Literaturgeschichte des Alten Testaments: Eine Einführung [3., überarbeitete und erweiterte Auflage] 9783534273287, 9783534746408, 9783534746415

Wie können wir das Alte Testament besser verstehen? Vor dem Hintergrund einer fast unübersehbar gewordenen Forschungsla

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German Pages 355 Year 2021

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Titel
Impressum
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Zur dritten Auflage
A. Aufgabe, Geschichte und Probleme einer alttestamentlichen Literaturgeschichte
I. Weshalb eine alttestamentliche Literaturgeschichte?
1. Aufgabenstellung
2. Forschungsgeschichte
3. Theologische Einordnung
4. Das Alte Testament als Ausschnitt der Literatur des antiken Israel
5. Hebräische Bibeln und Alte Testamente
6. Das Problem eines „Urtextes“ des Alten Testaments
7. Die alttestamentliche Literaturgeschichte innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft
8. Grundlagen, Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen der historischen Rekonstruktion
9. Neuere Forschungstendenzen in der alttestamentlichen Wissenschaft und ihre Konsequenzen für eine alttestamentliche Literaturgeschichte
II. Sprache, Schrift, Buchwesen und Literaturproduktion im antiken Israel
1. Sprache und Schrift
2. Materiale Aspekte der Literaturproduktion
3. Literatursoziologische Aspekte der Literaturproduktion und -rezeption
4. Autoren und Redaktoren
5. Das zeitgenössische Publikum der alttestamentlichen Literatur
6. Elemente formgeschichtlicher Entwicklungen
III. Zu Vorgehen und Darstellung
1. Der Kulturdruck der Großmächte und die Periodisierung der alttestamentlichen Literaturgeschichte
2. Historische Kontextualisierungen
3. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
4. Sprachgeschichtliche Entwicklungen
5. Form-, traditions- und sozialgeschichtliche Differenzierungen der Überlieferungsbereiche
6. „Horizontale“ und „vertikale“ Bezugnahmen alttestamentlicher Texte und Schriften
7. Redaktion als innerbiblische Rezeption
8. Tradition und Erinnerung
B. Die Anfänge der altisraelitischen Literatur im Rahmen der syrisch-palästinischen Kleinstaatenwelt bis zum Auf kommen der Assyrer (10.–8. Jahrhundert v. Chr.)
I. Historische Hintergründe
II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
III. Überlieferungsbereiche
1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen
a) Die Literatur an den Nordreichsheiligtümern
b) Die Literatur des Jerusalemer Tempelkults
c) Weisheitliche Überlieferungen
2. Annalistische und erzählende Überlieferungen
a) Nordreichsüberlieferungen
b) Jerusalemer Hof literatur
C. Die Literatur der Assyrerzeit (8./7. Jahrhundert v. Chr.)
I. Historische Hintergründe
II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
III. Überlieferungsbereiche
1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen
a) Psalmen
b) Ältere Weisheitsliteratur
2. Erzählende Überlieferungen
a) Die Anfänge der deuteronomistischen „Königsbücher“
b) Die Richtererzählungen (Richter 3–9)
c) Die Mose-Exodus-Geschichte
d) Der Abraham-Lot-Zyklus
3. Prophetische Überlieferungen
a) Die Anfänge prophetischer Überlieferung im Hosea- und Amosbuch
b) Die älteste Jesajaüberlieferung und ihre josianische Rezeption
4. Rechtsüberlieferungen
a) Das Bundesbuch
b) Das Deuteronomium
D. Die Literatur der babylonischen Zeit (6. Jahrhundert v. Chr.)
I. Historische Hintergründe
II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
III. Überlieferungsbereiche
1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen
a) Die Threni (Klagelieder) als Antipsalmen
b) Volksklagen und die Kollektivierung von Individualpsalmen
2. Erzählende Überlieferungen
a) Die Hiskia-Jesaja-Erzählungen
b) Die Fortschreibung von 1. Samuel 1 bis 2. Könige 23 durch
2. Könige 24–25
c) Die Entstehung des Großgeschichtswerks Exodus 2 bis 2. Könige 25
d) Die Josephsgeschichte
e) Die Erzelterngeschichte der Genesis
f ) Die nichtpriesterschriftliche Sinaiüberlieferung
3. Prophetische Überlieferungen
a) Die Anfänge der Jeremiaüberlieferung
b) Die Anfänge der Ezechielüberlieferung
c) Deuterojesaja
4. Rechtsüberlieferungen
a) Der Dekalog
b) Das deuteronomistische Deuteronomium
E. Die Literatur der Perserzeit (5./4. Jahrhundert v. Chr.)
I. Historische Hintergründe
II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
III. Überlieferungsbereiche
1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen
a) Die Priesterschrift
b) Theokratische Psalmen
c) Das Buch Hiob
2. Erzählende Überlieferungen
a) Die nichtpriesterschriftliche Urgeschichte
b) Die Daniel-Legenden (Daniel *1–6)
c) Die Entstehung des Großgeschichtswerks Genesis bis 2. Könige
d) Esra-Nehemia
3. Prophetische Überlieferungen
a) Haggai/Sacharja
b) Fortschreibungen in Deuterojesaja und Tritojesaja
c) Fortschreibungen in Jeremia und Ezechiel
d) Die „deuteronomistische“ Umkehrtheologie
e) Die biblische Konstruktion der klassischen Prophetie
4. Rechtsüberlieferungen
a) Das Heiligkeitsgesetz
b) Das Numeribuch
c) Die Formierung der Tora
d) Der samaritanische Pentateuch
F. Die Literatur der Ptolemäerzeit (3. Jahrhundert v. Chr.)
I. Historische Hintergründe
II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
III. Überlieferungsbereiche
1. Weisheitliche Überlieferungen
a) Proverbien 1–9
b) Hiob 28 und Hiob 32–37
c) Kohelet (Prediger)
d) Der „messianische Psalter“
Exkurs: Das Auf kommen der Apokalyptik
2. Erzählende Überlieferungen
a) Die Chronik
b) Ausgestaltungen in der Bileam-Perikope
c) Hellenistische Elemente in der Davidüberlieferung
d) Das Buch Esther
e) Die Übertragung der Tora ins Griechische
3. Prophetische Überlieferungen
a) Weltgerichtstexte im corpus propheticum
b) Die Formierung eines Großjesajabuches Jesaja 1–62
c) „Fromme“ und „Frevler“ in Tritojesaja
d) Diasporaheimkehr und Restauration des Königtums in Jeremia
e) Deutero- und Tritosacharja
f ) Die redaktionelle Abgleichung von Jesaja- und Zwölfprophetenbuch
g) Die Weltreiche in Daniel 2 und 7
G. Die Literatur der Seleukidenzeit (2. Jahrhundert v. Chr.)
I. Historische Hintergründe
II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen
III. Überlieferungsbereiche
1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen
a) Theokratisierung und Reeschatologisierung im Psalter
b) Jesus Sirach und Weisheit Salomos
2. Prophetische Überlieferungen
a) Die Formierung der Nevi?im
b) Das makkabäerzeitliche Danielbuch
c) Das Buch Baruch
3. Erzählende Überlieferungen
a) Die Weltzeitordnung in den erzählenden Büchern
b) Makkabäerbücher, Tobit, Judith, Jubiläen
H. Schriftwerdung und Kanonbildung
I. „Schrift“ und „Kanon“
1. Josephus und 4. Esra 14
2. Der Sirachprolog und „das Gesetz und die Propheten“
II. Die Schriftwerdung der alttestamentlichen Literatur im Rahmen ihrer Geschichte
1. Die biblische Präsentation
2. Religiöse Texte – Normative Texte – Heilige Schrift – Kanon
3. Literatur- und Kanongeschichte des Alten Testaments
Abbildungsnachweis
Literaturverzeichnis
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Bibelstellenregister
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Literaturgeschichte des Alten Testaments: Eine Einführung [3., überarbeitete und erweiterte Auflage]
 9783534273287, 9783534746408, 9783534746415

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Wie können wir das Alte Testament besser verstehen? Um zu einem fundierten Verständnis des Alten Testaments zu gelangen, muss man die historischen Entstehungssituationen der verschiedenen Teile der Bibel kennen: Wie verhalten sich die Texte zu den anderen Zeugnissen der Zeit und welche Entwicklungsstufen können für sie beschrieben werden? So werden die verschiedenen „Schichtungen“ sichtbar, und es wird nachvollziehbar, wie und warum sich der heute bekannte Text herausgebildet hat. Der Band diskutiert die verschiedenen Forschungsansätze zum Thema und ermöglicht so eine gründliche Orientierung. Vor dem Hintergrund einer fast unübersehbar gewordenen Forschungslage bietet Konrad Schmid hier eine zusammenfassende Darstellung der Literaturgeschichte der alttestamentlichen Texte. Die überarbeitete Neuauflage wird durch neue Abschnitte zur historischen Linguistik als Datierungsmöglichkeit biblischer Texte und zum samaritanischen Pentateuch sowie durch Abbildungen ergänzt. Konrad Schmid, geb. 1965, ist Professor für Alttestamentliche Wissenschaft und Frühjüdische Religionsgeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich.

Schmid · Literaturgeschichte des Alten Testaments

Konrad Schmid

Literaturgeschichte des Alten Testaments Eine Einführung 3. Auflage

ISBN 978-3-534-27328-7

978-3-534-27328-7 Schmid Cover 2021_02_07.indd 1

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Literaturgeschichte des Alten Testaments

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Konrad Schmid Literaturgeschichte des Alten Testaments Eine Einführung

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abruf‌bar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 3., überarb. und erw. Auf‌lage wbg Academic ist ein Imprint der wbg. © 2021 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Satz: Samuel Arnet, Ittigen bei Bern Einbandgestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Einbandabbildung: Handbeschriebene PergamentSchriftrolle der Tora © Adobe Stock / Mulderphoto Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27328-7 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-74640-8 eBook (epub): 978-3-534-74641-5

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 11

Zur dritten Auf‌lage ������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 14

A. Aufgabe, Geschichte und Probleme einer alttestamentlichen Literaturgeschichte I. Weshalb eine alttestamentliche Literaturgeschichte? ������������������������������ 15



1. Aufgabenstellung ��������������������������������������������������������������������������������������������������������� 15 2. Forschungsgeschichte ������������������������������������������������������������������������������������������������ 18 3. Theologische Einordnung ��������������������������������������������������������������������������������������� 27 4. Das Alte Testament als Ausschnitt der Literatur des antiken Israel ������������ 28 5. Hebräische Bibeln und Alte Testamente ������������������������������������������������������������� 31 6. Das Problem eines „Urtextes“ des Alten Testaments ��������������������������������������� 35 7. Die alttestamentliche Literaturgeschichte innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft ��������������������������������������������������������������������������� 37 8. Grundlagen, Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen der historischen Rekonstruktion ���������������������������������������������������������������������������������� 38 9. Neuere Forschungstendenzen in der alttestamentlichen Wissenschaft und ihre Konsequenzen für eine alttestamentliche Literaturgeschichte ��� 42

II. Sprache, Schrift, Buchwesen und Literaturproduktion im antiken Israel ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 46



1. Sprache und Schrift ��������������������������������������������������������������������������������������������������� 46 2. Materiale Aspekte der Literaturproduktion ������������������������������������������������������� 48 3. Literatursoziologische Aspekte der Literaturproduktion und -rezeption  49 4. Autoren und Redaktoren ������������������������������������������������������������������������������������������ 62 5. Das zeitgenössische Publikum der alttestamentlichen Literatur ������������������ 63 6. Elemente formgeschichtlicher Entwicklungen �������������������������������������������������� 65

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Inhaltsverzeichnis

III. Zu Vorgehen und Darstellung ���������������������������������������������������������������������������� 67 1. Der Kulturdruck der Großmächte und die Periodisierung der alttestamentlichen Literaturgeschichte ���������������������������������������������������������������� 67 2. Historische Kontextualisierungen ������������������������������������������������������������������������ 70 3. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ��������������������������������������������������� 70 4. Sprachgeschichtliche Entwicklungen ������������������������������������������������������������������� 71 5. Form-, traditions- und sozialgeschichtliche Differenzierungen der Überlieferungsbereiche ��������������������������������������������������������������������������������������������� 73 6. „Horizontale“ und „vertikale“ Bezugnahmen alttestamentlicher Texte und Schriften ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 74 7. Redaktion als innerbiblische Rezeption ������������������������������������������������������������� 75 8. Tradition und Erinnerung ��������������������������������������������������������������������������������������� 78

B. Die Anfänge der altisraelitischen Literatur im Rahmen der syrisch-palästinischen Kleinstaatenwelt bis zum Auf‌kommen der Assyrer (10.–8. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe ������������������������������������������������������������������������������������ 79 II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ������������������������������������������� 81 III. Überlieferungsbereiche ���������������������������������������������������������������������������������������� 83 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen ��������������������������������������������������� 83 a) Die Literatur an den Nordreichsheiligtümern ������������������������������������������������� 83 b) Die Literatur des Jerusalemer Tempelkults ������������������������������������������������������ 85 c) Weisheitliche Überlieferungen ���������������������������������������������������������������������������� 87 2. Annalistische und erzählende Überlieferungen ������������������������������������������������ 89 a) Nordreichsüberlieferungen ���������������������������������������������������������������������������������� 90 b) Jerusalemer Hof‌literatur ��������������������������������������������������������������������������������������� 92

C. Die Literatur der Assyrerzeit (8./7. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe ������������������������������������������������������������������������������������ 97 II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ���������������������������������������� 100 III. Überlieferungsbereiche ������������������������������������������������������������������������������������� 102

1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen ������������������������������������������������� 102 a) Psalmen ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 102 b) Ältere Weisheitsliteratur ������������������������������������������������������������������������������������� 104 2. Erzählende Überlieferungen �������������������������������������������������������������������������������� 105 a) Die Anfänge der deuteronomistischen „Königsbücher“ ������������������������������� 105 b) Die Richtererzählungen (Richter 3–9) ������������������������������������������������������������� 113 c) Die Mose-Exodus-Geschichte ���������������������������������������������������������������������������� 114 d) Der Abraham-Lot-Zyklus ����������������������������������������������������������������������������������� 120

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Inhaltsverzeichnis

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3. Prophetische Überlieferungen ����������������������������������������������������������������������������� 122 a) Die Anfänge prophetischer Überlieferung im Hosea- und Amosbuch ���� 124 b) Die älteste Jesajaüberlieferung und ihre josianische Rezeption ����������������� 128 4. Rechtsüberlieferungen ������������������������������������������������������������������������������������������� 134 a) Das Bundesbuch �������������������������������������������������������������������������������������������������� 134 b) Das Deuteronomium ������������������������������������������������������������������������������������������� 138

D. Die Literatur der babylonischen Zeit (6. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe ��������������������������������������������������������������������������������� 143 II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ���������������������������������������� 145 III. Überlieferungsbereiche ������������������������������������������������������������������������������������� 150

1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen ������������������������������������������������� 150 a) Die Threni (Klagelieder) als Antipsalmen ����������������������������������������������������� 150 b) Volksklagen und die Kollektivierung von Individualpsalmen �������������������� 152 2. Erzählende Überlieferungen �������������������������������������������������������������������������������� 154 a) Die Hiskia-Jesaja-Erzählungen ������������������������������������������������������������������������� 154 b) Die Fortschreibung von 1. Samuel 1 bis 2. Könige 23 durch 2. Könige 24–25 ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 155 c) Die Entstehung des Großgeschichtswerks Exodus 2 bis 2. Könige 25 ������� 157 d) Die Josephsgeschichte ����������������������������������������������������������������������������������������� 160 e) Die Erzelterngeschichte der Genesis ���������������������������������������������������������������� 162 f ) Die nichtpriesterschriftliche Sinaiüberlieferung ������������������������������������������� 165 3. Prophetische Überlieferungen ����������������������������������������������������������������������������� 167 a) Die Anfänge der Jeremiaüberlieferung ������������������������������������������������������������� 167 b) Die Anfänge der Ezechielüberlieferung ���������������������������������������������������������� 171 c) Deuterojesaja �������������������������������������������������������������������������������������������������������� 173 4. Rechtsüberlieferungen ������������������������������������������������������������������������������������������� 180 a) Der Dekalog ���������������������������������������������������������������������������������������������������������� 180 b) Das deuteronomistische Deuteronomium ����������������������������������������������������� 181

E. Die Literatur der Perserzeit (5./4. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe ��������������������������������������������������������������������������������� 183 II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ���������������������������������������� 188 III. Überlieferungsbereiche ������������������������������������������������������������������������������������� 190 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen ������������������������������������������������� 190 a) Die Priesterschrift ������������������������������������������������������������������������������������������������� 190 b) Theokratische Psalmen �������������������������������������������������������������������������������������� 196 c) Das Buch Hiob ����������������������������������������������������������������������������������������������������� 198

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Inhaltsverzeichnis

2. Erzählende Überlieferungen �������������������������������������������������������������������������������� 200 a) Die nichtpriesterschriftliche Urgeschichte ����������������������������������������������������� 200 b) Die Daniel-Legenden (Daniel *1–6) ���������������������������������������������������������������� 204 c) Die Entstehung des Großgeschichtswerks Genesis bis 2. Könige �������������� 206 d) Esra-Nehemia ������������������������������������������������������������������������������������������������������� 208 3. Prophetische Überlieferungen ����������������������������������������������������������������������������� 210 a) Haggai/Sacharja ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 210 b) Fortschreibungen in Deuterojesaja und Tritojesaja �������������������������������������� 213 c) Fortschreibungen in Jeremia und Ezechiel ���������������������������������������������������� 216 d) Die „deuteronomistische“ Umkehrtheologie ������������������������������������������������� 221 e) Die biblische Konstruktion der klassischen Prophetie �������������������������������� 222 4. Rechtsüberlieferungen ������������������������������������������������������������������������������������������� 223 a) Das Heiligkeitsgesetz ������������������������������������������������������������������������������������������� 223 b) Das Numeribuch �������������������������������������������������������������������������������������������������� 225 c) Die Formierung der Tora ����������������������������������������������������������������������������������� 226 d) Der samaritanische Pentateuch ������������������������������������������������������������������������� 229

F. Die Literatur der Ptolemäerzeit (3. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe ��������������������������������������������������������������������������������� 233 II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ���������������������������������������� 235 III. Überlieferungsbereiche ������������������������������������������������������������������������������������� 237

1. Weisheitliche Überlieferungen ���������������������������������������������������������������������������� 237 a) Proverbien 1–9 ������������������������������������������������������������������������������������������������������� 237 b) Hiob 28 und Hiob 32–37 ������������������������������������������������������������������������������������� 241 c) Kohelet (Prediger) ����������������������������������������������������������������������������������������������� 242 d) Der „messianische Psalter“ �������������������������������������������������������������������������������� 245 Exkurs: Das Auf‌kommen der Apokalyptik ������������������������������������������������������������� 245 2. Erzählende Überlieferungen �������������������������������������������������������������������������������� 247 a) Die Chronik ���������������������������������������������������������������������������������������������������������� 247 b) Ausgestaltungen in der Bileam-Perikope �������������������������������������������������������� 250 c) Hellenistische Elemente in der Davidüberlieferung ������������������������������������� 251 d) Das Buch Esther ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 251 e) Die Übertragung der Tora ins Griechische ���������������������������������������������������� 252 3. Prophetische Überlieferungen ����������������������������������������������������������������������������� 253 a) Weltgerichtstexte im corpus propheticum �������������������������������������������������������� 253 b) Die Formierung eines Großjesajabuches Jesaja 1–62 ����������������������������������� 256 c) „Fromme“ und „Frevler“ in Tritojesaja ������������������������������������������������������������� 258 d) Diasporaheimkehr und Restauration des Königtums in Jeremia �������������� 259 e) Deutero- und Tritosacharja ������������������������������������������������������������������������������� 260 f ) Die redaktionelle Abgleichung von Jesaja- und Zwölfprophetenbuch ����� 262 g) Die Weltreiche in Daniel 2 und 7 ���������������������������������������������������������������������� 263

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G. Die Literatur der Seleukidenzeit (2. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe ��������������������������������������������������������������������������������� 265 II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen ���������������������������������������� 267 III. Überlieferungsbereiche ������������������������������������������������������������������������������������� 269

1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen ������������������������������������������������� 269 a) Theokratisierung und Reeschatologisierung im Psalter ������������������������������� 269 b) Jesus Sirach und Weisheit Salomos ������������������������������������������������������������������� 271 2. Prophetische Überlieferungen ����������������������������������������������������������������������������� 273 a) Die Formierung der Neviʾim ����������������������������������������������������������������������������� 273 b) Das makkabäerzeitliche Danielbuch ���������������������������������������������������������������� 274 c) Das Buch Baruch ������������������������������������������������������������������������������������������������� 276 3. Erzählende Überlieferungen �������������������������������������������������������������������������������� 276 a) Die Weltzeitordnung in den erzählenden Büchern �������������������������������������� 276 b) Makkabäerbücher, Tobit, Judith, Jubiläen ������������������������������������������������������� 277

H. Schriftwerdung und Kanonbildung I. „Schrift“ und „Kanon“ ��������������������������������������������������������������������������������������� 279

1. Josephus und 4. Esra 14 ������������������������������������������������������������������������������������������� 280 2. Der Sirachprolog und „das Gesetz und die Propheten“ ������������������������������� 281

II. Die Schriftwerdung der alttestamentlichen Literatur im Rahmen ihrer Geschichte ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 284

1. Die biblische Präsentation ������������������������������������������������������������������������������������� 284 2. Religiöse Texte – Normative Texte – Heilige Schrift – Kanon ������������������� 284 3. Literatur- und Kanongeschichte des Alten Testaments �������������������������������� 287

Abbildungsnachweis ��������������������������������������������������������������������������������������������������� 291 Literaturverzeichnis ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 293 Register ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 339 Bibelstellenregister ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 339 Sach- und Namenregister ����������������������������������������������������������������������������������������� 344

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Sicut enim a perfecta scientia procul sumus, levioris culpae arbitramur saltem parum, quam omnino nihil dicere. Hieronymus (Patrologia Latina, 25, 380B)

Vorwort Die nachfolgende Darstellung zu Voraussetzungen, Hintergründen, Gang und Vernetzungen der alttestamentlichen Literaturgeschichte (zum Verhältnis von „Altem Testament“ und „Hebräischer Bibel“ siehe unten S. 31–35) – gemeint ist damit eine auf vor allem auf Entwicklungslinien und Bezugnahmen achtende Geschichte der im Alten Testament enthaltenen Literatur – will entsprechend ihrem Titel nicht mehr sein als eine Einführung. Sie verfolgt nicht den Zweck, ihren Gegenstand erschöpfend zu behandeln. Das ist in der gegenwärtig weitverzweigten Forschungslage kaum zu leisten, schon gar nicht von einem Einzelnen und innerhalb eines beschränkten Darstellungsrahmens. Gleichwohl versteht sich das Nachfolgende weder als pures Wagnis noch als bloßes Fragment. Die Diffusität der Forschungslage wird heute zwar gerne herauf‌beschworen, aber in bestimmter Hinsicht oft auch überschätzt: Natürlich kennt die alttestamentliche Wissenschaft eine Vielzahl von untereinander oft schwer vermittelbaren Vorschlägen zur Genese und historischen Einordnung der Bücher und Texte des Alten Testaments, auf die eine Literaturgeschichte grundsätzlich in einem gewissen Mindestmaß abstellen können muss, doch scheinen in der jüngsten Forschungsdiskussion Konturen neuer Teilkonsense sichtbar zu werden, die sich doch auf einige wichtige Grundentscheidungen erstrecken und so das Projekt einer Literaturgeschichte des Alten Testaments keineswegs von vornherein unmöglich machen, vielmehr insofern fordern, als es für das Verstehen des Einzelnen ebenso des Ganzen bedarf, wie dessen Verständnis auf dem des Einzelnen beruht. In diesem Punkt sollte die Bibelwissenschaft, zu deren Tugenden die kritische Selbstreflexion nicht immer in ausreichendem Maß gehört, nicht hinter Schleiermacher zurückfallen. Übergreifende Perspektiven sind also auch für die Diskussion von einzelexegetischen Problemen von Bedeutung und gerade das Einbringen literaturgeschichtlicher Überlegungen kann bestimmte Entscheidungen in diesem Bereich stützen oder auch unwahrscheinlich machen. In der gegenwärtigen Forschungssituation kann die literaturgeschichtliche Fragestellung nicht einfach das Zusammentragen bereits vorliegender einleitungswissenschaftlicher Erkenntnisse bedeuten, sondern sie ist gewissermaßen auch Teil, Fortführung und Absicherung dieser selbst. Nur eine ganz positivistische Zugangsweise zur historischen Bibelwissenschaft könnte fordern, dass das Projekt einer alttestamentlichen Literatur-

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geschichte erst dann angegangen werden könne, wenn die einzelexegetischen Ergebnisse auf dem Tisch liegen. Denn diese Ergebnisse sind in Tat und Wahrheit zunächst einmal Hypothesen, deren Plausibilität eben nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von den zugehörigen Referenzrahmen abhängt. Wenn man für diese nicht einfach die forschungsgeschichtliche Gewöhnung einsetzen will, dann dispensiert nichts davon, auch übergreifenden Fragestellungen wie literaturgeschichtlichen Synthesemöglichkeiten Aufmerksamkeit zu schenken. Diese wären freilich ebenso positivistisch missverstanden, wenn sie nun als Determinanten der sie nur noch illustrierenden Einzelexegese ausgegeben würden. Beide Zugangsweisen müssen grundsätzlich revisionsoffen sein und die Frage der Verbindbarkeit ihrer vorläufigen Resultate bleibt eine fortwährende Aufgabe der Bibelwissenschaft. So versteht sich dieser Beitrag weder als ein End-, noch als ein Anfangspunkt der literaturgeschichtlichen Forschung am Alten Testament, sondern als ein erster Zwischenhalt, der die literaturgeschichtliche Fragestellung als solche und einige vorläufige Perspektiven inhaltlicher Art dazu präsentieren will. Er ist weder willens noch in der Lage, den entstehungsgeschichtlichen Forschungsstand zum Alten Testament angemessen oder gar abschließend zu würdigen und zu synthetisieren. Es geht ihm vielmehr darum, die historisch-kritische Rekonstruktion des Gesprächs zwischen den wichtigsten seiner Texte bzw. Textkorpora als historische und theologische Aufgabe der wissenschaftlichen Erforschung des Alten Testaments zurückzugeben. Nicht unproblematisch mag manchen Leserinnen und Lesern der durch die Gliederung des Buches erkennbare literaturgeschichtliche Raster erscheinen, der in verschiedener Weise Klassifizierungen vornimmt: Auf der allgemeinsten Ebene werden literaturgeschichtliche Epochen voneinander unterschieden (vorassyrische, assyrische, babylonische, persische, ptolemäische und seleukidische Zeit), eine zweite Ebene differenziert jeweils innerhalb dieser Epochen nach unterschiedlichen Literaturbereichen (kultische und weisheitliche, erzählende, prophetische und rechtliche Überlieferungen), während schließlich auf einer dritten Ebene die konkreten literarischen Werke und Positionen besprochen werden. Am kontroversesten werden die auf dieser dritten Ebene vorgenommenen Zuordnungen sein, während über Fug und Recht der Klassifizierung der Literaturgeschichte des Alten Testaments nach den jeweils vorherrschenden Hegemonialmächten in der südlichen Levante mit dem von ihnen geprägten Kulturdruck in der gegenwärtigen Diskussionslage vermutlich nicht mehr grundsätzlich gestritten werden muss. Ebenso dürf‌ten auch die Zuteilungen zu verschiedenen Literaturbereichen wenig Widerspruch hervorrufen, zumal sie von untergeordneter inhaltlicher Bedeutung sind und eher der Übersichtlichkeit der Darstellung dienen. Was nun die konkreten literaturgeschichtlichen Einordnungen der alttestamentlichen Texte und Schriften betriff‌t, so bleibt – bei allen sofort zuzugestehenden Un-

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sicherheiten in der Forschungsdiskussion – zweierlei grundsätzlich zu bedenken. Zum einen lassen sich hinter und neben allen Konfusionen und Streitigkeiten einige jedenfalls in einem solchen Maß anerkannte historische Einordnungen von Teilen der alttestamentlichen Literatur feststellen, so dass eine Rekonstruktion der Grundlinien einer Literaturgeschichte des Alten Testaments eben möglich – und nicht vielmehr unmöglich – erscheint. Dazu gehört im Bereich des Pentateuch die Ausgrenzung und Einordnung der Priesterschrift, mit Einschränkungen auch des literaturgeschichtlichen Kerns des Deuteronomiums, im Bereich der Vorderen Propheten die Identifizierung, neu aber auch der redaktionsgeschichtlichen Differenzierung der „deuteronomistischen“ Deuteperspektiven, im Bereich der Propheten die Unterscheidung von Erstem und Zweitem Jesaja sowie die Erkenntnis der langfristigen Redaktionsgeschichte der Prophetenbücher, auch im Bereich der Psalmen sowie der Weisheitsliteratur erscheint es als nicht von vornherein aussichtslos, etwa königszeitliche von nachkönigszeitlichen Positionen zu unterscheiden. Natürlich bleibt so auf das Ganze gesehen mehr umstritten als unumstritten, doch liegt dies in der Natur des Projekts einer Literaturgeschichte und kann nicht im Ernst gegen den Versuch des Unterfangens als solchen angeführt werden. Im Übrigen unterscheidet sich eine Literaturgeschichte des Alten Testaments diesbezüglich nicht grundsätzlich von der alttestamentlichen Einleitungswissenschaft, deren Legitimität ja auch nicht von den vorliegenden kontroversen Ergebnissen her bestritten wird. Zum anderen ist hervorzuheben, dass eine bestimmte Zuordnung einer Position zu einer bestimmten Zeit in der Regel nur eine relative ist: Viele alttestamentliche Texte und Schriften verfügen ebenso über eine mündliche oder auch schriftliche Vorgeschichte, wie auch über eine Nachgeschichte bereits innerhalb des Alten Testaments, so dass ihre Besprechung im Kontext dieser und nicht jener literaturgeschichtlichen Epoche nicht heißen soll: Die hier verwendeten und verarbeiteten Stoffe und Texte sind in dieser oder jenen Schrift zum ersten Mal und von Grund auf neu konzipiert worden und danach nicht mehr verändert worden. Vielmehr ist das Alte Testament grundsätzlich als Traditionsliteratur (vgl. Schmid 2011a; Mroczek 2016; Blum 2019) zu charakterisieren, so dass etwa die Behandlung der Mose-Exodus-Geschichte im Kontext der neuassyrischen Zeit nicht aus-, sondern einschließt, dass diese Erzählung ebenso über ältere Vorstufen verfügt, wie sie später noch ausgiebig literarisch erweitert worden ist. Die neuassyrische Zeit ist aber mutmaßlicherweise die ihrer ersten literarischen Formierung. Deshalb erscheint sie an dieser und nicht an anderer Stelle. Die der im engeren Sinn literaturgeschichtlichen Darstellung jeweils beigegebenen Notizen zu geschichtlichen und einleitungswissenschaftlichen Sachfragen sind nur so weit ausgeführt, als sie für die literaturgeschichtliche Fragestellung von Belang sind. Für weiterführende Informationen sind die neueren Darstellungen zur Einleitung in das Alte Testament und zur Geschichte Israels zu

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konsultieren. Die im Text angegebenen Literaturverweise mögen als nicht spärlich erscheinen, sind aber angesichts der Breite der Fachdiskussion gleichwohl nicht mehr als exemplarischer Natur. Einige Passagen dieses Buches verarbeiten – in unterschiedlich modifizierter Form – bereits an anderer Stelle publizierte Beiträge: Der Abschnitt zur Forschungsgeschichte (I. 3.) basiert auf einer stark gekürzten Version von Schmid 2007c. In den Überlegungen zu den literatursoziologischen Aspekten der Literaturproduktion und -rezeption (II. 3.) ist die Darstellung Schmid 2004a aufgenommen und stark erweitert worden. Das Unterkapitel über die Anfänge der deuteronomistischen Königsbücher (III. 2. a) lehnt sich teilweise an Schmid 2004b an, und einige der Abschnitte zur prophetischen Literatur greifen in zum Teil verkürzender und zum Teil erweiternder Form sowie, wo immer möglich, in literaturgeschichtlich vernetzender Weise auf meine einleitungswissenschaftliche Darstellung zu den „Hinteren Propheten“ in Gertz 2019, 313–412 zurück. Ich danke der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt, meiner Mitarbeiterin Luise Oehrli und meinen Mitarbeitern Jürg Hutzli und Martin Leuenberger in Zürich, der alttestamentlichen Sozietät in Zürich, meinen Gesprächspartnern im Fach, namentlich Uwe Becker (Jena), Jan Christian Gertz (Heidelberg) und Markus Witte (Frankfurt am Main) und vor allem Ernst Axel Knauf (Bern), der mich in vielen Fragen beraten und vor einer Reihe von Irrtümern bewahrt hat, die aber vermutlich mit der Menge der möglichen Irrtümer noch lange nicht deckungsgleich ist. Zu danken habe ich auch dem Center of Theological Inquiry in Princeton, nicht nur für die Möglichkeit eines einjährigen Forschungsaufenthalts, sondern vor allem auch für die intensive Begegnung mit einer von der deutschsprachigen Diskussion in mehreren Aspekten doch deutlich unterschiedenen amerikanischen Bibelwissenschaft. Zürich, im Februar 2008 Konrad Schmid

Zur dritten Auf‌lage Für die dritte Auf‌lage ist der Text des Buches durchgesehen, an verschiedenen Stellen erweitert und korrigiert worden und es ist wichtige Literatur aus den Jahren 2014–2020 nachgetragen worden. Für die Korrektur, Überarbeitung und Neugestaltung des Skripts sowie die Erstellung des Registers bin ich Samuel Arnet zu großem Dank verpflichtet. Zürich, im Dezember 2020 Konrad Schmid

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A. Aufgabe, Geschichte und Probleme einer alttestamentlichen Literaturgeschichte I. Weshalb eine alttestamentliche Literaturgeschichte? 1. Aufgabenstellung Eine Literaturgeschichte bezeichnet den Versuch, literarische Werke nicht bloß je für sich, sondern sie in ihren inneren Zusammenhängen, Vernetzungen und historischen Entwicklungen darzustellen und zu interpretieren (Köpf 2002). Diese Aufgabenstellung bezeichnet in all ihrer Knappheit bereits Problematik und Chance der Literaturgeschichtsschreibung zugleich. Durchaus zu Recht wurde in der literaturwissenschaftlichen Diskussion darauf hingewiesen, dass das synthetische Vorgehen einer Literaturgeschichte nachgerade zwingend zu einer Vernachlässigung der Einzelwerke führen muss: „Man muß zugeben, daß die meisten Literaturgeschichten entweder Sozialgeschichten, Geschichten des in der Literatur zum Ausdruck kommenden Denkens oder mehr oder minder chronologisch angeordnete Eindrücke und Urteile über einzelne Werke sind“ (Wellek/Warren 1949/1971, 276, Hervorhebung K. S.). Man kann Wellek und Warren zufolge nicht beides zugleich haben: eine systematisierende, literaturgeschichtliche Zusammenschau verschiedener Werke aus verschiedenen Zeiten, die gleichzeitig auch jedem Einzelwerk angemessen Rechnung trägt. Entsprechend wollte Wellek am Ende seines Wirkens das Projekt einer Literaturgeschichte ganz aufgeben (Wellek 1979). Auch David Perkins neigt in seinem literaturtheoretischen Buch „Is Literary History Possible?“ dazu, die Titelfrage zu verneinen (Perkins 1992, 17). Gleichwohl liegt es auf der Hand, dass historische Einordnungen bestimmter Werke innerhalb ihrer literaturgeschichtlichen Kontexte ihrem Verständnis durchaus förderlich sein können. Außerdem ist auch eine literaturgeschichtliche Zusammenschau als solche – abgesehen von der Frage nach den Einzelwerken – eine in sich legitime und weiterführende Aufgabe, auch wenn sie um den Preis einer verkürzenden Darstellung ihrer Konstituenten erfolgt. Diese Diskussionen mögen für die nichtbiblischen Literaturen hier auf sich beruhen bleiben. Für das Alte Testament liegt es jedoch auf der Hand, dass die

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vielfältige Interaktion unter seinen Texten es in besonderer Weise dafür qualifiziert, literaturgeschichtlich befragt zu werden. Ja, das Alte Testament selbst entwirf‌t sich – in seinen verschiedenen kanonischen Anordnungen in unterschiedlicher Weise (siehe unten S. 31–35) – als Literaturgeschichte (vgl. Utzschneider 2002; Bosshard-Nepustil 2015). Wie aber ist das Projekt einer Literaturgeschichte des Alten Testaments als kritische, wissenschaftliche Disziplin anzugehen? Es kann als ein Versuch verstanden werden, herkömmliche Teildisziplinen der alttestamentlichen Wissenschaft neu zusammenzubringen – nicht als Ersatz einer bestehenden Teildisziplin, sondern als Ergänzung dazu. Die von ihrer Fragestellung her engsten Beziehungen bestehen naturgemäß zur Einleitungswissenschaft, diese aber wird zum einen integral mit Elementen einer Geschichte Israels und einer Theologie des Alten Testaments (nämlich der Eruierung der theologischen Konzeptionen in den alttestamentlichen Schriften in ihrer jeweiligen historischen Verankerung) zusammengesehen und folgt zum anderen – anders als die Einleitungswissenschaft – nicht der Abfolge des Kanons, sondern der Geschichte Israels. Dabei werden die Texte der Bibel in erster Linie historisch verstanden: Sie entstammen bestimmten Zeiten und sprechen in bestimmte Zeiten hinein, die zunächst ihre eigenen sind. Gerade im Fall der Bibel aber sind die Texte auch in sich verändernden Zeiten neu gelesen und fortgeschrieben worden (vgl. Jeremias 1996, 20–33; Steck 1996; 2001; Schmid 2016a). Das ist ein theologisch höchst bedeutsamer Vorgang, dem es zudem zu verdanken ist, dass wir das Alte Testament überhaupt kennen: Ohne den Prozess fortwährender Ab- und Fortschreibung der Texte wären die Erstausgaben alsbald verrottet. Länger als etwa 200 Jahre halten sich antike Schriftrollen unter normalen Umständen nicht. Diesem Umstand entsprechend hat eine Literaturgeschichte des Alten Testaments nicht nur die mutmaßlichen Primärgestalten der alttestamentlichen Texte in ihren historischen Entstehungskontexten zu behandeln, sondern auch ihre Rezeptionsgestalten während der Gesamtzeit der Entstehung des Alten Testaments zu berücksichtigen. Das Buch Jesaja etwa ist für beinahe alle Epochen der alttestamentlichen Literaturgeschichte relevant – und zwar nicht nur deswegen, weil es vom 8. bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. auf seine jetzige Gestalt hin angewachsen ist und deshalb Textanteile aus verschiedenen geschichtlichen Situationen in sich vereinigt, sondern weil auch seine älteren Bestandteile immer wieder neu gelesen und verstanden worden sind (Steck 1992b; 1996; Blenkinsopp 2002; Berges/ Beuken 2016; Berges 2018). Der historische Blick auf die alttestamentliche Literatur darf sich also nicht auf punktuelle Untersuchungen und Einordnungen von Einzelperikopen beschränken, sondern muss darüber hinaus – gewissermaßen in resultativer Hinsicht – fragen: Wie sind traditionelle und redaktionelle Partien eines Textes gemeinsam in den unterschiedlichen Phasen seines literarischen Wachstums und seiner Überlieferung verstanden worden?

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Die alttestamentliche Literaturgeschichte folgt mit ihrer historischen Frageausrichtung zunächst dem Einspruch der Romantik gegen die Auf‌klärung und hält die Bibel nicht für ein „Bilderbuch ewiger Wahrheiten“, geht aber ihrerseits auch über implizite Grundüberzeugungen der Romantik hinaus, indem sie deren Ursprungsmanie und Dekadenzmodelle nicht übernimmt, sondern versucht, ihren biblischen Gegenstand in historisch angemessener Weise zu verstehen. Historisch zu fragen beinhaltet auch eine Wahrnehmung und literaturgeschichtliche Auswertung von Faktoren jenseits der bloßen Ereignisgeschichte, unter Einschluss von wirtschafts- und sozialgeschichtlichen bis hin zu geographischen Determinanten geschichtlicher Abläufe, wie sie etwa von der École des Annales vorgeschlagen worden ist (Mohr 1988; Burguière 2006). Gegen den verbreiteten Trend, die Texte der alttestamentlichen Literatur zu kontextualisieren und vor allem als literarische Reflexionen historischer Konstellationen zu verstehen, ist schließlich auch philosophiegeschichtlich gewissermaßen Max Weber gegenüber Karl Marx ins Recht zu setzen (vgl. Schluchter 2006). Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Texte nicht nur geschichtliche Erfahrungen verarbeiten, sondern umgekehrt auch Texte geschichtstreibende Kräfte entfalten können: Die Bewältigung des Untergangs Judas in der babylonischen Zeit und die Entstehung des antiken Judentums als eines religiös bestimmten Ethnos (vgl. Blum 1995; Levin 2014) sind etwa ein Beispiel eines solchen Prozesses, der ohne entsprechende Überlieferungsgrundlage nicht plausibel geklärt werden kann. Umgekehrt ist etwa die vorgeschlagene Deutung der Gerichtsprophetie als vaticinia ex eventu (Kratz 1997b; 2003b.c) gerade auch aus historischer Perspektive, etwa angesichts der Bileam-Inschrift aus Tell Deir ʿAlla (TUAT II, 138–148; vgl. van der Toorn 2007, 176; Blum 2008a; 2008b), kein fraglos überzeugender Gedanke: E nihilo nihil fit. Ohne Verankerung der Gerichtsprophetie in Aussagen oder Texten vor ihrer geschichtlichen Bewahrheitung wird ihre Entstehung historisch nicht vollumfänglich erklärt. Das schließt nicht aus, sondern ein, dass in der Tat vielerorts mit Prophetentexten zu rechnen ist, deren Zukunftsperspektive literarisch ex post konstruiert ist. So erweckt zum Beispiel ein großer Teil der prophetischen Völkersprüche gegen die transjordanischen Nachbarstaaten Israels und Judas in der Tat den Eindruck, dass sie deren Untergang nachträglich geschichtsprophetisch rationalisieren wollen.

Eine Literaturgeschichte des Alten Testaments ist nicht bloß eine anders, nämlich historisch statt kanonisch angeordnete Einleitung in das Alte Testament, vielmehr muss sie deren entstehungsgeschichtliche Frage in verschiedener Hinsicht erweitern. Über die Entstehung alttestamentlicher Bücher und Texte hinaus hat sie insbesondere zu fragen, wie diese sich einerseits in geschichtliche Traditionsstränge einordnen und wie sie sich andererseits zu mutmaßlich gleichzeitigen literarischen Gesprächspartnern aus dem Alten Testament verhalten. Sie hat also die diachronen wie auch die synchronen Vernetzungen und Bezugnahmen eines Textes zu verdeutlichen. Damit versucht sie, zum einen das Profil bestimmter theologischer Positionen im Alten Testament durch den Vergleich mit konkurrierenden Positionen zu schärfen, zum anderen theologiegeschichtliche Entwicklungen

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zu rekonstruieren und plausibilisieren. Es ist hier schon anzumerken, dass die in den nachfolgenden Teilen B.–G. gegebenen Skizzen zu Verlauf und Entwicklung der alttestamentlichen Literaturgeschichte diesen Anspruch nicht immer material einzulösen vermögen – dazu ist die literaturgeschichtliche Forschung am Alten Testament zwar nicht zu jung, wie aus dem nächsten Abschnitt gleich ersichtlich werden wird, aber bislang zu wenig intensiv bearbeitet worden. Gleichwohl werden sich hier und dort deutlichere oder weniger deutliche Perspektiven ergeben, die die literaturgeschichtlichen Vernetzungen der alttestamentlichen Texte und Schriften in ihren historischen Kontexten darzustellen vermögen. 2. Forschungsgeschichte Die literaturgeschichtliche Fragestellung am Alten Testament ist nicht neu. Wie ist ihre Geschichte verlaufen und welche Möglichkeiten und Probleme haben sich dabei gezeigt (vgl. Schmid 2007c; Eisen/Gerstenberger 2010)? Literaturgeschichtlich zu fragen setzt den Beginn der historisch-kritischen Forschung am Alten Testament und damit das Bewusstsein der Divergenz zwischen biblischer Selbstdarstellung und historischer Rekonstruktion voraus. So sprach sich bereits 1670 Baruch de Spinoza in seinem Tractatus theologico-politicus für die Notwendigkeit einer literaturgeschichtlichen Behandlung des Alten Testaments aus, da dieses die nationale und natürliche Entwicklung des hebräischen Volksgeistes darstelle. Ansätze literaturgeschichtlichen Fragens finden sich auch bei Richard Simon (1685), Robert Lowth (1753), Johann Gottfried Herder (1782/83) und anderen. In der Zeit vor den vor allem mit dem Namen Julius Wellhausen verbundenen Umbrüchen verblieb die Rekonstruktion der alttestamentlichen Literaturgeschichte allerdings eng bei den biblischen Vorgaben, und es bildete sich – trotz des vehementen Votums von Hermann Hupfeld aus dem Jahr 1844 („Der eigentliche und allein richtige Name der Wissenschaft in ihrem heutigen Sinn ist demnach Geschichte der heiligen Schriften Alten und Neuen Testaments, oder der biblischen Literatur, wie sie schon R. Simon nannte“, Hupfeld 1844, 12–13; vgl. Kaiser 2005) – keine eigene literaturgeschichtliche Subdisziplin der alttestamentlichen Wissenschaft heraus. Eine eigentliche, terminologisch so angezeigte und methodisch reflektierte Literaturgeschichte des Alten Testaments legte erstmals Ernst Heinrich Meier mit seiner „Geschichte der poetischen National-Literatur der Hebräer“ im Jahr 1856 vor, die allerdings ein völliges Außenseiterwerk blieb und kaum Beachtung fand (Meier 1856). Dieses Geschick und der Umstand, dass es sich bei dieser Literaturgeschichte um das Werk eines Nichtalttestamentlers, eines Orientalisten, handelt, kann nachgerade als ein prophetischer Vorverweis auf die nahezu durchgängige Marginalität der literaturgeschichtlichen Fragestellung in der späteren alttestamentlichen Wissenschaft gedeutet werden. Entsprechend seiner Zeit ging Meier

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die alttestamentliche Literaturgeschichte dezidiert von der Frage nach der hebräischen „National“-Literatur her an (VI). Für ihn zerfiel die hebräische Literatur, die er bibelnah beschrieb, in drei Epochen: eine „Vorbereitungsepoche, von Mose bis zum Beginn des Königtums“, sie „bezeichnet das Werden des hebräischen Staates“, eine zweite Epoche erstreckt sich von „der Stiftung des Königthums bis zum Ende des Exils“, hier „erreicht der Volksgeist seine eigentliche Blüte“, während die dritte Epoche vom „Anfang des persischen bis ins makkabäische Zeitalter“ reicht, sie ist zugleich die Periode der „Vollendung und des Verfalls“ (24). Noch näher am biblischen Bild der Literaturgeschichte des Alten Testaments blieb das zweibändige Werk von Julius Fürst (1867/70), das ursprünglich auch die neutestamentliche Literatur miteinschließen sollte, dann aber nur bis zur Behandlung der frühpersischen Zeit fertiggestellt wurde. Fürst folgte in der Pentateuchforschung der älteren Urkundenhypothese, die Psalmen sind für ihn davidischen und die Sprüche salomonischen Ursprungs. Die Propheten sind literaturgeschichtlich im Wesentlichen für ihre Bücher insgesamt verantwortlich. In all diesen alttestamentlichen Schriften ist aber auch älteres Quellenmaterial verarbeitet. Deshalb liest sich Fürsts Literaturgeschichte auf weite Strecken hin wie eine Darstellung der in die biblischen Bücher eingegangenen, älteren Vorgaben. Das zweibändige Werk von David Cassel (1872/73) systematisiert sehr viel stärker nach formalen Gesichtspunkten. Der Aufriss ist nicht in erster Linie chronologisch geordnet, sondern strebt eine gattungsmäßige Sortierung an. Cassel unterschied poetische, prophetische, gesetzliche und historische Literatur. Durchgeführt ist die literaturgeschichtliche Darstellung aber nur für die beiden erstgenannten Bereiche, wobei – der Natur der Sache entsprechend – nur die prophetische Literatur in sich wirklich geschichtlich differenziert wird. Auch Cassel notierte die Kontextverflochtenheit der Hebräischen Bibel, hielt aber in der Regel die Bibel für den gebenden Teil. Julius Wellhausen, der die historische Bibelkritik mit der Spätdatierung der Priesterschrift neu fundierte, hat keines seiner Bücher mit dem Titel „Literaturgeschichte“ überschrieben, doch tragen sowohl seine „Prolegomena“ (1883/61927) wie auch einzelne Paragraphen der „Israelitischen und jüdischen Geschichte“ (1904) Züge literaturgeschichtlicher Zugangsweisen. Man kann vermuten, dass es nicht zuletzt die historisch-synthetische Präsentation der bibelkritischen Resultate von Wellhausens Forschung war, die ihr ihren Erfolg in der alttestamentlichen Wissenschaft sicherte. Die bekannte Synthese von Eduard Reuss (1881; vgl. dazu Vincent 1990) aus dem Jahr 1881 verstand sich programmatisch als Weiterführung der bisher erreichten Bibelkritik vor allem nach Karl Heinrich Graf, Julius Wellhausen und Abraham Kuenen. „Denn das beste was bis jetzt gethan ist, sie nennen’s die historisch-kritische Einleitung ins Alte Testament, ist nicht das Haus selber, sondern erst der statistische Bericht über die Vorarbeiten in der Bauhütte und Werkstatt“

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(21). Reuss’ eigene Darstellung ist chronologisch geordnet und klassifiziert die Literaturgeschichte etwas schematisierend in vier Epochen: die „Zeit der Helden“, die „Zeit der Propheten“, die „Zeit der Priester“ und die „Zeit der Schriftgelehrten“ (XIII–XV ). Immerhin aber zeichnete Reuss vor, was die in den nächsten Jahrzehnten vorgelegten Darstellungen der alttestamentlichen Literaturgeschichte dann entsprechend prägte. Er fand in den Hymnen wie etwa dem Deboralied die vorstaatlichen Anfänge der alttestamentlichen Literatur, die sich dann über die großen Schriftsteller der Königszeit wie den Jahwisten oder Jesaja fortsetzte, um dann vor allem mit der priesterlichen und gesetzlichen Literatur der nachexilischen Epoche zu enden. Dieser Dreischritt – alte poetische Einzeltexte als Anfänge der Literaturgeschichte, die klassischen Propheten und die frühen pentateuchischen Quellenautoren als ihr Kulminationspunkt und die Gesetze als ihr Ausklang – spiegelt gewissermaßen den literaturgeschichtlichen common sense des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts. 1893 erschien Gerrit Wildeboers Literaturgeschichte in holländischer Sprache, zwei Jahre später in deutscher Übersetzung. Es handelt sich bei ihr um eine weitere synthetische Zusammenschau der Entstehung der alttestamentlichen Literatur nach den durch Reuss, Kuenen und Wellhausen verursachten Umwälzungen in der Pentateuchforschung, die auch für das Gesamtbild der altisraelitischen Literatur und ihrer Geschichte von weitreichender Bedeutung sind. So hielt Wildeboer einleitend fest: „Will man den Wert und die Bedeutung der israelitischen Litteraturgeschichte recht verstehen, so muss man vor allem von der Wahrheit durchdrungen sein, nicht nur dass es das nachexilische Judentum gewesen ist, das uns diese Litteratur übermittelt hat, sondern auch dass für einen großen Teil derselben die Verfasser in dieser Periode zu suchen sind und endlich, dass die Überlieferung älterer Schriften nicht ohne oft eingreifende Veränderungen statt hatte.“ (1, vgl. 105) Das klingt zwar programmatisch, in der Durchführung blieb Wildeboers Buch allerdings weitgehend den Datierungsansätzen der zeitgenössischen Forschung verhaftet. Wenig Gewinn zog Wildeboer zudem aus der literaturgeschichtlichen Fragestellung als solcher – seine Darstellung wirkt auf weite Strecken hin wie eine chronologisch umgeordnete Einleitung in das Alte Testament. Eine knappe Darstellung der Literaturgeschichte des Alten Testaments findet sich dann bei Emil Kautzsch, zunächst als Beilage zu seiner Übersetzung des Alten Testaments, dann „nicht ohne anfängliche Bedenken“ als Separatdruck erschienen (1897, III). Sie periodisierte die Literaturgeschichte nach den innenpolitischen Zäsuren in der Geschichte Israels: „Die vorkönigliche Zeit“, „Die Zeit des ungeteilten Königtums“, „Die Zeit des geteilten Reichs bis zur Zerstörung Samarias“, „Von der Zerstörung Samarias bis zum Exil“, „Die Zeit des Exils“, „Die nachexilische Zeit“ (V–VI). Trotz ihrer Knappheit fixierte sie den materialen Stand der literaturgeschichtlichen Diskussion auch in einer gewissen Detailliertheit für die nächsten Jahre. Gleichwohl bleibt für das Schattendasein der literaturgeschichtlichen Fragestellung in der deutschsprachigen Wissenschaft bezeichnend, dass

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Kautzsch’ Darstellung als kleiner Appendix konzipiert war, während die späteren literaturgeschichtlichen Entwürfe von Hermann Gunkel, Karl Budde und Johannes Hempel als Teile übergreifender Darstellungen oder Reihen (Hermann Gunkel: „Die orientalischen Literaturen“ in „Die Kultur der Gegenwart“, I/7; Karl Budde: „Die Litteraturen des Ostens in Einzeldarstellungen“, Band 7; Johannes Hempel: „Handbuch der Literaturwissenschaft“) erschienen – also gewissermaßen durch fachfremde Initiativen generiert wurden. Wenn auch das Projekt einer Literaturgeschichte des Alten Testaments nie in das Zentrum des Faches rücken konnte, so bleibt es forschungsgeschichtlich mit dem Namen Hermann Gunkels verbunden (1906a.b; vgl. Klatt 1969, 166–192; Liwak 2004/2013, IX–XXXI; Witte 2010; Schmid 2011c), der die breitesten, originellsten und – relativ gesehen – auch folgeträchtigsten Anstrengungen zu dessen Weiterentwicklung unternahm, auch wenn er zeitlebens nur eine knappe Skizze mit 50 Seiten Umfang als material entwickelte Darstellung publizieren konnte. Eine besondere Rolle kam dabei der von ihm maßgeblich mitentwickelten (aber nicht so genannten [Blum 2006, 85]) Fragestellung der Formgeschichte zu: Die Literaturgeschichte des Alten Testaments ist bei Gunkel als Geschichte seiner Gattungen gefasst (Gunkel 1913, 31). Dahinter stand die Vorstellung, dass die alttestamentlichen Texte weithin auf mündliche Vorstufen zurückgehen und dass sich die geistige Geschichte des antiken Israel vor allem über den geschichtlichen Wandel der im Redeleben beheimateten und später auch für die Niederschrift verwendeten Gattungen beschreiben lasse. Im Grunde genommen war diese Literaturgeschichte nicht an den Texten selbst, sondern an den hinter ihnen stehenden Prägeelementen interessiert. Literaturgeschichte als Gattungsgeschichte betrieben fragte nach dem jeweiligen „Sitz im Leben“ einer Gattung und öffnete so, das war jedenfalls die Meinung Gunkels, den Blick in das religiöse Geistesleben Israels. Zu diesem methodischen Programm trat bei Gunkel eine Gliederung der altisraelitischen Literaturgeschichte, die eine charakteristische Gewichtung erkennen lässt: Gunkel unterschied drei Epochen, zunächst beschrieb er „[d]ie volkstümliche Literatur bis zum Auf‌treten der großen Schriftsteller (bis ca. 750)“ ([1906b] 1963, 5), dann folgten „[d]ie großen Schriftstellerpersönlichkeiten (ca. 750–540)“ (26) und schließlich „[d]ie Epigonen“ (43). Gunkel reproduzierte mit dieser Gliederung die besonders im 19. Jahrhundert geläufige Trennung zwischen dem vorexilischen, prophetischen „Hebraismus“ und dem nachexilischen, gesetzlichen „Judaismus“. Die religiösen Genies, auf die die großen geistigen Entwürfe des Alten Testaments zurückgehen, gehörten in die Zeit zwischen Jesaja und Deuterojesaja, danach folgten nur noch „Epigonen“. Gunkels Entwurf war zu seiner Zeit keine erfolgreiche Aufnahme beschert (Bertholet 1907), was mit zum weiteren Schattendasein der von ihm verfolgten literaturgeschichtlichen Fragestellung beigetragen haben dürf‌te. Für seine Rezipienten war offenbar vor allem das unklare Verhältnis der beiden Fragen nach den Gattungen und nach den Schriftstellerpersönlichkeiten problematisch; für Gunkel ergänzten sie sich,

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für seine Leser aber trat, den Besprechungen nach zu schließen, der von Gunkel eingebrachte Gattungsfokus zu stark in den Vordergrund. Karl Buddes Darstellung der Literaturgeschichte war für ein breiteres Publikum konzipiert (1906). Doch Budde gelangte nicht über eine Zusammenfassung einleitungswissenschaftlicher Ergebnisse heraus, das Buch ist ein Abschluss seiner eigenen, entstehungsgeschichtlich ausgerichteten Arbeiten, markiert aber keinen wissenschaftsgeschichtlichen Neuanfang. Im englischsprachigen Raum legte Harlan Creelman 1917 eine chronologisch geordnete Einleitung in das Alte Testament vor. Ihr Anspruch auf Innovation war allerdings vergleichsweise bescheiden: Sie richtete sich an ein breiteres Publikum und verzichtete weitestgehend auf historische Urteilsbildung. Sie verstand sich vielmehr als eine Synthese bisheriger Forschung am Alten Testament. Das Gesamtbild von Creelmans Darstellung blieb stark den biblischen Vorgaben verhaftet. Die 1919 von Johannes Meinhold verfasste und in der Folgezeit mehrfach aufgelegte Einleitung verstand sich zwar nicht als Literaturgeschichte, war aber de facto doch mehr als eine herkömmliche Einleitung, da sie zum einen die Literatur des Alten Testaments nach Epochen – und nicht nach der kanonischen Abfolge – besprach und zum anderen auch jeweils eigene Abschnitte zur Darstellung der historischen Epochen selbst bot. Recht einflussreich war die literaturgeschichtliche Darstellung von Julius A. Bewer (1922), eines in Deutschland geborenen Alttestamentlers am Union Theological Seminary in New York, der der amerikanischen Forschung wichtige Erkenntnisse der deutschsprachigen historischen Bibelkritik und der Gattungsforschung vermittelte. Die im deutschen Sprachraum des 20. Jahrhunderts vielleicht bekannteste und ausgearbeitetste Darstellung einer Literaturgeschichte stammt von Johannes Hempel aus dem Jahr 1930. Sie gliedert sich in ein einleitendes Kapitel („Voraussetzungen“, 1–23), das die Forschungsgeschichte der Einleitungswissenschaft mit besonderer Emphase auf Wellhausen sowie die kulturgeographischen Determinanten behandelt, und zwei Hauptteile („Formen“, 24–101, und „Der Gang der Geschichte“, 102–194), die deutlich den Einfluss Gunkels zeigen: Der Untersuchungsgegenstand wird zunächst formgeschichtlich und erst in einem zweiten Schritt literaturgeschichtlich angegangen. Zunächst behandelte Hempel die Gattungen der alttestamentlichen Literatur und ihre Geschichte, dann die konkreten Texte in ihrer historischen Abfolge. Bemerkenswert ist bei Hempel die Überzeugung von der kulturgeschichtlichen Vernetzung des Alten Testaments: „Die israelitische Literatur ist weithin nur als Glied der ‚altorientalischen Weltliteratur‘ verständlich“ (11). Doch bei aller Energie und Innovativität, die diesem Entwurf innewohnt, ist er doch nicht genrebildend geworden: Die alttestamentliche Literaturgeschichte blieb nach wie vor ein Randprojekt. Aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ist weiter die Literaturgeschichte von

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Adolphe Lods zu nennen (1950). Lods stellte einleitend in seiner Darstellung fest, dass die literaturgeschichtliche Fragestellung in der alttestamentlichen Wissenschaft bislang ein Schattendasein fristete (11). Er identifizierte im Wesentlichen drei Gründe dafür. Zunächst stelle der „caractère composite des livres actuels“ (11) ein elementares Problem dar, das weiter dadurch verschärf‌t werde, dass die Forschung den Werdegang dieser Bücher oft nur auf unsichere Weise re­kon­stru­ ie­ren könne (13). Schließlich sei darauf hinzuweisen „que nous ne possédons de cette littérature que des fragments minimes“ (14). Doch dürf‌ten diese Aspekte nach Lods nicht dazu verleiten, die literaturgeschichtliche Fragestellung aufzugeben, denn es reiche nicht zu, den „caractère composite des livres actuels“ lediglich literarkritisch zu analysieren, sondern der literarische Werdegang der alttestamentlichen Bücher müsse auch synthetisch rekonstruiert werden. Was die Unsicherheiten in der literarhistorischen Rekonstruktion betriff‌t, so betonte Lods auch hier, dass bei allen Schwierigkeiten im Einzelnen die grundsätzlichen Befunde durchaus erhebbar seien, und auch die Fragmentarität der althebräischen Literatur unterscheide sie nicht grundsätzlich von jener der griechischen oder lateinischen. Literarkritisch war Lods von Wellhausen beeinflusst, religionsgeschichtlich von Greßmann, entsprechend folgte er der Neueren Urkundenhypothese im Zuschnitt Wellhausens und betont die religionsgeschichtliche Kontextualisierung der althebräischen Literatur. An Lods’ Darstellung sind drei wesentliche Eigenarten hervorzuheben. Zum einen fällt der späte Einsatzpunkt auf: Zwar mit Blick zurück auf frühe poetische Stücke und mündliche Traditionen, begann Lods erst mit der Assyrerzeit. Damit ist er eigentümlich modern, rechnet doch die neuere Forschung erst von dieser Zeit an mit einer so weit entwickelten Schriftkultur im antiken Israel, die auch größere Texte hervorbringen kann. Dann wird bei Lods, zumindest in einigen Bereichen, deutlich das Bemühen greif‌bar, intertextuelle Einflüsse zu thematisieren. So behandelte er etwa eigens die prophetischen Einflüsse auf Zusätze in J oder in E (305–323). Schließlich finden sich bei ihm breite Erörterungen zu Parallelerscheinungen aus der altorientalischen Literatur. Lods’ Buch war also durchaus zukunftsweisend, doch als französischsprachiger Protestant blieb Lods sowohl im eigenen Land wie auch außerhalb wenig gehört. Vom Beginn der fünfziger Jahre bis in die achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts wurde es noch stiller um das Projekt einer alttestamentlichen Literaturgeschichte. Klaus Koch konnte 1964 feststellen, dass „das Unternehmen einer Literaturgeschichte mit Gunkels Tod sang- und klanglos unterging und gegenwärtig völlig vergessen ist“ (Koch 1964, 114). Der Begriff „Literaturgeschichte“ tauchte kaum auf, es entstanden auch keine neue Synthesen, und dies in einer Zeit, die jedenfalls in der deutschsprachigen protestantischen Theologie als eine Blütezeit der alttestamentlichen Wissenschaft gilt (Ebeling 1972, 26–27). Vermutlich sind verschiedene Faktoren für diesen doch auf‌f älligen Befund verantwort-

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lich: Zum einen stand die literaturgeschichtliche Fragestellung auch in den Literaturwissenschaften damals am Rande des Interesses. So hielt etwa Jauss in seiner Konstanzer Antrittsvorlesung 1967 fest: Literaturgeschichte ist in unserer Zeit mehr und mehr, aber keineswegs unverdient in Verruf gekommen. Die Geschichte dieser ehrwürdigen Disziplin beschreibt in den letzten 150 Jahren unverkennbar den Weg eines stetigen Niedergangs. Ihre Gipfelleistungen gehören allesamt in das 19. Jahrhundert. Die Geschichte einer Nationalliteratur zu schreiben, galt zu den Zeiten von Gervinus und Scherer, De Sanctis und Lanson als das krönende Lebenswerk des Philologen … Dieser Höhenweg ist heute schon eine ferne Erinnerung. Die überkommene Form der Literaturgeschichte fristet im geistigen Leben unserer Gegenwart nur mehr ein kümmerliches Dasein. (Jauss, 21970, 144)

En vogue war vielmehr die „werkimmanente Interpretation“ etwa im Sinne Emil Staigers (1955). Weiter stand die deutschsprachige protestantische Theologie mitsamt den Bibelwissenschaften deutlich unter dem Einfluss der Kerygmatheologie, für die die literaturgeschichtliche Fragestellung von untergeordnetem Interesse war. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Krieg eine Vielzahl von Einleitungen in das Alte Testament entstand, deren innerer, offenbar historisch inspirierter Auf‌bau namentlich im Bereich der Prophetenbücher leicht vom kanonischen Auf‌bau des Alten Testaments abwich, so dass sie gleichzeitig als Funktionsäquivalente für literaturgeschichtliche Darstellungen dienen konnten (vgl. Anderson 1957; Soggin 1968/69; Schmidt 1979). Selbst die epochemachende Theologie von Rads (1957/1960), in einer frühen Rezension sogar als Einleitung höherer Ordnung charakterisiert (Keller 1958; vgl. von Rad 1957, 7), lässt sich mit Vorbehalten hier einordnen. Ein Bedarf an einer eigenen Literaturgeschichte kam so kaum auf. Möglich und denkbar war dieses Verfahren in der Darstellung einer alttestamentlichen Einleitung allerdings nur so lange, als man von einer weitgehenden Konkordanz der biblischen Darstellung und des historischen Verlaufs der Geschichte Israels ausgehen konnte. Namentlich die Geschichtsbücher Genesis bis 2. Könige galten – vor allem was die Epochenfolge Erzväter, Exodus, Landnahme, Richterzeit, Königtum betriff‌t – als grundsätzlich vertrauenswürdig, so dass Einleitung und Literaturgeschichte in diesem Bereich parallel gehen konnten. Die Propheten mussten geringfügig umgruppiert werden, das betraf vor allem die Einordnung der drei „großen“ Propheten Jesaja, Jeremia und Ezechiel in ihre historischen Zeiten, während die Schriften generell als Ausdruck nachexilischer Frömmigkeit und Theologie interpretiert werden konnten. Dieses harmonistische Verständnis von Bibel und Literaturgeschichte, das sich auch in der Verhältnisbestimmung von Bibel und Geschichte Israels wiederfinden lässt, kann mit Manfred Weippert als „subdeuteronomistisch“ bezeichnet werden (1993, 73; vgl. Schmid 2018a). Vermutlich ist gerade dieses heute problematisch gewordene Konkordanzmodell für die Blüte alttestamentlicher Wissenschaft zwischen 1950 und 1980 mitverantwortlich gewesen.

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Eine gewisse Ausnahme unter den literaturgeschichtlich modifizierten Einleitungen bildete Norman Gottwalds soziohistorische Interpretation des Alten Testaments 1985. Er bemühte sich zwar um eine historische Darstellung der alttestamentlichen Literatur mit breit ausladender Darstellung der vorstaatlichen Traditionen, die aber einem gewissen Biblizismus erlag und gleichzeitig aufgrund seiner eigenwilligen marxistischen Theorievorgaben wenig Wirkung entfaltete. Eine eigentliche Literaturgeschichte ist dann erst wieder 1989 angegangen worden. Georg Fohrers knapper Abriss nannte seine Vorgänger, hielt diese aber für unzureichend: „Jedoch fehlten vor allem die Formkritik, welche die Redeformen und Gattungen untersucht, die Überlieferungskritik, die nach der Vorgeschichte der Schriften fragt, und die Redaktionskritik, die sich mit der Bearbeitung der schriftlichen Überlieferung befaßt“ (307 Anm. 2). Für Fohrer waren die bisherigen Entwürfe methodisch zu einseitig, zu sehr literarkritisch ausgerichtet – unter Ausblendung der weiteren exegetischen Methoden. Der Vorwurf ist zwar sehr pauschal formuliert, aber nicht ganz unzutreffend. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob damit das wichtigste Problem in der Geschichte der Disziplin „Literaturgeschichte des Alten Testaments“ benannt ist. Fohrers Kritik zielte allein auf die einleitungswissenschaftlichen Defizienzen der von ihm kritisierten Darstellungen, doch er formulierte für eine Literaturgeschichte des Alten Testaments keine grundsätzlich andersartigen Erfordernisse als für die Einleitungswissenschaft. Entsprechend blieb seine Literaturgeschichte eine chronologisch geordnete Einleitung in das Alte Testament, ohne diachrone und synchrone Textrelationen deutlich zu machen. Nicht lange nach Fohrers Buch veröffentlichte Otto Kaiser seinen Artikel zur Literaturgeschichte des Alten Testaments in der Theologischen Realenzyklopädie (1991). Für ihn bildet die „Literaturgeschichte des Alten Testaments die notwendige Ergänzung der analytischen Einleitungswissenschaft, deren Ergebnisse sie aufnimmt und im organischen Zusammenhang mit der politischen, sozialen, kulturellen und vor allem religiösen Geschichte Israels und des frühen Judentums darstellt“ (306). Umso erstaunlicher ist, dass Kaiser dieses Programm in seiner materialen Skizze nicht einlöste, sondern im Wesentlichen einen Kurzabriss einer Einleitung in das Alte Testament gab, die dem Kanon entlangging. Auch in seinem Sammelband, der den Begriff der Literaturgeschichte im Titel trägt (Kaiser 2000b; vgl. auch Ruppert 1994 sowie Vriezen/van der Woude 2005), geht es hauptsächlich um einleitungswissenschaftliche Fragen. Den bislang ambitioniertesten Versuch einer Literaturgeschichte nicht nur des Alten Testaments, sondern der gesamten christlichen Bibel hat sich das seit 1996 im Erscheinen begriffene, auf alttestamentlicher Seite von Walter Dietrich betreute Projekt „Biblische Enzyklopädie“ vorgenommen (Lemche 1996; Fritz 1996b; Dietrich 1997; Schoors 1998; Albertz 2001; Gerstenberger 2005; Haag 2003; W. Stegemann 2009; E. Stegemann/W. Stegemann 2019), das allerdings den Begriff der Literaturgeschichte nicht prominent verwendet.

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A. Aufgabe, Geschichte und Probleme Es handelt sich dabei um eine auf zwölf Bände angelegte Reihe, die in neun Bänden die Zeit und Literatur des Alten, und in drei weiteren Bänden diejenige des Neuen Testaments behandeln will. Die jeweiligen Teilbände sind nach einem einheitlichen Grundschema aufgebaut: Zunächst wird das biblische Bild der zu besprechenden Epoche dargestellt, dann folgt ein Versuch ihrer geschichtlichen Rekonstruktion sowie eine Darstellung der zeitgenössischen Literatur, den Abschluss bildet die Frage nach dem theologischen Ertrag. Schon diese Vorgabe in der Stoffdisposition zeigt, dass das Interaktionsverhältnis zwischen der Geschichte und ihrer Darstellung in der Bibel ganz im Zentrum der „Biblischen Enzyklopädie“ steht: Ausgehend von der biblischen Präsentation der Geschichte wird diese mit den historischen Erkenntnissen konfrontiert und literaturgeschichtlich sowie theologisch bedacht. Für die historischen Fragen benutzen die Bände der Biblischen Enzyklopädie – entsprechend der hier besonders sich wandelnden Forschung – breit die neueren Ergebnisse aus der Bibelkritik, der Archäologie sowie der Altorientalistik, die allerdings nicht zu durchgängig kompatiblen Interpretationen führen. Was die Bibel von den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob oder Mose erzählt, ist für Lemche nicht Geschichte, sondern Fiktion, sind „schöne Geschichten“ (1996, 220), die nach seiner Meinung erst im „5., 4. oder sogar 3. Jahrhundert“ (217), also gut 1000 Jahre später als ihre biblische Ansetzung, entstanden sind. Schoors datiert die Anfänge der Erzelterngeschichte immerhin in das 8. Jahrhundert (176–177), während Dietrich für „Teile der Väter-, jedenfalls aber für die Mosegeschichte“ Entstehungszeiten noch vor der frühen Königszeit vermutet, „bei der Urgeschichte und erst recht beim Sinai“ seien sogar vorstaatliche Vorformen „kaum auszuschließen“ (1997, 228). Den Leserinnen und Lesern der „Biblischen Enzyklopädie“ werden so einige Kohärenzprobleme zugemutet, die zwar durchaus die Disparatheit der gegenwärtigen Diskussionslage widerspiegeln, jedoch nicht argumentativ aufeinander abgestimmt sind. Die Auf‌teilung der Epochen in den Bänden der „Biblischen Enzyklopädie“ gibt eine grobe historische Leitlinie ab, die im Wesentlichen dem Geschichtsbild der Bibel selbst folgt und damit – jedenfalls für diese Epochenfolge – eine grundsätzliche Konkordanz zwischen Bibel und Historie insinuiert, die aber gerade in Frage steht: Sind etwa die Erzväter- und die Richterzeit tatsächlich zwei aufeinanderfolgende Epochen, wie es die Bibel will, oder handelt es sich, gerade historisch gesehen, nicht viel eher um zwei Darstellungen, die denselben Zeitraum, aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln betreffen? Auch wäre zu fragen, gerade wenn man so sehr Wert auf Fragen der Entstehung der biblischen Literatur legt, ob die Gewichte in der Epochenauf‌teilung richtig verteilt sind: Von neun alttestamentlichen Bänden behandeln deren sechs die vorexilische Zeit. Angesichts des Befundes, dass es kein einziges Buch in der Bibel gibt, das in vorexilischer Gestalt auf uns gekommen ist, muss die relative Geringschätzung der in einem einzigen Band abgehandelten Perserzeit erstaunen, die vielleicht als die wichtigste Epoche literarischer Tätigkeit im Alten Testament zu gelten hat.

Die „Biblische Enzyklopädie“ ist ein Projekt, das zweifellos an der Zeit ist, doch der „subdeuteronomistische“ Gesamtaufriss und die mitunter fragmentarische Kohärenz der verschiedenen Bände lassen Fragen offen. Weiter ist der kurze Entwurf von Christoph Levin (2001) zu nennen, der sich als eine integrierte Literatur-, Religions- und Theologiegeschichte versteht. Levins Credo besteht darin, dass das Alte Testament ein Literaturdokument des frühen Judentums sei; vorperserzeitliche Texte enthalte es nur noch in „Reste[n]“ (27).

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Die Knappheit der Darstellung und die umfassende Ausrichtung machen es dem Büchlein allerdings unmöglich, literaturgeschichtliche Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Positionen des Alten Testaments deutlich herauszuarbeiten. Schließlich hat Reinhard Kratz (2013) eine Skizze vorgelegt, die einen früheren Entwurf (2006c) aufnimmt und ihn im Zusammenhang mit einem Abriss der Geschichte Israels und der Frage von Archiven im antiken Israel präsentiert. Man erkennt aus diesem forschungsgeschichtlichen Überblick, dass das Projekt einer Literaturgeschichte des Alten Testaments zum einen nicht sehr häufig angegangen worden ist – für neuere neutestamentliche Gegenstücke lässt sich auf Köster (1971; 1980, eigenartigerweise unter dem Titel „Einleitung“ erschienen), Vielhauer (1975), Strecker (1992) und Theißen (2007; vgl. dazu Wischmeyer 2010) verweisen – und zum anderen in den meisten dieser Zugänge oft kaum mehr unternommen worden ist, als eine Einleitung des Alten Testaments statt in kanonischer nun in historischer Ordnung abzubilden. Eben dadurch verpasst aber eine solche Darstellung ihre genuin literaturgeschichtliche Pointe: Wie verhalten sich denn nun zeitgleiche Texte und Schriften in ihrem historischen Kontext sachlich zueinander? Nehmen sie aufeinander Bezug? Welche Positionen entwickeln sich aus welchen literaturgeschichtlichen Vorgaben? Eine Literaturgeschichte des Alten Testaments ist nur dann sinnvoll, wenn sie einen Mehrwert gegenüber der – für sich genommen vollkommen legitimen, aber eben anders perspektivierten – einleitungswissenschaftlichen Diskussion erbringt. 3. Theologische Einordnung Die Anwendung des Begriffes einer Literaturgeschichte auf die Bibel, der mutatis mutandis für die weiteren altorientalischen Literaturen ohne weiteres geläufig ist (vgl. Weber 1907; Hallo 1975; Röllig 1978; Edzard, Röllig, von Schuler 1987–1990; Knauf 1994, 221–225; Loprieno 1996; Burkard/Thissen 2003; Veldhuis 2003, 10; Quack 2005; Haas 2006, 16–17; Utzschneider 2006; Ehrlich 2009), verdankt sich einer bestimmten theologischen Grundüberzeugung, die in den Anfängen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft in der frühen Neuzeit wurzelt: Die Bibel ist Literatur wie jede andere antike Literatur auch (Rogerson 2001), und deshalb ist sie auch entsprechend auszulegen – unter Verzicht auf eine besondere Sakralhermeneutik (vgl. Schmid 2019, 99–101). Das heißt: Der wirkungsgeschichtlich begründete Status der Bibel als Heiliger Schrift „schützt“ sie nicht vor dem kritischen Zugriff der Vernunft, vielmehr kann und muss sie sich diesem aussetzen – gerade aus theologischen Motiven heraus, nämlich wenn ihre Ausleger einen allgemeinen Wahrheitsanspruch mit ihr verbinden und nicht im Status von Sondergruppensemantikern verbleiben wollen. Mit der Deklaration, die Bibel sei Literatur, verbindet sich also kein antitheologischer Impetus: Es geht nicht

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darum, die Bibel von der Heiligen Schrift zur Literatur zu „degradieren“, vielmehr im Gegenteil darum, ihren Status als Heilige Schrift aus ihren Texten selbst zwar nicht zu begründen, aber doch an diese zurückzubinden (Schmid 1999a; Schmid 2019, 96–112). Hinzu tritt die bereits erwähnte Selbstdarstellung des Alten Testaments als Literaturgeschichte, die exegetisch und theologisch eigens zu würdigen ist. Wohl am entschiedensten hat mit dieser Eigenart des Alten Testaments Gerhard von Rad Ernst gemacht, der die Überzeugung vertrat, dass die adäquateste Form einer Theologie des Alten Testaments diejenige ist, die ihr selbst über weite Strecken hin entspricht, nämlich diejenige der Nacherzählung (von Rad 1957, 126). Eine Literaturgeschichte des Alten Testaments kann die theologische Nacherzählung des Alten Testaments vor allem um den Aspekt der Klärung seiner innerbiblischen Diskussionen ergänzen. Gerade in einer forschungsgeschichtlichen Situation, die sich von Rad in vielem verpflichtet weiß (Schmid 2019, 39–42) – aber auch gerade in der Frage der grundsätzlich heilsgeschichtlichen Prägung des Alten Testaments über ihn hinaus gegangen ist –, stellt sich die Frage immer drängender, wie das Eigenkonzept der alttestamentlichen Texte aussieht und wie deren Pluralität im Alten Testament selbst strukturiert ist. 4. Das Alte Testament als Ausschnitt der Literatur des antiken Israel Eine am Textmaterial des Alten Testaments durchgeführte Literaturgeschichte unterscheidet sich zwar nicht in der Methode, aber doch in ihrem Gegenstand erheblich von anderen entsprechenden Zugangsweisen zu nichtbiblischen Literaturen, etwa einer Geschichte der neueren deutschen Literatur. Der Grund dafür liegt darin, dass das Alte Testament nicht die literarische Hinterlassenschaft des antiken Israel umfasst, sondern nur einen Teil daraus, der aufgrund einer bestimmten Selektion und/oder Reinterpretation zur „Hebräischen Bibel“ oder zum „Alten Testament“ geworden ist (vgl. Stolz 1997, 586; Schmid 2019, 113–122). Es wird kaum mehr möglich sein festzustellen, in welchem quantitativen Verhältnis diese nachmalig kanonischen Größen zur ehemaligen Literatur des antiken Israel stehen. Unbestreitbar ist aber, dass es diese weitergreifende Literatur gegeben hat. Man denke zum Vergleich nur an die zahlreichen antiken Schriften außerhalb Israels, von denen man lediglich durch Nennungen oder Zitate bei verschiedenen Schriftstellern Bescheid weiß. Das epigraphische Textgut gibt, wenn man die transjordanischen Nachbarn Israels und Judas miteinbezieht, bei aller Fragmentarität noch eine recht gute Anschauung dessen, was man sich vorzustellen hat (Renz/Röllig 1995–2003; Smelik 1987). Vielleicht am eindrucksvollsten, wenn auch nach wie vor schwer verständlich ist das „Buch Bileams“ (TUAT II, 138–148; vgl. Blum 2008a; 2008b; 2019), von dem eine Abschrift als Wandinschrift im ostjordanischen Tell Deir ʿAlla erhalten

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geblieben ist, dessen Incipit als spr („Buch[rolle]“) darauf hinweist, dass es sich bei diesem Text ursprünglich um eine Buchrolle gehandelt hat. Die Mescha-Inschrift (TUAT I, 646–650) basiert auf Annalenexzerpten und belegt damit bereits das Vorhandensein einer auslegenden Schriftkultur (Knauf 1994, 129; vgl. Dearman 1989). Auch die Siloah-Inschrift (TUAT II/4, 555–556) ist wohl ein Exzerpt, was aus der fehlenden Dedikation und der ausgesparten Nennung des Bauherrn hervorgeht (Knauf 2001c). Aus Ammon ist auf einer Bronzeflasche ein Stück Lyrik überliefert (Thompson/Zayadine 1974; Coote 1980; Knauf 1994, 127): Die Werke Amminadabs, Königs der Ammoniter, Sohnes des Hassilʾil, Königs der Ammoniter, Sohnes des Amminadab, Königs der Ammoniter: der Weingarten und Obstgarten und die Terrassenmauer(n) und ein Wasserreservoir. Möge er jauchzen und fröhlich sein viele Tage und lange Jahre.

Man mag allerdings zögern, bei diesen Beispielen von „Literatur“ zu sprechen, da sich mit diesem Begriff ein gewisser quantitativer Umfang sowie ein qualitativer Anspruch der entsprechenden Texte verbindet. Doch lässt sich von diesen Funden her, die aufgrund der materialen Schriftträger notgedrungen nicht sehr umfangreiche Beschriftungen bezeugen, mit Fug und Recht vermuten, dass es weitere, umfangreichere Texte auf Papyrus und Leder im antiken Israel gegeben hat. Diese haben – bis auf wenige Ausnahmen (Schmid 1996a, 36 Anm. 164) – nicht überlebt, ihr ehemaliges Vorhandensein ist aber wahrscheinlicher als ihre Nichtexistenz. Ja, das Alte Testament kennt selber einige Quellenangaben, die jedenfalls nicht in ihrer Gesamtheit fiktiv sind: So werden etwa genannt (1) das Buch der Kriege Jhwhs (Num 21,14), (2) das Buch des Aufrechten (yšr) (Jos 10,13; 2Sam 1,18) (Keel 2007, 139–140), (3) das Buch des Liedes (šyr) (1Kön 8,53a LXX), (4) das Buch der Geschichte Salomos (1Kön 11,41), (5) das Buch der Geschichte der Könige von Israel (1Kön 14,19), (6) das Buch der Geschichte der Könige von Juda (1Kön 14,29) (vgl. Christensen 1998; Haran 1999; Vriezen/van der Woude 2005, 3–8; Naʾaman 2006). Das Buch des „Aufrechten“ und des „Liedes“ sind wahrscheinlich identisch: Der determinierte, aus sich kaum verständliche Titel „des Liedes“ ist vermutlich aufgrund einer Verschreibung von yšr „aufrecht“ zu šyr „Lied“ zustande gekommen (Keel 2007, 139). Ob es ein Buch der Geschichte Salomos gegeben hat, mag man aufgrund der kulturgeschichtlichen Schwierigkeiten dieser Annahme sehr bezweifeln. Immerhin wird aus dem Verweis aber deutlich, dass in den Büchern der Geschichte der Könige von Juda bzw. von Israel wohl nichts über Salomo stand. Zusätzlich zu rechnen ist mit weiteren vorexilischen Überlieferungen, die vor allem nach der Katastrophe Jerusalems im Jahr 587 v. Chr. ausselektioniert worden sind. Besonders zu nennen sind hier heilsprophetische Überlieferungen, von denen nicht auszuschließen ist, dass sie ebenfalls schriftlich vorgelegen haben, wenn man nicht der strikten These zuneigen will, dass Schriftprophetie und Ge-

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richtsprophetie koinzidieren (Kratz 1997b; 2003b). Die neuassyrischen Befunde zeigen jedenfalls, dass auch reine Heilsprophetie schriftlich aufgezeichnet werden konnte, auch wenn sich daraus keine Vorgänge der langzeitigen schriftgelehrten Tradentenprophetie wie in Israel ergaben (Jeremias 1994; Steck 1996). Man kann sogar erwägen, ob nicht die frappante formgeschichtliche Nähe der Heilsorakel Deuterojesajas zu den fast um ein Jahrhundert älteren neuassyrischen Prophetien (TUAT II, 56–82), die nach dem Untergang des neuassyrischen Reiches kaum mehr zugänglich gewesen sein dürf‌ten, darauf schließen lässt, dass es königszeitliche Heilsprophetien in Juda nach neuassyrischer Art gegeben hat, die die Deuterojesajaprophetie noch maßgeblich beeinflusst hatten. Diese Texte konnten dann nach der Abfassung von Jes 40–55 im Schulbetrieb ersetzt werden. Die Literaturgeschichte des Alten Testaments betriff‌t also lediglich einen Ausschnitt der althebräischen Literaturgeschichte, der nur ex post beschreibbar ist: Die Literaturgeschichte des Alten Testaments behandelt diejenigen Texte, die sich als Gebrauchstexte in der Jerusalemer Tempelschule und nachher sowie deswegen als Heilige Schrift durchgesetzt haben. Insofern bildet sie – anders als etwa eine Geschichte der deutschen Literatur – ein zwar in vielerlei Hinsicht disparates, aber doch sachlich und wirkungsgeschichtlich zusammenhängendes Korpus. Man kann sogar so weit gehen und festhalten, dass die Literaturgeschichte des Alten Testaments gleichzeitig seine nachmals orthodoxe oder zumindest in orthodoxem Sinn rezipierbare Theologiegeschichte dokumentiert. Die alttestamentliche Literaturgeschichte bildet nicht die Religionsgeschichte Israels ab, die zudem über weite Strecken hin nur über nichtsprachliche Darstellungsformen greif‌bar ist (vgl. Stolz 1997, 586), sondern bietet deren theologiegeschichtlich differenzierte Interpretation, die bestimmten Selektionskriterien unterworfen war. Die aus dem ägyptischen Elephantine erhalten gebliebenen jüdischen Texte der mittleren Perserzeit zeigen mit ihrer beschränkt polytheistischen Frömmigkeit und der Erwähnung eines eigenen Tempels demgegenüber ein Beispiel einer religionsgeschichtlichen Verlängerung der Königszeit an: Die Anfänge der Kolonie gehen wahrscheinlich schon auf das 6., vielleicht sogar auf das 7. Jahrhundert v. Chr. zurück, deren Verhältnisse sie offenbar „besser“ bewahrt hat als das Judentum im Mutterland (Keel 2007, 783–784; Granerød 2016; van der Toorn 2019). Ein literaturgeschichtlicher Zugang zum Alten Testament öffnet also ein Fenster in die zumeist elitären Segmente der religiösen Wirklichkeit des antiken Israel, in die Welt der des Schreibens kundigen Priester, Weisheitslehrer usw. Entsprechend kommt im Folgenden der religionssoziologischen Ebene des Staatskultes die größte Bedeutung zu, während Elemente der besonders in der vorpersischen Zeit weitgehend illiterat funktionierenden Familien-, Lokal- und Regionalkulte nur insofern eine Rolle spielen, als sie im Rahmen des Staatskultes rezipiert worden sind.

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5. Hebräische Bibeln und Alte Testamente Das Alte Testament gibt es ebenso wenig wie die Hebräische Bibel, sondern die jüdische und die christliche Tradition kennen unterschiedliche Anordnungen der biblischen Bücher, die christliche Tradition zudem – in den unterschiedlichen Kanons der verschiedenen Konfessionen und Kirchen – unterschiedliche Buchbestände (vgl. Lim 2013; McDonald 2017; Schmid/Schröter 2019). Hebräische Bibeln – im Sinne der Heiligen Schrift des Judentums – in der geläufigen Standardanordnung bestehen aus den drei Teilen Tora, Neviʾim und Ketuvim und können deshalb auch abgekürzt Tanach (TNK) heißen (siehe unten S. 34). Die Tora umfasst die Bücher Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium (so die in der Bibelwissenschaft gebräuchlichen Bezeichnungen), die Neviʾim beinhalten die Bücher Josua, Richter, 1.–2. Samuel, 1.–2. Könige, Jesaja, Jeremia, Ezechiel sowie das Zwölfprophetenbuch (Hosea bis Maleachi), die Ketuvim schließlich werden gebildet aus den Büchern Psalmen, Hiob, Sprüche, Ruth, Hoheslied, Prediger, Klagelieder, Esther, Daniel, Esra-Nehemia und 1.–2. Chronik (in jüdischen Bibelausgaben ist die Standardanordnung der Bücher Psalmen bis Esther die folgende: Psalmen, Sprüche, Hiob, Hoheslied, Ruth, Klagelieder, Prediger, Esther). Im Bereich der Neviʾim und der Ketuvim sind folgende Unterabteilungen geläufig: Die Bücher Josua bis Könige werden als die sogenannten „Vorderen Propheten“ zusammengefasst, Jesaja bis Maleachi als die „Hinteren Propheten“. In den Ketuvim bilden Ruth, Hoheslied, Prediger, Klagelieder und Esther die sogenannten „Megillot“, also die fünf „Rollen“, die bestimmten Festen zugeteilt sind, was allerdings erst seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. belegt ist: Ruth gehört zu Schawuot, das Hohelied zu Pessach, Prediger zu Sukkot, Klagelieder zum 9. Av, Esther zu Purim. In der handschriftlichen Tradition Hebräischer Bibeln sind aber auch abweichende Anordnungen der Bücher bezeugt (Beckwith 1985; Brandt 2001). Was sich allerdings immer gleich bleibt, sind die drei Kanonteile Tora, Neviʾim und Ketuvim und die darin befindliche Anzahl Bücher. Rechnet man aus, wie viele Variationsmöglichkeiten unter diesen zwei Bedingungen theoretisch möglich sind, so kommt man auf 120 Variationen für die 5 Bücher der Tora, auf 40 320 Variationen für die 8 Bücher der Neviʾim (wenn man die zwölf kleinen Propheten nach antiker Gepflogenheit als ein Buch zählt) und auf knapp 40 Millionen Variationen für die Ketuvim. Die Überlieferung hat diese Möglichkeit aber bei weitem nicht ausgeschöpf‌t. Für die Tora gilt immer dieselbe Abfolge. Für die Neviʾim sind mindestens 9 Variationen bezeugt, die aber alle die Hinteren Propheten betreffen, da Genesis bis Könige einen narrativ chronologisch geordneten Zusammenhang darstellen und insofern inhaltlich kaum veränderbar sind. Für die Ketuvim ist die Ordnung relativ flüssig, hier sind mindestens 70 unterschiedliche Anordnungen bezeugt.

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A. Aufgabe, Geschichte und Probleme Die wichtigste Variante in den Neviʾim findet sich im babylonischen Talmud (bBB 14b– 15a). Dort ist für die vier Prophetenbücher (Jesaja, Jeremia, Ezechiel, Zwölfprophetenbuch) die Abfolge Jeremia, Ezechiel, Jesaja, Zwölfprophetenbuch belegt. Begründet wird dies mit einer theologischen Überlegung: Jeremia sei „ganz Gericht“, Ezechiel „halb Gericht, halb Trost“ und Jesaja sei „ganz Trost“. Nun wird allerdings schon aufgrund einer flüchtigen Lektüre dieser Bücher schnell klar, dass diese Bestimmung sachlich nicht zutriff‌t: Alle drei großen Prophetenbücher enthalten Gerichts- und Heilsaussagen und sind insofern gleicherweise „halb Gericht, halb Trost“. Weshalb aber kommt der babylonische Talmud dann auf diese Anordnung? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man auf die Buchumfänge der vier Prophetenbücher achtet: Das Jeremiabuch umfasst 21 819 Wörter, das Ezechielbuch 18 731 Wörter, das Jesajabuch 16 930 Wörter und das Zwölfprophetenbuch 14 357 Wörter (Jenni/Westermann 2004, II, 539–540 [Statistischer Anhang]). Die Anordnung im babylonischen Talmud ist also offenkundig von den Umfängen der Bücher her motiviert, und die gegebene theologische Begründung liefert eine Nachrationalisierung dieser Reihung nach Buchlänge. In den Ketuvim variieren die Anordnungen zum Teil sehr stark. An dieser Stelle müssen folgende Beispiele genügen: Der Codex Aleppo und der Codex Leningradensis (B19A), zwei der wichtigsten alten Handschriften der Hebräischen Bibel aus den Jahren 950 und 1008 n. Chr., bieten die Chronik ganz zu Beginn der Ketuvim. Offenbar ist die Chronik, die ja breit von der Einrichtung des Tempelkults unter David und Salomo erzählt, damit als „historische“ Einleitung zu den Psalmen verstanden. Die heute geläufigen Standardanordnungen stellen die Chronik hingegen ganz an den Schluss der Ketuvim, damit die gewichtige „Exodus“-Aussage 2Chr 36,23b („Wer immer von euch aus seinem ganzen Volk ist – Jhwh, sein Gott, sei mit ihm, und er ziehe hinauf !“) den Tanach beschließt. Eine andere, in den Handschriften häufig bezeugte Variante besteht darin, Ruth vor den Psalmen einzuordnen: Am Schluss des Buches Ruth leitet die Genealogie Davids zu den Psalmen über und bietet insofern eine alternative „historische“ Kontextualisierung dieses Buchs.

Für das christliche Alte Testament muss nach den unterschiedlichen Konfessionen unterschieden werden. In geläufigen protestantischen Bibelausgaben sieht sein Auf‌bau wie folgt aus: Unter einer ersten Rubrik sind die „Geschichtsbücher“ versammelt: Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium, Josua, Richter, Ruth, 1.–2. Samuel, 1.–2. Könige, 1.–2. Chronik, Esra, Nehemia, Esther. Es folgen dann die „poetischen Bücher“ Hiob, Psalmen, Sprüche, Kohelet, Hoheslied und schließlich die „prophetischen Bücher“ Jesaja, Jeremia, Klagelieder, Ezechiel, Daniel, Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja, Haggai, Sacharja und Maleachi. Dieses Alte Testament kennt also ebenfalls eine Dreiteilung, die aber anderer Natur ist als diejenige in der Hebräischen Bibel. Die erste Überschrift fasst unter „Geschichtsbücher“ die Tora und die Vorderen Propheten zusammen, zusätzlich aber gehören noch die ebenfalls narrativen Bücher Ruth, Chronik, Esra, Nehemia und Esther hinzu. Das zweite Abteil („Poetische Bücher“) enthält eine wichtige Auswahl aus den Ketuvim: Hiob, Psalmen, Sprüche, Kohelet, Hoheslied. Der dritte Teil („Prophetische Bücher“) beinhaltet die Hinteren Propheten der Hebräi-

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schen Bibel, also Jesaja, Jeremia, Ezechiel sowie die 12 kleinen Propheten, zusätzlich aber noch Klagelieder, die in der griechischen Tradition auf Jeremia als Autor zurückgeführt werden, sowie das Danielbuch, das entstehungsgeschichtlich in die Makkabäerzeit gehört und wohl deshalb nicht mehr im bereits geschlossenen hebräischen Kanonteil Neviʾim Aufnahme gefunden hat und in der Hebräischen Bibel als prophetisches Buch in die Ketuvim eingereiht werden musste. Römisch-katholische Bibelausgaben kennen zwar denselben Grobauf‌bau, verfügen aber über sieben weitere Bücher. Nach Nehemia sind noch Tobit und Judith eingestellt, nach Esther folgen zwei Makkabäerbücher, nach dem Hohenlied finden sich noch die Weisheit Salomos und Jesus Sirach, nach Klageliedern noch Baruch. Zusätzlich sind Esther und Daniel um einige Kapitel umfangreicher (die sogenannten „Zusätze zu Esther und Daniel“). Der größere Umfang des Alten Testaments in römisch-katholischen Bibeln rührt daher, dass die römisch-katholische Kirche auf dem Tridentinischen Konzil (1545–1547) die Vulgata in ihrem gegenüber der Hebräischen Bibel weiteren Bücherbestand als Heilige Schrift kanonisierte – im Sinne einer gegenreformatorischen Entscheidung. Es handelt sich bei diesem Konzilsbeschluss im Übrigen um das einzige Kanondekret im Christentum – oder anders gesagt: Nur die römisch-katholische Kirche hat ihre Bibel per autoritativen Beschluss auf einen bestimmten Bücherbestand festgelegt. Der weitere Umfang des Alten Testaments der Vulgata geht seinerseits auf die sogenannte Septuaginta zurück, die alte griechische Übersetzung des Alten Testaments (Tilly 2005). Aus ihr stammt auch die andersartige Reihenfolge der christlichen gegenüber den jüdischen Bibeln, wie aus der Darstellung auf der folgenden Seite ersichtlich ist (vgl. zu den einzelnen Handschriften: Swete 21914, 201–214; Beckwith 1985: Brandt 2001; McDonald/ Sanders 2002, 588; McDonald 32007, 422.451; Schmid 2019, 53–76). Wie in der hebräischen Überlieferung, so ist auch in der griechischen – allerdings nach Handschriften – zu differenzieren. Zur Bücherfolge in den großen Septuaginta-Handschriften lässt sich im Einzelnen Folgendes festhalten: Gemeinsam ist den großen Codices Sinaiticus (‫)א‬, Alexandrinus (A) und Vaticanus (B), dass sie zum einen Ruth an der vom Erzählablauf her passenden Stelle zwischen Richter und 1. Samuel einordnen* und zum anderen auf Genesis bis 2. Könige nicht das corpus propheticum, sondern die Chronikbücher folgen lassen. Danach gehen ‫א‬, A und B getrennte Wege: In ‫ א‬und B folgen auf die Chronikbücher die Bücher Esra-Nehemia, ‫ א‬schließt daran Esther, Tobit, Judith und 1.–4. Makkabäer an und bildet so ein großes historiographisches Korpus von der Schöpfung bis zu den Makkabäern. Darauf folgen in ‫ א‬die Propheten sowie die übrigen Schriften. B lässt auf Chronik und Esra-Nehemia die Psalmen, Proverbien, Kohelet, Canticum canticorum, Hiob, Sapientia Salomonis, Jesus Sirach, Esther, Judith und Tobit folgen und bietet die Propheten in Schlussposition. In A sind Esra-Nehemia

* Im Codex Sinaiticus fehlen Ruth und Samuel, doch ist Ruth in den Vorderen Propheten vorausgesetzt.

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Hebräische Bibel

Septuaginta

Tora („Gesetz“)

Geschichtsbücher

 Genesis  Exodus  Leviticus  Numeri  Deuteronomium

 Genesis  Exodus  Leviticus  Numeri  Deuteronomium  Josua  Richter  Ruth   1.–2. Basileion (= 1.–2. Samuel)   3.–4. Basileion (= 1.–2. Könige)   1.–2. Chronik   1. Esdras   2. Esdras (= Esra-Nehemia)  Esther  Judith  Tobit   1.–4. Makkabäer

Neviʾim („Propheten“)   Vordere Propheten  Josua  Richter   1.–2. Samuel   1.–2. Könige   Hintere Propheten  Jesaja  Jeremia   Ezechiel (Hesekiel)   Zwölfprophetenbuch (= Hosea,   Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha,   Nahum, Habakuk, Zephanja,   Haggai, Sacharja, Maleachi) Ketuvim („Schriften“)  Psalmen  Hiob   Sprüche (Sprichwörter, Proverbien)  Ruth   Hoheslied (Canticum canticorum)   Prediger (Kohelet)   Klagelieder (Threni)  Esther  Daniel  Esra-Nehemia   1.–2. Chronik

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Poetische Bücher  Psalmen   Sprüche (Sprichwörter, Proverbien)   Prediger (Kohelet)   Hoheslied (Canticum canticorum)  Hiob   Weisheit Salomos (Sapientia  Salomonis)   Jesus Sirach (Ben Sira)   Psalmen Salomos Prophetische Bücher   Zwölfprophetenbuch (= Hosea,   Amos, Micha, Joel, Obadja, Jona,   Nahum, Habakuk, Zephanja,   Haggai, Sacharja, Maleachi)  Jesaja  Jeremia  Baruch   Klagelieder (Threni)   Epistula Jeremiae   Ezechiel (Hesekiel)  Daniel

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von Chronik getrennt; dort stehen nach Genesis bis Könige und Chronik die Prophetenbücher und dann die übrigen Schriften. Die Septuaginta zeigt also ein gewisses Bestreben, die geschichtlichen Überlieferungen zusammenzustellen und chronologisch zu ordnen. Besonders ausgeprägt ist dies in ‫ א‬der Fall, aber auch die Anordnung von B scheint in diesem Sinn gedacht zu sein, indem auf die Geschichtsdarstellungen Genesis bis Könige und Chronik bis Esra-Nehemia zunächst die Bücher „Davids“ (Psalmen) und „Salomos“ folgen (Proverbien, Kohelet, Canticum canticorum und, unterbrochen durch Hiob, Sapientia Salomonis), dann kommen Jesus Sirach, Esther, Judith, Tobit und schließlich die Prophetenbücher. Chronologische Gesichtspunkte scheinen auch die Binnenanordnung der Propheten bestimmt zu haben: Hosea, Amos, Micha, Joel, Obadja, Jona und die übrigen der „kleinen Propheten“ stehen vor Jesaja, Jeremia, Ezechiel und dem in der Septuaginta auch zu den Propheten gezählten Daniel. Die Vorordnung der „kleinen“ vor die „großen“ Propheten bringt zudem den Effekt mit sich, dass Jesaja, Jeremia und Ezechiel mit ihren messianischen Weissagungen und vor allem auch Daniel mit der Menschensohnvision (Dan 7) näher an das nachfolgende Neue Testament heranrücken.

Die protestantischen Kirchen forderten in ihrem humanistisch motivierten Rückgriff auf die Hebräische Bibel, dass nur deren Bücher im Kanon des Alten Testaments bleiben sollten, und erklärten die weiteren Bücher der Alten Testamente in der Septuaginta und Vulgata zu sogenannt apokryphen oder deuterokanonischen Büchern (zur Terminologie Gertz 2019, 32–35), die zwar lesenswert, aber in ihrem theologischen Rang und Wert den anderen Schriften nachzuordnen seien. Über den größeren Kanon des Alten Testaments der römisch-katholischen Kirche sind weiter die noch umfangreicheren Kanons der orientalischen Kirchen, namentlich der äthiopischen Christenheit, zu nennen, die auch das Henoch- und Jubiläenbuch zu ihrem Alten Testament zählen. Die nachfolgende Darstellung wird sich auf das hebräische Alte Testament in seiner Standardanordnung konzentrieren und die weiteren Schriften umfangreicherer Kanonbestände – die vor allem die hellenistische Zeit betreffen – nur summarisch behandeln. 6. Das Problem eines „Urtextes“ des Alten Testaments Vor allem seit den Qumranfunden ist deutlich geworden, dass das herkömmliche Bild eines „Urtexts“ der Hebräischen Bibel, der bei der Kanonisierung ihrer Bücher jeweils fixiert worden wäre, erheblich zu differenzieren ist (Dahmen u. a. 2000; Flint 2001; Fabry 2006; Tov 2006; Lange/Tov 2016; 2017; Schmid/Schröter 2019, 43–63). Die Bibelhandschriften in Qumran, aber auch die antiken Versionen zeigen eine breitgefächerte Überlieferung verschiedener Textgestalten derselben biblischen Bücher, so dass man mit Blum zunächst festhalten muss: „Es gibt in etwa so viele Endgestalten wie Textzeugen“ (Blum 1991, 46) – der biblische Text liegt nirgends vor, schon gar nicht fixiert in einem bestimmten Textzeugen. Die Diversität der Textüberlieferung um die Zeitenwende kann man sich vielleicht

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entsprechend dem heutigen Nebeneinander moderner Bibelübersetzungen vorstellen: Sie sind als Ausgaben derselben Bücher erkennbar, aber in ihrem Wortlaut und ihren Bücheranordnungen nicht immer identisch. Man muss sich jedenfalls davor hüten, die Verhältnisse der einlinigen und buchstabengetreuen Textüberlieferung der rabbinischen Zeit auf die Zeit davor zurückzuprojizieren. Dass die von Qumran bezeugte Textvielfalt zugunsten eines Standard-Konsonantentexts, wie er in der frühmittelalterlichen masoretischen Handschriftenlage bezeugt ist, gewichen ist, verdankt sich keiner bestimmten lehramtlichen Entscheidung, sondern, wenn auch nicht ausschließlich, so doch hauptsächlich dem Umstand, dass die (pharisäisch-)rabbinische Richtung, der maßgebliche Traditionsstrang des Judentums nach dem Jüdischen Krieg (66–70 n. Chr.), die nachmalig masoretische Texttradition benutzte und pflegte. Allerdings darf man sich von der divergenten Überlieferungslage in Qumran auch nicht täuschen lassen. Vor allem Adam S. van der Woude (1992) hat ganz zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verhältnisse in Qumran nicht für das Judentum vor 70 n. Chr. verallgemeinerbar sind. Schon die Textfunde in Masada und im Wadi Murabbaʿat (Tov 1997) bezeugen nicht dieselbe Vielfalt wie Qumran, sondern einen Konsonantentext, der zur protomasoretischen Texttradition gehört, und die griechische Zwölfprophetenrolle aus Naḥal Ḥever, die in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. zu datieren ist, bietet bereits eine LXXRevision in protomasoretischem Sinn (van der Woude 1992, 161). Das bedeutet aber, dass neben der Textvielfalt, die Qumran bezeugt, auch eine Tendenz im Judentum vor 70 n. Chr. festzustellen ist, die darauf hindrängte, den Bibeltext zu standardisieren (vgl. Schwartz/Weiss 2012). Van der Woude (1992, 63 Anm. 33) rechnet damit, dass vor allem am Zweiten Tempel in Jerusalem eine relativ einheitliche, nämlich die nachmalig masoretische Texttradition gepflegt wurde. So ist in gewandelter Hinsicht die Annahme eines „Urtextes“ der Hebräischen Bibel beizubehalten: Die reine kanonische Form des Bibeltextes hat es zwar nie gegeben, da kanonische Fixierung offenbar nicht Schutz des Buchstabens in jeder Hinsicht bedeutete, wohl aber protomasoretische Vorformen des nachmaligen Standardtextes, die in den für die Entstehung der Hebräischen Bibel maßgeblichen Kreisen am Zweiten Tempel geprägt und tradiert wurden. Anhand einer ganzen Reihe von biblischen Büchern – wie etwa Josua, Samuel und Könige, Jeremia, Ezechiel – ist dabei der textgeschichtlichen Forschung deutlich geworden, dass in diesen Fällen die aus der Septuaginta erschließbare hebräische Vorlage dieser Bücher dem protomasoretischen Standardtext näher kommen als die bisweilen weiter entwickelten hebräischen Editionen dieser Bücher (Stipp 1994; Tov 1997; de Troyer 2005; Schenker 2006; Kreuzer 2016). Entsprechend sind die Grenzen zwischen literarischer Vorstufenkritik und textgeschichtlicher Forschung fließend geworden.

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7. Die alttestamentliche Literaturgeschichte innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft Wo ist das Projekt einer alttestamentlichen Literaturgeschichte innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft zu verorten? Herkömmlich werden in ihr drei Teildisziplinen unterschieden: Geschichte Israels, Einleitung in das Alte Testament und Theologie des Alten Testaments. Jeder Bereich ist in den vergangenen Jahrzehnten durch zahlreiche Lehrbücher dokumentiert worden (zur Geschichte Israels vgl. z. B. Donner 32000; Kinet 2001; Frevel 2018; zur Einleitung Zenger 52004; Gertz 2019; zur Theologie Kaiser 1993/1998/2003; Schreiner 1995; Rendtorff 1999/2001; Schmid 2019). Daneben entstanden auch Darstellungen der Religionsgeschichte Israels, die traditionell als historische Ergänzung zur Theologie des Alten Testaments gefasst wurde (Eißfeldt 1926/1962, 112–113), mitunter aber auch als deren Ersatz dienen soll (Albertz 1992), was sich aber in dieser Form weder durchgesetzt hat noch durchsetzen dürf‌te (vgl. die Diskussion in JBTh 10 [1995] sowie Hermisson 2000; Schmid 2013). Allerdings ist die Religionsgeschichte Israels in ihrer traditionellen Fragerichtung zu eminent gesteigerter Bedeutung innerhalb des Zusammenspiels der Teildisziplinen der alttestamentlichen Wissenschaft gelangt, da seit den 1980er Jahren einerseits zahlreiche archäologische Funde aus der südlichen Levante gemacht bzw. bekannt gemacht worden sind (vgl. Weippert 1988; Mazar 1992; Keel/Uehlinger 52001; Zevit 2001; Stern 2001; Hartenstein 2003a; Vieweger 2003; 2019a–c; Keel 2007) und andererseits die historische Einschätzung der alttestamentlichen Schriften sich einleitungswissenschaftlich in gewisser Korrelation dazu dramatisch gewandelt hat (Gertz 2019); so ist deutlich geworden, dass man das Bild der Religion(en) des antiken Israel deutlich anders zu profilieren hat, als es sich aus der Bibel ergibt und es sich in ihrem Gefolge in rationalisierender Paraphrase die traditionelle Bibelwissenschaft vorstellt (Weippert 1990/1997, 1–24). Dem Bedeutungsgewinn der religionsgeschichtlichen Fragestellung steht eine eigentümliche Unklarheit der jeweiligen Aufgaben der drei erstgenannten traditionellen Teildisziplinen gegenüber: Das herkömmlich oft praktizierte Modell, Geschichte Israels und Einleitungswissenschaft als propädeutische Hilfsdisziplinen und die Theologie des Alten Testaments als synthetische Hauptdisziplin zu bestimmen, ist seit der epochemachenden „Theologie des Alten Testaments“ von Gerhard von Rad (1957/1960) namentlich bezüglich der Synthesefähigkeit der Theologie des Alten Testaments in Schwierigkeiten geraten, vor allem deswegen, weil von Rads Programmatik, auf jede andere Systematisierung als die der „Nacherzählung“ in der Darstellung einer Theologie des Alten Testaments zu verzichten, entweder akzeptiert worden ist oder aber anderweitige Lösungen weniger zu überzeugen vermochten. Der Verzicht auf eine systematisierende Darstellung – die in von Rads Hauptwerk, namentlich in seinem forschungsgeschichtlichen Kontext, zu einem äußerst ansprechenden Resultat führte – zog aber in gewisser

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Weise die größte Krise der Teildisziplin „Theologie des Alten Testaments“ seit ihrer Entstehung nach sich, da sie – so betrieben – nicht mehr grundsätzlich von der Einleitungswissenschaft zu unterscheiden war (vgl. bereits Keller 1958, 308). Hinzu trat die Entdeckung von Theologie (und damit gleichzeitig Theologien) im Alten Testament (vgl. Smend 1982/1986; Gerstenberger 2001; Kratz 2002; Schmid 2013; zu den forschungsgeschichtlichen Zusammenhängen Schmid 2000b; 2013; 2019, 13–52; zu Theologien außerhalb Israels vgl. Oeming u. a. 2004), die das Geschäft einer einheitlichen Theologie des Alten Testaments historisch erheblich erschwerten und ihr ganz neue Begründungsschwierigkeiten zumuteten, die bislang auch im Ansatz noch nicht als geklärt gelten können. Wie sich diese inneralttestamentlichen Schwierigkeiten in der Zuordnung der Teildisziplinen lösen werden, bleibt abzuwarten. Befindet sich so das Ensemble der alttestamentlichen Wissenschaft in einer offenen Situation, so kann gerade das zwar nicht neue, aber doch neu wieder ins Interesse gerückte Projekt einer alttestamentlichen Literaturgeschichte einerseits von dieser Lage profitieren, da die Synthesenbildung nicht exklusiv durch andere Teildisziplinen besetzt ist (und auch nicht sein soll), andererseits können sich aber auch die anderen Teildisziplinen von einer alttestamentlichen Literaturgeschichte Gewinn versprechen, da sie von einer neuen Perspektive her Vorschläge zu einer historischen Zusammenschau der literarischen und theologischen Zusammenhänge der alttestamentlichen Texte und Bücher macht. 8. Grundlagen, Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen der historischen Rekonstruktion Das Alte Testament ist kein Buch, sondern eine Bibliothek, und die „Bücher“ in dieser Bibliothek stellen keine Bücher im modernen Sinn dar, die auf je einen Autor (oder eine Autorin? vgl. Schroer 2003) zurückgehen würden. Entsprechend altorientalischer Gepflogenheit handelt es sich bei den „Büchern“ des Alten Testaments um Traditions- und nicht um Autorenliteratur (Tigay 1985; Blenkinsopp 2006, 1–4; van der Toorn 2007; Mroczek 2016; Blum 2019). Dieser Umstand ist der Bibel selbst bekannt und wird von ihr auch explizit thematisiert. Ein besonders deutliches Beispiel findet sich in der Erzählung Jeremia 36, die von der Herstellung einer zweiten Rolle mit Worten von Jeremia berichtet, nachdem der König Jojakim eine erste Rolle verbrannt hatte: Jeremia 36: 32 Und Jeremia nahm eine andere Rolle und gab sie Baruch, dem Sohn des Nerija, dem Schreiber, und nach dem Diktat Jeremias schrieb dieser darauf alle Worte der Schrift, die Jojakim, der König von Juda, im Feuer verbrannt hatte, und viele ähnliche Worte wurden ihnen hinzugefügt.

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Die passivische Formulierung schließt zwar nicht aus, dass diese „ähnlichen Worte“ von Jeremia stammen, öffnet aber doch deutlich den Horizont auch für die Möglichkeit nachjeremianischer Fortschreibungen. Im Jeremiabuch kann man also nachlesen, dass dieses nicht von Jeremia allein stammt, sondern später in beträchtlichem Ausmaß weiter fortgeschrieben worden ist. Ein ähnliches Beispiel für Fortschreibungsvorgänge, die in der Bibel explizit gemacht werden, findet sich in Jes 16,13–14. Nach einer Klage über das Leid des Nachbarvolks Moab findet sich folgende Abschlussnotiz: Jesaja 16: 13 Dies ist das Wort, das JHWH damals gesprochen hat über Moab.

Sie wird gefolgt von folgender Erläuterung: Jesaja 16: 14 Nun aber spricht JHWH: Binnen dreier Jahre, den Jahren eines Söldners gleich, wird die Herrlichkeit Moabs verachtet sein, bei all dem gewaltigen Tosen, und der Rest wird winzig klein sein, machtlos.

Jes 16,13–14 versucht also, aus einer veränderten zeitgeschichtlichen Situation heraus, Moab nicht mehr empathisch, sondern kritisch zu beurteilen. Dass es sich bei diesem Stück um eine Fortschreibung handelt, zeigt es selbst durch die Kombination von abschließender Unterschrift (16,13) und Neudeutung (16,14) an. Diesen Befunden korrespondiert, dass der erste namentlich bekannte Autor eines biblischen Buches erst um 180 v. Chr. mit Jesus Sirach bezeugt ist (Sir 50,27). Ansätze zu einem Autorenbewusstsein lassen sich bereits etwas früher aus der Verwendung des „Ich“ bei Kohelet erkennen (vgl. auch Koh 12,9–10, siehe Kaiser 2000b, 13–14; Höffken 1985). Natürlich wird eine Reihe von alttestamentlichen Büchern in dem jeweiligen Incipit, also dem einleitenden Buchvers, bestimmten Personen zugeschrieben, doch handelt es sich hier nicht um historische Autorenangaben, sondern um Angaben der Autorität, auf die sich die in diesem Buch vorliegenden Überlieferungen zurückbeziehen (vgl. Schniedewind 2004, 7–11; Wyrick 2004; Schmid 2007a; van der Toorn 2007, 27–49). So stellt sich auch die Ver­schrif­ tungs­szene in Jeremia 36 – wie legendarisch diese nun sein mag oder auch nicht – die Sachlage so vor, dass Jeremia kein Wort seines Buches selbst aufgeschrieben hat. Die „Worte Jeremias“ im Jeremiabuch sind nicht vom „Autor“ Jeremia, sondern von Jeremias Schreiber Baruch niedergeschrieben worden. Jeremia ist also nicht der Autor, sondern die Autorität seines Buches (vgl. Knauf 1998). Insgesamt dürf‌ten die Texte des Alten Testaments – lässt man einmal die in bestimmten Überlieferungsbereichen nach wie vor wahrscheinlichen mündlichen Vorstufen beiseite (vgl. Kirkpatrick 1988; Niditch 1996) – über einen Zeitraum von knapp 800 Jahren entstanden sein.

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A. Aufgabe, Geschichte und Probleme Einen literarhistorisch einseitig hervorgehobenen Akzent auf die vorexilische Zeit legen Finkelstein/Silberman 2002 und Schniedewind 2004. Natürlich spielt besonders das 7. Jahrhundert v. Chr. eine wichtige Rolle in der literarischen Formierung des Alten Testaments, doch es kann keine Rede davon sein, dass es in dieser Epoche bereits im Wesentlichen abgeschlossen vorlag. Die historisch-kritische Bibelwissenschaft hat genügend Indizien gesammelt, dass die alttestamentlichen Bücher in ihrer vorliegenden Gestalt deutlich von der Theologie des perserzeitlichen und hellenistischen Judentums geprägt sind (vgl. z. B. Levin 2001; Gertz 2019, 193–533; Kratz 2013), was die Inkorporierung älteren Materials nicht ausschließt, gleichzeitig aber auch deutlich macht, dass die entscheidenden Formierungsvorgänge der alttestamentlichen Literatur in eine spätere Zeit als das 7. Jahrhundert v. Chr. gehören.

Die ältesten literarisch fixierten Texte des Alten Testaments stammen wahrscheinlich aus der frühen Königszeit (Jamieson-Drake 1991; Niemann 1998) – ihre mündliche Vorgeschichte mag allerdings erheblich älter sein –, die jüngsten (datierbaren) Texte finden sich im makkabäerzeitlichen Danielbuch, in der Weltzeitordnung (d. h. in der sich vor allem aus den Lebenszeiten der Vorväter ergebenden Chronologie der Weltgeschichte) in den Geschichtsbüchern, in einigen vielleicht hasmonäerzeitlichen Psalmen sowie im masoretischen Sondergut des Jeremiabuches (vgl. Jer 33,14–26). Aus den Schriftfunden von Qumran (vgl. Flint 2001) gewinnt man den Eindruck, dass das Alte Testament um 100 v. Chr., nicht in Bezug auf seinen Buchstaben, wohl aber, was seinen Inhalt betriff‌t, im Wesentlichen „fertig“ vorlag. Deutlich ist in jedem Fall: Die allermeisten Bücher des Alten Testaments sind Kompositliteratur und als solche über längere Zeit hinweg auf ihren jetzigen Textbestand hin angewachsen. Jedenfalls ist kein Buch des Alten Testaments in seiner vorexilischen, königszeitlichen Gestalt erhalten geblieben. Das vorliegende Alte Testament ist ein Produkt des perserzeitlichen und hellenistischen Judentums. Wie nun lassen sich literarische Vorstufen alttestamentlicher Bücher innerhalb ihrer Eckdaten rekonstruieren? Die alttestamentliche Wissenschaft hat hierzu ein differenziertes Instrumentarium entwickelt, das hier nicht im Einzelnen darzustellen ist (vgl. Steck 141999; Becker 2005b). Einige Bemerkungen zu ausgewählten Problemen sind jedoch angebracht. Zunächst ist festzuhalten, dass keine alttestamentlichen Texte aus alttestamentlicher Zeit erhalten geblieben sind. Auch die Handschriften aus Qumran sind nachalttestamentlich (die ältesten Danielmanuskripte, 4QDanc.e, sind allerdings lediglich ein halbes Jahrhundert jünger als der Abschluss des Buches, liegen also noch recht nahe bei den ersten Autographen des Buches, vgl. Ulrich 2000, 171), zudem sind sie für die Mehrzahl der alttestamentlichen Schriften nur sehr fragmentarisch enthalten. Der älteste, vollständig erhaltene Textzeuge des Alten Testaments ist nach wie vor der Codex Leningradensis (B 19A) aus dem Jahr 1008 n. Chr. Diese Überlieferungslage bringt es mit sich, dass Vorstufenrekonstruktionen weitestgehend von inneren Argumenten her begründet werden müssen.

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Traditionellerweise eruierte die alttestamentliche Literarkritik unterschiedliche Wachstumsstufen der biblischen Bücher vor allem aufgrund der Beobachtung von Dubletten, Brüchen, Spannungen und Widersprüchen im Text (vgl. Carr 1996b; Van Seters 1999, 20–57). Ausschließlich formal-textimmanente Verfahrensweisen haben sich jedoch als unzulänglich erwiesen. Sie stehen in der Gefahr, die literaturästhetischen Ideale aus der Gründerzeit der historisch-kritischen Bibelwissenschaft zu privilegieren (die textgenetische Auswertung etwa von literarischen Redundanzen darf nicht mechanisch vorgenommen werden, sondern ist ein in historischer Perspektive zu prüfender Vorgang [Tigay 1985; Metso 1997]). Hinzu tritt eine Überlegung aufgrund einer Wahrscheinlichkeitsrechnung: Selbst wenn man damit rechnen dürf‌te, dass die Rekonstruktion einer literarischen Vorstufe eine Wahrscheinlichkeit von 80 % besitzt, so sinkt diese Rate für Stufe II auf 64 %, für Stufe III auf 51,2 %, während ab Stufe IV der Wert unter 50 % sinkt, das heißt die Rekonstruktion arbiträr wird (Knauf 2005a).

Deshalb sind bei der Rekonstruktion literarischer Vorstufen zusätzlich zu den sprachlichen Beobachtungen theologisch-konzeptionelle Überlegungen miteinzubringen; Literarkritik ist also mit theologiegeschichtlichen Überlegungen zu koppeln. In den Lehrbüchern wird diesbezüglich von der Interdependenz der Methoden gesprochen, was an sich einen selbstverständlichen Aspekt exegetischer Arbeit darstellt, aber gleichwohl in praxi oft vernachlässigt wird. Namentlich für eine Darstellung alttestamentlicher Literaturgeschichte kommt es weiter entscheidend darauf an, literarische Wachstumsstufen sachlich zu gewichten. Das meint natürlich nicht die Bewertung von theologischen Positionen im Alten Testament aus heutiger Sicht, sondern sachliche Gewichtung bedeutet die Identifizierung theologischer Positionen im Alten Testament, die sich historisch als diskussionsbestimmend erwiesen haben. Schließlich ist auf die Prüf‌f unktion der Archäologie der südlichen Levante hinzuweisen: Die seit den 1980er Jahren in großem Maß bereitgestellten epigraphischen und vor allem ikonographischen Primärzeugnisse (Weippert 1988; Mazar 1992; Keel/Uehlinger 52001; Zevit 2001; Stern 2001; Hartenstein 2003a; Vieweger 2003; 2019a–c; Köckert 2005, vgl. zur Diskussion Uehlinger 1995, 59–60; Schaper 2000, 18–22; Uehlinger 2001; Keel 2007, 152–153) der altisraelitischen Religion zeigen in ihrer historischen Einordnung gewisse Möglichkeiten und Grenzen dessen auf, was zu einer bestimmen Epoche literatur- und theologiegeschichtlich vorstellbar oder eben nicht vorstellbar ist. Von der Archäologie her lässt sich zwar keine Literaturgeschichte schreiben – das ikonographische Material ist stumm und das epigraphische zu dürftig (Renz/Röllig 1995–2003) –, eine Literaturgeschichte darf aber auch nicht an den von der Archäologie vorgewiesenen kulturgeschichtlichen Rahmenbedingungen vorbeigeschrieben werden.

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9. Neuere Forschungstendenzen in der alttestamentlichen Wissenschaft und ihre Konsequenzen für eine alttestamentliche Literaturgeschichte Gegenwärtig lässt sich ein gewisser Umbruch in der alttestamentlichen Wissenschaft beobachten, der für die literaturgeschichtliche Fragestellung von Bedeutung ist und der sich vor allem von drei Faktoren her bedingt: Zunächst hat sich der Blick auf die zeitgeschichtlichen Entstehungsumstände der alttestamentlichen Schriften namentlich in kultur- und religionsgeschichtlicher Hinsicht durch neue archäologische Funde erheblich verändert (siehe oben S. 37). Weiter haben sich – nicht zuletzt durch die neuen religionsgeschichtlichen Rahmenbedingungen inspiriert – besonders in der Forschung zu den Geschichtsbüchern, zur Prophetie, aber auch zu den Schriften (vor allem den Psalmen) neue entstehungsgeschichtliche Perspektiven ergeben, die sich von den herkömmlichen Annahmen der alttestamentlichen Wissenschaft im 20. Jahrhundert doch erheblich unterscheiden (Gertz 2019). Schließlich ist die Theologie insgesamt pluralistischer geworden. Zurückgegangen ist besonders der starke Einfluss der Dialektischen Theologie, der die alttestamentliche Wissenschaft in der Mitte des letzten Jahrhunderts vielerorts zu religionsgeschichtlichen Projektionen der Grundunterscheidung von Offenbarungstheologie und natürlicher Theologie auf Israel und seine Nachbarn verleitet hatte; auf die literarischen und archäologischen Befunde des antiken Israel ermöglicht dieser Rückgang unvoreingenommenere Blicke, deren eigene zeitgeschichtliche Bedingtheiten Spätere beschreiben mögen. Die sich neu abzeichnenden Rahmenannahmen eines Gesamtbildes der Literatur- und Theologiegeschichte des Alten Testaments sind dabei keine Neuentdeckungen. Das Alte Testament stellt im Wesentlichen eine Urkunde des antiken Judentums der persischen und hellenistischen Zeit dar und interpretiert die in ihm thematisierten geschichtlichen Vorgänge unter der Maßgabe der religiösen Zentraldaten Monotheismus, Bund und Gesetz, die aufgrund ihrer hervorragenden Bedeutung an den Anfang der biblischen Geschichte Israels gesetzt worden sind. Diese Problematik ist seit dem 19. Jahrhundert wohlbekannt, die Forschung hat aber die Diskussion darüber zunächst in stark pauschalisierter Form und mit extremen Spätdatierungen (vgl. Lemche 2001; Diebner 1992/1993 und jeweils frühere Arbeiten) eher behindert als befördert und sie erst in den letzten Jahren genügend erst genommen. Die jüngere Forschung am Alten Testament scheint allerdings wiederum hie und da der Gefahr zu erliegen, mit einfachen Dichotomisierungen etwa zwischen der vorexilischen und der nachexilischen Zeit, zwischen Polytheismus und Monotheismus, zwischen altem Israel und Judentum (vgl. dazu Brettler 1999), zwischen Naturreligion und Offenbarungsreligion sich vom historisch Wahrscheinlichen zu entfernen. Dass sich die alttestamentliche Wissenschaft aber grundlegend verändert hat, bleibt davon unberührt. Besonderen Anteil an diesem Umbruch haben die Perspektivenverschiebungen

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in der Pentateuchforschung (vgl. Dozeman/Schmid/Schwartz 2011; Gertz u. a. 2016; einseitig für den traditionellen Ansatz der Urkundenhypothese vgl. Baden 2009; 2012). Der erstaunliche Erfolg der Neueren Urkundenhypothese bis weit in das 20. Jahrhundert hinein, die mit dem sukzessiven Ineinanderarbeiten der drei Quellen „J“ (Jahwist), „E“ (Elohist) und „P“ (Priesterschrift) rechnete, die inhaltlich ungefähr das Gleiche erzählen, aber literarisch unabhängig voneinander entstanden sein sollen, ist im Grunde genommen nur dadurch zu erklären, dass sie ebenso elementar wie exklusiv auf die anfänglichen Beobachtungen der historischen Bibelkritik – den Wechsel von Jhwh und Elohim zur Bezeichnung Gottes sowie die Beobachtung von textlichen Dubletten – abstellte und sich danach einer langfristigen forschungsgeschichtlichen Gewöhnung erfreuen konnte. Tatsächlich aber implizierte die Neuere Urkundenhypothese einige Grundannahmen, die bei Lichte besehen außerordentlich problematisch sind: Zunächst einmal formuliert sie mit der Überzeugung, dass die übergreifenden Synthesen (der bei Wellhausen königszeitliche und seit von Rad sogar salomonische „J“ enthalte eine Geschichtsdarstellung, die von der Schöpfung bis zur Landnahme gereicht haben soll) am Anfang der Überlieferungsbildung gestanden haben sollen, eine These, die einen Sonderfall innerhalb der alttestamentlichen Überlieferung postuliert: Sowohl bei den Vorderen Propheten (Josua bis 2. Könige) als auch bei den Hinteren Propheten (Jesaja bis Maleachi) wie auch bei den Schriften wird fraglos damit gerechnet, dass die jeweiligen Bücher auf jeweils weniger umfangreiche Quellenstücke zurückgehen, die sukzessive redaktionell gesammelt und erweitert worden sind – eine Annahme, die sich vom Textbefund her nahezu von selbst aufdrängt. Im Pentateuch sollen die Dinge gemäß der Neueren Urkundenhypothese grundsätzlich anders liegen. Dass sich dies so nicht verhält, beginnt sich in der Forschung erst im Gefolge der einflussreichen Studien Erhard Blums zur Komposition der Erzelterngeschichte und des Pentateuch (Blum 1984; 1990) langsam durchzusetzen, die konsensfähig immerhin so viel gezeigt haben, dass auch für die literarischen Anfänge des Pentateuch mit Quellen von begrenztem literarischem Horizont zu rechnen ist, die erst in der (exilischen oder) frühnachexilischen Zeit in übergreifende Zusammenhänge eingestellt worden sind (nach Blum im Rahmen einer „deuteronomistischen“ und einer „priesterlichen“ Kompositionsschicht, gefolgt etwa von Albertz 1992). So lässt sich heute bereits für einen nicht mehr nur marginalen Forschungsstrang, der die Komposition des Pentateuch ohne einen vorpriesterlichen Zusammenhang namentlich von Erzvätern und Exodus erklären will, ein „Abschied vom Jahwisten“ erkennen (vgl. Gertz u. a. 2002; Dozeman/Schmid 2006). Natürlich ist es noch nicht ausgemacht, ob diese Zugangsweise nachhaltig sein wird. Doch auch für viele alternative, neuere Modelle liegt auf der Hand, dass die großen heilsgeschichtlichen Entwürfe im Pentateuch nicht am Anfang der Überlieferungsbildung liegen, sondern erst gegen deren Ende entstanden sind. Dasselbe gilt für die inneralttestamentlichen, credoartigen Zusammenfassungen der

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Heilsgeschichte (Gertz 2000a). Man kann also Israels Religion(en) der Königszeit nicht nach dem Diskontinuitätsparadigma interpretieren, wonach Israel an den einen, nicht darstellbaren (Niehr 1997; Uehlinger 1998b.c; vgl. Keel 2007, 305–307.478–482, der zwar nicht mit einem anthropomorphen Kultbild Jhwhs, wohl aber mit einem der Aschera im ersten Tempel rechnet) Gott glaubt, der sich in der Geschichte offenbart, während die Nachbarreligionen den Naturkreislauf vergötterten, den sie auf das Wirken verschiedener Gottheiten zurückführten (vgl. Schmid 2000a). Im Gegenteil: Die jüngere Pentateuchforschung ermöglicht es nicht nur, sondern zwingt nachgerade dazu, die vorexilische Religionsgeschichte Israels in die Religionsgeschichte des Vorderen Orients einzuzeichnen (vgl. Kratz 2000a, 318), wobei auch hier vor der Gefahr zu warnen ist, sie axiomatisch in sie hineinzunivellieren. Im Bereich der Prophetie lässt sich ein ähnlicher Umbruch feststellen, auch wenn er etwas weniger offensichtlich erscheint (vgl. dazu Schmid 1996b; Steck 1996; Kratz 2003b; 2011; Becker 2004; Nissinen 2017). Das klassische Bild beschrieb die Propheten als geistbegabte, genialische Einzelpersonen, die den ihnen unmittelbar mitgeteilten, bisweilen auch aufgenötigten Gotteswillen unbedingt und kompromisslos gegenüber ihren Adressaten vertreten. Gewonnen wurde dieses Prophetenbild von der Exegese des 19. und 20. Jahrhunderts durch die Scheidung von prophetischen Originallogien von sekundären Ergänzungen. Die Exegese der Prophetenbücher bestand im Wesentlichen in der Unterscheidung von „echtem“ und „unechtem“ Textgut, ihr Resultat in der Präsentation der Propheten als religiöser Genies. Geistesgeschichtlich ist dieses klassische Prophetenbild vor allem vom Idealismus und der Romantik her inspiriert. Es beherrschte das ganze 19. Jahrhundert und wurde durch die Spätdatierung des Gesetzes hinter die Propheten durch Wellhausen (lex post prophetas), die die Propheten von der Last befreite, Gesetzesausleger zu sein, noch erheblich gefördert. Die grundlegende Charakterisierung, dass die Botschaft der Propheten nicht von dieser Welt sei, kam der dialektischen Theologie sehr gelegen und wurde von ihr in das 20. Jahrhundert hinein verlängert. Noch deutlich tritt der isolierte Status der Prophetie als ihr zentrales Merkmal in der epochalen „Theologie des Alten Testaments“ Gerhard von Rads (1957/1960) zutage: Die Prophetie lässt sich nach von Rad mit den übrigen Glaubensvorstellungen Israels nicht verbinden, deshalb behandelte er sie, gesondert von allen anderen Überlieferungen, in einem zweiten Band. Neben diesem klassisch geprägten Forschungsstrang gab es jedoch auch schon früh andere Stimmen (vgl. Hertzberg 1936; Gelin 1959). Sie fragten bewusst nicht nur nach den Propheten und ihren „echten“ Worten, sondern auch nach den sekundären Ergänzungen als solchen und versuchten, diese als innerbiblische Auslegungsarbeit plausibel zu machen. Dieser Fragehinsicht – die sogenannte redaktionsgeschichtliche Fragestellung (Marxsen 1956) – gelang innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft dann ins-

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besondere durch Walther Zimmerlis Ezechielkommentar 1969 der Durchbruch und gehört heute zu den dominanten Arbeitsweisen in der Prophetenforschung. Sie fragt entschieden nicht mehr nur ausschließlich nach der Verkündigung der Propheten, sondern auch nach den unterschiedlichen Akzenten und Aussagelinien ihrer Bücher, die sich erst der literarischen Nachgeschichte der aufgezeichneten Prophetensprüche verdanken. Im ausgehenden 19. und im 20. Jahrhundert tendierte die Prophetenforschung dahin, die von den Überschriften der Bücher für die dahinterstehenden Propheten reklamierten Texte auf ein (nach welchen Maßgaben auch immer beurteiltes) kritisch gesichertes Maß zu reduzieren, wobei die Substanz des Selbstzeugnisses so gewahrt blieb – das Jesajabuch stammt von „Jesaja“, das Jeremiabuch von „Jeremia“ usw. Demgegenüber haben sich in der heutigen Forschung die Gewichte von den Propheten auf ihre Bücher, von ihren Sprüchen auf die Texte des Buches verlagert. Die Prophetenbücher kommen vermehrt als sinntragende Größen in den Blick und nicht mehr nur als zufällige Zusammenstellungen sogenannter „kleiner Einheiten“, die allein theologisch Wertvolles enthalten. Man kann hierbei geradezu von einem Paradigmenwechsel in der Prophetenforschung sprechen, wenn auch die Nachfrage nach prophetischen Originallogien nach wie vor ihr relatives Recht behalten muss. Die exegetische Beschäftigung mit den herkömmlicherweise als unecht betrachteten Stellen in den Prophetenbüchern macht mehr und mehr deutlich, dass sie sich nicht in Glossen und Textfehlern erschöpfen, sondern vielfach, ja meistenorts als sinntragende Nachinterpretationen vorgegebenen Textmaterials zu deuten sind. Man hat es also bei den „Ergänzern“ nicht mit stümperhaften Glossatoren, sondern mit schriftgelehrten Redaktoren zu tun, die ihrerseits insofern als „Propheten“ gelten können, als sie zum einen in ihrer schriftgelehrten Tätigkeit eine erstaunliche sachliche Innovativität zeigen und zum anderen in ihrer anonymen Unterordnung unter die namengebenden Gestalten der Bücher, an denen sie arbeiten, sich von ihrem Selbstverständnis her selbst als prophetisch wirkend zu erkennen geben. Die Prophetie wird so vermehrt als ein kollektives und langzeitiges, nicht mehr historisch-punktuell an eine genialische Einzelgestalt gebundenes Phänomen gesehen, und sie wird wieder bewusst als Schriftprophetie wahrgenommen. Nicht alle Prophetie ist ursprünglich mündlich gewesen, sondern weite Teile der Prophetenbücher haben nie anders als schriftlich existiert (z. B. Jesaja 56–66 [Steck 1991]; Jeremia 30–33 [Schmid 1996a; anders Stipp 2011a]). Für einzelne Prophetenbücher, etwa Joel, Jona oder Maleachi, ist überhaupt zu erwägen, ob sie nicht als Ganze auf schriftgelehrte Tätigkeit zurückgehen. Hinter ihnen steht vermutlich keine prophetische Einzelgestalt, deren verschriftete Verkündigung die Grundlage der weiteren Redaktionsgeschichte des Buches gebildet hätte, vielmehr scheinen diese Bücher vollständige Produkte schriftgelehrter Tradentenprophetie zu sein.

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Schließlich ist es hilfreich, sich die Umbrüche der neuesten Psalmenforschung zu vergegenwärtigen. In literaturgeschichtlicher Hinsicht bleibt die Datierung von Psalmen notorisch umstritten. Die jüngere Psalmenforschung konnte jedoch zeigen, wie sehr der Psalter als theologisches Buch geprägt ist (vgl. Wilson 1985; Hossfeld/Zenger 1993; 2000; Millard 1994; Zenger 1998; Hartenstein/Janowski 2003b; Hartenstein 2010; Leuenberger 2004). Das schließt nicht aus, sondern ein, dass darin auch ältere Einzelpsalmen eingegangen sind, die ursprünglich im Kult des ersten und/oder zweiten Tempels Verwendung fanden. In seiner vorliegenden Gestalt ist der Psalter aber ein sorgsam strukturiertes literarisches Ganzes, das seinen Sitz im Leben eher im Schriftstudium als im Kult gehabt haben dürf‌te. Vergleichbares ist auch für die Weisheitsliteratur im engeren Sinn, etwa das Sprüchebuch, feststellbar (vgl. etwa Krüger 1995/1997; Scoralick 1995; Saur 2012). Fasst man zusammen, so lassen sich – bei allen Vorbehalten, die man solchen schlagwortartigen Charakterisierungen entgegenbringen muss – als Tendenzen der neuesten Forschung am Alten Testament erkennen: (1) Die Annahme einer heilsgeschichtlichen Prägung der Religion Israels von Anfang an lässt sich in der klassischen Form nicht halten. Namentlich die zu ihrer Begründung wichtige Jahwisten-Hypothese vermag diese Last nicht zu tragen (Gertz u. a. 2002; Dozeman/ Schmid 2006). (2) „Subdeuteronomistische“ (Weippert 1990/1997; vgl. Schmid 2018a) Interpretationen des Alten Testaments, die von einer grundsätzlichen Konkordanz zwischen der Epochenfolge des biblischen und des historischen Israel ausgehen, sind kritisch zu befragen. (3) In religionsgeschichtlicher Perspektive lässt sich eine gewisse (Wieder-)Annäherung bei der Bestimmung der königszeitlichen Religion(en) Israels an diejenige der Nachbarreligionen feststellen. (4) Gegenüber traditionellen Bestimmungen werden die exilische und nachexilische Zeit als entscheidende Phasen der Formierung der alttestamentlichen Literatur deutlich aufgewertet. (5) Die im 19. und 20. Jahrhundert gerne supponierten „religiösen Genies“ kommen nicht mehr als Monopolisten für die Literaturproduktion im Alten Testament in Frage. Vielmehr hat sich gezeigt, dass die alttestamentliche Literatur auf weite Strecken hin schriftgelehrte Auslegungsliteratur ist (Schmid 2011a; 2016).

II. Sprache, Schrift, Buchwesen und Literaturproduktion im antiken Israel 1. Sprache und Schrift Formen der Schrift scheinen unabhängig voneinander in Ägypten und Mesopotamien im 4. Jahrtausend v. Chr. entstanden zu sein. Ihre Erfindung markiert für die Geschichtswissenschaft eine, wenn nicht die wichtigste Zäsur in der

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Menschheitsgeschichte: Sie trennt die Prähistorie von der Geschichte, die ja dadurch definiert ist, dass für ihre Rekonstruktion schriftliche Quellen vorliegen. Doch auch in anthropologischer Hinsicht hat sich die Einführung der Schrift als von grundlegender Bedeutung erwiesen: Dank der Möglichkeit, Wissen aus dem menschlichen Gedächtnis in Texte auszulagern, zu akkumulieren und für künftige Generationen aufzubewahren, erlebte die weitere Entwicklung der Species homo sapiens einen rasanten Aufschwung. Die in Ägypten und Mesopotamien gebräuchlichen Schriftformen arbeiten mit Logogrammen und einer Vielzahl von Zeichen, die entweder Worte oder Silben symbolisieren können. Mit der Herausbildung der Alphabetschrift (vgl. Finkelstein/Sass 2013), die vor allem durch die Phönizier vorangetrieben wurde, vereinfachte sich das Schreiben enorm und die entsprechenden Ausbildungserfordernisse wurden überschaubar. Statt Tausender Zeichen waren nur noch gut zwanzig zu beherrschen und deren Laute zu kombinieren. Das Hebräische entwickelte sich aus dem Phönizischen und existierte zunächst in dialektalen Ausformungen (Israelitisch, Judäisch, Gileaditisch, Moabitisch, Ammonitisch usw. vgl. Gzella 2012). Die Buchstaben des althebräischen Alphabets verraten sowohl graphisch wie auch von ihrer Benennung her ihre Herkunft aus einer Zeichenschrift: Der Buchstabe „Aleph“ bedeutet „Rind“ und hat die Form eines (um 90 Grad gedrehten) Rinderkopfes; der Buchstabe „Bet“ bedeutet „Haus“ und ist entsprechend gestaltet; der Buchstabe „Gimel“ leitet sich von „Kamel“ ab und erinnert an einen Kamelhöcker. Das Hebräisch der Bibel (aramäische Passagen finden sich in Dan 2,4b–7,28; Esr 4,8–6,18; 7,12–26 sowie Jer 10,11; vgl. zur Geschichte des Aramäischen Gzella 2015) lässt sich hauptsächlich in zwei Sprachstufen unterteilen, die man als „klassisch-biblisches Hebräisch“ (Classical Biblical Hebrew, abgekürzt CBH) und „spätbiblisches Hebräisch“ (Late Biblical Hebrew, abgekürzt LBH) bezeichnen kann (Hendel/Joosten 2018). Mit klassisch-biblisches Hebräisch ist in erster Linie die Sprachgestalt der Tora und dann der in ihrem Gefolge priesterlich oder/ und deuteronomistisch bearbeiteten Literatur in Josua bis 2. Könige gemeint. Als spätbiblisches Hebräisch gilt etwa die Sprachgestalt der chronistischen Literatur sowie des Estherbuches und der hebräischen Teile des Danielbuches, die sich in einigen Spezifika von der Sprachgestalt des klassisch-biblischen Hebräisch unterscheidet. Die Unterscheidung zwischen klassisch-biblischem und spätbiblischem Hebräisch basiert im Wesentlichen auf dem Vergleich biblischer Texte mit zwei außerbiblischen Textkorpora, nämlich den königszeitlichen Inschriften sowie der Qumranliteratur (Young 2003, 277). Das klassisch-biblische Hebräisch ist eine Gelehrtensprache, die eng an das „Judäisch“ der Königszeit anschließt und dieses in einem mehr und mehr aramäischsprechenden Umfeld bewahrt hat (Kottsieper 2007). Entsprechend seiner Eigenschaft als Gelehrtensprache verfügt es über eine relativ homogene Sprachgestalt. Das spätbiblische Hebräisch ist seinerseits als Weiterentwicklung

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des klassisch-biblischen Hebräisch beschreibbar. Entgegen der oft belegbaren Auf‌fassung, der Wechsel vom klassischen zum spätbiblischen Hebräisch gehöre in die Exilszeit (Hurvitz 2000), muss man angesichts der neueren einleitungswissenschaftlichen Ergebnisse zu Genesis bis 2. Könige eher davon ausgehen, dass die wichtigsten biblischen Texte für spätbiblisches Hebräisch kaum vor 400 v. Chr. angesetzt werden können (Knauf 2006, 338–339). Allerdings ist das Hebräisch biblischer Texte nicht allein durch die Chronologie determiniert. Vielmehr indiziert die Sprachwahl auch konzeptionelle Nähe oder Distanz zur maßgeblichen Kernüberlieferung der Tora: Die Bücher Hiob und Kohelet verwenden ein nicht der Tora konformes Hebräisch aufgrund ihrer theologischen Dissidenz, während späte Josua- oder Richtertexte durchaus an das klassisch-biblische Hebräisch der Tora und der älteren Bestandteile ihrer Bücher anschließen können (Joosten 1999). Geschrieben wird Hebräisch wie auch Aramäisch in einer Alphabetschrift, die aus 22 Zeichen besteht. Vom 9. Jahrhundert v. Chr. an liegt ausweislich der Inschriften die Schreibrichtung (von rechts nach links) fest, was gleichzeitig ein Indiz dafür ist, dass erst von diesem Zeitpunkt an längere Texte entstehen, die eine solche Konvention fordern. Bis in das 3. Jahrhundert v. Chr. hinein ist die – in sich variantenreiche – althebräische Schrift im Gebrauch, die aber auch in späterer Zeit gelegentlich noch gebraucht werden kann, etwa von den Samaritanern. Die Quadratschrift begann sich wahrscheinlich mit der im Perserreich gebräuchlichen Verwaltungssprache des Aramäischen nach und nach durchzusetzen. Ihre älteste Bezeugung findet sich in der Inschrift von Iraq al-Amir im Ostjordanland (3. Jahrhundert v. Chr.). Vorstufen dieses Prozesses lassen sich bereits in den Elephantine-Texten beobachten (vgl. Porten 1996). In Qumran sind nur noch einzelne Rollen (Tora und Hiob), offenbar in archaisierender Weise, sowie bisweilen das Tetragramm in althebräischer Schrift geschrieben, ansonsten dominiert die Quadratschrift. In der Antike waren hebräische Texte unpunktiert. Vokalbuchstaben (matres lectionis) finden sich in den althebräischen Inschriften nur vereinzelt, dort besonders im Wortauslaut; in Qumran hingegen sind sie sehr verbreitet und können nun auch für Kurzvokale im Wortinnern stehen. Die Punktation ist ein Werk der Masoreten aus dem 5. bis 10. Jahrhundert n. Chr. Die heute gebräuchliche tiberische Punktation wurde infralinear vorgenommen, die erst im 19. Jahrhundert bekannt gewordene babylonische Punktation erfolgte supralinear. 2. Materiale Aspekte der Literaturproduktion Für die historische Nachfrage nach der Entstehung der alttestamentlichen Schriften ist es nötig, sich ein Bild von den Möglichkeiten und Bedingungen der Buchund Literaturproduktion zu verschaffen (vgl. Schmid/Schröter 2019, 80–100).

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Quellen dazu sind Nachrichten aus dem Alten Testament (vgl. etwa Ezechiel 1–3; Jeremia 36), weiter die epigraphischen Funde aus alttestamentlicher Zeit und schließlich, besonders prominent, die Schriftrollen aus Qumran (vgl. Stegemann 91999; Tov 2004; Ulrich 2010). Bei aller Vorsicht, die man aufgrund des Fehlens zeitgenössischer alttestamentlicher Textfunde walten lassen muss, lässt sich doch so viel erkennen (Welten 1981; Schmid 1996a, 35–43; Schmid 2006a): Die geläufige Form des Buches war die Rolle (vgl. Jes 34,4; der im Rücken gebundene Kodex kam spätestens im 4. Jahrhundert n. Chr. auf ). Geschrieben wurde auf Papyrus oder Leder; Papyrus war billiger und wurde dementsprechend wohl häufiger verwendet. Für längere Texte – das Buch Jesaja füllt in Qumran eine Rolle von 8 Metern Länge – kam aber nur Leder in Frage, da Papyrus sich aufgrund seiner Brüchigkeit nur beschränkt rollen lässt. Rein technisch gesehen sind noch wesentlich umfangreichere Rollen möglich, die in Einzelfällen sogar 25 Meter lang gewesen sein mögen (Tov 2004, 74–79; Schmid 2006a). Die Rollen waren zusammengenäht aus Einzelblättern, die zur Beschriftung in Kolumnen aufgeteilt wurden (vgl. Jer 36,23). Bei der Lektüre musste nur die jeweils aktuelle Kolumne sichtbar gemacht werden, der vorlaufende und nachfolgende Kontext konnte zusammengerollt bleiben. Der Text steht in den Qumranfunden nicht in scriptio continua, sondern kennt Wortabstände; hinzu kommen Gliederungsmerkmale wie größere Spatien in den Zeilen, Einrückungen am Beginn einer neuen Zeile, freies Zeilenende und Leerzeilen, die den Text nach Sinneinheiten strukturieren (Steck 1998; Korpel/Oesch 2000). 3. Literatursoziologische Aspekte der Literaturproduktion und -rezeption Für das Verständnis des literaturgeschichtlichen Werdens des Alten Testaments ist es unabdingbar, sich den Umstand vor Augen zu führen, dass dessen Texte im Rahmen vergleichsweise enger Zirkel, die des Lesens und Schreibens in ausreichendem Maß kundig waren, innerhalb einer weitgehend analphabetischen Gesellschaft produziert und rezipiert worden sind (Niditch 1996; Ben Zvi 1997; Young 1998; 2005; Niemann 1998; van der Toorn 2007, 10–11; für die Spätzeit vgl. Alexander 2003; Hezser 2001; zur Medienfrage Frevel 2005). Vergleichsmaterial aus Griechenland und Ägypten deutet in dieselbe Richtung (Baines 1983; Haran 1988; Harris 1989; anders Lemaire 2001; Millard 1985; 1995; Hess 2002; 2006). Wenn so zwar die Lese- und Schreibfähigkeit auf einen kleinen Teil der Bevölkerung beschränkt war, so belegt umgekehrt die Existenz eines professionellen Schreiberstands nicht die vollkommene Illiteralität der Restbevölkerung. Es ist vielmehr zu differenzieren: Es gibt keine genaue Grenze zwischen Literarität und Illiteralität; das Beherrschen von Lesen und Schreiben war damals wie heute ein gradueller Prozess. Eine kleine Liefernotiz für Güter, wie sie etwa die Samaria-

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Ostraka bezeugen, konnte zweifellos von einem größeren Kreis rezipiert werden als die Siloah-Inschrift oder gar ein Prophetenbuch. Entgegen dem Selbstzeugnis des Alten Testaments, das bereits kleinere Abschnitte des Pentateuch auf Mose als Schreiber zurückführt (vgl. Ex 17,14; 24,4; 34,28; Num 33,2), scheint sich die Schrift- und Schreibkultur in Israel erst seit dem 9., in Juda erst seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. in einem Maß ausgeprägt zu haben, dass mit der Herstellung von umfangreicheren Literaturwerken gerechnet werden kann: „Die hebräische Literatur aber erblühte erst in dieser Periode [sc. in dem Jahrhundert von 850–750]“ (Wellhausen 1880/1965, 40). Darauf weist, neben allgemeinen Befunden zur kulturgeschichtlichen Entwicklung der südlichen Levante, die sich mit der Frage der Schriftkultur verbinden lassen (JamiesonDrake 1991; vgl. Vieweger 2019b), die historische Distribution der althebräischen Inschriften, die keine fundstatistischen Gründe hat, sondern offenbar etwas mit dem Auf‌kommen von Literalität zu tun hat. Anzahl althebräischer Inschriften in Israel (Niemann 1998, vgl. Lemaire 2004):

10. Jahrhundert 9. Jahrhundert erste Hälfte 8. Jahrhundert zweite Hälfte 8. Jahrhundert erste Hälfte 7. Jahrhundert zweite Hälfte 7. Jahrhundert Anfang 6. Jahrhundert

4 Inschriften 18 Inschriften 16 Inschriften 129 Inschriften 50 Inschriften 52 Inschriften 65 Inschriften

Der Umkehrschluss, dass aufgrund der in der persischen Zeit fehlenden hebräischen Inschriften anzunehmen sei, dass das Alte Testament im Wesentlichen in der vorexilischen Zeit entstanden sei (Schniedewind 2004, 167–172), hat alle historische Wahrscheinlichkeit gegen sich. Da die perserzeitlichen Inschriften in der damaligen lingua franca, nämlich auf Aramäisch abgefasst sind, ist ihre Anzahl natürlich bedeutend größer als die der hebräischen Inschriften (vgl. Lemaire 2002; 2007). Grundsätzlich gesehen bestätigt so der numerische Befund der perserzeitlichen Inschriften eher die Betonung der Wichtigkeit der persischen Epoche für die Entstehung der alttestamentlichen Literatur, als dass er ihr entgegenstehen würde.

Konsultiert man die epigraphischen Funde aus dem frühen 1. vorchristlichen Jahrtausend, so wird schnell deutlich, dass im 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. die kulturelle Entwicklung der Schrift und des Schreibens im Bereich von Israel und Juda noch nicht sehr weit vorangeschritten sein konnte. Allerdings ist zu bedenken, dass die meisten in dieser Zeit entstandenen Schriftstücke auf Materialien niedergeschrieben worden sind, die die Jahrhunderte nicht überlebt haben (besonders Papyrus), und dass die erhaltenen Inschriften, etwa auf Ostraka, die Schriftkultur nur gebrochen spiegeln.

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Abb. 1: Der Gezer-Kalender (10. Jahrhundert v. Chr.)

Eines der ältesten Schriftdokumente aus dem antiken Israel ist der sogenannte Gezer-Kalender (siehe Abb. 1), der sich ins 10. Jahrhundert v. Chr. datieren lässt. Sein Inhalt lautet in Übersetzung (vgl. Weippert 2010, 225; am unteren linken Rand des Textes findet sich noch ein Personenname [„Abija“ oder „Abijahu“], der aber möglicherweise erst später hinzugesetzt wurde): ‎‫ ירחואספירחוז‬ ‫רע ירחולקש‬‎ ‎‫ ירחעצדפשת‬ ‎‫ ירחקצרשערמ‬ ‎‫ ירחקצרוכל‬ ‎‫ ירחוזמר‬ ‎‫ ירחקצ‬ ]‫ אבי[ה‬

yrḥw ʾsp yrḥw z Zwei Monate des Einheimsens, zwei Monate der S… rʿ yrḥw lqš …aat, zwei Monate der Spätsaat, yrḥ ʿṣd pšt (ein) Monat des Heraus-/Abhackens des Flachses, yrḥ qṣr śʿrm (ein) Monat der Gerstenernte, yrḥ qṣrw kl (ein) Monat der Ernte und des Abmessens, yrḥw zmr zwei Monate des Schneitelns, yrḥ qṣ (ein) Monat der Obsternte. ʾby[h] Abihu

Es ist allerdings nicht ganz sicher, ob man diesen Text schon als hebräisches Dokument ansehen kann, denn seine Sprache zeigt starke Einflüsse des Phönizischen (Weippert 2010, 224). Sein Schriftbild zeigt die vergleichsweise rudimentäre Darstellung der Buchstaben.

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Abb. 2: Krugscherbe aus Jerusalem (11./10. Jahrhundert v. Chr.)

Abb. 3: Baal-Inschrift aus Bet Schemesch (ca. 12. Jahrhundert v. Chr.)

Abb. 4: Ostrakon aus Khirbet Qeiyafa (ca. 10. Jahrhundert v. Chr.)

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Vom Gezer-Kalender unterscheidet sich die Inschrift auf einem Krug, der in Jerusalem im Ophel-Areal gefunden wurde (siehe Abb. 2), noch deutlich: Sie stammt aus dem 11. oder 10. Jahrhundert v. Chr. und enthält acht Buchstaben (m, q, p, ḥ, n, m, ṣ, n), die Leserichtung ist allerdings nicht klar (Lehmann/Zernecke 2013, 437–450). Ähnlich rätselhaft bleibt die sogenannte Baal-Inschrift aus Bet Schemesch in der Nähe von Jerusalem (siehe Abb. 3), deren Datierung sich auf das 12. Jahrhundert v. Chr. ansetzen lässt (McCarter 2011). Darin ist der Name „Baʿal“ zu lesen, doch der Rest der Inschrift ist nicht eindeutig entzifferbar. Das Schriftbild zeigt eine ähnlich ungeübte Schrift wie die Krug-Inschrift vom Ophel. Ein Ostrakon, das man in Khirbet Qeiyafa, einer Ortslage über dem Elah-Tal in der Schefela, gefunden hat (siehe Abb. 4), wird in der Regel in das 10. Jahrhundert v. Chr. datiert (Schroer/Münger 2017). Obwohl verschiedene Übersetzungsvorschläge vorliegen, muss der Inhalt des Ostrakons nach wie vor als unklar gelten. Es lassen sich einige Wörter identifizieren, doch eine klare Lesung ist nicht möglich. Jedenfalls lassen sich aus diesem Textfund keine grundlegenden Folgerungen zur Entwicklung der Schriftkultur in Juda ableiten, zumal bestritten wird, ob Khirbet Qeiyafa überhaupt eine judäische Ortslage war. Wichtiger in dieser Hinsicht ist das Abecedarium aus Tel Zayit in der judäischen Schefela (siehe Abb. 5), das sich in das 10. Jahrhundert v. Chr. datieren lässt (Carr 2008). Es enthält alle Buchstaben des hebräischen Alphabets, allerdings nicht in der später üblichen Reihenfolge: waw steht vor heʾ, ḥet vor zayin und lamed vor kaph. Diese Variationen in der Reihenfolge sind nicht ganz ohne Parallele. Zwar geht man davon aus, dass lamed vor kaph auf einen Fehler zurückgeht, die anderen beiden Differenzen sind aber aus anderen Abecedarien bekannt. Als Schreibübung lässt dieser Text auf einen Ausbildungskontext schließen, der für das ländliche Juda im 10. Jahrhundert v. Chr. bemerkenswert ist. Ein weiterer wichtiger Fund für die Frage nach der Entwicklung der Schriftkultur ist die 1967 entdeckte Wandinschrift aus Tell Deir ʿAlla (siehe Abb. 6), einer kleinen Siedlung im Ostjordanland nahe der Mündung des Jabbok in den Jordan (Blum 2008a; 2008b; 2019). Der Text lässt sich archäologisch in das 9. Jahr-

Abb. 5: Ausschnitt aus dem Abecedarium aus Tel Zayit (10. Jahrhundert v. Chr.)

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Abb. 6: Bileam-Inschrift aus Tell Deir ʿAlla (9. Jahrhundert v. Chr.)

hundert v. Chr. datieren. Aufgrund der Zerstörungen durch ein Erdbeben ist er nur noch fragmentarisch erhalten, doch es ist erkennbar, dass er den auch aus der Bibel bekannten „Bileam, Sohn des Beor“ erwähnt (vgl. Numeri 22–24). Es spricht vieles dafür, den Raum, in dem diese Wandinschrift entdeckt wurde, als Schreiberschule zu identifizieren; dies legen architektonische Parallelen zu der Anlage in Tell Deir ʿAlla nahe. Da die Inschrift in einem Dialekt, der dem Aramäischen nahesteht, abgefasst ist und auch keine religionsgeschichtliche Nähe zu Israel und Juda zeigt, kann man davon ausgehen, dass diese Schule ein Außenposten von Aram war. Gleichwohl ist sie im Blick auf die Entwicklung und Einschätzung der Schriftkultur im antiken Israel von großer Bedeutung, da sie zeigt, dass bereits im 9. Jahrhundert v. Chr. auch in der politischen Peripherie die Abfassung recht umfangreicher Texte möglich gewesen ist. In eine ähnliche Richtung deutet die sogenannte Mescha-Stele (siehe Abb. 7), die 1868 in Dibon, südlich des heutigen Amman, im Ostjordanland entdeckt wurde (Weippert 2010, 242–248). Sie lässt sich in das 9. Jahrhundert v. Chr. datieren. Auf einer Länge von 34 Zeilen gibt sie Auskunft über die Geschichte des Königtums Moab unter ihrem König Mescha, der auch in der Bibel erwähnt

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Abb. 7: Mescha-Inschrift (9. Jahrhundert v. Chr.)

wird (2Kön 3,4). Die Mescha-Stele nennt ihrerseits König Omri von Israel sowie den Gott Israels, Jhwh. Abgefasst ist die Stele auf Moabitisch, einer mit dem Althebräischen eng verwandten kanaanitischen Sprache. Eine Königsinschrift ist auch die Tel-Dan-Inschrift, die ebenfalls in das 9. Jahrhundert v. Chr. gehört (Athas 2003). Sie geht wahrscheinlich auf Hasaël von Damaskus zurück, der sich damit rühmt, die Könige Joram und Ahasja getötet zu haben, was in der Bibel allerdings Jehu (2Kön 9,14–28) zugeschrieben wird. Der Text ist in aramäischer Sprache geschrieben.

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Abb. 8: Siloah-Inschrift (8. Jahrhundert v. Chr.)

Die erste eindeutig hebräische Inschrift aus dem antiken Israel und Juda ist die Siloah-Inschrift (siehe Abb. 8) aus dem späten 8. Jahrhundert v. Chr. (Weippert 2010, 328–329). Sie berichtet über den Durchstich des Siloah-Tunnels in Jerusalem, der unterirdischen Wasserleitung von der Gihon-Quelle zum Siloah-Teich, der von zwei Seiten her ausgehauen wurde. Die Datierung der Inschrift sowie des Tunnels ist allerdings unsicher. Sie hängt an der Zuweisung des Tunnels an Hiskia von Juda (2Kön 20,20; 2Chr 32,3–4.30; vgl. Sir 48,17), die archäologisch nicht unwahrscheinlich, aber auch nicht beweisbar ist (Knauf 2001c). Erstaunlich ist allerdings, dass diese Inschrift selbst weder einen König nennt noch an einem öffentlichen Ort angebracht wurde, also kaum einem offiziellen Kontext entstammt: Sie wurde 1880 sechs Meter vor der östlichen Öffnung des Tunnels entdeckt. Vielleicht ist sie auch ein Hinweis darauf, dass die Literalität der judäischen Bevölkerung nicht nur wie im Vorderen Orient üblich auf die Schreiberkaste beschränkt war. Auf Basis des epigraphischen Befundes scheint es kulturgeschichtlich denkbar, dass die schriftliche Überlieferungsbildung der nachmaligen biblischen Texte im 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. einsetzte (vgl. Richelle 2016; siehe auch Blum 2019). Auch wenn man – etwa angesichts der Bileam-Inschrift aus Tell Deir ʿAlla – mit strikten geschichtlichen Grenzziehungen vorsichtig sein muss, so bleibt dieser Gesamteindruck doch signifikant, zumal er sich mit zwei weiteren Beobachtungen deckt. Zum einen ist der Befund zu nennen, dass die Schriftprophetie in Israel und Juda zu keinem anderen Zeitpunkt auf‌kommt, als er auch für das Entstehen einer gewissen literalen Kultur in Anschlag gebracht werden muss, nämlich im 8. Jahrhundert v. Chr. Bereits Wellhausen bemerkte (1880/1965, 40), dass von Elia kein

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Abb. 9: Brief des Jerusalemer Stadtkönigs Abdi-Ḥepa an den Pharao in Amarna (14. Jahrhundert v. Chr.)

eigenes Buch überliefert worden ist, von Jesaja aber schon. Zwischen ihnen liegt das Auf‌kommen einer Schriftkultur, die immerhin so weite Kreise zog, dass diese Jesaja, aber auch Amos oder Hosea und/oder ihre Tradenten miteinschlossen. Zum anderen konvergiert mit demselben Zeitpunkt der Umstand, dass erst von nun an Israel und etwas später Juda in altorientalischen Quellen als Staaten wahrgenommen werden (TUAT I, 367–409), was umgekehrt auf einen gewissen Entwicklungsstand, der nicht zuletzt eben auch die Schriftkultur betriff‌t, schließen lässt.

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Es sind allerdings auch gegenläufige Befunde zu konstatieren: So stammen die umfangreichsten Inschriften aus der südlichen Levante – die Mescha-Stele (TUAT I, 646–650) und die Bileam-Inschrift von Tell Deir ʿAlla (TUAT II, 138– 148) – zum einen eher aus der Frühzeit (9. bzw. 8./7. Jahrhundert v. Chr.) und zum anderen, geographisch gesehen, eher aus der Peripherie. Sie widerraten einer allzu engen und mechanischen Koppelung von fortgeschrittener Staatlichkeit und Schriftlichkeit, sind aber auch ihrerseits nicht als die allein gültigen Parameter anzusehen (vgl. Blum 2019). Zudem ist in Rechnung zu stellen, dass Jerusalem bereits in der Bronzezeit eine vergleichsweise bedeutende Stadt war (Naʾaman 1992). Mit der sogenannten Amarnakorrespondenz (siehe Abb. 9) ist sogar ein intensiver Briefwechsel zwischen dem Jerusalemer Stadtkönig Abdi-Ḥepa mit dem Pharao in Amarna belegt, der von einem entwickelten Schreiberwesen in Jerusalem zeugt (Weippert 2010, 138–145). Nicht nur Jerusalem, sondern die Levante insgesamt war in der Bronzezeit durch eine ausgeprägte Stadtkultur gekennzeichnet, in der es selbstredend auch Schreiber gab, die anhand von klassischen Texten ausgebildet wurden. Davon zeugt besonders eindrücklich ein Tontafelfragment des Gilgamesch-Epos aus dem 14. Jahrhundert v. Chr., das in Megiddo gefunden wurde (siehe Abb. 10). Bemerkenswerterweise zeigt eine Materialanalyse, dass es sich um einheimischen Ton handelt: Die Tafel wurde also nicht aus Mesopotamien importiert, sondern im Bereich des südlichen Juda hergestellt und deshalb auch aller Wahrscheinlichkeit nach im Land selbst beschrieben (Goren 2009). Gleichwohl besteht keine direkte Kontinuität dieser bronzezeitlichen Kultur zum Schreiberwesen in Israel und Juda, das sich, wie gesehen, vom 9. und 8. Jahr-

Abb. 10: Fragment des Gilgamesch-Epos aus Megiddo (14. Jahrhundert v. Chr.)

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hundert an zu entwickeln beginnt: Die Stadtkönigtümer in Kanaan gingen gegen Ende der Bronzezeit, im 11. Jahrhundert v. Chr., unter. In der Forschung des 20. Jahrhunderts brachte man diesen Niedergang oft mit dem sogenannten „Seevölkersturm“, dem Auf‌kommen der Philister, in Zusammenhang, während man heute eher mit verschiedenen, auch natürlichen Faktoren rechnet, etwa einer ausgedehnten Dürreperiode, die sich archäobotanisch nachweisen lässt (Fritz 1996b). Für die Literaturproduktion im antiken Israel und Juda ist weiter von Bedeutung, dass die alttestamentlichen Bücher vermutlich in der Regel zunächst als Unikate abgefasst worden sind. Darauf deutet schon ihr Charakter als „agglutinierende“ Auslegungsliteratur. Es wäre kaum vorstellbar, wie ein mehrstufiger Fortschreibungsprozess an biblischen Büchern – ihn an sich zu bestreiten verbietet schon der Überlieferungsbefund – technisch vonstatten gegangen sein soll, wenn die Bücher in zahlreichen Kopien umgelaufen wären (vgl. Lohfink 1995; van der Toorn 2007, 146–147). Diese Vermutung lässt sich weiter stützen durch Nachrichten aus dem Alten Testament selber. Bezeichnend ist etwa die Bestimmung Dtn 17,18: Deuteronomium 17: 18 Und wenn er [der König] dann auf seinem Königsthron sitzt, soll er sich die Abschrift dieser Weisung in ein Buch schreiben nach dem, das sich bei den levitischen Priestern befindet.

Dieser Text fordert nicht, dass sich der König eine Kopie des deuteronomischen Gesetzes machen soll, vielmehr geht er davon aus, dass die Abschrift, die der König herstellen lassen soll, die einzige Kopie neben dem Original bleibt. In eine ähnliche Richtung, die auf eine sehr limitierte Verbreitung alttestamentlicher Bücher in alttestamentlicher Zeit deutet, lassen sich 2Chr 17,7–9; Neh 8,1–2 und 2Makk 2,13–15 auswerten, wobei 2Makk 2,15 zeigt, dass im 2. Jahrhundert v. Chr. nicht einmal die jüdische Gemeinde in Alexandria eine vollständige Bibel besessen hat (van der Toorn 2007, 237–242; Lange 2007; vgl. auch Stemberger 1996). Die limitierte Verbreitung biblischer Schriften ist insofern nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, dass deren Herstellung ein aufwendiger Vorgang war und Schriftrollen entsprechend teuer waren. Eine neue Jesajarolle dürf‌te in rabbinischer Zeit etwa ein halbes Jahreseinkommen eines Schreibers ausgemacht haben (van der Toorn 2007, 16–20). Wie es scheint, hat der Jerusalemer Tempel eine besondere Rolle bei der Literaturproduktion gespielt. Man kann damit rechnen, dass hier die Musterexemplare auf‌bewahrt waren, die ihrerseits den wieder fortgeschriebenen Abschriften zugrunde gelegt wurden (Klijn 1977; Beckwith 1988, 40–45; Sarna 1989; Schmid 1996a, 40–41 mit Anm. 204; Ben Zvi 1997; van der Kooij 1998). 2Makk 2,13–15 spricht von einer durch Nehemia gegründeten Bibliothek in Jerusalem, deren Bücherbestand („die Bücher über die Könige und der Propheten, die Schrif-

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ten Davids und königliche Briefe über Weihegaben“, V. 13) aber – wie das auff‌ ällige Fehlen der Tora anzeigen könnte – offenbar nur eklektisch beschrieben oder aber im Sinne eines Ensembles von Enneateuch (die Tora wäre dann die Prophetie des Mose) und Hinteren Propheten sowie Psalmen charakterisiert wird (van der Toorn 2007, 237–240; Lange 2007). Es wird sich dabei um die Bibliothek des Jerusalemer Tempels gehandelt haben. Auch die Erzählung des Buchfundes im Tempel durch den Priester Hilkija (2Kön 22,3–20) weist auf die Vorstellung eines Bücherbestands im Tempel hin (vgl. 1Sam 10,25). Wie umfangreich dieser Bücherbestand war, ist nur schwierig zu bestimmen. Die meisten Bibliotheken im Alten Orient waren Auswahlbibliotheken mit einer bescheidenen Sammlung von Texten (Pedersén 1998; Michalowski 2003; Lange 2006; van der Toorn 2007, 240; Kratz 2013). Für die Tempelbibliothek im ägyptischen Edfu sind etwa 35 Titel belegt (Wessetzky 1984). Diese Bibliotheken waren nicht öffentlich, sondern dem Tempel- und Schulbetrieb vorbehalten, so dass im Alten Orient zwischen Bibliothek und Archiv oft nicht strikt getrennt werden kann. Daneben gab es offenbar, allerdings sehr viel seltener, Sammelbibliotheken, die darauf ausgerichtet waren, möglichst alle erreichbaren Texte aufzunehmen. Beispiele hierfür sind die Bibliothek Assurbanipals, die Bibliothek von Alexan­ dria, aber wahrscheinlich auch diejenige von Qumran. Welchen Umfang die Jerusalemer Bibliothek gehabt hat, ist nur schwierig zu bestimmen. 2Makk 2,13–15 weist darauf hin, dass sie wahrscheinlich mehr als nur die nachmalige alttestamentliche Literatur enthielt. Das ist auch von den Qumranschriften her weiter zu stützen: Es ist schwer vorstellbar, dass die weit über das Alte Testament hinausgreifende Bibliothek von Qumran größer gewesen sein soll als die Jerusalemer Tempelbibliothek (van der Toorn 2007, 241–242). Es legt sich nicht nahe, mit einem homogenen Milieu von Jerusalemer Schriftgelehrten zu rechnen: Obwohl die für die Entstehung der alttestamentlichen Bücher verantwortlichen Kreise wohl sehr überschaubar und geographisch zumindest seit der Perserzeit zumeist in Jerusalem angesiedelt waren, scheinen sie doch theologisch eine vergleichsweise breite Spannbreite von Auf‌fassungen vertreten zu haben. Darauf deuten jedenfalls die zum Teil nahezu konträren sachlichen Profile hin, die in den biblischen Büchern nun zusammenstehen. Das historische Wissen um Schreiber und Schreiberschulen im antiken Israel ist sehr begrenzt (Schmid 2004a; Carr 2015; Schniedewind 2019; Vieweger 2019a, 69–71). Dass es professionelle Schreiber gab, ist durch die Bibel sowie erhaltene Siegel(abdrücke) (Avigad 1976; Keel 1995; viele der bei Avigad gesammelten Siegel[abdrücke] sind allerdings Fälschungen, vgl. van der Toorn 2007, 84; zum Problem insgesamt Uehlinger 2007a) von der Königszeit an hinreichend bezeugt (vgl. z. B. 2Sam 8,17; 1Kön 4,3; Jer 36,4.26.32; 45,1 [„Baruch, der Schreiber“]; Esr 7,6.12–26 [„Esra, der Schreiber des Gesetzes des Himmelsgottes“]; Neh 13,13; Sir 38,24–39,11; Mk 11,27–33; Mt 23,13–36). Die Bezeichnungen „Schreiber des Königs“ bzw. „königlicher Schreiber“ (2Kön 12,11; 2Chr 24,11, vgl. Est 3,12; 8,9)

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weisen darauf hin, dass eine solche Ausbildung wohl zunächst am königlichen Palast angesiedelt war, an dem es laut Jeremia 36,12 eine „Schreiberkammer“ gab. Auch militärische Belange sind von Schreibern dokumentiert worden, wie es das Amt eines „Schreibers des Heerführers“ (2Kön 25,19; Jer 52,25) belegt. Eine Untersuchung von sechzehn Ostraka militärischen Inhalts aus Arad, einem wichtigen Militärstützpunkt im Negev, vom Beginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. hat gezeigt, dass die Schreibfähigkeit im Militär damals offenbar recht verbreitet war. Die Analyse der Schrift ergibt nämlich, dass die Ostraka nicht auf einen einzelnen professionellen Schreiber zurückgehen, sondern dass mindestens sechs unterschiedliche Hände am Werk gewesen sein müssen (Faigenbaum-Golovin u. a. 2016). Es scheinen also mehrere Personen der militärischen Belegschaft des Schreibens kundig gewesen zu sein. Die Funktion der Schreiber wandelte sich im Lauf der Geschichte: Sie wurden mehr und mehr zu Schriftgelehrten, die nicht nur für die (aufgrund der beschränkten Lebensdauer der Textträger immer wieder nötige) Aufzeichnung, sondern auch für die fortschreibende Auslegung der von ihnen tradierten Texte zuständig waren (vgl. Jer 36,32; van der Toorn 2007, 78–82). Seit August Klostermann (1908; vgl. Lemaire 1981; Delkurt 1991, 43–48; Jamieson-Drake 1991; Heaton 1994; Davies 1995; Schams 1998; Knauf 2004; Carr 2015; Schniedewind 2019) rechnet man gerne damit, dass die Schreiber ihre Ausbildung in Schulen, die dem Tempel oder Palast angegliedert waren, genossen haben. Diese werden in der Bibel allerdings kaum je erwähnt (nur Sir 51,23; Apg 19,9), sondern müssen aus kulturgeschichtlichen Analogien erschlossen werden, was allerdings nicht grundsätzlich gegen diese These spricht (Knauf 1994, 225–237; Volk 2000; Gesche 2001; Vegge 2006). Eine strikte Trennung zwischen Tempel- und Palastschulen anzunehmen empfiehlt sich nicht: Der Tempel war keine eigenständige Institution, sondern vom Königshof abhängig (van der Toorn 2007, 82–89). Die talmudische Tradition kennt 480 Schulen in Jerusalem (jMeg 73b; vgl. van der Toorn 2007, 24), was allerdings übertrieben sein dürf‌te. Immerhin aber wird es seit der hellenistischen Zeit vermutlich eine Mehrzahl von Schulen, vor allem in Jerusalem, gegeben haben. Man muss dabei nicht notwendigerweise an eigene Gebäude solcher Schulen denken. Zentral war die Lehrer-Schüler-Beziehung (1Chr 25,8; Prov 5,12–14; Ps 119,99), die Unterweisung des Schülers kann in Räumen des Tempels oder in den Privaträumen des Lehrers stattgefunden haben (van der Toorn 2007, 89). Einige Forscher halten gerade die Nichtbezeugung der Schulen im antiken Israel für signifikant und führen die Schreiberausbildung eher auf die Weitergabe des Wissens innerhalb von Schreiber-„Familien“ zurück. Wahrscheinlich wird man beide Annahmen, die sich nicht exklusiv zueinander verhalten, kombinieren müssen, wie sich etwa aufgrund der eng mit Königshof und Tempel verbundenen Jerusalemer Schreiberfamilie der Schafaniden (vgl. 2Kön 22,3; Jer 36,10–12) nahelegt.

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4. Autoren und Redaktoren Für die herkömmliche entstehungsgeschichtliche Arbeit am Alten Testament war die Unterscheidung von Autoren und Redaktoren von hoher Bedeutung. Seine literarische Substanz stammt von Autoren wie dem Jahwisten oder Jesaja, und diese Substanz wurde von späteren „Ergänzern“ oder „Theologen“ textlich ausgeführt, wobei diesen Ergänzern traditionell ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt wurde: Bernhard Duhm (1901, XVIII–XIX) etwa vertrat die pointierte Auf‌fassung, dass sie ihre „Gedanken mit sehr geringem schriftstellerischem Geschick“, durchwegs „unter dem prophetischen Niveau“ ausführen. Bieten sie „bisweilen“ trotzdem „ganz bedeutende Gedanken“, so gilt: „diese Gedanken sind von denen, die sie uns bieten, nicht geschaffen; sie sind das Ergebnis der großen geistigen Geschichte“, deren lediglich „passive Teilnehmer“ ihre Verfasser sind. Noch die wichtige Darstellung von Herbert Donner (1980/1994) bestimmt die Redaktoren lediglich als ausgleichende Kompilatoren vorgegebener Texte. Erst die neuere redaktionsgeschichtliche Forschung konnte aufzeigen, dass dieses Bild defizitär ist. Natürlich lassen sich zahlreiche Vorgänge im Alten Testament erkennen, die rein kompilatorischer Natur sind. Doch es führt zu Fehlurteilen, wenn Textredaktion im Alten Testament auf solche Vorgänge enggeführt wird: Über sie hinaus sind mitunter breite redaktionelle Textfelder zu benennen, die eigene Konzeptionen und Theologien entwickeln, so dass eine kategorische Unterscheidung von Autoren und Redaktoren oft hinfällig ist (Kratz 1997a). Eine eigenwillige, im Ganzen ebenso abwegige wie im Einzelnen lehrreiche Diskussion des Verhältnisses von Autoren und Redaktoren bietet John Van Seters 2006. Seine Schlussfolgerung „that there never was in antiquity anything like ‚editions‘ of literary works that were the result of an ‚editorial‘ process, the work of editors or redactors“ (398) ist zwar überzogen und verkennt die gegenwärtige Forschungsdiskussion um die sachliche Profilierung des Phänomens der „Redaktion“ alttestamentlicher Literatur (Ska 2005), doch Van Seters weist zu Recht auf Defizienzen und Probleme in der formgeschichtlichen und weiteren historischen Plausibilisierung manch rekonstruierter alttestamentlicher „Redaktionen“ hin. Bei Lichte besehen ist Van Seters gar nicht so weit von der von ihm bekämpf‌ten Position entfernt, er nimmt aber eine ganz andere Perspektive auf die biblischen Texte und ihre Genese ein: Während die von ihm angegriffene redaktionsgeschichtliche Forschung Grundschicht und spätere Redaktionen unterscheidet, fragt er von den supponierten Werken innerhalb der Bibel her, die er durch als antike Historiographen charakterisierte Autoren verfasst ansieht („Jahwist“, „deuteronomistisches Geschichtswerk“ usw.), nach den darin inkorporierten Traditionen, die seiner Auf‌fassung nach aber nicht mehr textlich abhebbar, sondern „autoriell“ verarbeitet worden sind. Mitzubedenken ist zudem der Umstand, dass Van Seters nahezu ausschließlich die narrativen Traditionen in Genesis bis 2. Könige und die von ihm angenommenen Geschichtswerke des Jahwisten und des Deuteronomisten im Auge hat und kaum die literarischen Verhältnisse in Prophetie und Psalmen in seine Überlegungen miteinbezieht.

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In sich ist das Phänomen (autorieller oder) redaktioneller Arbeit am Alten Testament differenziert zu beschreiben. Zunächst ist zu fragen, in welchem Modus älteres Gut in einen bestimmten Text eingegangen ist: Bewahrt er Erinnerungen an ältere, gegebenenfalls mündliche Traditionen oder Überlieferungen, die in ihn eingegangen, aber nicht mehr als textliche Vorstufen rekonstruierbar sind (vgl. Schmid 2006f; Carr 2015)? Oder aber verarbeitet er vorgegebenes Material, das als solches noch literarkritisch aus seinem vorliegenden Kontext abhebbar ist? In diesem zweiten Fall ist es grundsätzlich hilfreich, redaktionelle Einträge und Bearbeitungen nach ihren literarischen Horizonten zu unterscheiden: Richtet sich eine redaktionelle Maßnahme nur auf den unmittelbaren Nahkontext der Einschreibung, bezieht sie sich auf einen Buchteil, ein ganzes Buch oder sogar eine Bücherfolge? Mit diesen unterschiedlichen Möglichkeiten ist jedenfalls zu rechnen. Es ist müßig, die eine oder andere Spielart zur Generaltheorie zu erklären, da der Nachweis nicht schwerfällt, dass es in dieser Hinsicht unterschiedliche redaktionelle Maßnahmen innerhalb des alttestamentlichen Schrifttums gegeben hat. Ein Beleg einer nur unmittelbar auf den Nahkontext beschränkten Ergänzung findet sich etwa in 1Sam 9,9, wo erklärt wird, dass roʾɛʰ („Seher“) eine altertümliche Bezeichnung für nāḇîʾ („Prophet“) sei. Bereits einen größeren Buchabschnitt haben die Überschriften Am 3,1 und 5,1 im Blick: Sie dienen der Strukturierung von Amos 3–6 insgesamt (Jeremias 1988). Eine buchredaktionelle Einschreibung bietet etwa Jesaja 35, ein Brückentext zwischen Erstem und Zweitem Jesaja, der erstmals ein dannzumal entstehendes Großjesajabuch schaff‌t (Steck 1985). Das vielleicht deutlichste Beispiel einer bücherübergreifenden redaktionellen Maßnahme findet sich schließlich in der Aussagefolge der Überführung der Josephsgebeine von Ägypten nach Kanaan in Gen 50,25; Ex 13,19; Jos 24,32. Ausweislich ihrer Vor- und Rückverweise sind die betreffenden Stellen nicht anders als zu einer literarischen Schicht zugehörig vorstellbar (Schmid 1999c, 111). 5. Das zeitgenössische Publikum der alttestamentlichen Literatur Für wen sind die alttestamentlichen Texte und Schriften verfasst worden? Diese Frage ist nur sehr schwer zu beantworten und wird weitgehend offenbleiben müssen. Wahrscheinlich sind verschiedene Erzählungen, Sprüche oder Lieder, die nachmals in die erzählenden Bücher, in die Propheten, in die Psalmen oder in die Sprüche eingegangen sind, mündlich vor verschiedenen Auditorien vorgetragen worden, bevor oder während sie schriftlich fixiert wurden. Publikation durch Verlesung etwa wird von Hab 2,2 vorausgesetzt (van der Toorn 2007, 14.179):

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Habakuk 2: 2 Und JHWH hat mir geantwortet und gesagt: Schreibe auf, was du geschaut hast, und schreibe es deutlich auf die Tafeln, damit der Vorleser damit herumlaufen kann.

Bei weitem nicht das ganze Alte Testament ist aber von vornherein oder ausschließlich mündliche Literatur oder zur Verlesung bestimmt gewesen, das ist vor allem gegen die klassische Formgeschichte im Anschluss an Gunkel zu betonen. Über die mündliche Verwendung alttestamentlicher Texte, wo man mit ihr rechnen darf, lässt sich kaum mehr Sicheres ausmachen. Die hier verfolgte Fragestellung kann sich auf den Aspekt beschränken, wer denn die Texte des Alten Testaments in ihrer schriftlichen Form – gehen sie nun auf mündliche Vorstufen zurück oder nicht – gelesen hat. Auch wenn hier wiederum wenig Belastbares erschließbar ist, so wird man doch wohl urteilen müssen, dass die alttestamentliche Literatur über weite Strecken von Schriftgelehrten für Schriftgelehrte – ob sie nun am Tempel oder am Palast beschäftigt waren – geschrieben worden ist, das Publikum also im Wesentlichen mit der Autorschaft zusammenfällt. Das ergibt sich vor allem aufgrund des hohen Intertextualitätsgrades der alttestamentlichen Literatur, die offenbar auf eine besonders ausgebildete Rezipientenschaft hin ausgerichtet ist (Schmid 2011a). Wie hat man sich Lesevorgänge im Rahmen altisraelitischer Schriftgelehrsamkeit vorzustellen? Einen Hinweis vermag Psalm 1,2 abzugeben: Der hier beschriebene Schriftgelehrte „sinnt“ oder – wie man das hebräische Verb hgh genauer zu übersetzen hat – „murmelt“ über der Schrift Tag und Nacht. Natürlich ist dieses Bild zugespitzt, doch der hier in den Blick genommene Lesevorgang als sinnierendes „Murmeln“ ist insofern aufschlussreich, als „Lesen“ in diesem kulturgeschichtlichen Zusammenhang offenbar nicht einfach bedeutet, einen Text von vorn nach hinten einmal durchzulesen, sondern vielmehr, ihn – durch halblautes Lesen – zu studieren. Stummes Lesen war in der Antike sehr ungebräuchlich (Knox 1968). Dieses Schriftstudium war die unentbehrliche Voraussetzung für die Tätigkeit der Schriftgelehrten: Diese hatten – nach kulturgeschichtlichen Analogien zu urteilen – beim Abfassen ihrer traditionsgebundenen Texte wohl nicht immer und wahrscheinlich sogar nicht in der Regel die schriftlichen Werke vor sich, aus denen sie schöpf‌ten und auf die sie sich bezogen. Vielmehr scheinen sie anhand der klassischen Literatur als Schreiber trainiert worden zu sein und die wesentlichen Texte memoriert zu haben (vgl. Carr 2005; 2006; 2015; B. U. Schipper 2005). Die Texte des Alten Testaments waren für die Schriftgelehrten des antiken Israel so zwar sehr präsent, aber nicht notwendigerweise in materialer als vielmehr in mentaler Hinsicht. Ein besonders deutliches Beispiel einer schriftgelehrten „Patchwork“-Prophetie findet sich in Jeremia 49,7–22. Sie ist am ehesten

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damit zu erklären, dass der Verfasser verschiedene Prophetenstellen aus dem Gedächtnis kombinierte (van der Toorn 2007, 194):

Jeremia 49,7 Jeremia 49,8 Jeremia 49,9–10 Jeremia 49,12–13 Jeremia 49,14–16 Jeremia 49,17–18 Jeremia 49,19–21 Jeremia 49,22

Obadja 8 Jeremia 49,30.32 Obadja 5–6 Jeremia 25,15–29; 25,8–11 Obadja 1–4 Jeremia 50,13.40 Jeremia 50,44–46 Jeremia 48,40–41

Wie sehr Lesen und Memorieren in der Schriftkultur Israels zusammenhängen, lässt sich schließlich mit dem Ostrakon III aus Lachisch illustrieren, in dem sich ein militärischer Befehlshaber damit rühmt, dass er einen Brief, sobald er ihn gelesen habe, auswendig rezitieren kann (Z. 11–13, vgl. van der Toorn 2007, 12): Jeden Brief, der je zu mir kommt, wenn ich ihn gelesen habe, [dann] kann ich ihn wiederholen bis ins Detail. (TUAT I, 621)

6. Elemente formgeschichtlicher Entwicklungen Auch wenn eine literaturgeschichtliche Darstellung des Alten Testaments heute nicht mehr wie diejenige von Hermann Gunkel vorgehen kann, so bleibt seine Frage nach der Entstehung und Geschichte der Literaturgattungen von bleibender Bedeutung (Wagner 1996; Blum 2006; Theißen 2007; Blum 2015) – nur, dass man sie nicht als Vehikel für den mittelbaren Einblick in das altisraelitische Geistesleben benutzen kann. Selbst wenn die gegenwärtige Forschung sehr viel mehr Textgut im Alten Testament als von vornherein schriftlich einstuf‌t, als dies noch in den 1970er Jahren der Fall war, so hat die traditionelle Überzeugung – im Anschluss an Gunkel und die skandinavische Bibelwissenschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts –, das Alte Testament sei im Wesentlichen verschriftete mündliche Tradition, doch nach wie vor insofern einen Anhalt am Alten Testament selbst, als das Alte Testament sich über weite Strecken hin so zu präsentieren scheint. Besonders deutlich ist dies in den Prophetenbüchern und in den Psalmen zu erkennen. Außer vielleicht Haggai und Jona sehen die Prophetenbücher so aus, als seien sie Sammlungen von ursprünglich selbständigen kleinen Einheiten, von Prophetenworten – auch wenn sie dies literarhistorisch nur zu einem Teil sind. Man mag sogar spekulieren, ob die „kleinen Einheiten“ sogar erst ein Produkt der Niederschrift sind, da sie außerbiblisch nicht wirklich deutlich bezeugt sind (die Ausnahme bilden die neuassyrischen Heilsorakel). Möglicherweise stehen sie

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mehr dafür, wie man sich Propheten vorgestellt hat, als wie Propheten tatsächlich gesprochen haben. Weiter gewinnt man aus der Psalmenlektüre ohne weiteres den Eindruck, es handle sich bei diesen Texten um Lieder und Gebete. Auch das ist nicht falsch, aber eben als literarhistorisches Generalurteil unzutreffend. Entsprechendes lässt sich im Bereich des dritten hebräischen Kanonteils auch für das Proverbienbuch, die Threni oder das Hohelied sagen. Blickt man in die Geschichtsbücher, so ist trotz des im Großen und Ganzen stimmigen chronologischen und narrativen Fortschritts in Genesis bis 2. Könige deutlich zu sehen, dass die Substanz der hier gebotenen Überlieferung ebenfalls auf kurzen Erzählungen beruht: Einzelne Perikopen, die in sich oft eine auf‌fallende erzählerische Autarkie oder Semiautarkie aufweisen, sind aneinandergereiht worden. Vor allem Beobachtungen zur intertextuellen Vernetzung und zur Abhängigkeit vom literarischen Kontext vieler dieser Stücke machen es unmöglich, sie als ehedem mündliches Gut einzustufen. Doch was historisch nicht zutriff‌t, kann sehr wohl Ergebnis einer gewollten literarischen Präsentation sein. Das Alte Testament will sich selbst nicht so sehr als schriftgelehrte, sondern vielmehr als ursprünglich mündliche Literatur darstellen. Der Grund dafür liegt angesichts der antiken Hochschätzung des Altersbeweises (Pilhofer 1990) nahe: Das Alte Testament will traditionelle, nicht innovative Literatur sein, und wenn es dennoch innovativ ist, dann in traditioneller Gestalt. Blickt man etwas genauer auf die Überlieferung, so ist über diese allgemeinen Bestimmungen hinaus noch weiter zu kommen. Die biblischen Bücher sind ja gleichwohl deutlich mehr als – teilweise konstruierte – Florilegien kleiner Einheiten: Sie haben vielfach auch umfassende Gestaltungsvorgänge erfahren, die zwar ihren Sammelcharakter noch erkennen lassen, ihn aber auch weiterentwickelt haben. So zeigen sich durchaus auch Gesichtspunkte, die auf die Herausbildung innovativer, von vornherein literarischer Gattungen deuten. So ist etwa bei verschiedenen Prophetenbüchern (oder -buchteilen) wie in Jesaja 1–39, im griechischen Jeremiabuch, in Ezechiel oder Zephanja eine vergleichbare Buchorganisation nach dem sogenannten „dreigliedrigen eschatologischen Schema“ (Gertz 2019, 347) feststellbar, das die kleinen Texteinheiten in übergreifende Zusammenhänge einbindet und dazu dient, die Gattung „Prophetenbuch“ zu etablieren. Der Gesamtpsalter ist im Sinne des chronistischen Geschichtsbilds strukturiert (Kratz 1996). Die Einzelerzählungen und Erzählzyklen der Erzelterngeschichte wurden mittels der Verheißungen zu zusammenhängenden Kompositionen ausgestaltet (Blum 1984). Anstöße zur Ausbildung von neuen literarischen Großgattungen scheinen auch von außerhalb des Alten Testaments erhalten worden zu sein: Das Deuteronomium in seiner Gestalt als „Treueid“ verdankt sich neuassyrischen formgeschichtlichen Konventionen (Otto 1996d; 1999a; Finsterbusch 2012; differenziert Koch 2008). Die Priesterschrift ist möglicherweise von den perserzeitlichen Königsinschriften her inspiriert. Das Hiobbuch scheint nachgerade auf einer formgeschichtlichen Kombination

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von Ludlul bēl nēmeqi (TUAT III/1, 110–135) und der Babylonischen Theodizee (TUAT III/1, 143–157) zu beruhen. Inwieweit die Josephsgeschichte gattungsmäßig vom ägyptischen Zweibrüdermärchen (der Erzählung von den beiden Brüdern Anubis und Bata) beeinflusst ist (Wettengel 2003), bleibt schwierig zu sagen; immerhin bleibt auf‌f ällig, dass sie sich als geschlossener Zusammenhang deutlich von Genesis 12–36 abhebt. In ihrer novellistischen Art scheint sie die Formierung von Büchern wie Esther, Ruth, Judith und Tobit beeinflusst zu haben. Die literarische Formensprache des Alten Testaments ist so zwar mehrheitlich traditionell, aber durchaus auch interkulturell bestimmt. Die Gestaltungsvorgänge an den biblischen Büchern, in denen bisweilen mehrfach „Buchgestalten“ redaktionell übereinandergelegt worden sind (vgl. Schmid 1996a), basieren zwar nicht immer auf tief eingreifenden Redaktionsmassnahmen, aber sie sind doch erkennbar und zeigen ein Bewusstsein der alttestamentlichen Autoren und Redaktoren dafür, dass auch Teil- oder Gesamtbücher Träger theologischer Aussagen sein können. Schließlich ist auch die Herausbildung eines Kanons als Endpunkt der formgeschichtlichen Entwicklung der alttestamentlichen Literatur zu nennen, die allerdings – bis auf das spätere Neue Testament – ohne wirkliche Parallele in der Alten Welt ist. Wie unten (S. 279–290) darzustellen sein wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass Kanongeschichte und Literaturgeschichte des Alten Testaments keine voneinander, gar in sukzessiver Weise, zu trennende Phänomene sind, sondern vielfach untereinander interagieren. Der alttestamentliche Kanon ist eine sinntragende Größe, dessen übergreifende theologische Perspektiven durch entsprechende Eintragungen auch in seinem Text selber literarisch verankert worden sind (vgl. etwa Dtn 34,10–12; Jos 1,7–8; Mal 3,22; Ps 1,1–3).

III. Zu Vorgehen und Darstellung 1. Der Kulturdruck der Großmächte und die Periodisierung der alttestamentlichen Literaturgeschichte Die Frage der Epochalisierung oder Periodisierung ist ein in der Literatur- und Geschichtstheorie breit diskutiertes Feld (von Bormann 1983; Gumbrecht/LinkHeer 1985; für das Alte Testament Krüger/Wiesehöfer 2012). Es dürf‌te allerdings immerhin so viel klar sein, dass Epochen nicht zu quasi-hypostatischen Entitäten hochstilisiert werden dürfen und dass auf den Epochenbegriff nicht ganz verzichtet werden kann, wenn geschichtliche oder literaturgeschichtliche Prozesse in übergreifenden Perspektiven verstanden werden sollen. Deshalb ist auch für eine alttestamentliche Literaturgeschichte der Epochenbegriff weder zu überhöhen noch ganz aufzugeben. Vielmehr dient er der elementaren Strukturierung ihres Verlaufs (Japhet 2003).

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An der Disposition einer alttestamentlichen Literaturgeschichte werden in der Regel die elementaren Grundentscheidungen des rekonstruierten Bildes erkennbar: Es ist nur etwa an die von Hermann Gunkel gewählte Unterscheidung zu erinnern, die Literatur des Alten Testaments in die Epochen der Volksliteratur der Frühzeit, der großen Schriftstellerpersönlichkeiten und der Epigonen zu gliedern. Sie zeigt die Hochschätzung der genialischen Literaten von Jesaja bis Deuterojesaja als Mitte des so entworfenen literaturgeschichtlichen Triptychons. So einfach es ist, heute die Grenzen dieses Bildes zu bestimmen, so schwierig ist es, in sinnvoller Weise über es hinauszugelangen und dabei nicht bloß ein neues Prokrustesbett der Geistesgeschichte des antiken Israel zu erstellen. Folgende Überlegung bietet sich aber an: Entsprechend den neueren religionsgeschichtlichen Sensibilitäten in der alttestamentlichen Wissenschaft legt es sich nahe, die alttestamentliche Literatur ausgehend von einem kulturgeschichtlichen Vergleich mit den jeweiligen Hegemonialmächten im Vorderen Orient zu segmentieren und zu interpretieren (Younger 2002; Weisberg 2002; vgl. auch Goldstein 2002 sowie bereits Smith 1952). Vor allem die Einsicht, dass das Alte Testament nicht als völliger Fremdkörper, sondern zunächst als Teilmenge des Alten Orients zu verstehen ist, rechtfertigt die Entscheidung, in einem ersten Schritt die alttestamentliche Literatur ausgehend vom Kulturdruck der altorientalischen Großmächte (Donner 2000/2001; Frevel 2018; vgl. Kuhrt 1994) zu periodisieren, die die Geschichte Israels besonders seit der Assyrerzeit massiv bestimmten. Dabei ist davon auszugehen, dass mit der Abnahme militärischer Unterdrückung, die im Assyrerreich noch das zentrale Element der Sicherung der imperialen Macht darstellte, eine Kulturalisierung der Macht einhergeht, die auf alternative Weise den Bestand eines Großreiches sichert (Münkler 2005, 87–88). Entsprechend ist etwa die persische Fremdherrschaft im Alten Testament grundsätzlich sehr viel positiver gesehen als die assyrische, nicht zuletzt natürlich deshalb, weil die Kulturalisierung der persischen Macht wesentlich pluralistischer orientiert war, als dies die assyrische Propaganda vorsah. An der grundsätzlichen Möglichkeit auch geographisch weitgreifender Kul­ tur­kon­takte in der vorderorientalischen Antike sollte man aufgrund der Lage der Fragmentfunde nicht zweifeln (Rothenbusch 2000, 481–486; van der Toorn 2000; Horowitz et al. 2002; Vieweger 2019a-c; zum antiken Transport- und Nachrichtenwesen vgl. Kolb 2000): Im ägyptischen Amarna ist der babylonische Adapa-Mythos belegt, im nordsyrischen Ugarit kannte man das AtramḫasisEpos, im nordisraelitischen Megiddo las man das Gilgamesch-Epos. Eine aramäische Fassung der iranischen Behistun-Inschrift ist auf der Nilinsel Elephantine bezeugt. Die Kulturkontakte innerhalb des Alten Orients waren so eng, dass die Mittelstellung Israels und seine fast durchgängige politische Abhängigkeit von den jeweiligen Großmächten am Euphrat und am Nil (innerhalb des sogenannten Fruchtbaren Halbmonds) vom 8. Jahrhundert v. Chr. an es nicht nur möglich,

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sondern mehr als wahrscheinlich machen, dass die gängigen grundlegenden kulturellen und religiösen Konzeptionen in Israel bekannt waren und – in abgrenzender oder zustimmender Weise – rezipiert wurden. Dabei ist in aller Form zu betonen, was sich in gewisser Weise von selbst versteht, dass nämlich die alttestamentliche Literatur nicht darin aufgeht, (positive oder negative) Reaktion auf altorientalische Reichsideologien in historischer Folge zu sein. Jede Form von „Parallelomanie“ (vgl. Sandmel 1962; Machinist 1991; Gordon 2005) verbietet sich daher. Doch sind einige entscheidende literarische und theologische Konzeptionen im Alten Testament historisch nur angemessen beschreibbar, wenn man sie gegen ihre altorientalischen Gegenstücke hält. Um nur einige Beispiele aus der nachfolgenden Darstellung herauszugreifen: Besonders deutlich ist dies etwa bei den Grundgedanken des Deuteronomiums und der daran anschließenden Tradition, die deutliche Anleihen bei der neuassyrischen Vertragstheologie macht, indem die vom Vasallen geforderte unbedingte Loyalität gegenüber dem assyrischen Großkönig Jhwh-orientiert reformuliert wird (Steymans 1995a.b; Otto 1996d; 1999a; Koch 2008; vgl. aber Levin 2013). Ein vergleichbarer Fall liegt in der antiköniglichen Rezeption der neuassyrisch überlieferten Sargon-Geburtslegende in Exodus 2,1–10 vor (Otto 2000b; Gerhards 2006). Gegen die königliche Rechtstradition Babyloniens gerichtet dürf‌ten die exilischen Interpretationen der pentateuchischen Rechtsüberlieferungen sein, die das Recht von Jhwh geoffenbart und von Mose promulgiert sein lassen (vgl., allerdings ohne die notwendigen diachronen Differenzierungen [Levinson 2004], Van Seters 2003; Schmid 2016b). Entweder vor assyrischem (Finkelstein/Silberman 2006) oder babylonischem (Hurowitz 1992) Hintergrund zu bedenken ist die ausgestaltete Darstellung des Tempelbaus Salomos in 1. Könige 6–8 (vgl. die Diskussion bei Vieweger 2019b, 195–205) – dass Könige in erster Linie Tempelerbauer sind, ist ein prominenter Topos vor allem neubabylonischer Königsinschriften. Ähnlich umweltgebunden sind die Priesterschrift und ihr nahestehende Texte, die die persische Weltordnungsidee aufgreifen und aus israelitischer Sicht reproduzieren (zu den Westkontakten der iranischen Religion siehe Colpe 2003). Persische Einflüsse sind auch für die Idee der Weltreichsukzession im Danielbuch auszumachen (Koch 1991; Kratz 1991b). Kaum adäquat ohne ihren hellenistischen Hintergrund zu verstehen sind schließlich etwa die Weisheitstexte in Proverbien 1–9 (Baumann 1996, 26–27) oder in Kohelet, die im Diskurs mit der griechischen Popularphilosophie stehen (Schwienhorst-Schönberger 1994 [21996]; 2004, vgl. Uehlinger 1997; Krüger 1999).

So ergibt sich in der gegenwärtigen Forschungslage die Möglichkeit und Notwendigkeit, die antike israelitische Literatur in ihrem altorientalischen Kontext zu interpretieren – und zwar frei von den pseudotheologischen Hemmnissen der Zeit des „Babel-Bibel-Streits“ (vgl. Johanning 1988; Lehmann 1994). Die Originalität der Bibel liegt nicht in der Analogielosigkeit ihrer Materialien, sondern in deren Interpretationen und Transformationen, die allerdings nur adäquat mit Blick über die Bibel hinaus erfasst werden können.

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2. Historische Kontextualisierungen Es liegt in der Natur der Fragestellung, dass eine Literaturgeschichte des Alten Testaments dessen Texte und Schriften auf dem Hintergrund der Geschichte Israels zu bedenken hat. Entsprechend werden die einzelnen Abschnitte zu den Epochen alttestamentlicher Literatur mit kurzen Überblicken zu den jeweiligen historischen Hintergründen eingeleitet. Dadurch sollen einige elementare Rahmenbedingungen der damaligen Erfahrungslagen aufgezeigt werden – mehr können die knappen Ausführungen nicht leisten. Dass sie einen gewissen Akzent auf die politische Geschichte legen, ohne aber sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Aspekte ausblenden zu wollen, hängt damit zusammen, dass zentrale theologische Positionen in der alttestamentlichen Literatur als „politische Theologien“ formuliert sind (so etwa die Jakobüberlieferung, das Deuteronomium, die Priesterschrift oder die prophetische Literatur; vgl. Oswald 2009, Brett 2019), die namentlich seit der Assyrerzeit in einem intimen Beobachtungsverhältnis zum damaligen Weltgeschehen standen, das Israel und Juda eben oft grundlegend bestimmte. Das methodische Problem, dass die Rekonstruktion der Geschichte Israels selbst zumindest teilweise auf der kritischen Analyse der entsprechenden alttestamentlichen Schriften beruht und so eine gewisse argumentative Zirkularität bezüglich der Interaktion von Historie und Literatur einer bestimmten Epoche vorzuliegen scheint, bleibt zu bedenken, ist aber auch nicht zu überschätzen. Namentlich für den historischen Überschneidungsbereich von Geschichte Israels und Literaturgeschichte des Alten Testaments, deren wesentlicher Einsatz nicht vor dem 8. Jahrhundert v. Chr. liegt, ist mittlerweile die Rekonstruktion der Geschichte Israels auch durch nichtbiblische Quellen und die Archäologie vergleichsweise gut abgestützt, so dass sie in vielerlei Hinsicht autark begründbar ist. 3. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen Die folgende Darstellung der verschiedenen literaturgeschichtlichen Epochen des Alten Testaments ist – ihrem Charakter als Einführung entsprechend – nicht konsequent analytisch oder deduktiv aufgebaut. Vielmehr wird, vorlaufend zur Darstellung der unterschiedlichen literaturgeschichtlichen Einzelpositionen einer Epoche, versucht, eine in sich differenzierte, theologiegeschichtliche Charakterisierung der literarischen Zeugnisse dieser Epoche zu skizzieren. Es geht dabei wohlgemerkt nicht um religionsgeschichtliche Befunde, sondern um die aus der Literatur des Alten Testaments zu rekonstruierenden theologiegeschichtlichen Positionen und deren mögliche Bündelungen und Abgrenzungen. Mit dieser vorgezogenen Präsentation theologiegeschichtlicher Charakterisierungen werden zwar synthetische Elemente der Einzelbehandlung der alttestamentlichen Schriften vorgezogen. Damit wird aber keineswegs insinuiert, dass

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vorgängig über diese entschieden wird. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass mit einem bereits knapp umrissenen Bild an die verschiedenen Texte einer Epoche herangegangen werden kann und diese so in ihrer literaturgeschichtlichen Kontextualisierung erkennbar werden. 4. Sprachgeschichtliche Entwicklungen Die literaturgeschichtliche Forschung am Alten Testament hat sprachgeschichtliche Aspekte bislang eher in untergeordneter Weise berücksichtigt – nicht ganz zu Recht (vgl. Knauf 1990; 2006; Young 1993; 2003; Saénz Badillos 1993; Emerton 2000; Hurvitz 2000; Schwartz 2005; Young/Rezetko 2008; Blum 2016; Hendel/ Joosten 2018). Grundlegend für sprachgeschichtliche Datierungen ist die Unterscheidung von „klassisch-biblischem Hebräisch“ („Classical Biblical Hebrew“, CBH) und „spätbiblischem Hebräisch“ („Late Biblical Hebrew“, LBH) [[Xref zu A21 (bei Anm. 39) einfügen]], die in der Sache und auch den wichtigsten Beobachtungen auf Wilhelm Gesenius’ Klassiker aus dem Jahr 1815 (Gesenius 1815) zurückgeht. CBH ist die vorwiegende Sprachgestalt des Hebräischen in den Büchern Genesis bis 2. Könige, LBH findet sich in Chronik, Esra, Nehemia, Esther, Kohelet und Daniel. Aus dieser Verteilung wird sogleich ersichtlich, dass ein ansehnlicher Teil der alttestamentlichen Literatur aus diesem Schema herausfällt. Allerdings sind CBH und LBH nicht gleicherweise positiv zu ermitteln: Ein Text mit Auffälligkeiten, die auf LBH hinweisen, wird als LBH eingestuf‌t. Fehlen solche Auffälligkeiten, dann gilt er als CBH. Darüber hinaus liefert die Unterscheidung von CBH und LBH zunächst nur eine relative Datierung der entsprechenden Texte. Einen gewissen Anhaltspunkt für die absolute historische Ansetzung von CBH ergibt sich aus dem inschriftlichen Befund der vorexilischen Zeit, der sich in manchen sprachlichen Eigenheiten mit CBH deckt. Für LBH existiert leider kein vergleichbares außerbiblisches Korpus, da zwischen dem 6. und 3. Jahrhundert v. Chr. hebräische Inschriften weitgehend fehlen. Erst das Qumranhebräisch, bezeugt durch die Schriften vom Toten Meer vor allem aus dem 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. (Qimron 2008), liefert einige empirische Anhaltspunkte zur Entwicklung von LBH. Einen Angelpunkt, um den Wechsel von CBH zu LBH absolut zu datieren, wird in der Regel im sogenannten Übergangs-Hebräisch („Transitional Biblical Hebrew“, TBH) erkannt, das man in Jeremia, Ezechiel, Haggai und Sacharja 1–8 beobachtet. Entsprechend gilt CBH als im Wesentlichen vorexilisches Hebräisch und LBH als nachexilisches Hebräisch (Hendel/Joosten 2018, 84). Natürlich können sprachliche Konventionen auch willentlich überspielt werden. So ist es etwa denkbar, dass spätere Autoren, in nachexilischer Zeit, gleichwohl sich älterer Sprachformen bedienen können, also CBH schreiben, obwohl ihnen LBH näher wäre (kritisch dazu Hendel/Joosten 2018, 97).

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Der sprachgeschichtliche Zugang zur Datierung biblischer Texte ist wichtig, doch er hat auch Grenzen (Blum 2016): Das Grundproblem dabei ist, dass jeweils nur sprachliche Auffälligkeiten innerhalb von Ausdrücken, bestenfalls Sätzen aufgewiesen werden können. Damit lassen sich methodisch gesichert nur diese Ausdrücke oder Sätze sprachgeschichtlich einordnen, nicht aber ihre näheren oder gar weiteren Kontexte. Darüber hinaus ergibt sich mit der Unterscheidung von CBH und LBH eine vergleichsweise schematische Sicht der Literaturgeschichte der Hebräischen Bibel: Hält man sich an die sprachgeschichtlichen Urteile, die etwa Ronald Hendel und Jan Joosten vertreten, so ist Genesis bis Könige im Wesentlichen als vorexilische Literatur einzustufen, Deuterojesaja, Jeremia, Ezechiel, Threni, Haggai und Sacharja 1–8 sind exilisch zu datieren, und Chronik, Esra-Nehemiah, Esther, Kohelet und Daniel gehören in die nachexilische Zeit. Dieses Bild ist für bestimmte Literaturbereiche unproblematisch, namentlich das LBH-Korpus, obwohl es hier eigentümlich unpräzise ist: Die moderne literaturgeschichtliche Forschung gibt sich nicht mit den Kategorien „vorexilisch“, „exilisch“ und „nachexilisch“ zufrieden, denn gerade für die „nachexilische“ Literatur würde man gerne wissen, ob sie in die persische, ptolemäische oder seleukidische Zeit anzusetzen ist. Für andere Literaturbereiche ist die vorgeschlagene Einordnung aber problematisch: Hält man sich an die sprachgeschichtlichen Kategorisierungen, so ist das Hebräische in weiten Teilen von Leviticus oder Numeri oder in Einzeltexten wie Josua 24 oder 1. Könige 8 als CBH einzustufen, und entsprechend müssten diese Texte als vorexilisch gelten. Das ist aber aus inhaltlichen Gründen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen (vgl. z. B. Nihan 2007; Mathys 2008). Im Lichte solcher konfligierender Auswertungen muss man damit rechnen, dass auch biblische Autoren in nachexilischer Zeit die Sprachkonventionen von CBH, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad, imitieren konnten. Schließlich steht das Argument der absoluten Datierung von CBH and LBH auf tönernen Füßen. Die Unterscheidung von CBH und LBH ist zunächst nur eine relative. Historisch absolut lassen sich CBH und LBH durch die Einführung von TBH datieren, das man gerne in das 6. Jahrhundert v. Chr. ansetzt, weil die entsprechenden Literaturbereiche Deuterojesaja, Jeremia, Ezechiel, Threni, Haggai und Sacharja 1–8 auf diese Periode weisen. Doch unterscheidet ein solches Argument nicht zwischen der Zeit der Erzähler und der erzählten Zeit dieser Bücher: Nur weil diese Texte szenisch im 6. Jahrhundert v. Chr. angesiedelt sind, müssen sie deshalb nicht zwingend zu dieser Zeit entstanden sein – sie sind zwar nicht älter, können aber sehr wohl erheblich jünger sein. Die redaktionsgeschichtliche Forschung an den Büchern Jeremia und Ezechiel rechnet mit guten Gründen damit, dass die Texte dieser Bücher zwischen dem ausgehenden 7. (Jeremia) bzw. dem beginnenden 6. Jahrhundert v. Chr. (Ezechiel) und dem späten 3. oder frühen 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden sind (vgl. für Jeremia Schmid 2018b). TBH mag so zwar im 6. Jahrhundert v. Chr. beginnen, ist aber nicht auf diese Epoche be-

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schränkt, was sowohl die zeitliche Erstreckung von CBH als auch von LBH erheblich komplexer erscheinen lässt, als dass sie mit „vorexilisch“ oder „nachexilisch“ hinreichend erfasst wäre. Man wird also auf sprachgeschichtliche Beobachtungen zu achten haben, diese müssen aber mit anderen Datierungsanhalten – etwa konzeptioneller, geistesgeschichtlicher, politischer oder sozialgeschichtlicher Natur – vermittelt werden. 5. Form-, traditions- und sozialgeschichtliche Differenzierungen der Überlieferungsbereiche Textgenetische Differenzierungen stehen naturgemäß in einer literaturgeschichtlichen Darstellung des Alten Testaments im Vordergrund. Sie dürfen jedoch nicht vergessen lassen, dass sie nur eine unter mehreren möglichen, sinnvollen oder nötigen Unterscheidungen darstellt, unter denen das Alte Testament als Literatur wahrgenommen werden kann. Seine Texte und Bücher sind ja nicht nur in unterschiedlichen Zeiten verfasst, erweitert, redigiert und ediert worden, sondern gehen auf unterschiedliche Autoren in verschiedenen geistigen und sozialen Milieus zurück, auch wenn diese Milieus – jedenfalls von der persischen Zeit an – geographisch sehr eng beieinander gelegen haben mögen: Der wichtigste Ort der alttestamentlichen Literaturproduktion dürf‌te damals Jerusalem gewesen sein. In der babylonischen und vor allem auch in der ägyptischen Diaspora, in Alexandria, entwickelten sich zwar auch bedeutende Zentren der Schriftgelehrsamkeit, die jedoch für die Entstehung des Alten Testaments selbst noch von untergeordneter Bedeutung sind. Die nachfolgende Darstellung versucht, die alttestamentlichen Texte nach literaturgeschichtlichen Epochen – im Wesentlichen der Übersichtlichkeit halber – sowie nach verschiedenen Überlieferungsbereichen zu sortieren. Idealtypisch werden darin kultische, weisheitliche, erzählende, prophetische und rechtliche Überlieferungen voneinander unterschieden. Diese Unterscheidung ist dabei zunächst lediglich von den jeweiligen Textsorten-„Familien“ her indiziert, stützt sich also auf – im weiteren Sinn – formgeschichtliche Überlegungen. Was die in der klassischen Forschung damit verbundene Frage nach dem „Sitz im Leben“ der jeweiligen Textsorten betriff‌t, so ist allerdings höchste Vorsicht geboten. Da viele Texte des Alten Testaments nicht einfach als Verschriftungen ursprünglich mündlicher Einheiten angesehen werden können, bleibt der Rückschluss von einer bestimmten Textsorte (oder „Gattung“) auf einen dahinterstehenden, zugehörigen Sitz im Volksleben ganz unsicher. Vielmehr wird man sich in der Regel mit dem Urteil bescheiden zu haben, dass viele Texte als schriftstellerische Produkte zunächst nur auf ihren „Sitz im Leben“ der Literaturproduktion hin transparent sind und dass der ursprüngliche „Sitz“ im Leben einer bestimmten Gattung nur noch hypothetisch postulierbar ist.

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Die Unterscheidung nach Überlieferungsbereichen erlaubt aber immerhin eine erste Sortierung verschiedener traditionsgeschichtlicher Strömungen (vgl. Steck 1978/1982). Kult, Weisheit, Annalistik, Prophetie, Recht lassen sich zwar nicht säuberlich voneinander trennen, sind aber doch je und je auf unterschiedliche geistige Grundüberzeugungen und Rückräume hin befragbar. Es ist allerdings zu bedenken, dass im Verlauf der religionsgeschichtlichen Umbrüche im 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr., die man als Auf‌kommen des Monotheismus interpretieren kann, diese Überlieferungsbereiche in sachlicher Hinsicht mehr und mehr zusammenrückten, entsprechend wird oft von „Theologisierungs“-Vorgängen zu sprechen sein. In der königszeitlichen Religion Israels war der Kult noch nicht von vornherein als eine die menschliche Lebenswelt und -führung bestimmende Größe konzeptualisiert – dafür waren die in sich differenzierten Systeme von Weisheit und Recht zuständig. Erst mit der monotheistischen Wende greifen die kultisch geprägten Überlieferungen mit ihren Spiritualisierungs- und Universalisierungstendenzen auch auf Überlieferungsbereiche wie Weisheit und Recht aus. Schließlich sind auch sozialgeschichtliche Differenzierungen im Auge zu behalten. Reflektieren die besprochenen Texte die offizielle Religion, spiegeln sie lokale Religiosität wider, oder werden sie aus dem Zusammenhang der Familienreligion verständlich (vgl. Albertz 1992; Kessler 2006)? Mutatis mutandis gilt hier allerdings dasselbe wie bei formgeschichtlichen Rückfragen: Natürlich äußerte sich die altisraelitische Religion je nach sozialer Lage der Familien in unterschiedlicher Weise. Die Texte des Alten Testaments aber, selbst wenn sie solche voneinander abhebbaren sozialen Situationen noch erkennen lassen, bezeugen diese nur mehr in gebrochener Form. Religiöse Äußerungen aus dem Bereich der Ortsund der Familienreligion finden sich im Alten Testament nur noch in offiziell rezipierter Form – einen unmittelbaren Zugang zu ihnen, wiewohl oft gesucht und vermeintlich gefunden, gibt es aller Wahrscheinlichkeit nach kaum mehr. 6. „Horizontale“ und „vertikale“ Bezugnahmen alttestamentlicher Texte und Schriften Der Mehrwert einer literaturgeschichtlichen gegenüber einer einleitungswissenschaftlichen Herangehensweise an das Alte Testament besteht vor allem darin, seine „horizontalen“ und „vertikalen“ Vernetzungen deutlich zu machen (vgl. auch Japp 1980). Gemeint ist damit die Frage nach mutmaßlich gleichzeitigen literarischen Gesprächspartnern („horizontale“ Bezugnahmen) von Texten sowie die Frage nach zeitlich folgenden, aber die entsprechende Konzeption literarisch aufgreifenden Positionen („vertikale“ Bezugnahmen). Es wird also darauf ankommen, alttestamentliche Bücher und Texte nicht nur als diskrete Punkte, sondern in ihren literarischen und sachlichen Verbindungen mit ihren alttestamentlichen, aber auch altorientalischen Gesprächspartnern wahrzunehmen.

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Dass alttestamentliche Texte vielfach untereinander interagieren – in bestätigender, korrigierender oder widersprechender Absicht –, ist ein zwar bekannter Befund, der allerdings noch keineswegs ausschöpfend behandelt worden ist und auch in der Zukunft die Forschung erheblich weiter beschäftigen wird. Erkennbar sind innerbiblische Bezugnahmen vor allem an literarischen Aufnahmen und mehr oder minder wörtlichen Zitaten, die allerdings nur höchst selten als solche tatsächlich ausgewiesen sind: Einer der wenigen expliziten Belege ist Daniel 9 (vgl. Applegate 1997; Rigger 1997; Redditt 2000). Die übliche Art und Weise der nicht eigens eingeführten Anspielung, für schriftgelehrte Leser aber erkennbar an Wort- und Themenwahl (vgl. dazu Fishbane 1985; Veijola 2000; Kratz u. a. 2000b, Menn 2003; Schmid 2011a), bestätigt noch einmal auf ihre Weise die vermutlich in engen Gelehrtenzirkeln vonstatten gegangene Textproduktion und -rezeption. Darüber hinaus zeigen elementare sachliche und sprachliche Verbindungen zu den altorientalischen Literaturen, dass die Fragehinsicht nicht auf das Alte Testament beschränkt bleiben darf: „Horizontale“ und „vertikale“ Bezugnahmen alttestamentlicher Texte machen naturgemäß nicht an den erst nachalttestamentlichen Kanongrenzen Halt. 7. Redaktion als innerbiblische Rezeption Das Argument der vielfältigen Interaktionen zwischen den alttestamentlichen Texten und Schriften lässt sich noch weiter zuspitzen: Seit die alttestamentliche Exegese zum einen die vormals gern diffamierten „Ergänzungen“ in den biblischen Büchern in vielen Fällen als Manifestationen innerbiblischer Schriftauslegung zu verstehen gelernt hat und zum anderen erkannt hat, dass diese „Ergänzungen“ textlich sehr umfangreich sein können, ja in vielen Fällen die Hauptmasse eines Buches ausmachen, wird mehr und mehr deutlich, dass das literarische Wachstum der biblischen Bücher diese nicht nur marginal, sondern in der Substanz geprägt hat (vgl. Fishbane 1985; O’Day 1999; Schmid 2000b; Tull 2000). Die Redaktion der biblischen Bücher ist kein sachlich unkontrollierter Prozess der Textvermehrung, sondern in aller Regel ein textlich produktiver Vorgang innerbiblischer Rezeption und Auslegung vorgegebenen Textguts. In den Schriften des Alten Testaments sind in der Regel Text und Kommentar vereint, erst nach dem Abschluss des Kanons tritt die Auslegung neben den Text. Redaktionsgeschichte ist also als innerbiblische Rezeptionsgeschichte beschreibbar, deren Rekonstruktion die innerbiblischen theologischen Diskurslagen in ihren historischen Differenzierungen wieder zum Vorschein bringen kann. Ein Weiteres kommt hinzu: Die in vielen Bereichen der Bibel erkennbaren Vorgänge innerbiblischer Schriftauslegung sind dafür verantwortlich, dass ihre Texte überhaupt über längere Zeit hinweg überlebt haben. Hätte man sie nicht

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aktiv fortgeschrieben und jeweils auf neue Situationen hin aktualisiert, wären sie alsbald vergessen gewesen und verlorengegangen. Nur dieser Zuschreibung einer übergeschichtlichen Sinnhaftigkeit verdanken die Bibeltexte ihre jahrhundertelange Tradierung und Existenz, die nicht nur die Antike, sondern auch das Mittelalter und – wenn man so will – sogar die Moderne überdauert hat. In besonderem Maß zeigt sich das Phänomen innerbiblischer Schriftauslegung bei Texten, die als Ausdruck göttlichen Willens oder Planens verstanden wurden, so etwa bei den Gesetzen des Pentateuch (vgl. Schmid 2011a; 2016a; 2016b; Gertz 2014). Das hat seinen Grund vor allem darin, dass das legislative Material des Pentateuch im Laufe seiner literaturgeschichtlichen Entwicklung, wie wir bereits gesehen haben, schon bald als Gottes Gesetz interpretiert worden ist. Die ältesten Rechtssätze des Bundesbuches waren, altorientalischer Gepflogenheit entsprechend, in der dritten Person formuliert und galten als Königsgesetz. Erst mit dem Deuteronomium kam die Vorstellung auf, Gott als legislative Instanz zu proklamieren. Dies brachte eine entscheidende Folge mit sich: War das Gesetz einmal mit göttlicher Qualität ausgestattet, konnte es nicht mehr unbesehen verändert werden. Nur durch innerbiblische Auslegung war es möglich, ein solches Gesetz zu aktualisieren und in eine neue Gestalt zu bringen. Insofern ist die schriftgelehrte Auslegung eines Gesetzes eine unmittelbare Folge der Behauptung seines göttlichen Ursprungs. In der Prophetenliteratur liegt eine der Rechtsüberlieferung vergleichbare Situation vor: Auch hier müssen mit göttlicher Autorität ausgestattete Aussagen im Laufe der Zeit aktualisiert, ergänzt oder korrigiert werden. Offenkundig kommen dabei in der Prophetie auch Techniken zur Anwendung, die aus der Rechtstradition stammen (Otto 1991). Ein Prophetenwort galt als erfüllungsoffen, es konnte auch mehrere sukzessive Erfüllungen finden, die sich in entsprechenden Fortschreibungen niederschlagen konnten. Nachgerade eine „Fortschreibungskette“ findet sich beispielsweise in Jer 23,1–6. Sie setzt ein mit einer eigenständigen Einheit in 23,1–2, die formgeschichtlich als prophetisches Gerichtswort gestaltet und mit der Gottesspruchformel abgeschlossen ist. Sie beinhaltet ein Gerichtswort gegen die Könige Judas („Hirten“), die sich der Zerstreuung ihres Volkes schuldig gemacht haben. Jeremia 23: 1 Wehe den Hirten, die die Schafe meiner Weide zugrunde richten und zerstreuen! Spruch JHWHs. 2 Darum, so spricht JHWH, der Gott Israels, über die Hirten, die mein Volk weiden: Ihr habt meine Schafe zerstreut und versprengt und euch nicht um sie gekümmert. Seht, ich werde mich um die Bosheit eurer Taten kümmern! Spruch JHWHs.

Daran schließt sich in Jer 23,3–4 ein Stück an, das offenkundig aus anderer Hand stammt, denn hier sind es nicht die Könige, die ihr Volk „versprengt“ haben, sondern Gott selbst ist der Akteur hinter diesem Vorgang. Hier wird also mit aller Deutlichkeit klargestellt, dass die Deportation aus Juda kein Versehen, sondern

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letztlich Teil von Gottes Geschichtsplan ist, der dann auch die Sammlung der Diaspora umfassen wird: Jeremia 23: 3 Und ich selbst werde den Rest meiner Schafe sammeln aus allen Ländern, wohin ich sie versprengt habe, und ich werde sie zurückbringen auf ihren Weideplatz, und sie werden fruchtbar sein und sich mehren. 4 Dann lasse ich Hirten über sie auf‌treten, und diese werden sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und nicht mehr erschrecken, und keines wird vermisst werden. Spruch JHWHs.

Die Folgeverse in Jer 23,5–6 setzen sich noch einmal vom Voraufgehenden ab und tragen die Präzisierung nach, dass die neuen Hirten, die Gott über sein Volk setzen wird, Davididen sein werden: Jeremia 23: 5 Siehe, es kommen Tage, Spruch JHWHs, da lasse ich für David einen gerechten Spross auf‌treten, und dieser wird als König herrschen und einsichtig handeln und Recht und Gerechtigkeit üben im Land. 6 In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, und Israel wird sicher wohnen. Und dies ist sein Name, den man ihm geben wird: JHWH ist unsere Gerechtigkeit!

Die Fortschreibungssequenz spiegelt so den literarisch-produktiven Umgang des Jeremiabuches mit der Grundaussage in Jer 23,1–2 wider, die im Verlauf der Zeit als aktualisierungsbedürftig angesehen wurde. So musste Jer 23,3–4 dem Missverständnis entgegentreten, Gott habe mit der Zerstreuung Judas unter die Völker nichts zu tun, und Jer 23,5–6 ergab sich aus der Notwendigkeit, die künftigen Könige aus der Daviddynastie zu rekrutieren. Es ist sogleich klar, dass diese Fortschreibungen nicht Auslegungen des jeweiligen Vorgängertextes im engen Sinn darstellen, denn sie beschränken sich nicht auf die Entfaltung impliziter Sinnpotentiale, sondern formulieren neue Gesichtspunkte, die über die jeweiligen Vorgaben inhaltlich hinausgehen. Das innerbiblische Auslegungsgeflecht der Bibel vernetzt deren Texte untereinander in komplexer Weise. Die Bibel bezeugt so einen historisch und sachlich differenzierten Umgang mit den theologischen Fragen, die sie thematisiert. Nur für ein fundamentalistisches Bibelverständnis kann dieser Befund theologisch problematisch sein. Tatsächlich dürf‌ten diese innerbiblischen Differenzierungen letztlich dafür verantwortlich sein, dass die Bibel sich langfristig und global als normativer Text durchsetzen konnte: Eine gewisse Komplexität verbindlicher Schriften ist die Bedingung dafür, dass diese von ihren Auditorien über längere Zeiten hinweg als maßgeblich rezipiert werden können. Die literaturgeschichtliche Fragestellung trägt also keine den Büchern fremde Fragestellung an sie heran, sondern sie macht eine Tiefenstruktur deutlich, die diese Werke im In­ ners­ten zusammenhält.

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8. Tradition und Erinnerung Allerdings macht die Eigenart der alttestamentlichen Literatur als Traditionsliteratur es schwierig und bisweilen sogar unmöglich, bestimmte Texte und Textinhalte eindeutig und exklusiv einer bestimmten Zeit zuzuweisen. Viele Texte enthalten und verarbeiten Traditionen und Erinnerungen, die älter als sie selbst sind, aber nicht in schriftlich fixierter Gestalt vorlagen (Krüger 2006; vgl. auch Schmid 2006f ). Ihre Verschriftung war dann aber mehr und anderes als die bloße Kodifizierung dieser Traditionen und Erinnerungen. Vielmehr war der Verschriftungsvorgang bereits ein erster Auslegungsvorgang. Umgekehrt werden viele Texte von späteren Nachinterpretationen vorausgesetzt und nach wie vor als gültig angesehen – in Epochen, die zum Teil erheblich später als ihre Entstehungszeit anzusetzen sind. Alttestamentliche Texte können also im Modus der Erinnerung, der Tradition und der Rezeption in unterschiedlichen Zeiten „präsent“ und literaturgeschichtlich relevant sein. Der Streit zwischen Maximalisten und Minimalisten, zwischen „Früh“- und „Spät“-Datierern wird mitunter unter Ausblendung dieser Differenzierung geführt (Dever 2001; vgl. zum Problem auch Keel 2007, 153–154). Auch für die nachfolgende Darstellung, die aus bestimmten forschungsgeschichtlichen Perspektiven mitunter als „spätdatierend“ erscheinen mag, bleibt mitzubedenken, dass die verarbeiteten Stoffe in der Regel traditionell und älter sein können als die textlichen Fassungen, in die sie nun eingebunden sind. Ausschlaggebend für die Einordnung von bestimmten Texten und Textkomplexen an ihren jeweiligen literaturgeschichtlichen Orten ist ihre mutmaßlich erste, literarische und konzeptionell identifizierbare Fixierung.

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B. Die Anfänge der altisraelitischen Literatur im Rahmen der syrisch-palästinischen Kleinstaatenwelt bis zum Auf‌kommen der Assyrer (10.–8. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe In der Spätbronzezeit stand nicht nur der Süden (Keel 1993, 449–451.457–460), sondern auch der Norden Palästinas (zur Terminologie vgl. Vieweger 2019a, 36–40) unter dem politischen Einfluss Ägyptens (Weinstein 1981; Keel/Uehlinger 52001, 92–109; Vieweger 2019a). Entsprechend war die ägyptische Ikonographie sehr präsent. Sie blieb es auch trotz dem Rückgang der ägyptischen Machtentfaltung unter den Ramessiden (Helck 21971, 224–246; Görg 1997, 70–71; Schipper 2003) noch bis in das 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. hinein (Münger 2003). Danach ist wieder eine Rückkehr zu autochthonen nordwestsemitischen religiösen Konzeptionen zu beobachten. Dass Kontakte zu den nun sich in der Küstenebene ansiedelnden Philistern (Fritz 1996a; Ehrlich 1996) bestanden haben, ist nur schon deshalb wahrscheinlich, weil sich die Bibel David als Söldner in philistäischen Diensten vorstellen kann (McKenzie 2002; Finkelstein/Silberman 2006; Dietrich 2006), doch ist die nähere inhaltliche Beschreibung dieser Kontakte aufgrund der dunklen Quellenlage kaum möglich. So schwierig die Rekonstruktion der politischen Anfänge Israels und Judas wohl zunächst als „Patrimonialkönigtum“ (Keel 2007, 155) und dann ab dem 9./8. Jahrhundert v. Chr. als Staat ist (vgl. Knauf 1994, 121–125; Niemann 1998; Gertz 2004; Finkelstein/Silberman 2006; Kessler 2006, 80–81; Finkelstein 2013a), deutlich ist für die gegenwärtige Forschung, dass Israel und Juda kulturgeschichtlich von Anfang an in das religiöse Symbolsystem der Levante eingebunden waren. Das bedeutet nicht, dass Israel und Juda geistesgeschichtlich vollkommen unselbständig gewesen wären. Es bedeutet aber auch nicht, wie die alttestamentliche Forschung im 20. Jahrhundert explizit oder implizit annahm, dass sich Israel und Juda religiös und geistig als Größen sui generis entwickelt haben sollen. Wiewohl die Geschichte Judas noch stärker als diejenige Israels durch die geographischen Gegebenheiten in einer gewissen Abgeschiedenheit anfing, so war diese weder im einen noch im anderen Fall in einer splendid isolation.

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In der klassischen Forschung nahm man dieses Zurücktreten des politischen Einflusses der altorientalischen Großmächte in der frühen Eisenzeit (Holloway 1997) – mancherorts nachgerade als Machtvakuum charakterisiert – zum Anlass und Grund, die Vorstellung eines davidisch-salomonischen Großreiches zu entwickeln. In diese Zeit konnten dann auch erhebliche Anteile der alttestamentlichen Literatur eingeordnet werden, so besonders das jahwistische Geschichtswerk, breite Anteile der Davidüberlieferung, aber auch Weisheitstexte sowie die entsprechend geprägte Josephsnovelle. Sowohl von der politischen Vorstellung eines davidisch-salomonischen Großreiches, wie es das Alte Testament als „Goldenes Zeitalter“ entwirf‌t, als auch von der Sicht eines damals blühenden Literaturbetriebs muss aber aus historischer Sicht heute Abstand genommen werden (Gertz 2004; Fischer 2005; Finkelstein/ Silberman 2006). Wiewohl David zweifellos eine historische Figur war und epigraphisch durch die Tel-Dan-Inschrift, die das „Haus Davids“ erwähnt (TUAT Ergänzungslieferung, 176–178; Athas 2003; Keel 2007, 165–167), als Dynastiegründer bezeugt ist, so konnte die Archäologie das ihm zugeschriebene Großreich mit den dazu nötigen Verwaltungseinrichtungen bislang noch nicht nachweisen, und die Vermutung ist nicht fehl am Platz, dass sich das in den kommenden Jahren kaum ändern wird: Es fehlen Bezeugungen von Monumenten und einer entsprechenden Infrastruktur in der Hauptstadt sowie Hinweise auf einen entsprechend ausgedehnten Territorialstaat (vgl. Niemann 1993; Steiner 1998a.b; Knauf 2000b; Gertz 2004; Finkelstein/Silberman 2002, 140–163; dies. 2006; Finkelstein 2013b; anders z. B. Avishur/Heltzer 2000; eine breite Diskussion bieten Vaughn/Killebrew 2003; Keel 2007; Huber 2010; Vieweger 2019b, 189–190). Auch die von der traditionellen biblischen Archäologie – aufgrund von 1Kön 9,15 – mit Salomo in Verbindung gebrachten Reste von Monumentalarchitektur in Megiddo, Hazor und Gezer dürf‌ten mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens ein Jahrhundert zu früh angesetzt sein, auch wenn die Diskussion um die sogenannte „low chronology“ (Finkelstein 1996; Knauf 2000e) noch nicht beendet ist. Die Idealisierung der Epoche Davids und Salomos zu einer frühen Blütezeit Israels mit entsprechenden politischen und kulturellen Manifestationen reflektiert also kaum entsprechende geschichtliche Gegebenheiten, sondern verdankt sich einer späteren Rückprojektion, die dann vor allem für das Geschichtsbild der Chronik und des fertigen Psalters bedeutsam geworden ist, die in der Zeit Davids und Salomos nachgerade die eigentliche Gründungszeit Israels erblickten. Entsprechend hat die dem Alten Testament selbst inhärente literaturgeschichtliche Deutung eine Vielzahl von Schriften David und Salomo selbst zugeschrieben: Psalmen, Sprüche, das Hohelied, Kohelet (Kleer 1996; vgl. für Kohelet Reinert 2010). Dass unter David, Salomo und den nachfolgenden frühen Königen Israels und Judas schriftliche Dokumente entstanden sind, ist wahrscheinlich (Keel 2007, 236; Richelle 2016; Blum 2019) – schriftliche Korrespondenz ist durch die Amarnabriefe schon Jahrhunderte früher für Jerusalem bezeugt (TUAT I, 512–

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520). Dass aber dies auch nur annähernd in dem Ausmaß geschehen ist, wie dies die Bibel und mit ihr bis in die jüngere Vergangenheit die Bibelwissenschaft angenommen hat, kann mit Fug und Recht bezweifelt werden (vgl. Jamieson-Drake 1991; Niemann 1998; Finkelstein/Silberman 2006). Die kulturgeschichtlichen Hintergründe für die Anfänge der altisraelitischen Literatur sind also bescheidener, als es sich die Bibel und mit ihr die Bibelwissenschaft zumindest in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert vorgestellt haben. Israel und Juda sind zunächst kleine „Patrimonialkönigtümer“ (Keel 2007, 155) in Nachbarschaft zu politisch und soziologisch vergleichbaren Größen: zu Aram, das im 9. Jahrhundert v. Chr. zu einer gewissen Machtentfaltung gelangt, zu Moab und Ammon, die etwa zeitgleich mit Israel im 8. Jahrhundert v. Chr. zur Staatlichkeit finden, und zu Edom im Süden, das erst ein Jahrhundert später, wie Juda, die Staatlichkeit erreicht (Veenhof 2001, 212–215; Stern 2001, 236–294; Sergi 2015; 2017). Israel und Juda sehen sich in ihren frühen Überlieferungen in unterschiedlicher Nähe oder Distanz zu diesen Größen. Die politische Eigenart dieser Klein„Staaten“ schlägt sich auch in der Bezeichnung Judas als „Haus Davids“, wie sie die Inschrift aus Tel Dan kennt, nieder: Das politische Gemeinwesen wird nicht als Territorialstaat gesehen, sondern als an einer bestimmten Herrscherdynastie hängende Grösse. Die in der jüngeren Forschung (seit Jamieson-Drake 1991) in Übung gekommene Klassifizierung als „chiefdom“ ist insofern irreführend, als sowohl Israel und Juda eine traditionelle, bronzezeitliche Stadtkultur inkorporiert haben (Keel 2007, 155.157; Keel selber charakterisiert Salomos politisches Gebilde als „eine Art provinzielle Kopie des ägypt. Staates“ [336]). Gleichwohl: Israel ist im 10. Jahrhundert v. Chr. noch mindestens ein Jahrhundert, Juda sogar zwei Jahrhunderte von einem Grad von Staatlichkeit entfernt, der aufgrund seines damit verbundenen kulturgeschichtlichen Status einen ausgedehnten Literaturbetrieb überhaupt erst wahrscheinlich machen würde.

II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen Entsprechend kann man im 10.–8. Jahrhundert v. Chr. höchstens von „Anfängen“ der alttestamentlichen Literatur sprechen. Sie sind zudem sehr unsicher in der historischen Rekonstruktion, so dass diese „Anfänge“ gleichzeitig auch oft nicht viel mehr als „Reste“ ihrer selbst sind. Wenn die hier getroffenen Entscheidungen auch nur in Grundsätzen zutreffend sind, so ist aber immerhin zu erkennen, dass es sich bei diesen Texten weitgehend um etwas handelt, was sich als religiöse Primärliteratur charakterisieren lässt. Die hier zu verhandelnden Texte sind deshalb auch nicht ohne weiteres „theologiegeschichtlich“ interpretierbar. „Theologie“ als literarische Reflexionsgestalt religiöser Vollzüge und Konzeptionen setzt einerseits eine Gelehrtenkultur voraus, die in dieser Zeit wohl erst in Ansätzen gegeben ist, und andererseits auch eine Erfahrungslage, in der zuvor Selbstverständliches nun der

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Begründung, Entfaltung und Reflexion bedarf, so dass theologische Sekundärliteratur entstehen kann. Man wird sich davor hüten müssen, die Überlieferungen des vorexilischen Israel und des nachexilischen Judentums dualistisch auseinanderzureißen (vgl. Kratz 2006c, 468: „From Prophets of Salvation to Prophets of Disaster“; 471: „From Secular Nation to the People of God“; 477: „From Divine Kingship to the Kingdom of God“; 474: „From Secular Law to Divine Law“; 479: „From Wise to Pious“, vgl. aber Kratz 2013). Solchen Dichotomisierungen eignet zwar ein gewisser heuristischer Wert, doch wie schwierig die dabei verwendeten Kategorien sind, wird nicht zuletzt an dem zweifach verwendeten „secular“ deutlich, das nicht mehr als einen schiefen Anachronismus darstellt. Das Gegenteil von „theologisiert“ ist im Alten Testament nicht „säkular“, schon gar nicht im Sinne einer Vorstufe nachmals „theologisierter“ Konzeptionen, sondern allenfalls „implizit theologisch“ (vgl. Schmid 2013; 2019). Gegenüber manchen allzu kühn rekonstruierten literaturgeschichtlichen Entwicklungen im Alten Testament wird man ohnehin damit zu rechnen haben, dass viele Redaktions- und Reinterpretationsvorgänge nicht sogleich komplette Umdeutungen beinhaltet haben werden, sondern in vielen Fällen der Explizierung von zuvor impliziten Gehalten gedient haben (Hartenstein 1997; Schmid 2006c). Die vielfach beobachtbaren Vorgänge der Rezeption und Verarbeitung von königszeitlichen Quellen in der perserzeitlichen und hellenistischen Literatur des Alten Testaments sind als Kontinuität und Diskontinuität zu beschreiben (vgl. Brettler 1999).

Blickt man auf die konkreten Inhalte der Schriftproduktion dieser Epoche, so wird man einen gemeinsamen Nenner in den jeweiligen Ordnungsvorstellungen finden können, die sie vertreten und die keineswegs nur für das antike Israel und Juda, sondern gemeinorientalisch kennzeichnend sind (Schmid 1968; Keel 41984; Assmann 1990a; Maul 1998). Die Kult- und Weisheitstexte dieser Epoche – möglicherweise noch zum größeren Teil in mündlicher Gestalt – lassen in dem von ihnen vorausgesetzten Symbolsystem eine elementare Leitdifferenz (Stolz 1983b; 1988, 234–236) erkennen, die Kosmos und Chaos (Keel 41984; Bauks 2001), oder genauer: lebensfördernde und lebensmindernde Kräfte voneinander absetzt und in beständigem Widerstreit sieht. Die kultischen und rituellen Vollzüge, aber auch Politik und Ökonomie stehen im Dienst, dem Chaos zu wehren und den Kosmos zu stützen und zu erweitern. In einigen altisraelitischen Inschriften ist Aschera als Paredros (Partnerin) Jhwhs erwähnt: Die göttliche Segenskraft kann offenbar geschlechtlich polarisiert dargestellt werden (TUAT II, 556–557; 561–564). Dies kann allerdings nicht ohne weiteres auf einen Polytheismus im königszeitlichen Israel hin ausgewertet werden: Jhwh und Aschera sind nicht viele, sondern nur zwei Gottheiten, und ihre Zweiheit verdankt sich eher einer Differenzierung als einer Multiplizierung der Vorstellung göttlichen Wirkens (Schmid 2003). Allerdings bleibt zu bedenken, dass natürlich die Göttlichkeit der Gottheiten der Nachbarvölker – der Moabiter, Ammoniter und Edomiter – nicht in Frage gestellt wird: cuius regio eius religio.

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In analoger Weise zu den kultischen Traditionen versucht die Weisheitsüberlieferung, das Alltagsleben im Orientierungsraster von Kosmos versus Chaos zu organisieren. Auch die politisch ausgerichteten, im Gewand von Familienbegebenheiten gestalteten Erzählungen der Genesis sind letztlich einem vergleichbaren Ordnungsgedanken verhaftet: Sie setzen die unterschiedlichen politischen Gemeinwesen in ein genealogisch abgebildetes Verhältnis, das die Kleinstaatenwelt strukturiert.

III. Überlieferungsbereiche 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen a) D ie Literatur an den Nordreichsheiligtümern Obwohl es aus biblischer Perspektive ungewohnt erscheint, ist für die Königszeit bis zum Untergang des Nordreichs Israel zunächst dieses in den Vordergrund zu rücken: Aufgrund seiner geopolitisch bedeutenderen Lage, aber auch aufgrund der klimatischen Verhältnisse, die einen ertragreicheren Regenfeldbau ermöglichten als in semiariden Gebieten (Stolz 1997, 587; Vieweger 2019a, 47–51), entwickelte sich das Nordreich zunächst schneller und wurde zum bedeutenderen der beiden Reiche. Der Norden scheint auch deutlich dichter besiedelt gewesen zu sein als Juda oder das Ostjordanland (Broshi/Finkelstein 1992; Finkelstein 2013a). Es ist deshalb zunächst davon auszugehen, dass sich hier ebenso wie im Südreich, wenn nicht sogar noch in bedeutenderem Maß als dort, eine Literaturproduktion zu entwickeln begann, und zwar sowohl an den Heiligtümern als auch an den königlichen Residenzen bzw. (seit den Omriden) in der Hauptstadt Samaria (zur Frage von Samaria als Hauptstadt oder Residenz vgl. Niemann 2005; zur Archäologie Tappy 1992/2001; Mazar 1992, 406–409; Finkelstein 2013a; Vieweger 2019b, 220–227). Allerdings muss es auf weite Strecken bei dieser allgemeinen Vermutung bleiben, denn zunächst ist beim Untergang Israels wohl manches verlorengegangen, und was übriggeblieben ist, erhielt sich nur, insoweit es von Nordreichsflüchtlingen gerettet werden konnte (vgl. aber Knauf 2006, 293–294; 2017) und für die nachher maßgeblichen judäischen und Jerusalemer Verhältnisse rezipierbar war. Die Bibel des antiken Judentums kennt keine Heiligtumsliteratur, die einem anderen Ort als Jerusalem aktuelle Kultfähigkeit zubilligt. Gleichwohl sind auf kritischem Weg noch einige Hinweise auf die Literatur Nordisraels zu gewinnen, die an den dortigen Heiligtümern überliefert worden sein kann. Allerdings ist bezüglich der biblischen Sicht, die die Gründung der beiden Reichsheiligtümer Bethel und Dan auf Jerobeam I. zurückführt, Skepsis

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angebracht. Zum einen war Benjamin mit Bethel von der Zeit Rehabeams bis zur Zeit Asas umstrittenes Grenzgebiet zwischen Israel und Juda (vgl. 1Kön 14,30; 15,7.16.32) und deshalb als Standort für ein Reichsheiligtum denkbar ungeeignet. Zum anderen deuten die fehlende archäologische Nachweisbarkeit sowohl Bethels als eines ökonomischen Zentrums im 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. als auch von Götterdarstellungen in Gestalt von Stieren im gleichen Zeitraum darauf, dass dieses Heiligtum vielleicht erst unter Jerobeam II. eingerichtet worden ist (vgl. Finkelstein 2013a, im Anschluss an Berlejung 2009, vgl. auch Lipschits 2017). Die biblische Rückprojektion auf Jerobeam I. wäre dann durch die biblische Interpretation der Stierbilder von Bethel und Dan als „Ursünde“ des Nordreichs und die Konkurrenz zwischen Jerusalem und Bethel im 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. zu erklären (Knauf 2004b; 2006; vgl. zur Diskussion auch Pakkala 2008; Vieweger 2019b, 217–220). Vorassyrerzeitlich ist für Bethel noch zu erkennen, dass hier die literarischen Anfänge der Jakobüberlieferungen tradiert und gepflegt worden sind. Für Dan hat man erwogen, dass einzelne Psalmen, die später nach Jerusalem übernommen worden sind, ursprünglich hier entstanden sind, so etwa die Korachpsalmen oder die Psalmen 29 und 68 (Goulder 1982; Jeremias 1987). Sie gehören jedoch eher nach Bethel, da in Dan ausweislich der dortigen, nahezu ausschließlich phönizischen und aramäischen Inschriftenlage kaum endogen israelitische Texte entstanden sein werden. Schließlich ist auch für das Heiligtum von Samaria anzunehmen, dass es eine eigene Kultliteratur gekannt hat; in der Bibel wird es als Baalstempel perhorresziert, da es möglicherweise mit Kultstatuen ausgestattet war (vgl. TUAT I, 382; Uehlinger 1998; Becking 2001; Timm 2002), aber inschriftlich ist es über den Ausdruck „Jhwh von Samaria“ hinreichend deutlich erschließbar. Vielleicht gehört Psalm *45 hierher, ein Königspsalm, der damit rechnet, dass sich der besungene König mit ausländischen Königstöchtern verheiratet, was zur Heiratspolitik der Omriden passt, die sich mit den Phöniziern verschwägerten (vgl. Vieweger 2019b, 223). Nicht aufgrund der ganz unsicheren Textbasis, aber aufgrund von geographischen Überlegungen kann man vermuten, dass die Theologie der Kultliteratur in Bethel und Dan anders bestimmt war als in Jerusalem. In Jerusalem fallen königlicher Residenzort und Residenzheiligtum zusammen – der (in der lokalen Ideologie) weltweit herrschende Jhwh legitimiert die Dynastie und ihre Herrschaft konkret in Juda. Im Norden ist Jhwh ein Landesgott (vgl. 2Kön 1; Köckert 2006a) und legitimiert das Nordreich Israel als eigenes, von Juda, Aram und Assur abgegrenztes Territorium mit den Grenzheiligtümern Dan und Bethel (wohl seit Jerobeam II., vgl. Finkelstein 2013a).

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b) D ie Literatur des Jerusalemer Tempelkults Anders als dies bei den Nordreichsheiligtümern der Fall ist, hat der Jerusalemer Tempel eine Geschichte durchlaufen, die trotz seiner zweimaligen Zerstörung (587 v. Chr. durch die Babylonier und 70 n. Chr. durch die Römer) ansehnliche Elemente seiner Kultlyrik und seines weiteren Überlieferungsguts literarisch überdauern lassen hat: Im Buch der Psalmen ist eine Reihe von Texten erhalten, die sich mit guten Gründen dem Gottesdienst am ersten oder am zweiten Tempel zuweisen lassen, wenn auch sogleich zu betonen ist, dass sich die Psalmen nicht eindeutig diesen Zeitabschnitten zuordnen lassen (Seybold 1986). Es gibt Psalmen, die kaum je eine kultische Funktion innehatten (z. B. Ps 1; 49; 73; 78; 104; 119; 136, vgl. Stolz 1983a). Der Psalter als Ganzes ist in seiner jetzigen Gestalt überhaupt als Meditationsbuch für Torafromme (vgl. die Eröffnung Ps 1; Zenger 1998; 1999; 2010; Bremer u. a. 2017) und nicht als Kultbuch („Gesangbuch der nachexilischen Gemeinde“) anzusprechen, wie bereits Bernhard Duhm feststellte: Viele Psalmen sind gewiß niemals und nirgends gesungen worden. Sollte jemals ein Jude, und wenn er es zur Pön versucht hätte, Ps 119 zu Ende gesungen haben? Auch die meisten übrigen alphabetischen Psalmen oder solche wie Ps 78 sind gelesen, vielleicht auch auswendig gelernt, aber nicht gesungen worden. Sie dienten der privaten Erbauung und Belehrung, einige kaum in anderer Weise als wie die Sprüche Salomos. Die Überschrift von Ps 102 klingt so, als ob der Psalm einem Gebetbuch entnommen sei. (Duhm 21922, XXVII)

Dass der Psalter poetische Texte aus ganz unterschiedlichen Zeiten enthält, wird selten bestritten, doch herrscht große Unsicherheit in der oft auch nur ungefähren historischen Zuordnung der Texte. Das ist kein Zufall, sondern hängt mit den Themen zusammen, die die Psalmen behandeln: Klage- und Danklieder sowie Hymnen enthalten der Sache nach kaum Referenzen auf konkrete zeitgeschichtliche Umstände. Ja, der Charakter dieser Texte als liturgischer Formulare erfordert es nachgerade, eine gewisse Offenheit zu bewahren, damit unterschiedliche Beter sich in den angesprochenen Situationen wiederfinden können. Es gibt im Grunde genommen nur einen Psalm, der eine historisch auswertbare zeitgeschichtliche Anspielung enthält, nämlich Psalm 137 („An den Strömen Babels, da saßen wir und weinten, als wir an Zion dachten“, V. 1 vgl. Berlejung 2013), dessen terminus a quo deshalb in der Exilszeit liegt. Wie weit das Spektrum der Vorschläge einer Datierung dann auseinandergeht, lässt sich daran ersehen, dass Psalm 137 für Ivan Engnell (1943/21967, 176 Anm. 2) der jüngste, für Bernhard Duhm (21922, xx–xxi) der älteste Psalm sein konnte. Formal-textimmanente Datierungen sind also weitgehend verwehrt. Diskussionsfähige historische Zuordnungen sind nur aufgrund von Überlegungen zum sachlichen Profil einzelner Psalmen zu erzielen.

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Argumentiert man aus dieser Perspektive, so sind zunächst literarische Vorstufen der Königspsalmen 2,*1–9; 18,*33–46; 21,2–7.9–13; 72,*1–7.12–14.*16–17?; 110,*1–3? (vgl. mit im Einzelnen unterschiedlichen Abgrenzungen und Einordnungen Spieckermann 1989, 211–212; Adam 2001; Janowski 2002a; 2003a; Saur 2004; Day 2004) als vorexilische Psalmen diskutierbar, wobei die Psalmen *2 und *72 als assyrerzeitliche Texte schon von vornherein nicht für eine Einordnung im 10. oder 9. Jahrhundert v. Chr. in Frage kommen können. Was die übrigen genannten Königspsalmen betriff‌t, so ist es wenig wahrscheinlich, dass diese Psalmen zu einer Zeit entstanden sind, als Juda über kein souveränes Königtum mehr verfügte, auch wenn sie durchaus – als Vertreter einer Idealvorstellung – rezipierbar und tradierbar geblieben sind. Im vorderorientalischen Kontext ist nur zu erwarten, dass der Tempelkult das irdische Königtum begründet und gewährleistet, entsprechende Texte sind also durchaus zu erwarten. Es ist zudem auch denkbar, dass einige der sogenannten Klagelieder des Einzelnen (vgl. Ps 6; 13 u. a.) ursprünglich Königstexte sind, denn in der Königszeit war vermutlich der König die einzige Gestalt, die von nichtpriesterlicher Seite her vollen Zugang zum Tempelkult hatte (Day 2004, 228). Der Tempel war ja etwa in Jerusalem ganz in den königlichen Palastbezirk eingegliedert und insofern wie das Heiligtum in Bethel ein „Heiligtum des Königs und Reichsheiligtum“ (Am 7,12–13; vgl. 1Kön 12,26–27; Keel 2007, 247–248). Jedenfalls Ps 56,8 (ʿammîm) und 59,6.9 (gôyim) sehen die Fremdvölker als Feinde des Beters, so dass eine königliche Deutung nicht unwahrscheinlich erscheint (vgl. aber Janowski 2003b, 103 Anm. 14). Grundsätzlich wird man sich für die Überlieferung am ersten Jerusalemer Tempel durchwegs vor Augen halten müssen, dass dieser – nur schon architektonisch – nicht mehr als eine Dependance des Könighofs war (Zwickel 1999; Keel 2007, 247–248.286–330). Weiter ist aus religionsgeschichtlichen Gründen der – außerhalb des Psalters überlieferte – aus 1Kön 8,12–13 (LXX [1Kön 8,53a]) rekonstruierbare Tempelweihspruch Salomos in die vorassyrische Zeit anzusetzen (vgl. Keel 2002; 2007, 267–272; und die Diskussion von Rösel 2009): Damals sprach Salomo: Die Sonne hat Jhwh an den Himmel gesetzt, er selbst hat erklärt, im Dunkel wohnen zu wollen. So habe ich nun ein Haus gebaut, dir zur Wohnung, eine Stätte, dass du da thronst in Ewigkeit. So steht es ja im Buche des Liedes.

Dieser Text dokumentiert die Inbesitznahme des wohl vorjahwistisch der Sonnengottheit geweihten Jerusalemer Heiligtums durch Jhwh, der dadurch seinerseits solare Züge annahm (Janowski 1995/1999; Keel 2007, 189–198.267–272; Leuenberger 2011). Es ist umstritten, ob die unterschiedlichen Texte des vorexilischen Tempelkults auf eine einheitliche Jerusalemer Kulttradition hin auszuwerten sind:

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Unter der Jerusalemer Kulttradition wird die weltumfassende, reflektiert-geschlossene Konzeption verstanden, die den meisten Psalmen zugrunde liegt und sich in wechselseitiger Ergänzung und Bezugnahme vor allem in Zionspsalmen, Schöpfungspsalmen, Jahwe-Königs- und Königspsalmen in wesentlichen Elementen liturgisch artikuliert. (Steck 1972, 9; dagegen Niehr 1990, 167–197)

Die Vorstellung einer Jerusalemer Kulttradition wurde in einer Forschungslage entwickelt, in der noch wesentlich umfangreicheres Textgut aus dem Psalter als dem vorexilischen Tempelkult entstammend interpretiert wurde. Doch ist diese Annahme heute auch nicht einfach unmöglich geworden (Keel 2007, 111–113), da liturgische Texte in der Regel traditionskonservativ sind und auch bei jüngerem literarischen Entstehungsdatum traditionsgeschichtlich für ältere Epochen sprechend sein können. Das beste Beispiel ist wohl Deuterojesaja, der in einer zweifellos vorgegebenen liturgischen Tradition steht. Zutreffend ist wohl, dass die religiösen Vorstellungen der königszeitlichen Psalmen eine gewisse Konvergenz aufweisen, die sich im Rahmen der Kosmos-Chaos-Matrix deuten lässt. Gegenüber der traditionellen Bestimmung im Sinne Odil Hannes Stecks ist aber wohl die diachrone Dimension hervorzuheben – die Jerusalemer Kulttradition verfügt über eine gewisse geschichtliche Entwicklung. Gleichwohl: Die Interdependenz der Themen der Jerusalemer Kulttradition bleibt ein auf‌f älliger Bestand, der als in sich differenzierter Vorstellungszusammenhang beschreibbar ist und in gewisser Sachnähe mit anderen kanaanäischen Stadttheologien steht (Keel 1993). c) Weisheitliche Überlieferungen Unter dem Begriff der Weisheit wird in der alttestamentlichen Forschung eine bestimmte Geistigkeit (Kaiser 1993, 264 Anm. 3; 1994, 49–50; Hermisson 51996) und, oft kaum definitorisch davon abgehoben, ein bestimmtes Ensemble von Büchern und Texten verstanden, das von dieser Geistigkeit geprägt ist (Saur 2012). Die Gefahr dieses Aneinanderrückens besteht darin, „Weisheit“ als distinktere Größe wahrzunehmen, als sie es in Tat und Wahrheit ist. Viele der „weisheitlichen“ Aussagen spiegeln auch außerisraelitisch verbreitete common-sense-Überzeugungen wieder (Preuß 1987; Lang 1990, 179; Dell 2004), die sich nicht ohne weiteres in ein separates Segment der israelitischen Geistesgeschichte einzeichnen lassen. Die Weisheitsliteratur im antiken Israel ist wohl die Schulliteratur par excellence gewesen, anhand derer die Schreiber instruiert wurden (vgl. zur Verbindung von Weisheit und Königshof Keel 2007, 258–259). Es steht außer Frage, dass bisweilen sogenannte „Volkssprichwörter“ in die Weisheitsliteratur eingegangen sind, wie sie etwa außerhalb des weisheitlichen Schrifttums in Gen 10,9; Ri 8,21; 1Sam 10,12; 24,14; Ez 16,44 überliefert sind (vgl. Köhlmoos 2003, 487; Keel 2007, 261). Doch

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ist zu beachten, dass solche Sprichwörter nicht unangetastet als Weisheitsliteratur zusammengestellt worden sind, sondern sowohl in eine größere, ihrerseits sinntragende Komposition eingebunden als auch sprachlich reformuliert worden sind (Scoralick 1995; Krüger 1995/1997). Prov 10,1–5 mag ein Beispiel, das allerdings nicht notwendigerweise an die literaturgeschichtlichen Anfänge des Sprüchebuches gehört, dafür abgeben, welche sinntragenden Beziehungen sich aus bestimmten Spruchanordnungen ergeben können: Proverbien 10: 1 … Ein weiser Sohn macht seinem Vater Freude, ein dummer Sohn aber ist der Kummer seiner Mutter. 2 Unrecht erworbene Schätze nützen nichts, Gerechtigkeit aber rettet vor dem Tod. 3 Den Gerechten lässt JHWH nicht hungern, aber die Gier der Frevler stößt er weg. 4 Wer mit träger Hand arbeitet, wird arm, die Hand der Fleißigen aber macht reich. 5 Wer im Sommer sammelt, ist ein verständiger Sohn, wer die Erntezeit verschläf‌t, ist ein schändlicher Sohn. Prov 10,1.5 umschließen eine Einheit von Sprüchen, die zwar zunächst als je für sich stehend erscheinen mögen, tatsächlich aber in einer überlegten Komposition aneinandergereiht worden sind. Die thematische Opposition von 10,1 „weise“ – „dumm“ wird in 10,5 expliziert: „Verständig“ ist, wer im Sommer erntet, wer dies nicht tut, handelt schändlich. 10,2 schließt sachlich an diese Explikation an und warnt nun davor, dass das alleinige Achten auf ökonomische Effizienz gefährlich sein kann, und betont die Notwendigkeit guten Handelns: Nur rechtens erworbenes Eigentum ist von Nutzen. 10,3 bearbeitet dann ein Problem, das sich aus der Position von 10,2 ergeben könnte: Was geschieht, wenn moralisch ausgerichtetes Handeln in ökonomische Schwierigkeiten führt? An dieser Stelle führt 10,3 Gott als Argument ein: Er wird den Frommen sättigen. 10,4 schließlich stellt klar, dass Gottes Zuwendung aber die in 10,5 geforderte Eigeninitiative nicht überflüssig macht: Wer nicht arbeitet, wird arm bleiben. Man erkennt so: Prov 10,1–5 erarbeitet eine in sich differenzierte Position zur Frage, wie weises Handeln konkret zu bestimmen ist, und sichert diese Position gegen mögliche Seitenprobleme ab (Krüger 1995/1997). Es ist denkbar und wahrscheinlich, dass Prov 10,1–5 aus vormals eigenständigen Sprüchen zusammengestellt worden ist, aber die literarische Zusammenstellung als solche bringt wesentliche neue Sinndimensionen ein.

In literaturgeschichtlicher Hinsicht fragt sich, wie sich die Ordnungstheologie des Kults zu derjenigen der Weisheit verhält (Perdue 1977; Ernst 1994, 1–8). Neben der grundsätzlichen Übereinstimmung, dass es sowohl dem Kult als auch der Weisheit um das Gefüge einer auf Leben hin ausgerichteten Welt geht, fallen doch grundsätzliche Unterschiede auf (Assmann 2000, 64–66). Steht der Kult im Dienst der „vertikalen“ Gewährleistung der Weltordnung, so betriff‌t die Weisheit eher deren „horizontales Gefüge“, das nun aber keineswegs so stabil ist, wie man

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dies aufgrund von klassischen Bestimmungen zum sogenannten „Tun-ErgehenZusammenhang“ anzunehmen geneigt war, der quasi als naturgesetzlicher Mechanismus gutes und schlechtes Verhalten jeweils entsprechend sanktionieren würde (Janowski 1994/1999). Vielmehr ist die soziale Ordnung, die durch die unter dem „Tun-Ergehen-Zusammenhang“ subsumierten Phänomene gewährleistet wird, ein gefährdetes und zerbrechliches Gebilde, das nur aufgrund bestimmter kultureller Leistungen aufrechterhalten werden kann. Sie wird dadurch nicht erschaffen, aber die Menschen können sich ihr entsprechend verhalten oder nicht und ihr so zu sozialer Realität verhelfen oder sie aber verdecken. 2. A nnalistische und erzählende Überlieferungen In der Mitte des 20. Jahrhunderts wäre eine Literaturgeschichte des Alten Testaments an dieser Stelle sehr breit geworden. Die Zeit Davids und Salomos galt als Anfang und erster Höhepunkt altisraelitischer Literaturbildung, entstand zu dieser Zeit doch – nach klassischer Auf‌fassung – das jahwistische Geschichtswerk, das Nationalepos Israels. Auch Werke wie die Josephsgeschichte oder breite Teile der jetzt in den Samuelbüchern vorliegenden Überlieferung wurden in diese Zeit angesetzt. Doch die archäologische Destruktion des davidisch-salomonischen Großreichs sowie die Neueinschätzung der Literaturgeschichte des Pentateuch haben diese Sicht unmöglich gemacht (vgl. die Diskussionen in Huber 2010 und Dozeman u. a. 2011; Gertz u. a. 2016; Vieweger 2019a, 264–265; 2019b, 189–190). Viel wahrscheinlicher ist, dass nicht die großen erzählerischen Synthesen, wie sie für das jahwistische Geschichtswerk angenommen wurden, sondern vielmehr die Einzelerzählungen sowie Erzählkränze am Anfang der Literaturbildung stehen, die ihrerseits – gegenüber den klassischen Annahmen – von David und Salomo allerdings immer noch ein gutes Jahrhundert entfernt sein dürf‌te. Die Gründe dafür liegen in den kulturgeschichtlichen Rahmenbedingungen und den literarischen Befunden im Alten Testament selbst, die noch erkennen lassen, dass die unterschiedlichen Überlieferungsblöcke nicht von vornherein, sondern erst sekundär hintereinandergereiht worden sind. Entsprechend erscheinen in der nachfolgenden Darstellung die traditionellen großen Literaturwerke des Pentateuch und der Vorderen Propheten (Josua bis 2. Könige) getrennt nach ihren wichtigsten Bestandteilen, die nicht nur sachlich, sondern auch literarisch weitgehend (d. h. bis auf ihre redaktionellen Verkettungsanteile) selbständig sind – Erzelterngeschichten, Mose-Exodus-Erzählung, Richterüberlieferungen usw. (Schmid 1999c; Kratz 2000a; Gertz 2000a.b; 2002b; 2006a; Witte u. a. 2006, Gertz u. a. 2016). Je nach Grad ihrer literarischen Einbindung in größere Kontexte stehen diese Bestandteile in einem diachron weit gestaffelten Feld – von den Anfängen der Überlieferungsbildung bis zu deren Abschluss.

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a) Nordreichsüberlieferungen Auch bei der annalistischen Überlieferung gilt wie bei den Psalmen zunächst wieder, dass die Überlieferungslage für das Nordreich dafür außerordentlich schlecht ist. Belegt ist kaum mehr als der mehrfache Verweis auf ein „Tagebuch der Könige von Israel“ (innerhalb von 1Kön 14,19 und 2Kön 15,31). Aus diesem Buch stammen vielleicht Notizen wie „in seinen [sc. Ahabs] Tagen baute Hiël von Bethel Jericho wieder auf “ (1Kön 16,34, vgl. zum Text Tov 1997, 288) oder „Mescha, der König von Moab, war Schafzüchter, und hunderttausend Lämmer und hunderttausend ungeschorene Widder pflegte er dem König von Israel zu liefern“ (2Kön 3,4). Es ist wahrscheinlich, dass im Nordreich entsprechende Texte verfasst und tradiert worden sind; sie mögen durch Zufall verschwunden oder bewusst ausgeschieden worden sein, von ihnen ist jedenfalls kaum mehr etwas bekannt. Man kann etwa an Listen wie in Josua 18–19 für Naf‌tali, Sebulon, Issachar und vielleicht Asser denken, die aus der Zeit Jerobeams II. stammen mögen (Knauf 2000c). Nach der theologischen Etablierung Jerusalems als des einzigen legitimen Kultorts durch das Deuteronomium sind Nordreichsüberlieferungen in der Regel nur noch insoweit erhalten geblieben, als sie aus judäischer Perspektive rezipiert und weitertradiert werden konnten. Im Bereich der Elternerzählungen der Genesis ist allerdings ein prominenter Block von Erzählungen erhalten geblieben, der aus dem Nordreich stammt: der Jakobzyklus Gen *25–35 (vgl. [mit anderer Abgrenzung] Blum 1984; 2012a; de Pury 1991; 2001; Macchi/Römer 2001; Schmid 2017a). Über seine geographische Herkunft geben die im Zyklus genannten Örtlichkeiten hinreichend Auskunft: Bethel, Sichem, Pnuël, Mahanajim, Sukkot und Gilead befinden sich im Gebiet des Nordreiches. Die dreimalige Nennung des nordmesopotamischen Harran (Gen 27,43; 28,10; 29,4) verdankt sich wahrscheinlich einer punktuellen Bearbeitung, die Laban mit dem Aufstieg Harrans als eines aramäischen Zentrums im 7. Jahrhundert v. Chr. verbinden will (Blum 1984, 164–167; 343–344 Anm. 11.). Was bezüglich der Örtlichkeiten auf‌f ällt, ist die enge Bindung des Zyklus an Bethel als Anfangs- und Endpunkt der Wanderung Jakobs (Gen 28,*10–22; 35,6–7) sowie die Begründung einer Abgabe an das dortige Heiligtum (28,20–22). Die Jakob­ überlieferung ist also offenbar hier tradiert worden (zur Archäologie Bethels vgl. Lipschits 2017). Sein literarisches Überleben dürf‌te der nordisraelitische Jakobzyklus allerdings vor allem der späteren redaktionellen Verbindung mit den in Juda beheimateten Abraham- und Isaaküberlieferungen verdanken (Köckert 2015). Der Jakobzyklus im Umfang von Gen *25–35 ist eine literarisch gewachsene Größe. In der Regel erkennt man ihren Kern in den Jakob-Laban-Erzählungen (Gen *29–31), die von Jakob-Esau-Erzählungen umgeben sind (Gen *25; *27; *32– 33). Darin eingebaut ist die Heiligtumsätiologie von Bethel (Gen *28,10–22), und vielleicht enthält auch Gen *32,23–33 Erinnerungen an eine solche Heiligtums­ ätiologie für Pnuël, auch wenn diese literarisch nicht mehr rekonstruierbar ist

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(vgl. sehr kritisch Köckert 2003b). Besonders bedeutsam ist die Beobachtung, dass die jetzt vorliegende völkergeschichtliche Ausrichtung des Jakobzyklus für die Gleichsetzung von Jakob/Israel und Esau/Edom, in deren Gefolge auch Laban für Aram steht, literarkritisch nicht mehr hintergehbar zu sein scheint (Blum 1984; vgl. Brett/Wöhrle 2018). Das ergibt sich vor allem daher, dass sich die politischen Segenssprüche in Gen 27,29.39–40 nicht aus dem Kontext isolieren lassen: Genesis 27: 29 Völker sollen dir dienen, und Nationen sollen sich vor dir niederwerfen. Sei Herr über deine Brüder, und vor dir sollen sich niederwerfen die Söhne deiner Mutter. Verflucht ist, wer dich verflucht, und gesegnet, wer dich segnet. … 39 Da antwortete sein Vater Isaak und sprach zu ihm [sc. Esau]: Siehe, fern vom Fett der Erde wird deine Wohnung sein und fern vom Tau des Himmels droben. 40 Von deinem Schwert wirst du leben, und deinem Bruder wirst du dienen. Doch, wenn du dich losreißt, wirst du sein Joch von deinem Nacken schütteln.

Hinzu kommt, dass der für den Fortgang der Erzählung wichtige Zug des Behaartseins (śāʿir) Esaus (Gen 27,11) ebenfalls bereits auf die Geographie Edoms/ Seïrs (śeʿîr) anspielt. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die Stoffe des Jakobzyklus eine noch nicht politisch ausgerichtete Vorgeschichte gekannt haben (Kratz 2000a, 263–279; Otto 2001b), doch fehlen genügend sichere Anhaltspunkte, diese als literarische Vorstufe zu rekonstruieren. Die völkergeschichtliche Perspektive setzt also Israel, Aram und Edom in ein Verhältnis zueinander, allerdings ohne die Erwähnung eines Königs. Das eröffnet in historischer Hinsicht zwei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder ist der Jakobzyklus noch vor dem Untergang des Nordreichs Israel 720 v. Chr. anzusetzen. Das Fehlen einer Königsfigur wäre dann zum einen aus dem Befund zu erklären, dass der Jakobzyklus am Betheler Heiligtum, also keinem Königssitz, verankert ist. Zum anderen wäre auch der Einfluss des Fehlens einer das Nordreich übergreifenden Dynastie in Anschlag zu bringen, das dem Königtum im Nordreich nie den Status verlieh, den es in Juda hatte. Oder aber man rechnet damit, dass der Jakobzyklus von vornherein eine nachstaatliche Ätiologie für Israel formuliert, die das nachkönigszeitliche Israel nach 720 v. Chr. mit seinen Nachbarn in Beziehung setzt. Auf die Zeit vor 587 v. Chr. weist in jedem Fall der Umstand, dass Jakob und Esau im Jakobzyklus als Zwillinge dargestellt sind. Er ist offenbar noch in der Zeit vor dem Zerwürfnis mit Edom, das in den zahlreichen negativen Edom-Texten in der prophetischen Überlieferung seinen Niederschlag findet, entstanden. Die

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Wende in der Sicht Edoms hängt wahrscheinlich mit der Annexion des judäischen Südens bis Hebron durch Edom in der Folge der Ereignisse von 597 oder 587 v. Chr. zusammen (Donner 32001, 405 mit Anm. 23–24; 407 mit Anm. 35). Herkömmlich wies man auch die Prophetenerzählungen um Elia und Elisa (1Kön 17–19; 21; 2Kön 1–9; 13) dem 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. zu. Doch hat sich die Einschätzung zu diesen Texten in den letzten Jahren erheblich gewandelt (vgl. Köckert 1998; 2003a; 2006a; ferner Beck 1999). Namentlich die Beobachtungen zur Kontextangewiesenheit von 1Kön 17–19 auf den „deuteronomistischen“ Königsrahmen sowie das religionsgeschichtliche Profil mit ihrer „monotheistischen“ Option, die der Protagonist Elia schon in seinem Namen trägt („Ja[hwe] ist mein Gott“), nähren den Verdacht, dass diese Überlieferungen als literarische Texte eher nach- als vordeuteronomistisch sind.

b) Jerusalemer Hof‌literatur Wie in Israel ist auch in Juda mit einer Königsannalistik zu rechnen. Die Hof‌literatur ist wohl – entsprechend der dem Hof untergeordneten Funktion des Tempels – ursprünglich bedeutsamer gewesen als die Tempelliteratur. In den Königsbüchern wird ein „Tagebuch der Könige von Juda“ genannt (Grabbe 2007). Verweise darauf gibt es von der Darstellung der Regentschaft Rehabeams bis zu derjenigen Jojakims (innerhalb von 1Kön 14,29 und 2Kön 24,5; zu 2Kön *11 siehe Levin 1982). Daneben kann die Salomogeschichte auf ein „Buch der Geschichte Salomos“ (1Kön 11,41) rekurrieren. Ob diese „Bücher“ aber tatsächlich existiert haben, ist fraglich: Vor dem 8. Jahrhundert v. Chr. war Juda das „Haus Davids“, ein Stammesstaat, der ideologisch von einer gemeinsamen mündlichen Basisüberlieferung getragen wurde, mittels derer sich die Königsfamilie und die weiteren einflussreichen Familien untereinander verständigten. Erst mit der Ausbildung eines eigenen Beamtenstandes und einer Verwaltung dürf‌te sich ein Inzentiv zur Verschriftung ergeben haben. Weiter sind Listen zu nennen (1Sam 7,16; 14,47.49–51; 30,27–31; 2Sam 2,9; 3,2–5; 5,13–16; 8,16–18; 20,23–26; 23,24–39; 1Kön 4,2–6; 9,17–18), die weitgehend im Nominalstil gehalten sind und vielleicht bereits als vorliegende literarische Größen in ihren Kontext eingebaut worden sind (Keel 2007, 156–157). Ob man hinter dem „deuteronomistischen“ Gerüst der Königsbücher, das im Wesentlichen die Regierungsdaten der Könige samt Synchronismus zwischen Israel und Juda sowie ein theologisches Urteil („das Rechte/Böse in den Augen Jhwhs tun“) enthält, noch ein eigenes Annalenwerk rekonstruieren kann, ist umstritten (vgl. Hardmeier 1990; Kratz 2000a, 164; Parker 2000; Dijkstra 2005; Grabbe 2007; Adam 2007; Köhlmoos 2007; Blanco Wißmann 2008; Levin 2011; Vieweger 2019b, 238–243, vgl. zum Synchronismus die „Synchronistische Geschichte“ TUAT N. F. 2, 42–44). In den Königsbüchern zeigt die Verarbeitung historischer Ereignisse eine gewisse Distanz zu diesen selbst. So scheinen die

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das Nordreich betreffenden außenpolitischen Ereignisse den Autoren weniger vertraut gewesen zu sein als diejenigen, die die Geschichte Judas tangierten. Auffälligerweise spielt der epigraphisch wichtige Begriff byt dwd „Haus Davids“ für die Geschichtsschreibung der Königsbücher keine Rolle (Naʾaman 1999b, 12–13). Jedenfalls aber ist das jetzt vorliegende Gerüst mit seinen Jahresangaben für die nachsalomonische Königszeit in Israel und Juda auf weite Strecken hin historisch zuverlässig und deshalb wahrscheinlich aus annalistischen Quellen erstellt, seien diese nun noch aus dem vorliegenden Text eruierbar oder nicht. Das ergibt sich vor allem durch die aus assyrischen und biblischen Quellen bereitgestellte Möglichkeit, Querverbindungen zur assyrischen Annalistik herzustellen. Diese ist durch die Erwähnung der Sonnenfinsternis von 763 v. Chr. absolut datierbar und erhält verschiedene Referenzen auf israelitische und judäische Könige. Das chronologische Geflecht zwischen den Königen Israels und Judas sowie den assyrischen Herrschern ist, von wenigen Einzelproblemen abgesehen, stimmig (Galil 1996; 2004). Gelegentlich rechnet man damit, dass zudem mit der Gebietsbeschreibung Judas in Josua 15 sowie der Beamtenliste Salomos aus 1. Könige 4 noch ältere Dokumente erhalten geblieben sind, doch ist hier keine Sicherheit zu erzielen (de Vos 2003). Weiter sind in der alttestamentlichen Wissenschaft oft im Bereich von 1. Samuel 16 bis 1. Könige 2 Erzählzusammenhänge postuliert worden, die man in die Zeit Davids und Salomos ansetzte: Zum einen wurde versucht, eine Aufstiegsgeschichte Davids in 1. Samuel 16 bis 2. Samuel 5 (7–8?) zu rekonstruieren. Zum anderen gehört seit Leonhard Rost (1926/1965) die Annahme einer Thronfolgegeschichte (2Sam 6 [7 oder 9] bis 1Kön 2, Themafrage in 1Kön 1,20.27: „Wer wird auf dem Thron meines Herrn, des Königs, nach ihm sitzen?“) zum traditionellen Thesenarsenal der alttestamentlichen Wissenschaft (vgl. Seiler 1998; dagegen de Pury/Römer 2000; Kratz 2000a; Rudnig 2006; Adam 2007). Daneben rechnete man gern mit einer in 1. Samuel 4–6 und 2. Samuel 6 überlieferten Ladegeschichte (vgl. zum Ganzen Dietrich/Naumann 1995; Keel 2007, 152–153.158–159). Dieses Bild ist aber in der jüngeren Vergangenheit stark kritisiert worden (vgl. zuletzt Adam 2007). Zunächst ist es kulturgeschichtlich unwahrscheinlich, dass solche recht umfangreichen Werke bereits in der frühen Königszeit abgefasst werden konnten. Zudem sind Probleme auf der literarischen Ebene festgestellt worden: Die Anfänge und/oder Schlussstücke dieser vormals mutmaßlich selbständigen Erzählungen sind nicht befriedigend bestimmbar, und die rekonstruierten Erzählungen weisen untereinander mannigfache Vernetzungen auf, die die Annahme dieser drei großen quellenhaften Werke in der vorgeschlagenen Abgrenzung nicht stützen. Am radikalsten hat John Van Seters (1981; 1983; 2000) die Thronfolgegeschichte (bei ihm „court history“) beurteilt: Aufgrund der Textverhältnisse in 1. Könige 2, wo die Passage

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B. Die Anfänge der altisraelitischen Literatur der „court history“ in V. 5–9 ihren umgebenden deuteronomistischen Kontext V. 1–4.10– 12 voraussetze, sei zu erkennen, dass die „court history“ nachdeuteronomistisch sei und am ehesten im Rahmen nachexilischer Bestrebungen zu sehen sei, messianische Hoffnungen auf ein Wiedererstehen des davidischen Königtums zu bekämpfen (vgl. die Kritik bei Keel 2007, 160–161). Auf unterschiedliche Weise sind Walter Dietrich (1997; 2006) und Reinhard G. Kratz (2000a) mit den Problemen von Aufstiegs- und Thronfolgegeschichte umgegangen. Dietrich verzichtet auf die Trennung der beiden Komplexe und rechnet stattdessen mit einem von 1. Samuel 16 bis 1. Könige 2 (evtl. auch bis 1Kön 12) reichenden „Höfischen Erzählwerk“ aus der Zeit zwischen dem Untergang Israels und dem Untergang Judas, das allerdings auf älteres Material zurückgreifen konnte (1997, 259–273; 2006, 27–28). Kratz (2000a, 190–191; vgl. auch Fischer 2004, 316; Rudnig 2006, 330–331) führt die Textkomplexe auf seiner Meinung nach literarkritisch rekonstruierbare Einzelüberlieferungen zurück, die von der Entstehung des Königtum Sauls handeln (1Sam 1,1–20 + 9,1–10,16 + 11,1–15 + 13–14), sowie auf judäische Hoferzählungen (2Sam 11,1–27; 12,24b + 13,13 + 15,1–6.13; 18,1–19,9a; 20,1–22 + 1Kön 1–2). Konzeptionell haben Saul und David zunächst nicht mehr miteinander zu tun als andere Herrscher benachbarter Königreiche auch. Erst nach 720 v. Chr. werden David und Salomo durch die literarische Verknüpfung „ihrer“ Überlieferungen zu Nachfolgern Sauls erklärt, so dass Juda erst jetzt zum legitimen Alleinerben Israels avanciert.

Die Annahme von zeitgenössischen Literaturwerken wie Aufstiegs-, Thronfolge- und Ladeerzählung genügt also kaum mehr als – von der Quellenkritik des Pentateuch her inspirierte – Theorie, die die literarhistorischen Probleme der Samuelbücher befriedigend zu erklären vermag. Man wird mit bescheideneren Überlieferungsstücken zu rechnen haben, bei deren Rekonstruktion die jeweilige methodische Präferenz darüber entscheidet, ob diese kürzeren Texte lite­rar­ kritisch eruierbar (so Kratz 2000a; Rudnig 2006) oder nur noch verarbeitete Erinnerungen greif‌bar sind (Finkelstein/Silberman 2006). Mit welch komplexen entstehungsgeschichtlichen Fragen man bei der Beurteilung der Literatur der Samuelbücher, besonders ihrer Anfänge, konfrontiert ist, wird etwa aus der Erzählung von David und Goliat (1Sam 17) deutlich. Sie weist schon zahlreiche textkritische Differenzen zwischen ihrer griechischen und hebräischen Version auf (Pisano 2005). Vor allem aber erstaunt, dass sich in 2Sam 21,19 eine kleine Notiz findet, die sich auch auf den Tod Goliats aus Gat bezieht und deren Beschreibung von Goliats Speerschaft sich wörtlich mit 1Sam 17,7 deckt („wie ein Webbaum“): 2. Samuel 21: 19 Und als die Schlacht gegen die Philister in Gob noch im Gang war, erschlug Elchanan, der Sohn des Jare-Oregim, aus Bethlehem, Goliat, den Gatiter, und das Holz seines Speers war wie ein Webbaum.

Wer hat nun Goliat erschlagen, David oder Elchanan? Oder ist Elchanan „aus Bethlehem“ ein anderer Name für David, wie schon das Targum zu 2Sam 21,19

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und Midrasch Rabba zu Ruth 2,2 annahmen? Jedenfalls zeigt diese Überlieferungsvariante – neben vielen kleinen summarischen Notizen in 2Sam 21,15–22; 23,8–39 –, dass den Autoren der Samuelbücher offenbar zahlreiche Erinnerungen zur Verfügung standen, die sie in unterschiedlicher Form ausgestalten konnten – sei es als summarische Notiz in einer Sammlung verwandter Kurzcharakterisierungen von Begebenheiten, sei es als dramatische Großerzählung wie in 1. Samuel 17 (Finkelstein/Silberman 2006, 50–54). Es kann jedenfalls kaum Zweifel daran bestehen, dass die Daviderzählungen zeitgenössische Erinnerungen bewahrt haben, auch wenn sie literarisch deutlich jünger als zeitgeschichtlich anzusetzen sind. Ein besonders deutliches Beispiel findet sich etwa in der Erzählung von David in den Diensten des Philisterkönigs Achisch von Gat (1Sam 27). Archäologisch lässt sich nachweisen, dass Gat (Tell eṣ-Ṣaf‌i) gegen Ende des 9. Jahrhunderts v. Chr. zerstört wurde. Ohne eine entsprechende historische Erinnerung, die in diesem Fall hinreichend deutlich datiert werden kann, hätte dieses Motiv kaum Eingang in die Überlieferung gefunden (Finkelstein/Silberman 2006, 38–39). Das Kriterium der „Milieuechtheit“ (Keel 2007, 159) weist also auf einen zeitgenössischen Hintergrund vieler David­ überlieferungen, die soziokulturellen Überlegungen deuten eher auf eine spätere Verarbeitung in umfangreicheren literarischen Zusammenhängen hin, so dass mit Vorteil zwischen dem Alter der Stoffe und dem ihrer schriftlichen Fixierung zu unterscheiden ist.

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C. Die Literatur der Assyrerzeit (8./7. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe Mit dem Beginn der assyrischen Vorherrschaft auf der syro-palästinischen Landbrücke, die man mit der Thronbesteigung des Assyrerkönigs Tiglat-Pileser III. 745 v. Chr. ansetzen kann (Tadmor 1994), veränderte sich die politische und geistige Lage in Israel und Juda grundsätzlich (vgl. Spieckermann 1982; Knauf 1994, 132–141; Berlejung 2012; Vieweger 2019b, 261–327). Die noch jungen staatlichen Gebilde Israel und Juda begannen sich sozialgeschichtlich auszudifferenzieren – die Schere zwischen Arm und Reich öffnete sich in dramatischem Maß, wobei aber angesichts der erhöhten Produktivität anzunehmen ist, dass es den neuen Armen immer noch so gut ging wie den vormals Reichen – und kamen in den Einflussbereich einer imperialen Großmacht, die einen außerordentlich starken politischen, militärischen, aber mehr und mehr auch religiösen und kulturellen Druck ausübte. Ob man den Terminus Klassengesellschaft (Kessler 2006, 114– 126) für die neue soziale Ordnung verwenden will, ist nur schon aufgrund seiner anachronistischen Konnotationen fraglich. Man müsste für das Vorhandensein einer Klassengesellschaft im antiken Juda und Israel Großhandel, Manufakturen, Bergbau nachweisen können, doch ist das für diese Zeit nicht der Fall. Für das Verständnis der politischen Geschichte Israels und Judas im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. ist die Tributpolitik Assurs von Bedeutung, die als „militärische Mehrproduktabschöpfung“ charakterisiert werden kann (Münkler 2005, 88). Die Finanzierung des teuren Militärapparates und des Ausbaus imperialer Zentren erforderten alljährliche Feldzüge in die Peripherie des Reiches. Dabei hatten die Tributäre grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder sie zahlten beim Heranrücken des Heeres ihren Tribut und bezeugten ihre Loyalität gegenüber dem Großkönig, oder der Tribut wurde mit militärischer Gewalt in Form von Beute erhoben. Die auch für altorientalische Verhältnisse grausame assyrische Kriegsführung diente dabei dem Zweck, die freiwillige Tributzahlung attraktiver als die Beuteerhebung erscheinen zu lassen. Durch die geographischen Gegebenheiten waren die Staaten Aram und Israel den neuen Verhältnissen im Vorderen Orient stärker ausgesetzt als Juda und sie gerieten sehr bald in den Status von Tributzahlern des Assyrerreichs. Diese Zah97

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lungen müssen empfindlich hoch gewesen sein. Nach 2Kön 15,20 wurde deshalb in Israel sogar eine Kopfsteuer eingeführt. Nur so ist erklärlich, dass sich diese Kleinstaaten alsbald gegen die Großmacht Assur verbündeten und in ihrer Not mit militärischen Mitteln auch Juda in diese Koalition hineinzwingen wollten (734/733 v. Chr.). Juda setzte sich diesem Ansinnen mit Hilfe ausgerechnet der Assyrer zur Wehr, was in der Folge zunächst zur Annexion Arams und zur Vasallisierung Israels führte (732 v. Chr.), dann auch zur Annexion und zum politischen Untergang des Nordreichs Israel (720 v. Chr.). Möglicherweise hat man mit zwei Eroberungen Samarias zu rechnen, da sich sowohl Salmanassar V. wie auch sein Nachfolger Sargon II. damit rühmen (Fuchs 1994, 457; Becking 1992). Vermutlich aber ist die komplexe Ereignisfolge für diesen Eindruck verantwortlich: 724 v. Chr. wurde König Hosea gefangen genommen und es wurde kein Nachfolger eingesetzt, entsprechend konnte Samaria als „erobert“ gelten, was aber militärisch gesehen erst 720 v. Chr. der Fall war (Naʾaman 1990). In literaturgeschichtlicher Hinsicht besonders bedeutsam ist, dass mit diesem Untergang des Staates offenbar nicht sogleich auch der Verlust aller Überlieferungen verbunden war. Vielmehr scheint einiges durch Flüchtlinge nach Juda gerettet worden zu sein – so etwa die Jakob-, Richter- und Hoseaüberlieferungen, die allerdings alle im Zuge dieses Transfers entsprechend judäisch reinterpretiert worden sind –, sei es durch entsprechende Texteinträge (so bes. Hosea), sei es durch das Einbinden in größere textliche Zusammenhänge (so bes. Genesis und Richter). Der Zustrom nach Juda lässt sich vielleicht archäologisch mit der erstmaligen Besiedlung des Südwesthügels (der „Neustadt“ von 2Kön 22,14; Zeph 1,10; 2Chr 34,22) von Jerusalem im 7. Jahrhundert v. Chr. in Verbindung bringen (Otto 1980, 64–76; Fischer 2005, 281 mit Anm. 23; Steiner 2007; vgl. aber Knauf 2006, 293–294; Naʾaman 2009). Doch auch Juda blieb im Gefolge nicht unverschont. Nach Aufständen in Askalon und Ekron 705 v. Chr. und nachdem Juda angefangen hatte, mit Ägypten zu paktieren, erschien 701 v. Chr. Sanherib in Juda und blockierte schließlich auch Jerusalem (Knauf 2003; vgl. Keel 2007, 463). Über diesen Vorgang sind wir sowohl aus den Annalen Sanheribs (TUAT I, 388–391; TUAT N. F. 2, 71–72) wie auch den Königsbüchern (2Kön 18,13–16) unterrichtet. Den entscheidenden militärischen Schlag führte Sanherib gegen Lachisch aus (Mazar 1992, 427–434). Die Bedeutung dieses Vorgangs lässt sich aus der Repräsentation dieses Sieges in den ninivitischen Palastreliefs Sanheribs ermessen. Nur unter schweren Tributleistungen und dem – mit dem Fall Lachischs verbundenen – Verlust der Schefela (Grabbe 2003) scheint es dem judäischen König Hiskia (725–697 v. Chr.) gelungen zu sein, die assyrische Blockierung Jerusalems wieder aufzuheben, was aber das Alte Testament nicht daran gehindert hat, im Abzug der Assyrer von Jerusalem 701 v. Chr. eine gewaltige Rettungstat Jhwhs zu sehen (vgl. Steiner 2007). Deutlich wird das vor allem aus der Jesajaüberlieferung, die in ihrer Parallele zu 2Kön 18,13–16 die Verse 14–16 auslässt und so die Tributzahlung Hiskias verschweigt (Jes 36,1).

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Auf Hiskia folgte Manasse (696–642 v. Chr.) auf dem judäischen Thron, der ein loyaler Vasall gegenüber der assyrischen Oberherrschaft war (Knauf 2005b; Steymans 2006, 344–349; Keel 2007, 471–474). Seine 55-jährige Regierungszeit währte ausgesprochen lange. In der Darstellung der Königsbücher gilt sie als eine der verwerf‌lichsten Epochen der Geschichte Israels. Der historische Hintergrund dieser redaktionellen Perhorreszierung (Schmid 1997) liegt in der damaligen Assimilation an den mächtigen assyrischen Kulturdruck, die sich auch in der Kleinkunst nachweisen lässt (vgl. Keel/Uehlinger 52001; Morrow 2005, 209–210). Historisch gesehen dürf‌te die Manassezeit aber eine frühe Blütezeit alttestamentlicher Literatur gewesen sein. Sie ist immerhin zeitgleich mit dem monumentalen Unternehmen des assyrischen Königs Assurbanipal (669–um 630 v. Chr.), in Ninive eine umfassende Keilschriftbibliothek einzurichten, die mehr als 25 000 Tafeln enthielt (van der Toorn 2007, 240–241.356). Zu einem zeitgenössisch-assyrisch inspirierten Königtum gehörte also die Förderung und das Sammeln literarischen Schaffens. Die chronistische Parallele berichtet zusätzlich von einer Bekehrung Manasses anlässlich einer babylonischen Gefangenschaft (2Chr 33,11–13), doch ist dieses Motiv allein vom Bestreben gesteuert, der langen Regentschaft Manasses auch ein entsprechendes theologisches Fundament zu verschaffen: Nur ein frommer König kann so lange regieren, wie Manasse es getan hat. Die zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. ist großpolitisch vom Niedergang der assyrischen Macht geprägt, der 612 v. Chr. im Fall Ninives und 610 v. Chr. im Fall der letzten Rückzugsbastion in Harran besiegelt wird. Von etwa 640 v. Chr. an dürf‌te dieser Niedergang durch entsprechende Expansionen des ägyptischen Machtbereichs in die südliche Levante hinein kompensiert worden sein (Schipper 1999, 236–239; Vanderhooft 1999, 69–81; Vieweger 2019b, 281–327), der seinerseits allerdings wenig stabil war und durch den neubabylonischen Sieg bei Karkemisch 605 v. Chr. wieder zurückgedrängt wurde. In diese Zeit fällt die Regentschaft Josias (639–609 v. Chr.), in der Juda zu einer gewissen Prosperität gelangte. Jerusalem dürf‌te in dieser Zeit eine florierende Metropole mit internationalen Kontakten gewesen sein (Sass 1990; Steiner 2007). Man rechnet sogar damit, dass Juda in das Territorium des ehemaligen Nordreichs expandieren konnte und sich Bethel mit den dort tradierten Überlieferungen (Jakobzyklus; Richtererzählungen) inkorporieren konnte (Naʾaman 1991; vgl. aber de Vos 2003), was in literaturgeschichtlicher Hinsicht besonders bedeutsam ist. Die Bibel schreibt Josia eine umfangreiche Kultreform zu, die in Entsprechung zu zentralen Postulaten des Deuteronomiums auf die Einheit und Reinheit des Kultes geachtet habe. Der sogenannte Reformbericht in 2. Könige 23 in seiner diachronen Stufung lässt allerdings eher vermuten, dass der Grundbestand sich auf die Beschreibung von Reinigungsmaßnahmen im Tempel beschränkt hatte, während die eigentliche Kultzentralisation nachgetragen wurde. Ob damit grundsätzlich negativ über deren Historizität entschieden werden muss,

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bleibt aber offen (Uehlinger 1995; Keel 2007, 545–555; Pietsch 2013, siehe die Diskussion bei Gieselmann 1994; Schmid 2006b, 42 Anm. 90; Noll 2007, 330–331; vgl. auch das Alternativverständnis von Dtn 12 nicht als Kultzentralisations-, sondern als Kultlegitimationstext bei Knauf 2005b, 184–188).

II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen Wenn das vorangehende Kapitel von vorassyrerzeitlichen „Anfängen“ der alttestamentlichen Literatur gesprochen hatte, so impliziert dies nachgerade, dass der eigentliche Einsatz einer alttestamentlichen Literaturgeschichte in der assyrischen Zeit zu finden ist. Empirisch ist dies zunächst über die entsprechenden kulturgeschichtlichen Befunde zu sichern, die darauf hinweisen, dass Israel und vor allem Juda vor der Assyrerzeit noch nicht zu einem Grad von Staatlichkeit gefunden haben, der die Entstehung von Literatur wahrscheinlich machen würde. Vermutlich war es nicht zuletzt der kulturgeschichtliche Einfluss aus Assur, der die Entwicklung zur Staatlichkeit in Israel und Juda beförderte, die somit als „sekundäre Staaten“ gelten können (Knauf 1994, 80). Für Israel war es nach wenigen Jahrzehnten allerdings auch der militärische Druck aus Assur, der den erst jungen Staat wieder zum Untergang brachte. Eben diese Katastrophe dürf‌te aber in literaturgeschichtlicher Hinsicht von erheblicher Bedeutung gewesen sein: Die Reflexion darauf hat in verschiedenen Bereichen stark überlieferungsbildend gewirkt. In Juda war es dann im ausgehenden 7. Jahrhundert v. Chr. vor allem die Ausbildung einer eigenen kulturellen und religiösen Identität, die sich gegenüber der im Niedergang begriffenen assyrischen und traditionell sehr propagandastarken Macht abgrenzte, was sich in der zeitgenössischen Literatur niederschlug. Was sich so äußerlich zur Literaturgeschichte sagen lässt, gilt mutatis mutandis auch für deren theologiegeschichtliche Auswertung. Der Kontakt und die Auseinandersetzung mit literarischen Zeugnissen assyrischer, nationalreligiös aufgeladener Propaganda, die reichsweit durch Vasallenverträge „publiziert“ und durchgesetzt wurde, sowie die geistige Verarbeitung des Untergangs des Nordreichs führten im antiken Israel und Juda zur Ausbildung von „Theologie“, wenn man bereit ist, so etwas wie „Theologie(n) im Alten Testament“ zuzulassen (vgl. Smend 1982; Gerstenberger 2001; Kratz 2002). Auch die assyrischen Gegenstücke mag man als „Theologie“ bezeichnen (Oeming u. a. 2004). Sie sind insofern für die intellektuellen Prozesse in Israel und Juda von Bedeutung, als hier zum ersten Mal in ihrer staatlichen Geschichte ein Kulturkontakt mit imperialen Konzeptionen stattfand, der eine enorme theologische Herausforderung bedeutete. Blickt man auf die konkreten, in der Assyrerzeit entwickelten Konzeptionen alttestamentlicher Literatur, so lassen sich grob vier theologische Grund-

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richtungen unterscheiden. Zunächst sind diejenigen Überlieferungen zu nennen, die auf die assyrische Bedrohung und den nachfolgenden Untergang des Nordreichs so reagieren, dass sie statt der Anklage Gottes die Anklage von König und Volk ins Feld führen (Prophetenbücher, Königsbücher). Dabei scheinen sie sich nicht einfach auf die Adresse des Nordreichs zu beschränken, sondern literarisch produktive Relecture-Vorgänge weiten diese Anklagen sogleich auch – wenn sie nicht von vornherein schon Juda betreffen – in mahnendem Sinn auf Juda aus, das denselben Gott verehrt. Gerade aufgrund dieser kritischen Ausrichtung dürf‌ten diese Überlieferungen in der assyrischen Zeit selbst eher von marginaler Bedeutung gewesen sein. Erst mit dem Untergang Judas in babylonischer Zeit wurden sie „verifiziert“ und „orthodoxisiert“. Eine besondere Bedeutung dürf‌te dabei der Amosüberlieferung zukommen, da sie die älteste prophetische Konzeption ist, die Gott ebenso elementar wie massiv gegen sein eigenes Volk handeln sieht. Die Anfänge der Jesajaüberlieferung nehmen implizit, aber deutlich genug auf die Amostradition Bezug (vgl. z. B. Jes 9,7–9.12 mit Amos 4,6–11; 5,4–6) und ziehen deren Gerichtsprophetie weiter nach Juda aus. Für das Verständnis der Jesajaüberlieferung in assyrischer Zeit ist vor allem wichtig, dass ihre Gerichtsbotschaft gegen Juda durch die Rettungserfahrung 701 v. Chr. nachgerade falsifiziert erschien; die Jesajaüberlieferung – jedenfalls, was ihren Gerichtsaspekt betriff‌t – wie auch der Kern des Michabuches mussten gewissermaßen bis in die babylonische Zeit hinein als „Falschprophetie“ überdauern. Dann ist zweitens die literarische Ausbildung „königsloser“ Ursprungslegenden für Israel wie der Mose-Exodus-Erzählung oder der Richterüberlieferungen zu beobachten. Sie entstehen nicht aus dem Nichts, sondern verdichten vorliegende Traditionen und Erinnerungen zu einer neuen, nun literarischen Konzeption eines königsunabhängigen Israel – im Falle der Richterüberlieferung eher proassyrisch, im Falle der Mose-Exodus-Erzählung antiassyrisch gewendet. In anderer sachlicher Ausrichtung scheinen drittens die Weisheits- und die Psalmenüberlieferung das Ideal des Königtums weiter hochzuhalten. Historisch ist diese Option nicht einfach zu deuten: Es kann sich um rein judäische Perspektiven handeln, die das in Juda nach wie vor bestehende Königtum feiern, oder es kann sich auch um Positionen handeln, die sich kontrafaktisch zum erfahrenen Untergang des benachbarten Königtums verhalten und gerade deshalb an der Institution des Königtums festhalten. Beides schließt sich wechselseitig nicht aus. Schließlich sind viertens – wohl erst im historischen Umfeld des Niedergangs des neuassyrischen Reichs, also gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. – dezidiert antiassyrische Konzeptionen festzustellen, die die assyrischerseits geforderten Loyalitätsbezeugungen nun auf das eigene Gottesverhältnis transponieren. Hier ist besonders das Buch Deuteronomium zu nennen, das als eine subversive Rezeption neuassyrischer Vertragstheologie angesprochen werden kann.

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III. Überlieferungsbereiche 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen a) Psalmen Obwohl das Datierungsproblem bei den Psalmen schwierig ist, da die in ihnen geschilderten individuellen und kollektiven Verhältnisse gattungsbedingt eine gewisse Zeitinvarianz aufweisen, lassen sich doch einige Psalmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in die neuassyrische Zeit ansetzen. Die Psalmenüberlieferung der neuassyrischen Zeit stand vermutlich nach wie vor im Zeichen der – wenn man bei diesem Sammelbegriff bleiben will – traditionellen Jerusalemer Kulttradition, also der nationalreligiösen Orthodoxie der Königszeit. Im Gefolge der Rettungserfahrung Jerusalems im Zusammenhang der assyrischen Blockade von 701 v. Chr. wird das Theologumenon der Sicherheit Zions aufgrund der Präsenz Jhwhs dort starken Auf‌trieb erhalten haben. So dürf‌ten die Zionspsalmen *46 und *48 in ihrem Grundbestand in die assyrische Zeit gehören (vgl. Spieckermann 1992; für Ps 48 auch Körting 2006b, 177). Zum einen scheinen sie von Jesajatexten traditionsgeschichtlich und von Jeremiatexten sogar literarisch vorausgesetzt zu werden, zum anderen ist ihre theologische Aussage (jedenfalls als dann neu entstandenes Theologumenon), dass Zion nach 587 v. Chr. unverletzbar bleibt, weniger plausibel zu erklären. Ihre literarische Ausgestaltung setzt wohl zumindest die Ereignisse von 701 v. Chr. voraus (Keel 2007, 447). Sie als nachexilische, eschatologische Erwartungstexte zu deuten (Wanke 1966; vgl. für Ps 46 auch Uehlinger/Grandy 2005; Körting 2006b, 186), scheitert zumindest für Ps 48 an den vorrangig präteritalen Tempusformen. Eher lassen sich Ps 46 und Ps 48 vor dem Hintergrund der Manassezeit verstehen (Knauf 2005b; vgl. Keel 2007, 733–739). Weiter zählt man oft Hymnen wie Psalm *24 oder Psalm *93 (Jeremias 1987; Kratz 2003a) zum älteren Gut im Psalter. Sie spiegeln wahrscheinlich entsprechende kultische Begehungen wieder. In der vor allem von skandinavischen Auslegern vorgetragenen kultgeschichtlichen Deutung der Psalmen wurde dieser Zugang insofern forciert, als beinahe hinter jedem Psalm ein entsprechendes Fest gesucht und auch gefunden wurde. Das grundlegende Problem dieser Auslegung bestand darin, dass diese Feste sonst nicht nachweisbar sind. Auf der anderen Seite ist es wiederum nur wahrscheinlich, dass im Psalter tatsächlich Ritualtexte zu Festen erhalten geblieben sind. Besonders deutlich ist dies für Psalm *24, da hier entsprechende Regie-Anweisungen („Hebt hoch …“) vorhanden sind. Auch das Wechselgespräch mit Frage und Antwort deutet auf kultische Rezitation mit verschiedenen Akteuren hin.

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Psalm 24: 7 Erhebt, ihr Tore, eure Häupter, erhebt euch, ihr uralten Pforten, dass einziehe der König der Herrlichkeit. 8 Wer ist der König der Herrlichkeit? JHWH, der Starke und Held, JHWH, der Held im Kampf. 9 Erhebt, ihr Tore, eure Häupter, erhebt euch, ihr uralten Pforten, dass einziehe der König der Herrlichkeit. 10 Wer ist der König der Herrlichkeit? JHWH Zebaoth, er ist der König der Herrlichkeit. Sela

Die hinter diesem Text stehende „Prozessionstheologie“ setzt wahrscheinlich den Kulturkontakt mit der neuassyrischen Version des akitu-Festes (Pongratz-Leisten 1994) voraus, so dass eine Ansetzung im 8. oder 7. Jahrhundert v. Chr. naheliegt. In die Zeit nach 720 v. Chr. dürf‌te weiter die Jerusalemer Rezeption von Psalm 29 und Psalm 68 gehören (Jeremias 1987), wenn man an der Herkunft dieser Texte aus dem Nordreich festhält; vielleicht mag sie aber auch erst in babylonischer oder persischer Zeit erfolgt sein, und zwar über die Bibliothek in Bethel, die von der Katastrophe von 587 v. Chr. nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war. Schließlich lässt der mutmaßliche Grundbestand des Königspsalms Ps 72 deutlich einen neuassyrischen Hintergrund erkennen. Die These, dass Psalm *72 nachgerade literarisch vom Krönungshymnus Assurbanipals (669 v. Chr.) abhängig und ursprünglich als Krönungshymnus für Josia (639 v. Chr.) entstanden sei (Arneth 2000), ist wohl zu eng gefasst (Hossfeld/Zenger 2000, 308; Ja­nowski 2002a; 2003a; Morrow 2005). Zutreffend beobachtet ist aber die traditionsgeschichtliche Nähe zur neuassyrischen Königsideologie (vgl. für Ps 2 entsprechend Otto 2003; vgl. differenzierend Hartenstein 2004). Der König wird als idealer Herrscher, als weiser Richter und Lenker der Geschicke seines Volkes dargestellt. Sein Reich ist geradezu als Abbild des Assyrerreichs gezeichnet: „Er wird herrschen von Meer zu Meer, vom Euphrat bis an die Enden der Erde“ (Ps 72,8). Bei allen Vergleichbarkeiten ist aber die theologische Umprägung in Psalm 72 entscheidend, die Recht und Gerechtigkeit auf Gott selbst („deine Gerechtigkeit“ V. 1; vgl. Hossfeld/Zenger 2000, 319–320) zurückführt und nicht – wie traditionell im Alten Orient – den König als Legislator präsentiert (Otto 1998c, 123: „Alles Recht ist in Babylonien wie im gesamten Alten Orient Königsrecht“). Damit wird die Sphäre der Gerechtigkeit in unmittelbarer Weise theologisiert und dem direkten Willen Gottes unterstellt (Assmann 1992, 65). Insofern steht Psalm *72 theologisch der deuteronomischen Grundoption nahe, das neuassyrische Loyalitätskonzept gegenüber dem Großkönig auf Jhwh zu übertragen.

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C. Die Literatur der Assyrerzeit Einigermaßen deutlich lässt sich wegen der darin verhandelten Edom-Problematik Psalm *60 datieren (Knauf 2000d); der Text dürf‌te zwischen 600 und 598 v. Chr. entstanden sein (anders Emmendörffer 1998, 162–173), also in bereits nach-neuassyrischer Zeit.

Ein sachliches Gegenstück zu Psalm 72, der in V. 1 als Salomopsalm ausgewiesen ist, findet sich in der breit ausgeführten Darstellung des Herrschaftssystems und der Regentschaft Salomos in 1. Könige 3–10, die ihn als größten, weisesten und reichsten König der Welt preist (1Kön 5,14; 10,23–24), der vom Euphrat bis nach Gaza herrscht. Diese Darstellung des salomonischen Königtums scheint nach neuassyrischem Vorbild ausgestaltet worden zu sein (Finkelstein/Silberman 2006, 157–158), auch wenn namentlich in der Beschreibung des Tempels (1Kön 6; 7,13–51) noch spätere Elemente aus der Rückprojektion des Zweiten Tempels Eingang gefunden haben. Ob die Psalmen in neuassyrischer Zeit bereits eine Vorstufe eines „Psalters“ gebildet haben, also bereits als Buch gestaltet waren, ist angesichts der jetzt vorliegenden, sehr komplexen Struktur des Psalters schwierig zu sagen. Ausweislich des Qumranbefundes sind die übergreifenden Strukturen im Psalter im 2. Jahrhundert v. Chr. noch nicht endgültig festgelegt, doch sind thematische Zusammenstellungen von Einzelpsalmen in assyrischer Zeit nicht unwahrscheinlich. Wie sie gefügt sein könnten, bleibt dem rekonstruierenden Zugriff allerdings entzogen. b) Ä ltere Weisheitsliteratur Die alttestamentliche Weisheitsliteratur ist in besonders hohem Maß Traditionsliteratur. Ihre Stoffe sind wahrscheinlich in nicht wenigen Fällen mündliches Überlieferungsgut gewesen, das wegen seiner Fassung als Spruchmaterial auch ohne schriftliche Fixierung relativ stabil war. Aufgrund ihres theologiegeschichtlichen Profils rechnet man damit, dass die ältesten Textpartien des Proverbienbuches in den Kapiteln 10–29 zu finden sein dürf‌ten (Meinhold 1991). Dass zumindest Teile davon noch in der (zumindest) judäischen Königszeit, namentlich in der assyrischen Epoche, zusammengestellt worden sein könnten, ergibt sich daraus, dass ihre redaktionelle Kohärenz über eine Reihe von Königsaussagen geleistet wird, die das Bestehen jedenfalls des judäischen Königtums vorauszusetzen scheinen (vgl. 14,28.35; 16,10–15; 20,24–28; 21,1–2.30–31; 25,6–7 u. ö.; siehe Scherer 1999; Fox 1996). Träfe dies zu, so hätte die Sammlung und Verschriftung dieser Sprüche vermutlich am Königshof stattgefunden. Dies entspricht auch dem Selbstzeugnis von Prov 25,1: „Auch dies sind Sprüche Salomos, die die Männer Hiskias, des Königs von Juda, zusammengestellt haben“, dem allerdings für sich und unkritisch genommen keine historische Aussagekraft zukommt (Clifford 1999, 3.7). Es ist aber in Rechnung zu stellen, dass in manchen Texten der Begriff „König“ als bloße Chiffre für Herrschaft oder Führung gebraucht werden kann, so dass

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eine institutionengeschichtliche Auswertung nicht zwingend ist. Zudem ist auch denkbar, dass die das Königtum idealisierenden Texte als Reaktion auf gegenläufige Erfahrungen entweder verfasst oder tradiert wurden. Was das theologische Profil der Sprüche angeht, so wird man entgegen Versuchen in der älteren Forschung (Whybray 1965; McKane 1970) die Jhwh-Sprüche nicht pauschal als sekundär einstufen können (Wilson 1987; Ernst 1994, 68–79). Die ältere Weisheit war keineswegs „säkular“, vielmehr zumindest implizit „theologisch“, was eine explizite „Theologisierung“ konzeptionell nicht von vornherein ausschließt. Vielmehr ist auf das spezifische Konzept dieser Sprüche zu achten. Jhwh kann als Urheber und Garant dem sogenannten Tun-ErgehenZusammenhang zugeordnet werden, aber nicht in dogmatisch fixierter Weise (Hausmann 1995, 237–243). Besonders interessante Einsichten in die Entstehung und Komposition einer Teilsammlung des Proverbienbuches ergeben sich aus Prov 22,17–24,22 (Römheld 1999; B. U. Schipper 2004; 2005). Die hier gebotenen Texte entstammen offenbar ägyptischer Tradition, deren Rezeption am ehesten über phönizische Vermittlung denkbar ist. Sie zeigen nahe Verwandtschaft mit der Lehre des Amenemope aus der Ramessidenzeit (TUAT III, 222–250), die ihrerseits auf ältere Spruchsammlungen zurückgreif‌t . Bemerkenswert ist, dass das Verfahren des „Anzitierens“ und der Aufnahme von Motiven, Themen oder Begriffen, die die Rezeption der Lehre des Amenemope in Prov 22,17–24,22 kennzeichnet, schon kennzeichnend ist für die Entstehung der Lehre des Amenemope selbst. Die Entstehung von Prov 22,17– 24,22 spiegelt also ägyptische Schulpraxis wieder, die wohl durch die Phönizier auch in die südliche Levante getragen worden ist. Literaturgeschichtlich ist zu erwägen, ob die Entstehung einer eigenen Weisheitsliteratur mit dem Vorgang der Ausdifferenzierung des Ethos aus dem Recht in Verbindung gebracht werden kann (Otto 1987/1996c). Im 7. Jahrhundert v. Chr. entsteht im antiken Israel nicht nur Weisheitsliteratur, sondern in dieselbe Zeit fallen auch die Anfänge einer eigenen Rechtsliteratur (Bundesbuch). Sobald das Recht als eigene Größe schriftlich fixiert wird, liegt es nahe, dass auch das Ethos zu einer schriftlichen Form findet, wie sie in den Anfängen der Weisheitsliteratur vorliegt. 2. Erzählende Überlieferungen a) D ie Anfänge der deuteronomistischen „Königsbücher“ Betrachtet man die Samuel- und die Königsbücher als Einheit, so wie es ihr Inhalt nahelegt und wie es auch in der Septuaginta der Fall ist (vgl. aber Hutzli 2007, 238–245), dann wird deutlich, dass sie eine literarische Größe eigener Art darstellen. Schon ihr Anfang in 1. Samuel 1 zeigt, dass gegenüber dem Vorauf-

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gehenden etwas Neues beginnt, das nicht unbedingt auf die Darstellung der jetzt im Kanon voranstehenden Bücher angewiesen ist: 1. Samuel 1: 1 Und es war ein Mann aus Ramatajim-Zof‌im vom Gebirge Ephraim, sein Name war Elkana, der Sohn Jerohams, des Sohns des Elihu, des Sohns des Tohu, des Sohns von Zuf, ein Ephraimiter.

Auch thematisch und theologisch ändert sich mit dem Einsatz von 1. Samuel 1 der Ton der Geschichtsdarstellung: Von nun an stehen vor allem Einzelfiguren, nicht mehr das Volk insgesamt, im Fokus des Interesses. Gottes Eingreifen in die Geschichte geschieht in theologisch normierter Weise, es ist abhängig vom „rechten Tun“ der Könige, das sich allerdings auch auf das Volk auswirkt. Die spezifische Perspektive auf die Könige wird bereits zu Beginn der Samuelbücher eingerichtet, in den Auseinandersetzungen zwischen Samuel und dem Volk um die Einrichtung des Königtums in Israel (1Sam 8–12). Die die Samuel- und Königsbücher übergreifende, literarische Gestaltung, die in 1.–2. Könige vor allem über die Beurteilungstexte fassbar ist, aber auf die Exposition in 1.–2. Samuel sachlich angewiesen ist, wird in der Forschung gerne mit einer theologischen Denkrichtung in Zusammenhang gebracht, die im ausgehenden 7. Jahrhundert v. Chr., wohl in der Josiazeit, entstand. Diese Denkrichtung hat sich einerseits in der Abfassung des literarischen Kerns des Deuteronomiums niedergeschlagen, andererseits ist sie auch verantwortlich für die sammelnde Interpretation von historischen Materialien, die die Königszeit und ihre Vorgeschichte zum Gegenstand haben und nun literarisch in den Vorderen Propheten (Jos bis 2Kön) vereint sind. Entsprechend der sachlichen und sprachlichen Verwandtschaft mit dem Deuteronomium spricht man von der „deuteronomisch-deuteronomistischen Tradition“, wobei sich das Adjektiv „deuteronomisch“ auf die Theologie des literarischen Kerns des Deuteronomiums bezieht, „deuteronomistisch“ auf die Weiterentwicklung dieser Theologie, wie sie sich in den Rahmenpartien des Deuteronomiums sowie vor allem in Josua bis 2. Könige erkennen lassen. Außerhalb des Bereichs Deuteronomium und Josua bis 2. Könige findet man „Deuteronomismen“ auch in weiteren Büchern des Alten Testaments, besonders in Jeremia sowie in Exodus und Numeri. Die josiazeitliche Datierung der Anfänge dieser Denkrichtung ist einigermaßen gut gesichert, denn es handelt sich bei ihr – der Grundstruktur nach – um einen assyrischen Import: Entsprechend den assyrischen Treueeiden fordert sie uneingeschränkte Loyalität, allerdings nicht gegenüber dem assyrischen Großkönig, sondern gegenüber dem eigenen Gott Jhwh (Steymans 1995a.b; Otto 1997b; 1999a). Diese Forderung wird positiv im Deuteronomium erhoben. Negativ stellen die Bücher Josua bis 2. Könige (samt Jeremia) fest, dass Israel und seine Führer an ihr gescheitert sind und deshalb der nationale Untergang zuerst des Nord-, dann des Südreichs nachgerade mit theologischer Notwendigkeit erfolgte.

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Mit ihrer Zuordnung von Schuld und Strafe im Rahmen eines übergreifenden Ordnungsdenkens zeigen die deuteronomischen und deuteronomistischen Texte einen deutlichen weisheitlichen Einfluss (Weinfeld 1972, 244–319). Zudem stehen sie in einer Sachparallele zur Gerichtsprophetie, die Unheilserfahrung auf Schuld zurückführt. Beschränkte man früher die Entstehungszeit deuteronomistischer Texte gerne auf den Zeitraum zwischen der Abfassung des Deuteronomiums und den zuletzt in 2. Könige dargestellten Begebenheiten – der Begnadigung Jojachins 562 v. Chr. –, so ist heute klargeworden, dass diese theologische Denkrichtung sehr viel länger in der alttestamentlichen Literaturgeschichte gewirkt hat (Steck 1967; Römer 2005; Person 2007). Noch so junge Texte wie Daniel 9, Baruch, ja sogar bestimmte Passagen im Matthäus- und Lukasevangelium sind unverkennbar deuteronomistisch geprägt. Der Deuteronomismus ist also eine Langzeiterscheinung, der seine Identität durch einige theologische Grundentscheidungen sowie eine auf‌f ällige schulsprachliche Prägung gewinnt. Beide konstitutiven Elemente unterliegen aber – selbstredend – auch einem gewissen Wandel. Namentlich die Theologie des Deuteronomismus zeigt eine Entwicklung, auf die noch einzugehen sein wird. Vom Bild einer frühexilisch aktiven Schule mit ganz begrenztem Aktionsradius hat man sich entschieden freizumachen. Ebenfalls in die Irre führt der sogenannte Sprachbeweis, wonach deuteronomistische Texte mit hinlänglicher Sicherheit über ihre Sprachprägung zu erkennen seien (so Thiel 1973; 1981). Dagegen ist festzuhalten: Es gibt auch „deuteronomistisch“ klingende Texte, die ganz undeuteronomistisch konzipiert sind (z. B. Jer 31,31–34 oder Jer 24). Der Sprachgebrauch ist kein hinreichendes Merkmal zur Bestimmung deuteronomistischer Texte, diese müssen vielmehr konzeptionell als solche ausweisbar sein. Wie sind nun die Anfänge des Deuteronomismus in den Königsbüchern zu bestimmen (vgl. gegenüber der klassischen Position von Noth 1943 besonders die differenzierenden Zugänge von Weippert 1972; Lemaire 1986; Halpern/ Vanderhooft 1991)? Schon Julius Wellhausen war der Ansicht, „dass die eigentliche Abfassung des Buches der Könige noch vor dem Exil statt gefunden hat und nur nachträglich noch eine exilische oder (wenn nicht und) nachexilische Überarbeitung hinzugekommen ist“ (31899, 298; vgl. Schmid 2006b; Stipp 2011b). Sachlicher Kulminationspunkt der Königsbeurteilungen ist die Darstellung in 2. Könige 22–23: „Der Schriftsteller, der dies Skelett des Buchs der Könige gebildet hat, steht mit Leib und Seele zu der Reformation Josias“ (295). Mit Wellhausen und dann einem breiten Strang der Forschung im Anschluss an Frank Moore Cross (1973; vgl. etwa Nelson 1981; 2005; Halpern/Vanderhooft 1991; Knoppers 1994; Eynikel 1996; Sweeney 2001; Römer 2005; Stipp 2011b) ist gegen die klassische deutschsprachige „Deuteronomismus“-Forschung des 20. Jahrhunderts, die stark von Martin Noth (1943) geprägt war und ist (vgl. im Überblick Preuß 1993; Dietrich 1999), jedenfalls zu prüfen, ob das Gerüst der Königsbeurteilungen bereits innerhalb einer vorexilischen Ausgabe der (Samuel- und) Königsbücher

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entstanden ist; sachlich wäre diese ursprünglich nicht auf die Begründung der Katastrophe von 587 v. Chr. zugelaufen, vielmehr hätte es – mit der negativen Evaluation aller Könige des Nordreichs (und einiger des Südreichs) und dem Untergang des Nordreichs – die Notwendigkeit der (historisch umstrittenen) josianischen Reform begründet. Zu erwägen ist aber auch, ob man literarische Präsentation und historischen Gehalt in den Beurteilungstexten zu trennen hat, so dass als terminus ante quem nicht Josia und seine Reform anzunehmen wären, sondern vielmehr das idealisierte Bild von beiden, nämlich im Zeitalter der persischen Restauration Jerusalems. Wie auch immer: Ein Blick auf die elementaren Aussagen des Gerüsts kann das sachliche Zulaufen auf Josia – bzw., urteilt man skeptisch über 2. Könige 22–23, auf „Josia“ – illustrieren. Die Nordreichskönige erhalten alle negative Zensuren, denn sie hängen durchgängig der „Sünde Jerobeams“ an: 1. Könige 15: 25 Und Nadab  … 26 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, und er ging auf dem Weg seines Vaters und in der Sünde, zu der dieser Israel verführt hatte. 1. Könige 15: 33 … Bascha  … 34 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, und er ging auf dem Weg Jerobeams und in der Sünde, zu der dieser Israel verführt hatte. 1. Könige 16: 8 … wurde Ela … in Tirza König über Israel … 12 So rottete Simri das ganze Haus Baschas aus nach dem Wort JHWHs … 13 all der Sünden Baschas wegen und der Sünden Elas, seines Sohns, wegen, die sie begangen und zu denen sie Israel verführt hatten, so dass sie JHWH, den Gott Israels, mit ihren nichtigen Götzen gereizt hatten. 1. Könige 16: 18 … Simri … starb … 19 …, da er tat, was böse war in den Augen JHWHs, und da er auf dem Weg Jerobeams ging und in der Sünde, die dieser begangen hatte, indem er Israel zur Sünde verführte. 1. Könige 16: 25 Und Omri tat, was böse war in den Augen JHWHs, und er tat mehr Böses als alle, die vor ihm gewesen waren. 26 Und er ging ganz auf dem Weg Jerobeams, des Sohns von Nebat, und in dessen Sünde, zu der dieser Israel verführt hatte, so dass sie JHWH, den Gott Israels, mit ihren nichtigen Götzen reizten. 1. Könige 16: 29 Und Ahab  … 30 … tat mehr Böses in den Augen JHWHs, als alle, die vor ihm gewesen waren. 31 Und war es nicht genug, dass er in den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, ging? Er nahm Isebel, die Tochter des Etbaal, des Königs der Sidonier, zur Frau und ging und diente dem Baal und warf sich vor ihm nieder.

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1. Könige 22: 52 A hasja  … 53 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, und er ging auf dem Weg seines Vaters und auf dem Weg seiner Mutter und auf dem Weg Jerobeams, des Sohns von Nebat, der Israel zur Sünde verführt hatte: 2. Könige 3: 1 Und Joram  … 2 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, wenn auch nicht wie sein Vater und wie seine Mutter, denn er beseitigte die Mazzebe des Baal, die sein Vater angefertigt hatte. 3 An den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, aber, zu denen dieser Israel verführt hatte, hielt er fest, er wich nicht davon ab. 2. Könige 10: 28 Und so vertilgte Jehu den Baal aus Israel. 29 Nur von den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte, ließ Jehu nicht ab: von den goldenen Kälbern, die in Bethel und die in Dan waren. … 31 Jehu aber achtete nicht darauf, sich von ganzem Herzen in der Weisung JHWHs, des Gottes Israels, zu bewegen, er ließ nicht ab von den Sünden Jerobeams, zu denen dieser Israel verführt hatte. 2. Könige 13: 1 … Joahas … 2 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, und er folgte den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte; er ließ nicht davon ab. 2. Könige 13: 10 … Joasch… 11 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, er ließ nicht ab von all den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte, er lebte darin. 2. Könige 14: 23 … Jerobeam  … 24 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, er ließ nicht ab von all den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte. 2. Könige 15: 8 … Secharja  … 9 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, wie seine Vorfahren es getan hatten; er ließ nicht ab von den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte. 2. Könige 15: 13 Schallum … wurde König … und einen Monat lang war er König in Samaria. … 15 Und was sonst noch von Schallum zu berichten ist, und von der Verschwörung, die er angezettelt hat, siehe, das steht geschrieben im Buch der Chronik der Könige von Israel. 2. Könige 15: 17 … Menahem  … 18 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, er ließ nicht ab von den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte, solange er lebte.

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2. Könige 15: 23 … Pekachja  … 24 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, er ließ nicht ab von den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte. 2. Könige 15: 27 … Pekach … 28 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, er ließ nicht ab von den Sünden Jerobeams, des Sohns von Nebat, zu denen dieser Israel verführt hatte. 2. Könige 17: 1 … Hoschea  … 2 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, wenn auch nicht so wie die Könige von Israel, die vor ihm gewesen waren.

Eine gewisse Ausnahme bildet der letzte König Hosea (2Kön 17,1–2). Wahrscheinlich ist diese Variation dadurch motiviert, dass ab V. 7 Israel als Subjekt der Schuld eingeführt und deshalb Hosea entlastet wird. Die vierzehn Südreichskönige (die Regentschaft Ataljas wird nicht bewertet) nach Rehabeam (vgl. aber 1Kön 14,22 LXX) bis und mit Josia erhalten dagegen in der Regel positive Zensuren, die – außer bei Asa, Hiskia und Josia – jeweils mit der Einschränkung versehen sind: „Die Kulthöhen aber verschwanden nicht, noch immer brachte das Volk auf den Kulthöhen Schlachtopfer und Rauchopfer dar.“ Aus dieser Reihe fallen sechs Gegenbeispiele heraus, die negativ bewertet werden: Abija, Joram und Ahasja, Ahas, Manasse und Amon (im Folgenden durch Kursivdruck kenntlich gemacht). Numerisch betrachtet sind zwar die positiven und die negativen Beurteilungen nahezu ausgeglichen. Gleichwohl lässt sich festhalten, dass die Negativbeurteilungen „Ausnahmen“ sind, denn sie erfolgen aufgrund von deutlich identifizierbaren, besonderen Tatbeständen: Joram und Ahasja sind mit dem Haus Ahabs aus dem Nordreich verwandt, der seinerseits aufgrund seiner Heirat mit Isebel aus Sidon besonders schlecht bewertet wird, und fallen deshalb aufgrund ihrer verwandtschaftlichen Bindungen dem Pauschalverdikt über das Nordreich anheim. (Rehabeam sowie) Abija, Ahas, Manasse und Amon machen sich besonderer kultischer Frevel schuldig und können deshalb nicht positiv evaluiert werden. 1. Könige 15: 1 … Abija … 3 … ging auf dem Weg all der Sünden, die vor ihm sein Vater begangen hatte, und sein Herz war nicht ungeteilt bei JHWH, seinem Gott, wie das Herz Davids, seines Vorfahren, es gewesen war. 1. Könige 15: 11 Und Asa tat, was recht war in den Augen JHWHs, wie David, sein Vorfahr, es getan hatte. … 14 die Höhen aber verschwanden nicht. Das Herz Asas aber war sein Leben lang ungeteilt bei JHWH.

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1. Könige 22: 41 Und Joschafat  … 43 … ging ganz auf dem Weg Asas, seines Vaters, er wich nicht davon ab und tat, was recht war in den Augen JHWHs. 44 Die Kulthöhen aber verschwanden nicht, noch immer brachte das Volk auf den Kulthöhen Schlachtopfer und Rauchopfer dar. 2. Könige 8: 16 … Joram … 18 … ging auf dem Weg der Könige von Israel, wie das Haus Ahabs es tat, denn die Tochter Ahabs war seine Frau, und er tat, was böse war in den Augen JHWHs. 19 Um Davids, seines Dieners, willen aber wollte JHWH Juda nicht verderben, hatte er ihm doch zugesagt, ihm für immer eine Leuchte zu geben für seine Nachfahren. 2. Könige 8: 25 … Ahasja … 27 … ging auf dem Weg des Hauses Ahabs, und wie das Haus Ahab tat auch er, was böse war in den Augen JHWHs, denn er war mit dem Haus Ahabs durch Heirat verwandt. 2. Könige 12: 3 Und sein ganzes Leben lang tat Joasch, was recht war in den Augen JHWHs, denn Jojada, der Priester, unterwies ihn. 4 Die Kulthöhen aber verschwanden nicht; noch immer brachte das Volk auf den Kulthöhen Schlachtopfer und Rauchopfer dar. 2. Könige 14: 1 … Amazja  … 3 … tat, was recht war in den Augen JHWHs, wenn auch nicht wie David, sein Vorfahr, sondern ganz so wie Joasch, sein Vater, es getan hatte. 4 Die Kulthöhen aber verschwanden nicht, noch immer brachte das Volk auf den Kulthöhen Schlachtopfer und Rauchopfer dar. 2. Könige 15: 1 … Asarja  … 3 … tat, was recht war in den Augen JHWHs, ganz wie Amazja, sein Vater, es getan hatte. 4 Die Kulthöhen aber verschwanden nicht, noch immer brachte das Volk auf den Kulthöhen Schlachtopfer und Brandopfer dar. 2. Könige 15: 32 … Jotam  … 34 … tat, was recht war in den Augen JHWHs, ganz wie Usija, sein Vater, es getan hatte, machte er es. 35 Die Kulthöhen aber verschwanden nicht, noch immer brachte das Volk auf den Kulthöhen Schlachtopfer und Brandopfer dar. Er hat das obere Tor gebaut am Haus JHWHs. 2. Könige 16: 1 … Ahas … 3 … ging auf dem Weg der Könige von Israel und ließ sogar seinen Sohn durchs Feuer gehen, wie es den Abscheulichkeiten der Nationen entsprach, die JHWH vor den Israeliten vertrieben hatte. 4 Und er brachte Schlachtopfer und Rauchopfer dar auf den Kulthöhen und auf den Hügeln und unter jedem grünen Baum. 2. Könige 18: 1 … Hiskia  … 3 … tat, was recht war in den Augen JHWHs, ganz wie David, sein Vorfahr, es getan hatte. 4 Er hat die Kulthöhen abgeschaff‌t und die Mazzeben zerschlagen und die Aschera zerstört und die Schlange aus Bronze, die Mose gemacht hatte, zermalmt,

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denn bis in jene Tage hatten die Israeliten ihr Rauchopfer dargebracht. … 5 Er vertraute auf JHWH, den Gott Israels, und von allen Königen von Juda nach ihm war keiner ihm gleich, auch nicht von denen, die vor ihm waren. 6 Und er hing JHWH an, er ließ nicht ab von ihm, und er hielt die Gebote, die JHWH Mose gegeben hatte. 2. Könige 21: 1 … Manasse … 2 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, so abscheulich wie das, was die Nationen getan hatten, die JHWH vor den Israeliten vertrieben hatte. 3 Und er baute die Kulthöhen wieder auf, die Hiskia, sein Vater, zerstört hatte, und er errichtete dem Baal Altäre und machte eine Aschera, wie Ahab, der König von Israel, es getan hatte, und vor dem ganzen Heer des Himmels warf er sich nieder, und er diente ihnen. 2. Könige 21: 19 … Amon … 20 … tat, was böse war in den Augen JHWHs, wie Manasse, sein Vater, es getan hatte. 21 Und er ging ganz auf dem Weg, den sein Vater gegangen war, und er diente den Mistgötzen, denen sein Vater gedient hatte, und er warf sich vor ihnen nieder. 22 JHWH aber, den Gott seiner Vorfahren, verließ er, und er ging nicht auf dem Weg JHWHs. 2. Könige 22: 1 … Josia  … 2 … tat, was recht war in den Augen JHWHs: Er ging ganz auf dem Weg Davids, seines Vorfahren, und er wich nicht davon ab, weder nach rechts noch nach links.

Dieser übergreifende Befund zu den Königsbeurteilungen in 1. Könige 12 bis 2. Könige 23 zeigt eine sachliche Höhenlinie, die von der Abschaffung der Höhen unter Hiskia (2Kön 18,4) über ihre Wiedereinführung unter Manasse (2Kön 21,3) bis zu ihrer dauerhaften Profanierung unter Josia (2Kön 23,8) läuf‌t. Wie ist dieses Gerüst zu datieren? Für eine noch vorexilische Ansetzung sind – neben den auf‌f älligen Stellen „bis zum heutigen Tag“ (1Kön 8,8; 9,21; 10,12; 12,19; 2Kön 8,22), die möglicherweise oder scheinbar noch die Verhältnisse der Königszeit voraussetzen (Wellhausen 31899, 298; Moenikes 1992, 335–336; Geoghegan 2003; 2006; vgl. aber Becking 2007, 12–18) – vor allem folgende Argumente aufgeboten worden: (1) der auf‌f ällige Befund, dass eine eigentliche Reflexion auf den Untergang Judas im Stil von 2. Könige 17 in den Königsbüchern fehlt (und auf‌fallenderweise in 2Kön 17,19–20 nachgetragen worden ist), und (2) die offenbar sekundären Versuche in den Manassepassagen 2Kön 23,26; 24,3 (Schmid 1997) sowie in den Pauschalverurteilungen (Vanoni 1985; Schmid 2004b; 2006b, anders Aurelius 2003b, 45–47) aller Könige in den nachjosianischen Königsbeurteilungen 2Kön 23,32.37 (vgl. 24,9.19), die Verdienste der josianischen Reform theologisch zu annullieren. Nach dem Untergang Judas – entsprechend der altorientalischen Königsideologie, die den König für Wohl oder Unheil des Staates verantwortlich sein lässt – wären dann die Königsbeurteilungen rezeptionell als Begründung der Katastrophe gelesen worden: Entsprechend hätte die Fortschreibung von 1Sam 1 bis 2Kön 23 in 2Kön 24–25 dann ex post sogar eine Pauschalverurteilung auch aller judäischen Könige vorgenommen (vgl. unten S. 155–157).

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Es ist aber auch denkbar, dass die Königsbeurteilungen sich erst (nach)exilischen Bemühungen verdanken, Josia als idealen Monarchen zu präsentieren, dessen Regentschaft ein relativer Höhepunkt in der Geschichte des israelitischen und judäischen Königtums war (Blanco Wißmann 2008). Die Nach- und Uminterpretationen in 2. Könige 21 und 23–24 wären dann schultheologische Dispute an historisierten Gegenständen, die aber nicht mehr unmittelbar zeitgenössisch anzusetzen wären. Wie dem auch sei: Die deuterononomistische Edition der Samuel- und Königsbücher hat im Bereich von 1.–2. Samuel vermutlich bereits auf eine zusammenhängende Darstellung Davids zurückgegriffen, die in das 7. Jahrhundert v. Chr. gehören könnte (Kratz 2000a; Fischer 2004; Dietrich 2006), während sie in 1.–2. Könige sehr viel stärker selbst überlieferungsbildend gewirkt hat. b) D ie Richtererzählungen (Richter 3–9) Das vorliegende Alte Testament bietet zwei Überlieferungsbereiche mit Erzählungen des vorstaatlichen Israel in seinem Land: Die Elternerzählungen der Genesis und die Richtererzählungen des Richterbuches. Biblisch gesehen handelt es sich um zwei Epochen, die durch die Übersiedlung nach Ägypten, den Exodus, die Wüstenwanderung und die Landnahme um Jahrhunderte voneinander getrennt sind. Historisch handelt es sich aber sehr viel eher um Erzählungen, die aus unterschiedlicher Perspektive das Leben im Land in nichtstaatlicher Organisation bedenken, was grundsätzlich ebenso auf eine vor- wie auf eine nachstaatliche Entstehung hin ausdeutbar ist. Die literarische Ausgestaltung der Richtererzählungen in Richter 3–9 dürf‌te, wie gleich deutlich werden wird, in die Assyrerzeit gehören (Guillaume 2004, 5–74; vgl. die Diskussion bei Richter 2009, 82–85). Der Umstand, dass bis auf Otniël (Ri 3,7–11, vgl. dazu Guillaume 2004, 75–78) alle Richter – Ehud, Schamgar, Debora (vgl. Waltisberg 1999; Neef 2002), Barak, Gideon, Abimelech – aus dem Bereich des Nordreichs stammen, lässt darauf schließen, dass in diesen Kapiteln spezifisch nordisraelitische Überlieferungen bewahrt worden sind. Sie entwerfen und propagieren in ihrem Zusammenhang die Möglichkeit einer nichtstaatlichen Existenz Israels ohne einen eigenen König – ein solcher wird disqualifiziert im Bild des Dornbusches (Ri 9) – unter assyrischer Oberherrschaft. Vor einem eigenen Königtum in Israel warnt besonders die Episode seiner misslungenen Institutionalisierung durch Abimelech in Sichem (Ri 9), die historisch wohl die Zerstörung von Sichem 722 v. Chr. voraussetzt. Die Begebenheiten um die Einrichtung eines sichemitischen Königtums (Ri 9) können nachgerade als Summarium der schlimmsten Untaten der Nordreichskönige gelesen werden. Die Geschichte von Abimelech in Sichem konzentriert sozusagen zwei Jahrhunderte

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israelitischer Königsherrschaft in einem literarischen Kapitel (Guillaume, 2004, 69–70). Auch die Erwähnung der Feinde Israels weist hier in die assyrische Zeit: Moab tritt erst (mit König Mescha) um 845 v. Chr. als Staat in Erscheinung, der Israel bedrängen konnte (Ri 3,12–14; Knauf 1992, 49–50; Naʾaman 1997). Vergleichbares gilt für die Darstellung der Auseinandersetzungen mit den Midianitern, die die Erfahrungen Israels mit den Arabern seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. zu reflektieren scheinen (Knauf 1988b). Richter 3–9 ist also als nachkönigliche Programmschrift anzusprechen, die gegen ein institutionalisiertes Königtum in Israel und für eine gottgeführte Politik durch charismatische Rettergestalten Stellung bezieht. Man hat den Eindruck, dass diese binnenisraelitische Führung nicht notwendigerweise mit übergreifenden politischen Organisationsstrukturen in Konflikt geraten muss. Es ist also durchaus vorstellbar, dass die Verfasser des politischen Programms von Richter 3–9 sich dessen Umsetzung im Rahmen eines geordneten Imperiums vorstellen können. Ihre Position ist insofern – zeitgeschichtlich verstanden – proassyrisch ausgerichtet. Ja, die Befriedung eines Israel ohne König vor seinen Feinden (den Moabitern und den Midianitern) fügt sich nahtlos zu dem, was aufgrund zeitgenössischer assyrischer Propaganda im Blick auf Israel zu erwarten ist (Reade 1979, 329–344; Guillaume 2004, 71.74). Dieses Programm erscheint in Richter 3–9 im Gewand der Beschreibung der vorstaatlichen Zeit Israels, um so die mythische Ursprungsqualität dieses Konzepts für Israel zu sichern. Diese Richtererzählungen stehen theologisch und politisch nicht weit vom zeitgenössischen Jakobzyklus entfernt. Auch der in Harran dienende Jakob, der in Israel nie König wird, ist keine mit den assyrischen Hegemonialansprüchen konfligierende Figur. c) D ie Mose-Exodus-Geschichte Die Mose-Exodus-Geschichte, die im jetzigen Erzählverlauf des Pentateuch als Fortsetzung der Genesis fungiert und mit ihrem natürlichen Ende, der Darstellung der Landnahme im Josuabuch, auch über den Pentateuch hinausweist, war zunächst – und zwar sowohl in mündlicher wie in schriftlicher Hinsicht – ein Überlieferungskomplex für sich (Schmid 1999c; Gertz 2000b; 2002a; Otto 2000b; Germany 2017). Das ergibt sich zum einen daraus, dass die Mose-ExodusErzählung thematisch und theologisch auf sich selber steht, zum anderen aber auch daraus, dass die – literarisch fixierte – Erzelterngeschichte von sich aus keineswegs organisch auf die Mose-Exodus-Erzählung hinführt; die Annahme drängt sich auf, dass mit Erzvätern und Exodus zwei vormals selbständige Überlieferungskomplexe literarisch sekundär miteinander verbunden worden sind. Besonders auf‌f ällig ist in dieser Hinsicht Ex 1,6–8:

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Exodus 1: 6 Und Joseph starb und alle seine Brüder und jene ganze Generation. 7 Die Israeliten aber waren fruchtbar, und es wimmelte von ihnen, sie mehrten sich und wurden übermächtig, und das Land wurde von ihnen voll. 8 Da stand ein neuer König über Ägypten auf, der nichts von Joseph wusste.

Innerhalb dieser drei Verse wird ein – sogleich als solcher erkennbarer – Ausgleich zwischen der zuvor erzählten Josephsgeschichte und der nun einsetzenden Exodusgeschichte geschaffen: Zunächst müssen alle Erinnerungen an den Aufstieg Josephs und seine Wohltaten an Ägypten getilgt werden, damit das Unterdrückungsmotiv plausibel eingebracht werden kann. Exodus 1,8 bezahlt für diese Plausibilität den Preis, dass der neue Pharao Joseph, den zweiten Mann unter seinem Vorgänger in Ägypten, vergessen haben soll. Diese Schwierigkeit erklärt sich aus dem Bestreben, Erzväter und Exodus möglichst knapp erzählerisch zusammenzubinden. An Ex 1,6–8 ist weiter abzulesen, dass diese Verbindung sehr spät, nämlich erst von der Priesterschrift (siehe unten S. 190–196) geleistet wird und diese in den nichtpriesterschriftlichen Textanteilen von Exodus 1 vorausgesetzt ist: Die Volkwerdung Israels wird allein in Ex 1,7 berichtet, einem Vers, der einhellig der Priesterschrift zugewiesen wird (vgl. die literarischen Vernetzungen mit Gen 1,28; 9,7; 17,2), der von dem nachfolgenden Text (Ex 1,9: „Seht, das Volk der Israeliten ist uns zu groß und zu mächtig.“; vgl. 1,20) sprachlich und sachlich vorausgesetzt wird. Das heißt aber weiter: Die nichtpriesterschriftlichen Anteile von Exodus 1 sind insgesamt von der Priesterschrift abhängig, also nachpriesterschriftlich zu datieren, denn das Motiv des Zahlreich- und Starkwerdens der Israeliten ist in Exodus 1 durchgängig präsent. Die Mose-Exodus-Erzählung ist also ursprünglich unabhängig von der Erzelterngeschichte überliefert worden und erst durch die Priesterschrift mit ihr verknüpf‌t worden. Ihren Einsatz nahm die literarische Mose-Exodus-Erzählung mit Ex 2,1–10, der Geburtsgeschichte des Mose, die noch in einzelnen Zügen verrät, dass sie ohne Kenntnis des Genozidthemas von Ex 1,15–22 entstanden ist. Wie die Formulierung von Ex 2,1 („Und es ging ein Mann aus dem Haus Levi hin und nahm die Tochter Levis“) im Vergleich mit ihrer nächsten biblischen Parallele Hos 1,2 („Geh, nimm dir eine hurerische Frau und [zeuge] hurerische Kinder“) zeigt, handelt es sich bei der Verbindung der wohl nicht zufällig namenlos bleibenden Eltern (die Namen Amram und Jochebed fallen erst in der priesterschriftlichen Nachinterpretation Ex 6,20) um eine illegitime Liaison: Ex 2,1 spricht nur von „nehmen“, nicht von „zur Frau nehmen“. Eben dies scheint der ursprüngliche Aussetzungsgrund zu sein, und nicht die Bedrohung durch den Genozid, zumal die Tochter des Pharao den gefundenen Knaben unbefangen als „Hebräerkind“ identifiziert (Ex 2,6), ohne dass ihr der Genozidbefehl des Vaters bekannt zu sein scheint.

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Mit dieser Interpretation stimmt nun auch das Sachprofil der nächsten altorientalischen Parallele zu Exodus 2 (vgl. Otto 2000b; Gerhards 2006, insgesamt zum Motiv des ausgesetzten Kindes das Material bei Redford 1967) überein, die neuassyrisch überlieferte Sargon-Legende, die sich auf den großen Usurpator Sargon I. (2350–2294 v. Chr.) bezieht (Galter 2006). Scharrukin [Sargon], der mächtige König, der König von Akkad, bin ich. Meine Mutter war eine Priesterin, meinen Vater kenne ich nicht. Mein Vatersbruder bewohnt das Bergland. Meine Stadt ist Azupiranu, die am Ufer des Euphrat liegt. Es empfing mich meine Mutter, die Priesterin, im Verborgenen gebar sie mich. Sie legte mich in einen Korb aus Rohr, mit Pech verschloß sie den Deckel über mir. Sie setzte mich in den Fluß, aus dem ich nicht herauf‌kommen sollte. Es trug mich der Fluß, zu Akki, dem Wasserschöpfer, brachte er mich. Akki, der Wasserschöpfer, holte mich beim Herauf‌kommen seines Schöpfeimers heraus. Akki, der Wasserschöpfer, zog mich an Sohnes statt groß. Akki, der Wasserschöpfer, setzte mich in sein Gärtneramt ein. Wegen meines Gärtneramtes begann Ischtar, mich zu lieben, und so übte ich [5]4 Jahre das Königtum aus. (TUAT Ergänzungslieferung, 56)

Sargon berichtet, dass seine Mutter eine enitu-Priesterin gewesen sei, der es verboten war zu heiraten. Sein Vater sei ihm unbekannt. Trotz seiner zweifelhaften Abkunft aber wird er von den Göttern erwählt. Ebenso ist das theologische Profil von Ex 2,1–10 zu bestimmen: Die göttliche Bewahrung des Mose kompensiert seine uneheliche Herkunft. Vor allem aber zeigt der neuassyrische Überlieferungshintergrund die kritische, antiassyrische Ausrichtung der Mose-Exodus-Erzählung: An die Stelle des assyrischen Großkönigs tritt die nichtkönigliche Gestalt Mose als Objekt göttlicher Erwählung, die Israel von der imperialen Fron befreit. Von hierher ergibt sich eine bemerkenswerte Perspektive auf die sachliche Nähe der Mose-ExodusErzählung zu den vielleicht etwas älteren, aber eher proassyrisch ausgerichteten Richterüberlieferungen (Richter 3–9): Auch Mose ist ein Retter Israels, wie dies auch für die „Richter“ gilt, doch die Moseüberlieferung tritt in deutliche Konkurrenz zur assyrischen Ideologie. So gesehen kann die Mose-Exodus-Erzählung als eine antiassyrisch gefärbte Verdichtung der ihrerseits eher proassyrischen Richterüberlieferungen verstanden werden. Man wird diese Etappe der alttestamentlichen Literaturbildung wohl kaum hoch genug einschätzen können: Mit der Mose-Exodus-Erzählung entsteht erstmals in Israel ein deutlich anti-imperiales Literaturdokument, das aber umgekehrt nun Gott selbst absolute, „imperiale“ Macht zuerkennt. Dieses Grundmotiv der absolut souveränen Zeichnung Gottes, die mit der grundlegenden Angewiesenheit seines Volkes auf ihn einhergeht, wird sich als ein theologiegeschichtlicher Klassiker erweisen, der besonders für die Ausbildung des Monotheismus von zentraler Bedeutung ist. Er beruht auf einer Anleihe bei einem assyrischem Grundmuster, allerdings in antiassyrischer Wendung.

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Die Mose-Exodus-Erzählung lief dann – wohl noch ohne eine ausgebaute Plagenerzählung, aber mit dem Motiv der Beraubung der Ägypter (Ex 11,2–3; 12,35–36) – auf die Erzählung des Auszugs der Israeliten aus Ägypten hinaus, die ihren ersten Höhepunkt in der Darstellung des Meerwunders fand. Die Plagen­ erzählung wurde schon im klassischen Urkundenmodell aus der alten J-Quelle ausgeklammert, da sie als ganze den Erzählfluss nicht weitertreibt (wirksam ist nur die Tötung der Erstgeburt). Hinzu kommt, dass sie in ihrer Mirakelhaftigkeit die Pointe der Rettung am Schilfmeer als Wunder im Grunde genommen vorwegnimmt, also gewissermaßen eine literarkritisch relevante Dublette dazu bildet. Die große Darstellung der Berufung des Mose am Gottesberg in Ex 3,1–4,18 ist insgesamt ein Einschub in ihrem Kontext – der Faden der vorgegebenen Exoduserzählung läuf‌t von 2,23aα direkt in 4,19 weiter (vgl. in der LXX Ex 2,23 mit 4,19). Dass Exodus 3–4 entweder ganz oder zumindest teilweise bereits die Priesterschrift voraussetzt, legt sich aus mehreren Beobachtungen nahe: a) Das „Schreien“ Israels Ex 3,7.9 verweist der Sache nach auf Exodus 1–2, der Sprache nach aber deutlich auf Ex 2,23a, einen „P“-Text zurück. b) Weiter setzt Exodus 3–4 die priesterschriftliche Moseberufung in Exodus 6 voraus und integriert offenbar nun die Probleme, die sich dort ergeben haben („Nichthören“ der Israeliten), in die Berufungsszene selbst: Gott spricht zu Mose (Ex 6,2–8), und Mose spricht zu den Israeliten, die aber nicht auf ihn hören (6,9). Demgegenüber sagt Gott Mose bereits im voraus zu, dass Israel auf ihn „hören“ werde (3,18); Mose äußert dann aber gleichwohl, ohne überhaupt seine Botschaft ausgerichtet zu haben, die Befürchtung, dass Israel ihm nicht „glauben“ und nicht auf ihn „hören“ werde (4,1). c) Exodus 6,1–13 spielt erwartungs- und traditionsgemäß (vgl. Ex 20,2) in Ägypten, während Exodus 3–4 demgegenüber sekundär am „Gottesberg Horeb“ (3,1) lokalisiert ist. Legitime Offenbarung gibt es nach Exodus 3–4 – offenbar in Rezeption und Absetzung von Exodus 6 – nur am Gottesberg, und der wesentliche Offenbarungsinhalt ist die hexateuchische Heilsgeschichte (3,7–9.16–17). d) Ex 4,1–9 rezipiert den Plagenzyklus in seiner durch „P“ eingeleiteten (4,1–5; vgl. 7,8–13 „P“; Verwandlung des Stabes) und um „P“ erweiterten Form (4,9; vgl. 7,14–25; Nilwasser zu Blut [„J“: Fischsterben]).

Die Mose-Exodus-Erzählung findet in ihrem jetzigen Kontext einen ersten hymnischen Abschluss in Ex 15,1–18; doch kann in diesem Psalm (dem ersten im kanonischen Leseablauf außerhalb des Psalters) kein altes Traditionsgut gesehen werden: Dagegen spricht das deuterojesajanische Kolorit des Textes, zudem setzt die Schilderung und Deutung des Meerwunders in 15,8.13 wahrscheinlich die Priesterschrift voraus (Schmid 1999c, 238–241). Ex 15,1–18 ist als psalmexterne literarische Maßnahme zu begreifen, den Psalter paradigmatisch mit der ersten entscheidenden geschichtlichen Rettungserfahrung Israels in Verbindung zu bringen. Wahrscheinlich ist aber doch das Mirjamlied in Ex 15,21b älteres Traditionsgut, das die Abfassung von Ex 15,1–18 aus sich heraussetzte, auch wenn seine kultgebundene Gestaltung als imperativischer Hymnus die Annahme verbietet, in

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ihm ein zeitgenössisches Dokument der – historisch wie auch immer näher zu bestimmenden – Rettungserfahrung am Schilfmeer zu erblicken. Der Verlauf der Mose-Exodus-Erzählung hat deshalb wahrscheinlich die Stationen Meerwunder, Wüstenwanderung bis hin zur Landnahme (wahrscheinlich Jos *6; *9–10) enthalten, die das natürliche Ziel des Erzählverlaufs darstellt (Germany 2017; anders Oswald 2009). Die Darstellung der Landnahme ist auch aus neuassyrischer Motivik gespeist (Van Seters 1990; vgl. Younger 1990; Arnold 2002, 346–347; Römer 2005, 105). Methodisch überzeugende literarische Rekon­ struktionen haben sich für die Mose-Exodus-Erzählung in Gänze aber noch nicht ergeben. Wie ist die Mose-Exodus-Erzählung literaturgeschichtlich zu charakterisieren? Die elementarsten Hinweise ergeben sich zunächst dadurch, dass sie eine allochthone Begründung der Existenz Israels formuliert – Israel ist Israel von Ägypten her und wurzelt nicht seit jeher in Palästina. Dann fällt auf, dass in ihr weder ein israelitischer König vorkommt noch Mose explizit königliche Züge trägt. Schließlich ist die antiassyrische Ausrichtung zu nennen, die sich vor allem durch den Einsatz in Exodus 2,1–10 zu erkennen gibt. Dies weist darauf hin, dass die Mose-Exodus-Erzählung ihre älteste noch greif‌bare literarische Gestalt erst im 7. Jahrhundert v. Chr. bekommen haben dürf‌te, worauf auch die archäologischen Befunde für die in ihr verarbeiteten politischen und geographischen Hintergründe deuten (Redford 1987; 1992, 408–469; Finkelstein/Silberman 2002, 78–82). Literaturgeschichtlich gesehen dürf‌te die Formierung der Mose-ExodusErzählung zunächst durch die Gerichtsprophetie des 8. Jahrhunderts v. Chr. beeinflusst sein: Sie setzt den prophetisch angekündigten Untergang des Nordreichs voraus und formuliert eine Ursprungslegende für Israel, die auf außerstaatlicher Basis steht. Doch heißt das nicht, dass sie in dieser Zeit erfunden worden wäre. Vermutlich basiert sie auf älterer, mündlicher Tradition, worauf die Verankerung des Exodus-Credos in verschiedenen Überlieferungsbereichen hinweist (Zenger 1994; Becker 2005a). Man kann weiter noch erkennen, dass die Moseerzählung eine gewisse Funktion als Gründungserzählung des Nordreichs gehabt hat, wie die auf‌f älligen Parallelzeichnungen von Mose und Jerobeam nahelegen (Fronarbeit, Tötungsabsicht, Flucht; vgl. Knauf 1988b; Albertz 1992, 218–219; Särkiö 1998; 2000; Schmid 1999c, 140–141; Blanco Wißmann 2001). Darüber hinaus steht auch außer Frage, dass der biblische Exodus bestimmte historische Hintergründe hat. Die Frage ist jedoch bislang häufig in einer gewissen exklusiven Naivität diskutiert worden, als ob mit dem Mittel der historisch-rationalisierenden Paraphrase der hinter der Bibel stehende Ereigniszusammenhang quasilinear rekonstruiert werden könnte. Die Mose-Exodus-Erzählung ist aber kein historischer Bericht (vgl. Finkelstein/Silberman 2002, 61–85; Becker 2005a), sondern eine kollektive Ursprungserzählung. Nur schon von daher ist es wahrscheinlich, dass die Überlieferungsbildung mehrere Ereignisse zu einem einzigen verdichtet hat. Man hat

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angenommen, dass die Vertreibung der sogenannten Hyksos, einer Generationenfolge semitischer Fremdherrscher in Ägypten (ca. 1730–1580 v. Chr.), im Hintergrund der biblischen Exoduserzählung stehe (Redford 1992, 412; Assmann 1996, 314–315). Alternativ dazu wurde vermutet, dass die in der Elephantine-Stele des Sethnacht (ca. 1186–1184 v. Chr.) und im Großen Papyrus Harris I. bezeugten Vorgänge um den syrischen Kanzler Beya, der im Übergang von der 19. zur 20. Dynastie zeitweise die Macht über Ägypten innehatte, von Pharao Sethnacht dann aber außer Landes vertrieben wurde, als historischer Hintergrund der MoseExodus-Erzählung in Frage kommen könnten (Knauf 1988b, 124–141; de Moor 1996; Donner 32000; vgl. Drenkhahn 1980, 64–65). Weiter sind seit längerem ägyptische Dokumente bekannt, die zeigen, dass es verschiedene Eisodoi und Exodoi von Asiaten im Nildelta gegeben hat. Besonders sprechend ist der Papyrus Anastasi VI, 53–60 (TGI, 40–41), der einen Brief eines ägyptischen Grenzbeamten an seinen Vorgesetzten enthält: Eine andere Mitteilung für meinen [Herrn]: Wir sind damit fertig geworden, die ŠʾswStämme von Edom durch die Festung des Merneptah in Ṯkw passieren zu lassen bis zu den Teichen von Pitom des Merneptah in Ṯkw, um sie und ihr Vieh durch den guten Willen des Pharao, der guten Sonne eines jeden Landes, am Leben zu erhalten, im Jahre 8, (am Tage) [der Geburt] des Seth … Ich habe sie [sc. die Namen der Stämme] auf einem Schriftstück bringen lassen zu dem (Orte), [wo] sich mein Herr befindet, zusammen mit den anderen Namen der Tage, an denen die Festung des Merneptah in Ṯkw [von ŠʾswStämmen?] passiert wurde.

Dieses Dokument bietet Namen, die in der bibelwissenschaftlichen Diskussion um den historischen Exodus eine wichtige Rolle spielen (Ṯkw, Pitom, Šʾsw [Schasu]), der Text ist aber vollkommen klar in der Hinsicht, dass Wanderbewegung von Nomaden (Schasu-Stämmen) offenbar immer wieder zu verzeichnen waren. Schließlich ist auch der Rückgang der ägyptischen Macht aus Kanaan im 12. und 11. Jahrhundert v. Chr. zu nennen sowie verschiedene Bewegungen der Emanzipation von späteren ägyptischen Machtansprüchen, die ebenfalls als „Exodus“ ausdeutbar waren (Gertz 2019, 89–93; vgl. Naʾaman 2011). Entsprechend den Entstehungsbedingungen antiker Ursprungsüberlieferung ist man deshalb gut beraten, diese Anhaltspunkte nicht so zu interpretieren, dass sie sich exklusiv zueinander verhalten und nun zwischen ihnen zu wählen wäre: Was ist der historische Hintergrund des Exodus? Vielmehr dürf‌ten die hinter ihnen stehenden Erfahrungen insgesamt in die jetzige literarische Darstellung des Exodusgeschehens eingeflossen sein, die als solche nicht einen bestimmten, sondern mehrere historische Hintergründe hat. Zugespitzt könnte man sagen: Die Exodusdarstellung ist ebenso historisch wie unhistorisch. Dass Mose selber eine historische Figur gewesen ist, liegt aufgrund seines ägyptischen Namens (vgl. Thutmose, Ramose usw.; die in Ex 2,10 gegebene hebräische Herleitung seines Namens ist eine Volksetymologie) sowie des mehrfach überlieferten Motivs seiner

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Heirat mit einer ausländischen Frau nahe: Beides wäre kaum zu erwarten, wenn Mose lediglich Produkt von Legendenbildung wäre (Zenger 1994; Smend 1995; Otto 2006). Doch auch hier bleibt festzuhalten: In der biblischen Mosefigur haben sich so viele spätere Elemente verdichtet, dass mit dem Urteil, er sei eine historische Gestalt gewesen, nicht viel gewonnen ist. d) Der Abraham-Lot-Zyklus In der vorliegenden Fassung der Erzelterngeschichte der Genesis lässt sich noch deutlich aufgrund der jeweiligen Schauplätze erkennen, wohin die drei Patriarchen ursprünglich gehören: Jakob in den mittelpalästinischen (Bethel, Sichem usw.), Abraham (Hebron, Mamre usw.) und Isaak (Beerscheba, Gerar) in den Bereich von Südjuda. Nun stellt die Erzelterngeschichte zwar Abraham als Vater von Isaak dar, was die alttestamentliche Wissenschaft im 19. Jahrhundert dazu verleitete, Abraham auch als die überlieferungsgeschichtlich ältere Figur anzusehen. Doch ist, wie bereits Julius Wellhausen bemerkte (1883/61927, 332–333 Anm. 1), das Gegenteil viel wahrscheinlicher. Das jetzige Schattendasein Isaaks neben seinem „Vater“ und die Parallelüberlieferungen zwischen Abraham und Isaak sind einfacher zu erklären als Anleihen des wichtigeren Abraham beim weniger bedeutenden Isaak als umgekehrt: Motive werden sagengeschichtlich in der Regel von kleineren auf größere Gestalten übertragen. Hinzu kommt die Bezeugungslage für Abraham und Isaak außerhalb der Erzelterngeschichte: Für Isaak lassen sich zwei Amos-Verse anführen, die darauf hinweisen, dass in der Königszeit „Haus Isaak“ als Eponym des Südreichs gelten konnte: Amos 7: 9 Und die Kulthöhen Isaaks werden verwüstet, und die Heiligtümer Israels werden in Trümmern liegen, und gegen das Haus Jerobeams erhebe ich mich mit dem Schwert. … 16 Und nun, höre das Wort JHWHs! Du sagst: Du darfst nicht weissagen gegen Israel und deinen Worten nicht freien Lauf lassen gegen das Haus Isaak!

Für Abraham hingegen zeigt sich schnell, dass sich für ihn außerhalb der Genesis keine königszeitlichen Bezeugungen nachweisen lassen: Keiner der „Abraham“Belege in Jes 29,22; 41,8; 51,2; 63,16; Jer 33,26; Ez 33,24; Mi 7,20; Ps 47,10; 105,6.9.42; 2Chr 20,7; Dan 3,35 LXX lässt sich vorexilisch ansetzen. Das ist nun nicht sogleich dahingehend auszuwerten, dass die Abrahamerzählungen rein redaktionelle Bildungen aus dem 7. oder 6. Jahrhundert v. Chr. wären (Carr 1996b, 203–204; Kratz 2000a, 279) oder gar vollumfänglich von der Priesterschrift abhängig wären (de Pury 2000, 178–181; 2007). Vielmehr ist zunächst nur zu vermuten, dass Abraham erst vergleichsweise spät zu einer prominenten Gestalt der alttestamentlichen Überlieferung geworden ist (Blum 1998). Die jetzige genea-

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logische Abfolge Abraham – Isaak – Jakob, als Großvater – Vater – Sohn, widerspiegelt wohl in elementaren Zügen den politischen Bedeutungswandel dieser Gestalten: Mit dem Untergang des Nordreichs und der Auf‌hebung des Heiligtums in Bethel verlor die ursprünglich wichtige mittelpalästinische Jakobgestalt gegenüber den judäischen Gestalten Abraham und Isaak nach und nach an Bedeutung und reihte sich schließlich am Ende der Verwandtschaftskette ein. Namentlich aus Gen 18,1–15 lässt sich noch erkennen, dass die Abrahamerzählungen nicht bloß eine redaktionelle Extrapolation aus den Isaak- und Loterzählungen sind: Die Erzählung, die offenbar auf dem hieros logos des TerebinthenHeiligtums in Mamre beruht, gibt ein klassisches Sagenmotiv zu erkennen, nämlich den Besuch von Göttern, die gastlich aufgenommen werden und dafür den Gastgeber mit einem Geschenk belohnen, in diesem Fall der Sohnesverheißung. Diesem Erzählgipfel gegenüber ist die Begründung des Isaaknamens („Er hat gelacht“) in V. 10b–15 (Sara „lacht“) als zweiter Höhepunkt nachträglich aufgesetzt. Dass der Abschnitt innerhalb der Erzählung sekundär ist, erhellt weiter aus dem V. 11 nachgetragenen Motiv des hohen Alters Abrahams und Saras sowie aus dem Umstand, dass die in der Grunderzählung nur auf der Erzählebene explizierte Identität der göttlichen Besucher mit Jhwh nun wie selbstverständlich auch den Akteuren in der Erzählung mitgeteilt werden kann. Genesis 18: 10 … Sara aber horchte hinter seinem Rücken am Eingang des Zelts. 11 Abraham und Sara aber waren alt und hochbetagt; Sara ging es nicht mehr, wie es den Frauen zu gehen pflegt. 12 Und Sara lachte bei sich: Nun da ich verbraucht bin, soll ich noch Liebeslust empfinden, und auch mein Herr ist alt. 13 Da sprach JHWH zu Abraham: Warum lacht Sara und sagt: Sollte ich wirklich noch gebären können, da ich doch schon alt bin? 14 Ist denn irgendetwas unmöglich für JHWH? Übers Jahr um diese Zeit werde ich wieder zu dir kommen. Dann hat Sara einen Sohn. 15 Sara aber leugnete: Ich habe nicht gelacht. Denn sie fürchtete sich. Er aber sprach: Doch, du hast gelacht.

Das aber heißt, dass in Genesis 18 eine Abrahamerzählung greif‌bar wird, die ursprünglich noch ohne Isaak-Bezug gewesen ist. Isaak- und Abrahamüberlieferungen verhalten sich also wahrscheinlich ursprünglich nicht wie Grundschicht und Ergänzung, sondern wie zwei Quellen zueinander, wobei die Abrahamerzählungen nach und nach Motive aus der Isaaküberlieferung angezogen und weiter ausgebaut hat. Die Kombination von Abraham- und Isaakerzählungen ist möglicherweise noch königszeitlich erfolgt. Darauf deutet jedenfalls, dass sich in Genesis *13 und *18–19 (und in Genesis *21) ein formal stimmiger, staatlich ausgerichteter Zyklus erkennen lässt, der durch zwei Parallelstränge konstituiert ist: Der eine Strang, der seinen Ausgang von der Abrahamfigur (Gen 13,2.18) nimmt, führt auf die Geburt des verheißenen (18,10) Sohns Isaak zu (21,2; vgl. aber Jericke 1997). Der andere zieht eine Linie von Lot (13,5.10–13) zur Geburt von dessen Söhnen Moab und

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Ammon, die einer inzestuösen Verbindung mit den Töchtern Lots entspringen (Gen 19,30–38). Damit wird in diesem Abraham-Lot-Zyklus das Verhältnis von Juda (vgl. „Isaak“ in Am 7,9.16) zu den Nachbarstaaten Moab und Ammon (Stern 2001, 236–267) theologisch begründet und expliziert. Die völkergeschichtliche Perspektive von Genesis *13 und *18–19 (und Genesis *21) macht deutlich, dass auch der Abraham-Lot-Zyklus nicht als Familienerzählung interpretierbar ist, sondern politische Theologie formuliert. Selbst die dem Zyklus vorausliegenden Stoffe, wie etwa das Beispiel Genesis *18 zeigt, sind bereits politisch motiviert: Die am Heiligtum von Mamre haftende Sohnesverheißung diente möglicherweise ursprünglich dem unmittelbar benachbarten Stadtkönigtum von Hebron als dynastische Legitimation, bevor sie auf Abraham überging. Wie dies beim Jakobzyklus auch der Fall ist, fehlt dem Abraham-Lot-Zyklus eine Königsfigur. Setzt man ihn noch im königszeitlichen Juda an, so könnte dieser Befund mit der Tradierung dieser Überlieferung in Kreisen nicht des Königshofs, sondern des judäischen Landadels, der ein eigenständiger Machtfaktor in Juda war, zusammenhängen (Knauf 1994, 236). Vielleicht setzt er als literarische Größe aber auch bereits die Deportation der ersten Gola unter Jojachin voraus und dokumentiert die Hegemonieansprüche der nachrückenden landjudäischen Elite, nachdem der judäische Königshof 597 v. Chr. nach Babylonien verbracht worden war. Gemäß einer in Ez 33,24 referierten Position der im Land verbliebenen Bevölkerung kann sich diese offenbar auf Abraham als ihren Patron berufen, was eine entsprechende Ursprungsüberlieferung wahrscheinlich macht: Ezechiel 33: 24 Du Mensch, die Bewohner dieser Trümmer auf Israels Boden sagen: Abraham war ein Einzelner und hat das Land besessen. Und wir sind viele – uns ist das Land zum Besitz gegeben!

Jedenfalls scheint Ez 33,24 noch keinen literarischen Zusammenhang zwischen Abrahams- und Exodusüberlieferung vorauszusetzen, vielmehr kann mit der einen gegen die andere argumentiert werden. 3. Prophetische Überlieferungen Prophetie ist kein auf das antike Israel beschränktes Phänomen (Nissinen 2004; 2017). Vergleichbare Erscheinungen sind namentlich aus Mari (18. Jahrhundert v. Chr. [TUAT II, 83–93]) und dem neuassyrischen Reich bekannt (7. Jahrhundert v. Chr. [TUAT II, 56–82], vgl. Stoekl 2012). Auch der in der Gerichtsprophetie vorherrschende Gedanke, dass sich eine Gottheit gegen ihren eigenen Verehrerkreis wendet – aufgrund von Schuld und Schuldgeschichte –, ist nicht einzigartig (vgl. z. B. Nissinen 1998), wenn auch die Vorstellung, dass sich die Gottheit in

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prophetischen Ankündigungen so äußert und festlegt, eine gewisse Eigenheit des antiken Israel darstellt. Kulturgeschichtlich setzt die Schriftprophetie die Institution des Königtums voraus, zeichnen sich doch die Propheten selbst als Boten von Gottesbeschlüssen, die formal an die Kundgabe von Königsbeschlüssen erinnern und das königliche Botenwesen auf das Verhältnis zwischen Gott und Prophet übertragen. Analogielos ist allerdings die spezifische Form fortschreibender Schriftprophetie (Jeremias 1994; Steck 1996), die das Alte Testament kennt, ja selbst bezeugt (Jer 36,32; vgl. Becker 2006). Zwar sind auch aus dem neuassyrischen Bereich Sammeltafeln mit Prophetensprüchen aus unterschiedlichen Zeiten bekannt (Nissinen u. a. 2003), doch sind die redaktionellen Vorgänge, die diese Sammeltafeln hervorgebracht haben, auf kompilatorische Maßnahmen beschränkt, sind also selber nicht literarisch produktiv geworden (Parpola 1997, LXVIII-LXXI). Ob sie die Potentialität dazu gehabt hätten, lässt sich aufgrund des Untergangs des neuassyrischen Reichs und der mit ihm zusammenhängenden Schultradition am Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. nicht mehr empirisch verifizieren oder falsifizieren. Immerhin ist ihnen, allerdings innerhalb einer vergleichsweise kleinen Zeitspanne, auch eine zeitübergreifende Bedeutung zugeschrieben worden: Unter Assurbanipal (669–um 630 v. Chr.) wurden positive Orakel an dessen Vater Asarhaddon (681–669 v. Chr.) gesammelt und zusammengestellt, um die in dynastischer Hinsicht problematischen Regentschaften Asarhaddons wie Assurbanipals zu legitimieren: Beide waren jeweils nicht die ältesten Söhne. Prophetie ist aber vor allem im antiken Israel nie als nur historisch punktuell gültig aufgefasst worden, sondern wurde über verschiedene Zeiten hinweg tradiert und auf diese neuen Zeiten hin neu ausgelegt – in innerbiblischer Fortschreibung. Entsprechend begleiten die Prophetenbücher die Literaturgeschichte des Alten Testaments insgesamt und können nicht einfach in der Epoche ihrer namengebenden Protagonisten abgehandelt werden. Dabei besteht kein Grund, die Historizität der biblischen Prophetengestalten, unter deren Namen Prophetenbücher erhalten geblieben sind, grundsätzlich zu bezweifeln. Vom literarischen Befund her mag man lediglich etwa beim Joel-, Jona- oder Maleachibuch zur Annahme geführt werden, dass es sich hierbei um rein schriftstellerische Produkte handelt. Ganz umstritten ist allerdings die Frage, wie man sich diese Propheten und ihre älteste Verkündigung konkret vorzustellen hat. Diese Diskussion ist nur in analytischer redaktions- und in synthetischer literaturgeschichtlicher Perspektive voranzubringen: Eine entsprechende Differenzierung der Texte eines Prophetenbuches wird im Umkehrschluss deutlich machen können, was sinnvollerweise als dessen Grundbestand in Frage kommen kann. Inwieweit und ob die namengebenden Propheten selber auch als Schriftsteller und Redaktoren ihres eigenen Buches tätig waren, ist schwierig zu ent-

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scheiden, in der Regel aber eher unwahrscheinlich. Vermutlich sind ihre Worte von Anfang an von anonymen Autoren und Redaktoren gesammelt und zusammengestellt worden (van der Toorn 2004). Überblickt man die alttestamentlichen Prophetenbücher, so wird schnell deutlich, dass die Anfänge prophetischer Überlieferungsbildung in jenen Büchern liegen müssen, deren Protagonisten biblisch wie historisch in die Assyrerzeit gehören: Hosea, Amos, Micha und Jesaja. Die folgenden Überlegungen werden sich auf das Hosea-, Amos- und Jesajabuch beschränken. a) D ie Anfänge prophetischer Überlieferung im Hosea- und Amosbuch Die Schriftprophetie hat ihren Anfang in den Büchern Hosea und Amos genommen (Jeremias 1983; 1995; 1996; Wöhrle 2006; Rudnig-Zelt 2006; Vielhauer 2007) und hängt als „Schrift“-Prophetie vielleicht sogar ursächlich mit der Erfahrung des Untergangs des Nordreichs zusammen (Kratz 1997b; 2003b): Wiewohl sie auf mündliche Vorstufen vor der Katastrophe zurückgehen mag, so ist das entscheidende Movens zu ihrer schriftlichen Fixierung in der Vergangenheitsdeutung ex post zu erblicken. An literarischen Anfängen der Schriftprophetie in der vorexilischen Zeit grundsätzlich zu zweifeln ist kaum angeraten. Belege wie Jes 8,1.16–18, Jer 29,1 oder das Lachisch-Ostrakon III,20–21 setzen prophetische Schreiber vor 587 v. Chr. voraus (van der Toorn 2007, 179). Außerdem dürf‌ten auch die Zitate von Mi 1,2 in 1Kön 22,28 und Mi 3,12 in Jer 26,18 – vielleicht nicht zufällig als Aufnahmen von Anfang und Schluss des mutmaßlichen literarischen Kernes der Michaüberlieferung – historisch entsprechend auszuwerten sein. Amos mag als Prophet zwar früher als Hosea aufgetreten sein, doch scheint die Hoseaüberlieferung zuerst fixiert worden zu sein, und erst unter ihrem Einfluss ist die Amosprophetie literarisch zusammengestellt worden. Umgekehrt hat die Amosüberlieferung auch auf das Hoseabuch zurückgewirkt, wie die Verse Hos 4,15; 7,10; 8,14 und 11,10 zeigen, die Sprache und Themen des Amosbuches verwenden und so beide Bücher als Kundgabe ein und desselben Gotteswillens interpretieren (Jeremias 1996). Dass der Hoseaüberlieferung in literarischer Hinsicht eine gewisse Priorität zukommt, mag damit zusammenhängen, dass die Tradenten die mehr kultisch akzentuierten Hoseaanklagen den stärker sozial ausgerichteten Kritikpunkten des Amosbuches vorordnen wollten. Im Hoseabuch ist aufgrund des anspielenden Stiles, der für spätere Leser vieles im Unklaren belässt, erkennbar, wie sehr die Einzeltexte des Buches noch in die Anfänge des Auf‌kommens schriftlicher Überlieferungen gehören: Sie setzen sehr viel Leserwissen voraus (Crüsemann 2002). Gleichwohl scheint der Kern des Hoseabuches in Hosea 4–9 von vornherein als zusammenhängender Textablauf gestaltet worden zu sein (Jeremias 1983; vgl. Vielhauer 2007, anders Rudnig-Zelt 2006). Es fehlen Überschriften oder Abschlussformeln, wie das Hoseabuch über-

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haupt ganz auf den Gebrauch der Botenformel verzichtet; die Gottesspruchformel findet sich lediglich in Hos 2,15.18.23 und 11,11. Die jetzige Präsentation des Hoseabuches legt also keinen Wert auf die ursprünglichen kleineren Einheiten. Vielmehr zeigen die strukturgebenden Imperative in Hos 4,1; 5,1.8; 8,1; 9,1 einen dramatischen Ablauf, der das Herannahen, Hereinbrechen und die Folgen des Gerichts veranschaulicht. Diese Komposition ist als solche kaum vor 720 v. Chr. vorzustellen. Anders als der zweite Teil des Buches Hosea (Hos 4–9 bzw. 4–14) scheinen die drei Kapitel in Hosea 1–3 je für sich entstanden zu sein. Sie sind vielleicht auch zunächst getrennt voneinander überliefert worden, was aber gegenseitige Bezugnahmen oder Beeinflussungen nicht ausschließt. Das ergibt sich zum einen aus der auf‌f älligen Tatsache, dass jedes der drei Kapitel über einen eigenen, sekundären Heilsabschluss verfügt (Hos 2,1–3; 2,16–25; 3,5), was auf ursprüngliche Eigenständigkeit hindeutet, zum anderen bestehen auf‌f ällige formgeschichtliche Differenzen: Hos 1,2–9 ist ein Fremdbericht, der seine Pointe vor allem in der Benennung der Kinder Hoseas („Jesreel“, „Nicht-Erbarmen“ und „Nicht-mein-Volk“) hat, die der Ehe mit der Hure Gomer entsprungen sind. Hos 2,4–15 ist eine durchgehende Gottesrede, während Hos 3,1–3 einen Selbstbericht Hoseas über eine (weitere?) Ehe mit einer Ehebrecherin, die das Verhältnis Gottes zu Israel versinnbildlicht, darstellt. (Vielhauer 2007, 127–158 rechnet insgesamt mit schriftgelehrter Entstehung von Hosea 1–3 im Rahmen des Buches, wobei er Hos 2,4–15 als literarischen Kern bestimmt.)

Die Hoseaüberlieferung ist zwar wahrscheinlich zunächst an das Nordreich Israel gerichtet gewesen – was allerdings auch bestritten worden ist (Rudnig-Zelt 2006) –, aber offenbar im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. ebenfalls an judäische Leser readressiert worden, wie einerseits die Nennung auch judäischer Könige in der Buchüberschrift (Hos 1,1), andererseits eine Reihe von offenbar nachgetragenen Juda-Aussagen zeigen. Die Judäer werden gewarnt, was auf eine zeitgeschichtliche Situation im 7. Jahrhundert hinweisen könnte: Hosea 4: 15 Wenn du, Israel, Hurerei treibst, soll Juda sich nicht schuldig machen. Und ihr sollt nicht nach Gilgal kommen und nicht hinaufziehen nach Bet-Awen und nicht schwören: So wahr JHWH lebt!

Andere Hosea-Texte aber scheinen auch den Untergang Judas schon zu kennen und ihn mit dem Untergang des Nordreichs zu parallelisieren: Hosea 5: 5 Und der Hochmut Israels legt Zeugnis ab, ihm selbst ins Angesicht, und Israel und Ephraim straucheln durch eigene Schuld; mit ihnen strauchelt auch Juda.

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Die Botschaft Hoseas ist also offenkundig für Juda literarisch aktualisiert worden, um den dortigen Lesern ein historisiertes Verständnis zu verunmöglichen und sie dazu zu zwingen, die Hoseaüberlieferung auch auf sich selber zu beziehen. Das Amosbuch beinhaltet die älteste Prophetie Israels, die schriftprophetisch überlieferungsbildend geworden ist. Aufgrund ihrer sozialkritischen Härte und der nichtinstitutionellen Zugehörigkeit Amos’ zur Gruppe der Hof- oder Kultpropheten (für Amos: der „Propheten“ schlechthin, vgl. Am 7,14) ist anzunehmen, dass diese Prophetie zunächst kaum die Chance gehabt hat, theologiegeschichtlich wirksam zu werden. Vermutlich sind vor allem zwei historische Resonanzmomente der Amosüberlieferung für deren Wirkungsgeschichte wichtig geworden. Zum einen zeigt die literarisch gewachsene Überschrift des Amosbuches (die Datierung mit den Königsnennungen [aus Israel und Juda!] stößt sich mit der punktuellen Angabe eines Erdbebens), dass das Erdbeben unter Usija, von dem noch Sach 14,5 und Flavius Josephus wissen (Ambraseys 2005, 330–334), möglicherweise als frühe Bewahrheitung der Amosprophetie verstanden worden ist. Amos 1: 1 Die Worte des Amos – er war unter den Schafzüchtern von Tekoa –, die er geschaut hat über Israel, in den Tagen des Usija, des Königs von Juda, und in den Tagen Jerobeams, des Sohns von Joasch, des Königs von Israel, zwei Jahre vor dem Erdbeben.

Denn das Erdbebenmotiv findet sich prominent in der Verkündigung des Amosbuches: Amos 2: 13 Seht, ich lasse es unter euch wanken, wie der Wagen wankt, der voller Ähren ist. Amos 9: 1 … Schlage auf das Kapitell, dass die Schwellen beben, schneidet ihnen allen den Lebensfaden ab, am Kopf ! Und was von ihnen bleibt, bringe ich um mit dem Schwert. Keiner von ihnen wird entkommen, und keiner von ihnen wird sich retten!

Zum anderen wird der Untergang des Nordreichs 720 v. Chr. ebenfalls der Rezeption der Amosüberlieferung zum Durchbruch verholfen haben, die auch auf Juda hin ausgeweitet worden ist (Blum 1994). Das Amosbuch scheint in den in Amos 7–9 dargestellten Visionen selber diese Probleme zu reflektieren (Jeremias 1995; Gertz 2003; anders Becker 2001). Die Visionen in ihrem sich zuspitzenden Auf‌bau, die sich gewissermaßen in privater Kommunikation zwischen Jhwh und Amos abspielen und die mit keinerlei Verkündigungsauf‌trag versehen sind, dienen offenbar dem Aufweis, dass die Gerichtsbotschaft Amos von Gott aufgenötigt worden ist und nicht seinem eigenen Willen entspringt. Amos fungiert

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zunächst als Fürbitter, muss dann aber von der dritten Vision an die Unausweichlichkeit des Gerichts erkennen, das auf das „Ende meines [d. h. von Gottes] Volkes Israel“ (Am 8,2) zuläuf‌t. Man kann erwägen, ob die spezifische Terminologie von Israel als Gottes Volk bereits den Untergang des Staatswesens des Nordreiches voraussetzt und dessen nachstaatliche Existenz voraussetzt (Kratz 2003c). Der wohl etwas ältere Mittelteil des Buches (Am 3–6) bezeugt jedenfalls einen anderen Sprachgebrauch: Amos 3: 1 Hört dieses Wort, das JHWH über euch gesprochen hat, ihr Israeliten … Amos 5: 1 Hört dieses Wort, das ich über euch anstimme als Totenklage, Haus Israel:

Am 3,1 und 5,1 sind aber auch in anderer Hinsicht bezeichnend. Offenbar gliedern diese beiden Imperative den Komplex Amos 3–6 insgesamt: Am 3,1 spricht die „Israeliten“ mit Gottesworten an, die in der Vergangenheit an Israel ergangen sind, dem folgen nach Am 5,1 Prophetenworte, die sich nun aktuell an die politische Größe „Haus Israel“ (=Nordreich Israel) richten und sogleich als „Leichenklage“ deklariert sind. Damit bringt Am 3–6 zum Ausdruck: Am 5,2 beklagt den Untergang des Nordreichs als Staat, weil das Gottesvolk restlos am Gotteswillen versagt hat. An Am 5,1–2 lässt sich ferner ein nachgerade typisches Merkmal alttestamentlicher Prophetie erkennen: Die Gerichtsansage erfolgt mittels der Aufnahme von Sprache aus der traditionellen Leichenklage, die aber charakteristisch abgewandelt wird. Die Klage wird zum einen über ein Kollektiv, das Haus Israel, und nicht über ein Individuum angehoben, und zum anderen besteht dieses Kollektiv noch – jedenfalls in der Präsentation des Buches. Israel wird so besungen, als ob es bereits gestorben wäre. Am 5,1–2 verfremdet also traditionelle Sprachmuster und generiert so prophetische Sprache. Literaturgeschichtlich betrachtet sind die Anfänge der Hosea- und Amosüberlieferung insofern von besonderer Bedeutung, als sie die assyrische Bedrohung nicht etwa gemäß dem traditionellen Denkmuster der Jerusalemer Kulttradition als abzuwehrendes Chaos interpretieren, sondern vielmehr dieses Element dem kosmoswirkenden Schaffen des eigenen Gottes zuordnen: Der durch die assyrische Militärmacht herbeigeführte Untergang Israels ist eine Maßnahme Gottes, die auf kultische und soziale Missstände in Israel reagiert, die innenpolitisch in Prozessen der sozialgeschichtlichen Ausdifferenzierung wurzeln, die ihrerseits in einem zunehmenden Staatskapitalismus gründen. Das Hosea- und das Amosbuch verklammern also innenpolitische und außenpolitische Perspektiven im Sinne von Ursache und Wirkung. Die von ihnen propagierte theologische Legitimität des Untergangs Israels ist allerdings kein proassyrischer Positionsbezug. Das Assyrerreich bleibt ausweislich der von den beiden Büchern verwendeten bild-

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lichen Vorstellungen eine katastrophenbringende Machtgröße, doch es hat implizit eine zeitlich beschränkte Vollmacht als Gerichtswerkzeug Gottes. Das Amosbuch ist offenbar später auch einer zwar nicht sehr umfangreichen, aber doch markanten deuteronomistischen Überarbeitung unterzogen worden (z. B. Am 1,1.9–12; 2,4–5.10–12; 3,1.7; 5,25–26, vgl. Schmidt 1965). Das Buch bot sich deshalb für eine Überarbeitung in „deuteronomistischem“ Sinn an, weil Amos – wie Jeremia bei der Ka­ta­stro­ phe des Südreichs – der Prophet war, der in der Zeit des Untergangs des Nordreichs wirkte.

b) D ie älteste Jesajaüberlieferung und ihre josianische Rezeption Es gehört zu den ältesten Erkenntnissen der neuzeitlichen Bibelwissenschaft, dass die 66 Kapitel des Buches Jesaja nicht sämtlich von dem namengebenden Jesaja aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. selbst stammen, sondern dass Jesaja-Worte nur innerhalb von Jesaja 1–39 zu erwarten sind (vgl. unten S. 173–180). In Jesaja 1–39 werden literarisch alte Kerne vor allem im Bereich von Jes 1–11 und 28–32 gesucht (zum interpretativen Charakter von Jes 28–32 vgl. aber Kratz 2010b), was sich nach dem Ausschlussprinzip plausibilisieren lässt: Jes 12 ist ein eschatologisches Danklied; in Jes 13–23 finden sich Fremdvölkerworte, von denen allenfalls ein Anteil (in Jes 17) ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurückreichen könnte; in Jes 24–27 steht eine protoapokalyptische Vision eines Weltgerichts, die wohl sogar nachperserzeitlich zu datieren ist; in Jes 33–35 finden sich verschiedene Brückenelemente zur nachfolgenden Deuterojesajaüberlieferung; und Jes 36–39 bieten Erzählungen über Jesaja, die aus 2Kön 18–20 genommen sind. Wo die ältesten Texte des Buches näherhin zu finden sind, ist umstritten (vgl. Köckert, Becker, Barthel 2003). Von vorrangiger Bedeutung für eine Entscheidung ist die Auslegung der sogenannten „Denkschrift“ Jesajas (Jes *6–8) (vgl. Becker 1997 auf der einen, Stipp 2003 auf der anderen Seite; vgl. detaillierte Diskussionen bei Hartenstein 2011; Schmid 2011d). Vor allem in der gestuf‌ten Entstehung von Jes 8,1–4.5–8 kommt zum Vorschein, dass Jesaja zunächst Gericht nur gegen die syrisch-ephraimitische Koalition ausgesagt hatte (vgl. Jes 17,1–6), während die theologisierte Gerichtsankündigung gegen Juda (Jes 8,5–8) demgegenüber sekundär ist (vgl. Becker 1997). Jesaja 8: 1 Und JHWH sprach zu mir: Nimm dir eine große Tafel, und schreibe darauf mit menschlichem Griffel: Besitz von Eilebeute-Raschgeraubt. 2 Dann will ich mir Uria, den Priester, und Secharja, den Sohn des Jeberechja, als vertrauenswürdige Zeugen bestellen. 3 Und ich kam der Prophetin nahe, und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn. Da sprach JHWH zu mir: Gib ihm den Namen Eilebeute-Raschgeraubt. 4 Denn noch bevor der Knabe rufen kann: Mein Vater!, und: Meine Mutter!, wird man den Reichtum von Damaskus und die Beute aus Samaria vor den König von Assur tragen.

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5 Und JHWH fuhr fort und sprach weiter zu mir: 6 Weil dieses Volk die sanft fließenden Wasser des Siloah verworfen hat und Freude hat an Rezin und dem Sohn Remaljas, 7 darum, siehe, lässt der Herr die reißenden Wassermassen des Stroms – den König von Assur und seine ganze Herrlichkeit – über sie emporsteigen. Und er wird emporsteigen über alle seine Flussarme, und er wird über alle seine Ufer treten. 8 Dann wird er sich auf Juda zubewegen, er überschwemmt und überflutet, bis zum Hals wird er reichen, und seine ausgebreiteten Ränder werden die Weite deines Landes füllen, Immanu-El!

Falls die Gerichtsankündigung in Jes 8,5–8 in den Zusammenhang der Ereignisse von 701 v. Chr. gehört, so hätte sich Jesaja selbst noch zum Unheilspropheten für Juda gewandelt. Sollte sie erst als Reaktion auf den Untergang Judas und Jerusalems 587 v. Chr. entstanden sein, so wäre Jesaja erst in der Sicht der Tradenten gegen Juda aufgetreten. Dagegen spricht jedoch das metaphorische Gepräge der mit hoher Wahrscheinlichkeit noch königszeitlichen Beauf‌tragungsvision in Jesaja 6, das von vornherein gerichtstheologisch ausgerichtet ist (Hartenstein 1997) – auch wenn man den Verstockungsauf‌trag in Jes 6,9–10 für sekundär hält (so Becker 1997). Jesaja 6 kann nur schon aufgrund seiner Vorstellung des Residierens Gottes im Tempel – statt im Himmel – kein exilischer oder noch späterer Text sein (Schmid 2006c). Auch der konzentrisch aufgebaute und deshalb literarisch wohl einheitliche Abschnitt Jes 1,21–26, der wegen der exilischen Nachinterpretation in 1,27–28 selber wohl noch ein vorexilischer Text ist, setzt Jesaja als Gerichtspropheten voraus, der allerdings auch eine Perspektive über das Gericht hinaus entwickelt (Steck 2003). Jesaja 1:  A 21 Wie ist sie zur Hure geworden, die treue Stadt, die erfüllt war von Recht; Gerechtigkeit war da in der Nacht, und nun Mörder!  B 22 Dein Silber ist zu Schlacke geworden, dein Wein ist mit Wasser gepanscht. 23 Deine Anführer sind störrisch und Kumpane von Dieben. Jeder liebt Bestechung und jagt Geschenken nach. Der Waise verschaffen sie nicht Recht, und der Rechtsstreit der Witwe gelangt nicht vor sie.  C 24 Darum, Spruch des Herrn, JHWH Zebaoths, des Starken Israels: Wehe! Ich werde mich an meinen Gegnern rächen, und an meinen Feinden werde ich Rache nehmen!  B′ 25 Und ich will meine Hand gegen dich wenden, um deine Schlacke wie mit Lauge zu läutern, und all dein Blei will ich wegschaffen.  A′ 26 Und ich will deine Richter zurückbringen, wie es war, und deine Ratgeber, wie am Anfang. Danach wird man dich Stadt-der-Gerechtigkeit nennen, treue Stadt.

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Jesaja 1: 27 Zion wird losgekauf‌t werden durch Recht, und die zu ihr Zurückkehrenden mit Gerechtigkeit. 28 Die Abtrünnigen und die Sünder aber brechen zusammen! Und die JHWH verlassen, kommen um!

Vieles für sich hat deshalb die Sicht, dass die Gerichtsaussagen in Jesaja 1–11 traditionelles Gut der Jesajaüberlieferung enthalten (Blum 1996; 1997; Hardmeier 2013; Williamson 2004), auch wenn die konzentrische Anlage der Kapitel möglicherweise erst in die nachjesajanische, aber gleichwohl noch in die vorexilische Zeit gehört:

Jes 1,21–26 Gerechtigkeitsvision Jes 5,8–24   Weherufe gegen Juda Jes 5,25–30   Kehrversgedicht Jes 6–8   Denkschrift Jes 9,7–20 (10,4)   Kehrversgedicht Jes 10,1–4   Weherufe gegen Juda Jes 11,1–5 Gerechtigkeitsvision

Auf eine noch königszeitliche Datierung weisen zum einen der Umstand, dass der josiazeitliche Abschnitt Jes 8,23; 9,1–6 (Barth 1977; siehe unten S. 132–133) in dieser Struktur noch keine Rolle zu spielen scheint, also wohl noch nicht vorausgesetzt ist, und zum anderen das innenpolitisch ausgerichtete Profil der mit Achtergewicht ausgestatteten „messianischen Verheißung“ von Jes 11,1–5, die sich so deutlich von ihren erst exilischen Gegenstücken in Jeremia und Ezechiel unterscheidet. Das „Kehrversgedicht“ wird so genannt wegen des wiederkehrenden Refrains „Bei alledem hat sein Zorn sich nicht abgewandt, und seine Hand ist noch immer ausgestreckt“ (Jes 5,25; 9,11.16.20; 10,4). Für eine Ansetzung der Komposition Jesaja 1–11 in das 7. Jahrhundert v. Chr. spricht das Motiv des Verstockungsauf‌trags (Jes 6,9–10), das offenbar die Wirkung mit dem Inhalt der Botschaft Jesajas identifiziert („Hören sollt ihr, immerzu hören, begreifen aber sollt ihr nicht! Und sehen sollt ihr, immerzu sehen, verstehen aber sollt ihr nicht!“) und so einen gewissen Abstand zu Jesajas prophetischer Wirksamkeit voraussetzt, wenn nicht sogar zu dem für Jerusalem glimpf‌lichen Ausgang der assyrischen Blockade 701 v. Chr. (vgl. Keel 2007, 463); diese ließ ja Jesajas Gerichtsprophetie für ein gutes Jahrhundert lang als Falschprophetie erscheinen, bis sie sich doch noch in der Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. durch die Babylonier bewahrheitete. Wie sind diese Anfänge der Jesajaüberlieferung nun literaturgeschichtlich zu interpretieren? Hält man sich einmal an diesen Zusammenhang von Jesaja 1–11, so scheint eine Beobachtung von Blum (1992/1993; 1997: vgl. Keel 2007, 374–375) dazu von entscheidender Bedeutung zu sein: Die Jesajaüberlieferung setzt nicht

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neu als Prophetie ein, sondern schließt in zitierender Weise an die ältere Amos­ über­lie­fe­rung an (die ihrerseits auf Jerusalem hin ausgeweitet worden ist, siehe Blum 1994). Die entscheidende Aussage findet sich im sogenannten Kehrvers­ gedicht: Jesaja 9: 7 Ein Wort hat der Herr gegen Jakob gesandt, und es ist auf Israel gefallen, 8 damit das Volk zur Erkenntnis komme, das ganze Volk: Ephraim und wer in Samaria wohnt. In Hochmut und Überheblichkeit hat man geredet: 9 Ziegelmauern sind gefallen, mit Quadersteinen werden wir bauen; Maulbeerfeigenbäume wurden abgehauen, durch Zedern werden wir sie ersetzen.

Entgegen der Wiedergabe vieler Bibelübersetzungen ist dieser Vers deutlich perfektisch formuliert: Das göttliche Wort hat das Nordreich bereits getroffen – es handelt sich hier nicht um Zukunftsweissagung, sondern um Vergangenheitsdeutung. Dass es sich bei diesem Wort um die Amosprophetie handelt, wird zwar nicht explizit gesagt, ist aber aus dem Kontext deutlich zu erkennen. Zunächst einmal ist das Gericht über das Nordreich offenbar als Erdbeben gezeichnet („Ziegelmauern sind gefallen“), wie es auch im vorderen Teil des Kehrversgedicht nahelegt: Jesaja 5: 25 Darum ist der Zorn JHWHs entbrannt über sein Volk, und er hat seine Hand dagegen ausgestreckt und es geschlagen, und die Berge bebten, und wie Kot waren ihre Leichen in den Gassen. Bei alledem hat sein Zorn sich nicht abgewandt, und seine Hand ist noch immer ausgestreckt.

Das als Gericht interpretierte Erdbeben ist ein Grundelement der Amosprophetie (vgl. Am 1,1; 2,13; 9,1). Das Kehrversgedicht zeigt – nur schon in dieser Eigenschaft, vgl. die entsprechende Gestaltung von Am 4,6–12 – weitere Bezüge zum Amosbuch: namentlich hervorzuheben ist Jes 9,12 mit den Motiven des „NichtUmkehrens“ (vgl. Am 4,6.8.9.10.11), des „Schlagens“ (Am 4,9) sowie des „NichtSuchens“ (Am 5,4.5.6.14). Jesaja 9: 12 Das Volk aber hat sich nicht dem zugewandt, der es geschlagen hat, und nach JHWH Zebaoth haben sie nicht gefragt.

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Angesichts dieser Nähe erscheint das Urteil geboten, dass Jesaja 5; 9–10 auf das Amosbuch anspielt. Inhaltlich bedeutet dies, dass für das Jesajabuch das drohende Gericht gegen Juda nicht ein neuer Gerichtsschlag Gottes, sondern eine Verlängerung des ursprünglich gegen das Nordreich gerichteten Gerichts ist. Jesaja verkündet also nichts anderes, als was auch Amos geweissagt hatte, nur dass er Amos’ Botschaft nun nach Juda hin erstreckt. Wenn diese Beobachtungen zum Kehrversgedicht zutreffend sind, so liegt es darüber hinaus nur nahe, die Beauf‌tragungsvision Jesajas in Jesaja 6 mit den Visionen Amos’ in Amos 7–9 in Verbindung zu bringen: Wie Amos innerhalb des narrativen Ablaufs der Visionen allererst akzeptieren muss, dass das Gericht unausweichlich ist (Jeremias 1995), so muss auch Jesaja lernen, dass der Auf‌trag, den Gott für ihn bereithält, von der Art ist, dass jeder, der eine Sendung freiwillig auf sich nimmt, vom Inhalt des Auf‌trags auf das Schärfste zurückgestoßen wird. Noch in vorexilischer Zeit, vermutlich unter Josias Regentschaft, ist die Jesajaüberlieferung einer entscheidenden Neuinterpretation unterzogen worden, die vor allem durch Barth (1977; kritisch Becker 1997) herausgearbeitet worden ist, der sie als „Assur“-Redaktion bezeichnet hat. Diese Neuinterpretation verlängert das Gericht, das nach dem Amosbuch und Jes 9,7 bereits das Nordreich, danach gemäß der Jesajaüberlieferung auch Juda getroffen hat, auf das göttliche Werkzeug Assur selbst hin: Jesaja 14: 24 JHWH Zebaoth hat geschworen: Fürwahr, wie ich es geplant habe, so ist es gekommen, und was ich beschlossen habe, das geschieht: 25 Zerschmettern will ich Assur in meinem Land, und auf meinen Bergen werde ich es zertreten, dann wird sein Joch von ihnen weichen und seine Last weichen von ihrer Schulter. 26 Dies ist der Beschluss, der beschlossen ist über die ganze Erde, und dies ist die Hand, die ausgestreckt ist über alle Nationen. 27 JHWH Zebaoth hat es beschlossen, wer könnte es vereiteln? Und seine Hand ist ausgestreckt, wer könnte sie zurückstoßen?

Dass das Gericht an Assur die Verlängerung des Gerichts an Israel und Juda ist, zeigt sich an der Zitierung des Kehrverses aus Jes 5,25; 9,11.16.20; 10,4 in 14,26–27 („Seine Hand ist ausgestreckt“). Gleichzeitig bricht mit dem Untergang Assurs die Heilszeit für Juda an, wie sie in der Prosperität der Josiazeit erfahrbar war. Jesaja 8–9: 23 … In früheren Zeiten hat er das Land Sebulon und das Land Naf‌tali unbedeutend gemacht, zuletzt aber hat er dem Weg zum Meer Ehre verliehen, von jenseits des Jordan bis zum Galiläa der Nationen.

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1 Das Volk, das in der Finsternis geht, hat ein großes Licht gesehen, die im Land tiefsten Dunkels leben, über ihnen ist ein Licht aufgestrahlt. 2 Du hast die Nation zahlreich werden lassen, hast die Freude für sie groß gemacht. Sie haben sich vor dir gefreut, wie man sich freut in der Erntezeit, wie man jubelt, wenn man Beute verteilt. 3 Denn das Joch, das auf ihnen lastet, und den Stab auf ihrer Schulter, den Stock dessen, der sie treibt, hast du zerschmettert wie am Tag Midians. 4 Denn jeder Stiefel, der dröhnend aufstampf‌t, und der Mantel, der im Blut geschleif‌t ist, der wird brennen, wird ein Fraß des Feuers sein. 5 Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und auf seine Schulter ist die Herrschaft gekommen. Und er hat ihm seinen Namen gegeben: Wunderbarer Ratgeber, Heldengott, Vater für alle Zeit, Friedensfürst. 6 Die Herrschaft wird größer und größer, und der Friede ist grenzenlos auf dem Thron Davids und in seinem Königreich; er gründet es fest und stützt es durch Recht und durch Gerechtigkeit, von nun an für immer. …

Der dankende Rückblick auf die Geburt eines königlichen Kindes in Jes 9,1–6 – entgegen der späteren kirchlichen Rezeption ist dieser Abschnitt ausweislich seiner perfektischen Formulierung keine messianische Verheißung – bezieht sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf Josia, der als Achtjähriger auf den judäischen Thron gelangte (2Kön 22,1–2). Jes 9,5 ist dabei als Erfüllung der Aussage Jes 7,14 formuliert, die gegen den Originalsinn messianisch verstanden wird: Jesaja 9: 5 Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, … Jesaja 7: 14 … Seht, die junge Frau ist schwanger, und sie gebiert einen Sohn. Und sie wird ihm den Namen Immanu-El [Gott-mit-uns] geben.

Der Niedergang der assyrischen Macht wurde so als Heilsperspektive für Juda und Gericht gegen Assur ausgedeutet. Das Jesajabuch ist ein auf‌fällig „undeuteronomistisches“ Prophetenbuch (vgl. zum Problem Perlitt 1989/1994). Vermutlich ist es vor allem seine starke, traditionelle, zionstheologische Ausrichtung gewesen, die es gegen deuteronomistische Interpretationen – wie sie etwa das Amos- oder Jeremiabuch kennen – nachgerade imprägniert hat.

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4. Rechtsüberlieferungen Der Pentateuch enthält drei größere Rechtskorpora (Bundesbuch [Ex 20–23], Heiligkeitsgesetz [Lev 17–26], Deuteronomium). Von ihnen gilt mit Recht das Bundesbuch als das älteste. Die Verhältnisbestimmung der drei Korpora, die allerdings alle literarische Erweiterungen in sich aufweisen, lässt sich aufgrund der Auslegungsverhältnisse innerhalb der Bibel recht deutlich bestimmen: Das Deuteronomium lässt sich auf weite Strecken hin als Reinterpretation des Bundesbuches begreifen (Morrow 1995; Levinson 1997; Otto 1999a.c), während das Heiligkeitsgesetz seinerseits deuteronomische Materialien mit der Priesterschrift ausgleicht (vgl. Otto 2000a). a) Das Bundesbuch In Ex 20,22–23,33 findet sich ein Korpus mit Rechtssätzen, das wegen Ex 24,7 („Dann nahm er [sc. Mose] das Bundesbuch und las es dem Volk vor“) als „Bundesbuch“ bezeichnet wird. Es besteht weitestgehend Konsens darüber, dass dieses Korpus eine literarisch gewachsene Größe darstellt. Die forschungsgeschichtliche Einschätzung des Bundesbuches hat sich in ihrer theologiegeschichtlichen Grundtendenz seit den 1990er Jahren allerdings erheblich verschoben. Bestimmte Halbe (1975, 319–505) den Kern des Bundesbuches noch als religiöse Privilegrechtsurkunde, die als Antwort auf Ex 34,11–26 entstanden war, so treffen sich die neueren Arbeiten von Otto (1988; 1998b), Schwienhorst-Schönberger (1990), Osumi (1991), Rothenbusch (2000), Kratz (2000a, 145–150) und Albertz (2003) darin, dass sie umgekehrt die aus der altorientalischen Rechtstradition stammenden (Otto 1991), „profanrechtlichen“ Bestimmungen („Mischpatim“) für ursprünglicher, deren „Theologisierung“ (zur Begriffsgeschichte vgl. Albertz 2003b, 187 Anm. 1) hingegen für sekundär ansehen. Die Grundlage dieser Entscheidung findet sich – neben einer Neubeurteilung der literarischen Entwicklung von Exodus 20–23 – auch in den veränderten religionsgeschichtlichen Perspektiven auf das Alte Testament, die die klassische rechtsgeschichtliche Zugangsweise im Anschluss an Alt (1934) unmöglich gemacht hat. Man unterschied mit Alt gerne apodiktische und kasuistische Rechtssätze voneinander: im apodiktischen Recht, das kategorische Verbote ohne differenzierte Straf‌bestimmungen formuliert („Du sollst nicht …“), sah man das genuin nomadische Erbe Israels, während die kasuistischen Bestimmungen, die bestimmten Vergehen bestimmte Strafen zuordnen („wenn …, dann …“), von Kanaan übernommen worden seien. Heute ist deutlich geworden, dass weder die Auf‌teilung von Apodiktik und Kasuistik auf Israel und Kanaan noch die These von der exklusiv nomadischen Abkunft Israels haltbar sind.

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Mit der Theologisierung des Rechts geht nun zugleich eine völlig veränderte Auf‌fassung des Rechts an sich einher: Man muss sich dazu klarmachen, dass die traditionellen altorientalischen Rechtssammlungen – entgegen ihren herkömmlichen Bezeichnungen – keine „Kodexe“ sind, sondern Rechtsbücher (vgl. dazu Assmann 2000, 178–189; vgl. Lohfink 1995, 366; Houtman 1997, 18; Rothenbusch 2000, 408–473). Das heißt: Es handelt sich nicht um präskriptive, sondern eher um deskriptive Texte, die „eine Hilfe, aber keine Vorschrift bei der Rechtsfindung“ (Assmann 2000, 179) darstellen. Legislative Instanz im Alten Orient ist nicht die verschriftlichte Rechtsbestimmung, sondern der König (Rothenbusch 2000, 410 mit Anm. 61). Dass es im vorhellenistischen Ägypten – bis auf einen Erlass des Königs Haremhab in der 18. Dynastie – keine schriftlich fixierten Gesetze gab (Otto 2004, 105), ist deshalb keine Ausnahme, sondern nur die konsequente Illustration dieses Befunds, der sich in der griechischen und römischen Vorstellung des Königs als nomos empsychos oder lex animata einen sinnenfälligen Ausdruck verschaff‌te (Assmann 2006, 321). Entsprechend hat man sich die älteren „profanrechtlichen“ Bestimmungen des Bundesbuches als Musterfälle vorzustellen, die der Rechtsgelehrsamkeit dienen, aber von sich aus nicht bindend waren. Ein Beispiel für diese Art von Rechtssätzen, in der 3. Person formuliert, findet sich etwa in Ex 22,4–5: Exodus 22: 4 Wenn jemand ein Feld oder einen Weinberg abweiden und sein Vieh frei laufen lässt, so dass es das Feld eines anderen abweidet, muss er den besten Ertrag seines Feldes und den besten Ertrag seines Weinbergs als Ersatz geben. 5 Wenn Feuer ausbricht und Dorngestrüpp erfasst und dabei ein Garbenhaufen oder das Getreide, das noch steht, oder das Feld verzehrt wird, dann muss der, der den Brand verursacht hat, vollen Ersatz leisten.

Dass es sich bei dieser Art von Bestimmungen nicht um „profanes“ Recht handelt, wird aus Ex 22,6–8 deutlich: Exodus 22: 6 Wenn jemand einem anderen Geld oder Gegenstände in Verwahrung gibt und es aus dem Haus dieses Mannes gestohlen wird, muss der Dieb, wenn er gefunden wird, doppelten Ersatz leisten. 7 Wird der Dieb nicht gefunden, soll der Besitzer des Hauses vor Gott treten, um zu bezeugen, dass er sich nicht selbst am Eigentum des anderen vergriffen hat. 8 Bei jedem Fall von Veruntreuung, es handle sich um ein Rind, einen Esel, ein Schaf, einen Mantel oder sonst etwas, das abhanden gekommen ist – wenn einer sagt: Das ist es!, soll die Sache der beiden vor Gott kommen. Der, den Gott schuldig spricht, soll dem andern doppelten Ersatz leisten.

In nicht entscheidbaren Fällen kann ein Ordal zur Urteilsfindung vorgesehen werden. Doch es ist erkennbar, dass Gott in diesen Texten nicht Legislator, sondern allenfalls Richter ist.

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Das ändert sich in dem Moment, in dem das Bundesbuch – vor allem durch seine Einleitung in Ex 20,22–21,1 sowie durch die in 2. Person gehaltenen Begründungen und Ermahnungen – zum „Gottesrecht“ wird und damit zugleich den Standard für die gesamte weitere inneralttestamentliche Rechtsgeschichte setzt, die in der Folge nur noch als Auslegungsgeschichte des ältesten Gottesrechts stattfinden kann. Das Gesetz wird von seiner traditionellen königlichen Autorität gelöst und sozusagen in die Schriftlichkeit „exkarniert“ (178; vgl. Otto 1999d). Deshalb verfügen ca. fünfzig Prozent aller alttestamentlichen Rechtssätze über eine angefügte Erläuterung, die den Ursprung des Rechtssatzes erklären, eine Verheißung aussprechen (für den Fall, dass dieser Rechtssatz eingehalten wird), eine Begründung für ihn liefern, eine Bedrohung aussprechen oder seinen Sinn erläutern. Das wird mit dem Umstand zu erklären sein, dass diese Rechtssätze nicht (mehr) über eine Instanz verfügen, die für ihre Durchsetzung sorgen. Vielmehr stehen sie offenbar auf sich selbst (Frymer-Kenski 2003, 979). Deutlich ist dies etwa aus Ex 22,20–23 erkennbar: Exodus 22: 20 Einen Fremden sollst du nicht bedrängen und nicht quälen, seid ihr doch selbst Fremde gewesen im Land Ägypten. 21 Eine Witwe oder eine Waise sollt ihr nicht erniedrigen. 22 Wenn du sie erniedrigst und sie zu mir schreien, werde ich ihr Schreien hören, 23 und mein Zorn wird entbrennen, und ich werde euch töten mit dem Schwert, so dass eure Frauen Witwen und eure Söhne Waisen werden.

Was die Inhalte dieses nunmehr zum Gottesrecht gewordenen Bundesbuches betriff‌t, so fällt auf, dass nicht mehr die Beispielhaftigkeit komplizierter Rechtsfälle überlieferungsbildend wirkt, sondern vielmehr die theologisch zentralen Inhalte von Recht, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit (Assmann u. a. 1998), die in der prophetischen Verkündigung bei Hosea, Amos, Micha und Jesaja im Vordergrund standen (zu den sozialgeschichtlichen Hintergründen vgl. Kessler 1992; 2006): „Das Zerbrechen aller Selbstverständlichkeiten, das die Propheten des späten 8. und frühen 7. Jh. v. Chr. beklagten und im Nachhinein als Gottesgericht über ein gottlos gewordenes Volk erklärten, fängt das Bundesbuch so auf, daß es aus der Klage und Anklage der Propheten positives Gottesrecht ableitet“ (Kratz 2000a, 147–148; vgl. Albertz 2003b, 193). In der Tat finden sich auf‌f ällige Beziehungen zwischen der prophetischen Überlieferung und dem Bundesbuch (vgl. Dearman 1988, 58–59), die sich entsprechend ausdeuten lassen. Man vergleiche etwa Am 2,6–8 mit dem (in 2. Person gehaltenen) Gottesrechtssatz in Ex 22,24–26 (vgl. zum Problem des Verhältnisses von Amos und Bundesbuch Dion 1975; Levinson 2004, 297 Anm. 41): Amos 2: 6 So spricht JHWH: Wegen der drei Vergehen Israels

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und wegen der vier nehme ich es nicht zurück, denn den Gerechten verkaufen sie für Geld und den Armen für ein Paar Schuhe. 7 Im Staub der Erde treten sie nach dem Kopf der Hilf‌losen, und die Elenden drängen sie ab. … 8 Und auf gepfändeten Kleidern räkeln sie sich neben jedem Altar, und sie trinken den Wein derer, die eine Buße zahlen müssen, im Haus ihres Gottes. Exodus 22: 24 Leihst du Geld dem Armen aus meinem Volk, der bei dir ist, so sei nicht wie ein Wucherer zu ihm. Ihr sollt ihm keinen Zins auferlegen. 25 Nimmst du den Mantel deines Nächsten zum Pfand, sollst du ihm diesen vor Sonnenuntergang zurückgeben. 26 Denn er ist seine einzige Decke, die Hülle für seine nackte Haut. Worin sonst soll er sich schlafen legen? Wenn er zu mir schreit, werde ich es hören; denn ich bin gnädig.

Neben der Rezeption prophetischer Überlieferung – handle es sich nun um eine sachliche oder, weniger wahrscheinlich, um eine literarische Aufnahme (vgl. Levinson 2004, 297 Anm. 41) – wird noch ein zweites Element erkennbar aus den Gottesrechtsinterpretationen in der 2. Person im Bundesbuch: Sie tragen ein prominentes Exodusgepräge. Schon der redaktionelle Einsatz des Bundesbuches mit dem Bilderverbot und dem Motiv der Sklavenfreilassung weckt starke Assoziationen an die Exodusüberlieferung: Exodus 20 (vgl. 23,13b): 23 Ihr sollt mir nichts an die Seite stellen; silberne und goldene Götter sollt ihr euch nicht machen. Exodus 21: 2 Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst, soll er sechs Jahre dienen, im siebten aber soll er ohne Entgelt freigelassen werden.

Vergleichbares lässt sich für die historisierenden Passagen innerhalb von Exodus 21–23 und für den Epilog des Bundesbuches feststellen: Exodus 23: 31 … Denn die Bewohner des Landes werde ich in eure Hand geben, und du wirst sie vor dir vertreiben. 32 Du sollst mit ihnen und ihren Göttern keinen Bund schließen. 33 Sie sollen nicht in deinem Land wohnen bleiben, damit sie dich nicht zur Sünde gegen mich verführen. Denn wenn du ihren Göttern dienst, wird dir das zum Fallstrick werden.

Diese Exodusmotivik deutet darauf hin, dass erst im Rahmen der Interpretation des Bundesbuches als Gottesrecht dieses auch in seinen vorliegenden narrativen Kontext eingebaut worden ist, wobei wenig wahrscheinlich ist, dass die Gottesrechtspassagen in 2. Person allesamt literarisch einer Ebene zuzuweisen sind.

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b) Das Deuteronomium Der Name „Deuteronomium“ für das letzte Buch des Pentateuch beruht zwar auf einem produktiven Missverständnis der griechischen Übersetzer von Dtn 17,18 („zweites Gesetz“ statt „Abschrift des Gesetzes“), ist aber doch in entstehungsgeschichtlichem sowie narrativ-kontextuellem Sinn zutreffend: Das Deuteronomium ist auf weite Strecken hin als Neuausgabe des Bundesbuches unter der Maßgabe der Forderung nach Kultzentralisation entstanden (Morrow 1995; Levinson 1997; Otto 1999a.c; Kratz 2000a, anders Van Seters 1996; 2003 [zu ihm Levinson 2004]), und im Leseablauf des Pentateuch ist das Deuteronomium nichts anderes als die Kundgabe der Sinaigesetzgebung durch Mose im Ostjordanland (vgl. Schmid 2004b). Schon der literarische Kern des Zentralisationsgesetzes in Dtn 12,13–14 ist literarisch vom Altargesetz des Bundesbuches in 20,24 abhängig und zitiert dieses nachgerade (Levinson 1997): Deuteronomium 12: 13 Achte darauf, dass du deine Brandopfer nicht an irgendeiner Stätte darbringst, die du siehst, 14 sondern an der Stätte, die JHWH in einem deiner Stämme erwählt. Dort sollst du deine Brandopfer darbringen … Exodus 20: 24 Einen Altar aus Erde sollst du mir errichten und darauf deine Brandopfer und Heilsopfer, deine Schafe und Rinder, schlachten. An jeder Stätte, an der ich meinen Namen kundmachen werde, will ich zu dir kommen und dich segnen.

Aber auch die Einzelgesetze werden im Sinne der Kultzentralisation reformuliert: Deuteronomium 15: 12 Wenn dein Bruder, ein Hebräer oder eine Hebräerin, sich dir verkauf‌t , so soll er dir sechs Jahre dienen, im siebten Jahr aber sollst du ihn freilassen. 13 Und wenn du ihn freilässt, sollst du ihn nicht mit leeren Händen ziehen lassen. … 16 Sagt er aber zu dir: Ich will nicht weggehen von dir!, weil er dich und dein Haus liebt, weil es ihm gut geht bei dir, 17 dann nimm den Pfriem und stoße ihn durch sein Ohr in die Tür, so wird er für immer dein Sklave sein. Mit deiner Sklavin sollst du es ebenso halten. 18 Es soll dir nicht schwerfallen, wenn du ihn freilassen musst, denn in den sechs Jahren, die er dein Sklave war, hat er dich nur halb so viel gekostet wie ein Tagelöhner, und JHWH, dein Gott, wird dich segnen bei allem, was du tust. Exodus 21: 2 Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst, soll er sechs Jahre dienen, im siebten aber soll er ohne Entgelt freigelassen werden. … 5 Sagt aber der Sklave: Ich liebe meinen Herrn, meine Frau und meine Kinder, ich will nicht freigelassen werden, 6 so führe ihn sein Herr vor Gott und führe ihn an die Tür oder an den Türpfosten, und dort durchbohre ihm sein Herr das Ohr mit einem Pfriem, und er soll ihm für immer als Sklave dienen.

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Die Reformulierung des Sklavengesetzes aus Ex 21,2–7 in Dtn 15,12–18 zeigt in exemplarischer Weise eine Reihe von Neuinterpretationen: Die Sklaverei als solche wird in Exodus 21 als selbstverständlich angesehen („wenn du einen Sklaven kaufst“), in Deuteronomium 15 zwar akzeptiert, aber doch kritisch gesehen („sich dir verkauf‌t“, d. h. „sich dir verkaufen muss“; „Bruder“). Bei der Freilassung des Sklaven wird er in Deuteronomium 15 so ausgestattet, dass er eine eigene Existenz auf‌bauen kann und nicht sogleich wieder in Sklaverei gerät. Will der Sklave aber für immer im Hause seines Herrn dienen, so wird dies durch einen Ritus besiegelt, der in Exodus 21 offenbar sakraler Natur ist („vor Gott“), während er in Deuteronomium 15 in profanierter Gestalt erscheint. Besonders auf‌f ällig ist schließlich der Schlusspassus in Deuteronomium 15, der einerseits eine motivierende Begründung für die Sklavenfreilassung formuliert und andererseits den göttlichen Segen für die Einhaltung dieses Gebots in Aussicht stellt: Offenbar versucht das Recht im Deuteronomium, sich durch Einsicht durchzusetzen, nicht durch eine exekutive Gewalt. Für die Ansetzung jedenfalls eines Grundbestandes des Deuteronomiums in die Josiazeit beruf‌t man sich auf die seit in W. M. L. de Wettes Dissertatio critica (1805) gesehene Verbindung zwischen der Darstellung der Reform Josias in 2. Könige 22–23 und den Hauptanliegen des Deuteronomiums: Josias Reform setzt mit ihren Maximen der „Kultuseinheit“ und „Kultusreinheit“ die elementaren Forderungen des Deuteronomiums um, das man in der Folge als die zugrundeliegende Reformurkunde bestimmte. Allerdings ist die Historizität der josianischen Reform umstritten (vgl. oben S. 99–100). Weiter ist der Zusammenhang von Deuteronomium und Reform durch die strittige Literarkritik im Deuteronomium sowie in 2. Könige 22–23 historisch kaum mit hinreichender Sicherheit zu begründen. Es droht eine Zirkularität der Argumentation, wenn der literarkritisch allererst zu erweisende Zusammenhang bereits vorausgesetzt wird (Otto 1997b; 1999a). Gleichwohl dürf‌te die historische Einordnung des Grundbestandes des Deuteronomiums in die spätassyrische Zeit zutreffend sein. Diesbezüglich ist die Diskussion allerdings wieder flüssiger geworden (vgl. den „Kampf um das Deuteronomium“ in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts [Hölscher 1922; Baumgartner 1929], auch Kaiser 1992, 90–99; Clements 1996; Sacchi 1999, 114; Kratz 2000a, 118– 138; 2010a; Aurelius 2003a; Noll 2007, 331–332; Pakkala 2009 denken an eine exilische oder nachexilische Ansetzung des Dtn, dagegen MacDonald 2010). Das entscheidende Argument findet sich in der Beobachtung, dass das Deuteronomium ganz im Stil eines assyrischen Treueeides (ade) gestaltet ist, der nun aber nicht unbedingte Loyalität gegenüber dem assyrischen Großkönig, sondern gegenüber Jhwh verlangt. Man muss nicht zu der überzogenen These greifen, das Ur-Deuteronomium (im Umfang von Dtn *13 und *28) sei nachgerade eine Übersetzung aus VTE § 10 und 56 (Wiseman 1958) sowie weiteren Elementen (Otto 1999a,

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57–90): ihr entgegen stehen die Binnenliterarkritik des Deuteronomiums (die es nicht wahrscheinlich macht, dass Dtn *13 ein literarischer Kern darstellt) sowie die keineswegs wörtliche Übertragung von VTE in den besagten Passagen (vgl. Rüterswörden 2002; Pakkala 2006a; vgl. auch Morrow 2005; Steymans 2006, 332 Anm. 5). Der neuassyrische Hintergrund des Deuteronomiums ist in traditionsgeschichtlicher Hinsicht hinreichend deutlich zu fassen: Das Deuteronomium ist eine subversive Rezeption neuassyrischer Vasallenvertragstheologie (Otto 1997b; 1999a; vgl. Keel 2007, 578; vgl. aber Levin 2013). Auch das eigentümlich anmutende Programm der Kultzentralisation hat in der Bindung des Gottes Assur an die Hauptstadt Assur eine Parallele im neuassyrischen Bereich und dürf‌te von dorther zumindest motiviert gewesen sein (Maul 1997, 122; Otto 1999a, 350–351; vgl. Keel 2007, 555–556). Bleibt man bei der Ansetzung eines Ur-Deuteronomiums in der Josiazeit, so ist nun nach dessen literaturgeschichtlichen Vernetzungen zu fragen. Die interkulturelle Rezeption neuassyrischer Vertragstheologie wurde bereits genannt – von hierher scheint das Deuteronomium am stärksten beeinflusst zu sein. So ist namentlich das deuteronomische Theologumenon der „Liebe Gottes“ nicht aus Hosea gespeist, wie man gerne im Anschluss an Alt annahm, sondern eine altorientalische Diktion, die im internationalen Vertragsrecht die politische Loyalität meint (Moran 1963; Olyan 1996; vgl. Rüterswörden 2006): „Wenn ihr Assurbanipal, den Kronprinzen des Nachfolgehauses, den Sohn Asarhaddons, Königs von Assyrien, eures Herrn, nicht liebt wie euch selbst …“ (VTE 24, 266–268), dann werden die in den nachfolgenden Fluchsektionen genannten Sanktionen eintreffen. Doch das Deuteronomium weist auch starke Beziehungen zu israelitischem Traditionsgut auf. Bereits genannt wurde der Befund, dass das Deuteronomium eine „zentralisierte“ Novellierung des Bundesbuches darstellt. Bei seiner Reformulierung des Bundesbuches bemüht sich das Deuteronomium, Lösungen für das Alltagsleben mit einem zentralisierten Kult zu finden. So wird etwa die profane Schlachtung in den einzelnen Ortschaften freigegeben (Dtn 12,15), die Verpflichtung von Sklaven am Haus- oder Ortsheiligtum (Ex 21,6) wird ebenfalls profaniert (Dtn 15,17), schließlich dient die Einrichtung von Asylstädten (Dtn 19,1–13) als Ersatz für die vormalige Asylfunktion der Ortsheiligtümer (Ex 21,12–14). Deutlich erkennbar wird im Deuteronomium auch die Herausbildung eines geschwisterlichen Solidarethos (vgl. Ex 21,2.7 mit Dtn 15,12; siehe Köckert 2004), das theologisch aus dem durch die deuteronomische Bundestheologie etablierten Gegenüber von Gott und Volk und historisch aus dem Zustrom von Nordreichsflüchtlingen im 7. Jahrhundert v. Chr. nach Juda zu erklären ist. Möglicherweise hat man damit zu rechnen, dass erst nach dem Untergang des Nordreichs die Vorstellung eines Einheits- und Volksbewusstseins zwischen Nordisrael und Juda aus-

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geprägt worden ist (Kratz 2000b; 2006; Naʾaman 2009; 2010; Fleming 2012; vgl. Schütte 2016, der mit einer Israelgruppe in Juda nach 722 v. Chr. rechnet). Texte aus der Zeit der noch bestehenden zwei Reiche trennen jedenfalls deutlich zwischen dem „Haus Israel“ und dem „Haus Juda“, während die theologisierte Rede von „Gottes Volk“ offenbar im Verlust der staatlichen Eigenständigkeit jedenfalls des Nordreichs gründet. Sollten Überlegungen dieser Art zutreffen, dann eröffnen sich von hierher Möglichkeiten einer spezifischen religionspolitischen Interpretation des „Höre Israel!“ (Dtn 6,4). Hier wird gefordert: Deuteronomium 6: 4 Höre, Israel: JHWH, unser Gott, ist der einzige JHWH.

Die nächstliegende Übersetzung und Interpretation des ursprünglichen Sinns dieser Forderung ist die, dass hier die Einheit Jhwhs – im Sinne der Beschränkung der legitimen Manifestationen Jhwhs auf den Jhwh von Jerusalem – begründet wird, wie dies dann die Kultzentralisationsforderung in Deuteronomium 12 entsprechend für die rituelle Praxis fordert (Höffken 1984; Jeremias/ Hartenstein 1999, 113 Anm. 135; Kratz 2000a, 130–133; Pakkala 1999, 73–84; Keel 2007, 583–584, vgl. bereits Bade 1910). Das mancherorts vertretene Verständnis von Dtn 6,4 im Sinne des 1. Gebots (Veijola 1992a; 1992b; van Oorschot 2002, 125; Aurelius 2003a) ist demgegenüber als erste Rezeptionsgestalt des „Höre Israel!“ anzusprechen – ungefähr zeitgleich mit dem 1. Gebot –, nicht aber als dessen Ursprungssinn. Weiter ist das Deuteronomium deutlich von weisheitlicher Überlieferung geprägt (Weinfeld 1972, 244–319; Brekelmans 1979; Braulik 1996/1997; 2003). Neben Einzelberührungen ist hier vor allem die deuteronomische Übertragung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs in die Sphäre des Gottesrechts zu nennen: Wenn Israel die ihm aufgetragenen Gebote hält, wird ihm Segen zuteil werden, andernfalls wird es vom Fluch befallen. Die Beeinflussung des jetzt vorliegenden Deuteronomiums durch die Prophetie (Zobel 1992) scheint erst ein Produkt seiner späteren Literaturgeschichte zu sein (Otto 1998a). Die Bedeutung des Deuteronomiums ist in literaturgeschichtlicher Hinsicht kaum zu überschätzen. Seine binnen- und interkulturelle Hermeneutik (Levinson 1997), die sowohl das Bundesbuch wie auch die assyrische Vertragstheologie in subtiler Weise aufgreif‌t und neu interpretiert, hat ihm ein eigenes Gepräge verliehen, das gleicherweise durch Tradition und Innovation gekennzeichnet ist. Dieses exegetisch vermittelte Ineinander von Tradition und Innovation lässt sich – in formaler Hinsicht – als grundlegendes und treibendes Moment der alttestamentlichen Literaturgeschichte auch in anderen Textbereichen immer wieder

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erkennen. In inhaltlicher Hinsicht hat das Deuteronomiums sowohl prägend wie auch provozierend gewirkt: Die deuteronomisch-deuteronomistische Tradition wird die alttestamentliche Literaturgeschichte bis zu ihrem Ende und auch darüber hinaus begleiten, und dieser Traditionsstrang hat immer wieder Gegenkonzepte hervorgerufen – das prominenteste unter ihnen hat die Priesterschrift formuliert (Knauf 2000a).

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D. Die Literatur der babylonischen Zeit (6. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe Vielleicht schon vor dem Untergang Ninives 612 v. Chr. und des assyrischen Reststaates in Harran 610 v. Chr., endgültig aber nach dem Tod Josias in oder bei Megiddo 609 v. Chr. (die zugehörige Schlacht konstruiert erst 2Chr 35,20–24; vgl. Naʾaman 1991) geriet Juda unter ägyptische Oberhoheit (zur traditionellen Annahme eines „Machtvakuums“ vgl. Keel 2007, 512–517): Die Assyrer überließen den ehemaligen Vasallen und neuen Verbündeten die Vorherrschaft über Palästina. Der ägyptische Pharao Necho II. setzte den unmittelbar nach dem Tod von Josia vom judäischen Landadel eingesetzten Josiasohn Joahas ab und erhob dessen älteren Bruder Eljakim/Jojakim (608–598 v. Chr.) auf den Thron. Allerdings währte diese ägyptisch dominierte Episode nicht lange, denn mit dem Sieg Nebukadnezars II., damals noch babylonischer Kronprinz, gegen die Ägypter in der Schlacht von Karkemisch (605 v. Chr.) begann die – biblisch gesprochen – „siebzigjährige“ (Jer 25,12; 29,10) Hegemonie Babylons in der antiken Welt des Vorderen Orients (bis 539 v. Chr., vgl. Schmid 2009; anders Stipp 2019, 366–367; Stipp 2020). Sie umfasst zwar einen vergleichsweise bescheidenen Zeitrahmen, politisch und theologisch aber war sie gerade für Jerusalem und Juda von entscheidender Bedeutung – jedenfalls für die literaturproduzierenden und -rezipierenden Elitekreise –, da Königtum, Staat und Tempel untergingen, während Religion und Kultur überlebten. Nach 605 v. Chr. wurde Juda unter Jojakim für drei Jahre zum babylonischen Vasallenstaat (zur Geschichte Babylons vgl. Beaulieu 2018, 219–245). Im Zuge von Nebukadnezars Vorstoß nach Ägypten im Jahr 601 v. Chr., der für ihn desaströs ausging, schien für Jojakim die Zeit gekommen zu sein, die Vasallenschaft aufzukündigen. Die babylonische Strafaktion erfolgte erst nach einiger Zeit (597 v. Chr.) und traf den Nachfolger Jojakims, dessen Sohn Jojachin (vgl. Noth 1971). Das babylonische Heer eroberte Jerusalem, deportierte die Oberschicht und die Handwerker (die Kriegsgeräte herstellen konnten) – nach 2Kön 24,14 die sprichwörtlichen „oberen Zehntausend“ – und setzte einen Marionettenkönig ein, einen

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weiteren Sohn Josias: Mattanja/Zedekia. Die Zahl „zehntausend“ dürf‌te allerdings übertrieben sein. Jer 52,28 spricht von 3023 Judäern, die 597 v. Chr. deportiert wurden (vgl. Stipp 2019, 828–829). Möglicherweise hängt Zedekias Sezession von Babylon, deren politische Motivation nicht deutlich zu erheben ist, mit dem Machtwechsel in Ägypten von Psammetich II. zu Apries zusammen (Keel 2007, 613). Jedenfalls erschien wiederum das babylonische Heer in Juda, nun offenbar unter Führung des Großkönigs selbst, und eroberte Jerusalem 587 v. Chr. Das politische Motiv der Babylonier dürf‌te wahrscheinlich darin zu suchen sein, dass sie Juda als Einfallstor ägyptischen Einflusses in der Levante ausschalten wollten (Keel 2007, 775). Stadt und Tempel wurden zerstört, der König wurde deportiert, seine Söhne getötet (vgl. aber Pakkala 2006b). Wiederum fand eine Deportation statt, von der die Königsbücher den Eindruck erwecken, dass sie weitaus den größten Teil der Bevölkerung umfasst habe. 2. Könige 25: 8 Und im fünf‌ten Monat, am Siebten des Monats – das war das neunzehnte Jahr von König Nebukadnezar, dem König von Babel – kam Nebusaradan, der Befehlshaber der Leibgarde, der Diener des Königs von Babel, nach Jerusalem. 9 Und er verbrannte das Haus JHWHs und das Haus des Königs; alle Häuser Jerusalems … 11 Und den Rest des Volks, jene, die übrig geblieben waren in der Stadt, und die Überläufer, die übergelaufen waren zum König von Babel, und den Rest der Menge führte Nebusaradan, der Befehlshaber der Leibgarde, in die Verbannung. 12 Von den Ärmsten des Landes aber ließ der Befehlshaber der Leibgarde einige zurück als Weingärtner und Ackerbauern.

Noch weiter geht die Darstellung der Chronik, die von einer völligen Entleerung des Landes spricht. 2. Chronik 36: 17 Da ließ er [sc. Jhwh] den König der Kasdäer gegen sie hinaufziehen, und der tötete ihre jungen Männer durch das Schwert im Haus ihres Heiligtums; er schonte weder Jüngling noch Jungfrau, weder Alte noch Hochbetagte; alles gab er in seine Hand. … 20 Und den Rest, der dem Schwert entrann, führte er in die Verbannung nach Babel, und sie wurden ihm und seinen Söhnen dienstbar, bis das Königreich der Perser zur Herrschaft kam – 21 damit das Wort JHWHs durch den Mund Jeremias erfüllt werde: bis dem Land seine Sabbate ersetzt werden. Die ganze Zeit der Verwüstung lag es brach, bis siebzig Jahre erfüllt waren.

Historisch gesehen dürf‌ten aber beide Parallelberichte kaum vertrauenswürdig sein, denn sowohl die archäologischen Befunde zur Siedlungsstruktur in Juda wie auch Jer 52,28–30, wo von drei Deportationsschüben gesprochen wird (597 v. Chr.: 3023 Judäer; 587 v. Chr.: 832 Judäer; 582 v. Chr.: 745 Judäer), legen ein ganz anderes Bild nahe: Der größte Teil der Bevölkerung ist damals im Land geblieben, auch wenn der Bevölkerungsrückgang durch die Deportationen einschneidend gewesen sein muss (Knauf 2000f; Barstad 2003; etwas anders Lip-

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schits 2003b; Stern 2004; abwägend Keel 2007, 614–619.773–775). Die Theorie des „leeren Landes“, die vor allem die Chronik vertritt und die sekundär auch in den Königsbüchern sowie in der Jeremia- und Ezechielüberlieferung verankert worden ist (Schmid 1997), beruht dagegen auf der Perspektive der vor allem aus privilegierten Kreisen stammenden Exulantenschaft, die sich für die legitimen Erben des königszeitlichen Israel hielten und sich das Land während des Exils als „Vakuum“ vorstellten, das nur auf sie – und niemanden sonst – wartete. Nach der Deportation des judäischen Königs und der Zerstörung von Jerusalem scheint Nebukadnezar eine Verwaltung (oder, was weniger wahrscheinlich ist, ein Nachfolgekönigtum; vgl. Oswald 1998, 132–133, dagegen Keel 2007, 778– 779) unter Gedalja mit Sitz in Mizpa eingerichtet zu haben. Gedalja wurde allerdings alsbald ermordet. Der Grund für diese Bluttat könnte darin zu suchen sein, dass Gedalja als Nichtdavidide möglicherweise königliche Würde beansprucht hatte. Doch ist dies umstritten (Stipp 2000; Albertz 2001, 82 Anm. 153; vgl. Keel 2007, 776–783). In der Folge hörte Juda als eigenständige politische Größe auf zu bestehen und wurde vermutlich der Provinz Samaria zugeschlagen (zur Wiedererstellung einer eigenständigen Provinz Yehud in der Perserzeit siehe Keel 2007, 967–992; Vieweger 2019c, 65–68). Das literarische und religiöse Leben ging sowohl im Land Juda wie auch im babylonischen Exil weiter (Barkay 1993). Anders als dies die assyrische Deportationspraxis noch vorgesehen hatte, wurden die exilierten Judäer von den Babyloniern in abgeschlossenen Kolonien angesiedelt und konnten so ihre Eigenart nicht nur bewahren, sondern entscheidend weiterentwickeln (Pohlmann 1996, 13–18; Becking 1998; Joannès/Lemaire 1999; Pearce 2006; Alstola 2020; vgl. Zadok 1979). Die babylonische Weltmacht war aber nicht von Bestand. Sie überdauerte den Tod Nebukadnezars II. (562 v. Chr.) nicht lange. Auf Amel-Marduk (562– 560 v. Chr.) und Neriglissar (560–556 v. Chr.) folgte Nabonid (556–539 v. Chr.) (Beaulieu 1989; Kratz 2004a; Keel 2007, 848–849), dessen eigentümliche religiöse und kultische Vorlieben ihn bei der einflussreichen babylonischen Marduk-Priesterschaft so verhasst machten, dass diese den seit dem Fall Lydiens (546 v. Chr.) beobachtbaren Aufstieg des Perserkönigs Kyros begrüßten und ihn gar als Befreier in Babylon willkommen hießen, als er 539 v. Chr. die Stadt kampf‌los einnehmen konnte (Keel 2007, 849–850; Vieweger 2019c, 15–19).

II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen Die babylonische Zeit der alttestamentlichen Theologiegeschichte ist von elementaren Umbrüchen gekennzeichnet, wobei sogleich eine wichtige Präzisierung anzubringen ist: Alttestamentliche Positionen sind nie nur als Reaktionen

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auf geschichtliche Erfahrungen hin zu interpretieren, sondern ebenso auch im Rahmen längerfristiger geistiger und kultureller Entwicklungen zu deuten und auf ihre eigene Geschichtswirksamkeit hin zu befragen. Von entscheidender Bedeutung für den Umstand, dass mit der Katastrophe Judas und Jerusalems nicht auch die Religion Judas unterging – was für vergleichbare Fälle das altorientalische Standardprozedere wäre –, dürf‌ten die geistesgeschichtlichen Entwicklungen im 7. Jahrhundert v. Chr. gewesen sein. Die in dieser Zeit entstandenen Texte und Schriften hatten sich zu nicht geringem Anteil mit der Erfahrung des Scheiterns des Nordreichs auseinanderzusetzen. Sie begannen von daher, Visionen „Israels“ zu entwickeln, die nicht von Staatlichkeit und politischer Souveränität her determiniert, sondern verheißungs- (Vorstufen der Erzelterngeschichte), erwählungs- (Mose-Exodus-Erzählung, Richtererzählungen, „Königsbücher“) oder bundestheologisch (Deuteronomium) akzentuiert waren. Die Denkfigur, Israel als Volk Gottes – und nicht als durch sein Land determiniertes Volk – zu konzipieren, stand wahrscheinlich seit mindestens einem Jahrhundert bereits zur Verfügung (Kratz 2000b; Becker 2005c). Es ist zu Recht darauf aufmerksam gemacht worden (White 1980, 183.192 Anm. 22–23; Kratz 2008), dass die Vorstellung, dass sich eine Gottheit gegen ihren eigenen Verehrerkreis wendet, im Alten Orient nicht nur auf Israel beschränkt ist. Beispiele finden sich in der Mescha-Stele (Z. 4–5: „Omri war König von Israel, und er bedrängte Moab lange Zeit, denn Kamosch zürnte seinem Lande“ [RTAT, 255–256]) sowie in einem von Lambert (1967) edierten babylonischen Text, der die Zerstörung Babylons durch die Elamiter auf Marduks Zorn über Babylon zurückführt. Weiter zu nennen wären etwa der „Fluch über Akkade“ (Falkenstein 1965, bes. 68–69) oder die Weidnersche Chronik (Arnold 1994). Schließlich ist auf altorientalische Deutetexte zu verweisen, die Tempelzerstörungen auf den Vorgang zurückführen, dass die jeweiligen Götter ihren Tempel zuvor verlassen haben (vgl. z. B. das Erra-Epos [TUAT 3, 781–801] oder die Adad-guppi-Inschrift [TUAT 2, 479–485]; Rudnig 2007, 276). Gleichwohl bleibt die Schärfe der Vorstellung des göttlichen Gerichts gegen das eigene Volk im antiken Israel ohne wirkliche Parallele im Alten Orient. Nach der Erfahrung der eigenen Katastrophe können allerdings Texte wie Jeremia 50–51 und Jesaja 47 dann auch eine entsprechende Gerichtserwartung gegen Babylon – derjenigen Macht, die den Jerusalemer Tempel zerstört hatte – entwickeln, die die Hoffnung auf eine Zerstörung der Stadt Babylon wachhielt, die historisch aber nicht Wirklichkeit wurde (zu Herodot III, 159 vgl. Schmid 1996a, 253). Entsprechend lassen sich Jeremia 50–51 und Jesaja 47 mit einiger Wahrscheinlichkeit noch in die babylonische Zeit ansetzen. Das gegen Babylon erwartete Gericht wird in Jeremia 50–51 als Verlängerung des bereits erfolgten, durch Babylon selbst vollzogenen Gerichts an Juda interpretiert. Entsprechend können einzelne Abschnitte innerhalb von Jeremia 50–51 wortwörtlich Gerichtsaussagen aus dem vorderen Teil des Jeremiabuches, die sich gegen Juda richten, aufnehmen und nun aber gegen Babylon umadressieren (vgl. auch Jeremia 10,12–16/51,15–19; van der Toorn 2007, 193–194; Stipp 2019, 783–784.795–796):

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Jeremia 6: 22 So spricht JHWH: Siehe, aus dem Land des Nordens kommt ein Volk, und eine große Nation wird geweckt von den Enden der Erde. 23 Bogen führen sie und Sichelschwert, grausam ist es, und sie haben kein Erbarmen. Sie tönen wie das Meer, wenn es tost, und reiten auf Pferden, gerüstet wie ein Mann für den Krieg, gegen dich, Tochter Zion. 24 Wir haben die Kunde von ihm gehört, unsere Hände sind erschlaff‌t, Angst hat uns ergriffen, Wehen wie die Gebärende. Jeremia 50: 41 Siehe, von Norden kommt ein Volk, eine große Nation und viele Könige brechen auf von den Rändern der Erde. 42 Bogen und Sichelschwert führen sie, grausam sind sie und ohne Erbarmen. Sie machen Geräusche wie das Meer, wenn es braust, und sie reiten auf Pferden, gerüstet wie ein Mann für die Schlacht – gegen dich, Tochter Babel! 43 Der König von Babel hat die Kunde von ihnen gehört, und seine Hände sind erschlaff‌t, Angst hat ihn ergriffen, Wehen wie die Gebärende.

Selbstredend aber waren durch die geistige Vorgeschichte Israels und Judas im 7. Jahrhundert v. Chr. noch nicht ohne weiteres die Instrumente zu zukunftsfähigen theologischen Interpretationen der Katastrophe an die Hand gegeben. Vielmehr waren so allererst die Bedingungen der Möglichkeit geschaffen, solche Interpretationen zu finden. Wie die Texte der babylonischen Zeit zeigen, wurden diese in schmerzhaften Prozessen errungen, die einerseits von traditionellen Vorstellungen Abschied nehmen, andererseits sich aber auch mit konkurrierenden Konzeptionen auseinandersetzen mussten. Wohl am nächstliegenden war zunächst das Auf‌kommen von Klagetexten. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht einfach um intuitive religiöse Äußerungen, sondern um theologische Positionsbezüge: Die Klagen etwa in Threni und Jeremia 4–10 sind Auseinandersetzungen mit der vorexilischen Zionstheologie, die mit Mitteln innerbiblischer Exegese über den Zusammenbruch der vormaligen Orthodoxie nachdenken (vgl. Köhler 2017; Becker 2017). Etwa gleichzeitig, vielleicht auch etwas später dürf‌ten diejenigen Positionen formuliert worden sein, die den nationalen Untergang mit einer spezifischen Kritik an den Königen verbinden. Sie sind zum einen zu finden in den königskritischen Texten der Propheten, etwa des Jeremiabuches (Jer 21–23), dann vor allem in der Anfügung von 2. Könige 24–25 an die vorlaufende Darstellung der Königszeit Israels und Judas mit ihrer Pauschalverurteilung aller Könige, und

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schließlich auch in den königskritischen Texten am Anfang des Samuelbuches, die in gewisser Weise das Ende bereits präludieren: Das Heiligtum, die Lade, geht an die Philister verloren (1Sam 4–6), die Institution des Königtums wird noch vor ihrer Einführung als solche verurteilt (1Sam 8; 12). Die Position der Schuldzuweisung an die Könige ist allerdings alsbald transformiert und aufgeweitet worden, indem die Anklagen nun auf das Volk insgesamt übertragen wurden. Dieser Vorgang setzt die gefestigte Überzeugung voraus, dass das Königtum unwiederbringlich verloren ist. Besonders deutlich greif‌bar ist diese Volksperspektive in 2Kön 17,9–20 und der Aufnahme und Uminterpretation des Berichts von der Herstellung zweier Stierbilder durch Jerobeam I. (1Kön 12) in der Episode vom Goldenen Kalb (Ex 32). Die geschichtstheologischen Bemühungen in den Samuel- und Königsbüchern haben eine gewisse Parallele in den Vergangenheitsdeutungen neubabylonischer Texte, die etwa die Zerstörung Babylons durch Sanherib (689 v. Chr.) und die Verschleppung der Mardukstatue nach Assur mit dem Zorn Marduks gegen sein eigenes Volk begründen können (Veenhof 2001, 264–265; Blanco Wißmann 2007, 220). Doch nicht nur im Bereich der Reinterpretation der Geschichtstheologie, sondern auch bezüglich des Gottesverständnisses bringt die babylonische Zeit entscheidende Änderungen mit sich. Der in manchen Texten beobachtbare Rückzug Gottes vom Heiligtum als seiner Wohnstätte in den Himmel (Schmid 2006c; Keel 2007, 799–800; Koch 2018) ist dabei nur eine von mehreren maßgeblichen Umprägungen, die sich beobachten lassen und – in diesem Fall – entscheidende Impulse aus der Erfahrung der Tempelzerstörung bezogen haben. Man hat allerdings zu differenzieren: Gott zieht nicht von der Erde in den Himmel um – Gott kann auch in königszeitlichen Texten, unbeschadet seines Thronens im Tempel, vom Himmel her wirken –, doch erst von der exilischen Zeit an wird die Vorstellung eines himmlischen Heiligtums mit explizit genanntem Gottesthron entwickelt. Am literarischen Werden von 1. Könige 8 lässt sich exemplarisch die literarhistorische Entrückung des Thronens Gottes in den Himmel ablesen (vgl. Knauf 2016, 187–275): In 1. Könige 8 herrscht ab V. 22 – offenbar in Weiterentwicklung der älteren, traditionellen Vorstellung V. 14–21 – die Sichtweise vor, dass Gottes Präsenz nicht an den Tempel gebunden ist, sondern dass Gott selber im Himmel thront. Der Neueinsatz des Gebets in V. 22 lässt Salomo die Hände „gen Himmel“ ausstrecken und bringt in den Folgeaussagen das himmlische Thronen Gottes ausdrücklich zur Sprache: 1. Könige 8: 30 … erhöre es an der Stätte, wo du wohnst, im Himmel, erhöre es und vergib. … 38 … und dieser seine Hände ausbreitet zu diesem Haus hin, 39 dann erhöre du es im Himmel, an der Stätte, wo du wohnst … 44 Wenn dein Volk auszieht in den Kampf gegen seinen Feind … und sie beten zu JHWH, … 45 dann erhöre du im Himmel ihr Gebet …

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Grundlegender noch sind die Anfänge zu einer expliziten Ausformulierung eines monotheistischen Programms in der Deuterojesajaüberlieferung. Erst von der babylonischen Zeit an lassen sich im Alten Testament explizit monotheistische Aussagen fassen: „Ich bin Jhwh und keiner sonst, außer mir gibt es keinen Gott“ (Jes 45,5; vgl. Leuenberger 2010, 16–31). Natürlich ist der biblische Monotheismus nicht erst im Exil geboren worden, sondern hat sich seit der assyrischen Zeit in Israel nach und nach entwickelt (Stolz 1996; Oeming/Schmid 2003; Zenger 2003; Lemaire 2007; Keel 2007; Panov 2019). Von besonderer Bedeutung dürf‌te dabei die politische Theologie des Jesajabuches und des Deuteronomiums gewesen sein: Vorstellungen wie diejenige, dass Assur der Stock des göttlichen Zorns sei, und zwar des Zorns des Gottes Israels (Jes 10,5), sind wohl nicht erst in nachassyrischer Zeit formuliert worden, und die Gestaltung des Deuteronomiums als eines exklusiven Treueeides gegenüber Gott – und nicht dem assyrischen Großkönig – mit Dtn 6,4 als programmatischer Eröffnungsaussage zeigen bereits Elemente einer universalen, politisch determinierten Gottesvorstellung, wie sie dann in den monotheistischen Texten der Exilszeit, besonders in der Deuterojesajaüberlieferung, auf den Begriff gebracht wird. Es ist allerdings bereits hier anzumerken, dass die Etablierung einer monotheistischen Theologie durch die Ausbildung einer Angelologie (Daniel) und die Entwicklung einer Satansgestalt (Chronik, Sacharja, Hiob) oder einer personifizierten, präexistenten Weisheitsfigur in späterer Zeit gewissermaßen wieder „konterkariert“ worden ist (Mach 1992; Koch 1994; Stuckenbruck 2004). Die babylonische Epoche der alttestamentlichen Geistesgeschichte ist zudem durch die Rezeption von wissenschaftlichen und kosmologischen Materialien aus der babylonischen Wissenskultur geprägt. Die Entstehung der Welt wird – offenbar vermittelt durch die Kulturkontakte der exilierten judäischen Priester mit babylonischer Gelehrsamkeit – von nun an in Aufnahme und kritischer Diskussion von babylonischen Konzeptionen gedacht: Die Welt ist entstanden durch die Aufspaltung von urflutartigen Wassermassen, die in Babylon als Tiamat (TUAT III, 565–602) und in der Bibel (artikellos) als təhôm (Gen 1,2) bezeichnet werden. Zwar wird diese neue Sicht der Weltentstehung auf der Höhe der damaligen wissenschaftlichen Diskussion erst in frühpersischer Zeit in den urgeschichtlichen Texten vor allem der Priesterschrift literarisch ausformuliert (siehe unten S. 190–196), doch ist die Aufnahme dieser Stoffe aufgrund ihrer Herkunft bereits in babylonischer Zeit anzusetzen (vgl. Gertz 2009). Schließlich scheint die Erfahrung des Verlusts des Königtums literarische Reflexionen über die conditio humana ausgelöst zu haben (vgl. Schmid 2019, 370– 391). Für die Königszeit ist für das antike Israel anzunehmen, was traditionell für die gesamte altorientalische Welt galt: Im „späteren“ Vollsinn Mensch ist nur der König. Ihm allein kommt Geist, Verantwortung, Selbstbestimmung zu, und mit diesen Gaben lenkt er seine Untertanen. Entsprechend wurde oben (S. 86)

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zu den Klageliedern des Einzelnen vermutet, dass es sich hierbei ursprünglich um Königstexte gehandelt hat. Mit dem Verlust des Königtums in Juda und dem gleichzeitigen geistigen Überleben Israels begann eine reflektierte Anthropologie an die Stelle der Königsideologie aufzurücken (vgl. Janowski 2019, 444–460). Auch dieser Prozess nimmt, wie die kosmologischen Reflexionen, in der babylonischen Zeit seinen Anfang und entwickelt sich in der persischen und hellenistischen Zeit zu einem breiten Traditionsstrang.

III. Überlieferungsbereiche 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen a) D ie Threni (Klagelieder) als Antipsalmen Auch wenn 587 v. Chr. der Jerusalemer Tempel zerstört worden war, so heißt das nicht, dass damit alle kultischen Aktivitäten beendet waren. Aus Jer 41,5 ist zu entnehmen, dass am Ort des vormaligen Tempels nach wie geopfert werden konnte (Japhet 1991; Willi-Plein 1999; Keel 2007, 779.785). Darüber hinaus ist – je nach Entscheidungslage bezüglich der Historizität der josianischen Kultzentralisation – zu erwägen, dass an anderen Heiligtümern des Landes, etwa in Bethel, ein Kultbetrieb ebenfalls stattfand. Gleichwohl ist natürlich die Zäsur durch den Verlust des Tempels massiv gewesen, besonders für die überlieferungstragenden Zirkel der Jerusalemer Elite. Besonders deutlich wird dies aus den Threni („Klagelieder Jeremias“), den Texten des Alten Testaments, die in ihrem Grundbestand wohl am deutlichsten auf die Katastrophe von 587 v. Chr. folgend – vielleicht sogar unmittelbar, jedenfalls aber vordeuterojesajanisch – anzusetzen sind (Keel 2007, 786–800; differenziert Frevel 2017, der in Thr 2 und 4 die ältesten Texte erblickt, während er Thr 1, 3 und 5 nachexilisch ansetzt). Es handelt sich dabei um Klagelieder, die in der Septuaginta Jeremia zugeschrieben werden (wohl aufgrund einer midraschartigen Auslegung von 2Chr 35,25 sowie Threni 3), was sich aber dem hebräischen Text nicht entnehmen lässt. Formal sind sie als Akrosticha gestaltet (Thr 1–4), das heißt die Anfangsbuchstaben der Verszeilen folgen dem hebräischen Alphabet. Threni 5 fällt aus dieser akrostichischen Gestaltung heraus, besitzt aber gleich viel Zeilen, wie das hebräische Alphabet Buchstaben hat, nämlich zweiundzwanzig. Von ihrer inhaltlichen Struktur her lehnen sich die Threni an den typischen dreiteiligen Auf‌bau von Klagepsalmen an, der die Elemente Klage – Bitte – Lob umfasst (vgl. z. B. Ps 6; 13), wandeln ihn aber charakteristisch ab.

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Threni 5:  Klage: 1 Erinnere dich, JHWH, was mit uns geschehen ist, schau her und siehe unsere Schande! 2 Unser Erbbesitz ist Fremden zugefallen, unsere Häuser gehören den anderen. 3 Wir sind Waisen geworden, da ist kein Vater, Witwen gleich sind unsere Mütter. … 8 Knechte herrschen über uns, da ist keiner, der uns ihrer Hand entreißt. 9 Unter Einsatz unseres Lebens holen wir unser Brot in der Wüste im Angesicht des Schwerts. 10 Glühend wie ein Ofen ist unsere Haut geworden, der Hungerqualen wegen. 11 In Zion hat man Frauen Gewalt angetan, Jungfrauen in den Städten von Juda. 12 Fürsten sind erhängt worden von ihrer Hand, den Ältesten hat man die Ehre verweigert. 13 Junge Männer hat man genommen, damit sie die Handmühle bedienen, und unter der Last des Holzes sind Knaben gestrauchelt. … 16 … Wehe uns, wir haben gesündigt! 17 Darum ist unser Herz krank geworden, deshalb sind unsere Augen verdüstert: 18 wegen des Bergs Zion, der verödet ist; Schakale streunen auf ihm.  Bitte: 19 Du, JHWH, bleibst in Ewigkeit, dein Thron bleibt von Generation zu Generation. 20 Warum willst du uns für immer vergessen, uns verlassen für alle Zeit? 21 Bring uns zurück, JHWH, zu dir, wir wollen umkehren. Mach unsere Tage neu, wie sie einst waren.  Lob: 22 Oder hast du uns ganz und gar verworfen, bist du über alle Maßen zornig auf uns?

Am auf‌f älligsten ist der Befund, dass der traditionelle Lobabschluss der Gattung „Klagelied des Einzelnen“ nun durch eine ängstliche Frage ersetzt wird: Ist die Verwerfung durch Gott selbst endgültig, wird es je wieder anders kommen? Dafür tritt ein gewisses doxologisches Element im Bitteteil auf, das das Einschreiten Gottes motivieren soll. Schließlich ist zu beachten, dass der Klageteil auch Sündenaussagen enthält. Anders als in den herkömmlichen Klagepsalmen wird also darauf insistiert, dass das eingetretene Unheil die harte Strafe für eigene Schuld ist. Gebeten wird um das Ende des Gerichts, das nun schon so lange andauert. Für die Theologie der Threni ist inhaltlich von vorrangiger Bedeutung, dass sie in markanter Weise die Sünde Jerusalems in den Vordergrund stellt.

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Threni 1: 1 Ach, wie liegt sie einsam da, die Stadt, einst reich an Volk, nun einer Witwe gleich! Eine Große unter den Nationen, eine Fürstin unter den Provinzen, nun in Fronarbeit! 2 Bitter weint sie in der Nacht, und ihre Tränen sind auf ihren Wangen, keinen hat sie, der tröstet, unter all denen, die sie geliebt haben; all ihre Freunde haben treulos an ihr gehandelt, sind nun ihre Feinde. … 5 Ihre Gegner haben die Oberhand gewonnen, ihre Feinde sind zufrieden, denn JHWH hat Jerusalem in Kummer gestürzt, ihrer vielen Vergehen wegen. Gefangen mussten ihre Jüngsten vor dem Gegner hinziehen. 8 Schwer hat Jerusalem gesündigt, darum ist sie zum Gespött geworden. All ihre Verehrer verachten sie, denn sie haben ihre Blöße gesehen. Sie selbst seufzt und hat sich abgewendet.

Es ist erst der neueren Forschung deutlich geworden, dass die Sünde der Stadt Jerusalem nicht einfach mit der Sünde ihrer Bewohner gleichzusetzen ist, sondern dass die Stadt hier als eigene Größe in den Blick genommen ist (Fitzgerald 1972; 1975; Schmitt 1985; 1991; Steck 1989/1992c; Wischnowsky 2001; Maier 2003; Keel 2007, 787–790). Wie in Jeremia 4–10 (siehe dazu unten S. 167–171) ist nicht mehr der uneinnehmbare Berg das Bild, mit dem Zion-Jerusalem symbolisiert wird, wie es in der Jerusalemer Kulttradition geläufig war (vgl. Ps 48), sondern die Frau, die mit ihrem Mann die Ehe gebrochen hat („weil sie ihre Blöße gesehen haben“). Entsprechend der altorientalischen Bildsprache ist damit das Paktieren mit fremden Mächten (und damit eben auch fremden Gottheiten) im Blick. Für Jerusalem ist wohl besonders die Schaukelpolitik zwischen Babylonien und Ägypten in den letzten Jahren vor dem Untergang im Fokus, die – in theologischer Interpretation – als „Ehebruch“ und „Hurerei“ interpretiert wird. Auf die Sündenaussagen in Threni wird dann vor allem die nur wenige Jahrzehnte jüngere Deuterojesajaüberlieferung reagieren, die ihren literarischen und sachlichen Ausgangspunkt von der Feststellung her nimmt, dass die Schuld Jerusalems „bezahlt ist, denn sie hat von der Hand Jhwhs Zwiefältiges empfangen um all ihrer Sünden willen“ (Jes 40,2; vgl. Kratz 1993; 1994). b) Volksklagen und die Kollektivierung von Individualpsalmen Neben den bekannten Klageliedern des Einzelnen, von denen man allerdings aufgrund der Gegebenheiten des Kults vermuten kann, dass sie ursprünglich nur dem König zugedacht waren, kennt der Psalter auch sogenannte Klagelieder des Volkes wie etwa die Psalmen 44, 90 oder 137 (vgl. Emmendörffer 1998; Keel 2007, 800–832, zu den Datierungsproblemen 831), für die man im Zuge der formgeschichtlichen Logik in kollektiven Trauerfeiern einen entsprechenden Sitz im Leben fand. Gemäß

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der wachsenden Einsicht in den literarischen Charakter vieler Textbereiche des Alten Testaments hat man aber vielleicht auch damit zu rechnen, dass diese Klagelieder des Volkes keine unmittelbare kultische Funktion hatten, sondern von vornherein literarische Produkte darstellten. Wenn möglicherweise die vorexilischen Klagelieder des Einzelnen Königstexte waren, so wäre die Ausformung der Gattung der Klagelieder des Volkes als Transformation der Königsideologie zu begreifen. Für Psalm 90 ist etwa erkennbar, dass es diesem Text nicht um eine allgemeine Klage über die Begrenztheit und Vergänglichkeit des menschlichen Lebens geht, sondern dass vielmehr das Problem theologisch bedacht wird, dass kollektive Notlagen länger als ein Menschenleben dauern können – von dieser Not Betroffene können dann deren Wende nicht mehr miterleben (Krüger 1994/1997; Schnocks 2002). Psalm 90 scheint also nicht einfach ein Kulttext zu sein, sondern ist theologische Reflexionsliteratur (zu Ps 137 vgl. Krüger 2001; Keel 2007, 833–835). Literaturgeschichtlich bedenkenswert ist auch der sachliche Hauptunterschied der Volksklagelieder zu den Threni: „Sie klagen nicht so sehr, sondern sie fordern.“ (Keel 2007, 946). Vermutlich reflektieren sie eine bereits fortgeschrittene Diskussionslage bezüglich der Katastrophe und schreiten bewusst über die Klage hinaus zur Anklage Gottes fort, wie sich das auch im Jeremiabuch erkennen lässt. In der babylonischen Zeit – im Zeichen des untergegangenen Königtums – beginnen vermutlich auch weitere Vorgänge der Kollektivierung im Psalter, die entweder über entsprechende redaktionelle Einschreibungen älterer Individualpsalmen oder aber über kompositionelle Zusammenstellungen erreicht werden (vgl. Marttila 2006). Das bedeutet natürlich nicht, dass alle kollektiven Aussagen im Psalter spät anzusetzen sind. Vielmehr sind offenbar mancherorts als Folge des Verlusts des Königtums vorfindliche Aussagen, die sich auf Einzelpersonen – den König? – bezogen haben, sekundär ausgeweitet worden. Die kompositionelle Zusammenstellung der Psalmen 3–14 etwa scheint inhaltlich speziell das Ziel zu verfolgen, Individualpsalmen kompositionell zu kollektivieren (vgl. Hartenstein 2010): Psalmen 3–7 Klagen/Bitten von Einzelnen          

Ps 3,6 Ps 4,9 Ps 5,4 Ps 6,7 Ps 7,12

Morgen Abend Morgen Nacht Tag

Psalm 8 Hymne

Psalmen 9–14 Klagen/Bitten von Gruppen          

Ps 9/10 (Akrostichon) Ps 11 Ps 12 Ps 13 Ps 14

Dies wird einerseits erkennbar durch die Anfügung von Ps 9–14 mit den Aussagen über die als Gruppe charakterisierten „Armen“ und „Elenden“ an Ps 3–7 mit ihren individuell gezeichneten Betern, die deutlich macht, dass Einzelne wie Gruppen ein vergleichbares Schicksal ereilen kann. Andererseits zeigt die zwischen 3,9 und 14,7 erkennbare

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D. Die Literatur der babylonischen Zeit Inklusion über das Motiv der Hilfe für Israel, dass die kollektive Perspektive der Interpretationsrahmen der Gesamtkomposition ist. Sie gibt zugleich durch die vorausgesetzte Notsituation einen Datierungsanhalt, die Katastrophe Judas und Jerusalems dürf‌te einen wahrscheinlichen terminus a quo darstellen:

Psalm 3: 9 Bei JHWH ist die Hilfe, dein Segen über deinem Volk. Sela Psalm 14: 7 Möge von Zion Israels Hilfe kommen. Wenn JHWH das Geschick seines Volkes wendet, jauchze Jakob, freue sich Israel! Das Zusammenspiel von Individualisierung und Kollektivierung wird schließlich im Zentrum der Komposition aufgenommen, in Psalm 8, die von der göttlichen Fürsorge für den „Menschen“ handelt – was gleicherweise auf Gattung und Individuum auslegbar ist.

2. Erzählende Überlieferungen a) D ie Hiskia-Jesaja-Erzählungen Die Hiskia-Jesaja-Erzählungen in 2. Könige 18–20 par. Jesaja 36–39 (dort allerdings mit einigen charakteristischen Abweichungen, so etwa unter Auslassung von 2Kön 18,14–16; vgl. Panov 2019) erzählen von den Begebenheiten im Umkreis der Bedrohung Jerusalems durch die Assyrer im Jahr 701 v. Chr. Den provokativen Reden der Assyrer wird durch ein Orakel Jesajas zugunsten Jerusalems die Macht des Gottes Judas gegenübergestellt, die sich dann im Abzug der Assyrer auswirkt. 2. Könige 18–20 par. Jesaja 36–39 spielen zwar in assyrischer Zeit, doch einige Darstellungselemente verraten, dass diese Erzählungen offenbar auch Erfahrungen aus der Zeit nach 597 v. Chr. verarbeiten und diese in die Situation der Belagerung Jerusalems unter Hiskia zurückprojizieren. So fällt zunächst auf, dass die Geschehensfolge in 2Kön 18,13–19 nicht mit der Darstellung in den Annalen des Assyrerkönigs Sanheribs (TUAT I, 388–391) übereinstimmt: Während dort die Abfolge 1. Belagerung der Städte Judas, 2. Belagerung Jerusalems und 3. Tribut bezeugt ist, so steht im Alten Testament die Tributleistung (2Kön 18,14–16) vor der Belagerung Jerusalems (2Kön 18,17–19). In 2Kön 19,9 wird weiter Tirhaka (Taharka), ein Pharao der „kuschitischen Dynastie“, im Zuge der Ereignisse von 701 v. Chr. erwähnt, der Juda zu Hilfe eilen soll. Doch war Tirhaka tatsächlich zu dieser Zeit erst 9 Jahre alt, seine Thronbesteigung erfolgte erst 690 v. Chr. (vgl. Schipper 1999, 215–216). Schließlich setzt 2Kön 19,36–37 die Geschehnisse um Sanheribs

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Ermordung und die Nachfolge von dessen Sohn Asarhaddon auf dem assyrischen Thron unmittelbar folgend auf 701 v. Chr. voraus. Historisch aber gehören diese Ereignisse ins Jahr 681 v. Chr. (TUAT I, 391–392). Diese Diskrepanzen finden, wie vor allem Hardmeier (1990; vgl. auch Keel 1994, 91; 2007, 741–753) vorgeschlagen hat, eine Erklärung aus der Zeit der neubabylonischen Belagerung Jerusalems Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. Dass der Tribut vor der Belagerung bezahlt wird, stimmt mit der Entrichtung des Tributs aus Tempel- und Palastschatz im Jahr 597 v. Chr. vor der nachfolgenden Belagerung Jerusalems überein. Die Erwartung von Hilfe durch die Ägypter ist durch Jer 37,3–10 ebenfalls für diese Zeit belegt und erklärt die Erwähnung des ägyptischen Pharaos Tirhaka in 2Kön 19,9. Schließlich dürf‌te die Vorverlegung des Todes Sanheribs um 20 Jahre in der Darstellung von 2Kön 19,36–37 durch den erwarteten Tod des babylonischen Großkönigs motiviert sein. Hardmeier deutet entsprechend die Hiskia-Jesaja-Erzählungen in 2Kön 18,9– 19,9.32–37 als Propagandadarstellung aus der Belagerungspause 588 v. Chr., in der die nationalreligiöse Partei in Jerusalem ihren Durchhaltewillen durch den Rückblick auf die Belagerung Jerusalems in der Hiskiazeit zu legitimieren versucht und entsprechend gegen die Gerichtsverkündigung der Jeremia- und Ezechielüberlieferung polemisiert, die als Defätismus gebrandmarkt wird (1990, 287–306; vgl. Albertz 2001, 215). An den Hiskia-Jesaja-Erzählungen wird eine Eigenart erkennbar, die sonst eher aus der prophetischen Tradition bekannt ist: So wie in der Prophetie etwa ein Gerichtswort sich mehrfach in der Geschichte erfüllen kann, so verstehen die Autoren von 2. Könige 18–20 par. Jesaja 36–39 offenbar die Geschichte Judas als ein selbstähnliches Kontinuum, in dem sich Vergleichbares zu verschiedenen Zeiten abspielen kann. b) D ie Fortschreibung von 1. Samuel 1 bis 2. Könige 23 durch 2. Könige 24–25 Wenn man mit einer josiazeitlichen, „deuteronomistischen“ Darstellung der Königszeit, die mit 2. Könige 23 geendet hat, rechnen will (siehe oben S. 105–112), so ergibt sich zunächst angesichts des vorliegenden Erstreckungszusammenhangs der Königsbücher, der auch die nachjosianische Königsgeschichte umfasst, die Folgerung, dass diese josiazeitliche Darstellung in der Folge um die letzten vier Könige Judas ergänzt worden sei. Man hätte hier die erste Fortentwicklung der „deuteronomistischen“ Theologie in exilischer Zeit vor sich. Wie Vanoni (1985) gezeigt hat, zeigen die durchgängig negativen Beurteilungen der Könige nach Josia eine charakteristisch andere Ausrichtung als die der vorangehenden Könige. Ersichtlich wird dies dadurch, dass die letzten vier Beurteilungen zusätzlich durch den Refrain abgeschlossen werden: „ganz wie seine Väter getan hatten“ (2Kön

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23,32.37; vgl. 24,9.19 „ganz wie sein Vater/Jojakim getan hatte“). Dadurch wird nun die Dynastie der judäischen Könige insgesamt theologisch entsprechend der vorgegebenen Gesamtverurteilung der Nordreichskönige disqualifiziert: Alle Könige haben gesündigt. Die judäischen Könige ereilt damit dasselbe Schicksal wie das der israelitischen in der Darstellung der Königsbücher: Sie werden rezeptionell qua ihrer Zugehörigkeit zur Institution des Königtums negativ bewertet. Es ist allerdings bestritten worden, dass 2Kön 23,32.37 als Pauschalurteile zu verstehen seien (Aurelius 2003b, 45–47). Doch die einzige Parallelformulierung des hier verwendeten Ausdrucks „ganz wie seine Väter getan hatten“, in 2Kön 15,9, bestätigt den übergreifenden Horizont von 2Kön 23,32.37, denn in 2Kön 15,9 wird Sacharja als letzter Vertreter der Jehudynastie in Blick genommen. Entsprechend thematisieren 2Kön 23,32.37 die Daviddynastie insgesamt. Das erklärt wahrscheinlich auch die abweichende Formulierung bei Jojachin („sein Vater“ 24,9) und Zedekia („Jojakim“ 24,19), die nach dem Antritt der Weltherrschaft durch Nebukadnezar nicht mehr als vollgültige Vertreter der Daviddynastie gelten können (vgl. Schmid 1996a, 226; 2006d).

Ganz entsprechend altorientalischer Königsideologie wird in den Beurteilungstexten für die letzten vier Könige Judas also die Schuld für die nationale Kata­ strophe den zentralen Verantwortungsträgern, den Königen, zugeschrieben. Die theologische Logik der Darstellung schließt dabei noetisch von den erfahrenen Ereignissen zurück auf die entsprechenden Qualifikationen der Könige: Weil Juda untergegangen ist, deshalb ist davon auszugehen, dass sich die Könige verfehlt haben, nicht umgekehrt. Neigt man eher einer von vornherein nachkönigszeitlichen Ansetzung des Gerüsts der Königsbücher mit ihren Beurteilungstexten zu, so gelten die entsprechenden Perspektiven in 2. Könige 24–25 als gegen exilische Hoffnungen auf ein wiedererstehendes Königtum geschrieben: Das Königtum ist nach diesen Texten per se eine zu Recht untergegangene Institution (zu 2Kön 24 vgl. Schmid 2018c). Es ist nachgerade zu erwarten, dass die Sicht der Negativbewertung aller Könige redaktionell auch zu Beginn der Darstellung der Königszeit verankert worden ist. Es liegt jedenfalls nahe, die das Königtum als Institution ablehnenden Texte in 1. Samuel 8 und 12, die die ältere, positive Sicht in 1. Samuel 9 bis 11 rahmen (Römer 2005, 143), mit der beschriebenen Perspektive in 2. Könige 24–25 zusammenzusehen. Darüber hinaus ist auch zu erwägen, dass die Ladeüberlieferung in 1. Samuel 4–6 (Römer 2005, 144–145) – zumindest in bestimmten sachlichen Akzentuierungen – mit 2. Könige 24–25 in Verbindung steht: Das Geschick des Ladeheiligtums präfiguriert gewissermaßen den Untergang des Tempels. So kann etwa 1Sam 4,22 bereits ganz zu Beginn der Königsgeschichte Israels feststellen: „Die Herrlichkeit ist von Israel in die Verbannung gezogen“, und die in 1Sam 5,3–4 berichtete Verstümmelung der Statue des Gottes Dagan bei den Philistern erinnert stark an die Götzenpolemik des Deuterojesajabuches.

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Bemerkenswerterweise ist die große Dynastieverheißung an David in 2Sam 7,1–17 wenn sie nicht überhaupt erst exilischen Ursprungs ist (Veijola 1975, anders Pietsch 2003; Römer 2005, 97), nicht grundsätzlich – etwa durch konditionierende Aussagen – umgestaltet worden: Sie ist als unbedingte Verheißung weiterüberliefert worden, was darauf hindeutet, dass die „deuteronomistische“ Bewegung in der babylonischen Zeit durchaus am Weiterbestand des davidischen Königtums interessiert war (Römer 2005, 143). Die Position Haggais (Hag 2,21–23) wird hieran konzeptionell anschließen. c) D ie Entstehung des Großgeschichtswerks Exodus 2 bis 2. Könige 25 In einem weiteren Schritt, der (aufgrund des „babylonischen“ und nicht „persischen“ Schlusses in 2Kön 25,27–30 vgl. dagegen 2Chr 36,22–23) wahrscheinlich ebenfalls noch in die babylonische Zeit anzusetzen ist, dürf‌te das um 2. Könige 24–25 auf den Umfang 1. Samuel 1 bis 2. Könige 25 angewachsene „deuteronomistische Geschichtswerk“ mit der Exodus- und Landnahmedarstellung in Exodus bis Josua zusammengearbeitet worden sein, so dass in der Folge ein Großgeschichtswerk Exodus 2 bis 2. Könige 25 entstand – wahrscheinlich allerdings noch ohne das weiterhin selbständige Richterbuch (Guillaume 2004). Die letzten vier Verse 2Kön 25,27–30, die eine auf‌f ällige Inklusion mit Elementen der Josephsgeschichte (Gen 37–50) bilden (Schmid 2004b, 209–210) und wohl die Vorschaltung der Genesis bereits kennen, gehörten wahrscheinlich noch nicht zu dieser Darstellung hinzu. Was weist auf diese Annahme eines exilischen Großgeschichtswerks Exodus 2 bis 2. Könige 25 hin? Zunächst einmal gibt es eine thematische und sprachliche Kohärenz in Exodus bis 2. Könige, die deutlich über das hinausgeht, was diesen Zusammenhang unter Einschluss der Genesis sprachlich zusammenhält. Es handelt sich um sogenannte „Deuteronomismen“ in den Geschichtsbüchern Exodus bis 2. Könige, die in Genesis zwar nicht völlig fehlen, dort aber literarhistorisch jüngeren Schichten zuzurechnen sind, die wohl erst in den Bereich der nachpriesterschriftlichen Bearbeitungen des Pentateuch gehören (vgl. Blum 2002). Weiter entwirf‌t Exodus bis 2. Könige Israel deutlich als Israel von Ägypten her (und nicht von den Erzvätern her). Dann zeigt vor allem die Rezeption des Berichts von der Erstellung zweier Reichsheiligtümer mit Stierbildern durch Jerobeam I. (1Kön 12) in der Erzählung vom Goldenen Kalb (Ex 32) (vgl. Gertz 2001), dass Exodus bis 2. Könige als literarischer Zusammenhang insgesamt redaktioneller Überarbeitung unterworfen und als Großgeschichtswerk bedacht worden ist. Ex 32,4b ist offenkundig eine Aufnahme von 1Kön 12,28b: Die auch in Ex 32,4b pluralische Formulierung („Siehe, das sind deine Götter, Israel, die dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt haben“) ist nur von 1Kön 12,28b her verständlich, wo es im Gegensatz zu Ex 32,4b auch tatsächlich um die Herstellung von zwei

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Stierbildern geht. Es ist deutlich, dass Exodus 32 so die klassische Urschuld für den Untergang Israels, nämlich die Sünde des ersten Nordreichskönigs Jerobeam, an der all seine Nachfolger festhielten, nun auf das Volk überträgt: Nicht die Könige sind schuldig, sondern das Volk selbst trägt die Schuld für die Katastrophe. Exodus 32: 4 Und er [sc. Aaron] nahm es [sc. das Gold] aus ihrer Hand und bearbeitete es mit dem Meißel und machte daraus ein gegossenes Kalb. Da sprachen sie: Das sind deine Götter, Israel, die dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt haben! 1. Könige 12: 28 Und der König ließ sich beraten und fertigte zwei goldene Kälber an. Dann sprach er zu ihnen: Lange genug seid ihr nach Jerusalem hinaufgezogen! Siehe, deine Götter, Israel, die dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt haben!

Exodus 32 scheint aber nicht nur von 1. Könige 12, sondern auch von dem älteren Textbestand der Reflexion über den Untergang des Nordreichs in 2. Könige 17 her gestaltet worden zu sein, wie besonders das Motiv der „schweren Sünde“ zeigt, das im Alten Testament beinahe ausschließlich in Ex 32,21.30–31 und 2Kön 17,21 begegnet (nur noch in Gen 20,9): Exodus 32: 30 Am anderen Tag aber sprach Mose zum Volk: Ihr habt eine große Sünde begangen; nun aber will ich zu JHWH hinaufsteigen, vielleicht kann ich Sühne erwirken für eure Sünde. 31 So kehrte Mose zu JHWH zurück und sprach: Ach, dieses Volk hat eine große Sünde begangen, Götter aus Gold haben sie sich gemacht. 2. Könige 17: 21 Denn Israel hatte sich losgerissen vom Haus Davids, und sie hatten Jerobeam, den Sohn von Nebat, zum König gemacht, und Jerobeam hatte Israel von JHWH abgebracht und es zu großer Sünde verführt.

Exodus 32 greif‌t also aus 2. Könige 17 – ebenso wie in der Rezeption von 1. Könige 12 – ein an der Gestalt Jerobeam haftendes Motiv auf und appliziert es auf das Volk. Offenbar soll die gesamte, theologisch negativ verlaufene Königsgeschichte nur mehr als Appendix einer diese bereits präfigurierenden Volksgeschichte erscheinen. Entsprechend liegt der Schluss nahe, dass die Deutepassagen in Exodus 32 tatsächlich in einen literarischen Zusammenhang eingeschrieben worden sind, der auch die Königsgeschichte enthielt. Die Volksperspektive von Exodus 32 hat sich dann interessanterweise auch in der Redaktionsgeschichte von 2. Könige 17 selbst niedergeschlagen (vgl. Brettler 1989; Becking 2007, 88–122): Die älteren Aussagen (2Kön 17,21–23) halten fest, dass die Schuld Israels in der Sünde Jerobeams wurzelt, während der lange, offenbar sekundäre Vorspann (2Kön 17,7–20) deutlich macht, dass das Volk selber der vorrangige Verantwortungsträger ist.

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2. Könige 17: 7 Und dies geschah, weil die Israeliten gegen JHWH, ihren Gott, gesündigt hatten, der sie heraufgeführt hatte aus dem Land Ägypten, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. Und sie fürchteten andere Götter 8 und lebten in den Satzungen der Nationen, die JHWH vor den Israeliten vertrieben hatte, und in denen der Könige von Israel, die diese eingeführt hatten. … 21 Denn Israel hatte sich losgerissen vom Haus Davids, und sie hatten Jerobeam, den Sohn von Nebat, zum König gemacht, und Jerobeam hatte Israel von JHWH abgebracht und es zu großer Sünde verführt. 22 Und so lebten die Israeliten in all den Sünden Jerobeams, die dieser begangen hatte, sie ließen nicht ab davon, 23 bis JHWH Israel von seinem Angesicht entfernte, wie er es angekündigt hatte durch alle seine Diener, die Propheten. Und er führte Israel fort von seinem Boden nach Assur in die Verbannung, und so ist es bis auf den heutigen Tag.

So zeugt der Großzusammenhang Exodus bis 2. Könige (wahrscheinlich noch ohne Richter; vgl. Guillaume 2004) von einer fortgeschrittenen Schuldreflexion, die mit ihren Anklagen gegen das Volk bereits einen deutlichen Abstand zum Verlust des eigenen Königtums zeigt. Diese große Geschichtsdarstellung steht im geistigen Umfeld des „deuteronomistischen“ Schrifttums, das sich konstitutiv auf die Herausführung Israels aus Ägypten als dessen theologisches Gründungsdatum zurückbezieht und die bundestheologische Zuordnung von Jhwh und Israel – Jhwh ist Israels Gott, Israel ist Jhwhs Volk – betont, die die Relation zwischen Gott und seinem Volk exklusiv setzt. Ägypten ist dagegen typischer Exponent der heidnischen Völkerwelt – das Vergehen des ägyptischen Pharao, das die Plagen nach sich zieht, besteht genau darin, kein Jhwh-Verehrer zu sein und auch keiner werden zu wollen (Ex 5,2–3; vgl. Haarmann 2008, 89–90) –, die Israel bedrängt, jedoch gegenüber der auf Seiten von Israel stehenden Macht Jhwhs ohnmächtig ist. Der nunmehr in Exodus 7–12 wohl vorauszusetzende Plagenzyklus weist dabei vor, dass es gerade die ägyptischen „Theologen“ sind, denen gegenüber Jhwhs Zeichen und Wundern letztlich nur die Akklamation (Ex 8,15: „Das ist der Finger Gottes“) und die Kapitulation bleiben. Der Antagonismus zwischen Israel und den Völkern setzt sich dann in vergleichbarer Schärfe in der Anweisung und Darstellung der Landnahme fort. In die Zeit der Wüstenwanderung Israels sind die Gesetzeskorpora des Alten Testaments eingestellt, die an prominenter Stelle verbieten, Bündnisse mit den Bewohnern des Landes, die als „Feinde“ (z. B. Dtn 25,19) gelten, zu schließen (Ex 23,32; Ex 34,12; vgl. Dtn 12,29–31), vielmehr sollen ihre Kulte vernichtet (Ex 34,13–15) und sie selbst sollen getötet (Dtn 20,16–17; vgl. Ex 23,33) werden. Theologisch entspricht diesem exklusiv ausgerichteten religionspolitischen Gepräge die Argumentation für die ausschließliche Jhwh-Verehrung, die eben nicht von ungefähr literarisch dieser großen Exodusüberlieferung eingestiftet ist: Im Zuge seines Israel aus der Völkerwelt erwählenden und errettenden Handelns stellt sich Jhwh als „eifersüchtiger“ Gott vor, der keine Verehrung anderer Gottheiten, deren Existenz als solche (noch) nicht bestritten wird, neben sich duldet

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(Ex 20,3.5; Dtn 5,7.9). Die Forderung nach einer Sonderstellung Israels im Kreis der Völker ist es dann auch, die Israel, das in der Königszeit den verbotenen Weg der Völker wählt und deren Götter statt seinen eigenen Gott verehrt, scheitern und untergehen lässt. Die scharfe Gegenüberstellung von Israel und den Völkern in Exodus bis 2. Könige hat ihren zeitgeschichtlichen Hintergrund in dem gesteigerten Druck, die Identität „Israels“ ohne Staat, Land und Königtum zu definieren. Die harschen Aussagen gegen die Völker und die massiven Eroberungsvorstellungen im Josuabuch verhalten sich kontrafaktisch und nicht parallel zu den dahinterstehenden historischen Erfahrungen.

d) D ie Josephsgeschichte Die Josephsgeschichte (Gen 37–50) unterscheidet sich grundsätzlich von den in Genesis 12–36 voranstehenden Erzelternüberlieferungen, da sie einen über 14 bi­bli­sche Kapitel hinweg verlaufenden Spannungsbogen bietet, in den ihre Einzelszenen fest eingebunden sind. Man hat die Josephsgeschichte deswegen gern auch als „Novelle“ bezeichnet. Sie erzählt vom Konflikt zwischen Joseph und seinen Brüdern, vom Aufstieg Josephs in Ägypten und von der Versöhnung zwischen Joseph und seinen Brüdern. Anders als bei den Elternerzählungen in Genesis 12–36 (siehe unten S. 162–165) kann man bei der Josephsgeschichte nicht damit rechnen, dass sie aus Teilblöcken langsam erst zu ihrer jetzigen Gestalt zusammengewachsen ist. Vielmehr scheint sie von vornherein als dramatischer Ablauf konzipiert und dann redaktionell mit Genesis 12–36 verbunden worden zu sein (vgl. z. B. Donner 1976; Blum 2012b; zu Kratz 2000a, 281–286, der die Josephsgeschichte als Fortschreibung der Erzelterngeschichte bestimmen will, vgl. Schmid 2002; Ede 2016 folgt in der Sache Kratz 2000a). Ihre jetzige Funktion innerhalb des Pentateuch besteht in der Erklärung, wie die Vorfahren des nachmaligen Israel nach Ägypten kamen, damit das Volk nachher von dort ausziehen konnte. Doch für diesen Zweck ist die Josephsgeschichte nicht geschrieben worden, wie allein schon der Umstand zeigt, dass in Genesis 50 das nachmalige Volk Israel sich zum Begräbnis Jakobs in Kanaan befindet und nur mittels eines Verses (50,14) noch einmal nach Ägypten disloziert wird. Hinzu kommt, dass die Josephsgeschichte Spannungen zur nachfolgenden Exodusdarstellung auf‌baut, die im Wesentlichen das Pharao- und Israelbild betreffen, so dass in Exodus 1 zunächst die Josephsgeschichte erzählerisch außer Kraft gesetzt werden muss (V. 6–8). Im Rahmen der Neueren Urkundenhypothese war man gleichwohl davon überzeugt, dass bereits die Vorstufen der Josephsgeschichte in die hexateuchischen Gesamtentwürfe von J und E eingebettet waren:

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Es ist zu vermuten, dass dies Werk [sc. die Gen] hier [sc. in Gen 37–50] wie sonst aus J und E zusammengesetzt sei; unsere früheren Ergebnisse drängen auf diese Annahme und würden erschüttert werden, wäre sie nicht erweisbar. (Wellhausen 31899, 52)

An dieser Aussage ist richtig, dass für die Plausibilität des Quellenmodells in der Tat viel an der Exegese der Josephsgeschichte hängt (Whybray 1968): Wenn sich die alten Hexateuchquellen J und E in Genesis 37–50 nicht nachweisen lassen, dann fehlt in ihrer Rekonstruktion der Zusammenhalt zwischen Erzväter- und Exodusüberlieferung, die in der Folge literarisch auseinanderzuhalten sind. Julius Wellhausens Feststellung hat sich heute vor allem für ihren zweiten Teil bewahrheitet: Die Auslegung der Josephsgeschichte geschieht heute kaum mehr im Zeichen von J und E, vielmehr ist die „Erschütterung“ des Quellenmodells nicht zuletzt eben auch durch die literarischen Befunde in der Josephsgeschichte hervorgerufen worden (vgl. zur Forschungsgeschichte Ede 2016, 3–15; sie selber optiert für ein komplexes Fortschreibungsmodell, das namentlich für die supponierten ältesten Stufen [vgl. 513–516] wenig plausibel ist, da die narrativen Bögen unabgeschlossen bleiben). Was aber ist die Sachaussage der Josephsgeschichte, wenn ihre Brückenfunktion zum Exodusgeschehen sekundär ist (vgl. Ede 2016, 516–519)? Mehrere Perspektiven sind hier zu nennen: Zunächst fällt das positive Ägyptenbild auf, das die Josephsgeschichte entwickelt. Der Pharao ist ein weiser Herrscher, Joseph als Nichtägypter kann eine steile Karriere am Hof absolvieren und sogar eine Ägypterin heiraten. Damit präsentiert sich die Josephsgeschichte als eine Art „antideuteronomistisches“ Geschichtswerk, das – gegen die Zielperspektive der großen Darstellung in Exodus bis 2. Könige – das Diaspora-Leben im Ausland nicht als Katastrophe, sondern als theologisch legitime Möglichkeit darstellt (Meinhold 1975; Römer 1992; Schipper 2019). Auch in ihrer Schuldtheologie tritt die Josephsgeschichte in Distanz zum Deuteronomismus: Die Schuld der Brüder wird nicht bestraf‌t, sondern vergeben (Gen 50,19–20). Dann ist zu beachten, dass es der Josephsgeschichte nicht allein um Joseph geht, sondern um Joseph und seine Brüder in der Beziehung zu ihrem Vater Jakob. Auch wenn man Genesis 37–50 nicht vorschnell historisch allegorisieren sollte, so bietet es sich doch an, diese Konstellation im Blick auf die Identität Israels zu befragen: Offenbar vertritt die Josephsgeschichte aus der Diasporaperspektive – daran kann angesichts des Aufstiegs des Israeliten Joseph an einem fremden Königshof kein Zweifel sein (Beyerle 2000; anders Wöhrle 2013; Blum/Weingart 2017) – heraus eine gesamtisraelitische Option, die nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit neu begründet werden muss – nicht im Sinne einer selbstverständlichen Territorialnation, sondern einer Willensnation, die auch nach dem „Tod“ von „Jakob“ vereint bleiben will. Sie setzt sicher den Untergang des Nordreichs (722 v. Chr.), wahrscheinlich aber auch den Untergang des Südreichs (587 v. Chr.) voraus (vgl. zum Verhältnis zur Priesterschrift Römer 2015).

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Schließlich ist die aufgeklärte Theologie der Josephsgeschichte in Rechnung zu stellen. Seit Gerhard von Rad (1953/1958; 1954/1974) spricht man gerne von der weisheitlichen Prägung der Josephsgeschichte, die allerdings gegen von Rad gerade nicht auf die von ihm konstruierte „salomonische Auf‌klärung“ als Entstehungszeit weist: Einerseits kann man in der Josephsgeschichte auch kritische Züge an Joseph entdecken (vgl. Gen 37,10, dieser Traum erfüllt sich nicht bezüglich der Reverenz durch den Vater, vgl. Schmid 2016c; zu Gen 47,31 vgl. Levin 1993, 307–308), der so nicht einfach dem Idealbild des Weisen entspricht, andererseits durchbricht die Josephsgeschichte bezüglich des Tuns und Ergehens der Brüder – sie gehen für ihr Verbrechen an Joseph straf‌frei aus – elementar ein Grundelement der traditionellen Orientierungsvorstellung der Weisheit. Die geheime Lenkung Gottes zum Wohl und Überleben Israels steht über der Bestrafung der Übeltäter. Ob die Berührungen der Josephsgeschichte mit dem ägyptischen Märchen von den beiden Brüdern (TUAT Ergänzungsband, 147–165; Wettengel 2003), die allerdings kaum literarischer Natur sind, auf besondere Vertrautheit der Novelle mit ägyptischem Überlieferungsgut schließen lässt, muss offenbleiben. Eine Verwurzelung der Verfasserschaft von Genesis 37–50 in der ägyptischen Diaspora ist aufgrund der Szenerie nicht unwahrscheinlich (Schipper 2019). Ihre hebräische Sprachgestalt ist zwar klassisch gehalten, zeigt aber doch einige Anzeichen von „Late Biblical Hebrew“ (Joosten 2019).

e) D ie Erzelterngeschichte der Genesis Nach den Verschiebungen in der Pentateuchforschung in den letzten Jahrzehnten und namentlich seit der epochemachenden Arbeit von Blum (1984) erscheint es nicht mehr ungewohnt, die wichtigsten literarischen Schritte der Komposition der Erzelterngeschichte – also die Verbindung der bereits bestehenden, größeren Erzählzyklen um Abraham und Lot und um Jakob sowie die Inkorporation der Josephsnovelle – in die Exilszeit anzusetzen (vgl. Albertz 2001; Otto 2007, 187–189). Der Bruch mit der traditionellen Auslegung der Erzelterngeschichte ist allerdings radikal: Innerhalb des Theorierahmens der Neueren Urkundenhypothese stand ihre Auslegung ganz im Zeichen der hexateuchischen Heilsgeschichte, die entsprechend dem „kleinen geschichtlichen Credo“ (Dtn 26,5–9) der Überlieferungsbildung vorgegeben war. Die Erzelterngeschichte war also von allem Anfang an Vorspann der großen Geschichte Gottes mit Israel vom Auszug aus Ägypten über die Wüstenwanderung bis hin zur Landnahme. Der Credotext Dtn 26,5–9 ist aber weder der Formulierung noch der Sache nach uralt (Gertz 2000a) – er enthält sogar priesterschriftliche Sprachanleihen –, was für die Formulierung schon Gerhard von Rad selber zugestehen musste (von Rad 1938/1958, 12). Namentlich mit den Arbeiten von Rolf Rendtorff (1977), Erhard Blum (1984) und Matthias Köckert (1988) setzte sich die Erkenntnis

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durch, dass das hexateuchische Geschichtsbild nicht am Anfang, sondern eher am Ende der Überlieferungsbildung in den ersten sechs Büchern der Bibel steht, und literaturgeschichtlich gesehen nicht der primäre Verstehenshorizont für die Erzelterngeschichte bilden kann (vgl. Schmid 2019, 294–302). Das heißt also: Die Erzelterngeschichte war nicht von vornherein Vorspann, sondern eine ehedem eigenständige Ursprungstradition für Israel, die nicht immer schon auf die Exodusdarstellung zulief und in ihr ihre Fortsetzung fand. Die Eigenständigkeit der Erzelterngeschichte wurde zwar auch in den traditionellen Zugangsweisen gesehen, dort aber aufgrund der einflussreichen Rekonstruktion von Albrecht Alts Vätergottreligion (Alt 1929/1959) religionsgeschichtlich in die graue nomadische Vorzeit Israels versetzt. Die Eigenheit der Erzelterngeschichte hat aber weniger mit einer weit in die Vergangenheit zurückreichenden Vorgeschichte zu tun (vgl. etwas anders Otto 2007, 188), sondern vielmehr mit ihrer eigenständigen Literaturgeschichte, die sich bis in die Exilszeit hinein als diejenige einer für sich stehenden Überlieferungsgröße abgespielt hat. Der Kern der jetzigen Erzelterngeschichte ist in den Jakoberzählungen (Gen *25–35) zu suchen (vgl. Blum 2012a). Aber auch die Abraham- (Gen *13 und *18–19) und Isaaküberlieferungen (Gen *26) haben je eine unabhängige Grundlage (vgl. Köckert 2006b; 2015). Die Josephsgeschichte (Gen *37–50) ist ein weiterer wichtiger Baustein eigenen Gepräges. Eine übergreifende Erzelterngeschichte im Umfang von Genesis *12–50 dürf‌te erstmals in der Exilszeit durch die redaktionelle Verbindung dieser vorgegebenen Zyklen bzw. der Josephsgeschichte entstanden sein (vgl. Blum 1990, 214 Anm. 35, in Korrektur von Blum 1984; Köckert 2015a). Zusammengehalten werden die Überlieferungseinheiten einerseits durch die genealogische Verkettung der Protagonisten Abraham, Isaak, Jakob und Joseph (als Großvater, Vater, Sohn und Enkel), die durch die bereits in Genesis *13 und *18–19 angelegte, wohl aber ihrerseits redaktionelle Zuordnung von Abraham und Isaak (wobei Isaak als Eponym des Südreichs im Blick sein könnte, vgl. Am 7,9.16; anders Blum 2012a, 209) angeregt ist, andererseits aber auch durch die Verheißungen: So bunt das Überlieferungsmaterial ist, das in der großen Erzählkomposition von Abrahams Berufung bis zum Tod Josephs zusammengekommen ist, so hat das Ganze doch ein tragendes, verbindendes Gerüst, nämlich die sogenannte Erzväterverheißung. Mindestens kann man sagen, daß dem bunten Erzählungsmosaik durch die immer wieder auf‌tretende Verheißung […] eine thematische Verbindung gegeben wurde. (von Rad 1957, 171)

Allerdings sind die Verheißungen inhaltlich und auch entstehungsgeschichtlich unterschiedlicher Natur. Sie haben zwei überlieferungsgeschichtliche Wurzeln: zum einen in der Abrahamerzählung Gen 18,1–15, der einzigen vorpriesterlichen Erzelternerzählung mit einer integralen Verheißung – der Sohnesverheißung in V. 14b –, zum anderen im Segensthema der Jakoberzählungen.

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Kompositionell wichtig für den Zusammenhalt der Erzelterngeschichte sind vor allem die Verheißungen in Gen 12,1–3; 13,14–17; 28,13–15 und 46,2–4 (Blum 1984, 300; Carr 1996b, 178; Kratz 2018). Sie beinhalten die Zusage von Mehrung und Land. Beides sind Themen, die für Israel und Juda im 7.–5. Jahrhundert v. Chr. von akuter Bedeutung sind: Die assyrischen und babylonischen Deportationen sowie ökonomische Probleme führten zu einem erheblichen Bevölkerungsrückgang in einem nicht mehr unter eigener Königsherrschaft stehenden Gebiet (Knoppers 2006, 268; Carter 1999, 235–236; Lipschits 2003b; für die babylonische Diaspora vgl. Alstola 2020). Die Verheißungen sind zeitgeschichtlich vor diesem kontrafaktischen Hintergrund zu verstehen. Ein weiteres wichtiges Element ihres theologiegeschichtlichen Profils ist vor allem an Gen 12,1–3 zu erkennen: Genesis 12: 1 Und JHWH sprach zu Abram: … 2 Ich will dich zu einem großen Volk machen und will dich segnen und deinen Namen groß machen, und du wirst ein Segen sein. 3 … und Segen sollen durch dich erlangen alle Sippen der Erde. Psalm 72: 17 Ewig soll sein [sc. des Königs] Name bestehen, solange die Sonne scheint, sprosse sein Name. Und in ihm sollen sich Segen wünschen, ihn sollen glücklich preisen alle Nationen.

Mit dem Motiv des „großen Namens“ und dessen Segensmittlerschaft übernimmt Gen 12,1–3 tragende Elemente der Königsideologie, wie sie etwa in Ps 72,17 ausgesprochen sind, und überträgt sie auf den Stammvater des Volkes, Abraham. Diese „demo(kra)tisierenden“ Tendenzen sind in noch staatlicher Zeit kaum vorstellbar. Vielmehr steht Gen 12,1–3 in der Nähe zu entsprechenden Perspektiven in Jesaja 40–55, die das exilierte Israel als „Abraham“ oder „Jakob“ adressieren und ebenfalls in königlicher Qualität zeichnen können. Weiter ist zu beachten, dass das aus Gen 12,1–3; 13,14–17; 28,13–15 und 46,2–4 bestehende Verheißungssystem mit Wanderungsnotizen (vgl. Gen 26,2–3; 31,3.13) verbunden ist: „Ziehe weg aus deinem Land“ (12,1), „Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen“ (46,3) usw. Hier zeigt sich die geographieunabhängige Definition des Gottesvolkes: Israel ist Israel kraft seiner Gottesbeziehung und nicht kraft seiner Ansässigkeit in seinem Land. Namentlich für Gen 12,1–3 und 46,2–4 sind mit beachtlichen Gründen noch spätere Datierungen, nach der Priesterschrift, vorgeschlagen worden (für Gen 12,1–3: Ska 1997; für Gen 46,2–4: Gertz 2000b, 273–277.382–383; vgl. insgesamt Levin 2015). Es ist allerdings auch denkbar, dass die hierfür in Anschlag gebrachten Berührungen mit „P“ dadurch zu erklären sind, dass „P“ die ihr vorgegebene Verheißungstheologie rezipiert hat, was auch ihre theologische Neuakzentuierung der Erzelterngeschichte erklären würde: Namentlich die Berührungen von Gen 12,1–3 mit dem priesterschriftlichen Refrain aus

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der Völkertafel (Gen 10,5.20.31: „Volk“, „Sippe“, „Land“, vgl. Crüsemann 1981, 29; Ska 1997, 369–370; Schmid 1999c, 168) lassen sich diachron plausibel so verwerten, dass die priesterschriftliche Vorstellung der Welt in Genesis 10 (Kratz 2000a, 239) bereits gemäß dem Segenserwerb an Abraham gezeichnet ist.

Die aggressive und exklusive Ausrichtung der Exodusüberlieferung fehlt in der Erzelterngeschichte der Genesis. Auf fällt vielmehr in politischer Hinsicht ihr Pazifismus – die Erzväter koexistieren friedlich mit unterschiedlichen Ethnien und Gruppen im Land und schließen Verträge mit ihnen, was nach der Exodusüberlieferung ja strikt untersagt wäre – und in theologischer Hinsicht ihr Inklusivismus – die Patriarchen kommen auf ihren Wanderungen und Wegen mit einer Reihe von Gottheiten in Kontakt, die sich ihnen unter verschiedenen Namen offenbaren und denen sie an verschiedenen Orten Kultstätten errichten. Für die Leserschaft der Erzelterngeschichte ist natürlich klar, dass hinter diesen Gottheiten immer ein und derselbe Gott steht, nämlich Jhwh. Für die Akteure der Erzählungen ist dies nicht so deutlich, und ihre Unsicherheit hat zweifellos einen historischen Hintergrund: Hinter den Erzelternerzählungen stehen Erinnerungen oder mündliche Traditionen, die ursprünglich von mehreren und anderen Gottheiten und ihren Heiligtümern als nur von Jhwh gehandelt hatten. Die Erzväter erkunden auf ihren Wanderungen eben dasjenige, was der Gang der Überlieferung erbracht hat, nämlich die Identifizierung unterschiedlicher Lokalgottheiten mit dem einen Gott Israels. Die Erzelternerzählungen spiegeln ein eigenständiges, alternatives Konzept der assimilierenden und autochthonen Entstehung Israels in seinem Land wider, während die Exodusüberlieferung die Ursprünge Israels im ägyptischen Ausland verortet und die Identität Israels dementsprechend vehement abgrenzend gegen andere nationalreligiöse Identitäten propagiert (vgl. de Pury 1991; Schmid 1999c; Gertz 2000b; Kratz 2000a). f ) D ie nichtpriesterschriftliche Sinaiüberlieferung Im jetzigen Erzählverlauf des Pentateuch fällt auf, dass der erzählerische Progress von Exodus 19 bis Numeri 10 weitgehend stagniert: Israel befindet sich stationär am Sinai, und das meiste Textgut befasst sich mit den Anweisungen, die Mose von Gott erhält. Nun ist schon lange erkannt, dass das meiste Material in der sogenannten Sinaiperikope (Ex 19 bis Num 10) in das historische Umfeld der Priesterschrift oder Ergänzungen zu ihr gehört – sei es als noch selbständige Quellenschrift oder als bereits mit dem nichtpriesterschriftlichen Pentateuch vereinigt. Das gilt im Wesentlichen für die Anweisungen zur Errichtung des „Zeltes der Begegnung“ und die Ausführung derselben (Ex 25–31; 35–40), die kultrechtlichen Materialien des Leviticusbuches sowie die sogenannte Lagerordnung von Numeri 1–10. Übrig bleiben die Texte in Exodus 19–24 und 32–34. Über ihre

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literaturgeschichtliche Einordnung ist sich die Forschung uneinig. Deutlich ist lediglich, dass diese Texte entweder vor der Priesterschrift anzusetzen sind oder aber auf sie reagieren, jedoch nicht unmittelbar oder mittelbar mit ihr verbindbar sind (Schmid 2001). Will man – mit Gründen – mit einer noch vorpriesterschriftlichen Sinaiperikope mit Textanteilen aus Exodus 19–24 und 32–34 rechnen (im klassischen Modell Schmidt 1983; oder in neuen Ansätzen Oswald 1998; Gertz 2001), so liegt es angesichts mehrerer elementarer Beobachtungen nahe, ihren Grundstock nicht mehr in die vorexilische Zeit anzusetzen: Die Gottesbergtradition ist außerhalb des Pentateuch nur sehr schwach bezeugt. Der älteste außerpentateuchische Text, der Exodus und Sinai zusammen nennt, findet sich erst in Nehemia 9 (V. 13–15). Außerdem ist es eine alte Beobachtung, dass die Sinaiperikope in narrativer Hinsicht den Handlungsablauf der Mose-ExodusErzählung unterbricht und in szenisch-geographischer Hinsicht einen enormen Umweg darstellt. Es ist deshalb vorgeschlagen worden, die Sinaiperikope als literarische Reflexion über die Annullierung der indigenen „Gottesbergtradition“ in Juda – der Zionstheologie – zu deuten (Pfeiffer 2005, 260–268; mit weitgreifenden Schlüssen zur religionsgeschichtlichen Herkunft Jhwhs aus dem Norden statt aus dem Süden, vgl. auch Köckert 2001, dagegen Keel 2007, 200–202; Leuenberger 2011; vgl. insgesamt van Oorschot/Witte 2017). Mit der Auslagerung der eigentlichen Wohnstätte Gottes aus Jerusalem in das mythische Gebirgsland – schon 1Kön 19,8 weiß von der Lokalisierung des Sinai nicht mehr, als dass er in einer Reise von „40 Tagen und 40 Nächten“ von Beerscheba aus zu erreichen ist – wird sie allen politischen Wirren und Gefährdungen entzogen und theologisch auf Dauer gestellt. Ob sich hinter der jedenfalls literarisch jungen Sinaiüberlieferung ältere, gar vorstaatliche Erinnerungen verbergen, wie man das für die Exodusüberlieferung annehmen darf, muss gegenwärtig im Bereich der Spekulation verbleiben. Eine Entscheidung darüber wäre im Wesentlichen über eine Untersuchung der innerbiblischen Horizonte von Exodus 19–24 zu erreichen: Wenn sich diese literarische Darstellung als Auslegung vorgegebener Texte und Stoffe wahrscheinlich machen ließe, dann wäre eine negative Antwort naheliegend. Wenn es weiter wahrscheinlich ist, dass diese Sinaiperikope einen Bundesschluss umfasst hat (Ex 24,7–8) und Gegenstand dieses Bundesschlusses das sogenannte Bundesbuch gewesen ist (Ex 20,22–23,33; vgl. Oswald 1998, anders Levin 1985b) – „[e]ine Sinai-Theophanie ohne Gesetz käme auf den bloßen Theaterdonner bei leerer Szene hinaus“ (Levin 1985b, 185; vgl. Oswald 1998, 104– 105) –, dann werden hier weitere zentrale theologiegeschichtliche Entwicklungen sichtbar. Die vorexilische Bundestheologie des Deuteronomiums wird durch Ex 24,7–8 wohl aufgegriffen, nun aber „dezentralisiert“: Der Bundesschluss zwischen Gott und Israel hängt nicht mehr an dem einen Zentralheiligtum in Jerusalem – denn dieses ist verlorengegangen. Hier ist der Beginn des Zentralarguments der späteren Tora erkennbar: Die Identität Israels hängt nicht mehr an seinem Land, sondern am Gesetz. Zum zweiten wird so das Bundesbuch wieder gegen seine

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deuteronomische Interpretation in seinem Ursprungssinn in Kraft gesetzt. Diese theologische Prävalenz des älteren Bundesbuches gegenüber dem jüngeren Deuteronomium ist auch im jetzigen Erzählablauf des Pentateuch noch zu erkennen: Das Bundesbuch ist als Gottesrede am Sinai, das Deuteronomium ist als im Ostjordanland ergangene Moserede gestaltet.

3. Prophetische Überlieferungen a) D ie Anfänge der Jeremiaüberlieferung Die literarischen Anfänge des Jeremiabuches sind in literaturgeschichtlicher Hinsicht besonders sprechend. Die Jeremiaüberlieferung hat ihren Ausgang wahrscheinlich von den – auf den historischen Propheten Jeremia zurückführbaren – Klagetexten in Jeremia 4–10 genommen, die noch nicht mit einer Anklage verbunden waren, und historisch kaum anders als im unmittelbaren Umfeld der Katastrophe Judas und Jerusalems 587 v. Chr. angesetzt werden können (Levin 1985; Pohlmann 1989; Biddle 1990; Schmid 1996a; Kratz 2003b; Köhler 2017; Becker 2017). Othmar Keel hat besonders auf die eigentümliche Vorstellungswelt der Jeremiaüberlieferung aufmerksam gemacht, die – besonders frappant ist der Unterschied zum Ezechielbuch – ganz von ländlich-agrikulturellen Metaphern her bestimmt ist und von der großen Welt der altorientalischen Bildsymbolik kaum beeinflusst ist (Keel 2007, 672–676). Im jetzt vorliegenden Text präsentiert sich Jeremia 4–10 zwar insgesamt als umfangreiche Anklage, doch verdankt sich dieser Eindruck einer Reihe von formal und sachlich leicht ausgrenzbaren Nachträgen, die Anklagen gegen eine in der 2. Person Singular feminin angesprochene Größe richtet, die sich unschwer als Jerusalem identifizieren lässt (vgl. „Jerusalem“ in 4,14). Jeremia 4: 13 Siehe, wie Wolken zieht er herauf, und wie Sturmwind sind seine Wagen, schneller als Adler seine Pferde. Wehe uns, wir sind vernichtet! 14 Reinige dein Herz von Bosheit, Jerusalem, damit du gerettet wirst. Wie lange noch sollen in dir nisten deine Unrechtsgedanken? 15 Eine Stimme bringt Bericht aus Dan und lässt Unheil hören vom Gebirge Ephraim! … 29 Vor dem Lärm von Reiter und Bogenschütze flieht die ganze Stadt, in die Wälder sind sie gezogen und auf die Felsen gestiegen. Verlassen ist jede Stadt, und kein Mensch wohnt mehr darin. 30 Und du, Verwüstete, was wirst du tun? Selbst wenn du dich in Purpur kleidest, dich schmückst mit Schmuck aus Gold, die Augen groß machst mit Schminke – vergeblich machst du dich schön! Die Liebhaber haben dich verschmäht, sie fordern dein Leben.

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Thematisch kreisen diese 2.-Person-Singular-feminin-Anklagen um die Vorwürfe von Hurerei und Ehebruch (vgl. auch 2,19–25.32–33). Im Alten Orient handelt es sich dabei um geläufige Metaphern für falsche Bündnispolitik (Fitzgerald 1972; vgl. aber Wischnowsky 2001, 42–45). Das bedeutet: Die Schuldanklagen gegen Jerusalem richten sich gegen eine falsche Bündnispolitik Judas – in den letzten Jahren des judäischen Königtums versuchte man offenbar, wie 2. Könige 24–25 zu erkennen geben, sich zwischen den Großmächten Babylon und Ägypten zu arrangieren. Etwa Ezechiel 17 bezeugt explizit eine solche Schaukelpolitik Judas zwischen Babylon und Ägypten: Ezechiel 17: 11 Und das Wort JHWHs erging an mich: 12 Sprich doch zum Haus der Widerspenstigkeit: Versteht ihr nicht, was dies bedeutet? Sprich: Seht, der König von Babel kam nach Jerusalem und nahm dessen König und dessen Fürsten und brachte sie zu sich nach Babel. 13 Und er nahm einen von den Nachkommen des Königshauses und schloss einen Bund mit ihm und stellte ihn unter eine Verfluchung und nahm die Gewalthaber des Landes mit sich, 14 damit das Königtum niedrig blieb und sich nicht erheben konnte, damit es den Bund mit ihm einhielt und so bestehen bleiben konnte. 15 Dieser aber lehnte sich gegen ihn auf und sandte seine Boten nach Ägypten, damit man ihm Pferde und viel Volk gebe. Taugt das etwas? Wird der davonkommen, der dies tut? Und wird davonkommen, wer einen Bund bricht? 16 So wahr ich lebe, Spruch Gottes JHWHs: Am Ort des Königs, der ihn zum König gemacht hat und dessen Verfluchung er missachtet und dessen Bund er gebrochen hat, bei ihm in Babel wird er sterben!

Der Vorwurf der Hurerei zielt so darauf, dass Jerusalem nicht auf Jhwh, seinen Gott, vertraute, sondern mit fremden Großmächten, namentlich Ägypten, paktierte, die – bzw. deren Götter – in den in der 2. Person Singular feminin gehaltenen Texten als „Liebhaber“ erscheinen, die Jerusalem nun aber verschmähen, ja sie vergewaltigen. Gegen die Auf‌fassung, in den Klagen die ältesten Texte des Buches zu sehen, ist eingewendet worden, dass bloße Klagen über das Unheil nicht überlieferungsbildend gewirkt haben können. Es sei nicht zu erklären, wie es dann zur Schriftlichkeit gekommen sei. Der Vorgang des Klagens an sich sei zwar historisch zu erwarten, doch nicht dessen Dokumentierung. Dagegen lässt sich anführen, dass diese ältesten Klagen im Jeremiabuch eine dezidierte theologische Position vertreten und eben dadurch die Überlieferungsbildung plausibel gemacht werden kann: Offenbar wenden sie sich direkt gegen die Jerusalemer Zionstheologie – die nationalreligiöse Orthodoxie am ersten Tempel –, die von der Uneinnehmbarkeit des Zion wegen der dortigen Präsenz Jhwhs ausging. Besonders deutlich ist dies an der subversiven Aufnahme von Psalm 48 in Jeremia 6 zu erkennen. Psalm 48: 2 … Sein heiliger Berg, 3 schönster Gipfel, der ganzen Welt Wonne,

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der Berg Zion, äußerster Norden, ist die Stadt eines großen Königs. 4 Gott ist in ihren Palästen, als Schutzburg hat er sich kundgetan. 5 Denn siehe, Könige taten sich zusammen, zogen gemeinsam heran. 6 Sie sahen es und erstarrten, flohen entsetzt davon. 7 Zittern ergriff sie dort, Wehen wie die Gebärende. … 9 Wie wir es gehört, so haben wir es gesehen in der Stadt JHWH Zebaoths, in der Stadt unseres Gottes: Auf ewig lässt Gott sie bestehen. Sela … 13 Umkreist den Zion, umschreitet ihn, zählt seine Türme. 14 Bewundert sein Bollwerk, erkundet seine Paläste, damit ihr erzählen könnt einer künftigen Generation: 15 Dies ist Gott, unser Gott immer und ewig, er wird uns leiten. Jeremia 6: 22 So spricht JHWH: Siehe, aus dem Land des Nordens kommt ein Volk, und eine große Nation wird geweckt von den Enden der Erde. 23 Bogen führen sie und Sichelschwert, grausam ist es, und sie haben kein Erbarmen. Sie tönen wie das Meer, wenn es tost, und reiten auf Pferden, gerüstet wie ein Mann für den Krieg, gegen dich, Tochter Zion. 24 Wir haben die Kunde von ihm gehört, unsere Hände sind erschlaff‌t, Angst hat uns ergriffen, Wehen wie die Gebärende. 25 Geht nicht hinaus auf das Feld, und geht nicht auf dem Weg, denn da ist das Schwert des Feindes, Grauen ringsum! 26 Tochter meines Volks, gürte das Trauergewand um und wälze dich im Staub. Trauere wie um den einzigen Sohn, bitterste Trauer. Denn plötzlich wird der Verwüster über uns kommen.

Für Psalm 48 ist Zion sicher vor allen Angriffen. Nur schon der Anblick Zions lässt die feindlichen Könige erschrecken und abziehen. In Jeremia 6 nun überfällt der für die Feinde vorgesehene Schrecken die Bewohner Zions selbst. Auch die Bildwelt verändert sich vollständig: Aus dem „Berg Zion“ in Ps 48 ist in Jer 6 die sich in Asche wälzende „Tochter Zion“ geworden. Die Rezeption von Ps 48 in Jer 6 scheint also vom Bestreben geleitet zu sein, den Zusammenbruch der Zionstheologie theologisch und metaphorisch zu verarbeiten. Zu den ältesten Unheilstexten in Jer 4–10 sind vermutlich die Klagen in den Fremdvölkersprüchen in Jer 46–49 hinzuzunehmen, da sie thematisch und sprachlich den

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D. Die Literatur der babylonischen Zeit Texten in Jer 4–10 sehr verwandt sind. Das mit den Babyloniern hereinbrechende Unheil betraf ja nicht nur Juda und Jerusalem, sondern auch die Nachbarvölker. Dies fand seine literarische Ausgestaltung in Jer 46–49 (Huwyler 1997).

Die um die 2.-Person-Singular-feminin-Anklagen ergänzten Klagen in Jeremia 4–10 dürf‌ten bald auch durch die sogenannten prophetischen Zeichenhandlungen erweitert worden sein, die die Schuldtheologie bereits voraussetzen und das Gericht weiter ausdrücklich als Gottesgericht interpretieren (Jer 13; 16; 18–19; 27–28; 32). Diese Zeichenhandlungen weisen sich dadurch als zusammengehörig aus, dass sie (bis auf Jer 27) in der 1. Person Singular formuliert sind. Ansonsten spricht das Jeremiabuch von Jeremia in der 3. Person. Mit den Zeichenhandlungen ist wahrscheinlich noch ein älteres Stadium des Buches zu greifen, das noch keine Fremdberichte gekannt hat. Zu den älteren Texten des Buches gehören schließlich auch die Königsaussagen in Jeremia 21–23 (Job 2006): Jeremia ist als Kritiker am judäischen Königshaus aufgetreten. Dass diese Texte zum Teil zeitgenössisch sind, lässt sich etwa an dem Spruch gegen Jojakim, den drittletzten König von Juda ersehen: Jeremia 22: 18 Darum, so spricht JHWH über Jojakim, den Sohn Josias, den König von Juda: Man wird nicht um ihn klagen: Ach, mein Bruder! Und: Ach, Schwester! Man wird nicht um ihn klagen: Ach, Herr! Und: Ach, seine Hoheit! 19 Wie ein Esel begraben wird, wird er begraben werden, fortschleifen und hinwerfen wird man ihn weit draußen vor die Tore Jerusalems.

Die Ansage, dass Jojakim nach seinem Tod nicht begraben werde, ist so nicht eingetroffen, denn 2Kön 24,6 vermerkt zum Tod Jojakims: 2. Könige 24: 6 Und Jojakim legte sich zu seinen Vorfahren, und Jojachin, sein Sohn, wurde König an seiner statt.

Die Ausdrucksweise „sich zu seinen Vätern legen“ bezeichnet das reguläre Begräbnis. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass 2Kön 24,6 keine zutreffende Information überliefert. Da nun Jer 22,18–19 eine Ankündigung beinhaltet, die sich nicht erfüllt hat, kann man mit gutem Grund davon ausgehen, dass sie alt ist, denn nach dem erfolgten Begräbnis Jojakims hätte man eine solche, den tatsächlichen historischen Geschehnissen zuwiderlaufende Gerichtsankündigung kaum mehr formuliert. Schließlich ist das Jeremiabuch auch Gegenstand deuteronomistischer Redaktionstätigkeit geworden, auch wenn deren Anteil differenzierter beurteilt

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werden muss, als dies die Arbeiten von Thiel (1973; 1981) getan haben. Besonders zu nennen sind kleinere Einträge in Jeremia 1–25, die den Tenor ihres Kontextes verlassen und in Sprache und Sache deutlich deuteronomistische Vorwürfe formulieren: Jeremia 8: 18 Erheiterung anstelle meines Kummers! Mein Herz in mir ist krank. 19 Siehe, horch, der Hilferuf der Tochter meines Volks aus dem hintersten Winkel des Landes: Ist denn JHWH nicht in Zion? Ist ihr König nicht in ihr? Warum haben sie mich gereizt mit ihren Götzenbildern, mit den Nichtsen aus der Fremde? 20 Die Ernte ist vorbei, die Sommerernte zu Ende, und wir sind nicht gerettet worden. 21 Über dem Zusammenbruch der Tochter meines Volks bin ich zerbrochen. Ich trauere, Entsetzen hat mich ergriffen. 22 Gibt es im Gilead keinen Balsam? Und gibt es dort keinen Arzt? Warum ist die Heilung der Tochter meines Volks nicht vorangeschritten?

In theologiegeschichtlicher Hinsicht ist an diesen Anfängen der Jeremiaüberlieferung besonders bedeutsam, dass der Schritt von der Klage zur Anklage und damit die Entwicklung einer Schuldtheologie literarkritisch noch hinreichend deutlich zu fassen ist. Die ältesten Klagetexte im Jeremiabuch scheinen also erst sekundär, allerdings auch sehr bald, im Sinne der Threni um Schuldaussagen erweitert worden zu sein. In der prophetischen Überlieferung stand das Schuld-StrafeParadigma in babylonischer Zeit nicht einfach mehr fraglos zur Verfügung, obwohl sich die älteren, assyrerzeitlichen Prophetenbücher im Umfeld des Untergangs des Nordreichs bereits entsprechend geäußert hatten. Gerade im Blick auf den Deuteronomismus ist dies aber durchaus erwartbar: Die ältesten Stufen des Deuteronomismus in den Königsbüchern hatten wahrscheinlich nur das kultisch illegitime Nordreich sowie apostatische Tendenzen im Südreich abgelehnt. Der Gedanke, dass auch Juda insgesamt an Gott schuldig geworden war, musste erst von der erfahrenen Katastrophe her, die ja einen theologischen Grund haben musste, neu gedacht werden. Zudem ist anzumerken, dass die Gerichtsaussagen gegen Juda namentlich im Jesaja- und im Michabuch wenig plausible Referenzpunkte in spätvorexilischer Zeit darstellten, da sie seit beinahe einem Jahrhundert als noch unerfüllte Weissagungen im Verdacht standen, bloße Falschprophetie zu sein. b) D ie Anfänge der Ezechielüberlieferung Die Anfänge der Ezechielüberlieferung sind schwieriger zu erfassen als diejenigen der Jeremiaüberlieferung. Wie sie ausgesehen haben mögen, hängt vor allem

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davon ab, ob man die Rekonstruktion einer noch vor der golafavorisierenden Buchgestalt liegenden Vorstufe des Ezechielbuches für möglich hält oder nicht. Diese golafavorisierende Buchgestalt gehört ihrerseits erst in die frühe Perserzeit: Das Ezechielbuch ist deutlich das Sprachrohr der Interessen der ersten „Gola“ (Exulantengruppe), die 597 v. Chr. mit Jojachin deportiert wurde und zu der auch Ezechiel gehörte. Die babylonische Prägung des Ezechielbuches ist nicht zuletzt an seiner Bildwelt zu erkennen, die deutlich von der international maßgeblichen „Leitkultur“ Mesopotamiens her inspiriert ist (Keel 2007, 676–728). Karl-Friedrich Pohlmann (1996, 33–36; vgl. Rudnig 2000, 345) etwa erkennt ein vorgolaorientiertes Buch mit Texten vor allem aus Ezechiel *4–24; *31; *36, das nach einem zweigliedrigen Ablaufschema Gericht–Heil strukturiert gewesen sei, wobei der Heilsausblick dieses ersten Ezechielbuches noch verhalten und textlich sehr schmal gewesen sei. Die ältesten Einzeltexte des Buches sieht Pohlmann in den Gedichten Ezechiel *19 und *31, die noch ganz ohne Bezug auf Jhwh über die eingetretene Katastrophe klagen und die er auf Jerusalemer Kreise zurückführt, die dem Königshof nahegestanden haben. Das älteste Ezechielbuch hätte demnach eine ähnliche sachliche Ausrichtung gehabt wie die Anfänge der Jeremiaüberlieferung. Doch ist die literarhistorische Rekonstruktion im Ezechielbuch weniger deutlich angezeigt und dementsprechend umstrittener. Immerhin aber scheinen die Ursprünge des Ezechielbuches bereits in babylonischer und nicht erst persischer Zeit zu liegen. Das Selbstzeugnis des Buches ist als solches zwar kein verlässliches historisches Argument für diese Annahme. Aber der Umstand, dass die große Vision in Ezechiel 8–11, die vom Abzug der „Herrlichkeit Jhwhs“ aus dem Jerusalemer Tempel berichtet, diese „Herrlichkeit Jhwhs“ nicht nach Babylon (wie die golaorientierte Perspektive es in Ez 1–3 voraussetzt), sondern nur einige hundert Meter zum Ölberg ziehen lässt (Ez 11,23), weist darauf hin, dass im Ezechielbuch auch vorgolaorientierte Textelemente zu finden sind. Ezechiel 11: 23 Und die Herrlichkeit JHWHs stieg auf aus der Mitte der Stadt, und über dem Berg, der im Osten der Stadt liegt, blieb sie stehen.

Es besteht aber kein Zweifel daran, dass das Ezechielbuch sehr bald grundlegend „babylonisiert“ worden ist: Sein Datierungssystem wird auf das Jahr 597 v. Chr. geeicht, Ezechiel wird als Prophet allein der Jojachin-Gola gezeichnet und das Land Israel wird als vollkommen verwüstet und ohne jegliche Zukunftsperspektive, die unabhängig von der Heimkehr der Exilierten wäre, dargestellt. Der sogenannte Verfassungsentwurf in Ezechiel 40–48, vermutlich kritischutopisch ausgerichtet, ist ein literarisch komplexes Gebilde (Rudnig 2000; Keel 2007, 890–900), das in seinen Grundbeständen womöglich in die babylonische Zeit zurückreicht. Dafür sprechen könnte das Fehlen der dritten Dimension in den Baubeschreibungen für den neuen Tempel, aber auch die Divergenzen zur

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priesterschriftlichen Heiligtumstheologie in Exodus 25–40, die auf vorpriesterschriftliche Ursprünge von Ezechiel 40–48 deuten und die es dem Ezechielbuch für ansehnliche Zeit verunmöglichten, in den Kreis der maßgeblichen Schriften des perserzeitlichen Judentums aufzusteigen. Die in Qumran gefundene, möglicherweise schon im 4. oder 3. Jahrhundert v. Chr. entstandene Tempelrolle (Maier 1997) versucht, einen Ausgleich zwischen Exodus 25–40 und Ezechiel 40–48 zu erzielen. c) Deuterojesaja Zu den sichersten Ergebnissen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft gehört die Hypothese, dass der zweite Buchteil des Jesajabuches, Jesaja 40–66, historisch nichts mit dem namengebenden Propheten des 8. Jahrhunderts v. Chr. mehr zu tun hat: „Jesaja“ wird nicht mehr genannt, die prophetische Verkündigung ist auf Heilsansage konzentriert und das historische Setting setzt zumindest das 6. Jahrhundert v. Chr. voraus, wie die explizite Nennung des Perserkönigs Kyros (Jes 44,28; 45,1) zeigt. Jesaja 40–66 geht im Grundbestand wahrscheinlich auf einen Propheten des 6. Jahrhunderts v. Chr. zurück, dessen Namen wir nicht kennen und der in der Forschung allgemein als „Deuterojesaja“ (d. h. „zweiter Jesaja“) bezeichnet wird (Hermisson 1999). Gegen die auch vertretene Auf‌fassung, Jesaja 40–66 sei insgesamt Fortschreibungsprophetie und lasse keinen Rückschluss auf das Wirken einer entsprechenden prophetischen Einzelgestalt zu (Albertz 1990), spricht die formgeschichtliche Prägung des Materials in Jesaja 40–55, die die These eines Propheten „Deuterojesaja“ – oder wahrscheinlich einer Prophetengruppe, die man unter diesem Namen subsumieren kann (Berges 2016, 135–190) – nach wie vor plausibel erscheinen lässt. Jes 45,1–2 lässt eine relativ genaue Ansetzung der schriftlichen Fixierung der Botschaft „Deuterojesajas“ zu (Kratz 1991a; Leuenberger 2010; anders Albertz 2003c). Der Passus rechnete ursprünglich mit einer gewaltsamen Machtergreifung des Kyros in Babylon („ich will eherne Türen zerbrechen“) und wurde erst nachträglich den historischen Gegebenheiten, der kampf‌losen Einnahme Babylons, entsprechend überarbeitet („dass ich Türen vor dir auf‌tue“). Jesaja 45: 1 So spricht JHWH zu seinem Gesalbten, zu Kyros, den ich bei seiner Rechten ergriffen habe, um Nationen vor ihm zu unterwerfen – und Königen werde ich den Gürtel von den Hüften reißen –, um Türen vor ihm zu öffnen, und Tore werden nicht verschlossen bleiben: 2 Ich selbst werde vor dir herziehen, und bergiges Gelände mache ich flach, Türen aus Bronze zerbreche ich, und eiserne Riegel schlage ich in Stücke.

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In dieselbe Richtung weist, dass Jesaja 40–66 stark mit dem Weissagungsbeweis argumentiert (Keel 2007, 862–864). Die Wahrheit der prophetischen Botschaft ist daran zu erkennen, dass sie im Voraus verkündet worden ist. Dieses Argument wäre kaum so prominent in der Deuterojesajaüberlieferung verankert, wenn ihre historischen Anfänge nicht vor dem Fall Babylons liegen würden: Jesaja 43: 12 Ich war es, der es verkündet hat, und ich habe gerettet, und ich habe es hören lassen, und kein fremder Gott war bei euch. Und ihr seid meine Zeugen, Spruch JHWHs, und ich bin Gott.

Jesaja 45: 21 … Wer hat solches seit je hören lassen, schon damals es kundgetan? …

Jesaja 48: 3 Schon längst habe ich das, was damals geschehen ist, verkündet, aus meinem Mund ist es hervorgegangen, und ich habe es sie hören lassen. Überraschend habe ich es getan, und es ist eingetroffen. … 5 habe ich es dir schon damals verkündet, ehe es eintraf, habe ich es dich hören lassen, damit du nicht sagst: Mein Götze hat es getan, und mein Standbild, mein Gussbild hat es befohlen.

Die älteste übergreifende, nunmehr frühpersische Edition der Deuterojesajaprophetie scheint vor allem in Jesaja *40–46 greif‌bar zu sein, wobei die Passagen 40,1–5 und 52,7–10 als Prolog bzw. Epilog interpretiert werden können (vgl. – mit weiteren redaktionsgeschichtlichen Differenzierungen – Weidner 2017). Jesaja 40: 1 Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. 2 Redet zum Herzen Jerusalems und ruf‌t ihr zu, dass ihr Frondienst vollendet, dass ihre Schuld abgetragen ist. Aus der Hand JHWHs musste sie nehmen das Doppelte für all ihre Sünden. 3 Horch, es ruf‌t: In der Wüste ebnet den Weg JHWHs, macht in der Steppe eine gerade Bahn für unseren Gott! 4 Jedes Tal wird sich heben, und senken werden sich alle Berge und Hügel, und das Unebene wird flach, und was hügelig ist, wird zur Ebene. 5 Und die Herrlichkeit JHWHs wird sich offenbaren, und gemeinsam wird alles Fleisch es sehen. Der Mund JHWHs hat gesprochen!

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Jesaja 52: 7 Wie lieblich klingen die Schritte des Freudenboten auf den Bergen, der Frieden verkündet, der gute Botschaft bringt, der Rettung verkündet, der zu Zion spricht: Dein Gott ist König geworden! 8 Horch, deine Wächter haben die Stimme erhoben, allesamt jubeln sie, denn Auge in Auge werden sie sehen, wie JHWH zurückkehrt nach Zion. 9 Freut euch, jubelt allesamt, ihr Trümmerstätten Jerusalems! Denn JHWH hat sein Volk getröstet, hat Jerusalem erlöst. 10 Vor den Augen aller Nationen hat JHWH seinen heiligen Arm entblößt, und alle Enden der Erde werden das Heil unseres Gottes sehen.

Diese „Deuterojesajagrundschrift“ hebt sich von aller vorangegangenen Schriftprophetie Israels, die im Alten Testament erhalten ist, dadurch ab, dass sie uneingeschränkt Heil zu ihrem Inhalt hat. Wahrscheinlich reagiert sie damit auf die spätestens seit der Regentschaft Dareios’ I. wahrnehmbare Konsolidierung der persischen Herrschaft, setzt aber wohl noch nicht umfangreiche Heimkehrbewegungen voraus, da Prolog und Epilog noch allein die Heimkehr Gottes nach Zion-Jerusalem als Heilsereignis feiern. Die Schuld Jerusalems, die noch in Jeremia 4–10 und in Threni im Vordergrund stand, ist bezahlt. Wohl ist dieses Heil noch nicht überall in voller Wirkung hervorgebrochen, doch es ist bei Gott fest beschlossen und steht unmittelbar vor seiner irdischen Verwirklichung. Diese Differenz von himmlischem Beschluss und irdischer Realisierung findet seinen sprachlichen Niederschlag in den sogenannten „Heilsperfekta“ bei Deuterojesaja: In Jesaja 40–66 kann von bestimmten, real noch ausstehenden Heilssetzungen deswegen im Perfekt gesprochen werden, weil sie bei Gott bereits besiegelt sind. Das Gericht Gottes über sein Volk ist also vorbei. Für die Folgezeit sieht Deuterojesaja für Israel eine neue Heilsgeschichte anbrechen, die allerdings ganz andere Merkmale als die alte, vergangene tragen wird. Das wohl auf‌f älligste findet sich darin, dass für Israel kein eigener König mehr vorgesehen ist, sondern dass die Einordnung in das Perserreich als göttliche Heilssetzung akzeptiert wird. Die Ausrufung des Perserkönigs Kyros zum „Gesalbten Jhwhs“ (Jes 45,1) ist im Rahmen der altorientalischen und damit auch der altisraelitischen Religionsgeschichte ein Novum: Altorientalische Religionen bewegen sich traditionellerweise im Rahmen nationalreligiöser Konzeptionen, in denen alles Ausländische zum Bereich des Chaos zu zählen ist. Wenn nun die Deuterojesajaüberlieferung Kyros als legitimen Herrscher von Gottes Gnaden ansieht, so ist damit ein qualitativer Sprung vollzogen, der den traditionellen Vorstellungsrahmen einer Nationalreligion vollkommen sprengt (Keel 2007, 857–861). Jhwh, der Gott Israels, ist damit zum alleinigen Herrscher der Welt avanciert, der auch den persischen Großkönig einsetzt oder gegebenenfalls auch wieder absetzt. Zu den Kyros-Aussagen in Jes 44–45 hat man gerne auf den sogenannten Ky-

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Abb. 11: Der Kyroszylinder

roszylinder verwiesen (siehe Abb. 11), ein persisches Dokument aus der Zeit des Falls Babylons 539 v. Chr. (vgl. Leuenberger 2010, 32–46; Vieweger 2019c, 15–19). Auf diesem Dokument hat Kyros festhalten lassen: Marduk … befahl ihm [sc. Kyros], nach seiner Stadt Babel zu gehen, und er ließ ihn den Weg nach Babel einschlagen. Gleich einem Freunde und Genossen ging er an seiner Seite. Seine umfangreichen Truppen, deren Zahl gleich dem Wasser eines Flusses unermeßlich war, marschierten waffengerüstet an seiner Seite. Ohne Kampf und Schlacht ließ er ihn in seine Stadt Babel einziehen. Babel rettete er aus der Bedrängnis. Nabonid, den König, der ihn nicht verehrte, überantwortete er ihm … Die Einwohner von Babel … ließ ich [sc. Kyros] in ihrer Erschöpfung zur Ruhe kommen, ihre Fron ließ ich lösen. Über meine [guten] Taten freute sich Marduk, der große Herr. (TUAT I, 408–409)

Eine strukturelle Ähnlichkeit zwischen Jesaja 44–45 und dem Kyroszylinder besteht darin, dass der Perser Kyros auch im Kyroszylinder als Auserwählter eines fremden Gottes, hier des babylonischen Hauptgottes Marduk, angesehen werden kann. Anders als in Jesaja 44–45 handelt es sich hier aber um eine Aussage von Kyros selbst, der sich so als auch von den ortsansässigen Göttern legitimierter Herrscher in Babylonien ausgibt. Demgegenüber geht Jesaja 44–45 einen Schritt weiter: Die Bezeichnung des Kyros als Jhwhs „Gesalbter“ ist eine Fremdaussage, die den Perser Kyros an die Stelle der abgebrochenen Daviddynastie setzt. Entsprechend kann dann – in wahrscheinlich erst perserzeitlichen Aussagen – im Jeremiabuch (z. B. Jer 25,9; 27,6, 43,10) Nebukadnezar als „Knecht“ Gottes bezeichnet werden, was sonst im Alten Testament vor allem ein Davidstitel ist (Schmid 1996a, 229–249). Vergleichbar sind weiter die Fremdherrscherbekenntnisse zum Gott Israels in Daniel 1–6, die dieser Konzeption ebenfalls nahestehen. Die Deuterojesajaüberlieferung vertritt einen strengen Monotheismus, der nur Jhwh allein als Gott anerkennt, während alle anderen von den Völkern verehrten

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Gottheiten nichtig sind: „Ich bin Jhwh und keiner sonst“ (Jes 45,5). Man kann diesen Monotheismus als exklusiv bezeichnen – die Klasse der Gottheiten wird auf das eine Element Jhwh beschränkt –, in Abgrenzung zu inklusiven Konzeptionen wie etwa derjenigen der Priesterschrift, die auch nur mit einem Gott rechnen, aber durchaus zugestehen können, dass dieser unter verschiedenen Gestalten angerufen und verehrt werden kann – die Klasse der Götter enthält ebenfalls nur ein Element, das aber Jhwh, Ahura Mazda, Zeus usw. genannt werden kann. Der Monotheismus Deuterojesajas (vgl. Albani 2000; 2003; Lemaire 2007, 105–108; Leuenberger 2010, 47–79) markiert einen elementaren Umbruch in der Religionsgeschichte Israels. Der exklusive Glaube an einen Gott findet hier erstmals eine explizite Ausgestaltung. Er wird in Aufnahme und Zuspitzung des ersten Gebots aus dem Dekalog formuliert, das die Verehrung anderer Götter verbietet, deren Existenz aber noch nicht ausschließt, sondern nach wie vor voraussetzt: Jesaja 45: 6 … Ich bin JHWH und keiner sonst. 7 Der das Licht bildet und die Finsternis schaff‌t, der Heil vollbringt und Unheil schaff‌t, … Deuteronomium 5: 6 Ich bin JHWH, dein Gott, der dich herausgeführt hat aus dem Land Ägypten, aus einem Sklavenhaus. 7 Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Beide Texte setzen mit der im altorientalischen Polytheismus beheimateten Selbst­vor­stellungsformel „Ich bin Jhwh“ ein, mittels derer eine sich offenbarende Gottheit traditionell identifiziert. Das erste Gebot präzisiert dann „dein Gott“, also Israels Gott, „der ich dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt habe“, während die universal gewendete Konzeption Deuterojesajas darauf verzichtet und gleich zu der negativen Komplementäraussage übergeht: „und keiner sonst“, womit einerseits die dekalogische Bestimmung „du sollst keine andern Götter neben mir haben“ entscheidend verschärf‌t und andererseits die Selbstvorstellungsformel ad absurdum geführt wird. Mit der Bestimmung „der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich Heil wirke und Unheil schaffe“ bietet Jes 45,6–7 dann aber doch eine sachliche Entsprechung zu der Herausführungsaussage des ersten Gebots. Jes 45,6–7 formuliert aber keine reine Heilsaussage, sondern führt – konsequent monotheistisch – nun Heil und Unheil gleicherweise explizit auf göttliches Handeln zurück. Ja, der in Zusammenhang mit dem Begriff „Unheil“ verwendete Terminus brʾ bezeichnet exklusiv das göttliche Schaffen, so dass Gott als Urheber des Unheils nicht nur expliziert, sondern sogar eigens hervorgehoben wird. Die monotheistische Option bei Deuterojesaja steht in einem direkten sachlichen Zusammenhang mit seiner Herrscherkonzeption: Wenn der Weltenherrscher Kyros als göttlich legitimierter König über Israel herrschen soll, dann ist umgekehrt deutlich, dass Gott selber, dessen irdischer Stellvertreter Kyros ist,

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die ganze Welt beherrscht. Man kann von daher vermuten, dass das Auf‌kommen des Monotheismus in Israel auf politischen Hintergründen beruht. Ist Gott nur einer und als dieser eine Schöpfer und Herrscher der Welt, so bringt dies mit sich, dass Gottes Handeln in der Welt nun anders gedacht werden muss, als dies in der älteren Literatur des Alten Testaments der Fall gewesen war. Bei Deuterojesaja ist neu alles Gotteshandeln grundsätzlich als Schöpfungshandeln qualifiziert. Besonders klar zu greifen ist dieses Moment in den das Deuterojesajabuch strukturierenden Hymnen, die an markanten Stellen im Buchablauf den Schöpfergott preisen und so klarstellen: Die göttlichen Geschichtstaten sind Schöpfungsakte. Die geschichtliche Situation Deuterojesajas, nach dem Untergang Judas und Jerusalems, machte es notwendig, die alten Gründungsüberlieferungen Israels kritisch zu überdenken. Was die Herausführung Israels aus Ägypten betriff‌t , so ist für Deuterojesaja deutlich, dass sie keinerlei gegenwärtige Heilsrelevanz mehr besitzt. Der alte Exodus aus Ägypten hat ja offenkundig eine Unheilsgeschichte aus sich herausgesetzt, die im Verlust des eigenen Landes gipfelte. Auf ihn als stiftendes Gründungsdatum lässt sich die Beziehung zwischen Israel und seinem Gott nicht mehr stützen. Das Deuterojesajabuch setzt dagegen: Es wird einen neuen Exodus – nun aus Babylon – geben, der den alten weit überbieten wird. Zunächst wird Jhwh selbst aus Babylon ausziehen, und das Volk wird ihm dann nachziehen. Und aufgrund dieses neuen Exodus, der ein neues Verhältnis zwischen Gott und Volk stiftet, kann der alte getrost vergessen werden. Bemerkenswert ist, dass auch der neue Exodus ein „Wasserwunder“ kennen wird, nun aber kein die Feinde destruierendes wie in Exodus 14, sondern Jhwh wird Wasser in die Wüste geben, damit sein Volk getränkt werde (vgl. Macchi 2009). Jesaja 43: 16 So spricht JHWH, der einen Weg bahnt im Meer und einen Pfad in mächtigen Wassern, 17 der Wagen und Pferde ausziehen lässt, Heer und Starke, gemeinsam liegen sie da, nie mehr stehen sie auf, sind ausgelöscht, verloschen wie ein Docht. 18 Denkt nicht an das, was früher war, und was vormals war – kümmert euch nicht darum. 19 Seht, ich schaffe Neues, schon sprießt es, erkennt ihr es nicht? Ja, durch die Wüste lege ich einen Weg und Flüsse durch die Einöde. 20 Die Tiere des Feldes werden mich ehren, die Schakale und die Strauße, denn in die Wüste bringe ich Wasser, in die Einöde Flüsse, um mein Volk, meine Erwählten, trinken zu lassen, 21 das Volk, das ich für mich gebildet habe. Von meinen Ruhm werden sie erzählen.

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Ganz anders als mit der Exodusüberlieferung geht Deuterojesaja mit der Erzelternüberlieferung um. Sie ist aufgrund der in ihr verankerten Landverheißungen die einzige Heilstradition, die noch theologische Relevanz hat, deshalb wird sie nun aufgegriffen und breit ausgebaut. Jesaja 41: 8 Du aber, Israel, mein Diener, Jakob, den ich erwählt habe, Nachkomme Abrahams, meines Freundes, 9 du, den ich mit festem Griff von den Enden der Erde geholt habe und den ich herbeigerufen habe aus ihren entlegensten Winkeln und zu dem ich gesprochen habe: Du bist mein Diener, ich habe dich erwählt, und ich habe dich nicht verworfen. 10 Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir! Hab keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich mache dich stark, ja, ich stehe dir bei! Ja, ich halte dich mit der rechten Hand meiner Gerechtigkeit!

Das Volk Israel kann mit den Namen seiner Erzväter angesprochen werden, die hier nun außerhalb der Genesis jedenfalls für die Abfolge Abraham–Jakob in genealogischer Reihung erscheinen. Deuterojesaja aktiviert damit die Verheißungstheologie der Erzelterngeschichte der Genesis, die Israel als Volk beschreibt, dem der Landbesitz von Gott unbedingt zugesagt worden ist. Anders als die Exodustradition mit der ihr eingestifteten „deuteronomistischen“ Gesetzestheologie bietet damit die Erzelternüberlieferung gerade für den Exilstatus Israels eine wichtige Orientierungsfunktion. Die Anwendung der Erzväterterminologie auf das Volk ist in Deuterojesaja verbunden mit der Übertragung von Königsaussagen auf das Volk: Sowohl die Bezeichnung als Knecht Jhwhs als auch die Rede von der Erwählung wie schließlich auch die Zusage „Fürchte dich nicht!“ stammen aus dem Bereich der Königsideologie. Sie wird damit demokratisiert, und das Volk rückt in die privilegierte Stellung des Königs ein. Die Deuterojesajagrundschrift ist in der Folge mehrfach erweitert worden (Kratz 1991, zurückhaltend Leene 1996). Grundsätzlich unterscheiden lassen sich Fortschreibungsvorgänge, die sich noch wesentlich im Rahmen von Jesaja 40–55 bewegen, von solchen, die den weiteren Bereich der Kapitel 40–66 umfassen, und schließlich sind auch buchredaktionelle Maßnahmen im großjesajanischen Horizont zu beobachten. So kann man innerhalb von Jesaja 40–55 mit einiger Sicherheit die Götzenpolemiken (Jes 40,19–20; 41,6–7; 42,17; 44,9–20; 45,16–17.20b; 46,5–8; 48,22) als Zusätze eigener Art identifizieren, und auch die Zionstexte in Jesaja 49–55 (bes. 49,14–26; 51,9–10.17.19–23; 52,1–2; 54,1) scheinen erst sukzessive Eingang ins Buch gefunden zu haben. Zu nennen sind schließlich auch die Gottesknechtslieder, die nach traditioneller Auf‌fassung zunächst für sich entstanden sind, in der jüngeren Forschung aber mehr und mehr auch als Fortschreibungstexte bestimmt werden.

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D. Die Literatur der babylonischen Zeit In den weiteren Bereich von Jesaja 40–66 fallen die tritojesajanischen Fortschreibungen des Deuterojesajabuches in den Kapiteln 56–59 und 63–64, während vor allem in Jesaja 65–66 großjesajanische Schlussredaktionen feststellbar sind, die das gesamte Jesajabuch abschließen und deshalb auch enge Inklusionen zu Jesaja 1 auf‌bauen (zu Jes 1 vgl. Eck 2015).

4. Rechtsüberlieferungen a) Der Dekalog Die rechtsgeschichtliche Entwicklung, die sich an das „Ur“-Deuteronomium angeschlossen hat, lässt sich in den elementarsten Grundzügen recht deutlich am vorderen Rahmen des Deuteronomiums in den Kapiteln 4–6 ablesen, der offenbar zwiebelschalenförmig nach außen hin angewachsen ist: In Dtn 6,4, am Anfang des sogenannten Schema Israel („Höre, Israel“), erblickt man mit Recht die ursprüngliche Einleitung des auf die Kultzentralisation ausgerichteten „Ur“Deuteronomiums, da das Schema Israel mit seiner wohl ursprünglich monojahwistischen Sinnspitze („Höre, Israel, Jhwh, dein Herr, ist ein Jhwh“) das theologische Grundlagenprogramm der Kultzentralisation formuliert: Jhwh ist nur ein Jhwh, das heißt außer dem Jhwh von Jerusalem gibt es keine legitimen Jhwh-Manifestationen, wie sie etwa aus der königszeitlichen Epigraphik bekannt sind (TUAT II, 561–564: „Jhwh von Samaria“; „Jhwh von Teman“). Der Dekalog ist demgegenüber eine jüngere Bildung (Hossfeld 1982; Köckert 2007), die allerdings auch ältere Materialien verarbeitet haben mag. Nahm man im Anschluss an Albrecht Alt (1934) gerne an, dass die apodiktische Formulierung der Rechtssätze des Dekalogs auf ein hohes Alter schließen lässt, so ist heute deutlich geworden, dass seine spezifische Form nicht entstehungsgeschichtlich, sondern funktional auszuwerten ist. Es handelt sich beim Dekalog in erster Linie um schriftgelehrte, verdichtende Reflexionen über Rechtsthemen, nicht um rechtliches Urgestein (Otto 1999b, 626). Die Rezeptionsmöglichkeit des Schema Israel im Sinne des Ersten Gebots, von manchen für die ursprüngliche gehalten (vgl. Veijola 1992a.b, dagegen Pakkala 1999, 73–84), ergibt sich einerseits durch die Vorschaltung des ersten Gebots in Dtn 5,7, die die entsprechende Perspektive für das Nachfolgende einstellt, andererseits durch die Einschreibung des Liebesgebots in Dtn 6,5 („Und du sollst Jhwh, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit deiner ganzen Kraft“), das entsprechend dem altorientalischen traditionsgeschichtlichen Hintergrund der „Liebes“-Metapher die uneingeschränkte Loyalität zu Jhwh meint (Moran 1963; Olyan 1996; Rüterswörden 2006; Gertz 2018b; Schmid 2018e). Die Zweitrangigkeit des Dekalogs gegenüber dem Schema Israel ist an der hervorgehobenen Mittelstellung des Sabbatgebots (Dtn 5,12–15) zu erkennen, das

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die Identität eines exilischen Israel sichert, während die Zentralisationsforderung für den Kult, die nur im Land selber eingehalten werden kann, im Dekalog auf‌f älligerweise fehlt (Otto 1999b, 627). Dass der Dekalog in der babylonischen Zeit noch vordeuterojesajanisch anzusetzen ist, zeigt sich am polytheistischen Referenzrahmen des ersten (und – je nach Zählung – zweiten) Gebots: Das Verbot, andere Götter zu verehren (Dtn 5,8–9), schließt deren Existenz nicht aus, sondern setzt sie voraus. Wie sehr sich die Problemlagen in der theologiegeschichtlichen Entwicklung vom Schema Israel (Dtn 6,4–9) zum Dekalog verändert haben, wird deutlich, wenn man erkennt, dass das Schema Israel noch ganz auf innenpolitische und binnenisraelitische Diskussionen ausgerichtet ist („ein Jhwh“), während der Dekalog mit dem Fremdgötter- und Bilderverbot (Uehlinger 1998b.c) nun offenbar intensive internationale Kontakte und Identitätsgefährdungen Israels voraussetzen, wie sie namentlich im babylonischen Exil angenommen werden können. Die ausführliche Diskussion, ob nun der Exodusdekalog (Ex 20,2–17) oder der Deuteronomiumsdekalog (Dtn 5,6–21) prioritär sei, kann und muss hier nicht aufgerollt werden (siehe Köckert 2002, 22). Was die Zweifachüberlieferung als solche betriff‌t, so ist jedenfalls bemerkenswert, dass die beiden großen Gesetzesbekanntmachungen am Sinai und im Ostjordanland beide durch den Dekalog eingeleitet werden und so ihre sachliche Gleichsinnigkeit hervorgehoben werden soll. Auf der redaktionellen Ebene der Zuordnung von Sinaioffenbarung und deren durch Mose reformulierten Promulgation im Deuteronomium (Schmid 2004b) ist deutlich, dass die Tora „dekalogisch“ charakterisiert und zusammenfassbar ist.

b) Das deuteronomistische Deuteronomium Die Vorschaltung des Dekalogs vor Deuteronomium 12–26 steht programmatisch für dessen „deuteronomistische“ Interpretation in der babylonischen Zeit. Das Deuteronomium wird nun zu einem Verfassungsentwurf umgestaltet und „dekalogisch“ restrukturiert (Otto 1994; 1999b, 627). Die Überschrift (Dtn 12,1) schränkt die Geltung der nachfolgenden Gesetze auf das Leben Israels in seinem Land ein, während der Dekalog universale Gültigkeit beansprucht. Das Deuteronomium erhält in den Kapiteln 16–18 Ämtergesetze und ein Königsgesetz, das allerdings den König zu einem bloßen Schriftgelehrten herabstuf‌t (Otto 1999c, 695). Das deuteronomistische Deuteronomium ist ein utopischer Entwurf geblieben; die Durchführung eines Sabbatjahres etwa ist nur für 162 v. Chr. historisch bezeugt (1Makk 6,49.53). Mit der Vorschaltung des Dekalogs geht auch die spezifische Offenbarungstheorie des Deuteronomiums einher, dass der Dekalog dem gesamten Volk am

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Sinai bekanntgegeben (5,1–5), die Gesetze in Dtn 12–26 aber erst im Ostjordanland von Mose dem Volk verkündet wurden (12,9–10). Wenn man der Auf‌fassung zuneigt, Dtn 12–26 sei ursprünglich Jhwh-Rede gewesen, so dürf‌te dieser Block im Rahmen dieses redaktionellen Prozesses zur Moserede umgestaltet worden sein. Das „deuteronomistische“ Deuteronomium verdankt seine Entstehung vermutlich der redaktionellen Einbindung von Deuteronomium 6–28 in den größeren Kontext der erzählenden Bücher. Das Deuteronomium wird nun zur vorgesehenen Verfassung Israels nach der Landnahme. Erst auf der Ebene des ersten Gebots stimmen die Formulierungen in den Vorderen Propheten – nun eben auch inklusive Josua und vielleicht Richter – mit denen im Deuteronomium überein und deuten entsprechend auf eine literarische Vernetzung hin, die aber wahrscheinlich schon zurück zumindest bis zum Exodusbuch reicht: Das Deuteronomium bietet zum einen zwar syntaktisch, nicht aber sachlich einen befriedigenden Anfang, zum anderen ist es durch die Zweifachüberlieferung des Dekalogs prominent auf den vorlaufenden Erzählkontext in Exodus bis Numeri abgestimmt worden (vgl. Schmid 2004b).

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E. Die Literatur der Perserzeit (5./4. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe Periodisiert man, wie in dieser Darstellung, die Geschichte Israels nicht in endogener Hinsicht nach Königszeit, Exilszeit und sogenannt „nachexilischer“ Zeit, sondern exogen nach den Einflussnahmen der jeweils bestimmenden Hegemonialmächte im Alten Orient, dann wird die gängige Vorstellung eines Endes des Exils mit dem Machtantritt der Perser schnell als Fiktion entlarvt. Das Exil kam weder 539 v. Chr. mit der kampf‌losen Einnahme Babylons noch mit den in den darauf‌folgenden Jahrzehnten erfolgten Heimkehrschüben zu einem Ende, sondern die Diaspora blieb auch ohne zwanghafte Verfügung durch eine fremde Macht bestehen. Die Deportierten, besonders die Angehörigen der zweiten und nachfolgenden Generationen, scheinen es mitunter in Mesopotamien und Ägypten zu Ansehen und Wohlstand gebracht zu haben. Zu entnehmen ist dies etwa indirekt den Dokumenten des Bankhauses Murašu, die eine Reihe von jüdischen Namen bezeugen (vgl. Stolper 1985, siehe auch Zadok 1979; Pearce 2006), den Aufstiegslegenden von Joseph und Daniel (Beyerle 2000) sowie den hohen Stellungen von Judäern wie Serubbabel, Nehemia oder auch – wenngleich historisch nur schwierig zu fassen (vgl. z. B. Grabbe 1991; Kratz 2004a, 111–118; Keel 2007, 1077–1078; Willi 2013) – Esra; Wille und Antrieb zur Rückkehr mögen also nicht immer stark ausgeprägt gewesen sein. Man kann sogar die sogenannten „Murr“-Erzählungen in Exodus und Numeri (vgl. bes. Ex 16,1–12; Num 14,1–29), in denen das Volk sich weigert, in das Gelobte Land zu ziehen, vor diesem historischen Hintergrund interpretieren. Möglicherweise sind sie eine vorgeschichtlich verankerte, kritische Reflexion über die frühperserzeitlich virulente Problematik der Rückkehrverweigerung (Römer 1991; 2004). Das Exil hat sich offenbar für manche vom Verbannungsort zur neuen Heimat gewandelt. Die Diasporaexistenz Israels hat das Alte Testament so grundlegend beeinflusst, dass die in der Perserzeit formierte Tora – abgesehen vom Gastspiel der Erzväter als Fremdlinge in ihrem Land – ganz außerhalb Israels spielt. Ebenso irreführend wie die Rede von der „nachexilischen Zeit“ ist diejenige von der „Restauration“: Zu einer Restauration der königszeitlichen Verhältnisse ist es gerade nicht gekommen, vielmehr fand Juda „unter dem Druck der politi183

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schen Gegebenheiten zu einer neuen Form des Gemeinwesens …, die sich eher an vorstaatlichen Strukturen orientiert“ (Albertz 1992, 469; 2000) – oder wie man vermutlich eher zu formulieren hat: die ihr Vorbild in Strukturen fand, die in die vorstaatliche Zeit projiziert wurden. In diesem Zusammenhang ist zu diskutieren, ob in der Perserzeit nun der Beginn des „Judentums“ anzusetzen sei, wie dies vor allem im 19. Jahrhundert (in der Regel mit pejorativer Färbung, vgl. Wellhausen 61927, 28: „Aus dem Exil kehrte nicht die Nation zurück, sondern eine religiöse Sekte“; Smend 1882), aber auch im 20. Jahrhundert (wertneutral oder mitunter in positiv-legitimatorischer Absicht) oft so bestimmt worden ist und wird (Blum 1995; Kratz 1998; Bringmann 2005, 7–11; Levin 2014). Bisweilen wird auch gerne die Zäsur in der Alexanderzeit gesehen (Schäfer 1983, 11–12; Donner 32000/2001, 474–475). Das Problem der Epochendetermination ist natürlich ein von außen an die geschichtlichen Phänomene herangetragenes und je nach angelegter Per­ spektive unterschiedlich zu beurteilen. Wer den Begriff des Judentums auf das rabbinisch geprägte Judentum nach 70 n. Chr. beschränken will, wird als entscheidenden Unterschied den Verlust des Kultes am Zweiten Tempel und die nunmehr vollständig erfolgte Transformation zur Buchreligion in Anschlag bringen. Damit hängt sachlich nachgerade notwendigerweise auch eine Reduktion der inneren Vielgestaltigkeit des Judentums zusammen, die man vielleicht sogar als die tiefgreifendste Zäsur ansehen mag. Im englischsprachigen Bereich hat sich für die Zeit vor 70 n. Chr. die etwas unschöne, aber sachlich berechtigte Redeweise von „Judaisms“ (also „Judentümern“) Raum greifen können (vgl. Neusner u. a. 1987; Edelman 1995; Deines 2001; Neusner/Avery-Peck 2001). Jedenfalls aber bestehen entscheidende Kontinuitäten vom „Judentum“ des Zweiten Tempels zum rabbinischen „Judentum“, namentlich was seine nachstaatliche Existenz sowie die entscheidenden theologischen Grundentscheidungen zu Monotheismus, Bund und Gesetz betriff‌t, so dass die weithin anerkannte Begriff‌lichkeit des „antiken oder klassischen Judentums“ Sinn und Berechtigung hat, wenn man der inneren Differenzierung nur genügend Rechnung trägt (Brettler 1999; Becking 2007, 10).

Die historischen Rahmenbedingungen des perserzeitlichen Israel werden großpolitisch durch das Perserreich gesetzt, das nun nahezu die gesamte im Alten Orient bekannte Welt umspannt. Der Aufstieg des ersten persischen Großkönigs Kyros beginnt mit dem erfolgreichen Sieg gegen seinen medischen Widersacher Astyages 550 v. Chr. und dürf‌te dann vor allem mit seinem durchschlagenden militärischen Erfolg gegen den Lyderkönig Kroisos 546 v. Chr. wahrnehmbar geworden sein. Der entscheidende Schritt zur Weltmacht erfolgte aber 539 v. Chr. mit der kampf‌losen Einnahme Babylons, die besonders durch die eigenartige, mardukfeindliche Religionspolitik des letzten babylonischen Königs, Nabonid, ermöglicht worden ist (Beaulieu 1989; Albani 2003; Schaudig 2003). Kyros wurde von der babylonischen Mardukpriesterschaft offenbar ebenso begeistert empfangen („Der Kyros-Zylinder“ [TUAT I, 408–409]; vgl. auch die „Nabonid-Chronik“ [TUAT N. F. 2, 40–41]), wie sie sich zuvor abfällig über Nabonid geäußert hatte („Schmähgedicht“ [TGI 66–69]). Für Juda allerdings dürf‌te diese großpolitische Zäsur von zunächst nieder-

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rangiger Bedeutung gewesen sein. Der Wechsel der Zentralregierung war vorerst in Syrien-Palästina wohl kaum mit lebensweltlich wahrnehmbaren Änderungen verbunden. In dieser Hinsicht wichtiger war der Beginn der Herrschaft von Dareios I. mit der Einführung der Satrapien, eines neuen fiskalischen Systems sowie von gemünztem Geld, aber auch mit der rigiden Niederwerfung der babylonischen Aufstände 522/521 v. Chr. Auch hier erst lassen sich Verschiebungen in der materiellen Kultur beobachten (vgl. Schmid 1996a, 252–253). Dazu fügt sich, dass der Tempelbau, der zwar bereits unter Kyros durch den dafür entsandten Kommissar Scheschbazar (Esr 5,14–16; vgl. Naʾaman 2000; Kratz 2004a, 105–106) vorbereitet worden war, erst in der Dareioszeit angegangen und ausgeführt wurde. Die Ansetzung des Tempelbauprojekts in die Regentschaft Dareios’ II. (423–404 v. Chr.) statt Dareios’ I. (522–486 v. Chr.) (Dequeker 1993; 1997) hat zwar die eigenartige Abfolge der persischen Könige in Esra 1–6 auf ihrer Seite, ist aber kaum mit Haggai/Sacharja 1–8 zu vermitteln (vgl. zum Problem Bedford 2001; Lux 2005, 158 Anm. 44, und mit einem neuen Datierungsvorschlag – unter Artaxerxes I. – Edelman 2005). Von besonderer Bedeutung für die Wahrnehmung der politischen Wende vonseiten Judas war aber das Schicksal von Babylon selbst. Die Zerstörung Babylons wurde zwar sehnlichst erhoff‌t (Jer 50–51; Jes 47), fand aber unter den Persern nicht statt. Ja, Babylon wurde sogar zur persischen Residenzstadt erhoben. Auch hier dürf‌te erst die Regentschaft Dareios’ I., in der babylonische Aufstände gewaltsam niedergeschlagen wurden, als historischer Wendepunkt wahrgenommen worden sein. Anders als die Assyrer und Babylonier vor ihnen setzten die Perser nicht auf die Zerschlagung der lokalen Strukturen etwa mittels Deportationen, die vor allem die Eliten betrafen, sondern stärkten vielmehr die Lokalautonomie unter Aufsicht der Zentralgewalt. Es ist sogar denkbar, dass mit einer Gestalt wie Serubbabel zunächst ein Davidide (1Chr 3,16–19) im Statthalteramt für Juda tätig sein konnte (Hag 2,2; zum Provinzstatus Judas vgl. Keel 2007, 967–992). Allerdings scheinen – wie zwei perserzeitliche Siegel belegen, die sich mit der Nachkommenschaft Serubbabels verbinden lassen („Hananja“, „Šelomit“, vgl. 1Chr 3,19) – die Davididen nach und nach aus dem Statthalteramt verdrängt worden zu sein (Lemaire 1996; vgl. Kratz 2004a, 93–106). Auf das Ganze gesehen ist es aber kein erstaunlicher Befund, dass die Perser im gesamten Alten Testament auf‌f ällig positiv gesehen sind. Immerhin ist zu vermerken, dass es in dessen Textbestand kein einziges Völkerorakel gibt, das sich gegen sie richtet (vgl. Kratz 1991b, 140 Anm. 254). Die persische Reichsideologie eines befriedeten Vielvölkerstaates unter Wahrung der jeweiligen kulturellen und religiösen Eigenarten, wie sie ihren Ausdruck etwa in der Behistun-Inschrift Dareios’ I. fand (TUAT I, 419–450), die – wie Funde ihrer aramäischen Fassung in Elephantine belegen – auch als Schultext umlief, ist in verschiedenen Konzeptionen der perserzeitlichen Literatur des Alten Testaments positiv aufgegriffen und angeeignet worden, so etwa in der Priesterschrift oder der Chronik.

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Schließlich fallen auch die ersten Rückwanderungswellen erst in die Zeit Dareios’ I., das heißt die Rückkehrer sind Angehörige der zweiten und dritten Generation der ursprünglich Exilierten. Esr 2,1–67 und Neh 7,6–69 bieten eine Rückwandererliste, die 42 360 Menschen mit Besitz auf‌f ührt. „Doch scheint die Liste in Esra keine eigentliche Rückwandererliste zu sein, sondern eine Volkszählungsliste. Der Verfasser des chronistischen Geschichtswerks legte offensichtlich Wert darauf, dass die Zerstörung Jerusalems 587 eine Leere im Land hinterlassen hatte und dass die Angaben über die Rückwanderer mit denen der dann vorhandenen Bevölkerung identisch sind“ (Kinet 2001, 195; vgl. Knauf 2006, 301–302). Hinter der Theorie der Totaldeportation Judas und diesem literarischen Kunstgriff stehen Konflikte, die sich im Zuge der Heimkehr von Deportierten ergeben hatten (Keel 2007, 835–838). Die durch die neubabylonische Besatzung nach Mesopotamien verbrachten Bevölkerungsanteile waren zwar zahlenmäßig gegenüber den im Land Verbliebenen weit in der Minderheit, doch speisten sie sich aus der Oberschicht. Ihre Nachfahren der zweiten und dritten Generation dürf‌ten darauf bestanden haben, wieder in entsprechend privilegierte Stellungen einzurücken, so dass Streitigkeiten kaum zu umgehen waren. Neben Feindseligkeiten zwischen Heimkehrern und im Land Verbliebenen sind auch Konflikte mit den Nachbarn, den Samaritanern, erfahrungsbestimmend gewesen (Hjelm 2004; Knoppers 2013; Vieweger 2019c, 104–106). Die Samaritaner waren zwar die Nachfahren des in der Assyrerzeit untergegangenen Nordreichs, aber einerseits ethnisch durch die assyrische Deportationspraxis (Oded 1979) mit importierten exogenen Bevölkerungsgruppen vermischt worden und andererseits wohl doch bereits seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. kultisch eigenständig. Die historischen Anfänge eines samaritanischen Heiligtums auf dem Garizim werden heute erheblich früher angesetzt als noch Anfang des 21. Jahrhunderts, als man im Wesentlichen die Darstellung des Flavius Josephus als Rahmen des historisch zu Erwartenden nahm (Hjelm 2004, 29–30; Knoppers 2006, 279; Keel 2007, 1123 und bes. Magen 2007). Streitpunkt war vor allem Jerusalem – der Wiederauf‌bau der Stadt habe angesichts des politischen und ökonomischen Gewichts des wiedererstandenen Tempels zu einer unliebsamen Konkurrenz für das größere und wichtigere Samaria geführt (Knoppers 2006; 2013). Diese Machtstreitereien verzögerten den Auf‌bau von Stadt und Mauer samt einer funktionstüchtigen Wiederbesiedlung bis in die Nehemiazeit. Einen sinnfälligen Eindruck des desolaten Zustandes Jerusalems, der auch als literarische Konstruktion noch sprechend genug wäre, vermittelt etwa Neh 2,11–15: Nehemia 2: 11 Und ich [sc. Nehemia] kam nach Jerusalem. Und als ich drei Tage dort war, 12 machte ich mich nachts auf, ich mit einigen wenigen Männern, ohne einem Menschen verraten zu haben, was mein Gott mir ins Herz legte, für Jerusalem zu tun. Und kein Tier war bei

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mir ausser dem Tier, auf dem ich ritt. 13 Und in der Nacht ging ich hinaus durch das TalTor, bis vor die Schakal-Quelle und zum Mist-Tor hin, wobei ich die Mauern Jerusalems prüf‌te, die niedergerissen waren, und seine Tore, die vom Feuer verzehrt waren. 14 Und ich ging hinüber zum Quell-Tor und zum Königsteich, und es gab keinen Raum zum Durchkommen für das Tier, auf dem ich ritt. 15 So stieg ich bei Nacht das Bachtal hinauf und prüf‌te die Mauer; dann ging ich wieder durch das Tal-Tor hinein und kehrte zurück.

Das im Konflikt um den Wiederauf‌bau aufscheinende Gegenüber zu Samaria dürf‌te ein bislang unterschätzter Faktor in der politischen und religiösen Geschichte des perserzeitlichen Juda gewesen sein. In die Mitte der Perserherrschaft über Syrien-Palästina fallen die Missionen Esras und Nehemias. Während, wie es die Bibel darstellt, der Schreiber Esra für kultische Belange zuständig war, oblag dem Statthalter Nehemia die Organisation der baulichen und sozialen Restauration Jerusalems und Judas. Von den beiden Figuren ist aber nur Nehemia historisch deutlich greif‌bar. Er kam nach Neh 1,1; 2,1 im 20. Jahr des Artaxerxes nach Jerusalem, wahrscheinlich ist Artaxerxes I. gemeint (465–425 v. Chr., d. h. im Jahr 445 v. Chr.). Esra soll demgegenüber nach Esr 7,7 bereits im 7. Jahr des Artaxerxes nach Jerusalem gelangt sein, also 13 Jahre vor Nehemia. Nach Meinung des Esra-Nehemia-Buches handelt es sich zweifellos um denselben Artaxerxes. Doch ist dies historisch kaum möglich: Esra findet nach Esr 9,9 bereits eine Umwallung in Jerusalem vor, die Nehemia doch erst wiederherstellen soll. Umgekehrt scheint Nehemia bei seinen bevölkerungspolitischen Maßnahmen keine Rücksicht auf die Esra-Heimkehrer zu nehmen, die doch bereits angekommen sein müssten. In der biblischen Überlieferung wurde Esra als Priester und Schriftgelehrter wohl aus theologischen Gründen dem politischen Funktionär Nehemia vorgeordnet. Als historische Gestalt bleibt Esra jedoch schemenhaft (Keel 2007, 1067–1080). Im 4. Jahrhundert v. Chr. scheint dann Jerusalem wieder ummauert worden zu sein, im Sinne einer idealen Restauration des königszeitlichen Jerusalem, das aber nur mehr über eine bescheidene Einwohnerzahl verfügte (Ussishkin 2005, 2006; Noll, 2007, 332 Anm. 63; Finkelstein 2008; 2010; 2016; vgl. Bodi 2002; Keel 2007, 951–954; Zwickel 2008). Nehemia 5 belegt schwerwiegende soziale Pro­ bleme (vgl. Kessler 2006, 144–145; Keel 2007, 1074–1075), die einen sprechenden Hintergrund für die sozialkritischen Anklagen etwa in Jesaja 56–59 abgeben. Die ökonomische und demographische Situation Judas war in der persischen Zeit vergleichsweise bescheiden, was in den Texten des Alten Testaments zu immer neuen Ausformulierungen von Heilserwartungen führte (Carter 1999; Schmid/ Steck 2005).

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II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen In theologiegeschichtlicher Hinsicht ist die alttestamentliche Überlieferung der persischen Zeit – in sehr grundsätzlicher Hinsicht – auf zweifache Weise zu charakterisieren: Zunächst einmal ist zu betonen, dass kein Buch des Alten Testaments, das über königszeitliche Ursprünge verfügt, in einer vorperserzeitlichen Gestalt erhalten geblieben ist (zur Datierungsproblematik Bautch/Lackowski 2019). Das heißt umgekehrt, dass das Überlieferungsgut des Alten Testaments redaktionell einer gewissen Profilierung unterzogen worden ist, die möglicherweise auch den einen oder anderen Selektionsvorgang beinhaltet hat, und dass es nun von bestimmten theologischen Grundentscheidungen geprägt ist, die für das perserzeitliche und spätere Judentum von vitaler Bedeutung sind, wie etwa die Option für den Monotheismus (Stolz 1996; Oeming/Schmid 2003; Zenger 2003; zusammenfassend Keel 2007, 1270–1282; Schmid 2011b), die Anerkennung von Gesetz und Bund sowie von kultischen Identifikationsmarkern wie Sabbat und Beschneidung (Grünwaldt 1992; Grund 2011; Römer 2016). Dieser Tendenz zu einer gewissen Vereinheitlichung in bestimmten theologischen Grundoptionen besonders der Gotteslehre steht nun aber eine zweite Tendenz gegenüber, die sich als eine breite Auf‌f ächerung von Positionen innerhalb des nunmehr orthodoxen Spektrums von Möglichkeiten beschreiben lässt (Grabbe 2000). Sie betreffen vor allem das Feld der politischen Theologie. Die Positionen lassen sich grob drei Strängen zuordnen. Vor allem in den Prophetenbüchern findet sich zunächst die Auf‌fassung, dass die gegenwärtige politische Erfahrung als verheißungsvolle, unumkehrbare Heilsanfänge zu deuten sind. Mittels der Perser, deren König Kyros in Jes 45,1 sogar als „Messias“ bezeichnet werden konnte, ist Jhwh daran, seinen umfassenden Heilswillen für Israel inmitten einer grundsätzlich befriedeten Welt zu verwirklichen. Dieses Heil bedarf aber der Vollendung durch Jhwh selbst. Insofern liegt es auf der Hand, dass die Tradenten der Prophetenbücher, die dieser Position zuneigen, immer wieder die Zeitgeschichte beobachten und interpretieren mussten, um Anzeichen des Durchbruchs des erwarteten Heils, aber auch geschichtliche Elemente, die diesen Durchbruch verhindern, zu identifizieren (vgl. Schmid/Steck 2005). Nicht völlig unterschiedlich zu dieser Auf‌fassung, aber in der Akzentuierung doch anders geht eine zweite Position davon aus, dass mit der Perserherrschaft nachgerade das heilvolle Ziel der Geschichte Jhwhs mit Israel und der Welt – zugespitzt gesagt, im Sinne einer „realized eschatology“ (Dodd 1935) – erreicht ist. Natürlich bedarf dieses Ziel an verschiedenen Stellen noch der Vervollständigung, doch grundsätzlich gilt die Heilswende als vollzogen. Diese Position ist, in sich wiederum differenziert, vor allem in der Priesterschrift, im vierten und fünf‌ten Buch des Psalters (Ps 107–150), in den uneschatologischen Danielerzählungen (Dan 1–6), im Esrabuch und in der Chronik zu fassen. Sie ist im Grunde ge-

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nommen nichts anderes als die jüdische Rezeption der offiziellen persischen Reichsideologie: David und Salomo sind in ihrer Eigenschaft als Initiatoren und Erbauer des Tempels die „urgeschichtlichen“ Vorbilder für Kyros und Dareios. Eine dritte Option setzt sich von den zuvor genannten beiden Positionen scharf ab und verneint den Heilscharakter der gegenwärtig erfahrbaren, politischen Entwicklungen grundsätzlich. Vor allem die Texte „deuteronomistischer“ Tradition sind Wortführer dieser Auf‌fassung, besonders im Bereich der erzählenden Bücher, aber auch etwa im entsprechend überarbeiteten Jeremiabuch. Die eigene Gegenwart ist als nach wie vor andauerndes Gericht zu interpretieren, denn Israel ist immer noch in die Diaspora zerstreut, wohnt nicht vereint in seinem Land, und hat keinen eigenen König. Dass Kyros (Jes 45,1) oder gar Nebukadnezar (Jer 27,6; Dan 1–4) Könige von Gottes Gnaden sein sollen, ist für diese Position undenkbar. Die persische Fremdherrschaft, wiewohl vergleichsweise tolerant, bleibt als solche unakzeptabel. Auch innerhalb dieser Position sind verschiedene Spielarten zu beobachten: Natürlich können hier und dort gewisse Erleichterungen des Gerichts festgestellt werden, doch hat dies nichts mit einer Heilswende, sondern mit göttlichem Erbarmen, aber immer noch im Gericht, zu tun. Um das Gericht zu wenden, wird ein nochmaliger, grundlegender Eingriff Gottes in die Geschichte erwartet, der die Vernichtung der Feinde Israels und die endgültige Befreiung Israels mit sich bringen wird, die weit über das hinausgehen wird, was die Perserzeit an heilvollen Erfahrungen jetzt schon zu bieten haben mag. Doch dieses eschatologische Heilshandeln Gottes ist von Buße, Schuldeinsicht und Umkehr des Gottesvolkes abhängig (vgl. Esr 9; Neh 9), oder aber sogar – theologisch weitergehend – von einer eschatologischen Umformung des Menschen: Dtn 30,6 erwartet eine „Beschneidung“ des menschlichen Herzens, Jer 32,40 eine Implantation der „Gottesfurcht“ in das Herz und Ez 36,26 sogar eine Transplantation des alten durch ein neues Herz (Krüger 1997; Leene 2000; Köckert 2004, 69–72; Schmid 2019, 370–381). Die Rolle der Perser ist in den drei skizzierten Positionen unterschiedlich akzentuiert: Für die Tradenten der Prophetenbücher sind sie göttliche Werkzeuge im graduellen Prozess der Heilsverwirklichung. Für die Priesterschrift, die Chronik und die ihnen verwandten Positionen sind sie die göttlich legitimierten Repräsentanten der nun verwirklichten Weltherrschaft Gottes. Für die Anhänger der – weiterhin aktiven – „deuteronomistischen“ Tradition schließlich sind sie Anzeichen des Gerichts, unter dem Israel steht. Neben diesen vor allem Probleme politischer Theologie reflektierenden Schriften finden sich nun aber weitere, vor allem im Bereich der sogenannt weisheitlichen Überlieferungen grundsätzliche Reflexionstexte, die in Weiterführung von Bestrebungen der babylonischen Zeit die conditio humana näher thematisieren (vgl. Janowski 2019, 499–517). Sie stehen im Zeichen einer nachköniglichen Anthropologie, die nach dem Verlust des Königtums den Menschen an

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sich zum Gegenstand theologischer Reflexion aufrücken lassen. Es ist schon lange bekannt, dass diese anthropologischen Denkformen Parallelstücke in wesentlich älteren mesopotamischen oder ägyptischen Texten haben (z. B. Spieckermann 1998/2001). Dass sie nicht früher in Israel rezipiert worden sind, hat weniger damit zu tun, dass sie nicht bekannt gewesen wären. Vielmehr scheinen diese Stoffe erst zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden zu sein, in dem die entsprechenden Problemlagen in der Erfahrungsgeschichte Israels aufgetreten sind. Bemerkenswert ist weiter, dass sich von der Perserzeit an Positionen der expliziten Ausdehnung der Kompetenz Jhwhs in den Bereich der Unterwelt beobachten lassen (Eberhardt 2007). Die Unterwelt war, wie Archäologie und Epigraphik zeigen, schon in der Königszeit naturgemäß ein religiös besetzter Raum. Nun aber zeigt sich, dass dieser Raum – im Zuge der Universalisierung Gottes – auch mehr und mehr explizit der Macht Jhwhs eingeordnet wird.

III. Überlieferungsbereiche 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen a) D ie Priesterschrift Ähnlich wie die Unterscheidung von Jesaja 1–39 und 40–66 gehört die Ausgrenzung der Priesterschrift aus dem Pentateuch als einer ursprünglich eigenständigen Quellenschrift zu den weithin anerkannten Ergebnissen der Bibelkritik (vgl. Koch 1987; Pola 1995; Otto 1997c; 2007, 179–180.189–193; Zenger 1997b; Berner 2010 denkt anders, aber ohne eine ausreichende Analyse der Priesterschrift zu vollziehen. Eine hilfreiche Übersicht zur gegenwärtigen Diskussion bietet Shectman/Baden 2009, siehe auch Hartenstein/Schmid 2015; Schmid 2018d). Sie umfasst theologische Programmtexte wie Genesis 1, 9, 17 und Exodus 6 und wird vor allem breit in der Beschreibung des Zeltheiligtums in Exodus 25–31 und 35–40. Der Grund für den Erfolg der Priesterschriftshypothese liegt in den altbekannten Beobachtungen, die seit den Anfängen der historischen Bibelwissenschaft ihre Auffälligkeit nicht verloren haben und erklärungsbedürftig bleiben: die Doppelung der Stoffe – seien sie nun einander nachgeordnet wie in Genesis 1–3 oder ineinandergearbeitet wie in Genesis 6–9 – sowie die auf‌f ällige Elohim-Begriff‌lichkeit (de Pury 2002) in der Erzähldarstellung von Genesis 1 bis Exodus 6. Hinzu tritt eine eigene schulsprachliche und theologisch-konzeptionelle Prägung, die die Identifizierung sichert. Der von der Exegese des 19. Jahrhunderts durchwegs getadelte, enumerative und repetitive Stil der Priesterschrift ist eng im Zusammenhang mit den priesterlichen Interessen zu sehen: Der Kult muss, um rite vollzogen werden zu können, bis ins Kleinste geregelt sein. Es muss gewährleistet sein, dass

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bei Anordnungen die jeweils erfolgten Ausführungen diesen Anordnungen genau entsprechen. Deshalb finden sich in der Priesterschrift zahlreiche Aufzählungen und „Wiederholungen“, die aber viel mehr mit ihrer Theologie als mit „schlechtem Stil“ zu tun haben. Die Priesterschrift hat – jedenfalls im Bereich Genesis bis Leviticus – als eigentliche Grundschrift des Pentateuch zu gelten. Ihre Texte organisieren dessen Ablauf, die nichtpriesterschriftlichen Anteile sind in ihn eingestellt und redaktionell von ihm bestimmt. Dieses Urteil gilt auch für die herkömmliche Neuere Urkundenhypothese: Auch im JEPD-Modell gilt die jüngste Quellenschrift P als diejenige, die bei der Zusammenarbeitung der Quellen zugrunde gelegt worden und deshalb am besten erhalten ist. Ihr junges Alter ergab sich vor allem aus einem Vergleich mit dem Deuteronomium: Die von diesem noch geforderte Kultzentralisation wird von der Priesterschrift in Bezug auf das eine Heiligtum, das es für Israel vorsieht, fraglos vorausgesetzt; die Priesterschrift ist also nicht uralt, gar mosaisch, wie man im 19. Jahrhundert weithin noch meinte, sondern frühestens exilisch entstanden. Nach der Überzeugung der aktuellen Pentateuchforschung ist die Priesterschrift nicht nur redaktionstechnisch, sondern auch konzeptionell die Grundlage des Pentateuch (vgl. Dozeman/Schmid/Schwartz 2011): Wenn es zutriff‌t, dass Väter- und Mose-Exodus-Erzählung erst durch sie kombiniert worden sind (Schmid 1999c; Gertz 2000b; Gertz u. a. 2002b; Schmid/Dozeman 2006; Germany 2017), dann geht auf sie eine der wichtigsten literarhistorischen Synthesen des Alten Testaments zurück. Dieses innovative Potential der Priesterschrift dürf‌te auch der Grund sein, weshalb sie nicht als Fortschreibung des bestehenden Textbestandes, sondern zunächst als eigene Quellenschrift entstanden ist (vgl. Levin 1993b, 437 Anm. 6, der vor allem Wert auf den priesterschriftlichen Aspekt der Kultzentralisation legt, der gegenüber der vorgegebenen Überlieferung einen „literargeschichtlichen Schnitt“ erforderte). Was ihren Umfang betriff‌t, so dürf‌te sie ihr ursprüngliches Ende in der Sinaiperikope gefunden haben, wenn auch die genauen Bestimmungen hierfür variieren (Pola 1995; Otto 1997c; Zenger 1997b; Kratz 2000a; Nihan 2007). Darauf deutet einerseits das sachliche Gewicht hin, das sie der Kultgesetzgebung am Sinai beimisst, andererseits sind auch auf‌f ällige literarische Inklusionen zwischen der Schöpfungserzählung und der Sinaiperikope zu beobachten, die eine Parallele zwischen der Erschaffung der Welt und der Erschaffung des Heiligtums auf‌bauen und so in dieselbe Richtung weisen: Genesis 1–2: 31 Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. … 1 Und so wurden vollendet Himmel und Erde und ihr ganzes Heer. 2 Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte, … 3 Und Gott segnete den siebten Tag …

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Exodus 39–40: 32 So wurde die ganze Arbeit für die Wohnung des Zelts der Begegnung vollendet. … 43 Und Mose sah das ganze Werk: Und siehe, sie hatten es gemacht. … Und Mose segnete sie. 33 … So vollendete Mose das Werk.

Die traditionelle Umgrenzung der Priesterschrift auf den Umfang des Pentateuch scheitert vor allem an der Binnenanalyse von Deuteronomium 34 (Perlitt 1988, anders wieder Frevel 2000). Sie war im traditionellen Quellenmodell nicht zuletzt auch von der Überzeugung gesteuert, die Konstituierung des Pentateuch müsse durch eine Quelle vorabgebildet sein und könne nicht einfach redaktionell sein. Innerbiblisch steht vor allem der nur zweidimensional ausgeführte Tempelentwurf Ezechiels in Ezechiel 40–48 (Rudnig 2000; Keel 2007, 890–900) in Konkurrenz zur priesterschriftlichen Vorstellung des Heiligtums in Exodus 25–40 (Keel 2007, 912–929; zu dessen Verhältnis zum Zweiten Tempel siehe 1030); aufgrund dieser Diskrepanzen ist das Ezechielbuch im Frühjudentum für lange Zeit eine theologisch umstrittene Größe geblieben. Die bei Qumran gefundene Tempelrolle versucht, einen Ausgleich zwischen Exodus 25–40 und Ezechiel 40–48 zu erzielen. Sie dürf‌te im 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein.

Neben der heute bereits mehrheitsfähigen Beschränkung der Priesterschrift auf den Bogen Schöpfung–Sinai wird aufgrund der Berührungen zwischen Gen 1,28 / Jos 18,1 (kbš) und Gen 2,1 / Jos 19,51 (klh) gelegentlich auch die These vertreten, sie habe erst im Josuabuch geendet (Blenkinsopp 1976; Lohfink 1978/1988; Knauf 2000a); doch sind die entsprechenden Notizen nicht quellenhaft, sondern dienen der Einarbeitung der Priesterschrift in den Ablauf der Geschichtsbücher. Die Theologie der Priesterschrift erschließt sich zunächst von ihren Bundesaussagen her, die den Blick auf ihre Gesamtgliederung freigibt. Entgegen dem Votum Julius Wellhausens, der die Priesterschrift noch als liber quattuor foederum einstufen wollte und ihr deshalb das Siglum Q verlieh, spricht die Priesterschrift explizit nur von zwei Bundesschlüssen, bei Noah (Gen 9,9.11) und bei Abraham (Gen 17,19.21), die die grundlegende Setzung Gottes für die Welt und die abrahamitischen Völker – das ist Israel (Isaak/Jakob), aber auch die Araber (Ismael) und die Edomiter (Esau) – formulieren. Entsprechend gliedert sich die Priesterschrift zunächst in zwei große Abschnitte, die man als „Weltkreis“ und als „Abrahamkreis“ benennen kann. In Genesis 9 stellt Gott den entspannten Kriegsbogen in die Wolken (V. 13) und garantiert der Schöpfung dauerhaften Bestand (Rüterswörden 1988, anders Keel 1977). Gott entsagt hier also jeglicher Gewalt, nachdem er urgeschichtlich, in der zuvor erzählten Sintflut, ein für alle Mal Gewalt gegen „alles Fleisch“ ausgeübt hat (Levin 2019): Genesis 6: 13 Da sprach Gott zu Noah: Das Ende (qeṣ) allen Fleisches ist vor mich gekommen, denn durch sie ist die Erde voller Gewalttat. So verderbe ich sie zusammen mit der Erde.

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Diese harte Aussage des „Endes“, das „gekommen ist“, hat die Priesterschrift nicht erfunden, sondern aus der Gerichtsprophetie übernommen: Amos 8: 2 Und er sprach: Was siehst du, Amos? Und ich sagte: Einen Korb mit reifem Obst (qayiṣ). Da sprach JHWH zu mir: Gekommen ist das Ende (qeṣ) für mein Volk Israel. Ich werde nicht länger an ihm vorbeigehen! Ezechiel 7: 2 Und du, Menschensohn – so spricht Gott JHWH zu Israels Boden: Es ist zu Ende (qeṣ), das Ende (qeṣ) kommt über die vier Ränder des Landes! 3 Nun ist das Ende (qeṣ) für dich gekommen: Ich werde meinen Zorn gegen dich senden und dich richten nach deinen Wegen und all deine Abscheulichkeiten über dich bringen.

Die Priesterschrift greif‌t so die Botschaft der Gerichtsprophetie auf, verlagert sie aber in die Urgeschichte: Ja, es hat einen göttlichen Beschluss zum „Ende“ gegeben, aber er liegt in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft (Pola 2013; vgl. Schmid 2018b). Der Sache nach stellt sich die Priesterschrift damit auch gegen das Deuteronomium mit seinen Fluchankündigungen (Dtn 28,15–68; Otto 2007, 190). Theologisch entsprechend ist die Botschaft der Priesterschrift für Israel ausgerichtet: So wie der Noahbund den ewigen Bestand der Welt garantiert, so garantiert der Abrahambund Israel fortwährende Gottesnähe – in beiden Fällen ergehen dazu keine Bedingungen (die Beschneidung ist ein Zeichen, keine Bedingung des Bundes, und die vorgesehene Ahndung für die Missachtung der Beschneidungsforderung betriff‌t nicht Israel als Ganzes, sondern nur Einzelne daraus, vgl. Stipp 2005). Wie vor allem Zimmerli (1960/1963; kritisch Krause 2020) herausgestellt hat, ist im Abrahamkreis die Nichtqualifizierung der Sinaiereignisse als Bund und die alleinige Konzentration auf den Bundesschluss mit Abraham theologisches Programm in der Priesterschrift: Die Heilszusagen Gottes (Mehrung, Land, Gottes Nähe) sollen gerade nicht durch den Gesetzesgehorsam Israels konditioniert sein, wie dies in der deuteronomistischen Ausgestaltung der Sinaiperikope vorgesehen ist. Vielmehr ist „Bund“ für die Priesterschrift eine einseitige Heilszusage vonseiten Gottes. Wohl können Einzelne aus diesem Bund herausfallen (wenn sie etwa die Beschneidung nicht vornehmen), nicht aber die kollektiven Größen der abrahamitischen Völker als ganze. Im Detail zeigt sich das an der bezeichnenden Adaption der sogenannten Bundesformel: Die zweite Hälfte der in der deuteronomistischen Theologie beheimateten Formel („dass du mir zum Volk seist“ o. ä.) fehlt in Gen 17,7 („dass ich dir zum Gott sei und deiner Nachkommenschaft nach dir“) – offenbar mit Bedacht, denn was Abraham und seine Nachkommen auch

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tun oder lassen werden, an der bedingungslos zugesagten Nähe Gottes ändert dies nichts. Vergleicht man Weltkreis und Abrahamkreis in der Priesterschrift weiter, so fällt auf, dass der Noahbund auf das Weltgericht (die Flut) folgt, während der Abrahambund dem Israelgericht (der nationalen Katastrophe) vorausgeht. Die hinter dieser Gestaltung stehende Intention ist offenbar die, dass die urgeschichtliche Veränderung Gottes, die zu seiner Zusage des Noahbundes geführt hat, nun dem Abrahamkreis von vornherein in den Zusagen des Abrahambundes zugute kommt. Die Gesamtstruktur der Priesterschrift ist allerdings nicht zweiteilig, wie ihre Bundestheologie vermuten lassen könnte, sondern dreiteilig, wie ihre Gotteslehre anzeigt: Neben den sich bereits konzentrisch zueinander verhaltenden Welt- und Abrahamkreisen gibt es noch einen dritten, innersten Kreis, den Israelkreis. Obwohl die Priesterschrift mit ihrem Abrahamkreis eine „ökumenische“ Theologie verfolgt, die Israeliten, Araber und Edomiter verbindet (de Pury 2000; anders Köckert 2015b), so ist für sie doch unzweifelhaft klar, dass nur Israel selbst die vollkommene Gotteserkenntnis gewährt wird und dass nur Israel mit der Gabe des Opferkults über ein Medium verfügt, das eine partielle Restitution der „sehr guten“ Schöpfungsordnung von Genesis 1 ermöglicht (zu den Opfern siehe Eberhart 2002; Keel 2007, 1036–1041). Den drei Kreisen entsprechen drei Offenbarungsmodi Gottes: Der gesamten Welt gilt Gott als „Elohim“. Die Priesterschrift benutzt den hebräischen Gattungsbegriff „Gott“ undeterminiert wie einen Eigennamen (z. B. Gen 1,1), identifiziert die Gattung „Gott“ mit ihrem einzigen Inhalt und propagiert so einen inklusiven Monotheismus (de Pury 2002; Schmid 2003; kritisch Blum 2008c). Den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob gegenüber stellt er sich als „El Schaddai“ vor, während erst der Mosegeneration sein eigentlicher, kultfähiger Name enthüllt wird, nämlich „Jhwh“. Diese gestuf‌te Offenbarungstheorie ist am deutlichsten in der priesterschriftlichen Darstellung der Moseberufung in Ex 6,2–3 zu fassen: Exodus 6: 2 Da redete Gott mit Mose und sprach zu ihm: Ich bin JHWH. 3 Abraham, Isaak und Jakob bin ich als El-Schaddai erschienen, mit meinem Namen „JHWH“ aber habe ich mich ihnen nicht kundgetan.

Insgesamt vertritt die Priesterschrift eine ganz uneschatologische und pazifistische (und in diesem Sinn durchaus auch politische) Position, die in der perserzeitlichen Verfassergegenwart so etwas wie das gottgewollte Ziel der Geschichte erblickt. Manche Forscher belassen allerdings den priesterschriftlichen Texten im Unterschied zu deren traditionell unpolitischer Deutung aufgrund der Königsverheißungen in Gen

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17,6.16; 35,11 die Hoffnung auf eine nationale Restauration unter einem eigenen König (Blum 1995; Groß 1987/1999), doch bleibt diese Perspektive im Gesamtrahmen der Priesterschrift eigentümlich schwach ausgeprägt. Die Annahme liegt näher, dass diese Verheißungen von der Priesterschrift als in der nachfolgenden Geschichte längst erfüllt angesehen und so von vornherein „historisiert“ verstanden worden sind.

Der eine Gott („Elohim“, der durchaus unter verschiedenen Namen verehrt werden kann, so als „El Schaddai“ in der abrahamitischen Ökumene und als „Jhwh“ in Israel) herrscht über die ganze, von ihm erschaffene Welt, in der die Völker, jedes an seinem Ort, mit seiner Sprache und seinem Kult, friedvoll auf Dauer zusammenleben. Einzig Ägypten wird in der Priesterschrift feindlich gesehen, wie aus dem Plagenzyklus sowie der Notiz Ex 12,12 zu erkennen ist. Vermutlich spiegelt sich hier die zeitgeschichtliche Abfassung der Priesterschrift noch vor der Eingliederung Ägyptens in das persische Reich unter Kambyses 525 v. Chr. (Schmid 2017b). Die Priesterschrift mit ihrer pazifistischen und propersischen Ausrichtung ist nachgerade das Gegenkonzept zum deuteronomistischen Traditionsstrang schlechthin (vgl. Steck 1991a, 17–18 Anm. 19; Schmid 1999c, 256 Anm. 476 [Lit.]; Knauf 2000a), der die Perserzeit als grundsätzlich heilsdefizitär einschätzt: Solange Israel nicht vereint unter einem eigenen König in seinem Land in nationaler Souveränität lebt, kann Gott mit seinem Volk noch nicht am Ziel der Geschichte sein. Deshalb gilt die gegenwärtige Zeit nach wie vor als Gerichtszeit, und umgekehrt heißt das natürlich, dass Israel sich nach wie vor im Status der Schuld befindet, denn Gericht ist deuteronomistisch gesehen Strafe für Schuld. Die antideuteronomistische Ausrichtung der Priesterschrift lässt sich auch exegetisch nachweisen. Am elementarsten ist sie an der priesterschriftlichen Transformation der deuteronomistischen Bundestheologie abzulesen: Die Nichtqualifizierung der Sinaiereignisse als Bund in der Priesterschrift ist unmittelbare Kritik an der Bundestheologie der deuteronomistischen Sinaiperikope: Es gibt nach der Priesterschrift keine enge Verbindung zwischen Gesetz und Bund, sondern vielmehr nur eine zwischen Verheißung und Bund (anders Krause 2020). Deshalb benutzt die Priesterschrift in Gen 17,7 auch nur die „halbe“ Bundesformel. Auch die „deuteronomistischen“ Anklänge in Gen 17,9–14 weisen nicht auf Textwachstum hin (Seebaß 1997, 111–112), sondern sind eher als kritische Aufnahmen zu interpretieren. Andersartig als die deuteronomistische Tradition ist die Priesterschrift auch in ihrer Vorstellung von Gott und Kult. Gott wird von der Welt grundsätzlich getrennt – er residiert nicht im Himmel, sondern steht der Welt alokal gegenüber (Schmid 2006c), um allerdings mittels seiner Präsenzgestalt, seiner „Herrlichkeit“ (kāḇôḏ), im Kult gleichsam inmitten der Israeliten „Wohnsitz zu nehmen“ (Ex 25,8; 29,45–46; vgl. Janowski 1987/1993; Rudnig 2007, 278). Der ihm dienende Kult findet wortlos – und damit der Andersartigkeit seiner Heiligkeit Rechnung tragend – in einem „sanctuary of silence“ statt (Knohl 1995).

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Mit dem Gegenüber von Priesterschrift und Deuteronomismus wird man eines elementaren Antagonismus ansichtig, den man im Anschluss an Plöger (1962) plakativ als das Widerstreiten von „Theokratie und Eschatologie“ bezeichnet hat (vgl. Steck 1968; Dörrfuß 1994; Becker 2018). Die pauschale Gegenüberstellung von „Theokratie und Eschatologie“ ist oft kritisiert worden, doch sollte man diese Begriffe nicht missverstehen als komplementäre Kategorien, auf die sich die perserzeitliche Literatur restlos verteilen ließe. Vielmehr handelt es sich um zwei Grundoptionen, zu denen sich einzelne Texte oder Schriften in größerer oder kleinerer Nähe oder Distanz ansiedeln lassen. Im Sinne einer heuristischen Positionsbestimmung, die allerdings differenziert werden muss, lässt sich die Unterscheidung theokratischer und eschatologischer Positionen ohne dichotomische Absichten nach wie vor in Anschlag bringen. Mit der völkerfreundlichen Perspektive der Priesterschrift verwandt sind auch das Jonaund das Ruthbuch. Das Jonabuch polemisiert gegen prophetische Gerichtserwartungen gegen die fremde Großmacht – in seiner Perspektive: Ninive –, und das Ruthbuch kann in seinem Schluss (4,18–22), original oder sekundär, die Genealogie Davids auf eine Moabiterin zurückführen.

b) Theokratische Psalmen Theologisch nahe bei der Priesterschrift steht eine Reihe von Psalmen, die im hinteren Teil des Psalters stehen (Kratz 1992; Leuenberger 2004). Sie preisen Gott als den Schöpfer und als eigentlichen König der Welt, der – ohne irdischen Mittler wie einen König – ewig über seine Schöpfung herrscht. Diese Psalmen sind eigentümlich unpolitisch: Weder kritisieren sie die persische Fremdherrschaft, noch entwickeln sie Ambitionen auf ein eigenes Königtum in Israel, vielmehr äußert sich für sie die Herrschaft Gottes konkret vor allem darin, dass Gott seine Schöpfung elementar mit Nahrung versorgt. Das Perserreich wird von diesen Psalmen damit implizit als gottgewollte Organisation der Welt interpretiert, durch die der Schöpfer die Schöpfung politisch grundsätzlich befriedet hat und der er sich nunmehr als elementarer Versorger zuwendet. Psalm 145: 1 Ein Loblied Davids. Ich will dich erheben, mein Gott und König, und deinen Namen preisen immer und ewig. … 13 Dein Reich ist ein Reich für alle Zeiten, und deine Herrschaft währt von Generation zu Generation. … 15 Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit. 16 Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.

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Psalm 146: 5 Wohl dem, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist, der seine Hoffnung auf JHWH setzt, seinen Gott, 6 der Himmel und Erde gemacht hat und das Meer und alles, was in ihnen ist, der Treue bewahrt auf ewig, 7 der Recht schaff‌t den Unterdrückten, der den Hungrigen Brot gibt. JHWH befreit die Gefangenen. 8 JHWH macht Blinde sehend, JHWH richtet die Gebeugten auf, JHWH liebt die Gerechten. 9 JHWH behütet die Fremdlinge, Waisen und Witwen hilf‌t er auf, doch in die Irre führt er den Weg der Frevler. 10 JHWH ist König in Ewigkeit, dein Gott, Zion, von Generation zu Generation. Hallelujah. Psalm 147: 7 Antwortet JHWH mit Dank, spielt unserem Gott auf der Leier. 8 Der den Himmel mit Wolken bedeckt, der Erde den Regen schaff‌t, der auf Bergen Gras sprießen lässt, 9 der dem Vieh Nahrung gibt, den Raben, wonach sie krächzen.

Diese Psalmen wenden sich implizit gegen die deuteronomistische und Teile der prophetischen Tradition, die auf eine nationale Restauration unter einem eigenen König hoffen. David erscheint in Psalm 145 als exemplarisch Frommer, der die universale Königsherrschaft Gottes anerkennt und preist – es verlautet kein Wort vom Joch der persischen Fremdherrschaft oder von politischen Ambitionen auf nationale Restitution. Eher zufällig lässt sich durch einen aramäischen Paralleltext aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Psalm 20 in die Perserzeit ansetzen. Der Text ist insbesondere als transkulturelle Rezeption eines paganen phönizischen Originals bemerkenswert (Vleeming/Wesselius 1982; van der Toorn 2007, 134; 2018). Für die persische Zeit ist denkbar, wenn auch schwierig zu erhärten, dass einzelne Psalmenteilsammlungen als Sängergilden-„Bücher“ formiert worden sind, so etwa die Korach- (Ps 42–48; 84–85; 87–88) und Asafpsalmen (Ps 73–83, falls diese nicht bereits früher gesammelt worden sind, Weber 2000), oder dass thematische Gruppen wie die Jhwh-König-Psalmen (Ps 93; 96–99), die Wallfahrtspsalmen (Ps 120–134) oder die Sammlungen von Davidpsalmen (Ps 3–41 u. a.) zusammengestellt worden sind.

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Dass man in der Perserzeit jedenfalls noch mit losen Teilsammlungen von Psalmen und noch nicht mit einem übergreifend redigierten Psalter zu rechnen hat, ergibt sich mit einiger Deutlichkeit aus dem sogenannten „Elohistischen Psalter“ Ps 42–83 (Zenger 52004, 365; Süssenbach 2004), in dem – aufgrund des theologischen Programms der Priesterschrift – das Tetragramm mit „Elohim“ ersetzt wurde, auch wenn dies nicht konsequent erfolgt zu sein scheint. Dass sich diese Maßnahme nur auf Ps 42–83 erstreckt, lässt sich nur mit der Annahme erklären, dass die Psalmenüberlieferungen damals noch nicht restlos in einem Psalter vereint, sondern in verschiedenen Kollektionen gesammelt waren. c) Das Buch Hiob Das Hiobbuch gehört zu den dramatischsten Büchern des Alten Testaments – nicht nur in thematischer, sondern auch in theologischer Hinsicht (Spieckermann 2001b; Oeming/Schmid 2001; Newsom 2007; Krüger u. a. 2007; Schmid 2010). Seine Sinnspitze lässt sich nicht aufgrund von isoliert betrachteten Einzeltexten eruieren, sondern diese sind immer im Ablauf des gesamten Buches zu bedenken. Wie es scheint, erschließt sich die Theologie des Hiobbuches gerade in der Problementwicklung über die formal wie theologisch disparat wirkenden Buchteile hinweg. Wie auch immer man das literarische Verhältnis von Rahmen und Dialogen (van Oorschot 2007; vgl. klassisch Alt 1937) und die Vorgeschichte des Stoffes beurteilt (Wahl 1992), Rahmen und Dialoge sind im vorliegenden Buch sinntragend aufeinander bezogen. Die in der Regel beanstandeten Differenzen, namentlich das Bild Hiobs als Dulder (Hi 1–2) einerseits und Rebell (Hi 3–31) andererseits, sind jedenfalls im Rahmen des Gesamtbuches im Sinne eines erzählerischen Progresses durchaus miteinander vermittelt (vgl. Schmid 2001, 13–17; 2010). Geht man in dieser Weise an das Hiobbuch heran, so erschließt es sich als ein Buch, das weder das Leiden des Gerechten noch die Theodizeefrage als Zentralthema behandelt, sondern die Möglichkeit von Theologie überhaupt erörtert und problematisiert. Dieses Thema wird bereits durch den Prolog eingeführt, der mit seinen Himmelsszenen das Hiobproblem ja nicht nur exponiert, sondern zugleich auch – für die Leserschaft – löst: Hiob muss leiden aufgrund eines himmlischen Tests. Mittels dieser Grundspannung – die Leserschaft weiß Bescheid, die Akteure des Buches nicht – formuliert das Hiobbuch eine radikale Theologie-, ja sogar Offenbarungskritik: Weder die Freunde Hiobs mit ihren orthodoxen Theologien (Hi 3–27; 32–37) noch Gott selbst mit seinen gewaltigen Reden (Hi 38–41; vgl. Keel 1978) enthüllen, was bezüglich Hiob der Fall ist. Das Hiobbuch vertritt so im Grunde genommen eine negative Theologie: Über Gott kann man nicht reden, weder Theologie noch Offenbarung vermögen mit Sicherheit wiederzugeben, was der Fall ist. Über Gott zu reden, ist zwar unmöglich, aber im Reden zu Gott (Hi

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42,7, vgl. dazu Oeming 2000a; anders Kottsieper 2004) sieht das Hiobbuch die adäquate Möglichkeit des Sich-Verhaltens zu Gott. Das Hiobbuch ist nur schwer zu datieren, da es sich ganz im fiktiven Rahmen bewegt. Schon die antiken und mittelalterlichen Auslegungen rechnen nicht damit, dass Hiob eine historische Figur war, sondern erkannten den paradigmatischen Charakter des Buches. Für seine literaturgeschichtliche Einordnung muss man sich im Wesentlichen auf die Bezugnahmen zu anderen Texten des Alten Testaments stützen (Schmid 2007d; Dell/Kynes 2013). Einen gewissen absoluten Hinweis gibt die Schilderung der Katastrophen in Hi 1,17, die die neubabylonischen „Kasdim“ nennt und damit offenbar auf die babylonische Zerstörung Jerusalems anspielt. An literarischen Texten vorausgesetzt sind zunächst mit einiger Deutlichkeit die Priesterschrift und die deuteronomistisch überarbeitete Prophetenüberlieferung, denn gegen deren Ordnungstheologie wehrt sich das Hiobbuch vehement: Gott ist weder gewaltfrei (so die Priesterschrift), noch bestraf‌t er nur die Frevler und Gottlosen (so der deuteronomistische Traditionsstrang), sondern Gott kann sich, scheinbar grundlos, gegen den Frommen und Gerechten wenden. Aber auch gegen die Psalmenfrömmigkeit polemisiert das Hiobbuch (Jeremias 1992, 313–315): Nur schon sein Auf‌bau, den man auch schon als dramatisierte Klage (Westermann 1977, 27–39) bezeichnet hat, zeigt Anleihen am Psalter. Hinzu kommen nun aber die auf‌f älligen, subversiven Rezeptionen von Psalmenaussagen in Hiobs Klagen, besonders hart ist die Verarbeitung von Ps 8,5–6 in Hi 7,17–18 (Frevel 2004; vgl. auch Ps 137,9/Hi 16,12 sowie Ps 139,8–10/Hi 23,9–10). Psalm 8: 5 Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst (pqd)? 6 Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott, mit Ehre und Hoheit hast du ihn gekrönt. Hiob 7: 17 Was ist der Mensch, dass du ihn wichtig nimmst und auf ihn achtest, 18 dass du ihn jeden Morgen prüfst (pqd), ihn jeden Augenblick erprobst?

Während Ps 8,5–6 darüber staunt, dass Gott sich des Menschen überhaupt annimmt und beständig für ihn sorgt, klagt Hiob in Hi 7,17–18 über dieselbe unablässige, nun aber negativ gewendete Zuwendung: darüber, dass Gott nicht vom Menschen ablässt, ihn fortwährend prüf‌t und überwacht, obwohl er dies doch nicht nötig habe. Was kümmert (pqd) sich Gott denn um Hiob? Wenn er ihn doch nur losließe! Was Psalm 8 preist, ist für Hiob 7 zur Qual geworden – im Hebräischen kann der Terminus pqd sowohl positiv „sich kümmern“ als auch negativ „heimsuchen“ bedeuten. Weiter ist es nicht ausgeschlossen, dass das Hiobbuch die thematisch ver-

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wandten Dichtungen Ludlul bēl nēmeqi (TUAT III, 110–135) und die sogenannte „Babylonische Theodizee“ (TUAT III, 143–157) – in aramäischer Übersetzung? – gekannt und aufgegriffen hat (Spieckermann 1998/2001, 118; Uehlinger 2007b, 145, vgl. 161 Anm. 183; Schmid 2010): Das Hiobbuch wirkt wie eine strukturelle Kombination von „Babylonischer Theodizee“ (Gespräch mit Freunden, vgl. Hi 3–27) und Ludlul bēl nēmeqi (Klage des Beters, göttliche Antwort, vgl. Hi 3; 29–31; 38–41; Albertz 1981/2003, 110 Anm. 12). Von diesen Parallelen her mag auch das Setting des Hiobbuches in der babylonischen Zeit inspiriert sein. Mit seiner negativen Theologie ist das Hiobbuch nicht einfach als Traditionsgut am Jerusalemer Tempel vorstellbar; auf der anderen Seite zeugt es auch von einer solch hohen Schriftgelehrsamkeit, dass es nicht gut in allzu großer Distanz zu ihm entstanden sein kann. 2. E  rzählende Überlieferungen a) D ie nichtpriesterschriftliche Urgeschichte Die nichtpriesterschriftlichen Bestandteile der Urgeschichte (Gen 1–11) gehören zu den bekanntesten Texten des Alten Testaments (Gen 2,4b–3,24: Paradies; Gen 4: Kain und Abel; Gen *6,5–8,19: Sintflut; Gen 11,1–9: Turmbau). Bezüglich ihrer literaturgeschichtlichen Einordnung sind sie gleichzeitig zu den schwierigsten zu zählen. Der Grund für die gegenwärtigen Unsicherheiten der Forschung, die sich bei nahezu allen nichtpriesterschriftlichen Texten uneins ist, ob sie vor oder nach der Priesterschrift anzusetzen sind, hängt vor allem mit der Krise der JahwistenHypothese zusammen (vgl. Gertz u. a. 2002; Dozeman/Schmid 2006), die immerhin so schwerwiegend ist, dass die Annahme eines jahwistischen Geschichtswerks der Analyse jedenfalls nicht mehr zugrunde gelegt werden kann. In der neuesten Forschung wird als Alternative – neben der grundsätzlichen Ansetzung aller nichtpriesterschriftlichen Anteile erst nach der Priesterschrift (Blenkinsopp 1992; 1995; Schüle 2006; Arneth 2006) – namentlich darüber debattiert, ob man mit einer ursprünglich eigenständigen, nichtpriesterschriftlichen Urgeschichte im Umfang von Genesis *2–8 zu rechnen hat (vgl. Witte 1998; Baumgart 1999; Gertz 2018a), die sich mit ihrer thematischen Zusammenstellung von Schöpfung und Flut am Atramḫasis-Epos (TUAT III, 612–645) orientiert hat, oder ob die nichtpriesterschriftliche Urgeschichte eher als eine redaktionelle Verlängerung der Erzelterngeschichte zu interpretieren ist, die nie für sich existiert hat (Kratz 2000a; vgl. auch die ältere Diskussion noch im Rahmen der J-Hypothese zwischen Rendtorff 1961/1975 und Steck 1971/1982). Die Entscheidung darüber hängt im Wesentlichen an der Einschätzung der Flutperikope (vgl. auf der einen Seite Kratz 2000a; Bosshard-Nepustil 2005; Arneth 2006, auf der anderen Witte 1998; Gertz 2006a; 2018, 218–285): Nur

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wenn man ihre nichtpriesterschriftlichen Bestandteile als vorpriesterschriftlich ausweisen kann, entsteht überhaupt die Möglichkeit, mit einer eigenständigen Urgeschichte in Genesis *2–8 vor bzw. neben der Priesterschrift zu rechnen. Blickt man auf den nichtpriesterschriftlichen Flutprolog und -epilog in Gen 6,5–8; 8,20– 22, so gewinnt man allerdings eher den Eindruck, dass hier die Priesterschrift bereits vorausgesetzt ist. Darauf deuten der priesterschriftliche Schöpfungsterminus brʾ in Gen 6,6, die Aufzählung der Tiere in 6,7 nach der Diktion von Gen 1,24–30, die Unterscheidung von reinen und unreinen Tieren entsprechend der priesterschriftlichen Opfertora von Leviticus 11 sowie die sonst priesterschriftlich belegte Redeweise vom „angenehmen Duft“ (rêaḥ hannîḥoaḥ) des Opfers in 8,21 hin. Es mangelt nicht an Versuchen, beide Passagen literarkritisch von diesen priesterschriftlichen Anspielungen zu „reinigen“, doch es fragt sich, wie viel Überzeugungskraft einem solchen Vorgehen eignen kann. Genesis 6: 5 JHWH aber sah, dass die Bosheit des Menschen groß war auf Erden und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens allezeit nur böse war. 6 Da reute es JHWH, dass er den Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen. 7 Und JHWH sprach: Ich will den Menschen, den ich geschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, den Menschen samt dem Vieh, den Kriechtieren und den Vögeln des Himmels, denn (kî) es reut mich, dass ich sie gemacht habe. 8 Noah aber hatte Gnade gefunden in den Augen JHWHs. Genesis 8: 20 Und Noah baute JHWH einen Altar. Dann nahm er von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln und brachte Brandopfer dar auf dem Altar. 21 Und JHWH roch den beschwichtigenden Duft, und JHWH sprach bei sich selbst: Nie werde ich wieder die Erde verachten um des Menschen willen. Denn (kî) das Trachten des Menschenherzens ist böse von Jugend an. Und nie werde ich wieder schlagen, was da lebt, wie ich getan habe. 22 Solange die Erde währt, sollen nicht auf‌hören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Auch von der Theologie her ist der Lesezusammenhang von Flutprolog und -epilog deutlich von der Priesterschrift inspiriert: Er bietet eine urgeschichtliche Erklärung für den definitiven Gewaltverzicht Gottes gegen seine Geschöpfe nach der Flut. Die Menschen sind „böse“ geblieben, geändert hat sich aber Gott: Nicht göttliche Reue und Kummer, sondern vonseiten Gottes gewährte Lebensgarantien für die Menschheit resultieren aus der Feststellung der menschlichen Bosheit. Beides findet – in gewagter Weise anthropomorph gesprochen – gleicherweise „im Herzen“ Gottes statt (Gen 6,6; 8,21). In der Folge ist der Lauf der Zeit („alle Tage“ 6,5; 8,22) nicht mehr durch die zwar nach wie vor bestehende Bosheit der Menschen qualifiziert, sondern durch die Lebensgarantie Gottes. Die Flut hat

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sozusagen die göttliche Logik transformiert, ablesbar an der unterschiedlichen Verwendung von hebräisch kî, das in Gen 6,7 kausal, in 8,21 aber adversativ verwendet wird. Die pazifistische und ganz uneschatologische Gotteskonzeption von Gen 6,5–8 und 8,20–22 steht somit sachlich sehr nahe bei der Priesterschrift, was im Zusammenhang mit den terminologischen Berührungen auf Abhängigkeit von der Priesterschrift hindeuten könnte. Einer Quellenlösung im Bereich Genesis 6–9 ist weiter das Fehlen der nichtpriesterschriftlichen Darstellung des Baus sowie des Verlassens der Arche nicht günstig. Entsprechend hat der Vorschlag viel für sich, das nichtpriesterschriftliche Material in Genesis 6–9 als nachpriesterschriftliche Ergänzung zu interpretieren. Im Gegenzug hätte man also mit einer nichtpriesterschriftlichen Urgeschichte in Genesis 2–4 und 11 zu rechnen, was wiederum eine Stütze darin findet, dass Genesis 2–4 nicht auf die Flut zuläuf‌t: Der ätiologische Auf‌bau des Kainiten­ stammbaums in Genesis 4 kennt die nachfolgende Flutdarstellung offenkundig noch nicht. Außerdem scheint in Gen 11,1–2 ein vormaliger Anschluss an Genesis 4 (vgl. V. 16) erhalten geblieben zu sein: Genesis 4: 16 So ging Kain weg von JHWH, und er ließ sich nieder im Lande Nod, östlich von Eden. Genesis 11: 1 A lle Bewohner der Erde aber hatten eine Sprache und ein und dieselben Worte. 2 A ls sie nun von Osten auf‌brachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und ließen sich dort nieder.

Genesis 11 scheint von der Wiederbevölkerung der Erde nach der Flut, namentlich von der Völkertafel in Genesis 10 noch nichts zu wissen. Die Spätdatierung der nichtpriesterschriftlichen Anteile der Fluterzählung bedeutet nun aber nicht, dass Genesis 2–4 und 11 besonders alte Stücke seien. Für Genesis 2–3 etwa ist deutlich zu sehen, dass der Text zum einen in Terminologie und Problembewusstsein das Gepräge der jüngeren Weisheit trägt (Schmid 2002) und zum anderen die deuteronomistische Geschichtstheologie kennt und verarbeitet. Das Paradies geht aufgrund von Ungehorsam gegen ein göttliches Gebot verloren und bildet so in universalistischer Interpretation die deuteronomistisch gedeutete Geschichte Israels in (Exodus bzw.) Josua bis 2. Könige im Voraus ab (Otto 1996b). Dass Genesis 2–3 (gegen Otto 1996b; Arneth 2006) aber grundsätzlich noch vor- oder zumindest neben-priesterschriftlich anzusetzen ist und kaum als Fortschreibung von Gen 1,1–2,4a angesehen werden kann, ergibt sich schon aus dem Einsatz in Gen 2,5–7, der Widersprüche zur Kosmogonie in Genesis 1 auf‌baut, die für einen Fortschreibungstext weder zu erwarten noch zu erklären sind (vgl. Bührer 2014; 2015). Von seiner theologischen Position her gesehen ist Genesis 2–3 jedoch ein Solitär im Alten Testament. Er ist der literarische Ausdruck der Erfahrung, dass

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mittels der „Erkenntnis von gut und schlecht“ gesteuertes erwachsenes menschliches Leben – das von dieser Steuerung gar nicht absehen kann – sich notwendigerweise in Distanz zu Gott begibt. Der Mensch kann nur eines von beidem haben: unmittelbare Gottesnähe in kindlicher Einfalt oder aber selbstbestimmtes erwachsenes Leben. Erfahrungsgemäß hat er nur das Zweite, und Genesis 2–3 erklärt, weshalb das so ist. Interessanterweise stellen sich dabei diese Kapitel gegen die etwa in Ezechiel 28 greif‌bare Tradition eines mit großer Weisheit ausgestatteten Urmenschen, der diese im Zuge seiner Vertreibung aus dem Garten Eden (V. 13) verlor: Ezechiel 28: 17 Dein Herz war hochmütig geworden deiner Schönheit wegen, deine Weisheit hattest du zunichte gemacht um deines strahlenden Glanzes willen. Ich habe dich auf den Boden geworfen, dich Königen preisgegeben, damit sie sich an dir ergötzten.

In Genesis 2–3 geht die Vertreibung aus dem Garten Eden nicht mit dem Verlust, sondern dem Erwerb von Weisheit einher. Was der Mensch dafür für immer verliert, ist die Möglichkeit, „ewiges Leben“ zu erlangen, die ihm im Garten offengestanden hätte (verboten war ihm nur der Erkenntnisbaum, nicht der Lebensbaum, vgl. Gen 2,16–17). Allerdings zeigt der faktische Einschluss des Lebensbaums in das Verbot im Referat der Frau (durch die Formulierung „Baum [d. h. kollektiv „Gehölz“] in der Mitte des Gartens“) sowie ihre Verschärfung des Verbots („nicht berühren“), dass das erste Menschenpaar – aus dem Bestreben heraus, dem Gotteswillen auf jeden Fall zu entsprechen! – die Möglichkeit des ewigen Lebens nicht ergriffen hat. Insofern zeichnet Genesis 2–3 nicht nur die Situation nach dem sogenannten „Fall“ ambivalent (der Mensch hat nun die Erkenntnis von Gut und Böse, befindet sich aber dauerhaft in Gottesferne), sondern auch davor (der Mensch besitzt zwar die Möglichkeit, ewiges Leben zu erreichen, er nimmt sie de facto aber nicht wahr und wird sie ohne die Erkenntnisfähigkeit auch nicht wahrnehmen) (vgl. Spieckermann 2000; Schmid 2002). Die theologiegeschichtliche Funktion der nichtpriesterschriftlichen Urgeschichte lässt sich als eine Universalisierung und Enteschatologisierung der nachfolgenden Israelüberlieferungen bezeichnen. Universalisiert wird das „deuteronomistische“ Grundmotiv des Landverlustes aufgrund des Ungehorsams gegenüber Gottes Forderung, das nun von Israel und seinem Land auf das erste Menschenpaar und den Garten Eden übertragen wird. Damit wird die deuteronomistische Geschichtstheologie mit der conditio humana in Verbindung gebracht und durch sie begründet. Enteschatologisiert werden alle utopisierenden Entwürfe des Alten Testaments, die mit einer Rückkehr zu den paradiesischen Verhältnissen der Urzeit rechnen: Dagegen hält Genesis 2–3 (vgl. bes. 3,24) mit aller Deutlichkeit fest: Ein Zurück aus der weltlichen Existenz des Menschen

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gibt es nicht mehr. Ja mehr noch: Was es über das Leben zu wissen gibt – was förderlich und was schädlich ist –, das ist dem Menschen gegeben, denn bezüglich der „Erkenntnis von Gut und Schlecht“ ist er geworden wie Gott (Gen 3,22). Der Mensch wird sich nicht, wie es Dtn 30,6; Jer 31,33; 32,39 oder Ez 36,26 mit Blick auf ein „neues Herz“ oder einen „neuen Geist“ erwarten, grundsätzlich verändern – weder aus eigenem noch aus Gottes Antrieb –, sondern er wird so bleiben, wie er ist: ambivalent. Und deshalb wird auch sein Leben ambivalent sein: Fern von, nicht nahe zu Gott, aber in einer gewissen Selbstverantwortung, nicht in kindlicher Verfassung. b) D ie Daniel-Legenden (Daniel *1–6) Das Danielbuch gilt in seiner jetzigen Gestalt zu Recht als eines der jüngsten Bücher des Alten Testaments. Es trägt deutlich die Züge der Makkabäerzeit, wie etwa aus der Auslegung der Prophezeiung der „siebzig Jahre“ währenden Zerstörung Jerusalems aus dem Jeremiabuch in Daniel 9 erkennbar wird, die sich als „siebzig Jahrwochen“, d. h. 70 mal 7 Jahre, offenbar bis in die Zeit Antiochus’ IV. und der makkabäischen Erhebung gegen ihn erstrecken (vgl. unten S. 274–276): Daniel 9: 26 … Und das Volk des Fürsten, der kommt, wird die Stadt und das Heiligtum vernichten. Und sein Ende kommt mit einer Flut, und bis zum Ende ist Krieg: beschlossene Verwüstungen. 27 Und einen Bund für die Vielen wird er stark machen, für eine Woche, und in der Mitte der Woche wird er Schlachtopfer und Speiseopfer auf‌hören lassen. Und auf dem Flügel der Gräuel kommt einer, der verwüstet, bis sich beschlossene Vernichtung über den Verwüster ergießt.

Doch ist ebenso deutlich, dass dieses makkabäerzeitliche Danielbuch literarische Vorstufen kennt (vgl. Steck 1980/1982; Kratz 1991b; 2004b; Segal 2016), worauf nur schon der Sprachenwechsel hindeutet (Dan 2,4b–7,28 sind aramäisch, Dan 1,1–2,4a und die Kapitel 8 bis 12 sind hebräisch). Aus den Weltgeschichtsvisionen Daniel 2 und 7 ist erkennbar, dass diese ursprünglich vormakkabäerzeitlich ausgerichtet waren und auf den Zusammenbruch des Perserreichs reagiert haben. Darüber hinaus führt das theologische Gepräge der Daniel-Legenden in den Kapiteln *1–6 deutlich in die Perserzeit selbst hinein. Erkennbar wird dieses vor allem an den Bekenntnissen der Fremdherrscher zum Gott der Juden, die leitmotivisch jede der Legenden abschließen: Daniel 2: 47 Darauf‌hin sprach der König zu Daniel: Es ist wahr, dass euer Gott der Gott der Götter ist und der Herr der Könige und der Enthüller von Geheimnissen, denn du konntest dieses Geheimnis enthüllen.

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Daniel 3: 28 Darauf‌hin sagte Nebukadnezar: Gepriesen ist der Gott von Schadrach, Meschach und Abed-Nego, der seinen Engel geschickt und seine Diener gerettet hat, die ihm vertraut haben und die das Wort des Königs übertreten und ihre Körper hingegeben haben, um keinem Gott dienen und huldigen zu müssen außer allein ihrem Gott. 29 Und so wird ein Befehl von mir erlassen, der an jedes Volk, jede Nation und jede Sprache ergeht: Wer nachlässig redet über den Gott von Schadrach, Meschach und Abed-Nego, der wird in Stücke gehauen, und sein Haus wird zu einem Dreckshaufen gemacht, denn es gibt keinen anderen Gott, der so retten kann wie dieser. Daniel 3: 31 Nebukadnezar, der König, an alle Völker, Nationen und Sprachen, die irgendwo auf der Erde wohnen: Allumfassend sei euer Friede! 32 Es hat mir gefallen, die Zeichen und Wunder kundzutun, die der höchste Gott an mir getan hat. 33 Wie groß sind seine Zeichen und wie gewaltig seine Wunder! Seine Königsherrschaft ist eine ewige Königsherrschaft, und seine Herrschaft währt von Generation zu Generation. Daniel 4: 34 Ich, Nebukadnezar, preise und erhebe und verherrliche nun den König des Himmels, dessen Taten allesamt Wahrheit sind und dessen Weg das Recht ist und der die erniedrigen kann, die hochmütig daherkommen. Daniel 6: 26 Da schrieb Dareios, der König, an alle Völker, Nationen und Sprachen, die auf der ganzen Erde wohnten: Allumfassend sei euer Friede! 27 Es ergeht von mir der Befehl, dass man vor dem Gott Daniels zittere und sich fürchte im ganzen Machtbereich meiner Königsherrschaft. Denn er ist der lebendige Gott, und er bleibt in alle Ewigkeit, und seine Königsherrschaft wird nicht untergehen, und seine Herrschaft hat kein Ende. 28 Er rettet und er befreit, und er tut Zeichen und Wunder im Himmel und auf der Erde, er, der Daniel gerettet hat aus der Gewalt der Löwen. 29 Und dieser Daniel war erfolgreich unter der Königsherrschaft des Dareios und unter der Königsherrschaft von Kyros, dem Perser.

Nebukadnezar und Dareios erscheinen in den Daniel-Legenden als Herrscher fremder Großmächte, die nach bestimmten Herausforderungen oder Gefährdungen die Macht des einzigen Gottes, des Gottes Israels, anerkennen. Diese etwas phantastische Vorstellung schließt sachlich an die Deutung des Kyros als „Messias“ in Jes 45,1 an und führt das dort in der Entwicklung begriffene Erkenntnismotiv weiter aus (vgl. Jes 45,4: „ich habe dir einen Ehrennamen gegeben, ohne dass du mich kanntest“, gegenüber der wohl etwas jüngeren Aussage 45,3: „damit du erkennest, dass ich es bin, Jhwh, der dich bei deinem Namen gerufen hat, der Gott Israels“). Auch die sachlichen Verbindungen zu theokratischen Psalmen wie Psalm 145; 146; 147 liegen auf der Hand. Die Daniel-Legenden stehen so – wie die ältere Priesterschrift oder die

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jüngere Chronik – für die theokratische Position in der nachexilischen Literaturgeschichte: Gott herrscht über seine Schöpfung vermittelst der jeweils vorherrschenden Großmacht, die ihm verpflichtet ist und die ihn – so denkt es sich jedenfalls Daniel *1–6 – auch als einzigen Gott und Herrscher anerkennt.

c) D ie Entstehung des Großgeschichtswerks Genesis bis 2. Könige Folgt man der neuesten Pentateuchforschung, so hat man damit zu rechnen, dass die großen Synthesen, die den jetzt vorliegenden Ablauf der erzählenden Bücher von Genesis bis 2. Könige geschaffen haben, erst verhältnismäßig spät, nämlich perserzeitlich anzusetzen sind (Schmid 1999c, 241–301; Kratz 2000a, 314–331; Römer/Schmid 2007; vgl. Dozeman/Römer/Schmid 2011). Das gilt namentlich für die Verbindung der Genesis- und Exodusüberlieferung, die vermutlich zum ersten Mal im Gefolge erst der Priesterschrift vorgenommen worden ist (Gertz u. a. 2002; Dozeman/Schmid 2006). Ob die Priesterschrift in einem zweiten Schritt oder gleichzeitig mit diesem Zusammenschluss der vorpriesterschriftlichen Genesis und der Exoduserzählung zu einem Hexateuch Eingang in diese große Geschichtsdarstellung gefunden hat, ist schwierig zu entscheiden. Besonders für die zuvor selbständige Genesis bedeutet die Einbindung in den Ablauf von Genesis bis 2. Könige eine erhebliche Sinnverschiebung: Die zuvor offene Verheißungstheologie der Genesis findet nun ihre Erfüllung in der Konstatierung der Volkswerdung in Exodus 1 und in der Landnahmedarstellung von Josua und wird damit historisiert. So entsteht in Genesis bis 2. Könige die Abfolge Heilsgeschichte (Genesis bis Josua) – Unheilsgeschichte (Richter bis 2. Könige), wobei die Heilsgeschichte in der Landgabe kulminiert, die Unheilsgeschichte hingegen mit dem Landverlust endet. Der Umstand, dass Genesis bis 2. Könige insgesamt als theologisches Nullsummenspiel endet, weist darauf hin, dass diese Größe nicht für sich bestanden hat. Man muss auch nicht die letzten vier Verse (2Kön 25,27–30) bemühen, um hier die entscheidenden Zukunftsaussichten jenseits des Gerichts zu finden (vgl. zu Recht Begg 1986; Becking 1990; J. Schipper 2005, anders etwa Zenger 1968; Levenson 1984; vgl. Collinet 2019). Vielmehr führt das corpus propheticum die Geschichtsdarstellung sachlich fort und enthält die entsprechenden Heilsperspektiven (vgl. Clements 2007; Schmid 2006a; vgl. Keel 2007, 843). Erst hier entsteht also das Geschichtsbild der „doppelt gebrochenen Linie“, das von alter Heilsgeschichte (Väter bis Landnahme) über die Unheilsgeschichte (Königszeit) zu einer neuen, durch die Propheten verheißenen Heilsgeschichte führt, das man – entsprechend der Frühdatierung der traditionellen jahwistischen und elohistischen heilsgeschichtlichen Entwürfe – im 20. Jahrhundert gerne schon im Hintergrund der ersten Schriftpropheten und ihrer Verkündigung erblickte (vgl. Koch 1984a). Die Zusammenarbeitung von Genesis und Exodus hat sich vor allem in drei

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Programmtexten niedergeschlagen: in Genesis 15, Exodus 3–4 und Josua 24 (Schmid 1999c). Die literarische Integrität dieser Texte ist zwar umstritten, doch es ist unzweifelhaft, dass sie in ihrer vorliegenden Gestalt die Hauptlast der redaktionellen Verbindung von Genesis und Exodus tragen, da sie die wichtigsten entsprechenden Vor- und Rückverweise enthalten. Genesis 15 ist der einzige Text in der Erzelterngeschichte – sieht man einmal vom Buchrand in Genesis 50 ab –, der einen expliziten Vorverweis auf das Exodusgeschehen enthält (V. 13–16). Natürlich gibt es darüber hinaus gewisse Parallelen zwischen Genesis und Exodus, so etwa die Exodusprolepse Gen 12,10–20 (vgl. die Aufnahme der Schlüsselwörter šlḥ „schicken“ und ngʿ „schlagen“ aus Ex 5–11), die Gotteskampf‌texte Gen 32,23–32/Ex 4,24–26 oder die Brunnenszenen Gen 24,11–31/Ex 2,15–21 (vgl. Carr 1996b; 2001), doch konstituieren diese Texte keine expliziten redaktionellen Brücken zwischen Erzvätern und Exodus, sondern sind durchaus auch als Anleihen zwischen literarisch separierten Textgrößen vorstellbar. Umgekehrt leistet im Rahmen der Mose-Exodus-Erzählung die Moseberufung in Exodus 3–4 die Hauptaufgabe der Verbindung mit der Erzelterngeschichte – hier wird prominent auf den „Gott der Väter Abraham, Isaak und Jakob“ zurückverwiesen. Für Genesis 15 wie Exodus 3–4 lässt sich wahrscheinlich machen, dass sie entweder ganz (Schmid 1999c) oder jedenfalls die hier wichtigen Textanteile (Gertz 2000b; 2002b; Römer 2006) nachpriesterschriftlicher Herkunft sind: in diesen Kapiteln findet sich markant priesterschriftlich beeinflusste Sprache. Hinzu kommt, dass sie jeweils als redaktionelle Relecturen der priesterschriftlichen Paralleltexte Genesis 17 und Exodus 6 begreif‌lich werden. Der Zusammenschluss der nichtpriesterschriftlichen Vorstufen von Genesis und Exodus (samt der Einbindung der Priesterschrift) ist einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Formierung der Tora. Besonders hervorzuheben ist die damit entstehende theologische Mehrdimensionalität der nur noch einen Ursprungsüberlieferung Israels: Die pazifistische, inklusive, autochthone Erzelternüberlieferung und die eher aggressive, exklusive, allochthone Mose-ExodusÜberlieferung werden miteinander verbunden und die bisherigen theologischen Charakteristika der Teilüberlieferungen sind nun Aspekte eines Ganzen, die interpretatorisch jeweils stärker oder schwächer akzentuiert werden können. Ebenfalls von erheblicher literaturgeschichtlicher Bedeutung ist der nun erstmals beobachtbare Zusammenhang von Geschichts- (Genesis bis 2. Könige) und Prophetenbücher (Jesaja bis Sacharja/Maleachi) im Sinne eines sachlichen Ablaufs: Hier wird das Bestreben greif‌bar, die alttestamentliche Überlieferung insgesamt theologisch zu organisieren. Möglicherweise hängen die sachlichen und terminologischen Verbindungen zwischen dem Schlusskapitel von Genesis 1 bis 2. Könige 25 und dem im kanonischen Leseablauf anschließenden Kapitel Jesaja 1 mit dem nun etablierten Leseablauf von Geschichts- und Prophetenbüchern zusammen. Verschiedene Aussagen in Jesaja 1 erwecken den Ein-

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E. Die Literatur der Perserzeit druck, nachgerade als „Antworten“ auf Probleme formuliert zu sein, die durch die Schilderung in 2. Könige 25 aufgeworfen werden. Jes 1,2–9, insbesondere V. 7, blickt auf ein Gericht mit einer Feuerkatastrophe zurück, wie es 2Kön 25,9 berichtet; die Beschreibung Zions nach der Katastrophe als „Laubdach im Weinberg“ oder „Nachthütte im Gurkenfeld“ (Jes 1,8) entspricht der ruralen Restschilderung von 2Kön 25,12 („Weinbauern“, „Ackerbauern“). Die radikale Opferkritik in Jes 1,10–15 kann als fortführende Interpretation der Tempelzerstörung und Wegführung der Kultgeräte in 2Kön 25,8–12.13–21 gelesen werden. Theologisch greif‌t Jesaja 1 vielfach „bundestheologische“ Motive aus dem Deuteronomium (und Leviticus 26) auf (Becker 1997, 185) und akzentuiert so die „deuteronomistische“ Logik von 2. Könige 25.

d) E sra-Nehemia Entsprechend dem Vorschlag von Leopold Zunz (1892/21992; vgl. Pohlmann 1991) ging man namentlich in der deutschsprachigen Forschung des 20. Jahrhunderts davon aus, dass Esra-Nehemia, selbst aus verschiedenen Quellen formiert (Wright 2004; Pakkala 2004; Keel 2007, 959–960), von vornherein die organische Fortsetzung der Chronikbücher bildeten. Diese Auf‌fassung ist seit Japhet (1968; 1999; vgl. Willi 1972) stark kritisiert worden, wird heute aber nicht mehr einfach im Sinne einer bloßen Alternative thematisiert, sondern redaktionsgeschichtlich differenziert gesehen (Kratz 2000a, 14–98). Es scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass Esra-Nehemia grundsätzlich älter als 1.–2. Chronik sind. Man kann spekulieren, ob sie möglicherweise sogar einmal als ältere, vorprophetische und „theokratische“ Fortsetzung der Geschichtsbücher Genesis bis 2. Könige fungiert haben, bevor sie mit 1.–2. Chronik verbunden wurden. Esra-Nehemia bildeten in der Antike nur ein Buch, wie die fehlende Schlussmasora hinter Esra anzeigt. Der Zusammenhang Esra-Nehemia berichtet von der Restauration in Juda und verschränkt dabei in eigentümlicher Weise die Wirksamkeiten des Priesters Esra und des Wiederauf‌baukommissars Nehemia: Auf die Darstellung von Heimkehr und Tempelbau (Esr 1–6) folgt zunächst ein Abschnitt über die Wirksamkeit Esras in Jerusalem (Esr 7–10), Neh 1–7 berichtet von Maßnahmen Nehemias, Neh 8–10 lenkt dann wieder zu Esra und seiner Gesetzesverlesung zurück und schließlich finden sich in Neh 11–13 Nachrichten von weiteren Anordnungen Nehemias. Damit wird auf der Ebene der Komposition von Esra-Nehemia offenbar bewusst die Gleichzeitigkeit des Auf‌tretens von Esra und Nehemia suggeriert, obwohl dies historisch nicht der Fall gewesen sein dürf‌te (siehe oben S. 187). Der Gedanke hinter dieser Darstellung scheint in der Konzipierung eines positiven Gegenstücks zur „deuteronomistischen“ Geschichtstheologie in den Vorderen Propheten (Josua bis 2. Könige) zu liegen: Führte dort der Ungehorsam gegenüber dem Gesetz und die Ablehnung der Propheten ins Gericht, so zeigt Esra-Nehemia nun umgekehrt, wie Gesetzesobservanz und die Beachtung der Propheten zur Prosperität führt.

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Schon in der eröffnenden Passage (Esra 1–6) wird deutlich gemacht, dass das Tempelbauprojekt nur erfolgreich sein kann mit prophetischer Unterstützung (vgl. Krüger 1988). So kommt erst der zweite Anlauf zum Ziel: Esra 6: 14 Und die Ältesten der Judäer bauten, und sie kamen gut voran durch die Weissagung Haggais, des Propheten, und Sacharjas, des Sohns von Iddo. Und sie bauten und vollendeten den Bau nach dem Befehl des Gottes Israels und nach dem Befehl des Kyros und des Dareios und des Artaxerxes, des Königs von Persien.

In der Aussage aus Esr 7,27 („Gepriesen ist Jhwh, der Gott unserer Vorfahren, der dem König etwas wie dies ins Herz gegeben hat, um das Haus Jhwhs in Jerusalem zu verherrlichen [pʾr]“) klingt deutlich an, dass damit die Verheißung von Jesaja 60 zum Ziel gekommen ist: Jesaja 60: 7 Alle Schafe von Kedar werden sich bei dir [sc. Zion] versammeln, die Widder von Nebajot werden dir zu Diensten sein, zum Wohlgefallen werden sie auf meinen Altar kommen, und das Haus meiner Herrlichkeit werde ich verherrlichen (pʾr). … 9 Denn auf mich hoffen die Inseln und die Tarsis-Schiffe schon längst, um deine Kinder aus der Ferne zu bringen, ihr Gold und Silber ist bei ihnen, für den Namen JHWHs, deines Gottes, für den Heiligen Israels, denn er hat dich verherrlicht (pʾr). … 13 Die Herrlichkeit des Libanon wird zu dir kommen, Zypresse, Ulme und Wacholder allesamt, um die Stätte meines Heiligtums zu verherrlichen (pʾr), und so werde ich die Stätte meiner Füße ehren.

Auch anderwärts lässt sich beobachten, dass Esra-Nehemia die perserzeitliche Geschichte Israels durch die Erfüllung prophetischer Weissagungen zu charakterisieren versucht (McConville 1986). Esra-Nehemia schließen so sachlich an die Großdarstellung Genesis bis 2. Könige an und setzen die Unheilsgeschichte der Königszeit mit einer komplementären Darstellung der Restaurationsperiode fort, die ihrerseits von der Prophetie beeinflusst ist. Esra-Nehemia – jedenfalls in der noch von 1.–2. Chronik unabhängigen Textgestalt – befindet sich somit auf der Schwelle vom deuteronomistischen zum chronistischen Geschichtsbild: „Deuteronomistisch“ geprägt ist die enge Verbindung zwischen Gesetz und Wohlergehen, der „chronistischen“ Theologie nahe ist die Hochschätzung der Perserherrschaft, die nach Esra 1–6 die Initiative zum Tempelbau gegeben hat. Das Gegenkonzept zu Esra-Nehemia in dieser Hinsicht formuliert der Komplex Haggai/Sacharja 1–8, der den Tempelbau mit der Erwartung des Umsturzes der Perserherrschaft und der Wiedererrichtung der Daviddynastie verbindet (Lux 2005; 2019, 38–41).

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3. Prophetische Überlieferungen a) Haggai/Sacharja Die die Namen der Propheten Haggai und Sacharja tragenden Bücher sind die jüngsten Prophetenbücher im Alten Testament, die auf identifizierbare Prophetengestalten rückführbar sind, deren Historizität durch die buchexterne Erwähnung in Esr 5,1; 6,14 gesichert sein dürf‌te (Wolff 1985; Willi-Plein 1998; Meyers 2000). Die Bücher Joel, Habakuk oder Maleachi sind zwar wohl noch später entstanden, aber wahrscheinlich von vornherein und insgesamt als schriftgelehrte Tradentenprophetie anzusprechen (Witte 2006; Bosshard/Kratz 1990; Steck 1991; zu Joel das Material bei Bergler 1988; vgl. Jeremias 2007, 1–55). Im vorliegenden Alten Testament gelten Haggai und Sacharja ausweislich ihrer redaktionell aufeinander abgestimmten Bücher sowie aufgrund von Esr 5,1; 6,14 als die entscheidenden Promotoren des Tempelbaus, wissen aber auf‌f älligerweise nichts von einer persischen Initiative dazu (Lux 2005, 158). Historisch dürf‌te vor allem Haggai für den Tempelbau votiert haben. Den offenbar aus den Kreisen von Gola-Heimkehrern erwachsenen, wirtschaftlich motivierten Widerständen gegen den Tempelbau hält das Haggaibuch entgegen, dass umgekehrt erst die Wiedererrichtung des Tempels wirtschaftliche Prosperität ermögliche. Haggai forciert also den „positiven Deuteronomismus“ von Esra-Nehemia gegenüber dem „negativen Deuteronomismus“ von Josua bis 2. Könige. Die Grundsteinlegung für den Tempelbau gilt dem Haggaibuch als entscheidende theologische Epochenschwelle, die nach einer Erschütterung von Himmel und Erde (Hag 2,6) und dem Umsturz des „Throns der Königreiche“ (Hag 2,22) – d. h. wohl des Throns des persischen Reichskönigs (Lux 2005, 164– 165; vgl. Leuenberger 2015, 237–238) – die weltweite Anerkennung der Herrschaft Jhwhs durch die Völker sowie die Wiedererrichtung der Daviddynastie mit sich bringen wird. Diese kann jedoch nicht an den elementaren prophetischen Aussagen über ihren Abbruch vorbei verheißen werden. Deshalb greif‌t Hag 2,21–23 deutlich Jer 22,24–26.30 auf und revoziert diese Aussage im Blick auf Serubbabel. Jeremia 22: 24 So wahr ich lebe, Spruch JHWHs: Selbst wenn Konja [d. i. Jojachin], der Sohn des Jojakim, der König von Juda, ein Siegelring wäre an meiner rechten Hand, ich würde dich von der Hand reißen. … 30 So spricht JHWH: Schreibt diesen Mann auf als kinderlos, als einen Mann, dem nichts gelingt sein Leben lang, denn keinem seiner Nachkommen wird es gelingen, auf dem Thron Davids zu sitzen und noch einmal zu herrschen über Juda!

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Haggai 2: 21 Sprich zu Serubbabel, dem Statthalter von Juda: … 23 An jenem Tag, Spruch JHWH Zebaoths, nehme ich dich, Serubbabel, Sohn des Schealtiël, als meinen Diener, Spruch JHWHs, und ich mache dich wie einen Siegelring, denn dich habe ich erwählt! Spruch JHWH Zebaoths.

Auch in dieser politischen Perspektive der Restauration des davidischen Königtums durch Serubbabel, verbunden mit der Erwartung der Vernichtung des Perserreichs, steht die Haggaiüberlieferung dem deuteronomistischen Traditionsstrang nahe. Historisch gesehen sind Haggais Erwartungen, sowohl was die Person Serubbabels als auch den Untergang des Perserreiches betriff‌t , nicht eingetroffen. Gleichwohl ist seine Botschaft als Hoffnungsbild für die Zukunft weiterüberliefert worden. Eng auf die Haggaiprophetie abgestimmt ist Sacharja 1–8, namentlich durch das Datierungssystem sowie die sachlichen Verbindungen von Sacharja 7–8 zurück auf Haggai 1–2 (vgl. Meyers/Meyers 1987, xlix; Meyers 2000), so dass der Schluss naheliegt, dass Haggai und Sacharja 1–8 aufeinander hin redigiert worden sind. Der Sinn dieser redaktionellen Zusammenstellung liegt offenbar darin, dass Sacharja 1–8 als Fortsetzung der Haggaiprophetie gelesen werden soll: Haggai beschreibt die irdischen Veränderungen im Zuge der Erschütterung von Himmel und Erde (2,6), während Sach 1–8 den Blick in den Himmel öffnet: Die in Hg 2,21–23 angesagte Wende schaut Sacharja in den sieben Gesichten einer Nacht als Ereignisfolge, die sich der Strategie des Himmels verdankt. Von dort schwärmen die Reiter aus, um die Situation auf der Erde zu inspizieren (Sach 1,7–15), und von dort ziehen die Streitwagen in alle Himmelsrichtungen (6,1–8), um das in dem Zyklus geschaute Geschehen zur Tat werden zu lassen. (Lux 2002, 198)

Die „Nachtgesichte“, d. h. Träume Sacharjas, haben theologisch ursprünglich einen weiteren, über den anstehenden Tempelbau hinausreichenden Horizont gehabt: Sie entwerfen eine Vision eines insgesamt geheiligten Jerusalems als Zentrum der Präsenz Jhwhs (Keel 2007, 1010–1026; Lux 2019, 109–114). Die Nachtgesichte sind konzentrisch aufgebaut: I und VII: Pferde; II und VI: je zweiteilig (Hörner + Schmiede/Frau + Abschiebung), Fremdenthematik; III und V: Jerusalem als mauerlose sichere Stadt, Reinigung des Landes von Dieben und Meineidigen; IV (Mitte): Leuchter. I Sach 1,8– 13.14–15

II Sach 2,1–4

III Sach 2,5–9

IV Sach 4,1– 6a.10b–14

V Sach 5,1–4

VI Sach 5,5–11

VII Sach 6,1–8

Reiter und Pferde

Hörner und Mann mit Leuchter Schmiede Messschnur

Fliegende Schriftrolle

Frau im Efa Wagen und Pferde

Auskundschaftung der ganzen Welt

Entmachtung der Welt

Reinigung des Landes

Entfernung Aussendung des Götzen- in die ganze dienstes Welt

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Jerusalem als offene Stadt

Präsenz Jhwhs

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E. Die Literatur der Perserzeit

Die konkrete Ausrichtung auf den Tempelbau erfolgt vor allem durch die nachträglichen Fortschreibungen in Sach 6,9–15 und Sach 7–8, die Sacharja an Haggai angleichen. Wie Hag 2,21–23 finden sich in Sacharja 3–4 hochgesteckte Erwartungen für Serubbabel. Der Abschnitt Sach 4,6b–10a, der deutlich seinen Kontext unterbricht, scheint auf nicht näher bestimmbare Probleme der Mission Serubbabels hinzuweisen, die eine erneute Vergewisserung nötig machten; die Heilszusagen werden offenbar mit Aufnahmen aus Jes 40,3–4 und Anklängen an Jes 52,7 – den Rahmentexten der Deuterojesajagrundschrift – begründet: Sacharja 4: 6 … Dies ist das Wort JHWHs an Serubbabel: Nicht durch Kraft und nicht durch Stärke, sondern mit meinem Geist!, spricht JHWH Zebaoth. 7 Wer bist du, großer Berg? Vor Serubbabel wirst du zur Ebene! Er wird den letzten Stein bringen; da werden Rufe erschallen: Gnade, Gnade sei mit ihm! 8 Und das Wort JHWHs erging an mich: 9 Die Hände Serubbabels haben den Grundstein zu diesem Haus gelegt, und seine Hände werden es zu Ende führen! Und du wirst erkennen, dass JHWH Zebaoth mich zu euch gesandt hat. 10 Wer hat da den Tag der kleinen Dinge verachtet? Man wird sich freuen und den Stein mit Zinn sehen in der Hand Serubbabels! … Jesaja 40: 3 Horch, es ruf‌t: In der Wüste ebnet den Weg JHWHs, macht in der Steppe eine gerade Bahn für unseren Gott! 4 Jedes Tal wird sich heben, und senken werden sich alle Berge und Hügel, und das Unebene wird flach, und was hügelig ist, wird zur Ebene. Jesaja 52: 7 Wie lieblich klingen die Schritte des Freudenboten auf den Bergen, der Frieden verkündet, der gute Botschaft bringt, der Rettung verkündet, der zu Zion spricht: Dein Gott ist König geworden!

Das Haggai- und Sacharjabuch stehen für die enormen Erwartungen, die sich in Juda mit dem Tempelbau verbanden. Ihre weitausgreifenden Heilsperspektiven, die sich so weder in näherer noch ferner Zukunft erfüllten, sind wahrscheinlich nur durch die theologische Wegbereitung der Deuterojesajaüberlieferung denkbar. Bezeichnend für die Literatur- und Theologiegeschichte der Prophetie in der Perserzeit ist jedenfalls, dass diese Weissagungen nicht als falsch abgetan wurden, sondern die Verzögerung ihrer Realisierung durch immer neue Interpretationen erklärt wurde. Für die Nachtgesichte Sacharjas ist weiter bezeichnend, dass der im Deuteronomium und in der deuteronomistischen Tradition theologisch diskreditierte Traum wieder als legitimes Offenbarungsmittel gelten kann. Damit wird ein Stück

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„natürlicher Theologie“ gegenüber dem strikten Deuteronomismus rehabilitiert. Außerdem fällt im Rahmen dieser Visionen die Mittlerfigur eines Deuteengels (angelus interpres) auf, die auch fortan bei späteren Visionen belegbar sein wird (vgl. z. B. Dan 8–9) und einen wichtigen (aber nicht den einzigen) Einsatzpunkt der späteren, zwischentestamentlichen Angelologie bildet (Koch 1994; Stuckenbruck 2004). Die Deutegespräche zu den Visionen der vorexilischen Schriftpropheten (Am 7–9; Jes 6; Jer 1; 24 u. a.) erfolgten jeweils unmittelbar zwischen Gott und Prophet. In Sacharja 1–8 schlägt sich im Gefolge eines etablierten Monotheismus demgegenüber bereits eine größere Distanz zu Gott in der literarischen Gestaltung nieder. Ob man in der Vision Sach 5,5–11, die von der Verfrachtung einer Frau in einem Efa, d. h. einem Hohlmaß, nach Babylon berichtet, eine Programmvision von der Abschiebung der Göttin aus Israel erblicken darf (Uehlinger 1994), ist umstritten (Körting 2006a; vgl. Lux 2019, 434–436). Diese Deutung bleibt aber doch ansprechend, da die Frau einerseits mit göttlichen Attributen ausgestattet erscheint und andererseits es durchaus zu erwarten ist, dass das Alte Testament eine literarische Reaktion auf den Verlust der für die Königszeit inschriftlich bezeugten, geschlechtlichen Polarität im religiösen Symbolsystem („Jhwh und seine Aschera“, vgl. TUAT II, 556–557.561–564) formuliert. Sach 5,5–11 würde dann – anders als das Deuteronomium und die „deuteronomistischen“ Königsbücher (vgl. Dtn 16,21; 2Kön 21,3; 23,4 u. ö.) – die Aschera nicht perhorreszieren, sondern nach Babylon transferieren, wo ihr im Rahmen des heidnischen Götzenkults ein legitimer Ort zugebilligt wird (Sach 5,11). b) Fortschreibungen in Deuterojesaja und Tritojesaja Das von Deuterojesaja angekündigte Heil wurde zunächst durchaus auch in zeitgenössischen politischen Erfahrungen als sich realisierend beobachtet. Im Zuge der – aus Judas Sicht – heilvollen Ereignisse der Dareioszeit, die den Beginn des Tempelbaus und die ersten größeren Rückkehrwellen mit sich brachten, wurde in einigen Deutetexten die Figur des Kyros mit dem „Gottesknecht“ identifiziert, so etwa hinreichend deutlich (wenngleich anonym) in der Fortschreibung des ersten Gottesknechtslieds (42,1–4; vgl. Kratz 1991a): Jesaja 42: 5 So spricht der Gott JHWH, der den Himmel geschaffen hat und ihn ausspannt, der die Erde ausbreitet und was auf ihr wächst, der den Menschen auf ihr Atem gibt und Odem denen, die auf ihr gehen: 6 In Gerechtigkeit habe ich, JHWH, dich [sc. Kyros] gerufen, und ich ergreife deine Hand,

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und ich behüte dich und mache dich zum Zeichen des Bundes mit dem Volk, zum Licht der Nationen, 7 um blinde Augen zu öffnen, um Gefangene hinauszuführen aus dem Gefängnis und aus dem Kerker, die in der Finsternis sitzen.

Diese Position ist eine judäische Rezeption der persischen Reichsideologie (Koch 1984b; Wiesehöfer 1999), wie sie etwa in den persischen Königsinschriften fassbar ist: Gott (aus persischer Sicht: Ahura Mazda) herrscht über die Welt mittels der persischen Großkönige (vgl. auch Esr 5,11–16). Doch nach der Dareioszeit wandte sich das Blatt. Die trotz Tempelbau deplorable Situation Judas und Jerusalems wurde eher als „Parusieverzögerung“ der von der Deuterojesajaüberlieferung in Aussicht gestellten Heilsereignisse gedeutet. Die diese Verzögerung reflektierenden Texte führten zur Ausgestaltung von Jesaja 40–52 und damit zur jetzigen Gestalt des Heilsteils des Großjesajabuches in Jesaja 40–66. Die traditionelle Unterscheidung der Kapitel 40–55 („Deuterojesaja“) und 56–66 („Tritojesaja“), wenn man sie im Sinne von zwei voneinander ursprünglich unabhängigen literarischen Kernüberlieferungen versteht, ist allerdings heute nicht mehr haltbar. Dennoch ist die Beobachtung nach wie vor richtig, dass Jesaja 40–55 unbedingte Heilsprophetie bietet, während ab Jesaja 56 wieder mahnende Worte begegnen, die das angekündigte und erwartete Heil konditionieren. Dies lässt den Schluss zu, dass die Texte in Jesaja 56–66 auf Verzögerungserfahrungen reagieren, die sich aufgrund der gegenwartsbezogenen deuterojesajanischen Heilsprophetie ergaben. Das von Deuterojesaja verheißene Heil traf weder in dem Ausmaß noch zu dem unmittelbaren Zeitpunkt ein, wie es in Jesaja 40–55 dargestellt wird. Als Folge dieser Defizienzerfahrung suchte Jesaja 56–66 nach den dafür verantwortlichen Gründen und fand sie in Heilshindernissen: im falschen Verhalten des Gottesvolkes. Entsprechend fing Jesaja 56–66 an, Mahnungen und Anklagen zu formulieren. Entgegen der alten „Tritojesaja“-Hypothese gehen die Kapitel 56–66 aber nicht auf die vormals mündliche Verkündigung eines eigenständigen Propheten („Tritojesaja“) zurück, sondern sie sind als schriftgelehrte Tradentenprophetie anzusprechen, die nie anders als schriftlich, als Texte für ein Buch existiert haben (Steck 1991b; anders Koenen 1990). So mutmaßte im Übrigen bereits Bernhard Duhm, der „Vater“ der Tritojesajahypothese selbst: „Es ist freilich möglich, dass Tritojesaja seine Schrift nur als Fortsetzung der deuterojesajanischen abgefaßt hat“ (1892/1968, 390). Exemplarisch lässt sich der schriftgelehrte Charakter von Jesaja 56–66 an der Aufnahme von Jes 40,3 in Jes 57,14 erkennen: Jesaja 40: 3 Horch, es ruf‌t: In der Wüste ebnet den Weg JHWHs, macht in der Steppe eine gerade Bahn für unseren Gott!

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Jesaja 57: 14 Und er spricht: Bahnt, bahnt, ebnet einen Weg! Räumt meinem Volk jeden Anstoß aus dem Weg!

In Jes 40,3 wird dazu aufgerufen, eine Prozessionsstraße für Jhwh zu ebnen, damit dieser nach Zion/Jerusalem in sein Heiligtum zurückkehren kann. Jes 57,14 greif‌t diesen Aufruf auf, interpretiert ihn nun aber ethisch um: Die sozialen und religiösen Missstände im Volk müssen beseitigt werden, damit das Heil zum Durchbruch kommt. Bemerkenswert ist im Blick auf die Schriftgelehrsamkeit von Jesaja 56–66 auch die Abrogation eines Toratextes (Dtn 23,2–4) in Jes 56,1–7 (Donner 1985/1994): Mit prophetischer Autorität kann der Ausschluss von Ausländern oder Verschnittenen aus der Gemeinde wieder rückgängig gemacht werden. Innerhalb von Jesaja 56–66 ist grundsätzlich zwischen 56–59 und 63–66 einerseits sowie 60–62 andererseits zu unterscheiden. Konzeptionell „tritojesajanisch“ im Sinne der Neukonditionierung der Heilsaussagen sind nur die Kapitel 56–59, während 60–62 durch ihre unbedingten Heilsankündigungen an Zion einen unmittelbareren Bezug zu Jesaja 40–55 zeigen. Man kann deshalb mit Gründen vermuten, dass Jesaja 60–62 älter sind als 56–59 (sowie 63–66) und ursprünglich mit Jesaja *40–55 zusammenhingen. Diese Zionstexte sind theologiegeschichtlich deshalb besonders bedeutsam, da sie die „Messias“-Ideologie von der Daviddynastie (Jes 9,1–6), von Nebukadnezar (Jer 27,6.8) und von Kyros (Jes 45,1) ablösen und nun die Stadt Jerusalem selbst in messianischen Zügen zeichnen können: Jesaja 60: 1 Mach dich auf, werde licht! Denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit JHWHs ist aufgestrahlt über dir. 2 Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Wolkendunkel die Völker, über dir aber wird JHWH aufstrahlen, und seine Herrlichkeit wird erscheinen über dir. 3 Und Nationen werden zu deinem Licht gehen und Könige zu deinem strahlenden Lichtglanz. … 11 Und allezeit werden deine Tore offen stehen, Tag und Nacht werden sie nicht geschlossen, damit man die Reichtümer der Nationen hineinbringt zu dir und ihre Könige, die vertrieben wurden. 12 Die Nation und das Königreich aber, die dir nicht dienen, werden untergehen, und die Nationen werden verheert! Jesaja 9: 1 Das Volk, das in der Finsternis geht, hat ein großes Licht gesehen, die im Land tiefsten Dunkels leben, über ihnen ist ein Licht aufgestrahlt.

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Jeremia 27: 6 Und nun: Ich bin es, der alle diese Länder in die Hand Nebukadnezars, des Königs von Babel, meines Dieners, gegeben hat. … 8 Die Nation und das Königreich aber, die ihm, Nebukadnezar, dem König von Babel, nicht dient …, diese Nation werde ich heimsuchen mit dem Schwert und dem Hunger und der Pest, … bis ich sie ganz in seine Hand gebe!

Offenbar bewertet diese Perspektive in Jesaja 60 sowohl das eigene wie auch fremdes Königtum kritisch und löst die Messiaskonzeption von personalen Trägern ab – Jerusalem selbst soll „messianische“ Qualität haben (vgl. unten S. 259–260). Schon Thr 1,10 kann den Tempel als „Jerusalems“ Heiligtum bezeichnen und so die Stadt in die Rechtsnachfolge der judäischen Könige einrücken lassen (vgl. Keel 2007, 794). Bemerkenswert ist dabei zum einen, dass die aus Jes 9,1 aufgenommene Lichtmetaphorik in Jes 60,1–2 theologisiert wird – Jhwh selbst ist dieses Licht –, und zum anderen, dass der Horizont von Jesaja 60 universaler ausgerichtet ist: ZionJerusalem hat messianische Qualität nicht nur für das Volk Israel, sondern für alle Völker. Entsprechend ist die Macht Zion-Jerusalems in den imperialen „babylonischen“ Farben von Jer 27,6.8 gezeichnet. Jesaja 63–66 sind ihrerseits konzeptionell von Jesaja 56–59 abzusetzen, da in den Kapiteln 63–66 das erhoff‌te Eintreten des verheißenen Heils nicht von immer weitergreifenden Bedingungen abhängig gemacht wird, sondern auf eine Gruppe innerhalb Israels, die „Frommen“, beschränkt wird, der sich aber auch Anhänger aus den Völkern anschließen können (siehe unten S. 258–259). c) Fortschreibungen in Jeremia und Ezechiel Die Erfahrungen der Dareioszeit – Beginn des Tempelbaus, eine neue Heimkehrwelle, Niederschlagung von Aufständen in Babylon unter Thronprätendenten – haben nicht nur im Deuterojesajabuch zu entsprechenden Fortschreibungen geführt (Kyros als der „Gottesknecht“), sondern auch im Jeremiabuch. So kann etwa der für die Zerstörung Jerusalems verantwortliche Nebukadnezar nun in kühner Neuinterpretation als „mein [sc. Gottes] Knecht“ in Jer 25,9; 27,6 und 43,10 als Vorläufer des Kyros gesehen werden. Eine weitere Reaktion auf diese Erfahrungslage findet sich in den beiden „siebzig Jahre“-Prophezeiungen von Jer 25,12 und 29,10, die sich reziprok ergänzen und nun, nach dem „siebzig Jahre“ währenden Gericht über Jerusalem und Juda, Heil für Israel und Unheil für Babel erwarten. Das eine ist literarisch in Jeremia 30–31, das andere in Jeremia 50–51 ausgeführt (Schmid 1996a, 220–253). Jeremia 25: 11 Und dieses ganze Land wird verwüstet, wird zur Einöde, und diese Nationen werden dem König von Babel dienen, siebzig Jahre lang.

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Jeremia 29: 10 Denn so spricht JHWH: Erst wenn siebzig Jahre erfüllt sind für Babel, werde ich mich um euch kümmern. Dann werde ich mein gutes Wort an euch einlösen und euch zurückbringen an diese Stätte.

Im Jeremia- und im Ezechielbuch lassen sich schließlich zwei programmatische, redaktionelle Perspektiven unterscheiden, die aufgrund ihres politischen Profils mit großer Zuverlässigkeit in die Perserzeit datiert werden können: Es handelt sich um Fortschreibungstexte, die entweder die babylonische Gola, die auf die 597 v. Chr. Deportierten zurückgeht, oder aber die weltweite Diaspora als legitime Nachfolgerin des untergegangenen königszeitlichen Israel ansehen. Sie sind gestaffelt entstanden. Grundsätzlich scheinen die diasporaorientierten Texte Korrekturen des golaorientierten Programms darzustellen, doch finden sich auch positive Diasporaaussagen in prophetischen Texten, die älter zu sein scheinen (vgl. z. B. Jer 23,3). Gelegentlich ist zwar die Auf‌fassung vertreten worden, die golaorientierten Aussagen könnten unmittelbar nach 597 v. Chr. entstanden sein (Seitz 1989), doch sind deren scharfe Oppositionssetzungen zwischen Exilierten und im Land Verbliebenen aus dieser Epoche kaum erklärbar. Vielmehr scheint es sich um theologische Legitimationstexte für Heimkehrer aus dem Exil zu handeln, die ihre Führungsansprüche prophetisch verankert sehen möchten. Die Entdeckung und maßgebliche Beschreibung dieser beiden redaktionellen Programme geht im Wesentlichen auf Karl-Friedrich Pohlmann zurück (1978; 1989; 1996). Am deutlichsten ist die golaorientierte Perspektive in Jer 24,1–10, der Vision von den guten und den schlechten Feigen, zu greifen: Jeremia 24: 1 JHWH ließ mich sehen, und siehe: Zwei Körbe mit Feigen waren vor den Tempel JHWHs bestellt. Dies geschah, nachdem Nebukadnezar, der König von Babel, den Jechonja [d. i. Jojachin], den Sohn des Jojakim, den König von Juda, und die Fürsten von Juda und die Schmiede und Metallarbeiter aus Jerusalem in die Verbannung geführt und sie nach Babel gebracht hatte. 2 In einem Korb waren sehr gute Feigen, wie Frühfeigen, im anderen Korb aber waren sehr schlechte Feigen, so schlecht, dass sie ungenießbar waren. 3 Und JHWH sprach zu mir: Was siehst du, Jeremia? Und ich sagte: Feigen. Die guten Feigen sind sehr gut, die schlechten aber sind sehr schlecht, so schlecht, dass sie ungenießbar sind. 4 Da erging das Wort JHWHs an mich: 5 So spricht JHWH, der Gott Israels: Wie diese guten Feigen, so wohlwollend werde ich die Verbannten aus Juda ansehen, die ich von dieser Stätte in das Land der Kasdäer geschickt habe. 6 Und wohlwollend werde ich mein Auge auf sie richten, und ich werde sie zurückbringen in dieses Land, und ich werde sie auf‌bauen und nicht niederreißen, und ich werde sie einpflanzen und nicht ausreißen. 7 Und ich werde ihnen ein Herz geben, damit sie mich erkennen – dass ich JHWH bin. Dann werden sie mir Volk sein, und ich, ich werde ihnen Gott sein, denn mit ihrem ganzen Herzen werden sie zurückkehren zu mir. 8 Und wie die schlechten Feigen, die so schlecht sind, dass sie ungenießbar sind, so spricht JHWH, so werde ich Zedekia machen, den König von Juda, und seine Fürsten und den Rest von Jerusalem, die übrig geblieben sind in diesem Land, und die, die im Land Ägypten wohnen. 9 Und auf Unheil

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bedacht werde ich sie zum Schrecken machen für alle Königreiche der Erde, zum Hohn und zum sprichwörtlichen Gespött und zur Verfluchung an allen Orten, wohin ich sie versprenge. 10 Und ich werde ihnen das Schwert, den Hunger und die Pest schicken, bis sie ausgemerzt sind auf dem Boden, den ich ihnen und ihren Vorfahren gegeben habe.

Vor Pohlmann (1978) deutete man diesen Text gerne aufgrund seiner sprachlichen Eigenheiten als Eintrag der „deuteronomistischen“ Redaktion des Jeremiabuches (vgl. Thiel 1973, 253–261). Achtet man aber auf das Sachprofil von Jeremia 24, so empfiehlt sich diese Deutung keineswegs: Kriterium für Gericht oder Heil ist hier nicht der Gebotsgehorsam, sondern die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe: Die „guten Feigen“ sind die Angehörigen der Jojachin-Gola, die 597 v. Chr. nach Babel deportiert worden sind. Über sie wird der künftige Heilsplan Jhwhs mit Israel laufen. Die „schlechten Feigen“ sind diejenigen, die im Land verblieben bzw. nach Ägypten geflohen sind, sie werden ganz aus dem Land vertilgt und in alle Länder zerstreut werden. Die religionspolitischen Implikationen dieses Programms liegen auf der Hand: Jeremia 24 ist die prophetische Legitimation der 597 v. Chr. deportierten, sprichwörtlichen „oberen Zehntausend“ (2Kön 24,14), die ihre Hegemonieansprüche in der Verkündigung Jeremias verankern. Wie es scheint, begegnet man hier erstmals in der Theologiegeschichte des antiken Israel dem Konzept, dass die Heilsgröße Israel aufgegeben wird und innerhalb Israels geschieden wird. In der hellenistischen Zeit wird eine solche Scheidung im Rahmen der Trennung von Frevlern und Frommen durchaus geläufig werden, hier ist dieser Gedanke elementar bereits vorgedacht. Er hat sich im Jeremiabuch allerdings nicht nur in einem Kapitel niedergeschlagen, sondern ist im Rahmen einer Buchredaktion über die gesamte Jeremiaüberlieferung gelegt worden: Jer 24,1–10 schlägt durch seine Stilisierung als Vision einen deutlichen Bogen zurück auf Jer 1,11–12.13–14, so dass die gesamte Gerichtsverkündigung von Jer 1–24 nun auf die „schlechten Feigen“ appliziert wird. Umgekehrt stellt das Zitat aus Jer 24,3 in Jer 29,17 – unmittelbar vorlaufend zu den Heilsaussagen in Jeremia 30–33 – in redaktioneller Hinsicht klar, dass nur die „guten Feigen“ dieses dort angekündigte Heil erfahren werden (Schmid 1996a, 253–269). So prominent das „golaorientierte“ Programm im Jeremiabuch zu greifen ist, so ist es doch nicht ursprünglich in diesem Buch beheimatet. Vielmehr scheint es sich von der Ezechielüberlieferung her inspiriert und legitimiert zu haben, die – zumindest implizit – von ihren allerersten Anfängen her „golaorientiert“ geprägt ist: Der historische Prophet Ezechiel gehörte offenbar selbst zu den 597 v. Chr. nach Babylon Deportierten, dementsprechend sind die Worte seines Buches in ihren Datierungen durchgehend auf dieses Datum geeicht. Doch über diese implizite „Golaorientierung“ hinaus ist das Ezechielbuch auch explizit bearbeitet worden. Ganz entsprechend zu Jeremia 24 findet sich

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in Ezechiel 11 die Sichtweise, dass allein die Abkömmlinge der ersten Gola das wahre Israel bilden werden; sie werden ein neues Herz erhalten und so Gottes Volk konstituieren. Ezechiel 11: 13 … Da fiel ich nieder auf mein Angesicht und schrie mit lauter Stimme und sprach: Ach, Herr, JHWH, du löschst den Rest Israels aus! 14 Und das Wort JHWHs erging an mich: 15 Mensch, deine Brüder, deine Brüder, deine Verwandten und das ganze Haus Israel, sie alle sind es, von denen die Bewohner Jerusalems sagen: Sie sind fern von JHWH! Uns gehört es, uns ist das Land zum Besitz gegeben! 16 Darum sprich: So spricht Gott JHWH: Obwohl ich sie weit fort unter die Nationen gebracht habe, und obwohl ich sie in die Länder zerstreut habe, bin ich ihnen kaum zum Heiligtum geworden in den Ländern, in die sie gekommen sind. 17 Darum sprich: So spricht Gott JHWH: Ich werde euch sammeln aus den Völkern und euch zusammenbringen aus den Ländern, in die ihr zerstreut worden seid, und ich werde euch Israels Boden geben. 18 Dann werden sie dorthin kommen und all seine Scheusale und all seine Abscheulichkeiten von ihm entfernen. 19 Und ich werde ihnen ein einmütiges Herz geben, und in ihr Inneres werde ich einen neuen Geist legen. Das Herz aus Stein aber werde ich entfernen aus ihrem Leib, und ich werde ihnen ein Herz aus Fleisch geben, 20 damit sie nach meinen Satzungen leben und meine Rechtssätze halten und danach handeln. Dann werden sie mir Volk sein, und ich werde ihnen Gott sein. 21 Ihr Herz aber folgt dem Herzen ihrer Scheusale und ihrer Abscheulichkeiten. Ihre Taten lasse ich zurückfallen auf ihr Haupt! Spruch Gottes JHWHs.

Ebenfalls wie im Jeremiabuch sind auch im Ezechielbuch die Heilsverheißungen insgesamt redaktionell in „golaorientiertem“ Sinn eingeschränkt worden. Zu Beginn des Textblocks mit Heilsweissagungen in Ezechiel 33 wird klargestellt: Ezechiel 33: 22 Und am Abend, bevor der Entkommene kam, war die Hand JHWHs auf mich gekommen, und bevor jener am Morgen zu mir kam öffnete er meinen Mund; und er öffnete meinen Mund, und ich war nicht mehr stumm. 23 Und das Wort JHWHs erging an mich: 24 Du Mensch, die Bewohner dieser Trümmer auf Israels Boden sagen: Abraham war ein Einzelner und hat das Land besessen. Und wir sind viele – uns ist das Land zum Besitz gegeben! 25 Darum sprich zu ihnen: So spricht Gott JHWH: Ihr esst Blutiges, blickt auf zu euren Mistgötzen und vergießt Blut, und da wollt ihr das Land besitzen? 26 Ihr Männer habt euch auf euer Schwert gestützt, ihr Frauen habt Abscheuliches verübt, und ihr habt, ein jeder, die Frau eures Nächsten unrein gemacht, und da wollt ihr das Land besitzen? 27 So wirst du zu ihnen sprechen: So spricht Gott JHWH: So wahr ich lebe, die auf den Trümmern werden durch das Schwert fallen, und die auf dem offenen Land gebe ich den Tieren zum Fraß, und die in den Festungen und in den Höhlen werden an der Pest sterben! 28 Und ich verwüste das Land und mache es zur Einöde, und seine hochmütige Macht wird ein Ende haben. Und die Berge Israels werden verödet sein, niemand wird sie durchstreifen. 29 Und sie werden erkennen, dass ich JHWH bin, wenn ich das Land verwüste und zur Einöde mache all ihrer Abscheulichkeiten wegen, die sie verübt haben.

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Dieses restriktive Programm in Jeremia und Ezechiel ist allerdings alsbald selbst Gegenstand einer Bearbeitung geworden, die nun diese innerisraelitische Scheidung wieder auf‌hebt und dagegen festhält: Künftiges Heil gilt nicht nur der babylonischen Gola, sondern der gesamten, weltweiten Diaspora. Entsprechend kann man hier von einer „diasporaorientierten“ Redaktion sprechen. Interessanterweise scheint diese Redaktion die buchweiten Horizonte der „golaorientierten“ Theologie in Jeremia und Ezechiel erkannt zu haben; entsprechend hat sie sich ebenfalls an literarisch wichtigen Positionen im jeweiligen Buch eingeschrieben. Im Jeremiabuch findet sich eine entsprechende Aussage zunächst unmittelbar vor Jer 24, wenn man die Position von Jer 23,7–8 gemäß der LXX berücksichtigt, in der diese Verse ganz am Ende von Kapitel 23 stehen. Jeremia 23: 7 Darum, siehe, es kommen Tage, Spruch JHWHs, da wird man nicht mehr sagen: So wahr JHWH lebt, der die Israeliten heraufgeführt hat aus dem Land Ägypten!, 8 sondern: So wahr JHWH lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel heraufgeführt und hergebracht hat aus dem Land des Nordens und aus allen Ländern, wohin er sie versprengt hat! Dann werden sie auf ihrem eigenen Boden wohnen.

Weiter konterkariert die diasporaorientierte Aussage in Jer 29,14 die vorgegebene golaorientierte Restriktion der Heilsaussagen von 29,16: Jeremia 29: 14 … und ich werde euer Geschick wenden und euch sammeln aus allen Nationen und aus allen Orten, wohin ich euch versprengt habe, Spruch JHWHs, und ich werde euch zurückbringen an die Stätte, von der ich euch in die Verbannung geführt habe.

Schließlich ist auch die Erzählung des Ackerkaufs in Jeremia 32, als Zeichen künftigen Heils, diasporaorientiert reinterpretiert worden: Jeremia 32: 37 Siehe, ich sammle sie aus allen Ländern, in die ich sie versprengt habe in meinem Zorn und in meiner Wut und in meinem großen Groll, und ich werde sie zurückbringen an diese Stätte und sie sicher wohnen lassen.

Eine ähnlich buchbewusste und diasporaorientierte Redaktion lässt sich auch im Ezechielbuch vermuten. Hier wird eine entsprechende Zentralaussage in Ez 39,25–29, unmittelbar vor der großen Tempelbau-Vision in den Kapiteln 40–48, geboten: Ezechiel 39: 25 Darum, so spricht Gott JHWH: Nun werde ich das Geschick Jakobs wenden und mich des ganzen Hauses Israel erbarmen, und für meinen heiligen Namen werde ich

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eifern. 26 Und sie werden ihre Schmach ertragen müssen und das ganze Ausmaß ihres Treuebruchs, den sie an mir begangen haben, wenn sie in Sicherheit auf ihrem Boden wohnen; und da wird keiner sein, der sie aufschreckt. 27 Wenn ich sie zurückbringe aus den Völkern, werde ich sie sammeln aus den Ländern ihrer Feinde und mich an ihnen als heilig erweisen vor den Augen vieler Nationen. 28 Und sie werden erkennen, dass ich, JHWH, ihr Gott bin, wenn ich sie zu den Nationen in die Verbannung führe und sie dann auf ihrem eigenen Boden versammle, und ich werde keinen von ihnen je dort zurücklassen. 29 Und ich werde mein Angesicht nie mehr vor ihnen verbergen, denn ich gieße meinen Geist aus über das Haus Israel. Spruch Gottes JHWHs.

d) D ie „deuteronomistische“ Umkehrtheologie Entgegen der klassischen Theorie zum „deuteronomistischen Geschichtswerk“ Martin Noths, die dieses noch als Werk „eines Mannes“ (Noth 1943, 110), kurz nach 562 v. Chr. entstanden, angesehen hat, herrscht in der heute weitverzweigten Deuteronomismusdiskussion weitgehend Einigkeit darüber, dass die „deuteronomistische“ Tradition auf eine langfristig wirkende, schulsprachlich geprägte Tradentenbewegung zurückgeht, die sich in so späten Texten wie Daniel 9, dem masoretischen Sondergut des Jeremiabuches oder dem 4. Esrabuch zeigen kann (Steck 1967; Römer 2005; Witte u. a. 2006; Otto 2006c; Person 2007). Im Rahmen dieser neu erkannten Langfristigkeit des Deuteronomismus, die auch die Notwendigkeit innerer Differenzierung „deuteronomistischer“ Positionen aufgezeigt hat (Römer 2005; Witte u. a. 2006), ist deutlich geworden, dass das Thema der „Umkehr“, das Hans Walter Wolff in einer einflussreichen Studie mit Verweis auf Ri 2,11–12, 1Sam 7,3; 12,14–15; 1Kön 8,46–53; 2Kön 17,13; 2Kön 23,25 zum „Kerygma des deuteronomistischen Geschichtswerks“ (1961/1964; vgl. auch Wolff 1951/1964) erklärt hatte, keineswegs zu den ältesten Bestandteilen der deuteronomistischen Deutepassagen in den Vorderen (und auch Hinteren) Propheten zu zählen ist. Weder Jeremia noch die ersten Deuteronomisten waren aber zu ihrer Zeit „Umkehrprediger“. Vielmehr sind sie dazu erst im späteren Verlauf der Überlieferung geworden. Schon im Deuteronomium haftet das Thema der Umkehr vor allem an den Heilsausblicken in Dtn 4,30 und 30,2.10, die bereits Wolff einer „zweite[n] Hand“ im deuteronomistischen Geschichtswerk (1961, 182.184) zuschrieb. Deuteronomium 4 ist ein nachpriesterschriftliches Kapitel im Deuteronomium, das deutlich Genesis 1 voraussetzt und aufgreif‌t (Schmid 1999c, 164–165 Anm. 660), und Deuteronomium 30 setzt mit seinem Geschichtsbild eine theologiegeschichtliche Diskussionslage aus der Perserzeit voraus, da es mit der Abfolge „Gericht gegen das eigene Volk“ – „Gericht gegen fremde Völker“ – „Heil für das eigene Volk“ – den Gesamtaufriss von Jesaja 1–39, Ezechiel, Zephanja oder Jeremia LXX konzeptionell vorabbildet.

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Deuteronomium 30: Gericht gegen das eigene Volk: 1 Wenn einst all dies über dich kommt, der Segen und der Fluch, die ich dir vorgelegt habe, dann nimm es dir zu Herzen bei all den Nationen, unter die JHWH, dein Gott, dich versprengt hat, 2 und kehre zurück zu JHWH … Gericht gegen fremde Völker: 7 Und all diese Flüche wird JHWH, dein Gott, auf deine Feinde und auf deine Hasser legen, die dich verfolgt haben. Heil für das eigene Volk: 8 Du aber wirst zurückkehren und auf die Stimme JHWHs hören und nach all seinen Geboten handeln, die ich dir heute gebe. 9 Und im Überfluss wird JHWH, dein Gott, dir den Ertrag all deiner Arbeit geben, die Frucht deines Leibes, die Frucht deines Viehs, die Frucht deines Bodens, denn JHWH wird wieder Freude an dir haben und dir Gutes tun, wie er an deinen Vorfahren seine Freude hatte, 10 weil du auf das Wort JHWHs, deines Gottes, hörst und seine Gebote und Satzungen hältst, die in diesem Buch der Weisung geschrieben stehen, weil du zu JHWH, deinem Gott, zurückkehrst von ganzem Herzen und von ganzer Seele.

Auch die prominenten prophetischen Umkehrstellen in Jer 3,1–4,2 (Schmid 1996a, 277–294); Sach 1,3; Mal 3,7 deuten auf ein perserzeitliches Setting hin. Das bedeutet nicht, dass „Umkehr“ erst in dieser Zeit zu einem denkbaren Konzept wurde, aber doch, dass das Thema sich erst hier prominent entwickelte. Man wird die Umkehrthematik im Wesentlichen als eine weitere Möglichkeit interpretieren können, mit der auf die Verzögerungserfahrungen von angekündigtem Heil reagiert werden konnte: Ohne Umkehr in Israel kann sich Gottes Heil nicht realisieren. e) D ie biblische Konstruktion der klassischen Prophetie Das pseudonyme Wirken der Fortschreiber an den Prophetenbüchern, die als Autoren unter der Autorität des jeweils namengebenden Propheten schreiben, ist in antiker Sicht ein in keiner Weise beanstandenswerter Vorgang: Die Fortschreiber der Prophetenbücher hatten weder ein Interesse noch eine Veranlassung, als eigene Gestalten in Erscheinung zu treten. Vielmehr waren sie offenbar der Auf‌fassung, die jeweils sachgemäße Auslegung der prophetischen Verkündigung für ihre Zeit zu bieten, die deshalb auch in den Text des jeweiligen Prophetenbuches direkt hineingeschrieben werden konnte und unter dem Namen des jeweiligen Propheten laufen konnte. Dadurch entstand das Bild, dass die Propheten nicht nur in ihre eigenen geschichtlichen Epochen hineingesprochen, sondern weit in die Zukunft vorausgeblickt haben. Am deutlichsten ist das in der Jesajaüberlieferung zu greifen, die einerseits in ihrer Überschrift (Jes 1,1) festhält, dass Jesajas Wortempfang in die Regentschaft der judäischen Könige Usija, Jotam, Ahas und Hiskia in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. gefallen sei,

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andererseits aber zeigt, dass der Inhalt dieser Worte die gesamte Weltgeschichte von der Gegenwart Jesajas bis hin in die fernste Zukunft eines neuen Himmels und einer neuen Erde (Jes 65–66) umfasst. Die biblische Sicht der Propheten als weltgeschichtliche Zukunftsschauer ist also im Wesentlichen aufgrund der literaturgeschichtlich weiträumig gestaffelten Fortschreibungsvorgänge an ihren Büchern entstanden. Natürlich lassen die Prophetenbücher noch erkennen, dass auch die historischen Propheten Aussagen über die Zukunft gemacht haben – besonders deutlich ist dies etwa an nicht erfüllten Weissagungen zu erkennen (vgl. Jer 22,18–19) –, doch ihr Horizont der Weltgeschichte ist das Resultat ausgreifender Redaktionstätigkeit. Mit der zeitlichen Aufweitung der Botschaft der Propheten ging deren sachliche Ausrichtung auf den Maßstab der Tora einher (Maier 2002; Otto 2006b; Achenbach 2007, zu Maier vgl. 265–266 Anm. 26) – besonders im Jeremiabuch, dem Buch desjenigen Propheten, der gemäß seiner biblischen Situierung am nächsten bei der Katastrophe Jerusalems stand. In der Perserzeit dann wurden die Propheten dasjenige, wofür man sie dann jahrhundertelang in der Auslegungsgeschichte der Bibel hielt: Ausleger des mosaischen Gesetzes und Anwender dieses Gesetzes auf die Geschichte.

4. Rechtsüberlieferungen a) Das Heiligkeitsgesetz Der Komplex Leviticus 17–26 wird in der Forschung aufgrund des wiederkehrenden Refrains „Ihr sollt heilig sein, denn ich, Jhwh, euer Gott, bin heilig“ seit August Klostermann (1877) als „Heiligkeitsgesetz“ bezeichnet. Uneinig ist man sich über den literarischen Status dieses Korpus: Handelt es sich um eine ursprünglich selbständige Rechtssammlung, um eine Fortschreibung der Priesterschrift (Elliger 1966) – in ausgleichender Vermittlung mit dem Deuteronomium (Nihan 2007, 616–617) –, um einen integralen Bestandteil der Priesterschrift (Blum 1990) oder um einen redaktionellen Eintrag im Zuge der Formierung des Pentateuch (Otto 2000a)? Dabei sind die Fortschreibungshypothesen insofern besonders naheliegend, als sich in Leviticus 17–26 deutlich ein Ausgleich von deuteronomistischer und priesterschriftlicher Gesetzgebung beobachten lässt. Dass dabei der redaktionelle Horizont des Pentateuch im Vordergrund gestanden haben soll, ist nicht klar zu erkennen (so Nihan 2007, 617, gegen Otto 2000a). Besonders handgreif‌lich ist dies im Segensteil des Heiligkeitsgesetzes (Lev 26) zu fassen. Wie Lohfink (1973/1988) deutlich gemacht hat, nimmt Lev 26,9.11–13 zentrale Verheißungsaussagen aus priesterschriftlichen Texten wie Gen 17, Ex

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6,2–8 und 29,45–46 auf, konditioniert sie aber dadurch, dass sie nun im abschließenden Segen-/Fluch-Teil des Heiligkeitsgesetzes stehen, der mit „Wenn ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Gebote haltet und sie befolgt“ eingeleitet ist (Lev 26,3). Ihre Erfüllung wird also nicht mehr bedingungslos verheißen, sondern vom Gesetzesgehorsam abhängig gemacht, was einer gewissen „Deuteronomisierung“ priesterschriftlicher Theologie gleichkommt. Genesis 17: 6 Ich mache dich über alle Maßen fruchtbar und lasse dich zu Völkern werden, und Könige werden von dir abstammen. 7 Ich richte meinen Bund auf zwischen mir und dir und deinen Nachkommen, von Generation zu Generation, als einen ewigen Bund, dass ich dir und deinen Nachkommen Gott sei. Exodus 6: 4 Auch habe ich meinen Bund mit ihnen aufgerichtet, … 6 … Ich werde euch aus der Fron Ägyptens herausführen und euch aus ihrem Dienst erretten und euch erlösen mit ausgestrecktem Arm und durch gewaltige Gerichte. 7 Ich werde euch annehmen als mein Volk und euer Gott sein, und ihr sollt erkennen, dass ich JHWH bin, euer Gott, der euch herausführt aus der Fron Ägyptens. Exodus 29: 45 Und ich werde mitten unter den Israeliten wohnen und ihr Gott sein. 46 Und sie sollen erkennen, dass ich JHWH, ihr Gott, bin, der sie aus dem Land Ägypten herausgeführt hat, um in ihrer Mitte zu wohnen, ich, JHWH, ihr Gott. Leviticus 26: 3 Wenn ihr nach meinen Satzungen lebt und meine Gebote haltet und sie befolgt, 9 Und ich werde mich euch zuwenden und euch fruchtbar machen und mehren und meinen Bund mit euch aufrichten. … 11 Und ich werde in eurer Mitte Wohnung nehmen und keinen Widerwillen gegen euch hegen. 12 Und ich werde unter euch wandeln und euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein. 13 Ich bin JHWH, euer Gott, der euch herausgeführt hat aus dem Land Ägypten, so dass ihr nicht mehr ihre Sklaven sein musstet. Und ich habe die Hölzer eures Jochs zerbrochen und euch aufrecht gehen lassen.

In dieselbe Richtung deutet auch die Bundesformel in Lev 26,12, die nun vollständig wiedergegeben wird – entgegen dem theologischen Programm der Priesterschrift, wo jeweils nur die erste Hälfte verwendet wird (Gen 17,7; Ex 6,7; 29,46): „Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein“. Das Heiligkeitsgesetz reformuliert die Einseitigkeit der priesterschriftlichen Theologie in deuteronomistischem Sinn, so dass nun die Heilsaussagen der Priesterschrift keine unmittelbaren göttlichen Setzungen mehr sind, sondern gesetzestheologisch vermittelt sind. In politisch-theologischer Hinsicht ist bemerkenswert, dass das Heiligkeitsgesetz das Hohepriesteramt explizit in der Tora verankert (Lev 21,10–13; vgl. Otto 2007, 202).

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b) Das Numeribuch Das Numeribuch – eigentlich kein Buch, sondern eine literarische Etappe im Pentateuch – hat der Forschung immer wieder große Probleme aufgegeben, da es sich einer Einordnung in die Quellentheorie widersetzte. Auch wenn es nach wie vor Versuche gibt, die traditionellen Quellen in Numeri wiederzufinden (L. Schmidt 1998; 2004; 2005), so tendieren mehrere neuere Untersuchungen dazu, breite Teile des Numeribuches als Sammelbecken für Gesetze zu interpretieren, die nicht mehr in Exodus bis Leviticus oder bis Deuteronomium Aufnahme fanden, da diese Korpora bereits zu einem gewissen Abschluss gefunden hatten (Römer 2007, vgl. Achenbach 2003 [vgl. die Kritik bei Römer 2007, 436]; Otto 2007, 202; Frevel 2013; zur Verwandtschaft von Numeri mit der Chronik vgl. Mathys 2008). Man kann das Numeribuch als Vorläufer der halachischen Midraschliteratur ansehen; es scheint im Sinne eines „rolling corpus“ verschiedene Torainterpretationen entwickelt zu haben. Nur schon die Überschrift des Numeribuches, nach dem „Kolophon“ (Lev 27,34), deutet auf den auf der Ebene des Endtextes so angezeigten Ergänzungscharakter des Buches hin: Leviticus 27: 34 Das sind die Gebote, die JHWH auf dem Berg Sinai Mose für die Israeliten gab. Numeri 1: 1 Und JHWH sprach zu Mose in der Wüste Sinai im Zelt der Begegnung …:

Die Gesetze des Numeribuches sind nach Num 1,1 nicht auf dem Gottesberg offenbart worden, sondern in der Wüste Sinai. Sie sind mithin nicht mehr unmittelbarer Bestandteil der Gottesoffenbarung am Berg Sinai, aber durch ihre Kundgabe in der Wüste am Berg doch mit dieser verbunden – im Sinne einer Ergänzung (Römer 2007, 428). In literaturgeschichtlicher Hinsicht scheint das in Numeri breit entwickelte Rebellionsthema auf die Theologie der „deuteronomistisch“ interpretierten Vorderen Propheten (Josua bis 2. Könige) zu reagieren: Führte nach deren Darstellung der Widerstand Israels gegen Gott und seine Gebote zum nationalen Untergang und zum Verlust des Landes, so macht das Numeribuch klar, dass schon die Gründungsgeschichte Israels selbst von Abfall und Rebellion geprägt war, die ihrerseits zum Gericht führt. Es fällt jedenfalls auf, dass die „Murr“-Geschichten vor der Kundgabe des Gesetzes am Berg Sinai wesentlich glimpf‌licher verlaufen als danach (vgl. z. B. Ex 16,1–12 mit Num 14,1–29). Die Gesetzesgabe scheint also in dieser Perspektive eine gewisse Scheidelinie darzustellen. Das Numeribuch widerspiegelt so auf weite Strecken hin die Diasporaexistenz Israels außerhalb seines Landes und betont, dass die pentateuchischen Gesetze

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nicht nur für das Leben im Land von vitaler Bedeutung sind, sondern eine unmittelbare Relevanz haben. Sie sind, sobald empfangen, für Israel sogleich verbindlich. c) D ie Formierung der Tora Die Formierung der Tora, also die Ausgrenzung und literarische Konstituierung der Bücher Genesis bis Deuteronomium als einer eigenen Größe, ist einer der wichtigsten literaturgeschichtlichen Vorgänge der Perserzeit (Schmid 1999c, 290– 291; 2006e; Crüsemann 32005; Keel 2007, 1081). Mit ihr entsteht der sachliche und historische Kern des späteren Kanons der Hebräischen Bibel (Lim 2013). Zwar ist an der Tora noch partiell bis in die Makkabäerzeit gearbeitet worden, allerdings kaum mehr durch Einfügung ganzer Textblöcke, sondern vielmehr durch einzelne Retuschen (etwa in Gen 5 und Num 22–24; Schmid 1999c, 21–22), so dass sie in ihrer Substanz als eine perserzeitliche Größe zu gelten hat. Darauf deutet vor allem das Fehlen klarer zeitgeschichtlicher Reaktionen auf den Zusammenbruch des Perserreichs hin, wie man sie etwa umgekehrt deutlich im corpus propheticum in Gestalt von Weltgerichtsaussagen wie in Jes 34,2–4 oder Jer 25,27–31 findet (siehe unten S. 253–256). Hinzu kommt der Befund in den Chronikbüchern und Esra-Nehemia, der die schriftliche Fixierung der Tora voraussetzt. Allerdings ist die herkömmliche, perserzeitliche Ansetzung der entsprechenden Texte in den Chronikbüchern und Esra-Nehemia ins Rollen geraten: es wird mehr und mehr mit einer längeren literarischen Wachstumsgeschichte gerechnet. Immerhin scheinen aber schon die älteren Bestandteile des Esrabuches in Kapitel 10 auf fortentwickelte, schriftliche Toratexte wie Dtn 7,1–6 zurückzugreifen (Pakkala 2004), was dem traditionellen Argument günstig wäre. Schließlich ist die Entstehung der LXX zu nennen, die für die pentateuchischen Bücher um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. anzusetzen ist und einen terminus ante quem markiert (Siegert 2001, 42). Für den Anlass der Formierung der Tora nimmt man seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert gerne eine Theorie in Anspruch, die sich zunächst als sehr erfolgreich herausstellte, der man gegenwärtig aber mehr und mehr kritisch gegenübersteht: Im Anschluss an Peter Frei (21996; vgl. TUAT Ergänzungsband 194–197) und Erhard Blum (1990, 342–360) rechnet man gerne mit einer „persischen Reichsautorisation“ der Tora. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Formierung der Tora von außen, nämlich von der persischen Rechtspolitik, angestoßen worden war. Das Perserreich kannte kein übergeordnetes Reichsrecht, sondern ein funktionales Äquivalent dieses Reichsrechts existierte wahrscheinlich lediglich in lokalen Gesetzen, die aber von der persischen Verwaltung autorisiert und so in den Status von Reichsrecht erhoben wurden. Das heißt: Eben dadurch, dass die Teilvölker des Perserreichs nach ihren eigenen Gesetzen lebten, befolgten sie

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persisches Reichsrecht. Für das perserzeitliche Juda wäre dann damit zu rechnen, dass eben die Tora (und gegebenenfalls bereits Vorstufen von ihr) in diese Funktion einrückte. Mit der These der persischen Reichsautorisation wurden auch die sachlichen Divergenzen innerhalb der Tora und ihr theologischer Kompromisscharakter (vgl. dazu Knauf 1998; Knohl 2003) erklärbar: Äußerer Druck war für die Verbindung etwa von „deuteronomistischer“ und „priesterschriftlicher“ Theologie in der Tora verantwortlich. Nachdem die Annahme einer persischen Reichsautorisation sich zunächst hoher Akzeptanz erfreuen konnte, wird sie heute eher kritisch beurteilt (Watts 2001). Allerdings ist zweierlei festzuhalten: Zum einen besteht nach wie vor Erklärungsbedarf, weshalb der Komplex Genesis bis Deuteronomium aus dem größeren Ablauf der erzählenden Bücher ausgegrenzt wurde, und zum anderen ist immerhin für die literarische Präsentation vor allem von Esra 7 deutlich, dass mit dem hier wiedergegebenen, vom Perserkönig Artaxerxes ausgestellten Beglaubigungsschreiben Esras die Tora als ein Dokument mit persischer Autorität dargestellt werden soll, beruhe dies nun auf historischen Tatsachen oder nicht (Schmid 2006e). Wie dem auch sei: Die Formierung der Tora hat sich offenbar auch im Text von Genesis bis Deuteronomium selbst niedergeschlagen. Vor allem zwei textliche Elemente sind hier von Bedeutung (vgl. Schmid 2007b). Zunächst ist die explizite Abgrenzung der Tora als „Erzprophetie“ des Mose von aller späteren Prophetie in Dtn 34,10–12 zu nennen, die nur mehr Auslegung dieser „Erzprophetie“ sein kann, wie besonders das sachliche Gegenstück in Jos 1,7–8 bzw. Mal 3,22–24 deutlich macht. In Aufnahme und Ausbau bereits vorhandener Tendenzen wird nun die prophetische Überlieferung an der Tora ausgerichtet (vgl. Maier 2002; Otto 2006b; Achenbach 2007). Der Grund für die Katastrophe ist – gemäß der von der Tora her reformulierten Botschaft der Propheten – das Nichtbeachten der Tora (vgl. Jer 9,12; 16,11; 32,23; Hos 8,1; Am 2,4 u. a.). Natürlich setzen nicht alle „Tora“-Erwähnungen in den Prophetenbüchern ihre Formierung in Genesis bis Deuteronomium voraus, doch mit ihr werden nun auch ältere „Tora“-Stellen auf den fixierten Pentateuch hin transparent. Dtn 34,10 ist weiter insofern auf‌f ällig, als die hier vertretene Theorie der Unvergleichbarkeit des Mose bewusst Widersprüche mit dem voraufgehenden Text des Deuteronomiums in Kauf nimmt: Deuteronomium 18: 15 Einen Propheten wird dir JHWH, dein Gott, auf‌treten lassen (yāqîm), aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, so wie mich, auf ihn sollt ihr hören. Deuteronomium 34: 10 Und in Israel ist nie mehr ein Prophet aufgetreten (qām) wie Mose, den JHWH kannte von Angesicht zu Angesicht,

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Die Verheißung eines Propheten „wie Mose“ aus Dtn 18,15 wird in Dtn 34,10 nachgerade abrogiert. Der Grund ist offenbar darin zu sehen, dass die von Dtn 18,15 anvisierte Sukzessionskette von Propheten, die mit Mose einsetzt, zwischen Mose, dem Erzpropheten, und all seinen Nachfolgern um der Unvergleichbarkeit des Mose willen entzweigehauen werden soll. Dtn 34,10 will Mose von den nachfolgenden Propheten trennen, und diese Trennung ist eine Argumentation, die am einfachsten kanontechnisch erklärt werden kann: Mose muss dann von den „Propheten“ abgesetzt werden, wenn die Tora den „Propheten“ (d. h. den prophetischen Büchern Josua bis Maleachi, also dem Kanonteil „Propheten“) qualitativ übergeordnet werden soll. Dazu fügt sich, dass in den Folgeaussagen in ausgesprochen kühner Weise Gottesprädikationen („Zeichen und Wunder“, „mit starker Hand“ usw.) auf Mose übertragen werden (Dtn 34,11–12). Dieser Vorgang der „Theologisierung“ des Mose wird am ehesten verständlich aus dem Bestreben, der Tora („Mose“) einen autoritativen Status zu verleihen. „Mose“ wird deshalb in eine enge Verbindung zu Gott gebracht, damit die Tora über eine entsprechende Autorität verfügen kann. Schließlich ist auf die Aussagelinie von der Landverheißung als Eid an Abraham, Isaak und Jakob zu verweisen, die die fünf Bücher der Tora durchzieht (Gen 50,24; Ex 32,13; 33,1; Num 32,11; Dtn 34,4), danach aber nicht mehr begegnet, und entsprechend als ein pentateuchredaktionelles Thema anzusprechen ist (Römer 1990, 566; Schmid 1999c, 296–299). Der pentateuchische Horizont wird zudem durch die Zitierung von Gen 12,7 in Dtn 34,4 hervorgehoben: Deuteronomium 34: 4 Und JHWH sprach zu ihm: Dies ist das Land, von dem ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe: Deinen Nachkommen will ich es geben. … Genesis 12: 7 Da erschien JHWH dem Abram und sprach: Deinen Nachkommen will ich dieses Land geben. …

Das Motiv der eidlichen Landverheißung (dort ursprünglich an die Exodusgeneration gerichtet) scheint aus den deuteronomistischen Partien des Deuteronomiums aufgenommen worden zu sein (vgl. 1,35; 6,18.23; 7,13; 8,1; 10,11; 11,9.21; 19,8; 26,3.15; 28,11; 31,7.20–21), während seine Übertragung auf die drei Erzväter der Genesis (im Dtn selbst vgl. 1,8; 6,10; 9,5; 30,20) von der Priesterschrift her beeinflusst ist, die die Grundlage von Gottes Handeln gegenüber Israel im Bund mit Abraham sieht. Theologisch akzentuiert die eidliche Landverheißung an Abraham, Isaak und Jakob den Diasporacharakter der Tora, der sich ohnehin daraus ergibt, dass sie erzählerisch vor dem Eintritt Israels in das Gelobte Land endet. Die Tora ist die Gründungsurkunde eines „exilischen“ Israel, eines Volkes, dessen Geschichte außerhalb seines Landes beginnt und sich in der Lesergegen-

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wart auch zu erheblichen Teilen außerhalb dieses Landes abspielt. Die Tora erhält dadurch selbst eine „prophetische“ Note. d) Der samaritanische Pentateuch Die Tora wurde nicht nur zur heiligen Schrift der Juden, sondern auch der Samaritaner, die die übrigen Bücher der Hebräischen Bibel ablehnen. Sie führen sich auf das ehemalige Nordreich Israel zurück und tragen ihren Namen aufgrund ihrer lokalen Verankerung in der Gegend von Samaria, der ehemaligen Hauptstadt des Königreichs Israel. Die Samaritaner bilden eine religiöse Gemeinschaft, die sich selbst als „Israeliten“ bezeichnet. Sie besteht heute noch, wenn auch nur mit wenigen tausend Angehörigen in zwei Gemeinden in Holon bei Tel Aviv und auf dem Berg Garizim. Die Samaritaner haben einen eigenen Hohenpriester und eigene Synagogen, und sie feiern das Pessachfest – entsprechend den Vorgaben der Tora – mit Lammopfern. In der Antike stellten sie wahrscheinlich eine sehr viel mächtigere Größe dar, die zahlenmäßig die Judäer sogar übertroffen haben wird (vgl. Knoppers 2013). In Abgrenzung zu der Bezeichnung „Samaritaner“ wird oft der Begriff „Samarier“ verwendet, wenn die Bevölkerung um Samaria gemeint ist, die auch anderen Religionen angehören konnte. In der rabbinischen Literatur werden die Samaritaner abwertend als „Kutim“ bezeichnet (Gittin 10a und Qidduschin 76a u. ö.) – mit Bezug auf den in 2. Könige 17 genannten Ort Kuta (V. 24) in Mesopotamien als mutmaßlichen Ursprungsort des assyrischen Bevölkerungsanteils dieser Gruppe. Die negative Einschätzung der Samaritaner in der rabbinischen Tradition schließt sich an die abwertende biblische Sicht in 2. Könige 17 an (vgl. Schmid 2018a): Nach der Darstellung des Untergangs des Königreichs Israel (V. 5–23) wird erzählt, wie nach der Exilierung von dessen Bewohnerschaft nach Assyrien der König von Assur umgekehrt Bevölkerungsanteile von dort in das Gebiet des ehemaligen Nordreichs verbracht hatte (V. 24–41): 2. Könige 17: 24 Der König von Assur aber brachte Bewohner von Babel, Kuta, Awa, Hamat und Sefarwajim, und an Stelle der Israeliten siedelte er diese in den Städten Samarias an. Und diese nahmen Samaria in Besitz und wohnten in den Städten Samarias.

Während die Bibel den Anschein erweckt, die Bevölkerung sei durch diesen Vorgang vollkommen ausgetauscht worden, ist an dieser Notiz in historischer Hinsicht so viel richtig, dass die Assyrer Deportationen jeweils in zwei Richtungen durchführten, um die kulturelle und religiöse Identität der unterjochten Völker zu brechen. Allerdings betrafen diese Bewegungen immer nur einen Teil der Bevölkerung.

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Die Bibel stellt die religiöse Situation im Gebiet des ehemaligen Nordreichs aus ihrer jüdischen Perspektive als einen ausgeprägten Synkretismus dar: Die aus Assyrien stammende Bevölkerung habe ihre eigenen Götter und Götterbilder mitgebracht und an ihnen auch dann festgehalten, wenn sie zusätzlich den lokalen Jhwh-Kult beging: 2. Könige 17: 41 Und so fürchteten diese Nationen JHWH und dienten zugleich ihren Bildern; auch ihre Kinder und die Kinder ihrer Kinder machen es, wie ihre Vorfahren es gemacht haben, bis auf den heutigen Tag.

Was in 2Kön 17,24–41 beschrieben wird, ist die biblisch verzerrte Ursprungslegende der Samaritaner. Diese Gruppe wird seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. als eine kultisch eigenständige Größe greif‌bar, da sich seit dieser Zeit ein Heiligtum auf dem Berg Garizim archäologisch nachweisen lässt. Möglicherweise geht der Tempel auf dem Berg Garizim auf dissidente Priesterkreise mit zadokidischem Hintergrund aus Jerusalem zurück, die sich mit der nachexilischen Reformpolitik unter Esra und Nehemia nicht einverstanden erklären konnten. Die Samaritaner standen so in der persischen und hellenistischen Zeit in einer gewissen Konkurrenz zu Jerusalem (vgl. Esr 4,1–5), doch zum endgültigen Bruch mit dem judäischen Judentum scheint es erst im 2. Jahrhundert v. Chr., infolge der Zerstörung des Tempels auf dem Garizim durch den hasmonäischen König Johannes Hyrkan I. (143–104 v. Chr.), gekommen zu sein. Als heilige Schrift kennen die Samaritaner die Tora, die bei ihnen aber in leicht abgewandelter Form überliefert wird: Die wichtigsten Unterschiede betreffen allesamt die explizite und exklusive Begründung des Garizim als des von Gott erwählten Kultorts. Für die Samaritaner ist nicht Jerusalem, sondern der Berg Garizim, der „Berg des Segens“, das einzig legitime Heiligtum. Diese Zuspitzung wird erstens durch die Überarbeitung des Dekalogs erreicht, der in der samaritanischen Tora nach Ex 20,17 und Dtn 5,21 ein zusätzliches Gebot enthält, das Israel anweist, auf dem Garizim Gesetzesstelen und einen Altar zu bauen. Dieses Gebot ist eine Kompilation aus Ex 13,11a und Dtn 11,29b; 27,2b–3a.4–7; 11,30. Um die Zehnzahl der Gebote des Dekalogs beizubehalten, mussten die Samaritaner das Verbot des Begehrens (von des Nächsten Frau und Gütern) durch eine Kopula zu einem einzigen Verbot verbinden. Zweitens wird im Deuteronomium die Formel „der Ort, den Jhwh erwählen wird“ (vgl. z. B. Dtn 12,14; 16,2 u. a.) im Perfekt wiedergegeben: „der Ort, den Jhwh erwählt hat“. Damit wird der Blick weg von Jerusalem gelenkt, das im Pentateuch nicht (oder nur indirekt, vgl. „Salem“ in Gen 14,18 und „Morija“ in Gen 22,2) genannt wird, und auf den Garizim gerichtet, auf dem nach der Lesart des samaritanischen Pentateuch in Deuteronomium 27,4 ein Altar für Gott errichtet werden soll:

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Deuteronomium 27: 4 Wenn ihr nun den Jordan überschreitet, sollt ihr diese Steine aufrichten, wie ich es euch heute gebiete, auf dem Berg Garizim, und du sollst sie mit Kalk tünchen. 5 Und dort sollst du JHWH, deinem Gott, einen Altar errichten, einen Altar aus Steinen. …

In den jüdischen Handschriften des Pentateuch steht in Deuteronomium 27,4 „Berg Ebal“ statt „Berg Garizim“. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Lesart des samaritanischen Pentateuch ursprünglich ist und die Ersetzung von „Berg Garizim“ durch „Berg Ebal“ auf antisamaritanischer Polemik beruht: Gemäß Deuteronomium 11,29 und 27,13 ist der Ebal nämlich der Berg des Fluches, und daher ist kaum anzunehmen, dass ein Altarbau dort der ursprünglichen Fassung des Textes entspricht. Die gemeinsame Anerkennung der Tora bei den Samaritanern und den Juden – wenn auch mit spezifischen textlichen Unterschieden – ist ein bemerkenswerter Umstand, der einer Erklärung bedarf. Haben samaritanische und judäische Theologen gemeinsam an ihr gearbeitet? Ganz auf‌hellen lassen sich die Entstehungsumstände der Tora wohl mangels entsprechender Nachrichten nicht. Jedenfalls aber vertritt die Tora deutlich ein Israelkonzept, das den Norden wie den Süden umfasst. Das Nordreich war zwar 722 v. Chr. von der politischen Bühne verschwunden, doch sein Territorium und seine Bevölkerung blieben eine kulturell und religiös eigenständige Größe, die sich nach wie vor als „Israel“ verstand. Dieser Name wurde spätestens im 7. Jahrhundert v. Chr. auch im Süden, in Juda, in Anspruch genommen. Wichtige Bestandteile der Tora wie die Jakoberzählung, die Mose-Exodus-Erzählung oder das Deuteronomium scheinen ursprünglich auf Nordreichstraditionen zurückzugehen. Dies erlaubte es den Samaritanern, sie als verbindliches Textkorpus für sich zu akzeptieren, und für die Judäer war es unmöglich, diese ursprünglich aus dem Norden stammenden Überlieferungen zu ignorieren. Sollte die Tora zur Hauptsache in Juda abgefasst worden sein – wofür vieles spricht –, so scheint sie bewusst den Norden miteinbezogen zu haben. Nur so konnte sie sowohl für die Samaritaner im Norden als auch für die Juden im Süden zur autoritativen Schrift werden.

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F. Die Literatur der Ptolemäerzeit (3. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe Nach etwa zweihundertjährigem Bestand erlag das Perserreich im letzten Drittel des vierten Jahrhunderts v. Chr. den Expansionsbestrebungen des Mazedoniers Alexander (Vieweger 2019c, 38–39). Besonders entscheidend waren die Niederlagen der Perser bei Issos (333 v. Chr.) und Gaugamela (331 v. Chr.), die nicht zuletzt dank neuen strategischen Militärtechniken der Mazedonier zustande kamen. Das im Zuge der Eroberungen Alexanders des Großen entstandene Großreich überdauerte jedoch seinen Gründer nicht. Nach seinem Tod 323 v. Chr. entbrannten bittere Nachfolgekämpfe unter den sogenannten „Diadochen“ (Schäfer 1983, 24–25; Maier 1990, 146–147; Vieweger 2019c, 109–127). Nach der Schlacht bei Gaza (312 v. Chr.), in unmittelbarer Nähe Jerusalems, einigten sich die Diadochen in einem Vertragswerk darauf, eine gewisse, de facto jedoch fiktive Einheit des Alexanderreichs aufrechterhalten zu wollen. Diese musste aber in der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. aufgegeben werden. Syrien-Palästina geriet im 3. Jahrhundert v. Chr. zunächst unter die Herrschaft des stark zentralistisch organisierten Ptolemäerreichs, das sein Stammland in Ägypten hatte (Schäfer 1983, 29–34; Hölbl 1994). Josephus berichtet sogar von einer Einnahme Jerusalems durch Ptolemaios an einem Sabbat (Antiquitates Judaicae 12, 5; Contra Apionem 1, 208–211), die allerdings schwierig zu beurteilen ist (Schäfer 1983, 27). In dieser Zeit dürf‌ten viele Juden nach Alexandria ausgewandert sein, wo sie eine bedeutende Diasporagemeinde auf‌bauten, deren Anfänge bis in die Gründungszeit der Stadt zurückreichen dürf‌ten (Josephus, Bellum Judaicum 2, 487). Wie verschiedene erhalten gebliebene Urkunden bezeugen (vgl. das sogenannte Zenon-Archiv, TUAT N. F. 1, 314–317), scheint die Ptolemäerzeit, gefördert durch einen florierenden Staatskapitalismus und eine umfassende Monetarisierung der Ökonomie, von wirtschaftlicher Prosperität gekennzeichnet gewesen zu sein, obwohl immer wieder militärische Auseinandersetzungen mit den Seleukiden, dem mesopotamischen „Bruder“-Reich, eine politische Ruhe verunmöglichten. In der Sequenz der sogenannten fünf syrischen Kriege konnten die Ptolemäer noch die Oberhand behalten, bevor mit der Schlacht bei Paneas

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(198 v. Chr.) Syrien-Palästina unter seleukidische Oberherrschaft geriet. Allerdings war die Dauerhaftigkeit der ptolemäischen Macht aus der Binnenperspektive nicht einfach zu erkennen. So stellte etwa der Jerusalemer Hohepriester Onias II. angesichts der militärischen Teilerfolge der Seleukiden im dritten syrischen Krieg (246–241 v. Chr.) die Tributzahlungen an die Ptolemäer ein, was zum Aufstieg der rivalisierenden Tobiadenfamilie führte (Donner 32000/2001, 479; Keel 2007, 1156–1158). Der Antagonismus zwischen Oniaden und Tobiaden mit wechselnden Loyalitäten zu den jeweiligen Oberherrschern, die ihrerseits auf die Partizipation führender Schichten aus Judäa an der politischen Macht angewiesen waren, und jeweils innerfamiliäre Auseinandersetzungen prägen die Geschichte Judäas bis in die Makkabäerzeit hinein. In kulturgeschichtlicher Hinsicht ist für die Zeit nach Alexander vor allem das erfolgreiche Auf‌kommen des Hellenismus im Vorderen Orient von großer Bedeutung gewesen (vgl. Chaniotis 2019; Vieweger 2019c, 109–210). Im Anschluss an Johann Gustav Droysen (1808–1884) verstand man darunter traditionell die Verschmelzung von griechischer und orientalischer Kultur (Droysen 1836– 1843/1952–1953), die in der heutigen Forschung allerdings kultur- und religionsgeschichtlich differenziert wird (Gehrke 1990, 1–3.129–131; Maier 1990, 291–292; Keel 2007, 1127–1128). Im Zuge der Eroberungen Alexanders konnte sich das Griechische, die attische Koinē, als Verwaltungssprache durchsetzen und ermöglichte so einen umfassenden Kulturtransfer (Haag 2003, 104–105; zu vorhellenistischen Kontakten siehe Stern 2001, 217–228; Hagedorn 2005; Keel 2007, 1126–1127). Der Hellenismus stellte eine umfassende Bildungsmacht dar, die sich auf Religion, Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft auswirkte. Das Judentum hatte sich mit der neuen Weltkultur auseinanderzusetzen, und diese Frage wurde schnell entscheidend: Ist Assimilation oder Abgrenzung die gebotene Verhaltensweise? Beide Optionen wurden offenbar verfolgt, wobei nur vordergründig die antihellenistische Stimme in der zeitgenössischen alttestamentlichen Literatur stärker zu vertreten sein scheint: Die Begegnung mit dem Hellenismus und seine Rezeption in Judentum transformierte dieses in ungefragter Weise und gab ihm eine neue Identität (Hengel 31988). Wie eine kritische Analyse zudem schnell zeigt, scheinen im Zuge der Hellenisierung von Kultur und Gesellschaftsleben auch die explizit und reflektiert prohellenistischen Positionen im Judentum des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. außerordentlich prominent vertreten gewesen zu sein. Man steht bezüglich der Hauptlinien der alttestamentlichen Präsentation des Hellenismus etwa im Danielbuch vor einem vergleichbaren Phänomen wie bei der Einschätzung der „kanaanäischen“ Kultpraktiken in den Vorderen Propheten (Josua bis 2. Könige): Das Alte Testament tendiert dazu, aus orthodoxer Warte zu perhorreszieren – oder, wie möglicherweise im Fall der Chronik, totzuschweigen –, was in historischer Hinsicht ein breit und gut etablierter Strang da-

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maliger Religiosität und Kulturalität war. Vor allem in nachalttestamentlicher Zeit entstanden jüdische Literaturprodukte, die nachgerade als genuin „hellenistisch“ charakterisiert werden können. Exemplarisch sind etwa die von vornherein auf griechisch abgefasste Weisheit Salomos (Kepper 1999) oder die philosophische Reformulierung des Judentums in den Schriften Philos zu nennen, die allerdings innerjüdisch kaum rezipiert wurde (Veltri 2003).

II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen In theologiegeschichtlicher Hinsicht dürf‌ten drei Faktoren in dieser Zeit besonders prägend gewesen sein: erstens der Zusammenbruch des Perserreichs und kurz darauf‌folgend des Alexanderreichs in den drei letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts v. Chr., der den Verlust einer weltumfassenden politischen Ordnungserfahrung bedeutete, zweitens die Begegnung mit dem Hellenismus, die eine eminente Herausforderung an die Frage jüdischer Identität bedeutete (Hengel 31988; Collins 22000; 2005; Collins/Sterling 2001; Haag 2003; Honigman/ Nihan/Lipschits 2020; siehe die forschungsgeschichtliche Skizze bei Collins 2005, 1–20), und drittens schließlich die beginnende Diskussion um die Ausrichtung der alttestamentlichen Überlieferung an ihrem Kopfstück, der spätperserzeitlich formierten, eher theokratisch als eschatologisch akzentuierten Tora (Schmid 2007b). Die Prophetentradenten begleiteten und kommentierten in der Ptolemäerzeit die Weltgeschichte in explizierenden Fortschreibungen der bereits bestehenden Bücher (Steck 1991a; 1996). Diese erfuhren einen deutlichen Gestaltwandel dadurch, dass die desaströse Erfahrung des Zusammenbruchs zunächst des Perserreichs und – nur eine Generation später – des Alexanderreichs ihren literarischen Niederschlag in der Vorstellung eines allumfassenden Weltgerichts fand. Allerdings wurden die ptolemäerzeitlichen Gegenwartsdeutungen der Prophetie nicht historisch explizit gemacht. Sie erscheinen als Voraussagen aus dem Mund von Gestalten, die nach ihrer biblischen Präsentation zum Teil wesentlich früher gelebt haben, und sind entsprechend dieser historischen Fiktion formuliert. Die Prophetentradenten sahen sich dort, wo sie auch die Perserzeit als nach wie vor anhaltende Gerichtssituation interpretiert hatten, in ihrem Urteil bestätigt. Einschneidende Veränderungen brachte der politische Zusammenbruch des Perser- und Alexanderreichs für diejenigen Stränge der perserzeitlichen Literatur des Alten Testaments mit sich, die in der Perserherrschaft die Verwirklichung des göttlichen Heilswillens gesehen hatten. Diese Positionen wurden entweder eschatologisiert oder aber hielten gegen die politische Erfahrungslage – im Sinne der Formulierung eines außergeschichtlichen Idealbilds und motiviert durch die in diesem Sinn optierende Tora – an ihrem theokratischen Ideal fest. Am deutlichsten zu fassen ist der Prozess einer Eschatologisierung wahrscheinlich

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in der Danielüberlieferung (Steck 1980/1982; Kratz 1991a). Die perserzeitlichen Daniel-Legenden in Daniel 1–6 sind in der frühen Diadochenzeit durch die Anfügung von Daniel 7 und die Fortschreibungen in Daniel 2 tiefgreifend reinterpretiert worden. Die Weltreiche wechseln sich in einer Abfolge ab, das Ziel der Geschichte ist aber – entsprechend der Erfahrung, dass sogar ein für unzerstörbar gehaltenes Weltreich wie das der Perser untergehen kann – die Herrschaft Gottes selbst über die Welt. Für die danielische Zielperspektive eines Gottesreichs dürf‌te auch die seit Alexander und Ptolemaios I. initiierte Herrscherverehrung einen gewissen sachlichen Auslöser dargestellt haben (Seibert 1991), die aus jüdischer Perspektive die Großmächte insgesamt als blasphemisch disqualifizierte, so dass als Ziel der Geschichte nur ein von Gott selbst gelenktes Reich in Frage kommen konnte. Die Priesterschrift und die Chronik konnten nachperserzeitlich durchaus im Sinne der Zeichnung eines urzeitlichen, mythischen Idealzustands weiter gelesen und rezipiert werden. Das politische Konzept der Priesterschrift rechnete wie die Daniel-Legenden in Daniel *1–6 mit dem der Perserherrschaft entsprechenden Zielzustand der Geschichte. Allerdings war sie einerseits gegen ereignisgeschichtliche Veränderungen, auch von so umwälzender Natur wie der Untergang des Perserreichs, durch ihren Charakter als „Urgeschichtschreibung“ (Lohfink 1978/1988; Knauf 2000a) grundsätzlich gefeit. Darüber hinaus war sie durch ihre Einarbeitung in den Zusammenhang von Pentateuch und Vorderen Propheten auch in „eschatologisiertem“ Sinn zu lesen: Die Priesterschrift ist hier nur mehr Kopfstück eines viel größeren Zusammenhangs (Genesis bis 2. Könige), der seinerseits auf das corpus propheticum vorverweist (Schmid 2006a). Vergleichbares gilt für das chronistische Geschichtswerk: Es konnte im Sinne der Darstellung einer „mythischen Urzeit“ verstanden werden, die die maßgeblichen Institutionen aus der Epoche Davids und Salomos herauswachsen sah. Ihre Beschreibung beansprucht in ihm den weitaus meisten Raum. Auch die weisheitlichen Überlieferungen hielten im weiteren Sinn an einem theokratischen Ideal fest. Sie abstrahierten von den weltpolitischen Nervositäten und hoben – in kritischem Dialog mit hellenistischen praktischen Philosophien – die elementaren Lebensgewährungen Gottes wie Nahrung, Kleidung oder Genuss hervor. Die zeitgenössische Weisheitstradition zerfällt ihrerseits in einen „theologischen“ und einen „skeptischen“ Strang. Der „theologische“ Strang wird durch Proverbien 1–9 repräsentiert. Er verweist auf die „Gottesfurcht“ als Prinzip der theoretischen und der praktischen Vernunft. Der „skeptische“ Strang findet sich bei Kohelet. Er ist weniger enthusiastisch bezüglich der menschlichen Möglichkeiten, aufgrund von richtiger Erkenntnis ein gelingendes Leben zu führen. Gleichwohl betont Kohelet aber, dass man das von Gott geschenkte Leben genießen kann und soll – auch wenn es für den Menschen keinen Einblick in die Ratio dieses Lebens gibt.

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III. Überlieferungsbereiche 1. Weisheitliche Überlieferungen a) Proverbien 1–9 Auch wenn Datierung und literarische Genese von Proverbien 1–9 umstritten sind und einige neuere Untersuchungen zu einer noch perserzeitlichen Ansetzung tendieren (Maier 1995, 67; Baumann 1996, 272; Müller 2000, 312), so ist die Weisheitstheologie dieser Kapitel gut vor dem Hintergrund der von den Ptolemäern kraftvoll propagierten Isistheologie zu verstehen und vielleicht doch erst hellenistisch anzusetzen (Hengel 31988, 275.285–288; vgl. Fox 2000, 6). Sollte sie älter sein, so hätte sie jedenfalls in der hellenistischen Zeit einen fruchtbaren Wurzelgrund gefunden. Das sachliche Profil von Proverbien 1–9 ist durch drei Grundentscheidungen geprägt. Zum ersten lässt sich aus der Rahmung erkennen, dass die Weisheit hier in theologisierter Gestalt erscheint und von der Gottesfurcht her verstanden wird: Proverbien 1: 7 Die Furcht vor JHWH ist der Anfang der Erkenntnis, Toren verachten Weisheit und Unterweisung. Proverbien 9: 10 Der Anfang der Weisheit ist die Furcht vor JHWH, und das Erkennen des Heiligen ist Verstand.

Weisheit ist also für Proverbien 1–9 nicht ohne weiteres oder unmittelbar zugänglich, der Weg zu ihr führt über „die Furcht vor Jhwh“. Möglicherweise ist der Prozess dieser Theologisierung der Weisheit literatursoziologisch mit einer verstärkten Anbindung und Pflege der Weisheitsliteratur am Tempel in Verbindung zu bringen, doch müssen solche Überlegungen Vermutungen bleiben. Mit der ersten Entscheidung hängt zweitens die Vorstellung einer „personifizierten“ Weisheit zusammen. Weisheit ist in Proverbien 1–9 nicht mehr als ordnendes Strukturprinzip der Welt vorgestellt, das durch empirische Beobachtung erhoben werden kann, sondern sie ist eine Größe, die sich in einer gewissen Distanz zur Welt bewegt. Die als Frau vorgestellte Weisheit hält Reden, sie muss für sich werben, ebenso wie ihr Gegenstück, Frau Torheit:

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Frau Weisheit: Proverbien 8: 32 So hört nun auf mich, ihr Söhne! … 33 Hört auf die Unterweisung und werdet weise, … 35 Denn wer mich gefunden hat, hat das Leben gefunden und Wohlgefallen erlangt bei JHWH.

Frau Torheit: Proverbien 9: 17 Gestohlenes Wasser ist süß, und im Verborgenen schmeckt das Brot köstlich.

Ja, die Weisheit ist sogar als Person bei der Erschaffung der Welt zugegen gewesen. Sie kennt den Plan der Schöpfung. Proverbien 8: 22 JHWH hat mich geschaffen am Anfang seines Wegs, vor seinen anderen Werken, vor aller Zeit. 23 In fernster Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, in den Urzeiten der Erde. 24 Als es noch keine Fluten gab, wurde ich geboren, als es noch keine wasserreichen Quellen gab. 25 Bevor die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren, 26 als er die Erde noch nicht geschaffen hatte und die Fluren und die ersten Schollen des Erdkreises. 27 Als er den Himmel befestigte, war ich dabei, als er den Horizont festsetzte über der Flut, 28 als er die Wolken droben befestigte, als die Quellen der Flut mächtig waren, 29 als er dem Meer seine Grenze setzte, und die Wasser seinen Befehl nicht übertraten, als er die Grundfesten der Erde festsetzte, 30 da stand ich als Werkmeisterin ihm zur Seite und war seine Freude Tag für Tag, spielte vor ihm allezeit. 31 Ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Freude an den Menschen.

Drittens schließlich vertritt Proverbien 1–9 eine optimistische Position bezüglich der praktischen und theoretischen Konsequenzen, die der Weisheitsbesitz mit sich bringt: Proverbien 3: 13 Wohl dem Menschen, der Weisheit gefunden hat, und dem Menschen, dem Einsicht zuteil wird. 14 Sie zu erwerben ist besser, als Silber zu erwerben, und besser ist es, sie zu gewinnen als Gold.

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15 Sie ist wertvoller als Perlen, und keine deiner Kostbarkeiten kommt ihr gleich. 16 Langes Leben ist in ihrer Rechten, in ihrer Linken sind Reichtum und Ehre. 17 Ihre Wege sind angenehme Wege, und all ihre Straßen sind friedlich. 18 Ein Baum des Lebens ist sie denen, die sie ergreifen, und wer sie festhält, ist glücklich zu preisen.

Gegenüber der älteren Weisheit, in der eher eine übergreifende Ordnungsvorstellung als solche im Vordergrund stand, betonen diese Aussagen nun die praktische Seite von Lohn und Strafe als Folge des menschlichen Tuns. Theologiegeschichtlich wirkt diese Position wie eine „Deuteronomisierung“ der älteren Weisheit, was angesichts der Langzeitigkeit der deuteronomistischen Schultradition keine Theorieprobleme verursacht: Sie konnte ohne weiteres noch in der hellenistischen Zeit verschiedene Literaturkorpora beeinflussen. Es ist schwierig zu sagen, ob diese drei Grundentscheidungen literaturgeschichtlich zusammengehören oder als Prozess immer weiter greifender Theologisierung diachron voneinander abzusetzen sind. In der jetzt vorliegenden Komposition ist die Gottesfurcht offenbar als Einstiegsbedingung gesehen, von der her der Zugang zur Weisheit überhaupt erst möglich wird. Diese Rückbindung der Weisheit an Gott selber wird später im Sirachbuch noch weiter zugespitzt werden, indem die Weisheit ganz auf Gott konzentriert werden kann: Jesus Sirach 1: 1 Alle Weisheit ist vom Herrn, und bei ihm ist sie in Ewigkeit. … 8 Einer ist weise, überaus Furcht erregend, er sitzt auf seinem Thron. …

Die enge Verbindung von Weisheit und Gottesfurcht in Proverbien 1–9 führt dazu, dass in Prov 6,20–22 im Rahmen einer theologisierten Weisheitsinterpretation nachgerade ein Zentraltext der Tora aufgegriffen werden kann, das Schema Israel aus Dtn 6,4–9, und dass die weisheitliche Mahnung mit denselben Attributen und Verhaltensweisen bedacht werden kann wie dort. Proverbien 6: 20 Bewahre, mein Sohn, das Gebot deines Vaters, und verwirf nicht die Weisung deiner Mutter. 21 Binde sie für immer auf dein Herz, lege sie dir um den Hals. 22 Wenn du gehst, leitet sie dich, wenn du dich niederlegst, wacht sie über dir, und wachst du auf, spricht sie mit dir.

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Deuteronomium 6: 5 Und du sollst JHWH, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit deiner ganzen Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen bleiben, 7 und du sollst sie deinen Kindern einschärfen, und du sollst davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt und wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich niederlegst und wenn du dich erhebst. 8 Du sollst sie als Zeichen auf deine Hand binden und sie als Merkzeichen auf der Stirn tragen,

Prov 6,20–22 steht mit diesem Aneinanderrücken von Weisheit und Gesetz Aussagen in der Tora selbst nahe, die vermutlich nur wenig älter sein dürf‌ten (Krüger 2003b): Deuteronomium 4: 5 Seht, ich habe euch Satzungen und Rechte gelehrt, wie es mir JHWH, mein Gott, geboten hat, damit ihr danach handelt in dem Land, in das ihr zieht, um es in Besitz zu nehmen. 6 So haltet sie und handelt danach! Denn darin zeigt sich den Völkern eure Weisheit und eure Einsicht. Wenn sie all diese Satzungen hören, werden sie sagen: Was für ein weises und einsichtiges Volk ist diese große Nation!

Dieser Traditionsstrang wird sich in Jesus Sirach 24 und Baruch 3 zur Position einer expliziten Identifizierung von Weisheit und geschriebener Tora fortentwickeln (vgl. unten S. 271–273.276). Proverbien 1–9 reagiert aber auch, vor allem in Prov 1,20–33, auf das „Ende der Prophetie“ (Baumann 1996, 197–199.289). In ihrer ersten Rede präsentiert sich die Weisheit einerseits selbst als Prophetin – d. h. als Sachwalterin der nunmehr erloschenen Prophetie –, andererseits rückt sie in manchen Aspekten nachgerade in die Stellung Gottes ein – am Verhalten zu ihr entscheidet sich Heil oder Unheil. Proverbien 1: 20 Die Weisheit ruf‌t auf der Straße, auf den Plätzen erhebt sie ihre Stimme. 21 Im größten Lärm ruf‌t sie, am Eingang der Stadttore spricht sie ihre Worte: 22 Wie lange noch, ihr Einfältigen, liebt ihr die Einfalt, und wie lange gefällt den Spöttern ihr Spott und verschmähen die Dummen die Erkenntnis (vgl. Jer 4,21–22)? 23 Wenn ihr umkehrt auf meine Ermahnung hin, dann will ich meinen Geist strömen lassen für euch, meine Worte will ich euch kundtun (vgl. Jes 59,21).

Die Weisheit universalisiert die politische Theologie, wie sie etwa in Jes 11,1–5 formuliert wird (Baumann 1996, 91–93.301): Nicht nur der künftige davidische Messias, sondern alle Könige herrschen dank weisheitlicher Begabung.

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Proverbien 8: 15 Durch mich herrschen Könige, und Mächtige setzen fest, was Recht ist. 16 Durch mich regieren Fürsten und Edle, alle gerechten Richter.

Eine solche Aussage fügt sich an sich gut zur pax persica. Gleichwohl liegt die Annahme eines hellenistischen Hintergrunds dieser Aussage nahe, da einerseits betont von einer Mehrzahl von Königen und Machthabern die Rede ist, und andererseits die spezifische Explizierung dieses Gedankens auf kontrafaktische Erfahrungen hindeuten könnte.

b) Hiob 28 und Hiob 32–37 Auch wenn über die Rekonstruktion der literarischen Entstehung des Hiobbuches wenig Einigkeit besteht, so scheinen doch die Ausgrenzung des Lieds der Weisheit in Kapitel 28 und der Elihureden in den Kapiteln 32–37 gut begründbar und weithin anerkannt zu sein. Es handelt sich bei beiden Texten um Stücke, die das Hiobbuch in gewisser Weise wieder einer gemäßigten „Orthodoxie“ zuführen möchten (Knauf 1988a, 67; vgl. Clines 2004; Greenstein 2003, jeweils mit literarischen Umstellungsvorschlägen). Das Lied der Weisheit in Hiob 28, das im Anschluss an Hiob 27 als Rede Hiobs gestaltet ist, wehrt das mögliche Verständnis ab, dass Hiob in den Dialogen Weisheit und Gottesfurcht ganz von sich weise. Vielmehr erscheint Hiob hier nun – bevor er seinen „Reinigungseid“ ablegen wird (Hi 29–31) – als Anwalt einer Position, die dem Menschen in seiner Endlichkeit die Gottesfurcht und Ethik als Weg zur – an sich verborgenen – Weisheit anbietet: Hiob 28: 20 Und die Weisheit, woher kommt sie, und wo hat die Erkenntnis ihren Ort? 21 Den Augen aller Lebenden ist sie verborgen, und vor den Vögeln des Himmels ist sie versteckt. 22 Abgrund und Tod sprechen: Die Kunde von ihr kam uns zu Ohren. 23 Gott weiß den Weg zu ihr, und er kennt ihren Ort. … 28 Zum Menschen aber sprach er: Siehe, die Furcht vor dem Herrn, das ist Weisheit, und Böses meiden ist Erkenntnis.

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Auch die Elihureden (Hi 32–37), die teilweise inhaltlich die Gottesreden des Buches vorwegnehmen, verfolgen ein ähnliches Ziel. Der hier auf‌tretende vierte Freund spielt weder vorher noch nachher eine Rolle und ist so unschwer als Fremdkörper im Buch zu erkennen. Er dient nicht dem dramatischen Fortschritt. Vielmehr streben seine vier Monologe eine „orthodoxe“ Deutung des Leidens Hiobs an. Elihu weist gleicherweise die Behauptung Hiobs, er sei gerecht, wie auch die Erklärungsversuche der Freunde Hiobs zurück. Seine eigene Interpretation des Leidens vor allem als einer Erziehungsmaßnahme Gottes steht allerdings durchaus in der Tradition der Elifasrede von Hiob 4–5, ist also weniger „neu“ als von ihm selber beansprucht.

c) K ohelet (Prediger) Das Koheletbuch, vermutlich in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. verfasst (Schwienhorst-Schönberger 1994/21996; anders Seow 1997, der für eine perserzeitliche Abfassung votiert), ist eine Schrift, die einerseits im Diskurs mit nichtisraelitischen Partnern steht (Schwienhorst-Schönberger 1994/21996; 2004; Uehlinger 1997), andererseits aber auch stark vom Dialog mit Positionen der frühjüdischen Literatur im Alten Testament geprägt ist (Krüger 1997; 1999). Namentlich seine literarische Form scheint von äußeren Einflüssen her motiviert zu sein: Weisheitslehren als Königstestamente sind aus Ägypten bekannt (Wilke 2006). Die Gestaltung des Buches erinnert an die Redeform der sogenannten „Diatriben“ aus der griechischen Popularphilosophie (SchwienhorstSchönberger 2004). Inhaltlich wurde oft eine Nähe des Koheletbuches zum antiken Skeptizismus sowie zu den Lebenslehren aus Stoa und Epikureismus postuliert. Zweifellos finden sich sachliche Berührungspunkte, die wohl auch auf entsprechende Kulturkontakte zurückgehen, doch ist die Position des Koheletbuches in verschiedenen Punkten vom Skeptizismus im Bereich der griechischen Philosophie unterschieden: So ist für diesen konstitutiv, dass Erkenntnis an sich nicht möglich ist und deshalb Urteilsenthaltung geboten ist. Kohelet betont die engen Grenzen menschlicher Erkenntnis, zieht daraus aber keineswegs die Folgerung der Urteilsenthaltung. Vielmehr kann Kohelet die Leistung und Begrenztheit menschlicher Erkenntnis zur elementaren Begründung seiner praktischen Philosophie heranziehen: Der Mensch vermag zwar die Welt nicht zu erkennen, aber er kann erfahren, dass Essen, Trinken und Lebensfreude göttliche Gaben sind, die dem menschlichen Genuss zugänglich sind. Kohelet 3: 11 A lles hat er [sc. Gott] so gemacht, dass es schön ist zu seiner Zeit. Auch die ferne Zeit hat er den Menschen ins Herz gelegt, nur dass der Mensch das Werk, das Gott gemacht

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hat, nicht von Anfang bis Ende begreifen kann. 12 Ich erkannte, dass sie nichts Besseres zustande bringen, als sich zu freuen und Gutes zu tun im Leben. 13 Und wenn irgendein Mensch bei all seiner Mühe isst und trinkt und Gutes genießt, ist auch dies ein Geschenk Gottes.

In alttestamentlich-literaturgeschichtlicher Hinsicht stellt sich das Koheletbuch mit seiner Theologie vor allem einer Diskussion mit der weisheitlichen und der prophetischen Tradition, aber auch der Tora. Im Gespräch mit der zeitgenössischen Weisheit, wie sie vor allem in Proverbien 1–9 bezeugt ist, betont Kohelet die Probleme und Grenzen menschlicher Weisheit (Krüger 1999): Sie kann eine Hilfe, nicht aber ein Garant für ein glückliches Leben sein. Vor allem aber sind angesichts des Geschicks des Todes alle gleich. Kohelet 2: 13 Und ich sah, dass die Weisheit mehr Gewinn bringt als die Torheit, wie das Licht mehr Gewinn bringt als die Dunkelheit. 14 Der Weise hat Augen im Kopf, aber der Tor tappt im Dunkeln. Doch erkannte ich auch, dass ein und dasselbe Geschick beide treffen kann. 15 So dachte ich: Wie dem Toren kann es auch mir ergehen. Wozu bin ich denn so weise geworden? Da dachte ich, dass auch dies nichtig war. 16 Denn weder an den Weisen noch an den Toren wird man sich ewig erinnern: In den Tagen, die kommen, werden alle längst vergessen sein. Ach, der Weise muss sterben genau wie der Tor!

Ganz anders hatte Prov 3,16–18 statuiert: Proverbien 3: 16 Langes Leben ist in ihrer Rechten, in ihrer Linken sind Reichtum und Ehre. 17 Ihre Wege sind angenehme Wege, und all ihre Straßen sind friedlich. 18 Ein Baum des Lebens ist sie denen, die sie ergreifen, und wer sie festhält, ist glücklich zu preisen.

Offenbar rezipiert und aktiviert Kohelet in dieser skeptischen Sicht Potentiale aus der älteren Weisheit, die namentlich in ihren theologisierten Sprüchen ein durchaus kritisches Selbstverständnis zeigt (vgl. auch Prov 16,1.9; 19,21; 21,2.30; 24,21–22): Proverbien 20: 24 Die Schritte des Mannes lenkt JHWH; wie könnte der Mensch seinen Weg verstehen?

Weil der Mensch sterblich ist, sind seine Fähigkeiten der Erkenntnis und des Handelns begrenzt. Kohelet verhält sich skeptisch gegenüber theologischen Programmen, die die Möglichkeiten des Menschen überschätzen.

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Auch weitgreifenden Hoffnungen auf ein künftiges eschatologisches Eingreifen Gottes in die Weltgeschichte erteilt das Koheletbuch eine Absage. Gegenüber Erwartungen eines „neuen Himmels“ und einer „neuen Erde“ aus zeitgleichen Texten des Jesajabuches betont Kohelet, dass es „nichts Neues“ gibt (Krüger 1996/1997): Kohelet 1: 9 Was einmal geschah, wird wieder geschehen, und was einmal getan wurde, wieder getan, und nichts ist wirklich neu unter der Sonne. 10 Wohl sagt man: Siehe dies an! Es ist neu! – Es war längst schon einmal da, in den Zeiten, die vor uns waren. 11 An die Früheren erinnert man sich nicht, und an die Späteren, die kommen werden, auch an sie wird man sich nicht erinnern bei denen, die zuletzt sein werden. Jesaja 65: 17 Denn seht, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde, und dessen, was früher war, wird nicht mehr gedacht werden, und man wird es nicht mehr bedenken.

Einer weiteren Grundüberzeugung aus Jesaja 56–66 steht Kohelet ebenfalls mit Reserve gegenüber: Es gibt für Kohelet keine theologisch relevante Scheidung zwischen Frevlern und Frommen. Wohl gibt es Weise und Toren, Gerechte und Ungerechte, doch sie unterscheiden sich nicht in ihren Geschicken, namentlich im Tod (Zimmer 1999; Janowski 2001, 37–40). Kohelet 3: 19 Das Geschick der Menschen gleicht dem Geschick der Tiere, es triff‌t sie dasselbe Geschick. Jene müssen sterben wie diese, beide haben denselben Lebensgeist, und nichts hat der Mensch dem Tier voraus, denn nichtig und flüchtig sind sie alle.

Im Tod sind alle gleich, es gibt keinen jenseitigen Ausgleich, wie man aufgrund von Texten wie etwa Ps 49,16 und 73,23–28 hoffen könnte (vgl. Koh 9,1). Deshalb sind die Menschen nach Kohelet auf die elementaren Lebensgewährungen und -ordnungen der Schöpfung gewiesen: Diese sind weder optimal noch schlecht, sondern vielmehr ambivalent. Damit triff‌t sich Kohelet mit der theologischen Ausrichtung von Genesis 1–11 (vgl. etwa Spieckermann 2000; Schmid 2002), aber auch mit einigen Psalmenaussagen (vgl. Ps 104).

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d) Der „messianische Psalter“ In die hellenistische Zeit dürf‌ten auch übergreifende Formierungsvorgänge im Psalter fallen, die – ähnlich wie dies auch in der prophetischen Überlieferung der Fall ist – auf die Erfahrung des Zusammenbruchs der perserzeitlichen Ordnung reagieren (Zenger 2002; 52004, 365; anders Rösel 1999, 214–215). Namentlich die literarische Klammer um die Psalmen 2 bis 89 (Ps 2,1–2 und 89,51–52), die – möglicherweise in Abgrenzung zur ptolemäischen Herrscherideologie – einen „messianischen Psalter“ im Umfang von Psalm *2–89 erstellt, könnte sich von hierher erklären (vgl. Levin 1993a, 380; Steck 1991a, 108–109.158; Zenger 2002). Psalm 2: 1 Warum sind die Nationen in Aufruhr und sinnen die Völker Nichtiges? 2 Die Könige der Erde erheben sich, und es verschwören sich die Fürsten gegen JHWH und seinen Gesalbten: Psalm 89: 51 Bedenke, Herr, die Schmach deiner Diener, dass ich in meiner Brust trage den Hohn der [MT: die vielen] Völker, 52 mit dem deine Feinde schmähen, JHWH, mit dem sie schmähen die Spuren deines Gesalbten.

Dass diese Perspektive jünger als die Perserzeit ist, legt sich aus der universalen Völkergerichtsperspektive nahe, die hier durch diese Rahmung aktiviert wird (vgl. Ps 2,9). Die Formierung von Psalm *2–89 politisiert die in diesen Zusammenhang eingestellten Psalmen im rezeptionellen Sinne von Königsaussagen. Interessanterweise revitalisiert diese Sammlung damit die ursprüngliche Funktion der Klagelieder des Einzelnen der vorexilischen Zeit als Königstexte. Vermutlich sind auch an einigen Stellen (wie Ps 18,51; 20,7; 28,8–9 und 84,9–10) „messianische“ Per­ spektiven redaktionell eingetragen worden (Rösel 1999, 220). Exkurs: Das Auf‌kommen der Apokalyptik „Apokalyptik“ (vgl. Koch 1982/1996; Müller 1991; Beyerle 1998; 2005; Hahn 1998; Tilly 2012; Förg 2013) wird in der Regel als Sammelbegriff für eine geistige Strömung mitsamt der zugehörigen Offenbarungsliteratur verstanden, die im Zeitraum zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden ist. Sie ist aber eine geschichtlich stark differenzierte Größe. Katalogartige Zusammenstellungen entscheidender Merkmale, was als „apokalyptisch“ zu gelten hat und was nicht (vgl. Vielhauer 61997), suggerieren eine formale und inhaltliche Einheitlichkeit, die sich so

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F. Die Literatur der Ptolemäerzeit nicht belegen lässt. Einen gangbaren Ausweg stellt allein der Entwurf eines detaillierten Bildes der spät- und nachalttestamentlichen Literatur- und Theologiegeschichte apokalyptischer Schriften dar (vgl. Steck 1981). Möglicherweise lassen sich dann bestimmte Stränge „apokalyptischer“ Tradition erkennen. Vom Vorhandensein einer festgefügten „Apokalyptik“ dürf‌te jedoch kaum zu sprechen sein. Eine gewisse Zusammengehörigkeit einer Reihe herkömmlich der Apokalyptik zugerechneter Texte ergibt sich über das Motiv des himmlischen Geheimwissens, das eine entscheidende Rolle zu spielen scheint und von dem her sich auch die Sammelbezeichnung „Apokalyptik“ partiell rechtfertigen lässt (bes. 1Hen; Dan; 4Esr; syrBar). Für die Diskussion um die Herkunft der Apokalyptik spielt die Entdeckung der Qumranfunde eine entscheidende Rolle (Stegemann 21989; Bachmann 2009; siehe insgesamt Stökl Ben Ezra 2016). Sie zeigen, dass nicht das biblische Danielbuch, sondern vielmehr die Henochliteratur den literaturgeschichtlichen Einsatzpunkt für die Vorstellung geoffenbarten himmlischen Geheimwissens darstellt. Die vieldiskutierte Frage, ob die Apokalyptik aus der Prophetie (von der Osten-Sacken 1969; vgl. Gese 1973/1974) oder der Weisheit (von Rad 1960) abzuleiten sei, ist aufzugeben. Denn hier wäre zuerst zu diskutieren bzw. zu erweisen, ob Prophetie und Weisheit im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. noch selbständige Traditionsstränge darstellten. Offenkundig werden in apokalyptischen Texten wichtige Elemente sowohl aus der Prophetie (Zukunftsperspektiven) wie auch der Weisheit (Gerechtigkeit) rezipiert. Das vielerorts als Grundmoment der Apokalyptik genannte Merkmal der ZweiÄonen-Lehre lässt sich explizit erst in Texten mit Entstehungsdatum nach 70 n. Chr. belegen (bes. 4Esr; syrBar). Anscheinend hat erst die Erfahrung der Zerstörung des Zweiten Tempels die Hoffnung auf die Perfektibilität der Welt vollends zerstört. Die im Alten Testament singuläre Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde (Jes 65,17) scheint sich vor allem einer Revokation des theologischen Programmes der Tora samt ihren anthropologischen Schöpfungsordnungen zu verdanken; eine Zwei-ÄonenLehre liegt hier aber noch nicht vor (die beiden Äonen hat Gott, etwa nach 4Esr 7,50, von allem Anfang an geschaffen; in Jes 65 geht es um die zukünftige Umgestaltung von Himmel und Erde; vgl. Steck 1997). Geschichtstheologisch ist das Auf‌kommen apokalyptischer Konzepte im Rahmen einer weitgreifenden geistesgeschichtlichen Entwicklung zu sehen, die sich im Alten Testament rekonstruktiv noch greifen lässt. Die wichtigsten theologischen Entwürfe der vorexilischen Zeit kennen noch keine übergreifenden geschichtstheologischen Prägungen (z. B. in der Jerusalemer Kulttheologie), die deuteronomistische Theologie stößt dann zu einer bundestheologischen Interpretation der Geschichte durch, während durchgestaltet deterministische Geschichtstheologien sich erst im makkabäerzeitlichen Danielbuch, ansatzweise auch in der Weltzeitordnung des Pentateuch finden (Schmid 2000a). Sie verdanken sich traditionsgeschichtlich offenbar der theokratischen Grundvorstellung Gottes als des absoluten Weltenherrschers und -lenkers, die unter dem Eindruck des Zusammenbruchs des Perserreichs in nachfolgenden Geschichtstheologien weiter rezipiert worden ist.

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2. Erzählende Überlieferungen a) D ie Chronik Die Chronikbücher sind in der Forschung oft in engem Zusammenhang mit EsraNehemia behandelt worden. Diese Verbindung wird aber in der gegenwärtigen Exegese differenzierter gesehen (siehe auch oben S. 208): Esra-Nehemia sind wohl einmal redaktionell mit 1.–2. Chronik zu einem „chronistischen Geschichtswerk“ verbunden worden, sind aber wahrscheinlich ursprünglich etwas älter als 1.–2. Chronik, auch wenn diese Schriften aus einem vergleichbaren theologischen Milieu stammen werden. Über die Datierung der Chronikbücher herrscht keine Einigkeit. Herkömmlich setzte man sie aufgrund ihrer theokratischen Ausrichtung noch in die Perserzeit an. Da sie den Abschluss der Tora bereits vorauszusetzen scheinen, rückte man sie in der Regel gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. (Japhet 2002, 52–54). Daneben wurde auch für eine Datierung in das 3. Jahrhundert v. Chr. votiert (Welten 1972; Mathys 2000b). Darauf‌hin könnten militärtechnische Realia deuten: So sind Katapulte als Belagerungsmaschinen (2Chr 26,14) erst von dieser Zeit an belegt. Georg Steins (1995) hat vorgeschlagen, die Chronik erst makkabäerzeitlich zu datieren (das Davidbild von Sir 47 stellt jedenfalls keinen zwingenden terminus ante quem dar). Die Chronik gilt ihm als „kanonisches Abschlussphänomen“. Für diese Ansetzung könnte die Gattung der Chronik als „rewritten bible“ sprechen, die sonst erst bei Texten des 2. Jahrhunderts v. Chr. bezeugt ist. Dagegen spricht aber das vollkommene Fehlen hellenistischer Einflüsse. Dieses Schweigen als implizites antihellenistisches Programm zu interpretieren, mag bei einer solchen Spätdatierung zwar als Annahme naheliegen, wirkt aber doch als Ad-hoc-Argument, das aus der Not eine Tugend macht. Vermutlich wird man grundsätzlich redaktionsgeschichtlich zu differenzieren haben. Aus theologiegeschichtlicher Sicht ist es naheliegend, den Grundbestand der Chronikbücher in die späte Perserzeit anzusetzen, doch dürf‌te dieser Grundbestand bis in die makkabäische Zeit hinein Fortschreibungen und Ajourierungen an sich gezogen haben (vgl. Kratz 2000a, 97–98). Nach Auf‌bau und literarischem Gerüst des Grundbestands zu schließen, ging es diesem offenbar darum, die Kultgemeinde in Jerusalem als legitime Nachfolgerin des königszeitlichen Israel und Juda darzustellen (vgl. bereits Noth 1943, 174; Willi 2007). Allerdings wird man zu beachten haben, dass die Frage des Königtums in der Chronik ganz eigentümlich akzentuiert ist. Besonders deutlich ist dies an den Umprägungen zu erkennen, die 1. Chronik 17 an der vorgegebenen Dynastiezusage an David aus 2. Samuel 7 vornimmt (vgl. Schenker 2006).

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2. Samuel 7: 12 Wenn sich deine Tage vollenden und du dich zu deinen Vorfahren legst, werde ich nach dir deinen Nachkommen, der von dir abstammt, auf‌treten lassen, und ich werde sein Königtum befestigen. … 16 Und dein Haus und dein Königtum sollen für alle Zeiten Bestand haben vor dir; dein Thron soll allezeit fest stehen. 17 A ll diesen Worten gemäß und gemäß dieser ganzen Schauung, so sprach Nathan zu David. 1. Chronik 17: 11 Und wenn sich deine Tage vollendet haben, dass du dich zu deinen Vorfahren legst, werde ich nach dir deinen Nachkommen, der einer deiner Söhne sein wird, auf‌treten lassen, und ich werde sein Königtum befestigen. … 14 Und ich werde ihn für alle Zeiten bestehen lassen in meinem Haus und in meinem Königtum; und sein Thron soll allezeit fest stehen. 15 A ll diesen Worten gemäß und gemäß dieser ganzen Schauung, so sprach Nathan zu David.

Die Chronik hält an der Dynastiezusage an David fest, interpretiert sie aber tiefgreifend um: Das in den Blick genommene Königtum ist das Königtum Gottes (1Chr 17,14), nicht Davids (2Sam 7,16). Ebenso wird nicht Davids Thron (2Sam 7,16), sondern der Thron derer, die nach ihm kommen (1Chr 17,14), ewig sein. Damit wird der theokratische Grundzug der chronistischen Theologie deutlich: Der wahre König ist Gott selbst, seine irdischen Stellvertreter stehen in der Daviddynastie, die allerdings nicht mehr auf Davididen beschränkt ist, wie die Ersetzung des biologischen Abstammungsterminus „der von deinem Leibe kommen wird“ durch das im Hebräischen auch funktional verstehbare „einen deiner Söhne“ (wie auch der König traditionell als „Sohn“ Gottes gelten kann, vgl. Ps 2,7) zeigt. Für die Chronik verwaltet in der judäischen Königszeit die davidische Dynastie das Königtum Gottes. Nach ihrem Untergang treten aber schließlich die Perser ihr Erbe an (Kratz 1991b, 173–177; Mathias 2005). Die wichtigste sachliche Differenz zwischen dem chronistischen Geschichtswerk und seiner Vorlage (Genesis bis 2. Könige) ergibt sich aus der Grobstruktur des chronistischen Werks: Es summiert die Zeit vor Saul in einer Genealogie (1Chr 1,1–9,34) und verwendet nach der Genealogie von und der Episode um Saul (1Chr 9,35–10,14) seinen breitesten und zentralen Raum auf die Darstellung des Königtums Davids (1Chr 11–29) und Salomos (2Chr 1–9), die in idealisierter Gestalt erfolgt (Finkelstein/Silberman 2006, 197–200). Das heißt aber: Weder die Zeit der Erzväter noch des Exodus, der Gesetzgebung am Sinai, der Landnahme oder sonst eine der Epochen der klassischen Heilsgeschichte Israels, sondern vielmehr die Zeit Davids und Salomos ist aus chronistischer Sicht die maßgebliche Gründungsepoche Israels, während die „genealogische Vorhalle“ nur mehr als Vorgeschichte dazu fungiert (Keel 2007, 1089–1112). Das chronistische Geschichtswerk datiert also die wesentliche Stiftungszeit Israels gegenüber seiner Vorlage weit hinunter und verlegt sie in die Anfangszeit des Königtums: David und Salomo als Kultstifter sind die Gründerfiguren Israels, sie sind in gewisser Weise in Entsprechung zu den Perserkönigen Kyros und Dareios gezeichnet: So

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wie David den Bau des ersten Tempels vorbereitete, so gilt dies von Kyros, der das entsprechende Edikt zum Bau des zweiten Tempels erließ, und so wie unter Salomo der erste Tempel erstellt wurde, so wurde der zweite Tempel unter Dareios gebaut (Kratz 1991b, 161–164). Die Chronik vertritt damit ein stark autochthon geprägtes Ursprungskonzept für Israel, das die Zeit der vereinigten Monarchie eng an die Erzelternzeit anschließt, hingegen Exodus und Landnahme zwar nicht verschweigt, doch ganz in den Hintergrund treten lässt. Mose kommt in der Chronik nicht als Anführer des Exodus, sondern als Gesetzgeber Israels vor. Der Exodus selbst wird in den Chronikbüchern nur sechsmal erwähnt (1Chr 17,5.21; 2Chr 5,10; 6,5; 7,22; 20,10) – in der Aufnahme von 1Kön 8,21 in 2Chr 6,11 wird er sogar gestrichen: Der Bund Jhwhs, in 1Kön 8,21 noch mit den Vätern geschlossen, als er sie aus dem Land Ägypten herausführte, wird in 2Chr 6,11 lediglich als ein mit den Israeliten geschlossener bezeichnet (Steins 1995, 451–454). Mit der Hervorhebung der Epoche Davids und Salomos geht eine politische Perspektive einher, die grundsätzlich ein 12-Stämme-Ideal für Israel, sowohl des Nordreichs als auch des Südreichs, vertritt. Es fällt zwar auf, dass die Chronik die Geschichte des kultisch illegitimen Nordreichs ganz übergeht, aber es ist doch deutlich, dass das Israel der Chronik mehr als nur Juda ist: Offenbar sieht sie Juda und Jerusalem als das Zentrum, wirbt aber für den Anschluss des Nordens, d. h. der Samaritaner, an dieses Zentrum, um so „Israel“ als Kulteinheit zu restituieren. Nicht nur in ihrer Herabstufung des Exodus tritt die chronistische Theologie in Distanz zum Deuteronomismus, der Israel als „Israel von Ägypten her“ definiert. Auch in ihrer Schuldtheologie setzt sie spezifisch andere Akzente: Für die Chronik gibt es kein geschichtliches Aufstauen von Schuld. Vielmehr ist jeweils jede Generation selbst Gott verantwortlich und wird – bei Abfall von Gott – eigens abgestraf‌t. Diese individualisierte Schuldtheologie widerspiegelt priesterlichen Hintergrund: Das Funktionieren des Sühnekults hängt an der persönlichen Verantwortlichkeit für Schuld (Schmid 1999b). Die Chronik denkt in ihrer Darstellung aber nicht moralisch, sondern geschichtstheologisch: Katastrophen sind mit Schuld in Verbindung zu bringen, Zeiten der Prosperität zeugen hingegen von gerechtem und frommem Verhalten. Besonders deutlich ist das an der Präsentation Manasses in der Chronik zu erkennen: Manasse regierte 55 Jahre in Jerusalem (2Kön 21,1), deshalb muss er – konträr zu seiner Zeichnung in 2Kön 21,1–18 (Schmid 1997) – ein frommer Mann gewesen sein. 2. Chronik 33: 11 Und Jhwh brachte die Heerführer des Königs von Assur über sie, und sie nahmen Manasse gefangen mit Haken und legten ihn in doppelte Ketten und führten ihn nach Babel. 12 Und in seiner Bedrängnis flehte er Jhwh, seinen Gott, an und demütigte sich tief vor dem Gott seiner Vorfahren 13 und betete zu ihm. Und er ließ sich von ihm erbitten, und er erhörte sein Flehen und brachte ihn nach Jerusalem in sein Königtum zurück. Und Manasse erkannte, dass Jhwh Gott ist. …

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15 Dann schaff‌te er die fremden Götter und das Götzenbild aus dem Haus Jhwhs und alle Altäre, die er auf dem Berg des Hauses Jhwhs und in Jerusalem errichtet hatte, und warf sie hinaus vor die Stadt. 16 Und er stellte den Altar Jhwhs wieder her und opferte auf ihm Heilsopfer und Dankopfer und befahl Juda, Jhwh, dem Gott Israels, zu dienen.

Entsprechend wird auch das Exil auf die Schuld des letzten König Judas, Zedekia, und seiner Generation zurückgeführt, die auch negativ porträtiert wird. 2. Chronik 36: 11 Einundzwanzig Jahre alt war Zedekia, als er König wurde, und elf Jahre lang war er König in Jerusalem. 12 Und er tat, was böse war in den Augen Jhwhs, seines Gottes, er demütigte sich nicht vor Jeremia, dem Propheten, der redete, wie Jhwh zu ihm sprach. 13 Und auch gegen König Nebukadnezar, der ihn bei Gott hatte schwören lassen, lehnte er sich auf. Und er verhärtete seinen Nacken und verstockte sein Herz, so dass er nicht umkehrte zu Jhwh, dem Gott Israels. 14 Auch alle Obersten der Priester und das Volk häuf‌ten Untreue auf Untreue, allen Abscheulichkeiten der Nationen entsprechend, und sie machten das Haus Jhwhs unrein, das er in Jerusalem geheiligt hatte.

Es sind wohl vor allem diese konzeptionellen Differenzen zum Deuteronomismus gewesen, die die Chronik als ein eigenständiges Werk haben entstehen lassen – und nicht als Fortschreibungsschicht in Genesis bis 2. Könige. Inneralttestamentlich ist die Neubearbeitung des Stoffes von Genesis bis 2. Könige in 1.–2. Chronik und die Eigenschaft von 1.–2. Chronik als textexterne Neuedition von Genesis bis 2. Könige die Ausnahme geblieben. In hermeneutischer Hinsicht ist sie aber insofern von großer Bedeutung, als mit der gemeinsamen Kanonisierung von Text und Kommentar – wie dies übrigens auch für das Verhältnis von Sinaiperikope und Deuteronomium gilt – die Auslegungsdynamik selbst im Alten Testament verankert worden ist. b) A usgestaltungen in der Bileam-Perikope Wie schon öfter gesehen worden ist, scheinen sich in der Bileam-Perikope (Num 22–24), die vom heidnischen Seher Bileam und seinen Weissagungen über Israel erzählen, einige sehr späte Einträge festgemacht zu haben (Schmitt 1994, 184–187; Robker 2019, 201). Ein Beispiel findet sich in Num 24,23–24: Numeri 24: 23 Und er [sc. Bileam] begann seinen Spruch und sprach: Wehe, wer bleibt am Leben, wenn Gott das tut? 24 Schiffe von der Küste der Kittäer beugen Assur nieder und beugen Eber nieder. Und auch er wird untergehen.

Die „Kittäer“ bezeichnen die Griechen (vgl. Gen 10,4; in Dan 11,30 die Römer), während „Assur“ für die Perser steht (unklar bleibt die Bedeutung von „Eber“). Der Spruch setzt wahrscheinlich den Untergang des Perserreichs im Zuge des Aufstiegs Alexanders des Großen voraus.

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Vermutlich sind diese Eintragungen von dem – durch den Kulturwettbewerb mit dem Hellenismus katalysierten – Bestreben getragen, die entscheidenden Ereignisse der Weltgeschichte in prophetischem Sinn auch bereits in der Tora verankert zu wissen. c) Hellenistische Elemente in der Davidüberlieferung In den Daviderzählungen findet sich eine kleine Passage (2Sam 23,13–17), die offenbar eine Epitome einer bei Arrian überlieferten Begebenheit von Alexander dem Großen darstellt (Gnuse 1998; Mathys 2002). 2. Samuel 23: 13 Und drei von den Dreißig, Hauptleute, gingen hinab, und zur Erntezeit kamen sie zu David in die Höhle von Adullam, während das Heer der Philister in der Ebene von Refaïm lagerte. 14 David aber war damals in der Burg, der Vorposten der Philister aber war damals in Bethlehem. 15 Da wollte David etwas trinken und sagte: Wer holt mir Wasser zum Trinken aus dem Brunnen von Bethlehem, der im Tor ist? 16 Da drangen die drei Helden in das Lager der Philister ein, schöpf‌ten Wasser aus dem Brunnen von Bethlehem, der im Tor ist, trugen es herbei und brachten es David, er aber wollte es nicht trinken, sondern goss es aus für JHWH. 17 Und er sprach: Um JHWHs willen sei es fern von mir, dass ich dies tue! Ist dies nicht das Blut der Männer, die unter Einsatz ihres Lebens hingegangen sind? Und er wollte es nicht trinken. Dies haben die drei Helden getan.

Die Aufnahme der Episode in die Davidüberlieferung zeigt, dass das Alte Testament seinen König, von dem es auch viel nicht Heldenhaftes zu berichten weiß, grundsätzlich als nicht weniger großmütig als Alexander darstellen will. Die dahinterstehende Motivation des Wettstreites zwischen griechischer und israelitischer Kultur hat wohl auch schon die Ausgestaltung der tragischen Überlieferung von Jef‌tahs Tochter (Ri 11,29–40) geprägt: Israel kennt ebenso wie Griechenland Tragödien (Römer 1998). d) Das Buch Esther Das Estherbuch erzählt von der Rettung der Juden im Perserreich vor einer Verfolgung, die von Haman, einem Vertrauten des Perserkönigs, angezettelt, von der Jüdin Esther und ihrem Onkel Mordechai aber vereitelt wurde. Das von der Erzählung entworfene perserzeitliche Setting ist aber romanhaft und mit keiner historischen Konstellation in Zusammenhang zu bringen. Zudem passt die im Zentrum des Buches stehende Judenverfolgung nicht zur persischen Politik. Vielmehr dürf‌te das Buch in der hellenistischen Diaspora entstanden sein (Zenger 52004, 307–308; Macchi 2005).

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Das Estherbuch zieht den mythischen Urkonflikt zwischen Israel und Amalek (Ex 17,8–16; Dtn 25,17–19; 1Sam 15) in die perserzeitliche Geschichte hinein, indem es die Antagonisten Haman und Mordechai über ihre Filiationen (Est 3,1: Haman, der Agagiter; 2,5: Mordechai, Sohn des Jair, Sohn des Schimi, Sohn des Kisch) mit dem Amalekiterkönig Agag bzw. mit König Saul, dem Sohn des Kisch, parallelisiert. Durch die „Amalekitisierung“ Hamans bezieht das Estherbuch eine deutlich großmachtkritische Position, ist aber nicht einfach pauschal negativ ausgerichtet. Haman ist zwar ein hochgestellter Regierungsbeamter, aber der persische König kann die Jüdin Esther zur Frau nehmen. Er lässt Haman und dessen Söhne am Ende hinrichten und Mordechai in die Position Hamans aufrücken. Innerbiblisch macht das Estherbuch Anleihen vor allem an der Josephsgeschichte und den Daniel-Legenden in Dan 1–6 (Zenger 52004, 308–309; vgl. Beyerle 2000). e) D ie Übertragung der Tora ins Griechische Auch wenn damit der engere Bereich der Literaturgeschichte des hebräischen Alten Testaments verlassen wird, so ist im Zusammenhang der Begegnung von Judentum und Hellenismus die Übertragung der Bücher der Tora ins Griechische zu erwähnen, die wohl um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. begonnen haben dürf‌te, wobei von Buch zu Buch zu differenzieren ist (Siegert 2001, 42; Tilly 2005; Keel 2007, 1141–1143; Kreuzer 2016). Die sogenannte „Septuaginta“ ist nicht einfach eine Übersetzung, sondern die erste synchrone Auslegung zunächst der Tora und dann auch der übrigen Bücher des Alten Testaments. Als solche ist sie in der Antike, im Mittelalter und in der frühen Neuzeit vielerorts wirkungsgeschichtlich wichtiger geworden als ihr hebräisches Original. Die Septuaginta ist einerseits nötig geworden, da die Juden in der Diaspora, namentlich in Alexandria, mehr und mehr auf eine griechische Übersetzung ihrer Heiligen Schriften angewiesen waren. Andererseits hat sie vermutlich ihrerseits insofern auf die Literaturgeschichte des hebräischen Alten Testaments zurückgewirkt, als mit ihr ein wesentlicher Faktor der Fixierung von dessen Textbestand gegeben war: Sobald die Schriften des Alten Testaments einmal in maßgeblicher Weise übersetzt worden waren, konnten sie in ihrer Ursprungssprache nicht mehr einfach fortgeschrieben werden. Die inhaltlichen Tendenzen der Septuaginta sind methodisch nicht einfach zu erfassen, da jedes Buch auf unterschiedliche Übersetzer zurückgeht und auch innergriechische Entwicklungen in Rechnung zu stellen sind. Einigermaßen deutlich erkennbar aber sind – neben einer gewissen Betonung der Eschatologie vor allem in den Bereichen des Auferstehungsglaubens (vgl. etwa Ps 1; Hi 42) und des Messianismus (Knibb 2006) – die Rezeption griechischer philosophischer Konzepte etwa in der Schöpfungsdarstellung, die Genesis 1 terminologisch mit

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Platons Timaios ausgleichen will (Rösel 1994), die chronologische Streckung der Weltzeitordnung durch die Erhöhung des Zeugungsalters der Patriarchen in Genesis 5 und 11, damit auch die mythischen Überlieferungen der Griechen einen möglichen Raum in der Vorgeschichte bekommen können (Rösel 1994), und die Vermeidung von anthropomorpher Sprache in Bezug auf Gott (Siegert 2001, 243–262; Tilly 2005, 74–80; Rösel 2006). Die Septuaginta ist eine der wichtigsten Quellen für den Kulturkontakt des Judentums mit dem Hellenismus, eines Judentums, das seine zentrale Überlieferung als mit der damaligen globalen Leitkultur kompatibel ausweisen will. 3. Prophetische Überlieferungen a) Weltgerichtstexte im corpus propheticum Die Erfahrung des Zusammenbruchs der 200-jährigen Weltherrschaft der Perser hat ihren vielleicht deutlichsten literarischen Niederschlag in den Prophetenbüchern gefunden. Im Jesaja-, Jeremia- und im Zwölfprophetenbuch lässt sich beobachten, wie mittels Fortschreibung bestehender (Völker-)Gerichtstexte die Vorstellung eines umfassenden, kosmischen Weltgerichts entwickelt wird (vgl. Steck 1985, 53–54; Schmid 1996a, 305–309; 2016c). Der Fortschreibungscharakter ist besonders in Jes 34,2–4 deutlich zu greifen: Jesaja 34: 1 Kommt her, ihr Nationen, und hört, und ihr Völker, gebt acht! Es höre die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und alles, was auf ihm wächst. 2 Denn JHWH ist zornig über alle Nationen und wütend über ihr ganzes Heer; er hat sie der Vernichtung geweiht, hat sie zur Schlachtung freigegeben. 3 Dann werden ihre Erschlagenen hingeworfen, und ihre Leichen – ihr Gestank wird aufsteigen, und die Berge werden aufgeweicht sein von ihrem Blut. 4 Und das ganze Heer des Himmels verfault, und wie eine Schriftrolle rollt sich der Himmel zusammen, und sein ganzes Heer verwelkt, wie das Blatt am Weinstock verwelkt und wie welkes Laub am Feigenbaum. 5 Denn trunken ist im Himmel mein Schwert, siehe, auf Edom fährt es nieder, auf das Volk, das ich der Vernichtung geweiht habe, zum Gericht; 6 ein Schwert JHWHs, blutverschmiert, triefend vom Fett, vom Blut der Lämmer und der Böcke, vom Nierenfett der Widder, denn ein Schlachtopfer veranstaltet JHWH in Bozra, ein großes Schlachtfest im Land Edom.

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Im vorgegebenen Grundtext Jes 34,1.5–6 ist von einem Gericht Jhwhs in Edom die Rede, zu dem die Völker als Zeugen aufgerufen werden. Dieselben Völker haben in den Versen 2–4 eine ganz andere Rolle. Hier sind sie diejenigen, die gerichtet werden. Außerdem scheint in Vers 5 der Himmel eine noch stabile Größe zu sein, während er sich laut den Versen 2–4 „wie eine Schriftrolle“ zusammenrollt. Auch im Jeremiabuch liegt es auf der Hand, dass die Weltgerichtsaussagen sekundäre Ausweitungen vorgegebener Texte sind. So findet sich die Vorstellung eines Gerichts über „alles Fleisch“ in den beiden letzten Versen vor dem Komplex der Fremdvölkerworte in Jeremia 46–51, der so zur Weissagung eines Weltgerichts uminterpretiert wird: Jeremia 45: 4 So sollst du [sc. Jeremia] zu ihm [sc. Baruch] sagen: So spricht JHWH: Siehe, was ich gebaut habe, reiße ich nieder, und was ich gepflanzt habe, reiße ich aus – das ganze Land! 5 Und du trachtest nach Großem für dich! Trachte nicht danach. Denn siehe, ich bringe Unheil über alles Fleisch, Spruch JHWHs, dir aber gebe ich als Beute dein Leben, an allen Orten, wohin du auch gehst.

Derselbe Vorgang findet sich in der Ergänzung des Becherorakels in Jeremia 25, das ebenfalls von einem Gericht an verschiedenen Völkern ausgeht, von Vers 27 an aber als „Weltgericht“ gedeutet wird: Jeremia 25: 27 Und zu ihnen sollst du sagen: So spricht JHWH Zebaoth, der Gott Israels: Trinkt und werdet betrunken und übergebt euch! Stürzt und steht nicht wieder auf vor dem Schwert, das ich unter euch sende! 28 Wenn sie sich aber weigern, den Kelch aus deiner Hand zu nehmen, um zu trinken, sage ihnen: So spricht JHWH Zebaoth: Ihr werdet trinken! 29 Denn seht, in der Stadt, über der mein Name ausgerufen ist, beginne ich mit dem Unheil, und da solltet ihr ungestraf‌t bleiben? Ihr werdet nicht ungestraf‌t bleiben, denn ich rufe das Schwert gegen alle Bewohner der Erde! Spruch JHWH Zebaoths. 30 Und du, du wirst ihnen alle diese Worte weissagen und zu ihnen sprechen: JHWH wird brüllen aus der Höhe und aus seiner heiligen Wohnung seine Stimme hören lassen, entsetzlich brüllen wird er über dem Platz seiner Weide, ein Jauchzen wie die Keltertreter stimmt er an über alle Bewohner der Erde. 31 Bis ans Ende der Erde dringt das Tosen, denn einen Rechtsstreit hat JHWH mit den Nationen. Er hält Gericht mit allem Fleisch, die Frevler – er hat sie dem Schwert übergeben! Spruch JHWHs.

Schließlich finden sich auch im Zwölfprophetenbuch verschiedene Einträge, die sich mit den entsprechenden Texten in Jesaja und Jeremia sachlich verbinden lassen:

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Joel 4: 12 Die Nationen werden in Bewegung gesetzt damit sie hinaufziehen ins Tal Joschafat. Denn dort werde ich Platz nehmen, um zu richten all die Nationen von ringsum. 13 Legt die Sichel an, denn die Ernte ist reif, kommt, steigt herab, denn die Kelter ist gefüllt. Die Becken fließen über, denn ihre Bosheit ist groß. 14 Menschenmenge an Menschenmenge im Tal der Entscheidung, denn nahe ist der Tag JHWHs im Tal der Entscheidung. 15 Sonne und Mond haben sich verfinstert, und ihren Glanz haben die Sterne verloren. 16 Und JHWH wird brüllen vom Zion, und von Jerusalem her lässt er seine Stimme erschallen, und Himmel und Erde erbeben. JHWH aber ist Zuflucht für sein Volk und eine Burg für die Israeliten. Micha 7: 12 An jenem Tag, da wird man zu dir kommen von Assur und den Städten Ägyptens und von Ägypten bis zum [Euphrat-] Strom und von Meer zu Meer und von Gebirge zu Gebirge. 13 Die Erde aber wird zur Wüstenei, ihrer Bewohner wegen, der Frucht ihrer Taten wegen. Zephanja 3: 8 Darum wartet auf mich, Spruch JHWHs, auf den Tag, da ich mich erhebe als Zeuge, denn es ist mein Recht, Nationen zu versammeln, Königreiche einzusammeln, um meine Wut über ihnen auszugießen, die Fülle meines glühenden Zorns. Im Feuer meiner Eifersucht wird die ganze Erde gefressen!

Die Vorstellung dieser Aussagen ist dabei diejenige, dass das Weltgericht nicht ein zusätzlicher, neuer Schlag Gottes gegen die Welt ist, vielmehr möchten diese Texte aufzeigen, dass die bisherigen Gerichtsschläge Gottes nichts anderes sind als Teile und Vorläufer eines umfassenden göttlichen Gerichtes an der Welt. Es liegt auf der Hand, dass diese Sachaussage besonders der Theologie theokratischer Positionen wie der Priesterschrift ganz zuwiderläuf‌t, die ja im Noahbund eine ewige Bestandesgarantie für die Welt formuliert hatte (Gen 9,8–17). Und es finden sich in der Tat im Rahmen der Weltgerichtstexte des corpus propheticum, namentlich in Jesaja 24–27, Passagen, die sich offenkundig mit der priesterschriftlichen Theologie auseinandersetzen. Besonders deutlich ist dies in Jes 24,4–6 zu greifen:

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Jesaja 24: 4 Vertrocknet, verwelkt ist die Erde, verkümmert, verwelkt der Erdkreis, verkümmert die Höhe des Volks der Erde. 5 Ist doch die Erde unter ihren Bewohnern entweiht, denn sie haben die Weisungen übertreten, die Satzung verletzt, den ewigen Bund gebrochen. 6 Darum fraß ein Fluch die Erde, und die sie bewohnten, mussten es büßen. Darum schwanden die Bewohner der Erde, und wenige Menschen sind übrig.

Der ewige Bund, der von der Menschheit gebrochen worden ist, kann kaum ein anderer sein als der Noahbund aus Genesis 9 – das Alte Testament kennt keinen anderen Bund mit der gesamten Menschheit. Dafür spricht auch das Thema der Blutschuld, das im Kontext von Jesaja 24–27 eine wichtige Rolle spielt. Jes 24,4–6 statuiert also gegen die Denkmöglichkeiten der Priesterschrift, dass der Noahbund auch gebrochen werden kann. Und deshalb kann auch die von der Priesterschrift als endgültig angesehene Weltordnung noch einmal umgewälzt werden. In weiterer Aufnahme von Genesis 6–9 geht Jes 26,20–21 davon aus, dass Israel wie einst Noah durch das kommende Weltgericht hindurchgerettet wird: Jesaja 26: 20 Geh, mein Volk, geh hinein in deine Kammern, und verschließ deine Türen hinter dir; verbirg dich einen kurzen Augenblick, bis der Zorn vorüber ist. 21 Denn siehe, JHWH zieht aus von seiner Stätte, um die Schuld der Bewohner der Erde an ihnen heimzusuchen. Und die Erde wird ihr Blut offenlegen und ihre Getöteten nicht mehr zudecken.

b) D ie Formierung eines Großjesajabuches Jesaja 1–62 In der Forschung wurde das Jesajabuch entsprechend dem Vorschlag Bernhard Duhms (1892) gern in drei weitestgehend selbständige Teilbücher gegliedert (Jes 1–39; 40–55; 56–66), die drei unterschiedlichen Prophetengestalten und Epochen zugewiesen wurden: Die Kapitel 1–39 enthalten Worte Jesajas („Protojesaja“), die Kapitel 40–55 werden im Grundbestand auf einen im babylonischen Exil wirkenden Anonymus mit dem Kunstnamen „Deuterojesaja“ zurückgeführt, während die Textgrundlage aus den Kapiteln 56–66 auf eine dritte, ebenfalls anonyme Gestalt zurückgeht, der man den Namen „Tritojesaja“ gab. Dieses Modell stand noch ganz im Bannkreis der klassischen Prophetenforschung (Schmid 1996b; Becker 2004) und führte prophetische Literatur im Wesentlichen auf mündlich

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wirkende Prophetengestalten zurück. Die gegenwärtige Forschung hat demgegenüber das Phänomen schriftgelehrter Tradentenprophetie entdeckt, mit dessen Hilfe in vielen Fällen überzeugendere Vorschläge zur Genese komplexer Textgestalten gemacht werden können. Die heute diskutierten Modelle zur Entstehung des Gesamtbuches lassen sich in zwei Hauptrichtungen auf‌teilen, wenn man die redaktionelle Entstehung von „Tritojesaja“, d. h. Jesaja 56–66 (Steck 1991b), für gesichert ansieht und sich auf die Verhältnisbestimmung von Jesaja 1–39 und Jesaja 40–55 beschränkt: Nach der einen, heute mehrheitlich vertretenen Forschungsrichtung gehen die Kapitel 1–39 und 40–55 im Grundbestand auf zwei unterschiedliche Prophetengestalten zurück („Jesaja“ aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. und „Deuterojesaja“ aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.). Ihre Überlieferungskorpora bestanden zunächst als literarisch getrennte Größen nebeneinander und wurden erst sekundär verknüpf‌t. Entgegen der älteren Forschung, die das Zustandekommen eines Großjesajabuches eher als buchtechnischen Zufall deutete, rechnet man heute damit, dass die Kapitel 1–39 und 40–55 mittels eines sachlich profilierten Redaktionsvorgangs literarisch verbunden worden sind. Der wichtigste literarische Brückentext findet sich in Jesaja 35 (Steck 1985), Einschreibungen derselben Hand stehen außerdem in Jes 11,11–16; 27,12–13; 51,*1–11 und 62,10–12 als Abschlusstext; bisweilen wird auch Jesaja 33 als früherer Brückentext angesehen (Berges 1998). Der andere Forschungsstrang rückt Jesaja 40–55 und Jesaja 1–39 wesentlich näher aneinander, indem er die Kapitel 40–55 nachgerade als Fortschreibung der Kapitel 1–39 bestimmt (Albertz 1990). Eine eigenständige Deuterojesajaüberlieferung und einen individuellen Propheten „Deuterojesaja“ hätte es demnach nie gegeben. Die Prophetie in Jesaja 40–55 wird als sachliche Entwicklung aus den Themen von Jesaja 1–39 angesehen: Besonders hervorgehoben werden einerseits die Abhängigkeit von Jesaja 40 in Bezug auf Jesaja 6 (die sich in Jes 40 allerdings auf die Verse 6–8 beschränkt) und andererseits die Anonymität von Jesaja 40–55. Die beobachteten Verbindungen zwischen den Kapiteln 1–39 und 40–55 müssen jedoch nicht zwingend im Rahmen eines Fortschreibungsmodells ausgewertet werden, es kann sich dabei auch um literarische Bezugnahmen in einer Prophetenbuchreihe handeln. Nicht bestritten wird nach beiden Auf‌fassungen also die grundsätzliche Unterscheidung von Jesaja 1–39 und Jesaja 40–55, während die traditionelle Drei-BuchHypothese stärker zurückgetreten ist. Ob sie zu einer Zwei-Buch-Hypothese zurückzuformulieren ist, hängt davon ab, ob man hinter den Kapiteln 40–55 eine ursprünglich von den Kapiteln 1–39 losgelöste Überlieferung – sei sie nun selbständig oder im Anschluss an Jeremia entstanden – sehen will. In der Tat scheint das nach wie vor diejenige Option zu sein, welche am ehesten die Textbefunde in Jesaja 40–55 zu erklären vermag. Man muss also damit rechnen, dass zu einer bestimmten Zeit die beiden Buchteile Jesaja 1–39 und Jesaja 40–55 literarisch miteinander verbunden worden sind.

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Folgt man dem Vorschlag von Steck (1985), so ist eine entsprechende „großjesajanische“ Redaktion vor allem in der Darstellung der Bewahrung Israels (Jes 35) im Weltgericht (Jes 34,2–4) prominent zu greifen. Sie hätte erstmals die beiden großen Buchteile Jesaja 1–39 und 40–55 sowie 60–62 literarisch miteinander verknüpf‌t und so ein Großjesajabuch im Umfang von Jesaja 1–62 geschaffen. Historisch steht sie wohl in einem Zusammenhang mit politischen Erfahrungen der frühen Diadochenzeit, die einen zeitgeschichtlichen Hintergrund für die evozierte Weltgerichtsthematik bot. c) „ Fromme“ und „Frevler“ in Tritojesaja Das Klagegebet Jes 63,7–64,11, früher gerne als Einzelüberlieferung aus der Exilszeit angesehen, viel wahrscheinlicher aber ein Fortschreibungstext für seinen jetzigen Kontext (Steck 1991b, 217–242; Goldenstein 2001), dürf‌te in der frühen Ptolemäerzeit, motiviert durch entsprechende zeitgeschichtliche Erfahrungen (Ptolemaios in Jerusalem 302/301 v. Chr.?, vgl. Steck 1991a), als weiterer, Jesaja 1–62 fortschreibender Abschluss des Jesajabuches gebildet worden sein. Es dokumentiert den Abbruch der „tritojesajanischen“ Auslegungsbemühungen in Jesaja 56–59, das erhoff‌te Eintreten des verheißenen Heils von immer weitergreifenden Bedingungen abhängig zu machen. Damit einher geht – theologiegeschichtlich ein höchst bedeutsamer Schritt, der in den golaorientierten Texten des Jeremia- und Ezechielbuches einen gewissen konzeptionellen Vorläufer hat – die Aufgabe der Einheit des Gottesvolkes: Heil sehen die Abschlusstexte in den Kapiteln 65–66, die noch später hinzugetreten sind und auf Jes 63,7–64,11 antworten, nur noch für die Gerechten vor, die Frevler dagegen werden dem Gericht verfallen (Jes 65,1–15, vgl. Jes 57,20–21). So gilt etwa die anschließende Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde in Jes 65,17–25, wie der Kontext zeigt, nur den Knechten Jhwhs. Sie ist in deutlicher Aufnahme der deuterojesajanischen Gegenüberstellung von „altem“ und „neuem“ Exodus in Jes 43,16–21 formuliert („man wird der früheren Dinge nicht mehr gedenken“) und zeigt an, dass es in Jesaja 65 gegenüber Jesaja 43 nicht mehr zureicht, „nur“ die Heilsgeschichte Israels zu reformulieren; nein, die Schöpfungsordnung als solche muss – gegenüber derjenigen von Genesis 1 – erneuert werden (Steck 1997; Schmid 2011a, 185–205). Jesaja 43: 16 So spricht JHWH, der einen Weg bahnt im Meer und einen Pfad in mächtigen Wassern, 17 der Wagen und Pferde ausziehen lässt, Heer und Starke, … 18 Denkt nicht an das, was früher war, und was vormals war – kümmert euch nicht darum. 19 Seht, ich schaffe Neues, schon sprießt es, erkennt ihr es nicht? …

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Genesis 1: 1 Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Jesaja 65: 13 Darum, so spricht Gott JHWH: Seht, meine Diener werden essen, ihr aber werdet hungern! Seht, meine Diener werden trinken, ihr aber werdet dürsten! Seht, meine Diener werden fröhlich sein, ihr aber werdet zuschanden! … 17 Denn seht, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde, und dessen, was früher war, wird nicht mehr gedacht werden, und man wird es nicht mehr bedenken.

In dieser neuen Schöpfung wird ein Tempelkult, der mit seiner Ausrichtung auf den Sühnekult ja noch die Gefallenheit der bisherigen Schöpfung voraussetzt, nicht mehr nötig sein. Entsprechend kann die Schöpfung in Ablösung des Jerusalemer Tempels insgesamt zum Tempel Jhwhs erklärt werden (Schmid 2006c): Jesaja 66: 1 So spricht JHWH: Der Himmel ist mein Thron, und die Erde ist der Schemel meiner Füße. Was für ein Haus wollt ihr mir bauen und was für eine Stätte, an der ich meine Ruhe finden soll?

Die Aufgabe der vorhellenistisch weitgehend unbestrittenen Heilsgröße „Israel“ bahnte den Weg zur Individualisierung der jüdischen Religion, wie sie vor allem nach dem Untergang Jerusalems 70 n. Chr. weiter verstärkt wurde und in dieser Gestalt auch das Christentum maßgeblich beeinflusste. d) D iasporaheimkehr und Restauration des Königtums in Jeremia Ein deutlich akzentuiertes theologisches Programm (Goldman 1992), das sich zudem recht zuverlässig datieren lässt (Schmid 1996a, 56–66; 2011a, 207–221), findet sich in dem masoretischen Sondergutstext des Jeremiabuches, in Jer 33,14– 26. Der Umstand, dass dieses längste Plus der hebräischen Buchfassung – die gegenüber ihrer griechischen, ansonsten recht wörtlichen Übersetzung etwa um 3000 Wörter kürzer ist – in der griechischen Fassung fehlt, lässt mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass Jer 33,14–26 erst zu einem Zeitpunkt Eingang in das Buch gefunden hat, als die griechische Übersetzung bereits fertiggestellt war. Dies bedeutet, dass der Abschnitt nicht aus der Zeit vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammen kann. Dass es sich um einen unabhängigen Quellentext handelt, ist durch die schriftgelehrte Prägung nahezu ausgeschlossen: Jer 33,14–16 reinterpretiert Jer 23,5–6, und auch in den nachfolgenden Textpassagen lassen sich weitgreifende Textaufnahmen beobachten.

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Jeremia 23: 5 Siehe, es kommen Tage, Spruch JHWHs, da lasse ich für David einen gerechten Spross auf‌treten, und dieser wird als König herrschen und einsichtig handeln und Recht und Gerechtigkeit üben im Land. 6 In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, und Israel wird sicher wohnen. Und dies ist sein Name, den man ihm geben wird: JHWH ist unsere Gerechtigkeit! Jeremia 33: 14 Siehe, es kommen Tage, Spruch JHWHs, da löse ich das gute Wort ein, das ich dem Haus Israel und dem Haus Juda zugesagt habe. 15 In jenen Tagen und in jener Zeit werde ich für David einen Spross der Gerechtigkeit sprossen lassen, und dieser wird Recht und Gerechtigkeit üben im Land. 16 In jenen Tagen wird Juda Hilfe erfahren, und Jerusalem wird sicher wohnen; und so wird man es nennen: JHWH-ist-unsere-Gerechtigkeit!

Auf den ersten Blick mag Jer 33,14–16 wie eine Wiederholung von Jer 23,5–6 erscheinen. In der Tat berühren sich beide Passagen auf weite Strecken hin. Doch die Eigenleistung von Jer 33,14–16 besteht vor allem darin, dass der Überschuss „da erfülle ich das gute Wort, das ich dem Hause Israel und dem Hause Juda gegeben habe“ (V. 14) die nachfolgende messianische Verheißung von der Erfüllung dieses „guten Wortes“ abhängig macht. Was damit gemeint ist, kann man in Jer 29,10 lesen, wo dieses „gute Wort“ expliziert ist: Jeremia 29: 10 Denn so spricht JHWH: Erst wenn siebzig Jahre erfüllt sind für Babel, werde ich mich um euch kümmern. Dann werde ich mein gutes Wort [LXX: meine Worte] an euch einlösen und euch zurückbringen an diese Stätte.

Jer 33,14–16 reinterpretiert Jer 23,5–6 also in dem Sinn, dass das Kommen des Messias die Heimkehr der Diaspora voraussetzt. Der verheißene Davidsspross wird erst kommen, wenn Israel vereint in seinem Land lebt. Bemerkenswert ist an der Position von Jer 33,14–16 weiterhin, dass der Messias nicht einfach personal gedacht ist, sondern dass – offenbar in Aufnahme von Motiven aus Jesaja 60–61 – Zion in die Messiaswürde eingesetzt wird: Der künftige Ehrenname „Jhwh ist unsere Gerechtigkeit“ (V. 16) gilt deutlich einer femininen Größe, gemeint ist offenkundig die unmittelbar voraufgehend genannte, als Frau vorgestellte Stadt Jerusalem. e) Deutero- und Tritosacharja Die Sacharjaüberlieferung ist in Sacharja 9–14 um verschiedene Elemente fortgeschrieben worden, die man früher gerne in Analogie zum Jesajabuch als Deuterosacharja (Sach 9–11) und Tritosacharja (Sach 12–14) unterschied. Man hat es

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in den Kapiteln 9–14 aber – wie jedenfalls in Tritojesaja – nicht mit ursprünglich mündlicher Verkündigung zu tun, sondern mit schriftgelehrter Tradentenprophetie (Boda/Floyd 2003; Gärtner 2006). Die Kapitel 9,1–11,3.17 setzen sich sprachlich durch ihre hauptsächlich poetische Gestaltung von den Kapiteln 1–8 ab, während die Kapitel 12–14 wieder mehrheitlich zur Prosa zurückkehren. Vor allem aber spiegeln sich ab Sacharja 9 ganz andere Zeitverhältnisse als diejenigen während der Erstellung des Zweiten Tempels: Der Tempel ist längst erbaut (Sach 11,13; 14,20–21), Sach 9,1–8 reagiert offenbar auf den Alexanderfeldzug nach dem Fall von Tyros bis hin nach Gaza im Jahr 332 v. Chr. (Mathys 2000b, 53), Sach 9,13 nennt sogar die „Söhne Jawans“ explizit (die „Ionier“, d. h. die Griechen) und lässt den jüdischen Widerstand gegen wahrscheinlich ptolemäische Eroberungsfeldzüge erkennen (Schäfer 1983, 27). Interessant in theologiegeschichtlicher Hinsicht ist der in Sacharja 9 auszumachende Positionsbezug: Offenbar wird hier das Wirken Alexanders des Großen begrüßt, insofern es nämlich der persischen Fremdherrschaft ein Ende bereitet. Doch wird nicht Alexander als neuer Herrscher gefeiert; entworfen wird vielmehr die Vorstellung eines davidischen Messias mit – entsprechend der Diasporaexistenz Israels – umfassendem Herrschaftsgebiet (in deutlicher Aufnahme von Jes 40,1–2; 11,1–5 und Ps 72,8), der aber in seinem bescheidenen Auf‌treten nachgerade als Anti-Alexander gezeichnet ist (Knauf 1994, 177; Kunz 1998): Sacharja 9: 9 Juble laut, Tochter Zion, jauchze, Tochter Jerusalem, siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich ist er, demütig und auf einem Esel reitend, auf einem Fohlen, einem Eselsfohlen. 10 Und ich werde die Streitwagen ausrotten in Ephraim und die Pferde in Jerusalem. Und der Kriegsbogen wird ausgerottet. Und er verheißt den Nationen Frieden. Und seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Strom bis an die Enden der Erde.

Diese Niedrigkeitsvorstellung des Messias erklärt sich einerseits aus den traditionellen Vorgaben älterer Herrscherverheißungen im Alten Testament, die nahezu durchgängig die Subordination des erwarteten Heilskönigs unter die Macht Jhwhs betonten, andererseits aus den überzogenen religiösen Ansprüchen des Königtums Alexanders und nachfolgend, im 3. Jahrhundert v. Chr., besonders der Ptolemäer (vgl. Hölbl 1997).

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f ) D ie redaktionelle Abgleichung von Jesaja- und Zwölfprophetenbuch Wie einerseits die Nichtaufnahme des „prophetischen“ Danielbuches in den Prophetenkanon und andererseits das Fehlen eindeutiger literarischer Reaktionen auf die Makkabäerkrise zeigen, sind die Prophetenbücher im Wesentlichen in vormakkabäischer Zeit abgeschlossen worden (siehe unten S. 273–274). Offenbar ist dieser Abschluss literarisch bewusst vor sich gegangen. Namentlich das Jesajabuch und das Zwölfprophetenbuch sowie die Gesamtanlage des von ihnen gerahmten corpus propheticum zeigen, dass die Prophetie einer abschließenden Formierung zugeführt worden ist. Sie weist auf das Bestreben einer gewissen inhaltlichen Abstimmung unter den Prophetenbüchern hin: Wie können die zwölf kleinen Propheten etwas anderes geweissagt haben als Jesaja? Sollte Jesaja nicht auch alles bekannt gewesen sein, was andere Propheten gesagt haben? Die Tradenten sind offenbar der Auf‌fassung gewesen, dass die alttestamentliche Prophetie im Wesentlichen eine sachliche Einheit ist. Woran lässt sich das erkennen? Zunächst einmal ist deutlich, dass sich die vier großen Prophetenbücher – wenn man das Buch der zwölf „kleinen“ Propheten in antiker Tradition (vgl. Sir 49,10) als eines zählt – bezüglich der dargestellten Zeiten wie Rahmen und Mitte zueinander verhalten: Jesaja und die zwölf Propheten decken je das gesamte Spektrum der prophetisch bezeugten Geschichte Israels von den Assyrern bis zu den Persern ab, während Jeremia und Ezechiel sich nur zur babylonischen Zeit äußern, dafür aber sehr ausführlich. Hosea, Amos, Micha:  Assur

Jesaja 1–39:  Assur Jesaja 36–39:  Assur/Babel Jesaja 40–66:  Babel/Perser

Jeremia:  Babel

Ezechiel:  Babel

Zephanja, Obadja:  Babel Haggai, Sacharja, Maleachi:  Perser

Man kann nun auch im Einzelnen erkennen, dass das Jesaja- und das Zwölfprophetenbuch – offenbar sukzessive – sachlich und literarisch aufeinander abgestimmt worden sind (Bosshard-Nepustil 1997; Steck 1991a; differenzierend Gärtner 2006). Greif‌t man die augenfälligsten Beobachtungen heraus, so zeigt sich, dass Jes 1,1 und Hos 1,1 mit vergleichbaren Überschriften einsetzen, die dieselben vier judäischen Könige erwähnen. Weiter entsprechen sich Jesaja 13 und Joel 2 sowie jeweils das Ende der „Großbücher“ Jesaja (Jes 66,18–24) und Sacharja (Sach 14,16–21) in einem Maße, das auf bewusste redaktionelle Gestaltung schließen lässt.

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Eine bewusste endredaktionelle Gestaltung des Zwölfprophetenbuches scheint in der literarischen Ausgrenzung und Abtrennung des Maleachibuches aus der Sacharjaüberlieferung zu finden sein, deren Teil es ursprünglich gewesen zu sein scheint (Bosshard/Kratz 1990; Steck 1991). Neben dem mit Mal 1,1 strukturgleichen Überschriftensystem in Sach 9,1; 12,1 sowie zahlreichen inhaltlichen Berührungen (vgl. etwa das Zitat aus Sach 1,3 in Mal 3,7) weist darauf der Umstand hin, dass „Maleachi“ ein weder biblisch noch inschriftlich bezeugter Name ist, sondern ein aus Mal 3,1 genommener Kunstname zu sein scheint, dessen Bedeutung „mein Bote“ auf die am Ende des Buches gegebene Verheißung des wiederkehrenden Elia (Mal 3,22–24, vgl. Mathys 2000a; van der Toorn 2007, 252–255) gemünzt sein dürf‌te. Diese Reminiszenz an Elia, der nach 2Kön 2,11–12 nicht starb, sondern in den Himmel auf‌f uhr, scheint darauf zu deuten, dass die Prophetie nun als aktuelles Phänomen beendet ist und nur noch einmal – wenn Elia wiederkommt – ein gottunmittelbarer Prophet aufstehen wird. Bis dahin ist Israel aber an den literarischen Prophetenkanon gewiesen.

g) D ie Weltreiche in Daniel 2 und 7 Die Daniel-Legenden in Daniel *1–6 waren wie andere theokratische Konzeptionen der Perserzeit durch den Zusammenbruch des politischen Referenzrahmens ihrer Theologie enorm herausgefordert. Die Tradenten des Danielbuches lösten diese Aufgabe dergestalt, dass sie den Inhalt der Vision in Daniel 2 zu einer viergliederigen Abfolge von Weltreichen ausbauten und in Daniel 7 mit einer entsprechenden Vision das damalige Danielbuch abschlossen: Daniel 2: Standbild Babylonier Meder Perser Griechen himmlisches Reich

Kopf: Gold Brust, Arme: Silber Bauch, Lenden: Bronze Füße: teils Eisen,   teils Ton Stein: Felsen

Daniel 7: vier Tiere aus dem Meer Löwe mit Adlersflügeln Bär Panther mit Vogelflügeln Tier mit zehn Hörnern Throne mit einem Hoch  betagten, Menschensohn

Das Ziel der Weltgeschichte in diesen Visionen ist allerdings nicht das vierte, sondern das fünf‌te, himmlische Reich, in dem Gott selber unmittelbar die Herrschaft über die Welt ausüben wird. Diese theokratische Zielperspektive vermittelt zwischen der eschatologischen und der theokratischen Position (Plöger 21962) in der perserzeitlichen Literatur des Alten Testaments im Sinne eines Nachein-

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anders; sie ist aber vor allem wohl auch durch die Enttäuschungen der politischen Geschichte des 3. Jahrhunderts v. Chr. katalysiert, die geeignet waren, das Vertrauen in die fremden Großmächte nachhaltig zu erschüttern – von ihnen ist grundsätzlich kein Heil mehr zu erwarten.

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G. Die Literatur der Seleukidenzeit (2. Jahrhundert v. Chr.) I. Historische Hintergründe Mit dem Sieg Antiochus’ III. in der Schlacht bei Paneas 198 v. Chr. wechselte die Vorherrschaft über Syrien-Palästina von den Ptolemäern zu den Seleukiden über. Die Herrschaft Antiochus’ III. wurde – jedenfalls nach der Darstellung Josephus’ zu schließen (Gauger 2007) – in Syrien-Palästina begrüßt. Offenbar erneuerte er in der politischen Organisation seines Reiches die von den Persern bekannte aktive Toleranz gegenüber den unterworfenen Völkerschaften. Gemäß einem bei Josephus überlieferten Erlass (Antiquitates Judaicae 12, 138–144) erneuerte er die Privilegien für Jerusalem und seinen Tempel und ordnete an, dass „alle Angehörigen des Volkes nach den väterlichen Gesetzen leben sollen“ (143). Kaum ein Jahrzehnt später aber standen die Seleukiden unter dem wachsenden Druck der aufstrebenden römischen Macht, die ihnen 189 v. Chr. – nach der verlorenen Schlacht bei Magnesia, im Frieden von Apameia – empfindliche Tributleistungen und die Verkleinerung ihrer Flotte diktieren konnte. Entsprechend wuchs die Notwendigkeit für die Seleukiden, ihre Untertanengebiete wirtschaftlich auszubeuten. In biblischer Sicht ist aber das Hauptproblem dieser Zeit die weitgreifende kulturelle Hellenisierung des Seleukidenreichs. Für Judäa ist allerdings mehr und mehr unklar, ob diese Hellenisierung historisch gesehen als von außen auferlegt zu deuten ist, oder nicht vielmehr – zumindest ebenso, wenn nicht sogar vorrangig – auf innerjüdische Bestrebungen zurückzuführen ist, wie man heute eher urteilt (Bringmann 1983; 2005; Haag 2003; vgl. bereits Bickerman 1937). Die in den Makkabäerbüchern präsentierte Motivierung vonseiten des seleukidischen Königtums scheint vor allem vom Danielbuch her beeinflusst zu sein, das die auf ihr Ende zusteuernde Geschichte vor allem durch das Wirken feindlicher Großmächte charakterisiert ansieht. Jedenfalls scheint die Hellenisierung Jerusalem Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. tiefgreifend betroffen zu haben. Ein Gymnasium wurde eingerichtet: 2. Makkabäer 4: 14 Die Priester waren nicht länger um den Dienst am Altar besorgt, sondern – da sie den Tempel gering schätzten und die Opfer vernachlässigten – beeilten sich, nach der Ein-

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ladung zum Diskuswerfen, an der der Weisung widersprechenden Unterhaltung auf dem Ringplatz teilzunehmen.

Von dem Seleukidenkönig Antiochus IV. Epiphanes wird in den Makkabäerbüchern vor allem berichtet, dass er Religionsedikte erließ, die auf das Verbot hinausliefen, die jüdischen Religion auszuüben (1Makk 1,41–59; vgl. 2Makk 6,1–9): 1. Makkabäer 1: 41 Und der König schrieb an sein gesamtes Königreich, alle müssten ein einziges Volk werden, 42 und ein jeder müsse seine Bräuche aufgeben. Und alle Nationen fügten sich dem Wort des Königs. 43 Auch viele von Israel fanden Gefallen an dieser Art der Verehrung, und sie opferten den Götterbildern und entweihten den Sabbat. 44 Und der König sandte durch Boten Schreiben nach Jerusalem und in die Städte von Juda, man müsse Bräuche befolgen, die dem Land fremd waren, 45 und Brandopfer und Gaben und Trankopfer im heiligen Bezirk verhindern und Sabbate und Feste entweihen, 46 und den heiligen Bezirk und heilige Menschen müsse man besudeln. 47 Und sie sollten Kultstätten, geweihte Bezirke und Götzenhäuser erbauen und Schweine und andere unreine Tiere opfern 48 und ihre Söhne unbeschnitten lassen, so dass sie sich mit jeder Art von Unreinheit und Entweihung abscheulich machten 49 und man die Weisung vergaß und alle Rechtssatzungen änderte. 50 Und wer dem Wort des Königs nicht Folge leiste, der müsse sterben. 51 Ganz diesen Worten entsprechend schrieb er seinem ganzen Königreich. Und er setzte Aufseher ein über das ganze Volk, und den Städten von Juda gebot er, Opfer darzubringen, Stadt für Stadt.

Auch hier ergeben sich Zweifel, ob diese Maßnahme historisch gesehen tatsächlich vom seleukidischen Großkönig befohlen wurde, denn das wäre ungewöhnlich. Vielleicht geht sie vielmehr – möglicherweise mit Billigung, ja gleichwohl programmatischer Beteiligung des Königs – auf die innerjüdische Initiative des Hohenpriesters Menelaos zurück, der sein Amt gekauf‌t hatte und in seiner Bedrängnis die jüdische Religion verbieten wollte, um so weiter herrschen zu können (Haag 2003, 69.71–73; vgl. die kritische und differenzierende Diskussion bei Keel 2007, 1186–1193). Den Höhepunkt der Religionskrise unter Antiochus IV. bildete die Errichtung des „Gräuels der Verwüstung“ im Jerusalemer Tempel (šiqqûṣ šomem Dan 12,11; vgl. Dan 9,27; 11,31). Gemeint ist wahrscheinlich ein Aufsatz auf dem Altar, der so als Podium für einen Steinfetisch zur Verehrung des Zeus Olympios (2Makk 6,2) diente. Zeus Olympios galt als hellenistische Version des Baalschamem, des „Himmelsherrn“ (Haag 2003, 71, anders Keel 2000; 2007, 1193–1201, der die Schweineopfer auf dem Altar als den „Gräuel der Verwüstung“ identifiziert): 1. Makkabäer 1: 54 Und am fünfzehnten [fünfundzwanzigsten?] Tag des Kislew, im Jahr 145, setzte er einen Gräuel der Verwüstung auf den Altar, und ringsum in den Städten von Juda bauten sie Kultstätten. 55 Und vor den Türen der Häuser und auf den Straßen brachten sie Rauch-

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opfer dar. 56 Und sie zerrissen die Bücher der Weisung, die sie fanden, und verbrannten sie im Feuer. 57 Und bei wem ein Buch des Bundes gefunden wurde oder wer sich nach der Weisung richtete, dem bestimmte das Urteil des Königs den Tod. 58 Und Monat für Monat nutzten sie in den Städten ihre Schlagkraft gegen jene von Israel, die entdeckt wurden. 59 Und am Fünfundzwanzigsten des Monats brachten sie Opfer dar auf der Kultstätte, die sich an der Stelle des Altars befand.

Als Folge dieser Maßnahmen entbrannte der sogenannte Makkabäeraufstand, in dem sich eine nationalreligiöse, orthodoxe Gruppe gewaltsam gegen die Entweihung des Tempels und das Verbot der jüdischen Religion erhob. Aufgrund ihres entschiedenen Willens, aber auch aufgrund der Schwäche des seleukidischen Königshauses hatten die Aufständischen Erfolg. Es gelang ihnen, Jerusalem zu erobern, und der Tempelgottesdienst konnte wieder aufgenommen werden. Mit der Übernahme des Hohenpriestertums in Jerusalem 152 v. Chr. durch Jonathan – einen Exponenten der Makkabäerbewegung, der allerdings kein Zadokide war – hatte sich der Makkabäeraufstand vollends von einer religiösen Widerstandsbewegung zu einem politisch machtbewussten Freiheitskampf gewandelt. Aufgrund der anhaltenden Schwäche der in Querelen zerstrittenen Seleukiden, deren Reich zudem durch den desaströsen Partherfeldzug 129 v. Chr. einen politischen Tiefpunkt erreichte, konnte sich in Israel dann ein faktisch souveränes Königtum mit dynastischer Erbfolge etablieren, das Königtum der Hasmonäer. Es bestand bis zur Einnahme Jerusalems 64/63 v. Chr. durch die Römer. Infolge der illegitimen Besetzung des Hohenpriesteramts durch Jonathan, aber auch von Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung von Mond- oder Sonnenkalender in kultischen Belangen scheint sich die Bewegung der Qumran-Essener vom Jerusalemer Tempel losgesagt zu haben. Sie führte bis zu ihrem Untergang im Jüdischen Krieg 68 n. Chr. eine Sonderexistenz am Toten Meer, in der sie den korrekten Tempelgottesdienst simulierte, um diesen beim nah erwarteten Eingreifen Gottes in Jerusalem sofort weiterführen zu können (Stegemann 91999; Stökl Ben Ezra 2016). Die mittlerweile komplett publizierten Qumrantexte bieten einen faszinierenden Einblick in die geistige Welt einer bestimmten Gruppe des damaligen Judentums. Gleichzeitig ist aber auch im Blick zu behalten, dass mit den Qumranfunden durch den archäologischen Zufall die Quellenlage für das vorrabbinische Judentum einigermaßen unbalanciert ausfällt. Extrapolationen und Verallgemeinerungen von Qumran her sind also methodisch nur mit großer Vorsicht zu tätigen.

II. Theologiegeschichtliche Charakterisierungen Die Zeit der seleukidischen Vorherrschaft in Syrien-Palästina ist wie diejenige der ptolemäischen vor allem durch die intensivierte Begegnung mit dem Hellenismus geprägt. Schriften wie das Sirachbuch werben Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch für die Kompatibilität von hellenistischer Kultur und jüdischer Tradition,

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betonen aber bereits, dass die volle Erkenntnis allein in der Tora zu finden sei. Eine Annäherung von Weisheit und Tora findet sich auch in der nunmehr erfolgenden Gestaltung des Psalters zu einer fünf‌teiligen „Tora Davids“ mit einer Tora-theologischen Einleitung in Psalm 1 (Kratz 1996). Die Auseinandersetzungen der Makkabäerzeit führen dann aber auf der traditionellen und nationalreligiösen Seite zu einer Verschärfung und Ablehnung in der Beurteilung des Hellenismus. Sie scheinen in hohem Maß überlieferungsbildend gewirkt zu haben: Die Makkabäerbücher oder das Judithbuch heben die Notwendigkeit des gewaltsamen Widerstands gegen den Hellenismus hervor, während das in der Makkabäerzeit stark erweiterte Danielbuch die damalige Religionsnot grundsätzlich mythisiert und als Zeichen der Endzeit interpretiert. Der Makkabäeraufstand ist hier nicht mehr als eine „kleine Hilfe“ (Dan 11,34) in Gottes großem Geschichtsplan. Im Psalter (Ps 149) wie auch im Sirachbuch (Sir 36) finden Perspektiven Eingang, die auf eine Vernichtung der feindlichen Völker hoffen. Etwas jüngere Schriften wie das Tobitbuch und die gesamte gruppenspezifische Überlieferung von Qumran gehen – wohl aufgrund der machtpolitischen Kompromittierung der Makkabäerbewegung vor allem im Gefolge der religiös illegitimen Okkupation des Hohenpriesteramtes – noch weiter auf Distanz zu den Makkabäern und zu innerweltlichen Bestrebungen, das Heil auf Erden herzustellen. Theologiegeschichtlich bedeutsam ist für die Zeit weiter, dass nun in anthropologischer Hinsicht erstmals Auferstehungshoffnungen formuliert werden können (vgl. Janowski 2019, 491–498). Religionsgeschichtlich ist die Kompetenzerweiterung Jhwhs in den Bereich des Todes hinein zwar schon erheblich älter, wie die Archäologie und Epigraphik der Bestattungskultur zeigen (Janowski 2001/2003; 2006; Eberhardt 2007). Doch es sind wohl erst die Märtyrerschicksale der Makkabäerzeit, die das Thema der Auferstehung so weit zu forcieren vermögen, dass es nun Eingang jedenfalls in die prophetische Überlieferung finden kann (Ez 37,1–14 [Bartelmus 1985]; Dan 12,2–3; vielleicht auch Jes 25,8; 26,19), ohne jedoch unwidersprochen zu bleiben (Koh 3,19–22; vgl. Janowski 2001/2003, 37–38). In Qumran deuten die Einzelgräber sowie einzelne, wenn auch auf‌fallend wenige Belege in der Literatur an, dass Auferstehung ein Bestand der Glaubenslehre der Gemeinde war (Lichtenberger 2001).

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III. Überlieferungsbereiche 1. Kultische und weisheitliche Überlieferungen a) Theokratisierung und Reeschatologisierung im Psalter Der Psalter hat in seiner Literaturgeschichte verschiedene Formierungsgänge durchlaufen, von denen bislang exemplarisch nur die Bildung einiger perserzeitlichen Teilsammlungen (vgl. oben S. 197–198) sowie eines „messianischen Psalters“ (vgl. oben S. 245–246) erwähnt wurden. Seine jetzige Gestalt verdankt sich einer Fünf‌teilung – wahrscheinlich in Analogie zur Tora gedacht –, die durch vier Doxologien (Ps 41,14; 72,18–19; 89,53; 106,48) etabliert wird (Kratz 1996). Diese „Toraförmigkeit“ des Psalters wird zudem durch seine Einleitung in Psalm 1 sowie durch Psalm 119 hervorgehoben (Zenger 52004, 365). Angesichts der in Qumran noch stark divergierenden Anordnungen des Psalters und der theologischen Nähe der Rahmung des Gesamtpsalters (Ps 1–2 und 146–150) mit zeitgenössischen nichtessenischen Weisheitstexten (Book of Mysteries [1Q27; 4Q299–301]; 1Q/4QInstruction) stammt diese Fünf‌teilung kaum aus der Zeit vor dem 2. Jahrhundert v. Chr. (Lange 1998; Leuenberger 2005; vgl. insgesamt Jain 2014). Entsprechend den Themenschwerpunkten der fünf Bücher, aber auch entsprechend dem Inhalt der jeweils mit den Doxologien verbundenen Psalmen 41, 72, 89 und 106 lässt sich hinter der jetzt vorliegenden Gliederung des Psalters ein von der Chronik inspiriertes Bild der Geschichte Israels erkennen, das zunächst die Epochen Davids (Ps 1–41) und Salomos (Ps 42–72), dann die Königszeit (Ps 73–89) und das Exil (Ps 90–106) beschreibt, um abschließend in eine breite Darstellung der Restauration (Ps 107–150) zu münden. David: I (Ps 1–41) Gepriesen sei Jhwh, der Gott Israels,

Salomo: II (Ps 42–72)

Gepriesen sei Jhwh, der Gott Israels, der allein Wunder tut! Und gelobt sei sein herrlicher Name in von Ewigkeit zu Ewigkeit, und die Ewigkeit! ganze Erde werde voll von seiner Herrlichkeit! Amen, Amen! Amen! Amen! (Ps 41,14) (Ps 72,18–19)

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Königszeit: III (Ps 73–89)

Exil: IV (Ps 90–106)

Restauration: V (Ps 107–150)

Gepriesen sei Jhwh

Gepriesen sei Jhwh, der Gott Israels,

Hallelujah! (Ps 150,6, vgl. Ps 146–150 insgesamt)

in Ewigkeit!

von Ewigkeit zu Ewigkeit!

Amen, Amen! (Ps 89,53)

Und alles Volk spreche: Amen! Hallelujah! (Ps 106,48)

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Die Zielperspektive des Psalters entwickelt – im Anschluss an die theologische Position der in den Büchern IV und V vereinigten Einzelpsalmen (siehe oben S. 197) – das Bild einer befriedeten Welt unter der Herrschaft Jhwhs, der sie elementar versorgt. Die hier ausgebreitete theokratische Lebensordnung lässt keinerlei nationalpolitischen Interessen erkennen; wo die Perspektiven politisch werden, betreffen sie die soziale Gerechtigkeit, den Schutz von Fremdlingen, Witwen und Waisen. Zeitgeschichtlich muss diese Gesamtstruktur des Psalters jünger als der wahrscheinlich ptolemäerzeitliche Protopsalter Ps *2–89 sein. Am ehesten wird sie verständlich aufgrund einer gewissen Restituierung der toleranten perserzeitlichen Religionspolitik im ersten Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts v. Chr. unter Antiochus III., der die Juden nach ihren „väterlichen Gesetzen“ leben ließ, wenn man der Überlieferung des Josephus hier grundsätzlich Vertrauen schenken darf. Im Rahmen der Literaturgeschichte des Psalters lässt sich diese Konzeption als Transformation aus den älteren Königsperspektiven in den Psalmen *2–89 begreifen: Ohne eigenen König verlagern sich die traditionellen Königsattribute und -aufgaben nun auf Jhwh selbst (Leuenberger 2004). Vermutlich ist die theokratische Orientierung auch aus einer vorangehenden Redaktionsstufe abgeleitet worden, in der der „messianische Psalter“ durch die Anfügung der Psalmen 93–100 in einem ersten Schritt theokratisiert worden ist. Die aller Wahrscheinlichkeit nach vormakkabäerzeitliche Fünf‌teilung des Psalters ist in theologischer Absicht in den elementaren Umbrüchen der Makkabäerzeit noch einmal umakzentuiert worden. Allerdings dürf‌ten die literarischen Eingriffe in den Psalter von ihrem Umfang her verhältnismäßig bescheiden gewesen sein. Auch wenn es an alten und neuen Versuchen nicht mangelt, eine erhebliche Anzahl von Psalmen in die makkabäische oder hasmonäische Zeit zu datieren (bes. Ps 74, 110, 149, vgl. Duhm 21922; Diebner 1986; Treves 1988; Wilson 1990; Oeming 2000b), so bleibt das grundsätzliche Problem der Datierung von Psalmen zu bedenken, das gegenüber solchen Urteilen skeptisch stimmt. Aufgrund seines theologischen Profils und seiner literarischen Stellung im Psalter ist vor allem für Psalm 149 (Zenger 1997a.c) eine makkabäerzeitliche Ansetzung zu vermuten (Steck 1991, 161). Psalm 149: 5 Frohlocken sollen die Getreuen in Herrlichkeit, jubeln auf ihren Lagern, 6 Lobpreisungen Gottes im Munde und ein zweischneidiges Schwert in der Hand, 7 Rache zu vollziehen an den Völkern, Strafgerichte an den Nationen, 8 ihre Könige mit Ketten zu binden und ihre Edlen mit eisernen Fesseln, 9 an ihnen zu vollstrecken das geschriebene Urteil. Ehre ist dies allen seinen Getreuen. Hallelujah.

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Psalm 149 „reeschatologisiert“ gewissermaßen das theokratische Finale des Psalters und trägt das Motiv der Feindvernichtung vor dem Schlussklang des Psalters in Psalm 150 ein. Ob man in Psalm 110 eine literarische Legitimation des hasmonäischen Anspruchs auf das Hohepriesteramt erkennen kann (Donner 1994), ist umstritten. Von manchen Forschern werden die ersten Buchstaben der Verse 1 (nach dem Psalmentitel) bis 5 (š, m, ʿ, n; „Šimʿon“) als verborgener Hinweis auf die Erhebung Simons zum Hohenpriester im Jahr 141 v. Chr. gedeutet. Jedenfalls konnte Psalm 110 in diesem Sinne in der Hasmonäerzeit rezipiert werden (vgl. Krusche 2019). b) Jesus Sirach und Weisheit Salomos Das Sirachbuch ist eine Weisheitsschrift, die um 180 v. Chr. entstanden sein dürf‌te, wie einerseits aus dem Prolog des Enkels des Verfassers, der das Buch ins Griechische übersetzt hat, andererseits aber auch aus dem Fehlen von Reaktionen auf die Makkabäerkrise hervorgeht (Marböck 1992; 1995). Bis auf wenige Ausnahmen ist das Sirachbuch noch uneschatologisch. Es besitzt aber einige, literarkritisch möglicherweise sekundäre „eschatologische Fenster“, die von der Vernichtung aller Fremdmacht sprechen: Jesus Sirach 10: 8 Die Königsherrschaft wechselt von einer Nation zur anderen durch Ungerechtigkeit und Überheblichkeit und Vermögen. … 14 Die Throne von Anführern hat der Herr umgestürzt, und Sanftmütige hat er an ihre Stelle gesetzt. 15 Die Wurzeln von Nationen hat der Herr ausgerissen und Demütige an ihrer Stelle gepflanzt. 16 Die Gebiete von Nationen hat der Herr verwüstet, und er hat sie bis auf die Grundfesten der Erde vernichtet. 17 Er hat Menschen weggerissen und vernichtet und ihr Andenken auf der Erde zum Verstummen gebracht. Jesus Sirach 36: 1 Erbarme dich unser, Herrscher, Gott von allem, 2 und lege die Furcht vor dir auf alle Nationen. 3 Erhebe deine Hand gegen die fremden Nationen: Sie sollen deine Herrschermacht sehen. 4 Wie du vor ihnen geheiligt wurdest bei uns, so mögest du vor uns groß gemacht werden bei ihnen. 5 Und sie sollen dich erkennen, wie auch wir erkannt haben, dass es keinen Gott gibt außer dir, Herr.

Das Grundanliegen des Sirachbuches besteht darin, die jüdische Torafrömmigkeit als der hellenistischen Kultur überlegen zu erweisen. Die dabei verfolgte Argu-

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mentation ist nicht konfrontativ, sondern integrativ: Die Weisheit der Welt, der Plan der Welt ist über das Studium der Tora zu erfahren. Die damit verbundene Spitzenaussage identifiziert „Weisheit“ mit „Tora“: Jesus Sirach 24: 1 Die Weisheit wird sich selbst loben, und inmitten ihres Volks wird sie sich rühmen. 2 In der Versammlung des Höchsten wird sie ihren Mund öffnen, und vor seiner Macht wird sie sich rühmen: 3 Ich bin vom Mund des Höchsten ausgegangen, und wie Nebel habe ich die Erde bedeckt. 4 Ich habe in den Höhen mein Zelt errichtet, und mein Thron stand auf einer Wolkensäule. 5 Den Himmelskreis habe ich allein umrundet, und in der Tiefe der Urfluten bin ich umhergegangen. 6 Bei den Wogen des Meeres und auf der ganzen Erde und bei jedem Volk und jeder Nation hatte ich die Führung. 7 Bei ihnen allen habe ich eine Ruhestätte gesucht: In wessen Erbteil werde ich rasten können? 8 Damals gebot mir der Schöpfer aller Dinge, und der mich erschaffen hatte, verschaff‌te meinem Zelt Ruhe und sprach: In Jakob richte dein Zelt auf, und in Israel sollst du als Erbe zugeteilt werden. … 19 Kommt zu mir, die ihr mich begehrt, und lasst euch sättigen von meinen Erträgen. 20 Denn die Erinnerung an mich ist süßer als Honig, und mein Erbteil ist süßer als eine Honigwabe. 21 Die mich essen, werden noch hungriger, und die mich trinken, werden noch durstiger. 22 Wer auf mich hört, wird nicht beschämt werden, und die mir gemäß handeln, werden nicht sündigen. 23 Dies alles ist das Buch des Bundes Gottes des Höchsten, die Weisung, die uns Mose geboten hat, das Erbteil der Gemeinden Jakobs.

Was die politische Theologie des Sirachbuches mit Blick auf Israel angeht, so scheint es nicht mit der Wiederkunft eines davidischen Königs zu rechnen. Es gibt sich aber auch nicht mit der zeitgenössischen Gegebenheit der Fremdherrschaft zufrieden. Vielmehr erwartet es offenbar eine geistbegabte Führung Israels, wie sie in der vorköniglichen Zeit unter den Richtern gegeben war. Darauf deutet jedenfalls die auf‌f ällige Passage in Sir 46,11–12 hin, die die Auferstehung der Richter verheißt: Jesus Sirach 46: 11 Auch die Richter, ein jeder mit seinem Namen, alle, deren Herz nicht unzüchtig war und die sich nicht abwandten vom Herrn – die Erinnerung an sie sei verbunden mit reichem Segen.

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12 Er möge ihre Gebeine aufsprießen lassen an ihrem Ort, und ihr Name werde weitergetragen. Gepriesen sei er bei den Menschenkindern.

Ein ähnliches Anliegen wie das Sirachbuch – Verteidigung der jüdischen Tradition gegenüber Angeboten der heidnischen Philosophie – verfolgt die „Weisheit Salomos“, die allerdings erst gegen Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein dürf‌te (Kepper 1999). 2. Prophetische Überlieferungen a) D ie Formierung der Neviʾim Die bedeutsamste literaturgeschichtliche Entwicklung in frühseleukidischer Zeit ist der Zusammenschluss von Vorderen Propheten (Josua bis 2. Könige) und Hinteren Propheten (Jesaja bis Maleachi) zum Kanonteil Neviʾim, der gleichzeitig das Ende der Prophetie markiert. Literarisch zeigt sich dieser Zusammenschluss in der Bezugnahme des letzten (Mal 3) auf das erste Kapitel (Jos 1) der Neviʾim (Steck 1992a, 18–19): Josua 1: 7 Sei nur mutig und sehr stark, und halte die ganze Weisung, die Mose, mein Diener, dir gegeben hat, und handle danach. Du sollst nicht davon abweichen, weder nach rechts noch nach links, damit du Erfolg hast auf allen deinen Wegen. 8 Dieses Buch der Weisung soll nicht von deinen Lippen weichen, und du sollst sinnen über ihm Tag und Nacht, damit du alles hältst, was darin geschrieben steht, und danach handelst, denn dann wirst du zum Ziel gelangen auf deinem Weg, und dann wirst du Erfolg haben. … 13 Erinnert euch an das, was Mose, der Diener JHWHs, euch befohlen hat. JHWH, euer Gott, schaff‌t euch Ruhe und wird euch dieses Land geben. Maleachi 3: 22 Denkt an die Weisung des Mose, meines Dieners, die ich ihm am Horeb geboten habe für ganz Israel: Satzungen und Rechte!

Inhaltlich wird diese Inklusion über die Erinnerung an die Mosetora etabliert. Deutlich greif‌bar ist dabei das Sachanliegen, die Tora als maßgeblichen Kanonteil zu kennzeichnen, auf den sich die Neviʾim als autoritative Grundlage bezieht (vgl. Dtn 34,10–12). Dass die Neviʾim als Sammlung Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. geschlossen worden sind, jedenfalls also in vormakkabäischer Zeit, das erhellt erstens aus dem Umstand, dass in diesem Textkorpus keine deutlichen Reaktionen auf die Makkabäerzeit erkennbar sind, zweitens wird die Formierung der Neviʾim bereits in Sirach 44–50 vorausgesetzt, und drittens ist der Befund sprechend, dass das

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makkabäerzeitliche Danielbuch unter den Ketuvim rangiert, da es offenbar keinen Eingang mehr in die Neviʾim finden konnte (anders Koch 1995). Man kann erwägen, ob der Abschluss der Neviʾim durch die Auf‌forderung Antiochus’ III. motiviert war, die Juden mögen nach den „väterlichen Gesetzen“ leben, die die Frage nach der textlichen Definition dieser Überlieferung aufwarf und die mit „Mose und die Propheten“ beantwortet werden konnte. b) Das makkabäerzeitliche Danielbuch Das Danielbuch, dessen literarischer Kern aus den theokratischen Legenden in den Kapiteln *1–6 aus der Perserzeit besteht, ist bereits in der frühhellenistischen Zeit fortgeschrieben worden (Steck 1982; Kratz 1991b; vgl. Segal 2016), hat aber seine endgültige und tiefgreifendste Bearbeitung erst in der Makkabäerzeit erfahren. Sie hat sich vor allem in Bearbeitungen der Visionen in Daniel 2 und 7 sowie in der Anfügung der Kapitel 8–9 und 10–12 niedergeschlagen (Kratz 2004b). Da Daniel 8–12 mit der Zeitgeschichte bis zum Tod Antiochus’ IV. auf das Genaueste vertraut ist, diesen Tod aber falsch voraussagt – Antiochus IV. soll zwischen dem Meer und Zion sterben (Dan 11,45), tatsächlich aber kam er bei einer Tempelplünderung im Osten des Reichs um –, kann man den Abschluss des Danielbuches mit hoher Wahrscheinlichkeit in das Jahr 164 v. Chr. ansetzen. Das Danielbuch wird erst durch seine makkabäerzeitliche Erweiterung ein eigentlich prophetisches Buch. Es erwartet den Untergang der aktuellen und aller möglichen zukünftigen Fremdmächte, und die Heilswende für Israel, die die seit den Babyloniern andauernde Gerichtszeit beenden wird, ist nahe. Die Visionen machen dabei deutlich, dass das konfuse zeitgenössische Weltgeschehen im Himmel längst vorabgebildet ist und durch den apokalyptischen Seher Daniel – mit Hilfe eines Deuteengels – erkannt werden kann. Die makkabäerzeitlichen Interpretationen in Daniel 2 und 7 lassen sich unschwer als Erweiterungen zum bereits vorliegenden Text erkennen. In Daniel 7 finden sie sich etwa in Vers 8: Daniel 7: 7 Danach schaute ich in den nächtlichen Schauungen, und siehe: Ein viertes Tier, Furcht einflößend und schrecklich und außergewöhnlich stark. Und es hatte große Zähne aus Eisen, es fraß und zermalmte, und was übrig blieb, zertrat es mit seinen Füßen. Und es war anders als all die Tiere vor ihm, und es hatte zehn Hörner. 8 Ich achtete auf die Hörner, und siehe, ein anderes Horn, ein kleines, wuchs zwischen ihnen, und drei von den ersten Hörnern wurden vor ihm ausgerissen. Und siehe, an diesem Horn waren Augen, den Augen eines Menschen gleich, und ein Mund, der großmäulig redete.

In Daniel 8–12 hingegen werden neue Textblöcke angefügt, die die makkabäerzeitliche Religionsnot in den Farben der Gerichtsankündigungen des Jesajabuches

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darstellt: Was in der Makkabäerzeit geschieht, ist nichts anderes als eine weitere Erfüllung der Jesajaprophetie. Aber auch die weiteren Schriften des Alten Testaments sind für das Danielbuch Quelle von geschichtlicher Erkenntnis. Am deutlichsten ist dies in der großen Geschichtsweissagung in Kapitel 9. Der in einer exilischen Szenerie angesiedelte Daniel fragt sich, wie lange denn Jerusalem noch in Trümmer liegen solle. Er studiert dazu die Stellen in den Schriften, die sich zu den von Jeremia geweissagten 70 Jahren äußern (Dan 9,2). Daniel liest also mehr als nur das Jeremiabuch. Er formuliert darauf ein Bußgebet und erhält schließlich vom Engel Gabriel (Dan 9,21) eine Antwort: Nicht 70 Jahre, sondern 70 Jahrwochen, also 490 Jahre sind über Jerusalem als Gericht bestimmt worden (Dan 9,24). Nun handelt es sich hierbei aber nicht einfach um eine willkürliche Verlängerung der Gerichtszeit von 70 auf 490 Jahre, sondern diese Verlängerung ist offenbar exegetisch aus Lev 26,34–35 und 2Chr 36,21 abgeleitet worden, wo davon die Rede ist, dass die Schuld Israels dauern soll, „bis das Land die ihm gebührenden Sabbatjahre ersetzt bekommen hat; während der ganzen Zeit, da es wüste liegt, hat es Ruhe, bis nach Ablauf von siebzig Jahren“ (2Chr 36,21). Der von Gabriel erläuterte Sinn der biblischen Weissagungen der „siebzig Jahre“ geht nun dahin, dass die zu ersetzenden siebzig Jahre samt und sonders Sabbatjahre sind – nicht siebzig reguläre Jahre, in denen nur 10 Sabbatjahre ersetzt werden. Und dadurch gelangt Daniel 9 zu seiner Erstreckung der Gerichtszeit auf 490 Jahre, die von der vorgestellten historischen Szenerie bis unmittelbar in die makkabäerzeitliche Verfassergegenwart reicht. Daniel 9: 24 Siebzig Jahrwochen sind verhängt über dein Volk und über deine heilige Stadt, um das Unrecht zu beenden und das Maß der Sünden voll zu machen, um das Vergehen zu sühnen und ewige Gerechtigkeit zu bringen und um Schauung und Prophet zu versiegeln und um zu salben, was hochheilig ist. 25 Und du sollst wissen und verstehen: Von der Zeit an, da das Wort erging, Jerusalem wiederherzustellen und aufzubauen, bis ein Gesalbter, ein Fürst, kommt [539 v. Chr., Kyros – oder 522 v. Chr., Serubbabel?], sind es sieben Wochen; und zweiundsechzig Wochen lang werden Plätze und Straßen wiederhergestellt und gebaut werden, in der Bedrängnis der Zeiten. 26 Nach den zweiundsechzig Wochen aber [434 Jahre] wird der Gesalbte vernichtet werden, und nichts wird ihm bleiben [175 v. Chr., Ermordung des Hohenpriesters Onias III.?]. Und das Volk des Fürsten, der kommt, wird die Stadt und das Heiligtum vernichten. Und sein Ende kommt mit einer Flut, und bis zum Ende ist Krieg: beschlossene Verwüstungen. 27 Und einen Bund für die Vielen wird er stark machen, für eine Woche [7 Jahre], und in der Mitte der Woche [3½ Jahre] wird er Schlachtopfer und Speiseopfer auf‌hören lassen. Und auf dem Flügel der Gräuel kommt einer, der verwüstet [168 v. Chr., Entweihung des Jerusalemer Tempels durch Antiochus IV.], bis sich beschlossene Vernichtung über den Verwüster ergießt.

Die in Daniel 9 vorgetragene Chronologie, die die Entweihung des Jerusalemer Tempels in die Hälfte der allerletzten Jahrwoche vor Ablauf der 490 Jahre Ge-

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richtszeit ansetzt, zeigt, mit welcher eminenter Naherwartung das makkabäerzeitliche Danielbuch rechnet: Es dauert nur noch dreieinhalb Jahre, bis die 490 Jahre vorbei sind und das Heil für Israel anbrechen kann. c) Das Buch Baruch Das deuterokanonische Baruchbuch dürf‌te um 164/163 v. Chr. entstanden sein (Steck 1993; 1998). Es projiziert seine Botschaft zurück in das Zeitalter der von den Babyloniern herbeigeführten Katastrophe Jerusalems. Es predigt die Umkehr zum Gesetz, das es (wie Sir 24) mit der Weisheit identifiziert. Allerdings kennt das Baruchbuch kein offenes Werben gegenüber dem Hellenismus. Vielmehr argumentiert es zugunsten einer Höhergeltung der Tora gegenüber allen paganen Überlieferungen. Die vorausgesetzte Szenerie sowie sein theologisches Profil lassen eine Ansetzung nach der Entweihung des Tempels durch Antiochus IV. wahrscheinlich erscheinen. 3. Erzählende Überlieferungen a) D ie Weltzeitordnung in den erzählenden Büchern In Genesis bis 2. Könige lässt sich eine Weltzeitordnung beobachten, die im Wesentlichen auf den Stammbäumen in Gen 5,3–32 und 11,10–26, den Angaben über die Lebenszeit der Patriarchen, den chronologischen Brückenangaben Gen 47,28, Ex 12,40–41 und 1Kön 6,1 sowie den chronologischen Informationen der Königsbücher basiert. Diese Zeitrechnungsangaben variieren vor allem in Genesis 5 und 11 nach den unterschiedlichen Textzeugen, doch sind diese Variationen allesamt bestimmten Aussagewillen geschuldet. Nach der masoretischen Zeitrechnung fällt der Exodus auf das Jahr 2666, von der Schöpfung an gerechnet. Das sind zwei Drittel von 4000 Jahren, die – wenn man über die Angabe in 1Kön 6,1 das vierte Jahr Salomos in das Jahr 3146 anno mundi datieren kann – offenbar mit der makkabäischen Wiederweihe des Tempels 164 v. Chr. erfüllt sind (Schmid 1999c, 19–22; kritisch Hendel 2012). Auch die Korrespondenz des 430 Jahre währenden Bestandes des ersten Tempels (vom 4. Jahr Salomos bis Zedekia) mit der 430 Jahren dauernden Unterdrückung Israels in Ägypten (Ex 12,40–41) scheint auf chronologischer Konstruktion zu beruhen. Offenbar konnten also noch in der Makkabäerzeit Retuschen an den Zahlen der Pentateuchüberlieferung vorgenommen werden, um die Weltzeitordnung der geschichtlichen Bücher gewissermaßen „danielisch“, d. h. im Sinne der Geschichtstheologie von Daniel 9, auszurichten: Die Wiederweihe des Tempels 164 v. Chr. ist eine elementare Epochenschwelle.

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b) Makkabäerbücher, Tobit, Judith, Jubiläen Die deuterokanonischen Bücher der Makkabäer und das Judithbuch dürf‌ten in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr., in hasmonäischer Zeit, entstanden sein. Das Tobitbuch ist etwas schwieriger zu datieren, ist aber sicher nicht vorhellenistisch (Kaiser 2000a, 19.23.36.44; Fitzmyer 2003). Die Makkabäerbücher wurden häufig als Dokumente prohasmonäischer Hof‌theologie gesehen. Es ist jedoch deutlich, dass sie ein übergeordnetes theokratisches Ideal propagieren, das offenbar die machtpolitische Korruption der makkabäischen Bewegung und die Usurpation des Hohenpriesteramtes voraussetzt und kritisch bedenkt (Haag, 2003, 152–167; kritisch Keel 2007, 1185–1186). Das Judith- und Tobitbuch sind darin vergleichbar, dass sie die existentielle Bedrohung durch eine Fremdmacht in historisierter Gestalt darstellen – Antagonist Israels ist in beiden Fällen der als assyrischer König dargestellte Babylonier Nebukadnezar, so dass in seiner Figur Assyrer und Babylonier kombiniert erscheinen. Die beiden Bücher betonen so, wohl gegen die Danielüberlieferung gerichtet, dass widergöttliche Fremdherrscher schon früher in der Geschichte Israels aufgetreten sind und wohl auch in Zukunft wieder auf‌treten werden. Sie sind kein Zeichen mythisch qualifizierter Endzeit, sondern wiederkehrende Elemente der Geschichte. Den Widerstand dagegen beschreibt das Judithbuch eher mit Blick auf die kollektive Größe Israel, das Tobitbuch eher mit Blick auf die jeweils betroffenen Individuen, in seinem Fall Tobit und Sara (Haag 2003, 167–184). Das Jubiläenbuch (Berger 1981; Schelbert 1988) wird oft auch „kleine Genesis“ genannt, da es sich bei ihm im Wesentlichen um eine Nacherzählung von Genesis 1 bis Exodus 24 unter dem Gesichtspunkt handelt, wie die Vorväter Israels ohne Gesetz dieses gleichwohl halten konnten. Das Jubiläenbuch löst dieses Problem über „Tafeln des Himmels“, die den Vätern der Genesis gezeigt wurden, aufgrund derer sie gesetzeskonform leben konnten. Eingekleidet ist diese Nacherzählung in einen narrativen Rahmen, in dem ein Engel dies Mose am Sinai erklärt. Das Aussageinteresse des Jubiläenbuches liegt deutlich in einer Mosaisierung der Urgeschichte und der Erzelterngeschichte, die so auch von der Toratheologie der mit Exodus einsetzenden Moseerzählung eingeholt werden sollen. Das Jubiläenbuch ist der Gattung der „rewritten Bible“ zuzurechnen, die in der Bibel durch das chronistische Geschichtswerk repräsentiert und in Qumran durch weitere Texte dokumentiert ist (Nickelsburg 1984; Tov 1998; Hofmann 2000).

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Die voraufgehende Darstellung sollte bereits deutlich gemacht haben, dass Schriftwerdung und Kanonbildung nicht Fragestellungen sind, die – wie die Stellung dieses Abschnitts vielleicht suggerieren könnte – ausschließlich an den Abschluss einer Literaturgeschichte des Alten Testaments gehören. Vielmehr ist die Literaturgeschichte des Alten Testaments insgesamt vom Aspekt der „Schriftwerdung“ bestimmt. Auch elementare Vorstufen der „Kanonbildung“ (vgl. dazu Lim 2013; 2017; McDonald 2017) wie die Formierung der Tora oder der Abschluss der Neviʾim sind inneralttestamentliche Phänomene. Wenn man die Literaturgeschichte des Alten Testaments gleichzeitig unter dem Aspekt von dessen Schriftwerdung interpretieren kann und muss, so hängt dies eben damit zusammen, dass die alttestamentliche Literatur, so wie sie überliefert worden ist, ein jetzt zusammengehöriges Ganzes bildet, das mit der Pentateuchredaktion sowie dem Abschluss der Neviʾim sogar „kanonische“ Formationsprozesse durchlaufen hat. Es ist allerdings an das grundsätzliche Problem zu erinnern, dass die erhaltenen Schriften des Alten Testaments vermutlich nur einen Ausschnitt aus einer vielleicht einmal umfangreicheren Literatur darstellen. Die damit verbundenen Selektionsprozesse, die als Nebeneffekte der „Schriftwerdung“ des verbleibenden orthodoxen Textes interpretiert werden könnten, sind aber nicht mehr rekonstruierbar.

I. „Schrift“ und „Kanon“ Es empfiehlt sich, bei der Beschreibung der „Schriftwerdung“ des Alten Testaments die Begriffe „Schrift“ und „Kanon“ zu unterscheiden (Barton 1986). Namentlich der Begriff „Kanon“ ist in historischer Hinsicht ein Anachronismus (Lim 2017): In Anwendung auf die Bibel ist er erst vom 4. Jahrhundert n. Chr. belegt. Hinzu tritt, dass auch die damit gemeinte Sache – eine abgeschlossene Liste heiliger Schriften, die in ihrem Textbestand gesichert sind – erst ein nachalttestamentliches Phänomen darstellt. Wie die Bibeltexte aus Qumran zeigen, ist das Alte Testament im 1. Jahrhundert v. Chr. und im 1. Jahrhundert n. Chr. noch 279

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nicht im Buchstaben fixiert (Maier 1988; Fabry 1998; Stegemann 91999). Die Texte sind zwar durchaus stabil, doch zeigen unterschiedliche Rollen desselben biblischen Buches immer wieder kleine Abweichungen.

1. Josephus und 4. Esra 14 Das Alte Testament ist als geschlossene Schriftensammlung erst in Zeugnissen des späten 1. Jahrhunderts n. Chr. belegt, nämlich bei Josephus und in 4. Esra 14 (vgl. Ossándon Widow 2018). In einer apologetischen Streitschrift charakterisiert der jüdische Historiker Josephus die alttestamentliche Überlieferung wie folgt (vgl. Höffken 2001; Mason 2002): Nicht Zehntausende von Büchern gibt es bei uns, die untereinander nicht übereinstimmen u. widereinander streiten, sondern nur 22 Bücher, die die Aufzeichnung des ganzen Zeitraums [der Geschichte Israels] enthalten und mit Recht für glaubwürdig gehalten werden. Von diesen sind fünf Schriften des Mose, die sowohl die Gesetze als auch die Überlieferung seit der Entstehung des Menschengeschlechts bis zum Tod des Mose umfassen. Dieser Zeitraum beträgt etwas weniger als dreitausend Jahre. Vom Tod des Mose an bis hin zur Regierung des Artaxerxes, der nach Xerxes König der Perser war, haben die nachmosaischen Propheten die Ereignisse ihrer Zeit in dreizehn Büchern (Hiob, Josua, Richter [u. Ruth], 1.–2. Samuel, 1.–2. Könige, Jesaja, Jeremia [u. Threni], Ezechiel, Zwölfprophetenbuch, Daniel, 1.–2. Chronik, Esra [u. Nehemia], Esther) aufgezeichnet. Die übrigen vier (Psalmen, Proverbien, Kohelet, Hoheslied) enthalten Loblieder auf Gott und Lebensregeln für die Menschen. Seit Artaxerxes bis auf unsere Zeit ist zwar das einzelne aufgezeichnet worden, aber es wird nicht der gleichen Glaubwürdigkeit wertgeachtet wie das Frühere, weil es an der genauen Aufeinanderfolge der Propheten fehlte. (Josephus, Contra Apionem 1, 38–41)

Josephus rechnet mit einer fixen Anzahl von biblischen Büchern (22), die der Anzahl Buchstaben im hebräischen Alphabet entspricht und so Abgeschlossenheit und Vollkommenheit anzeigt. Die Kategorisierung der Bücher ist dabei nicht ganz klar, die oben in Klammern angefügten Auf‌listungen sind nur eine Deutungsmöglichkeit unter anderen. Darüber hinaus lässt Josephus eine Theorie prophetischer Autorschaft erkennen, insofern er die Abfassung der biblischen Bücher mit einer ununterbrochenen Abfolge von Propheten von Mose bis in die Zeit Artaxerxes’, unter dem Esra und Nehemia nach dem biblischen Zeugnis auf‌traten, in Zusammenhang bringt. Auch das 4. Esrabuch, eine Apokalypse aus dem letzten Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts n. Chr., entwirf‌t in seinem Schlusskapitel eine Kanontheorie (vgl. Macholz 1990). Beschrieben wird die erneute Abfassung der biblischen und weiterer Bücher, nachdem diese bei der Zerstörung Jerusalems verbrannt waren. Esra diktiert sie aufgrund göttlicher Eingebung einem Gelehrtenkreis:

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4. Esra 14: 42 Der Höchste gab den fünf Männern Einsicht [den Schreibern, denen Esra diktiert]. So schrieben sie das Gesagte der Reihe nach in Zeichen auf, die sie nicht kannten, und saßen vierzig Tage lang da. Sie schrieben am Tag 43 und aßen in der Nacht ihr Brot. Ich redete am Tag und schwieg nicht in der Nacht. 44 In den vierzig Tagen wurden vierundneunzig Bücher geschrieben. 45 A ls die vierzig Tage zu Ende waren, redete der Höchste mit mir und sagte: Die ersten Bücher, die du geschrieben hast, leg offen hin. Würdige und Unwürdige mögen sie lesen. 46 Die letzten siebzig aber sollst du verwahren, um sie den Weisen aus deinem Volk zu übergeben. 47 Denn in ihnen fließt die Quellader der Einsicht, die Quelle der Weisheit und der Strom des Wissens. …

Die ersten 24 Bücher sind das Alte Testament, sie sind allen zugänglich, während die 70 weiteren Bücher verborgen werden sollen und offenbar die „Apokryphen“ des Alten Testaments meinen, unter die sich das 4. Esrabuch selber auch zählt. Deutlich ist hier auch die fixe Anzahl von alttestamentlichen Büchern (24), die zwar von derjenigen bei Josephus abweicht, aber – aufgrund des Umstands, dass sie keine derart theologisch aufgeladene Symbolzahl ist wie die 22 bei Josephus – wohl eine ältere Tradition darstellen dürf‌te (vgl. die Diskussion bei Mason 2002; Darshan 2014). Ebenfalls erkennbar ist das Motiv der prophetischen Autorschaft der biblischen Bücher aufgrund von Esras Diktat. 2. Der Sirachprolog und „das Gesetz und die Propheten“ Den vergleichsweise festgefügten Vorstellungen eines alttestamentlichen Kanons (Josephus, 4. Esra 14) aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stehen nun aber doch deutlich unterschiedliche Konzeptionen aus der Spätzeit des Alten Testaments selbst gegenüber. Der Prolog zur griechischen Übersetzung des Sirachbuches (vgl. Marböck 1992; 2010), der vom Enkel des Autors des Buches verfasst worden ist (ca. 132 v. Chr.), ist kanongeschichtlich von großer Bedeutung (Lange 2008): Prolog zu Jesus Sirach: Vieles und Bedeutendes ist uns durch die Weisung und die Propheten und die anderen Schriften, die auf sie folgten, gegeben worden; ihretwegen muss man Israel für Bildung und Weisheit loben … Deshalb hat mein Großvater Jesus mit größter Hingabe die Weisung und die Propheten und die anderen Bücher der Vorfahren gelesen. Und nachdem er in ihnen genügende Kenntnis erlangt hatte, sah auch er sich gedrängt, etwas zu schreiben, das Bildung und Weisheit fördert, so dass die Lernbegierigen, wenn sie sich auch davon haben einnehmen lassen, noch viel mehr hinzufügen können durch eine Lebensführung, die der Weisung entspricht. … Denn was eigentlich auf Hebräisch gesagt wird, hat nicht mehr dieselbe Kraft, wenn man es in eine andere Sprache überträgt. Aber nicht nur dies: Nicht wenig unterscheiden sich, was ihren Inhalt betriff‌t, auch die Weisung selbst und die Prophezeiungen und die weiteren Bücher.

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Denn nachdem ich im achtunddreißigsten Jahr [132 v. Chr.] zur Zeit des Königs Euergetes nach Ägypten gekommen war und einige Zeit dort verbracht hatte und auf ein Werk von nicht geringer Bildung gestoßen war, erachtete ich es als unabdingbar, auch selbst mit Eifer und Hingabe an die Arbeit zu gehen, um dieses Buch zu übersetzen. In der Zwischenzeit habe ich mich unermüdlich und mit umfassendem Wissen der Arbeit gewidmet, um das Buch zu Ende zu bringen und es auch für die [Israeliten] herauszugeben, die in der Fremde gern lernen wollen, indem sie ihre Sitten darauf ausrichten, der Weisung entsprechend zu leben.

Aus diesem Zeugnis sind zwei Elemente besonders hervorzuheben. Zum einen zeigt die Einleitung deutlich, dass das Alte Testament im Wesentlichen aus zwei Teilen besteht, dem Gesetz und den Propheten, und dass es aber neben diesen zwei Teilen auch „andere“ (oder „übrige“) Bücher gibt, die – wie das Beispiel des Großvaters zeigt – noch weiter vermehrt werden können: „Mein Großvater Jesus […] fühlte sich daher getrieben, auch selbst etwas über Gesittung und Weisheit zu schreiben“. Im Buchbestand angeschlossenes Textgut findet sich nach diesem Prolog im „Gesetz“ und den „Propheten“, während die „übrigen Bücher“ eine so offene und so allgemeine Kategorie darstellen, dass sie weiter ausgebaut werden kann. Zum anderen ist aber auch erkennbar, dass dem „Gesetz“ eine hervorgehobene Autorität unter den biblischen Büchern zukommt, wie die mehrfache und hervorgehobene Redeweise von der Lebensführung nach dem Gesetz zeigt. Wie Chapman (2000) deutlich macht, stehen „Gesetz“ und „Propheten“ aber durchaus in enger Interaktion. Was sich vom Sirachprolog her nahelegt – interpretiert man die Begriffsfolge „Im Gesetz und in den Propheten sowie in den andern [Schriften]“ nicht vom späteren dreiteiligen Kanon her, sondern textimmanent –, lässt sich weiter durch Zeugnisse aus Qumran und dem Neuen Testament bestätigen. Um die Zeitenwende war der alttestamentliche Kanon im Wesentlichen offenbar zweigeteilt, wie der verweisende Sprachgebrauch „Mose und die Propheten“ o. ä. anzeigt: [Buch der Ordnung] der Einung, um zu fragen nach Gott [mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele], um zu tun das Gute und das Rechte vor ihm, wie Er es befohlen hat durch Mose und all seine Knechte, die Propheten: (1QS 1,1–2) Das ist die Niederschrift der Tora, [die er] befohlen hat durch Mose, um zu handeln gemäß allem, was offenbar ist für Zeit um Zeit, und wie es die Propheten offenbart haben durch seinen heiligen Geist. (1QS 8,15–16) Da blieb das Land verödet, denn sie hatten Befremdliches gesprochen gegen Gottes Gebote durch Mose und durch die Gesalbten der Heiligkeit, und sie prophezeiten Lüge, um Israel abzuwenden von Gott. (CD 5,21–6,2) Du ließest an uns haften [die Flüche deines Bundes], welche Mose aufgeschrieben hat und deine Knechte, die Propheten. (4QDibHam (4Q504) Frg. 2, 3,11–13)

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Lukas 16: 16 Das Gesetz und die Propheten reichen bis zu Johannes; von da an wird das Evangelium vom Reich Gottes verkündigt, und jeder drängt mit Gewalt hinein. … 29 Abraham aber sagt: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. … 31 Da sagte er zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht. Lukas 24: 27 Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften über ihn steht. Apostelgeschichte 26: 22 Da mir nun bis auf den heutigen Tag Hilfe von Gott zuteil geworden ist, stehe ich hier und lege Zeugnis ab vor Groß und Klein, indem ich nichts anderes sage, als was nach den Worten der Propheten und des Mose geschehen musste: Apostelgeschichte 28: 23 Nachdem sie mit ihm einen Tag vereinbart hatten, kamen sie in noch größerer Zahl zu ihm in seine Unterkunft. Er legte ihnen alles dar, indem er Zeugnis gab vom Reich Gottes und sie, ausgehend vom Gesetz des Mose und von den Propheten, von Jesus zu überzeugen suchte, vom frühen Morgen bis zum Abend.

Einzelne Belege nennen neben Mose und den Propheten auch explizit die Psalmen: … damit du Einblick gewinnst ins Buch des Mose [und] in die Büch[er der Pro]pheten und in Davi[ds Psalmen] … (4QMMTd [4Q397]) Lukas 24: 44 Dann sagte er zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch mit euch zusammen war: Alles muss erfüllt werden, was im Gesetz des Mose und bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht.

Doch aufgrund der Notiz in der Psalmenrolle 11QPsa 27,11 (vgl. Kleer 1996; Ulrich 2003a, 11–12; Leuenberger 2005; vgl. van Oorschot 2000, 45), die die Psalmen als „Prophetie“ Davids interpretiert, kann man vermuten, dass in 4QMMT und Lk 24,44 die Psalmen nicht additiv zu den Propheten hinzugezählt werden, sondern daraus hervorgehoben werden. Und alle diese sprach er [sc. David] durch Prophetie, die ihm von dem Höchsten gegeben worden war. (11QPsa 27,11)

Das Alte Testament scheint noch in neutestamentlicher Zeit vor allem als zweigeteilte Schriftgröße wahrgenommen worden zu sein (Barton 1986; Ulrich 2003b; van der Toorn 2007, 248). Die bekannte Dreiteilung ist noch nicht deutlich greif‌bar, wohl aber die Einheit der Bücher des Alten Testaments als „Gesetz und Propheten“, die als „Schrift“ galt.

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II. Die Schriftwerdung der alttestamentlichen Literatur im Rahmen ihrer Geschichte 1. Die biblische Präsentation Wie bei nahezu allen Topoi der alttestamentlichen Wissenschaft, so ist auch bei der Frage der Schriftwerdung (Steck 1992a; Hengel 1992/1994; Assmann 1999; VanderKam 2000; Ulrich 2003a; Schaper 2009; Bosshard-Nepustil 2015) zwischen der biblischen und der historischen Sicht der Dinge zu unterscheiden. Dass es diesen Unterschied gibt, hat seinen Grund vor allem darin, dass das Alte Testament nicht historisch-kritisch, sondern resultativ-historisch denkt, geschichtliche Prozesse also in aller Regel mit ihren gegenwärtigen Auswirkungen geradewegs zusammensieht. Das Vergangenheitsinteresse ist im Alten Testament funktional mythisch strukturiert, indem seine Erzählungen oft dadurch gekennzeichnet sind, dass sie Wesensfragen als Ursprungsfragen abhandeln. Das gilt auch für die Selbstpräsentation des Alten Testaments als Heiliger Schrift. In der Bibel ist die Heilige Schrift zwar nicht präexistent oder eine Schöpfungsgegebenheit, aber sie taucht gleichwohl schon vergleichsweise früh im Handlungsfaden des Alten Testaments auf: Sie entsteht sukzessive vom Buch Exodus an (vgl. Ex 17,14; 24,4; 34,27–28; Num 33,2; Dtn 31,9). Das Alte Testament weiß so immerhin, dass Israel nicht von Anfang an eine Schriftreligion gehabt hat. Das Gesetz wurde erst unter Mose gegeben und aufgeschrieben, die Erzväter der Genesis kannten es noch nicht. Allerdings wurde das mosaische Gesetz nach alttestamentlicher Darstellung alsbald vergessen und kam erst unter der Regentschaft Josias bei Bauarbeiten im Tempel wieder zum Vorschein (2Kön 22–23). Durch die Katastrophe Judas und Jerusalems geriet es wiederum in Vergessenheit und wurde erst unter Esra wieder in Juda eingeführt. Man könnte es auch kurz so sagen: Mose gab Israel die jüdische Schriftreligion, die sich aber erst unter Esra durchsetzte (vgl. Gertz 2002). 2. Religiöse Texte – Normative Texte – Heilige Schrift – Kanon Dies ist in knappster Form die alttestamentliche Sicht. Davon unterscheiden sich die historischen Rekonstruktionen der alttestamentlichen Wissenschaft erheblich. Sie zeigen, dass sich die Religion des antiken Israel erst nach und nach zu einer „Schriftreligion“ entwickelte, wenn man für einen Moment diese forschungsgeschichtlich belastete Kategorie benutzen will (Rüpke 2005). Die Funktion von Texten während der altisraelitischen Religionsgeschichte war sehr unterschiedlich. Idealtypisch lässt sich zwischen religiösen Texten, normativen Texten, Heiliger Schrift und einem regelrechten Kanon unterscheiden

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(vgl. auch Ulrich 1992, 269–276; Lange 2004, 57–58; zur Kanonbegriff‌lichkeit Lim 2017). Diese unterschiedlichen Funktionen von Texten scheinen sich zwar zum einen sukzessive in einer Folge zu entwickeln, sie existieren aber zum anderen durchaus auch gleichzeitig nebeneinander. Ein gewisser Zug zu einem Kanon hin ist dieser Entwicklung insofern inhärent, als die Texte der nachmaligen Bibel wohl ausnahmslos nicht nur im Curriculum der Schreiberausbildung verwendet worden sind, sondern auch in der Jerusalemer Tempelbibliothek auf‌lagen. Beide Elemente erklären nicht die Entstehung des Kanons, aber sie bilden einflussnehmende Faktoren: Sowohl die Verwendung eines Textes in einem Curriculum als auch seine Aufnahme in einer Tempelbibliothek zeigen einerseits seine Dignität an und erhöhen sie andererseits zugleich. (van der Toorn 2007, 233–267)

Unter einem religiösen Text ist ein Text zu verstehen, der regulärer Bestandteil des Kults ist und ganz in diesen eingestellt ist. Ein Beispiel im Alten Testament findet sich etwa in Ps 24,7–10. Dieser Psalm lässt noch deutlich seine Verwurzelung im Kult erkennen. Offenbar beschreibt er eine Prozession – den Einzug Gottes in sein Heiligtum –, die von einem kultischen Wechselgesang begleitet wird. Psalm 24 hat seine ursprüngliche Funktion innerhalb der Kultreligion und ordnet sich dieser ein – im Grunde genommen einem Kultgerät vergleichbar. Ein normativer Text nimmt dem Kult gegenüber bereits eine kritische und bestimmende Funktion ein. Hier dürf‌ten die ersten, entscheidenden Anfänge der Transformation zur Schriftreligion hin zu sehen sein (Crüsemann 1987). Ein alttestamentliches Beispiel für einen normativen Text wäre etwa das Deuteronomium in der Rezeption der Buchfindungslegende in 2. Könige 22–23: Bei Bauarbeiten im Tempel wird ein Buch gefunden, das der Hohepriester Hilkija via den Schreiber Schafan an den König Josia übermitteln lässt (2Kön 22,8–13). Es ist an dieser Stelle nebensächlich, ob diese Erzählung einen historischen Hintergrund hat oder nicht (vgl. Schmid 2006b, 42 Anm. 90; Keel 2007, 545–555). Entscheidend ist, dass sie dem gefundenen Buch – in der Perspektive der Erzählung ein Rückverweis auf das Deuteronomium – einen normativen Stellenwert zubilligt. Entsprechend dem erzählerischen Ablauf von 2. Könige 22–23 löst dieses Buch die Kultreform Josias aus und bestimmt sie inhaltlich. Die Auf‌findungslegende zeigt an, dass dieses Buch für sich einen besonderen Ursprung reklamiert (Speyer 1970). Sein Alter, seine Autorschaft und seine Herkunft werden damit verschleiert – natürlich ganz im Interesse, es zu sakralisieren, damit es über die nötige Autorität verfügt, sich über den Kult zu erheben. Das mit dem aufgefundenen Buch gemeinte Deuteronomium gehört in seinem Grundbestand wahrscheinlich in das 7. Jahrhundert v. Chr. (siehe oben S. 138– 142). Die Buchauf‌findungslegende von 2. Könige 22–23, die natürlich mit der mosaischen Herkunft des Buches rechnet, ist in historischer Perspektive kaum etwas anderes als die Legitimierung eines zeitgenössischen Textes als autoritativer Urkunde. Allerdings kann man im 7. Jahrhundert v. Chr. noch keineswegs

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von einer „Schriftreligion“ im antiken Israel sprechen, sondern allenfalls von Ansätzen dazu. Das Deuteronomium ist eine Urkunde, die den Kult nicht ersetzen, sondern reformieren, nämlich monopolisieren und zentralisieren will. Immerhin aber wird hier erstmals eine Institution, nämlich der zentralisierte Kult, textlich autorisiert, während zuvor Texte durch Institutionen autorisiert wurden (Carr 1996a, 30 mit Anm. 24; vgl. Crüsemann 1987; Assmann 1999). Gleichwohl: Israel bleibt weitgehend eine „Kultreligion“ und mutiert noch keineswegs zur „Schriftreligion“ (zu den Kategorien vgl. Rüpke 2005). Das gilt weitgehend auch für die gesamte Zeit des Zweiten Tempels (also von 515 v. Chr. bis 70 n. Chr.), die zwar zu Recht als die Zeit der wesentlichen Formation der biblischen Bücher gilt, aber gleichzeitig auch die wichtigste Epoche innerhalb der Geschichte Israels für den Opferkult darstellt: Die täglichen Opferhandlungen standen ganz im Zentrum der religiösen Vollzüge. Welche Funktion den damals vorliegenden, sich literarisch aber immer noch weiter entwickelnden Schriften des Alten Testaments zukam, ist nur schwer zu sagen. Zieht man die literatursoziologischen Rahmenbedingungen in Betracht, die einigermaßen rekonstruiert werden können, so muss man wahrscheinlich urteilen, dass die alttestamentlichen Schriften hauptsächlich von denjenigen gelesen wurden, die sie auch geschrieben haben, und vermutlich bis in die hellenistische Zeit hinein in kaum mehr als einem Exemplar umliefen. Die alttestamentlichen Schriften dienten also wahrscheinlich in biblischer Zeit zur Selbstvergewisserung jenes professionellen Milieus am Jerusalemer Tempel, das im Wesentlichen für die Produktion und Pflege der alttestamentlichen Literatur verantwortlich war. Von der Übersichtlichkeit dieses Milieus auf seine sachliche Homogenität zu schließen, wäre aber abwegig. Dagegen steht die innere Diversität der Bibel, die sich über weite Strecken hin diesem Milieu verdankt (siehe oben S. 49–61). Das Konzept einer Heiligen Schrift findet sich im Alten Testament nur an vergleichsweise wenigen, späten Stellen. Dass etwa der Tora selbst eine Form kultischer Verehrung zukommen kann und soll, zeigt sich deutlich in Neh 8,5–8, einem Text, dessen Darstellung aufgrund ihrer Nähe zum Synagogengottesdienst kaum früher als in das 3. oder 2. Jahrhundert v. Chr. zu datieren sein dürf‌te (Gunneweg 1987, 112). Nehemia 8: 5 Und Esra öffnete das Buch vor den Augen des ganzen Volks – denn er stand höher als das ganze Volk. Und als er es öffnete, erhob sich das ganze Volk. 6 Und Esra pries JHWH, den großen Gott. Und das ganze Volk antwortete mit erhobenen Händen: Amen! Amen! Und sie verneigten sich, und mit dem Angesicht zur Erde warfen sie sich nieder vor JHWH. 7 Und Jeschua und Bani und Scherebja, Jamin, Akkub, Schabbetai, Hodija, Maaseja, Kelita, Asarja, Josabad, Hanan, Pelaja und die Leviten unterrichteten das Volk in der Weisung, während das Volk an seinem Platz blieb. 8 Und sie lasen vor aus dem Buch, aus der Weisung Gottes, wobei Abschnitt für Abschnitt erklärt wurde, und sie leiteten zum Verstehen an, und man verstand, was vorgelesen wurde.

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Erst mit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer 70 n. Chr. fand der tägliche Opferkult sein ebenso abruptes wie gewaltsames Ende, und erst nach 70 n. Chr. kann man davon sprechen, dass sich das Judentum, nunmehr von der pharisäischrabbinischen Richtung elementar geprägt, zu einer Schriftreligion transformiert hat. Dieser Prozess war vorbereitet durch ganz unterschiedliche Elemente, wie etwa durch die Makkabäerkrise, das Auf‌kommen der Synagoge, die Stilisierung des Psalters zu einem literarischen Heiligtum und anderes mehr (Zenger 2010), doch erst nach 70 n. Chr. tritt das Schriftstudium, zumindest funktional gesehen, an die Stelle des Tempelkults: Wo man Tora lernt, braucht man keinen Tempel (Schreiner 1999). Erst von dieser Zeit an sollte man von einem alttestamentlichen Kanon sprechen (Barton 1986, 57). Vor 70 n. Chr. gab es ein Ensemble autoritativer Schriften, das unter der Sammelbezeichnung „Das Gesetz und die Propheten“ oder „Mose und die Propheten“ (jeweils mit Variationen, vgl. oben S. 281–283) lief, aber es gab noch keinen Kanon im Sinne einer abgeschlossenen Liste verbindlicher Schriften, die in ihrem textlichen Bestand gesichert und in drei Teile Tora, Neviʾim, Ketuvim (also: Gesetz, Propheten, Schriften) geordnet gewesen wäre. Vermutlich wird man auch gruppenspezifische Differenzierungen in Anschlag bringen müssen (Carr 1996a; vgl. aber Lange 2004, 60–62). Das Auf‌kommen der Schriftreligion ist also – historisch gesehen – ein Prozess, der das literarische Werden der alttestamentlichen Schriften insgesamt begleitet und der erst nach deren literarischem Abschluss sich vollends in der Ausbildung eines Kanons manifestiert. Dieses prozesshafte Auf‌kommen der Schriftreligion steht nun in einem gewissen, allerdings keineswegs restlos komplementären Verhältnis zum ebenfalls prozesshaften Verschwinden traditioneller „kultreligiöser“ Bestände, die jedenfalls teilweise nach und nach in die Schrift integriert und von ihr übernommen werden (van der Toorn 1997). Beide Prozesse sind katalysiert durch die beiden Tempelzerstörungen 587 v. Chr. und 70 n. Chr. (Hahn 2002). Die erste verhalf der Schriftprophetie als deren historischer Generalbewahrheitung zum Durchbruch, die zweite führte – ausgehend vom Psalter – zur Ausbildung des nun dritten Kanonteils „Schriften“ als dem nachkultischen, hermeneutischen Komplement von Gesetz und Propheten (Trebolle Barrera 2002). Möglicherweise dienten die „Schriften“ auch der Etablierung eines literarischen jüdischen Gegenkanons zur hellenistisch-römischen Kultur (Lang 1997; de Pury 2003; vgl. Steinberg 2005). 3. L  iteratur- und Kanongeschichte des Alten Testaments Wie verhalten sich nun also Literatur- und Kanongeschichte des Alten Testaments zueinander? Sie sind eng aufeinander bezogen (vgl. Sæbø 1988, 118–119), aber nicht deckungsgleich, was nur schon daraus erkennbar ist, dass der Abschluss

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der alttestamentlichen Literatur und der nachalttestamentliche Abschluss ihres Kanons zwei historisch unterschiedlich anzusetzende Prozesse sind. Die Kanongeschichte befragt die Literaturgeschichte gewissermaßen auf das Element der wachsenden Normativität und Theologisierung sowie des „Zusammen-Denkens“ (Sæbø 1988) ihres Gegenstands, der Literatur des Alten Testaments, hin. Die Literaturgeschichte des Alten Testaments wäre also von dieser Perspektive her zu reformulieren und um ihren nachalttestamentlichen kanonischen Abschluss zu ergänzen. Dieses Projekt soll hier nicht in dieser besonderen Akzentuierung noch einmal durchgeführt werden (vgl. van Oorschot 2000), doch einige Hinweise mögen die Fragestellung einer Kanongeschichte des Alten Testaments noch etwas weiter konkretisieren. Die spezielle Nähe von Literatur- und Kanongeschichte im Falle des Alten Testaments hat ihren inneren Grund darin, dass die alttestamentliche Literatur über einen diskursiven inneren Zusammenhang verfügt, und zwar in ihrer Eigenschaft als religiöse und theologische – oder zumindest religiös und theologisch verwendete – Hinterlassenschaft des antiken Israel (Janowski 2004). Zwar ist das Alte Testament eine Bibliothek, aber es ist eben auch eine – nicht nur aus dem Nachhinein seiner kanonischen Einheit – als zusammenhängend charakterisierbare Größe, nämlich kraft seiner auf innerbiblischer Exegese fußenden Kohärenz. Der Vorgang innerbiblischer Exegese im Alten Testament hat seinerseits einige Implikationen. Gedanklich beruht er auf der Vorstellung, dass religiöse oder theologische Aussagen über Gott, wie sie in der alttestamentlichen Literatur gemacht werden, untereinander vermittelt werden können und müssen. Gott wird – im Spiegel der Erfahrungen mit ihm – als selbstidentische Größe konstruiert. Dies geschieht nicht (mit Blick auf die nachalttestamentliche Geschichte muss man sagen: noch nicht) im Sinne eines philosophischen Prinzips, sondern eher nach Maßgabe altorientalischer Königsvorstellungen. Gott ist der Souverän, der – ob er gnädig oder hart, gerecht oder willkürlich erscheinen mag – als bestimmende Macht beschrieben wird. Erfahrungen mit ihm werden im Alten Testament diskursiv miteinander in Beziehung gesetzt, so dass ein komplexes Bild möglicher und aktueller Wirkweisen Gottes entsteht. Nun ist allerdings diese Grundvorstellung der innerbiblischen Diskursivität des Alten Testaments historisch zu differenzieren. Die alttestamentliche Literaturgeschichte gibt noch deutlich zu erkennen, dass am Anfang nahezu aller Überlieferungsbereiche eher disparate literarische Einheiten gestanden haben, und eben nicht zusammenhängende und untereinander sachlich korrelierte. So lassen sich in der Genesis ehedem selbständige Erzählungen und Erzählkomplexe rekonstruieren. Die Textgrundlage von Leviticus bilden Ritualvorschriften, die nicht von allem Anfang an für den literarischen Zusammenhang, in dem sie jetzt stehen, konstruiert worden sind. In Josua, Richter, Samuel und Könige finden sich Überlieferungen, die ursprünglich auf sich gestanden haben mögen. In den Prophetenbüchern sind vielleicht zwar nicht die „kleinen Einheiten“ – literarisch

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gesehen – die Überlieferungskerne, doch gehen sie in vielen Fällen auf Sammlungen zurück, die zunächst mehr mit dem namengebenden Propheten als der weiteren alttestamentlichen Literatur zu tun haben. Die Psalmen enthalten Hymnen und Gebete, die ebenfalls eine gewisse Eigenständigkeit gehabt haben, bevor sie in den literarischen Zusammenhang des Psalters eingebunden worden sind. Und die Weisheitsliteratur geht ebenfalls oft auf ältere Sammlungen zurück, deren Anordnung endogen motiviert gewesen sein mag. Wann hat der Vorgang des kanonischen „Zusammen-Denkens“ dann aber begonnen? Aus der alttestamentlichen Überlieferung lässt sich erkennen, dass dies sehr früh der Fall gewesen sein muss, wenn auch die literarischen Horizonte anfänglich noch beschränkt gewesen sein mögen. Vielleicht am deutlichsten lässt sich dies anhand der prophetischen Bücher erkennen: Schon das Amosbuch ist in seinen allerersten literarischen Anfängen auf das Hoseabuch abgestimmt worden (Jeremias 1995; 1996), und das Jesajabuch ist seinerseits von vornherein maßgeblich von der Amosüberlieferung beeinflusst worden (Blum 1996; 1997). Möglicherweise hat die prophetische Überlieferung in besonderer Weise den Anspruch mit sich gebracht, das durch die Propheten verkündigte Gotteswort nicht einfach als fragmentierte Einzelbotschaften aufzufassen, sondern als vielgestaltiges und differenziertes, aber doch kohärentes Ganzes. Dass sich auch in der erzählenden Überlieferung, namentlich der Erzelterngeschichte der Genesis, Vergleichbares feststellen lässt, muss aufgrund des wichtigen kompositionellen Elements der Verheißungen (Blum 1984) nicht erstaunen: Auch sie sind als Gotteswort gestaltet und von daher auf innere Konsistenz ausgerichtet. Ein besonderes Inzentiv dürf‌te weiterhin in der Konzipierung des Rechts als Gottesrechts in den Redaktionen des Bundesbuches und im Deuteronomium zu sehen sein: Mit der Vorstellung eines göttlichen Legislators und einem von Gott selbst abstammenden Rechtskorpus war – bei aller deskriptiven Ausrichtung des Rechts – die Vorstellung eines kodifizierten Gotteswillens gegeben, der dann vor allem mit der Formierung der Tora zum sachlich bestimmenden und normativen Hauptstück der alttestamentlichen Überlieferung avancierte. Bemerkenswert ist für die Anfänge die von der Sozialkritik der prophetischen Überlieferung her inspirierte Ausgestaltung bestimmter Rechtssätze des Bundesbuches: An dieser Stelle wird bereits für eine vergleichsweise frühe Epoche der Literaturgeschichte eine verschiedene Überlieferungsbereiche übergreifende Perspektive sichtbar: Das Gottesrecht des Bundesbuches wurzelt in der prophetischen Verkündigung des Gotteswillens. Das Deuteronomium, verstanden als subversiv gewendeter „Treueeid“, kann – mit seiner Erhebung Gottes zum funktionalen Äquivalent des assyrischen Großkönigs und den damit verbundenen Loyalitätsansprüchen für Israel – durchaus als wesentlicher Kern von normativer Literatur als solcher im Alten Testament gesehen werden (vgl. Crüsemann 1987). Eine Bestätigung dafür liefert auf seine Weise der Befund „deuteronomistisch“ überarbeiteter Bücher im Alten Testament, an denen erkennbar wird, wie ein normativer Text wie das Deu-

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terononomium auf erzählende Überlieferung ausstrahlen kann. Dieses Modell ist dann gewissermaßen in der späteren Ausstrahlung der Tora auf die übrigen Teile des Alten Testaments repetiert worden. Allerdings ist zu beachten, dass die vor allem wirkungsgeschichtlich feststellbare Priorität der Tora vor der Überlieferung außerhalb der Tora – namentlich der Propheten – inneralttestamentlich noch nicht in dieser Konsequenz gegeben ist (vgl. Chapman 2000). Texte wie Jer 30,18 oder Jes 56,1–8 können sich mit prophetischer Autorität gegen Toraaussagen wie Dtn 13,17 oder Dtn 23,2–4.8 wenden und diese „abrogieren“. Offenbar ist die Autorität der späteren Kanonteile Tora und Propheten noch dynamisch gesehen und ihr schriftgelehrtes „ZusammenDenken“ ist kein in nur einer Richtung verlaufender Prozess. Das für die nachalttestamentliche Kanongeschichte zentrale Element der Unveränderbarkeit des Buchstabens spielt innerhalb des Alten Testaments noch eine sehr untergeordnete Rolle. Geistige Voraussetzung für diese Vorstellung ist die prophetische Inspiration der biblischen Autoren, wie sie bei Flavius Josephus und Philo von Alexandrien formuliert wird. Dadurch wird die biblische Literatur aus dem Bereich der geschichtlichen Welt ausgegrenzt, in den sie im Grunde genommen erst wieder durch die historische Kritik zurückgeholt worden ist.

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Abbildungsnachweis Abb. 1 Der Gezer-Kalender: akg / Bible Land Pictures Abb. 2 Krugscherbe: Eilat Mazar, David Ben-Shlomo und Shmuel Aḥituv: An Inscribed Pithos from the Ophel, Jerusalem, IEJ 63 (2013) 39–49, 41 Abb. 3 Baal-Inschrift: P. Kyle McCarter, Shlomo Bunimovitz, Zvi Lederman: “An Archaic Baʾal Inscription from Tel Beth-Shemesh”, Tel Aviv 38 (2011), 179–193, 181 Abb. 4 Ostrakon: Yosef Garfinkel: Khirbet Qeiyafa in the Shephelah: Data and Interpretations, in: Silvia Schroer / Stefan Münger (Hg.), Khirbet Qeiyafa in the ­Shephelah. Papers Presented at a Colloquium of the Swiss Society for Ancient Near Eastern Studies Held at the University of Bern, September 6, 2014, OBO 282, Fribourg/Göttingen 2017, 5–59, 39 (Zeichnung von Ada Yardeni) Abb. 5 Abecedarium aus Tel Zayit: Wikipedia/Public Domain. Zeitah Excavations and Israel Antiquities Abb. 6 Bileam-Inschrift: Helga und Manfred Weippert: Die „Bileam“-Inschrift von Tell Dēr ʿAllā, ZDPV 98 (1982), 77–103, 80 Abb. 7 Mescha-Stele: akg-images / Bible Land Pictures / Z. Radovan / www.BibleLandPictures Abb. 8 Siloah-Inschrift: akg-images / Erich Lessing Abb. 9 Amarnabrief: akg / Bible Land Pictures Abb. 10 Gilgamesch-Epos: akg-images / Erich Lessing Abb. 11 Kyroszylinder: akg-images / Album / Prisma Der Verlag hat sich bemüht, die Abdruckrechte der Bilder zu klären. Sollte dies nicht in allen Fällen gelungen sein, bitten wir um Nachsicht. Die Abdruckrechte werden selbstverständlich zu den üblichen Konditionen nachträglich vergütet.

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Register

Bibelstellenregister Genesis 1,1 194, 259 1,2 149 1,28 192 1,31–2,3 191 2,1 192 2,4b–3,24 200–204 4 200–204 4,16 202 5 253 5,3–32 276 6,5–8,19 200–204 6,13 192 8,20–22 201 9,8–17 255 9,9.11 192 9,13 192 11 253 11,1–2 202 11,1–9 200–204 11,10–26 276 12,1–3 164 12,7 228 12,10–20 207 13 121–122 13,14–17 164 14,18 230 15 206–207 15,13–16 207 17,6–7 224 17,6.16 194–195 17,7 193, 195 17,9–14 195 17,19.21 192

18–19 121–122 18,1–15 163 18,10–15 121 22,2 230 24,11–31 207 27,29.39–40 91 28,13–15 164 32,23–32 207 35,11 194–195 37–50 160–162 46,2–4 164 47,28 276 50,24 228 50,25 63 Exodus 1,6–8 115, 160 2,1–10 69, 115–116 2,10 119 2,15–21 207 3–4 206–207 3,1–4,18 117 4,24–26 207 6,2–3 194 6,4.6–7 224 12,12 195 12,40–41 276 13,11 230 13,19 63 14 178 15,1–18 117 15,21 117–118 16,1–12 183, 225 17,8–16 252

17,14 284 19–24 165–167 20,2–17 181 20,22–23,33 134–137 20,23 137 20,24 138 21,2 137 21,2.5–6 138 21,6 140 21,12–14 140 22,4–5 135 22,6–8 135 22,20–23 136 22,24–26 137 23,31–33 137 24,4 284 24,7 134 25–40 192 25,8 195 29,45–46 195, 224 32–34 165–167 32,4 157–158 32,13 228 32,30–31 158 33,1 228 34,27–28 284 39,32.43 192 40,33 192 Leviticus 17–26 223–224 26,3.9.11–13 224 26,34–35 275 27,34 225

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340 Numeri 1,1 225 14,1–29 183, 225 21,14 29 22–24 54, 250–251 32,11 228 33,2 284 Deuteronomium 4,5–6 240 5,6–7 177 5,6–21 181 5,7 180 6,4 141, 149, 180 6,4–9 239 6,5 180 6,5–8 240 7,1–6 226 11,29 231 11,29.30 230 12–26 181–182 12,13–14 138 12,15 140 13,17 290 15,12–13.16–18 138 15,17 140 17,18 58–59, 138 18,15 227 19,1–13 140 23,2–4 215, 290 23,8 290 25,17–19 252 26,5–9 162 27,2–7 230 27,4–5 231 27,13 231 28,15–68 193 30,1–2.7–10 222 30,6 189, 204 31,9 284 34,4 228 34,10–12 227–228, 273 Josua 1,7–8 227, 273 1,13 273 10,13 29 18,1 192 19,51 192 24 206–207 24,32 63

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Register Richter 2,11–12 221 3–9 113–114 11,29–40 251 1. Samuel 1,1 106 4–6 156 4,22 156 5,3–4 156 7,3 221 9,9 63 12,14–15 221 15 252 17 94–95 27 95 2. Samuel 1,18 29 7,1–17 157 7,12.16–17 248 21,19 94–95 23,13–17 251 1. Könige 3–10 104 6–8 69 6,1 276 8,12–13 86 8,21 249 8,30.38–39.44–45 148 8,46–53 221 8,53a (LXX) 29, 86 9,15 80 11,41 29 12,28 157–158 14,19 29 14,29 29 15,1.3 110 15,11.14 110 15,25–26 108 15,33–34 108 16,8.12–13 108 16,18–19 108 16,25–26 108 16,29–31 108 17–19 92 19,8 166 22,28 124 22,41.43–44 111 22,52–53 109

2. Könige 2,11–12 263 3,1–3 109 3,4 55 8,16.18–19 111 8,25.27 111 10,28–29.31 109 12,3–4 111 13,1–2 109 13,10–11 109 14,1.3–4 111 14,23–24 109 15,1.3–4 111 15,8–9 109 15,13.15 109 15,17–18 109 15,20 98 15,23–24 110 15,27–28 110 15,32.34–35 111 16,1.3–4 111 17,1–2 110 17,5–23 229 17,7–8 159 17,9–20 148 17,13 221 17,21 158 17,21–23 158–159 17,24–41 229–230 18–20 154–155 18,1.3–6 111–112 18,13–16 98 19,36–37 154–155 21,1–3.19–22 112 21,1–18 249 22–23 284, 285 22,1–2 112 23 99–100 23,25 221 23,32.37 156 24–25 155–157 24,6 170 24,14 143, 218 25 208 25,8–9.11–12 144 25,27–30 157, 206 Jesaja 1–11 130 1–39 128–133, 256, 257, 258, 262

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Register Jesaja (Fortsetzung) 1–62 256 1,1 262 1,2–9.10–15 208 1,21–26 129 1,27–28 130 5,25 131 6–8 128–129 7,14 133 8,1–8 128–129 8,23–9,6 132–133 9,1 215 9,5 133 9,7–9 131 9,12 131 10,5 149 11,1–5 240, 261 11,11–16 257 13 262 14,24–27 132 16,13–14 39 24,4–6 256 25,8 268 26,19 268 26,20–21 256 27,12–13 257 34,1–6 253 34,2–4 258 35 63 36–39 154–155, 262 36,1 99 40–55 164, 173–180, 213–215, 256, 257, 258 40–66 262 40,1–2 261 40,1–5 174 40,2 152 40,3 214 40,3–4 212 41,8–10 179 42,5–7 213–214 43,12 174 43,16–21 178, 258 45,1 175, 205 45,1–2 173 45,3.4 205 45,5 149 45,6–7 177 45,21 174 48,3.5 174 51,1–11 257

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52,7 212 52,7–10 175 56–59 187, 215, 216 56–66 214–216, 256 56,1–7 215 56,1–8 290 57,14 215 60–62 215, 258 60,1–3.11–12 215 60,7.9.13 209 62,10–12 257 63–66 216 63,7–64,11 258 65,13.17 259 65,17 244 66,1 259 66,18–24 262 Jeremia 1,11–14 218 3,1–4,2 222 4–10 147, 167, 169–170 4,13–15.29–30 167 6,22–24 147 6,22–26 169 8,18–22 171 13 170 16 170 18–19 170 21–23 170 22,18–19 170, 223 22,24.30 210 23,1–6 76–77 23,5–6 260 23,7–8 220 24,1–10 217–218 24,3 218 25,9 216 25,11.12 216 25,12 143 25,27–31 254 26,18 124 27–28 170 27,6.8 216 29,10 143, 217, 260 29,14 220 29,16 220 29,17 218 30,18 290 31,33 204 32 170

341 32,37 220 32,39 204 32,40 189 33,14–16 260 33,14–26 259 36,32 38 41,5 150 43,10 216 45,4–5 254 46–49 169–170 47 146 49,7–22 64–65 50–51 146 50,41–43 147 52,28–30 144 Ezechiel 7,2–3 193 8–11 172 11,13–21 219 11,23 172 17,11–16 168 28,17 203 33,22–29 219 33,24 122 36,26 189, 204 37,1–14 268 39,25–29 220–221 40–48 172–173, 192 Hosea 1–3 125 1,1 262 4–9 124–125 4,15 125 5,5 125 Joel 2 262 4,12–16 255 Amos 1,1 126 2,6–8 136–137 2,13 126 3,1 63, 127 5,1 63, 127 7,9.16 120 8,2 193 9,1 126

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342 Obadja 1–6.8 65 Micha 1,2 124 3,12 124 7,12–13 255 Habakuk 2,2 64 Zephanja 3,8 255 Haggai 2,2 185 2,21–23 157 2,21.23 211 Sacharja 1,3 222, 263 1,8–15 211 2,1–4 211 2,5–9 211 4,1–6.10–14 211 4,6–10 212 5,1–4 211 5,5–11 211 6,1–8 211 9,1 263 9,1–10 261 9,13 261 11,13 261 12,1 263 14,16–21 262 14,20–21 261 Maleachi 1,1 263 3,1 263 3,7 222, 263 3,22 273 3,22–24 227, 263 Psalm 1 268, 269 1,2 64 2,1–2 245 3–7 153–154 3,9 154 8 153–154

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Register 8,5–6 199 9–14 153–154 14,7 154 18,51 245 20 197 20,7 245 24 102 24,7 285 24,7–10 103 28,8–9 245 29 84, 103 41,14 269 45 84 46 102 48 102 48,2–7.9.13–15 168–169 49,16 244 60 104 68 84, 103 72 103 72,8 261 72,17 164 72,18–19 269 73,23–28 244 84,9–10 245 89,51–52 245 89,53 269 90 152–153 93 102 106,48 269 110 271 119 269 137,1 85 137,9 199 139,8–10 199 145 197, 205 145,1.13.15–16 196 146 205 146,5–10 197 147 205 147,7–9 197 149 268 149,5–9 270 150,6 269 Hiob 1,17 199 4–5 242 7,17–18 199 16,12 199 23,9–10 199

28 241–242 32–37 241–242 42,7 198–199 Proverbien 1–9 69, 237–241 1,7 237 1,20–23 240 3,13–18 238–239 3,16–18 243 6,20–22 239 8,15–16 241 8,22–31 238 8,32–33.35 238 9,10 237 9,17 238 10,1–5 88 16,1.9 243 19,21 243 20,24 243 21,2.30 243 22,17–24,22 105 24,21–22 243 25,1 104 Ruth 4,18–22 196 Kohelet 1,9–11 244 2,13–16 243 3,11–13 242–243 3,19 244 3,19–22 268 9,1 244 Threni 1,1–2.5–8 152 1,10 216 5,1–3.8–13.16–22 151 Daniel 1–6 204–206 2 263–264, 274 2,47 204 3,28–29 205 3,31–33 205 4,34 205 6,26–29 205 7 263–264, 274 8–12 274–275

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Register Daniel (Fortsetzung) 9,2 275 9,24–27 275 9,26–27 204 9,27 266 11,31 266 11,34 268 11,45 274 12,2–3 268 12,11 266 Esra 2,1–67 186 4,1–5 230 5,1 210 5,11–16 214 5,14–16 185 6,14 209 7,7 187 7,27 209 9,9 187 Nehemia 1,1 187 2,1 187

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2,11–15 186–187 5 187 7,6–69 186 8,5–8 286 1. Chronik 3,16–19 185 17,11.14–15 248 2. Chronik 6,11 249 26,14 247 33,11–13 99, 249–250 33,15–16 249–250 36,11–14 250 36,17.20–21 144 36,21 275 36,23 32 1. Makkabäer 1,41–51 266 1,54–59 266–267 2. Makkabäer 2,13–15 60

343 4,14 265–266 6,1–9 266 Jesus Sirach Prolog 281–282 1,1.8 239 10,8.14–17 271 24 240 24,1–8.19–23 272 36 268 36,1–5 271 46,11–12 272–273 49,10 262 50,27–29 39 Baruch 3 240 Lukas 16,16.29.31 283 24,27.44 283 Apostelgeschichte 26,22 283 28,23 283

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344

Register

Sach- und Namenregister Abdi-Ḥepa 58 Abecedarium aus Tel Zayit 53 Abb. Abraham (Erzvater) 120–121 Abraham-Lot-Zyklus 120–122 Adapa-Mythos 68 Ägypten, politischer Einfluss 79 Ahura Mazda 214 Akrosticha 150 Aktualisierungen siehe innerbiblische Schriftauslegung Albertz, Rainer 134, 183–184 Alexander der Große 233, 251, 261 Alexandria, Diasporagemeinde 233, 252 Alphabetschrift 48 siehe auch Schrift (Zeichensystem) Alt, Albrecht 134, 140, 163, 180 Altes Testament Anordnung der Bücher 32–33 als Teil der altisraelitischen Literatur 28–30 althebräische Schrift 48 alttestamentliche Literatur Anfänge 81–82 Auslegungsliteratur 46 Traditionsliteratur 38–39, 78 Überlieferungsbereiche 73–74 Verbreitung 58–60 alttestamentliche Literaturgeschichte und alttestamentliche Wissenschaft 37–38 Periodisierung 67–68 alttestamentliche Wissenschaft, neuere Forschungstendenzen 42–46 Amarna 68 Amarnakorrespondenz 57 Abb., 58, 80 Amenemope 105 Amos (Buch) 34, 124, 126–128, 262 Amosüberlieferung 101 Annalen Sanheribs 98, 154 annalistische Überlieferungen 90, 92, 92–93 Anordnung der biblischen Bücher 31–35 Anspielungen siehe innerbiblische Schriftauslegung anthropologische Denkformen 189–190 Antiochus III. der Große 265, 270, 274 Antiochus IV. Epiphanes 266, 274 Antiquitates Judaicae (Josephus) 233, 265 Anubis und Bata siehe Zweibrüdermärchen apodiktische Rechtssätze 134, 180 Apokalyptik 245–246

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Apokryphen 281 siehe auch deuterokanonische Bücher Arad, Ostraka 61 Aramäisch 47 Archäologie, Bedeutung für Literaturgeschichte 41 Arrianus, Lucius Flavius 251 Artaxerxes I. 187 Asafpsalmen 197 Asarhaddon 123 Aschera (Göttin) 82, 213 siehe auch „Jhwh und seine Aschera“ Assurbanipal 99, 123 Assyrer, und Deportationen 229 Assyrerzeit erzählende Überlieferungen 105–122 Historisches 97–100 Kult und Weisheit 102–105 Literaturproduktion 97–142 prophetische Überlieferungen 122–133 Rechtsüberlieferungen 134–142 Theologiegeschichtliches 100–101 assyrische Annalistik 93 assyrische Vertragstheologie 140, 141 Atramḫasis-Epos 68, 200 Auferstehungshoffnungen 268 Auf‌findungslegende 285 Aufstiegsgeschichte Davids 93 Auslegung siehe innerbiblische Schriftauslegung Autoren als Autorität 39 und Redaktoren 62–63 Baal-Inschrift 52 Abb., 53 Babylonische Theodizee 66–67, 200 babylonische Zeit erzählende Überlieferungen 154–167 Historisches 143–145 Kult und Weisheit 150–154 Literaturproduktion 143–182 prophetische Überlieferungen 167–180 Rechtsüberlieferungen 180–182 Theologiegeschichtliches 145–150 babylonischer Talmud 32 Barth, Hermann 132 Baruch (Buch) 34, 276 Behistun-Inschrift 68, 185 Bellum Judaicum (Josephus) 233

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Register Ben Sira (Buch) siehe Jesus Sirach (Buch) Benjamin (Gebiet) 84 Bethel 84, 90 siehe auch Nordreichsheiligtümer Beurteilung der Könige 155–157 Bewer, Julius A. 22 Beya 119 Bibel als Heilige Schrift 27 Originalität 69 siehe auch Anordnung der biblischen Bücher; biblische Bücher; Hebräische Bibel; Heilige Schrift Bibliotheken im Alten Orient 60 biblische Bücher Anordnung 31–35 Verbreitung 58–60 „Biblische Enzyklopädie“ (Reihe) 25–26 biblisches Hebräisch 47–48, 71–73, 162 Bileam-Inschrift 17, 28–29, 53–54 Abb., 58 Bileam-Perikope 250–251 Blum, Erhard 43, 162, 223, 226 Bronzeflasche-Inschrift aus Ammon 29 „Buch der Geschichte Salomos“ 92 Buchauf‌findungslegende 285 Buchproduktion 48–49 Buchrollen 49 siehe auch Schriftrollen Budde, Karl 21, 22 Bundesbuch 134–137 Canticum canticorum (Buch) siehe Hoheslied (Buch) Cassel, David 19 Chapman, Stephen B. 282 Chronikbücher 34, 247–250 chronistisches Geschichtswerk 236, 247, 248 Chronologie siehe Weltzeitordnung Codex Aleppo, Anordnung der Bücher 32 Codex Alexandrinus, Anordnung der Bücher 33, 35 Codex Leningradensis Anordnung der Bücher 32 als Textzeuge 40 Codex Sinaiticus, Anordnung der Bücher 33, 35 Codex Vaticanus, Anordnung der Bücher 33, 35 Contra Apionem (Josephus) 233, 280 Creelman, Harlan 22 Cross, Frank Moore 107

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Dan 84 siehe auch Nordreichsheiligtümer Daniel (Buch) 34, 204–205, 274–276 Daniel-Legenden 204–206, 236, 252, 274 Dareios I. 185, 248–249 Dareios II. 185 Datierung biblischer Texte 71–73, 78 David (König) 189, 248–249 David und Goliat 94–95 davidisch-salomonisches Großreich 80–81 Davidpsalmen 197 Davidüberlieferungen hellenistische Elemente 251 zeitgenössischer Hintergrund 94, 95 Dekalog im samaritanischen Pentateuch 230 und Schema Israel 180–181 Zweifachüberlieferung 181 Deuteengel (angelus interpres) 213, 274 Deuterojesaja 30, 164, 173–180, 213–215, 256, 257 siehe auch Jesaja (Buch) deuterokanonische Bücher 35 Deuteronomismus 105–113, 128, 133, 195–196, 210, 221–222, 239 siehe auch „subdeuteronomistische“ Interpretationen deuteronomistische Umkehrtheologie 221–222 deuteronomistisches Deuteronomium 181–182 deuteronomistisches Geschichtswerk 157–160 Deuteronomium 34, 66, 69, 138–142, 285–286 Deuterosacharja 260–261 Dialektische Theologie 42 Diasporaexistenz Israels 183, 225–226, 228–229, 261 diasporaorientierte Redaktionen 220–221 Dietrich, Walter 25, 26, 94 Dodd, C.H. 188 Donner, Herbert 62 Droysen, Johann Gustav 234 Duhm, Bernhard 62, 85, 214, 256 Ebal (Berg) 231 École des Annales 17 Ede, Franziska 160, 161 Edfu 60 Einleitung in das Alte Testament (Teildisziplin) und alttestamentliche Wissenschaft 37–38 vs. Literaturgeschichte 74 Einleitungswissenschaft, vs. Literaturgeschichte 16, 17, 25, 27

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Register

Elephantine 30, 48, 68, 185 Elia (Prophet) 263 Elifasrede (Hi 4–5) 242 Elihureden (Hi 32–27) 241–242 Elliger, Karl 223 Elohist 43 Elohistischer Psalter 198 Engnell, Ivan 85 Enteschatologisierung, durch Paradieserzählung 203–204 Entstehungszeit alttestamentlicher Texte 39–40 Epen siehe Gilgamesch-Epos epigraphische Primärzeugnisse Bedeutung für Literaturgeschichte 41 siehe auch Inschriften Epistula Jeremiae (Buch) 34 Ergänzungen siehe innerbiblische Schriftauslegung Erinnerungen siehe Traditionsliteratur Erzelternerzählungen 83, 90–91, 162–165, 206–207 Eschatologie 189, 252 siehe auch Enteschatologisierung; „realized eschatology“; Theokratie Esra (Buch) 34, 208–209 Esra (Schreiber), Historizität 187, 208 4. Esrabuch 280–281 Esra-Nehemia-Buch 208–209, 247 Essener 267 Esther (Buch) 34, 251–252 Exil Formierung alttestamentlicher Literatur 46 als neue Heimat 183–184 Rückwanderungswellen 186 Exodus 34, 118–119 Exoduserzählung 249 siehe auch Mose-Exodus-Erzählung Ezechiel (Buch) 34, 171–173, 216–221, 262 Finkelstein, Israel 40 Fluterzählung 200–202 Fohrer, Georg 25 Formgeschichte 65–67, 73 Forschungstendenzen 42–46 Fortschreibungen 39 siehe auch innerbiblische Schriftauslegung Frau Weisheit, und Frau Torheit 237–238 Frei, Peter 226 Frevler und Fromme 244, 258–259 fünf Bücher Mose (Kanonteil) siehe Tora Fürst, Julius 19

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Garizim (Berg) 186, 229, 230, 231 Gat (Tell eṣ-Ṣafi) 95 Gattungen 73 Gedalja 145 Genesis bis Josua siehe Heilsgeschichte Genesis (Buch) 34 Gerichtsprophetie 17, 253–256 Geschichte Israels (Teildisziplin), und alttestamentliche Wissenschaft 37–38 Geschichtswerk Exodus 2 bis 2. Könige 25 siehe deuteronomistisches Geschichtswerk Geschichtswerk Genesis bis 2. Könige, Entstehung 206–208 Gesenius, Wilhelm 71 Gesetz des Mose siehe Tora Gesetz und Propheten, Zweiteiligkeit des Alten Testaments 282–283, 287 Gezer 80 Gezer-Kalender 51 Abb. Gilgamesch-Epos 58 Abb., 68 golaorientierte Theologie 217–220 Gottes Gesetz, vs. Königsgesetz 76 Gottesfurcht 237, 239 Gottwald, Norman K. 25 griechische Philosophie 242, 252–253 griechische Übertragung der Tora 252–253 Großgeschichtswerk Exodus bis 2. Könige, Entstehung 157–160 Großgeschichtswerk Genesis bis 2. Könige, Entstehung 206–208 Gunkel, Hermann 21, 21–22, 65, 68 Haag, Ernst 266 Habakuk (Buch) 34 Haggai (Buch) 34, 210–213, 262 Hardmeier, Christof 155 Harran (Nordmesopotamien), im Jakobzyklus 90 „Haus Davids“ 80, 81, 92, 93 Hazor 80 Hebräisch 47–48 siehe auch biblisches Hebräisch Hebräische Bibel, Anordnung der Bücher 31–32, 34 Heilige Schrift 284, 286–287 Heiligkeitsgesetz 223–224 siehe auch Priesterschrift Heilsgeschichte 46, 206 Heilsprophetie, Nähe zu neuassyrischen Prophetien 30 Heilswende siehe „realized eschatology“

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Register Heimkehr der Deportierten 186 Hellenismus 234, 253, 265–266, 267–268 Hempel, Johannes 21, 22 Hendel, Ronald 72 Henochliteratur, und Apokalyptik 246 Herder, Johann Gottfried 18 Hesekiel (Buch) siehe Ezechiel (Buch) Hintere Propheten 34 Hiob (Buch) 34, 66–67, 198–200 Hiob (Figur), Historizität 199 Hiskia 98 Hiskia-Jesaja-Erzählungen 154–155 Höfisches Erzählwerk 94 siehe auch Aufstiegsgeschichte Davids; Thronfolgegeschichte Hoheslied (Buch) 34 Hosea (Buch) 34, 124–125, 262 Hupfeld, Hermann 18 Hyksos 119 ikonographische Primärzeugnisse, Bedeutung für Literaturgeschichte 41 innerbiblische Schriftauslegung, und Redaktion 75–77 Inschriften, 1. Jahrtausend v.Chr. 50–56 siehe auch Amarnakorrespondenz; BaalInschrift; Behistun-Inschrift; BileamInschrift; Bronzeflasche-Inschrift aus Ammon; Gilgamesch-Epos; Iraq al-Amir, Inschrift; Kruginschrift aus Jerusalem; Mescha-Stele; Siloah-Inschrift; Tel-DanInschrift; Tell Deir ʿAlla Inspiration biblischer Autoren 290 Iraq al-Amir, Inschrift 48 Isaak (Erzvater) 120–121 Israel und Juda, politische Anfänge 79 Jahwist 43, 200 jahwistisches Geschichtswerk 89 Jakob (Erzvater) 120–121 Jakobüberlieferungen, in Bethel 84 Jakobzyklus, aus dem Nordreich 90–91 Japhet, Sara 208 Jauß, Hans Robert 24 Jeremia (Buch) 34, 167–171, 216–221, 259–260, 262 Jerusalem Hellenisierung 265–266 Wiederauf‌bau 186–187 Jerusalemer Hof‌literatur 92–95 Jerusalemer Kulttradition 86–87

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Jerusalemer Talmud 61 Jerusalemer Tempel Dependance des Königshofs 86 Kultliteratur 84 Literaturproduktion 59–60, 60, 85–87 Jesaja (Buch) 16, 34, 128–133, 133, 256–258, 262 siehe auch Hiskia-Jesaja-Erzählungen Jesajaüberlieferung 101 Jesus Sirach (Buch) 34, 271–273 „Jhwh und seine Aschera“ 82, 213 „Jhwh von Samaria“ 84, 180 „Jhwh von Teman“ 180 Jhwh-König-Psalmen 197 Joel (Buch) 34, 123 Jojakim 143 Jona (Buch) 34, 123, 196 Joosten, Jan 72 Josephsgeschichte 67, 157, 160–162, 252 Josephus, Flavius 233, 265, 270, 280, 290 Josia 99 josianische Reform siehe Kultreform Josias Josua (Buch) 34 Jubiläen (Buch) 277 Judentum, Beginn 184 Judith (Buch) 268, 277 Kaiser, Otto 25 Kanon 67, 279, 287 siehe auch Anordnung der biblischen Bücher Kanonbildung siehe Schriftwerdung und Kanonbildung Kanongeschichte, und Literaturgeschichte 287–290 kasuistische Rechtssätze 134 Kautzsch, Emil 20–21 Keel, Othmar 95, 266 Ketuvim 34, 287 Khirbet Qeiyafa 53 Kinet, Dirk 186 Klagelieder (Buch) 34 siehe auch Threni (Buch) Klagelieder des Einzelnen 86 Klagelieder des Volkes 152–154 Klostermann, August 61, 222 Knohl, Israel 195 Koch, Klaus 23 Köckert, Matthias 162 Kohelet (Buch) 69, 242–244 Kollektivierung, von Individualpsalmen 153–154

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Register

Kompositliteratur, alttestamentliche Bücher 40 König, als legislative Instanz 135, 288 Königsannalistik siehe annalistische Überlieferungen Königsbeurteilungen 108–113, 155–157 Königsbücher Annalistik 92–93 Deuteronomismus 105–113 im Kanon 34 siehe auch Samuel- und Königsbücher Königsgesetz, vs. Gottes Gesetz 76 Königspsalmen, historische Zuordnung 86 Kontextualisierungen, historische 70 Konzil von Trient 33 Korachpsalmen 197 Kosmos, vs. Chaos 82–83, 87 siehe auch Weltordnung Kratz, Reinhard G. 27, 82, 94, 134, 160 Krüger, Thomas 240, 242 Kruginschrift aus Jerusalem 52 Abb., 53 kultische Überlieferungen Assyrerzeit 102–105 Hiob (Buch) 198–200 Jesus Sirach (Buch) 271–273 Klagelieder 150–152, 152–154 Priesterschrift 190–196 Psalmen 102–104, 196–198, 269–271 Weisheit Salomos (Buch) 273 Kultliteratur, Theologie 84 Kultreform Josias 99, 108, 139, 285 Kulturkontakte, im Alten Orient 68–69 Kultzentralisation 180 Kutim (Samaritaner) 229 Kyros II. 145, 173, 175, 176, 184, 189, 205, 213–214, 248–249 Kyroszylinder 175–176 Abb. Lachisch-Ostrakon 124 Ladegeschichte 93, 157 Landverheißung, eidliche (Motiv) 228–229 Leder, als Schreibmaterial 49 Lehre des Amenemope 105 Lemche, Niels Peter 26 Lese- und Schreibfähigkeit siehe Schrift- und Schreibkultur Leserschaft, zeitgenössische 63–65 Levin, Christoph 26–27, 166, 191 Leviticus (Buch) 34 „Liebe Gottes“ (Theologumenon), altorientalische Diktion 140 Lied der Weisheit (Hi 28) 241–242

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Listen, als literarische Größen 92 Literalität und Illiteralität siehe Schrift- und Schreibkultur Literaturgattungen, Entstehung und Geschichte 65–67 Literaturgeschichte Aufgabenstellung 15–18 vs. Einleitungswissenschaft des Alten Testaments 74 Forschungsgeschichte 18–27 und Kanongeschichte 287–290 Literaturproduktion 10. bis 8. Jahrhundert v.Chr. 79–95 8./7. Jahrhundert v.Chr. 97–142 6. Jahrhundert v.Chr. 143–182 5./4. Jahrhundert v.Chr. 183–231 3. Jahrhundert v.Chr. 233–264 2. Jahrhundert v.Chr. 265–277 Beginn in Israel und Juda 56–58 Jerusalemer Tempel 59–60 Möglichkeiten und Bedingungen 48–49 literatursoziologische Aspekte 49–61, 286 Lods, Adolphe 22–23 Lohfink, Norbert 223 Loterzählungen siehe Abraham-Lot-Zyklus Lowth, Robert 18 Ludlul bēl nēmeqi 66–67, 200 Lux, Rüdiger 211 LXX siehe Septuaginta Makkabäeraufstand 267, 268 Makkabäerbücher 277 Maleachi (Buch) 34, 123, 262, 263 Maleachi (Figur) 263 Manasse (König) 99, 249–250 Masada, Textfunde 36 masoretische Zeitrechnung siehe Weltzeitordnung Megiddo 58, 68, 80 Megillot 31 Meier, Ernst Heinrich 18–19 Meinhold, Johannes 22 Menelaos (Hoherpriester) 266 Mescha-Stele 29, 54–55 Abb., 58, 146 messianischer Psalter 245, 270 Messiaskonzeption, und Zionstexte 215–216 Micha (Buch) 34, 262 Milieuechtheit, Kriterium der 95 Militärstützpunkt im Negev, Ostraka 61 Mirjamlied 117–118 Moabiterstein siehe Mescha-Stele

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Register Monotheismus 149, 176–178, 180 Mose (Figur) Historizität 119–120 Theologisierung 228 Mosebücher siehe Tora Mose-Exodus-Erzählung 101, 114–120, 206–207 Murašu 183 „Murr“-Erzählungen 183, 225 Mythen siehe Adapa-Mythos Nabonid 145, 184 nachexilische Zeit, Formierung alttestamentlicher Literatur 46 Nachtgesichte Sacharjas 211–213 Naḥal Ḥever, Zwölfprophetenrolle aus 36 Nahum (Buch) 34 Nebukadnezar II. 143–145, 176, 189, 216, 277 Necho II. 143 Nehemia (Buch) 34, 208–209 siehe auch Esra-Nehemia-Buch Nehemia (Statthalter), Historizität 187, 208 neuassyrische Vertragstheologie 69 Neuere Urkundenhypothese 43, 160–161, 191 Neviʾim Formierung 273–274 Kanonteil 287 nichtpriesterschriftliche Sinaiüberlieferung 165–167 nichtpriesterschriftliche Urgeschichte 200–204 Nihan, Christophe 223 Noahbund 255–256 Nordreichsheiligtümer, Literaturproduktion 83–84 Nordreichsüberlieferungen 90 normative Texte 285 Noth, Martin 107, 221 Numeri 34, 225–226 Obadja (Buch) 34, 262 Offenbarungskritik, im Hiobbuch 198–199 Offenbarungsliteratur siehe Apokalyptik Onias II. 234 Ordnungstheologie 88–89 orientalische Kirchen, Umfang des Alten Testaments 35 Ostraka aus Arad 61 Ostrakon aus Khirbet Qeiyafa 52 Abb., 53 Ostrakon aus Lachisch 65 Osumi, Yuichi 134 Otto, Eckart 134, 223

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Palastschulen siehe Schreiber und Schreiberschulen Papyrus, als Schreibmaterial 49 Paradieserzählung 203, 204 Pentateuch neuere Forschungstendenzen 43–44 Rechtsüberlieferungen 69, 76 siehe auch Tora Perkins, David 15 Perser, als göttliche Werkzeuge 189 Perserzeit erzählende Überlieferungen 200–209 Historisches 183–187 Kult und Weisheit 190–200 Literaturproduktion 183–231 prophetische Überlieferungen 210–223 Rechtsüberlieferungen 223–231 Theologiegeschichtliches 188–190 persische Reichsautorisation 226–227 persische Reichsideologie 185, 188–189 Philister 79 Philo von Alexandrien 235, 290 Plagenerzählung 117, 195 Plöger, Otto 196 Pohlmann, Karl-Friedrich 172, 217 politische Theologie 188–189, 240–241 politische Theologien, in alttestamentlicher Literatur 70 Prediger (Buch) 34 siehe auch Kohelet (Buch) Priesterschrift und Deuteronomismus 195–196 Erfolg der Hypothese 190 Gattung 66 als Grundschrift des Pentateuch 43, 191 Mose-Exodus-Erzählung 115 persische Einflüsse 69, 236 Plagenerzählung 117 Theologie 192–195 Umfang 191–192 Primärzeugnisse, Bedeutung für Literaturgeschichte 41 Propheten (Kanonteil) siehe Neviʾim Prophetenliteratur Aktualisierungen 76–77 neuere Forschungstendenzen 44–45 Prophetie und Apokalyptik 246 biblische Konstruktion 222–223 als Phänomen 122–124 siehe auch Heilsprophetie

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Register

Proverbien 104–105, 237–241 Psalmen (Buch) Datierung 102–104 historische Zuordnung 85–86 im Kanon 34 neuere Forschungstendenzen 46 Psalmen Salomos (Buch) 34 Psalter Fünf‌teilung 269, 270 Theokratisierung und Reeschatologisierung 269–271 Psalter, messianischer 245 Ptolemäerzeit Apokalyptik 245–246 erzählende Überlieferungen 247–253 Historisches 233–235 Literaturproduktion 233–264 prophetische Überlieferungen 253–264 Theologiegeschichtliches 235–236 Weisheitsüberlieferungen 237–245 Quadratschrift 48 Quellenmodell siehe Neuere Urkundenhypothese Qumran Bibliothek 60 Schriftrollen 49 Tempelrolle 173, 192 Textfunde 35, 36, 40, 246, 267, 268, 279–280 Textpassagen 282, 283 Qumran-Essener 267 rabbinische Literatur, und Samaritaner 229 Rad, Gerhard von 24, 28, 37, 162, 163 „realized eschatology“ 188, 189 Rechtssätze 76, 134–136, 180 Rechtsüberlieferungen Bundesbuch 134–137 Dekalog 180–181 Deuteronomium 138–142, 181–182 als Gottesgesetz interpretiert 76 Heiligkeitsgesetz 223–224 Numeri 225–226 samaritanischer Pentateuch 229–231 Tora, Formierung 226–229 redaktionelle Arbeit am Alten Testament 63 als innerbiblische Rezeption 75–77 Redaktionsgeschichte, als innerbiblische Rezeptionsgeschichte 75 Redaktoren, und Autoren 62–63 Reeschatologisierung, im Psalter 269–271

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Rekonstruktion literarischer Vorstufen 38–41 Religionsgeschichte Israels (Teildisziplin) 37–38, 46 religiöse Texte 285 Rendtorff, Rolf 162 Restauration des davidischen Königtums 183, 211 Reuss, Eduard 19–20 „rewritten bible“ 247, 277 Rezeptionsgeschichte, innerbiblische siehe innerbiblische Schriftauslegung Richter bis 2. Könige siehe Unheilsgeschichte Richter (Buch) 34 Richtererzählungen 101, 113–114, 116 Rollen siehe Buchrollen Römer, Thomas 225 Rost, Leonhard 93 Rothenbusch, Ralf 134 Ruth (Buch) 34, 196 Sacharja (Buch) 34, 210–213, 260–261, 262, 263 Salomo (König) 104, 189, 248–249 Samaria, Heiligtum 84 Samarier, Begriff 229 Samaritaner 186–187, 229–231 samaritanische Pentateuch 229–231 Samuel- und Königsbücher 34, 105–113 Sanherib, Annalen 98, 154 Sapientia Salomonis siehe Weisheit Salomos (Buch) Sargon I., Geburtslegende 69, 116 Schema Israel 180–181, 239–240 Schmidt, Ludwig 225 Schniedewind, William M. 40 Schoors, Antoon 26 Schreiber und Schreiberschulen, im antiken Israel 60–61 Schreibmaterialien 49 Schrift- und Schreibkultur, in Israel und Juda 49–61, 64–65 Schrift (Zeichensystem) Bedeutung 46–47 siehe auch Alphabetschrift Schriftauslegung, innerbiblische siehe innerbiblische Schriftauslegung Schriften (Kanonteil) siehe Ketuvim Schriftensammlung, Zweiteiligkeit des Alten Testaments 282–283, 287 schriftgelehrte Tradentenprophetie 30, 45, 210, 214, 257 Schriftreligion, Entstehung 287

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Register Schriftrollen 59 Schriftwerdung und Kanonbildung 279–290 Schwienhorst-Schönberger, Ludger 134, 242 Seleukidenzeit erzählende Überlieferungen 276–277 Historisches 265–267 Kult und Weisheit 269–273 Literaturproduktion 265–277 prophetische Überlieferungen 273–276 Theologiegeschichtliches 267–268 Seow, Choon Leong 242 Septuaginta 33–35, 252–253 Serubbabel 185, 211 „siebzig Jahre“-Prophezeiungen 143, 144, 204, 216–217, 260, 275 Siegel, aus Perserzeit 185 Silberman, Neil Asher 40 Siloah-Inschrift 29, 56 Abb. Simon, Richard 18 Sinaiüberlieferung, nichtpriesterschriftliche 165–167 Sintfluterzählung 200–202 Sirach (Buch) siehe Jesus Sirach (Buch) Sitz im Leben 73 sozialgeschichtliche Differenzierungen 74 Spinoza, Baruch de 18 Sprachen der Bibel 47–48, 71–73 Sprichwörter (Buch) siehe Proverbien Sprüche (Buch) 34 siehe auch Proverbien Staiger, Emil 24 Steck, Odil Hannes 87, 258 Steins, Georg 247 „subdeuteronomistische“ Interpretationen 24, 26, 46 „Tagebuch der Könige von Israel“ 90 „Tagebuch der Könige von Juda“ 92 Taharka 154 Talmud siehe babylonischer Talmud; Jerusalemer Talmud Tanach 31 Tel-Dan-Inschrift 55, 80, 81 Tel Zayit 53 Tell Deir ʿAlla 17, 28–29, 53–54 Abb. Tempelbau 69, 185, 210, 212 Tempelbibliotheken siehe Bibliotheken im Alten Orient Tempelrolle (Qumran) 173, 192 Tempelschulen siehe Schreiber und Schreiberschulen Tempelweihspruch Salomos 86

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Tempelwiederweihe 276 təhôm 149 Theokratie, und Eschatologie 196, 235–236, 269–271 theokratische Konzeptionen chronistische Theologie 247, 248 Makkabäerbücher 277 nachexilische Zeit 205–206, 263, 274 im Psalter 196–198, 269–271 Theologie des Alten Testaments (Teildisziplin), und alttestamentliche Wissenschaft 37–38 Theologiegeschichtliches 10. bis 8. Jahrhundert v.Chr. 81–83 babylonische Zeit 145–150 Perserzeit 188–190 Seleukidenzeit 267–268 Theologiekritik, im Hiobbuch 198–199 Thiel, Winfried 171 Threni (Buch) 147, 150–152 Thronfolgegeschichte 93–94 Tiamat 149 Tirhaka 154, 155 Tobit (Buch) 268, 277 Toorn, Karel van der 285 Tora Formierung 226–229 griechische Übertragung 252–253 Kanonteil 34, 287 perserzeitliche Größe 226–227 Tradentenprophetie, schriftgelehrte 30, 45, 210, 214, 257, 261 traditionsgeschichtliche Differenzierungen 74 Traditionsliteratur alttestamentliche Bücher als 38–39 alttestamentliche Literatur als 78 Tridentinisches Konzil (1545–1547) 33 Tritojesaja 215–216, 256, 258–259 siehe auch Jesaja (Buch) Tritosacharja 260–261 Tun-Ergehen-Zusammenhang 89, 105, 141 Ugarit 68 Umkehrtheologie 221–222 Unheilsgeschichte, und Heilsgeschichte 206 Universalisierung, der Israelüberlieferung 203 Unterwelt 190 Urgeschichte, nichtpriesterschriftliche 200–204 Urkundenhypothese siehe Neuere Urkundenhypothese „Urtext“ des Alten Testaments 35–36

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Register

Van Seters, John 62, 93–94 Vanoni, Gottfried 155 vaticinia ex eventu 17 Vertragstheologie, assyrische 140 Volksklagen 152–154 vorassyrische Zeit, Literaturproduktion 79–95 Vordere Propheten 34 Vorstufenrekonstruktionen siehe Rekonstruktion literarischer Vorstufen Vulgata, Umfang 33 Wachstumsstufen siehe Rekonstruktion literarischer Vorstufen Wadi Murabbaʿat, Textfunde 36 Wallfahrtspsalmen 197 Warren, Austin 15 Weippert, Manfred 24 Weisheit und Apokalyptik 246 Begriff 87 und Tora 240, 271–273, 276 Weisheit Salomos (Buch) 34, 235, 273 Weisheitstexte, hellenistische Einflüsse 69 Weisheitsüberlieferungen ältere Weisheitsliteratur 104–105 anthropologische Denkformen 189–190 im antiken Israel 87–89 Assyrerzeit 102–105 Hiob (Buch) 198–200, 241–242 Jesus Sirach (Buch) 271–273 Kohelet (Buch) 242–244 messianischer Psalter 245

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Ordnungsgedanken 83 Priesterschrift 190–196 Proverbien 237–241 Psalter 269–271 theokratische Psalmen 196–198 Threni (Klagelieder) 150–152 Volksklagen 152–154 Weisheit Salomos (Buch) 273 Wellek, René 15 Wellhausen, Julius 19, 107, 120, 161, 184, 192 Weltgerichtstexte 253–256 Weltordnung 88–89 Weltreichsukzession 69, 236, 263–264 Weltzeitordnung 253, 276 Wette, Wilhelm Martin Leberecht de 139 Wildeboer, Gerrit 20 Wolff, Hans Walter 221 Woude, Adam S. van der 36 Zedekia 144 Zehn Gebote siehe Dekalog Zeitrechnung siehe Weltzeitordnung Zeitrechnung, masoretische siehe Weltzeitordnung Zephanja (Buch) 34, 262 Zimmerli, Walther 193 Zionstexte 179, 215–216 Zitate siehe innerbiblische Schriftauslegung Zunz, Leopold 208 Zwei-Äonen-Lehre 246 Zweibrüdermärchen 67, 162 Zwölfprophetenbuch 34, 262–263

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Wissen verbindet uns Die wbg ist ein Verein zur Förderung von ­­ Wissen­schaft und Bildung. Mit 85.000 ­ Mitgliedern sind wir die größte geisteswissen­ schaftliche Gemeinschaft in Deutschland. Wir bieten Entdeckungsreisen in die Welt des ­Wissens und ein Forum für Diskussionen. ­ Unser Fokus ist nicht kommerziell, Gewinne werden reinvestiert. Wir wollen Themen sichtbar machen, die Wissen­ schaft und Gesellschaft bereichern. In unseren Verlags-Labels erscheinen jährlich rund 120 Publikationen, darunter viele Werke, die ansonsten auf dem Buchmarkt nicht möglich wären. Wir bieten außerdem Zeitschriften, Podcasts und die wbg-KulturCard. Seit 2019 vergeben wir den höchstdotierten deutsch­sprachigen ­WISSEN!-Sachbuchpreis. Vereinsmitglieder fördern unsere Arbeit und genießen gleichzeitig viele Preis- und Kulturvorteile. Werden auch Sie wbg-Mitglied. Zur Begrüßung schenken wir Ihnen ein wbg-Buch Ihrer Wahl bis € 25,– Mehr Infos unter wbg-wissenverbindet.de oder rufen Sie uns an unter 06151 3308 330

Wie können wir das Alte Testament besser verstehen? Um zu einem fundierten Verständnis des Alten Testaments zu gelangen, muss man die historischen Entstehungssituationen der verschiedenen Teile der Bibel kennen: Wie verhalten sich die Texte zu den anderen Zeugnissen der Zeit und welche Entwicklungsstufen können für sie beschrieben werden? So werden die verschiedenen „Schichtungen“ sichtbar, und es wird nachvollziehbar, wie und warum sich der heute bekannte Text herausgebildet hat. Der Band diskutiert die verschiedenen Forschungsansätze zum Thema und ermöglicht so eine gründliche Orientierung. Vor dem Hintergrund einer fast unübersehbar gewordenen Forschungslage bietet Konrad Schmid hier eine zusammenfassende Darstellung der Literaturgeschichte der alttestamentlichen Texte. Die überarbeitete Neuauflage wird durch neue Abschnitte zur historischen Linguistik als Datierungsmöglichkeit biblischer Texte und zum samaritanischen Pentateuch sowie durch Abbildungen ergänzt. Konrad Schmid, geb. 1965, ist Professor für Alttestamentliche Wissenschaft und Frühjüdische Religionsgeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich.

Schmid · Literaturgeschichte des Alten Testaments

Konrad Schmid

Literaturgeschichte des Alten Testaments Eine Einführung 3. Auflage

ISBN 978-3-534-27328-7

978-3-534-27328-7 Schmid Cover 2021_02_07.indd 1

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