterheiligen Mauritius direkt hinter dem Erzmärtyrer Stephanus und die Berücksichtigung von Godehard als für Hildesheim wichtiger Bekenner. 100 Sterbe- und Begräbnisriten finden sich in den Psalterien BE1, CA3 und HV4; dazu BRAUN-NIEHR, Regiebücher S. 212. Lyßmann vermerkt, er würde die Sterbeliturgie nicht verzeichnen, denn sie entspreche der, die man in jedem Zisterzienserbrevier nachlesen könne (LYSSMANN S. 252). Das Totenoffizium wurde in religiösen Gemeinschaften des Mittelalters als Teil der Fürbitte für die eigenen und die durch Gebetsverbrüderung mit der Gemeinschaft verbundenen Toten täglich zusätzlich zum Offizium gebetet.

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2. Liturgie und Reform

gen, auch wenn hier wie sonst nur das Melodieincipit für den Propst angegeben ist, der auch in der Kirche vor dem Altar ›Media vita in morte‹ als letzten Gesang anstimmt (In ecclesia cantetur ante altare imponat dominus prepositus Media vita in morte, fol. 91vb–92ra). 101 Ob die Nonnen darauf noch einmal antworteten oder nur der Klerus, wird in dem Handbuch nicht vermerkt. Das bedeutet nicht, dass sie keine aktive musikalisch-liturgische Rolle bei dem Tod eines Konventsmitglieds übernahmen. In dem Bericht einer Medinger Nonne über das Sterben Tilemanns von Bavenstedt wird ein Spektrum an Gesängen und Ritualen vermerkt, die die Nonnen ausführen, teilweise analog zu dem Ritus für eine verstorbene Schwester. 102 Während der ganzen Krankheit des Propstes finden Lesungen, Gebete und Gesänge am Krankenbett, im Kreuzgang und auf dem Nonnenchor statt: dessüluen Nachtes do he so kranck was, lesen de Amptfrouwen Mettene, vnd dachtyde buten deme Clostere, vnd de Sammelinge sangh Mettene ante xij. Alse nu de Mettene sunghen was; do ghingen se wedder vor de Porten in deme Vmmegange, vnd lesen preces, wad se wolden (BÜTTNER fol. 80v) In der Nacht, da er so sehr krank war, lasen die Amtfrauen die Mette und die Stundengebete vor dem Kloster und der Konvent sang die Mette vor zwölf. Als die Mette gesungen war, stellten sie sich wieder vor das Klostertor in dem Kreuzgang und lasen die Gebete, die sie wollten.

Die im Propst-Handbuch vermerkten Psalmen werden von den Nonnen bei der Totenwache individuell und gemeinsam gelesen; die Priorin richtet es so ein, dass jeweils zehn Personen sich dabei abwechseln und dann wieder zum Chordienst auf den Nonnenchor gehen. in dem Clostere laß men enen Psalter sub choro, Chorus contra chorum, vnd dat wart so ordineret, dat etlike Personen vnder Vesper dar bleuen, vnde welke to Chore ghingen, des jelik schüde ok vp der kemnade. Vnse Dompna vorbade post cenam x vel vltra Personen de lesen dar den Psalter post completorium gingen se wedder in, vnd quemen andere, wede wolde, de blef de Nacht auer dar (BÜTTNER fol. 81r) im Kloster las man einen Psalter in chorischer Form, ein Chor im Wechsel mit dem anderen. Das wurde so eingerichtet, dass einige Personen während der Vesper da blieben, und einige zum Chor gingen, so dass jeder einmal zur Kemenate gehen konnte. Unsere Domina sorgte dafür, dass nach dem Mahl 10 oder mehr Personen den Psalter dort lasen; nach der Komplet gingen sie wieder hinein, und andere kamen, wer wollte, der blieb die Nacht über da.

Zur Einholung der Leiche singen die Nonnen in der Propstei das Responsorium ›Libera me domine‹, das sich zusammen mit dem zugehörigen Vers ›Dies illa‹ auch im Propst-Handbuch auf fol. 105rb findet und dort ursprünglich durch einen Blattweiser hervorgehoben war. Der Konvent zieht dann mit dem von den Klerikern getragenen Leichnam in die Kirche und Zu den Begräbnisritualen vgl. SIART, Kreuzgänge S. 291. Vgl. Kap. 2.1.3. Bei Transkription und Übersetzung sind die lateinischen Passagen, die Büttner auch in lateinischen Buchstaben wiedergibt, kursiviert. 101 102

2.2. Der Propst

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von dort auf den Nonnenchor, wo sich eine reiche Liturgie entfaltet. Die Notation über den Melodieincipits dokumentiert die musikalische Beteiligung des Konvents am Geschehen: 103 Also ene in de kerken brocht hadden, sungen see In paradysum perducant te angeli. Statim post hec Conuentus cantauit | Missam Requiem. Post Missam tenuimus Capitulum, deinde sacram Missam: Resurrexi. Summma Missa fuit Jubilate, et Conuentus cantavit. Vnder dessen dren Missen sacra cantavit vnder dem Stillense Domine suscipe me, vnd des Mandages to Vromissen vnd ok to Homissen sungen see ok, Domine suscipe me etc (fol. 81r/v)

Büttners Abschrift der Relatio de Obitu Dn. Tilemanni de Bavenstede, Præpositi Meding: mit Melodie-Incipits für die Gesänge der Nonnen (fol. 81v) Als man ihn in die Kirche gebracht hatte, sangen sie ›In paradysum perducent te angeli‹. 104 Unmittelbar darauf sang der Konvent die Totenmesse. Nach der Messe hielten wir ein Kapitel ab, darauf die heilige Messe ›Resurrexi‹. Das Hochamt war dann ›Iubilate‹, 105 und der Konvent sang. Während dieser drei Messen sang der Konvent heilige Gesänge, zum Kanon ›Domine suscipe me‹ 106; am Montag zur Früh- und Hauptmesse sangen sie ebenfalls ›Domine suscipe me‹.

Der Konvent singt also die Antiphon ›In paradisum perducant te angeli‹ und die Messe des Ostermorgens mit dem Introitus ›Resurrexi et adhuc tecum sum‹, hält dann ein Kapitel ab, bevor sich das Hochamt des Tages für den dritten Sonntag nach Ostern anschließt. Bei der Totenwache wechseln sich dann Frauen und Kleriker ab; die Äbtissin überwacht persönlich die Laienschwestern, die tagsüber in der Kirche sind, während der Vizepropst die Nachtwache stellen soll, die allerdings bei der Aufgabe einschlafen – was die Berichterstatterin zum Vergleich mit den Juden am Grab führt, bevor sie entschuldigend zusetzt, es sei wohl aus Altersschwäche geschehen (fol. 81v). Am Montag setzt man das Totengedenken mit der Antiphon ›Domine suscipe me‹ fort. Bei allen drei Messen muss der Gesang der Nonnen auf ihrem Chor auch deutlich für die versammelte Gemeinde der im Bericht genannten weltlichen Besucher im Gemeindebereich der Angaben zur Melodie des Introitus ›Resurrexi‹ fehlen, da sie als allgemein bekannt vorausgesetzt wurden. Zum Introitus singen zwei Kantoren am Ostermorgen den Tropus ›Postquam factus homo‹ nach der Verdener Ordnung (fol. 49r). 104 Gemeint ist wohl ›In paradysum deducent te angeli‹ Cantus ID 003266. 105 Der Propst starb am 19. April 1494, am Samstag vor dem Sonntag Jubilate. 106 Cantus ID 002391. 103

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2. Liturgie und Reform

Kirche hörbar gewesen sein. Bei dem Begräbnis selbst betont der Bericht, dass die Nonnen ihre eigene übliche Gedenkfeier abhalten und das standesgemäße Begräbnis dem Abt Johannes des Benediktinerklosters Oldenstadt als Zelebranten und anderem hohen Besuch überlassen, aber deren Ritus defizitär finden: En Mandage wart he grauen, vnd totus Conuentus hadde den Morgen auer wyt ane propter sepulturam. Men we deden dar nicht sunderkes to, sunder we stunden sub coro vnd lesen In Exitu vnd sungen Creator omnium, vnd Libera. Men we verleten vns to deme vele volke dat dar was, dede mer myt Heren vnd Prelaten bygraf vmme gan hadden wan we. So bode we nenerleye aff wo se dat scolden holden sicut decet Prelatum, men leyder Abbas Van der Oldenstad grof ene secundum ordinem suum, nicht omnino renunciauit, eciam non posuit calicem super corpus, sicut mos est, et non cantans. calicem tribus vicibus. Dominus ei ignoscat. (fol. 81v) Am Montag wurde er begraben. Der ganze Konvent trug deshalb am Morgen weiße Gewänder wegen des Begräbnisses. Wir standen im Chor, lasen während des Auszugs und sangen ›Creator omnium‹ 107 und ›Libera me‹ 108. Aber wir verließen uns auf die vielen Leute, die da waren, die mehr Erfahrung mit der Bestattung von Herren und Prälaten als wir hatten. Darum gaben wir keine Anweisungen, wie sie das halten sollten wie es einem Prälaten geziemt, aber leider begrub ihn der Abt von Oldenstadt nach seiner eigenen Ordnung, und sagte nicht allem ab, setzte auch nicht einen Kelch auf seinen Körper, wie es Sitte ist und sang auch nicht dreifach ›Calicem salutaris accipiam‹. 109 Gott möge ihm verzeihen.

In diesem Bericht wird ein grundsätzliches Problem der Nonnen während der gottesdienstlichen Feiern deutlich: Auf dem Nonnenchor konnten sie das Geschehen verfolgen und auch gehört werden, aber sie konnten sich nur dann mit Gesang zu Wort melden, wenn ihnen dazu von unten aus dem Chorraum die Möglichkeit gegeben wurde. Das macht die Schwierigkeiten des gemeinsamen Gottesdienstes unter Klausurbedingungen deutlich und dabei zu bestimmen, was den richtigen »Brauch« (sicut mos est / solito more) konstituiert. Diese Einschränkung muss beachtet werden, wenn es darum geht, die Rolle der Nonnen im Propst-Handbuch zu rekonstruieren.

107 Gemeint wahrscheinlich der Versus ›Creator omnium rerum deus‹ für die Verstorbenen, Cantus ID 007091d. 108 Vgl. zum Responsorium im Propst-Handbuch Kap. 3.2.4. 109 Cantus ID 001754. LYSSMANN S. 189 (Kapitel ›Von den Ceremonien bey der Krankheit, Tode und Begräbniß eines Propstes‹ S. 186–190): Nach der Einsegnung des Grabes und Beweihräucherung der Leiche wurde »der todte Cörper von dem fremden Prälaten mit Weyhwasser besprenget, und von den Geistlichen, der noch im Grabe stund, beräuchert. Darauf wurde dem todten Probst ein güldener Kelch zu 3 unterschiedlichen mahlen auf die Brust gesetzet, wobey jedesmahl von der anwesenden Versammlung aus Ps. 163,4 gesungen wurde: Calicem salutaris accipiam & nomen Domini narrabo.«

2.3. Die Nonnen

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2.3. Virgines. Die Medinger Nonnen und ihre Liturgie Virgines cantant: Das Propst-Handbuch vermerkt, dass die Nonnen nach der Weihe des Taufwassers am Karsamstag die Litanei nach der Zisterzienserordnung singen (letaniam secundum ordinem suum fol. 47r). Es ist eine der wenigen, aber signifikanten Stellen, an denen die Medinger Nonnen in der Handschrift genannt werden. Sie treten als Kollektiv auf, als virgines oder conventus, wenn sie mit dem Propst an den Feiertagen, den letzten Lebensstationen und der Oblation interagieren. Die Oblationsordnung steht im Zentrum des Kapitels zu den Nonnen, da in der Feier, mit der die neuen Mitglieder in den Konvent aufgenommen werden, mehr von der gottesdienstlichen Praxis und dem eigentlichen klösterlichen Leben des Konvents sichtbar wird. Einleitend wird es um die soziale Zusammensetzung des Konvents gehen, abschließend wird der gottesdienstliche Ablauf im Kirchenjahr aus der Sicht der Nonnen skizziert. 2.3.1.

Der Konvent

Medinger Nonnen fühlten sich zwei Familien zugehörig: ihrer leiblichen Familie, der sie entstammten, und der Ordensfamilie des gesamten Zisterzienserordens. Die leibliche Familie wurde von einem weltlichen Zweig und einem klösterlichen Zweig gebildet. Vater und Mutter sowie einige Geschwister lebten außerhalb des Klosters, jedoch wohnte auch eine erhebliche Anzahl leiblicher Verwandter im Kloster: Tanten, Schwestern, Kusinen und Nichten. Fast alle Nonnen hatten Lüneburger Ratsmitglieder und Sülfmeister zu Vätern, Brüdern oder Onkeln und nahmen die Aufgaben von Memorialstiftungen für ihre Lüneburger Familienmitglieder wahr. 1 Elisabeth von Winsen, die Autorin des als Motto in Kap. 1 und 2 zitierten Schlussgedichts für den Psalter HI2, kann als Beispiel für die wechselseitige Beziehung von Kloster und Stadt dienen. Die auch mit der niederdeutschen Kurzform Ilsebe genannte Elisabeth von Winsen war die Tochter des Lüneburger Ratsherrn Ludolf (Ludeke) von Winsen (1457 genannt) und dadurch weitläufig mit dem Propst Ludolf von Lüneburg (Kap. 2.1.2. zu Tafel 11) verwandt. Sie ist als Nonne in Medingen in ihrem Schlussgedicht erstmalig namentlich genannt, bis 1495 bezeugt und vor 1505 verstorben, da sie nicht mehr in der Namenliste für den Türkenablass (UB Nr. 622) aufgeführt wird. Nach der Urkunde über die Rentenausschüttung für Memorienstiftungen des von den Klosterprokuratoren angelegten Kapitals am 4. Oktober 1479 (UB Nr. 521) hatte ihr Vater 140 Mark dazu beigetragen, damit sie 1 Zur unterschiedlichen sozialen Zusammensetzung der Lüneburger Klöster vgl. MECHAM, Sacred Communities, Kapitel ›Wealth and Poverty, Piety and Necessity‹. Die einzige Nonne in den Namenlisten der Ablassbriefe von 1484 und 1505, die nicht aus einer Lüneburger Patrizierfamilie stammte, war die Äbtissin Margarete Puffen, die aus Wienhausen, einem traditionell vom Adel besetzten Kloster, gekommen war.

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2. Liturgie und Reform

zusammen mit ihrer Schwester Winheyde (Windele), die wohl die Schreiberin des 1478 entstandenen Orationale HI1 ist, für die Memoria ihrer Eltern und der Familie sorgte. Die Ausschüttung aus diesen Memoriengeldern war noch 1495 (UB Nr. 590) mit sechs Mark beträchtlich. 2

Ein weiteres Beispiel für die engen personellen Bezüge zwischen den Medinger Konventualinnen und den Lüneburger Patriziern geben die Schwestern Elebeke, die auch Orationalien verfassten. 3 Ihr Vater Ludolf Elebeke d. Ä. († 1485), Sülfmeister seit 1456, hat fünf bezeugte Kinder. Der Sohn Ludolf d. J. († 1502) folgt ihm als Sülfmeister; von den vier Töchtern treten Mechthild, genannt Mette († 31.1.1519), Tiburg, genannt Tibbeke († 16.6.1524) und Elisabeth († nach 1524) in das Kloster Medingen ein, wo bereits Heimburg Elebeke, eine Tante aus einem anderen Familienzweig, Nonne und später auch Küsterin war. Sie sind 1481 als puellae coronatae und 1505 als Nonnen aufgeführt. Für ihren eigenen Gebrauch schreiben sie Apostel-Orationalien (Liste 6.2.), aber ebenso für ihre Schwester Anna (bis 1537 bezeugt), die 1485 den Lüneburger Bürgermeister Heinrich Töbing d. J. († 1514) heiratete, der ein Jahr nach der Heirat bereits Sülfmeister und Bürgermeister wurde, nachdem er, wie viele andere Sülfmeister seiner Generation, in Rostock studiert hatte. 4 Besitzeinträge eines Heinrich Töbing finden sich in theologischen und juristischen Handschriften der Ratsbücherei Lüneburg. Heinrich Töbing, Anna und ihr Bruder Ludolf d. J. Töbing stifteten beträchtliche Summen nach Medingen, u.a. eine Memorienstiftung für 9 Mark Rente (Hinrich Töbing und Anna Elbecken, auch ihr bruder geben 9m renthe, UB Nr. 367). Von den sechs Kindern Ludolfs d. J., der ebenso wie Anna in die Ratsfamilie Töbing eingeheiratet hatte, traten alle drei Töchter in Medingen ein; der älteste Sohn Michael wurde nach seinem Studium in Rostock Vikar in Lüneburg.

Nicht nur der Prokurator des Klosters, Cord Lange, 5 nahm eine aktive Rolle bei der wirtschaftlichen Absicherung des Besitzes ein, sondern der ganze Lüneburger Rat unterstützte das Kloster. So arbeiteten an der Umsetzung der Klosterreform des späten 15. Jahrhunderts geistliche und weltliche Verwandtschafts- und Freundschaftsnetze zusammen. 6 Wie die Rückbindung an ihre zisterziensische Tradition und die verwandtschaftlichen Beziehungen Hand in Hand gehen, wird in den Urkunden und Briefen schon vor der Reform deutlich und sichert die erstaunlich glatte Umsetzung des Reformgeschehens. 7 So schreiben die Priorin Mechthild von Römstedt und der Konvent (Mechildis priorissa et totus conventus in Meding) bereits am 6. Januar 1476, drei Jahre vor der Reform, Angaben nach UB und WITZENDORFF, Stammtafeln S. 145. LÄHNEMANN, Schreiberinnen S. 39. 4 Hinricus Tobyng de Luneborch ddt. 3 mr. (Immatrikulationseintrag vom 15.4.1472 in die Matrikel Rostock, http://matrikel.uni-rostock.de = Bd. 1, S. 174). 5 Vgl. Kap. 2.1.4. zur Durchführung der Reform, Kap. 2.2.1. zur Protokollierung des Testaments des Propstes und Kap. 2.2.2. zur Stiftung eines Gemäldes. 6 Vgl. die Unterstützung der Reform durch den Rat am 9.10.1479 (UB Nr. 522), die sich bis in die Auseinandersetzungen um die lutherische Reformation dokumentiert. 7 Vgl. Kap. 2.1.5. zum Lob des Bischofs für die Umsetzung der Reform. 2 3

2.3. Die Nonnen

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an den Lüneburger Rat (Den ersamen und vorsichtigen borgermeisteren und radmannen to Luneborg, unsen leven heren und bysunderen guden frunden) und bitten um Unterstützung bei einem geistlichen Anliegen. Sie wünschen, den ihnen ausnahmsweise für das Goldene Jahr zugestandenen Beichtvater aus dem Zisterzienserkloster Scharnebeck weiterhin behalten zu dürfen, da er sich besser auf ihre Gebräuche verstünde als der ihnen zugewiesene Weltgeistliche. 8 Sie hätten die Frage mit dem Propst Tilemann von Bavenstedt besprochen, der sich darum zu kümmern versprach; falls die Bitte aber abschlägig beschieden würde, bäten sie den Lüneburger Rat um Intervention bei dem Abt von Scharnebeck. Charakteristisch für den Briefstil der Nonnen ist die Durchdringung des kanzleiamtlichen Niederdeutschs, das sie gegenüber weltlichen Korrespondenten benutzten, mit kirchenlateinischen Fachtermini. 9 So hebbe wy hir eynen vramen heren unses ordens gehat van deme Schermbeke pro confessore, de sick wol versteit an doctrina, ok alle de ceremonialia unde statuta ordinis nostri weit, des sick de leyeprestere so nicht vernemen. Hirumme en is uns de confessor nicht bequeme, den we uppe sunte Mychelisdach kreghen. So hebbe wy unsen proveste hir affgesecht unde ene gebeden, dat we den geistliken personen musten beholden pro confessore. Also meinde he, he wolde myt unsen frunden darumme spreken. Is dat he juw dar affseggende wert, dat gy denne unse beste wolden spreken jeghen synen abbet. (UB Nr. 511, S. 452) Wir haben hier [aus Anlass des Goldenen Jahres] einen würdigen Zisterziensermönch aus Scharnebeck als Beichtvater gehabt, der hervorragend in der Kirchenlehre bewandert ist und sich ebenfalls mit den Zisterzienserzeremonien und -statuten auskennt, worauf sich der Weltklerus nicht so versteht. Darum lehnen wir den Beichtvater ab, den wir zu Michaelis erhalten sollen. Das haben wir unserm Propst gemeldet und ihn gebeten, den Mönch als Beichtvater zu behalten. Er versprach, das mit unsern Ratsfreunden zu besprechen. Wenn er euch absagt, mögt ihr zu unsern Gunsten mit seinem Abt verhandeln.

Die Nonnen sind offensichtlich bestrebt, sich soweit es einem nicht inkorporierten Frauenkloster möglich war, geistlich von dem Zisterzienserorden beraten und führen zu lassen. Der Ausgang dieser Petition ist nicht bekannt, aber aus den Visitationsakten wird ersichtlich, dass Abt Meinhard von Scharnebeck bei der Reform präsent war und dass die Kontakte weitergepflegt wurden, denn am 25. Januar 1481 gehen die Nachfolgerin der Priorin Mechthild, Margarete Puffen, und der Konvent eine geistliche Gemeinschaft mit Scharnebeck ein (UB Nr. 629, S. 479). In dieser nun rein lateinischen Urkunde nehmen sie auf die doppelte Verbindung zwischen den Klöstern Bezug. Zum einen sind sie »zur Reform und zur geistlichen Observanz« (ad reformacionem spiritualemque observanciam) unter Beteiligung des zum eigenen, d.h. dem Zisterzienserorden gehörenden Abtes 8 Zur Bedeutung des Jubeljahrs für die Zisterzienserinnenkonvente in Norddeutschland vgl. SCHLOTHEUBER, Zisterzienserinnengemeinschaften S. 265–267. 9 LÄHNEMANN, Bilingual Devotion S. 318.

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2. Liturgie und Reform

Meinrad (cooperante venerabili domino Meynardo abbate in Schermbeke nostri prefati ordinis) geführt worden. Zum anderen hat Hermann Hamborch aus diesem Kloster früher als Beichtvater »mit höchster Sorgfalt treu bei Tag und Nacht für das Heil unserer Seelen gearbeitet« (summa cum diligentia fideliter die noctuque ob salutem animarum·nostrarum laboravit). Von ihm ist auch die Schenkung von fünf Büchern bezeugt. 10 Das Verzeichnis, das über die Büchergabe des ehemaligen Zisterzienserbeichtvaters Auskunft gibt, wurde von Clara Anna von Lüneburg Anfang des 18. Jahrhunderts als Übersicht über Schenkungen vom 13. bis 17. Jahrhundert angelegt. 11 Aus den 376 aufgelisteten Schenkungen lässt sich die soziale und regionale Spannweite der familia des Konvents aufzeigen, die sich nach der Reform trotz oder gerade wegen der Klausurbestimmungen noch erweiterte. Der Konvent tritt nach der Reform noch stärker als eine Einheit auf, als sammelinge, wie es in den niederdeutschen Urkunden und Briefen heißt. Von der Regelung der inneren und geistlichen Angelegenheiten ist in den offiziellen Dokumenten wenig sichtbar. Neben der Priorin bzw. ab 1494 Äbtissin waren weitere Amtsfrauen tätig, wie die sie stellvertretende Subpriorin, die sacrista (als Verwalterin der Sakristei), die celleraria (als Vorkosterin auf Tafel 14 dargestellt) und die cantrix (Leiterin des Chores, die auch die von den Nonnen gesungenen Stücke anstimmt). 12 Im Propst-Handbuch werden Ämter nur in der Oblationsordnung genannt, in der die Nonnen eine aktivere Rolle als während der Feste oder der Totenliturgie übernehmen. 2.3.2.

Die Oblationsordnung

Das Leben der Nonnen wurde von dem Rhythmus des täglichen Stundengebets und der Messfeiern, aber ebenso von den feierlichen Ritualen bestimmt, die die Hauptstationen im Leben der einzelnen Nonnen und damit auch des gesamten Konvents betrafen. Von der Oblation, dem ersten Schritt der Aufnahme der Mädchen in den Konvent, bis zur Totenfeier wurden die UB Anhang 2 Nr. 89, S. 685. Möglicherweise befand sich darunter die kleine zisterziensische Traktat-Handschrift W5 (vgl. Kap. 3.4.2. zu den Einbandstempeln). Der Band enthält u. a. einen Traktat Bernhards von Clairvaux, der als venerabilis pater noster bezeichnet und in einer ganzseitigen Miniatur ihn im Abtsornat vor der Mutter Gottes mit dem Spruchband Monstra te esse matrem summam per te (fol. 2r) zeigt. Der Zisterzienserorden und Bernhard von Clairvaux spielen auch in den Orationalien der Nonnen eine wichtige Rolle; nach den Aposteln und Mauritius wird Bernhard von Clairvaux an dritthäufigster Stelle genannt. In einem Gebet (HH7 fol. 223r) wird er um Hilfe angerufen, auf dass nie Ordnungen und Statuten eingeführt werden mögen, die ihrem Orden und der Verfassung zuwiderliefen (vt alie ordines numquam nobis dominetur. vel aliqua statuta imponant. ordini nostro et statutis contraria). 11 Vgl. zu dem Quellenwert ihrer Sammlungen Kap. 1.1. 12 Eine vollständige Liste der Klosterämter bei LYSSMANN S. 247–248. 10

2.3. Die Nonnen

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Übergangsriten von der Gemeinschaft begangen. Im Handbuch sind mit Oblation, Krankensalbung und Totenvigil nur die Stationen des Klosterlebens einer Nonne verzeichnet, bei denen dem Propst die Hauptrolle zukam. Das Medinger Rituale CA2, das wohl im Zusammenhang mit der Einführung des Äbtissinnenamtes 1494 steht, 13 verzeichnet außer der Oblationsordnung die von der Äbtissin vollzogenen Rituale der Weihe der Novizinnen und der Konversenschwestern. Hieran war der Propst ebenso wenig beteiligt wie an der vom Bischof vollzogenen Weihe der Äbtissin und der Nonnenkrönung, die nicht nach der Ordensliturgie der Nonnen stattfand, sondern als Teil der Bischofsliturgie im ›Pontificale‹ verzeichnet ist. Entsprechend ähnlich sind die Riten ordensübergreifend in verschiedenen Klöstern, wie sich an einem Vergleich mit den Reformstatuten aus dem Benediktinerinnenkloster Lüne zeigt, 14 deren Melodien nahezu identisch mit CA2 sind. Auch für die anderen Stufen des Klostereintritts in den Lüneburger Klöstern kann von einer sehr ähnlichen Abfolge ausgegangen werden, wie sie durch die hervorragende Dokumentation der Lüner Sacrista festgehalten ist. 15 Für Medingen können die beschriebenen Eintrittsschritte und auch die Betonung der Klosterbildung analog angenommen werden. Der gewichtige Unterschied liegt in der rechtlichen Bedeutung, die der Oblation in Medingen gegenüber der Aufnahme in das Kloster Lüne zukam. Die Oblation stellte als rechtlich verbindliche Übergabe von Kindern an das Kloster ein kirchenrechtliches Problem dar. »Um die innere Hinwendung zum geistlichen Leben zu gewähren, legte besonders die Reformbewegung großen Wert darauf, daß niemand zum geistlichen Leben gezwungen wurde. Dies war der Hauptgrund, weshalb die irreversible Bindung an das Kloster nicht in unmündigem Alter erfolgen sollte.« 16

In den anderen Lüneburger Klöstern wurde daher statt einer Oblation eine offiziell nicht verbindliche Aufnahme praktiziert, die allerdings analog zu einer Oblationsfeier gestaltet war, auch wenn der rechtlich verbindliche Schritt erst nach der Mündigkeit der Mädchen vollzogen wurde. Für die Frauenklöster, die ja die Mädchen erziehen mussten und nach den Reform13 Nonnenkrönung (fol. 2v–12v, mit nachgetragenen Benediktionen auf fol. 2r), Weihe der Äbtissin (fol. 13v–17v), Weihe der Novizinnen (Fragment fol. 18r–25v), Oblationsordnung (fol. 25v–28r), Weihe der Konversenschwestern (fol. 28v–30v). Handschriftenbeschreibung in: Western Illuminated Manuscripts, Nr. 409 S. 387–388 und HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 95–96. 14 Lü 14, fol. 33r–47v. HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 53. SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 167–174. Hs 14 wurde zwischen 1481 und 1500 geschrieben, also im Anschluss an die Lüner Reform im Jahr 1481, SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 539. 15 SCHLOTHEUBER, Klostereintritt, behandelt alle Stationen am Beispiel von Kloster Lüne (3.3. Der Eintritt ins Kloster: Das Beispiel Lüne). 16 SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 129.

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2. Liturgie und Reform

bestimmungen auch keine weltlichen Lehrkinder aufnehmen sollten, war es wichtig, dass ein einmal in das Kloster gekommenes Mädchen auch als Nonne dort blieb. Über die Oblationspraxis in Medingen berichtet Lyßmann mit protestantischem Schauer: [Von den Lehrkindern des Closters:] etliche wurden zu den Zeiten des Pabsthums von ihren Eltern bey noch zarter Kindheit, ja manchesmahl noch in der Wiege dem Closter gewidmet und, sobald sie nur einer Wärterin entrathen konnten, dahin gebracht, in die Kirche vor den Altar geführet, ihre beyden Hände in einen Zipfel von dem Altarlaken eingewickelt, auch dabey von den Eltern zugleich, in ihrem Nahmen, das Votum abgelegt, und wenn solches geschehen, mußte das Kind zeit Lebens im Closter bleiben, es mogte hernach bey den Annis discretionis Lust dazu haben, oder nicht. Ja damit dasselbe nicht wieder aus dem Closter gehen könnte, wurde es gemeiniglich von den Eltern bei der Oblation zugleich Erbloß gemacht, und ihm damit völlig alle Gelegenheit entzogen in der Welt ausserhalb des Closters zu subsistiren. Diese Kinder wurden insgemein Puellae oblatae, und der Actus ihrer Darstellung im Closter Oblatio genannt (LYSSMANN S. 253)

Die Oblation involvierte auch die weltlichen Verwandten, die als gesetzliche Vertreter der Mädchen ebenso wie als Festgäste beiwohnten. 17 Mit den verstärkten Klausurbestimmungen, die weltliche Klostergäste auf ein Minimum reduzieren sollten, wurde auch dieses Element problematisch. 18 Die Schwierigkeiten des gesamten Aktes wie auch der Einbindung der weltlichen Besucher in das innerklösterliche Geschehen lassen sich an der Medinger Oblationsordnung studieren, die in drei Fassungen erhalten ist. Sie wurde zuerst zusammen mit den anderen Erweiterungen des Ursprungscodex von der Hand geschrieben, die auch die Zusätze im ersten Teil der Handschrift einfügte, und zwar zusammen mit den niederdeutschen Statuten auf einem separaten Binio, das in die alte letzte Quinione eingelegt wurde. 19 Die gleiche Hand bearbeitete dann diese Oblationsordnung durch Rasuren und Nachträge, von denen der wichtigste Passus den eigentlichen Akt der Oblation betrifft. Die radierte Rubrik lässt sich aber dadurch als erstes Stadium rekonstruieren, dass CA2, das später entstandene ›Rituale‹, zu diesem ursprünglichen Text zurückkehrt. Die mehrfache Überlieferung der Medinger Oblationsordnung erlaubt damit einen einmaligen Einblick in die Variablen eines Ritus innerhalb eines Reformkonvents. Von der Anlage her unterscheiden sich die beiden Versionen dadurch, dass CA2 ohne Musiknotation geschrieben und im Singular für ein Mädchen formuliert ist, während das Propst-Handbuch im Plural von den Mädchen spricht, wobei die Singularformen als optionale Alternative bei der Kleiderweihe angegeben sind. CA2 spricht von Klerus und Nonnen als SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 232. Zu den Konsequenzen der Klausurbestimmungen vgl. Kap. 2.1.5. 19 Vgl. zu den Erweiterungsprinzipien Kap. 3.3.5. 17 18

2.3. Die Nonnen

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clerus und chorus, das Propst-Handbuch verzeichnet nur einen Priester und den Konvent als sacerdos und conventus. Von Anfang an verlaufen die Routen unterschiedlich. Das Zeremoniell beginnt in dem Propst-Handbuch damit, dass die Eltern der Mädchen nach dem Evangelium oder Credo in der Messfeier vor die Tür des Nonnenchores hinaufgehen, der ja vom Kirchenschiff aus nur über eine Treppe erreichbar war (Abb. 4, Nr. 13), und die Mädchen von dort herunter in die Kirche vor den Hochaltar führen (Ascendant parentes puellarum ante ianuam chori et deducant puellas in ecclesiam ante summum altare fol. 114v), was vermuten lässt, dass die Mädchen zu diesem Zeitpunkt bereits eine Probezeit im Kloster zugebracht hatten und sich daher in dem Klausurbereich des Nonnenchors aufhielten. Diese Rubrik lag CA2 wohl vor, denn das Verb heißt weiterhin ascendere, aber die Eltern gehen eigentlich nicht hinauf, sondern holen das Mädchen aus der Sakristei (domus sacriste, CA2 fol. 25v) ab. Eine zweite Bruchstelle ist, dass das Wort parentes für die Eltern als männliche Verwandte glossiert wird: scilicet pater et vnus de cognatis frater vel awunculus (»d. h. der Vater und einer der Verwandten, ein Bruder oder Onkel«). Diese Umorientierung, bei der die Eltern sich nicht dem Nonnenchor näherten und die weiblichen Verwandten nicht dem Altar, führt die in der Reform geforderte striktere Trennung der einzelnen Gruppen weiter. Als Sakristei konnte in Medingen eine Kapelle genutzt werden, die bereits 1453 an den Chorraum angebaut worden war (Abb. 4, Nr. 3) und noch nach der Umwidmung zur Äbtissinnengrablege als ›Alte Sakristei‹ bezeichnet wurde. Vor allem aber unterscheidet sich, was dann als eigentlicher Oblationsakt am Hochaltar geschieht. Im jetzigen Zustand bietet die Rubrik eine sehr knappe Anweisung dazu, wie sich die Oblation ausführen lässt, wenn mehrere Mädchen gleichzeitig präsentiert werden: Si due vel tres puelle fuerint simul sedeant ad cornu altaris et parentes retro eas et offerant (»Wenn es zwei oder drei Mädchen sind, sollen sie gleichzeitig an der Ecke des Altars sitzen und die Eltern hinter ihnen und [sie] darbringen«, fol. 114v). Hier wurde also eine Form der Altarsetzung praktiziert. 20 Dabei handelt es sich um die umstrittene Praxis, die Kinder, die dem Kloster übergeben wurden, auf den Altar zu stellen. Diese Form der Oblation ist für Wienhausen bezeugt, so dass es wahrscheinlich ist, dass sie mit den die Reform unterstützenden Nonnen 1479 nach Medingen importiert wurde. Die gewöhnliche Wendung levari seu poni super altare (»heben oder setzen auf den Altar«), die in Wienhausen gebraucht wurde, verbindet sich in der Formulierung des Propst-Handbuchs sedere ad cornu altaris mit den biblischen Wendungen »sitzen zur Rechten Gottes« (Mt 20:23 u.ö.) und »bis an die Hörner des Altars« (Ps 117:27) in einer nicht ganz klaren Konstruktion. Allerdings war 20

SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 234,

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2. Liturgie und Reform

die Praxis in Wienhausen auch nicht unumstritten, sondern wurde Anfang des 16. Jahrhunderts noch von Visitatoren kritisiert. 21 Unter der Äbtissin Katharina Remstede (1501–1531) wurde entsprechend eine Questio de puellis offerendis abgefasst, die eine Stellungnahme des Hildesheimer Weihbischofs und ein theologisches Gutachten umfasste, 22 um dafür einzutreten, bey Annehmung der jungen Kloster Jungfern sie auff den Altären darzustellen und sie allso Gott dem Hn. zuu geben. Die Version in CA2 zeigt dagegen keine Spuren der umstrittenen Altarsetzung, sondern es ist die Form gewählt, die in der Benediktsregel für die Oblation vorgesehen ist; darauf wird auch ausdrücklich hingewiesen: accedant pater et mater accipientes filiam suam inter se. et ducant eam ad dexteram cornu altaris flectentes ibidem genua. et secundum Regulam sancti Benedicti involuant manus pueri in palla altaris. et sic offerant filiam suam cum oblacione. (CA2 fol. 26r) Vater und Mutter treten heran, nehmen ihre Tochter zwischen sich und führen sie zur Ecke des Altars. Dort knien sie nieder und schlagen nach der Regel des heiligen Benedikt die Hände des Kindes in das Altartuch. So bringen sie ihre Tochter mit der Oblation dar.

Die Vorschrift für die Form der Oblation folgt tatsächlich so genau der Benediktsregel, 23 dass auch die Bezeichnung des Mädchens von dort übernommen wird; während es sonst in CA2 durchgängig puella genannt wird, werden hier die Termini filia und puer (noch nicht geweihtes Kind) benutzt.24 Die ursprüngliche Rubrik im Propst-Handbuch, der noch vier weitere Textzeilen folgen, enthielt wohl genau diese Formulierung mit dem Hinweis auf die Benediktsregel: Accedant pater et mater puellarum accipientes filiam suam inter se et ducant ad cornu altaris […?] flectentes ibidem genua et secundum Regula benedicti involvant manus puellarum in palla altaris et sic offerant filiam suam. Vater und Mutter treten heran, ihre Tochter zwischen sich nehmend, und führen sie zur Ecke des Altars, […] die Knie beugend, und nach der Regel des heiligen Benedikt schlagen sie die Hände des Kindes in das Altartuch, und so bringen sie ihre Tochter dar.

Es lassen sich also drei Stadien feststellen. Am Anfang stand im PropstHandbuch die »orthodoxe« Händeeinwicklung ins Altartuch, die bei der Erweiterung des Handbuchs auf Zusatzblättern eingetragen wurde. Zeitnah radierte die gleiche Schreiberin den Hinweis auf die Händeeinwicklung aus und ersetzte sie durch eine kurze Bemerkung dazu, wie eine Altarsetzung mit mehreren Mädchen bewerkstelligt werden konnte; das geAPPUHN, Chronik S. 35. SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 237–238. 23 Textnachweise bei SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 179 mit Abb. 5, die eine Oblation durch Einhüllen der Hände zeigt. 24 puer wurde geschlechtsneutral für Kinder vor der Oblation gebraucht, SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 126 Anm. 26. 21 22

2.3. Die Nonnen

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schah vielleicht unmittelbar während der Anwesenheit der ReformDelegation aus Wienhausen im Jahre 1479, die von der dort üblichen Praxis berichten konnte. Warum in CA2 geändert wurde, wo die Eltern die Töchter abholten, wer sie abholte und wie die Oblation erfolgte, und wieder die Form der Benediktsregel gewählt wurde, ist unklar. In dem Visitationsbericht für das Zisterzienserinnenkloster Frankenhausen in Thüringen von 1465 wird von dem Kloster gefordert, zu der in der Benediktsregel vorgeschriebenen Praxis des Einschlagens der Hände ins Altartuch zurückzukehren und außerdem Laien nicht länger zu erlauben, bei der Oblation den Nonnenchor zu betreten. 25 Möglicherweise führten ähnliche Monita wie in Frankenberg dazu, die konservative Form im ›Rituale‹ der Äbtissinnenzeit wieder aufzugreifen, obwohl die Handschrift CA2 zuerst ja wohl von der Äbtissin Margarete Puffen, die selbst eine ehemalige Wienhäuserin war, genutzt wurde. 26 In dem Geschehen nach dem eigentlichen Oblationsakt bestehen weniger Unterschiede zwischen den Medinger Ordnungen. In beiden Versionen legen danach die Mädchen die corona, die noch nicht Teil der geistlichen Kleidung war, ab (deponant puelle coronam siue crinale de capitibus suis super altare). Anschließend bitten sie, zusammen mit ihren weiblichen Verwandten (cum matribus et cognatis), vor dem Altar um Gnade; im Propst-Handbuch wird dafür die Proskynese spezifiziert (prosternantur ante altare), während in CA2 nichts zur Form steht. Eine Vorstellung davon, wie dieses Niederwerfen aussah, vermittelt eine Initiale im Processionale und Rituale aus Steterburg, das eine Novizin mit ausgebreiteten Armen auf dem durch ein Kissen abgepolsterten Fliesenboden der Kirche darstellt; vor ihr steht der Priester mit einem Buch, hinter ihr zwei Nonnen mit corona und eine rot gekleidete Frau, wohl eine der weiblichen Verwandten, mit der Kerze. 27 Ein weiterer wichtiger Zusatz ist im Propst-Handbuch die Bestätigung, dass es sich bei der folgenden Besprengung der geistlichen Kleider mit Weihwasser um einen Brauch der Zisterzienserordnung »nach der Ordnung des seligen Abts Bernhard« (secundum instituta beati Bernhardi abbatis) handelt. Bemerkenswert ist der ausdrückliche Rückbezug auf den heiligen Bernhard vor allem deshalb, weil die Zisterzienser entsprechende Zeremonien an sich nicht vorgesehen hatten, da zunächst keine Frauen in ihren Orden aufgenommen wurden und die Männer im Erwachsenenalter eintraten. Die Rückversicherung an den Orden, die im Propst-Handbuch zum SCHLOTHEUBER, Klostereintritt S. 234–235. Lyßmann, der das Propst-Handbuch ebenso wie CA2 benutzte, scheint beide Traditionen miteinander zu verbinden, wenn er davon spricht, dass den Mädchen die »Hände in einen Zipfel von dem Altarlaken eingewickelt« wurden, aber diese Handlung Teil »ihrer Darstellung im Closter« sei (LYSSMANN S. 253 in dem oben angeführten Zitat). 27 Wol 1028 fol. 50r; CARMASSI, Prozessionale S. 267 mit Abb. 151. 25 26

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2. Liturgie und Reform

Ausdruck kommt, zeigt, dass es den Frauen in Medingen auch ohne Vollinkorporation möglich war, durch die Verbindung solcher Elemente oder auch mit Hilfe von Gebeten aus Zeremonien, die für andere liturgische Gelegenheiten geschrieben waren, sich an den Orden zu binden. Diese Kleiderweihe geschieht, während der Konvent einen Psalm singt. In beiden Oblationsordnungen ist nur pauschal angegeben, dass die virgines ›Miserere‹ (Ps 50) singen. In einem Psalterium, das für Medingen mit ergänzter Litanei und einleitenden Gebeten adaptiert ist, haben sich Gebete erhalten, die von den beteiligten Nonnen vor und nach den Psalmen gesprochen werden sollten. 28 Der Psalter-Anhang ergänzt das Propst-Handbuch, denn es wird hier für den Gebrauch der Nonne, die kniend vor ihrem Apostel Johannes auf fol. 10r gezeigt wird, genau das notiert, was dort ausgelassen ist, nämlich die Gebete, die von den Nonnen vor und nach dem Psalm gesprochen werden. In den Gebeten heißt es: Ante oblacionem puellarum ad psalmum primum Protege domine famulam tuam per signum sancte crucis ab omnibus inuidiis inimicorum omnium vt tibi gratam exhibeat seruitutem et acceptabile tibi fiat sacrificium eius. Post psalmos Protege domine famulam tuam subsidiis pacis et beate | marie virginis patrocinio confitentem a cunctis hostibus et angustiis redde securam per cristum. (HH8 fol. 169v–170r) Vor der Oblation der Mädchen zum ersten Psalm: Schütze, Herr, deine Dienerin durch das Zeichen des heiligen Kreuzes vor allen Fallstricken aller Feinde, dass sie dir dankbaren Dienst erweist und dir ihr Opfer angenehm wird. Nach den Psalmen: Schütze, Herr, deine Dienerin, die auf die Unterstützungen des Friedens und auf das Patrozinium der seligen Jungfrau Maria vertraut, vor allen Feinden und Schrecken, und mache sie sicher durch Christus.

Es folgen drei Gebete, die von dem Propst zur Kleiderweihe gesprochen werden. Die Nonnen schließen ihren Gesang danach ab und sprechen im Wechsel mit dem Propst das Vaterunser. Es folgen zwei weitere Gebete, auf die nun der Konvent mit »Amen« antwortet, bevor dann die cantrix die Bitte um den Heiligen Geist, das Veni creator spiritus, anstimmt. Der folgende Kleiderwechsel findet jeweils an dem Ort statt, an dem die Oblationsfeier begann. Im Propst-Handbuch führen Propst und Beichtvater die Mädchen auf den Nonnenchor vor den dortigen Altar, während sie in CA2 ihre Kleider in der Sakristei gegen das geistliche Gewand eintauschen. Dabei wird nur in CA2 vermerkt, dass dem Propst dabei die Priorin assistiert und dass weitere Nonnen, darunter die Sub-Priorin, in der Sakristei anwesend sind. Diese Ämterbezeichnung ist deshalb auffallend, weil hier die Äbtissin, die bei den anderen Ritualen in CA2 eine prominente Rolle spielt, nicht genannt wird: Tunc in domo predicta puella Domino preposito presente exuatur rebus secularibus. et dicat prepositus Exuat te dominus veterem hominem cum actibus suis. Dompna priorissa. 28

STORK, Handschriften S. 349 und Abb. 4–6.

2.3. Die Nonnen

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et subpriorissa cum suis astantibus respondeant. Amen Deinde induatur rebus Monasterij a domino preposito et domina priorissa et dicat prepositus. Induat te dominus nouum hominem qui secundum deum creatus est in iustitica et sanctitate veritatis. Domina Priorissa et alie Amen (CA3 fol. 26v–27r) Dann legt das Mädchen in dem bereits genannten Raum im Beisein des Propstes die weltlichen Kleider ab und der Propst sagt: »Es zieht dir der Herr den alten Menschen mit seinen Werken aus.« Die Priorin und Subpriorin antworten mit den Umstehenden: »Amen«. Darauf wird das Mädchen mit der Klostertracht von dem Propst und der Priorin bekleidet und der Propst sagt: »Der Herr bekleidet dich als neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und in der Heiligkeit der Wahrheit.« Die Priorin und die anderen sagen: »Amen«.

Die Mädchen werden von dort zurück in die Kirche geführt, wo die weltlichen Kleider auf dem Hochaltar dargebracht werden, bevor dann in beiden Fassungen die eigentliche Aufnahme in den Konvent vor der Tür des Nonnenchors geschieht. Die cantrix stimmt für den Gang zum Altar und zum Nonnenchor jeweils Gesänge an, die dem Hohenlied entnommen sind. Von der Antiphon davor ist nur das Incipit ›Ista est speciosa‹ angegeben. 29 Es wird sich um den gleichen Wechselgesang handeln, den Lyßmann für die Nonnenkrönung nach der Predigt verzeichnet: »Zuerst trat der Prälat unten in die Kirche in seinen Pontificalibus vor den Altar, und hielt einen kurzen Sermon von der geistlichen Vermählung Christi mit der Kirche, seiner Braut; war derselbe geendigte; so kamen die Coronandae, so viel ihrer waren, in Proceßion Paarweise von dem Jungfrauenchore unten in die Kirche, mit brennenden Wachslichtern in den Händen, und stelleten sich mitten auf dem Chore gegen dem Altar. Alsdenn wurde der Gesang Veni sancte Spiritus &c. von der gantzen Gemeine gesungen; nach dessen Endigung kehrte sich der Prälat vor dem Altar um, sahe die Kinder an, und sang Cantic. VI. 9. Quae est ista, quae sicut aurora progreditur, pulchra ut luna, electa ut sol, terribilis, ut castrorum acies ordinata? Darauf antwortete der gantze Chor aus dem vorhergehenden 8ten Vers. Ista est speciosa inter filias Ierusalem. Viderunt eam filiae Sion, & beatissimam praedicaverunt, & Reginae faciem ejus laudaverunt.« (LYSSMANN S. 256)

Es ist möglich, dass zu diesem in besonderer Weise mit den Nonnen verbundenen Responsorium in Medingen auch Orgelmusik erklang. 30 Danach steht im Propst-Handbuch die ebenfalls dem Hohenlied entnommene Antiphon ›Veni in ortum meum‹, die von dem »Garten« spricht, der als der 29 ›Ista est speciosa‹ ist wohl Cantus DI 003416 aus dem ›Commune virginum‹: Ista est speciosa inter filias Jerusalem in cubilibus et in hortis aromatum. Die folgende Antiphon ›Veni in ortum meum‹ ist wohl Cantus ID 005325. 30 In dem Calenberger Kloster Mariensee ist ›Ista est speciosa‹ als Wechselgesang der Nonnen mit dem Propst an Mariä Himmelfahrt auf dem Nonnenchor in Kombination mit Orgelspiel im 1522 geschriebenen Gebetbuch der Odilia von Alden (Kloster Mariensee, ohne Signatur fol. 74r) bezeugt. Das Responsorium wurde dafür auf einem eigenen Zettel als einziges Stück mit musikalischer Notation versehen in das Gebetbuch eingefügt. Zur Sondergenehmigung für die Nutzung der Orgel auf dem Nonnenchor vgl. Kap. 2.3.3.

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2. Liturgie und Reform

Konvent verstanden werden kann, in den die Mädchen nun eintreten. Entsprechend stimmen dann auch die Mädchen mit dem Responsorium ›Regnum mundi‹ mitsamt dem Versus und Gloria in den Gesang ein. Es folgen ein weiterer Wechselgesang und ein Gebet, bevor der Propst die Predigt hält. 31 Am Abschluss steht eine weitere Repetition, die in CA3 nicht enthalten ist; dort folgt nur noch die nachgetragene Kleiderweihe auf fol. 27v. Auch im Propst-Handbuch wird der Text nicht mehr ausgeschrieben, sondern stattdessen für ›Cherubym‹ und das abschließende ›Gloria‹ auf den Himmelfahrtstag verwiesen, wo der Text vollständig notiert ist (fol. 63rb–vb). Die Oblationsordnung mit ihrer komplexen Choreographie von Propst, Konvent und Familien der Kinder erforderte eine genauere Aufzeichnung der Abläufe auch jenseits dessen, was der Propst selbst zu singen und zu tun hatte. Dadurch zeigt der kurze Text auf, was sich in den anderen Teilen des Propst-Handbuchs alles dem Blick entzieht: die aktive Beteiligung der Nonnen am geistlichen und liturgischen Geschehen, die sich in reicher musikalischer Gestaltung komplexer Gesänge ebenso äußerte wie in den strukturierten Handlungsabläufen, mit denen nicht nur der Nonnenchor, sondern alle Teile der Klausur erfasst wurden. Diese im Handbuch fehlenden Aktionen und Texte müssen mitgedacht werden, wenn es um eine Rekonstruktion der Liturgie der Nonnen aus dem Handbuch geht. 2.3.3.

Die Liturgie der Nonnen

Für Kloster Medingen kamen Konventsmessen, wie sie in von Ordensgeistlichen betreuten Klöstern neben dem öffentlichen Gemeindegottesdienst stattfanden, nicht in Frage, da die geistliche und liturgische Betreuung des Klosters in den Händen von Weltgeistlichen der Diözese Verden lag. Lyßmann unterscheidet daher nur zwei Arten des Gottesdienstes, den öffentlichen Gottesdienst und das Officium divinum, das er als Privatgottesdienst der Nonnen bezeichnet: »Vor Alters, zu den Zeiten des Pabstthums, hielten unsere hiesige Conventualinnen, ausser dem den [!] öffentlichen Gottesdienste, die 7. gewöhnlichen Horas Canonicas […]« (LYSSMANN S. 208). Ansonsten unterscheidet Lyßmann als lutherischer Prädikant des 18. Jahrhunderts nicht zwischen Liturgie vor und nach der Klosterreform. Für liturgische Fragen im Zusammenhang mit der Klosterreform des 15. Jahrhunderts muss daher auf Berichte aus anderen norddeutschen Frauenklöstern zurückgegriffen werden.

31 Lyßmann hatte noch Zugriff auf eine Sammlung von Propst-Predigten, die einen Eindruck davon vermitteln, welche Themen zu diesem Anlass behandelt wurden, etwa zur geistlichen Vermählung Christi mit seiner Braut, der Kirche (LYSSMANN S. 256).

2.3. Die Nonnen

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In der für das Kloster Wienhausen 1483 ausgefertigten Visitationsakte stehen liturgische Monita an erster Stelle. 32 Dazu gehören unter anderem die regelmäßige Teilnahme am Stundengebet, das gleichmäßige Psalmodieren unter Einhaltung der erforderlichen Pause am Ende der Halbverse sowie die Ermahnung, die Liturgie der öffentlichen Gottesdienste nicht mehr gemeinsam mit dem Weltklerus zu feiern. 33 Auffallend ist die relativ große zeitliche Distanz von 14 Jahren zwischen der Einführung der Reform im Jahr 1469 und der Ausstellung dieser Visitationsakte im Jahr 1483, also vier Jahre, nachdem Wienhäuser Nonnen selbst bei der Einführung der Klosterreform in Medingen eingesetzt worden waren. In dieser zeitlichen Verzögerung könnte auch ein Grund für die Überarbeitung der Gebräuche bei der Oblation im Propst-Handbuch liegen (vgl. Kap. 2.3.2.). Auch in der Visitationsakte aus Kloster Isenhagen, die erst 1506, also 18 Jahre nach Einführung der Reform ausgestellt wurde, standen an erster Stelle liturgische Monita: Die Nonnen werden ermahnt, die Gottesdienste und Marien-Horen mit den gehörigen Pausen und nicht schreiend zu singen, quia non clamor sed amor sonat in aure Dei (»denn nicht Geschrei, sondern Liebe tönt wohl im Ohr Gottes«). 34 Zuspätkommen zu liturgischen Feiern wird als schlechte Vorbereitung gewertet und andachtsvolles Verhalten gefordert. Gemeinsame Feiern mit dem Klerus gehören in der Isenhagener Urkunde nicht zu den Kritikpunkten, was darauf hinweist, dass die Trennung von Klerus und Nonnen in Isenhagen schneller vonstatten ging als in Wienhausen. Vor der Einführung der Reform wurden die Messen in den Klosterkirchen von den unterschiedlichen Teilnehmern gemeinsam gefeiert: in Medingen von dem Propst und seinem Klerus, den Propsteischülern, den Nonnen und den weltlichen Laien, oft Angehörigen der Nonnen (LYSSMANN S. 183–184). Solche gemeinsamen Feiern wurden von dem Klosterreformator Johannes Busch ausgesprochen negativ beurteilt. So passten beispielsweise die Kleriker im Zisterzienserinnenkloster Mariensee bei Wechselgesängen ihre Stimmhöhe der der Nonnen an, was Busch unakzeptabel fand; er begab sich darauf auf den Nonnenchor und fungierte selbst als Vorsänger, bis die Nonnen selbstständig diese Form des liturgischen Gesangs beherrschten und »ohne derartigen Lärm moderat und Wienhausen U 554 vom 7. Juli 1483. Insuper prohibemus ne moniales missas ac quecumque cantum alternatim cum sacerdotibus decantent sed iuxta librum vsuum ac diffinicionum solesnum cantum persoluant horas eciam beate virginis… (»Außerdem verbieten wir den Nonnen, Messen oder anderen Gesang im Wechsel mit den Priestern zu singen, sondern sie sollen vorschriftsgemäß lediglich die Mariengebete singen.«) Wienhausen U 554 S. 2. 34 Zitat nach dem Regest der Visitationsurkunde vom 14. Februar 1506, Klosterarchiv Isenhagen, UB Isenhagen (1959–1961, masch.). 32 33

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2. Liturgie und Reform

fromm sangen« (donec per se eandem formam cantandi arriperent et sine tali clamore moderate et religiose de cetero cantarent). 35 Auch während des liturgischen Chorgebets sangen die Frauen vor der Reform keine Gesänge ihrer eigenen Ordensliturgie. Elisabeth von Winsen notierte in dem Psalterium HI2 ein Jahr vor der Reform des Klosters die vollständig notierten Antiphonen, die der Diözesanliturgie folgten. Nach der Reform wurde dagegen das Officium divinum nach zisterziensischem Ritus gefeiert und die Nonnen verwendeten später während des Offiziums u.a. eine gedruckte Ausgabe des Zisterzienserbreviers von 1521 (LYSSMANN S. 214). 36 Für das Kloster Wienhausen wurden nach der Reform im Zisterzienserkloster Marienrode neue liturgische Handschriften bestellt, um ordensspezifische statt weltgeistliche Gesänge singen zu können und sich Schritt für Schritt dem Zisterziensergebrauch anzunähern (ut seculari cantu pretermisso cantum ordinis sui possent assumere et ordini suo cisterciensi in omnibus successive se conformare). Auch dem Kloster Derneburg untersagte Busch weltgeistlichen Gesang. 37 Nur an vier Stellen des ersten Teils des Propst-Handbuchs sind in der Überarbeitungsschicht aktive Beiträge der Nonnen zur Liturgie aufgenommen. An zwei Stellen, bei der Antiphon nach Crux fidelis am Karfreitag und bei der eingangs erwähnten Litanei (fol. 47r), wird nur die Tatsache notiert, dass sie singen. Die Ausführung der Litanei der Nonnen nach der Zisterzienserordnung und die Abfolge von Taufwasserweihe, Litanei und Messe mit Glockengeläut ist aber in einem der niederdeutschen Orationalien aus Medingen bezeugt: 38 Na der wiginge der dopen ropt men echtes alle godes hilgen an dat se vor vns bidden dat wi desse paschelken hochtid moten werdelken began vnde singet Kyrieleyson vnde dar negest wert begunt de alder soteste vnde frolikeste misse so wert de Paschelke werschop bereth alle clocken clinget | vnde ludet dede suß lange stum sint gewest alle creaturen de louet god en iewelk na siner macht So laue du ok god vnde sprick mit innicheit dines herten. (HH2 fol. 20r/v) Nach der Weihe des Taufbeckens ruft man alle Heiligen Gottes an, dass sie für uns bitten, dass wir diese österlichen Freudenzeit würdig begehen, und singt »Kyrieleison«, und danach fängt die allersüßeste und fröhlichste Messe an, bei der die Osterfeier vorbereitet wird. Alle Glocken, die so lange stumm waren, klingen, alle Kreaturen loben Gott, jeder nach seinem Vermögen. So lobe auch du Gott und sprich mit Andacht deines Herzens: …

GRUBE, Johannes Busch S. 565. Mit Dank an Bertram Lesser für Übersetzungshilfe und den Vorab-Einblick in seine neue Ausgabe, die 2014 erscheinen soll. 36 1521 wurde u.a. in Paris von Jean Kerbriant und von Pierre Viart ein ›Breuiarium ad vsum Cisterciensem ordinis‹ gedruckt. 37 GRUBE, Johannes Busch S. 588 und 634. 38 Zur Aufführungsform der Litanei vgl. BÄRSCH, Osterfestkreis S. 348. 35

2.3. Die Nonnen

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HH2 fol. 20v, Schluss der Rubrik mit dem österlichen Freudenjubel

An den beiden weiteren Stellen, an denen das Propst-Handbuch die Nonnen nennt, sind die Gesänge notiert, wohl der Verdener Diözesanliturgie folgend. 39 Die Festtage, für die diese Gesänge verzeichnet sind, sind Karfreitag (›Ecce lignum‹ fol. 27vb–28rb) 40 und Mariä Reinigung, die als hoher zisterziensischer Festtage die Nonnen in die Feier mit einbezogen. Die Antiphon ›Lumen ad revelationem gentium‹ (fol. 8rb), die die Nonnen singen, umrahmt die einzelnen Verse des Lobgesangs des Simeon ›Nunc dimittis‹ in der Weise einer Repetitio. 41 Eine besondere Verbindung zu den Nonnen lässt sich auch an den Stellen erkennen, an denen auf den Zisterzienserorden verwiesen wird. 42 So hat die zusätzliche zisterziensische Segnung der Kerzen zu Mariä Reinigung als Thema, dem Bräutigam entgegen zu gehen. Das Segensgebet endet: quatinus obuiam sponso pergentes. / lampadarum lumine splendentes. / ad nupcias valeant intrare gaudentes (fol. 11ra/b) bis wir, die wir dem Bräutigam entgegengehen und im Licht der Lampen strahlen, freudig zur Hochzeit treten können.

Hier wird offensichtlich ein für die Nonnen zentraler Aspekt der Lichtfeier, die Verbindung zu den klugen Jungfrauen, die sich mit brennenden Öllampen sich auf die Hochzeit vorbereiten, durch das ordensspezifische Gebet betont, das auch ausnahmsweise Verse umfasst. Diese Art der Reimprosa ist in großer Fülle in den Orationalien vertreten, für die die Nonnen teilweise 39 Für die zisterziensische Melodie von ›Lumen ad revelationem gentium‹ und ›Nunc dimittis‹ vgl. das Wienhäuser Prozessionale Wie 34 fol. 1r. Ein notiertes Missale aus Verden konnte bisher nicht gefunden werden; als liturgisches Referenzkorpus dient das gedruckte unnotierte ›Missale Verdense‹. 40 Zur Bedeutung des Feiertags für das Zusammenwirken von Klerus, Nonnen und Laien vgl. Kap 2.2.5. 41 Fol. 8v: Et sic canentur singuli versus et Gloria patri similter cum repeticione deinde dicat sacerdos Oremus. (»Auf diese Weise singen sie alle Verse und ebenso das ›Ehre sei dem Vater‹ mit der Wiederholung. Dann sagt der Priester ›Lasst uns beten‹.«) 42 Fol. 11ra, 24r, 29r, vgl. Kap. 2.2.3.

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2. Liturgie und Reform

auf bestehende Gebete zurückgriffen, teilweise selbst lateinische und niederdeutsche Stücke verfassten. 43 Sie konnten sich also an ihrer Ordensliturgie Anregungen für die eigene Textproduktion holen. Diese Orationalien kamen wohl während der Messe zum Einsatz, der die Nonnen vom Chor aus folgten. Sie referieren auch musikalisch die Vorgänge während der Messe, da sowohl Gesänge des Ordinarium als auch des Proprium stichwortartig mit linienloser Notation vermeldet werden. So steht beispielsweise in HI1, dem 1478 von Winheyde geschriebenen Orationale, ein untropierter notierter Kyriegesang auf fol. 102r. Die Rubriken in den Orationalien beziehen sich teilweise auf die private Andacht zwischen den gemeinsamen Gebeten und der Messe mit Angaben wie Post matutinas dum exis de choro (HI3 fol. 49r) 44, aber teilweise sehen sie auch die simultane Benutzung vor, wenn etwa Gebete angegeben werden, die under dem stilnisse (»während des Kanons«, GO fol. 53v, HV3 fol. 300r u.ö.) innerlich gesprochen werden konnten. 45 Dagegen sangen im Augustiner-Chorfrauenstift Steterburg die Chorfrauen auch nach der Reform gemeinsam mit dem Klerus die Osternachtsmesse im Kirchenraum. 46 Im Augustiner-Chorfrauenstift Heiningen wiederum waren die Frauen während dieser Messe auf den Nonnenchor beschränkt, aber gleichzeitig ist ihr liturgisches Handeln verstärkt: Gesänge, deren Intonation in Medingen dem Propst zufällt, werden in Heiningen von der Priorin angestimmt. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen normativer Vorgabe der Reformer und der praktischen Realität der einzelnen Klöster ist kaum zu begründen. 47 Visitationsberichte, wie sie aus Wienhausen und Isenhagen überliefert sind, spiegeln eine von den Reformatoren unerwünschte Vielfalt im Umgang mit den neuen Regeln der Reform. Gerade diese Vielfalt verdeutlich aber »den Spielraum, den man auszuschöpfen vermochte – in Verhandlungen, die sich nach der Reform fortgesetzt haben werden, wie nicht nur, aber besonders deutlich die Korrekturen im Heininger Ordinarius zeigen.« 48 Dieser Spielraum in der Adaptation normativer Vorgaben in der Liturgie spiegelt sich auch im Handbuch des Medinger Propstes wider. Obwohl Propst und Klerus während der Messfeiern eindeutig die Hauptrolle zukommt, fallen den Nonnen einige Schlüssel-Gesänge zu: der komplexe Gesang an Mariä Reinigung, die Beteiligung an der Antiphon ›Ecce LÄHNEMANN, Bilingual Devotion S. 323 zu »Multilingual Textual Collages«. Weitere Belege LÄHNEMANN, Der Auferstandene S. 106. 45 Vgl. das Verzeichnis 6.2., in dem auch angegeben ist, welche der Orationalien die Nonnen, welche die Konversen (dazu Kap. 2.4.2.) und welche Laien nutzten. 46 LUTZ, Identität S. 65, 67. 47 LUTZ, Identität S. 64. 48 LUTZ, Identität S. 67–68. 43 44

2.3. Die Nonnen

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lignum‹ zur Kreuzeserhebung und das dreifache Trishagion als Antwort auf die Improperien ebenso wie drei inhaltlich bedeutungsvolle Gesänge in den jeweiligen Feiern. Auffallend ist, dass im Propst-Handbuch kein Orgelspiel und keine Mehrstimmigkeit (auch nicht als Verbot) erwähnt wird. 49 Das kann mit der Unsicherheit in diesen Punkten unmittelbar nach der Klosterreform zusammenhängen. Windesheimer Einfluss sorgte dafür, dass Orgelspiel und elaborierte Mehrstimmigkeit in Reformklöstern nicht akzeptiert waren. Die Medinger Kirche besaß zwei Orgeln: eine größere im Kirchenschiff und eine weitere auf dem Nonnenchor. 50 Für die Medinger Nonnen war es offenbar ein wichtiger Punkt, nach Einführung der Reform zumindest einen Teil der bisherigen Praxis des Orgelspiels, nämlich das Spiel auf dem Nonnenchor, beizubehalten. Sie richteten ein Bittschreiben an den Bischof, worin sie um die Erlaubnis baten, an Aposteltagen auf der Orgel des Nonnenchors spielen zu dürfen. 51 In den Medinger Orationalien wird Orgelspiel an vielen Stellen sowohl als innere Vorstellung gefordert wie als praktische Tätigkeit genannt und auf den Blatträndern finden sich auch mehrfach orgelspielende Nonnen. 52 CA2 erwähnt bei der Nonnenkrönung durch den Bischof, dass zur Kommunion der Mädchen mit Beteiligung der Orgel gesungen werde. 53 Auf die Orgel im Medinger Kirchenraum, die von einem Kleriker hätte gespielt werden müssen, sind keine Hinweise aus der Zeit zwischen Reform und lutherischer Reformation bekannt. Auch mehrstimmiger Gesang, selbst wenn er nur als »simple polyphony« ausgeführt worden wäre, wird im Ordinarius nicht erwähnt. Dass einfache Mehrstimmigkeit in Medingen durchaus zu den musikalischen Möglichkeiten gehörte, zeigt eine zweistimmige Fassung der Ostercantio Christus

49 Der ›Liber Ordinarius‹ der Mariakerk in Utrecht, geschrieben um 1425, enthält mehrere allgemeine Anweisungen zum liturgischen Orgelspiel (»in organis«). VELLEKOOP, Liber Ordinarius S. 52, 71, 97, 98, 110, 172, 215. 50 LYSSMANN S. 50, 123. Auf Tafel 12 ist eine Nonne beim Orgelspiel auf dem Nonnenchor dargestellt. 51 Vgl. Kap. 2.1.5. zur Umsetzung der Reform und HASCHER-BURGER, Orgelspiel versus Orgelverbot. Zur Bedeutung der Aposteltage für die Nonnen vgl. LÄHNEMANN, Apostelverehrung. 52 LÄHNEMANN, Per organa. HI1 fol. 44r, 119r und K2 fol. 50v. HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 159, 162, 176. 53 CA2, fol. 2r: dum puelle communicant. cantetur in organis Hec est sponsa summi regis et cetera (AH 49 Nr. 399, S. 189). Auch hier ist die Orgel auf dem Nonnenchor gemeint, da die Nonnenkrönung nicht im Kirchenschiff, sondern auf dem Nonnenchor stattgefunden hat.

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2. Liturgie und Reform

resurrexit, 54 aber dieser Gesang der Nonnen fand möglicherweise außerhalb der Liturgie statt. 55 Einige wichtige Zeugnisse der Bedeutung der lateinischen MessLiturgie für die Nonnen finden sich in der Auseinandersetzung des 16. Jahrhunderts um die Annahme der lutherischen Reformation. In das Jahr vor deren offizieller Annahme datiert der Beschwerdebrief des Klosters vom 1. Juni 1553 gegen den lutherischen Prediger, der zwar einiges Nützliche gepredigt, doch immer viel Unnützes hineingemischt habe. Die entscheidende Bitte aber betraf ihre eigene Beteiligung an dem gottesdienstlichen Geschehen: bidden averst missam, introitum, kyrieleyßon, gloria in excelsis, prefationem uns in Latino wyllet singen laten; dat wy scholden dudesch singen alße de senge, wo dusse gedan hefft, denke wy nicht tho donde, denne wy der Lattinschen senge gewonth. (UB Nr. 702) Wir bitten darum, Messe, Introitus, Kyrie, Gloria und Präfation auf Latein singen zu dürfen; wir beabsichtigen nicht, die liturgischen Stücke auf Deutsch zu singen, denn wir sind an die lateinischen Gesänge gewöhnt.

Die Nonnen hatten damit Erfolg; der Prediger wurde am 6. März 1554 ersetzt und die Messgesänge blieben lateinisch. 56 Das verweist auf die Wichtigkeit der Liturgie als identitätsstiftender Teil des Klosterlebens, der gerade in der Klosterreform des 15. Jahrhunderts wieder gestärkt worden war. Ein weiteres entscheidendes Merkmal war die Klausur, und die daraus resultierende Neuordnung der räumlichen Bewegungsspielräume der Nonnen, die sich vor allem bei den Prozessionen manifestierte. 57 Im PropstHandbuch werden dreizehn Prozessionen aufgeführt, 58 von denen sechs vom Klerus nach der Verdener Liturgie ausgeführt werden sollten. Nur die Prozession durch den Kreuzgang zu Fronleichnam, die sich an die Prozession des Klerus anschloss, dürfte von den Frauen ausgeführt worden sein. Die Nonnen wurden dazu vor der Messfeier vom Propst abgeholt, der als 54 HI5 fol. 16r–17v; die zweistimmige Fassung ist sonst bisher nicht nachweisbar, HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 85. 55 Einfacher mehrstimmiger Gesang war in spätmittelalterlichen Frauenklöstern des niederländisch-norddeutschen Raums durchaus üblich. Aus Kloster Lüne ist ein Fragment mit zweistimmigen Cantionen erhalten, das dem größeren Format und der Aufmachung nach zu schließen einer liturgischen Handschrift angehört haben könnte, Lü 11; vgl. HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 52. Aus dem Windesheimer Chorfrauenkloster Soeterbeeck sind zweistimmige lateinische und niederländische Weihnachtslieder in einem Hymnarfragment aufgeschrieben. Nijm 475, fol. 73r–83v. KIENHORST, Rijkdom in eenvoud S. 113. 56 LÄHNEMANN, Nonnenkrieg. 57 Zum Kreuzgang als Prozessionsraum der Nonnen und den ›Geistigen Pilgerfahrten‹, die damit verbunden werden konnten vgl. SIART, Kreuzgänge S. 288–290. 58 Fol. 8v, 17v–24r, 29r, 31r, 55v, 56r, 58v, 64r, 64v, 66r; vgl. Kap. 2.2.1.

2.3. Die Nonnen

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einziger Mann Zugang zum Nonnenchor und von dort aus zum Kreuzgang hatte: In die sollempnitatis sacramenti altaris fiat processio sollempnis et in reditu ascendat dominus prepositus cum sacramento chorum virginum et fit denuo processio per ambitum monasterij. qua peracta post antiphona. O sacrum conuiuium. fiat missa. (fol. 64rb). An dem Feiertag für das Altarsakrament erfolgt eine feierliche Prozession, und auf dem Rückweg steigt der Propst mit dem Sakrament auf den Nonnenchor, und eine weitere Prozession erfolgt durch den Kreuzgang des Kloster; wenn das stattgefunden hat, wird nach der Antiphon ›O sacrum convivium‹ die Messe gefeiert.

Lyßmann verfügte neben dem Propst-Handbuch noch über weitere Information zu Prozessionen in Medingen, aus denen er weitere Details zu den beiden Fronleichnamsprozessionen ergänzt: Die erste ging, wie gewöhnlich, durch das Closter ins Paradieß, und von da wieder in die Kirche, es wurde auch bey derselben die gewöhnliche Station gemacht […]. Wenn diese Proceßion geendiget war, ging der Propst mit der Hostie auf den Jungfrauenchor, wobey alsdenn die Jungfräuliche Versammlung ihre abergläubische Devotion verrichtete. Hiernächst wurde noch einst eine Proceßion durch die Creutzgänge des Closters gehalten, und dabey von den Conventualinnen gesungen: O sacrum convivium. (LYSSMANN S. 233)

Die Nonnen wurden durch die Klausurbestimmungen daran gehindert, an den Prozessionen des Klerus durch die Kirche teilzunehmen. Die Prozessionen der Augustinerchorfrauen des Stifts Heiningen jedenfalls waren nach der Reform auf den Nonnenchor und den von dort aus zugänglichen Kreuzgang beschränkt. 59 Der Heininger ›Liber Ordinarius‹ und ein damit weitgehend übereinstimmendes handliches, persönliches Prozessionale belegen aber auch, dass in diesem von der Klausur definierten Bereich die Nonnen musikalisch aktiv mitgestalten konnten; so singen dort zwei jüngere, von der Cantrix ausgewählte Nonnen das ›Salve festa dies‹ nach dem ›Cum rex gloriae‹ bei der Prozessionsstation. 60 Für Medingen berichtet Lyßmann allerdings von der Prozession an Mariä Reinigung, dass an diesem Hochfest die Nonnen zusammen mit den Klerikern die Kirche verließen und sich zu dem »Paradies« begaben, um von dort aus wieder in die Kirche zurückzukehren: Wenn nun die Lichtmesse solchergestalt geendiget war! wurde darauf eine solenne Procession gehalten; in solcher führte der Herr Probst die Vicarios und Scholares, die Fr. Priörin, oder nachmahl die Fr. Abbatißin, den gesammten Jungfräulichen Convent. Die Tour wurde allemahl unten aus der Kirche durch das Closter, von da durch den grossen LUTZ, Identität S. 63. LIMBECK, Ein Konvent in Bewegung S. 266 mit Parallelabdruck Cod. Guelf. 649 Helmst. (›Liber Ordinarius‹ Heiningen) und Cod. Guelf. 875 Helmst. (Processionale). Zu Prozessionen in und außerhalb von Frauenstiften vgl. auch BODARWÉ / EICHLER, Prozession. 59 60

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2. Liturgie und Reform

Thorweg in das sogenannte Paradies genommen, und daselbst eine kleine Halte gemacht; alsdenn kam die Proceßion wieder durch den so genannten Bückhoff über den Platz in die Kirche zurück. (LYSSMANN S. 221)

Das erinnert an die Route, die der Konvent nach dem Tod Tilemanns von Bavenstedt zur Propstei nahm, 61 und sparte wohl den den Laien zugänglichen, öffentlichen Vorhof des Klosters aus. In der Mehrzahl der Fälle blieben die Nonnen in Medingen jedenfalls auf dem Chor. Dies entspricht den Bestimmungen der Windesheimer Konstitutionen, dass die Nonnen während der Prozession auf dem Nonnenchor bleiben: Moniales non faciant processiones, sed in choro cantant que proprie ad processionem cantanda ordinata sunt (»Die Nonnen nehmen nicht an den Prozessionen teil, sondern singen auf dem Chor die Gesänge, die für die jeweilige Prozession zu singen vorgeschrieben sind«). 62 Die Gesänge und Gebete im Nachtrag zur Prozession für die Bitt-Tage sind für den Propst zusammengestellt, aber die in dem Windesheimer Zitat erkennbare Spiegelung der Gesänge durch die Nonnen erlaubt es, auch entsprechende Gesänge für den Nachvollzug auf dem Nonnenchor anzusetzen. Die langen Gesänge für die Prozessionen an Bitt-Tagen (fol. 67vb–70va), etwa das ›Regina caeli‹, die sogenannte marianische Antiphon für die Osterzeit (fol. 67vb), erlaubten einen ausgedehnten Prozessionsweg. 63 Die Struktur ist durchgängig dieselbe wie bei den Texten ad exitum (fol. 66vb), also beim Start der Prozession: an Antiphon und / oder Responsorium mit Versikel schließt sich ein Kollektengebet an. Nimmt man alle Texte zusammen, folgen die Textstücke analog zur Allerheiligen-Litanei aufeinander: Gott – Maria – Engel – Johannes der Täufer – Apostel – Märtyrer (ohne Rubrik, Responsorium ›Isti sunt sancti‹) – Bekenner – Jungfrauen (ohne Rubrik, Responsorium ›Regnum mundi‹). Die Gesänge zur Prozession erlaubten so den klausurierten Nonnen, am Stationenweg durch die Kirche singend teilzunehmen. Diese Übung im meditativen Nachvollzug wird von den Medinger Nonnen in den Orationalien dann genutzt, um Texte amplifizierend fortzuschreiben und so auch außerhalb der festgelegten Gottesdienstzeiten über geistliche Übungen zu verfügen, die nicht an den physischen Bewegungsspielraum gebunden waren.

61 Vgl. Kap. 2.1.3. Die Nennung der Äbtissin weist darauf hin, dass Lyßmann sich auf eine spätere Quelle als das Propst-Handbuch stützte. 62 VAN DIJK, Constituties II S. 828. 63 In Essen wurden dieselben und – da der Prozessionsweg sehr weit war – zusätzliche Stücke gesungen, BÄRSCH, Liber ordinarius S. 273–275.

2.4. Die Konversen

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2.4. Sustere unde brodere. Die Konversen und ihre Statuten Die ›Konversen-Statuten‹ (fol. 112r–114r) 1 stellen aus mehreren Gründen eine Besonderheit im Propst-Handbuch dar. Sie richten sich an eine Gruppe, die in den anderen Teilen völlig unsichtbar bleibt, die aber für das tägliche Klosterleben unverzichtbar war: die Laienbrüder und -schwestern. Gerade in Zisterzienserklöstern bildeten diese ›Konversen‹, die als Erwachsene in das Kloster eintraten und die Handarbeit verrichteten, einen wichtigen eigenen Stand zwischen den Nonnen und den weltlichen Knechten und Mägden des Klosters. Wie die Nonnen gelobten sie Armut, Keuschheit und Gehorsam, 2 waren aber nicht zur Teilnahme am lateinischen Chorgebet verpflichtet. Die Statuten sind der einzige Teil des Propst-Handbuchs, der bis auf die Überschrift rein niederdeutsch geschrieben wurde; auch optisch hebt sich der quer über die Seite in Bastarda geschriebene Text deutlich von der formalen Anlage des Ursprungscodex und der übrigen Erweiterung ab. Der größte Unterschied zu den anderen Texten im PropstHandbuch besteht darin, dass es sich um einen pragmatischen Text handelt, eine Sammlung von Vorschriften, bei der geistliche Inhalte so gut wie keine Rolle spielen. Dafür sind die Statuten eine kulturgeschichtliche Fundgrube, da sich der Klosteralltag, der in den Hauptstücken der Handschrift nur gelegentlich andeutungsweise in den Rubriken durchscheint, in den präskriptiven Paragraphen plakativ präsentiert. Gleichzeitig bilden die Statuten einen integralen Bestandteil der Handschrift. Sie stehen am Anfang der beiden Doppelblätter, die von der Hand, die auch die Überarbeitung des ersten Teils vornahm, um die Oblationsordnung ergänzt und in die Mitte der letzten Lage des Ursprungscodex eingebunden wurden. Obwohl sich die Statuten und die Oblationsordnung in Textsorte, Schrift und Adressatengruppe unterscheiden, vereint sie, dass sie am stärksten auf die spezifische Klostersituation Medingens verweisen. 2.4.1.

Laienbrüder und -schwestern in Medingen

Die Terminologie für Konversen schwankt in den Quellen und in der Forschungsliteratur. Die Begriffe conversa / conversus und (Laien)-Schwestern / Die Statuten sind als einziges Stück der Handschrift bereits ediert worden (UB Nr. 518, vgl. Kap. 1.2.). Zu Konversen bei den Zisterziensern vgl. ELM, Beiträge. 2 Vgl. das niederdeutsche Konversengelöbnis in CA2 fol. 28v–30v (auch bei LYSSMANN S. 265–268). Zum rechtlichen Status des Gelöbnisses vgl. KUHN-REHFUS, Zisterzienserinnen S. 133, die das Versprechen der Konversen gegenüber dem Gelöbnis der Nonnen absetzt. Es fand im Kapitelsaal statt und schloss eine Übergabe der Kleider und eine Predigt der Äbtissin ein, vor der das Gelübde abgelegt wurde. Danach nahmen die neuen Konversenschwestern am Gebet auf dem Nonnenchor teil. 1

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2. Liturgie und Reform

(Laien)-Brüder werden synonym gebraucht. 3 Der Beginn der Statuten bezieht sich in Abgrenzung zu den weltlichen Knechten und Mägden auf diejenigen, die sich zu einem »abgeschiedenen«, also klösterlichen Leben entschlossen haben: suster vnde broder de sik geuen hebben to enem afgescheden leuende (fol. 112r). Die Konversen gehören zur zisterziensischen Identität des Klosters Medingen und sind programmatisch am Beginn der Klostergeschichte durch den Laienbruder Johannes vertreten. 4 Die Berufung auf den göttlichen Auftrag zur Klostergründung an ein Mitglied des Zisterzienserordens ermöglichte es den Nonnen, ihr Kloster als von höchster Stelle legitimierte Quasi-Filiation eines Zisterzienserklosters zu sehen. Auch der in der Klosterhierarchie niedrige Status des Laienbruders kann als Teil der programmatischen Aussage gesehen werden, dass Gott die Demütigen erhöht. Der durch den Leiterwagen des Laienbruders (Tafel 2 und 4) symbolisierte schlichte Anfang des Klosters lässt das Wachsen, Blühen und Gedeihen bis hin zum Äbtissinnenthron (Tafel 15) umso glänzender hervortreten. Der Laienbruder, der nicht aus eigener Kraft, sondern mit Gottes Hilfe handelt, ist der Gegenentwurf zur hochadeligen Stifterin, auf die sich Gründungslegenden von Frauenklöstern wie etwa Wienhausen sonst gern berufen. Die einzige andere Konversenfigur, die auf den Tafeln sichtbar ist, hat eine viel pragmatischere Aufgabe, die aber ebenfalls mit der Identität des Klosters nach der Reform verbunden ist: Es ist die Köchin auf Tafel 14, die nach der Wiedereinführung der Gemeinschaftsspeisung dafür zuständig ist, in dem grapen den Eintopf zu kochen. Die Bedeutung dieser Aufgabe wird auch in den Orationalien deutlich, in denen regelmäßig Gebete für diejenigen, die das Essen zubereitet haben, angeführt werden. Auf der Tafel 14 ist die eigene Tracht der Konversen, die ein wichtiges Symbol der Identifikation mit dem Zisterzienserorden ist, als witterok (weißes Gewand) und grawe schepler (von lateinisch scapulare / Skapulier, dem Ordensgewand, das Kopf und Schultern bedeckt) markiert. Sie teilen also die charakteristische weiße, gegürtete Kukulle der Zisterzienserinnen mit den Nonnen, die dazu 3 LYSSMANN glossiert zu Beginn seines Abschnitts ›Von den Lay-Schwestern‹ (S. 261– 272) den Begriff für seine protestantischen Leser: »Der Lateinische Nahme, Conversa, schreibt sich noch aus dem Aberglauben der vorigen Päbstischen Zeiten her, da man den Eintritt ins Closterleben den Leuten unter dem Nahmen einer sonderlichen Bekehrung anzupreisen pflegte.« 4 Tafel 1–5, vgl. Kap. 2.1.2. Zu den Konversen in Zisterzienserinnenklöstern vgl. TÖPFER, Konversen der Zisterzienserinnen, und KUHN-REHFUS, Zisterzienserinnen S. 132–134. Laienbrüder sind bis zum Ende des 14. Jahrhunderts in jedem Zisterzienserinnenkloster vertreten. Sie absolvierten ihr Noviziat, dem ursprünglich noch eine Probezeit in weltlicher Kleidung voranging, im Nonnenkloster. Wie die Laienschwestern gelobten sie der Äbtissin Gehorsam. Nach 1400 sind Konversenbrüder nur noch vereinzelt in Zisterzienserinnenklöstern belegt.

2.4. Die Konversen

101

schwarte schepeler und darüber grawe kappen (von lateinisch cappa, Chormantel) trugen. Statt der kappe trugen die Konversen eine Steelke, »weiße linnene Hauben, fast auf die Art, wie sie noch heutiges Tages die Wendischen Bauerfrauen im Lüchewischen District zu tragen pflegen; die so lang und weit, daß ob sie gleich unter dem Halse gebunden wurden, der Schweiff davon doch zugleich den Halß und Schultern mit bedeckte« (LYSSMANN S. 272). Die Form dieser Tracht lässt sich u. a. in der Darstellung der den Ostertag begrüßenden Frauen in BE2 fol. 61v ablesen. Während auf dem analogen Bild in HI1 fol. 52r, 5 das von der Nonne Winheydis geschrieben wurde, nur Nonnen im weißen Habit die Seite des Klosters vertreten, sind in dem von einer Laienschwester geschriebenen Berliner Oster-Orationale die beiden letzten knienden Frauen als Laienschwestern markiert.

BE2 fol. 61v Nonnen, Konversen und Laien begrüßen den Ostertag

Die Konversen tragen nicht die corona, das rote Kreuz, auf dem Schleier, und die spitze kappe der Nonnen, sondern die den Kopf rund umschließende Steelke, die noch über die Schultern nach hinten über den witterok fällt. Vorgebunden haben sie schwarze Schürzen, die auch zur Arbeitskleidung gehörten. Das wird aus einer Mahnpredigt der Äbtissin deutlich, die die Konversen für den Zustand ihrer Steelke und Schürzen beim Auftragen des Essens tadelt: 6 Thor Mahltit kame gy mit toreten shwarten Wümpelen und Schörteldöken an den Disch, und an stede der Steelken olde Schlatten oder andere klene Plünden upp den Kopp. Settet doch untoretene Wümpel und hö[v]et döke upp, latet Plünden vom Koppe, bindet ock heile und renliche Schörteldöke vor, der gy nevenst andern linnen gerede genoch heffet. Wenn gy denen, so kamet und gaht mit nichte sunder Steelken mit hogen Abgebildet u.a. in LÄHNEMANN, Medingen in Michigan S. 107, Abb. 5. LYSSMANN S. 262 gibt ohne weitere Erläuterungen an, der Text stamme aus der Zeit »nach der Reformation«; hier zeigt sich die auch sonst zu beobachtende erstaunliche Kontinuität der Gebräuche im Kloster über die lutherische Reformation hinaus. 5 6

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2. Liturgie und Reform

Upshortelse mank des versammlung, sonder settet up und gaht, wo ein Gebruck gewesen, un twar en gut gebruck… (LYSSMANN S. 264) Zur Mahlzeit kommt ihr mit zerrissenen schwarzen Wimpeln (Kopfbedeckungen) und Schürzentüchern an den Tisch; statt der weißen Hauben tragt ihr alte Lappen oder andere kleine Lumpentücher auf dem Kopf. Setzt euch doch nicht zerrissene Wimpel und Kopfbedeckungen auf, lasst die Lumpen vom Kopf; bindet euch auch heile und reinliche Schürzentücher vor, von denen ihr neben anderem Leinenzeug reichlich habt. Wenn ihr bei Tisch bedient, dann kommt und geht nicht ohne weiße Haube hoch aufgeschürzt in die Versammlung, sondern setzt die Haube auf und geht, wie es der Brauch war, und zwar ein guter Brauch…

Der Tadel, der hier zum Ausdruck kommt, ist wohl teilweise der Gattung der Mahnpredigt geschuldet. In den Urkunden dagegen erscheinen die Konversenschwestern als integraler Teil der Klostergemeinschaft. So werden sie alle namentlich bei den beiden Ablässen aufgeführt, die das Kloster nach der Reform erwarb (UB Nr. 487, 622). Dadurch lassen sich auch die Zahlen ablesen: 1481 wurde der Ablass 71 Nonnen, 14 puellae coronatae und 12 conversis eiusdem monasterii verliehen, 1505 waren es 85 Nonnen und puellae coronatae neben 23 Laienschwestern. Die Namen der Konversen geben einige Hinweise auf die soziale Herkunft der Gruppe. Hier finden sich keine Namen aus den Lüneburger Patriziergeschlechtern. 7 Bei dem Nachnamen der in der nach Anciennität geordneten Liste der Ablassempfängerinnen 1481 als dritte und 1505 als erste genannten Imma Cassube könnte es sich um eine Beinamen handeln, der auf die Herkunft aus der wendischen Bevölkerungsgruppe hindeutet, aber ansonsten scheint es sich durchgängig um bereits gefestigte bürgerliche Familiennamen zu handeln. Die Frauen stammten wohl größtenteils aus Lüneburger Familien der Mittelschicht. Darauf weist auch hin, dass mindestens vier von ihnen niederdeutsche Gebetbücher für den eigenen Gebrauch anfertigten, die dem Modell der Nonnen-Orationalien folgten. Sie zeigen, dass Laienschwestern wie Katharina Havemeister, die für ihren Gebrauch eine umfangreiche Sammlung beliebter Gebete und Meditationen niederschrieb, über eine beachtliche, wenn auch volkssprachliche Bildung verfügten, die wohl in den städtischen Schulen erworben worden war. Lüneburg verfügte als bedeutende Hanse-Stadt und Handelsknotenpunkt über eine große lese- und schreibfähige Bevölkerungsgruppe. Der Bericht über das Ableben Tilemanns von Bavenstedt zeigt, dass die Laienschwestern, die an seinem Krankenbett ausharrten, da sie nicht zum Chorgebet gehen mussten, in der Lage waren, selbstständig die dazu gehörigen Psalterlesungen vorzunehmen und dem Propst nicht nur pflegend, sondern auch geistlich Beistand zu leisten. Die geistliche Kompetenz der Laienschwestern zeigt sich vor allem in den

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Vgl. die Namenlisten bei WITZENDORFF, Lüneburger Patriziergeschlechter.

2.4. Die Konversen

103

von ihnen geschriebenen Orationalien, die intensiv auf die Medinger Liturgie Bezug nehmen. 2.4.2. Die Liturgie in den Konversen-Orationalien Die Konversenschwestern nahmen an den Festgottesdiensten auf dem Nonnenchor teil. Das wird aus der bereits erwähnten Mahnpredigt der Äbtissin deutlich, die regelmäßige und andächtige Teilnahme fordert: It wert ock nu de Truchheyt und Verdrotsamheit in den hogen Festdagen und vornemsten Fierdagen in den Chor tho kamen by juw so grot, dat gy vorshenen Sommer upp der hilligen Drefoldicheyt Tag und Kerckmissen dage nicht in de Metten gekamen sint den Godesdeinst antohören Schold et nochmals von juw geshen, so wetet frey, dat gy selcken Avertritt darmit betern und verfüllen shollen, dat gy upp alle slichte Sondage | in de Mette komen und gahn shollen; (LYSSMANN S. 264–265) Eure Trägheit und Unlust, an hohen Fest- und Feiertagen auf den Chor zu kommen, ist so groß, dass ihr vergangenen Sommer selbst an Trinitatis und Kirchweih nicht zur Mette gekommen seid, um den Gottesdienst anzuhören. Sollte das nochmals vorkommen, müsst ihr damit rechnen, dass dieses Vergehen dadurch geahndet wird, dass ihr dann jeden normalen Sonntag zur Mette kommen müsst.

Auch wenn dieser Eintrag erst nach der Reformation des 16. Jahrhunderts entstand, spiegelt er doch wohl die grundsätzlichen Verhältnisse der Konversenteilnahme am gottesdienstlichen Leben des Konvents. Eine ebenso deutliche, aber positivere Sprache sprechen die zahlreichen Rubriken in den Konversen-Orationalien, die Formulierungen wie »wenn du auf den Chor gehst« oder »nach der Vesper, wenn du den Chor verlässt« gebrauchen. Gebete und Meditationen gehen also von der Liturgie aus, wie sie im ersten Teil des Propst-Handbuchs verzeichnet ist, denn die dort aufgeführten Feste entsprachen den Tagen, an denen die Konversenschwestern im Chor anwesend sein sollten. 8 Die Notate der Laienschwestern lassen sich als eine fortlaufende Kommentierung des von ihnen wahrgenommenen gottesdienstlichen Geschehens lesen, etwa die Einbindung der Antiphon ›Haec est dies‹. 9 Im Handbuch wird verzeichnet, dass sie vom Propst zu Mariä Verkündigung nach dem ›Salve regina‹ angestimmt wird (In sacratissima die dominice annunciacionis post Salue regina. imponat dominus prepositus fol. 11vb.). Als ihm zugeordneter Gesang ist die Antiphon dort vollständig samt Wiederholungen notiert und kommentiert; es heißt unter der Spalte kommentieFür die Laienbrüder sind keine Angaben erhalten, wie es mit ihrem Gottesdienstbesuch stand; es ist davon auszugehen, dass sie, da sie keinen Zutritt zum Nonnenchor hatten, zusammen mit der laikalen Gemeinde im Westbereich der Kirche am Gottesdienst zumindest an hohen Festtagen teilnahmen, vgl. Kap. 2.5.1. 9 Cantus ID 002997. Angaben zur Überlieferung der Antiphon und ihrer Nennung in den Orationalien findet sich in dem Verzeichnis 7.2. 8

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2. Liturgie und Reform

rend: ista clausula ›Hodie deus‹ ter repetatur reuerenter et morose (»Der Abschnitt ›Heute ist Gott Mensch geworden‹ wird dreimal ehrfürchtig und geziemend wiederholt.«). 10 Dieses Miteinander der marianischen Antiphon, die nach der letzten gemeinsam gebeteten Tageshore gesungen wurde, und des ›Haec est dies‹ wird von einer der Laienschwestern in ihrem Orationale präzise festgehalten: To der vespere wan me Hec dies singet dit js dat dude. (145v) Hec est dies. Dit js de dach den god suluen maket heft. Hute heft god angeseen de drofnisse sines volkes. vnde heft vns losinghe gesant to dem Hute heft den dot den dat wif anghebrocht hadde. den heft de juncvrowe vordreuen. kny dy wan me desse nagescreuenen wort singet. Hodie deus homo factus. Huteme js god mynsche worden. dat he was dat blef he. dat he nicht en-was dat nam he to sik. Hijr-vmme scolle we dat ambeghin vser losinghe innichliken beghan. vnde scollen vns vrowen. vnde segghen ere sy dy here. Wan me desse antyffen singet. Hec est dies. so sta in groter innicheyt. wente vor den worden. Hodie deus homo factus. dar beuet de helle vore. dar-vmme temet sik dat en jewelk cristene mynsche sine kne bughe. vnde gode (146r) danke der groten leue vnde sprik innichliken Lof vnde ere… (W2 fol. 145r–146r) Zur Vesper, wenn man ›Haec est dies‹ singt, das heißt auf Deutsch (›Haec est dies‹): »Dies ist der Tag, den Gott selbst gemacht hat. Heute hat Gott die Betrübnis seines Volks angesehen, und hat uns zudem Erlösung gesandt. Heute hat den Tod, den die Frau gebracht hat, die Jungfrau vertrieben.« Knie nieder, wenn man die folgenden Worte singt ›Hodie deus homo factus‹: »Heute ist Gott Mensch geworden; was er war, das blieb er; was er nicht war, das nahm er zu sich. Darum sollen wir den Anbeginn unserer Erlösung feiern, und sollen uns freuen und sagen: ›Ehre sei dir, Herr!‹« Wenn man diese Antiphon ›Haec est dies‹ singt, dann halte dich in großer Andacht, denn vor den Worten »Heute ist Gott Mensch geworden«, vor denen erbebt die Hölle, darum geziemt es sich, dass ein jeder Christenmensch seine Knie beugt und Gott für seine große Liebe dankt und andächtig sagt: »Lob und Ehre«.

Es wird deutlich, dass die Anweisung reuerenter et morose des PropstHandbuchs sich nicht nur auf die Vortragsweise, sondern auch auf die entsprechenden Begleithandlungen der Frauen wie beispielsweise das andächtige Knien erstreckte. 11 Es ist signifikant, dass sich die Umsetzung der Liturgie in Andachtsanweisungen, die Aufschluss über den aktuellen Vollzug des liturgischen Geschehens geben, besonders deutlich in den Orationalien der Laienschwestern zeigt. Sie standen vor einer doppelten Herausforderung. Sie waren einerseits zusammen mit den Nonnen durch die Klausur von der Gemeinde abgeschnitten, andererseits nicht zu einer vollen Anteilhabe an den von den Nonnen vollzogenen lateinischen Ritualen und Gebe10 Das Textstück Hodie deus homo factus auf den letzten Zeilen von fol. 12ra ist rot eingefasst, um zu markieren, dass dieser Abschnitt wiederholt werden soll. Eine keilförmigen Markierung vor der Initiale H und eine verdickte, nach rechts gebogene Linie, die zwischen dem Punkt hinter factus, dem folgenden id und den dazugehörigen Noten verläuft, bildet eine auffällige rote Klammer um den Vers. 11 Die Praxis, im Hochamt an Weihnachten beim Credo zum homo factus est zu knien, hat sich über die Reformation hinweg gehalten.

2.4. Die Konversen

105

ten befähigt, da sie nicht die lateinische Klosterausbildung durchlaufen hatten. Die niederdeutschen Orationalien sind Zeugen dieser Vermittlungsarbeit zwischen lateinischer Liturgie und volkssprachiger Frömmigkeitspraxis. In einer Andachtsanweisung zur Taufwasserweihe wird das dadurch erreicht, dass der lateinische Text niederdeutsch glossiert und dann Vorbild für den geistlichen Nachvollzug wird. In der wiginge der dopen wert gelesen en schone prefacie in welkerer drie auer wert gelesen dit versch Deschendat. 12 Dat is up dude De kraft des hilgen gheistes nedder stige in de vulle desses bornes Vnde so leth me de kersen in de dopen so wasche di ok geystliker wiß vnde sprik O du alder mildeste ihesu ik bidde di dat (HH2 fol. 18v)

HH2 fol. 18v Anweisungen zum Nachvollzug der Taufwasserweihe Zur Weihe des Taufbeckens wird eine schöne Präfation gelesen, bei der dreifach der Vers ›Descendat‹ gelesen wird, d. h. auf Deutsch: »Die Kraft des Heiligen Geistes steige hernieder in die Fülle des Wassers.« So senkt man die Kerze in das Taufbecken; entsprechend wasche dich auch in geistlicher Weise und sprich: »O du allermildester Jesus, ich bitte dich…«

Im Propst-Handbuch ist das Ineinandergreifen von Singen und Handeln durch die Einfügung einer Schemazeichnung verdeutlicht, die direkt in den Notentext des ›Descendat‹ eingefügt ist. 13 Hic mitte cereum ter in fontem in modum crucis et canta alta voce. Descendat in hanc plenitudinem fontis virtus spiritus tui. et hoc ter repetando et hic suffla in fontem ad hanc figuram. Hier halte die Kerze dreifach in das Taufbecken in Kreuzform und sing mit erhobener Stimme: »Es steige herab in diesen reichen Quell die Kraft deines Heiligen Geistes.« Das ist dreimal zu wiederholen und hier hauche auf das Taufbecken nach dieser Zeichnung. 12 13

Die Schreibung könnte die italienische Aussprache des Lateinischen widerspiegeln. Zu den Schemazeichnungen vgl. Kap. 3.2.3.

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2. Liturgie und Reform

Weihe des Taufwassers am Karsamstag fol. 46r (Abb. 14)

Die dreifache Wiederholung wird visuell durch die Linien markiert, die von den Beischriften prima, secunda und tercia zu dem kelchförmigen Taufbecken gehen. In dem Orationale werden analog die Meditationen bei der Wiederholung des Gesangs variiert fortgesetzt. 14 Der schrittweise Nachvollzug korrespondiert mit dem Handeln des Priesters. Im Andachtsvollzug wird die Zeichenhandlung des Priesters mental umgesetzt und meditativ entfaltet. Damit wird die räumliche Entfernung zum Geschehen im Chorraum der Kirche und die geistliche und sprachliche Entfernung von dem exklusiven lateinischen Vollzug des Geschehens durch den Klerus überwunden. Während zu dem Bildungsstand von Nonnen wichtige weiterführende Forschung geleistet worden ist, 15 ist der Beitrag der Laienschwestern zur Schriftproduktion der Klöster noch weitgehend unbeachtet geblieben. Während die Nonnen in den evangelischen Frauen ihre Nachfolgerinnen fanden, verschwand der Beitrag der Laienschwestern aus dem Bewusstsein, spätestens als der Stand in der frühen Neuzeit aufgehoben und ganz von Bediensteten ersetzt wurde. In den norddeutschen Frauenklöstern, in denen die Nonnen ihre geistliche Literatur weiterhin primär lateinisch in der klösterlichen Tradition konzipierten, trugen die weltlich erzogenen Frauen mit ihren volkssprachlichen Notaten eine entscheidende Facette zur geistlichen Literatur und Kultur Norddeutschlands bei. Es ist wichtig, diesen Anteil der Schwestern an der geistlichen Klostergemeinschaft bei der Analyse der Statuten mit zu bedenken, die als Sammlung von Vorschriften aus der Sicht des Propstes die Konversen primär als potenziell unzuverlässige Arbeitskräfte darstellen. Tho dem anderen Descendat fol. 19r bzw. Tho dem drudden Descendat fol. 19v. SCHLOTHEUBER, Klostereintritt Kap. 3.2. und 3.5; Ebstorf und seine Schülerinnen; Intellectual Horizons. Zur Lektüre und Bildung von Laienbrüdern in Klöstern der Devotio moderna KNOX, Buchkultur S. 182–222. 14 15

2.4. Die Konversen

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2.4.3. Die Statuten Die deutschen Zisterzienser-Statuten sind »im einzelnen nicht zu überblicken« und »durchweg unediert«. 16 Daher lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob hier ein eigens für Medingen verfasster Text vorliegt oder ob ein bereits vorliegender Text nur leicht durch die Nennung von einigen Spezifika für das Kloster angepasst wurde. Deutlich wird der besondere Bezug auf den Propst, der noch weiter unterstrichen wird, wenn zweimal als Glosse de preposito bzw. des provestes eingefügt und bei den Testamentsverfügungen der Empfänger von clostere in proueste umgewandelt wird. 17

Marginaleintrag de preposito zum Gehorsamsgebot fol. 112r (Abb. 18)

Die Priorin oder Konversenmeisterin, die es in Medingen durchaus gab, wird nicht erwähnt, sondern der Text suggeriert die alleinige Vollmacht des Propstes über Bestimmungen und Strafen. Dieser Fokus erklärt sich aus dem Zweck der Statuten; es geht spezifisch um die Aufführung der Konversen außerhalb des Klausurbereichs, auf dem sogenannten Klosterhof, auf den die Nonnen, selbst die Amtsschwestern, nach der Reform nur noch sehr begrenzten autoritativen Zugriff hatten. Das wird in der wohl von einem der Benutzer ergänzten lateinischen Überschrift betont: Statuta et conswetudines fratrum et sororum in Curia claustri Medingensis in observando vitam corporis (»Statuten und Gebräuche für die Laienbrüder und –schwestern auf dem Medinger Klosterhof, die bei der Lebensführung zu beachten sind.«). Über die Stellung und die Aufgaben der Konversenbrüder in Medingen ist sonst nichts weiter bekannt, da sich auch keine schriftlichen Zeugnisse von ihrer Hand erhalten haben und sie – anders als die Laienschwestern – nicht in den Ablassbriefen oder Urkunden der Reformzeit erwähnt werden. 18 Die Statuten behandeln tatsächlich ausschließlich die vita corporis, die praktische Seite der Lebensführung, und das Verhalten in dem Bereich, in HONEMANN, Zisterzienser-Konstitutionen Sp. 1562. Deutsches Literatur-Lexikon – Das Mittelalter: »Inhaltlich steht die besondere Betonung des Gehorsams gegenüber dem Propst des Klosters, der Eintracht und der Friedfertigkeit im Vordergrund.« 18 Einige fratres werden in der Urkunde der Gebetsverbrüderung mit dem Benediktinerinnenkloster Arendsee 1393 (UB Nr. 402) genannt, u. a. ein Hermann und ein Nikolaus in stabulo, d. h. die wohl für die Ställe zuständig waren. Bei den inkorporierten Zisterzienserinnen gab es schon seit dem 14. Jahrhundert eigentlich keine Konversenbrüder mehr. Medingen setzte hier also eine andernorts bereits aufgegebene zisterziensische Tradition fort, vgl. KUHN-REHFUS, Zisterzienserinnen S. 133–134. 16 17

108

2. Liturgie und Reform

dem der Propst der unmittelbare Dienstvorgesetzte war. Die Ausstattung des Textes passt zu diesem pragmatischen Charakter, da er nicht in der für die liturgischen Texte gebrauchten Buchschrift, sondern in runder Bastarda geschrieben ist, wie sie für Urkunden gebraucht wurde. Entsprechend ist die Gliederung durch rote Initialen in einzelne Paragraphen gegliedert, die häufig durch ein ok als Äquivalent zu dem lateinischen item begonnen werden. 19

Schluss des Eröffnungsparagraphen mit Markierung der Zeilenfortsetzung und Ok als Beginn eines neuen Paragraphen fol. 112r (Abb. 18)

Die Ausrichtung auf den Propst wird hier so offensichtlich wie in keinem anderen Teil der Handschrift; jeder Abschnitt wird mit dem Verweis auf seine Machtbefugnis beendet, und der Gehorsam ihm gegenüber steht als erstes Gebot vor allen anderen: De suster vnde broder de sik geuen hebben to enem afgescheden leuende· to dem clostere to Medinge· scullen to dem ersten. rechten horsam don vnde holden dem proueste vnde erer sele· dat se nemende bouen den prouest kesen enschullen. were dat dit iemend dede/ dar mach de prouest dat mede holden na synem willen. Laienschwestern und -brüder, die sich zum klausurierten Leben im Kloster zu Medingen entschlossen haben, sollen zum ersten richtigen Gehorsam tun und halten, in Bezug auf den Propst wie auf ihre Seele, so dass sie niemanden über den Propst setzen sollen. Wenn das jemand doch tut, dann kann der Propst nach Gutdünken entscheiden.

Das Klosterleben wird als Abschied von der Welt definiert; bei den Nonnen wurde dies durch die verstärkten Klausurbestimmungen unterstrichen, aber das war in gleicher Weise nicht für die Konversen möglich, die, um ihrer Arbeit für das Kloster nachzugehen, auf die Tätigkeit auf dem Klosterhof und den Außenstellen des Klosters, den bei der Brotverteilung erwähnten Curia rusticis, angewiesen waren. Trotzdem wird auch hier die Reformvorstellung der »Abgeschiedenheit« auf verschiedene Weise betont. Das erste Verbot bezieht sich auf das äußere Auftreten; die keusche und geistliche Lebensweise (leuen geystliken in enem kuschen leuende) soll sich auch in der Kleidung ausdrücken (geystliken holden mid eren kledingen): Verboten sind rod grone twierleye nen vndersneden wand (zweifarbig rotDer Text ist von einer zweiten Hand korrigiert worden, die i-Punkte und zusätzliche Interpunktion, vor allem Virgeln, einfügte und die Marginalien am Rand nachtrug. Dabei handelte es sich wohl um die auch für die übrigen Erweiterungen zuständige Schreiberin, vgl. Kap. 3.3.5. 19

2.4. Die Konversen

109

grüne oder unterschnittene Gewänder), smydeknope van suluere (versilberte Knöpfe) an hoyken (Kapuzen) oder rokken (Gewändern). Ein Bild von der Buntheit der modischen Laiengewänder, denen diese verbotenen Kleider wohl entsprechen, können Marginalillustrationen in den Orationalien bieten, die Laien im Festtagsgewand zeigen. 20 Verbote tendieren dazu, tatsächlich vorkommende Alltagskultur wiederzugeben, obwohl eine solche eklatant von der vorgegebenen Tracht für die Konversen abweichende Praxis erstaunlich scheint; vielleicht handelte es sich um Mode, die von dem nach der Reform ebenfalls verbotenen weltlichen Besuch ins Kloster mitgebracht wurde. Realistischer erscheint jedenfalls die oben zitierte Abmahnung für abgerissenen Aufzug beim Auftragen des Essens als die Vorstellung, Konversen wären mit farbig abgesetzten und silbergeknöpften Gewändern über den Klosterhof stolziert. Eine Übertretung der Kleidervorschriften zieht den Verlust der Präbende 21 nach sich, die in der Verfügungsgewalt des Propstes liegt, wie auch auf Tafel 13 der Zwischenfall mit Mauritius dokumentiert. 22 Diese Strafandrohung wird bei fast allen weiteren Vergehen wiederholt. Im folgenden Absatz wird die Gehorsamspflicht noch ausgeweitet; sie bezieht sich nicht nur auf den Propst, sondern auch auf dessen Diener. Ihnen muss umfassend Hilfe geleistet werden, soweit sie sich »auf praktische Arbeit« bezieht; die Nachtragshand setzte diese Präzierung in arbode hinzu, wohl weil es nicht angemessen gewesen wäre, auch in geistlichen Dingen die Propstei-Angestellten gegenüber den Konversen zu bevollmächtigen. Bei Übertretung droht wieder Einbuße der Präbende, die zum Kochen und zur Kellerhaltung dient, bis Dispens erteilt wird – de preposito (»durch den Propst«), wie die Zusatzhand präzisiert. Der nächste Abschnitt wendet sich explizit an die Laienschwestern, denen verboten wird, Spinn- oder Waschfrauen anzustellen oder angestellte Mägde über Nacht dazubehalten. Zwischen den Konversen als Teil der geistlichen Gemeinschaft, die auch Gelübde abgelegt hatten, und den weltlichen Angestellten sollte gerade nach der Reform schärfer getrennt werden. Bei Missachtung droht wieder Präbendenverlust. Erst dann kommt auch eine geistliche Note in den Text, wenn es heißt, die Konversen sollen »einträchtig leben, in Frieden und voller Liebe, ohne Hass und Widerwillen, bei ihrem Gehorsam und sich untereinander in keiner Weise hassen«. Im Zusatz wird dann aber deutlich, dass sich diese Mahnung vor allem darauf erstreckt, dass Auseinandersetzungen nur vor dem Propst auszutragen Vgl. z.B. LÄHNEMANN, Medingen in Michigan S. 107, aber auch die Abbildung zu Kap. 2.4.1., auf der rechts die Laien knien. 21 Die provende ist einerseits das Gut, das Laienmitglieder ins Kloster mitbringen, andererseits der Teil davon, der vom Propst für die alltäglichen Verrichtungen ausgegeben wird. 22 Vgl. Kap. 2.1.2. zu Tafel 13 und der Auseinandersetzung mit dem Propst. 20

110

2. Liturgie und Reform

sind. Wer trotzdem halsstark vnde wedderstreuich (»halsstarrig und widerspenstig«) bleibt, soll mit dem Entzug der Präbende gestraft werden. Die folgenden Paragraphen beschäftigen sich mit der Problematik, dass die Konversen, wie auch bei den Zisteriensern üblich, teilweise abgelegene Grangien bewirtschaften und damit dem unmittelbaren Kontrollbereich des Propstes entzogen sind. Dort sollen sie keine Menschen unterkommen lassen, die im Ruf stehen, böse Sachen zu treiben (vrowen edder man de beruchtet sin boser handlinge/ dar to driuende); hier soll der Entzug der Präbende nicht nur den Schuldigen, sondern auch alle Mitwisser treffen. Umgekehrt ergeht ein Ausgehverbot; wer ohne Erlaubnis über Nacht wegbleibt, dem droht ein achttägiger Präbendenentzug; hier ist wieder des provestes zu gnade explizit hinzugefügt (nene prouende halen dar to vppe des prouestes gnade fol. 113r). Das Verbot, das Kloster ohne ausdrückliche Erlaubnis über den Nonnenchor zu betreten (gan in dat closter ouer der vrowen kor) scheint auf die Praxis zu deuten, den Nonnenchor, der über Treppen mit Kirche und Kreuzgang verbunden war, als Abkürzung unter Umgehung der Klosterpforte zu nutzen. Die Paragraphen folgen hier relativ unverbunden aufeinander und so schließen sich direkt Testamentsverfügungen an. Kranke Konversen sollen ihr Testament in Gegenwart des Propstes aufsetzen. Wer sich daran nicht hält, dem wird das Begräbnis verweigert und das Privateigentum fällt an das Kloster und den Propst, da es dem Propst auch zusteht. Bei dieser letzten Klausel (alse sik dat deme proueste bored in dem rechten) ist das Wort proueste von der Korrekturhand aus clostere verbessert. Hier wird ein sensibler Punkt angeschnitten, der in umgekehrter Richtung auch im Bericht über das Ableben Tilemanns von Bavenstedt zur Sprache kommt. Der Propst macht erst nach wiederholter Aufforderung durch die Priorin sein Testament, das dann allerdings zur Zufriedenheit des Klosters ausfällt, und zwar in Gegenwart des für die Nonnen handelnden Lüneburger Prokurators. Danach wird erneut die Gehorsamspflicht der Laienschwestern angemahnt und zwar jetzt auch gegenüber einer weiteren Instanz, die erst hier genannt wird, die meyersche, also wohl die weltliche Hofverwalterin, die außerhalb des Klausurbereichs die Dienstaufsicht über die Frauen führte. 23 Hinter der Gehorsamsaufforderung ist der Nachsatz na older wonheit (»nach etabliertem Brauch«) gestrichen, vielleicht ein Hinweis darauf, dass sich die Machtverhältnisse und Weisungsbefugnisse dadurch geändert hatten, dass die Amtsinhaberinnen wie die Priorin und die Konversenmeisterin als eigentliche Vorgesetzte nicht mehr auf die Laienschwestern außerhalb der Klausur unmittelbaren Zugriff hatten. Die Themen bleiben die glei23 SCHILLER / LÜBBEN Mittelniederdeutsches Wörterbuch III S. 58: meyersche, f. Haushälterin, zu meier, m. Bewirtschafter des Gutes.

2.4. Die Konversen

111

chen: es geht um den Nutzen des Klosters, der nicht durch murrent vnde kurrent. vnde ok quade word vnde schelldent vnde enmid der anderen nenen vnwillen to makende (»Murren und Knurren, und auch böse Worte und Schelten und Unwillen untereinander«) gefährdet werden soll. Zu dem Murren äußert sich in ähnlichen Worten auch die bereits erwähnte Mahnrede der Äbtissin, 24 die fordert, dem Ideal der Klostergemeinschaft …christlich trüwlich und flitich nha tho levende, in gudem frede und einicheit. So doe gy offt dat jegendeil, alß dat gy hadern, sancken und Kiven, und ein dem andern vorwerpen, wes juw men in de Mund kummt; …christlich, getreulich und eifrig nachzuleben, in gutem Frieden und Einigkeit. Aber ihr tut oft das Gegenteil, wenn ihr etwa hadert, zankt und keift, und euch gegenseitig an den Kopf werft, was euch gerade einfällt;

In den Statuten scheinen allerdings ernsthaftere Auseinandersetzungen gemeint zu sein, denn die Schwestern werden ausdrücklich davor gewarnt, dem Propst oder anderen im Kloster mit eren vrunden (fol. 113v), d. h. dem weiteren Verwandten- und Freundeskreis zu drohen; hier scheint eine durchaus handgreifliche Einmischung der Lüneburger Verwandtschaft impliziert zu sein. Dagegen geht es bei den nächsten Punkten – keine Mägde ohne Wissen der Vorsteherin einzustellen, keine ungenehmigte Hühnerhaltung auf dem Hof (wohl wegen der danach geforderten Eierlieferungen an den Propst), Dienstzuweisung durch den Propst – eher um alltagspraktische Regelungen zu gehen. Ein wichtiger Punkt ist durchgängig die Essens-Versorgung, die bei den auswärts arbeitenden Konversen nicht wie bei den Nonnen an der gemeinsamen Tafel erfolgen konnte. Für alle, ob sie über reiche oder geringe Versorgung (grote / mene prouende) verfügen, soll die Versorgung weiterhin na der olden woninge (»nach der alten Gewohnheit«) erfolgen, aber diejenigen ohne große eigene Ausstattung sollen sich vorläufig die Vorräte nicht aus dem Propst-, sondern aus dem Nonnenkeller besorgen. Das könnte darauf hinweisen, dass es sich bei der »alten Gewohnheit« um eine Versorgungspraxis handelte, die sich durch die Reformbestimmungen änderte, denn dank der Bautätigkeit Tilemanns von Bavenstedt standen seit den 1470er Jahren Speisekammern zur Verfügung, die für die Generalverpflegung ausreichende Kapazität hatten. Die Wichtigkeit des Versorgungsaspekts wird auch daran deutlich, dass ein eigenes Kapitel den Conswetudines distribuendi panem in Curia rusticis diebus festiuis 25 (»Gebräuche bei der Brotverteilung in den Landhöfen an Festtagen«) gewidmet ist. Die Brotausgabe soll an Feiertagen, Heiligabend, Weihnachten, Stephanus (26.12.), Sylvester, Neujahr, Mariä Reinigung Vgl. Kap. 2.4.1. zur Kleidung der Konversenschwestern. Im UB ist die Rubrik der ersten Initiale auf der Seite zugeordnet, weil sie am oberen Rand quer über die Seite geschrieben ist, aber inhaltlich passt sie erst zur Rubrik in der Seitenmitte. 24 25

112

2. Liturgie und Reform

(4.2.), Mariä Verkündigung (25.3.), Karsamstag, Ostersonntag, Ostermontag, Himmelfahrt, Pfingstsamstag, Pfingstsonntag, Pfingstmontag, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt (15.8.), Mariä Geburt (8.9.), Mauritius (22.9.), Kirchweih, 26 Allerheiligen (1.11.) und Martini (11.11.) stattfinden. Diese ganz alltagspraktische Liste umfasste die wichtigsten Festtage des kirchlichen Jahres einschließlich des wichtigsten Medinger Heiligen Mauritius und stimmt mit der Tendenz des Propst-Handbuchs überein, den eigenen Festkalender stärker in den Vordergrund zu stellen. 27 Die Zusammenschau der Statuten mit den anderen Medinger Zeugnissen, die von den Laienbrüdern und -schwestern handeln oder sie zumindest erwähnen, ergibt ein widersprüchliches Bild. Das ist auf der einen Seite den unterschiedlichen Textsorten geschuldet, in denen diese Gruppe auftaucht, zum anderen ein Ergebnis des Zwischenbereichs, in dem sich die Konversen bewegten. Die Laienschwestern waren Teil des Konvents, aber verließen regelmäßig die Klausur; sie waren in geistlichen Belangen der Priorin bzw. Äbtissin unterstellt, aber mussten für alle lebenspraktischen Entscheidungen die Genehmigung des Propstes einholen. Sie hatten Teil an den Gebeten und Gesängen des Klosters und trugen zumindest teilweise auch zur Textproduktion bei, aber kamen dazu auf einem anderen Bildungsweg als der Klerus mit seiner lateinischen Bildung und die Nonnen, die die Klosterschule durchlaufen hatten. Sie sprachen buchstäblich eine andere Sprache als die bislang betrachteten Gruppen des Klosters, das Niederdeutsch des Handels, der manuellen Tätigkeit und der städtischen Kultur. Diese doppelte Ausrichtung der Medinger Konversen zum einen auf das Kloster, zum anderen auf die Stadt und deren laikaler Kultur, wird erst deutlich, wenn auch die letzte im Propst-Handbuch erwähnte Gruppe untersucht wird, die laikale Gemeinde.

26 Das Kirchweihfest war in Medingen mehrfach umgelegt worden. Tilemann von Bavenstedt legte es zurück auf den Tag des Apostels Bartholomäus (24.8.), nachdem es zwischenzeitlich am Sonntag Trinitatis und 1453 auf den Sonntag Exaudi verlegt worden war. Das Fest erscheint hier also leicht in der kalendarischen Reihe verschoben. Vielleicht ist hier allgemein ein Termin am Ende des Kirchenjahres gemeint. 27 Zur Festtagsliste in der Diözese Verden vgl. den Kalender zu Beginn des ›Missale Verdense‹.

2.5. Die Laien

113

2.5. Populus. Die Laien in der Medinger Liturgie Im Ursprungscodex wurde die laikale Gemeinde ebenso wenig erwähnt wie die Nonnen. Die Stellen, an denen im Propst-Handbuch die Anwesenheit des populus (das »Laienvolk«) erwähnt wird und ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich die Laien singend am Gottesdienst beteiligen, finden sich erst in der Erweiterungsschicht. Der populus ist hier als Sammelbezeichnung für die heterogene Gruppe zu lesen, die sich aus all denen zusammensetzte, die weder dem Klerus noch dem Konvent angehörten, also örtliche Gemeinde, weltliche Bediensteten, Laienbrüder und Lüneburger Besucher. Der spezifische Medinger populus muss bei Feiern wie der Oblation zahlreich gewesen sein. Besucher von außerhalb waren u. a. die in den Urkunden als vrunde bezeichneten, dem Kloster verbundenen Mitglieder des Lüneburger Rats und Verwandte der Nonnen, an die sich auch die niederdeutschen Beischriften der 1400 gemalten Tafeln zur Klostergeschichte im Äbtissinnenhaus richteten. An den im PropstHandbuch hervorgehobenen Festtagen war die Klosterkirche damit deutlich in drei Bezirke aufgeteilt, von denen der Altarraum im Ostteil der Kirche dem Klerus vorbehalten war und der Chor im oberen Geschoss des Westteils der Kirche den Nonnen, zu denen an Festtagen die Konversenschwestern hinzukamen. Direkt unter dem Nonnenchor im Westteil der Kirche war der Bereich für die Laien, der nach der Reform von Tilemann von Bavenstedt dadurch aufgewertet wurde, dass er eingewölbt wurde. 1 Der Platz der Laien, der nur durch einige Stufen von dem leicht erhöhten Chorraum getrennt war, gewährte ihnen eine volle Sicht auf das Geschehen am Altar. Das wird bei der ersten Erwähnung des populus im Handbuch deutlich, der Erhebung der Marienstatue durch den Propst. Postquam autem lectum est Confiteor tollat ymaginem beate virginis et vertens se ad populum incipiat alta et sollempni voce. O mundi domina. clerus regia ex semine orta. prepositus O mundi domina et sic ter repetatur. (fol. 1va/b) Nachdem das ›Confiteor‹ gelesen ist, hebt der Propst das Marienbild hoch, wendet sich zum Laienvolk und beginnt mit erhobener und feierlicher Stimme die Antiphon ›O Herrin der Welt‹. Der Klerus antwortet ›aus königlichem Stamm geboren‹. Der Propst wieder: ›O Herrin der Welt‹, und auf diese Weise wird es dreifach wiederholt.

Der populus wird als Gemeinde Zeuge der besonderen Marienverehrung, die für die Zisterzienserinnen ein wichtiger Bezugspunkt war, wie die Marienvision auf Tafel 9 zeigt. Es ist zu vermuten, dass es sich bei dem Marienbild um die Statue auf dem Hauptaltar handelt, die auf Tafel 13 neben der Mauritius-Statue dargestellt ist. 2 Marienfiguren auf dem Hochaltar wa1 Abb. 4 zeigt drei Schiffe mit vier kreuzrippengewölbten Jochen; Literatur zur architektonischen Gestalt der Kirche in Kap. 2.2.2. 2 Vgl. Kap. 2.1.2. zur Darstellung der Medinger Klosterpatrone.

114

2. Liturgie und Reform

ren für Zisterzienserklöster üblich. In Isenhagen stand eine Madonna auf dem Sockel vor dem Hauptaltar. 3 Der dazu gehörige Gesang ›O mundi domina‹ wird darum sowohl von den Laienschwestern in ihre persönlichen Gebetbücher wie in die für Laien geschriebenen Orationalien übernommen, um damit auch außerhalb der seltenen Festtagsgelegenheiten diese unmittelbare Begegnung mit Maria nachvollziehen zu können. 4 2.5.1.

Die niederdeutschen Gesänge

Der Platz im Kirchenschiff erlaubte den Laien nicht nur den Blick auf das Geschehen im Chorraum, sondern auch die aktive Teilnahme. Anschaulich belegt das im Propst-Handbuch die Osternachtsfeier, in der die Laien refrainartig niederdeutsch auf die lateinischen Gesänge antworten. Zur Sequenz ›Victimae paschali laudes‹ wird vermerkt, dass sie dazu ›Christ ist erstanden‹ singen (Deinde Victime paschali laudes. Laycis laudem canentibus Crist is, fol. 48vb). Diese Formulierung wird zur Sequenz ›Laudes salvatori‹ wiederholt und das mit der besonderen Bedeutung des Osterjubels begründet, der die gesamte Natur erfasst. 5 Ad missam matutinalem canant sollempniter tropum duo cantores Postquam factus homo. super introitum Resurrexi. secundum ordinarium verdense Kyrie. Fons bonitatis. Sequencia Laudes saluatori. que deuote et reuerenter cantetur propter omnia opera redempcionis nostre de quibus in ea fit mencio. Et layci canant laudem quia omnis in hac die rerum natura iubilat. (fol. 49rb) Zur Morgenmesse singen zwei Kleriker feierlich den Tropus ›Postquam factus homo‹ zum Introitus ›Resurrexi‹ nach dem Verdener Ordinarius. ›Kyrie Fons bonitatis‹. Die Sequenz ›Laudes salvatori‹, die innig und respektvoll gesungen werden soll wegen aller Taten zu unserer Erlösung, die darin genannt werden. Und die Laien singen das Lob, weil an diesem Tag die gesamte Natur jubiliert.

Die niederdeutschen Gesänge sind im ›Missale Verdense‹ nicht enthalten, obwohl im Handbuch zu den Festtagen die dem Verdener Ritus entsprechenden Sequenzen angegeben werden, so dass die volkssprachigen Erweiterungen, jedenfalls in diesem Umfang, eine Besonderheit der Medinger Liturgie zu sein scheinen. Diese Einbeziehung der Laien und der Volkssprache wurde auch auf die unterstellten Parochialkirchen 6 übertragen, wie das Antependium zeigt, das die Nonnen für die seit 1339 zum

APPUHN, Isenhagen S. 4f Eine wörtliche Übersetzung und Adaptierung der Rubrik findet sich in W2 fol. 25v. In der Fassung für Anna Töbing (GO fol. 21v) wird die Andachtsanweisungen so adaptiert, dass sie auch im häuslichen Kontext ohne die direkte Anschauung der Marienweisung vorgenommen werden konnte, vgl. ANDERSEN, Das Kind sehen S. 305. 5 LÄHNEMANN, Andachtsanweisungen S. 445. 6 Liste der Parochialkirchen in VOGTHERR, Medingen S. 1046 (2.3.2). 3 4

115

2.5. Die Laien

Kloster gehörige Pfarrkirche in Wichmannsburg herstellten. 7 In den aufgenähten Schriftbändern aus Stoff und Pergament finden sich Incipits wie ›Gelobet seist du, Jesu Christ‹ und ›Christ ist erstanden‹, die auch im Propst-Handbuch enthalten sind. Wahrscheinlich wurde also die für die Medinger Kirche praktizierte Form des Wechselgesangs für den populus der Parochialkirchen übernommen. Die im Propst-Handbuch enthaltenen niederdeutschen Gesänge weisen durchgängig die charakteristische Form von Leisen auf, volkssprachigen Tropierungen des Kyrie in der Form einstrophiger Lieder. Leisen sind schon früh bezeugt und werden spezifisch mit Laien verbunden. 8 Gemeinsam ist ihnen die letzte Zeile »Kyrieleison«, die der Gattung ihren Namen gab. 9 Die Hinweise auf den liturgischen Kontext und zur Aufführungspraxis der Leisen im Propst-Handbuch macht sie zu wichtigen Zeugnissen volkssprachigen liturgischen Gesangs vor der Reformation. 10 An sieben Stellen werden insgesamt sechs Leisen angegeben, die vier bekanntesten davon nur als Incipits. 11 Leisen im Propst-Handbuch und ihr liturgischer Kontext Fol.

Fest

2r

Weihnachten

48vb

Osternachtfeier

49va– 52rb 52vb– 53ra 56va– 57rb

Ostermorgen (missa matutinalis) Ostersonntag (post vesperas)

Leise und Kontext ›Gelobet seist du, Jesu Christ‹ ›Christ ist erstanden‹ ›Christ ist erstanden‹ ›Hilf uns o wahres Osterlamm‹ ›Also heilig ist dieser Tag‹

Repetitio zur Sequenz ›Grates nunc omnes reddamus‹ Repetitio zur Sequenz ›Victimae paschali laudes‹ Repetitio zur Sequenz ›Laudes salvatori‹ Repetitio zum Hymnus ›Iam pascha‹ Dritte Repetitio zur Cantio ›Exsultandi et laetandi‹

LÄHNEMANN, Wichmannsburger Antependium S. 24. Hugo von Trimberg kontrastiert um 1300 die als schlicht charakterisierten Leisen, die Ausdruck von Laienfrömmigkeit seien, mit komplexen Liedern; damit zielt er wohl auf die syllabische und einstimmige Form der Leise, die er im Rahmen seiner Didaxe positiv bewertet, vgl. LÄHNEMANN, Leich, Lied und Leise S. 184–185. 9 MERTENS, Leisen. Mittelhochdeutsch wird leis meist maskulin gebraucht, mittelniederdeutsch feminin (Mittelniederdeutsches Handwörterbuch II Sp. 776: »leiyse (layse), loyse (loise, löse), f. geistliches Bittlied.«). In den Orationalien meist als de loyse, aber gelegentlich auch de loys, bezeichnet. Im Folgenden wird die feminine Variante verwendet. 10 Zu Funktion und Typus des deutschen geistlichen Lieds im Mittelalter vgl. JANOTA, Studien besonders B. III. zur gottesdienstlichen Funktion der Lieder im Kirchenjahr und C II. zum Lied in den religiösen Gemeinschaften und in der Gemeinde; weitere Literatur bei MERTENS, Leisen Sp. 1078. 11 ›Crist is upstanden‹, GGdM 75a-f; ›Ghelouet sistu‹, GGdM 262; ›Also heylich is desse dach‹, GGdM 24a-e; ›Crist heyliger‹, GGdM 73. 7 8

116 58ra 58vb

2. Liturgie und Reform Ostersonntag (ad exitum) Himmelfahrt

›Sancta Maria, heilige Frau‹ ›Christ, heiliger Gott‹

Ergänzung zur Antiphon ›Regina caeli laetare‹ (?) Repetitio zur Sequenz ›Summi triumphum regis‹

Auch da, wo nicht ausdrücklich vermerkt ist, wer singt, setzt die räumliche Situation der Medinger Kirche voraus, dass die hörbare Antwort von den Laien kam, während die Nonnen und Laienschwestern der Feier abgeschirmt auf dem Nonnenchor anhand ihrer Orationalien folgten. Sie mussten den Wechselgesang im stillen Gebet nachvollziehen. So findet sich die Antwortstruktur für die Einbindung der Leise ›Gelobet seist du, Jesu Christ‹ in die Sequenz ›Grates nunc omnes reddamus‹ als Gebetsanweisungen in den Orationalien wieder. 12 Eine mögliche Ausnahme bildet nur die Leise ›Also heilig ist dieser Tag‹. Die Rubrik ordnet die übergeordnete Cantio ›Exsultandi et laetandi tempus est‹ nach der Vesper ein, 13 die den Nonnen vorbehalten war. Vielleicht trugen hier Laienschwestern und Schülerinnen die Repetitiones vor; die Leise ist auch mehrfach in Orationalien für Laien verzeichnet ist. 14 Von der klösterlichen Gemeinschaft könnte auch die Leise ›Sancta Maria, heilige Frau‹ gesungen worden sein, die im Anschluss an die Marienantiphon ›Regina caeli‹ steht. Das darauf folgende Gebet weist darauf hin, dass die Osterfestlichkeiten in Medingen ihre Fortsetzung im Marienlob gefunden haben: Prosit nobis semper omnipotens pater. et principue inter hec paschalia filij tui sollempnia. continuata virginis Marie memoria (»Es segne uns der allmächtige Vater zu aller Zeit, und besonders während dieser österlichen Feiern deines Sohnes, die mit dem Gedenken an die Jungfrau Maria fortgesetzt werden« fol. 58rb). 15 Während die Oster- und Weihnachtsleisen häufiger und in Süd- wie Norddeutschland bezeugt sind, ist diese Leise nur im Propst-Handbuch und zwei Konversen-Orationalen, GT1 und W2 überliefert. 16 Die Übereinstimmung der notierten Fassung in GT1 mit 12

121.

K3 fol. 130, vgl. THOMAS, Weihnachtslieder S. 119–121. JANOTA, Studien S. 120–

13 Die Rubrik post vesperas ist quer über den oberen Rand von fol. 56v geschrieben; davor ist vermerkt, dass die Gebete bei der Vesper entfallen. 14 To desseme soten sanghe antwert ok dat meine volk vnde singhet: »Also heylich is desse dach«. Dessen suten sangh lat ghan dor din herte vnde singe ok mede! (»Auf diesen herrlichen Gesang antwortet das Laienvolk und singt: ›Also heilig ist dieser Tag‹. Diesen herrlichen Gesang lass auch durch dein Herz gehen und stimme mit ein!«, T1 fol. 65r), zitiert nach MANTE, Niederdeutsches Gebetbuch S. 83; HASCHER-BURGER, Notation S. 59. Vgl. Kap. 2.4.3. und Abb. 20 zu den Andachtsanweisungen für ›Also heilig ist dieser Tag‹ in GO fol. 137v. 15 Zu den Aufgaben des Klerus bei der Himmelfahrtsfeier vgl. Kap. 2.2.1. 16 Beide sind von der gleichen Werkstatt wie das Propst-Handbuch eingebunden, vgl. Kap. 3.4.2. In W2 ist nur das kleiner geschriebene, aber unnotierte Incipit zum Fest Ma-

2.5. Die Laien

117

dem Propst-Handbuch geht so weit, dass die Melodieführung des Anfangs identisch ist, bis hin zu dem anders als bei allen anderen Leisen mit vier anstatt drei Virgen markierten Kyrieleison. In GT1 wird die Leise noch durch eine zweite von dem gleichen viernotigen Kyrieleison abgeschlossene Texteinheit hinaus erweitert: Sunte Maria heyliger vrouwe helpet juwen luden vth van alle ere noden kryoleyson. vth van allen sorgen des helpe vns sunte maria kryoleyson.

GT1 fol. 12r Marienleise mit linienloser Notation St. Maria, heilige Herrin, helft euerm Volk aus all seiner Not, Kyrieleison. Aus all unsern Sorgen helfe uns die hl. Maria, Kyrieleison.

Sprachlich auffällig ist die allen Textzeugen gemeinsame Einleitungsformel mit der Anrufung heyliger vrouwe. 17 Vielleicht lässt sich hier eine in Medingen selbstständig aus vorhandenen Leisen-Bausteinen gebildete volkssprachige Repetitio fassen. Die Form heyliger wäre dann als hyperkorrekte Form aus einer hochdeutschen Leise wie ›Christ, heiliger Gott‹ entlehnt, analog zur Praxis, für Mauritius und die Apostel in den HeiligenOrationalien bekannte Leisen zu adaptieren. Die Tatsache, dass ›Sancta Maria‹ als einziges niederdeutsches Lied vollständig ausgeschrieben und notiert ist, weist in dieselbe Richtung. 18 riä Himmelfahrt aufgenommen: Darvmme rop se mit ganser andacht an vnde sprik. Sunte maria heyliger vrouwe. helpet juwen luden. (fol. 228v). 17 Nach LASCH, Mittelniederdeutsche Grammatik §123 a.2 ist heilig immer entlehnt. Die Endung –er ist weder Mittelhoch- noch –niederdeutsch für die mit dem Nom. F. Sg. zu bildende Form von ›heilig‹ korrekt. Auch vrouwe statt vruwe ist schriftsprachlicher hoher Stil. Mit Dank an Friedel Helga Roolfs für die Auskunft. Ein ähnlicher hochdeutscher Liedanfang ist für die Christmette im Augustinerchorherrnstift Seckau bezeugt, wo es heißt, dass nach dem ›Te Deum laudamus‹ das Volk Maria anrief (populo acclamante: Helf vns sande Mareye, helfet vns hymelischev vravwe, Seckauer Ordinarium von 1325, Graz, Universitätsbibl., Ms. II 756, fol. 33r, mit Notation, abgebildet bei LIPPHARDT, Kirchenlied im Mittelalter Sp. 785; vollständiger Nachweis GGdM 310). 18 Eine systematische Untersuchung dieser singulär in Medingen überlieferten Leisen steht noch aus, aber es scheint sich bei diesen einstrophigen, auf Kyrieleison endenden,

118

2. Liturgie und Reform

Die Leise ›Christ, heiliger Gott‹ zur Himmelfahrtssequenz ›Summi triumphum‹ ist ebenfalls singulär in Medingen überliefert. 19 Das Incipit des Propst-Handbuchs lässt sich aus dem Orationale BE3 ergänzen. Dort ist der vollständige Text mit linienloser Notation zur Himmelfahrtssequenz als Andachtsanweisung an die betende Schwester notiert: …van der vroliken hemmelvart Amen: Na mit-dage to der alder-higesten vnde crafftigesten nonen stunde So giff dy in dyn beth vnde loue god also dat mogelk is Crist heyliger got keyser aller koninge hute is here dyn dach help vns alse Wes gegrot O eddele stunde vnde werdige dach der vullenkomenen salicheit… (BE3 fol. 136v). …von der fröhlichen Himmelfahrt, Amen. Nach Mittag, zur allerheiligsten und mächtigsten None, sammle dich zum Gebet und lobe Gott, so gut es geht: »Christ, heiliger Gott, Kaiser aller Könige, heute ist, Herr, dein Tag, hilf uns darum.« Sei gegrüßt, o edle Stunde und würdiger Tag der vollkommenen Seligkeit…

Die Leisen sind durchgängig Bestandteil der Bearbeitungsschicht in der Handschrift und damit Teil der Erneuerung der Liturgie nach der Reform, die sich im Propst-Handbuch ebenso wie in den Orationalien niederschlägt. Dabei ist davon auszugehen, dass in Medingen noch weitere niederdeutsche geistliche Gesänge im Umlauf waren. So findet man in den Orationalien auch Leisen als unnotierte oder linienlos notierte Incipits, 20 die im Handbuch des Propstes fehlen, zum Beispiel ›Gna vns dat heylige graff‹ 21 und ›God si gelouet vnde benedyet‹. 22 Auch die Überlieferung der anderen niedersächsischen Klöster spricht für eine weite Verbreitung volkssprachigen Singens. Aus Wienhausen und Ebstorf sind zwei Liederbücher erhalten, die neben lateinischem auch viel niederdeutsches Liedgut enthalten. 23 In beiden Handschriften ist unter anderem ein niederdeutsches Lied enthalten, das wie die Lieder im PropstHandbuch als Repetitio zu einem lateinischen Gesang dient. Im Ebstorfer Liederbuch steht nur der niederdeutsche Text, aber im Wienhäuser Liederbuch ist es notiert und als Repetitio mit der Cantio ›Resurrexit dominus häufig nur ansatzweise gereimten Gesängen um ad hoc-Adaptierungen zu handeln. Das zeigt sich beispielsweise in den beiden Versionen der Mauritiusleise in dem HeiligenOrationale HH7, bei der die Version Sunte Mauricius de eddel ridder fol. 20v eine Bitte um Fürbitte in der Todesstunde ist, Sunte Mauricius O du eddel ridder auf fol. 70v um würdigen Sakramentenempfang. In L1 fol. 175r wiederum erscheint eine notierte Variante der ersten Version, in der auch alle Gefährten des Mauritius angerufen werden als Sunte Mauricius gy eddele ridder (so auch in W3 fol. 275v unnotiert). 19 GGdM 73. 20 Vgl. das alphabetische Register zu den Gesängen 7.2. 21 M fol. 56r, O1 fol. 4r; GGdM 263. 22 Wol 300.1 fol. 214r. Für weitere niederdeutsche Lieder vgl. das Incipitregister in HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 196–213; GGdM 266. 23 Zu niedersächsischen geistlichen Liederbüchern vgl. HASCHER-BURGER, Religious Song S. 130–132. Eine Vernetzung dieser Liederbücher in einem breiteren geographischen Kontext wird in KOLDAU, Weibliche Kulturräume S. 174 beschrieben.

2.5. Die Laien

119

qui pro nobis omnibus‹ kombiniert. 24 Auch in den Medinger Orationalien wird ›Wir sollen alle fröhlich sein‹ mehrfach zitiert. 25 Im Oster-Orationale HI1, das die Medinger Nonne Winheydis 1478 schrieb, wird es mit Musiknotation in ein längeres lateinisches Preisgedicht auf die Osternacht eingefügt; 26 in einer der Randminiaturen halten es zwei modisch mit hohen Holzsandalen gekleidete und bekränzte Jünglinge als Spruchband. 27 Damit wird hinter den vereinzelten Nennungen des Laiengesangs im PropstHandbuch eine Vortrags- und Aufführungspraxis erkennbar, die gerade in den Lüneburger Frauenklöstern am Osterfesttag ihren Platz hatte. Was das Propst-Handbuch von der übrigen Leisen-Überlieferung abhebt, ist die durchgängige Rückbindung an lateinische Gesänge. 2.5.2.

›Laudes salvatori‹ und ›Christ ist erstanden‹

Das Propst-Handbuch liefert die Begründung für die ungewöhnliche Dichte an volkssprachigen Gesängen in der Rubrik zum Osterfest. Nachdem vermerkt ist, dass Propst und Beichtvater das Kreuz in die Höhe heben (Hinc dominus prepositus et confessor extollens crucem in altum fol. 48vb) und für die Antiphon ›Surrexit‹ in einen Wechselgesang mit dem Klerus eintreten, 28 heißt es, dass auch die Laien in das Lob von Christi Auferstehung einstimmen sollen: cantabunt sollempni voce Surrexit dominus de sepulchro sacerdos qui pro nobis pependit in ligno alleluia. et sic ter reperatur. Deinde Victime paschali laudes. laycis laudem canentibus Crist is. quia indignum valde est ut dicit gregorius. quod eo / die Laudes debitas taceat lingua carnis quo videlicet die caro resurrexit auctoris. (fol. 48vb–49ra) [Propst und Beichtvater] singen mit feierlicher Stimme: »Der Herr ist erstanden aus dem Grab« – der Priester antwortet mit: »der für uns am Kreuz hing, Halleluja«. Das wird dreimal wiederholt. Dann wird ›Victimae paschali laudes‹ gesungen, während die Laien ›Christ ist erstanden‹ singen, weil es sehr unwürdig ist, wie Gregor sagt, dass an dem Tag die geschuldeten Lobgesänge der Zunge des Fleisches schweigen, an dem der Urheber des Fleisches auferstand.

24 ›Wir sollen alle fröhlich sein‹ gehört zu den weitverbreiteten Ostergesängen des späten Mittelalters, die ihren Weg auch in die nachreformatorischen Gesangbücher lutherischer Prägung gefunden haben (vgl. ›Das deutsche Kirchenlied‹ III/1.2. Melodie Eg 102). Im Evangelischen Gesangbuch steht das Lied unter Nr. 100. Die Wienhäuser Melodie allerdings entspricht der des Liedes EG 105: ›Erstanden ist der Heilig Christ‹, das die Melodie der Cantio ›Resurrexit dominus‹ repräsentiert, mit der es im Wienhäuser Liederbuch kombiniert wird. 25 Wie 9 fol. 7r; Ebs VI 17 fol. 42v. 26 HI1 fol. 13r: We schollen alle vrolik sin to desser osterliken tyt dar alle vnse trost ane steyt, dazu LIPPHARDT, Liturgische Funktion S. 181 Anm. 57. 27 HI1 fol. 70r: Nu scholle we alle vrolik sin to desser osterliken tyd dar. 28 Vgl. zu dem Wechselgesang von Propst und Klerus Kap. 2.2.1.

120

2. Liturgie und Reform

Damit wird die Beteiligung der Laien am Festgesang mit der höchsten theologischen Autorität untermauert. 29 Das Propst-Handbuch scheint hier in der Überarbeitung des Ursprungscodex eine Praxis des Wechselgesangs zu kodifizieren, die bereits früher in Medingen erprobt worden war, denn in HI1, dem 1478 von der Medinger Nonne Winheyde geschriebenen Orationale, wird die geschilderte Kreuzeserhebung vor der Gemeinde samt dem Wechselgesang zur Grundlage der Ostermeditation – und zwar begleitet von einer Darstellung von Gregorius am unteren Blattrand, der als Schriftband das auch im Propst-Handbuch zitierte Diktum hält. 30

HI1 fol. 40r. Papst Gregorius d. Gr. mit dem Schriftband Non enim fas est vt ea die lingua carnis taceat In hanc victoriosissima nocte sacerdos eleuat dominicam crucem coram omni populo et cantat voce sollempni Surrexit dominus de sepulchro. qui pro nobis pependit in ligno alleluia. Quasi dicat de hujus festi iocunditate gloriando Ecce propter crucem venit gaudium in vniuerso mundo. Postea populus cantet laudes Resurgenti illud iocundum canticum Christ is vpstande van siner marter alle des scholle we alle vro sin got de wel vnse trost sin Kyrioleis. Ideo in sequencia populorum laudibus alternatur quia in christi resurrectione diuinis humana iungitur. merito omnis sexus et gradus consonis resultat vocibus. (HI1 fol. 39v) In dieser höchst siegreichen Nacht erhebt der Priester das Kreuz Christi vor allem Volk und singt mit feierlicher Stimme: »Der Herr ist erstanden aus dem Grab, der für uns am Kreuz hing, Halleluja« – als ob er preisend über die Freude dieses Festes sprechen würde –»Siehe, durch das Kreuz kommt Freude in die ganze Welt«. Dann singt das Laienvolk als Lob für den Auferstehenden den fröhlichen Gesang »Christ ist erstanden von al seiner Marter; des sollen wir alle froh sein, Gott will unser Trost sein, Kyrieleison«. Auf diese Weise wird in der Sequenz mit dem Lobpreis der Laien abgewechselt, weil bei der Auferstehung Christi sich das Menschliche mit dem Göttlichen vereinte; verdientermaßen stimmen daher alle Geschlechter und Stände mit zusammenklingenden Stimmen ein.

Es ist möglich, dass das Orationale HI1 und das Psalterium HI2 Modellcodices waren, durch die der Propst eine dem Geist der Reform entspreZu dem Gregorius-Zitat vgl. LÄHNEMANN, Andachtsanweisungen S. 445. Papst Gregor der Große ist eine Lieblingsautorität der Medinger Handschriften; mehrfach ist er in den Marginalzeichnungen mit Merksprüchen dargestellt (in HI1 z.B. noch auf fol. 51v und 67v) und ist die am häufigsten namentlich genannte Quelle für normative Aussagen, vgl. M fol. 102r. Mit diesem spezifischen Kommentar wird die Darstellung des Gregorius auch in O1 fol. 115v und HV2 p. 82 verbunden. 29 30

2.5. Die Laien

121

chende Handschriftenproduktion anregen wollte. 31 Jedenfalls lässt sich die Äußerung zur Einbeziehung der Gemeinde als theologische Aussage lesen. Diese programmatisch geforderte Kombination von Leisen und lateinischen Gesängen funktionierte jedoch nicht immer problemlos. Gerade in den Fällen, in denen eine Leise mit verschiedenen lateinischen Gesängen kombiniert wurde, konnten musikalische Probleme entstehen. Deutlich werden diese Anschlussprobleme bei der Verbindung der Sequenz ›Laudes salvatori‹ mit der Leise ›Christ ist erstanden‹ (fol. 49va–52va). Die Leise ist als notierter Laiengesang bereits in der Osternachtfeier des ›Liber Ordinarius‹ des Salzburger Doms von 1198 belegt und war im deutschsprachigen Raum weit verbreitet. 32 Im Propst-Handbuch wird sie am Ende jedes Doppelversikels der Sequenz eingefügt. Der lateinische Text ist vollständig ausgeschrieben und notiert, von der Leise jedoch sind jeweils nur Incipit und Explicit als notierte Kurzhinweise aufgenommen. Diese Art, einen Text zu kürzen, ist recht ungewöhnlich; in keinem anderen Fall werden sonst im Propst-Handbuch Explicits angeführt. Der größte Teil der Leise fehlt. Da sie nicht vom Klerus, sondern von den Laien gesungen werden sollte und sowohl kurz wie bekannt war, stellte die verkürzte Wiedergabe für mittelalterliche Benutzer des Bandes kein Problem dar. Für heutige dafür umso mehr: weder aus Medingen noch aus einem der anderen Lüneburger Klöster ist eine vollständige Fassung der Leise mit Notation bekannt, so dass sie aus anderen Quellen rekonstruiert werden muss. 33 Die Anbindung der Leise an die Sequenz birgt ebenfalls einige Probleme, da die beiden Gesänge hinsichtlich ihres Modus nicht zueinander passen. Die Sequenz zeigt einen von d’ bis d” reichenden plagalen g-Modus mit einer Finalis auf g, die durch die typische Sequenzschlussformel f-g-g zusätzlich unterstrichen wird. Die Melodie der Leise dagegen präsentiert 31 Vgl. zu Winheyd und Elisabeth von Winsen als Schreiberinnen von HI1 und HI2 Kap. 1. Die später entstandenen Medinger Orationalien wie O1 (Erwähnung einer Äbtissin, also post-1494) und Psalterien wie CA3 stimmen in Textauswahl und Layout eng mit diesen 1478er Handschriften überein. 32 Sal M II 6, fol. 67r. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird auf diese Leise auch im Essener ›Liber Ordinarius‹ referiert, wo zur Osterfeier darauf hingewiesen wird, das Volk singe einen »deutschen Gesang von der Auferstehung« (cantionem teutonicam de resurrectione). BÄRSCH, Osterfestkreis S. 236. Die Datenbank Dutch Songs online vermeldet ›Christ is opgestanden‹ in Handschriften ab 1570, darunter Ams 1C 17 als Repetitio zu ›Victimae paschali laudes‹, ansonsten als selbständiges geistliches Lied. Auch als dritte Stimme in einer dreistimmigen Motette findet man sie. 33 Verglichen mit den Fassungen der Leise in GGdM entspricht die am Anfang und Ende der Leise vermittelte musikalische Information am ehesten der Fassung ›Crist ist irstanden‹ in der Handschrift Par 16664a fol. 4r (GGdM Nr. 79). GGdM transkribiert die Leise eine Quart tiefer als sie im Handbuch erscheint, die Aufzeichnung selbst ist jedoch ohne Schlüssel.

122

2. Liturgie und Reform

einen transponierten authentischen d-Modus, der im Original auf a-g-a beginnt und ebenfalls von d’ bis d” reicht. Im Propst-Handbuch beginnt Crist is upstande eine Quart höher, d-c-d, und endet damit wie die Sequenz auf g. Doch passen die beiden Modi trotz Transposition nicht gut zueinander, während die Kombination der Leise mit einer anderen Sequenz unproblematisch ist: mit ›Victimae paschali laudes‹, der Sequenz, mit der ›Christ ist erstanden‹ häufig kombiniert wird. 34 Auch im Handbuch wird auf diese Kombination fol. 48vb verwiesen, allerdings ohne Notation, so dass die Melodie aus anderen Quellen rekonstruiert werden muss. Kombiniert man ›Victimae paschali laudes‹ in der Fassung des Medinger Orationale O1 mit der Version des ›Christ ist erstanden‹, die den Incipits des Propst-Handbuchs am Ähnlichsten ist, 35 zeigt sich, dass der Beginn der Leise die Melodie des ersten Versikels der Sequenz aufnimmt und beide sich im authentischen d-Modus bewegen. Sequenz und Leise passen perfekt zusammen, vorausgesetzt, die Leise beginnt auf a und nicht auf d:

Rekonstruktion der Verbindung ›Victimae paschali laudes‹ 36 mit ›Christ ist erstanden‹

In der Kombination von ›Christ ist erstanden‹ und ›Laudes salvatori‹ stimmen die Modi jedoch nicht überein, so dass der Übergang von Sequenz zur Leise sowie der von der Leise zum nächsten Doppelversikel der Sequenz für den Chor nicht einfach gewesen sein dürfte. Durch die Transposition entsprach die Tonhöhe der letzten drei Noten (g-g-g) der Leise den Enden aller Sequenzversikel (f-g-g). Der Übergang von Leise zu Sequenz war also derselbe wie der von Versikel zu Versikel innerhalb der Sequenz. Vielleicht war das der Grund dafür, dass nicht nur ein Incipit, sondern bei jeder Wiederholung der Leise auch deren Explicit angegeben wurde: es konnte als visueller Impuls funktionieren, der den Sängern den Übergang von Leise zu Sequenz, vom transponierten authentischen d-Modus zum plagalen gModus erleichterte. 34 Zur Verbindung von ›Victimae paschalis‹ und ›Christ ist erstanden‹ in Medingen vgl. BE2 fol. 58v (Abb. in CERMANN, Kat. Nr. 138 S. 273). 35 Par 16664a fol. 4r, nach der Transkription GGdM Nr. 79. 36 In O1 fol. 288r in den ersten eineinhalb Zeilen eine Terz höher notiert, beginnend auf f.

2.5. Die Laien

123

Was hier fassbar wird, ist die experimentelle Ausweitung der Möglichkeit der Beteiligung von Laien an der Liturgie. Ausgehend von dem etablierten Modell der Verbindung von ›Victimae paschali laudes‹ und ›Christ ist erstanden‹ werden weitere Sequenzen für den Wechselgesang erschlossen; der Experimentalcharakter bzw. die Neuartigkeit wird auch daran deutlich, dass am Schluss der Sequenz der Übergang nicht bruchlos erfolgt. Auf Versikel 11a folgt das Incipit der Leise ohne Explicit. Auf der Versoseite ist der Beginn dieses Versikels ein zweites Mal aufgeschrieben, gefolgt von Versikel 11b, doch jetzt ohne Leisenincipit. Ganz am Ende des Textes bricht die Sequenz ab, es fehlen die letzten Noten. Das spricht dafür, dass hier ad hoc eine noch nicht anderweitig etablierte Aufführungspraxis festgehalten wird, ein Kennzeichen der Medinger Liturgie, die in der Einbindung der niederdeutschen Gesänge in die lateinische Liturgie neue Wege sucht. 2.5.3.

Die Einbindung der Gesänge in die Liturgie

Vor dem Modell der Verbindung von ›Christ ist erstanden‹ mit seinen beiden lateinischen Trägergesängen lassen sich auch die anderen niederdeutschen Lieder im Handbuch verstehen. Es sind insgesamt keine selbstständigen Lieder, sondern sie fungieren als eine Form der Tropierung vor allem von Sequenzversen. Als Repetitiones, 37 refrainartig wiederholte Liedstrophen, waren sie breit einsetzbar. 38 Auch ›Also heilig ist dieser Tag‹ war weit verbreitet. 39 Im Medinger Orationale für die Bürgermeistersfrau An37 Repetitio bezeichnet in lateinischen Liederhandschriften des späten Mittelalters Texteinschübe, die in der Art eines Refrains zu jeder Strophe wiederholt werden. Bei Repetitiones kann es sich um variable Tropierungen handeln, wie im Fall der niederdeutschen Leisen, aber auch um repetitive Textteile wie Alleluia in der Cantio ›Exsultandi et laetandi tempus est‹ (fol. 56va). Im Propst-Handbuch wird dieser Terminus auf fol. 8va verwendet: Et sic canentur singuli versus et Gloria patri. similiter cum repeticione: die Antiphon ›Lumen ad revelationum gentium‹ soll nicht nur zu Beginn und am Ende des Psalms gesungen werden, sondern als Repetitio zwischen die einzelnen Psalmverse eingeschoben werden. 38 Anders als echte Tropen wie beispielsweise ›Kyrie fons bonitatis‹ (fol. 49rb) waren Leisen nicht an ihre Herkunft aus dem Kyrie gebunden, sondern konnten mit verschiedenen anderen Gesängen kombiniert werden, wie die doppelte Verwendung von ›Christ ist erstanden‹ zeigt. Zur Einbindung in den Kontext der lateinischen Sequenz vgl. Kap. 2.5.3. 39 Die Leise ist u. a. als Motettenstimme für die dreistimmige Motette ›Cum rex glorie – Cruxifixum Ihesum Cristum – Also heylich ist der dag‹ überliefert: Trier 322/1994, fol. 207. Edition GGdM Nr. 83. In K2 fol. 50v ist das Incipit der Leise sogar in die Orgelabbildung aufgenommen, was auf eine mögliche Kombination mit Orgelspiel verweisen könnte, vgl. Kap. 2.1.5. Abbildung in HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 176, und HASCHER-BURGER, Orgelspiel versus Orgelverbot.

124

2. Liturgie und Reform

na Töbing 40 wird die notierte Leise an eine Übersetzung des Hymnus ›Salve festa dies‹ angeschlossen: An der processien wan me vmme hof gheyt so denck an dynen herren do got quam van der helle myt der schare der hilghen enghele de eme vorghinghen vnde myt den vterweleden sele de he loset hadde de eme volgeden myt schalle vnde myt sanghe […] grotet den hochghelaueden osterdach myt (137v) dessen soten worden vnde sprik aldus Salue festa dies toto venerabilis euo Qua deus infernum vicit et astra tenet Grotet sistu hochtydelke dach de du byst […] Dar to singhe du myt innycheyt dynes herten dessen na screuen loysen wente du des van horsamme vnde banne plichtich byst Alse heyl is desse dach dat en neman vullen louen mach sunder de heylige godes sone dede helle tobrack vnde den leyden duuel darinne bant dar mede losede he de kristenheyt dat was god suluen kryoleys (GO fol. 137r–v)

Notierte Leise ›Also heilig ist dieser Tag‹ in GO fol. 137v (Abb. 20) Bei der Prozession, wenn man um den Hof zieht, denke an deinen Herrn, als Gott aus der Hölle mit der Schar der heiligen Engel kam, die ihm vorausgingen, und mit den auserwählten Seelen, die er erlöst hatte, die ihm mit Musik und Gesang folgten […] grüße den hochgelobten Ostertag mit diesen süßen Worten und sprich folgendermaßen: »Salve festa dies, toto venerabilis evo, qua deus infernum vicit et astra tenet« / Gegrüßet seist du, hoher Festtag, der du […] Dazu singe mit Andacht deines Herzens die hier aufgeschriebene Leise, denn das bist du aus Gehorsam und Verpflichtung schuldig: Also heilig ist dieser Tag, dass ihn niemand angemessen loben kann außer dem heiligen Gottessohn, der die Hölle zerbrach und den verhassten Teufel darin bannte; dadurch erlöste er die Christenheit; das war Gott selbst, Kyrieleison.

Hier werden die verschiedenen Hierarchieebenen deutlich voneinander abgehoben: ›Salve festa dies‹ wird durch eine die ganze Seite umgreifende goldene Fleuronnée-Initiale hervorgehoben, die Leise schließt sich mit kleiner Goldinitiale an. Die Leise wird durch die versweise niederdeutsche Übersetzung der Sequenz vorbereitet, die es ermöglichte, simultan mit dem Gesang des Klerus den Inhalt mitzuvollziehen und dann in die Leise als preisende Zusammenfassung der vorhergehenden Sequenz einzustimmen – und zwar sowohl hörbar in der Medinger Kirche bei einem Besuch zum Festtagsgottesdienst wie im stillen Nachvollzug des gottesdienstlichen Geschehens. Die linienlose Notation hat dabei weniger die Funktion, die Melodie singbar zu machen als generell die Leise als gesungenen Text zu mar40

Zu den Familienverbindungen von Anna Töbing nach Medingen vgl. Kap. 2.3.1.

2.5. Die Laien

125

kieren, da, wie die Rubrik dazu vermerkt, es sich bei dem Singen der Leise um eine Bringschuld Gott gegenüber handelt. 41 Die enge Verbindung, die die Leise im Propst-Handbuch mit dem lateinisch-liturgischen Kontext eingeht, entspricht dem, was gemeinhin als Tropierung bezeichnet wird. Nur bei der singulär überlieferten Leise ›Sancta Maria, heilige Frau‹ ist die Interpretation als Tropus nicht sicher, obwohl die Anordnung es nahe legt, da sie sich mit einer Initiale geringerer Ordnung direkt an die vorangehende Marienantiphon ›Regina caeli‹ anschließt. 42 Leisen konnten als eine von mehreren Repetitiones in einem größeren Gesamtkontext stehen. Die vielstrophige Cantio ›Exultandi et letandi tempus est‹ (fol. 56va) zählt insgesamt drei Repetitiones, die alle drei in konstanter Reihenfolge nach jeder Strophe wiederholt werden, zwei lateinische (›Alleluia‹ und ›Resurrexit dominus‹) 43 sowie die niederdeutsche Leise ›Also heilig ist dieser Tag‹. Diese wurde anders als die beiden lateinischen Repetitiones von Anfang an nur als Incipit verzeichnet – ein Hinweis darauf, dass sie vielleicht ebenfalls vom Volk gesungen wurde. Dass Lieder mit einer oder mehreren Repetitiones im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit im norddeutsch-niederländischen Raum sehr beliebt waren, zeigen zwei frühneuzeitliche Liedersammlungen aus den Niederlanden, die zum Teil zweistimmige lateinische Cantiones und einstimmige Sequenzen mit volkssprachigen Repetitiones kombinieren. 44 Auch wenn der Kontext dieser niederländischen Liedersammlungen mit Medingen zum Teil vergleichbar ist, besteht ein wesentlicher Unterschied darin, dass die systematische Einbindung solcher Gesänge im liturgischen Kontext kirchlicher Festtage in Medingen bereits fast hundert Jahre früher, im 15. Jahrhundert, stattfindet. Hierin liegt die Bedeutung und Besonderheit der Medinger Überlieferung: Die laikale Liedform der Leise erhält hier bereits im späten Mittelalter eine feste Verankerung im sakralen Raum. Alle notierten Gesänge sind unter 7.2 verzeichnet. Hier sind ausnahmsweise die Noten zweifarbig rot und blau abwechselnd geschrieben, vgl. digitale Version online. 42 Fleuronnée-Initiale zu Beginn der Marienantiphon, Lombarde zu Beginn der Leise. Zur Initialenhierarchie vgl. Kap. 3.1.2. Unsicher ist, ob die Leise als Repetitio fungierte, da sie nur einmal am Ende der Antiphon notiert wird. 43 Einige Strophen dieses Liedes sind in AH 21, 28 abgedruckt; Strophe 1 und 2 sind dort vertauscht. Die Zeilen Alleluia und Resurrexit Dominus sind in AH nicht als selbständige Repetitiones angeführt, sondern in die Strophen integriert. Im PropstHandbuch werden sie durchgehend mit eigenen Initialen angeführt, ein Hinweis darauf, dass sie wohl als Repetitiones aufgefasst wurden. 44 Nijm 402 aus dem frühen 17. Jahrhundert enthält mehrere zweistimmige Cantiones mit zweistimmigen Repetitiones. Das Graduale Ams I C 17 (Dat: 1571) enthält unter anderem die Sequenz ›Victimae paschali laudes‹ mit dem niederländischen Tropus ›Christus is opgestanden al wt die Joden horer handen‹ (fol. 236r). DE LOOS, Interactie S. 156, 162, 163. 41

Kapitel 3

Das Propst-Handbuch als Codex In jede Handschrift sind die Prozesse ihrer Entstehung eingeschrieben – im Wechsel von Tinten und Händen, in der unterschiedlichen Qualität und dem Format der Materialien, in Korrekturen, Nachträgen und Zusätzen, in Einband und Benutzungsspuren. Es geht in diesem Teil der Untersuchungen darum, diesen Prozess soweit wie möglich für das Propst-Handbuch sichtbar zu machen und ihn mit der im vorhergehenden Teil skizzierten Reformzeit zu verbinden. Hinter den folgenden Ausführungen steht die These, die liturgische reformatio habe sich in der Weise in der Handschrift niedergeschlagen, dass sich aus den historischen Rahmenbedingungen der Klosterreform die Entstehungsgeschichte der nicht datierten Handschrift entwickeln lässt, und dass Medinger Nonnen hinter den anonymen »Händen« des Codex stehen. In Zusammenfassung der Ergebnisse des ersten Teils des Buchs und als Vorgriff auf den zweiten lässt sich dieser Prozess folgendermaßen skizzieren: In den 1470er Jahren gibt Propst Tilemann von Bavenstedt im Kloster Medingen ein Handbuch in Auftrag, das ein Kollektar, Benediktionen und ein Rituale für die wichtigsten Amtshandlungen umfassen soll. Die Handschrift wird für seine Bedürfnisse wohl schon mit Blick auf die geplante Klosterreform von einer Hand geschrieben (Kap. 3.1.). Dieses Buch, der »Ursprungscodex« (Kap. 3.2.), der auf dem Ordinarius für die Diözese Verden beruhte, wird fast unmittelbar nach seiner Entstehung im Zusammenhang mit der Klosterreform von 1479 in Medingen selbst grundlegend von zwei Händen überarbeitet (Kap. 3.3.), von denen eine die niederdeutschen Konversen-Statuten niederschreibt, die andere alle anderen Erweiterungen vornimmt. Gemeinsam halten sie die Medinger Gebräuche fest, die über den allgemeinen Diözesangebrauch hinausgehen und den Propst betreffen. In den 1480er Jahren wird dieses personalisierte Handbuch zusammen mit einer Reihe anderer Medinger Handschriften professionell gebunden (Kap. 3.4.). Der Band wird von Tilemann von Bavenstedt genutzt und geht nach seinem Tod 1494 in den Klosterbesitz über, wo er bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bleibt (Kap. 3.5.). Der Codex bildet damit ein Überlieferungsarchiv nicht nur der Klosterreform, sondern auch des produktiven Umgangs damit in Medingen.

3.1. Die Anlage der Handschrift

127

3.1. Die Anlage Der Codex unterscheidet sich durch seine Größe im Großquartformat 1 von den zahlreichen in Medingen von den Nonnen für ihre private Andacht geschriebenen Orationalien im Oktav- bis Kleinquartformat, 2 aber auch von den für die gottesdienstlichen Feiern bestimmten repräsentativen FolioCodices. 3 Als Handbuch für den liturgischen Vollzug eines spezifischen Zelebranten steht er zwischen den beiden Handschriftentypen. Von den erhaltenen Medinger Bänden kommt ihm das Psalterium HI2 am nächsten, 4 das von Größe und Ausstattung her ebenfalls auf den auftraggebenden Propst zugeschnitten ist. Eine solche auf die individuellen Bedürfnisse eines künftigen Benutzers ausgerichtete Konzeption spiegelt auch die sich wandelnde Funktion von Handschriften zur Zeit der Klosterreform Ende des 15. Jahrhunderts wider. Über ein Vierteljahrhundert nach der Einführung des Buchdrucks in Deutschland erschienen die Standardausgaben liturgischer Texte ohne Musiknotation zunehmend im Druck. 5 Der Codex ist also nicht mehr die Normalform, sondern wird zur signifikanten Variante. Zwar war es auch schon vorher üblich, dass ›Libri Ordinarii‹ verändert und an neue Gebräuche angepasst wurden, 6 aber die Art und der Umfang der Eingriffe, die sich beim Handbuch des Medinger Propstes beobachten lassen, sind exzeptionell. Denn die Bearbeitung greift fast unmittelbar nach der Entstehung so tief in die Substanz des Codex ein, dass sich zwischen den Buchdeckeln quasi zwei distinkte Handschriften befinden. Dabei sind die Konturen des Ursprungscodex ›hinter‹ bzw. ›unter‹ der vorliegenden Handschrift noch erkennbar. Das verdankt sich vor allem der Tatsache, dass der Ursprungscodex aus regulären Quinionen bestand, die in der rechten unteren Ecke der letzten Verso-Seite eine Lagenzählung mit roten römischen Ziffern Einband 21,5x16; für die anderen Maße vgl. Kap. 4.1. HI1 gehört mit einem Einband von 14x9,5cm noch zu den größeren Gebetbüchern; die Apostelgebetbücher sind noch kleiner, etwa O3 mit 12x8,5cm. 3 CA2, die einzige andere liturgische Handschrift aus Medingen, ist mit einem Einband von 23x17,5cm zumindest etwas größer, obwohl sie als persönliches ›Rituale‹ auch nicht die Ausmaße eines benediktinischen oder zisterziensischen Antiphonale erreicht, das von mehreren gelesen werden musste und für Repräsentationszwecke auf das Lesepult gelegt wurde. Die Antiphonalien der Windesheimer waren viel kleiner, weil höchstens drei Sänger gleichzeitig daraus singen mussten. 4 Einband 21x14,5cm, Buchblock 19x13,5cm. 5 Zur frühen Druckgeschichte liturgischer Bücher nördlich der Alpen im Anschluss an das Basler Konzil vgl. DUGGAN, Reformed Liturgy, zusammenfassend S. 415–420. Die frühesten gedruckten Liturgica (Fraterhauses in Marienthal, beauftragt zwischen 1474 und 1484), waren durchgängig ohne Musiknotation, vgl. die Übersicht ebd. S. 425. 6 LOHSE, Libri Ordinarii. Zur »Performanz der liturgischen Ausdrucksgestalt« in den ›Libri Ordinarii‹ vgl. BÄRSCH, Liber Ordinarius S. 10. 1 2

128

3. Das Propst-Handbuch als Codex

zwischen Punkten aufwiesen. Trotz der stark eingreifenden Umarbeitungen sind die Lagenzählungen x–xvij noch lesbar. Damit kann eine Rekonstruktion des Ursprungscodex von den Schrift- und Ausstattungscharakteristika dieser Lagenendblätter ausgehen, um ein Profil der Hand 1 (Ursprungscodex) und damit des ursprünglichen Codex zu gewinnen. 7 Überblick zur Struktur von Ursprungscodex und Propst-Handbuch Lage

Ursprungscodex

[i–viij] [viiij]–xj xij

xij–xvij

3.1.1.

Propst-Handbuch

Kalender (?), Kollektar





Weihnachten

Benedictionale (?) mit Präfationen für Mariä Reinigung, ?, ›Exsultet‹, Taufwasserweihe – – – – Rituale

Mariä Reinigung

Lage 1

Mariä Verkündigung – Karfreitag

2–3

Karsamstag

4–7

Osternacht Ostersonntag Bitt-Tage und andere Feste Rituale

7–12



Konversen-Statuten

12



Oblationsordnung

12

Texteinrichtung und Schrift

Bei dieser Analyse fällt zuerst ins Auge, dass die Hand 2 (Erweiterungsschicht) sich fast chamäleonhaft an dem vorhandenen Schreib- und Ausstattungsstil orientiert. 8 Beide Hände bedienen sich der gleichen Buchschrift, rubrizieren auf die gleiche Weise, notieren Musik nach den gleichen Prinzipien und benutzen die gleichen Textgliederungselemente. Trotzdem zeigen die beiden Haupthände einen unterschiedlichen Duktus und präsentieren den Text mit kleinen, aber markanten Abweichungen, so dass sich aus einem Bündel von Beobachtungen zur Schrift, zum Buchschmuck und zur Musiknotation ein Profil der Hände und damit der Entstehungsschichten erstellen lässt. 9 7 Angegeben ist jeweils nur, in welcher Lage ein neuer Abschnitt beginnt. Auf die Lagen des Ursprungscodex wird mit den römischen Ziffern der Lagenzählung verwiesen, auf die des vorliegenden Propst-Handbuchs mit arabischen Zahlen. 8 In der Edition ist für jedes Blatt vermerkt, ob es »alt« (Hand 1) oder »neu« (Hand 2) ist, ebenso im Abbildungsteil. 9 Signifikante Teile der folgenden Kapitel sind von Beate BRAUN-NIEHR recherchiert worden.

3.1. Die Anlage der Handschrift

129

Die Handschrift ist durchgängig zweispaltig eingerichtet. Das ursprüngliche Layout beruht auf einer durch Punktierung vorgegebenen 17zeiligen Tintenlinierung. Die den Schriftspiegel und das Interkolumnium begrenzenden Linien sind – ebenso wie jene unter der zweiten bzw. über der zweitletzten Zeile – bis über die Seitenränder gezogen (vgl. fol. 83r, Abb. 17). Die zweite Hand imitiert diese Seitenaufteilung zwar, besonders im direkten Anschluss an Seiten des Ursprungscodex (z. B. fol. 8), füllt aber den Schriftspiegel ganz unterschiedlich mit 13 bis 29 Zeilen. 10 Auf den späteren Seiten finden sich meist 13 Zeilen, ohne weitere begrenzende Linien, dafür wird die Schriftspiegelbegrenzung regelmäßig ignoriert. 11 Während die erste Hand Rubriken präzise in das Seitenlayout integriert und positioniert, 12 werden Rubriken von der zweiten Hand häufig auf wenige Zeilen zusammengedrängt oder auch am Seitenrand nachgetragen. 13 Nur von Hand 1 werden längere musikalische Stücke wie die Präfationen systematisch über die bereits zweispaltig eingerichteten Seiten hinweg geschrieben. 14 Die zweite Hand fügt auch längere notierte Gesänge wie die Sequenz ›Laudes salvatori‹ (fol. 49va–52va) konsequent in das zweispaltige Layout ein. 15 Beide Hände schreiben eine sehr ähnliche Form der für liturgische Codices üblichen standardisierten Textura. 16 Das spricht dafür, dass, wie es für das Medinger Skriptorium anzunehmen ist, entweder die Schreiberinnen miteinander arbeiteten oder zumindest die gleiche Schule durchlaufen hatten. Für Medingen ist ein Musteralphabet erhalten, das zeigt, wie diese Form der Textura eingeübt wurde (GT2). 17 10 Vgl. die unterschiedliche Linierung von fol. 1v und 2r, die sich auf Abb. 9 erkennen lässt. Auf fol. 29r stehen den ersten acht Zeilen in der linken Spalte 11 Zeilen einer gedrängt geschriebenen Rubrik in der rechten Kolumne gegenüber. Dagegen wurde die Rubrik in der linken Spalte noch anderthalb Zeilen unter dem Schriftspiegel fortgesetzt. 11 Deutlich vor allem in den gänzlich neu geschriebenen Lagen ab Ostersonntag; vgl. etwa fol. 66vb, Abb. 16. 12 Vgl. die Rubriken für die Schemazeichungen, etwa fol. 46r, Abb. 14. 13 Vgl. fol. 114v, Abb. 19. 14 Fol. 6v–7r (der zweite Teil des ›Vere Dignum‹), fol. 15r–16r (der zweite Teil des ›Vere Dignum‹), fol. 31v–39r (das gesamte ›Exsultet‹), fol. 40r–46v (Taufwasserweihe, vgl. Abb. 14), [fol. 73r, jetzt ausradiert]. 15 Ausnahmen bilden der Schluss der Taufwasserweihe (fol. 47r), den Hand 2 zeilengetreu einspaltig von fol. 73r kopierte, wo der Text dann radiert wurde, und die Oblationsordnung auf den Zusatzblättern zur 16. Lage, vgl. dazu die Beschreibung der Erweiterungen Kap. 3.2.4. 16 Die separat in Bastarda geschriebenen niederdeutschen Konversen-Statuten und die Marginaleinträge und Bearbeitungen, die sich auf den bereits erweiterten Bestand des Propst-Handbuchs beziehen, werden in Kap. 3.3.5. diskutiert. 17 STORK, Zisterziensisches ABC-Buch S. 214 zum Alphabet und zur konservativen Schriftart, die in Medingen für die Orationalien bevorzugt wurde.

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

GT2 fol. 1v: Muster-ABC aus Medingen

Das niederdeutsche Büchlein mit den überproportional großen normierten Buchstaben gab den in der niederdeutschen, städtischen Schriftkultur ausgebildeten Laienschwestern die Möglichkeit, eine Schriftform zu erlernen, die geistlichen Texten angemessener war als die Bastarda der Kanzleitexte. Die auf das Alphabet folgenden Gebete sind Mustertexte, an denen nicht nur das Lesen, sondern auch das Schreiben geübt werden konnte. Die Konversen-Orationalien wie HH2 oder BE2 zeigen, dass die Laienschwestern in der Lage waren, diese Normierungsvorgaben auf ihre Andachtstexte zu übertragen. 18 Dass die Hilfestellung auch von den lateinisch ausgebildeten und schreibenden Nonnen geschätzt wurde, könnte sich an dem Nachtrag der nur für lateinische Texte benötigten Abbreviaturen in hellerer Tinte am Ende des Alphabets zeigen. Der Schrifttypus beider Hände des PropstHandbuchs stimmt mit diesem Musteralphabet in vielen Grundmerkmalen sowie einigen Einzelheiten wie dem tironischen et-Kürzel mit seinen Auszierungen überein. 19 Innerhalb dieser breiten Übereinstimmung im Schrifttypus mit dem Musteralphabet weisen die beiden Schreiberinnen aber signifikante Abweichungen in Details auf. Am augenfälligsten sind die unterschiedlichen Auszierungen mit der Feder. Die erste Hand durchstreicht das 7-förmige tironische et einfach, markiert u durch ein v-förmiges Häkchen über dem Buchstaben und zieht über das i vom Buchstabenkörper aus einen feinen spitzen Winkel statt eines i-Strichs. Die Schluss-t erhalten einen Abstrich. Wörter werden am Ende der Zeile durch doppelte, schräg nach oben verVgl. Kap. 2.4.2. zu den Konversen-Orationalien. Nur bei Hand 1 begegnet das charakteristische fast r-förmige kleine t. Die Hand 2 schreibt das kleine t, indem der Querstrich die Haste derart schneidet, dass über dem Querstrich eine kleine Spitze sichtbar bleibt. 18 19

3.1. Die Anlage der Handschrift

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laufende Strichlein getrennt. Auch für die Platzierung von Korrekturen wird die Feder genutzt, indem ein spitzer Haken in Form eines umgekehrten v als Auslassungszeichen sowohl an den Rand wie über das Wort eingesetzt wird (fol. 79vb u. ö.).

Hand 1: einfach durchstrichenes et-Zeichen, i-Häkchen, t-Abstriche und Worttrennstriche (fol. 83rb, Z. 1–2, Abb. 17)

Die zweite Hand ist an der doppelten Durchstreichung des et-Kürzels und dem Haarstrich rechts davon erkennbar, reduziert aber ansonsten die Verzierungen mit der Schreibfeder. Von den Zierstrichen werden nur die Abstriche bei dem t beibehalten, die i-Häkchen mutieren zu einfachen, vom Buchstaben abgelösten Strichen, die kleinen u sind nur gelegentlich durch Häkchen markiert. Auf Trennzeichen innerhalb von Wörtern beim Zeilenumbruch wird verzichtet.

Hand 2: doppelt durchstrichenes et-Zeichen, einfacher i-Strich, keine Worttrennstriche (fol. 2r, Z. 14–15, Abb. 9)

Dazu kommen einige kleinere unterschiedliche Schreibgewohnheiten. Nur die erste Hand benutzt ein Doppel-t, das durch eine Ligatur von großem und kleinem t geformt ist, z. B. fol. 46r, Z. 7 mitte (Abb. 14). Auch der Schreibduktus wirkt anders. Die zweite Hand läuft breiter, meist unruhiger und weniger gleichmäßig. Das liegt unter anderem daran, dass sich der Text der Erweiterung häufig nicht frei entfalten konnte, sondern sich in die vorhandenen Freiflächen einpassen musste. Zudem schwankt die Schrifthöhe derart stark, dass sich nicht immer entscheiden lässt, ob die grundsätzlich gemachte Unterscheidung zwischen Gebeten und in kleinerem Schriftgrad geschriebenen Versikeln und Gesängen konsequent durchgeführt ist. 20 Aus dem gleichen Grund verwendet die zweite Hand häufiger Abkürzungen, um den begrenzten Raum zu nutzen. Die von Hand 1 verwendeten Textstrukturierungsstrategien werden von der zweiten Schreiberin teils aufgegriffen, etwa die ℣- und ℟-Kürzel für Versus und Responsorium, teils abgewandelt. So wird die Rubrizierung an 20

Vgl. das ›Confiteor‹ in der Rubrik auf fol. 28ra, Z. 18 (Abb. 11).

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

jenen Stellen, an denen der Zelebrant Kreuzeszeichen schlagen soll, vereinfacht, 21 ebenso die Markierung des Zeilenanschlusses am Ende von Absätzen: Nur die erste Hand schreibt die letzten Wörter einer Rubrik rechtsbündig in die nächste Zeile und trennt sie von dem davor stehenden Incipit durch einen sorgfältig gezogenen roten Doppelbogen (z. B. fol. 80va). 22 Während die zweite Hand solche Ausstattungselemente vereinfacht in den Schreibprozess einzubeziehen scheint, findet eine deutliche Differenzierung der Hände bei der Interpunktion statt. Die erste Hand verwendet Punkte und Hochpunkte unterschiedslos, 23 dazu Doppelpunkt für die Pausa. 24 Die zweite Hand gliedert streckenweise hierarchisch, auch unter gelegentlicher Verwendung des punctus flexus. 25 Bemerkenswert sind vor allem die Zusätze zu Texten, die Hand 1 schrieb. Zum einen korrigierte die zweite Schreiberin die Interpunktion, um Gebete stärker zu strukturieren, 26 zum andern trug sie Notationszeichen in den Johannesprolog ein, um die Kantillation zu ermöglichen. 27 Die Rubriken des Ursprungscodex sind in einem hellen, wässrigen Rot geschrieben, die der Bearbeitungsschicht in einem opaken, leicht silbrig Die erste Hand fügt mit breiter Feder gezogene Johanniterkreuze in die Zeile ein (fol. 3v und öfter), während die Kreuzeszeichen der zweiten Hand entweder über der Zeile nachgetragen sind (fol. 5r) oder aber im Text selbst mit reduzierter Schaftverdickung weniger stark als Schmuckelemente wirken. 22 Die zweite Hand setzt den Text am Anfang der nächsten Zeile fort oder signalisiert nur flüchtig die rechtsbündige Fortsetzung einer Rubrik (Schluss der Rubrik auf fol. 1va, Abb. 8; mit einem einfachen roten Winkel an die letzte Zeile angebunden). 23 Die Zahl der Hochpunkte (in der Edition durch [·] wiedergegeben) nimmt ohne erkennbare Systematik in dem ›Rituale‹ zu, so dass der Punkt auf der Zeile fast nur noch für Abkürzungen verwendet wird. 24 Beim Kollektarfragment konsistent für die Pausa, mit der jeweils die IncipitAngabe abbricht; in den Benediktionen ab fol. 3v dann ebenfalls für die Pausa. 25 In der Edition durch [. ] wiedergegeben. Diese Art der Hierarchisierung wird vor allem im Zisterzienserorden verwendet (PALMER, Zisterzienserinterpunktion). Angebracht wird der punctus flexus zweimal auf fol. 3ra, einmal um ein Versikelende zu markieren und einmal vor dem Amen, und auf fol. 65rb zwischen in secula seculorum und Amen. 26 So bei der Schlussformel des Gebets ›Domine Jesu Christe, vera lux‹ (fol. 4vb): Dort hat Hand 2 die von der ersten Hand gesetzten Punkte zu einem Doppelpunkt und einem punctus flexus differenziert. Erkennbar ist dies an der helleren Tinte, mit der sowohl der zweite obere Punkt des Doppelpunkts wie der kleine Winkel des punctus flexus geschrieben wurden. Die Schlussformel wird auf diese Weise deutlicher gegliedert: Per dominum nostrum … in vnitate eiusdem spiritus sancti deus: per omnia secula seculorum.  27 Fol. 81rb: Die Pause in der Mitte der sententia (Metrum) ist jeweils durch Doppelpunkt markiert, der durch die Hinzufügung eines zweiten höheren Punkts zu dem bestehenden Punkt auf oder über der Zeile entsteht. Daneben markiert über der drittletzten Silbe aller Sätze eine als Hufnagelnote geformte virga die Schlusskadenzen, die am Ende der Lesung über patre mit drei Neumen noch weiter ausgestaltet ist. 21

3.1. Die Anlage der Handschrift

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glänzenden Farbton. 28 Die Formel Oremus wird von der ersten Hand als Rubrik behandelt und als ganzes Wort rot hervorgehoben, während Hand 2 das Oremus schwarz mit rot durchstrichener Initiale schreibt. Insgesamt zeigt sich so, dass die zweite Hand die prinzipiellen Strukturen übernahm, sie aber flexibel anpasste, um die hinzugefügten Stücke möglichst passgenau einfügen zu können. Das gilt auch für die weitere Ausgestaltung der Handschrift mit Buchschmuck und Musiknotation. 3.1.2.

Initialen und Buchschmuck

Die beiden Schreiberinnen dürften höchst wahrscheinlich auch für die Initialen verantwortlich gewesen sein. Diese sind nicht nur Buchschmuck, sondern bieten Orientierung in der Abfolge der Lesungen, Gebete und Gesänge, indem sie Zäsuren gemäß der Bedeutung der Feste im Laufe des Kirchenjahrs setzen und die längeren Texte strukturieren. Professionell verwendet die erste Hand ein hierarchisch abgestuftes Initialsystem, beginnend mit rot durchstrichenen Großbuchstaben (litterae notabiliores) auf Satzebene. Es folgen in Tinte ausgeführte, kadellenartige Zierbuchstaben sowie wechselnd rote und blaue ein- oder mehrzeilige Lombarden. Der höchsten Auszeichnungsstufe sind unterschiedlich aufwändig gestaltete Fleuronnée-Initialen mit einfarbigem oder farbig gespaltenem Buchstabenkörper vorbehalten. Die einzige historisierte Initiale des PropstHandbuchs wird der zweiten Hand verdankt. Das mehrstufige Gliederungssystem der ersten Hand lässt sich beim ›Buchschmuck‹ zum ›Exsultet‹ (fol. 31v–33r) besonders gut nachvollziehen. 29 Das E des Prologs (fol. 31v) erhält eine blau-rot gespaltene Initiale mit aufwändigem Fleuronnée der höchsten Ordnung, das mit seinen strengen klaren Formen an Handschriften des 14. Jahrhunderts erinnert. 30 Bei den folgenden Versen werden kadellenähnliche Initialen eingesetzt, angefangen mit Gaudeat, das zusätzlich mit einem roten Gesicht in der farbigen Umrahmung des linken G-Schafts verziert ist. 31 Mit der roten P(er)-Lombarde (fol. 33r) wird der Beginn des Dialogs zwischen Vorsänger und Gemeinde akzentuiert. 32 Solche Lombarden sind die häufigste Initial28 Möglicherweise eine zinnober- statt mennigebasierte Tinte, DE HAMEL, Manuscript Illumination S. 16. Hand 2 änderte z.B. auf fol. 16va für das neu über Rasur geschriebene Gebet ›Deus qui filium tuum unigenitum‹ eine O-Initiale mit punktförmigen Aussparungen der ersten Hand zu einer D-Initiale. Das Rot für die kurzen Ausläufer des D ist dunkler und glänzender als das des ursprünglichen Buchstabenkörpers. 29 Zum Aufbau des ›Exsultet‹ vgl. FUCHS / WEIKMANN, Exsultet S. 103–108. 30 Blau-rotes, reiches Fleuronnée mit Ausläufern und Details wie Blüten oder Eicheln. 31 Fol. 31v; ein weiterer Kopf auf fol. 37r im A von Alitur (Abb. 13). 32 Für das Propst-Handbuch ist nur der vom Zelebranten gesprochene Text aufgenommen, die Antworten der Gemeinde fehlen hier wie auch sonst in der Handschrift.

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

Form im Propst-Handbuch, 33 da sie für einfache Gebete und Gesänge verwendet werden; dort, wo eine I-Initiale am unteren Seitenrand steht, kommt es zu den auch in den kleinformatigen Medinger Orationalien häufig anzutreffenden »Knick-Initialen« 34 – passenderweise u. a. zum PsalterIncipit Inclina domine aurem tuam (»Neige, Herr, dein Ohr«). 35 Der Beginn der Präfation Vere dignum (fol. 33v) wird als zweiter Großabschnitt durch eine einfarbige blaue Lombarde mit rotem Fleuronnée markiert, die so zwischen der aufwändigen Fleuronnée-Initiale und den schlichten Lombarden steht. Das Propst-Handbuch zeichnet sich also durch eine differenzierte Initialhierarchie aus, wie sie für professionelle Skriptorien typisch ist. Die Skriptorien von Lüchtenhof und Sültekloster in Hildesheim, wo Tilemann von Bavenstedt anlässlich der Reform die neuen Antiphonalien bei der Reform in Auftrag gab, strukturieren liturgische Handschriften entsprechend. 36 Allerdings weisen deren relativ aufwändige Fleuronnée-Initialen weniger auf regionale Vorbilder denn auf solche westfälischer und nordniederländischer Provenienz. 37 Parallelen für die kadellenartigen rot-schwarzen Majuskeln in den notierten Textzeilen gibt es sowohl aus den Klöstern der Diözese Hildesheim als auch aus dem Halberstädter Raum. 38 In Medingen lässt sich die durchgängige Anwendung hierarchisch abgestufter Initialen auch in den Orationalien wiederfinden, die in Schrift und Ausstattung die »Rückwärtsgewandtheit« der Ausgestaltung des Propst-Handbuchs teilen. Gerade das ›Exsultet‹, das in alle der zahlreichen Oster-Orationalien aufgenommen wird, 39 zeigt das deutlich. 33 Hand 1 variiert die Lombarden teilweise durch punktförmige Aussparungen; bei der Folge von vier B-Initialen auf der Doppelseite fol. 79v/80r wird das zweite B dann noch durch eine rahmende Linie variiert. 34 Vgl. unten die Abbildung aus GT2 fol. 3r oder etwa HH3 fol. 19v (Abbildung in HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 72). 35 Fol. 83va. In den Medinger Psalterien finden sich textausdeutende Verzierungen, z. B. ist in CA3 fol. 31v ein Flügelpaar zu Ps 16:8 (sub umbra alarum tuarum) angebracht. 36 Vgl. die Einleitung zu GIERMANN / HÄRTEL, Dombibliothek Hildesheim. Auf welches Skriptorium der Propst zurückgriff, kann nicht geklärt werden, solange keine weiteren liturgischen Handschriften aus Medingen identifiziert sind. Von der Ausstattungsform sind die Handschriften der für ihre professionellen Liturgica bekannten Fraterherren vom Lüchtenhof den in Medingen selbst geschriebenen Codices ähnlicher. Mit Dank an Bertram Lesser, der die Bestände der HAB aus den Hildesheimer Skriptorien auf Parallelen zum Propst-Handbuch überprüfte. 37 Einen Überblick über Initialschmuck im niederdeutschen Bereich bieten HÜLSMANN, Penwerk und KORTEWEG, Kriezels, aubergines en takkenbossen. 38 Bearbeitung durch Patrizia Carmassi im Rahmen des DFG-Projekts »Katalogisierung der Halberstädter Handschriften« an der HAB Wolfenbüttel. 39 Zur Bedeutung des ›Exsultet‹ für die Medinger Nonnen und zur sprachlichen und künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Text vgl. LÄHNEMANN, Mischtext.

3.1. Die Anlage der Handschrift

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HI1 fol. 10v/11r: Gliederung des ›Exsultet‹ durch hierarchische Initialen

In HI1 kommt die Spitzenposition einer 6-zeiligen Fleuronnée-Initiale am Beginn des ›Exsultet‹ zu, deren Buchstabenkörper in Gold ausgeführt und die zudem mit den musizierenden Engeln der turba angelica historisiert ist. Die übrigen Initialen reduzieren sukzessive den Aufwand: eine 5-zeilige Initiale mit dem Lamm Gottes zum Vere dignum, einzeilige FleuronnéeInitialen für die Versus der Präfation (Hec sunt enim festa Paschalia tc.), sowie abwechselnd blau und rote Lombarden für die Versus des Prologs und eine littera notabilior für den Dialog vor der Präfation (Per dominum nostrum). In den Orationalien werden die liturgischen Stücke Teil eines Textund Bildverweissystems, das sich über die ganze Seite ausbreitet. Dazu gehören die Autoritätensprüche am Seitenrand, hier Fulgentius und Augustinus, und die einleitende Rubrik, die das ›Exsultet‹ als wertvoller als die dann verwendeten kostbaren Materialien preist: Sequitur iocundum et deliciosum canticum super aurum et argentum preciosum (»Es folgt der frohe und erfreuliche Gesang, kostbarer als Gold und Silber«). Diese Art der kommentierenden Rahmung der Liturgie findet ihr Pendant im Verfahren, das bei der Erweiterung des Propst-Handbuchs angewandt wird, wenn die Rubriken stark ausgeweitet und mit begründenden Bemerkungen versehen werden. 40 Dabei hält sich die Bearbeiterin aber an die Ausstattungsvorgaben. Die neuen Teile der Handschrift knüpfen an den Vgl. etwa den Verweis auf Gregorius d. Gr. bei der Einführung des ›Laudes salvatori‹ (Kap. 2.5.2.) und die Bemerkungen in Kap. 3.3.1. zu den Erweiterungsprinzipien. 40

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

Einsatz von Buchschmuck als Gliederungselement an und nutzen alle Initialtypen von den Fleuronnée-Initialen bis zu den farbig variablen Lombarden, vereinfachen dabei aber teilweise die Zierformen. 41 Auch zwei im 90°Winkel geknickte I-Initialen finden sich in der Erweiterungsschicht, einmal an einer Stelle, an der eigentlich eine zweifarbige Fleuronnée-Initiale stehen sollte. 42 Die zweite Hand löst das Problem, indem sie den einen Teil des geknickten I-Stamms blau, den anderen rot malt. Diese Art des flexiblen und kreativen Umgangs mit den Layout-Konventionen, die die Musterbücher und der Ursprungscodex vorgaben, ist typisch für das Bearbeitungsverfahren im Propst-Handbuch. Der schlichteren Ausführung der liturgisch gliedernden Initialen stehen auf der anderen Seite zwei deutlich über das Ausstattungsniveau des Ursprungscodex hinausgehende Schmuck-Initialen gegenüber: die historisierte Höllenfahrt-Initiale zur Antiphon ›Cum rex gloriae‹ (fol. 47va, Abb. 15) und eine Goldinitiale für die Antiphon ›Surrexit‹ (fol. 48vb). 43 Beide zeigen deutliche Ähnlichkeit zu dem Buchschmuck der von den Nonnen für ihren eigenen Gebrauch geschriebenen Handschriften, gerade den Oster-Orationalien. 44 Von den beiden Initialen ausgehend bieten sich die ersten beiden Doppelseiten zum Ostersonntag (fol. 47v–49r) als ein farbliches Feuerwerk dar, das sich mit den extensiven roten Rubriken (die ihrerseits mit farbigen Initialen und schwarzen Initien durchsetzt sind) verbindet und bis auf die musikalische Notation übergreift: für die Melismen, die die historisierte Initiale umrahmen, sind die ornamentalen Zeilenfüller ausnahmsweise alternierend zweifarbig gestaltet (glorie∞[rot]∞[blau] criſ∞[blau]∞[rot]tus, Abb. 15). Diese Aufladung der funktionalen Gliederung hin zu einer inhaltlichen Auszeichnung des Textes durch die zweite Hand bereitet den extensiven Einsatz von farbigen Schmuckformen in den Orationalien vor. 45 Z. B. rot-blau gespaltene Buchstabenkörper mit kleeblattförmiger Füllung in der Gegenfarbe, aber ohne punktförmige Aussparungen; Blätter ohne ›Kern‹ und das Besatzfleuronnée mit blauer Tinte bzw. rot und blau in einfacheren Formen ohne ›freischwebende‹ Details, vgl. etwa fol. 1vb (Abb. 8). Wegen der gedrängteren Schreibweise der Gesänge Kadellen weniger raumgreifend als bei Hand 1; keine figürlich verzierten Initialen; dort, wo es Platzierung am unteren Schriftspiegelrand erlaubt, einmal in die Unterlänge des g von genuisti (fol. 10rb, letztes Wort) ein Blumenmuster eingefügt. 42 Fol. 23va. Die Initiale leitet den Hymnus ›Iam pascha nostrum Christus est‹ ein, dem die Repetitio ›Hilf uns, o wahres Osterlamm‹ mit einer einfarbigen Lombarde untergeordnet ist. Entsprechend sollte der Hymnus mit einer Initiale höherer Ordnung beginnen, für die aber auf der letzten Zeile kein Platz war. Die andere Knickinitiale der zweiten Hand findet sich auf fol. 52va. 43 Zu Funktion und Ikonographie vgl. Kap. 3.3.2. 44 Goldinitialen zur gleichen liturgischen Stelle Surrexit u. a. in HI1 fol. 40r, O1 fol. 9v, BE3, fol. 147v. Typisch ist besonders der plastisch hervortretende Goldauftrag. Zur Materialität der Medinger Handschriften vgl. LÄHNEMANN, Schnipsel S. 356. 45 Vgl. die Art der »Teppichmusterauszeichnung« des Textes z.B. in GO. 41

3.1. Die Anlage der Handschrift

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Das von beiden Schreiberinnen benutzte hierarchische System, das aus konservativen Fleuronnée-Initialen, farbigen Lombarden und rot durchstrichenen litterae notabiliores besteht, findet sich ansatzweise auch in dem Muster-Büchlein aus Medingen, wo die Gliederung im Miniaturformat für die niederdeutschen Texte repliziert wird – samt ›Knick-Initiale‹:

GT2 fol. 2v/3r: Muster-Gebete aus Medingen mit Fleuronnée- und Knick-Initiale

Bemerkenswert ist also nicht die Initialhierarchie des Propst-Handbuchs an und für sich, sondern was sie über die Professionalisierung des Schreibbetriebs in Medingen aussagt. Es existierte offensichtlich eine ganze Gruppe von Schreiberinnen, die mit den Prinzipien liturgischer Handschriftenherstellung vertraut und in der Lage waren, auch neu zusammengestellte Texte konsistent durchzustrukturieren. Das gilt ebenso für die Orationalien wie für die Erweiterung des Propst-Handbuchs. Bei beiden Handschriftentypen mussten ganz unterschiedliche Vorlagen in ein einheitliches und inhaltlich stimmiges Layout überführt werden. Darunter können gedruckte und nur sparsam mit Buchschmuck versehene Quellen wie das Verdener Missale ebenso gewesen sein wie lediglich vorläufig fixierte Zusammenstellungen für die lateinisch-niederdeutsch kombinierten Gesänge. Was sich in paläographischer und buchmalerischer Sicht als »rückwärtsgewandtes Schreiben« 46 darstellt, ist die Aufwertung neuer Texttypen wie der volkssprachigen Leisen durch die Dignität der Textura und der mit ihr assoziierten Ausstattung. Das gilt in ähnlicher Weise für die Musiknotation, die ebenfalls etablierte Notationsformen auf einen erweiterten Kreis von Melodieaufzeichnungen überträgt. 46

STORK, ›Rückwärtsgewandte‹ Schreibgewohnheiten.

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

3.1.3. Musiknotation Bei der Musiknotation handelt es sich durchgängig um späte gotische Choralnotation, 47 die häufigste Notation für einstimmigen liturgischen Gesang im ausgehenden Mittelalter östlich des Rheins. 48 Diese Notationsart, mit der sich die Tonhöhe, aber nicht die Tondauer, genau angeben lässt, wird grundsätzlich auf fünf Notenlinien geschrieben, die aber reduziert oder ganz weggelassen werden können, wenn die Ausführung klar und der Platz begrenzt ist. Die gotische Choralnotation des Propsthandbuchs zeigt einige typische Kennzeichen einstimmiger liturgischer Aufzeichnungen des 15. Jahrhunderts in Niedersachsen. 49 Dazu gehört etwa das Nebeneinander von runder und eckiger Form der Clivis. Vereinzelt sind fa-Akzidenzen () in die Notation eingefügt, womit der Gebrauch von b statt h, in einem Fall auch von f statt fis angegeben wird. 50 An Zierneumen finden sich nur an Clives (absteigende Zweiernotengruppen) angefügte Liqueszenzen, die häufig dazu dienen, Labialklänge beim Übergang zwischen zwei Silben in der Notation anzuzeigen, 51 ohne dass dieses Prinzip im Propst-Handbuch konsequent durchgehalten wäre. 52 Die Medinger Zeugnisse zeigen dabei anders als einige Handschriften aus Wienhausen so gut wie keine Einflüsse der Lothringer Notation. 53 Andere Termini für diese Notation sind »Hufnagelnotation« oder »Gotische Neumen«. Zur mittelalterlichen Neumennotation siehe HAAS, Neumen; HILEY, Plainchant S. 340–441. 48 Früheste Zeugnisse Anfang 13. Jahrhundert; eine umfassende Studie zu dieser späten Neumenart steht bisher aus, doch sind in letzter Zeit einige Detailuntersuchungen erschienen, u. a. HAINES, Calligraphy of Medieval Music; zu Neumenschriften in niedersächsischen Handschriften HÄRTING, Meßgesang, S. 75–100; zur gotischen Choralnotation im Kontext anderer Neumenarten CORBIN, Neumen; zur gotischen Choralnotation SZENDREI, Graner Choralnotation; zu niederländischen Neumenarten des 12. und 13. Jahrhunderts DE LOOS, Muzieknotaties und HASCHER-BURGER, Gesungene Innigkeit S. 49–65 (mit Zusammenfassung von DE LOOS). Die gotische Choralnotation gehört zu einer Neumenfamilie, die im Gebiet von Deutschland, der Schweiz und in Zentraleuropa geschrieben wurde, vgl. CORBIN, Neumen S. 3.45–3.73. 49 Vgl. Kap. 2.2.3. zur niedersächsischen Überlieferung. 50 ›Gaude Maria‹ fol. 10rb, vgl. zu den Akzidentien in der Edition Kap. 4.1.4. 51 Vgl. Abbildung in Kap. 4.1.4. zur Notendarbietung und Musiknotation. Es werden keine aufsteigenden Zierneumen, beispielsweise Orisci, oder Liqueszenzen bei anderen Notenformen als der Clivis notiert. Dies entspricht der späten gotischen Choralnotation, in der nur noch wenige Zierneumen geschrieben werden, vgl. beispielsweise DE LOOS, Muzieknotaties S. 143. HASCHER-BURGER, Gesungene Innigkeit S. 49–88. 52 So wird auf fol. 10r (interimisti) eine Liqueszenz geschrieben, die mit der Deklamation des Buchstaben s zusammenfällt. 53 Einflüsse dieser Notation führten im norddeutschen Raum im späten Mittelalter zu einer Mischnotation unterschiedlicher Ausprägung mit Elementen sowohl der Lothrin47

3.1. Die Anlage der Handschrift

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Bei der Linierung im Propst-Handbuch werden Notenlinien mit brauner Tinte so zwischen die Zeilen gezogen, dass die oberste Notenlinie mit der für den Text gezogenen Linie identisch ist. 54 Bei Platzmangel kann dank dieser Doppelfunktion eine Textlinie als Orientierungshilfe für im Übrigen linienlos eingetragene Noten fungieren. Diese Schrumpfform findet sich fast nur in den Erweiterungsteilen der Handschrift, vor allem innerhalb von Rubriken und dort, wo der Platz für zusätzliche Einträge knapp wurde. Erkennbar ist dieses Prinzip beispielsweise auf fol. 58va, wo das Incipit der Antiphon ›Exsurge domine‹ mit linienloser Notation zwischen die Zeilen der Rubrik eingefügt wurde. Auf fol. 28ra (Abb. 11) ist ein ebenfalls nur rezitierter Psalmvers ganz ohne Linien geschrieben, aber durch die Benutzung der Zeilen- bzw. Schriftspiegelbegrenzung als Orientierungshilfe wird der Melodieverlauf (Diastematie) dennoch ansatzweise erkennbar.

Hand 2: Linienlose Notation ›Beati immaculati in via‹ fol. 28ra (Abb. 11)

In der ganzen Handschrift fällt der Wechsel der beiden wichtigsten Notationshände mit dem Wechsel der Texthände und dem Wechsel von Blättern des Ursprungscodex und des Ergänzungsteils zusammen. 55 Notation und Text dürften also jeweils von derselben Hand eingetragen worden sein. Für diese Tatsache spricht auch, dass nur an einer einzigen Stelle leere Notensysteme stehen, nämlich über dem Versikel ›Ascendit deus in iubilacione ger als auch der Gotischen Choralnotation, vgl. HÄRTING, Meßgesang, S. 85–87. Liturgische Handschriften aus Wienhausen weisen wiederholt diesen Notationstyp auf, erkennbar beispielsweise an der Wahl der Einzelzeichen (Punctum statt Virga) sowie deren rautenförmiger Gestalt, z. B. Wie 34a. HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 114. Nur die Doppelform der Clivis (rund und eckig) verweist möglicherweise auf Lothringer Notation, obwohl diese Verbindung umstritten ist, DE LOOS, Muzieknotaties S. 97. Die einzige Medinger Handschrift mit Lothringer Notationseinflüssen ist HV1. 54 Obwohl sie aus Platzgründen selten mit Noten beschrieben wird, gilt sie doch als Notenlinie, wie man an der Position von Notenschlüsseln auf dieser Linie erkennen kann. Quadratnotation ist dagegen häufig auf roten Notensystemen geschrieben, so dass Textlinie und Notensystem visuell und funktional voneinander getrennt sind. 55 Eine Erörterung der Notation für die zusätzlichen Gesänge findet sich in Kap. 3.3.4. Hier werden nur die grundlegenden Eigenschaften beschrieben, um die Musiknotation in das Profil von Ursprungscodex und Erweiterungsschicht einordnen zu können.

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

alleluia‹ (fol. 63vb), bei dem dann in Übereinstimmung mit den anderen Versikeln im Propst-Handbuch auf Notation verzichtet wurde. Beide Hände sind einander im Duktus sehr ähnlich. Entsprechend der Textualis der Schrift ist auch die gotische Choralnotation dieser Hände stilistisch ausgearbeitet und bietet in ihrem statischen Charakter wenig Anhaltspunkte für individuelle Gestaltung. Sie hat den zeitlosen Notationscharakter elaborierter liturgischer Handschriften. Im Detail aber können aufschlussreiche Unterschiede festgestellt werden. Der charakteristischste Unterschied liegt bei den Kustoden- und Virga-Formen. Am Ende der Notensysteme stehen im Propsthandbuch in vielen Fällen Kustoden, die als Hilfe für die Sänger bereits am Ende einer Zeile die Höhe des ersten Tons auf dem nächsten System angeben. 56 Die erste Hand (fol. 36v/37r, Abb. 12– 13) zeichnet als Kustode eine Raute in der Form eines Einzeltons (Punctum), an die ein leicht gebogener Haarstrich bogenförmig rechts angesetzt wurde, bei der zweiten Hand (fol. 66vb, Abb. 16) verläuft der leicht gebogene Haarstrich durch die Kustode. Bei der Virga von Hand 1 ist der Schaft nach unten spitz auslaufend und leicht nach rechts geneigt, bei Hand 2 verläuft er senkrecht und ist unten schräg abgeschnitten. 57

Hand 1: C- über ausgeschriebenem F-Schlüssel, schräge Virga, geschwänzter Kustos (fol. 37r, Z. 3, Abb. 13)

Hand 2: C- über punktförmigem F-Schlüssel, gerade Virga, durchstrichener Kustos (fol. 66vb, Z. 7, Abb. 16)

56 Kustoden sind häufig, aber von beiden Händen nicht völlig konsequent angebracht, sie fehlen beispielsweise auf fol. 12r, 28v und 46r. 57 Die Unterschiede der Virga-Form der beiden Notationshände hängen nicht mit den Unterschieden von melismatischen oder syllabischen Musikstrukturen zusammen. Syllabische Melodien, wie sie die Präfationen aufweisen, können schneller notiert werden, woraus sich ein leicht kursivierter Ductus ergeben kann, aber die ebenfalls syllabischen Sequenzen sind mit geraden Virgen notiert, deren Schäfte nicht wie die der Virgen in den Präfationen nach links unten auslaufen. Zur Kursivierung gotischer Choralnotation vgl. SZENDREI, Graner Choralnotation.

3.1. Die Anlage der Handschrift

141

Auch die Form der Notenschlüssel unterscheidet sich. Im PropstHandbuch finden sich F-Schlüssel, über die, je nach Modus und damit Tonhöhe des betreffenden Gesangs, teilweise C-Schlüssel im gleichen System geschrieben sind. 58 Die Notationshand 1 schreibt nur eine Form des F-Schlüssels, nämlich einen vollausgeschriebenen Buchstaben F (fol. 36v– 37r, Abb. 12–13). Bei Notationshand 2 wechselt die Form des F-Schlüssels. Ein als Buchstabe voll ausgeschriebener F-Schlüssel ist vorzugsweise als einziger Schlüssel auf dem System angebracht. Sobald der Notationshand den C-Schlüssel dazu schreibt, wechselt sie von der ausgeschriebenen zu einem rudimentären F in der Form eines Punkts oder nach links geöffneten Hakens (fol. 66va–b, Abb. 16). Andere Unterschiede hängen wieder mit der Schwierigkeit zusammen, Erweiterungen in den bestehenden Band einzupassen. Während Hand 1 fast durchgängig auf fünfzeiligen Linien schrieb, komprimierte Hand 2 teilweise das Notensystem. Neben der Grundnotationsform von fünflinigen Zeilen stehen Systeme von drei Linien und Einträge, die nur die Zeilenbegrenzung als Hilfslinie benutzen (fol. 1va, Abb. 9) oder ganz linienlos über die Wörter gesetzt sind (fol. 28ra, Abb. 11). 59 So wurde auf fol. 66va (Abb. 16) die von dem Propst angestimmte Antiphon ›Exurge domine‹ auf fünf Notenlinien geschrieben; 60 für die von den Klerikern gesungene Fortsetzung mit dem Versus ›Deus auribus nostris‹ wurden die Noten ohne Schlüssel und ohne Kustoden auf drei Linien geschrieben. Da die Rezitation des Versus im Psalmton geschah, waren mehr Hinweise für eine gute Ausführung nicht nötig. Linienlose Aufzeichnungen und solche auf drei Linien beschränken sich auf die Basisnotenformen und verzichten auf Schlüssel, Kustoden oder Liqueszenzen. 61 Dass die linienlose Notationsweise aber bereits im Ursprungscodex angelegt war, zeigt sich auf fol. 39va, wo von Hand 1 die Formel Oremus für den Propst mit Notation versehen ist, 62 die sich über dem Text an der Zeilenbegrenzungslinie entlangzieht. In diesem Fall ist das Oremus auch nicht als Rubrik geschrieben, wie es sonst die erste Hand normalerweise tut, sondern in der Form, die dann von der zweiten Hand adaptiert wurde, als schwarz geschriebenes Wort mit rot durchstrichener Initiale. Bei dem hohen ›Gaude Maria‹ (fol. 10rb) steht ein G- über dem C-Schlüssel. Vgl. zu den verschiedenen Formen linienloser Notation Kap. 3.2.3. Zu linienloser Notation in den Orationalien vgl. HASCHER-BURGER, Notation S. 38–41. 60 Weitere Beispiele für Notation auf drei Linien in Nachträgen am oberen Rand von fol. 64v. 61 In der Edition sind linienlos geschriebene Musiknotationen, die nach anderen Quellen rekonstruiert werden konnte, in kleinerem Schriftgrad markiert; es wird jeweils die Vorlage angegeben, vgl. Kap. 4.1.4. zur Notendarbietung. 62 Blatt mit Lagenzählung .xij., Schriftmerkmale mit einfach durchstrichenem tironischen et-Kürzel und Worttrennstrichen. 58 59

142

3. Das Propst-Handbuch als Codex

Auch Gesänge, die nur als Incipits vermeldet werden, sind – wenn überhaupt – vorwiegend mit linienloser Notation kombiniert. 63 Die Neumen dienten dann als Gedächtnisstütze. Hierzu gehört der Psalmvers ›Haec est dies‹ zur Antiphon der Ostercommunio ›Pascha nostrum immolatus‹. Der Grund für diesen Kurzeintrag könnte darin gelegen haben, dass das Singen eines solchen Psalmverses zur Communio im ausgehenden 15. Jahrhundert eher selten geworden war und Medingen hierin offensichtlich einer von der Bistumsliturgie abweichenden Sondertradition folgte. 64 Linienlose Notation setzt häufig auch bei Wiederholungen ein. So wird die erste Strophe der Cantio ›Exsultandi et laetandi tempus est‹ (fol. 65va) komplett auf fünf Linien notiert; die gleiche Melodie der zweiten Strophe zwar linienlos, aber doch vollständig wiedergegeben; für die dritte bis sechste Strophe sind nur noch linienlos geschriebene Stichnoten für einige Kadenzen am Anfang und Ende einzelner Verse eingetragen, vor allem zur Verdeutlichung von Stellen mit abweichender Silbenzahl (beispielsweise über immortalis diluculo). Ein Vergleich mit den Medinger Orationalien, in denen Musiknotation viel häufiger als in anderen, primär zur Textaufzeichnung bestimmten Andachtsbüchern begegnet, ist als Ergänzung der Notationsart des PropstHandbuchs aufschlussreich. 65 Die gotische Choralnotation in den Orationalien entspricht weitgehend derjenigen des Propst-Handbuchs. Während dort aber linienlose Notation nur ausnahmsweise erscheint, überwiegt diese Notationsart in den Orationalien. 66 Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Aufzeichnungsarten dürfte nicht im paläographischen Bereich liegen, sondern in der Funktion der Notation. Die Notation des Propsthandbuchs diente der hörbaren Ausführung liturgischer Musik, die der Orationalien dem lautlosen ›Singen im Herzen‹. Unterstützt wurde dieser Vorgang möglicherweise durch die Verwendung einer roten »Signalfarbe« für die Neumen der Andachtsbücher. Das hörbare ›Singen im Mund‹ des Propstes, der Kleriker und des Laienvolks im Kirchenschiff konnte gleichzeitig mit dem unhörbaren ›Singen im Herzen‹ der Nonnen auf dem Chor stattfin63 Möglicherweise von dritter Hand stammen einige mit sehr spitzer Feder angebrachte linienlose Neumen auf fol. 28ra über dem Incipit der Antiphon ›O ammirabile precium‹ und des Hymnus ›Crux fidelis‹ (Abb. 11), die stärker kursiven Ductus zeigen. Jedenfalls stimmen sie mit anderen Überarbeitungsspuren überein, die Ergänzungen der Interpunktion oder Eintragungen für Intonationshilfen über dem Johannesprolog mit der Zeichenfeder umfassten, eventuell ebenfalls durch die zweite Hand, vgl. Kap. 3.1.1. 64 Vgl. HILEY, Western Plainchant S. 116–117; das ›Missale Verdense‹ fol. 76va verzeichnet ihn auch nicht. 65 Zur Notation in den Medinger Orationalien: HASCHER-BURGER, Notation; HELLGARDT, Neumen. 66 Zwar stehen dort auch einige Musikeinträge auf Liniensystemen, die meisten Gebetbücher enthalten aber nur linienlose Gesänge. HASCHER-BURGER, Notation S. 63–65.

3.1. Die Anlage der Handschrift

143

den. Dafür spricht beispielsweise eine Rubrik in O1 fol. 37r: Dum chorus exultando canit iocundum alleluia dic in mentali iubilo: O du dure schat (»Wenn der Chor jubelnd das fröhliche Alleluia singt, sprich in mentalem Jubel: O du teurer Schatz«). 67 Singen im Mund bezeichnet den hörbaren Gesang, während das mystische Singen im Herzen vor allem für die Meditation empfohlen wird als unhörbare Äußerung des mystischen Jubilus des Herzens, ein Zustand, in dem – so Johannes Gerson – Gott direkten Zugang zur Seele erhält. 68 3.1.4. Vorlagen und Lateingebrauch Die Medinger Nonnen zeigen in ihren Handschriften eine hohe Lateinkompetenz, die über eine passive Sprachbeherrschung weit hinausgeht. 69 Nonnen wie Winheyd, die das Orationale HI1 redigierte, 70 oder Elisabeth von Winsen, die in ihrem Schlussgedicht für den Psalter HI2 über den Auftrag Tilemanns von Bavenstedt berichtete, greifen aktiv bearbeitend in den vorhandenen lateinischen liturgischen Text ein. Der Text des PropstHandbuchs zeigt eine ähnliche sprachliche Kompetenz; die aus dem ›Missale Verdense‹ oder dem Psalter kopierten Texte sind so gut wie fehlerfrei geschrieben und dort, wo etwa ein Wort ausgelassen wurde, sorgfältig korrigiert. Die meisten Abweichungen vom Standardtext der Gebete, Gesänge oder biblischen Lesungen sind sprachlich korrekte Varianten, die beispielsweise im Fall der Psalterlesarten häufig auf eine bessere Tradition als die der Clementina zurückgehen und dazu meist mit den Medinger Psalterien übereinstimmen. 71 Besonders signifikant sind dabei einzelne Übereinstimmungen mit dem sehr viel älteren Psalter HH8, der nicht in Medingen geschrieben, aber dort für den Gebrauch durch ein Kalendarium und andere Textteile ergänzt wurde. Die nicht in der Vulgata-Tradition belegte Variante venturus es (Ps 117:26) scheint darauf hinzudeuten, dass HH8 eine der Handschriften sein könnte, die als Vorlagen für die eigene Textproduktion der Nonnen, etwa das Psalterium HI1 der Elisabeth von Winsen, gedient haben könnten. 72 HASCHER-BURGER, Notation S. 60; HASCHER-BURGER, Religious Song S. 228. HASCHER-BURGER, Notation S. 58. Eine vergleichende Übersicht über die Merkmale des Singens im Herzen und des Singens im Mund bei Johannes Gerson: FABRE, La doctrine du Chant du Coeur S. 22. 69 Vgl. Schlotheuber, Intellectual Horizons S. 358, zu den lateinischen BriefKompositionen der Lüner Nonnen. 70 Vgl. Kap. 3.1.1. zu der Einbindung des ›Exsultet‹. 71 Im Apparat sind für die Psalmenlesungen jeweils die Varianten der Clementina (c) und der Stuttgarter Vulgata (VUL) angegeben, dazu die Medinger Psalterien mit Siglen. 72 Fol. 84vb: VUL venturus est; c venit. HH8 fol. 118v und alle Medinger Psalterien haben venturus es: BE1 fol. 207r; CA3 fol. 186r, HI2 fol. 107v venturus es. Mit Dank an 67 68

144

3. Das Propst-Handbuch als Codex

An einigen Stellen begegnen Schreibvarianten im Lateinischen, 73 die auf regionale Varianten oder mündlichen Sprachgebrauch zurückzugehen scheinen und sich auch in den von den Medinger Nonnen eigens zusammengestellten und redigierten Gebetbüchern, etwa den Apostel-Orationalien, finden. Regionale Varianten des Lateinischen sind für Deutschland im Spätmittelalter noch nicht aufgearbeitet. 74 Es können hier nur einzelne Beobachtungen zusammengetragen werden, die mit anderen Daten wie etwa dem Lateingebrauch in den Briefen aus Kloster Lüne abgeglichen werden müssen, um feststellen zu können, ob es sich um regionale Varianten oder Idiosynkrasien der schreibenden Hand handelt. In einigen wenigen Fällen wird man aber schon bei dem vorliegenden Material sagen können, dass sich ein spätmittelalterlicher mündlicher Sprachgebrauch niederschlägt, gerade wenn ähnliche Phänomene im (ebenso wenig bislang systematisch linguistisch erforschten) Mittelniederdeutschen der Lüneburger Klöster begegnet, etwa die häufige Assimilation und Kontraktion bei Nasalverbindungen. 75 1. ām statt adm: āmirabilis, āministrent, āmixtione, āminicula. 76 2. mpn statt mp: calumpnieris. 77 3. n statt m: inpinguasti und conmendaciones. 78 4. Doppel- und Einfachschreibung: commedere, psallmum, prorssus. 79 Hans-Walter Stork für die Überprüfung der Hamburger Handschrift und an Beate Braun-Niehr für die Überprüfung der Berliner Handschrift. 73 Auf die Sprachform der niederdeutschen Konversen-Statuten wird in Kap. 3.3.5. eingegangen. 74 Zu den häufigsten spätmittelalterlichen Phänomenen vgl. die Übersichtstabelle auf der Seite von ad fontes http://www.adfontes.uzh.ch/2922.php. Die durchgängig im spätmittelalterlichen Latein gebrauchten Schreibungen wie -cio statt -tio sind nicht in die folgende Liste aufgenommen. 75 Vgl. beispielsweise die Assimilationen von m und n in den Konversen-Statuten. 76 Die Verbindung wird mit einem Nasalstrich über a abgekürzt, was darauf hinzuweisen scheint, dass sie zu mm assimiliert wurde: fol. 28ra, 45r, 85va und 103rb steht āmirabilis/-e/-i statt der entsprechenden Form von admirabilis, gegen fol. 85rb ausgeschriebenes admirabilis; es ist damit nicht sicher, ob es sich bei dem Nasalstrich um eine Abkürzungskonvention von ad vor m handelt oder ob es tatsächlich amm- gesprochen wurde. Ebenso steht auf fol. 8ra āministrent statt administrent, auf fol. 30vb, 42v und 43r āmixtione statt admixtione und auf fol. 54ra āminicula statt adminicula jeweils mit Nasalstrich. In den anderen Medinger Handschriften wird das analog gehandhabt: gekürzt wird mit Nasalstrich (CA3, fol. 72), ausgeschrieben wird die Form adm- benutzt (HI2). 77 Statt calumnieris (fol. 96va). 78 Statt impinguasti (fol. 97va) und commendaciones (fol. 81va). 79 Statt comedere, psalmum (fol. 99rb) und prorsus (fol. 111vb). comedere in der Hs. durchgängig mit zwei m geschrieben, vgl. die Weiheformeln an Ostern (fol. 53va, 53vb, 54rb), aber auch im Ursprungscodex in der Bibellesung aus Job 13 (fol. 100ra). Bei flamiuoma statt flammivoma (fol. 61va), dem einzigen Fall von Einfach- statt Doppelschreibung, wurde wohl nur der Nasalstrich vergessen.

3.1. Die Anlage der Handschrift

145

5. s statt c: clemensiam, causionem, consessa. 80 6. c statt s: cedat. 81 7. Stimmloses statt stimmhaftes s: iusisti. 82 8. Palatalisierung: iehenne und neglienter. 83 9. c statt qu: locuntur, paschue / pasche. 84 10. Schluss-d statt t: dereliquid und capud. 85 11. michi statt mihi. 86

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich im Propst-Handbuch kaum signifikante Abweichungen vom spätmittelalterlichen Lateingebrauch finden, die bei einer regionalen oder zeitlichen Verortung helfen würden. Der Überblick zeigt allerdings, dass beide Schreiberinnen die gleichen Varianten gebrauchen und zwar unabhängig davon, ob sie vorliegende Texte kopieren oder, wie in den Rubriken des Erweiterungsteils, eigenständig Textstücke formulieren. Es bestätigt sich damit für das Propst-Handbuch das hohe, professionelle Niveau an Latinität und die Souveränität im Umgang mit lateinischen Texten, die sich in den Orationalien dokumentiert. Vor diesem Hintergrund ist die Anlage des Ursprungscodex und danach der Erweiterungsteile zu analysieren.

Statt clemenciam (fol. 111rb), cautionem (fol. 34r), concessa (fol. 39r). Das Phänomen, dass ein s statt eines c geschrieben wird, ist nur für Frankreich ab 1200 speziell nachgewiesen. Für andere Regionen fehlen bislang gesicherte Nachweise, STOTZ, Lautlehre S. 186. Ähnlich beispielsweise in den Apostel-Orationalien presiosorum statt preciosorum (O3 fol. 131v), selebrare statt celebrare (HH6 fol. 15v), dazu häufige ss statt sc-Schreibung, condissipulos statt condiscipulos (O3 fol. 3r), sussipio statt suscipio (O3 fol. 10v); auch die gelegentliche Doppelung von x durch c weist auf s-Aussprache hin: excilium statt exilium (O3 fol. 126v). 81 Vielleicht als Hyperkorrektur statt sedat, aber ebenso im Apostel-Orationale precenciam statt presenciam (HH6 fol. 15v) und obcecro statt obsecro (HH6 fol. 9v). 82 Statt iussisti (fol. 87vb). Siehe zur Schreibung STOTZ, Lautlehre, S. 314 §278.3. 83 Statt gehenne (fol. 88ra) und negligenter (fol. 73vb). Dazu STOTZ, Lautlehre S. 206 §168 mit Hinweis auf heutige norddeutsche Aussprache-Gewohnheiten. 84 Statt loquuntur (fol. 94ra) und pasquae (fol. 9vb), vgl. die in der niederdeutschen Leise gebrauchte Form pasche (fol. 52vb: Help vns o ware Pasche lam). 85 Durch die Auslautverhärtung im Deutschen kommt es zu einer Unsicherheit im Lateinischen, ob am Wortende d oder t steht, da beides gleich ausgesprochen wird. So findet sich auf fol. 85rb deliquid statt deliquit, und es wird durchgängig capud und nicht caput geschrieben. Die Lesart für Ps 37:11 Cor meum conturbatum est dereliquid me (fol. 101va) findet sich unterschiedlich in den Medingen Psalter-Handschriften – HI2, fol. 36v weist es auf, aber nicht in CA3, fol. 66r. Es fragt sich, ob die Form metitabor statt meditabor (fol. 108rb) auch eine Variante oder ein schlichter Verschreiber ist. 86 Die volle Form michi wird nur für die Textunterlegung bei Gesängen geschrieben (fol. 17vb, 27ra), sonst wird die Abkürzung mͥ gebraucht. 80

146

3. Das Propst-Handbuch als Codex

3.2. Der Ursprungscodex Der Ursprungscodex umfasste 17 gezählte Quinionen. Von diesen 170 Blättern sind 69 erhalten: 10 Blätter aus den Lagen .viiij.–.xj. und die bis auf das letzte Blatt vollständigen Lagen .xij.–.xvij. 1 Die Handschrift enthielt – eventuell nach einem vorangestellten Kalender – ein ›Kollektar‹, einen ›Liber Ordinarius‹ mit Benediktionen und Präfationen für Feste von Mariä Reinigung bis Karsamstag und ein ›Rituale‹ für die Krankensalbung, Bestattung und Totenvigil in einem Frauenkonvent. 3.2.1.

Das Kollektar-Fragment

Das erste erhaltene Blatt des Ursprungscodex ist das Gegenblatt zu fol. 7. Da es als Vorderspiegel verklebt war, wurde der ursprüngliche Text nicht radiert. Somit ist zu erkennen, dass er von Hand 1 des Propst-Handbuchs geschrieben wurde. Das Blatt enthält Gebete eines Kollektars für den 16. bis 22. Sonntag nach Trinitatis. Die Orationen für die letzten beiden fehlenden Sonntage standen wohl auf dem verlorenen Gegenblatt zu fol. 6, wo auf dem erhaltenen Falz (F6) 2 noch die linken Hasten sichtbar sind, die zu den Kollekten für den 23. und 24. Sonntag (Absolve quaesumus / Excita domine) passen würden. 3 Auf fol. 3r setzt eine Reihe von Benediktionen zu Mariä Reinigung ein, die auf fol. 4, 6 und 7 weitergeführt werden. i ›Kollektar‹, verklebt als Spiegel F6 Ende ›Kollektar‹? 3 ra radiert rb Beginn Mariä Reinigung

4 6 7

Mariä Reinigung (direkte Fortsetzung) (direkte Fortsetzung) vb radiert

Lage [.viiij.] (= Lage 1)

Die von der ersten Hand geschriebenen drei aufeinanderfolgenden Doppelblätter fol. i–7 müssen also die inneren Blätter der Lage .viiij. gebildet haben, mit denen das Kollektar abschloss und die Benediktionen für ausgewählte Feste des Kirchenjahres begannen. Eine Vorstellung von der Zusammensetzung des Ursprungscodex bieten Handschriften wie das Dominikanerinnen-Kollektar aus dem Bistum Konstanz, das mit Kalender, Capitula und Collectae beginnt und dann u. a. Benediktionen sowie einen 1 Die letzte Lagenzählung .xvij. auf dem beim Heraustrennen des Schlussblattes übrig gebliebenen Falz findet sich nach mehreren leeren Seiten. Der Ursprungscodex dürfte hier geendet haben. 2 Die Falze, die durch das Zurückstutzen eines Doppelblatts auf ein Einzelblatt mit Bindefalz entstanden sind, werden mit ›F‹, gefolgt von der folio-Nummer des Gegenblatts, zitiert. 3 ›Missale Verdense‹ fol. 121vb und 122vb.

3.2. Der Ursprungscodex

147

Kranken- und Sterberitus enthält. 4 Wenn die ordensspezifischen Zusätze weggedacht werden, ist es analog zu den Texten, die sich auch im PropstHandbuch finden, aufgebaut. So lassen sich Überlegungen dazu anstellen, wie die jetzt weggefallenen Lagen .i.–.viij. und die verlorenen Teile der Lagen .viiij.–.x. ausgesehen haben könnten. Eine mögliche Rekonstruktion des Ursprungscodex sähe dann so aus: Lage .i.–.ij. Kalendar mit computistischen Tafeln Lage .iij.–... Capitula–Lesungen für Vesper und die kleinen Horen Lage ...–.viiij. (bis fol. 75* = i) Kollektar, evtl. mit Orationes super populum Lage .viiij.–.xiij. (bis fol. 127* = 46) Benediktionen und Präfationen Lage .xiij.–.xvij. (fol. 128*–165* = 73–[119]) Rituale, Leerseiten

Der erste Teil, der die ersten achteinhalb Lagen des Ursprungscodex umfasste, ist dann bei der Erweiterung der Handschrift bis auf die beiden Schlussblätter abgetrennt worden, möglicherweise, um eine eigenständige Kollektar-Handschrift zu bilden. Die folgenden Benediktionen und Präfationen wurden zu einem medingen-spezifischen ›Liber Ordinarius‹ für den Propst ergänzt. 3.2.2.

Benediktionen

Der zweite Hauptteil des Ursprungscodex enthielt Benediktionen und Präfationen, die jetzt mit Gebeten zur Weihe der Kerzen an Mariä Reinigung auf fol. 3rb beginnen. Die Spalte fol. 3ra ist radiert, so dass nicht klar ist, was zwischen dem Ende der Kollektengebete (auf dem Gegenblatt zu fol. 6 vor dem jetzigen fol. 1r) und der Kerzenweihe stand. Möglicherweise waren auf den vier Spalten Benediktionen notiert, die im Kirchenjahr vor Mariä Reinigung (2. Februar) verwendet wurden, wie die Segnung des Johannisweins (für den 27. Dezember). Eine wie eine Bearbeitungsanweisung wirkende Rubrik quer unter fol. 3r könnte das Wort benedictiones enthalten haben. Die Kerzensegnungen werden auf fol. 4, 6 und 7 fortgesetzt. 5 Der Schluss der alten Blätter dieser Lage, ein auf der zweiten Hälfte der Spalte fol. 7vb beginnendes Gebet, wurde radiert. Darüber wurde ein weiteres Gebet zu Mariä Reinigung begonnen, das dann auf den eingefügten Blättern fortgesetzt wurde. BLB Karlsruhe St. Peter perg. 24, 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Hinweis von Beate Braun-Niehr, brieflich, Juli 2013; online einsehbar unter urn:nbn:de:bsz:31–27736 5 Ein Gebet schließt auf fol. 4vb ab und ein neues (die Präfation) beginnt auf fol. 6ra, so dass nicht klar ist, ob das neue Blatt fol. 5, das jetzt zwischen den beiden liegt, ein älteres Blatt mit Gebeten ersetzt oder ob, was wahrscheinlich ist, ursprünglich fol. 6 direkt an fol. 4 anschloss. Eine kodikologische Schwierigkeit bei der Rekonstruktion stellt die Tatsache dar, dass die Hasten der beiden Initialen auf fol. 6ra über dem Falz des eingeklebten Ergänzungsblattes liegen, vgl. dazu Kap. 3.3.1. 4

148

3. Das Propst-Handbuch als Codex

Das in dem vorliegenden Propst-Handbuch nächst-folgende Blatt des Ursprungscodex, fol. 13, enthält ein Segensgebet für Palmzweige an Palmsonntag und auf der Versoseite die erste erhaltene Lagenzählung (.x.). Das ursprüngliche Anfangsblatt der Lage ist zu einem Falz zurückgeschnitten. Zu dieser oder der folgenden Lage muss das alte Doppelblatt fol. 53–54 gehört haben, das jetzt das innere Doppelblatt der neuen Lage 6 bildet. 6 Es enthält Segensgebete zur Speisenweihe am Ostersonntag. 7 . . . . 53?

54? . . . 13

Anfang 53ra, Anfang 13ra, Ende 13va/b radiert

53 Fleischweihe an Ostersonntag 54 (direkte Fortsetzung) 13 Gebete zur Palmzweigweihe

Lage .x. (= Teil von Lage 2)

Von der folgenden Lagenzählung .xj. ist auf dem Falz nur noch die letzte Ziffer erkennbar, da das Gegenblatt zu fol. 15 beschnitten ist. Fol. 15 und 16 enthalten eine lange Präfation zum Palmsonntag. Die übrigen Blätter der Lage sind bis auf die Falze zu fol. 15 und 16 verloren. 15 16 . . .

15 Präfation zum Palmsonntag 16 (direkte Fortsetzung)

. . . . .

radiert

Lage [.x]j. (= Teil von Lage 2)

Hier dürften sich weitere Gesänge zum Palmsonntag und vielleicht auch Texte zum Gründonnerstag (Mandatum?) und Karfreitag angeschlossen haben, die durch die neu geschriebenen Blätter und eine weitere Lage ersetzt und aktualisiert wurden. Alle folgenden Lagen des Ursprungscodex sind vollständig erhalten.

6 Am Anfang von fol. 53ra sind vier Zeilen radiert, aber die folgende Rubrik, die die Segnungen in sancto die pasche verortet, ist wie der Rest des Doppelblatts von Hand 1 geschrieben. Alle folgenden alten Lagen sind intakte Quinionen mit Lageninnnenblatt, so dass nur in Lage .x. (vor Palmsonntag) oder .xi. (mitten im Karsamstag) Platz ist. 7 Vom liturgischen Kalender her betrachtet, passt es weder in Lage .x., wo es zwischen den Segensgebeten zu Mariä Reinigung (fol. 3, 4, 6 und 7) und den Segensgebeten zum Palmsonntag (fol. 13) gestanden hätte, noch zu Lage .xj., wo es die Palmsonntagsbenediktionen unterbrechen würde. Möglicherweise waren die Benediktionen, wie in dem erwähnten dominikanischen Kollektar, in dem erst die Tischsegnungen, dann die Wassersegnungen abgehandelt werden, thematisch und nicht kalendarisch angeordnet.

149

3.2. Der Ursprungscodex

3.2.3.

Karsamstag mit liturgischen Schemazeichnungen

Ab Lage .xij. wurden keine Seiten mehr ausgeschnitten. Die Gesänge zum Karsamstag sind direkt aus dem Ursprungscodex übernommen und bilden die längste Folge von Benediktionen, die auch die durch Schemazeichnungen illustrierte Licht- und Wasserweihe umfasste. Radiert und modifiziert sind nur die Rubriken, zum einen die ursprünglich den Lagenbeginn bildende Rubrik zum Karsamstag, 8 zum andern die Einleitung zum ›Exsultet‹, 9 das den Hauptbestandteil der Lage ausmacht. 30 31 32 33 34

35 36 37 38 39

radiert 30 Karsamstag 31–39 (direkte Fortsetzung) mit 31v–39r ›Exsultet‹ ab 39v Taufwasserweihe

Lage .xij. (= Lage 4)

36v Schemazeichnung zum Weihrauch (Abb. 12) 37r Schemazeichnung zur Kerze (Abb. 13)

Das ›Exsultet‹ schloss vor der vorletzten Lagenseite ab und Hand 1 begann die Präfation zur Taufwasserweihe mit der neuen Lage. Das ließ Freiraum auf fol. 39v, der von Hand 1 zu einer ausführlicheren Rubrik zur Taufwasserweihe und für ein einleitendes Gebet genutzt wurde. Es ist auffällig, dass hier Hand 1 das einzige Mal linienlose Notation einsetzt, und zwar für das Oremus, das von Hand 1 ausnahmsweise nicht mit roter Tinte geschrieben wird. Auch die Art, die Litanei ›Rex sanctorum‹ 10 nur als Incipit in eine erklärende Rubrik einzutragen, entspricht stärker dem Stil der Überarbeitungsschicht als der sonstigen Praxis der ersten Hand. Zudem findet sich hier einzige direkte Nennung des Propstes. 11 Möglicherweise sehen wir in dieser erklärenden Ausgestaltung des Übergangs vom ›Exsultet‹ zur Taufwasserweihe eine der vorbereitenden Arbeiten für die geplante Erweiterung des Ursprungscodex – ein Verfahren, das sich analog auch am Ende des ›Rituale‹ in den Rubriken zeigt. 12 Für den engen Bezug der liturgischen Elemente dieser Seite zu Medingen spricht auch, dass die als Incipit angeführte Litanei und das Gebet in den niederdeutschen Orationalien erklärend wiederkehren. Die Rubrik der Handschrift Consecracio baptismi primo Am linken Rand von fol. 30ra ist noch eine grüne Fleuronnée-Initiale erkennbar, die wahrscheinlich die jetzt auf fol. 29rb stehende Ankündigung der Karsamstagsfeier (In … sabbato sancte pasce) enthielt. 9 Übertragung des ›Exsultet‹ auf den Propst, vgl. Kap. 2.2.4. und 3.3.2. 10 Reimlitanei RH 17513; AH 50 Nr. 183 11 Die anderen Propstnennungen auf Seiten des Ursprungscodex sind jeweils von Hand 2 nachträglich eingefügt: fol. 31rb unten, fol. 53ra und fol. 81va. 12 Vgl. Kap. 3.2.4. und 3.3.4. 8

150

3. Das Propst-Handbuch als Codex

cantetur Rex sanctorum (fol. 39va »Die Weihe des Taufwassers. Zuerst wird gesungen: Rex sanctorum«) wird fast wörtlich in T1 aufgenommen: Darna wyet me de dopen vnde singhet Rex sanctorum angelorum totum mundum adiuua So ropt de hilghe cristenheyt an de helpe des koninghes vnde der hilghen enghele. (T1 fol. 20v, MANTE S. 24)

T1 fol. 20v mit dem Beginn der Taufwasserweihe an Karsamstag Danach weiht man das Taufwasser und singt: »König aller heiligen Engel, hilf der ganzen Welt!« Auf diese Weise ruft die heilige Christenheit die Hilfe des Königs und der heiligen Engel an.

Das gleiche gilt für das folgende, vom Propst gesprochene Kollektengebet Omnipotens sempiterne deus adesto magne pietatis tue mysterijs (fol. 39va »Allmächtiger, ewiger Gott, sei mit den Geheimnissen deiner Barmherzigkeit…«), das in T1 wörtlich übersetzt wird: Desse collecten list me to der wyginghe der dopen O du alwoldighe | ewighe got wes to den hemelcheyden… (T1 fol. 21v–22r, MANTE S. 26). Dieses Kollektengebet liest man zur Taufwasserweihe: »O du allmächtiger, ewiger Gott! Sei mit den Geheimnissen …«

Die alte Lage .xiij. schließt sich auch im gegenwärtigen Codex an, ist dort aber auf zwei Lagen verteilt: Die Blätter bis zum Ende der Taufwasserweihe am Karsamstag sind in die Lage 5 übernommen, der anschließende Beginn des ›Rituale‹ ist jetzt durch 26 Blätter, die Texte für weitere Festtage enthalten, getrennt in Lage 8. 40 41 42 43 44 40–46v (direkte Fortsetzung)

45 46 73 74 75 73 Rituale 74–75 (direkte Fortsetzung)

46r Schemazeichnung zur Taufwasserweihe (Abb. 14)

Lage .xi | ij. (= Anfang Lage 5 | Ende Lage 8)

In Lage .xij. und .xiij. finden sich drei Schemazeichnungen zu liturgischen Handlungen als Teil des funktional durchdachten Einsatzes von Gliede-

3.2. Der Ursprungscodex

151

rungselementen. Sie begegnen in ähnlicher Form auch in anderen Libri Ordinarii. 13 So wie Kreuze in Wörter eingefügt wurden, die ein Kreuzeszeichen erfordern, illustrieren diese Zeichnungen Handlungsanweisungen und sind eng mit den Rubriken verbunden. Im Essener ›Liber Ordinarius‹ zeigt eine Skizze die elaborierte Ligatur mehrerer Buchstaben, die in die Kerze eingeritzt werden soll, daneben das kleine griechische Kreuz, dessen Enden und Mitte durch winzige Kreise markiert sind. Diese Stellen sollen tiefer eingedrückt werden, damit man die Weihrauchkörner und ein Myrrhekorn einlegen kann. 14

Essener ›Liber Ordinarius‹ S. 64: Ligatur und Position der Weihrauchkörner

Im Propst-Handbuch fehlt die Buchstabenligatur, dafür wird das kleine Kreuz für die Weihrauchkörner auf der dazugehörigen Kerze angebracht. Die Darstellung korrespondiert über die Doppelseite hinweg mit einer zweiten Kerze zur Lichtweihe:

Einlegen der Weihrauchkörner in die Kerze fol. 36v (Abb. 12) Systematische Untersuchungen zu solchen Schemazeichnungen fehlen bislang. Mit herzlichem Dank an Jürgen Bärsch für die Auskunft; vgl. die unten abgebildeten Illustrationen in dem von ihm untersuchten Essener Ordinarius. 14 BÄRSCH, Osterfestkreis S. 341, Anm. 206. 13

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

Auf fol. 36v (Abb. 12) findet sich am linken Rand die Federzeichnung eines gelb lavierten, rot konturierten, brennenden Wachsstocks zu der Rubrik Hic pone incensum. Daneben ist eine Hand gezeichnet, die fünf Weihrauchkörner in Kreuzform in das Kerzenwachs eindrückt.

Entzünden der Kerze fol. 37r (Abb. 13)

Auf der gegenüberliegenden Seite (fol. 37r, Abb. 13) ist am rechten Rand die Rubrik Hic accende cereum illustriert. Wieder verdeutlicht eine Hand, die bis zum rot ausgemalten Ärmelaufschlag gezeigt wird, die Aktion, die vollzogen werden soll. In diesem Fall hält sie eine Astgabel hoch, in der ein brennendes Holzstück steckt, mit dem der gleiche rot flammende Wachsstock, wie er auf der linken Seite zu sehen ist, in Brand gesteckt wird. Die Zeichnung ist als Teil der Rubrik dadurch gekennzeichnet, dass die Hand über eine rote Linie mit der Anweisung verbunden ist. Die Verbindungslinie schließt ein Einfügezeichen ein, das zwischen dei und rutilans in der darüber verlaufenden Textzeile platziert ist und so den exakten Moment der Entzündung markiert. Die dritte Zeichnung (fol. 46r, Abb. 14) gehört zur Taufwasserweihe, die von fol. 39va bis 47r reicht und damit die längste liturgische Einheit des Propst-Handbuchs bildet. Sie umfasst eine komplexe Abfolge von Handlungen. Zuerst wird das Wasser in Kreuzform berührt (fol. 42r), dann Wasser vom Taufbecken kreuzförmig in alle vier Ecken gespritzt (fol. 44v) und schließlich die Kerze in Kreuzform eingetaucht (fol. 46r). Dazu soll der Propst im Präfationston das descendat mit der Anrufung des Hl. Geistes singen. Der Gesang und das Eintauchen sollen dreifach wiederholt werden, dazu kommt dann das Hauchen auf das Taufbecken, bevor die Kerze endgültig wieder herausgezogen wird. Im Essener ›Liber Ordinarius‹ wurde dieser Vorgang durch drei nacheinander folgende Schemata erläutert. Die erste (S. 74) zeigt den kelchförmigen Taufstein mit Wasserwellen, die von einem Kreuz durchschnitten werden, die zweite auf der gegenüberliegenden Seite (S. 75) das Aussprengen des Wassers in vier Himmelsrichtungen nach dem biblischen Modell der vier Paradiesströme.

3.2. Der Ursprungscodex

153

Essener ›Liber Ordinarius‹ S. 74–75: Taufwasserweihe an Karsamstag

Als drittes bildet der Essener ›Liber Ordinarius‹ »die stilisierte Figur des griechischen Buchstabens Psi ab. Dabei weist er erläuternd darauf hin, daß manche mit den Kerzen anstelle des Kreuzzeichens diese Figur ins Wasser zeichnen, weil sie als Symbol des Heiligen Geistes gilt.« 15

Essener ›Liber Ordinarius‹ S. 76: Taufwasserweihe an Karsamstag

Das ist der Moment, der im Propst-Handbuch in der dritten Schemazeichnung zur Rubrik et hoc ter repetando et hic suffla in fontem ad hanc figuram (»Und das ist dreimal zu wiederholen und hier hauche auf das Taufbecken nach dieser Zeichnung«) illustriert ist.

Dreifaches Hauchen auf das Taufwasser an Karsamstag fol. 46r (Abb. 14)

Die Rubrik ist en bloc in die dafür freigehaltene rechte untere Ecke des Schriftspiegels eingetragen; am Rand darunter findet sich die Zeichnung eines Taufbeckens in Kelchform, zu dem drei gezackte Linien führen, von denen die mittlere mit prima, die linke mit secunda, die rechte mit tercia 15

BÄRSCH, Osterfestkreis S. 184–186 mit Literatur.

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

beschriftet ist, um die Abfolge des Hauchens zu markieren. 16 Aus den Andachtsanweisungen der Orationalien wird deutlich, dass diese dreifach wiederholte Folge von Kerzeneintauchen, Gesang des Descendat und Hauchen einen zentralen Anknüpfungspunkt für die Meditationen der Nonnen bot. 17 3.2.4.

Das ›Rituale‹

Das ›Rituale‹, das auf den drei letzten Blättern der alten Lage .xiij. beginnt, ist bei der Erweiterung so abgetrennt worden, dass die Lagenzählung durchschnitten wurde: Auf dem Falz zu fol. 40 steht das Ende [.xi]ij., auf fol. 75v der Beginn der Lagenzählung .xi[ij.]. Da die Taufwasserweihe ursprünglich auf der Recto-Seite von Blatt 73 endete und sich die Krankensalbung unmittelbar auf fol. 73v anschloss, wurde der Schluss der Weihe bei der Umarbeitung auf fol. 73r radiert und auf das erste Blatt des eingeschobenen Stücks kopiert. 18 Das Rituale zeigt eine vereinfachte Form der Musiknotation, obwohl es wie die vorigen Teile von Hand 1 stammt. Bei dem Begräbnis wurden bis auf die linienlose Notation über Oremus (fol. 82va) durchgehend einzeilige Incipits auf vier Notenlinien notiert, und zwar allein die Incipits der Gesänge, die vom Propst im Anschluss an Gebete intoniert werden. 19 Der hintere Teil des Ursprungscodex mit dem Rituale präsentiert sich äußerlich sehr viel geschlossener als der durch die Abtrennung des Kollektars und die Einfügung neuer Lagen aufgebrochene vordere Teil. Die Lagen .xiiij.–xvij sind als Lagen 9–12 übernommen: 76 77 78 79 80

81 83 84 85 86

–81va Krankensalbung

81va– Bestattung

Lage .xiiij. (= Lage 9) 16 Der zweite Teil der Anweisung und die Zahlen und Linien sind über das ursprüngliche Ende einer radierten Rubrik eingetragen; vielleicht war die Taufbeckendarstellung ursprünglich dazu gedacht, eine der beiden anderen im Essener Ordinarius illustrierten Handlungen zu veranschaulichen, doch lässt sich der Text nicht mehr entziffern. 17 Zur geistlichen Waschung während der Weihe des Taufwassers vgl. das Zitat aus dem Konversen-Orationale HH2 in Kap. 2.4.2. 18 Der Vergleich des radierten Blatts mit der Kopie auf fol. 47r (Kopie von fol. 73r durch Hand 2) zeigt, wie genau sich die bearbeitende Schreiberin an alle Eigenheiten der Vorlage hielt. 19 Als Notationsformen wurden nur Basisneumen verwendet, Liqueszenzen fehlen. Die anschließenden Wechselgesänge zwischen Cantor und Priester sind unnotiert.

155

3.2. Der Ursprungscodex

Ein genauerer Blick auf die Rubriken des ›Rituale‹ zeigt dann aber, dass hier der Grundstock für die starke Umarbeitung des ersten Teils gelegt wurde. Die Hand, die den Ursprungscodex schrieb, fing innerhalb dieses Teils an, durch veränderte Formulierungen und Nachträge den Standardtext für Krankensalbung, Beerdigung und Totenvigil für die Situation des Propstes eines Frauenklosters zu adaptieren. Bei dem ersten Text, der Krankensalbung, spricht die Eingangsrubrik neutral vom presbiter, der in das Haus (domus) zu den Kranken (infirmos) geht, die mit der männlichen Form benannt werden – eine solche Formulierung ist auf den Propst, der die kranke Nonne in der Zelle aufsucht, anwendbar, aber spezifisch wird es erst in den Gebeten, die eine Kranke (infirma) als Gottesmagd (famula) benennen. Die nächste ausführlichere Rubrik, die ebenfalls der ersten Hand zugehört, spricht dann ausdrücklich vom Propst und von einer Kranken (fol. 77rb). Es scheint, als ob im Ursprungscodex zunächst nur die Gebete, die vom Propst laut vorzutragen waren, grammatikalisch korrekt auf weibliche Formen umgestellt wurden, die nur von ihm selbst zu rezipierenden Rubriken jedoch bei den allgemeinen maskulinen Formen blieben. So spricht bei der Bestattung das Gebet von der deposicio famule tue (»Bestattung deiner Dienerin« fol. 89va), aber die zugehörigen Rubrik davon, dass der Körper »des Verstorbenen« mit der Erde vereint werde (Hic cooperiatur corpus defuncti cum terra fol. 88ra). 87 88 89 90 91

92 93 94 95 96

–92r Bestattung

92v– Totenvigil

Gebet durchgestrichen

Rubrik eingefügt

Lage .xv. (= Lage 10)

Das sollte geändert werden, denn links am Rand findet sich ein Verweiszeichen, das den Selbstkorrekturen der ersten Hand entspricht 20 und am unteren Rand neben einer mit roter Tinte geschriebenen, zweizeiligen Anweisung wiederholt wurde. Diese flüchtig in kleinerer Schrift über die ganze Seitenbreite laufende Notiz, die nur noch partiell entzifferbar ist, war offensichtlich als Platzhalter gedacht, um später in den Text selbst integriert zu werden. Mit der gleichen, sehr schwachen roten Tinte sind die ersten zwei Drittel der Spalte vor der genannten Rubrik, das ganze Gebet ›Tu nobis‹ fol. 88ra, kreuzweise durchgestrichen. 21 Es ist zu vermuten, dass mit 20 Zu den Gründen dafür, dass die zweite Hand ihrerseits die vorgeschlagene Änderung wieder radierte vgl. Kap. 3.3.4. 21 Das gleiche Verfahren auf fol. 89vb/90ra, dazu weiter unten.

156

3. Das Propst-Handbuch als Codex

dieser angedeuteten Streichung eine Rasur vorgeschlagen wurde, um eine längere Rubrik mit detaillierteren Handlungsanweisungen für den Klerus in die Spalte vor die Antiphon ›De terra plasmasti me‹, mit der dann die eigentliche Bestattung anfängt, einfügen zu können. Die geplante Rubrik begann und endete wohl wie die letztlich beibehaltene Rubrik, dürfte aber die maskuline Form für den Toten vermieden haben: Hic […] Postea cooperiatur corpus cum terra. Zu entziffern ist außerdem, dass der Priester und seine Assistenz weggehen. 22 Beabsichtigt waren also ausführlichere Vorschriften, wie sie dann in der Erweiterungsschicht durchgängig für Prozessionen und andere Handlungen angegeben wurden und von denen die Schreiberin offensichtlich erwartete, dass sie bei einer Bearbeitung aufgenommen werden könnten. 23 In den letzten beiden Rubriken zur Bestattung (fol. 91vb) sind solche Änderungsvorgaben dann nicht mehr nötig, denn die Hinweise auf den Medinger Konvent und den Propst sind direkt in die Anweisungen aufgenommen. Zuerst wird der conventus genannt, der gemeinsam mit dem Priester nach der Beerdigung in die Kirche zurückkehrt, in der zweiten Rubrik auch der Propst, der vor dem Altar die Antiphon ›Media vita in morte‹ anstimmt. Den längsten Teil des ›Rituale‹ nimmt die Totenvigil ein, da hier alle zu lesenden Psalmen vollständig ausgeschrieben sind. 24 97 98 99 100 101

102 103 104 105 106

Totenvigil

Lage .xvj. (= Lage 11) 22 sacerdos et ministri exeunt. Das Verb ist über die Zeile mit zusätzlichem Verweiszeichen geschrieben. Es folgte ein weiterer Satz, in dem möglicherweise angegeben wurde, was der Konvent währenddessen tun sollte. 23 Die andere Durchstreichung in dieser Lage war durch eine Gebetsdoppelung ausgelöst: ›Deus qui iustis supplicacionibus‹ ist einmal in Kurzform (fol. 89va) und, nur durch ein weiteres Gebet getrennt, einmal in Langform (fol. 89vb) niedergeschrieben; die Langform ist kreuzweise durchstrichen. Zwei kurze Rubriken vor dem wiederholten ›Libera me domine‹ merkten weitere Ausführungsbestimmungen zur Antiphon an. Unter fol. 90va eine mit Hic (oder Hi̅c) beginnende Rubrik, gefolgt von einem schwarz geschriebenen Incipit, über fol. 90vb eine mit no̅ (non oder nota?) beginnende, vollständig radierte Rubrik, die vier Wörter umfasste. 24 Zur Bedeutung der Psalmenlesungen bei der Totenvigil vgl. den Bericht über das Ableben Tilemanns von Bavenstedt in Kap. 2.2.6. Zu den Psalterlesarten des PropstHandbuchs vgl. Kap. 3.1.4.

157

3.2. Der Ursprungscodex

Da auf Rubriken mit Handlungsanweisungen gänzlich verzichtet wurde, mussten in Lage .xvj. keine Änderungen oder Korrekturen vorgenommen werden. Auch die letzte Lage .xvij. blieb vollständig, wie die Lagenzählung zeigt, die noch auf dem Falz erkennbar ist, der unter dem als Spiegel verklebten letzten Blatt liegt. Der Text endete bereits auf fol. 111vb in der Mitte der Spalte, die zweite Hälfte der Lage war zwar zweispaltig eingerichtet, wurde aber nicht beschrieben: 107 108 109 110 111

116 117 118 (119) .

–111v Totenvigil 111vb Nachtrag ›Horrendum est‹

116–119 leer 119 verklebt als Spiegel

Lage .xvij. (= Lage 12)

Im Anschluss an das Totenoffizium, das keine Musiknotation aufweist, sind auf fol. 111v noch zwei voll ausgeschriebene und notierte Gesänge eingetragen. Der erste, ›Horrendum est incidere‹, ein Versus zu dem Responsorium ›Libera me‹, 25 das in der Totenliturgie eine wichtige Funktion hatte, wurde von Hand 1 eingetragen. 26 Im ›Rituale‹ wird ›Libera me‹ zweimal als notiertes Incipit angeführt, jeweils in Verbindung mit dem häufiger überlieferten Versus ›Dies illa dies irae‹. 27 Möglicherweise bezog sich die radierte Rubrik auf fol. 90vb darauf, dass der unbekanntere Versus ›Horrendum est incidere‹ an dieser Stelle statt des ›Dies illa‹ genutzt werden sollte. Dieses Interesse an alternativen Gesängen schon bei der Anlage zeigt ebenso wie die weiteren Änderungen durch Hand 1 im ›Rituale‹, dass der Codex von Anfang an als Work in progress konzipiert war. Bereits der Ursprungscodex nahm im Prozess des Schreibens Züge eines PropstHandbuchs an, für das gezielt gesammelt und ausgewählt wurde. Diese Tendenzen werden dann in der Bearbeitung deutlich verstärkt.

Als einer von mehreren Versus zu diesem Responsorium auch in Wol 302 fol. 33v. Der Versus ist von Hand 1 ebenso sorgfältig ausgeführt wie die Gesänge im ersten Teil des Handbuchs, u.a. mit Liqueszenzen. Zum zweiten Gesang vgl. Kap. 3.3.4. 27 Während des Begräbnisses fol. 90vb; für das letzte Responsorium der Matutin im Totenoffizium fol. 108rb. 25 26

158

3. Das Propst-Handbuch als Codex

3.3. Die Bearbeitung Der Ursprungscodex zeigt einen deutlich regionalen Charakter in der Zusammenstellung der Texte für den Gebrauch in einem Frauenkonvent, im Zugrundelegen der Verdener Diözesanordnung, der Art des Buchschmucks und der Musiknotation. In der Bearbeitung werden diese Elemente verstärkt, durch medingen-spezifische Erweiterungen elaboriert und durch Besitzeintrag und Rubriken, die auf die Zisterziensergewohnheiten und die spezielle Rolle des Propstes eingehen, verdeutlicht. Dieser Prozess ist tiefgreifend: 48 von den 118 nummerierten Blättern des Propst-Handbuchs sind neu in den Ursprungscodex eingefügt; von den alten Blättern bleibt so gut wie keines unberührt von Korrekturen. 1 Die Überarbeitungsschicht ergänzt, ohne eigene Lagen- oder Blattzählung, wo und wie es die Erweiterung erfordert, den Altbestand durch Einzel- und Doppelblätter, die meist über einen Falz mit den alten Blättern verklebt werden. Die wichtigste Ergänzung bildet die Liturgie von der Osternachtfeier bis zu den Bitt-Tagen im Anschluss an die Benediktionen des Ursprungscodex. Für den Einschub wird die alte Lage .xiij. aufgeschnitten und kunstvoll mit ergänzten Einzelblättern zu neuen Lagen verbunden. Dazwischen wird eine Quaternione aus drei neuen Doppelblättern und einem alten Lageninnenblatt zusammengesetzt 2 und eine neue Quinione eingefügt. Auch für die Fastenzeit ist eine zusätzliche Quaternione hinzugekommen. Die Lagen werden in den folgenden Unterkapiteln als Grundlage für die Analyse der Bearbeitung genommen und zusammen mit wichtigen Charakteristika wie der Höllenfahrt-Initiale und der Schreibform der niederdeutschen Statuten besprochen. 3.3.1.

Weihnachten, Mariä Reinigung und Fastenzeit

Weihnachten, das erste Fest des Propst-Handbuchs, war im Ursprungscodex nicht enthalten und ist vor Mariä Reinigung an den Beginn des Bandes eingeschoben. 3 Von dem vorhergehenden Kollektar wurde nur die vorletzte Seite, die im Lagenverbund mit Gebeten für Mariä Reinigung stand, als Spiegel beibehalten. Dazu wurde ein neues Anfangsblatt auf den Falz von fol. 6 geklebt und ein zusätzliches Doppelblatt, dessen vorderes Blatt (fol. 2) auf eine Spalte zugeschnitten ist, um das alte Lageninnenblatt gelegt. Dieser Lagenumbau am Anfang des neukonstituierten Codex weist darauf hin, dass die Schreiberinnen des Ursprungscodex und der Erweiterungsschicht Zu den sechs Pergamentstreifen aus einer liturgischen Handschrift, die als Bindemakulatur unter dem Spiegel verklebt wurden vgl. Kap. 3.4.1. zum Einband. 2 Vgl. Kap. 3.2.2. zur Frage, ob fol. 56–57 zu Lage .x. oder .xj. gehörte. 3 Vgl. Kap. 3.2.1. zu dem ursprünglich die ersten Lagen einnehmenden Kollektar. 1

159

3.3. Die Bearbeitung

eng zusammenarbeiteten oder dass die Prozesse sogar ineinandergriffen, denn die Initialen des alten fol. 6r liegen über dem angeklebten Falz zum neuen fol. 1. Da die Initialen gewöhnlich in einem zweiten Arbeitsgang nach dem Schreiben eingetragen werden und zudem das helle Rot der ersten Initiale auf die Hand 1 hinweist, dürfte das Einfügen der Zierbuchstaben erst erfolgt sein, als schon der Plan gefasst war, den Codex in das gegenwärtige Medinger Propst-Handbuch zu verwandeln. Möglicherweise fing die Schreiberin des Ursprungscodex mit dem Umbau der Handschrift durch die Abtrennung des Kollektars und die Präparierung der ersten Lage für die Ergänzung an. Die entscheidende Rolle bei der Ausgestaltung des Bandes fällt dann der Hand 2 zu, die den definierenden Besitzeintrag 4 schrieb und das gesamte weitere Programm koordinierte. In diese Phase der Präparierung des Codex für Medingen könnten auch die Initialen B V. gehören, die mit bräunlicher Tinte sehr klein am oberen Rand von fol. 1r zwischen den Spaltenbegrenzungslinien eingetragen sind. 5 Vielleicht sollte das auch im Besitzeintrag angesprochene Patrozinium der Beata Virgo Maria mit Schmuckinitialen markiert werden, denn unter der historisierten Initiale zur Antiphon ›Cum rex gloriae‹ ist eine ähnliche Initialmarkierung vorgezeichnet. 6 i i 1r 1v 2 3

1 2 3

4

›Kollektar‹ (Spiegel) Besitzeintrag Weihnachten (direkte Fortsetzung) halbes Blatt ra Zusatz Mariä Reinigung rb alter Beginn Mariä Reinigung

= Blätter des Ursprungscodex = Blätter der Überarbeitungsschicht

5 6

7 8 9 Mariä Reinigung 4 (direkte Fortsetzung) 5 eingeschobene Gebete 6 (Fortsetzung von 4) 7 (direkte Fortsetzung) 8–9 zusätzliche Gebete

Lage 1

Makulaturpergamentstreifen unter dem Spiegelblatt verbunden

Die zweite Lage ist aus drei alten Einzelblättern der Lagen .x. 7 und .xj. 8, zwei neuen Doppelblättern und fünf neuen Einzelblättern, die mit den alten Blättern über die Falze verklebt sind, zusammengesetzt. Zum Besitzeintrag und zur Namensform Meding vgl. Kap. 1. Mit ähnlich dünnem Federstrich wurde auf fol. 1v noch ein rätselhafter Eintrag geschrieben, der mit einer con-Kürzel oder g beginnt. 6 Vgl. Kap. 3.3.2. zur Thematik der historisierten Initiale. 7 Das Anfangsblatt der Lage .x. (Lagenzählung auf dem Gegenblatt fol. 13vb) wurde auf einen Falz zurückgeschnitten, umgeklappt und mit fol. 19 und dessen Falz zu einem Doppelblatt verklebt. 8 Fol. 15 und 16 mit einer quer über die Seite geschriebenen Präfation; das Ende der Lagenzählung [.x]j. ist auf dem Falz zu fol. 15 erkennbar, vgl. Kap. 3.2.2. 4 5

160

3. Das Propst-Handbuch als Codex 10 11 12 13 14 15 16

10–11va Mariä Reinigung 11vb Aschermittwoch, Mariä Verkündigung 12rb Rubrik für Palmsonntag ab 12va Palmsonntag 13,15,16 (direkte Fortsetzung) 14 zusätzliche Gebete

17 18 19

20 21

17– Palmsonntag

Lage 2 (10–21): Neue Lage mit drei alten Einzelblättern aus Lage .x. und .xj.

Die ersten drei neuen Blätter enthalten zusätzliche Gesänge für eine Prozession an Mariä Reinigung unter Beteiligung des Chores, der u. a. die elaborierte Antiphon ›Responsum accepit‹ 9 und den Gesang mit der höchsten Melodieführung der Handschrift, das Responsorium ›Gaude Maria‹, enthält. 10 Neu hinzugekommen sind eine Anweisung für den Propst, an Aschermittwoch auf den Nonnenchor zu gehen, und die vollständig ausgeschriebene Antiphon ›Haec est dies‹ für Mariä Verkündigung (25.3.). 11 Auf der letzten Zeile von fol. 12r beginnt Palmsonntag; die Rubrik und das erste Gebet sind so geschickt komprimiert, dass das Segensgebet ›Exorcizo te, creatura florum‹ nahtlos von dem Beginn auf dem neuen Blatt fol. 12vb zum Schluss auf dem alten Blatt fol. 13ra übergeht. Auf der Rückseite ist der Text ab der zweiten Hälfte von fol. 13va radiert. Dort standen ursprünglich eine Rubrik und der Beginn der Präfation für Palmsonntag, die auf fol. 15r fortgesetzt wird. 12 Die Rubrik mit der Angabe zur Vortragsweise im Präfationsstil (Hic sacerdos mutabit vocem in modum prefacionis) und der Beginn wurden auf das neue Blatt fol. 14, beginnend mit dem Ende der zweiten Spalte, kopiert und der neu geschaffene Freiraum für ein zusätzliches Gebet genutzt. 13 Noch kleinteiliger ist die Korrektur an einer späteren Stelle des Palmsonntags vorgenommen. Das Initial-D für das Gebet Deus qui filium tuum (fol. 16va) ist von der zweiten Hand (silbriges Rot) aus einem Initial-O der ersten Hand (helles Rot) verbessert, indem einfach zwei Striche nach links ausgezogen sind. Der Rest der Seite ist von hier ab über Rasur geschrieben; Vgl. Kap. 2.2.3. zu den nach der Verdener Ordnung ausgezierten Schlussnoten. Vgl. Kap. 3.1.3. zur Notierung mit G-Schlüssel. 11 Vgl. Kap. 2.4.2. zur Bedeutung der Antiphon für die Medinger Nonnen und Kap. 2.2.3. zur Übereinstimmung der Segensgebete mit dem Zisterzienser-Normcodex. 12 Fol. 15 und 16 folgten ursprünglich als erste Blätter der Lage .xj. nahtlos auf fol. 13, das ursprünglich letzte Blatt der Lage .x., vgl. Kap. 3.2.2. 13 ›Omnipotens sempiterne deus, flos mundi‹, u.a. im Meißener Benedictionale, vgl. PASIG, Johannes VI. S. 242; von der Rubrik noch Rotspuren vor der radierten P-Initiale erkennbar. 9

10

161

3.3. Die Bearbeitung

von dem darunter liegenden Text sind nur noch Spuren von Rubrizierung erkennbar. Der Text geht auf fol. 17ra auf einem neu eingefügten Blatt weiter, das mit fol. 16 zu einem neuen Lageninnenblatt verklebt ist. Die dritte Lage ist eine vollständig neues Quaternione. 22 23 24 25 –25vb Palmsonntag 25vb–26va Gründonnerstag

26 27 28 29 26va–29ra Karfreitag 29rb– Karsamstag

Lage 3 (22–29): neue Quaternione

Der Anfang der Lage schließt den Palmsonntag ab, wobei das letzte neue Textstück wieder, wie bei Mariä Reinigung, eine Benediktion aus der zisterziensischen Tradition ist, die sich an das Segensgebet nach der Diözesanordnung anschließt. 14 In den folgenden Abschnitten zu Gründonnerstag und Karfreitag geht es wie an Aschermittwoch in besonderer Weise um die Interaktion des Propstes mit dem Konvent. 15 Der Beginn des Karsamstags auf dem letzten Blatt der neuen Lage ist sehr gedrängt geschrieben, da der Anschluss an die nächste Lage erreicht werden sollte, die als ganze aus dem Ursprungscodex übernommen ist: 30 31 32 33 34

35 36 37 38 39

Karsamstag 31rb Rubrik zum ›Exsultet‹

Lage 4 (30–39): alte Quinione, Lagenzählung .xij.

Ursprünglich begann die Lage wohl mit der Rubrik für den Karsamstag, wie die I-Initiale und die Rotspuren unter fol. 30ra zeigen, aber der Platz wurde mit dem Ende des auf fol. 29va begonnenen Gebets überschrieben. Der zweite Eingriff ist die Änderung der Rubrik für das ›Exsultet‹, in der der Gesang dem Propst statt dem Diakon zugewiesen wird. Im Ursprungscodex begann mitten in der folgenden Lage 5 auf einer Verso-Seite das ›Rituale‹, das im Propst-Handbuch erst nach den Zusätzen für weitere Feste folgen sollte. Daher wurden die letzten drei Blätter der Lage abgetrennt und durch neue Blätter ersetzt; auf das erste wurde auf die Vorderseite der Schluss des Karsamstags aus dem Ursprungscodex kopiert und auf der Rückseite die Osternacht begonnen. Dazwischen wurde am 14 15

›Omnipotens sempiterne redemptor‹, vgl. Kap. 2.2.3. Vgl. zu Karfreitag die Diskussion der Abläufe in Kap. 2.2.5.

162

3. Das Propst-Handbuch als Codex

unteren Rand von fol. 47r für den Propst noch vermerkt, dass die Nonnen die Litanei nach dem Zisterzienser-Ritus singen, worauf die Vigilmesse mit Kurzvesper folgt. Dann sollte feierlich geläutet werden. 16 40 41 42 43 44

45 46 47 48 49

–47r Karsamstag 47v–49 Osternacht Historisierte Initiale ›Cum rex gloriae‹

Lage 5 (fol. 40–49): alte Quinione, 47–49 ersetzt, Lagenzählung [.xi]ij.

Damit beginnt die Ostererweiterung, die den längsten zusammenhängenden Textblock der Bearbeitung bildet. 3.3.2.

Höllenfahrt-Initiale und Osterfest

Osternacht mit Auferstehungsfeier und Ostersonntag umfassen fast drei komplette neue Lagen. Die Bedeutung dieses Teils ist durch die einzige figürliche Darstellung des Bandes hervorgehoben, die historisierte Initiale mit der Höllenfahrt Christi.

Historisierte Initiale zum ›Cum rex gloriae‹ (Abb. 15) Christus befreit Adam und Eva aus der Vorhölle fol. 47vb

Die in das Rund des Buchstabens eingepasste Szene ist eine direkte Umsetzung des Canticum triumphale ›Cum rex gloriae‹, der zentralen ProzessionsAntiphon für Ostern, in der geschildert wird, wie Christus die Hölle 16 Zum Gesang der Nonnen vgl. Kap. 2.3.3. Auf den kopierten Schluss der Taufwasserweihe sollte eine Rubrik zur Chrismation folgen, von der nur die ersten beide Worte Deinde mittat notiert sind. Der Rest fehlt, wie die Marginalie de crismate vacat vermerkt.

3.3. Die Bearbeitung

163

debellaturus (»um sie niederzukämpfen«) betritt – hier ganz buchstäblich mit dem auf den Höllenrachen gestellten Fuß Christi ins Bild umgesetzt. 17 Christus hält in der einen Hand die Siegesfahne und zieht mit der anderen Adam aus dem Schlund, dem Eva mit flehend erhobenen Händen folgt. Sie stehen stellvertretend für den populus der bis dahin »im Tode gefangenen« Vorväter, die den Gesang, der den zweiten Teil der Antiphon enthält, mit dem Ruf Advenisti desiderabilis (»Gekommen bist du, Ersehnter«) anstimmen. Dieser Willkommensgruß wird zu einer Art Medinger Signaltext für die österliche Festzeit und ist die am häufigsten zitierte und adaptierte Wendung der Oster-Liturgie in den Orationalien. 18 Die Form des akklamierenden Gesangs des populus bildet gleichzeitig die Brücke zu den zu Ostern mehrfach verzeichneten Leisen der Gemeinde. 19 Der Initialtyp orientiert sich formal an dem, was als Auszeichnungsform in dem alten Teil der Handschrift eingesetzt wurde. 20 Auch ikonographisch finden sich enge Parallelen in Medingen. Am nächsten kommt dem PropstHandbuch eine Bas-de-page-Darstellung in BE1 zu Psalm 110, in dem von der befreienden Kraft Gottes die Rede ist.

BE1 fol. 177r Höllenfahrt Christi mit Advenisti desiderabilis

Typisch für die Medinger Miniaturen ist »die charakteristische Bildformel für den im Profil wiedergegebenen, weit geöffneten Höllenrachen mit sei-

Zur ikonographischen Tradition vgl. LOERKE, Höllenfahrt Christi. LÄHNEMANN, Bilingual devotion S. 325. Zur Osternachtfeier in Medingen vgl. LIPPHARDT, Liturgische Funktion S. 185–187. HASCHER-BURGER, Verborgene Klänge S. 199 Register Cum rex Christus glorie, Cum rex glorie und Dum rex glorie sowie S. 196 Advenisti desiderabilis. Zum Advenisti-Ruf in Medinger Andachtsbüchern vgl. auch LÄHNEMANN, Per organa S. 406–409 mit Anm. 22. 19 Zur theologischen Begründung für den Leisen-Gesang der Laien und die Einbindung des ›Christ ist erstanden‹ als Antwortgesang vgl. Kap. 2.5.2. 20 Der Körper der blau-rot gespaltenen Initiale mit aufwändigem Fleuronnée stimmt bis in die Form der kleeblattartigen blauen Einbuchtung innerhalb der roten Verdickung des Schafts an der linken Seite mit der Exsultet-Initiale überein vgl. Kap. 3.1.2. 17 18

164

3. Das Propst-Handbuch als Codex

ner bedrohlich wirkenden Zahnreihe« 21 und die Verbindung mit dem ›Carmen triumphale‹, die sich in dem Zitat auf dem Spruchband Adams im Psalter zeigt, das aus der Antiphon entnommen ist: Advenisti desiderabilis, quem exspectabamus in tenebris. Qui iacuisti mortuis. Auch die Frage des kleinen, hinter dem Höllenrachen versteckten Teufels ist der Auferstehungsfeier entnommen: Quis est iste rex glorie? Im Oster-Orationale HV1 ist die Höllenfahrt eine von drei Miniaturen, von denen die anderen die Auferstehung und die Erscheinung vor Maria Magdalena darstellen. 22 In HV2 ist sie als Marginalillustration dem ›Cum rex gloriae‹ zugeordnet. 23 Noch häufiger als in Medingen begegnet die Bildformel in Wienhausen, dem Kloster, aus dem die Nonnen kamen, die 1479 die Reform durchführten, 24 so dass die Auswahl gerade dieses Themas für die bildliche Ausstattung des Propst-Handbuchs nicht erstaunlich ist. Der Ostersonntag selbst beginnt auf fol. 49rb mit einer spaltenlangen Rubrik, in der die Form der folgenden Sequenz ›Laudes salvatori‹ theologisch begründet wird. 25 50 51 52 53

54 55 56 57

Ostersonntag 53–55 Benediktionen

Lage 6 (fol. 50–57): neue Quaternione mit altem Lageninnenblatt

Die Sequenz mit den volkssprachigen Repetitiones geht über den Lagenwechsel hinüber und nimmt auch die ersten drei Blätter der folgenden Lage ein. Die sich unmittelbar anschließenden ebenfalls mit deutschen Repetitiones gesungenen Strophen ›Iam pascha nostrum‹ und ›O vere digna hostia‹ 26 erstrecken sich noch auf die ersten vier Zeilen von fol. 53ra; da es BRAUN-NIEHR, Psalterium, die eine Psalterhandschrift mit Vita-Christi-Zyklus der thüringisch-sächsischen Malerschule als Vorbild postuliert, ähnlich der HöllenfahrtMiniatur des Psalters Wien 2595 fol. 156r (~1280/90 in Magdeburg). 22 HV1 S. 140, Abbildung in HÄRTEL/EKOWSKI, Handschriften S. 74; UHDE-STAHL, Figürliche Buchmalereien S. 33, Nr. 8. 23 HV2 S. 42, Abbildung in HÄRTEL/EKOWSKI, Handschriften S. 74 und 66, und bei UHDE-STAHL, Figürliche Buchmalereien S. 33, Nr. 8 und S. 44, Nr. 27. 24 Liste der Wienhäuser Darstellungen bei LOERKE, Höllenfahrt Christi S. 189. Dort findet sich die Höllenfahrt in den Deckenmalereien im Nonnenchor um 1330, auf der um 1380 geschnitzten Ewig-Licht-Ampel, als Kreuzgangsfenster, auf einer Miniatur vom Nonnenchor (Abbildung in APPUHN, Fund vom Nonnenchor S. 28, vgl. auch KOCH, Adam erschaffen und erlöst S. 19 und 34) und auf dem Heilig-Grab-Schrein von der Mitte des 15. Jahrhunderts. 25 Vgl. Kap. 2.5.2. zur Verbindung der musikalischen Teile. 26 Beide Strophen gehören zum Osterhymnus ›Ad cenam agni‹ (Cantus-ID 008249). 21

165

3.3. Die Bearbeitung

sich hier um ein Lageninnenblatt des Ursprungscodex handelt, sind diese Zeilen, die ursprünglich eine Rubrik enthielten, radiert und überschrieben. Die Benediktionen dieses alten Blattes werden auf dem folgenden Blatt fortgesetzt. Der Rest der sechsten Lage enthält weitere Gesänge, die durchgängig niederdeutsche Repetitiones in der Art von Refrains aufweisen. 27 Die Antiphon ›Regina caeli laetare‹, mit der der Ostersonntag abschließt, wird auf dem ersten Blatt der nächsten Lage fortgesetzt. 3.3.3.

Bitt-Tage und weitere Festeinträge

In der siebten Lage folgen zahlreiche kurze Einträge für weitere Feste nach Ostern, die das Medinger Profil zeigen. So wird die verstärkte Marienverehrung der Zisterzienserinnen ebenso deutlich wie die wichtige Stellung des Klosterheiligen Mauritius. 28 58 59 60 61 62 –58rb Ostersonntag 58va Bitt-Tage 58va Himmelfahrt

63 64 65 66 67 64rb Fronleichnam 64rb Mariä Heimsuchung 64va Mariä Himmelfahrt 65va Mauritius 66va Bitt-Tage (Nachtrag)

Lage 7 (fol. 58–67): neue Quinione

Die komprimierte Form der Aufzeichnung ist nur dadurch möglich, dass an mehreren Stellen auf die vollständige Wiedergabe von Stücken verzichtet wird und die Gesänge auf Incipits reduziert werden, die dann auch höchstens mit linienloser Notation ausgeführt sind. Dafür wird teilweise auf andere Stellen im Codex verwiesen. So ist ein Blattweiser an fol. 66 auf der Höhe des Paragraphenzeichens auf der Verso-Seite angebracht (Abb. 17). Hier beginnt die Prozession an Bitt-Tagen, auf die schon bei der ersten Erwähnung der Bitt-Tage (fol. 58va) Bezug genommen wurde. Der andere erhaltene Blattweiser aus rotem Leder findet sich an fol. 81 zu Beginn der Bestattungsliturgie auf der Versoseite, ebenfalls mit einem rotem Paragraphenzeichen verbunden. An mehreren weiteren Stellen finden sich Klebespuren von verlorenen oder abgenommenen Blattweisern. 29 Vgl. den Überblick über die notierten Gesänge 7.2. Für einen Überblick über die Feste und zum Medinger Heiligenhimmel vgl. Kap. 2.2.4. Zu dem Mauritius-Responsorium ›Sanctus Mauricius legionem sanctam‹ (fol. 65v) und seinem Versus ›Viri fortes in armis‹ konnte bisher keine Parallelüberlieferung gefunden werden, so dass es möglicherweise zum Eigengut des Klosters gehörte. 29 Auf fol. 31 sollte wohl auf die Prozessionshymne ›Inventor rutilis‹ (fol. 31rb) verwiesen werden, die auch für andere Prozessionen benötigt wurde; auf fol. 39r findet sich die Markierung neben der voll notierten Schlussformel Per dominum nostrum, die auch für 27 28

166

3. Das Propst-Handbuch als Codex 68 69 70 71

–70va Bitt-Tage (Nachtrag) 70vb–72 leere, linierte Seiten

72 73 74 75

73r radiert (Text auf 47r transferiert) 73v- Krankensalbung

Lage 8 (fol. 68–75): neue Quaternione mit drei alten Einzelblättern, Lagenzählung .xi[ij.]

Die Anweisungen zu den Prozessionen an den Bitt-Tagen gehen nahtlos auf der achten Lage weiter. Mit dieser Lage münden die Ergänzungsteile des Propst-Handbuchs wieder in den Ursprungscodex ein, denn die letzten drei Blätter sind der hintere Teil der zerschnittenen Lage .xiij. und enthalten den Beginn des ›Rituale‹. 3.3.4.

Das ›Rituale‹

Das ›Rituale‹ ist komplett aus dem Ursprungscodex übernommen und nur durch kleinere Rasuren und Korrekturen adaptiert, 30 mit denen in den Rubriken die Rolle des Propstes stärker profiliert und das ›Rituale‹ an die Prinzipien der Klosterreform angepasst wird. Der einzige wirkliche Zusatz begegnet in der neunten Lage. Hier ist ein kleines Blatt (fol. 82) mit einem weiteren Gebet eingenäht. Der Pergamentstreifen ist so positioniert, dass der gesamte darunter liegende Text lesbar bleibt. Diese Nähtechnik berührt sich mit der Praxis der Andachtsbücher, Flicken aus Gaze oder Papier zum Schutz von Initialen einzunähen. 31 Solche eingenähten Zusätze sind auch andernorts bekannt, aber in Medingen ist die Technik besonders häufig und in verschiedenen Handschriftentypen angewandt. andere Gesänge genutzt werden konnte; auf fol. 53 war sie auf Höhe des Weihegebets für Lamm und anderes Fleisch an Ostern (fol. 53ra) angebracht; auf fol. 105 sollte der inzwischen verlorene Blattweiser wohl das Responsorium ›Libera me domine‹, das auf fol. 105rb auf der Höhe des Abdrucks des ehemaligen Blattweisers beginnt, auffindbar machen, da dessen Initium schon zweifach vorher zitiert, aber nicht ausgeführt war. 30 Vgl. Kap. 3.1.1. zu den Interpunktions- und Notationszusätzen der zweiten Hand, etwa zu dem mit Kantillationszeichen neu versehenen Johannesprolog. 31 Solche eingenähten Flicken haben sich u. a. in HH6, O1, CA3, HH4, L1, L2, T1 und T2 erhalten. Ein winkelförmiges Stück Papier ist in O1 auf fol. 200v so über die SInitiale und ihr nach unten auslaufendes Fleuronnée genäht, dass die Stiche die Stichpunkte nutzen, die zur Linierung mit dem Zirkel gestochen wurden. Mit Dank an Wiebke Haase und Tanja Weißgraf für ihre Erläuterungen zu den Nähtechniken des späten 15. Jahrhunderts. Schemazeichnungen zu den verschiedenen Stichen vgl. Katalogteil in KLACK-EITZEN / HAASE / WEISSGRAF, Heilige Röcke. Auch das aus Medingen erhaltene ›Wichmannsburger Antependium‹ ist nicht gewirkt oder im Klosterstich gearbeitet, sondern in Patchworktechnik mit Pergament- und Stoffstücken besetzt, vgl. LÄHNEMANN, Wichmannsburger Antependium S. 20.

167

3.3. Die Bearbeitung 76 77 78 79 80 82 81 83 84 85 86 –81va (+82) Krankensalbung

81va Bestattung

82 ist auf 81rb eingenäht

Lage 9 (fol. 76–86): alte Quinione mit neuem Zusatzblatt, Lagenzählung .xiiij.

Es lässt sich beobachten, wie bei der Übernahme des ›Rituale‹ Text und Rubriken noch stärker auf die spezifische Situation des Klosters Medingen hin formuliert werden. 87 88 89 90 91

92 93 94 95 96

Lage 10 (fol. 87–96): alte Quinione, Lagenzählung .xv.

Das wird daran deutlich, dass auf fol. 88ra die von der ersten Hand vorgeschlagene Ergänzung der Bestattung um die Aktionen der Priester und seiner Assistenz nicht angenommen wurde. 32 Der Grund dafür, dass dieser Änderungsvorschlag der ersten Hand nicht umgesetzt, sondern wieder radiert wurde, lässt sich am Anfang der Bestattung (fol. 81va) fassen: Hand 2 passte hier die Rubrik an die Situation nach der Reform mit den strikten Klausurbestimmungen an. Die Bestattung der Nonnen war eine zentrale und wichtige Handlung für den Propst und ist durch Blattweiser und Paragraphenzeichen als Schlüsseltext hervorgehoben. Das Ritual fand nach der im Chorraum gefeierten Messe statt (Conmendaciones mortuorum post missam fol. 81va) und spielte sich vollständig in der Klausur ab, also in einem Bereich des Klosters, der anderen Klerikern verwehrt war. 33 Der notierte Beginn des Responsoriums ›Absolve, domine‹ (fol. 81va), das im Wechsel von Cantor und Priester gesungen wurde, wird wie der anschließende Wechselgesang ›Deus eternae‹ radiert. Beide Gesänge werden durch ein schlichtes Oremus des Propstes ersetzt. 34 Statt einer Gruppe von singenden Klerikern führt hier Vgl. Kap. 3.2.3. zu den von der ersten Hand vorgeschlagenen Änderungen. Vgl. Kap. 2.3.1. zu den Klausurbestimmungen für den Konvent. 34 Das Oremus ist, wie bei Hand 2 üblich, schwarz und nicht wie bei der ersten Hand als Rubrik geschrieben, außerdem mit der sonst nur von der zweiten Schreiberin benutzten linienlosen Notation. 32 33

168

3. Das Propst-Handbuch als Codex

also der Propst allein das Ritual durch. 35 Nach dieser Anempfehlung auf dem Nonnenchor oder in der Zelle der verstorbenen Schwester wird die Leiche mit der Antiphon ›Aperite illi portas iusticiae‹ »aufgehoben und zum Grab getragen«, das für die Nonnen innerhalb des Kreuzgangs lag. 36 Den längsten Teil des ›Rituale‹ nimmt die Totenvigil ein. Bei dem festgelegten Pensum aus Antiphonen, Psalmen, biblischen Lesungen und Responsorien gab es weder Anlass noch Möglichkeit, diesen Teil Medingenspezifisch zu verändern. 97 98 99 100 101

102 103 104 105 106

Totenvigil

Lage 11 (fol. 97–106): alte Quinione, Lagenzählung .xvj.

Trotzdem verraten Korrekturen, dass die zweite Hand den Bestand systematisch durchgesehen haben muss. So werden die fehlenden Fragezeichen in Ps 6, Ps 7 und den Iob-Lesungen auf fol. 95 mit Feder aus Punkten ergänzt, ein Zäsur-Punkt wird im langen Vers Iob 17:12 in einen punctus flexus verwandelt und am Ende der Lesung 9 (Iob 19:27, fol. 105rb) werden über mea ein linienloses Melisma und über sino eine Virga nachgetragen. Bei dem auf die neunte Lesung folgenden Responsorium ›Libera me domine‹ war ein roter Blattweiser angebracht, um zwischen dem Ritus der Bestattung und der notierten Version auf fol. 83rb hin- und herwechseln zu können. Daran zeigt sich, dass die Bearbeiterin des Propst-Handbuchs eine umfassende Überarbeitung anstrebte, die den Text so für den Propst erschloss, dass es nicht nur ein Nachschlagewerk bildete, sondern in der Kirche und am Sterbebett eingesetzt werden konnte. Das wird auch an den Gebeten und Gesängen auf fol. 111vb deutlich. 35 Die analoge Situation des Responsoriums zu ›Libera me domine‹ (fol. 90vb), das ebenfalls einen Wechselgesang von Cantor und Priester vorsieht, ist dagegen nicht radiert, wohl aber die von der ersten Hand eingetragenen zusätzlichen kurzen Rubriken, die diesem notierten Gesang vorausgehen, vgl. Kap. 3.2.4. Wenn die konjizierte Lesart no̅ cantores sed virgines (fol. 90vb) korrekt ist, hätten vielleicht die Nonnen die Kantorenrolle übernehmen sollen und die Antiphon wäre deswegen nicht gestrichen worden. 36 leuetur corpus et deportetur ad sepulchrum cum antiphona, vgl. Kap. 2.2.2. zu den verschiedenen Klosterbereichen in Medingen. Diese Umarbeitung für den Propst als einzelnen Zelebranten ist insofern nicht ganz konsequent durchgeführt, da im Gebet ›Piae recordationis‹ (fol. 85ra) die Anrede an die Mitzelebranten als fratres karissimi stehen blieb, wohl weil eine direkte Text- und nicht nur Grammatikänderung innerhalb eines Gebets problematischer war.

3.3. Die Bearbeitung

169

Die Totenvigil – und damit der Codex – schloss ursprünglich mit drei Gebeten, die für die besonderen Anlässe des Klostergedenkens stehen: ein Fürbittgebet für einen verstorbenen Priester (Pro sacerdote), wie es von den Nonnen etwa während der Totenvigil für Tilemann von Bavenstedt gesprochen worden sein könnte, 37 eines für den Jahrestag des Todes (in anniuersario) und schließlich eines »für Brüder und Schwestern«, was in diesem Fall wohl alle Mitglieder der Klostergemeinschaft, ob Nonnen oder Konversen, meint. Während die Ergänzung ›Horrendum est‹ schon von Hand 1 eingetragen wurde, ist der zweite Zusatz, ›Oremus pro invicem‹, erst nach der Erweiterung hinzugekommen. Es ist ein singulär überlieferter Gesang, dessen Gattung nicht genau zu bestimmen ist, 38 dessen Inhalt aber offensichtlich an das Schlussgebet für die verstorbenen Brüder und Schwestern anknüpft und die Mitglieder der Klostergemeinschaft auffordert, füreinander zu beten (»Lasst uns füreinander beten, auf dass wir gerettet werden, denn die eifrige Fürbitte des Gerechten richtet viel aus«). Die Notation zeigt in den geraden Virga-Strichen und in dem zum Punkt reduzierten F-Schlüssel unter dem C-Schlüssel Ähnlichkeiten zur zweiten Hand, wirkt aber weit weniger formal und direkt krakelig. 39 Die mit der freien Hand gezogenen Notenlinien könnten darauf hindeuten, dass der Gesang zwar von der Bearbeiterin eintragen wurde, aber erst nach dem Binden der Handschrift, so dass das Pergament nicht plan lag. Der Gesang zeigt im melodischen Verlauf des Initiums Oremus Einfluss westfränkischer Melodiebildung, während aus niedersächsischen Klöstern im Allgemeinen Melodien ostfränkischer Prägung überliefert sind. Kennzeichnend dafür ist die Melodieformel über Oremus: im ostfränkischen Kontext würde man hier keinen Sekundschritt a-b-a, sondern einen Terzsprung a-c-a erwarten.

›Oremus pro invicem‹ (fol. 111vb), Zusatzgesang zur Totenvigil Vgl. zu dem Bericht über das Ableben des Propstes Kap. 2.2.6. Der Gesang ist sonst nicht in der niedersächsischen Musiküberlieferung bezeugt. Es könnte sich um ein Invitatorium handeln, da das angehängte, durch eine weitere einfache Tinteninitiale vom ersten Teil des Gesangs abgehobene Venite der Anfang von Ps 94 sein könnte, allerdings wären dann Psalmbeginn und Antiphon melodisch identisch. Das ist wenig wahrscheinlich, obwohl die Psalmmelodie des Invitatoriums nicht immer einem der acht Modi der Psalmodie entspricht, vgl. HILEY, Western Plainchant S. 66–68, 99–100. Selbst wenn der Gesang ein Responsorium wäre, dessen Versus ›Venite‹ nur mit einem Incipit angegeben ist, sollte der Versus eigentlich melodisch nicht mit dem Responsorium identisch sein. 39 Die Rubrizierung, für die eine Zeile freigelassen wurde, fehlt und die Initialen sind direkt im Prozess des Schreibens in schwarzer Tinte eingetragen. 37 38

170

3. Das Propst-Handbuch als Codex

Diese Melodieformel, geographisch links des Rheins zu verankern, wurde also wohl deswegen noch zu einem Zeitpunkt, als die Textkonstitution eigentlich schon abgeschlossen war, eingetragen, weil die Form unvertraut war. Gerade deshalb dürfte es der Bearbeiterin wichtig gewesen sein, diesen programmatischen Gesang über die Wirkung der Fürbitte festzuhalten. 3.3.5.

Konversen-Statuten und Oblationsordnung

Die Gebete der Totenvigil wurden samt den Zusätzen vor der Mitte der letzten Lage abgeschlossen, so dass es bindetechnisch leicht möglich war, in die vollständig übernommene Lage .xvij. weitere Doppelblätter einzufügen. Die Übereinstimmung der Binione fol. 112–115 in Seiten- und Schriftspiegelbreite weist darauf hin, dass sie für diesen Band konzipiert ist, obwohl die Einrichtung vom Layout des Ursprungscodex und der Erweiterungen abweicht. Die Blätter sind einspaltig als reine Textseiten mit 23 Zeilen angelegt, auch wenn in die Oblationsordnung doch zwei Zeilen Musiknotation für die Stücke, die der Propst anstimmen musste, eingefügt sind. Beide Antiphonen waren überaus bekannt und wurden zu mehreren Gelegenheiten im kirchlichen Jahreszyklus gesungen. 40

Incipit zur Antiphon ›Alma redemptoris mater‹ auf vier Notenlinien mit C-Schlüssel, darunter der Beginn der radierten Rubrik zur Oblation, fol. 114v (Abb. 19)

Die Hand der Erweiterungsschicht schreibt also auch die sich direkt an die Konversen-Statuten (Abb. 18) anschließende Oblationsordnung (Abb. 19), 41 die sich dann noch auf ein ehemals leeres Blatt des Ursprungscodex erstreckt und so die verschiedenen Handschriftenteile verbindet. Offensichtlich wurde die gesamte Erweiterung einschließlich der in Bastarda einge40 Kustoden fehlen, da nur jeweils eine Zeile aufgeschrieben wurde. Zu Beginn der Antiphon ›Alma redemptoris‹ gibt ein C-Schlüssel die Tonhöhe an, bei ›Veni sancte spiritus‹ fehlen Schlüssel. ›Alma redemptoris‹ ist im Propst-Handbuch auch an zwei weiteren Stellen anzitiert (fol. 64v, 66rb), ›Veni sancte spiritus‹ wird nur hier aufgeführt. 41 Gleich gestaltet sind, neben dem generellen Duktus, die zweifach durchstrichenen tironischen et-Kürzel, das schwarze Oremus mit rotem Strich, die Schreibung der extrem gekürzten Schlusswendung für das Gebet (vgl. fol. 115v, 11. Zeile mit fol. 47r). Auch die Musiknotation in den sorgfältig geschriebenen Incipits zeigt die gerade Form der Virgen der zweiten Hand.

171

3.3. Die Bearbeitung

tragenen Statuten gezielt für den Band in Auftrag gegeben. Dabei blieb die Schreiberin nicht bei der einfachen Abschrift, sondern bearbeitete ihren eigenen Text gründlich, etwa bei der Änderung des Oblationsakts. 42 Während die Hand 1 im Ursprungscodex Änderungen durch Randeinträge und Textdurchstreichungen vorschlug, griff die Hand 2 durch Rasur und Überschreiben irreversibel in den Text ein. 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 –111v Totenvigil 111vb Nachtrag ›Oremus‹ 112–114r Konversen-Statuten

114v–116r Oblationsordnung 116v–119 leer radiert

Lage 12 (fol. 107–120): alte Quinione, zwei neue Lageninnenblätter, Lagenzählung .xvij.

Anders liegt der Fall bei den Konversen-Statuten. Der Wechsel der Schriftart zeigt nicht nur, dass hier wohl eine andere Hand schrieb, sondern weist eher auf den unterschiedlichen Status volkssprachiger, pragmatischer Texte hin und signalisiert schon durch den Wechsel im Layout die andere Gattung. Entsprechend sind auch die roten Lombarden nur zweizeilig und weniger ordentlich als in den Hauptteilen der Handschrift. Die lateinische Überschrift, die am oberen Blattrand außerhalb des Schriftspiegels eingetragen ist, zeigt einen noch flüchtigeren Duktus und ist mit ihren extremen Abkürzungen deutlich in einer Kanzleigebrauchsschrift geschrieben, vielleicht von Tilemann von Bavenstedt oder einem der anderen späteren Benutzer.

Lateinische Überschrift und niederdeutscher Textbeginn für die Konversen-Statuten, fol. 112r (Abb. 18)

Die Tatsache, dass Schriftform und -funktion hier verknüpft sind, zeigt sich auch daran, dass die Korrekturen, mit denen die Propst-Fokussierung Zum Einfluss des Wienhäuser Usus der Altarsetzung bei der Umarbeitung der Oblationsordnung vgl. Kap. 2.3.2. 42

172

3. Das Propst-Handbuch als Codex

weiter verstärkt wird, 43 in einer Kursive geschrieben sind, die formal noch unter der Schrift der Änderungsanmerkungen zum ersten Teil des PropstHandbuchs liegt. Zwar sind auch die Marginalien, die Auslassungen bei den Festen vermerken, 44 stärker kursiv als die eigentlichen Texteinträge in Textura, bleiben aber trotzdem auf dem Niveau von Buchschrift. Obwohl also anzunehmen ist, dass die Korrekturen der Statuten zusammen mit den anderen Überarbeitungen vorgenommen wurde, als die Oblationsordnung von der bearbeitenden zweiten Hand eingefügt wurde, folgen sie so einer eigenen volkssprachigen Logik. Die ostfälisch-nordniederdeutsche Sprachform der niederdeutschen Statuten stimmt mit der der Medinger Orationalien überein. Die statistische Auswertung der häufigsten Wortformen positioniert sie in der Region um Lüneburg und Uelzen mit Übereinstimmungen auch zu Lübecker Zeugnissen. 45 Die andere Auffälligkeit ist die Inkonsistenz der Schreibungen, die dafür spricht, dass hier nicht ein ausgebildeter Kanzleischreiber tätig war, sondern eine der lateinisch ausgebildeten Nonnen, die Niederdeutsch zwar mündlich nutzten, aber nur für den Privatgebrauch schrieben. Die Schreiberin der Erweiterung zeigt einen souveränen Umgang mit dem komplexen Stoff und der Aufgabe, die Anpassung an die Medinger Gebräuche vorzunehmen. Das ist nur bei einer strukturierten Einsicht in die ursprünglich benutzten Vorlagen und die Prinzipien von deren Zusammenstellung möglich. Die Schreiberin arbeitet offensichtlich mit, nicht gegen den Ursprungscodex und wohl eng mit der Hand 1 zusammen, wie sich daran zeigt, dass die ersten Schritte zum Umbau der Lagen 46 und zur stärkeren inhaltlichen Ausrichtung auf die Situation des Medinger Klosters bereits von Hand 1 unternommen wurden. Bei der zweiten schreibenden Hand scheint dann die Gesamt-Koordination der Weiterentwicklung des Propst-Handbuchs gelegen zu haben, wie die buchstäblich gelungene Einbindung der Konversen-Statuten und der Oblationsordnung zeigt. 43 Vgl. Kap. 2.4.3. zur Verschärfung der Regeln mit Blick auf die Entscheidungshoheit des Propstes. 44 Etwa das Fehlen der Weihe des Chrisma, die eigentlich nach der Taufweihe stehen sollte (de crismate vacat, fol. 47r). 45 Mit herzlichem Dank an Sarah Kwekkebom, die eine strukturierte Datenbankanfrage der niederdeutschen Wortformen der Statuten nach Ortspunkten und Jahrzehnten vorgenommen hat. Das für den ›Atlas der spätmittelalterlichen Schreibsprachen des niederdeutschen Altlandes und angrenzender Gebiete‹ (Münster) erfasste Korpus präsentiert allerdings das Problem, dass die darin vorwiegend erfassten Textsorten der städtischen Kanzleien sich stark von denen der klösterlichen Schriftlichkeit unterscheiden. Für einen Problemaufriss zur Erfassung der spezifischen Merkmale der Medinger Schriftlichkeit vgl. LÄHNEMANN, Bilingual devotion S. 321. 46 Vgl. die von Hand 1 über den Klebefalz geschriebenen Initialen auf fol. 6ra, die voraussetzen, dass bereits Hand 1 die Abtrennung des ursprünglichen Kollektars vornahm.

3.3. Die Bearbeitung

173

In der Zusammenschau der bereits im Ursprungscodex begonnenen Personalisierung der Handschrift mit der Art der Eingriffe der Erweiterungsschicht lassen sich Anlage und Bearbeitung rahmend um das Datum der eigentlichen Einführung der Reform positionieren. 1478, das Jahr, in dem Tilemann von Bavenstedt den prototypischen Medinger Psalter HI2 bei der Medinger Nonne Elisabeth von Winsen in Auftrag gab und in dem die Nonne Winheyde das ebenso vorbildhafte lateinische Oster-Orationale HI1 mit seinen niederdeutschen Einschüben und reichen Buchschmuck anfertigte, bietet sich auch als Zeitpunkt an, zu dem Tilemann den Auftrag erteilte, die wichtigsten Texte für seine geistliche Amtsführung zusammenzustellen. Die Schreiberin begann damit, geeignete Vorlagen aus der Diözese zu einem Kompendium zusammenzustellen und es gleichzeitig auch schon für Medingen zu adaptieren, teilweise im Text selbst, teilweise in Randbemerkungen für eine nächste Bearbeitungsstufe. Kurz danach oder sogar schon während dieses Schreibvorgangs vollzog sich der Reformprozess im Kloster. Die verschärften Klausurbestimmungen führten zu Änderungen etwa der Rituale um Krankheit und Tod, und die Nonnen, die 1479 zur Unterstützung der Reform kamen, brachten Ideen, Gebräuche und sicher auch eigene Handschriften und Andachtsbilder aus Derneburg und Wienhausen mit. Diese vielfältigen Anregungen der Reform wirkten unmittelbar auf die gerade erst geschriebene Zusammenstellung ein; sowohl der Propst wie die Nonnen mussten daran interessiert sein, die spezifische Form, die die Reform in Medingen annahm, auch zu kodifizieren. Diese Aufgabe übernahm eine andere Nonne. An den noch ungebundenen Pergamentlagen setzte sie das Konzept um, die örtliche Praxis in ihrer ganzen Vielfalt – vom Laiengesang bis zu den Bestattungsritualen – festzuhalten. Wie die Umstellung der Oblationsordnung auf die Praxis der Altarsetzung durch die gleiche Schreiberin zeigt, kam dabei der Einfluss der Wienhäuser Reformdelegation zum Tragen. Die koordinierende Schreiberin des Erweiterungsteils griff außerdem auf mindestens eine weitere Mitarbeiterin zurück, die auch die außerhalb der Klausur angesiedelte Lebensführung der Konversen schriftlich fixierte. 47 Das Ergebnis dieser Kollaboration wurde kurz nach seiner Entstehung dann professionell in feste Holzdeckel gebunden. Der Vergleich mit anderen Medinger Einbänden kann dabei noch weiteren Einblick in die Buchentstehungsprozesse im Kloster geben. Keine der beteiligten Schreiberinnen kann definitiv mit einem Namen verbunden werden. Die Ähnlichkeit mit den Händen von Elisabeth von Winsen und Winheyde weist auf die gleiche Schulung, aber es bleiben charakteristische Unterschiede im Schriftduktus. Die anderen namentlich bekannten Schreiberinnen aus Medingen wie die Schwestern Elebeke gehören der Generation nach der Reform an, da sie 1481 erst als puellae coronatae aufgeführt sind, vgl. LÄHNEMANN, Medinger Schreiberinnen S. 39. 47

174

3. Das Propst-Handbuch als Codex

3.4. Der Einband Der weitgehend erhalten gebliebene spätmittelalterliche Einband des Propst-Handbuchs (Abb. 7) ist ein Glücksfall der Überlieferung, denn über ihn lässt sich der Codex mit anderen Medinger Handschriften in Verbindung setzen, die die gleichen Lederstempel aufweisen. 1 In der Übersicht über diese gemeinsam eingebundenen Handschriften und Drucke wird etwas von dem Buchprofil des Klosters in der Zeit unmittelbar nach der Klosterreform von 1479 sichtbar. 3.4.1. Der Einband des Propst-Handbuchs Die Art und Weise, in der im Propst-Handbuch bei der Bearbeitung eine Seite des abgetrennten Kollektars stehen gelassen wurde, weist darauf hin, dass der Band von vornherein für einen festen Einband vorgesehen war, in den der Buchblock über die Makulaturseite als Spiegel eingehängt werden sollte. 2 Die Bindefragmente entstammen einer liturgischen Handschrift, aber sind nicht aus den abgeschnittenen Blättern des Ursprungscodex gewonnen. 3 Der Einband, der mit 21,5x16cm nur wenig größer als A5Format ist, ist von solider Qualität, die das Buch für einen häufigen Einsatz brauchbar machte. Er besteht aus zwei Holzdeckeln, die mit braunem Leder überzogen und dann mit Streicheisenlinien und Blindstempeln verziert und mit Metallbeschlägen verstärkt und geschlossen wurden. Der Buchblock wurde auf sieben doppelte Hanfbünde genäht, die durch die Holzdeckel gezogen und innen verleimt sind, ebenso wie die sechs dazwischen liegenden Streifen Pergamentmakulatur, die auf den Buchblockrücken auf-

Angaben nach der Einbanddatenbank (EBDB) http://www.hist-einband.de/ Es handelt sich um eine Verbindung der Stempeldurchreibungen mehrerer großer Forschungsbelege. Die Belege für die Medinger Stempel kommen weitgehend aus der Wolfenbütteler Sammlung von gotischen Blindstempeln spätmittelalterlicher Einbände aus niedersächsischen Bibliotheken, u. a. Lüneburg, Hannover, Braunschweig und Hildesheim. 2 Der Spiegel war ursprünglich verklebt, wie der Leimabklatsch im Holzdeckel zeigt. 3 Sechs schmale Pergamentstreifen sind unter den abgelösten Spiegelblättern erkennbar; einer davon ist längs aus einem Pergamentblatt geschnitten, die anderen quer. Es handelt sich um lateinische liturgische Texte mit entsprechendem Wechsel zwischen kleinerer und größerer Schrift. Auf dem größten Fragment ist eine auf einen kleiner geschriebenen Versus folgende Lesung aus dem Römerbrief (Rom 6:3–9) erkennbar. Der Zeilenabstand beträgt 0,8cm, die rekonstruierte lange Zeilenbreite weist auf eine einspaltige Handschrift. Der Duktus entspricht dem Propsthandbuch, aber die i-Striche sind anders als bei beiden Händen. Das et-Kürzel ist einfach durchstrichen, aber ohne Zierabstrich; auch sonst finden sich wenige Zierstriche (z.B. kein t-Abstrich). 1

3.4. Der Einband

175

geleimt sind und ohne zwischenzeitliche Restauration weiterhin Buchblock und Deckel verbinden. 4 Der fertige Ledereinband wurde mit Streicheisenlinien verziert, mit denen zum einen am Rücken die Kontur der Bünde durch spitz auslaufende Linien betont wurde, und zum anderen Muster aus Doppellinien auf die Deckel gezeichnet wurden. 5 Diese durch die Streicheisen gebildeten Felder wurden dann symmetrisch und mittig mit verschiedenen Stempeln verziert; so sitzt auf den Kreuzungspunkten der äußeren Linien jeweils eine kleine Lilie in Rautenrahmen. 6 Auf das obere und untere Feld des Vorderdeckels 7 sind in gotischem Schriftzug die Stempel iheſus (oben) und maria (unten) gesetzt. 8

Durchreibungen der Stempel iheſus und maria aus der Einbanddatenbank (vgl. Abb. 7)

Diese Art der programmatischen Zuschreibung des Einbands an Christus und Maria begegnet auch bei Handschriften der Fraterherren aus dem 4 Durch die Beschädigung des Buchrückens liegen die Bünde im unteren Bereich offen. Die abgelösten Spiegelblätter, die ursprünglich verklebt waren, wie der Leimabklatsch im Vorderdeckel zeigt, lassen erkennen, dass das Leder unregelmäßig mehrere Zentimeter weit nach innen gezogen, nicht auf Stoß gearbeitet und wenig geschärft war. 5 Eine kastenförmige Umrahmung durch durchgängige Linien im Abstand von 2– 3cm vom Deckelrand bildet den Rahmen, auf der Rückseite mit einem von den Kreuzungspunkten ausgehendem X weiter unterteilt, auf der Vorderseite durch eine Wiederholung der kastenförmigen Unterfächerung, wieder 2cm von dem Rahmen entfernt, so dass sich neun Felder ergeben. 6 Lilie in Raute (Schunke Lilie 48, EBDB s002091). Weitere Ornamentstempel: Blüte Vierblatt in Raute 22mm hoch (Schunke Blattwerk 538); Rosette fünfblättrig [!] in Kreis 11mm (Schunke Rosette 363, EBDB s006218, Abbildung aber – wie auf den Einbänden – eindeutig sechsblättrig); Rosette fünfblättrig mit zwei Blütenkränzen 22mm (Schunke Rosette 538, EBDB s006873); Rosette fünfblättrig in Kreis (Schunke Nr. 233); Stern achtstrahlig im Kreis (nicht bei Schunke, EBDB s009040). 7 Da das auf Leder geprägte Wappen von Edward Hailstone (vgl. Kap. 3.5.2.), einem der späteren Besitzer, das Mittelfeld fast vollständig überdeckt, lässt sich nicht mehr erkennen, wie das zentrale Feld gestaltet war. Aus dem Vergleich mit den anderen Einbänden lässt sich vermuten, dass sich die Blumenstempel des Randes wiederholten. 8 Der 27mm breite Stempel iheſus (Schunke 154, EBDB s008472) ist in der EBDB nicht für das Propst-Handbuch verzeichnet, aber eindeutig im oberen Feld erkennbar. Er begegnet auf allen anderen Einbänden der ›Werkstatt Medingen‹ als Gegenstück zu dem ebenfalls 27mm breiten Stempel mit der Schriftleiste Maria (Schunke: Schrift 233, EBDB s008497). Es handelt sich in dieser Form um typisch norddeutsche Stempel, die westlich von Köln nicht zu finden sind und auch nicht in Süddeutschland belegt sind.

176

3. Das Propst-Handbuch als Codex

Lüchtenhof in Hildesheim. 9 Von dieser und anderen professionellen Werkstätten unterscheidet sich der Band durch die Form der elaborierten Metallbeschläge. Alle vier Ecken und die vier an den Rücken anschließenden Deckelränder sind mit angenagelten Metallbändern verstärkt. Dazu kamen zwei Schließen, die aus Sets von mit Lederbändern verbundenen Haken und Ösen bestanden; die erhaltene Schließe ist deutlich keine Massenware, wie sie von Buchbindereien auf Messen aufgekauft wurde. 10 In die erhaltene Platte mit der Einhaköse für die obere Schließe sind kleeblattförmige Öffnungen gestanzt und auch die breite Endseite ist ornamental eingebuchtet.

Ornamentale Schließe auf dem Vorderdeckel des Propst-Handbuchs (Abb. 7)

Diese Art des Metallschnitts mit gotischen Schmuckformen wirkt altertümlich, genauso wie die Stempel und Streicheisenlinien. Der Eindruck, dass der Einband Teil einer übergreifenden Handschriftenstrategie ist, die sich konservativer Formen bedient, wird noch deutlicher, wenn auch die anderen Bände der ›Werkstatt Medingen‹ dazu gestellt werden. 3.4.2. Die ›Werkstatt Medingen‹ Die in der Einbanddatenbank als ›Medingen, Zisterzienserinnen‹ benannte Werkstatt besteht aus sieben Handschriften, deren Lederstempel übereinstimmen. 11 Das bedeutet allerdings nicht, dass die Buchbindewerkstatt, die das Propst-Handbuch fertigte, tatsächlich in Medingen ansässig war, oder 9 PFEIL, Hildesheim Fraterherren S. 49–54. Brigitte Pfeil überprüfte freundlicherweise auch mögliche Verbindungen des Einbandes zum Lüchtenhof. Ähnliche Ausstattung auch bei anderen Einbandwerkstätten der Fraterherren, etwa in Zwolle. 10 Metallplättchen halten mit vier Nägeln die 1,8cm breiten Lederstreifen fest, die ihrerseits mit einem breiten Metallhaken verbunden sind, der in die schlitzförmige Aussparung an der Vorderkante der Metallplatten auf dem Vorderdeckel passt. Die untere Platte ist verloren, aber die Position der Nägelköpfe lässt erkennen, dass es sich um eine ähnlich ornamental geformte Platte gehandelt haben muss. Zum Handel mit vorgefertigten Schließen vgl. ADLER, Handbuch Buchverschluss S. 54–59. 11 SCHUNKE, Schwenke-Sammlung II S. 184–185.

3.4. Der Einband

177

auch nur, dass alle Bände mit diesen Stempeln sicher aus dem Kloster stammen, sondern bietet eher die Momentaufnahme einer professionell operierenden Werkstatt, in der mehr oder weniger gleichzeitig eine Reihe von Büchern aus dem Kloster eingebunden wurden. Für fast alle Medinger Handschriften, die noch ihren mittelalterlichen Einband haben, ließen sich weitere Querverbindungen über zusätzliche Stempel oder auch die Schließenform und Bindetechnik aufzeigen, die deutlich machen, dass in Medingen sowohl die für den eigenen Gebrauch geschriebenen Psalterien und Orationalien wie die für andere hergestellten Bände gemeinsam oder zumindest mit sehr ähnlicher Technik gebunden wurden. 12 Andere Medinger Bände hängen untereinander und mit Handschriften aus anderen Lüneburger Klöstern unter anderen Werkstatt-Notnamen zusammen. So finden sich zwei Medinger und zwei Ebstorfer Handschriften mit identischen Stempeln in der ›Werkstatt Köln, Wappen 103 geschweift‹. 13 Dazu kommen Hinweise darauf, dass Handschriften aus anderen Klöstern nach Kloster Lüne geschickt wurden, um in Lüneburg eingebunden zu werden, was die Annahme bestätigt, dass die Klöster größere Aufträge gemeinsam in der Stadt erledigen ließen. 14 Gerade durch die Schreibtätigkeit nach der Reform wuchs die Zahl der zu bindenden Codices deutlich; während kleinere und provisorische Einbände etwa für Archivalien und Kopertbände im Kloster selbst ausgeführt werden konnten, 15 erforderte ein Einband wie der für das Handbuch spezielle Werkzeuge und Materialien für die Holzdeckel, Hanfbünde, Lederbezüge, Metallstempel und Schließen. 12 Die Apostel-Orationalien stammen von namentlich nachgewiesenen unterschiedlichen Schreiberinnen, bilden aber eine einheitliche Gruppe in Schrift, Format, Textstücken, Ausstattung und auch Einbandstempeln, vgl. zu LO2 LÄHNEMANN, Schnipsel, Schleier. Zum Inhalt der Orationalien vgl. LÄHNEMANN, Apostelverehrung. 13 Identifikation bei der Recherche für die Zuordnung der Handschrift Mscr. Dresd. A. 323 durch Werner Hoffmann, dem herzlich für die Mitteilung gedankt sei (brieflich 2012, erscheint in dem Katalog der Dresdner Handschriften): »Drei Einzelstempel 1) Wappen von Köln = EBDB s009241; 2) Rosette = EBDB s006880; 3) Laubstab = EBDB s005694. Alle drei Stempel sind belegt in Bänden der Werkstatt EBDB w000803, die bei Schunke (Bd. 2 S. 138) als Werkstatt »Köln, Wappen 103 geschweift« bezeichnet wird. In dieser Werkstatt wurden u. a. folgende Hss. gebunden: Ebstorf, Klosterbibl., cod. IV, 12 (aus dem Benediktinerinnenkloster Ebstorf, lat.-nd., um 1480–90); ebd., cod. V, 2 (gleiche Prov., lat.-nd., dat. 1494); Hannover, Landesbibliothek, Ms I 96 (aus dem Zisterzienserinnenkloster Medingen bei Lüneburg, 3. Drittel 15. Jh.); Hildesheim, Stadtarchiv, Ms. Best. 52 Nr. 379 (ebenfalls aus Medingen, um 1480); Lüneburg, Ratsbücherei, Ms Theol. 4º 62 (Lüneburg, um 1490).« 14 NICKEL, Literaturversorgung. Mit herzlichem Dank an Holger Nickel für Überprüfung der Einbandbelege auf Medinger Provenienzen. 15 Vgl. die Beispiele für vielfältige Einbände aus Frauenklöstern in LESSER / PRINSEN, Gebunden, geheftet, vernäht.

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

Die Gruppenzugehörigkeit zeigt sich auch in der weiteren Ausstattung mit metallenen Schließen und in der Form der Bünde. Obwohl die meisten anderen Bände der Gruppe ›Medingen‹ deutlich kleiner sind, ist die Kombination der Stempel auf Leder mit Streicheisenlinien und Metallschließen ähnlich. Hier findet sich also eine Gruppe von Oktav- und Quartbänden, die nicht als Kladden, sondern Folianten eingebunden sind. Die konservative Form und Technik bestätigt die Beobachtungen, die an Schrift, Musik und Ausstattung des Propst-Handbuchs gemacht werden konnten: Es handelt sich um ein konservatives Unterfangen, das Klosterreform wörtlich als Rückkehr zu monastischen Idealen behandelt. Auch wenn die Buchbindewerkstätte physisch nicht im Kloster selbst angesiedelt gewesen sein sollte, lagen doch offensichtlich Ausstattungsstandards vor, die dazu führten, dass ein norddeutscher Klosterstil in den Einbänden genauso wie in den MusterAlphabeten und den Fleuronnée-Initialen erkennbar ist. 16 In diesem Sinne ist die Bezeichnung der ›Werkstatt Medingen‹ auf jeden Fall festzuhalten. Die sieben Bände geben nur einen Ausschnitt aus dem Bestand, der durch die Sammelpolitik der Einbanddatenbank und die direkte Übereinstimmung mit einem Stempel des Propst-Handbuchs bestimmt ist, aber bereits diese Auswahl zeigt ein breites Spektrum der klösterlichen Lektüreund Schreibpraxis. 17 GT3: Niederdeutsche Inkunabel und Klosterspiegel

Dieser Kompositband aus einer niederdeutschen Inkunabel und einer niederdeutschen Handschrift, 18 weist einen ähnlichen Besitzeintrag wie das Propst-Handbuch auf: Liber sancte marie virginis sanctique mauricij In meding (fol. 1ra). Bei der Inkunabel handelt es sich um ›Vita et transitus Sancti Hieronymi‹, eine Bearbeitung der Vita des Hl. Hieronymus, die Johannes von Neumarkt redigierte und übersetzte und die 1484 in der Lübecker Offizin des Bartholomäus Ghotan gedruckt wurde. 19 Durch den Druckvermerk auf fol. 155v ist ein terminus post quem für die Einbindung des Kompositbandes gegeben, der auch für das ganze Ensemble der Einbände mit ›Medingen‹-Stempeln eine Einbindung jedenfalls nicht viel früher als 1484 16 Mit herzlichem Dank an Brigitte Pfeil, die eine Typenuntersuchung der Einbandstempel unternahm und das norddeutsche und konservative Profil der Stempelauswahl und Bindekonventionen bestätigte. 17 Die Beziehung der Bände zu Medingen ist unterschiedlich stark gesichert; nur ein weiterer der Bände hat einen eindeutigen Besitzeintrag; ein dritter Band enthält einen Schenkungsvermerk, der auf das Kloster zurückweist. 18 Literatur in http://www.handschriftencensus.de/16000. Auflösung der Handschriftensiglen in 6.2. 19 GW 9477; in dem Medinger Exemplar sind die Holzschnitte des sich geißelnden Hieronymus und des briefschreibenden Eusebius koloriert.

3.4. Der Einband

179

wahrscheinlich macht, wenn man davon ausgeht, dass die Einbandstempel mehr oder weniger zeitgleich benutzt wurden. Bei dem Band GT3, mit 20,5x14,5cm etwas kleiner als das Propst-Handbuch, ist zwar die Ausstattung mit Metallbeschlägen auf eine schlichte Schnalle reduziert, aber ansonsten stimmen nicht nur die Stempel mit dem Propst-Handbuch überein, sondern auch die Position der Schrift-Stempel maria und ihesus als eine Art Rahmenleiste der Vorderseite und die Verzierung der Streicheisenlinienkreuzungen mit der Lilie in der Raute.

Vorderdeckel GT3 mit Streicheisenlinien und vier verschiedenen Lederstempeln, darunter maria (oben) und ihesus (unten) und Lilie in Raute auf den Kreuzen

Der Klosterspiegel 20 scheint wie die niederdeutschen Statuten in dem Propst-Handbuch für Konversen bestimmt gewesen zu sein sind. Als unmittelbare Adressaten des Klosterspiegels bieten sich die Laienbrüder an, denn der ganze Klosterspiegel geht von der Situation eines Klosters mit Abt und Brüdern aus, die auf Gehorsam, Keuschheit und Armut verpflichtet werden. 21 Auf den Klosterspiegel folgt ein geistlich-moralischer Text, der unter Berufung auf Autoritäten wie Bernhard von Clairvaux Tugenden wie BORRIES, Schwesternspiegel S. 394. Das nach der Rubrizierung, die nur hier vorhanden ist, zu urteilen am intensivsten gelesene Stück ist die Bekämpfung der Begierde durch Schneebäder und andere Selbstkasteiungen nach dem Vorbild des hl. Franziskus und hl. Benedikt. Das passt auch zu dem Bild des hl. Hieronymus als Büßer, das in der niederdeutschen Vita betont wird. 20 21

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

häufiges Predigthören hervorhebt. Da eine der beiden Parallelhandschriften in Kloster Ebstorf überliefert ist, 22 zeigt der Traktat, welche Art von Texten unter den Lüneburger Frauenklöstern zirkulierten, und dass dies wahrscheinlich auch über den Kreis der Nonnen hinausreichte. GT1: Niederdeutsches Weihnachts-Orationale

Der zweite in Göttingen aufbewahrte Band dieser Gruppe, nur halb so groß wie das Propst-Handbuch, 23 ist eines der Konversen-Orationalien, die sich eng auf die Medinger Liturgie beziehen. So findet sich in der ersten Lage, die Marien- und Annengebete enthält, die einzige andere Überlieferung der Marien-Leise, die in Medingen als Repetitio zum ›Regina Caeli‹ gesungen wurde. 24 Auch die Weihnachtsmeditationen, die den Hauptanteil der Handschrift ausmachen, lassen sich passgenau mit der Liturgie im Erweiterungsteil des Propst-Handbuchs verbinden. 25 Es wurden also aus Medingen gleichzeitig oder in enger zeitlicher Folge ein Handbuch für den Propst und ein Andachtsbuch für eine Konversenschwester zum Buchbinder geschickt und dort in feste Holzdeckel mit Maria- und Jesusstempel auf dem Leder eingebunden, die beide auf ihre Weise die Abläufe der gemeinsam im Kloster begangenen Feste dokumentieren und für den jeweiligen Rezipienten nachvollziehbar machen. Die Handschrift befand sich noch 1722 im Besitz des Klosters und wurde dann von der Äbtissin Anna von Laffert an den Historiker Daniel Eberhard Baring verschenkt, wie der lateinische Schenkungseintrag zeigt. 26 Baring interessierte sich vor allem für Regionalgeschichte und katalogisierte u.a. die Leibnizbibliothek. 27 Dieser Besitzerwechsel einer Medinger Hand22 http://www.handschriftencensus.de/4709, Edition von STAMMLER, Mittelniederdeutsches Lesebuch S. 44–46, 138, vgl. EISERMANN, Von zwölf Zeichen Sp. 1649. 23 14,5x10cm. Zu den Maßen der Medinger Bände vgl. die Einleitung zu Kap. 3.1. 24 Vgl. Kap. 2.5.1. zur sprachlichen Sonderform Sunte Maria heyliger vrouwe. 25 Vgl. GT1 fol. 130v den Wechsel von ›Grates nunc omnes‹ und ›Gelobet seist du‹ mit dem im Propst-Handbuch fol. 2r. 26 Ex liberali donatione A. Lever. Abbatissae Medingensis possidet Dan. Eberh. Baring A. 1722 fol. 1r. Anna von Laffert, seit 11. 3. 1707 Priorin, wurde 1720 Äbtissin, starb aber bereits am 17.9.1721. Es wird sich also um eine testamentarische Verfügung gehandelt haben. LYSSMANN S. 171: Sie ließ »den schönen grossen Altar unten in unserer Kirche aus ihren Mitteln erbauen« und legte ein »ansehnliches Capital« für die Renten der Predigerwitwen an. HOMEYER, 500 Jahre, Kapitel ›Reformen in Kloster Medingen‹ S. 23–24, der sich nur auf den unvollständigen Abdruck des Schenkungsvermerks im Katalogeintrag von Meyer stützen konnte, der statt Äbtissinnennamen drei Punkte gedruckt hatte, nahm an, dass es sich um die neue Amtsinhaberin Catharina von Stöteroggen handelte, und wunderte sich entsprechend, dass die sparsame Äbtissin, die sonst alles »dem Closter zum Besten verkaufte«, diesen Band kostenlos abgegeben hatte. 27 Vgl. zu Baring als Sammler STORK, Handschriften Medingen S. 358.

3.4. Der Einband

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schrift ist wohl der früheste bezeugte aus antiquarischem Interesse, dem Hauptbeweggrund für die Wanderungen Medinger Handschriften in europäische Bibliotheken, über die dann auch das Propst-Handbuch nach England gelangt. HV3: Niederdeutsches Fastenzeit-Orationale

Auch HV3, ein niederdeutsch geschriebenes und schlicht ausgestattetes kleines Orationale für Quadragesima, scheint von einer Laienschwester für ihren persönlichen Gebrauch geschrieben worden zu sein; die Initialen C.H. deuten auf Katharina Havemeister, die im Indulgenzbrief von 1505 als 18. unter den Konversen-Schwestern als Catherina Havemesters genannt ist. 28 Da sie 1481 noch nicht in der entsprechenden Konventsliste aufgeführt ist, gibt das einen terminus post quem für die Handschrift an; das weist darauf hin, dass der Impuls, der von der Reform für die Handschriftenproduktion ausging, noch länger nachwirkte. Was diesen Band mit dem Propst-Handbuch verbindet, ist die extensive Verwendung von Liturgica als Pergamentmakulatur. Von den 329 Blättern sind jeweils die Außenblätter der Lagen aus einem palimpsestierten Missale gewonnen, dessen Blätter auf das kleine Format der Handschrift gestutzt sind. 29 HI4: Lateinisches Fasten-Orationale

Der Band stellt das lateinische Pendant zu HV3 dar. Das schlichte kleine (10,5x7cm) lateinische Gebetbuch aus 203 Blatt Papier ist ohne jeden Buchschmuck oder musikalische Ausgestaltung. Es verweist auf seine Herkunft aus Medingen durch die Erwähnung des Klosterpatrons Mauritius (fol. 76r) ebenso wie durch das Konzept des »Eigenapostels«. 30 Bei mehreren der hier exzerpierten Texte fehlen Anfangs- oder Endpartien, die aber schon vor der Einbindung weggefallen sein müssen. Jedenfalls sind hier die gleichen Stempel wie bei O2 auf einer halb so großen Fläche trotzdem ähnlich arrangiert. Die von den Nonnen für ihren privaten Andachtsgebrauch geschriebenen Handschriften wurden also gemeinsam mit denen der Konversenschwestern eingebunden; beide Benutzergruppen erhalten den gleichen konservativen, stabilen und wertvollen Einband. Die Benutzungsgeschichte dieses Orationale ist unter den Medinger Handschriften singulär, weil es bis in die Neuzeit in katholischer Nutzung blieb. Es muss eine der Handschriften gewesen sein, die die Medinger ÄbLYSSMANN S. 90. Maße 14x9,5cm. Abbildung von fol. 31a als Beispiel für Palimpsest im Ausstellungskatalog ›Das Buch - Medium im Wandel‹ S. 4; SCHNEIDER, Paläographie S. 107. 30 Jakobus major wird als patronus meus auf fol. 72r bezeichnet. 28 29

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

tissin Margarete Stöteroggen 1542 vor dem Zugriff des Herzogs Ernst, der die lutherische Reformation gewaltsam umsetzen wollte, aus dem Kloster an den katholischen Bischofssitz nach Hildesheim brachte 31, denn von dort wurde es ein Jahrhundert später zur weiteren Nutzung an das Kloster Lamspringe gegeben. 32 Von den dort angesiedelten, aus England vertriebenen Benediktinern stammt der Besitzeintrag des 17. Jahrhunderts. 33 Damit stellt das lateinische Orationale den Medinger Band dar, der am längsten im ursprünglich gedachten Gebrauch war, bis hinein in die Zeit, in der deutsche und englische Sammler anfingen, sich aus antiquarischem Interesse mit den Klosterhandschriften zu beschäftigten. W2: Niederdeutsches Weihnachts-Orationale

W2 ist in vielem GT1 und auch HI4 vergleichbar: Die kleine Papierhandschrift hat genau dieselben Maßen wie GT1, ist nur mit sehr sparsamem Buchschmuck ausgestattet und auf Niederdeutsch geschrieben. 34 Da hier auf fol. 28v und 147v für den Konvent und die Stadt Lüneburg gebetet und Mauritius als Patron benannt wird, ist es wahrscheinlich, dass das Orationale für die Weihnachts- und Pfingstzeit mit einem anschließenden Mauritiusteil (fol. 266–279) von einer und für eine Laienschwester geschrieben wurde. Damit wird das Konversen-Orationale zum häufigsten Typus in diesem Einbandbestand. W5: Lateinische Gebetstraktate

Der letzte zeitgleich eingebundene Band wurde bislang nicht mit Medingen in Verbindung gebracht, da er keine explizite Nennung des Klosters enthält und kein Orationale ist. Da aber alle anderen Bände mit der gleichen Stempelkonstellation mit einiger Sicherheit nach Medingen gesetzt werden können, ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese Trakathandschrift auch dort geschrieben und gelesen wurde, vielleicht als Kopie eines im Reformprozess nach Medingen mitgebrachten oder entliehenen Bandes, wie sie für den Scharnebecker Beichtvater bezeugt sind. 35 Der Einband zeigt nicht nur die gleichen Stempel wie das Propst-Handbuch, sondern auch die gleiche Form der metallenen Eckbeschläge und der ausgestanzten an31 Die anderen damals nach Hildesheim gebrachten Handschriften sind teilweise noch dort (HI1 und HI2 in der Dombibliothek, HI3 im Stadtarchiv), teilweise weiter verkauft wie T1, vgl. LÄHNEMANN, Nonnenkrieg. 32 Das 1568 protestantisch gewordene Kloster Lamspringe kam nach dem Rezess von Goslar 1643 wieder an das Hochstift Hildesheim, vgl. HÄRTEL, Gelehrte Bücher S. 13. 33 Liber Monast. Lamspring OsB Cong. Angl. (fol. 1r). Der Vermerk S. IV. darüber ist wohl die alte Lamspringer Brettsignatur, STAHL, Stadtarchiv Hildesheim S. 75. 34 308 Blatt, Maße 14,5x10,5cm, HEINEMANN, Augusteische Handschriften S. 153. 35 Vgl. Kap. 2.3.1. zur Miniatur mit Bernhard von Clairvaux.

3.4. Der Einband

183

genagelten Metallverzierungen. Dabei ist hier erkennbar, dass die Beschläge ursprünglich mit grünem Seidenstoff unterlegt waren.

W5 Rückendeckel mit gestanzten Metallbeschlägen und Eckverstärkungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich in der Verbindung dieser Bände, die offensichtlich mehr oder weniger zeitgleich in einer Werkstatt gebunden wurden, ein gemeinsamer theologischer Horizont abzeichnet: lateinische und niederdeutsche Andachtstexte, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Zisterzienserinnenkonvents zugeschnitten sind. Die Zusammenschau bestätigt den hohen Grad an Literarizität im Kloster, die sich bei den Nonnen in der eigenständigen Bearbeitung von lateinischen Texten in den Orationalien zeigt und, vielleicht noch überraschender, in den niederdeutschen Textsammlungen und -bearbeitungen, an denen sich auch die Konversenschwestern beteiligen. Es bestätigt sich auch der konservative Aspekt der Handschriftenproduktion Medingens. Was hier kodifiziert wird, ist in seiner Präsentation von Schrift bis Einband an älteren Vorlagen orientiert, aber in seiner sprachlichen Verarbeitung innovativ. Damit präsentiert sich das Propst-Handbuch als Codex, der von der Anlage über die Erweiterungen und Bearbeitungen bis zum Einband in die Handschriftenproduktionsgemeinschaft des Klosters eingebunden ist.

184

3. Das Propst-Handbuch als Codex

3.5. Die Sammlungsgeschichte Alle Charakteristika der Handschrift weisen darauf hin, dass das Handbuch im Auftrag des Reformpropstes Tilemann von Bavenstedt geschrieben wurde; damit befand es sich wohl unter den Beständen, die Margarete Puffen bei seinem Ableben für seinen Nachfolger inventarisieren ließ. Keine Benutzerspuren oder Marginalien geben darüber Aufschluss, wie sehr und wie lange die Medinger Pröpste den Band tatsächlich nutzten, aber spätestens mit der erzwungenen Abdankung des letzten Propstes 1529 gab es diese Benutzergruppe nicht mehr. 1 Die Handschrift wurde trotzdem weiter gelesen, wenn auch für andere Zwecke: In Medingen selbst nutzte Lyßmann den Band im späten 18. Jahrhundert als eine Quelle für seine Klostergeschichte, bevor er dann als Sammlungs- und Studienobjekt von dort entfernt wurde. Im 19. Jahrhundert erwarb ihn der englische Sammler Edward Hailstone, und um 1900 befand er sich im Besitz des Oxforder Liturgiehistoriker Henry Austin Wilson, aus dessen Nachlass er 1927 an die Bodleian Library gelangte. Die verschiedenen Besitzer zeigen unterschiedliche Facetten in der Sammlungsgeschichte mittelalterlicher Klosterhandschriften auf. 3.5.1. Kloster Medingen Neuzeitliche Veräußerungen von Medinger Handschriften sind seit dem frühen 18. Jahrhundert bezeugt, darunter 1722 als erste datierte Abgabe das Orationale GT1. 2 Eine Reihe von Bänden scheint verkauft worden zu sein, als Äbtissin Elisabeth Catharina von Stöterogge (1722–1741) zur Verbesserung der finanziellen Situation des Klosters »viel unnöthige kostbare Sachen, welche seit dem dreyßigjährigen Kriege in Kasten eingepackt gestanden«, veräußerte. 3 Das Propst-Handbuch gehörte nicht zu diesem Bestand, denn Johannes Lyßmann zitierte in seiner Klosterchronik ausführlich nach dem »alten Ordinali« des Bischofs von Verden; er paraphrasiert fast alle Rubriken zu den Festtagen in seinem Kapitel 4 Von dem öffentlichen Gottesdienste der hiesigen Conventualinnen (LYSSMANN S. 218–236), gibt die liturgischen Stücke an und wertet auch den ›Rituale‹-Teil und die Oblationsordnung für seine Schilderungen aus. Das Buch kann also erst nach 1769 in den Verkauf gelangt sein. 4 Wann genau und wie die Handschrift das Kloster verließ, ist nicht klar. Die nächste gesicherte Station ist ein 1 Zu den Auseinandersetzungen um den umstrittenen Propst Johannes Mahrenholtz und zum Posten des Propstes im 16. Jahrhundert vgl. LÄHNEMANN, Nonnenkrieg. 2 Vgl. Kap. 3.4.2. zu dem Schenkungsvermerk der Äbtissin Anna von Laffert. 3 LYSSMANN S. 173, zit. auch bei HOMEYER, 500 Jahre Äbtissinnen S. 23 bzw. S. 42. 4 Abschlussjahr der Recherchen vgl. LYSSMANN S. 176.

3.5. Die Sammlungsgeschichte

185

Jahrhundert später im Besitz eines englischen Sammlers. Wahrscheinlicher als dass sie direkt nach England verkauft wurde, ist, dass der Weg über eine oder mehrere Auktionen verlief. Möglicherweise hatte ein findiger Auktionator in Norddeutschland in größerem Stil potenziell für den englischen Markt interessante Codices aufgekauft, denn die Zahl Medinger Handschriften in englischen Bibliotheken ist signifikant hoch. 5 Die Sammlungsgeschichte dieser Bücher ist bislang nur ansatzweise für das ApostelOrationale der Barbara Vischkule (LO2) aufgearbeitet, das an das Victoria & Albert-Museum aufgrund seines sorgfältig gearbeiteten Ledereinbands gelangte. 6 Das zeigt, dass es für ein Interesse an den Medinger Stücken ganz unterschiedliche Beweggründe geben konnte, die sich auch in der Vielfalt an Erwerbswegen niederschlugen. Was sie eint, ist, dass sie gerade durch ihr konservatives, formal sorgfältig »gotisches« Erscheinungsbild auch für Sammler attraktiv waren, die nicht speziell nach lokaler norddeutscher Überlieferung oder mittelniederdeutschen Texten suchten – und dass England im 18. und 19. Jahrhundert besonders viele antiquarians mit Interesse an mittelalterlichen Handschriften aufwies. Zu ihnen gehörte auch der nächste Besitzer des Propst-Handbuchs. 3.5.2.

Edward Hailstone

Edward Hailstone (1818–1890) 7 of Walton Hall, Wakefield, der sein Leben dem Büchersammeln widmete, erstand den Großteil seiner umfangreichen Bestände an mittelalterlichen Handschriften auf englischen Auktionen. Sein vergoldetes Leder-Medaillon im gotischen Stil findet sich in zahlreichen Handschriften zur Geschichte und Liturgie Yorkshires, die er der Bibliothek des York Minster vermachte. Es ist ein kunstvoll komponiertes Emblem verschiedener mittelalterlicher Elemente, das in seiner gegenwärtigen Kombination fast wie ein Echo der Schrift-, Buchschmuck- und Vgl. Handschriftenliste 6.2. Handschriften befinden sich in Cambridge in der University Library (CA2, CA4) und im Gonville and Caius College (CA3), in London in der British Library (LO2), der Guildhall Library (LO1) und der Arts Library im Victoria & Albert Museum (LO3), schließlich in Oxford in der Bodleian Library (O1 und das Propst-Handbuch O2) und im Keble College (O3). Dass noch weitere Funde zu erwarten sind, zeigt die erst bei Abschluss des Bandes erfolgte Identifikation eines weiteren Apostel-Orationale in der Arts Library im Victoria & Albert Museum in London durch Beate Braun-Niehr: Nicht nur das Bartholomäus-Orationale der Barbara Vischkule befindet sich dort, sondern auch ein den Apostelfürsten Petrus und Paulus gewidmetes weiteres Orationale (LO4); das lange Zeit als älteste Medinger Handschrift CA1 geführte lateinische Oster-Orationale mit wenigen niederdeutschen Einschüben in der University Library Cambridge Ms. Add. 4080 muss dagegen Medingen abgesprochen werden, vgl. Forschungsüberblick Kap. 1.2. 6 LÄHNEMANN, Schnipsel, Schleier S. 349. 7 Angaben nach http://www.oxforddnb.com/ (Dictionary of National Biography), s.v. 5

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3. Das Propst-Handbuch als Codex

Einbandformen des Medinger Bandes wirkt. Wie die Schreiberinnen des Propst-Handbuches, orientierte sich drei Jahrhunderte später Edward Hailstone an einem Handschriftenideal, das in konservativer gotischer Buchschrift und klar gestufter hierarchischer Ornamentik bestand. Das äußere Band besteht aus einer Gliederkette, die in ein schwarzes Band übergeht, auf die der Name des Besitzers in gotisch gebrochener Minuskel erhaben geprägt ist. 8 Der Schriftzug edward hailſtone ist in einer ähnlichen gotischen Minuskel gehalten wie die Stempel iheſus und maria, die direkt darüber und darunter stehen. Das gotische h für Hailstone und die Rose für York werden in dem Vierpassfeld wiederholt, in das als eigentliches Wappen die Arma Christi (Kreuz, Nägel, Seitenwunde) gesetzt sind.

Leder-Exlibris Edward Hailstones auf dem Einband des Propst-Handbuchs (Abb. 7)

Das ausgeklügelte »gotische« Design fügt sich in die antiquarische Sammeltätigkeit von anderen Mittelalterenthusiasten des 19. Jahrhunderts wie Joseph von Laßberg ein, der auf den Spiegel der Nibelungenhandschrift C und andere Spitzenstücke seiner Sammlung ein elaboriertes Wappen malen ließ, passend zu seinem mittelalterlichen Pseudonym ›Sepp von Eppeshusen‹. 9 Während Hailstone sonst sein Medaillon auf Vorsatzblätter klebte, setzte er es hier auf den Ledereinband, vielleicht, weil es sich dieser Umgebung besonders gut anpasst: neben den gotischen Schriftzügen entsprechen sich auch weitere ornamentale Elemente, die in den Streicheisenrahmen eingepasst sind. Vor ›edward‹ steht ein Malteserkreuz, dessen Form dem liturgi8 Die Gliederkette ist aus acht Wappenrosen, die als weiße Rose das Wahrzeichen Yorks sind, mit sechs stilisierten H-Initialen gebildet, die mit kreuzweise geschwungenen Linien in ein schwarzes Band übergeht, das den Grund für den Schriftzug bildet. 9 Zu den Wappenexlibris von Laßberg vgl. ›Das Nibelungenlied und seine Welt‹ Nr. 172 und Nr. 228 mit Farbabbildungen.

3.5. Die Sammlungsgeschichte

187

schen Segnungszeichen entspricht, das auch in der Handschrift gebraucht wird, die Vierpassblume zwischen Hailstones beiden Namensteilen hat eine Entsprechung in den ausgepunzten Ornamenten auf der oberen Schließe des Deckels, die ursprünglich auch golden glänzte. Von der Form spiegeln sich sogar die ornamental durch Streifeisenlinien abgesetzten v-förmig gespaltenen Doppelbünde in der Form der stilisierten Nägel auf dem ArmaChristi-Wappen. Es sind offensichtlich solche spätmittelalterlichen Ledereinbände, die Hailstone zu seiner Leder-Plakette inspirierten. Vielleicht war es auch diese äußere Erscheinungsform, die ihn zuerst zum Kauf anregte, denn der Band ist nicht Teil der Großsammlungen, die er anlegte und die geschlossen an Institutionen weitergereicht wurden. 3.5.3.

Henry Austin Wilson

Der nächste Besitzer erwarb den Band wohl wieder auf einer Auktion, wie die verschlüsselten Preisangaben auf dem Spiegel zeigen. 10 Während die Bände der Hailstone-Sammlung, die sich auf Yorkshire beziehen, jetzt in York in der Minster-Library sind, wurden die Einzelstücke auf Auktionen verkauft und befinden sich u.a. in Canterbury, im St. John's College, Cambridge, oder in der Bodleian Library. Das Propst-Handbuch wurde aber nicht von der Bodleian selbst erworben, sondern gelangte über Henry Austin Wilson dahin. Reverend Henry Austin Wilson (1854–1927) 11 war Fellow, Bibliothekar und Founder’s Chaplain am Magdalen College in Oxford und Curator an der Bodleian Library. Als Liturgiewissenschaftler galt sein Hauptinteresse der Entwicklung der Liturgie der westlichen Kirche, er gab u.a. das Gelasianische Sakramentar heraus. 12 So ist zu vermuten, dass die Ablösung des Vorderspiegels auf seine Initiative zurückgeht, da ihn der verklebte Text interessiert haben dürfte. Wie der Bleistifteintrag auf fol. 1ra: D[onation] 30.5.1927. sagt, vermachte er den Band mit zahlreichen anderen Handschriften der Bodleian Library. 13 Die Bodleian Library vermerkte den Eingang der Schenkung am 30. Mai 1927, d.h. direkt nach Wilsons Tod.

Bleistifteintragungen auf fol. iv (Spiegelblatt) D/77 (links oben), D/a/ (rechts oben), 126 (linke untere Ecke), /71/ und Di/Di/ (rechte untere Ecke); wohl verschlüsselte Preisangaben. Mit Dank an Martin Kauffmann für die Auskunft. 11 Angaben nach http://www.oxforddnb.com/ s.v. und http://www.magd.ox.ac.uk/ (Einleitung zu den Wilson-Papers unter ›Archives and Libraries‹) 12 The Gelasian Sacramentary. Liber Sacramentorum Romanae Ecclesiae. Edited with Introduction, Critical Notes and Appendix by H.A. Wilson, Oxford 1894. 13 Daneben ebenfalls mit Bleistift die vergebene Signatur MS. Lat. liturg. e. 18. 10

188 3.5.4.

3. Das Propst-Handbuch als Codex

Die Bodleian Library

Der Band kam in die Bibliothek zu einer Zeit, als sie nach dem Vorbild des British Museum mit einem neuen System für bibliographische Informationen zu den Handschriften experimentierte und dafür Papierblätter vorne in die Handschriften klebte. Sie wurden dann aber nicht genutzt und blieben leer, da der Zettelkatalog weitergeführt und bibliografisch ergänzt wurde. 14 Zu diesem Zeitpunkt erst wurde die Handschrift mit Bleistift foliiert und gestempelt. 15

Bibliotheca Bodleiana und Buch mit Dominus illuminatio mea (Ps 26:1) Stempel der Bodleian Library

Das Propst-Handbuch hat seine wechselvollen Geschicke bemerkenswert gut überstanden. Es hat den unterschiedlichen Interessen seiner verschiedenen Besitzer gut dienen können. Den Medinger Pröpsten des Reformfensters des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts bot der Band die Handhabe, das Kloster Medingen mit seinem Klerus, den Nonnen, Konversen und der laikalen Gemeinde effektiv zu leiten, in der Liturgie ebenso wie in der Organisation des Klosterlebens. Für die lokalhistorische Forschung des 18. Jahrhunderts bot sich in den detaillierten Rubriken die Möglichkeit, die vorreformatorischen Gebräuche und Handlungen des Klosters zu rekonstruieren und die archivalischen Quellen mit Hinweisen auf das gottesdienstliche Leben zu bereichern. Dem antiquarischen Sammler des 19. Jahrhunderts boten Einband und Ausstattung Einblicke in die mittelalterliche Handschriftenproduktion und Anregungen zur nachgestaltenden Schaffung des eigenen Mittelalterbildes. Mit der Überführung nach Oxford und in die Bibliotheksumgebung des 20. Jahrhunderts wurde insofern der ursprüngliche Nutzungszusammenhang erneut wichtig, weil der Codex die Möglichkeit bot, Liturgie in einem klar definierten zeitlichen und regionalen Kontext zu studieren. Die Edition, in der die Vielfalt dieser Aspekte in Text, Apparat und Kommentar berücksichtigt wird, soll dabei helfen, dass der Reichtum dieser Überlieferung in seiner ganzen Fülle wieder sichtbar wird. Auf den Zusatzblättern die gedruckte Angabe »Printed notices of this MS. occur in«, »See also« und »Readers are asked to report additional sources of information to one of the Sub-Librarians«. Zur Katalogisierung und dem Briefwechsel zur Handschrift vgl. den Überblick über die Forschungsgeschichte Kap. 1.2. 15 Stempel der Bodleian Library am Rand von fol. 1rb (statt der regulären Stempelung auf fol. 1v), 29rb und 91r. 14

Kapitel 4

Edition Die Edition des Propst-Handbuchs gibt den Text und die Notation der Handschrift Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18 in der Form wieder, die sie durch den Bearbeitungsprozess erhalten hatte. Soweit sich vorhergehende Texte rekonstruieren lassen, sind sie in den Apparat aufgenommen. Die Einleitung erläutert die Prinzipien hinter der Text-, Apparat- und Noteneinrichtung der folgenden Ausgabe.

4.1. Einleitung Die Handschriftenbeschreibung fasst in Kurzform die Erkenntnisse aus der ausführlichen Diskussion der Handschriftenentstehung zusammen. 1 4.1.1.

Handschriftenbeschreibung Inhaltsüberblick

›Kollektar‹-Fragment (fol. i ra–vb) – lateinisch mit niederdeutschen Leisen-Incipits 2 I) ›Liber Ordinarius‹ (fol. 1va–70va) – lateinisch II) ›Rituale‹ (fol. 73va–111vb) – lateinisch III) ›Konversen-Statuten‹ (fol. 112r–114r) – niederdeutsch IV) ›Oblationsordnung‹ (fol. 114v–118r) – lateinisch Entstehung Um 1479. Terminus post quem 1467, Terminus ante quem 1494. Einband nach 1484. Maße Umfang 119 Bll. – Buchblock: 20,5x15,5cm. – Schriftraum14,5x11,5cm. Fol. 2 halbe Breite, fol. 81 eingenähtes Textstück von zehn Zeilen. Ursprungscodex 17 Zeilen, zweispaltig liniert, einspaltige Präfationen. 3 Erweiterungsschicht 13–19 Linien, durchgängig zweispaltig. Teil III und IV einspaltig mit 23–25 Linien.

Vgl. Kap. 3.1. zur Anlage der Handschrift und Musiknotation, 3.2. zum Ursprungscodex, 3.3. zur Bearbeitung, 3.4. zum Einband und 3.5. zur Sammlungsgeschichte. 2 Vgl. Liste mit Folio-Angaben in 7.1. unter ›Leise‹. 3 Vgl. Liste der Präfationen in Kap. 2.2.4. 1

190

4. Edition Schrift und Notation

Textura (Hand 1: Ursprungscodex; Hand 2: Erweiterung von Teil I–II, Teil IV) und Bastarda (Hand 3: Teil III). Gotische Choralnotation von Hand 1 und 2. Notation meist auf 5 Linien (Hand 1 / 2), teilweise auf 3 oder 4 Linien reduziert oder linienlos (Hand 2). Lagen 4 Ursprünglich 17 Pergament-Quinionen; erhaltene Lagenzählung .x.-.xvij. Bearbeitet zu 13 Lagen aus Einzel- und Doppelblättern: VII-5 (9). IX-5 (22). IV (29). V (39). VII-4 (39). IV (57). VII-4 (75). V+1 (86). 2 V (106). VII (120). Einband Leder, zwei Schließen, 21,5x16cm, Einbandstempel der ›Werkstatt Medingen‹. 5 Herkunft Zisterzienserinnenkloster Medingen , Manuale für die Pfarrkirche des Klosters Medingen und ihren Propst nach dem Usus der Diözese Verden mit Angaben zum ZisterzienserGebrauch der Nonnen. 7 Auftragsarbeit von Tilemann von Bavenstedt (Propst 1467– 1494) 8, Ursprungscodex vermutlich von einer Nonne ca. 1478 geschrieben, Erweiterung während und nach der Reform des Klosters 1479 vermutlich von einer anderen Nonne, jedenfalls vor 1494 (Erhebung der Priorin Margarete Puffen zur Äbtissin). 9 Zusammen mit anderen Bänden aus Medingen kurz nach 1484 gebunden. 10 Der Band befand sich noch im 18. Jahrhundert in Medingen. 11 Weitere Besitzer: Edward Hailstone (19. Jahrhundert), Henry Austin Wilson (um 1900), Bodleian Library (seit 1927). 12 6

Buchschmuck Illustrationen: Drei Schemazeichnungen zu liturgischen Handlungen (fol. 36v, 37r und 46r, Ursprungscodex), 13 eine historisierte Initiale mit Höllenfahrt Christi und eine Goldinitiale (fol. 47v / fol. 48v, Erweiterungsschicht). 14 Buchschmuck: Fleuronnée-Initialen, rote und blaue Lombarden, Kadellen-Initialen, auf fol. 31v und fol. 37r mit Federzeichnung eines Kopfes. Rubrizierung mit roter und blauer Tinte.

Initiale A für Alitur (fol. 37r, Abb. 13) Lagenzeichnungen für den Ursprungscodex Kap. 3.2., für die Bearbeitung 3.3. EBDB w000842, vgl. Kap. 3.4.2. 6 Besitzeintrag fol. 1r: Ordinarius ecclesie sancte Marie virginis et sancti Mauricij in Meding. 7 Zum Gebrauch in Verden und nach der Zisterzienserordnung vgl. Kap. 2.2.3. 8 Zum Propst vgl. Kap. 2.1.3. 9 Zu der genauen Entstehungsgeschichte und zur Händescheidung vgl. Kap. 3.1. 10 Zur datierten Inkunabel der gleichen Werkstatt vgl. Kap. 3.4.2. 11 Zur Evidenz der Lyßmannschen Zitate aus dem Handbuch vgl. Kap. 3.5.1. 12 Zur Sammlungsgeschichte in England vgl. Kap. 3.5.2.–3.5.4. 13 Zu den Schemazeichnungen vgl. Kap. 3.2.3. 14 Zur Ausstattung des Ostersonntags in der Erweiterungsschicht vgl. Kap. 3.3.2. 4 5

4.1. Einleitung

4.1.2.

191

Texteinrichtung

Die Edition teilt sich in eine Kommentarspalte (links), eine Textspalte (rechts) und einen Apparat (unten). In der Kommentarspalte werden die Rubriken kategorisierend zusammengefasst. Die Textstücke werden mit Genera-Abkürzung und Incipit (vgl. Genera-Register 7.1.) vermerkt. 15 Abkürzungsliste für die liturgischen Genera A C Ca Cn G H IA Im In L Le Li Pr Ps R Rep S T V v

Antiphon Collecta / Kollektengebet 16 Canticum Cantio Gebet Hymnus Invitatoriumsantiphon Improperien Introitusantiphon Lesung Leise Litanei Präfation Psalm (Vulgata-Zählung) Responsorium Repetenda (in der Edition durch * markiert) Sequenz Tropus Versus Versiculus Textwiedergabe

Der Text der Handschrift wird diplomatisch wiedergegeben; die erklärenden Rubriken sind kursiv gesetzt, darin angegebene Incipits recte, z. B. »In sacrosancta ac victoriosissima nocte dominice resurrectionis imponat dominus prepositus Te deum laudamus.« (fol. 47va). Normalisierung Groß- und Kleinschreibung ist beibehalten, auch bei Nomina Sacra. i/j, u/vSchreibungen sind nicht normalisiert, aber Buchstabenformen für s und r werden nicht unterschieden. Die Angaben in der Kommentarspalte und in den Registern sind normalisiert, also Cum rex glorie und cristus im Text, aber ›Cum rex gloriae‹ und Christus im Kommentar. 15 Ergänzend sind die Incipits einzelner Gesangsabschnitte (Versus, Einzelstrophen etc.) aufgeführt, also beispielsweise alle Versikel und die wiederholte Leise ›Christ ist erstanden‹ für die Sequenz ›Laudes salvatori‹ (fol. 49va–52va). 16 Kollektengebete werden nur dann mit C gekennzeichnet, wenn sie in der Handschrift als solche verzeichnet sind, sonst unter Gebete (G) gefasst. So ist zu der Rubrik »Col[lecta]. Deus qui hanc sacra[tissimam] noc[tem].« (fol. 1va) in der Kommentarspalte angegeben »C Deus qui hanc« und das Gebet ist in 7.1. unter ›Collectae‹ verzeichnet.

192

4. Edition Abkürzungen

Eindeutige Abkürzungen (Nasalstriche, Kontraktionskürzungen, 17 Nomina Sacra) sind stillschweigend aufgelöst; Suspensionskürzungen und mit »etc.-Punkt« markierte Abkürzungen am Ende von Gebeten / Gesängen sind [in Klammern] vervollständigt. 18 Interpunktion Die handschriftliche Interpunktion ist beibehalten. 19 Punkt . (Hand 1 und Hand 2) Hochpunkt · (Hand 1, auch statt Punkt, zunehmend im ›Rituale‹) Doppelpunkt : (zur Markierung der Zäsur, nach der häufig das Incipit abbricht) punctus flexus .  (nur Hand 2, teilweise zu Punkten von Hand 1) Virgeln / (nur in den Konversen-Statuten, nachträglich eingefügt). Folio-Angaben Seiten- und Spaltenwechsel werden im Text durch Trennstriche / markiert; die FolioAngaben stehen in der Kommentarspalte auf der Höhe des Spaltenwechsels. 20 Wenn kein Trennstrich in der Zeile steht, liegt der Spaltenwechsel am Zeilenbeginn.

4.1.3.

Apparateinrichtung

Der Apparat verbindet kodikologische und textkritische Anmerkungen. Kodikologische Angaben Angegeben ist jeweils am Anfang eines Folio, ob das Blatt zum Ursprungscodex (›alt‹) oder zur Medinger Überarbeitung (›neu‹) gehört, dazu die Lagenanfänge und die alte Lagenzählung (.x.–.xvij.). Korrekturen in der Handschrift Angegeben sind alle Nachträge, Rasuren und, wenn er sich rekonstruieren lässt, der ursprüngliche Text, dazu, wenn feststellbar, von welcher Hand sie vorgenommen wurden: Hand 1: Schreiberin des Ursprungscodex (mit ›alt‹ markierte Blätter) Hand 2: Schreiberin der Erweiterungsteile (mit ›neu‹ markierte Blätter) Hand 3: Schreiberin der Konversen-Statuten (fol. 112r–114r) Schreibfehler Eindeutige Fehler sind mit Anmerkung im Apparat verbessert. Varianten Für die Psalmtexte sind signifikante Abweichungen von der Vulgata mit VUL (kritischer Text der Stuttgarter Vulgata) bzw. c (entsprechend der Sigle für die Clementina in der Stuttgarter Vulgata) angegeben, dazu Übereinstimmungen mit den Medinger Psalterien. Für die Oblationsordnung sind im Apparat die Varianten von CA2 angeführt. Die Systematik folgt BISCHOFF, Paläographie S. 202–210. Bei Suspensionskürzung mit über dem Punkt eingetragener Endung sind ausgelassene Buchstaben in Klammern gesetzt: bn̅.oʓ̅ ramoʀ] bene[dicti]onum ramorum (fol. 12va). 19 Vgl. zum Einsatz der verschiedenen Zeichen Kap. 3.1.1. 20 In den Konversen-Statuten bezeichnet / die Virgeln, nicht die Seitenwechsel. 17 18

4.1. Einleitung

4.1.4.

193

Notendarbietung

In der Handschrift ist Musik auf zweierlei Weise notiert: auf Notensystemen und linienlos. Das ist auch in der Edition berücksichtigt. Wiedergabe von Choralnotation Musik auf Linien ist in voller Schriftgröße in der gebräuchlichen, leicht lesbaren Punktnotation auf einem modernen Notensystem ediert. Zwischen Notation auf drei, vier oder fünf Linien wird nicht unterschieden. 21 Linienlose Musik steht ebenfalls in Punktnotation auf einem modernen Liniensystem, allerdings sind die Notenköpfe kleiner wiedergegeben. So ist auch in der Edition auf den ersten Blick erkennbar, wo in der Handschrift Musik mit oder ohne Linien notiert ist. Um Platz für Notensysteme zu schaffen, wurde nur jede zweite Zeile mit Text beschrieben und der leere Raum jeweils mit Notenlinien gefüllt. In der ersten Rubrik der Handschrift (fol. 1va, Abb. 8) ist der Beginn des Hymnus ›Te decet laus‹ auf ein Notensystem geschrieben, die folgende Gebetsaufforderung Oremus dagegen ist linienlos notiert. Ihre leicht diastematische Notation orientiert sich an der oberen Zeilenbegrenzungslinie:

sine Dominus vo[biscum].

›Te decet laus‹ auf fünf Linien, linienlose Notation für Oremus, fol. 1va (Abb. 8)

Da die exakte Tonhöhe der Musik in linienloser Notation nicht entnommen werden kann, wurde für die Edition dieser Notation die Parallelüberlieferung herangezogen. Dabei galt das Prinzip, so nah wie möglich zu transkribieren. An erster Stelle stand die Überlieferung der Melodie an einer anderen Stelle im Propst-Handbuch selbst. Danach folgten Handschriften des 15. Jahrhunderts aus dem Zisterzienserinnenkloster Wienhausen, gefolgt von anderen niedersächsischen Klöstern bis hin zu Drucken des Domkapitels zu Augsburg im 16. Jahrhundert. 22 Schlüssel Die Handschrift verwendet c- und f-Schlüssel, 23 die Edition jedoch um der besseren Lesbarkeit willen moderne Violinschlüssel. Da der Großteil der Einträge Gesänge für den Propst und die Kleriker sind, werden sie in der Edition mit oktavierten Violinschlüsseln wiedergegeben. Die Schlüssel der von den Nonnen ausgeführten Gesänge sind dagegen nicht oktaviert. Vgl. zu den reduzierten Notensystemen Kap. 3.1.3. und Abb. 16. Die Nachweise, aus welchen Quellen die linienlos notierten Gesänge ergänzt wurden, sind in den Fußnoten der Edition angegeben; für Oremus z.B. »Wie 35a fol. 1r«. Die Siglen für die Transkriptionsvorlagen sind in 6.2.–6.4. nachgewiesen. 23 Dazu in einem Fall G-Schlüssel, vgl. Kap. 3.3.1. 21 22

194

4. Edition

C- und F-Schlüssel für Descendat, fol. 46r (Hand 1, Abb. 14) / oktavierter Violinschlüssel Zierneumen Die Notationshände des Propsthandbuchs notierten in erster Linie Basisformen der gotischen Choralnotation. Daneben finden sich an Zierneumen zwei absteigende liqueszierende Formen. Sie sind jeweils mit einem kleineren Notenkopf auf der Höhe der Liqueszenz wiedergegeben (vgl. fol. 1vb ›O mundi domina‹ zu mun).

Liqueszenz zu ›O mundi domina‹ für mun, fol. 1va (Abb. 8) Mehrtönige Neumengruppen Mehrtönige Neumen sind in Gruppen transkribiert. Mehrere Gruppen über einer Silbe sind mit kleinem Abstand wiedergegeben, vgl. die zweite Silbe bei Descendat und das O von ›O mundi domina‹. Akzidentien Die Handschrift gibt nur fa-Akzidentien an (). Sie sind in der Edition wie in der Handschrift als  vor der Neumengruppe oder der Note im System wiedergegeben. Nur die Akzidentien der Handschrift sind ediert, es werden keine Vorschläge für weitere Akzidentien gemacht, da deutliche Richtlinien für solche Ergänzungen aus niedersächsischen Klöstern des 15. Jahrhunderts nicht überliefert sind. Textorganisation In Responsorien ist der Versus abgesetzt und beginnt auf einem neuen System. Die Repetenda ist in der Handschrift durch rote Strichelung des ersten Buchstabens, in der Edition durch Asterisk gekennzeichnet. 24 Andere mehrteilige Gesänge wie Sequenzen, Antiphonen mit Versen, Hymnen und Tropen sind wie in der Handschrift fortlaufend wiedergegeben. Einzelverse und Repetitiones sind durch senkrechten Strich markiert. Der Beginn von Versikeln und Einzelstrophen ist jeweils in der Kommentarspalte angegeben.

24

Zu dem Einsatz der volkssprachigen Leisen als Repetitiones vgl. Kap. 2.5.3.

4.2. ›Kollektar‹

195

4.2. ›Kollektar‹ (i ra) 1 Ende Kollektengebete für den 15. Sonntag n. Pfingsten Samstag vor dem 16. Sonntag n. Pfingsten v 2 Vespertina oratio 16. So. n. Pf. v Dirigatur domine C Tua nos quaesumus

[…] quia sine te non potest salua consistere. tuo semper munere gubernetur. Dominica xvj.a in sab[ato] 3  Vespertina in dominica.  Dirigatur d[omine] o[racio] mea: Tua nos quesumus domine gracia semper et preueniat et subsequeatur. ac bonis operibus iugiter prestet esse intentos. Dominica xvij.a in sab[ato]  Vespertina

Sa v. d. 17. So. n. Pf. v Vespertina oratio 17. So. n. Pf. in dominica.  Diriga[tur] v Dirigatur domine C Da quaesumus (i rb) Da quesumus domine populo tuo dyaboli/ca 4 vitare Sa v. d. 18. So. n. Pf. v Vespertina oratio 18. So. n. Pf. v Dirigatur domine C Dirigat corda nostra Sa v. d. 19. So. n. Pf. v Vespertina oratio 19. So. n. Pf. v Dirigatur domine C Omnipotens et misericors (i va) Sa v. d. 20. So. n. Pf. v Vespertina oratio 20. So. n. Pf. v Dirigatur domine C Largire quaesumus

contagia. et te solum deum pura mente sectari. Dominica xviij.a in sab[ato]  Vesperti[na] in dominica.  Dirigatur

Dirigat corda nostra quesumus domine tue miseracionis operacio. quia tibi sine te placere non possumus. Dominica xix.a in sab[ato]  Vespertina in dominica.  Diriga[tur] Omnipotens et misericors deus. uniuersa nobis aduersancia propiciatus exclu/de. ut mente et corpore pariter expediti. que tua sunt liberis mentibus exequamur. Dominica xx.a in sab[ato]  Vespertina oracio ascendat ad te domine: in dominica.  Dirigatur domine oracio mea: Largire quesumus domine fidelibus tuis indulgenciam placatur et pacem. ut pariter ab omnibus mundentur

Fol. i = alt, Gegenblatt fol. 7. Zu dem Ursprungscodex, zu dem dieses als Spiegel verklebte Blatt gehörte, vgl. Kap. 3.2.1. Im Propst-Handbuch als Spiegel verklebt. Für alle Blätter im Folgenden angegeben, ob sie zum Ursprungscodex (›alt‹) oder zur Erweiterungsschicht (›alt‹) gehören. 2 Versikel (v) im ›Kollektar‹ kleiner geschrieben, vgl. Kap. 3.1.5. 3 Ergänzungen von Suspensionskürzungen im Text durch eckige Klammern markiert, vgl. Kap. 4.1.2. 4 Spaltenwechsel im laufenden Text mit / markiert. 1

196 Sa v. d. 21. So. n. Pf. v Vespertina oratio 21. So. n. Pf. (i vb) 5 v Dirigatur domine C Familiam tuam

Sa v. d. 22. So. n. Pf. v Vespertina oratio 22. So. n. Pf. v Dirigatur domine C Deus refugium

4. Edition

offensis. et secura tibi mente deseruiant. Dominica xxj.a in sab[ato]  Vespertina in / dominica.  Dirigatur 6 Familiam tuam quesumus domine continua pietate custodi. ut a cunctis aduersitatibus te protegente sit libera. et in bonis actibus. tuo nomini sit deuota. Dominica xxij.a in sab[ato]  Vespertina. in 7 dominica.  Diri[gatur] Deus refugium nostrum et virtus. ad esto pijs ecclesie tue precibus auctor ipse pietatis et presta. ut quid fideliter pe= 8

5 Federprobe über der Spaltengrenze mit Zeichenfeder des 16. Jahrhunderts (?) ghatie (?). Am unteren und oberen Rand Bleistifteintragungen mit verschlüsselten Preisangaben für Auktionen, vgl. Kap. 3.5.3. 6 Ende der Zeile mit Papier von früherem Zettel der Bodleian Library überklebt, vgl. Kap. 3.5.4. 7 i zuerst schwarz geschrieben, dann roten Nasalstrich darüber gesetzt. 8 Silbentrennung am Zeilenende regelmäßig mit =-Zeichen mit Zeichenfeder markiert. Auf dem Falz zu fol. 6 sind noch die linken Ausläufer von zwei Initialen erkennbar, die zu A und E für die Gebetensinicipits der beiden noch fehlenden Sonntage passen würden (›Absolve quaesumus‹, ›Excita domine‹), vgl. Kap. 3.2.1.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Weihnachten

197

4.3. ›Liber Ordinarius‹ Besitzeintrag (1ra) 1 Ordinarius für die Maria und Mauritius geweihte Kirche in Medingen

4.3.1.

Ordinarius ecclesie sancte Marie virginis et sancti Mauricij in Meding 2

Weihnachten

(1va) Matutin 3

Der Propst stimmt an H Te deum 4

L Mt 1:1 H Te decet ohne anschließendes Dominus vobiscum

IN sacratissima nocte natiuitatis domini nostri ihesu cristi imponat dominus prepositus ym[num].

ewan[gelium]. Liber generacionis. Deinde

C Deus qui hanc

simam] noc[tem].

Nach Schuldbekennt- Postquam autem lectum est Confiteor tollat ymaginem nis (Confiteor) beate virginis et vertens se ad populum incipiat alta et Erhebung des Mariensollempni voce. bilds 5

1 Fol. 1 = neu; detaillierte Beschreibung der Stellung der einzelnen Blätter im Lagenverbund Kap. 3.1.1. Aufgeklebte Papierblätter der Bodleian Library; zu den neuzeitlichen Veränderungen an der Handschrift vgl. Kap. 3.5.4. Am oberen Blattrand Eintrag B V, vgl. Kap. 3.3.1. zu den ergänzten Partien. 2 Zur Namenform Meding vgl. Kap. 1. 3 Abb. 8. 4 Linienlos notierte Stücke sind durch eine kleinere Notentype markiert, vgl. Kap. 4.1.4. Transkribiert nach Wie 35a, fol. 1r. Die Siglen für die Transkriptionsvorlagen sind nachgewiesen in 6.2. (Medinger Handschriften), 6.3. (allgemeines Handschriftenverzeichnis) und 6.4. (Gedruckte Quellen). 5 Zur Erhebung des Marienbildes vgl. Kap. 2.1.2. und die Einleitung zu 2.5.

198

4. Edition

(1vb) A O mundi domina

Klerus antwortet Wechselgesang 7 mit dreifacher Wiederholung, endend auf orta

clerus 6

pre[positus] 8

Hic iacet

(2r) 9 In Dominus dixit 10

Rot über der Zeile eingetragen und mit einem roten Strich eingefügt. Zu der Verteilung des Wechselgesangs auf Propst und Klerus vgl. Kap. 2.2.3. 8 Mit der Abkürzung  rot über der Zeile eingefügt. 9 Fol. 2 = neu; halbes Blatt (Abb. 9). 10 Introitus zur ersten Messe. Transkriptionsvorlage: Graduale Triplex S. 41. 6 7

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Weihnachten Nach der Messe S Grates nunc omnes 11 mit Le Gelobet seist du 12 als Einschub S 1 Grates nunc omnes Le Gelobet seist du S 1 Grates nunc omnes Le Gelobet seist du S 2 Huic oportet Le Gelobet seist du S 2 Huic oportet Le Gelobet seist du S 3 Semper sit gloria Le Gelobet seist du S 3 Semper sit gloria

Erste Messe In Lux fulgebit 13 ehrfürchtig zu singen S Eya recolamus

199

Post hanc missam cantetur.

Louet sistu. Grates. Louet. Huic oportet. Louet. Huic. Louet. Semper gloria in excelsis. Louet sis[tu].

¶ Prima missa Lux fulgebit que sollempniter et deuote cantetur. Sequen[cia] Eya recolamus.

Linienlose Notation. Transkriptionsvorlage: Wie 35a, fol. 4v. Linienlose Notation. Transkriptionsvorlage: Das deutsche Kirchenlied III/1.2, Melodie Ec10. Zum Wechselgesang mit der Leise ›Gelobet seist du‹ vgl. Kap. 2.5.1. 13 Introitus zur zweiten Messe. 11 12

200 4.3.2.

4. Edition

Mariä Reinigung

(2v) Zu Mariä Reini- ¶ Ad benedictionem cereorum in purificacione primo fiat gung (2. Februar) geaspersio solito more. schieht Besprengung zur Kerzensegung in gewohnter Weise (Nachtrag) R Asperges me domine 1

Rep Lavabis

Ps Miserere mei

Rep Lavabis (3ra) 2 v Domine apud te G Praesta quaesumus

Oremus. Presta quesumus omnipotens deus 3 per huius aque aspersionem. sanitatem mentis. integritatem corporis. tutelam salutis. securitatem spei. corroboracionem fidei: hic et in eterna secula seculorum.  Amen.

A Asperges mit Ps 50:1 Miserere meus nach Art eines Responsoriums mit Repetenda Lavabis verbunden, vgl. fol. 64rb (dort als R markiert). 2 Fol. 3 = alt; fol. 3ra ist vollständig radiert und von Hand 2 neu beschrieben. Die Rubrik unter der Spalte, die über zwei Drittel der Schriftspiegelbreite ging, radiert (Angabe dazu, dass auf fol. 3rb Benediktionen für die Festtage folgen?). 3 Danach drei Buchstaben radiert (op̅c?). 1

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung v Pretiosa est 4 G Sancta Maria (3rb) Kerzenweihe A Preciosa est

201

Hinc sacerdos dicat Preciosa est in consp[e]c[tu] do[min]i. mors sancto[rum] eius. Oremus. Sancta maria. etc ¶ In purificacione sancte marie. benedictiones luminum.

Preciosa est in conspectu domini: Oremus. Sancta maria mater domini nostri ihesu cristi. pia et perpetua virgo. regina celi. mundi domina. cum omnibus sanctis intercedere dignare pro nobis ad deum patrem omnipotentem. ut mereamur ab eo adiuuari et (3va) saluari. Qui viuit et r[egnat] d[eus] / per omnia s[ecula] seculorum: amen. Incipitangabe Exorzizo. 5 Anweisung, Kollekhec collecta hic non legatur vsque post Nunc dimittis. 7 tengebet auszulassen Erudi quesumus domine plebem tuam. et que extrin[C Erudi] 6 secus annua tribuis celebritate venerari: interius assequi gracie tue luce concede. Per cristum dominum nostrum. G Exorzizo te creatura Exorzizo te creatura cere in nomine pa†tris et fi†lij et cere spiri†tus sancti. ut fias exorzizata. contra omnem virtutem inimici: ut / in quocumque loco accensa fueris. (3vb) fugiat et contremiscat dyabolus cum omnibus suis fantasijs et illusionibus adiuratus per uirtutem domini nostri ihesu cristi Qui venturus est iudicare viuos et mortuos et seculum per ignem: amen. G Benedic domine Oremus. 9 Bene†dic domine ihesu criste hanc creaturam cere. supplicantibus nobis. et infunde ei per virtu8 tem sancte crucis. benedic/cionem ce†lestem. qui eam (4ra) ad repellendas tenebras humano generi tribuisti. talim signaculo sancte crucis tue fortitudinem et benedictionem accipiat: ut in quibuscunque locis accensa G Sancta Maria

4 Der von der Nachtragshand geschriebene v und das Gebetsincipit nehmen v und G des Ursprungscodex (fol. 3rb) vorweg, vgl. Kap. 3.3.1. 5 Davor ein Oremus durchgestrichen. Exorzizo nachgetragen als Incipit, um darauf hinzuweisen, dass das in der gleichen Spalte später folgende Gebet Exorzito te creatura hier direkt anschließen soll. 6 Erudi … nostrum] soll hier bei der Lesung übersprungen werden und erst nach dem ›Nunc dimittis‹ (fol. 8va) gesprochen werden; auf fol. 8va wird mit ut supra hierher zurückverwiesen. 7 hec… dimiitis] Marginalie zur Verschiebung des Kollektengebets. 8 Fol. 4 = alt. 9 Oremus] Nachgetragen von Hand 2.

202

4. Edition

siue posita fuerit. discedat dyabolus et contremiscat et fugiat cum omnibus ministris suis. de habitationibus illis. nec presumat amplius inquietare / vel illudere ser(4rb) uientes tibi. Qui cum patre et s[piritu] s[ancto] viuis et regnas deus per omnia s[ecula] seculorum. amen. G Benedico te creatura Bene†dico te creatura cere. in nomine sancte trinitatis. cere ut sis ubique dyaboli effugacio· atque omnium contubernalium suorum exterminacio· adiuuante eadem sancta et indiuidua trinitate· que in vnitatis essencia viuit et regnat deus. per omnia s[ecula] seculorum. amen. (4va) G Domine Jesu Oremus. Domine ihesu criste lux vera. qui illuminas Christe omnem hominem venientem in hunc mundum· effunde bene†dictionem tuam super hos cereos· et sancti†fica eos lumine gracie tue et concede propicius: ut sicut hec luminaria igne visibili accensa nocturnas depellunt tenebras. ita corda nostra invisibili igne· id est spiritus sancti splendore illustrata. uiciorum (4vb) omnium ceci/tate careant· ut purgato mentis oculo ea cenere possimus que tibi sunt placita· et nostre saluti utilia: quatinus post caliginosa huius seculi discrimina· ad lucem indeficientem peruenire mereamur. Per dominum nostrum ihesum cristum filium tuum qui tecum viuit et regnat in vnitate eiusdem spiritus sancti deus:10 per omnia s[ecula] seculorum.  10 11 (5ra) G Domine deus Oremus. 12 Domine deus omnipotens creator celi et terre. rex regum et dominus dominancium. exaudi nos indignos famulos tuos clamantes ad te. precamur ergo te domine sancte. pater omnipotens. eterne deus. qui omnia creasti ex nichilo. et iussu tuo per opera apum. hunc liquorem ad perfeccionem cerei euenire fecisti: et qui hodierna die peticionem iusti symeonis implesti. te (5rb) humiliter im/ploramur: ut has candelas ad vsus hominem et sanitatem corporum et animarum siue in aquis sive in terra. per invocacionem sanctissimj nominis tui. et per intercessionem sancte marie virginis genitricis filij tui cuius hodie festa percolumus et per intercessionem omnium sanctorum tuorum bene†dicere, et Von Hand 2 ist der erste Punkt in einen Doppelpunkt und der zweite in einen punctus flexus verwandelt. 11 Fol. 5 = neu. 12 Über der Spalte eingetragen. 10

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung

(5va)

G Supplices

(5vb)

(6ra) 15 Per omnia Dominus vobiscum Einleitung des Propstes zur Präfation, ohne Antworten notiert

203

sanctific†are 13 digneris: et huius plebis tue. que illas honorifice in manibus portare desiderat cantando. teque honorifice laudando: exaudi voces de celo sancto tuo. et / de sanctitatis tue habitaculo. et propicius sis omnibus clamantibus ad te. quos redemisti precioso sanguine filij tui. Qui tecum vi[vit] et reg[nat] in vni[tate] Oremus. Supplices te rogamus domine. ut mittas sanctum angelum tuum raphahelem. ut qui repulit a thobia et sara demonem eos infestantem. per 14 huius cere sanctificacionem. conterat illum et disperdat. de cunctis habitacionibus colencium deum. de basilicis. de domibus. de angulis. / de lectulis. de refectorijs. de vniuersis locis in quibuscumque famulantes deo habitant et requiescunt. dormiunt. vigilant. ambulant et consistunt. nec audeat ille malignus amplius inquietare vel pauores inmittere. super eos quos sancti crismatis tui vnccione fecisti esse munitos. Per dominum nostrum ihesum cristum filium tuum. qui tecum vi[vit] et reg[nat] in vni[tate] spiritus s[ancti] deus

Sursum corda

Gratias agamus

Kreuzeszeichen für benedicere und sanctificare nachgetragen. Vor per zwei Buchstaben ausradiert. 15 Fol. 6 = alt; mit fol. 1 zu einem Doppelblatt verklebt, bevor die farbigen Initialen auf fol. 6ra eingetragen wurden, vgl. Kap. 3.1.1. und 3.1.3. 13 14

204

4. Edition

P Vere dignum

1617

Nos tibi

(6rb)

16 17

est nachgetragen. equum] Hs. equm.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung

205

(6v) 18

Proinde immensam

Fol. 6v–7r Eintrag der Notenlinien quer über die Seite über die vorhandenen Spaltenbegrenzungen (Hand 1). 18

206

4. Edition

19

(7r) 20 Qui hodierna

19 20

symeon] e von Nachtragshand über symō eingefügt. Fol. 7 = alt; Gegenblatt zu fol. i, dem Vorderspiegel.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung

207

208

4. Edition

(7va)

G Omnipotens… qui hodierna

(7vb)

G Omnipotens… qui per moysen (8ra) 21

Oremus. Omnipotens sempiterne deus. qui hodierna die vnigenitum tuum vlnis symeonis in templo sancto tuo suscipiendum presentasti· tuam supplices deprecamur clemenciam· ut hos cereos quos nos famuli tui· in tui nominis magnificencia suscipientes gestare cupimus· luce superne bene†dictionis / accendere· ac sancti†ficare digneris· quatinus eos tibi domino deo nostro offerendo digni· et sancto igne tue dulcissime caritatis accensi· in templo sancto glorie tue presentari mereamur. Per eundem cristum dominum nostrum: Oremus. Omnipotens sempiterne deus. qui per moysen famulum tuum purissimum oley liquorem. ad luminaria ante con/spectum tuum iugiter accendenda prepara†ri iussisti: bene†diccionis tue graciam super hos cereos benignus infunde: quatenus sic amministrent lumen exterius: ut te donante lumen spiritus tui non desit mentibus interius. Per dominum nostrum i[hesum] c[ristu]m. Et benedictio dei pa†tris omnipotentis. et fil†ij. et spiritus † sancti. descendat super hos cereos. Amen.

(8rb) Weihrauch / Tunc thurificentur cerei et aspergantur aqua benedicta et Weihwasser accendantur. Virgines cantent Lumen. et Nunc dimittis. 22 Nonnen singen Ca Nunc dimittis mit A Lumen als Repetitio

Ca Nunc dimittis

Fol. 8 = neu; Falz unter fol. i verklebt. Rubrik von der gleichen Hand rechts am Rand auf der Seitenspiegelbegrenzungslinie fortgesetzt. Zu der Rolle der Nonnen in der Liturgie vgl. Kap. 2.3.3. 21 22

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung

209

A Lumen ad revelationem (8va) Wechselgesang bis zur Doxologie C Erudi (vgl. fol. 3va) Prozession des Klerus

versus et Gloria patri. similiter cum repeticione deinde dicat sacerdos. Oremus. Erudi. ut supra 23 Postea fit processio sollempnis et morosa clero canente

A Ave gratia

(8vb)

Verweis auf den Vermerk fol. 3va, dass Erudi erst nach dem Nunc dimittis zu sprechen sei. 23

210

4. Edition

(9ra) 24

A Adorna thalamum

24

Fol. 9 = neu.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung

211

(9rb)

(9va)

Stationshalt

et cantetur Responsum accepit. et cantores cantent finales ordine suo.

212

4. Edition

A Responsum accepit wird mit Schlussmelismen nach Diözesanordnung gesungen 25

(9vb)

(10ra) 26 Nunc dimittis

25 26

Die finales (Schlussmelismen) sind wie in der Handschrift graphisch abgetrennt. Fol. 10 = neu; Beginn der zweiten Lage.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung

213

Propst spricht v Notum  Notum fecit dominus salutare suum: G Illumina quesumus (10rb) Gesang bei Chorabgang R Gaude Maria

Illumina quesumus domine populum tuum. et splendore gracie tue cor eius semper accende: ut saluatorem suum. et incessanter agnoscat. / et veraciter apprehendat. Per eundem. Deinde choro abeunte cantetur.

27

Rep Dum virgo deum

27

Zweimal fa-Akzidenz  für den Ton f. Zu den Akzidentien vgl. Kap. 3.1.3.

214 (10va)

V Gabrielem archangelum

(10vb)

Rep Dum virgo

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Reinigung Zum Einzug in die Kirche A Cum inducerent

215

Ad introitum ecclesie cantetur.

(11ra) 28

v 29 Benedictus qui venit Tunc dominus prepositus in ecclesia dicat ℣ Benedictus

qui venit in nomine domini: Deus do[minus].

G Domine Iesu Christe Ore[mus]. Domine ihesu criste. qui hodierna die in

(11rb)

nostre carnis substancia inter homines apparens. a parentibus in templo es presentatus. quem symeon venerabilis senex lumine spiritus tui irradiatus. suscepit. agnouit et benedixit: presta quesumus ut eiusdem / spiritus sancti gracia illuminati atque edocti. 30 te ueraciter cognoscamus. et fideliter diligamus. Qui cum deo patre et eodem spiritu sancto viuis et regnas deus per om(nia): secula se(culo)rum. Amen.

Fol. 11 = neu. Versikel kleiner geschrieben. 30 e über der Zeile eingefügt. 28 29

216

4. Edition

Ende der Kerzensegnungen nach der Verdener Ordnung Kerzensegung nach der Zisterzienserordnung mit G Deus inestimabilis pietatis (11va)

(11vb)

4.3.3.

Deus inestimabilis pietatis. cuius vnigenitus cum nostra humilitate. hodierna die in templo est a virgine matre presentatus: benedicere dignare hos cereos. in honore nominis tui conse/cratos: et concede per intercessionem beate semper virginis marie. ut quicumque hec luminaria pro honore filij tui domini nostri manibus gestauerint temporali pociantur sospitate: atque vbicumque istorum flamma fuerit accensa. immundorum repellat spirituum falsitatem: sicque mereantur perfrui temporali leticia· quatinus obuiam sponso pergentes. lampadarum lumine splenden/tes. ad nupcias valeant intrare gaudentes. Per eundem.

Aschermittwoch

Zu Beginn der Fastenzeit nach Ps Deus misereatur und C steigt der Propst zur Austeilung des Aschenkreuzes auf den Nonnenchor. Memento quia cinis

31

Explicit secundum ordinarium verdensem. Sequitur benedictio secundum ordinem Cistercien[sem]

¶ In capite ieiunij post Collecta que legitur post psalmum Deus misereatur nostri. ascendat dominus prepositus chorum et ponat cineres capitibus singularum dicens. Memento quia cinis es. et in cinerem reuertéris. 31

Leseakzent über der vorletzten Silbe, vgl. Kap. 3.3.1.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mariä Verkündigung

4.3.4.

217

Mariä Verkündigung

An Mariä Verkündi- ¶ In sacratissima die dominice annunciacionis 3 post Salue gung (25. März) nach regina. imponat dominus prepositus. A Salve regina stimmt der Propst an (12ra) 1 A Haec est dies

Hodie dominus

Hodie mortem

Der Abschnitt Hodie deus homo factus soll dreifach wiederholt werden 2

ista clausula Hodie deus ter repetatur reuerenter et morose Fol. 12 = neu; Einzelblatt, dessen Falz an fol. 19v geklebt ist. Rubrik in Bastarda unter der Spalte (Hand 2); Hodie deus homo factus durch rote Klammern markiert. Zum Medinger Gebrauch vgl. Kap. 2.4.2. 3 annunciacionis post] Hs. annunciaci/acionis pt9 (/ = Zeilenwechsel, a radiertes a) 1 2

218

4. Edition

(12rb)

v Egredietur dominus

G Deus qui hodierna

loco sancto suo: Deus qui hodierna die. verbum tuum beate marie virginis aluo coadunare voluisti: fac nos ita dominice incarnacionis festa peragere. ut tibi placere valeamus. Per eum.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

4.3.5.

219

Palmsonntag

An Palmsonntag (12va) ¶ In dominica palmarum ordo / ad benedicendum ramos zur Weihe der Palmzweige nach der Terz Post terciam prepositus preparatus cum ministris peragat durch den Propst Be- aspersionem solito more. ℣ Domine apud te. Col[lecta] sprengung nach Presta quesumus. Deinde incipiat bene[dicti]ones ramogewohnter Weise. rum huc modo. v Domine apud te Dominus vobiscum. G Praesta quaesumus G Deus quem diligere Deus quem diligere et amare iusticia est. ineffabilis

gracie tue dona in nobis multiplica: et qui fecisti nos in morte filij tui sperare que credimus. fac nos eodem resurgente peruenire quo tendimus. Per eun[dem]. L Ex 15:27 Post hec leccio Venerunt filij israel. A Collegerunt Cantor Collegerunt. L Mt 21:1 (12vb) hinc dy/aconus ewan[geliu]m. Cum appropinquasset. Sequitur immediate exorcismus. (13ra) 1 G Exorzizo te Exorzizo te creatura florum et frondium. in nomine creatura florum pa†tris omnipotentis. et in nomine ihesu cristi fi†lij eius. et in virtute spiri†tus sancti paracliti. Exorzizo te omnis virtus aduersarij. omnis excercitus dyaboli. omnis spiritus inimici. omnis incursio demonum. eradicare et explantare ab hac creatura florum et frondium: ut ad dei graciam festinancium uestigia non sequaris. Per eundem cristum dominum nostrum: G Deus qui per olivae Oremus. Deus qui per olyue ramum. terris pacem ramum redditam nunciare columbam iussisti: presta quaesumus. ut hos olyue multigenerarum arborum ramos· (13rb) celesti benedictione sanctifices: ut cuncto fide/lium populo proficiant ad salutem perpetuam. Per c[ristu]m d[ominu]m n[ostru]m. G Deus cuius filius Oremus. Deus cuius filius pro salute humani generis de celo descendit ad terras. et appropinquante hora passionis sue. ierosolimam in asino sedens venire· et a turbis rex appellari uoluit: bene†dicere dignare hos palmarum ceterarumque arborum ramos· ut omnes qui eos (13va) laturi sunt· ita / benedictionis tue dono repleantur. quatinus et in hoc seculo hostis antiqui temptamenta superare· in in futuro cum palma victorie· et fructu bonoFol. 13 = alt (Lagenzählung .x. auf Verso-Seite); Einzelblatt; Falz gewendet und unter fol. 19v verklebt, vgl. Kap. 3.2.2. 1

220

G Omnipotens sempi terne

(13vb) 3

(14ra) 5

(14rb)

Priester spricht Einleitung zur Präfation im Präfationston Per omnia (14va)

4. Edition

rum operum tibi ualeant apparere. Per 2 eundem cristum d[ominu]m nostrum. Item. oremus Omnipotens sempiterne deus. flos mundi. odor suauitatis. et origo nascencium. qui omnia legis et prophetarum oracula. in filij tui domini nostri ihesu cristi humanitate de/clarasti: quique eciam uenienti ierosolimam· deuotam cum ramis palmarum ac misticis laudibus hodierna die obuiam fecisti turbam procedere: respice propicius ad debitam 4 tui populi seruitutem. et huius creature nouitatem tua virtute sanctifica: ut sicut tunc prioris populi gratus tibi fuit huius / deuocionis affectus. ita nos quoque nunc in veritate confessionis eius. hec êadem per reuoluta tempora frequentantes. purificatis sensibus dignum tibi deferamus obsequium: ut velud florum varietate piis vernantes studijs. sarcina deposita carnis. cum odore bonorum operum / in celesti iherusalem. eidem filio tuo domino nostro valeamus occurrere. Qui tecum viuit et regnat in vnitate spiritus sancti deus: Hic sacerdos mutabit vocem in modum prefacionis.

Dominus vobiscum Et cum spiritu tuo Sursum corda

Ab hier bis Seitenende eine Rubrik und die Einleitung zur Präfation auf fol. 15ra radiert; Noten und Text auf das neue fol. 14 übertragen, vgl. Kap. 3.1.3. 3 Lagenzählung .x. in der rechten unteren Ecke. 4 debitam] Hs. debitām 5 Fol. 14 = neu; Einzelblatt zwischen ursprünglich aufeinanderfolgende fol. 13 und 15 gesetzt, vgl. Kap. 3.3.1.; über Falz mit fol. 19 zu Doppelblatt verklebt. 2

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

221

Gratias agamus

(14vb) P Vere dignum

Nos tibi semper

(15r) 6

Mundi conditor

Fol. 15 = alt (Lagenzählung [.x]j. auf Falz); Einzelblatt, Falz hinter fol. 18v verklebt; fol. 15r–16r von Hand 1 quer über zweispaltige Einrichtung geschrieben. 6

222

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag (15v)

Nec non

223

224

4. Edition

(16r) 7

Te domine

7

Fol. 16 = alt (Lage .xj.); Einzelblatt; Falz unter fol. 17v verklebt; vgl. Kap. 3.2.2.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

225

(16va)

Rückkehr vom Präfa- Per eundem dominum nostrum ihesum filium tuum tions- zum Lektionsqui tecum viuit et regnat. in vnitate eiusdem spiritus ton Per eundem

226 G Deus qui filium

(16vb)

Benedic etiam ramos

(17ra) 9

Weihrauch, Besprengung und Verteilung der Zweige beim Chorgesang A Turba multa

4. Edition

sancti deus per omnia s[ecula] s[eculorum]. Oremus. Deus 8 qui filium tuum vnigenitum pro redempcione nostra dignatus es dirigere ut populum tuum ab inicio in peccati profundo dimersum. a morte reuocares ad vitam. et cyrographo letali deleto sanguine filij tui gentibus / innouares regnum. deus qui dispersa congregas. et congregata conserues. qui populis obuiam cristo ramos portantibus benedixisti. Benedic eciam ramos palme et arborum. quos tui famuli ad nominis tui benedictionem fideliter suscipiunt. ut in quocumque loco introducti fuerint benedictionem consequantur. ut omni aduersa valitudine effugata. dextera / omnia protegat quos redemit. Per eundem. dominum nostrum ihesum cristum. Et bene†dictio 10 dei patris omnipotentis. et fi†lij et spiritus † sancti descendat et maneat super hos arborum ramos. Hinc thurificentur et aspergantur rami et distribuantur. choro canente.

(17rb)

8 Die ursprüngliche O-Initiale ist von Hand 2 in eine D-Initiale verändert worden. Das folgende Gebet ist bis Ende der Seite auf Rasur geschrieben. Fol. 17–29 (Ende Lage 2 und die gesamte Lage 3) sind neu. Der folgende Text für Palmsonntag, der gesamte Karfreitag und der Beginn des Karsamstags gehört zu der Erweiterungsschicht. 9 Fol. 17 = neu; 8. Blatt der 2. Lage; Einzelblatt; Falz auf fol. 16r geklebt. 10 Kreuz über dem ct von benedictio nachgetragen.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

227

Propst spricht G Auge Deinde prepo[situs]. Oremus Auge fidem in te speranfidem (17va)

cium deus. et supplicancium preces clementer exaudi. et veniat super nos multiplex misericordia tua. et sicut in figura ecclesie multiplicasti noe egredientem de archa. moysen exeuntem de egypto cum filijs israhel. / ita nos portantes palmas vel ramos arborum. cum bonis actibus occurramus obuiam cristo. et per ipsum gaudium introeamus eternum. Per eundem.

Feierliche Prozession mit A Cum appropinquaret

(17vb) Ite in castellum

Hinc fiat processio sollempnis Cum anti[phona].

228

4. Edition

Si quis vos

(18ra) 11

Solventes

Alii expandebant

11

Fol. 18 = neu; Einzelblatt, Falz nach fol. 15v eingebunden.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag (18rb)

Osanna benedictus

(18va)

229

230 A Ante sex dies (18va)

(18vb)

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

(19ra) 12

A Cum audisset

(19rb)

12

Fol. 19 = neu; 10. Blatt der 2. Lage.

231

232 Hic est qui venturus

Hic est salus

(19va)

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

(19vb)

Salve rex fabricator mundi 13

Am Stationshalt A Occurrunt turbae

(20ra) 14

13 14

mundi] Liqueszenz a stark verblasst. Fol. 20 = neu; 11. Blatt der 2. Lage.

233

234

4. Edition

Zwei Scholaren singen Duo scolares cantent (20rb) H Gloria laus

Cui puerile

Israel es tu

(20va) Cui puerile

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag Coetus in excelsis 15

Gloria Plebs hebraea

(20vb)

Cui puerile Hii tibi passuro

Gloria Hii placuere

15

excelsis] Fleck vor Note g eventuell Rest eines Punctum auf a.

235

236

4. Edition

(21ra) 16 Cui puerile

Zwei Sänger stimmen Deinde alij duo cantent et mittant vestimenta ante crucem A Pueri hebraeorum vestimenta an und legen Kleider vor das Kreuz

Zwei weitere legen Alij duo mittant ramos ante crucem Zweige vor das Kreuz (21rb) A Pueri hebraeorum tollentes

16

Fol. 21 = neu; 12. Blatt der 2. Lage.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

237

Propst entblößt Kreuz Quo facto dominus prepositus denudans 17 crucem incipiat. und stimmt an A Scriptum est

(21va)

denudans] Hs. et denudans Davor wahrscheinlich extollens ausradiert; das dazugehörige et wohl versehentlich stehengeblieben. 17

238

4. Edition

Zwei Sänger stimmen Tunc cantores incipiant ter cantando an und singen dreifach H 1 O crux ave 18

2 Te summa (21vb)

pijs iusticiam reisque dona veniam. Te summa deus trinitas collaudat omnis spiritus quos per cru/cis misterium saluas rege per secula. Amen.

Propst spricht vor dem Interim dominus prepositus prostratus coram cruce legat Kreuz liegend drei submissa voce has tres oraciones. Gebete G 1 Te domine Prima oracio. Te domine ihesu criste qui pro humano

(22ra) 19 G 2 Mediator dei

(22rb)

G 3 Domine Iesu

(22va)

genere crucem ascendisti humiliter supplico. ut per virtutem eiusdem sancte crucis pectus meum munias. cor custodias. mentem purifices. vitam sanctifices. mores / emendes. cor meum celesti sapiencia illustres. meque ab omni malo defendas Amen. Secunda oracio Mediator dei et hominum homo criste ihesu. qui in tantum dilexisti hominem. ut pro eo subire non contempseris mortem. te precor per sanctam crucem. venerandam quoque tuam mortem. ut me a morte anime resurgere concedas. et quando / adueneris domine ihesu indicare viuos ac mortuos et seculum per ignem. obsecro ut tunc a flammis vltricibus sancta crux me eripiat atque ab ira tua me miserum defendat Amen. Tercia oracio Domine ihesu criste qui nos hodierna die per passionem tuam a dyaboli seruitute liberasti. exaudi me miserum peccatorem coram hoc signaculo sancte crucis te confitentem. te deprecantem / ut huius vene-

Transkriptionsvorlage: Kop 3449 8° V fol. 43v. Fol. 22 = neu; zusammen mit fol. 29 Äußeres Doppelblatt der vollständig neuen 3. Lage; Quaternione ohne Lagenzählung. 18 19

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

239

rabilis et uitalis ligni tuicione munitus. et hostis nequissimi ignea tela repellere et ab inflictis euacuari wlneribus et ad vitam merear peruenire sempiternam Qui cum patre. Propst geht zurück und spricht mit erhobener Stimme (22vb) G Deus qui miro

(23ra) 20

(23rb)

Prozession geht vom Stationshalt zur Kirche; Zelebrant und Diakon vorweg mit dem Kreuz; Klerus singt A Coeperunt omnes turbae

(23va)

20

Fol. 23 = neu.

Hijs expletis redeat in locum suum et dicat alta voce collecta.

Oremus Deus qui miro dispensacionis modo. ex rebus insensibilibus dis/posicionem nostre salutis ostendere voluisti: da quesumus. ut deuota tuorum corda fidelium salubriter intelligant quidnam mistice designetur in facto. quod hodie celesti lumine afflata. redemptori obuiam currens cum ramis palmarum turba processit: nam pro tocius mundi vita cum mortis principe cicius pugnaturo ac moriendo / triumpphaturo. talia obsequens administrauit. que in illo triumphum victorie declararent: Quod nos quoque plena fide. et factum et significatum retinentes. te domine sancte pater omnipotens eterne deus per eundem dominum nostrum ihesum cristum suppliciter exoramus: ut in ipso atque per ipsum. cuius nos membra fieri uoluisti. de / mortis imperio victoriam reportantes. ipsius eciam glorie resurrectionis participes esse mereamur. Qui tecum. Nunc descendat processio a loco stacionis ad ecclesiam. et celebrans et dyaconus portant crucem et precedant totam processionem interim clero canente

240

Zum Einzug in die Kirche R Ingrediente (23vb)

4. Edition

Ad introitum ecclesie

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Palmsonntag

241

Rep Cum ramis

(24ra) 21

V Cumque audissent

Rep Cum ramis

v Benedictus

G Omnipotens sempiterne deus (24rb)

Ende der Segnung der Palmzweige nach Verdener Ordnung, es folgt die Segnung nach Zisterzienserordnung G Omnipotens sempiterne redemptor (24va) 21

Fol. 24 = neu.

℣ Benedictus qui venit in nomine domini. Oremus. Omnipotens sempiterne deus. qui cristi filij tui beata passione nos reparas: conserua in nobis opera misericordie tue. ut in huius celebritate mis/terij. perpetua deuocione viuamus. Per eum. Explicit benedictio ramorum secundum ordinarium verdense. Sequitur benedictio in ordine Cisterciensi consueta. Oremus Omnipotens sempiterne redemptor. qui de celis ad terram descendere. et ad passionem venire dignatus es. ut humanum genus tuo precioso sanguine liberares: adesto piis ecclesie tue votis / et supplicacio-

242

4. Edition

(24vb)

(25ra)

(25rb)

(25va)

(25vb)

22 23

nibus nostris. tu autem domine mansuetus. mansueti animalis aselli terga insidiens. ad passionem redempcionis nostre spontaneus aduenisti: cum tibi ramis arboreis occurrentibus discipulorum turbis certanti sterneretur via. et triumphatricibus palmis. cum voce laudis occurrerent plurime po/pulorum caterue. resultantes pariter et dicentes. osanna filio dauid. benedictus qui venit in nomine domini: tibi in monte olyueti olyuarum ramis via constrata 22 est. tu quondam noe in archa super vndas diluuij gubernasti: et columbe ministerio per olyue ramum. pacem terris redditam nunciari voluisti. Sed et iacob patriarcha in ministe/ 23rium glorie tue erigens lapidem. ex huius arboris ramis oleum benedictionis. in cacumen tituli infudit: vnde vnxisti reges et prophetas tuos. tu enim es cristus dei. tibi competit fructus vnxionis et pacis. in cuius ineffabilem laudem psalmista cecinit dicens. vnxit te deus deus tuus oleo exultacionis per participibus tuis: Qua propter te domine / supplices deprecamur. ut bene†dicas hos ramos arborum. quos tui famuli in suis suscipientes manibus. in occursum tui properant. teque benedicere et glorificare desiderant: Ecce ierusalem sedens super azimum rex mansuetus aduenisti. adueni ergo rogamus et nobis. et in medium nostri consiste. ut te aduenire in nostris cordibus senciamus: ut / qui nos tunc reparasti per crucem. iterum lapsos repara per eandem beatificam passionem. oris nostri confessionem atque ieiunij humiliacionem libens suscipe. et fructum nos viriditatis habere concede: quatenus tuis ymbribus irrigati. mereamur tibi suauium fructuum vbertate placere. et sicut illi tibi obuiam processerunt. cum arboreis frondi/bus egressi: ita nos te redeunte in secundo aduentu. cum palmis victorie leti mereamur occurrere. saluator mundi: Qui cum patre in vnitate spiritus sancti viuis et regnas deus. per omnia secula seculorum.

constrata] Hs. constratata Fol. 25 = neu.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Gründonnerstag

4.3.6.

243

Gründonnerstag

An Gründonnerstag wird nach 1. Messe die Tür zum Kreuzgang geöffnet und bleibt bis nach der Armenspeisung offen. (26ra) 1 Nach 1. Messe betritt der Propst das Kloster zur Brotsegnung G Deus qui discipulorum

¶ In cena domini post primam missam aperiatur ianua ecclesie ad monasterium. et maneat reserata vsque post vesperas propter mandatum pauperum. et tunc post primam missam / intrabit dominus prepositus monasterium ad benedicendum panem.

Oremus Deus qui discipulorum tuorum pedes abluens pio affectu eis exemplum humilitatis prebens mandatum dedisti. concede propicius ut obsequij mandatorum tuorum obtentu. de tuo sine fine letemur aspectu. Per cristum dominum nostrum G Actiones nostras Acciones nostras quesumus domine aspirando preueni (26rb) et adiu/uando prosequere. ut cuncta nostra operacio a te semper incipiat et per te incepta finiatur. Benedic domine creaturam istam panis. sicut benedixisti quinque panes in deserto. ut omnes ex eo gustantes accipiant tam corporis quam anime sanitatem. G Descendat benedictio Descendat benediccio patris et filij et spiritus sancti (26va) super hanc creaturam panis. ut qui/cumque ex eo sumpserint accipiant sanitatem mentis. tutelam salutis. integritatem corporis securitatem spei. corroboracionem fidei. et consolacionem spiritus sancti. Amen.

1

Fol. 26 = neu.

244 4.3.7.

4. Edition

Karfreitag

An Karfreitag 1 gemeinsame Feier zur Kreuzverehrung. Vorbereitung der Priester wie üblich; (26vb) rote Kaseln; Leinentuch auf Altar. Nach Wortgottesdienst mit Großen Fürbitten beginnen zwei Sänger, das Kreuz zwischen sich, die Improperien

In parasceue inchoante hora nona conueniant vniuersi ad salutandum crucem. Et sacerdos cum ministris solito more preparatus rubeis casulis induantur ac lintheo super altari ex/spanso. Subdiaconus incipiens officium diei. In tribulacione. etc. Oracionibus autem videlicet Oremus dilectissimj sollempniter adimpletis. sacerdos cum ministris ad vestiarium redeant ibique se ad salutandam crucem humiliter componant. Hinc duo 2 tollentes crucem et in latere altaris inter se tenentes. canant. ¶

Improperien 1 Popule meus (27ra) 3

Nonnen singen Trishagion griechisch und lateinisch

Hinc virgines canant Ayos o theos. Ayos yschiros. Ayos athanatos eleyson ymas. Sanctus deus sanctus fortis sanctus immortalis miserere nobis

Vgl. zum Ablauf der Karfreitagsfeier Kap. 2.2.5. duo] Das ursprünglich folgende sacerdotes radiert. 3 Fol. 27 = neu. 1 2

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karfreitag (27rb) Improperien 2 Quia eduxi

Nonnen wiederholen Trishagion Improperien 3 Quid ultra

virgines 4 Ayos Sanctus

(27va) 5

4 5

virgines über der Zeile nachgetragen. Abb. 10, vgl. Kap. 2.2.5.

245

246

Trishagion (27vb) Kleriker entblößen und erheben das Kreuz und singen feierlich die A Ecce lignum 6

4. Edition

extollentes et cantantes sollempni voce. ecce lignum

A Ecce lignum crucis Nonnen 7 antworten mit zweitem Teil der A In quo salus

Ecce lignum] Es folgte: Nota Ecce lignum. resumetur antequam versus Beati immaculati incipitur. et post versus iterum. Durch rotes Kreuz ausgestrichen. Die A in der Weise eines R mit Rep und Ps V aufgezeichnet, vgl. Asperges fol. 2vb. 7 virgines] über der Zeile nachgetragen. 6

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karfreitag

247

Die Priester singen 8 Psalmvers Ps Beati immaculati 9 (28ra) 10

A Ecce lignum Die Nonnen antworten mit In quo salus

Priester singen A Tuam crucem adoramus, dann mit gesenkter Stimme A Dum fabricator 11

Iterum sacerdotes. Tuam crucem ado[ramus]. Deinde sacerdotes submissa voce.

Danach mit feierlicher Stimme ehrfürchtig A O admirabile pretium 12

Post hec sollempni voce reuerenter et morose.

8 Sacerdotes cantent.] Rubrik liegt über Incipit mit radierte E-Initiale, das einen Eintrag mit musikalischer Notation eröffnete. Unter der Spalte war eine mehrzeilige Rubrik in kleiner Schrift, die radiert ist. Sowohl ursprünglicher Eintrag wie Korrektur von Hand 2. 9 Keine der Fassungen aus den niedersächsischen Frauenklöstern stimmt mit der Notation hier überein. Transkriptionsvorlage: Kop 3449 fol. 214r. 10 Fol. 28 = neu; Abb. 11. 11 Transkriptionsvorlage: Por 18 p. 182. 12 Transkriptionsvorlage: Wie 37 fol. 30r.

248

4. Edition

Während H Crux fidelis 13 wird das Kreuz andächtig verehrt.

Priester mit Assistenz bringt Hostien zum Altar, spricht Schuldbekenntnis (28rb) Nach H singen Nonnen A Super omnia ligna. Propst geht zur Kommunion auf den Nonnenchor. Nach der Vesper geht der Klerus zur Grablegung des Kreuzes, das zwei Priester mit Kerzen und Weihrauch wegtragen, während der Klerus mit gesenkter Stimme singt R Ecce quomodo moritur

uerenter adoretur. ¶ Deinde sacerdos cum min[i]stris solito more preparatus cum cereis et incenso afferat corpus cristi et locato in altari dicat. Confiteor. debito modo etc Post ymnum Crux fidelis cantent virgines antiphonam. Super omnia ligna cedrorum. qua completa ascendat dominus prepositus chorum virginum si ibi fuerint communicantes. ¶ Post vesperas clerus descendat ad recondendam crucem. quam duo sacerdotes deportabunt cum cereis et incenso ad locum sepulture clero submissa voce ca[nente].

(28va)

13

Transkriptionsvorlage: Wol 875 fol. 17r.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karfreitag Rep Et erit in pace

V In pace

Rep Et erit in pace

(28vb) R Sepulto domino

249

250

4. Edition

Rep Ponentes milites

V Ne forte 14

(29ra) 15

Rep Ponentes v Christus factus G Respice

Kein Glockengeläut und Stundenschlag nach der Zisterzienserordnung bis zur Ostervigil; hölzerne Glocke

14 15

*Ponen[tes] Cristus factus est pro nobis obediens patri usque ad mortem: Oremus Respice quesumus domine. super hanc familiam tuam. pro qua dominus noster ihesus cristus non dubitauit manibus tradi nocencium. et crucis subire tormentum. Qui tecum vi[vit]. Nota ab hora vespertina cene domini vsque in vigilia pasce ad officium misse non pulsetur campana in ecclesia sed nec in horologio secundum ordinem cisterciensem. sed omnia lignea campana pulsentur.

Transkriptionsvorlage für mortuis: Kop 3449, 8° V fol. 217v. Fol. 29 = neu; die Rotspuren auf dem Blatt sind Abklatsch von fol. 30r.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

4.3.8.

251

Karsamstag

(29rb) An Karsamstag nach Läuten mit Ratsche Versammlung in der Kirche, Propst im Chormantel mit Assistenz in Prozession zur Osterfeuersegnung mit 7 Bußpsalmen ohne Gloria und ohne Litanei, abgeschlossen von v Christus factus est. Propst segnet Feuer ohne Dominus vobiscum mit G Domine deus pater

JN sacratissima et altissimo 1 sabbato sancto Pasce hora nona facta pulsacione per lig[nu]m. conueniant singuli ad ecclesiam et dominus prepositus indutus cappa sollempni cum ministris preparatis sumptis crucibus cum processione descendant ad locum vbi benedicendus est ignis cum .vij. psalmis Domine ne in fu[rore] absque Gloria patri. et sine letania. et in fine. ℣. Cristus factus est obe[diens] hinc dominus prepositus absque Dominus vobis[cum] benedicat ignem dicens. Oremus Domine deus. pater omnipotens. eterne deus. benedicere † 2 dignare istum ignem. quem nos indigni per invocacionem vnigeniti filij tui domini nostri ihesu cristi benedicere presumimus: tu clementissime eum (29va) tua benedictione sanctifica †. et ad profectum / humani generis prouenire concede. Per eundem G Domine sancte pater Domine sancte pater omnipotens eterne deus. in nomine tuo et in nomine filij tui domini nostri ihesu et spiritus sancti benedicimus hunc ignem cum cera et omnibus alimonijs eius. sanctificamus et signo crucis cristi filij tui altissimj signamus. ut intus vel foris accensus non quod noceat accendat. sed omnia ad vsum hominum calefaciat siue illuminet. et que ex hoc (29vb) igne fuerint / conflata vel calefacta sint benedicta. et omni humano saluti vtilia. ut non cum nadap et abyuth ignem tibi offerentibus alienum incendamur. sed cum aaron pontifice et filijs eius eleazaro et ythamaro hostias tibi pacificas. spiritus sancti igne assatas (30ra) 3 immolare valeamus. et semper eiusdem / spiritus sancti igne vicia nostra vre. cordaque nostra luce sciencie tue illumina. et animas nostras fidei calore clarifica. Per eundem dominum nostrum ihesum cristum. filium tuum. qui tecum viuit et regnat in vnitate eiusdem spiritus sancti deus: per omnia secula seculorum. G Deus qui filium tuum Oremus Deus qui filium tuum angularem scilicet

altissimo] l verziert über die Zeile ausgezogen. Kreuze auf der Seite nachgetragen. 3 Fol. 30 = alt; Beginn der jetzigen 4. Lage, ursprünglich der 12. Lage (Lagenzählung .xij. auf fol. 39v). Die ersten 13 Zeilen radiert, um den Abschluss des Gebets von fol. 29v einzutragen. Am linken Rand noch grüne Fleuronée-Initiale erkennbar, die in Rubrik fortgesetzt wurde, vgl. Kap. 3.3.1. 1 2

252 (30rb)

4. Edition

lapidem caritatis ignem / tuis fidelibus contulisti. productum e sylice. nostris profuturum vsibus. nouum hunc ignem sancti†fica. et concede nobis per hec festa paschalia celestibus desiderijs inflammari: ut ad perpetue claritatis puris mentibus ualeamus festa pertingere. Per eundem cristum dominum nostrum.

Lichtsegnung

Ad lumen 4 G Domine sancte pater Oremus Domine sancte pater omnipotens lumen (30va) indeficiens. qui es condi/tor omnium luminum bene†dic hoc lumen. quod a te sanctificatum. atque benedictum est. qui illuminasti omnem mundum. ut ab eo lumine accendamur. et illuminemur igne caritatis tue: et sicut illuminasti moysen. ita illumines corda et sensus nostros: ut ad vitam et lucem eternam peruenire mereamur. Per cristum dominum nostrum. (30vb) Zur Segnung des Weihrauchs G Veniat quaesumus

Ad incensum. 6 Oremus. Veniat quesumus omnipotens deus super hoc incensum. larga bene†diccionis infusio: et hunc nocturnum splendorem inuisibilis regnator accende. ut non solum sacrificium quod in hac nocte litatum est. archana tui luminis ammixtione refulgeat: sed in quocumque loco. ex huius aliquid sanctificacionis mysterio fuerit appor/tatum. expulsa dyabolice fraudis (31ra) 5 nequicia: uirtus tue maiestatis assistat Per dominum Et benedictio dei pa†tris omnipotentis. et fi†lij et spiritus sanc†ti. descendat et maneat super hunc ignem. Feuer wird beweihräuchert und mit Wasser et super hoc lumen. atque hoc incensum: amen.

besprengt (31rb) und Lichter damit entzündet. Prozession kehrt zurück, während Scholaren singen H 1 Inventor rutili

Hijs dictis thurificetur ignis et aspergatur aqua benedicta. et / accendantur lumina ex ipso igne nouo 7. Tunc redeat processio scolaribus ymnum canentibus

Ad lumen am unteren Blattrand nachgetragen Fol. 31 = alt. Nachträge von Hand 2: Ergänzung des Worts nouo zu igne und Rubrik unter fol. 31rb. 6 Ad incensum am oberen Blattrand nachgetragen 7 nouo] in anderem Rotton über Rasur geschrieben. 4 5

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

253

2 Merso sole

Propst singt mit feierlicher und froher Stimme das ›Exsultet‹ 8 (31v) 1 Exsultet iam angelica turba

Deinde dominus prepositus sollempni et iocunda voce cantet.

2 Gaudeat se tellus

8

Rubrik von Hand 2 unter fol. 31rb eingetragen.

254

4. Edition

(32r) 9

3 Laetetur et mater ecclesia

4 Quapropter astantes vos fratres

(32v)

9

Fol. 32 = alt.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

5 Per dominum nostrum

(33r) 10

10

Fol. 33 = alt.

255

256

Per omnia saecula

Dominus vobiscum

Sursum corda

Gratias agamus

(33v) P Vere dignum

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

Qui pro nobis aeterno patri

(34r) 11

Haec sunt enim festa paschalia

11

Fol. 34 = alt.

257

258

4. Edition

12

Haec nox est in qua primum

(34v)

Haec igitur nox est

12

occiditur] Hs. occitur.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag Haec nox est quae hodie

(35r) 13

Haec nox est in qua destructis vinculis

13

Fol. 35 = alt.

259

260 Nihil enim nobis

(35v) O mira circa nos

O inestimabilis dilectio

O vere beata nox

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag (36r) 14 Haec nox est de qua scriptum est

Huius igitur sanctificatio

Fugat odia

14

Fol. 36 = alt.

261

262

4. Edition

(36v)

In huius igitur noctis

15

Einlegen der Weihrauchkörner 16

15 16

Hic pone incensum.

imperia] nach c zwei rudimentäre Currentes ha und a in hellerer Tinte. Links Schemazeichnung zu Hic pone incensum, vgl. Kap. 3.2.3., Abb. 12.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag Sed iam columnae

(37r) 17

Anzünden der Kerze

Hic accende cereum. 18

Qui licet divisus

Alitur liquentibus

(37v)

17 18

Fol. 37 = alt. Rechts Schemazeichnung zu Hic accende cereum, vgl. Kap. 3.2.3., Abb. 13.

263

264

4. Edition

O vere beata nox

Nox in qua terrenis

Oramus ergo te domine

(38r) 19

19

Fol. 38 = alt.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

Flammas eius

Ille in quam

(38v) Ille qui

Precamur ergo

265

266

4. Edition

(39r) 20

Per dominum

20

Fol. 39 = alt; Lagenzählung .xij. in der rechten unteren Ecke von fol. 39v.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

(39va) Bei der Taufwasserweihe zuerst Li Rex sanctorum, dann Propst G Omnipotens sempiterne deus 21 (39vb)

(40r) 22 Einleitung zur Präfation Per omnia

267

Consecracio baptismi primo cantetur Rex sanctorum Deinde dominus prepositus dicat. Oremus. Omnipotens sempiterne deus. adesto magne pietatis tue mysterijs. adesto sacramentis: et ad creandos nouos populos. quos tibi fons baptismatis parturit. spiritum adopcionis emitte: ut / quod nostre humilitatis gerendum est mynisterio. tue virtutis impleatur effectu. Per dominum nostrum ihesum cristum filium tuum. qui tecum viuit et regnat in vnitate eiusdem spiritus sancti deus.

Dominus vobiscum

21 Fol. 39v Lagenende mit Lagenzählung .xij., die letzten sechs Zeilen leer. Rubrik und Gebet von Hand 1 möglicherweise nachträglich eingetragen, vgl. Kap. 3.2.3. 22 Fol. 40 = alt, Lagenzählung [.xi]ij. auf Falz, vgl. Kap. 3.2.3.

268

4. Edition

Sursum corda

Gratias agamus

P Vere dignum et iustum aequum 23

Qui invisibili

23

equum] Hs. equm.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag (40v)

Deus cuius spiritus

(41r) 24

24

Fol. 41 = alt.

269

270

Deus qui nocentis

(41v)

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag Respice domine

(42r) 25

25

Fol. 42 = alt.

271

272

Wasser in Kreuzform berühren, dann Fortsetzung P Qui hanc aquam

(42v)

4. Edition

Hic tange aquam in modum crucis.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

(43r) 26

Procul ergo

26

Fol. 43 = alt.

273

274

(43v)

Sit haec sancta

Sit fons vivus

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

(44r) 27

Unde benedico

27

Fol. 44 = alt.

275

276

4. Edition

(44v)

Wasser in Kreuzform verteilen

(45r) 28

28

Fol. 45 = alt.

Hic eice manu tua aquam de fonte in quatuor partibus in modum crucis.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

Benedico te per Iesum

(45v)

277

278

4. Edition

(46r) 29 Im Lektionston fortfahren Haec nobis praecepta

Hic muta vocem quasi legens.

Kerze in Kreuzform eintauchen und mit erhobener Stimme

Hic mitte cereum in fontem in modum crucis et canta alta voce.

29

Fol. 46 = alt.

Hec nobis precepta seruantibus. tu deus omnipotens clemens adesto. tu benignus aspira. tu has simplices aquas tuo ore bendicito: ut preter naturalem emundacionem quam lauandis possunt adhibere corporibus. sint eciam purificandis mentibus efficaces.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

279

singen Descendat in hanc 30

Dreifache Wiederholung. Danach Hauchen auf das Taufbecken nach Schemazeichnung 31 (46v)

et hoc ter repetando et hic suffla in fontem ad hanc figuram.

Kerze wird herausgezogen Hic omnium peccatorum

Hic extrahatur cereus.

30 Über der ersten Note von Descendat unter dem in in der darüberliegenden Zeile die Silbe ter eingetragen, vgl. Abb. 14. 31 Vgl. Kap. 3.2.3.

280

4. Edition

(47r) 32

Per eundem

Per eun[dem] do[minum] n[ostrum] i[hesum] c[ristu]m fi[lium] t[uum] qui te[cum] vi[vit] et reg[nat] in v[nitate] eiusdem spiritus s[ancti] de[us] per om[nia] s[ecula] s[eculorum]. 33

Fol. 47 = neu; 8. Blatt der 5. Lage; Einzelblatt ohne Falz, auf die recto-Seite des Falz’ von fol. 42 aufgeklebt und in die alte Lage xiij eingefügt, die dann erst mit fol. 73 fortgesetzt wird. Text auf fol. 47r Kopie des auf fol. 73r radierten Textes samt Notation, vgl. Kap. 3.3.2. 33 homo … secula seculorum] Kopie des Eintrags, der ursprünglich auf fol. 73r stand (dort radiert). 32

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Karsamstag

281

Incipit der Rubrik zur Chrismation, Text bricht ab 34

Deinde mittat 35

Nonnen singen Li nach der Zisterzienserordnung. 36 Es folgt die Messe, dann wird feierlich geläutet.

Quo facto virgines cantant letaniam secundum ordinem suum. Et sequitur officium diei. tunc sollempniter compulsetur.

de crismate vacat

de crismate vacat] Marginalie (Nachtragshand?) mit dünner Feder; daneben fünf Zeilen im Text frei, vgl. Kap. 3.3.2. 35 Ab hier nicht mehr Kopie, sondern neuer Text. 36 Vgl. Kap. 2.3.3. zur Liturgie der Nonnen. 34

282

4. Edition

4.3.9.

Osternacht

(47va) In der Osternachtfeier stimmt Propst H Te Deum an, L Mc 16:1, C Deus qui hodierna

In sacrosancta ac victoriosissima nocte dominice resurrectionis imponat dominus prepositus Te deum laudamus. ewangelium Maria magdalena. Collecta Deus qui hodierna die.

Zur Kreuzesverehrung kommt der Klerus in der Kirche zusammen. Das Kreuz wird erhoben bei A Cum rex gloriae mit Kerzen und Weihrauch; vor dem Hochaltar von allen verehrt; dabei (47vb) Glockengeläut A Cum rex gloriae 1

Ad eleuacionem crucis surget clerus et conueniant singuli ad ecclesiam Et eleuabitur crux cum antiphona. Cum rex glorie adductis secum cereis et thuribulis et deportabunt ante medium summi altaris vbi ab omnibus adorabitur. Sonan/tibus interim omnibus campanis.

(48ra) 2

1 2

C historisierte Initiale mit Höllenfahrt Christi, vgl. Kap. 3.3.2. und Abb. 15. Fol. 48 = neu.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Osternacht

Advenisti desiderabilis

(48rb)

283

284

Qualia ibi tunc (48va)

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Osternacht

285

alleluia 3

(48vb) Propst und Beichtvater erheben das Kreuz und singen dreifach im Wechsel A Surrexit dominus mit Antwort qui pro nobis

Hinc dominus prepositus et confessor extollen[te]s 4 crucem in altum et cantabunt sollempni voce

sacerdos

Darauf S Victimae paschali mit der Leise Christ ist erstanden der Laien, da Gregorius d. Gr. 5 (49ra) 6 den allgemeinen Lobpreis an Ostern gebietet. Danach spricht Propst v Surrexit dominus G Concede quaesumus

Deinde Victime paschali laudes. laycis laudem canentibus Crist is. quia indignum valde est ut dicit gregorius. quod eo / die Laudes debitas taceat lingua carnis quo videlicet die caro resurrexit auctoris. ¶ Post hec dicat dominus prepositus. ℣. Surrexit dominus vere alleluia.

¶ Oremus Concede quesumus omnipotens deus. ut qui gracia dominice resurrectionis agnouimus: ipsi per amorem spiritus. a morte anime resurgamus. Per eun[dem]

A Regina caeli laetare Deinde sollempni voce cantetur. Regina celi le[tare]. mit feierlicher Stimme 3 Die drei letzten Noten sind linienlos geschrieben. Transkriptionsvorlage: O1, 116r (einen Ton höher notiert und Custos, der auf a als folgenden Ton verweist). 4 extollen[te]s] Hs. extollē.s . 5 Homilia XXI zum Ostersonntag PL 76 Sp. 1170: Dat loquendi ausum ipsa etiam resurrectionis Dominicae tanta solemnitas, quia et indignum valde est ut eo die laudes debitas taceat lingua carnis, quo videlicet die caro resurrexit auctoris. Im Orationale HI1 fol. 39v Papst Gregor der Große mit Schriftband Non enim fas est vt ea die lingua carnis taceat, vgl. Kap. 2.5.2. Dazu der Text In hanc (fol. 40r) victoriosissima nocte sacerdos eleuat dominicam crucem coram omni populo et cantat voce sollempni. 6 Fol. 49 = neu.

286

4. Edition

4.3.10. Ostersonntag (49rb) Am Ostersonntagmorgen singen zwei Sänger den Tropus Postquam factus homo zur In Resurrexi. 1 Kyrie mit T Fons bonitatis. Die S Laudes salvatori beschreibt das Erlösungswerk. (49va) Die Laien singen mit, weil zu Ostern die ganze Natur jubiliert. 2

Ad missam matutinalem canant sollempniter tropum duo cantores Postquam factus homo. super introitum Resurrexi. secundum ordinarium verdense Kyrie. Fons bonitatis. Sequencia Laudes saluatori. que deuote et reuerenter cantetur propter omnia opera redempcionis nostre de quibus in ea fit mencio. Et layci canant laudem quia omnis in hac die rerum natura iubilat.

1 Laudes salvatori Le Christ ist erstanden 2a Et devotis

2b Qui seipsum

Le Christ ist erstanden 3 3a Carne gloriam

Zu der Introitus-Antiphon vgl. Kap. 2.2.1. und 2.2.3. Vgl. zu der Rubrik Kap. 2.5.1. 3 Auflösung des Leisenschlusses als Kyrieleis nach der Form der Orationalien (GO fol. 151v) und nach der Zahl der Noten. 1 2

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

(50ra)

3b Ioseph, Mariae

Le Christ ist erstanden (50rb)

4a Servi subiit

287

288

4b Famem patitur

(50va)

Le Christ ist erstanden 5a Sed tamen

5b Aquam nupcijs

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag (50vb)

Le Christ ist erstanden 6a Putres suscitat

(51ra) 4

6b Stagnum peragrat 5

4 5

Fol. 51 = neu. peragrat] Hs. per/agrat – Virgel nachträglich?

289

290

Le Christ ist erstanden (51rb) 7a Post haec mira

7b Sponte sua comprehenditur

Le Christ ist erstanden

8a Et se crucifigi

8b Sed sol eius mortem (51va)

Le Christ ist erstanden

9a Illuxit dies

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

9b Primo Mariae (51vb)

Le Christ ist erstanden 10a Favent igitur

(52ra) 6

10b Lucent clarius sol

6

Fol. 52 = neu.

291

292

4. Edition

(52rb)

Le Christ ist erstanden

11a Ergo die ista exsultemus

Le Christ ist erstanden (52va) Ergo die ista 7

11b Astra solum mare

7

Ergo die ista] wiederholt den Beginn von 11a, bricht ab, vgl. Kap. 2.5.2.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

293

Sanctus Benedictus

(52vb) H Iam pascha nostrum

Le Hilf uns

(53ra) 8 H O vere digna Le Hilf uns Gloria tibi Le Hilf uns

liken mote wij entfan dynen hilgen licham ky[rioleis]. O vere digna 9 hostia per quam fracta sunt tartara redempta plebs captiuata redit ad vite premia. Help 10 vns o. Gloria tibi. Help.

Fol. 53 = alt. Die ersten vier Zeilen sind radiert. digna] Hs digna digna 10 Help … benedicendum] über Rasur eingetragen. 8 9

294

4. Edition

Communio Pascha mit V Haec est dies 11

com[munio]. Pascha cum  .· ·. .· · Hec est dies.

Nach der Messe betritt Propst zur Segnung das Kloster. Fleisch-Segnungen an Ostern G Post celebratam

¶ Post missam intrabit dominus prepositus ad benedicendum.

(53rb)

Fleischweihe (53va) G Deus universae carnis

(53vb)

Speckweihe (54ra) 12 G Omnipotens et misericors

¶ Benedictio agni et aliarum carnium in sancto die pasche Post celebratam sancti pasche sollempnitatem. postquam et transactos ieiuniorum dies· animabus spiritalibus dapibus refectis de mensa tue maiestatis offerimus· famuli tui pro huius fragilitate corpusculi aliquantulum repa/randi· huic usuj nostro concessam creaturam agni· poscentes ut eum proprio ore nobis signantibus benedicas· ac dextera tua sanctifices· et vniuersis ex eo ministrata munuscula grata effici prestes· atque hijs cum graciarum actione peractis· te deum qui es cibus anime et uite nostre magis et inhianter desideremus. et indefesse fruamur. Per cristum dominum nostrum. Benedictio carnium Deus vniuerse carnis conditor. qui noe et filijs suis de mundis et immundis animalibus precepta dedisti. quique sicut olera herbarum. humano generi quadrupedia munda edere permisisti. quique agnum in egipto moysi et populo tuo. in vigilia pasche commedere precepisti. in figura agni domini nostri ihesu cristi. cuius sanguine omnia primogenita tibi de mundo redemisti. et in noc/te illa omne primogenitum in egipto percutere precepisti. seruans populum tuum agni sangwine prenotatum. dignare domine deus omnipotens bene†dicere et sancti†ficare has ouium mundarum siue aliorum animalium carnes. ut quicumque ex eis de famulis et famulabus tuis fidelibus commederint. omni benedictione celesti et gracia saturati repleantur in bonis. Per cristum dominum nostrum. Benedictio lardi. Omnipotens et misericors deus qui necessitatem humani generis preuidens amminicula temporalia contulisti· te humiliter imploramus· ut bene†dicere digneris

11 V Haec est dies zur Communio Pascha nostrum immolatus. Die Musik ist nicht identifiziert. Im ›Missale Verdense‹ fol. 76v nur die A ohne Psalmvers, vgl. Kap. 3.3.2. 12 Fol. 54 = alt; jetzt zusammen mit fol. 53 Innenblatt der sechsten Lage.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

295

hoc lardum famularum tuarum ut quid hic tua misericordia nobis contulit· nostro merito non depereat. Per cristum dominum nostrum. Käseweihe G Dignare domine (54rb)

Eierweihe G Subveniat quesumus (54va)

Brotweihe G Domine sancte

(54vb) Apfelweihe G Benedic domine

(55ra) 13 Kräuterweihe G Supplices tuam

13

Benedictio casei et buty[ri] Dignare domine deus omnipotens bene†dicere et sanctifi†care / hanc creaturam casei et butiri. quam ex adype animalium producere dignatus es. ut quicumque ex populis tuis fidelibus inde commederint. omni benedictione celesti. et gracie tue salutaris saturitate repleantur in bonis. Per cristum. Benedictio ouorum Subueniat quesumus domine tue benedicionis gracia huic ouorum creature. quam de pullis gallinarum dignatus es procreare. ut cibus salubris fiat / tuis fidelibus in tuarum graciarum actione sumentibus. Per cristum dominum. Benedictio panis Domine sancte pater omnipotens eterne deus. bene†dicere digneris hunc panem nouum tua sancta benedictione spirituali. ut sit omnibus cum fide et reuerencia ac graciarum actione sumentibus. salus mentis et corporis. atque contra omnes morbos. et vniuersas cunctorum inimicorum insidias tutamentum· per dominum / nostrum filium tuum panem vite qui de celo descendit· et dat vitam mundo ac salutem· Qui te Benedictio pomorum Bene†dic domine hos fructus pomorum quos tu domine rore celi et invndacione pluuiarum· et temporis serenitate atque tranquillitate· ad maturitatem perducere dignatus es· et dedisti eos ad vsus nostros cum graciarum actione percipere in nomine domini nostri / ihesu cristi. Qui tecum vivit et Benedictio super herbas Supplices tuam subnixis precibus deprecamur omnipotenciam. qui mirabiliter cuncta creasti ex nichilo. quique terra edita diuersa proferre germina precepisti. atque vniuscuiusque semen in semetipso manere super

Fol. 55 = neu; Gegenblatt fol. 52.

296

4. Edition

(55rb)

(55va) Honigweihe G Benedic domine

Fischweihe G Creator et conservator (55vb)

Unmittelbar nach der Terz erfolgt eine feierliche Prozession mit A Vidi aquam. Es folgt A In die resurrectionis (56ra) 15

14 15

terram indidisti. et quia diuersa medicamentorum genera ad sanandum humani generis corpora imposu/isti. ut bene†dicere et sanctifi†care has diuersi generis herbas digneris tua clemencia. ut quicumque ex eis aliquid sunt sumpturi. tam anime quam corporis sanitatem percipiant. et intercedente beata maria cum omnibus sanctis. de vniuersis germinibus salubriter sumamus. quatinus in tuorum odore vngentorum. paradysi mereamur adire ianuas. Prestante / domino nostro ihesu cristo. Benedictio mellis 14 Benedic domine hanc creaturam mellis.ut sit remedium salutare generi humano. et presta per invocacionem sancti nominis tui ut quicumque ex ea gustauerint. corporis sanitatem. et anime tutelam percipiant. Per cristum dominum nostrum. Benedictio piscium Creator et conseruator humani generis. dator gracie spiritualis. / largitor eterne salutis. tu domine mitte spiritum sanctum tuum in hanc creaturam piscium. ut armata virtute celestis benedictionis que ex eis gustauerint proficiant ad sanitatem. Per cristum dominum nostrum. ¶ Post terciam statim fiet processio sollempnis prehabita aspersione cum antiphona Vidi aquam Deinde ad exitum statim subiungatur antiphona

Rubrik über der Zeile nachgetragen; durch rote Linie in den Text eingefügt. Fol. 56 = neu.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

297

Stationshalt mit A Cum rex gloriae 16

(56rb) V Advenisti 17 während der Klerus weggeht H Salve festa dies 18

Die Rubrik rechtsbündig in die letzte Zeile von fol. 56ra eingetragen. Transkriptionsvorlage: fol. 48. 18 In GO fol. 137v (Abb. 21) wird bereits mit dieser Hymne die Leise Also heilig als Repetitio verbunden, die auf den folgenden Seiten mit zwei weiteren Ostergesängen kombiniert ist. 16 17

298

4. Edition

Ebenso A Sedit angelus mit V Cruxifixum, V Nolite und V Recordamini. Prozession in gleicher Form an jedem Sonntag bis Himmelfahrt Vesper-Gebete beim Taufbecken entfallen 19

Item Sedit angelus. Crucifixum. Nolite. Recordamini. alleluia.

(56va) Nach der Vesper 20 Cn Exsultandi et laetandi

Post vesperas

Eodem ordine fiat processio quolibet die dominico vsque ad ascensionem domini ad vesperas ad fontem vacat

Alleluja

Resurrexi

Le Also heilig.

19 20

Federeintrag als Marginalie. Rubrik über der Spalte nachgetragen.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

299

2 Exsultemus Alleluja Resurrexit dominus

Le Also heilig

3 Exaltata deitatis (56vb) Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 4 Ad sepulcrum Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 5 In sepulcro Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 6 Qui mortalis Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 7 In hoc ergo Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 8 Degustantes Alleluja Resurrexit Le Also heilig

(57ra) 22 Haec est dies

Also heylich is.

·. Exaltata deitatis dextera. die ista mira egit opera. 21 Alleluia. Resur[rexit]. Also. Ad sepulchrum mulieres veniunt. responsum ab angelo ·. recipiunt. Alleluia Re[surrexit]. Also ·.·. . . · In sepulchro quem dolentes queritis. sur-re-xit ·. ite dicite discipulis. Alleluia Re[surrexit]. Also. Qui mortalis claudebatur tumulo. iam reuixit . . ·. ·. immortalis diluculo. Alleluia Re[sur-rexit]. Also In hoc ergo iubilei termino. seruus liber benedicat domino. Alleluia. Resur[rexit]. Also ·. Degustantes gaudiorum epulas. liberati deo dicant gracias. Alleluia Resur[rexit]. Also.

Alleluja Resurrexit

21 22

Es sind nur jeweils die Schlussfloskeln als Melismen notiert, vgl. Kap. 2.5.3. Fol. 57 = neu; zusammen mit fol. 50 äußeres Doppelblatt der 6. Lage.

300

4. Edition

Le Also heilig

2 Resurrexit rex gloriae Alleluja. Resurrexit

(57rb) Le Also heilig 3 Potenter Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 4 Peregit Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 5 In sepulcro Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 6 In hoc ergo Alleluja. Resurrexit Le Also heilig 7 In hac die Alleluja. Resurrexit Le Also heilig (57va) A Regina caeli laetare alleluia. 23

decoratus solari diploide. Alleluia Re[surrexit]. Also Potenter claustra inferorum penetrans. ut rex fortis tyrannum belligerans. Alleluia Resur[rexit]. Also Peregit ibi tam mira / miracula. que nec visa nec audita sunt in terra. Alleluia Re[surrexit]. Also hey[lich]. In sepulchro archangeli ymnizantes. resurgentis claritate fulgurantes. Alleluia. Resur[rexit]. Also. In hoc ergo paschali sollempnio plebs redempta benedicat domino. Alleluia Resur[rexit]. Also heylich. In hac die libertatis. maximas immortali regi dicat gracia. Alleluia Resurrexit dominus. Also heylich is de dach dat en neynman wllouen.

Quia quem meruisti

(57vb)

Resurrexit sicut

23

Alleluia] Nur hier und auf fol. 58ra Z. 1 mit Abkürzung A e v i a geschrieben.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Ostersonntag

301

Ora pro nobis

(58ra) 24

Le Sancta Maria 25

Kyrieleison 26

(58rb) v Gaude dei

G Prosit nobis semper

v Filio tuo domino

 Gaude dei genitrix. Allelu[ia]. Prosit nobis semper omnipotens pater. et precipue inter hec paschalia filij tui sollempnia. continuata virginis Marie 27 memoria: que et astitit wlnerata caritate in cruce pendenti: et astat regina a dextris in celo regnanti eidem 28. Filio tuo domino n[ostro] i[hesu] cristo: 29

Fol. 58 = neu. maria] rot unterstrichen. 26 Kyryleison] Hs. Kyryl) ., hier aber viersilbig notiert, vgl. Kap. 2.4.2. 27 Marie] rot unterstrichen. 28 eidem] nachgetragen am Rand von späterer Hand. 29 . i. x°] rot unterstrichen. 24 25

302

4. Edition

4.3.11. Bitt-Tage (58va) Prozession an den Bitt-Tagen 1 A 2 Exsurge domine

Verweis auf L Jo 1:1 nach der Salbung 3

¶ In rogacionibus fiat processio secundum consuetudinem ecclesie per triduum eodem ordine cum antiphona.

Feria quarta ewangelium In principio. require post vnctionem

4.3.12. Himmelfahrt Christi Nach dem Mittagessen an Himmelfahrt wird Non gesungen, dann stimmt Propst (58vb) S 1 Summi triumphum an

In die ascensionis domini post prandium cantatur nona sollempniter qua finita cantetur sequencia Summi triumphum dominus prepositus imponat.

Le Christ, heiliger 4 S 2a Qui caeli

2b Qui sese pro

1 Nachträge zu den Bitt-Tagen ab fol. 66va. Dort die Prozession mit einem Blattweiser auffindbar, vgl. Kap. 3.3.3. 2 Transkriptionsvorlage: fol. 66va. 3 Vollständige Evangelienlesung fol. 80va (Rubrik post unctionem fol. 78vb). 4 Zur Leise vgl. Kap. 2.4.2. und 2.5.3.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Himmelfahrt (59ra) 5

3a Huic nomen

3b Nam transilivit omnes strenue 6

4a Saltum de caelo

(59rb)

4b Postquam illud suo

S 5a Principis illius

5 6

Fol. 59 = neu. strenue] Hs. stren|nue (Zeilenwechsel)

303

304 (59va)

5b Maniplis plurimis

6a Captiuitatemque

6b Et rediuiuum

(59vb)

7a Denique saltum

7b Celebret ergo

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Himmelfahrt

(60ra) 7

8a Et tremens iudicem

8b Qui Iesus a vobis

(60rb)

9a Iam ydithum

7

Fol. 60 = neu.

305

306

4. Edition

9b Ut a dextris

(60va) 10 In fine saeculi

Es folgt H Festum nunc Hinc cantetur ymnus 1 Festum nunc

(60vb)

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Himmelfahrt 2 Conscendit iubilans

(61ra) 8

3 Qui scandens

(61rb)

8

Fol. 61 = neu.

307

308

4. Edition

4 Oramus domine

(61va)

Propst und Beichtvater tragen Kreuz zwischen sich durch Kirche zum Hauptaltar; bleiben dem Volk zugewandt stehen bis nach dem Hymnus. 5 Ut cum flamivoma

¶ Hic dominus prepositus et confessor cappati afferant crucem et portantes inter se per ecclesiam vsque ante summum altare ibi permanendo stantes versus populum vsque post ympnum.

(61vb)

9 9

9

supplicia] Note d über letzter Silbe fehlt in der Hs.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Himmelfahrt

309

6 Prima hoc

(62ra) 10

Sie sollen Kreuz erheben und feierlich dreifach singen A Ascendo ad patrem

Nunc crucem leuent in altum cantantes sollempni voce ter

(62rb)

Klerus singt Deum meum

10

Fol. 62 = neu, zusammen mit fol. 63 Lagenmitte 7. Lage.

310

4. Edition

Ascendo

Nach dreifacher Wiederholung wird Kreuz auf Altar gestellt; Propst stimmt A O rex gloriae an

postquam ter repetatus est ponatur crux super altare et prepositus incipiat.

(62va)

(62vb) Sänger stimmt A Viri Galilaei an

11

deinde vnus cantet. 11

Rubriken auf fol. 62v–63v jeweils unter eine leere Notenzeile gesetzt.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Himmelfahrt

311

(63ra) 12 Weiterer Sänger A Non vos relinquam

Item vnus cantet.

(63rb) Klerus singt R Te sanctum, Propst stimmt an

Deinde cantet clerus Respon[soriu]m domino preposito incipiente.

12

Fol. 63 = neu.

312

4. Edition

(63va) Rep Te decet laus

V Cherubim quoque

(63vb)

Rep Te decet

Propst singt v Ascendit

(64ra) 13 G Deus cuius filius

℣. Ascendit deus in iubilacione alleluia: Oremus 14 / Deus cuius 15 filius. in alta celorum potenter ascendens. captiuitatem nostram sua duxit virtute cap-

Fol. 64 = neu. Oremus] in kleiner Schrift in die leere Notenzeile eingetragen. 15 cuius] über der Zeile von der gleichen Hand mit einem Verweiszeichen unter der Zeile eingefügt. 13 14

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Himmelfahrt

313

tiuam: tribue quesumus: ut dona que suis participibus co[n]tulit. 16 largiatur et nobis. Jhesus cristus filius tuus dominus noster.  Amen. Predigt, zum Ausgang R

Hic fiat sermo. ad exitum Responsorium 17

4.3.13. Fronleichnam (64rb) Propst steigt auf Nonnenchor mit dem Sakrament. Zweite Prozession geht durch Kreuzgang. Nach A O sacrum convivium Messe

In die sollempnitatis sacramenti altaris fiat processio sollempnis et in reditu ascendat dominus prepositus cum sacramento chorum virginum et fit denuo processio per ambitum monasterij. qua peracta post antiphonam. O sacrum conuiuium. fiat missa.

4.3.14. Mariä Heimsuchung Prozession zu Mariä Heimsuchung. 18 Zur Besprengung Responsorium 19 mit A Asperges, gefolgt von H Adsunt festa

¶ In die visitacionis Marie erit processio. Responsorium [in] aspersione

4.3.15. Mariä Himmelfahrt (64va) 20 Prozession zu Mariä Himmelfahrt. Zur Besprengung A Asperges,

¶ In assumpcione 21 fiat processio sollempnis cum aspersione

contulit] Hs. cotulit. ad…responsorium] Nachtrag in kleiner Schrift und dünnerer Feder unter der Spalte fol. 64ra, gemeinsam mit dem Eintrag unter 64rb. 18 In…etc.] Nachtrag samt den Noten unter der Spalte fol. 64rb, in gleicher Hand wie der Nachtrag unter 64ra. 19 Responsorium besteht aus A Asperges mit Psalmvers Miserere vgl. fol. 2vb. 20 In…redemptoris] Nachtrag quer über den oberen Seitenrand. Wohl gleiche Hand wie die vorhergehenden Nachträge. 21 assumpcione] Buchstaben nach i radiert oder verblasst. 16 17

314

4. Edition

zum Auszug R Beata es, dann

R Felix namque. 22 Fall nötig

H Fit porta. 23

Nach Rückkehr in Kirche A Alma redemptoris. 24

Kräuterweihe

In assumpcione gloriose virginis dei genitricis Marie benedictio herbarum G Domine sancte pater Domine sancte pater omnipotens eterne deus. qui in inicio fecisti hominem ad ymaginem tuam. celum et terram et lumen. et omnia celestia et terrestria condi(64vb) disti: tu dominaris potesta/ti maris. tu habes potestatem abyssi magni tu condidisti omnia elementa: Tu bene†dicere et sanctificare digneris has creaturas herbarum. sicut benedixisti quinque panes et duos pisces in deserto. et saciasti ex eis quinque milia ho/ 25minum: (65ra) omnesque qui vtuntur ex eis bene†dicere et sanctificare digneris. ut sit eis sanitas anime et corporis. in nomine patris et filij et spiritus sancti. Et ab omnibus hominibus pecoribusque omnem putredinem. omne (65rb) fantasma dyaboli. omnem morbum. / omnemque pestilenciam. et omnem dolum expellere digneris. Qui in trinitate perfecta viuis et regnas deus. in secula seculorum.  Amen. Et benedictio dei patris omnipotentis. et filij. et spiritus sancti descendat super has herbas et maneat semper.

Transkriptionsvorlage: Wie 34a fol. 13r. Transkriptionsvorlage: Is D 145 fol. 1v. 24 Transkriptionsvorlage: fol. 114v. 25 Fol. 65 = neu. 22 23

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mauritius

315

4.3.16. Mauritius (65va) 1 Prozession mit Besprengung A Asperges me wie zu Mariä Reinigung 2

Zum Auszug R Sanctus 3 Mauritius legionem 4

¶ In sancto die beatissimorum patronorum huius ecclesie sancti Mauricij sociorumque eius fiat processio sollempnis cum aspersione

collec[ta]. sicud in purificacione. Ad exitum

(65vb)

Rep Beatus Exuperius

Am oberen Blattrand eine radierte Rubrik. Vgl. fol. 2v, dort Responsorium ausgeschrieben. 3 Wortende verschmiert – zuerst Sancta geschrieben? 4 legionem] Hs. legione̅ mit Wortende ab erster Haste des n fast ausgelöscht. 1 2

316

4. Edition

(66ra) 5

V O viri fortes

(66rb)

Rep Beatus. H Alma Christi quando oder die letzten beiden Strophen

fides. siue vltimos duos versus

5 Fol. 66 = neu. Blattweiser auf Höhe der Unterkante der ersten Textzeile angeklebt, bezieht sich auf Bitt-Prozession fol. 66v, auf die auf fol. 58va verwiesen wird.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Mauritius

317

2 Diem festum 6 3 Nunc quapropter

Nach der Rückkehr folgt A Alma redemptoris mater 7

Post reditum.

Zu allen Marienfesten außer zu Mariä Empfängnis erfolgt eine feierliche Prozession nach der Ordnung der Diözese Verden. 8

¶ In omnibus festiuitatibus beate virginis excepto festo concepcionis eius fiat processio sollempnis secundum ordinarium verdense.

6 Zwei Strophen des Hymnus Alma Christi quando fides für Mauritius und seine Gefährten. Transkriptionsvorlage: Kop 3449, 8° XI fol. 112r/112v. 7 Transkriptionsvorlage: fol. 114v. 8 Rubrik über einer radierten anderen Rubrik nachgetragen, wohl zusammen mit den beiden Nachträgen zu Mariä Heimsuchung und Mariä Himmelfahrt.

318

4. Edition

4.3.17. Bitt-Tage (Nachtrag) (66va) 1 A Exurge domine 2

¶ In rogacionibus cantetur.

Ps Deus auribus nostris audivimus 3

mit Gloria

(66vb) G Mentem familiae Zum Auszug A Surgite sancti

Oremus. Mentem familie / tue quesumus domine. munere compunctionis aperi: et largitate tue pietatis exaudi. Per. Ad exitum

Abb. 17. Blattweiser für die Auffindbarkeit der Prozessionen an Bitt-Tagen. nomen] Hs. nome. 3 audiuimus] mus radiert. 1 2

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Bitt-Tage (Nachtrag)

(67ra) 4

R Summae trinitati

4

Fol. 67 = neu.

319

320 (67rb)

Rep Qui totum

V Praestet nobis (67va)

4. Edition

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Bitt-Tage (Nachtrag)

321

Rep Qui totum

v Benedicamus patrem G Omnipotens sempiterne deus (67vb)

A Regina caeli für Prozession an Bitt-Tagen mit C Prosit steht bei Ostern 5 Von den Engeln R Te sanctum steht bei Himmelfahrt 7

℣ Benedicamus patrem et filium cum sancto spiritu Alleluia. Laudemus Oremus Omnipotens sempiterne deus. qui dedisti nobis famulis tuis in confessione vere fidei eterne trinitatis gloriam agnoscere: et in potencia maiestatis / adorare vnitatem: quesumus ut eiusdem fidei firmitate. ab omnibus semper muniamur aduersis. Per. De beata virgine Regina celi. cum collecta Prosit require in pascha 6 De angelis.

v In conspectu angelorum

℣ In conspectu angelorum psallam tibi alleluia: Adorabo ad tem[plum] sanctum t[uum] et con[fitebor] no[mini] t[ui] G Deus qui miro ordine Deus qui miro ordine / angelorum ministeria homi(68ra) 8 numque dispensas: concede propicius. ut a quibus tibi ministrantibus in celo semper assistitur. ab hijs in terra vita nostra muniatur. P[er] Von Johannes d. T. R Inter natos mulierum

De sancto iohannes baptista

5 Texte fol. 67vb–70va, beginnend mit de beata virgine, gehören zur Prozession an den Bitt-Tagen, vgl. Kap. 2.3.3. 6 Verweis auf vollständig notiertes Regina caeli am Ende der Osterliturgie fol. 57v. 7 Transkriptionsvorlage: fol. 63rb. Hinweis auf ℞ am Himmelfahrtstag, fol. 63rb. 8 Fol. 68 = neu; Beginn der 8. Lage; Einzelblatt, auf dessen Falz fol. 75 aufgeklebt.

322

4. Edition

Rep Qui viam domino (68rb)

v Fuit homo missus

Rep Qui viam

v Fuit homo missus G Praesta quaesumus (68va)

℣. Fuit homo missus a deo alleluia: cui nomen erat iohannes. Presta quesumus omnipotens deus. ut familia tua per viam / salutis incedat: et beati iohannes precursoris tui hortamento sectando. ad eum quem predixit secura perueniat. Dominum nostrum ihesum cristum.

Von den Aposteln

De apostolis

R Fuerunt sine querela

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Bitt-Tage (Nachtrag)

323

Rep Calicem domini

(68vb)

v Tradiderunt

Rep Calicem

v In omnem terram

 In omnem terram exiuit sonus eorum alleluia. et in fi[nes] or[bis] ter[re] ver[ba] e[orum] (69ra) 9 G Deus qui nos Deus qui nos per beatos apostolos tuos. ad agni/cionem tui sancti nominis venire tribuisti: da nobis eorum gloriam sempiternam profiendo celebrare. et celebrando proficere. Per 9

Fol. 69 = neu; Einzelblatt, auf dessen Falz fol. 74 aufgeklebt.

324

4. Edition

[Von den Märtyrern] R Isti sunt sancti



Rep Et in sanguine

(69rb)

V Tradiderunt corpora

Rep Et in sanguine



325

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Bitt-Tage (Nachtrag) v Laetamini in domino G Praesta quaesumus (69va)

Von den Bekennern R Sint lumbi vestri

℣ Letamini in do[min]o. et exul[tate] iusti alle[luia]. Et glo[riamini] Presta quesumus omnipotens deus. ut qui sanctorum martirum tuorum / commemoracionem colimus: eorum eciam virtutes imitemur. Per. De confessoribus

Rep Et vos similes

(69vb)

dominum

10

dominum] Punctum f ist verblasst oder radiert.

10

326

4. Edition

V Vigilate ergo

(70ra) 11 Et vos.

v Iustorum animae G Maiestatem tuam

[Von den Jungfrauen] R Regnum mundi

℣ Iustorum anime in manu dei sunt alle[luia]. et non tan[get] il[los] tor[mentum] m[ortis]. Maiestatem tuam supplices deprecamur: ut sicut nos iugiter sanctorum confessorum tuorum pariterque pontificum commemoracione letificas. ita eorum supplicacione defendas. Per

(70rb)

Rep Quem vidi

11

Fol. 70 = neu; Einzelblatt, auf dessen Falz fol. 73 aufgeklebt.

4.3. ›Liber Ordinarius‹ – Bitt-Tage (Nachtrag)

327

V Eructavit

Rep Quem vidi

(70va) 12 v Orate pro nobis

℣ Orate pro nobis sancte virgines alleluia: ut dig[ni] ef[ficiamur] G Da nobis quaesumus Da nobis quesumus domine deus noster sanctarum virginum tuarum palmas incessabili deuocione venerari: ut quas digna mente non possumus celebrare. humilibus saltem frequentemus obsequeris. P[er].

Fol. 70vb–73rb leer. Fol. 71 –72 = neu; zweispaltig eingerichtet; inneres Doppelblatt Lage 8. Fol. 73 = alt; 6. Blatt der 8. Lage; Einzelblatt, auf den Falz von fol. 70 aufgeklebt. Ursprünglich 8. Blatt der Lage xiij, die auf fol. 46 abgebrochen wurde. Radierter Text samt Notation wortgleich auf fol. 47r kopiert, vgl. Kap. 3.1.3. 12

328

4. Edition

4.4. ›Rituale‹ 4.4.1.

Krankensalbung

(73va) Ordnung für Krankenbesuch und -salbung. Beim Betreten A Pax huic domui G Parce domine

Ordo ad visitandos et vngendos infirmos primum cum presbiter ingreditur domum dicat Pax huic domui et omnibus habitantibus in ea: Oremus. Parce domine parce famule tue iste infirme. quam redemisti criste sanguine tuo ne in eternum irascaris ei Qui cum patre. G Dominus Iesus Oremus Dominus ihesus cristus qui dixit discipulis Christus (73vb) suis. quecumque ligaueritis super terram. erunt ligata / et in celis. et quecumque solueritis super terram. soluta erunt et in celo de quorum numero quamuis indignos nos esse uoluit. ipse te absoluat per ministerium nostrum ab omnibus peccatis tuis. quecumque cogitacione. locucione. operacione. neglienter egisti. atque a nexibus peccatorum absolutum. perducere dignetur ad regna celorum. Qui cum patre. gefolgt unmittelbar von den Bußpsalmen et statim legantur vij. psalmos penitenciales. Ad quem/libet (74ra) 1 psalmum legans. v Salvam fac ancillam Saluam 2 fac ancillam tuam domine. Deus meus sperantem in te. Li Christe audi nos Kyrieleison. Christeleison. Christe audi nos Saluator mundi adiuua eam. Sancta maria ora pro ea. Sancte michael ora pro ea. Sancte gabriel· Sancte raphael· Omnes sancti angeli et archangeli orate pro ea· Sancte iohannes baptista or[a]· Omnes sancti patriarche et prophete orate pro ea· Sancte petre or[a]· Sancte paule or[a]· Sancte iohannes or[a]· Sancte iacobe / or[a]· (74rb) Sancte andrea or[a]· Sancte philippe or[a]· Sancte iacobe or[a]· Sancte bartholomee or[a]· Sancte symon or[a]· Sancte thadee or[a]· Sancte thoma or[a]· Sancte mathee or[a]· Sancte mathia or[a]· Omnes sancti apostoli et ewangeliste ora[te] Sancte stephane or[a]· Sancte mauriti cum socijs tuis Sancte laurenti or[a]· Sancte vicenti or[a]· Sancte vite or[a]· Sancte georgi or[a]· Omnes sancti martires ora[te]· Sancte martine or[a]· Sancte gregori or[a]· Sancte nicolae or[a]· Sancte 1 2

Fol. 74 = alt; Einzelblatt, auf von fol. 69v aufgeklebt. Saluam] Aus Saluuā durch Rasur des ersten u korrigiert.

4.4. ›Rituale‹ – Krankensalbung

329

(74va)

godeharde or[a]· Sancte bene/dicte ora· Omnes sancti confessores orate pro ea· Sancta cecilia or[a]· Sancta katerina or[a]· Sancta maria magdalena or[a]· Sancta barbara or[a]· Sancta lucia or[a]· Sancta agnes or[a]· Omnes sancte virgines et vidue orate pro ea· Omnes sancti orate pro ea· Propicius esto libera eam domine· Ab insidijs dyaboli libera eam domine· Ab 3 iniqua morte li[bera] e[am]. Ab omni immundicia mentis et corporis l[ibera]. A potestate tenebrarum l[ibera]. Per (74vb) natiuitatem tuam l[ibera]. Per / crucem tuam l[ibera]. Per passionem tuam l[ibera]. Per resurrectionem et ascencionem l[ibera]. Peccatores te rogamus audi nos. Ut compunccionem cordis ei dones t[e] r[ogamus]. Ut illicitas uoluptates ab ea repellere digneris t[e]. Ut spem fidem et caritatem ei dones t[e]. Ut repellas ab ea omnes principes tenebrarum t[e]. Ut ad gaudia eterna eam perducere dig[neris]. Ut nos exaudire digneris t[e]. Fili dei t[e] r[ogamus]. v Agne dei (75ra) 4 Agne dei qui tollis / peccata mundi. miserere ei· Agne dei qui tollis peccata mundi parce ei domine Agne dei qui tollis peccata mundi dona ei pacem Christe audi nos· Kyri[eleison]. Christele[ison]. G Pater noster Pater noster. Et ne nos inducas in temptacionem. v Salvam fac ancillam Saluam fac ancillam tuam domine. v Dominus custodiat Dominus custodiat eam ab omni malo. v Perfice gressus eius Perfice gressus eius in semitis tuis· v Nihil proficiet Nichil proficiet inimicus in ea· v Mitte ei domine Mitte ei domine 5 auxilium de sancto. v Esto ei domine turris· Esto ei domine turris fortitudinis· Domine exaudi oracionem meam· v Domine exaudi (75rb) G Omnipotens mitissime deus

G Deus qui illuminas

Oremus / Omnipotens mitissime deus· respice propicius preces nostras· et libera cor famule tue de malarum temptacione cogitacionum ut spiritus sancti dignum fieri habitaculum mereatur· Per cristum d[ominum] Oremus Deus qui illuminas omnem hominem venientem in hunc mundum· illumina quesumus cor famule

A-Initiale für Ab iniqua und Ab omni über zwei Zeilen gezogen. Fol. 75 = alt; auf den Falz von fol. 68v geklebt; ursprünglich Schlussblatt der Lage 13; Lagenzählung xi[ij.] in der rechten unteren Ecke von fol. 75v. 5 domine] über Zeile nachgetragen. 3 4

330

4. Edition

(75va) G Dimitte domine

G Deus misericors (75vb)

(76ra) 6

G Maiestatem tuam

(76rb)

Besprengung der Kranken und des ganzen Hauses mit Weihwasser mit G Deus qui per apostolum (76va)

6 7

tue. gracie tue splendore· ut digna maiestati tue cogitare et diligere valeat· Per cristum Oremus Dimitte domine peccata / nostra et tribue nobis misericordiam tuam· oris nostri alloquio deprecatus. famule tue humilitatem et angustiam attendas· vincula absoluas· delicta deleas· tribulacionem inspicias· aduersitatem repellas· effectumque peticioni nostre largiens· clementer exaudias· Per cristum Deus misericors· deus pius· deus clemens· qui secundum multitudinem miseracionum tuarum peccata pe/nitencium deles· et preteritorum criminum culpas venia remissionis euacuas· respice super hanc famulam tuam· et remissionem ei omnium peccatorum suorum· intima cordis confessione poscentem deprecatus exaudi· et renoua in ea pijssime pater quicquid terrena fragilitate corruptum· vel quicquid dyabolica fraude violatum est· et in vnitatem corporis ecclesie tue membrum perfecta remissione / restitue· miserere lacrimarum et non habente fiduciam· nisi in tua misericordia· ad sacramentum reconsiliacionis admitte Per cristum dominum Maiestatem tuam quesumus domine sancte pater omnipotens eterne deus· qui non mortem sed peccatorum vitam semper inquiris· respice flentem famulam tuam· attende prostratam· eiusque planctum in gaudium tua miseracione conuerte· scinde domine delictorum saccum· et indue eam leticia salutari· ut / post longam peregrinacionis sue famem· de sanctis altaribus tuis sacietur· ingressaque cubiculum regis· in ipsius aula benedicat nomen glorie tue semper· Per do[minum]· Deinde aspergatur infirma aqua benedicta et tota domus Sequitur Oremus Deus qui per apostolum tuum locutus es· infirmatur quis in uobis inducat presbiteros ecclesie et orent pro eo· vngentes eum oleo sanctificato in nomine domini· et oracio fidei saluabit infirmum· et si in peccatis sit di/mittentur ei Cura quesumus redemptor noster· gracia spiritus sancti languores istius infirme· et sua sana vulnera· eiusque di[m]itte 7 peccata· atque do-

Fol. 76 = alt; Beginn der 9. Lage (Lage .xiiij. Ursprungscodex). dimitte] Hs. dinitte

4.4. ›Rituale‹ – Krankensalbung

G Oremus dominum nostrum (76vb)

G Praesta quaesumus

(77ra) 8 G Deus qui famulo

G Oremus fratres carissimi

Propst liest Paternoster, Credo, Confiteor (77rb), G Indulgentiam fordert Kranke zum Schuldbekenntnis auf, Salbung mit Kreuzeszeichen G Accipe sanitatem Salbung der Stirn G Ungo te oleo (77va)

8 9

331

lores cunctos cordis et corporis expelle· plenamque eius interius et exterius sanitatem misericorditer redde· ut ope misericordie tue restituta et sanata· ad pristina reparetur officia Per cristum. Oremus dominum nostrum ihesum cristum et cum omni supplicacione rogemus. ut hanc famulam / suam· per apostolum suum sanctum visitare letificare et confortare dignetur Per. Presta quesumus domine huic famule tue dignum absolucionis peccaminum suorum fructum· ut sit tibi dignum habitacionis tue templum· et ut mereatur deinceps absoluta ab omnium criminum labe cum iustis et sanctis tuis in conspectu tuo semper assistere munda Per cristum. Deus qui famulo tuo ezechie ter qui / nos annos ad vitam donasti· ita famulam tuam a lecto egreditudinis· tua potencia erige ad salutem· Per cristum dominum nostrum. Oremus fratres karissimi dominum nostrum quem dixi ad presens malum adulcerat languoris· ut eum pietas domini celestibus dignetur curare medicinis· et qui dedit animam det et salutem Ihesus cristus dominus noster qui tecum viuit Deinde legat Pater noster· et Credo in deum· et Confiteor deo· / si potest· Dominus prepositus Indulgenciam· Post hec dominus prepositus petat ex persona infirme· ut si vmquam aliquam offenderit· ei propter dominum indulgeant· et sic perungant eam· signum sancte crucis faciendo in fronte et dicat In nomine patris et filij et spiritus sancti· Accipe sanitatem· Pax tibi· Ungo te oleo sanctificato in nomine patris et filij et spiritus sancti· ut non lateat in te spiritus i[m]mundus 9· neque in membris· neque in medullis· / neque in vlla compage membrorum tuorum· sed habitet in te virtus cristi altissimi et spiritus sancti· Quatinus per huius operacionem misterij· et per hanc sacrati olei vnctionem· atque nostram deprecacionem· virtute sancte

Fol. 77 = alt. immundus] Hs. in mundus.

332

4. Edition

trinitatis medicata 10 siue fota· pristinam et melioratam recipere merearis sanitatem· in nomine patris et filij et spiritus sancti amen· G Accipe sanitatem Ad capud. Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung des Hauptes Ungo capud tuum oleo sanctificato in no/mine patris (77vb) G Ungo caput et filij et spiritus sancti· ut more militis vncti preparatam ad luctamen possis aereas superare cateruas· Per cristum. Quatinus. per huius opera[cionem]. G Accipe sanitatem Ad aures· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Ohren Ungo aures has sacrati olei liquore· ut quicquid delecG Ungo aures tacione nociui auditus admissum est· hec medicina spiritualis euacuet· Per. Quatinus· G Accipe sanitatem Ad oculos· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Augen Ungo oculos tuos / oleo sanctificato· ut quicquid de (78ra) 11 G Ungo oculos illicito visu deliquisti huius olei vnctione expietur· Per cristum· Quatinus. G Accipe sanitatem Ad nares· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Nase Ungo has nares oleo sacrato· ut quicquid noxio uapore G Ungo nares contractum est vel odore superfluo peccasti· ista euacuet meditacio· Per· Quatinus· G Accipe sanitatem Ad labia· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Lippen Ungo labia ista consecrati olei medicamento· ut quicG Ungo labia (78rb) quid ociosa uel criminosa pec/casti locucione· diuina clemencia miserante expurgetur hac vnctione· Per cristum· Quatinus G Accipe sanitatem Ad pectus· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Brust Ungo pectus tuum oleo sanctificato· ut hac vnctione G Ungo pectus protecta· fortiter stare valeas aduersus cateruas aereas· Per cristum· Quatinus· G Accipe sanitatem Ad scapulas· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Schultern Ungo has scapulas siue medium locum scapularum G Ungo has scapulas sacrato oleo· ut ex omni parte spirituali protectione (78va) muni/ta· iacula dyabolice impetus viriliter contempere ad procul possis cum robore superni iuuaminis repellere· Per cristum. Quatinus· G Accipe sanitatem Ad manus· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Hände Ungo has manus oleo sanctificato· ut quicquid illicito G Ungo has manus 10 11

ta über Zeile nachgetragen. Fol. 78 = alt.

4.4. ›Rituale‹ – Krankensalbung

333

vel noxio opere peregerunt· per hanc unctionem euacuetur· Per cristum. Quatinus· G Accipe sanitatem Ad pedes· Accipe sanitatem· Pax tibi· Salbung der Füße Ungo hos pedes oleo benedicto· ut quicquid superfluo G Ungo hos pedes / uel nociuo incessu commiserunt· ista aboleat pervnc(78vb) tio· Per cristum· Quatinus per huius opera[cionem]. Nach der Salbung Post vnctionem In nomine patris et filij et spiritus sancti· G Sit tibi perunctio sit tibi pervnctio olei sanctificati· ad purificacionem mentis et corporis et ad absolucionem omnium culparum· custodiatque te in hoc seculo· et perducat te in vitam eternam amen G Respice domine de Oremus. Respice domine de celo et vide. et / visita caelo (79ra) 12 famulam tuam et benedic eam sicut benedicere dignatus es abraham. ysaac et iacob. aspice domine oculis tuis et reple eam omni gaudio et timore tuo. Expelle ab ea omnes principes tenebrarum. et omnes insidias inimici. et mitte angelum pacis qui eam et hanc domum eius perpetua pace custodiat Per cristum. G Respice domine Oremus. Respice domine propicius super hanc famupropitius lam tuam· et opem ei ferre dignare super lectum (79rb) la/boris et doloris eius· impone manum tuam in manum meam et impetra egreditudini eius· ne mei peccatoris manum spernat infirmitas· sed ad inuocacionem sanctissimi nominis tui vereatur et fugiat· et hec famula tua languore depulso· ad sanitatem refecta exurgat· et presentetur ecclesie tue sancte· ut gracias referat nomini sancto tuo· Qui et regnas· G Signum sanctae Signum sancte crucis cristi sit tecum. Signo saluatoris (79va) domini nostri / ihesu cristi signare· Signo redemptoris domini nostri ihesu cristi signare· Signo te in nomine ihesu cristi in fronte ut confidas in eo·Benedico tibi oculos· ut uideas claritatem eius· Aures ut audias verbum ueritatis eius· Nares ut percipias odorem suauitatis eius· Pectus ut credas in eum· Os· ut confitearis illi· G Benedicat … adiuvet Benedicat te deus celi· adiuuet te cristus filius dei viui· (79vb) corpus tuum suo sancto serui/cio custodiri et conseruari faciat· mentem tuam illuminet· et sensum tuum custodiat· graciam suam ad profectum anime tue in te augeat· ab omni malo te liberet· dextera sua sancta te 13 12 13

Fol. 79 = alt. te mit Verweiszeichen von 1. Hand nachgetragen.

334

G Benedicat … sanet

(80ra) 15 G Benedicat … custodiat

(80rb)

G Benedicat … qui te (80va)

L Io 1:1–14 17 (80vb)

4. Edition

defendat· et qui sanctos suos semper adiuuat 14· ipse te adiuuare dignetur· Per cristum Benedicat te deus pater· sanet te dei filius· illuminet te spiritus sanctus· omnibus diebus vite tue· corpus tuum saluet. animam tuam custodiat· cor tuum irradiat· sen/sum tuum dirigat· et ad vitam eternam te perducat· Per cristum dominum nostrum. Benedicat te deus pater. et filius et spiritus sanctus· vnitas in natura· trinitas in personis· benedicat te dominus· et custodiat te in omnibus vijs tuis· ostendatque dominus faciem [s]uam 16 tibi et misereatur tui· conuertat dominus vultum suum ad te· et det tibi pacem omnibus diebus vite tue· et longitudine dierum proteget te· et liberet te ab omni malo· quod po/test homini nocere interiori et exteriori in die et nocte· et in quocumque loco habitaueris· eadem sancta trinitas custodiat te· et in omni tempore vite tue prosternat ante te· visibiles seu inuisibiles omnes aduersarios tuos· et conseruet omnes sensus tuos· Per cristum dominum nostrum. Benedicat te deus pater qui te creauit in carne· benedicat te dei filius qui pro te passus est in cruce· benedicat te spiritus sanctus qui in te fusus est in bap/tismo· benedicant te angeli et archangeli· principatus et potestates· benedicant te nouem ordines angelorum regni celestis· benedicant te throni· cherubim et seraphim· et omnes virtutes celestes· benedicant te patriarche et prophete· apostoli· martires· confessores· virgines· dei scripta super te veniant· Per dominum nostrum· Inicium sancti ewangelij: 18 secundum ioͭhannem 19 In principio erat verbum· et verbum erat apud deum: et deus eraͭt ver/bum· Hoc erat in principium apuͭd deum: Omnia per ipsum facta sunt: et sine ipso factum

14 Von Hand 1 das zweite u (mit Federhaken) über dem Wort eingetragen und Verweiszeichen auf der Zeilenlinie zwischen i und a eingefügt. 15 Fol. 80 = alt. 16 suam] Hs. tuam. 17 Vgl. Verweis fol. 58va (Hand 2): ewangelium In principio. require post unctionem. 18 Die Interpunktion des Johannesprologs ist von Hand 2 ergänzt und korrigiert, vgl. Kap. 3.1.1. Der Doppelpunkt ist in schwarz eingefügt. Die Pause in der Mitte der sententia (Metrum) wird jeweils zum Doppelpunkt ergänzt. 19 Die drittletzte Silbe der Periode ist jeweils mit einer übergeschriebenen Virga ( ͭ) markiert, der Schluss der Lesung mit einem Melisma.

4.4. ›Rituale‹ – Krankensalbung

335

eͭst nichil. Quod factum est in ipso vita erat. et vita erat lux hominum. et lux in tenebris lucet. et tenebre eam non compreheͭnderunt. Fuit homo missus a deo: cui nomen erat ioͭhannes. Hic uenit in testimonium: ut testimonium prohiberet de lumine. ut omnes crederent peͭr illum. Non erat ille lux: sed ut testimonium prohi(81ra) 20 beret deͭ lumine. / Erat lux vera: que illuminat omnem hominem venientem in huͭnc mundum. In mundo erat. et mundus per ipsum factus est: et mundus eum non coͭgnouit. In propria uenit: et sui eum non receͭperunt. Quotquod autem receperunt eum: dedit eis potestatem filios dei fieri. hijs qui credunt in nomineͭ eius Qui non ex sanguinibus. neque ex uoluntate carnis. neque ex voluntate viri: sed ex deo naͭti sunt Et (81rb) verbum caro factum est: / et habitauit iͭn nobis. Et vidimus gloriam eius: gloriam quasi vnigeniti aͭ pä́tre 21 plenum gracia et veritate. (Einschub 82) 22 G Deus Deus qui culpas delinquencium districte feriendo perqui culpas cutis. fletus quoque lugencium non recuses: ut qui pondus tue animaduersionis cognouimus. eciam pietatis graciam senciamus. Per. (Fortsetzung 81rb) 23 Oremus. Pretende quesumus domine famule tue dexG Praetende quaesumus teram celestis auxilij· ut et te toto corde perquirat· et que digne postulat assequatur· Protector in te sperancium deus· sine quo nichil est G Protector in te sperantium validum· nichil secundum· multiplica super nos miseri(81va) cordiam tuam· ut te rectore· te duce· sic transe/amus per bona temporalia· ut non amittamus eterna· Per cristum dominum nostrum. Diuinum auxilium maneat semper tecum amen·

Fol. 81 = alt. Scandicus (drei ansteigende Noten, dargestellt in Form von zwei Punkten und einer Virga) über dem p. 22 Fol. 82 = neu; spaltenbreiter Pergament-Zettel mit 11 Zeilen Text auf 12 Linien. Rückseite nicht eingerichtet; angenäht; vgl. Kap. 3.3.4. 23 Pretende quesumus bis Ende der Seite unter fol. 82 (angeheftete Klappe). 20 21

336

4. Edition

4.4.2.

Bestattung

Nach der Messe

¶ Conmendaciones mortuorum post missam. 1 Propst G Non intres in Dominus pre[positus]· 2 iudicium

(81vb)

G Deus qui omnia vivunt (83ra) 4

(83rb)

mula tua quoniam nullus apud te iustificabitur homo· nisi per te omnium peccatorum tribuatur remissio· non tua iudicialis sentencia premat· quem tibi vera supplicacio fidei cristiane commendat· sed gracia tua illi succurrente· mereatur euadere iudicium vlcionis· que dum viueret insignita est signaculo sancte trinitatis· Per cristum dominum nostrum: 3 Oremus. Deus cui omnia viuunt. et cui non pereunt morienda corpora nostra. sed mutantur in melius. te sup/plices deprecamur. ut quicquid anima famule tue. viciosum tue uoluntati contrarium. fallente dyabolo seu propria iniquitate atque fragilitate contraxit. tu pius et misericors abluas indulgendo. eamque suscipi iubeas per manus sanctorum angelorum tuorum deducendam in sinum patriarcharum tuorum. abraham scilicet amici tui. et ysaac electi tui. atque iacob dilecti tui. quo affugit dolor et tristicia atque / suspirium. fidelium quoque anime felici iocunditate letantur. et in nouissimo magni iudicio die. inter sanctos et electos tuos eam facias perpetue glorie percipere porcionem. quam

1 Es folgt am Ende der Zeile ein ausradiertes rotes Responsorium-Kürzel, dann drei Zeilen, die erste mit Noten, die ausradiert, aber nicht überschrieben sind:



Can[tor] ℣. Si qu[e] il[lis]

Sacer[dos] Non reo[rum]. Can[tor] R[e]q[uiem?]. Der hier und auf fol. 82vb radierte Text vollständig auf fol. 104ra/b. 2 Dominus … Oremus] 2. Hand, vgl. Kap. 3.3.4. 3 Es folgte eine Zeile R Deus aeterne in cuius. Text von R radiert:

4

Fol. 83 = alt. Abb. 18

4.4. ›Rituale‹ – Bestattung

R Libera me domine 5

Kyrie G Pater noster

337

oculus non vidit. nec auris audiuit. nec in cor hominis ascendit. que preparasti deus diligentibus te. Per cristum.

Kyrielei[son].

Et ne nos inducas in temptacionem. A porta inferi: Credo videre bo/na domini. (83va) v Ne tradas Ne tradas domine bestijs animas confitencium tibi: domine Domine exaudi oracionem meam. Domine vobiscum Dominus uobiscum. G Fac quaesumus Oremus. Fac quesumus domine cum ancilla tua deaurem functa misericordiam. ut factorum suorum in penis non recipiat vicem. que tuam in votis tenuit uoluntatem. et quia hic illam uera fides iunxit fidelium turmis. illic eam tua miseracio societ angelicis choris. Per cristum. G Inclina domine Oremus. Inclina domine aurem tuam ad preces nosaurem (83vb) tras. quibus / misericordiam tuam supplices exoramus. ut animam famule tue quam de hoc seculo migrare iussisti. in pacis ac lucis regione constituas. et sanctorum tuorum iubeas esse consortem. Per dominum. Körper wird zum Grab Tunc leuetur corpus et deportetur ad sepulchrum cum antigebracht mit phona. psalmus. A Aperite und Ps Aperite illi portas iusticie ingressus in eas confitebor domino hec porta domini iusti intrabunt in eam. Ps 117 (84ra) 6 Confitemini domino quoniam bonus. quoniam / in seculum misericordia eius. Dicat nunc israel quoniam bonus. quoniam in seculum misericordia eius. Dicat nunc domus aaron. quoniam in seculum misericordia eius. Dicant nunc qui timent dominum. quoniam in seculum misericordia eius. De tribulacione inuocaui dominum. et exaudiuit me in latitudine dominus. Dominus michi adiutor. non timebo quid faciat michi homo Dominus michi adiutor. et ego despiciam inimicos meos. Bonum est confidere in domino. quam conv A porta inferi

5 Responsorium vollständig auf fol. 105rb. Dort war ursprünglich ein Blattweiser neben dem Responsorium angebracht, um es auffindbar zu machen. 6 Fol. 84 = alt.

338 (84rb)

(84va)

(84vb)

(85ra) 10

v Requiem aeternam G Piae recordationis (85rb)

4. Edition

fidere in homine. / Bonum est sperare in domino. quam sperare in principibus. Omnes gentes circuerunt me. et in nomine domini quia ultus sum in eos. Circumdantes circumde[de]runt 7 me et in nomine domini quia vltus sum in eos. Circumdederunt me sicut apes. et exarserunt sicut ignis in spinis. et in nomine domini quia ultus sum in eos. Inpulsus euersus sum ut caderem. et dominus suscepit me. Fortitudo mea et laus mea 8 dominus. et factus es michi in sa/lutem Uox exultacionis et salutis. in tabernaculis iustorum Dextera domini fecit virtutem. dextera domini exaltauit me. dextera domini fecit virtutem Non moriar sed viuam. et narrabo opera domini Castigans castigauit me dominus. et morti non tradidit me Aperite michi portas iusticie ingressus in eas confitebor domino. hec porta domini iusti intrabunt in eam. Confitebor tibi quoniam / exaudisti me. et factus es michi in salutem. Lapidem quem reprobauerunt edificantes. hic factus est in capud anguli. A domino factum est istud. et est mirabile in oculis nostris Hec est dies quam fecit dominus. exultemus et letemur in ea O domine saluum me fac. o domine bene prosperare benedictus qui venturus es 9 in nomine domini. Benediximus vobis de domo domini. deus dominus et illuxit nobis Constituite diem sollempnem in conden/sis. usque ad cornu altaris. Deus meus es tu et confitebor tibi. deus meus es tu et exaltabo te Confitebor tibi quoniam exaudisti me. et factus es michi in salutem Confitemini domino quoniam bonus. quoniam in seculum misericordia eius. Requiem eternam. Pie recordacionis affectu fratres karissimi. commemoracionem facimus care nostre. quem dominus de temptacionibus huius seculi assumpsit. obsecran/tes misericordiam dei nostri. ut ipse ei tribuere dignetur placitam et quietam mansionem. et remittat ei omnes lubrice te meritatis offensas. ut concessa sibi venia ple-

circumdederunt] Hs. circūder̅t. Könnte ein Fehler in der Medinger Vorlage gewesen sein, da in HI2 fol. 107 ein zweites de nachträglich eingefügt wurde. 8 mea] Hs. me[Zeilenwechsel ohne Trennstrichlein]a. 9 venturus es] VUL venturus est; c venit. BE1 fol. 207r, CA3 fol. 186r, HI2 fol. 107v venturus es, vgl. Kap. 3.1.4. 10 Fol. 85 = alt. 7

4.4. ›Rituale‹ – Bestattung

339

ne indulgencie. quicquid in hoc seculo proprio uel alieno reatu deliquid. totum ineffabili pietate ac benignitate sua deleat et abstergat. Per cristum. Körper wird ins Grab Hic ponatur corpus in sepulchrum. gelegt mit A Ingrediar Ingrediar in locum tabernaculi admirabilis / usque ad (85va) domum dei. Ps 41 Quemadmodum desiderat ceruus ad fontes aquarum. ita desiderat anima mea ad te deus. Sitiuit anima mea ad deum fontem 11 viuum. quando veniam et apparebo ante faciem dei Fuerunt michi lacrime mee panes die ac nocte. dum dicitur michi cottidie vbi est deus tuus. Hec recordatus sum et effudi in me animam meam. quoniam transibo in locum tabernaculi ammirabilis (85vb) usque ad domum / dei In uoce exultacionis et confessionis. sonus epulantis Quare tristis es anima mea. et quare conturbas me. Spera in deo quoniam adhuc confitebor illi. salutare vultus mei et deus meus Ad meipsum anima mea conturbata est propterea memor ero tui de terra iordanis. et hermonim a monte modico Abyssus abyssum inuocat. in uoce kataractarum (86ra) 12 tuarum. / Omnia excelsa tua et fluctus tui. super me transierunt In die mandauit dominus misericordiam suam et nocte canticum eius Apud me oracio deo vite mee. dicam deo susceptor meus es Qvare oblitus es mei. et quare contristatus incedo dum affligit me inimicus Dum confringuntur ossa mea exprobrauerunt michi. qui tribulant me inimici mei Dum dicunt michi per singulos dies ubi est deus tu/us quare tristis es ani(86rb) ma mea et quare conturbas me Spera in deo quoniam adhuc confitebor illi. salutare vultus mei et deus meus v Requiem Requiem G Oremus obsecrantes Oremus obsecrantes misericordiam tuam omnipotens eterne deus. qui hominem ad ymaginem tuam creare dignatus es. ut animam famule tue. quam die hodierna rebus humanis eximi 13. et ad te accersiri iuss[i]sti 14. (86va) blandeque et misericorditer suscipias. / non ei domifontem] VUL / c fortem; CA3 fol. 72r, HI2 fol. 41r fontem. Fol. 86 = alt; Schlussblatt der Lage; Lagenzählung .xiiij. auf der rechten unteren Ecke von fol. 86v. 13 eximi] Hand 1 schrieb zuerst ex=[Zeilenumbruch]uui. Die u-Häkchen wurden getilgt, allerdings kein weiteres i-Häkchen über die erste Haste gesetzt. 14 iussisti] Hs. iuss sti. 11 12

340

A Haec requies Ps 131 (86vb)

(87ra) 16

(87rb)

(87va) v Requiem Segnung des Grabes G Deus qui fundasti

4. Edition

nentur vmbre mortis. nec tegat eam chaos et caligo tenebrarum. sed exuta omnium criminum labe. in sinu abrahe patriarche tui collocata. locum lucis et refrigerij se adepturam esse gaudeat. ut cum dies iudicij aduenerit. cum sanctis et electis tuis eam resuscitari iubeas. Per cristum. Hec requies mea in seculum seculi. hic habitabo quoniam elegi eam. Memento domine dauid. et / omnis mansuetudinis eius. Sicut iurauit domino. uotum uouit deo iacob. Si introiero in tabernaculum domus mee. si ascendero in lectum strati mei Si dedero sompnum oculis meis. et palpebris meis dormitacionem Et requiem [tem]poribus 15 meis donec inueniam locum domini. tabernaculum deo iacob Ecce audiuimus ea in effrata. inuenimus eam in campis silue Introibimus in tabernaculum eius. / adorabimus in loco vbi steterunt pedes eius Surge domine in requiem tuam. tu et archa sanctificacionis tue Sacerdotes tui induantur iusticia. et sancti tui exultent. Propter david seruum tuum. non auertas faciem cristi tui Iurauit dominus dauid ueritatem et non frustrabitur eum. de fructu uentris tui ponam super sedem tuam Si custodierint filij tui testamentum meum. et testimonia mea hec que docebo eos Et / filij eorum usque in seculum. sedebunt super sedem tuam. Quoniam elegit dominus syon. elegit eam in habitacionem sibi Hec requies mea in seculum seculi. hic habitabo quoniam elegi eam. Uiduam eius benedicens benedicam pauperes eius saturabo panibus Sacerdotes eius induam salutari. et sancti eius exultacione exultabunt Illuc producam cornu dauid. paraui lucernam cristo meo Inimicos eius induam confusione super ipsum autem efflorebit / sanctificacio mea. Requiem. Benedictio sepulchri. Deus qui fundasti terram et creasti celos. qui omnibus nomina syderibus indidisti. qui captum laqueo mortis

requiem temporibus] Hs. req͂ē [Lücke mit Platz für vier Buchstaben bis zum Zeilenende] ibʓ [auf neuer Zeile]. 16 Fol. 87 = alt; zusammen mit fol. 96 Außenblatt der 10. Lage, ursprünglich Lage 15; Lagenzählung .xv. in der rechten unteren Ecke von fol. 96v. 15

4.4. ›Rituale‹ – Bestattung

(87vb)

(88ra) 17 G Tu nobis quaesumus

Leichnam wird der Erde übergeben mit A De terra (88rb) Ps 138

(88va)

341

hominem abluuione reparasti. qui sepultos abraham. ysaac. et iacob in spelunca duplici. libro vite et tocius ecclesie principes annotasti benedicendos. quesumus benedicere digneris hunc tumulum famule tue. ut eam hic requiescere facias. et in sinu abrahe / collocare digneris. qui dominum nostrum ihesum cristum filium tuum victis laqueis inferorum resurgere fecisti. et suorum in se credencium membra iusisti resuscitare. Respice quesumus domine super hanc fabricam sepulture. descendat hic spiritus tuus sanctus. ut te iubente sit ei in hoc loco quieta dormicio. et in tempore iudicij cum sanctis omnibus uera resurrectio. te prestante qui viuis et reg[nas]. deus per omnia secula seculorum. Tu nobis quesumus domine auxilium prestare digneris. tu opem feras. tu misericordiam largiaris. spiritum eciam famule tue et care nostre a vinculis corporis liberatam. in pace sanctorum tuorum recipias. ut locum penalem. et iehenne ignem. flammamque tartari in regione viuencium euadat. Per dominum. Hic cooperiatur corpus defuncti cum terra. 18 antiphona. De terra plasmasti me et carne induisti me. re/demptor meus domine resuscita me in nouissimo die. Domine probasti me et cognouisti me. tu cognouisti sessionem meam et resurrectionem meam Intellexisti cogitaciones meas de longe. semitam meam et funiculum meum inuestigasti Et omnes vias meas preuidisti. quia non est sermo in lingua mea Ecce domine tu cognouisti omnia nouissima et antiqua. tu formasti me et posuisti super [me] 19 manum tuam Mira/bilis facta est sciencia tua ex me. confortata est et non potero ad eam Quo ibo a spiritu tuo. et quo a facie tua fugiam Si ascendero in celum tu illic es. si descendero ad infernum ades Si sumpsero pennas meas diluculo. et habitauero in extremis maris Etenim illuc manus tua deducet me. et tenebit me dextera tua Et dixi forsitan tenebre conculcabunt me. et nox illuminacio mea in deli-

Fol. 88 = alt. Die oberen zwei Drittel, d.h. das Gebet Tu nobis der Spalte 88ra sind mit einem Kreuz in ganz schwachem Rot durchstrichen. 18 Links radiertes Verweiszeichen, am unteren Rand wiederholt. Rubrik nur partiell noch entzifferbar Hic [?... corpus eā.] Postea cooperiatur corpus cum terra, vgl. Kap. 3.3.4. 19 me] fehlt Hs. 17

342

4. Edition

cijs / meis Quia tenebre non obscurabuntur a te. et nox sicut dies illuminabitur. sicut tenebre eius ita et lumen eius. Quia tu possedisti renes meos. suscepisti me de utero matris mee Confitebor tibi quia terribiliter magnificatus es. mirabilia opera tua. et anima mea cognoscit nimis Non est occultatum os meum a te quod fecisti in occulto et substancia mea in inferioribus terre (89ra) 20 Inperfec/tum meum viderunt oculi tui. et in libro tuo omnes scribentur. dies formabuntur et nemo in eis. Michi autem nimis honor[i]ficati 21 sunt amici tui deus. nimis confortatus est principatus eorum Dinumerabo eos et super arenam multiplicabuntur. exsurrexi et adhuc sum tecum Si occideris deus peccatores. viri sanguinum declinate a me. Quia dicitis in cogitacione. (89rb) accipiant 22 in vanitate ciuitates / suas Nonne qui oderunt te domine oderam. et super inimicos tabescebam. Perfecto odio oderam illos. inimici facti sunt michi Proba me deus et scito cor meum. interroga me et cognosce semitas meas Et vide si uia iniquitat[i]s 23 in me est et deduc me in via eterna v Requiem Requiem. G Oremus fratres Oremus fratres karissimi pro spiritu care nostre. quam dominus de laqueo huius seculi liberare dignatus est. (89va) cuius corpusculum hodie sepulture traditur / ut eam pietas domini inter sanctos et electos suos. id est in sinu abrahe patriarche sui collocare dignetur. et partem habeat in prima resurrectione quam facturus est. Per cristum dominum. G 24 Deus qui iustis Oremus. Deus qui iustis supplicacionibus semper presto es. qui pia vota dignaris intueri. da famule tue cuius deposicioni[s] 25 hodie officia humanitatis exhibemus. cum sanctis atque fidelibus tuis beati muneris por(89vb) cio/nem Per cristum. G Deus qui humanarum Oremus Deus qui humanarum animarum amator eternus es. animam famule tue. quam vera dum in corpore

(88vb)

Fol. 89 = alt. honorficati] Hs. honoroficati. 22 accipiant] VUL und c accipient, HI2 fol. 124v accipiant. 23 iniquitatis] Hs. iniquitates. 24 G mit einem Kreuz in schwachem Rot über die untere Hälfte von fol. 89va durchstrichen, vgl. Kap. 3.3.4. 25 deposicionis] Hs. deposicioni. 20 21

4.4. ›Rituale‹ – Bestattung

G 26 Deus qui iustis (90ra) 27

G Temeritatis quidem (90rb)

(90va) 29

(90vb) 32 R Libera me 33

V Dies illa

343

maneret tenuit fides. ab omni cruciatu inferorum redde extorrem. ut segregata ab infernalibus claustris. sanctorum tuorum mereatur adunari consorcijs Per cristum. Oremus Deus qui iustis supplicacionibus semper presto es. qui pia vota dignaris intueri. / qui vniuersorum es conditor et redemptor. misericordia quoque peccatorum. et tuorum beatitudo iustorum. da famule tue. cuius deposicioni[s] 28 hodie officium humanitatis exhibemus. cum sanctis et electis tuis beati muneris porcionem. eamque a corporeis nexibus absolutam in resurrectione electorum tuorum facias presentari. Per cristum dominum nostrum. Temeritatis quidem est domine. ut homo hominem. morta/lis mortalem. cinis cinerem tibi domino deo nostro audeat commendare. sed quia terra suscipit terram. et puluis in puluerem reuertitur. donec omnis caro in suam redigatur originem. inde tuam pijssime pater lacrimabiliter quesumus pietatem. ut huius animam famule tue quam de huius mundi uoragine cenulenta ducis ad patriam. abrahe sinu amici tui recipias. et refrigerij rore perfundas. sit ab estuantis / gehenne [t]ruci 30 incendio segregata. et beate requiei te donante coniuncta. et si que illi sint domine digne cruciatibus culpe. tu eas gracia mitissime lenitatis indulge. ne peccati recipiat vicem. sed indulgencie tue piam senciat bonitatem. cumque finito mundi termino. supernum cunctis illuxerit regnum sanctorum cetibus aggre[ga]ta 31. cum electis resurgat in parte dextera coronanda nouus homo.

Dies il[la].

G mit schwachem Rot kreuzförmig durchstrichen. Fol. 90 = alt. 28 Die Variante deposicioni (vgl. Anm. 25) hier wiederholt. 29 Unter fol. 90v eine Zeile radiert: Rubrik, die mit Hic (oder Hīc?)… ̅cta begann, Incipit (ca. vier Wörter). 30 truci] Hs. cruci. 31 aggregata] Hs. aggreta. 32 Über fol. 90vb radierte Rubrik (vier Wörter). 33 R und v auf fol. 105rb. 26 27

344

4. Edition

V Quando caeli G Paternoster

Sacerdos Quando ce[li]. Cantor Kyrieleison. Pater noster. Et ne nos inducas in temptacionem v Requiem Requiem eternam dona eis domine v A porta inferi A porta inferi: v Credo videre Credo videre bona domini v Domine exaudi Domine exaudi oracionem meam Dominus uobiscum G Debitum humani Debitum humani corporis sepeliendi officium fidelium (91ra) 34 more complentes. deum cui omnia viuunt fideliter deprecemur. ut hoc / corpus care nostre a nobis in infirmitate sepultam. in virtute et ordine sanctorum eius resuscitet. et eius spiritum cum sanctis et electis iubeat aggregari cuique in iudicio misericordiam tribuat. quemque redemptum debitis solutum patri reconsiliatum. boni pastoris humeris reportatum spiritu sancto protectum. in comitatu eterni regis perhenni gaudio et sanctorum consorcio perfrui concedat. G Deus in cuius (91rb) Deus in cuius miser/acione anime fidelium requiescunt. famulis et famulabus tuis omnibus hic et ubique in cristo quiescentibus.da propicius suorum ueniam peccatorum. ut a cunctis reatibus absoluti tecum sine fine letentur. Per eum cristum. G Clementissime Clementissime domine qui pro nostra miseria ab imdomine piorum manibus mortis sup[p]licium 35 pertulisti. libera animam eius de inferni uoragine et de ministris tartareis. miserator absolue. et cuncta eius peccata obliuione perpetua dele. eam / ad lucem tuam angeli tradant. (91va) paradysique ianuam introducant. ut dum corpusculum pulueri traditur ad eternitatem perducant domine miserere super peccatore. G Partem beatae Oremus Partem beate resurrectionis obtineat anima resurrectionis famule tue. et fidelium tuorum. vitamque habere mereantur in celis. per te ihesu criste saluator mundi rex glorie. Qui in trinitate perfec[ta] G Fidelium deus (91vb) Fidelium deus omnium conditor et re/demptor animabus omnium fidelium defunctorum remissionem cunctorum tribue peccatorum. ut indulgenciam quam semper optauerunt pijs supplicacionibus consequantur Per do[minum] nostrum ihesum cristum 34 35

Fol. 91 = alt. supplicium] Hs. suplicium.

4.4. ›Rituale‹ – Bestattung V Requiescant in pace Priester und Konvent kehren in die Kirche zurück, singen R Si bona suscepimus V Nudus

345

Requiescant in pace. Tunc sacerdos. et conuentus reuertantur in ecclesiam et in via cantetur ℞.

In der Kirche vor In ecclesia cantetur ante altare imponat dominus prepositus. Altar stimmt Propst an (92ra) 36 A Media vita 37

Danach Psalmlesung Ps 66 endet mit Gloria patri Kyrie G Pater noster v 39 Domine non v Adiuva nos v Non nobis domine v Esto nobis v Mitte nobis v Domine exaudi

legatur psalmus. Deus misereatur nostri. Gloria patri. Kyrileison 38 Et ne nos. Domine non secundum peccata nostra facias nobis: Adiuua nos deus salutaris noster. Non nobis domine non nobis. Esto nobis domine turris fortitudinis. Mitte nobis domine auxilium de sancto. Domine exaudi. oracionem meam. Dominus uo[biscum] G Parce domine (92rb) Oremus Parce domine parce peccatis / nostris. et quamuis incessabiliter delinquentibus continua pena debeatur. presta quesumus. ut quod ad perpetuum meremur exicium. transeat ad correctionis auxilium Per cristum G Infirmitatem nostram Infirmitatem nostram quesumus domine propicius respice. et mala omnia que iuste meremur. propiciatus auerte Per do[minum] nostrum. 40

Fol. 92 = alt. Antiphon auf fol. 110va–vb vollständig. 38 Kyrieleison] Hs. Kýril). (Form Kyrileison in Orationalien belegt) 39 Die einzelnen Versiculi sind durch einen roten Haarstrich voneinander getrennt. 40 Es folgen fünf Leerzeilen bis zum Seitenende. 36 37

346 4.4.3.

4. Edition

Totenvigil

(92va) Vigil Ps 114

(92vb)

A Placebo domino Ps 119 (93ra) 2 A Heu me Ps 120 A Dominus custodit Ps 129 A Si iniquitates Ps 137

(93rb)

(93va)

Dilexi, quoniam exaudiet dominus: vocem oracionis mee. Quia inclinauit dominus aurem suam michi: et in diebus meis inuocabo Circumdederunt me dolores mortis: et pericula inferni inuenerunt 1 me Tribulacionem et dolorem inueni: et nomen domini inuocaui O domine libera animam meam misericors dominus et iustus: et deus noster miseretur Custodiens paruulos / dominus: humiliatus sum et liberauit me Conuertere anima mea in requiem tuam: quia dominus benefecit tibi Quia eripuit animam meam de morte: oculos meos a lacrimis. pedes meos a lapsu Placebo domino in regione uiuorum Requiem eternam dona eis domine. et lux perpetua luceat eis. Placebo domino in regione viuorum Ad dominum cum tribularer clamaui. Heu me quia incola/tus meus prolongatus est Leuaui oculos meos in montes Dominus custodit te ab omni malo custodiat animam tuam dominus De profundis clamaui ad te domine Si iniquitates obseruaueris domine domine quis sustinebit Confitebor tibi domine in toto corde meo: quoniam audisti omnia 3 verba oris mei In conspectu angelorum psallam tibi. adorabo ad templum sanctum tuum et confidebor nomini tuo Super mi/sericordia tua et ueritate tua: quoniam magnificasti super omne nomen sanctum tuum In quacumque die inuocauero te exaudi me: multiplicabis in anima mea virtutem Confiteantur tibi domine omnes reges terre: quoniam 4 audierunt omnia verba oris tui Et cantent in vijs domini: quoniam magna est gloria domini Quoniam excelsus dominus et humilia respicit: et alta a longe cognoscit Si ambulauero in medio tribulacionis viuificabis / me et super iram inimicorum meorum extendisti manum tuam et saluum me fecit dextera tua Dominus retribuet

Selbstkorrektur der Ursprungshand beim Schreiben von -rent zu -runt. Fol. 93 = alt. 3 omnia] VUL / c / CA3 fol. 201v om.; Medinger Psalter-Hs. HI2 fol. 123v omnia. 4 VUL quoniam c quia. HI2 fol. 123v quia. 1 2

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

347

pro me: domine misericordia tua in seculum: opera manuum tuarum ne despicias v Requiem Requiem. A Opera manuum Opera manuum tuarum domine ne despicias Ca Magnificat Magnificat anima mea dominum. A Tuam deus Tuam deus deposcimus pietatem vt eis tribuere digneris lucidas et quietas mansiones. Matutin IA Circumde- Circumdederunt me gemitus mortis. dolores inferni derunt circumdederunt me. Venite. (93vb) 1. NokturnPs 5 Uerba mea auribus percipe domine: intellige clamorem meum Intende uoci oracionis mee: rex meus et dominus meus Quoniam ad te orabo domine: mane exaudies uocem meam Mane astabo tibi et uidebo: quoniam non deus uolens iniquitatem tu es Neque habitabit iuxta te malignus: neque permanebunt iniusti ante oculos tuos Odisti omnes qui operantur iniquitatem: / (94ra) 5 perdes omnes qui locuntur mendacium Uirum sanguinum et dolosum abhominabitur dominus: ego autem in multitudine misericordie tue Introibo in domum tuam: adorabo ad templum sanctum tuum in timore tuo Domine deduc me in iusticia tua propter inimicos meos: dirige in conspectu tuo viam meam Quoniam non est in ore eorum ueritas: cor eorum uanum est (94rb) Sepulchrum patens est guttur eorum linguis / suis dolose agebant: iudica illos deus Decidant a cogitacionibus suis: secundum multitudinem impietat[u]m 6 eorum expelle eos: quoniam irritauerunt te domine Et letentur omnes qui sperant in te: in eternum exultabunt et habitabis in eis Et gloriabuntur in te omnes qui diligunt nomen tuum: quoniam tu benedices iusto Domine ut scuto bone uoluntatis tue: coronasti nos v Requiem aeternam Requiem. A Dirige domine (94va) Dirige domine deus meus in con/spectu tuo viam meam. A Convertere domine Conuerte[re] Ps 6 Domine ne in furore tuo arguas me: neque in ira tua corripias me Miserere mei domine quoniam infirmus sum: sana me domine: quoniam conturbata sunt ossa

5 6

Fol. 94 = alt. impietatum] Hs. ī pietatem.

348

(94vb)

(95ra) 8 v Requiem

A Convertere domine A Ne quando Ps 7

(95rb) 9

(95va)

4. Edition

mea Et anima mea turbata est ualde: sed tu domine usque quo? 7 Conuertere domine et eripe animam meam: saluum me fac propter misericordiam tuam Quoniam non est in morte qui memor sit tui: in inferno autem quis confitebitur tibi? Laboraui / in gemitu meo: lauabo per singulas noctes lectum meum: lacrimis meis stratum meum rigabo Turbatus est a furore oculus meus: inueteraui inter omnes inimicos meos Discedite a me omnes qui operamini iniquitatem: quoniam exaudiuit dominus uocem fletus mei Exaudiuit dominus deprecacionem meam: dominus oracionem meam suscepit Erubescant et conturbentur uehementer omnes inimici / mei: conuertantur et erubescant ualde uelociter. Requiem. Conuertere domine et eripe animam meam quoniam non est in morte qui memor sit tui. Ne quando Domine deus meus in te speraui: saluum me fac ex omnibus persequentibus me et libera me Nequando rapiat ut leo animam meam: dum non est qui redimat neque qui saluum faciat Domine deus meus si feci istud: si est iniquitas in manibus meis. / Si reddidi retribuentibus michi mala: decidam merito ab inimicis inanis. Persequatur inimicus animam meam et comprehendat. et conculcet in terra uitam meam: et gloriam meam in puluerem deducat Exurge domine in ira tua: et exaltare in finibus inimicorum meorum Et exurge domine deus meus in precepto quod mandasti: et synagoga populorum circumdabit te. Et propter hanc in altum regredere: dominus iudi/cat populos Iudica me domine secundum iustitiam meam: et secundum innocenciam meam super me Consumetur nequicia peccatorum et diriges iustum: scrutans corda et renes deus Iustum adiutorium meum a domino: qui saluos facit rectos corde Deus iudex iustus et fortis et paciens: numquid irascetur 10 per singulos dies? Nisi conuersi

7 Die folgenden Fragezeichen in Ps 6, Ps 7 und den Iob-Lesungen von Korrekturhand mit Zeichenfeder aus Punkten ergänzt. 8 Fol. 95 = alt. 9 Genähter Pergamentriss unter fol. 95rb, kleines Loch in rechter unterer Ecke. 10 irascetur] VUL / c und CA3 fol. 22v irascitur; HI2 fol. 12r mit FWK irascetur.

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

(95vb)

v Requiem

A Nequando rapiat v (96ra) 15 Dirige domine G Paternoster G Ave Maria G Paternoster v A porta inferi

L1 Iob 7:16b-21

(96rb)

R Manus tuae

V Dum veneris (96va) Rep In conspectu L2 Iob 10, 1-7

fueritis gladium suum vibrauit 11: arcum suum tetendit et parauit illum Et in eo parauit uasa mortis: / sagittas suas ardentibus effecit Ecce parturit 12 iniusticiam et 13 concepit dolorem: et peperit iniquitatem Lacum aperuit et effodit eum: et incidit in foueam quam fecit Conuertetur dolor eius in capud eius: et in uerticem ipsius iniquitas eius descendet Confitebor domino secundum iusticiam eius: et psallam nomini domini altissimi. Requiem. Nequando rapiat ut leo animam meam 14 dum non est qui redimat neque qui saluum faciat. Dirige / domine deus meus: in conspectu tuo viam meam. Pater noster. Ave Maria. Et ne nos inducas in temptacionem. A porta inferi: erue d[omine] a[nimam] e[ius] Parce michi domine: nichil enim sunt dies mei Quid est homo quia magnificas eum: aut quia ponis erga eum cor tuum? 16 Visitas eum diluculo: et subito probas illum. Vsquequo non parcis michi: nec dimittis me ut gluciam saliuam meam? Peccaui: Quid faciam tibi o custos / hominum? Quare me posuisti contrarium tibi: et factus sum michimetipsi grauis? Cur non tollis peccatum meum: et quare non aufers iniquitatem meam? Ecce nunc in puluere dormio: et si mane quesieris non subsistam. Manus tue domine fecerunt me et plasmauerunt me totum. ego autem homo natus de muliere breui viuens tempore peccaui iniquitatem feci. In conspectu tuo.  Dum ueneris iudicare noli me condempnare / ne gaudeat inimicus meus super me. In con[spectu]. Tedet animam meam vite mee: dimittam aduersum me eloquium meum. Loquar in amaritudine anime mee: dicam deo noli me condempnare. Indica michi. cur me

vibravit] VUL / c vibrabit; HI2 fol. 12r, CA3 fol. 22v mit RFWKΦ vibrauit. parturit] VUL / c parturiit; HI2 fol. 12r, CA3 fol. 22v mit RIWKΦ parturit. 13 et] c / CA3 fol. 22v et om.; VUL, HI2 fol. 12r et. 14 meam] Hs. meam [Zeilenwechsel] meam. 15 Fol. 96 = alt; Lagenzählung .xi. in der unteren rechten Ecke von fol. 96v. 16 Dahinter ein Fleck. 11 12

349

350

4. Edition

ita iudices? 17 Numquid bonum tibi uidetur si calumpnieris 18 et opprimas me opus manuum tuarum: et consilium impiorum adiuues? Numquid oculi carnei tibi sunt: aut sicut uidet homo ita et tu uidebis? Numquid (96vb) sicut dies hominis. di/es tui: aut anni tui sicut humana sunt tempora: ut queras iniquitatem meam et peccatum meum scruteris? Et scias quia nichil impium fecerim: cum sit nemo qui de manu tua possit eruere. R Memento quaeso Memento queso domine quod sicut lutum feceris me Rep Nonne sicut et in puluerem reduces me. Nonne sicut lac mulsisti me et sicut caseum me coagulasti pelle et carne uestisti me ossibus et neruis compegisti me. V Vitam Vitam et misericordiam tribuisti michi et uisitacio tua (97ra) 19 custodiuit / spiritum meum. Nonne sicut lac. L3 Iob 10, 8-12 Manus tue domine fecerunt me et plasmauerunt me totum in circuitu: et sic repente precipitas me? Memento queso quod sicut lutum feceris me: et in puluerem reduces me. Nonne sicut lac mulsisti me: et sicut caseum me coagulasti? Pelle et carne uestisti me: ossibus et neruis compegisti me. Vitam et misericor(97rb) diam tribuisti michi: et uisitacio tua / custodiuit spiritum meum. R Ne tradas Ne tradas domine bestijs animas confitencium tibi. Et Rep Et animas animas pauperum tuorum ne obliuiscaris in finem. V Memorare Memorare que sit nostra substancia domine et quia non Rep Et animas uane constituisti omnes filios hominum. Et animas. [2. Nokturn] A In loco In loco pasc[hue] Ps 22 Dominus regit me et nichil michi deerit: in loco paschue ibi me collocauit Super aquam refectionis educauit me: animam meam conuertit. Deduxit me super (97va) semitas iusticie: propter / nomen suum. Nam et si ambulauero in medio umbre mortis non timebo mala: quoniam tu mecum es. Virga tua et baculus tuus: ipsa me consolata sunt Parasti in conspectu meo mensam: aduersus eos qui tribulant me Inpinguasti in oleo capud meum: et calix meus inebrians quam preclarus est Et misericordia tua subsequetur me omnibus diebus vite mee Et ut inhabitem in domo domini: in longituAb hier Fragezeichen wieder in normaler Größe eingetragen. calumpnieris] c calumnieris me. 19 Fol. 97 = alt. 17 18

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

351

dine dierum. Requiem. (97vb) A In loco pascuae In loco paschue ibi collocauit. A Delicta Delicta. Ps 24 Ad te domine leuaui animam meam: deus meus in te confido non erubescam Neque irrideant me inimici mei: etenim uniuersi qui sustinent te non confundentur Confundantur omnes iniqua agentes superuacue Uias tuas domine demonstra michi: et semitas tuas edoce me. Dirige me in ueritate tua et doce me: quia tu es (98ra) 20 deus saluator meus: et te sustinui tota / die Reminiscere miseracionum tuarum domine: et misericordiarum tuarum que a seculo sunt Delicta iuuentutis mee: et ignorancias meas ne memineris. Secundum misericordiam tuam memento mei tu: propter bonitatem tuam domine. Dulcis et rectus dominus: propter hoc legem dabit deli[n]quentibus 21 in uia Diriget mansuetos in iudicio: docebit mites vias. 22 Uniuerse uie domini mi(98rb) sericordia et ueritas: requirentibus testamentum eius / et testimonia eius. Propter nomen tuum domine propiciaberis peccato meo: multum est enim Quis est homo qui timet dominum? legem statuit 23 ei in uia quam elegit Anima eius in bonis demorabitur: et semen eius hereditabit terram Firmamentum est dominus timentibus eum: et testamentum ipsius ut manifestetur illis Oculi mei semper ad dominum: quoniam ipse euellet de laqueo pedes meos. Respice in me et miserere mei: (98va) quia unicus / et pauper sum ego Tribulaciones cordis mei multiplicate sunt. de necessitatibus meis erue me Uide humilitatem meam et laborem meum: et dimitte uniuersa delicta mea 24 Respice inimicos meos 25 quoniam multiplicati sunt: et odio iniquo oderunt me. Custodi animam meam et erue me: non 26 erubescam quoniam speraui in te. Innocentes et recti adheserunt michi: quia sustinui te Libera deus israhel: ex omnibus v Requiem

Fol. 98 = alt. delinquentibus] Hs. deliquentibus. 22 vias] VUL / c vias suas. 23 statuit] VUL statuet, c statui. HI2 fol. 25v; CA3 fol. 45r statuit. 24 mea direkt hinter delicta in kleinen Buchstaben im Spaltenzwischenraum. 25 meos von anderer Korrekturhand am Rand. 26 non] Kleines c mit brauner Tinte nach n̅ eingetragen. 20 21

352 (98vb) v Requiem A Delicta A Credo videre Ps 26

(99ra) 27

(99rb)

(99va)

v Requiem A Credo videre v Delicta iuvenis (99vb) G Paternoster v Ne tradas

4. Edition

tribulacionibus suis. Requiem. Delicta iuuentutis mee et ignorancias meas ne memineris domine Credo ui[dere]. Dominus illuminacio mea: et salus mea quem timebo? Dominus protector uite mee: a quo trepidabo? Dum appropiant super me nocentes: ut edant carnes meas Qui tribulant me inimici mei: ipsi infirmati sunt et ceciderunt. Si consistant aduersum me castra: non timebit cor meum Si exur/gat aduersum me prelium: in hoc ego sperabo Unam pecij a domino hanc requiram: ut inhabitem in domo domini omnibus diebus uite mee Et uideam voluntatem domini: et uisitem templum eius Quoniam abscondit me in tabernaculo suo in die malorum: protexit me in abscondito tabernaculi sui In petra exaltauit me: et nunc exaltauit capud meum super inimicos meos Circuiui et immolaui in tabernaculo eius / hostiam uociferacionis: cantabo et psallmum dicam domino Exaudi domine uocem meam qua clamaui ad te: miserere mei et exaudi me Tibi dixit cor meum exquisiuit te facies mea: faciem tuam domine requiram Ne auertas faciem tuam a me: ne declines 28 in ira a seruo tuo Adiutor 29 meus esto ne derelinquas me: neque despicias me deus salutaris meus Quoniam pater meus et mater mea dereliquerunt me: dominus autem assumpsit me / Legem pone michi domine in uia tua et dirige me in semita recta: propter inimicos meos Ne tradideris me in animas tribulancium me: quoniam insurrexerunt in me testes iniqui: et mentita est iniquitas sibi Credo uidere bona domini: in terra uiuencium Expecta dominum uiriliter age: et confortetur cor tuum et sustine dominum. Requiem. Credo videre bona domini in terra uiuencium. Delicta iuuentutis mee et ignorancias meas ne memine/ris domine. Pater noster. Et ne nos. Ne tradas domine bestijs animas confitencium tibi: et

Fol. 99 = alt. Letzte drei Buchstaben auf Rasur; rechts Kreuzchen als Korrekturmarkierung. 29 A-Initiale korrigiert aus F(?)-Initiale, die in die darunter liegende Zeile reichte. 27 28

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

353

animas pauperum tuorum ne obliuiscaris in finem. Responde michi. Quantas habeo iniquitates et peccata? Scelera mea atque delicta ostende michi. Cur faciem tuam abscondis: et arbitraris me inimicum tuum? Contra folium quod uento rapitur. ostendis potenciam tuam: et stipulam siccam persequeris. Scribis enim con(100ra) 30 tra me amaritudines: et consu/mere me uis peccatis adolescencie mee. Posuisti in neruo pedem meum. et obseruasti omnes semitas meas: et uestigia pedum meorum considerasti. Qui quasi putredo consumendus sum: et quasi uestimentum quod commeditur a tinea. R Quomodo confitebor Quomodo confitebor tibi domine deus meus quando ueneris in iudicio tuo quia cor meum mundum non custodiui animam meam in carne positam pollui tem(100rb) plum corporis mei de opere iniquita/tis coinquinaui precor te domine antequam discucias me. Rep Miserere Miserere mei. V Tibi soli Tibi soli peccaui domine. Rep Miserere Mi[serere]. L5 Iob 14, 1-6 Homo natus de muliere. breui uiuens tempore: repletur multis miserijs. Qui quasi flos egreditur et conteritur. et fugit uelud vmbra: et numquam in eodem statu permanet. Et dignum ducis super huiuscemodi 31 aperire oculos tuos: et adducere eum tecum in iudicium? (100va) Quis potest mundum facere de immun/do conceptum semine? Nonne tu qui solus es? Breves 32 dies hominis sunt: numerus mencium eius apud te est. Constituisti terminos eius: qui preteriri non poterunt. Recede 33 ergo 34 paululum ab eo ut quiescat: donec optata ueniat. sicut mercenarij dies eius. R Rogamus te domine Rogamus te domine deus noster ut suscipias animas eorum defunctorum pro quibus sanguinem tuum fuR Recordare disti. Recordare quia puluis sumus et homo sicut fenum et flos agri. V Misericors (100vb) Misericors / et miserator et iuste domine. L6 Iob 14, 7-12 Lignum habet spem. si precisum fuerit rursum virescit: et rami eius pullulant. Si senuerit in terra radix eius. et L4 Iob 13, 22-28

Fol. 100 = alt. huiuscemodi] ce ausradiert. 32 Breves] Über i der Originalhand ein e der Korrekturhand. 33 Recede] de von Originalhand über Zeile, Einfügezeichen auf Zeile. 34 ergo] VUL / c om. 30 31

354

4. Edition

(101ra) 35

R Redemptor meus Rep Et renovabuntur V Lauda anima Rep Et renovabuntur

[3. Nokturn] A Non derelinquas Ps 37 (101rb)

(101va)

(101vb)

35 36

in puluerem mortuus fuerit truncus eius: ad odorem aque germinabit. et faciet comam quasi cum primum plantatum est. Homo uero cum mortuus fuerit. nudatus atque consumptus: vbi queso est? Quomodo si recedant aque de / mari. et fluuius vacuefactus arescat: sic homo cum dormierit non resurget donec atteratur celum. Non euigilabit neque consurget de sompno suo. Redemptor meus uiuit et in nouissimo resurgam. Et renouabuntur denuo ossa mea et in carne mea uidebo dominum meum. Lauda anima mea dominum laudabo dominum in uita mea psallam deo meo quamdiu ero. Et. Non dere[linquas] Domine ne in furore tuo / arguas me: neque in ira tua corripias me. Quoniam sagitte tue infixe sunt michi: et confirmasti super me manum tuum Non est sanitas in carne mea a facie ire tue: non est pax ossibus meis a facie peccatorum meorum Quoniam iniquitates mee supergresse sunt capud meum: et sicut onus graue grauate sunt super me Putruerunt et corrupte sunt cycatrices mee a facie insipiencie mee Miser factus sum et curuatus sum usque in fi/nem: tota die contristatus ingrediebar. Quoniam lumbi mei impleti sunt illusionibus: et non est sanitas in carne mea Afflictus sum et humiliatus sum nimis: rugiebam a gemitu cordis mei Domine ante te omne desiderium meum: et gemitus meus a te non est absconditus Cor meum conturbatum est dereliquid 36 me virtus mea: et lumen oculorum meorum et ipsum non est mecum Amici mei et proximi mei: aduersum me appropinquauerunt / et steterunt Et qui iuxta me erant de longe steterunt: et uim faciebant qui querebant animam meam Et qui inquirebant mala michi locuti uanitates: et dolos tota die meditabantur. Ego autem tamquam surdus non audiebam: et sicut mutus non aperiens os suum Et factus sum sicut homo non audiens et non habens in ore suo redarguciones Quoniam in te domine speraui: tu exaudies me domine deus meus / Quia dixi nequando

Fol. 101 = alt. dereliquid] Zur -d-Schreibung (HI2 fol. 36v, nicht CA3 fol. 66r) vgl. Kap. 3.1.4.

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil (102ra) 37

(102rb) v Requiem A Non derelinquas A Sana domine Ps 40

(102va)

(102vb)

(103ra) 40 v Requiem aeternam A Sana domine

355

supergaudeant michi inimici mei. et dum commouentur pedes mei super me magna locuti sunt Quoniam ego in flagella paratus sum: et dolor meus in conspectu meo semper Quoniam iniquitatem meam annunciabo et cogitabo. pro peccato meo Inimici autem mei uiuunt et conformati sunt super me et multiplicati sunt qui oderunt me inique Qui retribuunt mala pro bonis detrahebant / michi: quoniam sequebar bonitatem Non derelinquas me domine deus meus ne discesseris a me Intende in adiutorium meum: domine deus salutis mee. Requiem. Non derelinquas me domine deus meus ne discesseris a me Sana domine Beatus qui intelligit super egenum et pauperem: in die mala liberauit 38 eum dominus Dominus conseruet eum et uiuificet eum et beatum faciat eum in terra: et non tradat eum in animam inimicorum eius Dominus opem ferat illi super lectum dolo/ris eius: uniuersum stratum eius uersasti in infirmitate eius Ego dixi domine miserere mei: sana animam meam quia peccaui tibi Inimici mei dixerunt mala michi: quando morietur et peribit nomen eius Et si ingrediebatur ut uideret vana loquebatur cor eius congregabit iniquitatem sibi Egrediebatur foras. et loquabatur in idipsum Aduersum me susurrabant omnes inimici mei aduersum me cogitabant mala michi Uerbum / iniquum constituerunt aduersum me: numquid qui dormit non adiciet ut resurgat Etenim homo pacis mee in quo speraui: qui edebat panes meos 39 magnificauit super me supplantacionem Tu autem domine miserere mei et resuscita me: et retribuam eis In hoc cognoui quoniam uoluisti me: quoniam non gaudebit inimicus meus super me Me autem propter innocenciam suscepisti. et confirmasti / me in conspectu tuo in eternum Benedictus dominus deus israel. a seculo et usque seculum fiat fiat. Requiem. Sana domine animam meam quia peccaui tibi.

Fol. 102 = alt. liberavit] VUL / c liberabit, FLSK liberauit; HI2 fol. 40r, CA3 fol. 70v liberauit. 39 meos magnificavit] Durch Radieren aus meas magnificabit (Lesart c) verbessert. 40 Fol. 103 = alt. 37 38

356 A Sitivit Ps 41

(103rb)

(103va)

(103vb) v Requiem aeternam A Sitivit anima mea

v Anima mea conturbata G Paternoster v Audivi vocem

L7 Iob 14, 13-16 (104ra) 44

4. Edition

Sitiuit Quemadmodum desiderat ceruus ad fontes aquarum: ita desiderat anima mea ad te deus Sitiuit anima mea ad deum fontem 41 uiuum: quando ueniam et apparebo ante faciem dei Fuerunt michi lacrime mee panes die ac nocte dum dicitur michi cottidie vbi / est deus tuus Hec recordatus sum et effudi in me animam meam: quoniam transibo in locum tabernaculi ammirabilis usque ad domum dei In uoce exultacionis et confessionis: sonus epulantis. Quare tristis es anima mea? et quare conturbas me? Spera in deo quoniam adhuc confitebor illi: salutare vultus mei et deus meus Ad meipsum anima mea conturbata est. propterea memor ero tui de terra iordanis: et hermonim a monte mo/dico. Abyssus abyssum inuocat in uoce kataractarum tuarum Omnia excelsa tua et fluctus tui: super me transierunt In die mandauit dominus misericordiam suam: et nocte canticum eius Apud me oracio deo uite mee: dicam deo susceptor meus es Quare oblitus es mei. et quare contristatus incedo dum affligit me inimicus Dum confringuntur ossa mea exprobrauerunt michi: qui tribulant me inimici Dum dicunt michi per singulos dies / vbi est deus tuus? quare tristis es anima. et quare conturbas [me] 42 Spera in deo quoniam adhuc confitebor illi: salutare vultus mei et deus meus. Requiem. Sitiuit anima mea ad deum fontem 43 uiuum quando veniam et apparebo ante faciem domini. Anima mea conturbata est valde. sed tu domine succurre ei Pater noster. Et ne nos. Audiui uocem de celo dicente michi: scribe beati mortui qui in domino moriuntur. Quis michi tribuat ut in infernum pro/tegas me: et abscondas me donec pertranseat furor tuus et constituas michi tempus in quo recorderis mei? Putasne mortuus homo rursum viuiat? Cunctis diebus quibus nunc milito: expecto donec ueniat immutacio mea. Vocabis me

fontem] Lesart wie Ps 41 auf fol. 85v und fol. 103ra. conturbas me] Hs. conturbas. 43 fontem] Lesart wie Ps 41 auf fol. 85va. 44 Fol. 104 = alt. 41 42

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

357

et ego respondebo tibi: operi manuum tuarum porriges dexteram. Tu quidem gressus meos dinumerasti: sed parce peccatis meis. R Absolve domine Absolue domine / animas eorum ab omni uinculo de(104rb) lictorum non eas tormentum mortis attingat. Non reorum cathena constringat sed miseracio tua in pacis eas ac lucis regione constituat. V Si quae illis Si que illis sint domine digne cruciatibus culpe tu eas Rep Non reorum gracia lenitatis indulge. Non. L8 Iob 17, 1-3, 11-15 Spiritus meus attenuabitur. dies mei breuiabuntur: et solum michi superest sepulchrum. Non peccaui: et in amaritudinibus moratur oculus meus. Libera me do(104va) mine et pone me iuxta te: et cuiusuis manus / pungnet contra me. Dies mei transierunt. cogitaciones mee dissipate sunt: torquentes cor meum. Noctem uerterunt in diem: et rursum post tenebras spero lucem. Si sustinuero. infernus domus mea est.  45 et in tenebris straui lectulum meum. P[u]tredini 46 dixi pater meus es. mater mea: et soror mea uermibus: Vbi est ergo nunc prestolacio mea et paciencia mea? Tu es domine deus meus. R Deus aeterne (104vb) Deus eterne in cuius humana con/dicio potestate consistit animas omnium fidelium defunctorum quesumus Rep Ut paenitentiae ab omnibus absolue peccatis. Vt penitencie fructum quem uoluntas eorum optauit preuenti mortalitate non perdant. V Qui in Qui in cruce positus latronem sero penitentem 47 susceRep Ut paenitentiae pisti eorum precamur pie peccata dilue. Vt. L9 Iob 19, 20-27 Pelli mee 48 consumptis carnibus. adhesit os meum: et derelicta sunt tantummodo labia mea circa dentes meos. Miseremini mei miseremini mei sal/tem uos (105ra) 49 amici mei: quia manus domini tetigit me. Quare me persequimini sicut deus: et carnibus meis saturamini? Quis michi tribuat ut scribantur sermones mei? Quis michi det ut exarentur in libro stilo ferreo. vel plumbi lamina: uel celte sculpantur in sylice? Scio enim quod redemptor meus uiuit. et in nouissimo die de terra surInterpunktionszeichen (Punctus flexus ?) in bräunlicher Tinte nachgetragen. Putredini] Hs. Prutredini. 47 sero penitentem der Korrekturhand zwischen Spalten nachgetragen. 48 mee] von Korrekturhand in mei korrigiert. 49 Fol. 105 = alt. 45 46

358

4. Edition

(105rb)

recturus sum: et rursum circumdabor / pelle mea: et in carne mea uidebo deum saluatorem meum. Quem uisurus sum ego ipse et oculi mei conspecturi sunt: et non alius. Reposita est hec spes mea 50 in sino meo. R Libera me Libera me 51 domine de morte eterna in die illa tremenda Quando celi mouendi sunt et terra. V Dies illa Dies illa dies ire dies calamitatis et miserie dies magna Rep Quando caeli et amara valde. Qu[ando]. [Laudes] A Exsultabunt Exultabunt Ps 50 (105va) Miserere mei deus: secundum / magnam misericordiam tuam Et secundum multitudinem miseracionum tuarum: dele iniquitatem meam Amplius laua me ab iniquitate mea: et a peccato meo munda me Quoniam iniquitatem meam ego cognosco: et peccatum meum contra me est semper Tibi soli peccaui et malum coram te feci: ut iustificeris in sermonibus tuis et uincas cum iudicaris Ecce enim in iniquitatibus conceptus sum. et in peccatis concepit me mater mea Ecce enim (105vb) ue/ritatem dilexisti. incerta et occulta sapiencie tue manifestasti michi Asperges me domine ysopo et mundabor: lauabis me et super niuem dealbabor Auditui meo dabis gaudium et leticiam: et exultabunt ossa humiliata Auerte faciem tuam a peccatis meis. et omnes iniquitates meas dele Cor mundum crea in me deus: et spiritum rectum innoua in uisceribus meis Ne proicias me a / facie tua et spiritum sanctum tuum ne (106ra) 52 auferas a me Redde michi leticiam salutaris tui: et spiritu principali confirma me Docebo iniquos vias tuas: et impij ad te conuertentur Libera me de sanguinibus deus deus salutis mee. et exultabit lingua mea iusticiam tuam Domine labia mea aperies. et os meum annunciabit laudem tuam Quoniam si uoluisses sacrificium (106rb) dedissem. utique / holocaustis non delectaberis. Sacrificium deo spiritus contribulatus. cor contritum et humiliatum deus non despicies Benigne fac domine in bona uoluntate tua syon. ut edificentur muri ierusalem Tunc acceptabis sacrificium iusticie oblaciones et holomea in sino] Über mea linienloses Melisma, über sino Virga von Korrekturhand. Auf dieser Höhe der Seite war ein roter Blattweiser angebracht, um die Antiphon Libera me domine auffindbar zu machen (auf fol. 83rb und fol. 90vb) 52 Fol. 106 = alt; Lagenzählung .xvj. auf der unteren rechten Ecke von fol. 106v. 50 51

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

v Requiem

A Exsultabunt A Exaudi Ps 64 (106va)

(106vb)

(107ra) 55

A Exaudi A Me suscepit

Ps 62 (107rb)

causta: tunc imponent super altare tuum uitulos. Requiem. Exultabunt omnia ossa humiliata. Exaudi Te decet ymnus deus in syon: et tibi reddetur uotum / in iherusalem Exaudi oracionem meam. ad te omnis caro veniet. Uerba iniquorum preualuerunt super nos. et impietatibus nostris tu propiciaberis Beatus quem elegisti et assumpsisti. habitabit 53 in atrijs tuis Replebimur in bonis domus tue. sanctum est templum tuum mirabile in equitate. Exaudi nos deus salutaris noster. spes omnium finium terre et in mari longe Preparans montes in uirtute tua ac/cinctus potencia. qui conturbas profundum maris sonum fluctuum eius. Turbabuntur gentes et timebunt. qui habitant terminos a signis tuis. exitus matutini et uespere delectabis Uisitasti terram et inebriasti eam. multiplicasti locupletare eam F[l]umen 54 dei repletum est aquis. parasti cibum illorum quoniam ita est preparacio eius. Riuos eius inebria multiplica genimina eius. in / stillicidijs eius letabitur germinans Benedices corone anni benignitatis tue. et campi tui replebuntur uberitate Pinguescent speciosa deserti. et exultacione colles accingentur Induti sunt arietes ouium. et ualles habundabunt frumento. clamabunt etenim ymnum dicent. Requiem. Exaudi domine oracionem 56 meam ad te omnis caro veniet. Me sus[cepit] Deus deus meus ad te [de] 57 luce / vigilo Sitiuit in te anima mea. quam multipliciter tibi caro mea In terra deserta 58 inuia et inaquosa. sic in sancto apparui tibi. ut uiderem uirtutem tuam et gloriam tuam Quoniam melior est misericordia tua super uitas. labia mea laudabunt te Sic benedicam te in uita mea. et in nomine tuo leuabo manus meas Sicut adype et pinguedine re-

habitabit] VUL / c inhabitabit; CA3 fol. 100v; HH2 fol. 57r habitabit. flumen] Hs. fumen. 55 Fol. 107 = alt; Einzelblatt; Lagenzählung .xvij. auf Falz unter fol. 118. 56 oracionem] Hs. or̅ornē. 57 te de luce] Hs. te luce. 58 Hinter deserta ursprünglich et-Kürzel, bis auf einen Punkt ausradiert. 53 54

359

360 (107va)

(107vb) Ps 66

(108ra) 60

v Requiem

A Me suscepit A Eruisti

L Is 38:10-12

(108rb)

(108va)

4. Edition

pleatur anima mea. et labijs exultacionis laudabit / os meum Sic memor fui tui super stratum meum. in matutinis meditabor in te. quia fuisti adiutor meus Et in uelamento alarum tuarum exultabo. adhesit anima mea post te. me suscepit dextera tua Ipsi uero in uanum quesierunt animam meam introibunt in 59 inferiora terre. Tradentur in manus gladij partes vulpium erunt Rex uero letabitur in deo. laudabuntur omnes qui iurant in eo quia obstructum est os lo/quencium iniqua. Deus misereatur nostri et benedicat nobis illuminet vultum suum super nos. et misereatur nostri Ut cognoscamus in terra viam tuam. in omnibus gentibus salutare tuum Confiteantur tibi populi deus. confiteantur tibi populi omnes Letentur et exultent gentes. quoniam iudicas populos in equitate. et gentes in terra dirigis Confiteantur tibi populi deus. confiteantur tibi populi omnes: terra dedit fructum suum. / Benedicat nos deus deus noster benedicat nos deus. et metuant eum omnes fines terre. Requiem. Me suscepit dextera tua domine. Eruisti Ego dixi in dimidio 61 dierum meorum. uadam ad portas inferi Quesiui residuum annorum meorum. dixi non uidebo dominum deum in terra uiuencium Non aspiciam hominem ultra. et habitatorem quietis. Generacio mea ablata est et conuoluta est a me quasi ta/bernaculum pastorum Precisa est uelud a texente uita mea. dum ad huc ordirer succidit me de mane usque ad uesperam finies me Sperabam usque ad mane. quasi leo sic contriuit omnia ossa mea De mane usque ad uesperam finies me. sicut pullus hyrundinis sic clamabo. me[d]itabor 62 ut columba Attenuati sunt oculi mei suspicientes in excelsum Domine vim pacior responde pro me / quid dicam aut quid respondebit michi cum ipse fecerit. Recogitabo tibi omnes annos meos. in amaritudine anime mee Domine si sic viuitur et in

in] links neben der Zeile von Korrekturhand. Fol. 108 = alt. 61 dimidio] Hs. dinidio. 62 meditabor] Hs. metitabor. 59 60

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

(108vb)

v Requiem A Eruisti

A Omnis spiritus Ps 148

(109ra) 64

(109rb)

Ps 149 (109va)

talibus vita spiritus mei corripies me et uiuificabis me. ecce in pace amaritudo mea amarissima Tu autem eruisti animam meam ut non periret post tergum tuum 63 omnia peccata mea Quia non infernus confitebitur tibi. neque mors laudabit te non expectabunt qui descendunt in la/cum ueritatem tuam Uiuens uiuens ipse confitebitur tibi. sicut et ego hodie pater filijs notam faciet ueritatem tuam. Domine saluum me fac et psalmos nostros cantabimus. cunctis diebus uite nostre in domo domini Requiem Eruisti domine animas eorum ne periret. Omnis s[piritus] Laudate dominum de celis. Laudate eum in excelsis Laudate eum omnes angeli eius. laudate eum omnes uirtutes eius. Laudate eum sol / et luna. laudate eum omnes stelle et lumen. Laudate eum celi celorum. et aque que super celos sunt laudent nomen domini Quia ipse dixit et facta sunt. ipse mandauit et creata sunt. Statuit ea in seculum et in seculum seculi. preceptum posuit et non preteribit. Laudate dominum de terra. dracones et omnes abyssi Ignis grando nix glacies spiritus procellarum. que faciunt uerbum eius. Montes et omnes colles. / ligna fructifera et omnes cedri. Bestie et uniuersa pecora. serpentes et omnes 65 uolucres pennate. Reges terre et omnes populi. principes et omnes iudices terre Iuuenes et virgines senes cum iunioribus laudent nomen domini. quia exaltatum est nomen eius solius Confessio eius super celum et terra. et exaltauit cornu populi sui Ymnus omnibus sanctis eius. filijs israel populo appropinquanti sibi Cantate domino canticum nouum. laus eius / in ecclesia sanctorum Letetur israel in eo 66 qui fecit eum. et filie 67 syon exultent in rege suo Laudent nomen eius in choro. in tympano et psalterio psallant ei Quia beneplacitum est domino in populo suo. et exaltauit 68 man-

tuum] ausradiert. Fol. 109 = alt. 65 omnia] Von Korrekturhand; fehlt VUL, HI2 fol. 131r, CA3 fol. 223r. 66 in eo] Von der Haupthand am oberen Blattrand nachgetragen. 67 filie] VUL / c filii. Weibliche Form auch in HI2 fol. 131v, CA3 fol. 223v. 68 exaltavit] VUL / c exaltabit. HI2 fol. 131v, CA3 fol. 223v exaltavit. 63 64

361

362

4. Edition

(109vb)

Ps 150

(110ra) 70

A Omnis spiritus v In memoria A Media vita

L Cantus Zachariae Lc 1:68–79 (110rb)

(110va)

v Requiem

A Media vita (110vb)

69 70

suetos in salutem Exultabunt sancti in gloria. letabuntur in cubilibus suis. Exultaciones 69 die in gutture eorum. et gladij ancipites in manibus eorum Ad faciendam uidictam in nacionibus increpaciones in populis. / Ad alligandos reges eorum in compedibus. et nobiles eorum in manicis ferreis Ut faciant in eis iudicium conscriptum gloria hec est omnibus sanctis eius Laudate dominum in sanctis eius. laudate eum in firmamento virtutis eius. Laudate eum in virtutibus eius. laudate eum secundum multitudinem magnitudinis eius. Laudate eum in sono tube. laudate eum in psalterio et cythara Laudate eum in tym/pano et choro. laudate eum in chordis et organo. Laudate eum in cymbalis benesonantibus. laudate eum in cymbalis uibilacionis. omnis spiritus laudet dominum. Omnis spiritus laudet dominum. In memoria eterna erunt iusti. Media vita. Benedictus dominus deus israel. quia uisitauit et fecit redempcionem plebis sue Et erexit cornu salutis nobis in domo dauid pueri sui Sicut locu/tus est per os sanctorum. qui a seculo sunt prophetarum eius Salutem ex inimicis nostris. et de manu omnium qui oderunt nos Ad faciendam misericordiam cum patribus nostris et memorari testamenti sui Ius iurandum quod iurauit ad abraham patrem nostrum daturum se nobis Ut sine timore de manu inimicorum nostrorum liberati seruiamus illi In sanctitate et iusticia coram ipso omnibus diebus nostris Et tu puer propheta altissimi / uocaberis preibis enim ante faciem domini parare uias eius. Ad dandam scienciam salutis plebi eius in remissionem peccatorum eorum Per uiscera misericordie dei nostri in quibus uisitauit nos oriens ex alto Illuminare hijs qui in tenebris et in vmbra mortis sedent. ad dirigendos pedes nostros in viam pacis. Requiem. Media vita in morte sumus quem querimus adiutorem nisi te domine qui pro peccatis nostris iuste irasceris sancte deus sancte fortis sancte et misericors sal/uator

Exultationes] VUL / c exaltationes. HI2 fol. 131v, CA3 fol. 223v Exultationes. Fol. 110 = alt.

4.4. ›Rituale‹ – Totenvigil

363

amare morti ne tradas nos. Kyrieleison. Pater noster. Et ne nos. v A porta inferi A porta inferi. erue d[omine] a[nimam] e[ius]. G Quaesumus domine Quesimus domine ut anime famule tue. cuius obitus sui diem primum. ij. iij. commemoramus sanctorum adque electorum tuorum largire digneris consorcium et rorem misericordie tue perhennem infundere. G Beati Petri apostole Pro sacer[dote]. Beati petri apostoli tui quesimus domi(111ra) 71 ne intercessione nos adiuua. et animam fa/muli tui sacerdotis sanctorum tuorum iunge consorcijs. G Deus cuius memoriae Deus cuius memorie non est numerus. suscipe propicius preces humilitatis nostre. et animabus que nobis in oracionem commendate sunt. et quarum utimur elemosinis quibus tui nominis dedisti confessionem. cunctorum remissionem tribue peccatorum. G Deus indulgentiarum In anniuersario. Deus indulgenciarum domine da ani(111rb) me famuli tui. cuius anni/uersarium deposicionis diem commemoramus. refrigerij sedem. quietis beatitudinem. eterni luminis claritatem. G Deus veniae largitor Pro fratribus et so[roribus]. Deus uenie largitor. et humane salutis amator. quesumus inmensa clemensiam tuam. ut nostre congregacionis fratres et sorores. qui ex hoc seculo transierunt. beata maria semper virgine intercedente. ad perpetue beatitudinis consorcium peruenire concedas. G (111va) Fidelium Fidelium deus omnium conditor / et redemptor. anideus mabus omnium fidelium defunctorum. remissionem cunctorum tribue peccatorum. ut indulgenciam quam semper optauerunt. pijs supplicacionibus consequantur. V Requiescant in pace Per dominum. Requiescant in pace. Kyrie G Paternoster

V 72 Horrendum est incidere

71 72

Fol. 111 = alt; ursprünglich zusammen mit fol. 116 Innenblatt der letzten Lage. Horrendum…exuret] Von Hand 1 nachgetragen.

364

4. Edition

(111vb)

IA [?] 73 Oremus pro invicem

73

Oremus…Venite] Nachtragshand.

4.5. ›Konversen-Statuten‹

365

4.5. ›Konversen-Statuten‹ (112r) Statuten und Statuta et conswetudines fratrum et sororum in Curia Gebräuche für die claustri Medingensis in observando vitam corporis Laienschwestern und 1 -brüder in Medingen Gehorsam gegenüber De suster vnde broder de sik geuen hebben to ene[m] Propst

Kleidervorschriften: Zweifarbiges Tuch, Silberknöpfe, Strafen

Verfügung über die Präbende an Gehorsam gebunden

afgescheden leuende· to dem clostere to Medinge· scullen to dem ersten. rechten horsam don vnde holden dem proueste vnde 2 erer sele· dat se nemende bouen den prouest kesen enschullen. were dat dit iemend dede/ 3 dar mach de prouest dat mede holden na synem willen. De brodere vnde 4 sustere werlik edder geystlik scollen leuen geystliken in enem kuschen leuende vnde geystliken holden mid eren kledingen 5 / vnde nen rod/ grone twierleye/ nen vndersneden wand dragen noch smyde/ knope/ van suluere an hoyken/ noch an rokken dragen by erem horseme. de me 6 desses openbarliken ouer gan konde· de sin leuend nicht kuschliken enhelde. de scal de prouende vorloren hebben. de des anderen nicht ok enhelde. dar mede scal id de 7 prouest holden na sinem willen Ok schullen de broder vnde sustere eren horsem truwelken bewisen dem clostere vnde dem proueste mid allen dingen vnde helpen in arbeyde 8 to allen mogeliken stukken. wan se van deme proueste edder synen deneren dar to esschet werden vnde des nicht vorsitten. we dat vorsete mid vorsate deme enscal me

Abb. 18. Text in einer dritten Hand geschrieben, vgl. Kap. 3.3.5. Transkriptionsprinzipien wie ›Liber Ordinarius‹, aber Nasalstriche in [Klammern] aufgelöst; abgetrennte Negationspartikeln angefügt. Formgleiche Kleinbuchstaben b und v nach Normalverteilung gesetzt. Paragrapheneinteilung nach Handschrifteninitialen. 2 de verwaschen oder ausradiert. 3 Interpunktion teilweise mit sehr schwacher Feder eingetragen; Virgeln scheinen nachträglich mit den i-Punkten und den Marginalien geschrieben. Nachträgliche Punkte als Hochpunkte eingetragen. 4 vnde] Hs. vn̅d̅; in Analogie zu den ersten vnde-Formen durchgängig mit Kürzungsstrich versehenen vn̅d̅ als vnde aufgelöst. 5 eren kledingen] Zuerst erem kledinge geschrieben, dann letzten Bogen von erem radiert und Nasalstrich über die Endung von kleding̅e̅ gesetzt. 6 Schreibung deme durch nachträgliche Virgel in zwei Wörter getrennt. 7 Die beiden d in id de wirken verwaschen oder ausradiert. 8 in arbeyde] nachgetragen von Korrekturhand am Rand, darüber zwei Punkte. 1

366

4. Edition

nene prouende geuen vor kokene edder vor kellere also lange dat he gnade wedder dar vp erwerue de preposito 9 (112v) Keine Spinn- Ok de sustere vppe dem houe enschullet nene spinneroder Waschfrauen. schen noch wescherschen mer vpsetten/ noch ander Keine Übernachwif/ de se mid sik holden sunder ene nacht to herbertungsgäste gende. we des nicht enlete mer dem scal me nene prouende geuen he enhebbe de gnade wedder erworuen van dem proueste Eintrachtgebot Alle brodere vnde sustere to Medinge menliken/ Kirchenbann und scullen endrechtliken in vrede vnde in gantzer leue Entzug der Versorgung bei Übertre- leuen sunder had vnde vnwillen bi erem horsem vnde tung sik vnder ander nene wis haten. vnde vnwillen scal malk clagen dem proueste/ de scal se dar ouer scheden. swere we so hals stark vnde wedderstreuich dat he desses nicht endede vnde dem proueste dat to wetende worde de scolde buten der kerken stan vppe des prouestes gnade vnde nene prouende geuen he hebbe sik richtet des mit dem proueste Verbot, in abgeDe 10 ok afgeschedene woninge hebben de de husen trennten Wohnunvnde hegen wene de sin vrowen edder man de gen schlechtbeleumberuchtet sin boser handlinge/ dar to driuende deme dete Leute unterkommen zu lassen de dat dede vnde medewuste den scal de prouest richten na sinem willen Nachtausgehverbot Ok alle brodere vnde sustere enscollen nicht vtgan ouer veld touoren buten to benachtende sunder orlof des prouestes edder deme he dat beuelet malk bi sinem horsem. dede dat iemend hir enbouen achte dage scal he nene prouende halen dar to vppe des prouestes 11 gnade 12 (113r) Verbot, über Ok en scal nemend noch suster edder bruder gan in den Nonnenchor das dat closter ouer der vrowen kor hemelken edder Kloster zu betreten openbar sunder orlof des prouestes. we dat dede deme enscal me nene prouende geuen vppe des prouestes gnade Testamentsverfügun- Ok schullen weten alle sustere vnde brodere wan der gen in Gegenwart iennich in krancheit vnde in sukedage vellet so scullen des Propsts se mer setten ere testament in iegenwardicheit des de preposito] Als de ppto am Rand von der Korrekturhand eingetragen. Marginalie (vier Buchstaben) in Korrekturhand links von der Initiale; v̅las (?). 11 des provestes] nachgetragen von Korrekturhand am Rand 12 gnade] am Ende der ersten Zeile von fol. 113r (abgetrennt mit rotem Strich). 9

10

4.5. ›Konversen-Statuten‹

367

prouestes vmme ere butene gud dat dem proueste dat mede witlik si we dat nicht bestellede vnde vorsatliken vorsumede deme scal me weygeren der graft is dat he edder se verveld van dodes 13 wegen vnde alle er gud scal ervallen sin deme clostere vnde dem proveste alse sik dat deme proueste 14 bored in dem rechten Gehorsam gegenüber De sustere in deme behuse schullen touoren geistlike der Klosterhofvorleuen bi ereme horsem 15 vnde scullen der meyerschen steherin endrachtliken helpen vnde truwelken dem clostere denen mid erem werke mit vlite to hebbende to des closteres queke vnde vnder andern trostlik vnde behulplik wesen sunder murrent vnde kurrent. vnde ok quade word vnde schelldent vnde enmid der anderen nenen vnwillen to makende we dat deit vnde sculdich des vind. den scal de prouest richten rechte alze enen vnhorsem mynschen. vnde nicht geuen alzo lange dat se sik otmodigen vnde wedder erwerue gnade van dem (113v) Keine Drohungen proueste vnde dat betere. were ok dat ienich suster gegenüber Propst drowede dem proueste ener anderen suster edder oder Gesinde iemende vppe deme houe edder des prouestes gesinde mit eren vrunden. we de were dar mach id de prouest mede holden na sinem willen sunder gnade Die Mägde unterste- Ok en scal nen suster sunderken vordegedingen ienige hen nur der Vorsteder megede de de meyersche gemedet heft de scullen herin, keiner Laiensik richten na der meyerschen vnde na anders nemende Schwester bi den suluen pinen Hühnerhaltung auf Ok 16 en scal nement honre holden edder hebben vppe dem Hof nur an bedem houe sunder in dem behuse molen in dem stimmten Orten; vorwerke in dem swinhuse vnde in dem marstalle de Eierlieferungen an den Propst scullen dem proueste eyere darvor plegen wan des tyd is de dat nicht enhelde deme scal me de honre nemen 17 Dienstzuweisung Ok alle brodere vnde sustere to Medinge weten dat se durch den Propst sint vorplichtet to allen mogelken arbeyde 18 des closters beste to hulpe mid arbeide/ wur an dat si alse de prouest dat wol erkennen kan dar en iewelk bequeme to is. dodes] davor zuerst doge geschrieben, dann unterpunktet und ausradiert proueste] von der Korrekturhand aus clostere verbessert 15 horsem] die Worte na older wonheit danach gestrichen. 16 Abschnitt am linken Rand durch ein eingetragenes Nota-Zeichen (no̅) markiert. 17 nemen] Hs. nem̅e̅n mit dem letzten n von anderer Hand eingetragen. 18 arbeyde] von späterer Hand über eine nicht mehr lesbares radiertes Wort geschrieben. 13 14

368

(114r) Versorgung bei reicher Pfründe nach alter Gewohnheit

4. Edition

vnde de brodere to ammechten setten dar en iewelk nutte mach to werden lik alse de iunchvrowen 19 in dem clostere desses vnderdenich sin se dem proueste plichtich wur vnde wanne he beualet enen 20 ammecht dat muten 21 se don alse lange se dat vormogen 22 wen se nicht mer des vormogen 23 dat se sik beclaget so de prouest sik des bevraget so vordrecht he ene 24 des vnde en ander wedder mud dat entfangen

Alle de ienne de grote prouende hebben vppe de houe to Medingen den scal me de prouende geuen na der olden woninge vor kokene vnde vor kellere des dages twie wan nen vaste en is Versorgung anderen- Alle de mene prouende hebben den scal me 25 geuen ok falls aus dem Nonna olden woningen. touoren schullen de vor des nen- statt Propstkelprouestes keller mit eren kannen nicht mer gan mer ler vor der vrowen keller des dages twie wanme nicht envastet

iuncvrowen] Hs. iu̅c̅hrowe̅. enen] von anderer Hand durch übergeschriebenes en in Kursive und durchstrichene Endung aus ener verbessert. Alle folgenden Singularformen im Satz durch Unterpunktung der zu tilgenden Teile und übergeschriebene neue Endungen in Pluralformen verwandelt. 21 muten] aus mute verbessert. 22 vormogen] aus vormacht verbessert. 23 vormogen] aus vormach verbessert. 24 ene] aus se verbessert. 25 me] ge vor me ausradiert. 19 20

4.5. ›Konversen-Statuten‹

369

Brotausgabe an Feiertagen

Conswetudines distribuendi panem in Curia rusticis diebus festiuis 26 Heiligabend, Dyt is de woninghe vnde de dage des closters wan me Weihnachten, plecht to geuende dat schone brod den knechten in Stephanus (26.12.), dem vorwerke Silvester, Neujahr, Mariä Reinigung In des hilgen kerstes auende In deme dage auend vnde (4.2.), morgen Mariä Verkündigung In sunte Stephens dage ens (25.3.), In nyeniares auende ens Ostersamstag, Ostersonntag, In dem hilgen dage ens Ostermontag, In lichtmissen dage ens Himmelfahrt, In vnser vrowen dage in der vasten ens Pfingstsamstag, In pasche auende in dem hilgen dage vnde des Pfingstsonntag, Pfingstmontag, mandages in iewelk ens Fronleichnam, In godes hemmelvardage 27 ens Mariä Himmelfahrt In pinxst auende ens In dem hilgen dage ens (15.8.), Mariä Geburt (8.9.), Des mandages ens In des hilgen lichames dage ens Mauritius (22.9.), In vnser vrowen dage assumpcionis ens Kirchweih, Allerheiligen (1.11.), In vnser vrowen dage natiuitatis ens In sunte Mauricius dage ens Martini (11.11.) In kerkmissen dage ens In allen godes hilgen dage ens In sunte Martens auende ens

26 Rubrik über der Gesamtseite; bei Homeyer darum der ersten Initiale zugeordnet, aber inhaltlich erst zur Rubrik in der Seitenmitte passend. 27 hemmel] davor ein hil ausradiert.

370

4. Edition

4.6. ›Oblationsordnung‹ (114v) 1 Oblationsordnung Nach dem Wortgottesdienst nehmen Eltern vor der Tür des Nonnenchors die Mädchen in Empfang und leiten sie zum Hochaltar Propst und Klerus A Alma redemptoris mater 4

Ordo in oblacione puellarum. ¶ Post ewangelium et 2 Credo. Ascendant parentes puellarum 3 ante ianuam chori et deducant puellas in ecclesiam ante summum altare. et statim imponat dominus prepositus anti[phonam].

Die Mädchen legen Kerzen weg, sitzen an Altarecke, Eltern hinter den Mädchen Kronen und Kränze werden auf dem Altar niedergelegt.

¶ Tunc auferuntur lumina de manibus puellarum 5 Si due vel tres puelle fuerint simul sedeant ad cornu altaris et parentes retro eas offerant 6

¶ Finita Alma redemptoris deponant puelle coronam siue crinale de capitibus suis super altare. Quo facto ducat eas dominus prepositus ante altare et flexis genibus incipiat. 7

Abb. 20. Oblationsordnung von Hand 2 geschrieben und überarbeitet, vgl. Kap. 2.3.2. und 3.3.5. Text quer über zweispaltige Einrichtung geschrieben. 2 et] vel. Abweichungen CA2 fol. 25v-28r im Folgenden ohne Siglen- und FolioAngabe aufgeführt; Unterschiede bei Interpunktion und Numerus (CA2 Sg., O2 Pl. mit Sg. als Alternative bei Kleiderweihe) ausgelassen. CA2 ohne Noten. 3 puellarum…puellas] puelle in domum sacriste scilicet pater et vnus de cognatis frater vel awunculus. et ducant puellam 4 Alma redemptoris] Vgl. fol. 66r zu Mauritiusfest, Hand2, aber linienlos. 5 auferuntur…offerant] tollat Dominus prepositus lumen de manibus puelle. et accedant pater et mater accipientes filiam suam inter se. et ducant eam ad dexteram cornu altaris flectentes ibidem genua. et secundum Regulam sancti Benedicti involuant manus pueri [!] in palla altaris. et sic offerant filiam suam cum oblacione. Es folgen vier Zeilen radierter Text, die CA2 entsprechende Rubrik enthielten: § Accedāt pr̅ 7 mr̅ puellarum / accipientes filiā suā īter se 7 [ducant ad] cornu altaris / […?]. flectentes ibidē genua 7 scd)m Rgla bn̅dcti / [inuoluant] manus puell[arum] ī palla altaris 7 sic offe/rāt filiā suā. 6 cornu] letzter Buchstabe verbessert. retro eas] über der Zeile mit Verweiszeichen eingefügt. offerant] Es folgte filiā suā cū ob[latione], radiert. 7 Finita] Cum autem finita est. deponant…suis] ponat puella crinale suum. eas d. p.] d. p. puellam; f. g. incipiat] imponat f. g. antyphona 1

4.6. ›Oblationsordnung‹

371

A Veni sancte spiritus

Mädchen und Verwandte werden sich vor Hochaltar nieder. Konvent singt Ps 50 Kyrie G Paternoster Währenddessen Kleiderweihe (115r) G Domine Iesu Christe zur Heiligung der Kleider als Zeichen der Unschuld und Demut

Quo cantato petant 8 puelle veniam et prosternantur ante altare cum matribus et cognatis. Interea cantet conuentus psalmum. Miserere. Ky[ri]elei[son]. Pater noster. Infra istum psal[mu]m vestimenta benedicantur 9 et aspargantur aqua benedicta secundum instituta beati Bernhardi abbatis.

Oremus. 10 Domine ihesu criste qui tegmen nostre mortalitatis induere dignatus es. obsecramus immensam tue largitatis habundanciam. ut hoc genus vestimentorum quid sancti patres ad innocencie vel humilitatis indicium abrenunciantes seculo sanxerunt. ita benedicere digneris ut hee / hec 11 famule/-a tue/-a que hijs vse/-a fuerint/-rit te induere mereantur/-tur Que viuis et regnas cum deo patre in vnitate spiritus sancti deus per omnia s[ecula] s[eculorum]. Priester Amen Sacerdos. 12 Amen G Deus qui vestimen- Oremus. Deus qui vestimentum salutare et indumentum zur Kleiderweihe tum eterne iocunditatis tuis fidelibus promisisti. clemenciam tuam suppliciter exoramus. ut hec indumenta humilitatem cordis et contemptum mundi significancia quibus famule tue sancto visibiliter sunt informande proposito. propicius bendicas et beate professionis habitum quem te inspirante suscipere desiderant. 13 te protegente custodiant. Per c[ristu]m. Priester Amen Sacerdos. 14 Amen

8 petant…conuentus] petat puella cum matre vel auia aut sorore vel alia veniam ante summum altare interim cantent virgines 9 et aspargantur…abbatis] fehlt in CA2. 10 Oremus] Sequitur benedictio vestimentorum. Prima collecta. Kleiderweihe schließt sich an Ende der Oblationsordnung in CA2 fol. 27v an. 11 Singularformen in O2 über der Zeile vermerkt. 12 Sacerdos] Clerus. 13 suscipere desiderant] suscepit. 14 Sacerdos] Clerus.

372 G Domine deus zur Kleiderweihe

Priester Amen

G Benedictio dei 21 (115v) Konvent führt Ps 50 zu Ende, dann Kyrie und G Paternoster im Wechsel mit Propst 22 v Salvas fac v Mitte eis v Esto eis

v Emitte spiritum v Confirma hoc

G Deus qui corda

4. Edition

Oremus Domine deus virtutum dator: omnium bendictionum largus infusor: exaudi preces nostras 15 et hec vestimenta 16 benedicere et sanctificare dignare 17 quibus famule tue pro conseruand[e] 18 religionis signo indui exposcunt. ut inter reliquos homines tibi cognoscantur dicate. Per dominum nostrum. Sacerdos. 19 Amen. 20 Benedictio dei patris omnipotentis et filij et spiritus sancti / descendat et maneat super hec vestimenta. Amen. Post hec si virgines compleuerint psal[mu]m. Miserere cum Kyrielei[son] et Pater noster. dicat dominus prepositus. Et ne nos inducas in temp[tatione]. conuentus Sed libera. 23 Saluas fac ancillas tuas domine. 24 Mitte eis domine auxilium de sancto. 25 Esto eis domine turris fortitudinis. 26 Emitte spiritum tuum et creabuntur. 27 Confirma hoc deus quod operatus es in nobis. 28 Dominus vobiscum. 29 Et cum. Oremus. 30 Deus qui corda fidelium sancti spiritus illustracione docuisti: da nobis 31 in eodem spiritu recta sapere. et de eius semper consolacione gaudere Per dominum n[ostrum] i[hesum] c[ristu]m fi[lium] t[uum]: qui te[cum] vi[vit] et reg[nat] in vni[tate] eiusdem

In brauner Tinte nachgetragener Hochpunkt. hec vestimenta] has vestes. 17 dignare] digneris. 18 c.] conseruanda in beiden Hss. 19 Sacerdos] Clerus. 20 Schluss des angehängten Teils der Oblationsordnung in CA2. 21 G Benedictio dei fehlt CA2. 22 Rubrik und v kleiner. In CA2 teilweise Antworten angegeben. 23 Post … libera] Quo finito petat puella cum matre vel auia aut sorore vel alia veniam ante summum altare interim cantent virgines psalmum Miserere mei. kyrielei[son]. Pater noster. Inter istum psalmum benedicatur vestimenta. Postea dicat. Et ne. 24 S. f. a. t.] Saluam fac ancillam tuam.  Chorus Deus meus sperantem in te. 25 sancto.] sancto.  Et de syon tuere eam. 26 fortitudinis.] fortitudinis.  A facie (26v) inimici. 27 creabuntur.] creabuntur.  Et renouabit faciem terre. 28 nobis] nobis. A templo sancto tuo qui est in iherusalem. 29 vobiscum] darüber in CA2 eingetragen Domine exaudi. 30 Oremus. in CA2 über der blauen Lombarde D[eus] nachgetragen. 31 nobis] famule/-labus tue/-is. Pluralformen über der Zeile eingetragen. 15 16

4.6. ›Oblationsordnung‹

G Actiones nostras

G Praetende quaesumus Konvent Amen Kantorin stimmt an

373

spiritus s[ancti] de[us] per o[mnia] conuentus 32 Amen. Oremus. 33 Acciones nostras quesumus domine aspirando preueni. et adiuuando prosequere: ut cuncta nostra operacio a te incipiat. et per te incepta finiatur. Pretende quesumus domine famulabus tuis dexteram celestis auxilij: ut et te toto corde perquirant. 34 et que digne postulant consequi mereantur. Per do[minum]. conuentus 35 Amen.

hic imponat cantrix ymp[num]. Veni creator spiritus Ablegen der weltliDeinde erigantur puelle et restituantur eis lumina ducanchen Kleider vor dem turque a domino preposito atque confessore in chorum Altar auf dem Nonvirginum 36 ante altare ibi 37 exuantur secularibus vestimennenchor tis domino preposito dicente 38 G Exuat te bekräfigt Exuat te dominus veterem hominem cum actibus suis. von Umstehenden Astantes. 39 Amen. H Veni creatur spiritus

G Induat te beim Anlegen der neuen Kleider

(116r) Darbringung der weltlichen Kleider auf dem Hochaltar A Iste est speciosa 43

32

Et cum induuntur rebus monasterij 40 dicat prepositus Induat te dominus nouum hominem qui secundum deum creatus est in iusticia et sanctitate veritatis. 41 Quo peracto ducantur in ecclesiam et offerant vestimenta secularia ad summum altare interea 42 imponat cantrix anti[phonam]. Ista est.

Conuentus] Chorus. Oremus] Item coll[ecta] mit übergeschriebenem Oremus. 34 Zu den Verbformen jeweils Pluralformen über die Zeile geschrieben: perquirat/ -rāt, postulat/-lāt und asseqatur/-qūt 35 Conuentus] Chorus. 36 virginum] am Rand nachgetragen; Rubrik auf Rasur geschrieben. 37 ibi über der Zeile nachgetragen. 38 Deinde…dicente] Tunc erigatur puella. et dominus prepositus restituat ei lumen in manibus. et ducat eam cum Confessore in domum Sacriste Interim cantet corus ym[num]. Veni crea[tor]. Tunc in domo predicta puella Domino preposito presente exuatur rebus secularibus. 39 Astantes] Dompna priorissa. et subpriorissa cum suis astantibus respondeant. 40 Et…monasterij] Deinde induatur rebus Monasterij a domino preposito et domina priorissa et. 41 Danach in CA2 Domina Priorissa et alie Amen. 42 peracto…interea] facto. 43 est] est speciosa. 33

374 Cantrix stimmt vor der Tür des Nonnenchors A Veni in hortum an Mädchen stimmen R Regnum mundi 45 mit V und Gloria an Nach letzter Wiederholung im Wechsel Propst V Post partum Nonnen R Dei genitrix Propst Dominus vobiscum, G Protege domine Nonnen Amen

4. Edition

Et reuerentibus de altari reducantur in chorum virginum et stantibus ante ianuam incipiat 44 cantrix Veni in ortum meum. Deinde imponant puelle 46 Responso[rium] Regnum mundi. cum versu et Gloria 47

Post vltimam repeticionem dicat prepositus v[ersum]. Post 48 partum virgo inviolata permansisti: virgines dei 49 Dominus vobiscum. Oremus. Protege domine famulas tuas subsidijs pacis. et beate marie patrocinijs confidentes: a cunctis angustijs et hostibus redde securas. Per do[minum] Conuentus 50 Amen. Predigt, danch R Te Tunc fiat sermo. Post sermonem incipiant 51 puelle sanctum der Mädchen Responso[rium]. Te sanctum dominum in excelsis. 52 mit V Cherubim quoclero finiente 53 cum versu Cherubym. Gloria 54 que des Klerus und Gloria Querverweis auf V zu Himmelfahrt Propst bereitet sich bei R Te sanctum auf weitere Messfeier vor; nach letzter Wiederholung folgt Offertorium

Requi[re] 55 in ascensione domini. Infra istum Responsorium preparet se dominus prepositus ad complendam missam et post vltima repeticionem videlicet post Gloria. dicat Dominus vobiscum. et sequitur Offertorium etc.

44 Et…incipiat] Interea ducatur puella in ecclesiam. et offerat ad summum altare secularia vestimenta. Post hec reducatur in chorum virginum ante ianuam. Tunc imponat. 45 Vollständiger Text des Responsoriums auf fol. 70ra–b. 46 imponant puelle] incipiat puella. 47 Gloria] Gloria patri. 48 Post in CA2 als Rubrik markiert. 49 dī über der Zeile ergänzt. virgīes dī] Chorus Dei genitrix intercede pro nobis. 50 Conuentus] Chorus. 51 incipiant puelle] imponat puella. 52 Danach folgt in CA2 auf fol. 27v die Kleiderweihe (vgl. o. zur Anordnung), der Schluss des Textes ist dort nicht mehr verzeichnet. 53 Anfangs- und Endbuchstaben von finiente und cū schwach lesbar – ausradiert? 54 Gloria am Rand nachgetragen. 55 Hinweis auf V Cherubim quoque et seraphim (fol. 63va) zur Himmelfahrt Christi.

5. Abbildungen Aufgelistet sind die ganzseitigen Abbildungen des Anhangs; wenn für die Argumentation daraus Detailabbildungen in den Text übernommen sind, werden sie danach mit der entsprechendn Seitenzahl vermerkt. Die anderen Textabbildungen sind im Anschluss an die Abbildungen als 5.4. verzeichnet. Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21

Ansicht der Klosterkirche Medingen von Süden Ansicht der Klosterkirche Medingen von Osten Ansicht der Klosterkirche Medingen von Norden Plan der Klosterkirche, Grundgeschoss S. 61 Plan der Klosterkirche, Obergeschoss mit Nonnenchor S. 58 Gesamtanlage des Klosters bis 1781 (Mittig/Homeyer) Einband des Propst-Handbuchs, Schließe S. 176, Leder-Exlibris S. 186 fol. 1v: Weihnachtsgottesdienst, ›Te decet laus‹ S. 193, ›O mundi domina‹ S. 194 fol. 2r: Weihnachtsgottesdienst, Hand 2 Text S. 131 fol. 27v: Karfreitag fol. 28r: Karfreitag, Hand 2 linienlose Notation S. 139 fol. 36v: Segnung der Osterkerze am Karsamstag, Einlegen der Weihrauchkörner S. 151 fol. 37r: Segnung der Osterkerze am Karsamstag, Hand 1 Notation S. 141, Entzünden der Kerze S. 152, Initiale mit Federzeichnung S. 190 fol. 46r: Weihe des Taufwassers am Karsamstag S. 105; Hauchen auf das Taufwasser S. 153, ›Descendat‹ S. 194 fol. 47v: Beginn des Ostergottesdiensts, Höllenfahrt-Initiale S. 162 fol. 66v: Bittprozession, Hand 2 Notation S. 140 fol. 83r: Krankensalbung, Hand 1 Text S. 131 fol. 112r: Konversen-Statuten, Marginaleintrag S. 107, Paragraphenanfang S. 108, Titel S. 171 fol. 114v: Oblationsordnung, Radierte Rubrik S. 170 GO, fol. 137v: Ostersonntag, Orationale der Anna Töbing, ›Also heilig ist dieser Tag‹ S. 124 HI2, fol. 146v: Schlussgebet, Psalter Elisabeths von Winsen

376

5. Abbildungen

5.1. Kloster Medingen in Zeichnungen von Gebhardi (1782)

1

2

2 2

2

3 4 5

6

Abb. 1 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Süden 1782

8

3

7

4

10

9

Abb. 2 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Osten 1782 Gebhardi Ms XXIII 855, fol. 624r: Aufriss der Kirche zu Medingen am 9 August 1782 1) Kalk Magazin. – 2) Fenster für die Stühle unter dem Fräulein Chore, die weissen Bogen scheinen zugemaurte Oefnungen zu abgebrochenen Capellen zu seyn 3) Sacristey. – 4) Treppe zum Kirchenstuhl für Gäste 5) Lüneburgisches Begräbniss 6) Eingang zum neuen Kloster und der künftigen Kirche 7) Oefnung, die man zu der Erforschung des Fundaments gegraben hat 8) Kirchhofs Mauer. – 9) Mauer des Pastorat Garten. – 10) Kreuzgang.

5.1. Kloster Medingen

13

10

9

7/5

6/52

377

3

Abb. 3 Ansicht der Klosterkirche Medingen von Norden 1782 Gebhardi Ms XXIII 855, fol. 625r: Aufriss der Kirche zu Medingen am 9 August 1782 1) Kirche mit Rothstein gedekt 2) Dach Spur vom alten Kreuzgange 3) Fundament des Neuen Kreuzganges 4) Kreuzgang der noch stehet 5) Fenster und darunter Thüren nach dem Kreuzgang 6) Oberer Kreuzgang 7) Abtissinnen Capelle worin z[w]ey Epitaphien das nro 7 ist Cath Priggen Epitaphium und bestehet aus zierlichen Figuren Neben einer leeren Tafel vom 2 Epitaph ist nur die an die Wand gemahlte Dekke vorhanden Vor der Kapelle war das Fundament mit dem Pflaster und einigen Leichsteinen da (8) 9) Ausgehobene Leichsteine 10) Leichsteine einiger Conventualinnen aus Luneburg. Patriciergeschlechtern oder Fraulein Kirchhof. 11) ein Holzerner Schild vom dem die Inscription abgeregnet ist 12) Treppe 13) Kammer 14) Drostenhaus 15) Grund des mittelsten Risalits oben des Ganges bey der ersten Haupt-Thure in der Mitte des langen Flügels.

378

5. Abbildungen

Ecke des Neubaus

49. Krankenstube 51. Kloster friedhof

2. Eingang in die 3. Gruft der Äbtissin Anna von Lüneburg (Alte Sakristei, 1453 als Kapelle gebaut) 4. Orgeltreppe Treppe zur Loge 1. Hauptaltar

Sakristei (1686)

früherer Klostereingang 18-48. Grabplatten 54-60. Äbtissinnenepitaphien

7. Altes Chorgestühl

Gewölbe

13. Nonnenchortreppe 11. Podest mit

Kanzel

12. Pult

Kreuzgang 14. Gestühl mit Baldachin

N 15. Dachtreppe Pastoratsgarten 1. Der Hauptaltar wurde 1692 von Anna von Laffert (Äbtissin 1720-1721) gestiftet. Der mittelalterliche Altar war Maria und Mauritius geweiht (Lyßmann, Tafel 13)

Gewölbe

Abb. 4 Grundriss der Klosterkirche Medingen 1782

Gemeindefriedhof

379

5.1. Kloster Medingen

65. Orgel

67. Epitaph

66. Gästeloge

68. Epitaph mit Altartafel 69. Großes Kruzifix

71. Äbtissinnenstuhl 72. Bänke für die Mägde

70. Altartafeln

73. Altar (alte Teile, 1694 geändert) 85. Großes hölzernes Kruzifix 83. Apostelschrein (14. Jh.) An der Wand Gemälde Christuskopf (1504)

74. Stuhl für kranke Konventualinnen 75. Chorgestühl

82. lebensgroßer Schmerzensmann

84. Gemälde mit Ölbergszene, Maria, Bernhard

80. Flügelaltar mit Aposteln in 2 Reihen 81. Nische mit hölzerner Verkündigungsgruppe

15. Treppe auf das Dach

78. Pulte

79. Äbtissinnenthron mit geschnitztem Baldachin

Abb. 5 Plan der Klosterkirche, Obergeschoss mit Nonnenchor

380

5. Abbildungen

Brauhaus Gärten

Garten der Äbtissin Haus der Äbtissin

Bleichhof

Konversenwerkhaus Konventualinnen

Konventshaus? Siechenhaus?

Friedhof

____ ........

Klosterhof

Propsteigarten?

Klostergebäude und Klosterkirche ab 1333 Klosterneubau (feinpunktiert) 1788

Abb. 6 Gesamtanlage des Klosters bis 1781 (Mittig/Homeyer) 1 Klosterkirche. – 1a Nonnenchor. – 2 Lützken-Kapelle (1453 erbaut). – 3 von-Bülow-Kapelle (1502 erbaut). – 4 Grabkapelle der Äbtissinnen. – 5 Kreuzgang. – 6 Gräber der Nonnen. – 7 Allgemeiner Friedhof. – 8 Treppe. – 9 Haus der Äbtissin (1499 Neubau ersetzt Altbau). – 10 Wohnungen der Konventualinnen. – 11 Schlafhaus (1396 erneuert, 1540 abgebrochen, 1555 erneuert). – 12 Sprachhaus (1484/85 errichtet, 1540 abgebrochen). – 13 Gästehaus (1484/85 errichtet, 1540 abgebrochen, ab 1555 Klosterpforte). – 14 Sakristei Propsteigarten. – 15 Gästehaus (ab [?] 1555). – 16 Große Küche? – 16/17 Konventhaus?. – 18 Konversenwerkhaus. – 19/20 Siechenhaus?. – 21 Werberhaus. – 22 Brauhaus (ca. 1400 errichtet). – 23 Fürstenhaus (1541 errichtet). – 24 Schuppen.

5.2. Propst-Handbuch

381

5.2. Abbildungen aus dem Propst-Handbuch

Abb. 7 Einband des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18 Ledereinband der ›Werkstatt Medingen‹ und Wappen Edward Hailstones, Kap. 3.4.1. und 3.5.2.

382

5. Abbildungen

Abb. 8 Propst-Handbuch fol. 1v: Weihnachtsgottesdienst, Hand 2 Textbeginn mit Erhebung der Marienstatue zu O mundi domina, Kap. 3.3.1.

5.2. Propst-Handbuch

Abb. 9 Propst-Handbuch fol. 2r: Weihnachtsgottesdienst, Hand 2 Sequenz Grates nunc omnes mit Leise Gelobet seist du als Repetitio, Kap. 2.5.3.

383

384

5. Abbildungen

Abb. 10 Propst-Handbuch fol. 27v: Karfreitag, Hand 2 Rubrik zur Antiphon ›Ecce lignum crucis‹ mit Korrekturen von Hand 2, Kap. 2.3.3.

5.2. Propst-Handbuch

Abb. 11 Propst-Handbuch fol. 28r: Karfreitag, Hand 2 Linienlose Notation, Kap. 3.1.3.

385

386

5. Abbildungen

Abb. 12 Propst-Handbuch fol. 36v: Segnung der Osterkerze am Karsamstag, Hand 1 Liturgische Zeichnung zum Aufstecken der Weihrauchkörner auf die Kerze, Kap. 3.2.3.

5.2. Propst-Handbuch

387

Abb. 13 Propst-Handbuch fol. 37r: Segnung der Osterkerze am Karsamstag, Hand 1 Liturgische Zeichnung zum Entzünden der Kerze, Kap. 3.2.3.

388

5. Abbildungen

Abb. 14 Propst-Handbuch fol. 46r: Weihe des Taufwassers am Karsamstag, Hand 1 Liturgische Zeichnung zur dreifachen Segnung des Taufwassers, Kap. 3.2.3.

5.2. Propst-Handbuch

Abb. 15 Propst-Handbuch fol. 47v: Beginn des Ostergottesdiensts, Hand 2 Historisierte Initiale zum ›Cum rex gloriae‹ mit Christus in der Vorhölle, Kap. 3.3.2.

389

390

5. Abbildungen

Abb. 16 Propst-Handbuch fol. 66v: Bitt-Prozession, Hand 2 Blattweiser für die Bitt-Tage, Kap. 3.3.3.

5.2. Propst-Handbuch

Abb. 17 Propst-Handbuch fol. 83r: Krankensalbung, Hand 1 Gotische Choralnotation auf fünf Linien, Kap. 3.1.3.

391

392

5. Abbildungen

Abb. 18 Propst-Handbuch fol. 112r: Konversen-Statuten, Hand 3/4 Niederdeutscher Text mit lateinischer Überschrift, Kap. 2.4.3. und 3.3.5.

5.2. Propst-Handbuch

Abb. 19 Propst-Handbuch fol. 114v: Oblationsordnung, Hand 2 Geänderte Rubrik zur Altarsetzung, Kap. 2.3.2.

393

394

5. Abbildungen

5.3. Abbildungen aus Medinger Handschriften

Abb. 20 GO fol. 137v: Ostersonntag, Orationale der Anna Töbing ›Salve festa dies‹ und Leise ›Also heilig ist dieser Tag‹, Kap. 2.5.3.

5.3. Medinger Handschriften

Abb. 21 HI2 fol. 146v: Schlussgebet, Psalter Elisabeths von Winsen 1478 Auftragswerk für Tilemann von Bavenstedt, Kap. 1

395

396

5. Abbildungen

5.4. Verzeichnis der Textabbildungen Das Verzeichnis erfasst alle Abbildungen und erläuternden Grafiken im Text. Die Kurztitel beziehen sich auf das Literatur- und Abkürzungsverzeichnis. Detailabbildungen aus den Tafeln des Abbildungsteils sind in der Übersicht vor 5.1. (S. 375) nachgewiesen. Tafeln aus dem Anhang der Tafeln zur Klostergeschichte bei Lyßmann Tafel 1 S. 18, Tafel 3 S. 19, Tafel 6 S. 20, Tafel 7 S. 21, Tafel 8 S. 22, Tafel 9 S. 23, Tafel 11 S. 24, Tafel 12 S. 26, Tafel 13 S. 27, Tafel 14 S. 31, Tafel 15 S. 33 Lagenzeichnungen Propst-Handbuch Ursprungscodex (Lage .viiij.–.xvij.) S. 146–157 Erweiterte Handschrift (Lage 1–12) S. 159–171 Musikbeispiele ›Responsum accepit Simeon‹ S. 64 ›Victimae paschali laudes‹ S. 122 ›Oremus pro invicem‹ S. 169 Handschriftenabbildungen Für die Medinger Handschriften vgl. die Siglenliste 6.2., für die anderen Handschriften vgl. das Verzeichnis 6.3. Wir danken den folgenden Bibliotheken für die Abbildungsgenehmigung: der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (SBB-PK) (BE1, BE2), der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha (GO), dem Domschatz Essen (Es 17), der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (GT1, GT2. GT3), der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (HH2), der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover (Büttner, Gebhardi) und der Dombibliothek Hildesheim (HI1). BE1 fol. 177v: Höllenfahrt-Darstellung S. 163 BE2 fol. 61v: Begrüßung des Ostertags S. 101 GO fol. 137v: ›Also heilig ist dieser Tag‹ S. 123 GT1 fol. 12r: Marienleise mit linienloser Notation S. 117 GT2 fol. 1v: Muster-ABC S. 130, fol. 2v/3r: Initialen S. 137 GT3: Vorderdeckel S. 179 HH2 fol. 18v: Taufwasserweihe S. 105; fol. 20v: Rubrik S. 93 HI1 fol. 10v/11r: ›Exsultet‹ S. 135, fol. 40r: Papst Gregorius d. Gr. S. 120 Büttners Abschrift der Relatio de Obitu Dn. Tilemanni de Bavenstede S. 77 Essen Hs. 17 ›Liber Ordinarius‹ p. 64: Initiale, Position der Weihrauchkörner S. 151, p. 74–76:Taufwasserweihe an Karsamstag S. 153 Weitere Abbildungen Klosteranlage Medingen (Merian 1654) S. 61 Einbandstempel ihesus und maria S. 175 Stempel der Bodleian Library S. 188

6. Quellen- und Literaturverzeichnis 6.1. Abkürzungen AH c CaID CAO CP DI EBDB EG GGdM GW Hs. Jh. lat. MGG Ms. nd. PL PRG RH RISM Schunke VL VUL

Analecta hymnica medii aevi Lesarten der Vulgata Clementina Cantus-Datenbank Identifikationsnummer Corpus antiphonalium officii Corpus Praefationum Deutsche Inschriften Einbanddatenbank Evangelisches Gesangbuch Geistliche Gesänge des deutschen Mittelalter Gesamtkatalog der Wiegendrucke Handschrift Jahrhundert lateinisch Musik in Geschichte und Gegenwart Manuskript / Manuscript niederdeutsch Patrologiae cursus completus. Series latina Pontificale Romano-Germanicum Repertorium hymnologicum Répertoire International des Sources Musicales Einbanddurchreibungen von Schunke Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon Stuttgarter Vulgata

Abgekürzt zitierte Quellen zur Geschichte Medingens BÜTTNER CAvL GEBHARDI LYSSMANN Tafel UB

Augenzeugenbericht einer Nonne, vgl. 6.3. Hannover Clara Anna von Lüneburg, vgl. 6.4. HOMEYER, Kurze Geschichte Zeichnungen, vgl. 6.3. Hannover Historische Nachricht, vgl. 6.4. LYSSMANN, Historische Nachricht Anhang zu Lyßmann, vgl. 6.4. LYSSMANN, Historische Nachricht Urkundenbuch Medingen, vgl. 6.4. Urkundenbuch des Klosters

398

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

6.2. Siglenliste Medinger Handschriften Die Liste wird auf der Website http://research.ncl.ac.uk/Medingen fortlaufend aktualisiert; bereits digitalisierte Handschriften sind durch (online) markiert. 1 Wenn nicht anders angegeben, sind die Handschriften zwischen der Klosterreform (1479) und der lutherischen Reform (Einführungsversuche ab 1526) entstanden.

Liturgische Handschriften CA2 O2

GB-Cu Ms. Add. 8850: Prozessionale, lat. mit nd. Elementen, nach 1494 S. 6A, 35, 52A, 56, 60A, 71A, 83, 84, 85, 86, 87, 89, 95, 99A, 127A, 185, 192, 374, 375, 376, 377, 378 GB-Ob MS. Lat. liturg. e. 18: Propst-Handbuch, lat. mit nd., um 1479 S. 1– 399 (= edierte Handschrift).

Bibliotheksbücher GT2 GT3 LO3 MA W5

D-Gs Theol. 243: Musterbuch mit Alphabet und Gebeten (nd.) S. 130B, 134A, 137B. D-Gs 8° Cod. Ms. theol. 204: Inkunabel (Lübeck: 1484, nd.), Klosterspiegel (nd.) S. 39A, 178, 179B, 180. GB-Lbl Sloane Ms. 3429: ›Speculum humanae salvationis‹ (lat.), 14. Jh.? verschollen, Psalterkommentar (Mainz: Schöffer 1474, lat.) S. 38 D-W Cod. Guelf. 81.2. Aug 8° S. 82A, 182–183.

Psalterien BE1 CA3 CA4 HH8 HI2 HV4

D-B Theol. lat. oct. 189: lat., 1478/1479 S. 75A, 143A, 163B, 338A. GB-Cgc Ms. 769/822: lat., nach 1479, S. 75A, 89, 90, 121A, 134A, 143A, 144A, 145A, 166A, 185, 338–339, 346, 348–349, 351, 355, 359, 361–362. GB-Cu Ms. Add. 4090: lat., 14. Jh., nach 1479 in Medingen bearbeitet S. 185. D-Hs Ms. in scrin. 149: lat., 14. Jh., nach 1479 in Medingen bearbeitet S. 88, 143. D-HIb Ms. J 27: lat., 1478; Schreiberin Elisabeth von Winsen S. 6A, 38, 40, 79, 92, 120, 121A, 127, 143, 144A, 145A, 172, 338, 339, 342, 346, 348, 349, 351, 355, 361, 362, 379. D-HVl Ms. I 96: lat., nach 1479, S. 75A, 177A.

Orationalien für die Hochfeste A BE2

D-Au Codex 220/14: Weihnachten, lat. mit nd., Fragment S. 430, 432. D-B Ms. germ. oct. 48: Ostern, nd. S. 101B, 122A, 130.

1 Die Siglen stützen sich auf die von LIPPHARDT, Medinger Handschriften, entwickelte Nomenklatur aus Bibliotheksort und Ordnungsnummer, um die Neufunde ergänzt. Bibliotheksstandorte sind nach der Nomenklatur von RISM angegeben (LANDORTbibliothek). A vermerkt, dass die Handschrift in einer Fußnote erwähnt wird, B, dass eine Abbildung auf der Seite vorhanden ist.

6.2. Siglenliste Medinger Handschriften BE3 BR [CA1 GO GT1 HH1 HH2 HH9 HH10 HHL HI1 HI3 HI4 HI5 HO HV1 HV2 HV3 KAL K1 K2 K3 LO1 M O1 T1 T2 W2 W3

399

D-B Ms. germ. oct. 265: Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Maria, Mathias, nd. S. 118. D-BMs Ms. c 0066: Passion, nd., S. 6, 55, 118, 136A, 429, 430. GB-Cu Ms. Add. 4080: lat. mit nd., 14. Jh.; früher Medingen zugeschrieben, jetzt Lamspringe(?), S. 9A, 185A.] D-EFu Ms. Memb. II. 84: Ostern, Weihnachten, nd., für Anna Töbing, geb. Elebeke, nach 1481 (online); Abb. 20, S. 94, 114A, 116A, 123B, 124, 136A, 286, 297, 429–432. D-Gs Theol. 242: Weihnachten, lat. mit nd., S. 117B, 180, 182, 184, 430–431. D-Hs Ms. in scrin. 151b: Ostern, nd. D-Hs Ms. theol. 2199: Ostern, nd., S. 92–93, 105, 130, 153A, 359, 429–430. D-Hs Ms. ohne Signatur: Weihnachten, nd., Fragment D-Hs Ms. ohne Signatur: Ostern, nd., Fragment US-CAh Ms. lat. 395: Weihnachten, Mariä Himmelfahrt, lat. mit nd. (online), S. 430, 432. D-HIb Ms. J 29: Ostern, lat. mit nd.; Schreiberin Winheyde (von Winsen?), 1478 S. 1A 1, 9, 12A, 40, 70, 71A, 80, 94, 95A, 101, 119, 120B, 121A, 127A, 135B, 136A, 143, 173, 182A, 285, 429–432. D-HIs Best. 52 Nr. 379: Ostern, lat. mit nd.; Schreiberin Mechthild, S. 94, 177A, 182A, 429–432. D-HIs Best. 52 Nr. 376: Passion, Heilige, lat. mit nd., S. 181–182. D-HIs Best. 52 Nr. 383: Ostern, lat. mit nd., S. 6A, 95, 430–432. verschollen (Hoffmann von Fallersleben, Germania II 1857): Ostern, nd. D-HVl Ms. I 75: Ostern, lat., S. 139, 164A, 429–432. D-HVl Ms. I 74: Ostern, lat. mit nd., S. 120A, 164A, 430. D-HVl Ms. I 78: Passion, nd. S. 6, 94, 181. US-KAL Obrecht Coll. MS 23: Ostern, lat. mit nd. (online) DK-Kk Ms GKS 3451-8°: Weihnachten, lat. mit nd. DK-Kk Ms Thott 120-8°: Ostern, lat., S. 71A, 95A, 123A, 429–432. DK-Kk Ms Thott 130-8°: Weihnachten, Ostern, nd., S. 116A, 429, 430, 432. GB-Lgh Ms. 1366: Pfingsten, lat., S. 185. D-MÜsa Ms 301 des Alterthums Verein: Ostern, lat. mit nd., nach 1494, S. 71A, 118A, 120A, 429–431. GB-Ob Ms. lat. lit. fol. 4: Ostern, lat. mit nd., nach 1494, S. 36A, 71A, 118A, 120A, 121A, 122, 136A, 143, 166A, 285, 429–432. D-TRb Ms. I 528: Ostern, nd. (online), S. 8A, 116A, 166A, 182A, 429–430, 432. D-TRb Ms. I 529: Weihnachten, Ostern, nd. (online), S. 8A, 166A, 429, 430. D-W Cod. Guelf. Ms. Extrav. 300,1: Weihnachten, Pfingsten, Mauritius, nd. S. 11, 104, 114A, 117, 182, 429–432. D-W Ms. Helmst. 1082: Ostern, lat. mit nd., S. 118A.

Heiligen-Orationalien Alle Heiligenorationalien sind lat. mit gelegentlichen nd. Leisen und Reimen. 2 HH3

D-Hs Ms. in scrin. 206: Matthias, Johannes Baptista, Bernhard, Mauritius, Heiliges Kreuz, Schreiberin Tiburg Elebeke S. 134A.

Alle namentlich bekannten Schreiberinnen in den Ablässen von 1484 und 1505 verzeichnet, vgl. LÄHNEMANN, Apostelverehrung. 2

400 HH4 HH5 HH6 HH7 L1 L2 O3 LO2 LO4

6. Quellen- und Literaturverzeichnis D-Hs Ms. in scrin. 207: Jakobus Major, Mauritius, Schreiberin Mechthild v. Dassel S. 166A. D-Hs Ms. in scrin. 208: Thomas, Johannes Ev., Schreiberin N S. 429, 432. D-Hs Ms. in scrin. 209: Bartholomäus, Mauritius, Schreiberin Elisabeth Elebeke S. 145A, 166A. D-Hs Ms. in scrin. 210: Mauritius, Michael, Benedikt, Johannes Baptista, Maria Magdalena, Bernhard, Schreiberin M S. 82A, 118A. D-Lr Ms th. 4° 74: Philippus, Jacobus, Mauritius, Schreiberin Margarete Buringen S. 118A, 166A. D-Lr Ms th. 4° 73: Jacobus minor, Anna, Barbara, Schreiberin Alheydis S. 166A. GB-OKeble Ms. Nr. 18, Thomas, Mauritius, Schreiberin Mechthild Elebeke S. 127A, 145A, 185. GB-Lv MSL/1886/2629: Bartholomäus, Johannes Baptista, Schreiberin Barbara Vischkule S. 177A, 185. GB-Lv MSL/1902/1681: Petrus und Paulus S. 185.

6.3. Ungedruckte Quellen Die ungedruckten Quellen werden im Text mit den Kurztiteln zitiert, die aus der in Klammern angegebenen Bibliothekssigle und dem letzten Teil der Signatur gebildet ist.

Amsterdam, Bibliotheek van de Universiteit van Amsterdam (Ams) Ms. I C 17

Graduale, Onze-Lieve-Vrouwekerk Amsterdam, 16. Jh. S. 125A.

Dijon, Bibliothèque municipale Cod. 114

Liturgische Sammelhandschrift, Benediktsregel, Zisterzienserconsuetudines, Zisterziensischer Normcodex, Cîteaux um 1185 S. 65A

Dresden, Staats- und Universitätsbibliothek A. 323

Lat.-nd. Andachtsbuch, 15. Jh. S. 177A

Ebstorf (Ebs) IV 12 V2 V4 VI 17 KB IX74/75.II.a KB IX 74/75.II.d

lat.-nd. Andachtsbuch, um 1480–90 S. 177A lat.-nd. Andachtsbuch, dat. 1494 S. 177A Fragment eines Antiphonars, 15./16. Jh., Einbandmakulatur S. 431 ›Ebstorfer Liederbuch‹, Kloster Ebstorf, 15./16. Jh. S. 118. Fragment eines Antiphonars, 13./14. Jh., Einbandmakulatur, abgelöst. S. 430–431. Fragment eines Antiphonars, 13./14. Jh., ehemals Umschlag um ein Rechnungsbuch S. 432

6.3. Ungedruckte Quellen

401

Hannover, Niedersächsische Landesbibliothek (Han) Büttner, Johann Heinrich Gebhardi, Ludwig Albrecht

Diplomatarium Medingense, Signatur MS XXIII (Nr. 975 fol. 80r–81v) S. 76–78. Collectanea, Auszüge und Abschriften von Urkunden und Handschriften, welche das Fürstentum Lüneburg betreffen. 1762–1798, Signatur MS XXIII (Bd. 8 S. 624–627) S. 16A, 25A, 36A, 47, 57, 58, 59, 380–384.

Hameln, Museum der Stadt Ms. 353

Missale, Stift St. Bonifatii Hameln, 15. Jh. S. 67A.

Isenhagen, Klosterarchiv (Is) Hs. D 145

Fragment eines Hymnars, 15./16. Jh., Umschlag Ausgabenregister der Äbtissin Ursula von Badendorf 1581–1589. S. 314, 430.

Kopenhagen, Kongelige Bibliotek (Kop) Gl. Kgl. S. 3449, 8° V Gl. Kgl. S. 3449, 8° XI

Antiphonar, 17 Bde, Augsburger Dom, 1580. S. 238, 247, 250. Antiphonar, 17 Bde, Augsburger Dom, 1580. S. 317.

Lüne, Klosterarchiv (Lü) Hs. 10 Hs. 11 Hs. 14 Hs. 17 Hs. 31

Fragm. Graduale, 15./16. Jh., abgelöste Einbandmakulatur. S. 65A. Fragm. Cantionen, 14./15. Jh., abgelöste Einbandmakulatur. S. 96A. Statutenbuch und Rituale, Kloster Lüne, 15. Jh. S. 66A Fragm. Antiphonar, 12./13. Jh., Umschlag Kopialbuch I. S. 430. Fragm. Antiphonar, 15. Jh., Umschlag Briefbuch II. S. 432.

Lüneburg, Ratsbücherei Ms Theol. 4º 62

Andachtsbuch, um 1490 S. 177A

Mariensee Ohne Signatur

Gebetbuch der Odilia von Alden, Kloster Mariensee, 1522 S. 90A

Medingen, Klosterarchiv (Med) Inv. Nr. KB 1

Antiphonar-Fragment, 16. Jh., Umschlag um Rechnungsregister S. 6A.

402 Inv. Nr. KB 3

6. Quellen- und Literaturverzeichnis Antiphonar-Fragment, 15./16. Rechnungsregister S. 6A.

Jh.,

Umschlag

um

Nijmegen, Universiteitsbibliotheek (Nijm) ms. 402 ms. 451 ms. 475

Konvolut mit gedruckten und handgeschriebenen liturgischen Texten, darunter ein Liederbuch. Niederlande, 16./17. Jh. S. 125A. Antiphonar und Prozessionale, Kloster Mariendal/Diest, 15./16. Jh. S. 64A, 429–432. Liturgische Sammelhandschrift mit einfacher Mehrstimmigkeit, Ostniederlande, ca. 1497–1499 S. 96A

Paris, Bibliothèque nationale (Par) fonds latin 16664

Mehrteiliges Konvolut mit Musiktraktaten, Andachtsbuch und Gesängen (deutsch), ca. 1474–1484 S. 121A, 122A.

Porrentruy, Bibliothèque cantonale jurassienne (Por) ms. 18

›Graduale von Bellelay‹, Prämonstratenser, 12. Jh. S. 247.

Salzburg, Universitätsbibliothek (Sal) Cod. M II 6

Liber ordinarius des Doms von Salzburg, 1181–1198 S. 121A.

Stade, Niedersächsisches Staatsarchiv Rep. 1003, Nr. 109 Rep. 1003, Nr. 136–151

Fragment eines Graduale, Domkapitel Verden, um 1000 S. 66A. Liturgische Fragmente, Domkapitel Verden, 11.–15. Jh. S. 66A.

Wien, Österreichische Nationalbibliothek Hs. Ser. nov. 2595

Psalter Magdeburg ∽1280/90 S. 164A.

Wienhausen, Klosterarchiv (Wie) Hs. 9 Hs. 14 Hs 29 Hs. 33 Hs. 34 Hs. 35a Hs. 37

»Wienhäuser Liederbuch«, Kloster Wienhausen, Anfang 16. Jh. S. 118, 119A. Fragment eines Antiphonars, 15. Jh., Einband geistliche Sammelhandschrift. S.432 Responsorien zum Kirchenjahr (Prozessionale?), um 1500. S. 429–432. Fragment eines Antiphonars, 14./15. Jh. S. 430, 431. Prozessionale, zisterziensisch, 15./16. Jh. S. 64A, 93A, 430. Notiertes Hymnar, 15./16. Jh. S. 430–432. Prozessionale, zisterziensisch, 15. Jh. S. 66A, 429–431.

6.3. Ungedruckte Quellen

403

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek (Wol) Cod. Guelf. 301 Helmst. Cod. Guelf. 302 Helmst. Cod. Guelf. 518a Helmst. Cod. Guelf. 541 Helmst. Cod. Guelf. 649 Helmst. Cod. Guelf. 875 Helmst. Cod. Guelf. 1059 Helmst. Cod. Guelf. 1072 Helmst. Cod. Guelf. 1150 Helmst. Cod. Guelf. 1190 Helmst. Cod. Guelf. 1271 Helmst. Cod. Guelf. 1297 Helmst. Cod. Guelf. 1344 Helmst. Cod. Guelf. 1353 Helmst. Cod. Guelf. 1379 Helmst. Cod. Guelf. 1381 Helmst. Cod. Guelf. 1411 Helmst. Cod. Guelf. 1420 Helmst. Cod. Guelf. 1422 Helmst.

Hymnar / Totenoffizium, Kloster Lamspringe?, um 1500 S. 430. Hymnar / Totenoffizium, Kloster Lamspringe?, um 1500 S. 157, 430, 431. Horen und Gebete, Stift Steterburg, 1456 S. 432. Brevier, Stift Dorstadt, 13. Jh. S. 429, 430. Liber Ordinarius, Stift Heiningen, um 1460 S. 97A, Windesheimer Prozessionale, Stift Heiningen, 15./16. Jh. S. 64A, 97A, 248, 429–432. Liber consecrationum, Niedersachsen, 14. Jh. S. 429, 431. Liturgische Sammelhs., Kloster Wöltingerode?, 13. Jh. S. 430. Notiertes Hymnar, Niedersachsen, 13./14. Jh. S. 429, 430. Hymnar, Niedersachsen, 15. Jh. S. 429, 430. Manuale, Stift Heiningen, Mitte 15. Jh. S. 430–432. Andachtsbuch, Kloster Wienhausen?, 4. V. 15. Jh. S. 59A. Brevier, Stift Steterburg, 1524/25 S. 432. Andachtsbuch, Stift Steterburg / Kloster Wöltingerode, 15./16. Jh. S. 430. Windesheimer Prozessionale, Niedersachsen, 16. Jh. S. 64A, 429–431. Andachtsbuch, Stift Steterburg?, 15./16. Jh. S. 431. Rapiarium, Kloster Wöltingerode?, 15. Jh. S. 431. Andachtsbuch, Kloster Lamspringe?, 13. Jh. S. 430. Andachtsbuch, Kloster Lamspringe?, frühes 13. Jh. S. 430.

Urkunden Isenhagen, Klosterarchiv, U 580b Visitationsakte Isenhagen, 14. Februar 1506 (Transkription und Übersetzung des Klosterarchivs) S. 16A, 48, 91, 94. Wienhausen, Klosterarchiv, U 554 Visitationsakte Wienhausen, 7. Juli 1483 (Transkription des Klosterarchivs) S. 16A, 48, 49, 91, 94.

404

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

6.4. Gedruckte Quellen und Literatur Die Übersicht enthält alle mit Kurztitel in den Studien verzeichneten Publikationen; eine vollständige Bibliographie zu Medingen findet sich auf der Website Medingen Manuscripts. Alle dort im Volltext zugänglichen Publikationen sind durch (Medingen online) markiert. Für alle auf anderen Seiten open access verfügbaren Texte ist jeweils die allgemeine Domäne angegeben, innerhalb derer der Text über Suchfunktion auffindbar ist. Bei mehreren Aufsätzen eines Sammelbandes ist der Band auch separat aufgeführt. Zu den verwendeten Abkürzungen vgl. 6.1. ACHTEN, GERARD, De Gebedenboeken van de Cistercienserinnenkloosters Medingen en Wienhausen, in: Miscellanea Neerlandica 3. Opstellen voor dr. Jan Deschamps ter gelegenheid van zijn zeventigste verjaardag, hg. von Elly Cocks-Indestege und Frans Hendricks, Leuven 1987, S. 173–188. – Medinger Gebetbücher [Nachtr.], in: VL 11 (2003), Sp. 983. ADLER, GEORG, Handbuch Buchverschluss und Buchbeschlag: Terminologie und Geschichte im deutschsprachigen Raum, in den Niederlanden und Italien vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart, Wiesbaden 2010. ALTSTATT, ALISON, The Music and Liturgy of Kloster Preetz: Anna von Buchwalds Buch im Chor in its Fifteenth-century Context (Diss.), Oregon 2011 (https://scholarsbank.uoregon.edu). Analecta Hymnica medii aevi, hg. von Guido Maria Dreves, Clemens Blume und Henry Marriot Bannister, Bd. 1–55, Leipzig 1896–1922, Nachdruck Frankfurt a.M. 1961. ANDERSEN, ELIZABETH, Das Kind sehen: Die Visualisierung der Geburt Christi in Mystik und Meditation, in: Sehen und Sichtbarkeit in der Literatur des deutschen Mittelalters (XXI. Anglo-German Colloquium), hg. von Ricarda Bauschke, Sebastian Coxon und Martin Jones, Berlin 2011, S. 290–310. APPUHN, HORST, Der Fund vom Nonnenchor, Wienhausen 1973. – Chronik und Totenbuch des Klosters Wienhausen, Wiesbaden 31986. – Isenhagen. Große Baudenkmäler, München 71996. BALL, LAURA, A Linguistic Description of the Manuscript Trier Bistumsarchiv No. 528 (MLitt Diss.), Newcastle 2010. (Medingen online) BÄRSCH, JÜRGEN, Die Feier des Osterfestkreises im Stift Essen nach dem Zeugnis des Liber Ordinarius. Ein Beitrag zur Liturgiegeschichte der Deutschen Ortskirchen, Münster 1997 (Quellen und Studien. Veröffentlichungen des Instituts für kirchengeschichtliche Forschungen des Bistums Essen 6). – Liber ordinarius – Zur Bedeutung eines liturgischen Buchtyps für die Erforschung des Mittelalters, in: Archa Verbi 2 (2005) S. 9–58. BISCHOFF, BERNHARD, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters, Berlin 1979 (Grundlagen der Germanistik 24). BODARWÉ, KATRINETTE und KATRIN EICHLER, Prozessionen in Regensburger Frauenstiften, in: Liturgie in mittelalterlichen Frauenstiften, Essen 2012, S. 171–194. Bordesholmer Marienklage, hg.von Karl Müllenhoff, Zeitschrift für deutsches Altertum 13 (1867) S. 288–319. BORRIES, EKKEHARD, Schwesternspiegel im 15. Jahrhundert. Gattungskonstitution, Editionen, Untersuchungen, Berlin 2008. BRANDIS, WOLFGANG, Quellen zur Reformationsgeschichte der Lüneburger Frauenklöster, in: Studien und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenklöster im späten Mittelalter, hg. von Falk Eisermann, Eva Schlotheuber und Volker Honemann, Leiden 2004 (Studies in Medieval and Reformation Thought 99) S. 357–398.

6.4. Gedruckte Quellen und Literatur

405

– Wienhausen, in: Niedersächsisches Klosterbuch IV, Bielefeld 2012, S. 1518–1529. – Die Lüneburger Klosterarchive – 800 Jahre schriftliche Überlieferung in den Frauenklöstern des ehemaligen Fürstentums Lüneburg, in: Evangelisches Klosterleben, Göttingen 2013, S. 313–297. BRAUN-NIEHR, BEATE, Die theologischen lateinischen Handschriften in Octavo der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Teil 1: Ms. theol. lat. oct. 66– 125, Wiesbaden 2007 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Kataloge der Handschriftenabteilung. Erste Reihe: Handschriften Band 3.1). – Wenn Regiebücher nicht überliefert sind. Über verborgene Anweisungen liturgischer Inszenierung, in: Liturgie in mittelalterlichen Frauenstiften, Essen 2012, S. 195–214. – Recycling im Dienst der Bursfelder Reform. Wie man ein hochmittelalterliches Privatpsalterium in Zeiten der Klosterreform weiter benutzen kann / Andachtsbuch für die Osterzeit, in: Rosenkränze und Seelengärten, Wolfenbüttel 2013, S. 81–90 / 268– 271. – Ein lateinisches Psalterium aus dem Zisterzienserinnenkloster Medingen (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 189), in: Handschriften aus Kloster Medingen, Hamburg 2014 (im Druck). – Die theologischen lateinischen Handschriften in Octavo der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Teil 2: Ms. theol. lat. oct. 126–189 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Kataloge der Handschriftenabteilung. Erste Reihe: Handschriften Band 3.2) (in Vorbereitung). BÜTTNER, JOHANN HEINRICH, Genealogiae oder Stamm- und Geschlechts-Register der vornehmsten Lüneburgischen Adelichen Patricien-Geschlechter…, Lüneburg 1704. (archive.org) Cantus Index, www.cantusindex.org. CERMANN, REGINA, Kat. Nr. 138: Berlin, Ms. germ. oct. 48, in: Aderlaß und Seelentrost. Die Überlieferung deutscher Texte im Spiegel Berliner Handschriften und Inkunabeln, hg. von Peter Jörg Becker und Anne-Beate Riecke, Mainz 2003 (Ausstellungskataloge der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz 48) S. 272—275. CHEVALIER, ULYSSE, Repertorium hymnologicum.Catalogue des chants, hymnes, proses, séquences, tropes enusage dans l’église latine depuis les origines jusqu’à nos jours, 6 Bde., Louvain 1892–1920. Companion to Mysticism and Devotion in Northern Germany in the Late Middle Ages, hg. von Elizabeth Andersen, Henrike Lähnemann und Anne Simon, Leiden 2013 (Brill’s Companions to the Christian Tradition 42). CORBIN, SOLANGE, Die Neumen, in: Palaeographie der Musik I.3., hg. von Wulf Arlt, Köln 1977, S. 3.66–3.70. Corpus Praefationum, cura et studio Dom Edmond Moeller O.S.B., Turnhout 1980 (Corpus Christianorum, Series Latina, 161–161/4). CYRUS, CYNTHIA J., The Scribes for Women’s Convents in Late Medieval Germany, Toronto 2009. Das Buch – Medium im Wandel: eine Ausstellung der Universitätsbibliothek Osnabrück, 21. Juni bis 31. August in der Universitätsbibliothek Osnabrück, hg. von Andreas J. Hinz, Osnabrück 1999 (Schriften der Universitätsbibliothek Osnabrück 9). Das deutsche Kirchenlied: kritische Gesamtausgabe der Melodien. Abt. III. Die Melodien aus gedruckten Quellen bis 1680, hg. von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Edition des deutschen Kirchenlieds, Kassel 1993–2010. Das Nibelungenlied und seine Welt, hg. von der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, Darmstadt 2003.

406

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

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6.4. Gedruckte Quellen und Literatur

407

Gesamtkatalog der Wiegendrucke, hg. von der Kommission für den Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Leipzig 1925ff (www.gesamtkatalogderwiegendrucke.de). Geistliche Gesänge des deutschen Mittelalters: Melodien und Texte handschriftlicher Überlieferung bis um 1530 (Das deutsche Kirchenlied: kritische Gesamtausgabe der Melodien, Abt. II) hg. vom Institut für hymnologische und musikethnologische Studien Köln und dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich 2003ff. GIERMANN, RENATE und HELMAR HÄRTEL unter Mitarbeit von MARINA ARNOLD, Handschriften der Dombibliothek zu Hildesheim: Teil 2. Hs 700–1050, St. God. Nr. 1–51, Ps 1–6, J 23–95, Wiesbaden 1993 (manuscripta-medievalia.de). – Handschriften des Klosters Ebstorf, Wiesbaden 1994 (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen 10) (manuscripta-medievalia.de). GÖRNANDT, RUTH, Zwischen katholischem Erbe und protestantischer Beliebigkeit? Zur Frage nach dem Wesen evangelischer Klöster in Geschichte und Gegenwart, in: »Kloster-Blicke«. Bilder aus evangelischen Frauenklöstern, hg. von Bärbel Görcke für den Generalkonvent der Äbtissinnen evangelischer Klöster und Stifte in Niedersachsen (www.generalkonvent.de), Hannover 2011 (academia.edu). Graduale triplex, seu Graduale Romanum, Pauli PP. VI cura recognitum & rhythmicis signis a Solesmensibus monachis ornatum; neumis Laudunensibus (cod. 239) et Sangallensibus (codicum San Gallensis 359 et Einsidlensis 121) nunc auctum, Abbaye Saint-Pierre de Solesmes 1979, 21990. GRUBE, KARL (Hg.), Des Augustinerpropstes Johannes Busch Chronicon Windeshemense und Liber de reformatione monasteriorum, Halle 1886 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen XIX). (digital.slub-dresden.de). HAAS, MAX, Notation: IV. Neumen, in: MGG, 2. Aufl., Sachteil Bd. 7, Kassel-Stuttgart 1997, S. 296–317. DE HAMEL, CHRISTOPHER, The British Library Guide to Manuscript Illumination: History and Techniques, London 2001 (British Library Guides). Handschriften aus Kloster Medingen bei Lüneburg. Tagungsband zur Ausstellung ›Von Frauenhand – Mittelalterliche Codices aus dem Nonnenkloster Medingen‹ in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (4. September bis 14. Oktober 2007), hg. von Hans-Walter Stork, Hamburg 2014 (im Druck) (Publikationen der SUB Hamburg, Kleine Reihe). Handschriftencensus (www.handschriftencensus.de). HÄRTEL, HELMAR, Geschrieben und gemalt: Gelehrte Bücher aus Frauenhand. Eine Klosterbibliothek sächsischer Benediktinerinnen des 12. Jahrhunderts, Wolfenbüttel 2006. HÄRTEL, HELMAR und FELIX EKOWSKI, Handschriften der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover, Teil 1: Ms I 1–Ms I 174, Wiesbaden 1989 (manuscriptamedievalia.de). HÄRTING, MICHAEL, Der Meßgesang im Braunschweiger Domstift St. Blasii (Handschrift Niedersächsisches Staatsarchiv in Wolfenbüttel VII B HS 175), Regensburg 1968. HASCHER-BURGER, ULRIKE, Gesungene Innigkeit. Studien zu einer Musikhandschrift der Devotio moderna (Utrecht, Universiteitsbibliotheek, ms. 16 H 34, olim B 113), mit einer Edition der Gesänge, Leiden 2002 (Studies in the History of Christian Thought 106). – Verborgene Klänge. Inventar der handschriftlich überlieferten Musik aus den Lüneburger Frauenklöstern bis ca. 1550. Mit einer Darstellung der Musik-Ikonographie von Ulrike Volkhardt, Hildesheim 2008.

408

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

– Mittelalterliche Handschriften mit Musik in den Lüneburger Frauenklöstern, in: Musikort Kloster. Kulturelles Handeln von Frauen in der Frühen Neuzeit, hg. von Susanne Rode-Breymann, Weimar 2009 (Musik-Kultur-Gender 6) S. 139–158. – Notation, Devotion und Emotion in spätmittelalterlichen Andachtsbüchern aus dem Kloster Medingen, in: Musica Disciplina 55 (2010) S. 33–73. – Zwischen Liturgie und Magie: Apotropäischer Zaubergesang in niedersächsischen Frauenklöstern im späten Mittelalter, in: Journal of the Alamire Foundation 3 (2011) S. 127–143. – Religious Song and Devotional Culture in Northern Germany, in: Mysticism and Devotion, Leiden 2013, S. 261–283. – Orgelspiel versus Orgelverbot. Ein Paradigmenstreit im Umfeld der norddeutschen Klosterreform im 15. Jh?, in: Basler Jahrbuch für historische Musikpraxis (im Druck). HAUG, ANDREAS, Musikhistorische Prozesse im liturgischen Gesang des Mittelalters, in: Divina officia. Liturgie und Frömmigkeit im Mittelalter, hg. von Patrizia Carmassi, Wolfenbüttel 2004 (Ausstellungskataloge 83) S. 430–443. HECHT, MICHAEL, Patriziatsbildung als kommunikativer Prozess: die Salzstädte Lüneburg, Halle und Werl in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln 2010. Heiliger Raum: Architektur, Kunst und Liturgie in mittelalterlichen Kathedralen und Stiftskirchen, hg. von Franz Kohlschein (Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 82) Münster 1998. Heilige Röcke: Kleider für Skulpturen in Kloster Wienhausen, hg. von Charlotte KlackEitzen, Wiebke Haase und Tanja Weißgraf, Regensburg 2013. HEINEMANN, OTTO, Die Augusteische Handschriften 5, Frankfurt a.M. 1966 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel 8). (manuscripta-medievalia.de) HELLGARDT, ERNST, Neumen in Handschriften mit deutschen Texten. Ein Katalog, in: »Ieglicher sang sein eigen ticht«. Germanistische und musikwissenschaftliche Beiträge zum deutschen Lied im Spätmittelalter, hg. von Christoph März (†), Lorenz Welker und Nicola Zotz, Wiesbaden 2011 (Elementa Musicae 4) S. 163–207. HENDRIKMAN, ANTON J., Tabellarium chronologicum Windeshemense. Lose Beilage zu: Windesheim 1395–1995. Kloosters, teksten, invloeden, hg. von Anton J. Hendrikman, Nijmegen 1995 (Middeleeuwse Studies XII). HOMEYER, JOACHIM, 750 Jahre Medingen. Kleine Beiträge zur frühen Klostergeschichte, Uelzen 1978 (Schriften zur Uelzener Heimatkunde 3). – Kloster Medingen, die Gründungslegende und ihre historischen Elemente, in: Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 79 (1981) S. 9–60. – 1788–1988 Kloster Medingen. 200 Jahre Neubau. Kleine Beiträge zum Jubiläum, Uelzen 1988 (Schriften zur Uelzener Heimatkunde 7). – 500 Jahre Äbtissinnen in Medingen, Uelzen 1994 (Schriften zur Uelzener Heimatkunde 11). – Bisher unbekannte kurze Geschichte des mittelalterlichen Klosters Medingen, in: Heimatkalender für Stadt und Kreis Uelzen 2003, hg. von Horst Hoffmann, Uelzen 2003, S. 91–102. – Ein Memorienbuch des Klosters Medingen (Liber memoriarum monasterii Medingensis), in: Heimatkalender für Stadt und Kreis Uelzen 2004, hg. von Horst Hoffmann, Uelzen 2004, S. 71–78. – Augenzeugenbericht einer Nonne des Klosters Medingen über das Ableben und die Beisetzung des Propstes Tilemann von Bavenstedt, in: Heimatkalender für Stadt und Kreis Uelzen 2004, hg. von Horst Hoffmann, Uelzen 2004, S. 103–104. HILEY, DAVID, Western Plainchant. A Handbook, Paperback-Edition Oxford 1997.

6.4. Gedruckte Quellen und Literatur

409

HUGLO, MICHEL, Exultet, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians Bd. 6, PE London 1998, S. 334–336. HÜLSMAN, MARGRIET, Penwerk: een eigen vorm van boekdecoratie in vijftiende-eeuwse Noordnederlandse handschriften, in: Middeleeuwse handschriftenkunde in de Nederlanden, hg. von Jos M.M. Hermans, Grave 1989 (Nijmeegse codicologische cahiers 10–12) S. 13–28. JANOTA, JOHANNES, Studien zu Funktion und Typus des deutschen geistlichen Liedes im Mittelalter, München 1968 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 23). Johannes Busch: Liber de reformatione monasteriorum – Briefe und Predigten. Mit einer Erstedition der Schriften von Hermann Ryd, hg. von Bertram Lesser, Turnhout (im Druck). KER, NIGEL R., Medieval manuscripts in British libraries Bd. 1, London 1969. KIENHORST, HANS, Rijkdom in eenvoud. Laatmiddeleeuwse handschriften uit klooster Soeterbeeck, Nijmegen 2005. KOCH, EVA M., Adam erschaffen und erlöst. Die Genesis Fresken im Nonnenchor und andere Kunstwerke im Kloster Wienhausen, in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim 56 (1988) S. 18–38. KOCK, THOMAS, Die Buchkultur der Devotio moderna. Handschriftenproduktion, Literaturversorgung und Bibliotheksaufbau im Zeitalter des Medienwechsels, Frankfurt a.M. 1999 (Tradition – Reform – Innovation 2). KÖPF, ULRICH, Kreuz IV, 1.3.2.2, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 19, Berlin 1990, S. 749–750. KOLDAU, LINDA MARIA, Weibliche Kulturräume – ›weibliche Spiritualität‹? Das Liedgut der Devotio moderna und das Liederbuch der Anna von Köln, in: Das Erzbistum Köln in der Musikgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, hg. von Klaus Pietschmann, Kassel 2008 (Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte 172) S. 171–189. KORTEWEG, ANNE S., Kriezels, aubergines en takkenbossen: randversiering in Noordnederlandse handschriften uit de vijftiende eeuw, Zutphen 1992. KRÄMER, SIGRID, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Teil 2: Köln-Zyfflich, in: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, hg. von Bernhard Bischoff, München 1989. Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern, hg. von der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn und dem Ruhrlandmuseum Essen. Katalogkoordination Jutta Frings und Jan Gerchow, München 2005. KUHN-REHFUS, MAREN, Zisterzienserinnen in Deutschland, in: Die Zisterzienser. Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit, Bonn 1980 (Schriften des Rheinischen Museumsamtes Nr. 10) S. 125–147. LÄHNEMANN, HENRIKE, ›An dessen bom wil ik stighen.‹ Die Ikonographie des Wichmannsburger Antependiums im Kontext der Medinger Handschriften, in: Oxford German Studies 34 (2005) S. 19–46. – Leich, Lied und Leise. Singen im Tristan, in: Impulse und Resonanzen. Tübinger mediävistische Beiträge zum 80. Geburtstag von Walter Haug, hg. von Gisela Vollmann-Profe, Cora Dietl, Annette Gerok-Reiter und Christoph Huber, Tübingen 2007, S. 179–191. – Die Erscheinungen Christi nach Ostern in Medinger Handschriften, in: Medialität des Heils im späten Mittelalter, hg. von Carla Dauven-van Knippenberg, Cornelia Herberichs und Christian Kiening, Zürich 2009 (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen 10) S. 189–202 (Medingen online).

410

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

– Per organa. Musikalische Unterweisung in Handschriften der Lüneburger Klöster, in: Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters, hg. von Henrike Lähnemann und Sandra Linden, Berlin 2009, S. 397–412 (Medingen online). – Der Auferstandene im Dialog mit den Frauen. Die Erscheinungen Christi in den Andachtsbüchern des Klosters Medingen, in: Passion und Ostern in den Lüneburger Klöstern, hg. von Linda Maria Koldau, Ebstorf 2010, S. 105–134 (Medingen online). – Schnipsel, Schleier, Textkombinatorik. Die Materialität der Medinger Orationalien, in: Materialität in der Editionswissenschaft, hg. von Martin Schubert, Tübingen 2010 (Beihefte zu editio) S. 135–146. – Also do du ok. Andachtsanweisungen in den Medinger Handschriften, in: Text und Normativität (XX. Anglo-Deutsches Colloquium), hg. von Franz-Josef Holznagel und Elke Brüggen, Berlin 2012, S. 437–453. – Medinger Nonnen als Schreiberinnen zwischen Reform und Reformation, in: Rosenkränze und Seelengärten, Wolfenbüttel 2013, S. 37–42 (Medingen online). – Bilingual Devotion. The Relationship of Latin and Low German in Prayer Books from the Lüneburg Convents, in: Mysticism and Devotion, Leiden 2013, S. 317–341. – Von Medingen nach Michigan oder: die überraschenden Wanderungen mittelalterlicher Handschriften. Eine Detektivgeschichte, in: Der Heidewanderer, 89. Jahrgang, 6. Juli 2013 S. 105–108 (Medingen online). – Mischtext und Zweisprachigkeit. Die lateinisch-niederdeutsche Textproduktion der Medinger Orationalien, in: Handschriften aus Kloster Medingen, Hamburg 2014 (im Druck). – Der Medinger ›Nonnenkrieg‹ aus der Perspektive der Klosterreform. Geistliche Selbstbehauptung 1479–1554, in: The Northern Experience. Mysticism, Art, and Devotion between Late Medieval and Early Modern, Antwerp Conference 2011, hg. von Kees Scheepers et al., Berlin 2014 (im Druck). – Saluta apostolum tuum. Apostelverehrung in Kloster Medingen, in: Weltbild und Lebenswirklichkeit, Ebstorf 2014 (im Druck). LESSER, BERTRAM, Johannes Busch: Chronist der Devotio moderna, Frankfurt a.M. 2005 (Tradition – Reform – Innovation 10). – und FEMKE PRINSEN, Gebunden, geheftet, vernäht. Vielfältige Einbände aus Frauenklöstern, in: Rosenkränze und Seelengärten, Wolfenbüttel 2013, S. 71–78. LIPPHARDT, WALTHER, Handschriften aus Medingen 1290–1550, Manuskript für den Zentralen Handschriftenkatalog des Deutschen Kirchenlieds, 1. Serie, 1971 abgeschlossen. (masch.) – Die liturgische Funktion deutscher Kirchenlieder in den Klöstern niedersächsischer Zisterzienserinnen des Mittelalters, in: Zeitschrift für katholische Theologie 94 (1972) S. 158–198 (Medingen online). – Medinger Gebetbücher, in: VL 6 (1987), Sp. 275–280. – Lied C. II. Das Kirchenlied im Mittelalter, in: MGG 8 (1986) S. 783–796. Liturgie in mittelalterlichen Frauenstiften. Forschungen zum Liber ordinarius, hg. von KLAUS GEREON BEUCKERS, Essen 2012 (Essener Forschungen zum Frauenstift 10). LIMBECK, SVEN, Ein Konvent in Bewegung. Das Windesheimer Processionale in Heiningen (IV.13), in: Rosenkränze und Seelengärten, Wolfenbüttel 2013, S. 264–266. LOERKE, MARC-OLIVER, Höllenfahrt Christi und Anastasis: Ein Bildmotiv im Abendland und im christlichen Osten (Diss.), Regensburg 2003 (epub.uni-regensburg.de). LOHSE, TILLMANN, Der Liber Ordinarius als ›unfester Text‹. Drei editorische Maximen, in: Quellen kirchlicher Provenienz – Neue Editionsvorhaben und aktuelle EDVProjekte: Editionswissenschaftliches Kolloquium 2011, hg. von Helmut Flachenecker

6.4. Gedruckte Quellen und Literatur

411

und Janusz Tandecki unter Mitarbeit von Krzysztof Kopiński, Toruń 2011 (Publikationen des Deutsch-Polnischen Gesprächskreises für Quellenedition 6) S. 125–144. – Stand und Perspektiven der Liber ordinarius-Forschung, in: Liturgie in mittelalterlichen Frauenstiften, Essen 2012, S. 215–255. LUTZ, ECKART CONRAD, Arbeiten an der Identität. Zur Medialität der cura monialium im Kompendium des Rektors eines reformierten Chorfrauenstifts, Berlin 2010 (Scrinium Friburgense 27). LYSSMANN, JOHANN LUDOLF, gewesenen Predigers zu Closter Meding, und nachherigen Superintendenten zu Fallersleben, Historische Nachricht von dem Ursprunge, Anwachs und Schicksalen des im Lüneburgischen Herzogthum belegenen Closters Meding, dessen Pröbsten, Priorinnen und Abbatißinnen, auch fürnehmsten Gebräuchen und Lutherischen Predigern &c. nebst darzu gehörigen Urkunden und Anmerkungen bis auf das Jahr 1769 fortgesetzt. Mit Kupfern. Halle bey Joh. Just. Gabauers Wittwe und Johann Jacob Gebauer 1772. MANTE, AXEL, Ein niederdeutsches Gebetbuch aus der 2. Hälfte des XIV. Jahrhunderts (Bistumsarchiv Trier, Nr. 528), Lund 1960 (Lunder germanistische Forschungen 33). MECHAM, JUNE, Sacred Communities, Shared Devotions. Gender, Material Culture, and Monasticism in Late Medieval Germany, Turnhout 2014 (Medieval Women: Texts and Contexts 29) (im Druck). Medingen Manuscripts (research.ncl.ac.uk/medingen). MERIAN, MATTHÄUS, Topographia Braunschweig Lüneburg (Frankfurt a. M. 1654). (Kupferstich und Beschreibungstext online de.wikisource.org) MERTENS, DIETER: Der Streit um den Bursfelder Liber ordinarius, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 86 (1975) S. 728–759. MERTENS, VOLKER, Leisen und Rufe, in: MGG, 2. Aufl., Sachteil Bd. 5, Kassel/Stuttgart 1996, Sp. 1075–1078. MEYER, WILHELM, Die Handschriften in Göttingen, Bd. 2: Universitäts-Bibliothek. Geschichte – Karten – Naturwissenschaften – Theologie – Handschriften aus Lüneburg, Berlin 1893 (Verzeichnis der Handschriften im Preussischen Staate I,2). MINDERMANN, AREND, Verden, in: Niedersächsisches Klosterbuch IV, Bielefeld 2012, S. 1423–1452. Missale secundum morem Magdeburgensem, Halberstadensem, Brandenburgensem, Verdensem, aliarumque multarumque ecclesiarum. Magdeburg: Koch 1486. Exemplar Oxford, Keble College Library, Special Collections, Brooke 239. MITTIG, HANS-ERNST, Kloster Medingen. Ein protestantischer Stiftsbau, 1781–1788, Text- und Tafelband, Lüneburg 1971. Monastic Matrix, A scholarly resource for the study of women’s religious communities from 400 to 1600 CE, www.monasticmatrix.org. MUSCHIOL, GISELA, Liturgie und Klausur. Zu den liturgischen Voraussetzungen von Nonnenemporen, in: Studien zum Kanonissenstift, hg. von Irene Crusius, Göttingen 2001 (Studien zur Germania Sacra 24) S. 129–148. Musica devota. Musik in Handschriften und Drucken aus dem Umkreis der Devotio moderna, (www.musicadevota.com). NEUHAUS, BERND und HANS-WALTER STORK, Äbtissinnenstab und Mauritius-Statutette der Margarete Puffen, Äbtissin zu Medingen 1493–1513. Zum 500. Todestag (in Vorbereitung). NICKEL, HOLGER, Zur Literaturversorgung in den Heideklöstern während der Inkunabelzeit – das Beispiel Ebstorf, in: Jahrbuch kirchliches Buch- und Bibliothekswesen Neue Folge 1 (2013) S. 77–94.

412

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

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6.4. Gedruckte Quellen und Literatur

413

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414

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

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7. Register Die Initien werden in den Registern nicht in der Form der Handschrift, sondern in normalisierter Schreibweise wiedergegeben.

7.1. Texte nach Gattung Die Gattungsangaben entsprechen den Abkürzungen in der Kommentarspalte der Edition.

Antiphonen (A) und Prozessionsantiphonen Adorna thalamum tuum Mariä Reinigung fol. 9ra Alma redemptoris mater Mariä Himmelfahrt fol. 64v; Mauritius fol. 66rb; Oblationsfeier fol. 114v Ante sex dies sollemnis paschae Palmsonntag fol. 18va Aperite illi portas iustitiae ingressus Bestattung fol. 83vb Ascendo ad patrem meum Himmelfahrt fol. 62ra Asperges me domine hysopo Weihnachten fol. 2v; Mariä Heimsuchung fol. 64rb; Mariä Himmelfahrt fol. 64v; Mauritius fol. 65va Ave gratia plena dei genetrix Mariä Reinigung fol. 8va Coeperunt omnes turbae descendentium Palmsonntag fol. 23rb Collegerunt Palmsonntag fol. 12va Convertere domine et eripe animam meam Totenvigil fol. 94va, 95ra Credo videre bona domini in terra Totenvigil fol. 98vb, 99va Cum appropinquaret dominus Palmsonntag fol. 17va Cum audisset populus Palmsonntag fol. 19ra Cum inducerent puerum Mariä Reinigung fol. 10vb Cum rex gloriae Christus Ostern fol. 47va, 47vb, 56ra De terra plasmasti me Bestattung fol. 88ra Dei genetrix virgo Oblationsordnung fol. 116r Delicta iuventutis meae et ignorantias Totenvigil fol. 97vb, 98vb, 99va Dirige domine deus meus in conspectu tuo Totenvigil fol. 94rb, 95vb Dominus custodi[a]t te ab omni malo Totenvigil fol. 93ra Dum fabricator Karfreitag fol. 28ra Ecce lignum crucis Karfreitag fol. 27vb, 28ra Eruisti domine animas eorum Totenvigil fol. 108ra, 108vb Exaudi domine orationem meam Totenvigil fol. 106rb, 107ra Exsultabunt omnia ossa humiliata Totenvigil fol. 105rb, 106rb Exsurge domine adiuva Bitt-Tage fol. 58va, 66va Haec est dies quam fecit dominus Mariä Verkündigung fol. 12ra

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7. Register

Haec requies mea in saeculum saeculi Bestattung fol. 86va Heu me quia incolatus meus prolongatus est Totenvigil fol. 92va In die resurrectionis meae Ostern fol. 55vb In loco pascuae ibi collocavit Totenvigil fol. 97ra, 97vb Ingrediar in locum tabernaculi Bestattung fol. 85rb Ista est Oblationsfeier fol. 116r Lumen ad revelationem gentium Mariä Reinigung fol. 8rb Me suscepit dextera tua domine Totenvigil fol. 107ra, 108ra Media vita in morte sumus Bestattung fol. 92ra; Totenvigil fol. 110ra, 110va Nequando rapiat ut leo animam meam Totenvigil fol. 95ra, 95vb Non derelinquas me domine deus Totenvigil fol. 101ra, 102rb Non vos relinquam Himmelfahrt fol. 63ra O admirabile pretium Karfreitag fol. 28ra O mundi domina Weihnachten fol. 1vb O rex gloriae domine Himmelfahrt fol. 62rb O sacrum convivium Fronleichnam fol. 64rb Occurrunt turbae cum floribus et palmis Palmsonntag fol. 19vb Omnis spiritus laudet dominum Totenvigil fol. 108vb, 110ra Opera manuum tuarum domine ne despicias Totenvigil fol. 93va Pax huic domui Krankensalbung fol. 73va Placebo domino in regione vivorum Totenvigil fol. 92vb Pueri Hebraeorum tollentes ramos Palmsonntag fol. 21rb Pueri Hebraeorum vestimenta Palmsonntag fol. 21ra Regina caeli laetare Ostern fol. 49ra, 57va; Bitt-Tage fol. 67vb Responsum accepit Simeon Mariä Reinigung fol. 9va Salve regina Mariä Verkündigung fol. 11vb Sana domine animam meam Totenvigil fol. 102rb, 103ra Scriptum est enim percuciam Palmsonntag fol. 21rb Sedit angelus Ostern fol. 56rb Si iniquitates observaveris Totenvigil fol. 93ra Sitivit anima mea ad deum Totenvigil fol. 103ra, 103vb Super omnia ligna cedrorum Karfreitag fol. 28rb Surgite sancti de mansionibus Bitt-Tage fol. 66vb Surrexit dominus de sepulchro Ostern fol. 48vb Tuam crucem Karfreitag fol. 28ra Tuam deus deposcimus pietatem Totenvigil fol. 93va Turba multa quae convenerat Palmsonntag fol. 17ra Vidi aquam Ostern fol. 55vb Viri Galilaei quid aspicitis Himmelfahrt fol. 62vb Veni in hortum meum Oblationsfeier fol. 116r Veni sancte spiritus reple Oblationsfeier fol. 114v

Cantica (Ca) Magnificat Totenvigil fol. 93va Nunc dimittis Mariä Reinigung fol. 8rb

7.1. Texte nach Gattung

Cantiones (Cn) Exsultandi et laetandi tempus est Ostern fol. 56va Haec est dies praeclara et inclita Ostern fol. 57ra

Collectae / Kollektengebete (C) Da quaesumus domine 17. Sonntag nach Pfingsten fol. i ra Deus qui hanc sacratissimam noctem Weihnachten fol. 1va Deus qui hodierna die verbum tuum Mariä Verkündigung fol. 12rb Deus refugium nostrum 22. Sonntag nach Pfingsten fol. i vb Dirigat corda nostra 18. Sonntag nach Pfingsten fol. i rb Erudi quaesumus domine Mariä Reinigung fol. 3va, 8va Familiam tuam quaesumus 21. Sonntag nach Pfingsten fol. i vb Largire quaesumus domine 20. Sonntag nach Pfingsten fol. i va Omnipotens et misericors deus qui necessitatem Ostern fol. 54ra Omnipotens et misericors deus universa nobis 19. Sonntag nach Pfingsten fol. i rb Praesta quaesumus Palmsonntag fol. 12va Tua nos quaesumus gratia 16. Sonntag nach Pfingsten fol. i ra

Gebete (G) Accipe sanitatem Krankensalbung fol. 77rb–78va Actiones nostras quaesumus Gründonnerstag fol. 26ra; Oblationsordnung fol. 115v Auge fidem Palmsonntag fol. 17rb Ave Maria Totenvigil fol. 96ra Beati Petri apostoli tui Totenvigil fol. 110vb Benedic domine Iesu Christe Mariä Reinigung fol. 3vb Benedic domine hanc creaturam mellis Ostern fol. 55va Benedic domine hos fructus Ostern fol. 54vb Benedicat te deus pater et filius et spiritus sanctus Krankensalbung fol. 80ra Benedicat te deus pater qui te creavit Krankensalbung fol. 80rb Benedicat te deus pater sanet te Krankensalbung fol. 79vb Benedico te creatura cere Mariä Reinigung fol. 4rb Benedictio dei patris omnipotentis Oblationsordnung fol. 115r Concede quaesumus omnipotens Ostern fol. 49ra Creator et conservator Ostern fol. 55va Da nobis quaesumus domine Bitt-Tage fol. 70va Debitum humani corporis Bestattung fol. 90vb Deus cui omnia vivunt Bestattung fol. 81vb Deus cuius filius in alta Himmelfahrt fol. 64ra Deus cuius filius pro salute Palmsonntag fol. 13rb Deus cuius memoriae Totenvigil fol. 111ra Deus indulgentiarum domine Totenvigil fol. 111ra Deus inestimabilis pietatis Mariä Reinigung fol. 11rb Deus misericors deus pius Krankensalbung fol. 75va Deus quem diligere Palmsonntag fol. 12va Deus qui corda fidelium Oblationsordnung fol. 115v Deus qui culpas delinquentium Krankensalbung fol. 82r Deus qui discipulorum tuorum Gründonnerstag fol. 26ra

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7. Register

Deus qui famulo tuo Ezechie Krankensalbung fol. 76vb Deus qui filium tuum angularem Karsamstag fol. 30ra Deus qui filium tuum unigenitum Palmsonntag fol. 16va Deus qui fundasti terram Bestattung fol. 87va Deus qui hodierna die* Ostern fol. 47va Deus qui hodierna die verbum Mariä Verkündigung fol. 12rb Deus qui humanarum animarum Bestattung fol. 89vb Deus qui illuminas omnem Krankensalbung fol. 75rb Deus qui iustis …da famulae tuae Bestattung fol. 89va Deus qui iustis …qui universorum Bestattung fol. 89vb Deus qui miro dispensationis modo Palmsonntag fol. 22va Deus qui miro ordine angelorum Bitt-Tage fol. 67vb Deus qui nos per beatos apostolos Bitt-Tage fol. 68vb Deus qui per apostolum tuum Krankensalbung fol. 76rb Deus qui per olivae ramum Palmsonntag fol. 13ra Deus qui vestimentum salutare Oblationsordnung fol. 115r Deus universae carnis conditor Ostern fol. 53va Deus veniae largitor Totenvigil fol. 111rb Dignare domine deus Ostern fol. 54ra Dimitte domine peccata Krankensalbung fol. 75rb Domine deus omnipotens creator Mariä Reinigung fol. 5ra Dominus deus pater omnipotens eterne deus Karsamstag fol. 29rb Domine deus virtutum dator Oblationsordnung fol. 115r Domine Iesu Christe lux vera Mariä Reinigung fol. 4va Domine Iesu Christe qui hodierna die in Mariä Reinigung fol. 11ra Domine Iesu Christe qui nos hodierna die per Palmsonntag fol. 22rb Domine Iesu Christe qui tegmen Oblationsordnung fol. 115r Domine sancte pater omnipotens eterne deus benedicere Ostern fol. 54va Domine sancte pater omnipotens eterne deus in nomine Karsamstag fol. 29va Domine sancte pater omnipotens eterne deus qui in initio Mariä Himmelfahrt fol. 64va Domine sancte pater omnipotens lumen Karsamstag fol. 30rb Dominus Iesus Christus qui dixit Krankensalbung fol. 73va Exorzizo te creatura cere Mariä Reinigung fol. 3va Exorzizo te creatura florum et frondium Palmsonntag fol. 12vb Exuat te dominus veterem hominem Oblationsordnung fol. 115v Fac quaesumus domine cum ancilla Bestattung fol. 83va Fidelium deus omnium Bestattung fol. 91va; Totenvigil fol. 111rb Illumina quaesumus Mariä Reinigung fol. 10ra Inclina domine aurem tuam Bestattung fol. 83va Induat te dominus novum hominem Oblationsordnung fol. 115v Indulgentiam (Antwort auf ›Confiteor‹) Krankensalbung fol. 77rb Infirmitatem nostram quaesumus Bestattung fol. 92rb Maiestatem tuam quaesumus Krankensalbung fol. 76ra Maiestatem tuam supplices Bitt-Tage fol. 70ra Mediator dei et hominum Palmsonntag fol. 22ra Mentem familiae tuae Bitt-Tage fol. 66va Non intres in iudicium Bestattung fol. 81va Omnipotens mitissme deus respice Krankensalbung fol. 75rb Omnipotens qui hodierna Mariä Reinigung fol. 7va Omnipotens qui per Moysen Mariä Reinigung fol. 7vb

7.1. Texte nach Gattung

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Omnipotens sempiterne deus adesto Karsamstag fol. 39va Omnipotens sempiterne deus flos mundi Palmsonntag fol. 13va Omnipotens sempiterne deus qui Christi filii Palmsonntag fol. 24ra Omnipotens sempiterne deus qui dedisti Bitt-Tage fol. 67va Omnipotens sempiterne redemptor qui de celis Palmsonntag fol. 24rb Oremus dilectissimi (Große Fürbitten) Karfreitag fol. 26vb Oremus dominum nostrum Iesum Christum Krankensalbung fol. 76va Oremus fratres carissimi dominum Krankensalbung fol. 77ra Oremus fratres carissimi pro spiritu Bestattung fol. 89rb Oremus obsecrantes misericordiam Bestattung fol. 86rb Parce domine parce famulae Krankensalbung fol. 73va Parce domine parce peccatis Bestattung fol. 92ra Partem beatae resurrectionis Bestattung fol. 91va Pater noster – Et ne nos inducas Krankensalbung fol. 75ra, 77ra; Bestattung fol. 83rb, 90vb, 92ra; Totenvigil fol. 96ra, 99vb, 103vb, 110vb; Oblationsordnung fol. 114v, 115v Piae recordationis affectu Bestattung fol. 85ra Post celebratam sancti paschae Ostern fol. 53ra Praesta quaesumus domine huic famulae Krankensalbung fol. 76vb Praesta quaesumus omnipotens deus per huius Mariä Reinigung fol. 3ra Praesta quaesumus omnipotens deus ut familia Bitt-Tage fol. 68rb Praesta quaesumus omnipotens deus ut qui Bitt-Tage fol. 69rb Praetende quaesumus domine famulae Krankensalbung fol. 81rb Praetende quaesumus domine famulabus Oblationsordnung fol. 115v Prosit nobis semper omnipotens Ostern fol. 58rb; Bitt-Tage fol. 67vb Protector in te sperantium Krankensalbung fol. 81rb Protege domine famulas tuas Oblationsordnung fol. 116r Quaesumus domine ut animae Totenvigil fol. 110vb Respice domine de caelo Krankensalbung fol. 78vb Respice domine propitius Krankensalbung fol. 79ra Respice quaesumus Karfreitag fol. 29ra Sancta Maria mater domini nostri Mariä Reinigung fol. 3ra, 3rb Signum sanctae crucis Krankensalbung fol. 79rb Sit tibi perunctio Krankensalbung fol. 78vb Subveniat quaesumus domine Ostern fol. 54rb Supplices te rogamus domine Mariä Reinigung fol. 5va Supplices tuam subnixis Ostern fol. 55ra Te domine Iesu Christe Palmsonntag fol. 21vb Temeritatis quidem est Bestattung fol. 90ra Tu nobis quaesumus domine Bestattung fol. 88ra Ungo aures has Krankensalbung fol. 77vb Ungo caput tuum Krankensalbung fol. 77va Ungo has manus Krankensalbung fol. 78va Ungo has nares Krankensalbung fol. 78ra Ungo has scapulas Krankensalbung fol. 78rb Ungo hos pedes Krankensalbung fol. 78va Ungo labia ista Krankensalbung fol. 78ra Ungo oculus tuos Krankensalbung fol. 77vb Ungo pectus tuum Krankensalbung fol. 78rb Ungo te oleo sanctificato Krankensalbung fol. 77rb Veniat quaesumus omnipotens Karsamstag fol. 30vb

420

7. Register

Hymnen (H) Adsunt festa Mariä Heimsuchung fol. 64rb Alma Christi quando fides / Diem festum / Nunc quapropter Mauritius fol. 66rb Crux fidelis Karfreitag fol. 28ra Festum nunc celebre magnaque Himmelfahrt fol. 60va Fit porta Mariä Himmelfahrt fol. 64v Gloria laus et honor tibi sit Palmsonntag fol. 20rb Iam pascha nostrum Christus est (Ad cenam agni providi) Ostern fol. 52va Inventor rutili dux bonae luminis Karsamstag fol. 31rb O crux ave spes unica Palmsonntag fol. 21va O vere digna hostia (Ad cenam agni providi) Ostern fol. 52vb Salve festa dies toto venerabilis Ostern fol. 56rb Te deum laudamus Weihnachten fol. 1va; Ostern fol. 47va Te decet laus Weihnachten fol. 1va Veni creator spiritus Oblationsfeier fol. 115v

Improperien (Im) Popule meus quid feci tibi Karfreitag fol. 26vb Quia eduxi te per desertum Karfreitag fol. 27ra Quid ultra debui facere tibi Karfreitag fol. 27rb

Introitusantiphonen (In) Dominus dixit Weihnachten fol. 2r Lux fulgebit Weihnachten fol. 2r Resurrexi mit Tropus Postquam factus homo Ostern fol. 49rb

Invitatoriumsantiphonen (IA) Circumdederunt me gemitus mortis. dolores inferni circumdederunt me. Totenvigil fol. 93va Oremus pro invicem ut salvemur Totenvigil fol. 111vb

Leisen (Le) Also heilig ist dieser Tag Ostern fol. 56va–57rb Christ, heiliger Gott Himmelfahrt fol. 58vb Christ ist erstanden Ostern fol. 48vb, 49va–52rb Gelobet seist du, Jesu Christ Weihnachten fol. 2r Hilf uns, o wahres Osterlamm Ostern fol. 52vb, 53ra Sancta Maria, heilige Frau Ostern fol. 58ra

Lesungen (L) Benedictus dominus deus (Lc 1:68-79) Totenvigil fol. 110ra Cum appropinquasset (Mt 21:1) Palmsonntag fol. 12vb Ego dixi in dimidio (Is 38:10-12) Totenvigil fol. 108ra Homo natus de muliere (Iob 14:1-6) Totenvigil fol. 110rb In principio (Io 1:1) Bitt-Tage fol. 58va

7.1. Texte nach Gattung

421

In principio erat verbum (Io 1:1-14) Krankensalbung fol. 80va In tribulatione (Hos 6:1-6) Karfreitag fol. 26vb Liber generationis (Mt 1:1) Weihnachten fol. 1va Lignum habet spem (Iob 14:7-12) Totenvigil fol. 100vb Manus tuae domine (Iob 10:8-12) Totenvigil fol. 97ra Maria Magdalena (Mc 16:1) Ostern fol. 47va Parce mihi domine (Iob 7:16b-21) Totenvigil fol. 96ra Pelli meae consumptis (Iob 19:20-27) Totenvigil fol. 104vb Quis mihi tribuat (Iob 14:13-16) Totenvigil fol. 103vb Responde mihi (Iob 13:22-28) Totenvigil fol. 99vb Taedet animam meam (Iob 10:1-7) Totenvigil fol. 96va Spiritus meus attenuabitur (Iob 17:1-3, 11-15) Totenvigil fol. 104rb Venerunt filii Israel (Ex 15:27) Palmsonntag fol. 12va

Litaneien (Li) Christe audi nos (Allerheiligenlitanei) Krankensalbung fol. 74ra Rex sanctorum Karsamstag fol. 39va

Präfationen (Pr) Vere dignum … Nos tibi deo omnipotenti Mariä Reinigung fol. 6ra Vere dignum … Nos tibi semper … Mundi conditor omniumque Palmsonntag fol. 14va Vere dignum … invisibilem deum patrem omnipotentem Karsamstag fol. 33v Vere dignum … Nos tibi semper et ubique … Qui invisibili Karsamstag fol. 40r

Psalmen (Ps) nach der Vulgatazählung Ad dominum cum tribularer (Ps 119) Totenvigil fol. 92vb Ad te domine levavi (Ps 24) Totenvigil fol. 97vb Beatus qui intelligit (Ps 40) Totenvigil fol. 102rb Cantate domino (Ps 149) Totenvigil fol. 109rb Confitebor tibi domine (Ps 137) Totenvigil fol. 93ra Confitemini domine aurem (Ps 117) Bestattung fol. 83vb De profundis (Ps 129) Totenvigil fol. 93ra Deus deus meus (Ps 62) Totenvigil fol. 107ra Deus illuminatio mea (Ps 26) Totenvigil fol. 98vb Deus misereatur nostri (Ps 66) Aschermittwoch fol. 11vb; Bestattung fol. 92ra; Totenvigil fol. 107vb Dilexi quoniam exaudiet (Ps 114) Totenvigil fol. 92va Domine deus meus (Ps 7) Totenvigil fol. 95ra Domine ne in furore …quoniam sagittae (Ps 37) Totenvigil fol. 101rb Domine ne in furore …miserere (Ps 6) Karsamstag fol. 29rb; Totenvigil fol. 94va Domine probasti me (Ps 138) Bestattung fol. 88rb Dominus regit me et nichil (Ps 22) Totenvigil fol. 97rb Laudate dominum de caelis (Ps 148) Totenvigil fol. 108vb Laudate dominum in sanctis (Ps 150) Totenvigil fol. 109vb Levavi oculos meos (Ps 120) Totenvigil fol. 93ra Memento domine David (Ps 131) Bestattung fol. 86va Miserere mei deus (Ps 50) Totenvigil fol. 105rb; Oblationsordnung fol. 114v, 115v

422

7. Register

Quemadmodum desiderat (Ps 41) Bestattung fol. 85va; Totenvigil fol. 103ra ›Sieben Bußpsalmen‹ Karsamstag fol. 29rb; Krankensalbung fol. 74ra Te decet hymnus deus (Ps 64) Totenvigil fol. 106rb Verba mea auribus percipe (Ps 5) Totenvigil fol. 93vb Venite exsultemus domino (Ps 94) Totenvigil fol. 93va, 111vb

Responsorien (R) Absolve domine animas eorum Totenvigil fol. 104ra; Bestattung fol. 81va Asperges me → Antiphonen fol. Beata es Mariä Himmelfahrt fol. 64v Deus aeterne in cuius humana Totenvigil fol. 104va; Bestattung fol. 81vb Ecce quomodo moritur iustus Karfreitag fol. 28rb Felix namque Mariä Himmelfahrt fol. 64v Fuerunt sine querela ante dominum Bitt-Tage fol. 68va Gaude Maria virgo cunctas Mariä Reinigung fol. 10rb Ingrediente domino in sanctam civitatem Palmsonntag fol. 23va Inter natos mulierum Bitt-Tage fol. 68ra Isti sunt sancti qui pro testamento Bitt-Tage fol. 69ra Libera me domine de morte aeterna Totenvigil fol. 105rb; Bestattung fol. 83rb, 90vb Manus tuae domine fecerunt me Totenvigil fol. 96rb Memento quaeso domine Totenvigil fol. 96vb Ne tradas domine bestiis animas Totenvigil fol. 97rb Redemptor meus vivit Totenvigil fol. 101ra Regnum mundi et omnem ornatum Bitt-Tage fol. 70ra; Oblationsfeier fol. 116r Rogamus te domine deus noster Totenvigil fol. 100va Quomodo confitebor tibi domine Totenvigil fol. 100ra Sanctus Mauritius legionem sanctam Mauritius fol. 65va Sepulto domino signatum Karfreitag fol. 28va Si bona suscepimus Bestattung fol. 91vb Sint lumbi vestri praecincti Bitt-Tage fol. 69va Summae trinitati simplici Bitt-Tage fol. 67ra Te sanctum dominum in excelsis Himmelfahrt fol. 63rb; Oblationsfeier fol. 116r; Bitt-Tage fol. 67vb

Sequenzen (S) Eia recolamus Weihnachten fol. 2r Grates nunc omnes reddamus Weihnachten fol. 2r Laudes salvatori voce modulemur Ostern fol. 49rb, 49va Summi triumphum regis Himmelfahrt fol. 58vb Victimae paschali laudes Ostern fol. 48vb

Tropen (T) Benedictus paschalis agnus qui venit Ostern fol. 52va Kyrie Fons bonitatis Ostern fol. 49rb Postquam factus homo Ostern fol. 49rb

7.1. Texte nach Gattung

423

Versikel (v) A porta inferi: Credo videre bona domini Bestattung fol. 83rb, 90vb A porta inferi erue Totenvigil fol. 96ra, 110vb Adiuva nos deus salutaris noster Bestattung fol. 92ra Anima mea conturbata est valde Totenvigil fol. 103vb Ascendit deus in iubilatione Himmelfahrt fol. 63vb Audivi vocem de caelo dicente Totenvigil fol. 103vb Benedicamus patrem et filium cum sancto Bitt-Tage fol. 67va Benedictus qui venit in nomine domini Mariä Reinigung fol. 11ra; Palmsonntag fol. 24ra Confirma hoc deus quod operatus es in nobis Oblationsfeier fol. 115v Christus factus est pro nobis oboediens Karfreitag fol. 29ra; Karsamstag fol. 29rb Dirigatur domine oratio mea Samstag vor 16.–22. Sonntag nach Pfingsten fol. i r/v Domine apud te est fons vitae Weihnachten fol. 3ra; Palmsonntag fol. 12va Domine exaudi orationem meam Krankensalbung fol. 75ra; Bestattung fol. 90vb, 92ra Domine non secundum peccata nostra Bestattung fol. 92ra Dominus custodiat eam Krankensalbung fol. 75ra Egredietur dominus de loco sancto suo Mariä Verkündigung fol. 12rb Emitte spiritum tuum et creabuntur Oblationsfeier fol. 115v Esto ei domine turris fortitudinis Krankensalbung fol. 75ra Esto eis domine turris fortitudinis Oblationsfeier fol. 115v Esto nobis domine turris fortitudinis Bestattung fol. 92ra Filio tuo domino Ostern fol. 58rb Fuit homo missus a deo Bitt-Tage fol. 68rb Gaude dei genetrix alleluia Ostern fol. 58rb In conspectu angelorum psallam tibi Bitt-Tage fol. 67vb In memoria aeterna erunt iusti Totenvigil fol. 110ra In omnem terram exivit sonus Bitt-Tage fol. 68vb Iustorum animae in manu dei Bitt-Tage fol. 70ra Laetamini in domino Bitt-Tage fol. 69rb Mitte ei domine auxilium de sancto Krankensalbung fol. 75ra Mitte eis domine auxilium de sancto Oblationsfeier fol. 115v Mitte nobis domine auxilium de sancto Bestattung fol. 92ra Ne tradas domine bestiis animas Bestattung fol. 83va; Totenvigil fol. 99vb Nihil proficiet inimicus Krankensalbung fol. 75ra Non nobis domine non nobis Bestattung fol. 92ra Notum fecit dominus salutare Mariä Reinigung fol. 10ra Orate pro nobis sanctae virgines Bitt-Tage fol. 70va Perfice gressus eius Krankensalbung fol. 75ra Post partum virgo inviolata permansisti Oblationsfeier fol. 116r Pretiosa est in conspectu domini Mariä Reinigung fol. 3ra, 3rb Requiem aeternam dona eis domine Bestattung fol. 85ra, 86rb, 87va, 89rb, 90vb; Totenvigil fol. 93va, 94rb, 95ra, 95vb, 98va, 99va, 102rb, 103vb, 106rb, 108ra, 108vb, 110va Salvam fac ancillam tuam domine Krankensalbung fol. 74ra, 75ra Salvas fac ancillas tuas domine Oblationsfeier fol. 115v Surrexit dominus vere Ostern fol. 49ra Vespertina oratio Samstag der Pfingstzeit fol. i r/v

424

7. Register

Versus (V) Advenisti desiderabilis Ostern fol. 48ra, 56rb Beati immaculati in via Karfreitag fol. 27vb Cherubim quoque et seraphim Himmelfahrt fol. 63va; Oblationsfeier fol. 116r Crucifixum Ostern fol. 56rb Cumque audissent quia Iesus Palmsonntag fol. 24ra Deus auribus nostris Bitt-Tage fol. 66va Dies illa dies irae Totenvigil fol. 105rb; Bestattung fol. 90vb Dum veneris iudicare noli Totenvigil fol. 96rb Eructavit cor meum Bitt-Tage fol. 70rb; [Oblationsfeier fol. 116r] Fuit homo missus a deo Bitt-Tage fol. 68rb Gabrielem archangelum Mariä Reinigung fol. 10va Haec est dies Ostern fol. 53ra Horrendum est incidere in manus dei Totenvigil fol. 111va In pace factus est locus eius Karfreitag fol. 28va Lauda anima mea dominum Totenvigil fol. 101ra Memorare quae sit nostra substantia Totenvigil fol. 97rb Miserere mei deus Mariä Reinigung fol. 2v Misericors et miserator Totenvigil fol. 100va Ne forte veniant Karfreitag fol. 28vb Nolite Ostern fol. 56rb Nudus egressus Bestattung fol. 91vb O viri fortes in armis Mauritius fol. 66ra Praestet nobis gratia Bitt-Tage fol. 67rb Recordamini Ostern fol. 56rb Qualia ibi nunc Ostern fol. 48rb Quando caeli Bestattung fol. 90vb Qui in cruce positus latronem Totenvigil fol. 104vb Si quae illis sint domine Bestattung fol. 104rb; Totenvigil fol. 81va Tibi soli peccavi domine Totenvigil fol. 100rb Tradiderunt copora sua…accipiunt Bitt-Tage fol. 68vb Tradiderunt copora sua…meruerunt Bitt-Tage fol. 69rb Vigilate ergo quia nescitis Bitt-Tage fol. 69vb Vitam et misericordiam tribuisti mihi Totenvigil fol. 96vb

Varia Ayos o theos/ Sanctus deus (Trishagion) Karfreitag fol. 27ra, 27rb, 27va Confiteor Karfreitag fol. 28ra; Krankensalbung fol. 77ra Credo in deum Krankensalbung fol. 77ra Exsultet iam angelica turba (Kerzenweihe) Karsamstag fol. 31v Kyrieleison – Christeleison Krankensalbung fol. 74ra; Bestattung fol. 83rb, 90vb, 92ra; Totenvigil fol. 110vb; Oblationsordnung fol. 114v, 115v Memento quia cinis es (Aschenkreuz) Aschermittwoch fol. 11vb Pascha (Communio) Ostern fol. 53ra Sanctus sanctus Ostern fol. 52va

7.2. Verzeichnis der notierten Gesänge

425

7.2. Verzeichnis der notierten Gesänge In dieses Verzeichnis sind die Incipits aller notierter oder teilnotierter Gesänge aufgenommen, auch die in der Handschrift nur mit Initium vermerkten Stücke. Angaben zur Parallelüberlieferung konzentrieren sich in erster Linie auf niedersächsische Quellen, aufgenommen sind nur Konkordanzen mit Notation. Die normalisierten Incipits des Propst-Handbuchs werden wie in 7.1. mit folio-Angaben angegeben; dann folgen, soweit vorhanden, die Identifikationsnummer in der Cantus-Datenbank (CaID), den ›Analecta Hymnica‹ (AH), den ›Geistlichen Gesängen des deutschen Mittelalters‹ (GGdM), dem ›Corpus Praefationum‹ (CP) und dem ›Pontificale Romano-Germanicum‹ (PRG); am Ende steht die regionale Parallelüberlieferung. Dabei wird erst die Medinger Überlieferung mit den Siglen angegeben (vgl. 6.2.), dann die weitere Überlieferung (vgl. 6.3.); Folio-Angaben sind mit Doppelpunkt angeschlossen. Absolve domine fol. 81va; CaID 001211 Adorna thalamum tuum fol. 9ra; CaID 001293; Nijm 451:98r, Wie 34a:1v Advenisti desiderabilis fol. 48ra, 56rb; CaID 201042; BE3:67v, HI1:44v, HI3:45v, 49r, 104v, 112r, HV1:138, K2:43r, 50v, Nijm 451:100v, O1:77v, 115r, T1:81v, 82r, W2:42v, 175r, Wie 34b:14r, Wie 37:13v, Wol 875:19r, Wol 1379:38v Alma redemptoris mater fol. 64v, 66rb, 114v; CaID 001356, AH 50:244 Also heilig ist dieser Tag fol. 56va–57rb; GGdM 24a-e; BE3:100r, 105v, GO:137v, 164v, HI1:113r, 128r, HI3:49r, 56v, HV1:402, K2:70r, 92v, 153v, K3:168v, T1:108v,T2:129v, 152v, 161v, O1:77v, 161v Ante sex dies sollemnis fol. 18va; CaID 001437; Nijm 451:13r, Wol 875:14r Ascendo ad patrem meum fol. 62ra; CaID 001493 Asperges me domine ysopo fol. 2v, 64rb, 64v, 65va; CaID 001494; Nijm 451:135v Ave gratia plena dei genetrix fol. 8va; CaID 200456; Wol 1379:4v Beata es fol. 64v; CaID 006165; Nijm 451:6v, 8v, 40r Beati immaculati in via fol. 27vb; CaID 003688za; Nijm 451:121r, 126r, Wie 34a:7v, Wie 37:3v, Wol 875:1v, 4v, Wol 1379:26r, 34r Benedictus paschalis agnus fol. 52va Coeperunt omnes turbae fol. 23rb; CaID 001840 Cherubim quoque et seraphim fol. 63va; CaID 007757a; Wie 29:22v, Wie 34c:1r, HH5:76r Christ, heiliger Gott fol. 58vb; GGdM 73; B3:136v, GO:201v Christ ist erstanden fol. 48vb, 49va–52rb; GGdM 75a-f; GO:115v, HH2:56v, 252v, HI1:40r, 118v, HI3:47v, 92v, HV1:51, K2:48v, K3:167v, M:64v, T1:110v, T2:161r Crux fidelis fol. 28ra; CaID 008367g; Wol 541:139v, Wol 875:17r, Wol 1059:37v, Wol 1150:15r, Wol 1190:22r Cum appropinquaret dominus fol. 17va; CaID 001976; Nijm 451:110r, Wol 875:12v, Wol 1379:10r Cum audisset populus fol. 19ra; CaID 001983; Nijm 451:112v, Wol 875:14v, Wol 1379:14v Cum inducerent puerum fol. 10vb; CaID 002011; Wol 875:11v, Wol 1379:9r Cum rex gloriae Christus fol. 47va, 47vb, 56ra; CaID 201042; Nijm 451:100v, Wie 34b:14r, Wie 37:13r, Wol 875:19r, Wol 1379:38v, HV2:82, HI3:44v, 80v, O1:112v, 114r, T1:41r Cumque audissent quia Iesus fol. 24ra; CaID 006961a; Wie 34:6a, Wie 37:13r Deus auribus nostris fol. 66va; CaID a00247 Deus aeterne in cuius fol. 81vb; CaID 006417; Wol 1353:129v Diem festum fol. 66rb; CaID 830020e

426

7. Register

Dominus dixit fol. 2r; CaID 002406; W2:26v, 30r Dominus vobiscum fol. 6ra, 14va, 33r, 40r Dum fabricator fol. 28ra; CaID 002453 Ecce lignum crucis fol. 27vb; CaID 002522 Ecce quomodo moritur iustus fol. 28rb; CaID 006605; Wol 875:17v Eructavit cor meum fol. 70rb; CaID 007524a; Nijm 451:94v, Wie 33:2r, Wol 1271:13r, Wol 875:9v, 27v, 28r Et cum fol. 14va Exsultandi et laetandi tempus est fol. 56va; AH 21:28; BE3:102v, GO:155v, HI1:103r, 118r, 147v, HI3:147r, HI5:13r, HV1:271, 402, HV2:110, K2:75r, 133v, 153r, O1:284r Exsultet iam angelica turba fol. 31v; CaID 850202; Wol 1420:1r, Wol 1422:6v, GO:107v, HI1:183r, HI3:37r, HI5:3r, HV1:61, K2:34v, O1:34r Exsurge domine adiuva nos fol. 58va, 66va; CaID 002822; Nijm 451:117r, 135r, Wol 875:21v, Wol 1379:46v Felix namque fol. 64v; CaID 006725; Lü 17:2r, Nijm 451:104v, Wie 34a:13r, Wie 37:24r, Wol 875:24v, Wol 1379:53v Festum nunc celebre magnaque fol. 60va; CaID 008303; Wol 301:12r, Wol 302:10ar, Wol 541:140v, Wol 1150:17r, Wol 1190:25v Fit porta fol. 64v; CaID 008305c; Is D145:1i, Wol 301:17v, Wol 302:18r, Wol 541:141v, Wol 1150:20v, 24r, 24v Fuerunt sine querela ante dominum fol. 68va; CaID 006748 Fuit homo missus a deo fol. 68rb; CaID 006979a; Ebs KBIX74/75.II.a:2v, Wie 29:14v, Wol 875:8r Gaude Maria virgo cunctas fol. 10rb; CaID 006759; Nijm 451:7r Gelobet seist du, Jesu Christ fol. 2r; GGdM 262; M:32v, GO:45v:48r, GT1:101r, 130v, 162v, GO:26r, 42r, 60v, W2:32v, GO:57r, 58r, 74r Gloria laus et honor fol. 20rb; CaID 008310; Nijm 451:114v, Wie 34:5v, Wie 37:12v, Wol 875:16v, Wol 1190:58r, Wol 1379:19v Gratias agamus fol. 6ra, 14va, 33r, 40r Grates nunc omnes reddamus fol. 2r; CaID g02396, AH 53:10; W2:33r, 80v,Wie 35a:4v,Wie 37:32r, Wol 865:1r,171, 142v Haec est dies quam fecit dominus fol. 12ra; CaID 002997; Wie 37:33v, Wol 1072:94r, A:11r, GO:140r, 154v, 160v, 171v, 189r, HI3:110v, 118r, M:159r, 224v, T1, 110v, K2, 144v, O1, 157v, HHL:10r Haec est dies (Psalmvers zur Communio Pascha nostrum immolatus) fol. 53ra Hilf uns o wahres Osterlamm fol. 52vb; GGdM 312a-e; Be3:79v, GO:145r, 152r, HH2:237v, HI1:45r, HI3:98v, 103v, 175v, M:49r, T1:78r, 81r, T2:140v, K3:192v, 251r, O1:139r Horrendum est incidere in manus dei fol. 111va; CaID 601919g, 007091zab; Wol 302:33v Iam pascha nostrum Christus est fol. 52va; CaID 008249c; O1:131r, HI3:103r, HI1:95r, 165v In die resurrectionis meae fol. 55vb; CaID 003222; O1:113r In pace factus est locus fol. 28va; CaID 006605a Ingrediente domino in sanctam civitatem fol. 23va; CaID 006961; Wie 34a:6a, Wie 37:12v, Wol 875:16v, Wol 1379:23r, Nijm 451:116v Inter natos mulierum fol. 68ra; CaID 006979; Ebs KBIX74/75.II.a:1v, 2v, Wie 29:14v, Wol 875:7v Inventor rutili dux bonae luminis fol. 31rb; CaID 830165, AH 50:31; M:17r, HI3:12r, HI5:1r, Wol 875:18v, Wol 1059:39r Isti sunt sancti qui pro testamento fol. 69ra; CaID 007023; Wol 875:10r

7.2. Verzeichnis der notierten Gesänge

427

Laudes salvatori voce modulemur fol. 49va; AH 53:36; HI5:53r, Wol 865:11v, Wol 1381:206v Libera me domine fol. 83rb, 90vb; CaID 007091; Wie 37:27v, Wol 1059:22v, Wol 1411:31r, Wol 1379:66v, 78r, Nijm 451:56r Lumen ad revelationem gentium fol. 8rb; CaID 003645; Wie 34a:1r Media vita in morte fol. 92ra; CaID 003732; Wol 302:33v, 35v, Nijm 451:91r Miserere mei deus secundum fol. 2v; Ps 50:1; Nijm 451:135v Ne forte veniant fol. 28vb; CaID 007640a Non vos relinquam fol. 63ra; CaID 003941 Nunc dimittis servum tuum fol. 8rb; CaID 604901a; Wie 34a:1r Nunc quapropter fol. 66rb; CaID 830020f O admirabile pretium fol. 28ra; CaID 203352; Wie 37:30r O crux ave spes unica fol. 21va; CaID 008410h, AH 46:64 O mundi domina fol. 1vb; CaID 004048; W2:25v, 26r O rex gloriae domine fol. 62rb; CaID 004079; HI5:105r, Wie 34a:10v, Wie 37:18r O viri fortes in armis fol. 66ra; CaID 007614a Occurrunt turbae cum floribus et palmis fol. 19vb; CaID 004107; Wie 34a:4r Oremus fol. 1va, 39va, 81va Oremus pro invicem fol. 111vb Per omnia saecula saeculorum fol. 6ra, 14rb, 33r, 40r Popule meus quid feci tibi fol. 26vb; CaID 008451 Praestet nobis gratia fol. 67rb; CaID 007718a; Wol 1191:24v Pueri Hebraeorum tollentes ramos fol. 21rb; CaID 004415; Wie 34a:4r Pueri Hebraeorum vestimenta fol. 21ra; CaID 004416; Wie 34a:4r Qualia ibi nunc fol. 48rb; HV1:134, K2:91r, Nijm 451:100v, O1:115v,Wie 34b:14r, Wie 37:13r, Wol 875:19r, Wol 1379:38v Quia eduxi te per desertum fol. 27ra; CaID 008452 Quid ultra debui facere tibi fol. 27rb; CaID 008453 Regina caeli laetare fol. 57va; CaID 004597; BE3:98r, GO:115v, 179r, HV1:334, HI3:48r, 64v, K2:49r, Nijm 451:119r, Wie 35a:5v Regnum mundi et omnem ornatum fol. 70ra; CaID 007524; Wie 33:2r, 1271, 12v, Wol 875:9v, Nijm 451:94v Responsum accepit Simeon fol. 9va ; CaID 004639; Wol 875:11r, Wie 34a:2r, Wie 37:9v, Wol 1379:7v, Nijm 451:99r Salve festa dies toto venerabilis fol. 56rb; CaID a00177; GO:133r, HI1:49v, 63r, 128r, HI3:65v, 154r, K2:57r, 84v, O1:116r, Wie 34b:14v, Wie 37:14v, Wol 875:20r, Wol 1379:41v, Nijm 451:101v Sancta Maria, heilige Frau fol. 58ra; GT1:12r, 228v Sanctus Mauritius legionem sanctam fol. 65va; CaID 007614 Sanctus sanctus fol. 52va Scriptum est enim percutiam fol. 21rb; CaID 004835; Ebs V4:1v Sepulto domino signatum est fol. 28va; CaID 007640 Si bona suscepimus fol. 91vb; CaID 007647; Lü 31:1v Sint lumbi vestri praecincti fol. 69va; CaID 007675; Nijm 451:45v, Wie 29:26v, Wol 875:8r Summae trinitati simplici fol. 67ra; CaID 007718; Wol 1191:24v Summi triumphum regis fol. 58vb; CaID g02439, AH 53:67; HI5:109r Surgite sancti de mansionibus fol. 66vb; CaID 204825 Surrexit dominus de sepulchro fol. 48vb; CaID 005079; Ebs IX 74/75.II.d:2r, 2v, GO:115r, 171v, HI1:40r, HI3:46v, 57v, 103v, K2:48v, K3:251v, O1:74r, T1:81r, 110v Sursum corda fol. 6ra, 14va, 33r, 40r

428

7. Register

Te decet laus fol. 1va; CaID 850332, AH 43:2; Wie 35a:4r, Wol 518a:1v, Wie 29:6v Te deum laudamus fol. 1va; CaID 909010; Nijm 451:136v, Wie 35a:1r, Wie 29:6r, A:8r, HH3:25v, HHL:24v, HI3:37r, HV1:176, 194, 288, W2:23v Te sanctum dominum in excelsis fol. 63rb, 67vb; CaID 007757; Wie 34c:1r, HH5:76r Tradiderunt copora sua … accipiunt fol. 68vb; CaID 006748a; Wie 14:4v, Wol 875:10r Tradiderunt corpora sua …meruerunt fol. 69rb; CaID 007023b; Wie 14:4v, Wol 875:10r Turba multa quae convenerat fol. 17ra; CaID 005256 Veni sancte spiritus reple fol. 114v; CaID 005327; Nijm 451:95r, Wol 1271:20r, Wol 1344:117r, W2:171v, 188r, 196v Vere dignum et iustum est … Nos tibi deo omnipotenti fol. 6ra; CP Nr. 619, PRG XCIX.23 Vere dignum et iustum est… Nos tibi … Mundi fol. 14va Vere dignum et iustum est … inuisibilem deum patrem omnipotentem fol. 33v; MV:LXXIIIra, PRG:XCIX.366 Vere dignum et iustum est … Nos tibi … Qui fol. 40r Vigilate ergo quia nescitis fol. 69vb; CaID 007675a; Nijm 451:46v,Wie 29:26v, Wol 875:8v

7.3. Orts- und Personenregister

429

7.3. Orts- und Personenregister Die Namensformen und Daten (Amtsdaten oder Todesjahr, soweit bekannt; ›bez.‹ = bezeugt in Urkunden) folgen dem ›Niedersächsischen Klosterbuch‹ und dem ›Urkundenbuch Medingen‹. A verweist auf die Fußnoten. Alheydis, Nonne in Medingen (Ende 15. Jh.) S. 403 Anna von Nassau, Herzogin (1441–1514) S. 49 Antoni, Barbara, Äbtissin von Isenhagen (1488–1510) S. 15 Arendsee, Benediktinerinnenkloster S. 107A Augustinus († 430), Hl., Kirchenvater S. 14, 135 Baring, Daniel Eberhard (1690–1753), Historiker S. 180

Bursfelde, Reformkongregation S. 14–16, 62 Busch, Johannes († 1479/80), Windesheimer Chorherr S. 14–15, 44, 92 Büttner, Johann Heinrich († 1745); Historiker S. 6, 76A, 77

Bavenstedt, Elisabeth von (bez. 1484), Tante von Tilemann v. B. S. 38 – Tilemann von, Propst von Medingen (1467–1494) S. 1, 3, 5–7, 10, 14, 21, 27, 29–32, 35–40, 42–44, 47–48, 50– 51, 53, 56–57, 76–78, 81, 98, 110–111, 113, 126–127, 134, 143, 156, 169, 171– 173, 184, 190 Benedikt von Nursia († 547), Hl. S. 33, 38, 86–87 179A Bernhard von Clairvaux († 1153), Hl. S. 22, 38, 60, 82, 88, 179, 182A Berthold II. von Landsberg († 1502), Bischof von Hildesheim und Verden S. 30–31, 41, 47–49 Bodleian Library S. 1, 4, 10–11, 184–185, 187, 190, 196–197 Bovenden, Albert von, Abt des Benediktinerklosters St. Michael Lüneburg (1477–1485) S. 40–41 Brand, Dietrich von, Propst von Medingen (1380–1396) S. 27, 29 Braunschweig S. 174A Braunschweig-Lüneburg, Herzöge von – Bernhard († 1434) S. 36 – Ernst I. († 1546) S. 46, 182 – Otto († 1549) S. 31, 36 Bülow, Ulrich von, Propst von Medingen (1494–1516) S. 32, 34, 46, 51 Bungen, Gertrud, Nonne in Wienhausen (bez. 1478) S. 40

Derneburg, Augustiner-Chorfrauenstift / Zisterzienserinnenkloster (s.a. Schulenburg, Sophia von) S. 15, 30, 44–45, 48, 92

Cassube, Imma, Medinger Laienschwester (bez. 1481–1505) S. 102 Celle S. 12, 39A Christian, Propst von Medingen (1306– 1326) S. 23–24

Ebstorf, Benediktinerinnenkloster (s.a. Knesebeck, Matthias von dem) S. 6, 8, 12, 15, 41, 45, 48, 57–59, 118, 177, 180 Elebeke, Elisabeth, Nonne in Medingen (bez. 1481–1524) S. 80, 173A – Heimburg, Nonne in Medingen (bez. 1484–1524) S. 80 – Ludolf d. Ä. († 1485), Sülfmeister in Lüneburg S. 80 – Ludolf d. J. († 1502), Sülfmeister in Lüneburg S. 80 – Mechthild (bez. ab 1481 † 1519), Nonne in Medingen S. 80, 173A – Tiburg (bez. ab 1481 † 1524), Nonne in Medingen S. 80, 173A Elvers, Elisabeth I. von, zweite Äbtissin von Medingen (1513–1524) S. 46, 60A Gebhardi, Ludwig Albrecht († 1802) S. 36A, 47, 57–61 Ghotan, Bartholomäus(† vor 1496), Lübecker Drucker S. 30, 178 Gregor d. Große († 604), Papst S. 119– 120, 135A, 285

430

7. Register

Hailstone, Edward († 1890), of Walton Hall, Besitzer des Propst-Handbuchs S. 11, 175A, 184–187, 190, 385 Halepaghen, Gerhard († 1485), Vikar in Buxtehude S. 16 Hamborch, Hermann, Beichtvater in Medingen (1476–1481) S. 82 Havemeister, Katharina, Medinger Laienschwester (bez. 1505) S. 6, 102, 181 Heine, Johannes († 1516), Vizepropst in Medingen S. 44, 53 Heiningen, Augustiner-Chorfrauenstift S. 56A, 64A, 66A, 69A, 72, 94, 97 Helmerich, erster Propst von Medingen (1236?–1240) S. 20–21 Hieronymus († 420), Hl., Kirchenvater S. 39, 178, 179A Hildesheim (s.a. Berthold von Landsberg) S. 36, 39, 44A, 75A, 134, 174A – Bistum S. 16, 30–31, 75A, 134, 182 – Lüchtenhof, Fraterherrenhaus S. 134, 176, 190 – St. Godehard, Benediktinerkloster S. 16 – St. Michaelis, Benediktinerkloster S. 16 – Sültekloster, AugustinerChorherrenstift S. 14, 39, 134 Homeyer, Joachim († 2004), Historiker S. 6, 10, 180A, 373A Isenhagen, Zisterzienserinnenkloster (s.a. Antoni, Barbara) S. 12, 16A, 48, 91, 94, 114 Johannes, Abt von Oldenstadt (1482– 1506) S. 78 Johannes, Laienbruder im Zisterzienserorden und Gründer von Medingen (1261) S. 18–19, 100 Knesebeck, Matthias von dem, Propst des Benediktinerinnenklosters Ebstorf (1464–1493) S. 41 Laffert, Anna von, Äbtissin und Chronistin von Medingen (1520–1521) S. 61A, 180, 184A Lamspringe, Kanonissen / Benediktinerkloster S. 9A, 182

Lange, Cord († 1505), Bürgermeister von Lüneburg und Provisor von Medingen S. 30, 36A, 48, 60A, 80 Laßberg, Joseph von († 1855), Handschriftensammler S. 186 Lipphardt, Walther(† 1981), Musikwissenschaftler S. 8–11, 115A Lübeck S. 172, 178 Ludolf von Lüneburg, Propst von Medingen (1326–1355) S. 24–25, 38, 80 Lüne, Benediktinerinnenkloster S. 12, 15, 46, 65A, 66A, 83, 95A, 144, 177 Lüneburg S. 1A, 24, 30, 32, 41, 48, 50, 102, 110–111, 113, 172, 174A, 182 – St. Michael, Benediktinerkloster (s.a. Albert von Bovenden) S. 30A, 41, 48 – Patriziat S. 6, 80, 102 – Ratsherren (s.a. Lange, Cord; Töbing, Heinrich) S. 30, 45–46, 50, 79–81, 113 Lüneburg, Clara Anna von, Äbtissin von Medingen (1707–1719) S. 6–7, 37, 40A, 41, 45, 82 Lüneburger Klöster (s. auch Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode, Wienhausen) S. 8, 12–17, 35, 48A, 51, 56–57, 60, 62, 65A, 66A, 79A, 83–84, 119, 121, 144, 177, 180 Lyßmann, Johann († 1772), lutherischer Pfarrer und Klosterchronist Medingens S. 4, 7, 16, 17A, 22, 32, 40A, 41, 53, 58A, 75A, 84, 87A, 89, 90A, 91, 97, 98A, 184 Magdeburg – Bistum S. 19, 66A, 75A, 164A Mahler, Johannes, Propst von Medingen (1464–1467) S. 35 Mahrenholtz, Johannes, Propst von Medingen (1518–1529) S. 184 Medingen, Zisterzienserinnenkloster S. 1–51, 53, 69–72, 74, 79–85, 87–88, 90 – Altenmedingen S. 26, 57 – Klosterkirche S. 7, 23–26, 28, 34, 36, 46–47, 53, 55–61, 69–70, 74–78, 84– 85, 87, 89, 95, 97–98, 103A, 106, 110, 113, 115–116, 124, 127, 142, 156, 180A – Altäre S. 25, 27–29, 47, 53, 55, 57, 59–60, 68, 73, 76, 84–87, 89, 96–97, 113–114, 156, 173, 180A

7.3. Orts- und Personenregister – Laienbereich S. 47, 55, 57, 60–61, 113–114, 142 – Nonnenchor S. 16, 20, 26, 28, 39A, 47, 50, 55, 57– 61, 72A, 73, 76–78, 85, 87, 89–90, 92, 95–98, 99A, 103, 110, 113 116, 160, 168 – Klosterhof S. 5A, 36, 40, 46, 50, 60–61, 75, 97–98, 107–111 – Konventsmitglieder: – Äbtissin (s.a. Elvers, Elisabeth I. von; Laffert, Anna von; Lüneburg, Clara Anna von; Priggen, Catharina; Puffen, Margarete; Stöteroggen, Catharina von; Stöteroggen, Margarete; Töbing, Sophia Eleonora von) S. 6, 10, 12A, 17, 20, 22, 25, 32–35, 42, 45, 50, 51, 56, 58, 60A, 77, 82, 83, 85, 87, 89, 99A, 100–101, 110, 112–113, 121A – Amtsschwestern S. 29, 82 – Beichtvater (s.a. Hamborch, Hermann) S. 37, 42, 53, 55, 81–82, 119 – Konversen (s.a. Cassube, Imma; Havemeister, Katharina) 1–3, 6, 10, 17– 18, 21A, 26, 29A, 34, 36, 46, 50, 55, 56A, 58, 60–61, 77, 83, 94A, 99–114, 116–117, 126, 128, 129A, 130, 144A, 154A, 169–171, 173, 179–183, 188 – Nonnen (s.a. Alheydis; Elebeke, Elisabeth; Elebeke, Heimburg; Elebeke, Mechthild; Elebeke, Tiburg; Winheyde (von Winsen?); Winsen, Elisabeth von) S. 1–5, 7–8, 15, 18–22, 25–29, 33–36, 38, 40–44, 45A, 46–48, 49A, 50–51, 53–60, 63A, 68–102, 104–108, 110–113, 116, 119–120, 126–127, 130, 134A, 142–144, 154–155, 156A, 157, 160, 162, 164, 167–169, 172–173, 180– 181, 183, 188, 190 – Prediger S. 49, 96, 180A – Priester S. 49A, 50, 52, 54, 63, 70– 71, 73, 74A, 75, 85, 87, 91A, 93A, 106, 119–120, 154A, 156–157, 167, 168A, 169 – Priorin (s.a. Laffert, Anna von; Lüneburg, Clara Anna von; Puffen, Margarete; Remstede, Mechthild III. von) S. 35–36, 41–42, 45, 48, 50–51, 76, 82, 89, 97, 107, 110, 112 – Prokuratoren (s.a. Lange, Cord) S. 36, 48, 80

431

– Propst (s.a. Bavenstedt, Tilemann von; Brand, Dietrich von; Bülow, Ulrich von; Christian; Helmerich; von Lüneburg, Ludolf; Mahler, Johannes; Mahrenholtz, Johannes; Nikolaus; Wettemann, Heinrich) S. 1–5, 7, 16, 19, 28–29, 34–35, 37, 42–43, 46–48, 50–56, 60, 62, 65–66, 68–69, 73–76, 80A, 83, 88–91, 94, 96–97, 103, 106– 113, 118–120, 126, 141–142, 147, 149– 150, 152, 154–156, 158, 160–162, 166– 168, 170–173, 180, 184, 188 – Propstei S. 35–36, 48, 50–52, 76, 91, 98 109 – Skriptorium S. 1–4, 6, 9, 15, 40, 74, 129, 134A Nikolaus I., zweiter Propst von Medingen (1241–1249) S. 21–22 Oldenstadt, Benediktinerkloster (s.a. Johannes, Abt) S. 38, 50, 78 Potstock, Susanna, Äbtissin von Wienhausen (1470–1501) 39A, 44, 49 Priggen, Catharina, Äbtissin von Medingen (1681–1706) S. 28, 29A, 381 Puffen, Margarete I., Äbtissin von Medingen (1494–1513) S. 10, 22, 28–29, 36, 45, 60A, 79A, 82, 87, 184, 190 Remstede, Katharina II., Äbtissin von Wienhausen (1501–1549) S. 45, 86 Remstede, Mechthild III. von, Priorin von Medingen (1464–1479) S. 44–45, 81 Riddagshausen, Zisterzienserkloster S. 13A Scharnebeck, Zisterzienserkloster (s.a. Volser, Meinhard) S. 41, 45, 48, 81–82, 182 Schulenburg, Sophia von, Äbtissin von Derneburg (1487–1519) S. 44–45 Stöteroggen, Elisabeth Catharina von, Äbtissin von Medingen (1722–1741) S. 180A – Margarete, Äbtissin von Medingen (1524–1567) S. 182 Steterburg, Augustiner-Chorfrauenstift S. 87, 94

432

7. Register

Töbing, Anna (bez. 1481–1537, ∞ 1485 Heinrich d. J.), geb. Elebeke S. 80, 114A, 123 – Heinrich d. J., Lüneburger Bürgermeister († 1514) S. 80 – Michael (Ende 15. Jh.), Vikar in Lüneburg S. 80 – Sophia Eleonora von, Äbtissin von Medingen (1798–1810) S. 5 Verden, Bistum S. 3, 11, 13, 15–16, 30A, 40, 53, 63–67, 69, 72, 75A, 77A, 90, 93, 96, 114, 126, 137, 143, 157–158, 184, 190 Volser, Meinhard, Abt des Zisterzienserklosters Scharnebeck (1473–1493) S. 41, 81 Walsrode, Benediktinerinnenkloster / Zisterzienserinnenkloster S. 12, 15 Wichmannsburg S. 24, 36A, 115

Wienhausen, Zisterzienserinnenkloster S. 6–7, 12, 13A, 15, 30, 39, 44–45, 46A, 48–50, 58, 59A, 73A, 79A, 86–87, 91– 92, 100, 118, 138, 139A, 164, 173 (s.a. Bungen, Gertrud; Potstock, Susanna; Remstede, Katharina von) Wilson, Henry Austin(† 1927), Oxforder Liturgiehistoriker S. 11, 184, 187, 190 Windesheim, Reformkongregation S. 14–15, 56A, 62A, 63–64, 95, 96A, 98, 127A Winsen, Elisabeth von (bez. 1478–1505), Nonne in Medingen S. 1, 6A, 9, 12A, 38, 40, 79–80, 92, 121, 143, 173 – Ludolf von (bez. 1457), Lüneburger Ratsherr S. 80 Winheyde (von Winsen?) (bez. 1478), Nonne in Medingen S. 80, 94, 120, 143, 173 Worm, Hermen (bez. 1494), Lüneburger Goldschmied S. 32