Lexikontheorie und Wörterbuch: Wege der Verbindung von lexikologischer Forschung und lexikographischer Praxis [Reprint 2017 ed.] 9783111636139, 9783484309449


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German Pages 527 [528] Year 1992

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Inhalt
Vorwort
FUNKTIONSWÖRTER IM WÖRTERBUCH
MAKROSTRUKTURELLE BEZIEHUNGEN IM WORTSCHATZ UND IN WÖRTERBUCHEINTRÄGEN. MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DES ALLGEMEINEN EINSPRACHIGEN WÖRTERBUCHS
ORGANISATIONSPRINZIPIEN UND INFORMATIONSANGEBOTE IN EINEM LERNERWÖRTERBÜCH
ES LEBE DAS LEXIKOGRAPHISCHE BEISPIEL! (PROBLEME DER LEXIKOGRAPHISCHEN BESCHREIBUNG WAHRHEITSFUNKTIONALER SATZVERKNÜPFER MIT KONTEXTBESCHRÄNKUNGEN)
WÖRTERBUCH UND BENUTZER - VERSUCH EINER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG
ERMITTLUNG UND DARSTELLUNG DER LEXIKALISCHEN MAKROSTRUKTUR DES WORTSCHATZES
Abstracts
Resumes
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Lexikontheorie und Wörterbuch: Wege der Verbindung von lexikologischer Forschung und lexikographischer Praxis [Reprint 2017 ed.]
 9783111636139, 9783484309449

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Series Maior

LEXICOGRAPHICA Series Maior Supplementary Volumes to the International Annual for Lexicography Supplements ä la Revue Internationale de Lexicographie Supplementbände zum Internationalen Jahrbuch für Lexikographie

Edited by Sture Allen, Pierre Corbin, Reinhard R. K. Hartmann, Franz Josef Hausmann, Hans-Peder Kromann, Oskar Reichmann, Ladislav Zgusta

44

Published in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX)

Lexikontheorie und Wörterbuch Wege der Verbindung von lexikologischer Forschung und lexikographischer Praxis herausgegeben von Ursula Brauße und Dieter Viehweger (t)

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1992

Die Deutsche Bibliothek - CiP-Einheitsaufnahme Lexikontheorie und Wörterbuch : Wege der Verbindung von lexikologischer Forschung und lexikographischer Praxis / hrsg. von Ursula Brausse und Dieter Viehweger. - Tübingen : Niemeyer, 1992 (Lexicographica : Series maior ; 44) NE: Brausse, Ursula [Hrsg.]; Lexicographica / Series maior ISBN 3-484-30944-X

ISSN 0175-9264

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1992 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Hugo Nadele, Nehren

Inhalt

Vorwort

VII

Ursula Brauße Funktionswörter im Wörterbuch

1

Dieter Herberg Makrostrukturelle Beziehungen im Wortschatz und in Wörterbucheinträgen. Möglichkeiten und Grenzen des allgemeinen einsprachigen Wörterbuchs

89

Günter Kempcke Organisationsprinzipien und Informationsangebote in einem Lernerwörterbuch

165

Renate Pasch Es lebe das lexikographische Beispiel! (Probleme der lexikographischen Beschreibung wahrheitsfunktionaler Satzverknüpfer mit Kontextbeschränkungen)

245

Birgit Wolf Wörterbuch und Benutzer - Versuch einer empirischen Untersuchung

295

Erhard Agricola Ermittlung und Darstellung der lexikalischen Makrostruktur des Wortschatzes

390

Abstracts

504

Resumes

508

Vorwort

Innerhalb der Linguistik, kognitiven Psychologie sowie interdisziplinärer

Wissenschaftsbereiche

anderer

sind in den letzten

Jahren zahlreiche Vorschläge zu einer Modellierung der und Funktionsprinzipien

Struktur-

des Lexikons entwickelt worden, die un-

sere bisherigen Vorstellungen vom Lexikon ganz entscheidend ändert haben. Das Lexikon, das bisher innerhalb der

ver-

Linguistik

vorwiegend als ein isolierter Faktenbereich beschrieben

oder

aber auch gänzlich vernachlässigt wurde, rückte in letzter

Zeit

wieder stärker in den Mittelpunkt des Interesses und wird seit dieser Zeit in einen systematischen Zusammenhang mit der tik gestellt. Das hatte zur Folge, daß die bisherigen

Gramma-

Annahmen

über die Architektur des Lexikons, über die semantische

Repräsen-

tation der Lexikoneinträge sowie über die semantischen mikro- und m a k c o s t r u k t u r e l l e n Zusammenhänge

im Lexikon überprüft und - wo

dies erforderlich - auch einer Revision unterzogen wurden. Auf diese Weise entstand in den letzten Jahren ein völlig neues vom Lexikon, von dessen Struktur- und F u n k t i o n s p r i n z i p i e n den unterschiedlichen

W i s s e n s b e r e i c h e n , die im Lexikon

Bild

sowie

zusammen-

fließen . Die praktische Lexikographie, die den Wortschatz in toto in einsprachigen

Bedeutungswörterbüchern

in Spezialwörterbüchern

bzw.

Wortschatzausschnitte

darstellt, ist demgegenüber einer

langen

Tradition varpf1ichtet, in der sich die Vorstellungen des Lexikographen von den D a r s t e l l u n g s p r i n z i p i e n des Wortschatzes in einsprachigen Wörterbüchern, von den Z i e l s t e l l u n g e n sowie dem

Infor-

mationsangebot dieser Wörterbücher bisher nicht oder aber nur unwesentlich verändert haben. Seit mehr als zwei Jahrzehnten

ist

das einsprachige Wörterbuch immer stärker in den Mittelpunkt

des

linguistischen

Interesses gerückt, nachdem vor allem

orientierte Linguisten existierende Wörterbücher

theoretisch

einer

kritischen

Analyse unterzogen und damit der theoretischen Forschung

einen

VIII neuen Praxisbereich eröffneten. Mit der in den 60er Jahren zenden Diskussion um die Qualifizierung einsprachiger

einset-

Wörterbücher

sowie um die Entwicklung neuer Wörterbuchtypen wurde nicht nur die Metalexikographie

als neuer Wissenschaftszweig

begründet,

Diskussion beendete zugleich die jahrhundertewährende Entwicklung von Lexikologie Lexikographie

bzw. Lexikontheorie

isolative

und praktischer

und verwirklichte somit die Forderung Siierbas, daß

Lexikologie bzw. Semantiktheorie eine Grundlagenwissenschaft

für die praktische

darstellt, an der sich

stellungen in einsprachigen Wörterbüchern sowie chern grundsätzlich zu orientieren Wenn die Semantiktheorie Grundlagenwissenschaft

Lexikographie Wortschatzdar-

Spezialwörterbü-

haben.

für die praktische Lexikographie

eine

darstellt, wenn - wie vielfach auch behaup-

tet wird - praktische Lexikographie angewandte Lexikologie dann ist es überflüssig, darauf hinzuweisen, daß die Lexikographie

die

ist,

praktische

an dieser linguistischen Neuorientierung nicht

beigehen kann, daß Lexikographen ohne grundlegende

vor-

Hypothesenbil-

dungen über die Struktur und Organisation des lexikalischen

Wis-

sens, über dessen Einheiten und Organisationsformen sowie über die Prinzipien, nach denen dieses lexikalische Wissen für produktion und Textinterpretation

Text-

instrumentalisiert wird, zu k e i -

ner angemessenen Abbildung des Lexikons im Wörterbuch

gelangen.

Es bedarf sicherlich keiner besonderen Hervorhebung, daß die Nutzbarmachung dieser Erkenntnisse für die praktische

Lexikogra-

phie nur auf einem langen und komplizierten Weg möglich ist, daß es illusionär

ist zu erwarten, daß in den nächsten Jahren bereits

Wörterbücher vorgelegt werden, die diese neuen

Erkenntnisse

re-

flektieren .Der Weg wird jedoch wesentlich einfacher zu b e s c h r e i ten sein, wenn sich die praktische Lexikographie

für

Innovationen

prinzipiell öffnet, wenn sie selbst dazu beiträgt, die Wege der zukünftigen Lexikographie

abzustecken und zu markieren, wenn sie

sich auf die positiven Traditionen stützt, die sie in ihrer schichte entwickelt hat. Benutzerbedürfnisse

Fundierte Kenntnisse über

sind die Grundlage für die

Katalogs der erwarteten Informationsangebote Wörterbuchtypen.

in

Ge-

tatsächliche

Erarbeitung

eines

unterschiedlichen

IX Die Beiträge dieses Bandes sind das Ergebnis der Arbeiten an einem mehrjährigen Forschungsobjekt des Zentralinstituts Sprachwissenschaft

Berlin zu "Problemen der modernen

für

Lexikogra-

phie". Diese Arbeiten greifen einige zentrale Fragen der wärtigen metalexikographischen

Diskussion auf. Das Projekt

unmittelbar an bisherige metalexikographische die in den Sammelbänden "Wortschatzforschung kographie

knüpft

Diskussionen

an,

heute"^ und "Die

Lexi-

2

von heute und das Wörterbuch von morgen"

in der "Zeitschrift für Germanistik" netik, Sprachwissenschaft

gegen-

begonnen und

sowie "Zeitschrift für Pho-

und Kommunikationsforschung"^

fortge-

führt wurden. Sie knüpfen ferner an die "Studien zu einem

Komplex-

wörterbuch der Mikro-, Medio- und Makrostrukturen""' an und beziehen sich in systematischer Weise auf die Ergebnisse, die die ternationale

Forschung zu dieser Thematik vorgelegt

in-

hat.

Mit diesem Forschungsprojekt werden im wesentlichen drei Ziele verfolgt: - Diskussion und Klärung theoretischer

Fundierungsfragen

der

Metalexikographie, - konzeptionelle Überlegungen zu neuen Wörterbüchern bzw.

Wörter-

buchtypen einschließlich der Erarbeitung exemplarischer

Wörter-

bucheinträge , - Ermittlung von

Daten sowie Untersuchungen über Bedürfnisse

Wörterbuchbenutzern

in u n t e r s c h i e d l i c h e n

von

Benutzungssituationen.

Die Autoren waren an diesen Diskussionen wesentlich

beteiligt.

Ihre gelegentlich auch kontroversen Standpunkte sind bereits in den genannten Veröffentlichungen zum Ausdruck gekommen. Sie weisen aus, daO die Verfasser

in ihren Argumentationen von

unterschied-

lichen Ausgangspositionen bestimmt sind. Während die

Überlegungen

von Herberg und Kempcke auf langjährigen Erfahrungen mit scher Arbeit an einsprachigen B e d e u t u n g s w ö r t e r b ü c h e r n

basieren,

werden in den Beiträgen von Brauße und Pasch vorrangig erörtert, die sich aus der Adaptation von Ergebnissen theoretischer Diese

Forschung für die lexikographische

prakti-

Probleme semantik-

Praxis

ergeben.

entstanden aus der Sicht von Fragestellungen aus dem

Bereich der lexikalischen Semantik, den die Autoren seit

ihrer

Arbeit an "Problemen der semantischen Analyse"^ verfolgt

haben

und die auch die in dem Projekt zum "Komplexwörterbuch" ten Überlegungen

bestimmten.

angestell-

χ Die Beiträge des vorliegenden Bandes zeigen ebenfalls schiedliche Herangehensweisen,

für die bewuGt keine

unter-

Vereinheit-

lichung angestrebt wurde. Es erübrigt sich ferner darauf

hinzu-

weisen, daG mit dieser Publikation kein abschließendes Wort zu den aufgeworfenen Fragen der Lexikographie

gesprochen werden

te, zumal in der Mehrzahl der Beiträge neue Projekte bzw. zur Diskussion gestellt

Probleme

werden.

Das trifft sowohl für die von Herberg und Kempcke ten Wörterbuchprobleme

soll-

dargestell-

zu als auch ganz besonders für die

suchungen von Wolf zu W ö r t e r b u c h b e n u t z u n g s s i t u a t i o n e n ,

Unter-

deren Be-

deutung von Wiegand mehrfach hervorgehoben wurde, die jedoch von der Forschung weitgehend v e r n a c h l ä s s i g t worden sind. Der Bezug auf die gesellschaftlichen Tatbestände in der ehemaligen DDR ist inzwischen als ein historischer Befund zu interpretieren. Die in diesem Band versammelten Autoren verdanken Anregungen Erhard Agricola, der ihnen stets als Diskussionspartner

zur Seite stand.

zahlreiche

sachkundiger

Erhard Agricola

(1987) hat

einen Vorschlag zur Qualifizierung allgemeiner einsprachiger terbücher unterbreitet, der aufgrund der begrenzten

Auflagenhöhe

der Linguistischen Studien nur wenige Fachkollegen erreicht Die Autoren möchten durch die Aufnahme von

Im Folgenden sollen die Beiträge in der Reihenfolge,

Im

ersten

tionswörter

machen.

in der sie

werden.

Beitrag von Ursula Brauße mit dem Titel

im Wörterbuch"

hat.

in diesem Band den Beitrag

Erhard Agricola einem größeren Leserkeis zugänglich

abgedruckt sind, kurz skizziert

Wör-

"Funk-

(S. 1 - 88) wird die Problematik

Darstellung dieser Wortarten in Wörterbüchern behandelt.

der

Ausgangs-

punkt einer Beurteilung der semantischen Eigenschaften der Funktionswortarten ist die Frage, ob diese eine Abgrenzung von

anderen

W o r t a r t e n t y p e n , sogenannten BegriffWörtern, gerechtfertigt

er-

scheinen lassen. Obwohl eine scharfe Grenze zwischen beiden Wortartentypen schwer zu ziehen ist, ist diese Klassifikation

in der

XI Linguistik ganz geläufig. Der Überblick über den Stand der Funktionswortlexikographie

ist v e r b u n d e n mit dem Bemühen, die

anstehenden Aufgaben in diesem Bereich deutlich zu machen. noch weitgehend offenes Problem wird die Bedeutung der Modalpartikel

z.Z.

Als

Wortart

gesehen, für deren Beschreibung spezielle

Inven-

tare erläutert und in einem M u s t e r a r t i k e l zur Diskussion

gestellt

werden. Der

zweite

Beitrag stammt von Dieter Herberg. Er trägt

den Titel "Makrostrukturelle Wörterbucheinträgen.

Beziehungen im Wortschatz und in

Möglichkeiten und Grenzen des

einsprachigen Wörterbuchs"

(S. 89 - 164). Der

allgemeinen

Autor geht von

der theoretischen Einsicht aus, daß die Wortschatzelemente

im

Lexikon in vielfältiger Weise miteinander verbunden sind und daß im einzelnen Lexikonzeichen die Gesamtheit seiner len Beziehungen in nuce enthalten ist. Diese

makrostrukturel-

Einsicht

verlangt

auch eine kritische Überprüfung der bisherigen

lexikographischen

Praxis in bezug auf die Bedeutungsbeschreibung

lexikalischer

Einheiten. Der Beitrag stellt sich das Ziel, ausgehend von Ergebnissen der m e t a l e x i k o g r a p h i s c h e n

Diskussion und von der

in 10 verbreiteten Wörterbüchern der deutschen

theoretisch begründete, l e x i k o g r a p h i s c h praktikable und

benutzer-

freundliche Vorschläge für die systematischere Einbeziehung struktureller

Informationen

Praxis

Gegenwartssprache,

in W ö r t e r b u c h e i n t r ä g e n

Er konzentriert sich auf die drei w e s e n t l i c h s t e n

zu

makro-

unterbreiten.

lexikalisch-

p a r a d i g m a t i s c h e n Relationen: die Synonymie, die Antonymie und die Hyperonymie/Hyponymie. Der

dritte

Titel "Organisationsprinzipien

angebote in einem Lernerwörterbuch"

Wörterbücher

Informations-

(S. 165 - 244) von Günter

ist ein Beitrag zur Diskussion über die für notwendigen Informationstypen.

und

Kempcke

Lernerwörterbücher

Die Erarbeitung

benutzerspezifischer

ist unter Fachleuten der Lexikographie

unabdingbare Forderung akzeptiert und damit auch der

längst als Grundsatz,

daß die Auswahl und Organisation der Datentypen von der

jeweiligen

XII Benutzerspezifik

abhängig gemacht werden muß. Der Beitrag

sucht daher, welche Datentypen für ausländische Lerner

unter-

der

deutschen Sprache zu berücksichtigen sind und wie sie benutzergerecht

im Wörterbuch dargestellt werden

Die Auswahl der Datentypen sieht

eine verstärkte

gung grammatischer, semantischer hilfe) und stilistischer

sollten.

(visuelle

Berücksichti-

Semantisierungs-

Informationen vor, eine

ausführliche

Darstellung der Idiomatik und der K o n t e x t v e r b i n d u n g e n . terbuch dieser Spezifik soll dem Benutzer bei der seiner Norm- und Systemunsicherheit seine Zweitsprachenkompetenz Den

vierten

Beitrag

Ein Wör-

Überwindung

helfen und soll dazu

dienen,

aufzubauen. "Es lebe das lexikographische

(Probleme der lexikographischen

Beschreibung

Satz verknüpfer mit K o n t e x t b e s c h r ä n k u n g e n ) "

Beispiel!

wahrheitsfunktionaler

(S. 245 - 294)

schrieb

Renate Pasch. Sie versucht, die Probleme aufzuzeigen, die sich für die Praxis einsprachiger

Bedeutungswörterbücher

bung der G e b r a u c h s b e d i n g u n g e n

bei der

Beschrei-

von Konnektiven ergeben, die auf

die Kombinationen von W a h r h e i t s f u n k t i o n e n

der Aussagenlogik

zurück-

zuführen sind. Die Probleme werden an den

Gebrauchsbedingungen

der deutschen komplexen Konjunktionen ohne daß und statt daß illustriert. Nach einer kurzen Darstellung der Ergebnisse

der

Analyse der G e b r a u c h s b e d i n g u n g e n dieser Konjunktionen als

Einheiten

aus einem K o n t e x t b e s c h r ä n k u n g s -

("Erwartungs-) Teil und einem Be-

deutungsteil werden Formen der Umsetzung der Analyseergebnisse Beschreibungen formuliert, die sich einer

lexikographischen Metasprache bedienen. Des weiteren werden

Er-

gebnisse von Tests vorgestellt, die mit potentiellen Nutzern cher lexikographischen

in

allgemeinverständlichen sol-

Beschreibungen durchgeführt wurden. In die-

sen Tests sollten die Formative gefunden werden, deren

Gebrauchs-

bedingungen beschrieben wurden. Die Tests dienten dem Ziel, die benutzerfreundlichste

Art der Beschreibung der

gen zu ermitteln. Es erwies sich, daO für die der Gebrauchsbedingungen

GebrauchsbedingunVeranschaulichung

von F u n k t i o n s w ö r t e r n wie den oben

genann-

ten eine Illustration durch systematisch ausgewählte Beispiele Verwendung der Wörter unabdingbar

ist.

der

XIII Die bisher wenig untersuchte Problematik der interessen behandelt Birgit Wolf in dem

Wörterbuchbenutzer-

fünften

Beitrag

"Wörterbuch und Benutzer - Versuch einer empirischen

Untersuchung"

(S. 295 - 389). Es wird über die Ergebnisse einer Erhebung zu Fragen der Wörterbuchbenutzung und der Beurteilung von Wörterbüchern im Jahre 1988 in der DDR berichtet.

In einigen

Fragen,

ζ. B. nach dem Angebot im Buchhandel spiegelt sich die nun historisch gewordene Situation wider, die meisten aber haben nichts ihrer Aktualtität verloren. Es wird der Fragenkatalog

vorgestellt,

der einer größeren Anzahl von Probanden unterschiedlichen und aus verschiedenen B e r u f s g r u p p e n vorgelegt wurde. Die teten Antworten können präzisere Hinweise auf reale s i t u a t i o n e n und Informationsbedürfnisse

von

Alters ausgewer-

Bedarfs-

geben und nützlich für

günstigere Darstellung der Informationsangebote

eine

in Wörterbüchern

u n t e r s c h i e d l i c h e n Typs sein. Erhard Agricola der Lexikonstruktur

stellt im

sechsten

vor mit dem Titel

Beitrag sein Modell

"Ermittlung und

der lexikalischen Makrostruktur des Wortschatzes" Im Rahmen einer umfassenden Untersuchung mit der

(S. 390 - 503). Bezeichnung

"Studien zu einem K o m p l e x w ö r t e r b u c h der lexikalischen M e d i o - und Makrostrukturen"

Darstellung

Mikro-,

ist ermittelt worden, ob und wie weit

es möglich ist, die von der m o d e r n e n t h e o r e t i s c h e n Forschung kannte Komplexität

lexikalisch-semantischer

mit den Mitteln der üblichen Lexikographie

Systembeziehungen

"Lexikalische

Makrostruktur des Wortschatzes", d. h. die p a r a d i g m a t i s c h e n Beziehungen von

bezeichneten G e s a m t o r d n u n g des

Besondere Aufmerksamkeit

wird dem Problem der häufigen

keit mehrfacher semantischer

Klassifizierung

heiten ( " M u l t i d i m e n s i o n a l i t ä t " )

und

lexikalischen

Einheiten innerhalb von und zwischen W o r t f e l d e r n , sowie der als "Megastruktur"

auch

darzustellen. Der vor-

liegende Aufsatz behandelt daraus den Teilbereich die s y n t a g m a t i s c h - k o l l o k a t i o n e l l e n

er-

Fragen

Lexikons. Notwendig-

lexikalischer

Ein-

geschenkt.

Alle Autoren würden es a u ß e r o r d e n t l i c h begrüßen, wenn das diesem Band vorgelegte Angebot zur Fortführung

der Diskussion

in von

XIV vielen Fachkollegen aufgegriffen würde und wenn die Veröffentlichung mit dazu beitragen könnte, das nach wie vor noch bestehende Nebeneinander von Semantiktheorie und Lexikographie durch ein Miteinander zu ersetzen.

Berlin, im Januar 1992

Die Herausgeber: Ursula Brauße Dieter Viehweger t

XV Anmerkungen 1

Wortschatzforschung heute: Aktuelle Probleme der Lexikologie und Lexikographie. 1982. Hrsg. von Erhard Agricola, Joachim Schildt, Dieter Viehweger. Leipzig.

2

Die Lexikographie von heute und das Wörterbuch von morgen. Analysen - Probleme - Vorschläge. 1983. Vorträge der Arbeitstagung über moderne Aspekte der W o r t s c h a t z f o r s c h u n g . Linguistische Studien/ZISW, Reihe A 109. Berlin.

3

Kempcke, Günter. 1980. H a n d w ö r t e r b u c h der deutschen Gegenwartssprache. Ein Arbeitsbericht. In: Zeitschrift für Germanistik 3. 347-356. Viehweger, Dieter. 1982. Semantiktheorie und praktische kographie. In: Zeitschrift für Germanistik 2. 143-155.

Lexi-

- 1983. Wege zu einem neuen Typ von Bedeutungswörterbüchern. In: Zeitschrift für Germanistik 4. 261-270. - 1985. Das B e d e u t u n g s w ö r t e r b u c h als Sprachnachschlagewerk. In: Zeitschrift für Germanistik 6. 458-463. Herberg, Dieter. 1983. Aspekte gegenwärtiger und künftiger Lexikographie. In: Zeitschrift für Germanistik 4. 81-85. Pasch, Renate. 1987. Ja, Lexikographie kann angewandte Semasiologie sein und muß es auch. In: Zeitschrift für Germanistik 5. 577-582. Brauße, Ursula. 1988. Ist die lexikalische Semantik eine Theorie der Autosemantika? In: Zeitschrift für Germanistik 595-602. 4

Herberg, Dieter. 1986. Zur Einleitung des Handwörterbuchs deutschen Gegenwartssprache (HDG). In: ZPSK 2. 195-205. Viehweger, Dieter. 1986. Grammatik 161-168.

im Wörterbuch.

Brauße, Ursula. 1988. Partikelforschung und graphie. In: ZPSK 6. 383-387.

5. der

In: ZPSK 2.

Partikellexiko-

5

Agricola, Erhard, Ursula Brauße, Ilse Karl, Klaus-Dieter Ludwig. 1987. Studien zu einem Komplexwörterbuch der lexikalischen Mikro-, Medio- und M a k r o s t r u k t u r e n . Linguistische Studien/ZISW, Reihe A 169 I, II. Berlin.

6

Probleme der semantischen Analyse. 1977. Von einem Autorenkollektiv unter der Leitung von Dieter Viehwjger (= studia grammatica XV). Berlin.

URSULA

BRAUSSE

FUNKTIONSWÖRTER

1. 1.1. 1.2. 1.3.

IM WÖRTERBUCH

Zur 'Bedeutung' von Funktionswörtern im Rahmen neuer Lexikonkonzepte Einige Fragestellungen der lexikalischen Semantik heute Was ist lexikalisches Wissen? Ist Komponentialität ein generelles Organisationsprinzip des Lexikons?

2. 2.0. 2.1. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7.

Was sind Funktionswörter? Gibt es zwei Arten von Wortbedeutung? Auto-/Synsemantika Begriffs-/Beziehungsbedeutung Lexikalische Vollständigkeit Denotative / nicht denotative Bedeutung Deskriptive / logische Konstanten Eidetische / operative Bedeutung Schlußbemerkung

3.

Makrostrukturen und Wortfelder

4. 4.1.

Zum Stand der Funktionswortlexikographie Metalexikographische Untersuchungen zu einsprachigen Funktionswörterbüchern Zur zweisprachigen Funktionswortlexikographie Wörterbücher und Wörterbuchprojekte einzelner Funktionswortklassen

4.2. 4.3.

5. 5.1. 5.2. 5.3.

im

Funktionswortschatz?

Offene Fragen zu Modalpartikeln und ihrer Darstellung im Wörterbuch Zur Syntax der Modalpartikeln. Ihre Bestimmung als Wortklasse Zur Bedeutung der Modaipartikeln Die von einer Konjunktion abgeleitete Modalpartikel doch

6.

Fazit: Für Funktionswörter notwendige im Wörterbuch

7.

Vorschlag eines Wörterbuchartikels

Lexikoneinträge

für das Lexem doch

2

1.

Zur

'Bedeutung' von Funktionswörtern

im Rahmen

neuer

Lexikonkonzepte 1.1

Einige Fragestellungen zur lexikalischen Semantik

heute

Die Diskussionen zur lexikalischen Semantik haben in den 80er Jahren einen erneuten Aufschwung genommen. In den 60er und 70er Jahren galt die Merkmalsemantik oder Komponentenanalyse

relativ

unangefochten als adäquate Beschreibungsmethode

Wortbe-

deutung.

für die

In den letzten Jahren ist nun dieses Konzept

massiver

Kritik ausgesetzt gewesen. Die Kritik richtet sich vor allem gegen folgende Annahmen der

Merkmalsemantik:

(a) die Bedeutung eines Wortes sei

restlos

in Merkmale

zerlegbar; (b) die Bedeutung eines Wortes sei durch eine notwendige hinreichende Anzahl von Merkmalen (c) die Bedeutungsmerkmale (d) a l l e

Referenten,

zeichnet werden können, besitzen

,

seien

und

definierbar ;

hierarchisch

geordnet;

die mit einem bestimmten Wort bemüssen

genau

die

Merkmale

nach denen die mit dem Wort gekoppelte

bildung vorgenommen

Klassen-

wurde.

Diese Kritik an der Komponentenanalyse

geht von einem auf die Ar-

beiten von Putnam

(1975) und Rosch (1978) gegründeten

Bedeutungskonzept

aus. Nach diesem Konzept der Prototypen- oder

Stereotypensemantik

sind Wortbedeutungen nicht genau

holistischen bestimmbar

und infolge dessen auch nicht durch Komponenten analysierbar. sind vage und haben "unscharfe Ränder". Die

Sie

Referenzbeziehungen

seien geregelt nach dem Prinzip der Ähnlichkeit mit dem

Prototypen,

dem typischen Vertreter der Extension. Es wird angenommen, daß die Bedeutungen um ein Zentrum organisiert sind, das mit Hilfe von "Stereotypen"

(= typischen Eigenschaften eines Referenten,

die

als Merkmale benannt werden können) bestimmt wird. Es gibt dabei keine genau bestimmbaren Grenzen zur Nachbarkategorie,

sondern

es ist lediglich der Abstand der Randbereiche vom Zentrum stellbar. Die stereotypischen Eigenschaften sind

fest-

untereinander

nicht hierarchisch geordnet, und es gibt auch kein Kriterium ihre

für

Vollständigkeit.

Im Zusammenhang mit der Stereotypensemantik

wird auch die alte

Diskussion über das Verhältnis zwischen Sprach- und Sachwissen

3 bzw. lexikalischem vs. enzyklopädischem Wissen neu belebt. Man unterscheidet jetzt unter Bezugnahme auf Putnam zwischen

stereotypi-

schem oder mehrheitlichem Wissen, das die lexikalische

Bedeutung

ausmache und dem enzyklopädischen oder Expertenwissen, das nur Fachleute mit dem Begriff verbinden. Die Grenze zwischen den beiden angenommenen Wissensmengen ist natürlich schwierig

festzule-

gen, und sie kann sich verlagern. Beide Wissensmengen müssen als offen und ständig erweiterbar

gelten.

Die Konsequenz dieser Auffassung von lexikalischem vs. enzyklopädischem Wissen ist, daß lexikalisches Wissen über bekannte Dinge reichhaltiger

ist als das über weniger

allgemein bekannte.

So gibt es ζ. B. ein mehrheitliches Wissen, daß neben anderen Arten wie Roggen, Weizen und Hafer auch Hirse eine Getreideart

ist.

Über diese Art weiß der Laie aber weniger als über die heute noch in unserer Gegend kultivierten Arten, oft nicht mehr als die kategorielle Einordnung. Es gibt auch, besonders unter den Artefakten, allen Sprechern sehr bekannte Gegestände, über die das mehrheitliche Wissen minimal ist. Mit dem Wort Kupplung ζ. B. wird im Durchschnitt nicht mehr als das Wissen über die

generelle

Funktion des so bezeichneten Gegenstandes als Teil des Autos bunden. Jegliches Wissen über Aussehen und Wirkungsweise Autoteils muß danach als Fachwissen gewertet Wenn nun für allgemeinsprachliche

dieses

werden.

Bedeutungswörterbücher

fordert wird, daß diese nur lexikalisches, kein oder Fachwissen enthalten sollten, müssen die

ver-

ge-

enzyklopädisches

Bedeutungsangaben

für wenig bekannte natürliche Arten oder etwas komplexere

Arte-

fakte notgedrungen mager ausfallen. Kann es aber die Aufgabe Bedeutungswörterbüchern

sein, nur das der Mehrheit ohnehin

te aufzuzeichnen und das weniger Bekannte zu unterdrücken? Information könnte dann der unbekannte Benutzer in einem Wörterbuch suchen

von

BekannWelche

solchen

wollen?

An diesem Punkt der Diskussion wird schon sehr deutlich, sie auf ganz bestimmte Wortschatzbereiche

eingeschränkt

daß

ist, näm-

lich auf die natürlichen Arten und Artefakte oder, in älterer Terminologie, auf die Realia. Nur für diesen Wortschatz die oben beschriebenen Fragen in dieser Form auf. Daß

treten

bestimmte

Probleme auf einzelne Wortarten beschränkt sind, kommt aber in vielen Diskussionen zur lexikalischen Semantik nicht so vordergründig zur Geltung. Es entsteht der Eindruck einer

kompletten

4

Umorientierung der lexikalischen Semantik, obwohl doch die Daten, aus denen Konsequenzen für diese Neuorientierung

gezogen

werden,

aus einem schmalen Bereich der Autosemantika stammen, aus dem der Realia. Es scheint uns deshalb eine notwendige, wenn auch nicht che Aufgabe für weitere Untersuchungen zur lexikalischen

einfa-

Semantik

zu sein, systematisch zu prüfen, ob die ζ. Z. diskutierten

Bedeu-

tungskonzepte nur auf Autosemantika zugeschnitten sind oder für größere Teile des Wortschatzes unter Einbeziehung der wortklassen Gültigkeit

Funktions-

besitzen.

Die folgenden Diskussionspunkte

sind nur einige von denen, die

eine fundierte Prüfung daraufhin erfordern, ob sie nur

wortart-

spezifisch zu beantworten sind, oder ob es sich um Prinzipien handelt, die innerhalb des gesamten Lexikons wirksam

1.2

Was ist lexikalisches

sind.

Wissen?

Aus dieser Sicht erscheint uns die neuerliche Diskussion über das in einem Lexikonzeichen kodifizierte

"lexikalische Wissen"

etwas

einseitig darauf orientiert, wie dieses von dem ebenfalls im Gedächtnis gespeicherten enzyklopädischen Wissen über die gleiche Erscheinung zu trennen ist. Eine angenommene Unterscheidung lexikalischem und enzyklopädischem Wissen setzt u. E. ganz sichtlich voraus, daß es sich bei den ins Auge gefaßten

von offen-

Lexikon-

zeichen um solche aus dem Bereich der Autosemantika handelt. davon ausgegangen wird, daß Lexikonzeichen Wissen über

Wenn

bestimmte

Bereiche repräsentieren, und zwar mehrheitlich akzeptiertes

Wis-

sen, das innerhalb einer bestimmten menschlichen Gemeinschaft Erscheinungen und' Gegenstände der Wirklichkeit gewonnen dann ist zu fragen, wie sich die Bedeutung von in einen so gefaßten Bedeutungsbegriff

über

wurde,

Funktionswörtern

einordnen läßt. Im Zusam-

menhang mit Autosemantika stellt sich die Frage, wieviel von dem bei den verschiedenen Kommunikationsteilnehmern

möglicherweise

sehr unterschiedlichen Wissen über einen Gegenstand bzw. eine Erscheinung der Realität zum sprachlichen Wissen zu zählen ist. Diese Frage ist aber wohl nicht von der Problematik der

Wortklassen

zu trennen. Es ist m. E. nicht zulässig, diese Frage als generelles Problem der lexikalischen Semantik zu behandeln, aber nur den

5 Bereich der Realia zu berücksichtigen, wie es oft geschieht,

wenn

die Ergebnisse psychologischer Forschungen zur Begriffs- und Wortbedeutungsentwicklung

auf die lexikalische Semantik

übertragen

werden. Während in der Psychologie bisher das Stereotypenkonzept

fast

ausschließlich auf Objektbegriffe und Objektwörter angewandt de und manchmal auch ausdrücklich festgestellt wird

(Wannenmacher/

Seiler 1985, 26), daß sich erst noch erweisen muß, ob

prototypen-

orientierte Entwürfe auch f.ür die Erforschung der Bedeutung rer Wortarten heranziehbar sind, wird eine solche

ande-

Einschränkung

in den linguistischen Untersuchungen, die Probleme der schen Semantik unter Einbeziehung

wur-

von Konzepten der

lexikali-

Stereotypen-

semantik behandeln, meist nicht gemacht, so daß der Eindruck

ent-

steht, als sei dieses Konzept bereits für alle Klassen des Wortschatzes

erprobt.

Bereits für die Abstrakta (sowohl Nomina als auch Verben) erscheint die Einteilung in lexikalisches vs. enzyklopädisches

oder

mehrheitlich akzeptiertes vs. Expertenwissen nicht mehr so intuitiv einleuchtend wie bei der Bedeutungsbeschreibung

von Realia.

Wieder anders liegt der Fall, wenn wir die Bedeutung von Funktionswörtern betrachten. Nehmen wir als Beispiel die Bedeutung

von

Konjunktionen. Wenn wir selbst annehmen, daß für die von Konjunktionen ausgedrückte Bedeutung, bestimmte Denkoperationen zu bezeichnen, in einem solchen Bedeutungskonzept

Platz ist, das die

Bedeutung von lexikalischen Einheiten insgesamt als die Fixierung bestimmten von Menschen über Erscheinungen und Gegenstände

der

Realität gewonnenen Wissens betrachtet, d. h. wenn wir die

Exten-

sion des Ausdrucks "Realität" oder "Wirklichkeit" so fassen, daß auch die Denkoperationen darin Platz haben, dann muß man

immer

noch fragen, in welcher Weise der Ausdruck

Verständ-

nis konjunktionaler Bedeutung angebracht

"Wissen" beim

ist.

Das Wissen, das in der Bedeutung von Ausdrücken für Realia repräsentiert ist, ist ein mehr oder weniger umfangreiches von den bezeichneten "Sachen". Was in der lexikologischen sion als "sprachliches" oder "lexikalisches" Wissen

Wissen Diskus-

betrachtet

wird, ist das Wissen von den Sachen, das als allgemein

verbreitet

gilt. Dem Wesen nach ist es aber genauso Sachwissen wie das weitergehende Wissen von den Sachen, das als Expertenwissen oder en-

6

zyklopädisches Wissen bezeichnet wird. Da die Wörter aus dem Bereich der Realia nun einmal "Sachen" bezeichnen, oder

anders

gesagt; natürliche Arten und Artefakte, oder, noch anders: jektbegriffe, ist es auch nicht verwunderlich, daß ihre aus Wissen über die betreffenden Gegenstände und

Ob-

Bedeutung

Erscheinungen

besteht. Die Bedeutung eines solchen Wortes kann erläutert den, indem die entsprechende Sache oder Erscheinung

wer-

beschrieben

wird. Gegen eine strikte Trennung von stereotypischem und enzyklopädischem Wissen spricht sich auch Wiegand (1987) aus. Das "Wissen" dagegen, das die Bedeutung von Konjunktionen

aus-

macht, muß anderer Art sein. Es unterscheidet sich schon darin von dem in Realia kodifizierten Wissen, daß es den

Sprachteilneh-

mern nicht in gleichem Maße präsent ist. Man mag es als paradox ansehen, daß zwar einerseits den Sprechern einer Sprache die Bedeutung der Konjunktionen bekannt sein muß, da sie sie

angemessen

verwenden in einem gemeinsamen Sinne, der die Kommunikation

mög-

lich macht, andererseits die gleichen Sprecher aber oft Schwierigkeiten haben, die konjunktionale Bedeutung in Worten zu beschreiben. Dabei kann wahrscheinlich die Mehrzahl in allgemeinere Bedeutungskomplexe daß Muttersprachler

Einordnungen

vornehmen. So ist

anzunehmen,

auf die Frage nach der Bedeutung von aber an-

geben könnten: "drückt einen Widerspruch aus", oder von weil: "gibt den Grund an". Dagegen ist es sehr unwahrscheinlich, ein durchschnittlicher Sprecher, der sehr richtig die

daß

bedeutungs-

verwandten Konjunktionen denn, da und weil zu verwenden

weiß,

auch angeben könnte, worin die sehr subtilen Unterschiede

zwischen

ihren Bedeutungen bestehen, die Pasch (1983) beschrieben hat, oder daß dieser auf Anhieb die Unterschiede in den Verwendungen aber und sondern aufzählen kann. Ein deutscher muß sich diese Bedeutungsunterschiede

von

Muttersprachler

auch nicht so klar

machen,

denn er hat die richtige Verwendung dieser Konjunktionen

(offen-

bar unbewußt) gelernt. Für den Ausländer, der Deutsch lernt, ζ. B. einen Franzosen, in dessen Muttersprache diese

Unterscheidung

nicht gemacht wird, ist eine präzise Beschreibung des

Bedeutungs-

unterschiedes aber notwendig. Ein Deutschlehrer, dessen Muttersprache Deutsch ist, muß sich (mit Hilfe von Wörterbüchern anders) für den Unterricht bei Ausländern diesen

oder

Bedeutungsunter-

7 schied erst bewußt machen, um ihn beschreiben zu können. In noch geringerem Maße sind die komplexeren Bedeutungen der

negations-

haltigen Konjunktionen statt daß und ohne daß, wie Pasch in diesem Band getestet hat, Personen präsent, die keine Ausbildung semantischer Analyse haben, und selbst Linguisten mit

gen Kenntnissen nur bedingt. In ähnlicher Weise äußerten auch Weydt/Hentschel

(1983) und Wolski

in

einschlägisich

(1986: 328) im Hinblick

auf die Schwierigkeiten bei der Analyse von

Partikeln.

Welche Schlüsse muß man aus diesen Fakten ziehen?

Offensicht-

lich liegt eine andere Art von "Wissensrepräsentationen" Bedeutung von Konjunktionen vor. Was weiß der

bei der

durchschnittliche

Sprecher über die Denkoperation, die er mit der Konjunktion drückt? Führt er mit der Verwendung der betreffenden

aus-

Konjunktion

zwar eine bestimmte Denkoperation aus, kann sie aber nicht beschreiben? Ist, da das mehrheitliche Wissen über die

Bedeutung

der Konjunktionen sehr dürftig ist, ihre lexikalische

Bedeutung

vage und nur in groben Zügen angebbar? Ist der größere Teil des Wissens über die Bedeutung von Konjunktionen dann Experten wären in diesem Fall Linguisten ter: Spezialisten auf dem Gebiet der

Expertenwissen?

(oder noch

eingeschränk-

Funktionswörter).

Das Expertenwissen gehört aber, wie oft betont wird, nicht zum lexikalischen Wissen. Wenn nun die Bedeutung der

Konjunktion

nur das ist, was mehrheitlich über den Inhalt dieses

Lexikon-

zeichens gewußt wird, dann ist das nicht viel. Außer, man würde den Ausdruck

"Wissen" so weit fassen, daß er auch solche im Ge-

dächtnis gespeicherten Distinktionen zwischen möglichen

Relationen

oder Operationen einbezieht, die der Sprecher zwar mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Ausdrücke machen kann, die ihm aber nicht in dem Maße bewußt sind, daß er sie mit Worten benennen

könnte.

Ein solches Verständnis von "Wissen" würde jedoch allen

Gepflogen-

heiten in Logik und Semantik

widersprechen.

Diese Fragen zu "mehrheitlich", zu "Wissen" und zu der Unterscheidung von lexikalischem und enzyklopädischem Wissen sich u. a. bei dem Versuch, Funktionswörter

in

Bedeutungskonzepte

einzubeziehen, die lexikalische Bedeutung mit Blick auf tika definiert

haben.

stellen Autoseman-

8

1.3

Ist Komponentialität ein generelles

Organisationsprin-

zip des Lexikons? Wir wollen einen zweiten Fragenkomplex

kurz umreißen, der in der

Diskussion zur lexikalischen Semantik eine Rolle spielt, wenn es darum geht, ob die Bedeutung von Funktionswörtern mit den vorhandenen Bedeutungstheorien vereinbar ist. Es ist die Frage, ob das Komponentialitätsprinzip Organisationsprinzip

als ein für das gesamte Lexikon

gültiges

angesehen werden kann. Eine solche Frage

wird von denen gestellt, die die Dekomponierbarkeit

lexikalischer

Bedeutung zwar generell nicht bezweifeln, aber im Unklaren ob eine solche Annahme für das gesamte Lexikon gemacht kann. Die Frage steht in engem Zusammenhang mit den

Auffassungen

dazu, welche Einheiten als semantische Merkmale anzusehen Es ist klar, daß die von Funktionswörtern wie den

sind,

werden sind.

Konjunktionen

ausgedrückte Bedeutung andere Einheiten zu ihrer Beschreibung

er-

fordert als die Bedeutung der Autosemantika. Das muß aber kein grundsätzliches Unterscheidungskriterium

zwischen

Autosemantika

und Synsemantika sein, denn auch jede autosemantische benötigt spezifische

Wortklasse

Beschreibungseinheiten.

Welches die adäquaten Beschreibungselemente

sind, ist noch

nicht für alle Funktionswortarten eindeutig geklärt. Während die Frage der wortartspezifischen Besonderheiten der

semantischen

Grundeinheiten für die bereits gründlicher untersuchten

Konjunk-

tionen im wesentlichen als geklärt zu betrachten ist, ist sie für die Bedeutung anderer Funktionswortarten wie ζ. B. der Modalpartikeln noch strittig. Es gibt hier kein Einverständnis

darüber,

worin die Eigenbedeutung dieser Wortart besteht, ob sie eine Sprechereinstellung

zu einem Sachverhalt ausdrückt oder ob sie die

mit anderen Mitteln ausgedrückte Einstellung des Sprechers zu anderen möglichen Einstellungen in Beziehung

setzt.

Ungeachtet der unterschiedlichen Auffassungen zur der Modalpartikeln sind aber auch die aufgrund

Bedeutung

vergleichender

Bedeutungsanalysen aus diesem Bereich erkennbaren

Strukturen

deutbar als komponentiell gegliedert. Die Komponentialität

ist

mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das Prinzip, das ein Unterscheidungskriterium

zwischen Autosemantika und

Funktionswörtern

bildet. Für das Wirken dieses Prinzips in allen Bereichen

spricht

9 auch die Tatsache, daß Makrostrukturen oder semantische deren Struktur ja durch das Vorhandensein gemeinsamer komponenten charakterisiert

ist, auch im

Felder,

Bedeutungs-

Funktionswortbereich

festgestellt werden. Die traditionelle Kategorisierung

der Kon-

junktionen und Präpositionen beruht darauf. Konjunktionen ζ. B. werden nach Bedeutungseinheiten gruppiert als temporal,

kausal,

final, adversativ, konzessiv etc. Innerhalb dieser Gruppen sind weitere Differenzierungen nach bestimmten Merkmalen

möglich.

Ausführlicher dazu vgl. 3. Zweifel bei der Beurteilung der turprinzipien im Funktionswortbereich

treten in anderen

Struk-

Fragen

auf.

1.3.1

Das

Hierarchieprinzip

Die Merkmalsemantik der 60er und 70er Jahre basierte auf der Annahme, daß die einen Begriff konstituierenden

semantischen

Merkmale nach hierarchischen Prinzipien geordnet und in dieser Form auch im Gedächtnis gespeichert sind. Ein solches

Ordnungs-

prinzip wurde sowohl in Theorien aus der Psychologie als auch der Linguistik als Erklärungsbasis für Gedächtnisleistungen

ver-

wendet und unterstellte eine Ordnung der Begriffe bzw. der Wörter innerhalb der Felder. Auch dieses Prinzip wurde jetzt kritisch beleuchtet, vor allem aufgrund von Theorien, die von der Psychologie erarbeitet worden

sind.

Es wird nicht mehr angenommen, daß der Prozeß der bildung in einer vollständigen Systematik aller und einem umfassenden Klassifikationssystem kenntnistätigkeit

Begriffs-

Erscheinungen

als Ergebnis der Er-

des Menschen gipfelt. Vielmehr glaubt man, daß

die Klassifizierungsleistungen,

die dem Menschen zur

Erkenntnis

der Welt dienen, immer nur bestimmte Teilbereiche umfassen. griff shierarchien entstehen aufgrund einer wichtigen

Be-

Eigenschaft

von Begriffen: der Transitivität der Merkmale. Hierarchische

Be-

ziehungen zwischen Begriffen werden so verstanden, daß die Merkmale der Oberbegriffe auch den ihnen untergeordneten

Begriffen

zukommen. Diese Eigenschaft ist wesentlich für das Begreifen von Zusammenhängen zwischen Begriffen und für das Lernen und das Verständnis neuer

Begriffe.

10 In neueren psychologischen Untersuchungen wurde darauf merksam gemacht, daß das Hierarchieprinzip

natürlichen Begriffe oder der Objektbegriffe nicht wirkt, sondern daß es außer Mehrfach- oder

ausnahmslos

Kreuzklassifikationen,

die man schon seit langem kennt, gewisse Einschränkungen Transitivität gibt (Hoffmann 1986:

der

37).

Es wird auch die Frage diskutiert, ob unterschiedliche mationsverarbeitungsprozesse

auf-

auch im Bereich der

in unterschiedlichen

Infor-

Entwicklungs-

stadien des Menschen typisch sind. So vertreten einige

Psycholo-

gen den Standpunkt, daß jüngere Kinder in stärkerem Maße eine holistisch ausgerichtete Informationsverarbeitung

verfolgen,

daß die prototypischen Begriffe, über die diese Kinder

verfügen,

unanalysierte Ganzheiten sind und nicht über analytische beitungsprozesse zustande kommen. Erst die weitere

d.h.

Verar-

Erarbeitung

der Intension und Extension von Begriffen käme über

Vergleichs-

prozesse zustande, die analytischer Natur sind. So verfügen

erst

ältere Kinder und Erwachsene über hierarchisch koordinierte

Syste-

me von Begriffen, die auf Merkmalen verschiedenster Art (Seiler/Wannenmacher

aufbauen

1985:· 22).

Auch diese Theorien aber, die hierarchische Strukturen Begriffssystemen und Wortfeldern untersuchen, beschränken

von sich

auf Objektbegriffe bzw. auf die Wortbedeutung von

Substantiven.

So scheint in der Psychologie die Diskussion über

Komponentiali-

tät und Hierarchieprinzip

vs. holistisch orientierte

theorien auf Objektbegriffe bzw. Substantive

Prototypen-

eingeschränkt.

In der Linguistik war das Wirken der Hierarchien von der Komponentenanalyse

in allen autosemantischen Wortarten

untersucht

worden. Wenn es jetzt mehr oder weniger explizit in Frage wird, so ist es notwendig zu überprüfen, ob die

gestellt

Einschränkungen,

die aus der Psychologie in die Semantik übernommen worden

sind,

auch nur für die Substantive Gültigkeit besitzen oder auch für die anderen autosemantischen Wortarten, vor allem die Verben und die

Adjektive. Wieder eine andere Frage ist es, ob Hierarchien auch für den

Bereich der Synsemantika anzunehmen sind. Eine solche

Annahme

ist auch im Rahmen der Komponentenanalyse nie gemacht

worden,

da diese Wortarten dort wenig behandelt wurden. Die Frage

ist

11 also völlig offen. Die wenigen bisher vorhandenen

Felduntersuchun-

gen für den Bereich der Funktionswörter schließen zwar die keit der Beschreibung von Funktionswörtern mit Hilfe von

Möglich-

Komponen-

ten nicht aus, lassen aber nicht erkennen, ob hierarchische hungen zwischen den in semantischen Feldern gruppierten schen Einheiten

Bezie-

lexikali-

bestehen.

So ist eine Parallele zu den bei den Substantiven

erkennbaren

unterschiedlichen Ebenen der Begriffsbildung, von denen eine Ebene, die der Primärbegriffe oder basic-level-concepts Seiler/Wannenmacher

(Klix

1985: 24; Hoffmann 1986: 72) eine

1984,

hervorgeho-

bene Stellung einnimmt, nicht zu erkennen.

1.3.2

Vagheit der

Bedeutung

Dem Prinzip der klassischen Merkmalanalyse zufolge war die Wortbedeutung durch eine bestimmte Anzahl von Merkmalen Diese Merkmale stellten die Menge notwendiger und Bedingungen dar, die eine genaue Abgrenzung der

festgelegt.

hinreichender

Wortbedeutung

gegenüber anderen ähnlichen ermöglicht. Sie wurden als definierende Merkmale verstanden. Gegen diese Auffassung von Bedeutung wurde in den letzten Jahren zunehmend häufig Stellung

genommen.

Es wurde geltend gemacht, daß nur ein geringer Teil des Lexikons, nämlich der Fachwortschatz in dieser Weise adäquat

darstellbar

sei, der überwiegende Teil des Wortschatzes jedoch zeichne sich dadurch aus, daß er nicht klare, diskrete Einheiten

enthalte,

sondern vage Begriffe mit "unscharfen Rändern", "fuzzy

concepts".

Zur Beschreibung dieser Art von Bedeutung seien holistische rien geeigneter als Merkmalkonzepte. Diese Auffassung

Theo-

scheint

sich ζ. Z. weithin durchgesetzt zu haben, wenn man die

Erklärung

Fleischers (1986), mit der er 1985 die Meinung der Teilnehmer VII. Internationalen Germanisten-Kongresses

in Göttingen

faßte, verallgemeinern darf. Auch auf dem XIV. Linguisten-Kongreß

zusammen-

Internationalen

in Berlin 1987 wurde die Notwendigkeit

Ergebnisse der Stereotypensemantik

des

für die lexikalische

betont,

Semantik

zu nutzen. Nur selten gibt es Einspruch und prinzipielle wie die von Weigand (1987a und b) und Wolski' (1988) gegen

Einwände holisti-

sche Konzepte, in denen die Forderung aufgestellt wird, wegen der

12 Unscharfe der traditionellen Kategorien auf diese völlig zu verzichten. Weigand gibt zu bedenken, daß, wenn auch die

holisti-

schen Modelle als Versuch betrachtet werden dürfen, ein

adäqua-

teres Bild von der Komplexität der Realität zu erhalten, man auf der anderen Seite feststellen muß, daß es zumindest auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft die Stereotypensemantik

bisher nicht gelungen ist, die durch

anvisierte holistische Sicht von Wortbe-

deutung anzuwenden. Vielmehr scheint es so, als ob die typischen Beschreibungen von Wortbedeutung

in ihrer

Kraft hinter solchen mit Bedeutungskomponenten

stereo-

erklärenden

zurückbleiben.

Nur

analytisch erfaßbare Kategorien ermöglichen es, Strukturen und Beziehungen zwischen Erscheinungen der Realität zu verstehen,

auch

wenn sie ihrer Natur gemäß unscharf sein müssen. Wolski, der bereits 1980 das Problem der Vagheit eingehend

be-

handelt hatte, kritisiert ebenfalls, daß diese Ansätze zur lexikalischen Semantik nicht an ausschließlich sprachbezogenen drücken entwickelt wurden, was vielfach zu falschen

Aus-

Generalisie-

rungen geführt habe. Er plädiert ebenfalls für eine bessere guistische Fundierung des Stereotypenkonzepts und seine

lin-

Verifika-

tion für weitere lexikalische Kategorien über die Substantive aus (Wolski 1988). Einen Versuch, das Stereotypenkonzept Funktionswörter anzuwenden, machte Heringer totypischen Beschreibung der Partikel

hin-

auf die

(1988) mit einer pro-

ja.

Die Ausdrucksweise von den "unscharfen Rändern" der bezieht sich darauf, daß die mit Merkmalen gewonnenen

Begriffe Kategorien

von Erscheinungen der Realität so gebildet sind, daß zwar die typischen Referenten, die dieser Kategorie zuzuordnen sind, über die Kategorienmerkmale

verfügen, daß es aufgrund der

Vielfältig-

keit der Erscheinungen der Realität aber andere Referenten

gibt,

die nicht alle geforderten Merkmale besitzen, so daß Zweifel treten können, ob sie auch zu der Kategorie zu zählen sind. es nun vergleichbare Erscheinungen auch bei den ζ. B. den

aufGibt

Funktionswörtern,

Konjunktionen?

Es war schon die Rede davon, daß die Hierarchieebenen,

die

wir für die natürlichen Begriffe annehmen, vermutlich bei den Funktionswörtern nicht in der gleichen Form anzutreffen Als gesichert können wir vorläufig nur zwei Ebenen

sind.

annehmen:

die Ebene der Oberbegriffe für semantische Felder wie

"temporale

13

Konjunktionen" und die Ebene der lexikalischen Einheiten, d. h. der einzelnen Konjunktionen. Da die Oberkategorie

"temporale

Kon-

junktion" aber nicht lexikalisiert, d. h. als Wort präsent ist (wie ζ. B. die Oberkategorie Gemüse für die Einheiten Erbse, ne, Mohre), muß sie auch nicht unter dem Aspekt der Vagheit

Bohvon

Wortbedeutungen geprüft werden. Es kann also nur darum gehen, zu untersuchen, ob die Bedeutungen der einzelnen Konjunktionen

vage

oder wohlbestimmt sind. Die Frage reduziert sich darauf, ob es möglich ist, die Bedeutung einzelner Konjunktionen mit Hilfe von Komponenten oder andere so eindeutig

zu bestimmen, daß diese von

der Bedeutung anderer Konjunktionen des gleichen Feldes klar abgrenzbar sind. Die Versuche, Bedeutungsbeschreibungen

für

Konjunk-

tionen zu erarbeiten, laufen in diese Richtung, man kann aber wohl bisher noch nicht absehen, ob die Beschreibungsmöglichkeiten Grenzen

an

stoßen.

Dagegen ist schon klar, daß im Bereich der Mediostruktur

(in

der Terminologie von Agricola 1988) der Begriff der Vagheit eine andere Dimension erlangt, wenn er auf Funktionswörter wird. Mediostrukturelle Unscharfen wurden in der Semantik der Autosemantika traditionell

angewendet

lexikalischen

im Zusammenhang mit

kalischer Mehrdeutigkeit bzw. Homonymie und Polysemie

lexi-

behandelt.

Bei der Untersuchung dieser Erscheinungen des Wortschatzes schon immer die Unscharfe der Grenzen zwischen mehreren

ist

Bedeutun-

gen des gleichen Wortes beklagt worden. Bei den Autosemantika

gab

es jedoch keine Zweifelsfälle in der Hinsicht, daß die

Wortart-

zugehörigkeit

Erscheinung

in Frage stand. Polysemie wurde als eine

behandelt, die im Rahmen einer Wortart auftrat. Zwar kannte man auch Fälle von lexikalischer Mehrdeutigkeit, wo wie im Falle sein die Wortartengrenze überschritten war. Bei den hier in Frage kommenden drei Wortbedeutungen als Possessivpronomen,

als Verb und

als Substantiv liegt zwar lexikalische Mehrdeutigkeit, aber ein Fall von unscharfer Grenze zwischen den

keineswegs

Wortbedeutungen

vor. Das ist bei den Funktionswörtern anders. Hier ist es eine sehr häufige Erscheinung, daß gleiche Wortformen in unterschiedlichen Funktionen auftreten, und es ist zwar nicht die Regel, aber auch keine Seltenheit, daß eine eindeutige Entscheidung über die Wort-

14

artzuweisung schwierig wird. Beispiele von lexikalischen ten mit mehreren Funktionen im Funktionswortbereich

Einhei-

sind:

bis, seit als Präpositionen und Konjunktionen aber als Konjunktion und

Modalpartikel

schon als Gradpartikel und als Modalpartikel doch als Konjunktion, als Satzäquivalent und als Partikel. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Verwendungen sind in manchen Fällen entweder unscharf oder für uns heute noch nicht erkennbar . Das sind einige, vermutlich noch nicht alle Fragen, die im Zusammenhang mit der Bedeutung der Funktionswörter von einer Theorie der Wortbedeutung zu lösen sind.

2.

Was sind

Funktionswörter?

2.0

Gibt es zwei Arten von Wortbedeutung?

Auto-/Synsemantika

In den jüngsten Arbeiten zur lexikalischen Semantik gewinnt die seit den Ursprüngen des Nachdenkens über Sprache gestellte ge, ob man hinsichtlich der Bedeutung von Wörtern zwei sätzlich zu unterscheidende

Fra-

grund-

Typen anzunehmen habe, eine neue

Aktualität. Bekannt sind die

Begriffspaare

kategorematische

-

synkategorematische

Autosemantika

-

Synsemantika

Begriffswörter

-

Funktionswörter

Vollwörter

-

Strukturwörter

höhere Wortarten

-

Dienstwörter

Haupt-

-

Nebenwortarten

deskriptive

-

logische

offene

-

geschlossene

flektierbare

-

nicht flektierbare

Konstanten Klassen

Die diesen Einteilungen zugrunde liegenden prinzipien sind sehr unterschiedlich.

Wörter

Wortarten

Klassifizierungs-

Infolge dessen sind auch

die so gebildeten Oberbegriffe für Wortklassen nicht

gleichbe-

deutend, und die Grenzen zwischen den Wortarten sind bei den unterschiedlichen Oppositionen nicht an der gleichen Stelle

an-

15 zusetzen. Obwohl also nicht so klar ist, wo jeweils die Grenze zwischen den in Opposition stehenden zwei Typen von

Wortbedeutun-

gen anzusetzen wäre, wird eine solche Unterscheidung doch weithin für sinnvoll gehalten. Nur selten gibt es prinzipiellen spruch gegen diese Annahme wie ζ. B. von Lutzeier

(1981:

Ein-

54),

der meint: "Abgesehen von der formalen Auflistung ganzer Wortarten ist mir kein Kriterium bekannt, das eine auch nur einigermaßen

ein-

deutige Aufteilung des Grundwortschatzes einer Sprache in diejenigen Wörter, die eine sogenannte

"echte" lexikalische

aufweisen und diejenigen Wörter, die keine sogenannte

Bedeutung "echte"

lexikalische Bedeutung aufweisen, bewerkstelligen würde. sichtlich geht es hier um die sogenannten

Offen-

synkategorematischen

Wörter einer Sprache, für die viele Linguisten glauben,

eine

extra Art von Bedeutung reservieren zu müssen." Und auch (1985: 26) bleibt er dabei: "Es gibt also keine zwei klar voneinander

unterschiedene

Arten von Bedeutungen, die wir für bestimmte Wörter

reservieren

müssen; alle Wörter haben vielmehr mehr oder weniger Art von

dieselbe

Bedeutung."

Die unterschiedlichen Meinungen in dieser Frage basieren bar auf unterschiedlichen Bedeutungskonzepten, lichen Auffassungen darüber, welche Inhalte die

d. h.

offen-

unterschied-

Lexikonzeichen

repräsentieren. Die folgenden Ausführungen zeigen, daß es vielfältige Begründungen für Auffassungen gab, daß Wörter gen entweder in einer direkten, unmittelbaren Weise

Bedeutun-

ausdrücken

können, eine manchmal so genannte "Begriffsbedeutung"

(das sind

dann Autosemantika, Begriffs- oder Vollwörter) oder aber in einer indirekten, von anderen Wörtern abhängenden Weise, eine te "Beziehungsbedeutung",

(die in den Synsemantika,

oder Strukturwörtern zum Ausdruck

sogenann-

Funktions-

komme).

Unter den genannten Begriffspaaren finden sich aber auch solche, die nicht auf semantischen Kriterien basieren, sondern auf formalen. Diese Klassifikationen sind Ausdruck von

Überzeugungen,

daß semantische Kriterien nicht als Klassifikationsgrundlage eignet sind. Formale Kriterien werden als objektiver

wenn auch eingeräumt wird, daß sie ebenfalls nicht absolut ten .

ge-

eingeschätzt, gel-

16 Zu den offenen Wortklassen zählen Substantive, Verben,

Adjek-

tive und Adverbien. Der Wortschatz dieser Klassen ist ständig erweiterbar. Dagegen ist der Bestand der übrigen Klassen

ziem-

lich konstant und kann listenmäßig erfaßt werden. Allerdings

ist

die Geschlossenheit dieser Klassen auch nur relativ, wie an der "geschlossenen" Klasse der Präpositionen gezeigt werden kann, die auch in der Neuzeit noch um neue Elemente erweitert Eine Opposition nach offenen und geschlossenen

wurde.

Wortklassen

findet sich ζ. B. bei Fries (1952), Bergenholtz/Schaeder und Schachter

(1985). Bei Fries und Schachter wird die

Klassifizierung

(1977)

formale

auch inhaltlich interpretiert und deshalb

hier

berücksichtigt. Nicht in jeder Hinsicht befriedigend ist ebenfalls die nach eindeutig formalen morphologischen Kriterien in Grundzüge durchgeführte Einteilung

in flektierbare und nicht

(1981)

flektierbare

Wortklassen. Auch nach dieser Einteilung stehen wie bei der Klassifikation nach offenen/geschlossenen Wortklassen und Haupt-/ Nebenwortarten Substantiv, Verb und Adjektiv

(zusätzlich

noch

das Pronomen) gemeinsam den anderen Wortklassen gegenüber. fehlt aber als nicht-flektierbar

das Adverb, das zu den

Es

Vollwör-

tern zählt. Für syntaktische Zwecke ist diese Klassifikation niger gut geeignet. Deshalb verwenden die Grundzüge syntaktische Kriterien, nach denen das Adverb als zu den Hauptwortklassen gezählt und so von den fähigen Nebenwortklassen

satzgliedfähig

nicht-satzglied-

(Modalwort, Präposition,

Partikel, Interjektion) getrennt

Konjunktion,

wird.

Die Frage, ob aufgrund semantischer Kriterien zwei

verschie-

dene Typen von Wortbedeutungen anzunehmen sind, ist eng den mit dem schwierigen Problem der

beziehen

uns in dieser Frage auf die Arbeiten von Moskal'skaja (Hg.) (1977), Stepanowa/Helbig

Schaeder

verbun-

Wortartenklassifizierung,

das aber hier nicht weiter erörtert werden soll. Wir Heibig

we-

zusätzlich

(1978; 1981),

(1971),

Bergenholtz/

(1977).

Hier findet man einen Überblick über die traditionellen artenklassifizierungen nach morphologischen, syntaktischen

Wortund

semantischen Prinzipien, und es werden die Konsequenzen der unterschiedlichen Prinzipien beurteilt. Das für unser Problem

ein-

17

schlägige semantische Kriterium wird meistens als Grundlage für eindeutige Klassifikation verworfen, ohne daß der

Zusammenhang

der Wortarteneinteilung mit Bedeutungsfragen übersehen wird. Um eine homogene Klassifikation zu erreichen, wird das

Wortarten-

problem aufgrund morphologischer

Kriterien

oder syntaktischer

entschieden. Eine Unterscheidung zweier Gruppen von Wortarten

(offen/ge-

schlossen) aufgrund der gewählten syntaktischen Kriterien tion und Funktion treffen Bergenholtz/Schaeder Auch Moskal'skaja unterscheidet

(1977:

Posi-

72-73).

"eigentliche" Wortarten und Funk-

tionswörter, wobei sie das Unterscheidungskriterium

in der Auto-

semantizität und Satzgliedfähigkeit der "eigentlichen"

Wortarten

sieht, das diese von den synsemantischen und nicht

satzgliedfähi-

gen Funktionswörtern unterscheidet. Stepanowa/Helbig

(1981) unter-

scheiden 7 Wortklassen nach ihrer syntaktischen Funktion,

ohne

sie in zwei Gruppen zu unterteilen. Heibig

(1978; 1981: 22-23) weist auch darauf hin, daß das

Problem der "Auto- vs. Synsemantie" in unterschiedlichem

Licht

zu betrachten ist. Auf der einen Seite wird das Problem vom Standpunkt des Benennungs- und des Hilfscharakters der betrachtet, d. h. ihrer Autonomie/Nicht-Autonomie

Wortarten

als Wortarten

und Satzglieder. Autosemantische Wortarten in diesem Sinne sind Substantive, Verben und Adjektive, sie sind selbständig als Einheiten der Sprache und als Satzglieder. Synsemantische erfüllen eine Funktion in der Morphologie oder in der Syntax

(Artikel,

Wortarten

Hilfsverb)

(Präposition, Konjunktion, Partikel,

Kopula-

verb) . In einer anderen Betrachtungsweise

geht die Grenze

zwischen

autosemantischen und synsemantischen Wörtern nicht parallel zu den Wortartengrenzen, sondern verläuft durch die Wortarten

hin-

durch. Diese Verwendung von auto- vs. synsemantisch ist verbunden mit der lexikalischen Vollständigkeit/Unvollständigkeit

der

benen-

nenden Wortarten. So gibt es autosemantische Substantive wie der Gelehrte; das Substantiv das Mitglied ist dagegen

synsemantisch,

weil es ohne weitere Bestimmung wie ζ. B. der Partei, der

Familie

nicht genügend Information enthält. Auch Adjektive und Verben wie gut und schlafen sind in diesem Sinne autosemantisch,

dagegen

18 ähnlich und bekommen sind synsemantisch, weil sie

Ergänzungen

fordern. Neu in die Diskussion kam die alte Frage durch

Bedeutungs-

konzepte der Prototypen- oder Stereotypensemantik,

die in letz-

ter Zeit aus der kognitiven Psychologie in die Linguistik,

spe-

ziell die lexikalische Semantik übernommen wurden. In diesem sammenhang wurde das Problem aktuell, ob das aus

Zu-

psychologischen

Forschungen zu Begriffs- und Wortbedeutungserwerb

in die

lexika-

lische Semantik übertragene Bedeutungskonzept sich für den gesamten Wortschatz als einschlägig erweist oder nur für einige

Wort-

klassen . Ein in diesem Kontext viel behandelter Gegenstand ist die Unterscheidung zwischen "sprachlichem" oder "lexikalischem"

Wis-

sen, das in den Wortbedeutungen kodifiziert sei im Unterschied zu enzyklopädischem Wissen, das nicht in die Wortbedeutung geht. Die Verwendung dieses Begriffspaares lexikalisches

ein-

vs.

enzyklopädisches Wissen sowie die Behandlung lexikalischer

Bedeu-

tungen als Kodifizierung von Wissensmengen welcher Art auch immer führt zu ernsten Schwierigkeiten, wenn mit diesem Konzept die Erklärung der Bedeutungen von Funktionswörtern

auch

angestrebt

wird. Es scheint, daß die in der Grammatiktheorie diskutierte

Frage

nach dem Wesen grammatischen Wissens auch für die Bedeutung Funktionswörtern einschlägig

von

ist, da diese sich sozusagen an der

Grenze zwischen Lexik und Grammatik befinden und deshalb schaften beider Systeme in sich vereinigen. Das

Eigen-

Charakteristische

des sogenannten grammatischen Wissens besteht darin, daß es in der Regel dem Bewußtsein nicht zugänglich und deswegen von dem Einzelnen, der über dieses Wissen verfügt, nicht expliziert den kann. Dieser Typ von Wissen wird deshalb als

wer-

"intuitive

knowledge" oder "tacit knowledge" bezeichnet. Ein solcher

Wissens-

begriff steht aber im Widerspruch zu dem, was üblicherweise

unter

Wissen verstanden wird, nämlich daß es bewußt gemacht und von demjenigen, der über dieses Wissen verfügt, auch erklärt werden kann. Der Begriff

"tacit knowledge" ist also ein Widerspruch in sich.

Chomsky, auf den dieser Begriff zurückgeht, verwendet ihn deshalb

19

in neueren Arbeiten nicht mehr, sondern ersetzt ihn durch den Terminus "cognize/cognizance"

(s. Fanselow/Felix

1987:

28-40).

Ähnlich wie das grammatische Wissen ist auch das Wissen über Bedeutung und Funktion der Funktionswörter den

Muttersprachlern,

die es besitzen, zum Teil unbewußt, so daG es fraglich ist, ob der Wissensbegriff, der den Termini

"lexikalisches/enzyklopädi-

sches Wissen" zugrunde liegt, auf Funktionswörter

anwendbar

ist.

Es ist deshalb sicher kein Zufall, wenn Linguisten, die sich speziell mit Funktionswortbedeutungen

beschäftigen, die Frage

len, ob unterschiedliche Typen von Bedeutungen anzunehmen Als besonders explizit sei hier die Meinungsäußerung Burkhardt

stelsind.

von

(1979) angeführt, der in seiner Antwort auf die Frage

nach der Bedeutung der Wörter dafür plädiert, von einem für alle Wortklassen gültigen Bedeutungskonzept von Wortbedeutungen

abzusehen und drei

Typen

anzunehmen:

1. Namen 2. Vollwörter oder

Begriffswörter

3. Funktionswörter

(Synsemantika), die er weiter

(a) kommunikative (b) grammatische Adverbien und unterteilt.

(Gesprächswörter)

in

und

(Artikel, Präpositionen,

Konjunktionen,

Abtönungspartikeln)

In Anlehnung an Wittgensteins

Bedeutungstheorie

identifiziert er die Bedeutung der Funktionswörter mit ihrem Gebrauch. Die Funktionswörter hätten, so meint er, "keine liter zureichend explizierbare Bedeutung außer ihrem

verba-

Gebrauch.

Sie haben nur eine - kommunikative oder grammatische - Funktion, deshalb ist ihre Arbeits- und Verwendungsweise nur über die Beispiele der Sprachpraxis zu lernen. Hier sind Gebrauch und Bedeutung identisch"(Burkhardt

1979: 140). In der Identität von Ge-

brauch und Bedeutung besteht Burkhardt zufolge die Spezifik

der

Bedeutung der Funktionswörter. Darin, so Burkhardts von Wittgenstein abweichende Auffassung, unterscheidet sich deren

Bedeutung

von der Bedeutung der Eigennamen und der Vollwörter, die sich zwar in ihrem richtigen Gebrauch zeige, aber nicht mit diesem identisch sei. Wittgenstein hatte Identität von Bedeutung und Gebrauch für alle Typen von Wörtern

angenommen.

20

Neben der von Burkhardt vertretenen Auffassung, daß

verschie-

dene Typen von Wortbedeutungen zu unterscheiden seien, und der Meinung von Lutzeier, es gebe keine ausreichende Motivation die Annahme zweier Bedeutungstypen, wollen wir auf die

für

folgende,

auch heute noch häufig anzutreffende Ansicht hinweisen, die im Laufe der Geschichte der Sprachwissenschaft

vielfach

variiert

wurde: Lyons (1972: 445-448) weist sowohl auf die vorhandenen

Gründe

der Unterscheidung von "lexikalischer" und "grammatischer" tung hin als auch auf die Problematik

der

Bedeu-

Klassifizierungskrite-

rien. Aus seiner Darstellung geht besonders deutlich hervor, diese Grenze nicht klar definierbar

ist und daß sie

daß

nicht ein-

deutig zwischen Wortschatz und Grammatik verläuft, sondern daß die Funktionswörter

in einer solchen Einteilung eine

dene Position zwischen den "bedeutungshaften"

unentschie-

"Wortarten im eigent-

lichen Sinne", den "Hauptredeteilen" oder "Vollwörtern", die eine "lexikalische Bedeutung" haben und der "grammatischen" oder turellen Bedeutung", die sowohl grammatische Elemente wie

Tempus,

Genus, Modus u. a. als auch Funktionswörter wie Pronomina, sitionen, Konjunktionen, Hilfsverben u. a. haben. Dieser sung zufolge haben die "Vollwörter" sowohl

"lexikalische"

auch "grammatische Bedeutung", die Funktionswörter nur tische

"strukPräpo-

Auffasals

"gramma-

Bedeutung".

Der hier verwendete Begriff von "grammatischer

Bedeutung"

trägt der Erkenntnis Rechnung, daß es keine eindeutige

Zuordnung

gibt, welche Typen von Bedeutungen nur grammatisch oder nur

lexi-

kalisch ausdrückbar sind. Es ist nicht universell, sondern nur einzelsprachlich e n t s c h e i d b a r , wo die Grenze liegt zwischen dem sprachlichen Inhalt, der m o r p h o l o g i s c h - s y n t a k t i s c h

ausgedrückt

wird, und dem, der im lexikalischen Bestand repräsentiert

ist.

Angesichts der angedeuteten Schwierigkeiten stellt sich für jemanden, der sich mit der Bedeutung der Funktionswörter schäftigen will, zuerst die Frage, welche Fakten der

be-

Begriffs-

bildung Funktionswörtern zugrunde liegen. Wir verbinden mit der folgenden Übersicht über einige der uns bekannten

Klassifikatio-

nen nicht die Hoffnung, dadurch eine Klärung der Frage, ob die Unterscheidung zweier Typen von Wortbedeutung nun

tatsächlich

21 begründet ist, zu erreichen. Es ist auch nicht möglich, die jeweiligen Auffassungen zu diesem speziellen Problem in den vollständigen Kontext der betreffenden linguistischen Theorien ordnen, deren Teil sie sind, so daß viele Zusammenhänge bleiben

einzu-

ungenannt

werden.

Hit einer Übersicht über die Geschichte der

Begriffsbildungen,

die die Einteilung der Wörter in Autosemantika und

Synsemantika

reflektiert, kann u. U. ein besseres Verständnis der Spezifik der Funktionswörter erreicht werden. Denn auf diese Weise zeigt sich nicht nur, daß es bestimmte Perioden gab, in denen die Thematik ausführlicher behandelt wurde, so im 13. Jahrhundert, im IB. Jahrhundert in England und im 20. Jahrhundert bis in die neueste Zeit. Wesentlicher

ist, daß in den zahlreichen Abhandlungen,

die

sich im Laufe der Geschichte der Sprachwissenschaft mit dieser Problematik befaßten, einige wenige Unterscheidungskriterien die Annahme zweier Typen von Wortarten mit einer gewissen

für

Varia-

tion immer wieder aufgegriffen wurden. Manche der Kriterien

sind

in dieser Übersicht aus methodischen Gründen unterschieden,

sie

hängen aber inhaltlich eng miteinander zusammen. Nach wird auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Durch die Übersicht festigt sich der Eindruck, daß diese

Möglichkeit

historische

Begriffsbildung

sich auf mehrere verschiedene, wenn auch zusammenhängende punkte gründet. Eine Sammlung der Kriterien, die als bestimmend für die Spezifik der Bedeutung von

Gesichts-

Sprachforscher Funktionswörtern

oder Synsemantika ansahen, kann für eine bessere Einsicht in das Wesen des von diesen Wortarten kodifizierten Inhalts nur

nützlich

sein. Nützlich wäre sie damit auch für das Verständnis des Teils der lexikalischen Semantik Wortartenbedeutung,

(der Wortbedeutung), der sich mit der

dem, was häufig

Wörter genannt wurde,

"strukturelle Bedeutung" der

befaßt.

Die Untersuchungen zum Thema bezeugen Auffassungen, daß bei den Wortarten vor allem zwischen folgenden Typen von tung zu unterscheiden

sei:

Wortbedeu-

22

2.1

Begriffs-/Beziehungsbedeutung

Am häufigsten wird unterschieden zwischen Wörtern, die bezeichnen, und anderen, die die Verbindung dieser

Begriffe

Begriffswör-

ter zu einem vollständigen Satz, dem Ausdruck eines

Gedankens,

ermöglichen. Eine solche Einteilung ist bereits aus dem Mittelalter bekannt. Das in dieser Periode verwendete paar "kategorematische/synkategorematische"

frühen

Begriffs-

Wörter wurde

von altgriechischen Grammatikern geprägt. Diese

bereits

Unterscheidung

entspricht im Wesentlichen der auch heute noch üblichen: auf der einen Seite Substantive, Verben, Adjektive und Adverbien, auf der anderen Seite die

Funktionswortklassen.

Man erkannte auch damals die Korrelation mit

morphologischen

Kriterien: einerseits die "declinabiles", davon zu trennen die "indeclinabiles". hungsbedeutung

Ebenso stehen die Kriterien

Begriffs-/Bezie-

im Zusammenhang mit der Bezugnahme der

Wortklassen

auf Kategorien der Realität. Die kategorematischen Wortklassen zeichnen im Einklang mit der Kategorienlehre des Aristoteles griffe. Diese bilden das Wesen der Erscheinungen der

be-

Be-

Realität

ab. Die synkategorematischen Wörter wie Quantoren,

Präpositionen

und Konjunktionen haben keine direkte Entsprechung

in der

tät und also keine eigene Bedeutung, sie haben nur eine

Reali-

"Mitbe-

deutung" (consignificatio), die sie dadurch erhalten, daG sie die bedeutsamen Wörter zu einem sinnvollen Satz verbinden. Diese Lehre ist auch der Ursprung der späteren Unterscheidung tern, die ein Denotat haben und Wörtern ohne

zwischen Wör-

Denotat.

Eine wesentlich andere Interpretation der Termini bedeutung/Beziehungsbedeutung

Begriffs-

erkennen wir in den Theorien eng-

lischer Sprachphilosophen des 18. Jahrhunderts. Harris

(1751),

Tooke (1798-1805) und am Anfang des 19. Jahrhunderts Fearn 1827) unterschieden prinzipiell zwischen Wörtern, die und anderen, die Relationen bezeichnen. Nach dieser

(1824-

Begriffe,

Unterschei-

dung stehen auf der einen Seite als Ausdrücke für Begriffe

Sub-

stantive, Adjektive und Adverbien, auf der anderen Seite die Zeichen für Relationen, als deren typischstes das Verb gilt.

Daneben

Präpositionen, Konjunktionen und nach einigen Autoren auch andere Funktionswörter.

Nur Harris macht eine Ausnahme. Er

unterscheidet

23 ebenfalls zwischen "absoluter" und "relativer" Bedeutung, net das Verb aber zu den Hauptwortarten mit "absoluter"

rech-

Bedeu-

tung . Bei den anderen genannten englischen Sprachtheoretikern läuft die Grenze zwischen Begriffswörtern und

ver-

Relationswörtern

nicht parallel zu der bekannten zwischen Begriffs- und Funktionswörtern, denn die Verben gelten ihnen ebenso wie

Präpositionen

und Konjunktionen als typische Relationswörter. Man erkennt

hier

den Einfluß der "Allgemeinen Grammatik", einer Richtung der

Sprach-

theorie, die die Sprache als Ausdruck allgemeiner menschlichen Denkens untersuchte.

Prinzipien

In der bekanntesten

dieser Richtung von Arnauld/Lancelot

(1660) wird

Grammatik

unterschieden

zwischen Wortarten, die die "Objekte des Denkens" bezeichnen, sind Substantive

(und Adjektive), Artikel, Pronomen,

das

Präpositio-

nen und Adverbien gegenüber Wortarten, die die "Art des Denkens" bezeichnen: Verben, Konjunktionen und Interjektionen. Grammatik erscheint die Gegenüberstellung

In dieser

von Wortarten,

die

"Objekte des Denkens" und anderen, die die "Art des Denkens" zeichnen, gleichzeitig als Gegenüberstellung

von Wortarten,

bedie

Begriffe für Objekte der äußeren Welt benennen, und Wortarten, die geistige Tätigkeiten bezeichnen. Die geistige Tätigkeit, die in der Wortart Verb zum Ausdruck kommt, ist die, die Begriffe zu einem Urteil zu verbinden. Dieses Urteil wird durch den Satz ausgedrückt. Konjunktionen verbinden zwei Urteile zu einer Aussage. Die Wortarten, die die "Art des Denkens" sind also gleichzeitig Ausdrücke: für

komplexen

bezeichnen,

Relationen.

Wenn auch die englische Sprachtheorie, vor allem unter dem sensualistischen Einfluß Lockes (1690), sich in ihrer

wesent-

lichen Orientierung von der Richtung der "Allgemeinen

Grammatik"

abwandte und als Untersuchungsgegenstand nicht mehr die in allen Sprachen repräsentierte apriorische Grammatik ansah, sondern die Sprache als beobachtbares Phänomen betrachtete, von dem aus allgemeine Gesetzmäßigkeiten der Sprache und des Denkens

abzulei-

ten sind, ist der Einfluß der Theorie der Universalgrammatik

in

der Frage der Unterscheidung von Wortarten, die Objekte und andere, die Relationen bezeichnen, doch deutlich zu erkennen.

24

Tooke

(1798-1805) unterscheidet zwischen Begriffswörtern

als

Ausdruck des Denkens und Wörtern für Relationen, die er, ebenso wie Locke (1690) es tut, als für die Kommunikation des Gedankens notwendig erachtet. Die Einbeziehung der Erfordernisse der nikation für die Einteilung der Wortarten ist ein Beitrag der englischen Sprachphilosophen

Kommu-

eigenständiger

im 18. Jahrhundert.

die eigentlichen Funktions- oder Nebenwortarten hat Tooke ganz persönliche Interpretation. Er erklärt sie als

Für

eine

Abkürzungen

für Inhalte von Hauptwortarten. Eine ähnliche Erklärung des Inhalts von Funktionswörtern als Abkürzungen finden wir auch bei Marty

(1928) wieder, der ζ. B. Konjunktionen als

Kürzel für ganze Aussagen

stenogrammartige

versteht.

In der Interpretation John Fearns (1824-1827) bekommt die Einteilung in Zeichen für Objekte und Zeichen für Relationen

einen

neuen Aspekt. Fearn stellt eine direkte Parallele zwischen licher Sprache und der Sprache der Mathematik her. Den

natür-

Zeichen

für mathematische Operationen entsprechen in der Sprache die Relationsausdrücke Verb und Präposition. Sie sind Zeichen für sche Verbindungen und eigentlicher Gegenstand der

logi-

Sprachforschung.

In diesen Zeichen käme die besondere Spezifik sprachlicher

Inhal-

te zum Ausdruck, während Substantive außersprachliche Objekte zeichnen und somit ihre Inhalte nicht in das Gebiet Bedeutungen

be-

sprachlicher

fallen.

Zur Frage der Begriffs- und Beziehungsbedeutung

hat

Humboldt

(1830-1835) die Auffassung vertreten, die dann häufig und auch von Ernst Otto (1954) noch einmal bekräftigt wurde, daß man wohl diese beiden Arten von Bedeutung im Wortbestand unterscheiden ne, daß jedoch in den meisten Wörtern beide Arten kombiniert und Wörter, die entweder durch Begriffs- oder nur tung ausdrücken,

2.2

in der Sprache nicht

Lexikalische/grammatische

könseien

Beziehungsbedeu-

vorkämen.

Bedeutung

Nicht ohne Zusammenhang damit, aber doch verschieden davon ist die Unterscheidung von lexikalischer und grammatischer

Bedeutung,

deren Ursprünge wir ebenfalls schon im Mittelalter erkennen nen. Die Modisten unterschieden bei der Untersuchung der

kön-

Wortbe-

25 deutung zwischen dem "modus significandi", das ist die die Wortarten konstituierende

Bedeutungsweise,

und der

"significatio",

der Bedeutung. Unter dem "modus significandi" verstanden sie den Teil der Wortbedeutung, in dem sich ζ. B. weiß, die Weiße und weißen unterscheiden, die Bedeutung

ist der andere Teil des Wort-

inhalts, den diese Wörter gemeinsam

haben.

Unter Verwendung von ganz ähnlichen Beispielreihen Coseriu

illustriert

(1964) die gleiche Unterscheidung, die auch er macht zwi-

schen "lexikalischer" und "kategorieller" Bedeutung. Die lische Bedeutung drücke das Was der Erfassung der

lexika-

außersprachli-

chen Welt aus, während die kategorielle Bedeutung dem Wie der Erfassung der außersprachlichen Welt entspräche. So hatten die Modisten ihre Einteilung auch

gemeint.

Auf dieser Einteilung begründet Coseriu (1964) die dung zweier semantischer Typen von Wörtern:

Unterschei-

lexematische/nicht

lexematische Wörter. Die lexematischen Wörter haben nach

Coseriu

sowohl lexikalische als auch kategorielle Bedeutung. Die nichtlexematischen Wörter haben nur kategorielle, keine

lexikalische

Bedeutung. Die lexikalische Bedeutung ist die "eigentliche", nur die lexematischen Wörter gehören zum "eigentlichen

und

Wortschatz".

Nur dieser sei auch strukturell gegliedert, ζ. B. in Wortfelder mit einem gemeinsamen Feldwert, der durch semantische oder "Seme" angebbar

Merkmale

sei.

Coseriu ist einer der prominentesten Begründer der len Semantik oder Merkmalsemantik.

strukturel-

Diese seine Auffassung

1964, daß nur die lexematischen Wörter der semantischen zugänglich seien, ist auch heute in der Diskussion zur schen Semantik noch nicht ganz

lexikali-

ausgeräumt.

Ein Vorgänger dieser Art von Unterscheidung zwischen scher und grammatischer

von

Analyse

Bedeutung ist Fries (1952). Er

in ähnlicher Weise lexikalische und strukturelle Die Grundlage seiner Einteilung sind aber formale

Bedeutungen. syntaktische

Kriterien. Aufgrund dieser Kriterien kommt er zu vier sen von Wörtern mit lexikalischer und struktureller Diese Formklassen entsprechen im wesentlichen den

lexikaliunterschied

Formklas-

Bedeutung.

traditionellen

Wortarten Substantiv, Adjektiv, Verb und Advferb. Außer diesen unterscheidet er 15 Funktionswortklassen.

Das sind Wörter, die nur

26

strukturelle, keine lexikalische Bedeutung haben. Als

Syntaktiker

wertet er die beiden Teile des Wortschatzes aber anders als Coseriu. Fries sieht nur den strukturellen Bedeutungsanteil

der Wör-

ter als sprachspezifisch, als systemhaft zur Sprache gehörig der lexikalische Bedeutungsanteil

bezieht sich auf

an,

Außersprach-

liches, er ist nicht eigentlich Gegenstand sprachlicher

Untersu-

chungen . Die neuere Unterscheidung von Schippan (1984) zwischen

auto-

semantischen und synsemantischen Wörtern paßt wohl am ehesten in den Zusammenhang der Unterscheidung lexikalischer und

grammati-

scher Bedeutung, sie weicht jedoch in der Zuordnung der nellen Wortarten zu diesen Kategorien von bekannten

traditio-

Vorbildern

ab. Autosemantische Wörter mit selbständiger begrifflicher

Bedeu-

tung sind nach Schippan (1984) außer Substantiven, Verben, tiven und Adverbien auch bestimmte Funktionswörter mit ter "lexisch-grammatischer"

Bedeutung, die nach ihrer

Adjek-

sogenannAuffassung

in der Lage sind, eine Beziehung begrifflich-verallgemeinernd

zu

benennen. Solche "autosemantischen" Funktionswörter seien ζ. B. die Präpositionen während, seit, entgegen und die

Konjunktionen

ohne und oder. Zu den Synsemantika rechnet sie nur solche Funktions- und Hilfswörter, die keine "lexisch-semantische"

Selbständigkeit

ben, die nur Beziehungen zwischen sprachlichen Einheiten

ha-

herstel-

len, so ζ. B. die Konjunktion daß und die Präpositionen auf in achten auf, für in sorgen für und über in sprechen über. ist sie bemüht, eine Trennung zwischen "bedeutsamen" chen oder begrifflich-relationalen

und "bedeutungsleeren"

matischen Hilfswörtern herzustellen. Diese Einteilung auch die Funktionswörter

2.3

Lexikalische

Damit

begriffli-

in bedeutsame und

gram-

trennt

bedeutungsleere.

Vollständigkeit

Einen weiteren Aspekt der Einteilung in autosemantische und synsemantische Wörter sah man auch in dem unterschiedlichen Wert der Wörter hinsichtlich dessen, ob sie in der Lage sind, einen ständigen" Begriff oder Gedanken auszudrücken, wobei der der Vollständigkeit noch verschieden interpretiert werden

"voll-

Begriff kann.

27 Hier ist vor allem Marty (1928) zu nennen, auf dessen suchungen die Termini Autosemantika und Synsemantika

Unter-

zurückgehen.

Diese beiden oft verwendeten Begriffe verstand er aber anders als wir es heute gewöhnt sind, ζ. B. von Heibig Autosemantika

(1978).

in Martys Sinn sind selbstbedeutsame

Ausdrücke,

Ausdrücke, die für sich allein eine begriffliche Vorstellung einen vollständigen Gedanken bezeichnen. Selbstbedeutsame drücke für begriffliche Vorstellungen sind Namen oder und Personalpronomen.

oder

Aus-

Substantive

Ausdrücke für vollständige Gedanken

sind

Sätze, genauer: Hauptsätze. Nur diese Kategorien sind nach Marty Autosemantika. Damit ist klar, daß seine Art semantischer rung night auf Wortartenklassifikationen

Typisie-

beschränkt ist, auch grö-

ßere sprachliche Einheiten (Sätze) sind in die

Kategorisierung

einbezogen. Ebenso versteht Marty Synsemantika als solche

Sprachmittel,

die allein weder eine begriffliche Vorstellung noch einen

voll-

ständigen Gedanken ausdrücken können, sondern nur zusammen mit autosemantischen Ausdrücken. Synsemantika in diesem Sinne subordinierende Konjunktionen, Präpositionen und

sind

Nebensätze,

ζ. B. daß-Sätze, aber auch Adjektive und Verbformen wie sitzt, geht. Diese Verbformen sind synsemantisch, weil sie erst

zusam-

men mit einem Namen (Substantiv oder Personalpronomen) zu einem vollständigen Ausdruck, einem Satz werden. Imperative sind in diesem Sinne autosemantisch. Auch Adjektive

dagegen

benötigen

ein Substantiv, um mit diesem zusammen einen bedeutsamen druck, in diesem Falle eine begriffliche Vorstellung,

Aus-

ausdrücken

zu können. Es zeigt sich, daß nach Marty nur Substantive und Personalpronomen autosemantische Wortarten sind. Dagegen versteht er verschiedene Kategorien wie Negationspartikel,

koordinierende

Konjunktionen und Satzadverbien, die heute als typische wörter und Synsemantika gelten, als dem Inhalt nach

Funktions-

autosemanti-

sche Wortarten. Marty spricht von "logisch nicht begründeten semantika", weil den Wörtern auf der Ausdrucksebene keine ge Gliederung auf der inhaltlichen Seite entspreche, er sie als stenogrammartig

Syn-

analo-

versteht

verkürzend für einen ganzen Satz, so

entspreche ζ. B. der koordinierenden Konjunktion aber

inhaltlich

ein Satz wie: "Die eine Tatsache ist das Gegenteil dessen, was die andere erwarten

ließe".

28 Heute werden die Termini Autosemantika und Synsemantika auf lexikalische Einheiten bezogen, komplexere Einheiten

nur

kommen

nicht in Betracht. Trotzdem werden die beiden Begriffe auch heute in mehr als einem Sinne gebraucht. Heibig

(1978)

die oben erwähnten zwei Verwendungsweisen dieser

2.4

Denotative/nicht denotative

unterscheidet

Termini.

Bedeutung

Viele Klassifikationen verwenden als Kriterium für die

Einteilung

in Begriffs- und Funktionswörter die Bezeichnungsfunktion

der Wör-

ter. Als begrifflich wird die Wortbedeutung verstanden, wenn mit den Wörtern Gegenstände, Erscheinungen, Prozesse, Merkmale etc. der Realität verallgemeinernd benannt werden können. In der Regel erkennt man diese Fähigkeit den Hauptwortarten Substantiv, Adjektiv und Adverb zu. Funktionswörter werden gewöhnlich

Verb, nicht

als Zeichen für Erscheinungen der äußeren Welt verstanden, schreibt ihnen häufig die Funktion zu, auf geistige

Tätigkeiten

des erkennenden Subjekts bzw. des Sprechers zu verweisen. Auffassungen kennen wir schon aus dem

Solche

Mittelalter.

Besonderen Schwerpunkt legten die Vertreter der "inhaltbezogenen Grammatik" auf diesen Aspekt der So unterscheidet Brinkmann

man

sogenannten Wortbedeutung.

(1950/51) zwischen den "höheren"

arten Substantiv, Verb, Adjektiv und Adverb, in denen eine

Wort"gei-

stige Prägung" der Außenwelt zum Ausdruck komme, und mit denen der Mensch in der Lage sei, die Welt auf eine besondere Weise abzubilden, während dies mit Wortarten wie Konjunktion oder

Präpo-

sition nicht möglich sei. Aus diesem Grunde bezeichnet er

letztere

als "niedere"

Wortarten.

Auch Hempel (1954) vertritt eine "inhaltbezogene" und unterscheidet wie Brinkmann Nennwörter

Grammatik

(Substantiv,

Adjektiv,

Verb und Adverb), mit denen Teile der Wirklichkeit benannt von den Fügwörtern

werden,

(ζ. B. Konjunktionen), die sich nicht auf Tei-

le der Wirklichkeit beziehen und daher oft als bedeutungsleer

ver-

standen werden. Hempel schließt sich jedoch nicht der damals geläufigen Ansicht an, daß ein Wort nur dann Bedeutung hat, wenn es auf ein Denotat, d. h. eine begriffliche Verallgemeinerung Ausschnitten der äußeren Welt verweist, und anderenfalls

von

bedeu-

29

tungsleer

ist. Er betrachtet die Bedeutung der Fügwörter zwar als

nicht-denotativ,

denn sie bezögen sich nicht auf Teile der Wirk-

lichkeit. Nichtsdestoweniger

käme in ihrer Aufgabe, dem

Ordnen der durch die Nennwörter benannten Teile der die höchste gestalterische Kraft der Sprache zum

geistigen

Wirklichkeit,

Ausdruck.

Der Bezug auf die Realität oder das Denotat ist zu allen ein häufiges Kriterium für die Ausgrenzung der

Zeiten

Funktionswörter

gewesen.

2.5

Deskriptive/logische

Konstanten

Dieses Kriterium liegt auch der Unterscheidung von

deskriptiven

und logischen Konstanten in satzsemantischen Modellen (Bäuerle 1985). Wörter mit deskriptivem

zugrunde

Inhalt beziehen ihre Be-

deutung nicht nur aus ihrer Funktion als Komponenten der deutung, sie verweisen gleichzeitig

auch auf empirische

SatzbeWissens-

bereiche, die im Rahmen der kompositionellen Satzsemantik als sprachliches Wissen gelten, welches den eigentlichen stand der Semantik bildet. Auch in diesem theoretischen gibt es nur eine Grobeinteilung

in Wörter, die neben

nicht Gegen-

Rahmen

kompositio-

neilen Eigenschaften auch einen deskriptiven Inhalt haben, d. h. die auf empirisches Wissen verweisen, und andere, als deren Inhalt allein Spezifikationen für die Komposition der zu komplexen Einheiten

Teilausdrücke

gilt.

Eine scharfe Trennung zwischen beiden Typen von Wörtern ist auch hiermit nicht zu erreichen, da bestimmte Wortklassen

nicht

so eindeutig dem einen oder dem anderen Typ zuzuordnen sind.

Er-

kennbar ist die Verwandtschaft zu den Klassifikationen von Fries (1952) u.a., die Wörter mit lexikalischer und struktureller Wörtern mit struktureller ohne lexikalische Bedeutung

von

unterschie-

den. Fries hatte aber die semantische Seite der Wörter mit nur struktureller Bedeutung nur sehr vage

gekennzeichnet.

Auch die häufig gemachte Einteilung in Begriffs- und

Beziehungs-

bedeutung von Wörtern ging schon in die Richtung auf eine

Unter-

scheidung zwischen deskriptiver und logischer Funktion. Der sche Sprachtheoretiker

Tooke (1798-1805) hatte dieses

engli-

Kriterium

als das wesentliche angesehen und eine Parallele zwischen

natür-

30 licher Sprache und der Sprache der Mathematik hergestellt.

Der

Fehler seiner Klassifikation und der aller seiner Vorgänger

und

Nachfolger, die ebenfalls zwischen Wörtern mit begrifflicher

und

anderen mit relationaler Bedeutung unterscheiden wollten, ist jedoch, daß sie übersehen, daß im Wortschatz natürlicher

Sprachen

diese beiden Bedeutungstypen in der Regel nicht in reiner getrennt nach Wortklassen vorkommen, sondern gemischt. Lutzeier

Form

Auch

(1985) wies erst kürzlich darauf hin, daß dieses

rium für eine Unterscheidung von Auto- und Synsemantika

Krite-

nicht

taugt. Besonders das Verb ist die typische Wortklasse, die liche und relationale Bedeutung

begriff-

verbindet.

Die in der kompositionellen Satzsemantik gemachte

Einteilung

beruht auf einem anderen Kriterium: Logische Wörter oder

Funk-

tionswörter sind in diesem Modell solche, die sprachliche

Äquiva-

lente für aussagenlogische Operatoren sind, das sind vor allem die logischen Junktoren /ν , /\ > V und die modal-logischen Operatoren

> —> φ

> die Quantoren und

0

,3

.

Sprachliche Äquivalente für diese logischen Ausdrücke sind vor allem Konjunktionen, Quantorenausdrücke wie auch Artikel

und

Satzadverbien. Diese Wortarten werden im Rahmen des Modells als typische Funktionswörter betrachtet, der Status anderer, ζ. B. der Präpositionen,

ist weniger

eindeutig.

Nach dem Modell der kompositionellen Satzsemantik nannte logische Wörter sprachliche Äquivalente für

sind soge-

aussagenlogi-

sche Funktoren. Diese spezifizieren Relationen zwischen Auch Prädikate, die Relationen innerhalb von Sätzen

werden im Rahmen des Modells als Funktoren dargestellt. liche Ausdrücke für Prädikate oder Funktoren mit

Sätzen.

spezifizieren, Sprach-

Individuenvariab-

len oder - k o n s t a n t e n als A r g u m e n t m sind typischerweise Verben und Präpositionen.

Sie sind durch das genannte Kriterium von den lo-

gischen oder Funktionswörtern

abgegrenzt.

Kriterium für logische oder Funktionswörter

ist also nicht die

relationale Bedeutung schlechthin, die auch Wortarten mit licher oder deskriptiver Bedeutung haben, ζ. B. Verben. ist ihr Status als Äquivalent für aussagenlogische für Funktoren mit Argumenten vom Typ Satz.

begriff-

Kriterium

Operatoren,

31 Sprachliche Äquivalente von Funktoren mit

Individuenkonstanten

oder -variablen zählen nicht zu den Funktionswörtern der kompositionellen

im Modell

Satzsemantik.

Dieses Einteilungskriterium, das auf dem Status der Funktoren im System der Logik basiert, hat noch eine zweite Seite: Funktorausdrücke mit Individuen als Argumenten werden lich durch deskriptive Konstanten ausgedrückt. Diese auf empirische

sprach-

verweisen

Wissensbereiche.

Funktorausdrücke mit Argumenten vom Typ Satz korrelieren sprachlich mit logischen oder Funktionswörtern. Als ihre Funktion werden rein mentale Operationen angesehen, die keinen direkten Bezug auf empirische Daten haben.

2.6

Eidetische/operative

Bedeutung

Als weiteres Beispiel einer Klassifikation der

Bedeutungsarten

sei die von Lang (1977) angeführt. Lang (1977: 63-73) den Terminus "operative Bedeutung" für die den eigene Bedeutungsart.

verwendet

Funktionswörtern

In der Sprachphilosophie wird ein

eidetischer

von einem operativen Sinn eines Zeichens unterschieden. Ein Zeichen hat innerhalb eines Systems von Zeichen einen eidetischen wenn seine Bedeutung oder sein Designat bekannt ist.

Sinn,

Zeichen,

die keinen eidetischen Sinn haben, sind deswegen keineswegs los. Sie können einen operativen Sinn haben. Einen

sinn-

operativen

Sinn hat ein Zeichen innerhalb eines Systems von Zeichen, wenn die syntaktischen Regeln für seinen Gebrauch bekannt sind (vgl.

Philo-

sophisches Wörterbuch 1976). Die Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung, wonach mit einem Zeichen dessen Sinn ausgedrückt

und

dessen Bedeutung bezeichnet wird, geht auf Frege (1892) zurück. Lang definiert an obiger Stelle operative Bedeutung als solche Art der Bedeutung, der eine Anweisung entspricht, bestimmte rationen auszuführen über anderen, näher zu

charakterisierenden

Einheiten. Das ist die Art von Bedeutung, die die oft Ausdrücke"

Ope-

"logische

(vgl. auch Punkt 2.5) genannten Wortarten wie

Quanto-

ren, Artikel, Negationspartikeln und Konjunktionen gemeinsam ben. Jede dieser Wortarten unterscheidet sich von der

ha-

anderen

durch den Typ von Operationen. Die operative Bedeutung von Konjunktionen, mit denen sich Lang (1977) speziell befaßt,

besteht

32

darin, daß sie Anweisungen repräsentiert, über den

Konjunktbedeu-

tungen bestimmte Operationen auszuführen. Die Bedeutungen der einzelnen Konjunktionen unterscheiden sich in der Art des hangs zwischen den durch die Konjunktbedeutungen

Zusammen-

repräsentierten

Sachverhalten. So enthält die Bedeutung von und die

Anweisung:

"Betrachte die in SB^ und SB2 repräsentierten Sachverhalte ZUGLEICH GELTEND im Hinblick auf eine gemeinsame

als

Einordnungs-

instanz ! " Die Bedeutung von oder enthält die Anweisung:

"Betrachte

die

in SB^ und SB2 repräsentierten Sachverhalte als Alternativen nerhalb einer gemeinsamen Einordnungsinstanz und wähle, gelten

in-

welche

soll!"

Diese Betrachtungsweise der Bedeutung von

Funktionswörtern

wird in einigen neueren Arbeiten zu diesen Wortarten

aufgenommen,

wie in den folgenden Ausführungen zur Behandlung von

Funktions-

wörtern im Wörterbuch ersichtlich

wird.

Es ist vielleicht interessant, daß eine, allerdings nicht weiter ausgeführte Konzeption, Funktionswortbedeutungen

als Anwei-

sungen zu verstehen, bestimmte Operationen auszuführen,

auch

schon aus dem Mittelalter bekannt ist. In einem Traktat aus dem 13. Jahrhundert, das, möglicherweise

zu Unrecht, dem

Grammatiker

der modistischen Schule Roger Bacon zugeschrieben wird,

werden

die Wörter, die man heute zu den Funktionswörtern zählt,

aufgrund

ihrer speziellen Bedeutungsweise von den Begriffswörtern

unter-

schieden. Ihre Spezifik wird darin gesehen, daß sie nicht

etwas

bezeichnen, keinen Begriff wie die Begriffswörter, aber auch keine Funktion, sondern durch ihren Gebrauch werden

Funktionen

ausgeübt. Diese Bedeutungsweise wird später "significatio modum exercitus"

per

genannt.

Der unbekannte Autor argumentiert folgendermaßen: Es ist ein Fehler zu sagen, daß non die Negation bezeichne. Es bezeichnet nicht die Negation, sondern es ist ein sprachliches Mittel,

das

ein Sprecher als Instrument benutzt, um zu negieren oder zu verneinen, d. h. es ist die Funktion des Wortes non zu negieren. "Non significat negationem, sed negat".

(Nuchelmans 1983:

100-105)

Der Kern dieser Auffassung ist ebenfalls die Sicht, daß Funktionswörter dazu dienen, bestimmte mentale Operationen ren .

auszufüh-

33 2.7

Schlußbemerkung

Obwohl sich aus den in diesem Abschnitt ausführlich

dargestell-

ten Gründen eine homogene Klasse von Funktionswörtern, die aufgrund eindeutiger Kriterien den anderen Wortarten

gegenüberge-

stellt werden könnte, nicht bilden läßt, ist es auch aus praktischen Gründen sinnvoll, Funktionswörter von

"autosemantischen"

Wortarten zu unterscheiden. Besonders der Deutschunterricht Ausländer stellt hohe Anforderungen an die Vermittlung schen Wissens im Bereich der Funktionswörter. Diesem muß deshalb in Lernerwörterbüchern

für

lexikali-

Wortschatz

für Ausländer große

Aufmerk-

samkeit gewidmet werden, (s. dazu Kempcke, Abschn. 2.2.5.9 in diesem

Band)

Die Darstellung der Bedeutung von Funktionswörtern

bereitet

wegen ihres Mangels an Anschaulichkeit Schwierigkeiten.

Die von

diesen Wörtern ausgedrückten geistigen Tätigkeiten oder

Operatio-

nen bedürfen zu ihrer Beschreibung oft eines terminologischen ventars, das sich nur schwer in die Beschreibungssprache terbuchs integrieren

In-

des Wör-

läßt.

Eine Besonderheit der Funktionswörter besteht auch darin, daß ihre Bedeutung sich nicht von ihrer grammatischen Funktion

tren-

nen läßt. Gerade beim Spracherwerb kommt der von vielen der genannten Sprachforscher hervorgehobene Aspekt, daß

Funktionswör-

ter die innere Organisation einer Sprache zum Ausdruck

bringen

und das Gerüst der Sprache bilden, zum Tragen, weil damit halb des Wortschatzes einer Sprache diesem Bereich eine

tragende

Rolle zugewiesen wird. Eine ausführliche Beschreibung der tischen und semantischen Charakteristika Zwecke

innergramma-

ist daher für diese

angezeigt.

Andererseits gibt es andere Interessengruppen, führliche Darstellungen von Funktionswörtern notwendig sind. Der Informationsbedarf

für die so aus-

in Wörterbüchern

von Muttersprachlern

lexikalischem Wissen aus Wörterbüchern wird auf andere wie Neologismen, Fachwortschatz, stilistische gerichtet

nicht

an

Bereiche

Charakterisierungen

sein.

Die Unterscheidung des Funktionswortschatzes

von anderen

chen des Lexikons hat für die Zwecke der Darstellung

Berei-

in Wörter-

büchern daher ihre Bedeutung hinsichtlich des Stellenwertes, den beiden Bereichen für die anvisierten Nutzer zugemessen

der

wird.

34 3.

Makrostrukturen und Wortfelder

im

Neuere Arbeiten zu Bedeutungsrelationen

Funktionswortschatz? im Wortschatz

basieren

auf den Arbeiten Lyons' (1968; 1972: 439, 453-492 und 1980). Lyons verwendet die bekannte Einteilung in paradigmatische

und

syntagmatische Sinnrelationen für die Definition des Wortfeldbegriffes. Ein Wortfeld versteht er als eine syntagmatisch

und

paradigmatisch strukturierte Subklasse des Wortschatzes (1980 I: 279). Die von ihm beschriebene Methode in der lexikalischen

Seman-

tik sieht vor, den Sinn der lexikalischen Einheiten als Menge von Relationen zu definieren, die zwischen der betreffenden

Einheit

und Einheiten in demselben lexikalischen System bestehen. Zu den paradigmatischen Sinnrelationen

zählen

(a) Synonymie, die im strengeren und im weiteren

Sinne

verstanden werden kann. (b) Hyponymie. Mit Hilfe der Hyponymierelation können archische Strukturen im Wortschatz ausgedrückt wobei man sich diese Struktur nicht durchgängig systematisch wirksam vorzustellen

und

habe.

(c) Inkompatibilität besteht zwischen lexikalischen der gleichen hierarchischen Ebene

hier-

werden,

Elementen

(auch Kohyponyme

(d) Antonymie oder Bedeutungsgegensatz, wobei zu

genannt).

unterscheiden

ist zwischen Komplementarität, Antonymie im engeren zwischen graduierbaren Elementen und

Auf den Sinnrelationen Lyons' baut auch Lutzeiers definition auf. Nach Lutzeier

Sinne

Konversion. Wortfeld-

(1981) werden Wortfelder durch para-

digmatische Relationen zwischen Mengen von Wörtern bestimmt. Wort wird eine spezifische Position in der jeweiligen Menge wiesen. Die paradigmatischen Relationen eines Wortfeldes

Jedem zuge-

werden

zunächst durch Angabe einer syntaktischen Kategorie und eines "verbalen Kontextes" festgelegt. Die Sinnverwandtschaft mente eines Wortfeldes wird durch den gemeinsamen

der Ele-

"semantischen

Aspekt" aller in den "verbalen Kontext" einsetzbaren Wörter währleistet.

Die in den verbalen Kontext passenden Wörter

gemeinsamem semantischen Aspekt sind die Elemente des

ge-

mit

Wortfeldes.

Diese werden auf zweifache Weise weiter differenziert und in ihrer Position im Wortfeld festgelegt: einmal durch die

"seman-

35 tischen Relationen", das sind die Sinnrelationen Lyons' wie Synonymie, Antonymie, Hyponymie, zum anderen durch die

Dimensionen.

Die semantischen Relationen bestimmen die Beziehungen den Elementen des Wortfeldes, durch die verschiedenen

zwischen

Dimensionen

wird erreicht, die Menge der Elemente in kleinere Mengen bis zu Einermengen aufzuteilen. Mit Hilfe der Kriterien verbaler

Kontext

und syntaktische Kategorie werden die Wörter des Wortfeldes

in

satzsemantische Zusammenhänge eingeordnet, durch Angabe des semantischen Aspekts wird das durch den verbalen Kontext generell

er-

möglichte Paradigma eingeschränkt. Auf diese Weise ist das Wortfeld sowohl in satzsemantische als auch in wortsemantische ge

Zusammenhän-

eingeordnet. Als Beispiele solcher Wortfelder sollen hier I. das von Lutzeier

dargestellte Feld der Turngeräte aus dem Bereich der

Autosemantika

und II. das Feld der temporalen Konjunktionen aus dem Bereich der Synsemantika angeführt I. Bezeichnungen für

werden.

Turngeräte

(a) verbaler Kontext: man kann an (b) syntaktische Kategorie:

turnen

Substantive

(c) semantischer Aspekt: vom Deutschen Turnbund als

Turngerät

anerkannt (d) einige Wörter des Wortfeldes: Barren, Boden, Reck, Ringe

...

Das so definierte Feld wird durch die Dimensionen in sich differenziert. Dimensionen im Feld der Turngeräte D^: (a) ^Männern} (b) ^ F r a u e n J (c)

wären:

im Wettkampf

{pferd, Ringe, Barren, Reck J

vorbehalten

{stufenbarren,

Schwebebalken}

weder noch: ^Boden, Bock, Kasten, Leiter, Tau, stange,

Kletter-

Sprossenwand}

Grundlage von D^ ist die Tatsache, daß einige Geräte

Männern,

andere Frauen vorbehalten sind. D2 berücksichtigt, daß die Geräte unterschiedlichen

Zwecken und Übungen

$2'· (a) zum Darüberspringen:

Bock,

dienen:

Kasten

(b) zum Klettern: Leiter, Tau, Kletterstange,

Sprossenwand

(c) weder noch: Ringe, Barren, Reck, Stufenbarren Die Dimension D-, ist aufgrund des Aussehens der Geräte

etc. gebildet.

36 D-j: (a) Geturnt wird an einem Querträger: Schwebebalken, (b) an 2 oder mehreren Querträgern:

Barren,

Stufenbarren,

Sprossenwand, (c) an runden Griffen: Pferd,

Reck

Leiter

Ringe

(d) weder noch: Boden, Bock, Kasten, Tau,

Kletterstange.

Durch das Ansetzen mehrerer Dimensionen erreicht Lutzeier schiedliche Zerlegungsmengen, deren Schnittmengen eine Aufteilung der Grundmenge

unter-

feinere

erlaubt.

Nach dem gleichen Muster ist das Wortfeld der temporalen junktionen dargestellt, hier zum II. Einige temporale

Kon-

Vergleich:

Konjunktionen

(a) verbaler Kontext: Maria geht zu Bett Zähne (b) syntaktische Kategorie:

... Anton sich die

putzt Konjunktion

(c) semantischer Aspekt: temporale Beziehung zwischen

Vorgängen,

die entweder gleichzeitig oder in der Reihenfolge stattfinden, wie sie erwähnt

selbst

werden

(d) Wörter des Wortfeldes: ehe, bevor, während, als, wenn, bis,

sobald,

solange

Als differenzierende Dimensionen dieses Feldes werden D^: (a) Ein echter Zeitraum ist im Durchschnitt der

Zeitinter-

valle der beiden Vorgänge enthalten: solange, (b) Kein echter Zeitraum ist im Durchschnitt der valle der beiden Vorgänge enthalten: (c) neutral: ehe, bevor, als, wenn,

betrachtet:

während Zeitinter-

bis

sobald.

Lutzeier stellt fest, daß weitere Dimensionen für dieses Wortfeld aus einem Bereich, der nach traditioneller Auffassung für eine Wortfeldstruktur

nicht

in Frage kommt, schwer zu benennen

Für die bekannten semantischen Relationen wie Synonymie, und Hyponymie liegen besondere Bedingungen vor (1981: Sie ergeben sich daraus, daß nicht alle temporalen

sind.

Antonymie

199-200).

Konjunktionen

in den gleichen verbalen Kontext passen, es im Sinne von Lutzeier also kein gemeinsames Wortfeld für alle temporalen

Konjunktionen

geben kann. Der semantische Aspekt umfaßt daher nicht alle

tempo-

37 ralen Beziehungen insgesamt, sondern nur diejenigen, die

entweder

gleichzeitig oder in der Reihenfolge stattfinden, in der sie erwähnt werden. So gehört der Definition gemäß die Konjunktion dem nicht in das Wortfeld, denn obwohl sie zu bevor in der

nach-

seman-

tischen Relation der Konversion steht, paßt sie nicht in den verbalen Kontext. Der semantische Aspekt mußte deshalb so gewählt werden, daß Konjunktionen, die Nachzeitigkeit des bezeichnen, aus dem Wortfeld ausgeschlossen

Vordersatzes

werden.

Die semantische Relation, der Hyponymie dagegen stellt innerhalb des der Definition entsprechenden Wortfeldes ehe und bevor sowie zwischen wenn und als fest. wird zwischen bis und wenn

Lutzeier

zwischen

Inkompatibilität

festgestellt.

Die Einbeziehung von Synsemantika in eine Wortfeldtheorie, sonst nur auf Autosemantika ausgerichtet ist (eine

die allerdings von Lutzeier abgelehnt wird), ist in dieser quenz und als theoretische Annahme nur bei Lutzeier

Theorie

der semantischen Felder werden Feldbeziehungen unter den wörtern berücksichtigt. Diese ziehen Funktionswörter Miller, Johnson-Laird

Konse-

(1981) zu fin-

den. Aber auch in den Überlegungen anderer Autoren zur

bei bestimmten Feldtypen, nämlich Kontrastfeidern,

die

Unterscheidung,

Funktions-

jedoch nur

in Betracht.

(1976) unterscheiden zwischen

hierarchisch

geordneten Feldern (Kap. 4.2), für die nur Beispiele aus dem Bereich der Autosemantika angegeben werden, und Kontrastfeidern. ter stehen in einem Kontrastverhältnis, wenn sie den gleichen

WörTer-

mini oder Begriffen untergeordnet sind und auf der gleichen

Hier-

archiestufe stehen. Zwischen den in einem Kontrastverhältnis

zu-

einander stehenden Wörtern gibt es keine hierarchische Miller, Johnson-Laird

( 1 9 7 6 ) n e n n e n Beispiele für

Ordnung.

Kontrastfelder

aus dem Bereich der räumlichen und temporalen Relationen

(Kap.

6.1 und 6.2) Viele Ausdrücke für räumliche und temporale Information als Kontraste angelegt entlang den räumlichen und

sind

zeitlichen

Koordinaten, nach denen Wahrnehmungen geordnet sind. Der

Raum

hat eine vertikale und zwei horizontale Koordinaten, nach denen die räumliche Orientierung erfolgt. Die je zwei Richtungen der Koordinaten sind die Basis der sprachlichen Bezeichnungen, denen der Mensch seine Wahrnehmungen

ordnet:

mit

38 Adverbien: oben/unten; vorn/hinten;

rechts/links

Präpositionen: über/unter; vor/hinter;

rechts/links

Außer diesen Grundorientierungen kennt die Sprache noch eine Vielzahl weiterer Bezeichnungen für die Angabe von Entfernungen (weit von/nahe) und Wegen und Richtungen (von/nach; die oft auch als Kontraste angelegt

aus/in),

sind.

Die temporalen Relationen spielen in der Sprache eine noch größere Rolle als die räumlichen. Während der Ausdruck Gestalt und räumlicher Relationen in vielen Sprachen

räumlicher

fakultativ

ist, ist der Ausdruck temporaler Relationen obligatorisch, da der Verbgebrauch den grammatischen Ausdruck temporaler

Relationen

notwendig voraussetzt. Auch lexikalisch sind die Zeitbezüge ker vertreten als die räumlichen. So gibt es zwar

stär-

Präpositionen,

die räumliche und andere, die temporale Relationen

ausdrücken,

wobei die temporalen Präpositionen oft von lokalen

abgeleitet

sind, Konjunktionen dagegen bezeichnen nur temporale, keine lokalen Relationen, ebenso wie räumliche Relationen auch

gramma-

tisch nicht ausgedrückt sind. Temporale Relationen scheinen

kom-

plizierter zu sein als räumliche. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, daß die Ausdrücke für temporale Relationen nicht so durchgängig als Kontraste geordnet

sind.

Zeitliche Bezüge werden sprachlich auf zweierlei Weise

ausge-

drückt: Einmal mit Hilfe der Relation früher als/später als, die eine gewisse kontrastive Ordnung ergibt, aber auch durch die Ordnung Vergangenheit/Gegenwart/Zukunft,

die nicht

ist. Die letztere ist in der Verbgrammatik

kontrastiv

verankert,

lexikalisch

treten Ausdrücke für beide Ordnungen auf (ausführlicher Miller, Johnson-Laird 1976, Kap. 6.2,

410-468).

früher als/später als drücken konverse Relationen Zeitpunkten

dazu

zwischen

aus

länger als/kürzer als: konverse Relationen zwischen

Zeiträumen

bevor/nachdem sind nicht in demselben Sinne konvers, denn bevor verbindet jeweils den Beginn zweier

Ereignisse,

während nachdem den Beginn des im Hauptsatz

ausge-

drückten Relatums mit dem Ende des Referens

verbin-

det, das in dem von nachdem eingeleiteten zum Ausdruck kommt (S. 425).

Nebensatz

39 Auch andere Feld- oder Teilfelduntersuchungen unterschiedlichen Funktionswortklassen auf Kontrastfeldbeziehungen

an Wörtern aus

lassen mit Sicherheit nur

schließen. Von Interesse ist dazu die

Diskussion zwischen Wiegand und Henne

(1982). Sie erörterten die

Frage, ob innerhalb der Gruppe von Satzadverbien, die einen Gewißheitsgrad ausdrücken

(sicher, bestimmt, gewiß,

höchstwahrscheinlich, möglicherweise,

eventuell,

wahrscheinlich, vielleicht,

schwerlich, kaum) auch Hyponymierelationen nachweisbar sind. Wiegand ist der Auffassung, da)3 zwischen den Satzadverbien lich und möglicherweise eine ähnliche Hyponymie- oder

wahrschein-

Implikations-

beziehung vorliegt wie zwischen den Substantiven Pferd und Rappe. Bei den substantivischen Begriffen impliziert der speziellere

den

allgemeineren: Wenn χ ein Rappe ist, ist dieses χ auch ein Pferd. Anders ausgedrückt: Der allgemeinere Begriff inkludiert den spezielleren . Bei den Satzadverbien sei es so, meint Wiegand, daß ein höherer Grad an Gewißheit einen niedrigeren Grad impliziere. Wenn also jemand durch wahrscheinlich einen relativ hohen Grad der heit oder der Überzeugung zum Ausdruck bringe wie in "Ute wahrscheinlich",

so seien damit implizit auch niedrigere

der Gewißheit ausgedrückt wie möglicherweise, eventuell (Wiegand 1982:

vielleicht

Gewißschläft Grade und

115-116).

Gegen diese Auffassung polemisiert Henne (1982: 133-137), der der Ansicht ist, in diesem Feld der Satzadverbier\, die Grade der Gewißheit ausdrücken, treten keine Hyponymierelationen auf, sondern bei den festgestellten Graduierungen handle es sich um nichtbinäre Kontraste, die Lyons als Sinnrelationen der tät bezeichnet

Inkompatibili-

hatte.

Diese Einschätzung paßt zu den Ergebnissen anderer

Feldunter-

suchungen im Bereich der Funktionswörter. Auch die von Pasch (1983 und 1986) untersuchten semantischen Relationen

zwischen

kausalen sowie zwischen negationshaltigen Konjunktionen,

ebenso

die Beziehungen zwischen adversativen Konjunktionen, die Brauße (1983) für das Deutsche und Kunzmann-Müller/Gehrmann slawische Sprachen untersuchten, wie auch ζ. B. die

(1988) für Relationen

zwischen den Temporalpartikeln schon, noch und erst geben nur Hinweise auf

Kohyponymiebeziehungen.

40 Die Wortfeldmethode wurde auch verschiedentlich auf die Analyse der Modal- oder Abtönungspartikeln

angewandt. Weydt (1979) er-

mittelt für das Feld der Partikeln doch, immerhin,

jedenfalls,

schließlich, wenigstens Oppositionen oder Kontraste aufgrund von "Merkmalen", die auf unterschiedlichen Relationen zwischen rungen basieren. Er stellt ebenfalls das Fehlen von d. h. hierarchischen Strukturen

Äuße-

Archilexemen,

fest.

Die umfangreicheren Analysen von Harden (1983) zu den überhaupt und eigentlich sowie die kontrastiv angelegte

Partikeln Studie

von Thun (1984) zu den deutschen und rumänischen Partikeln men in ihren Ergebnissen mit diesem Befund

stim-

überein.

Die bisherigen Felduntersuchungen bei Funktionswörtern vermuten, daß die Funktionswortfelder

wahrscheinlich nur

sional und nur in Kontrasten geordnet

sind.

Zur Übersicht seien noch einmal die in Kastovsky

lassen eindimen-

(1982)

darge-

stellten Typologien der Sinnrelationen von Lyons (1977) und der Wortfelder von Kastovsky

(1982) angegeben, in denen der

pielle Unterschied zwischen den vertikal-hierarchischen einerseits und den horizontalen Bedeutungsbeziehungen nymie andererseits deutlich

antonymy

Kohypo-

270ff.)

hyponymy incompatibility (non-binary) complemen tarity

strict hyponymy

converseness

quasihyponymy

directional opposition

direction relative to Ρ nondeictic

part^-wholerelation

serialcyclical oppos. opposition 3nKS

deictic

der

relations

contrast" opposition (binary)

Relationen

wird.

Klassifizierung der Sinnrelationen nach Lyons (1977: sense

prinzi-

scales vectorial direction

consequence positive

negative

orthogonal

antipodal

41

Wortfeldtypologie nach Kastovsky

(1982:

139)

Wortfeld mehrdimensional

eindimensional antonymisch ungeordnet

graduell geordnet

seriell

zweidimensional

korrelativ

nicht-korrelativ korrelativ

4.

Zum Stand der

multidimensional hierarchisch

nicht einkorre- fach lativ

zusammengesetzt

Funktionswort-Lexikographie

Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben die früher wenig Funktionswörter

selektiv

beachteten

auch in der lexikographischen Diskussion

eine

zunehmend größere Rolle gespielt, s. u.a.: Weydt/Hentschel Wiegand/Henne

(1983),

(1982), Lang (1982), Pasch (1983, 1986 und in die-

sem Band), Bastert (1986), König/Stark

(1985), Schaeder (1987), Heibig

(1985), Schmidt (1986), Wolski (1988), Buscha (1988 und

Diese Erscheinung ist natürlich kein Zufall. Das

1989).

linguistische

Interesse für semantische Fragen an der Grenze zur Syntax und Logik, aber auch für pragmatische Gesichtspunkte der und der sprachlichen Interaktion,

Kommunikation

ist der Grund für das

der Literatur zur Bedeutungsanalyse der Funktionswörter,

Anwachsen deren

Spezifik nur durch die Anwendung von Instrumentarien aller Wissensgebiete erfaßbar

dieser

ist.

Wenn auch die so erreichten Ergebnisse bisher

unvollständig,

teilweise widersprüchlich sind und weder zu einer Klärung der für die Lexikographie grundlegenden Frage der

Wortklassenzugehörigkeit

einzelner Gruppen, besonders der Partikeln führten, noch die Frage der Korrelation von syntaktischen und semantischen Typen

lexi-

kalischer Einheiten in allen Fällen geklärt ist, gibt es doch die Forderung, diese Ergebnisse einem größeren Benutzerkreis in Form von Wörterbüchern bekannt zu machen. Zu den in Aussicht

genomme-

42

nen Benutzern von Funktionswörterbüchern sind wohl keine weiteren Erörterungen notwendig. Es scheint weithin Übereinstimmung zu geben dahingehend, daß Muttersprachler kaum, Ausländer dagegen ein großes Interesse daran haben, ausführliche Informationen über Bedeutung und Gebrauch dieser Wortklassen zu bekommen, da sie sie in herkömmlichen Wörterbüchern nicht in ausreichendem Maße finden (zuletzt König/Stark

1987).

Dieses Defizit der vorhandenen Wörterbücher bei Angaben zu Funktionswörtern ist schon häufig zur Sprache gekommen ohne die Absicht, ihnen diesen Mangel anlasten zu wollen. Vielmehr schließt sich die Erwartung daran, daß die Fortschritte in diesem Bereich der lexikalischen Semantik gerade in diesem Teilgebiet der Lexikographie sichtbare Ergebnisse und Verbesserungen möglich machen werden.

4.1

Metalexikographische Untersuchungen zu einsprachigen FunktionsWörterbüchern

Es wird oft geltend gemacht, daß die zur Bedeutungsbeschreibung von Funktionswörtern notwendigen Angaben zu kompliziert und zu wenig allgemeinverständlich seien, um dem Nicht-Spezialisten nutzen zu können. Deshalb wurde erwogen, auf Bedeutungsbeschreibungen überhaupt zu verzichten und dafür nur Beispielsätze mit typischen Gebrauchsbedingungen im Wörterbuch anzugeben, aus denen der Benutzer die für den Gebrauch notwendigen Regeln selbst ableiten kann. Ausführlicher dazu Pasch (in diesem Band). Es hat sich wohl jetzt die Auffassung durchgesetzt, daß Bedeutungsbeschreibungen plus Beispiele als optimal für die Darstellung

anzusehen

sind. Das ist auch die Auffassung Königs und Starks (1987), die den Aufwand eines Übersetzers geringer einschätzen, wenn dieser sich mit Hilfe der zugegebenermaßen schwierigen Bedeutungsbeschreibungen in dem Wörterbuchartikel orientieren kann, als wenn er gezwungen -wäre, sich die Gebrauchsbedingungen aus den Beispielen selbst abzuleiten. Es ist für Funktionswörter charakteristisch, daß die betreffenden lexikalischen Einheiten in ihren unterschiedlichen

Verwen-

dungen oft unterschiedlichen Wortklassen angehören. So tritt ζ. B.

43 doch als Konjunktion, als Antwortpartikel sowie als betonte und als unbetonte Modalpartikel

auf, aber als Konjunktion und als

Modalpartikel, schon als Adverb, Gradpartikel und Modalpartikel etc. Es ist deshalb die Entscheidung zu treffen, ob diese

lexika-

lischen Einheiten in ihrem oft nachweisbaren Zusammenhang von adund Partikelverwendung

dargestellt

werden sollen, wie es das Vorhaben von König/Stark

verbieller, konjunktionaler

(1987) vor-

sieht. Anders wurde verfahren bei wortartenspezifischen büchern wie denen der Präpositionen 1986) und der Konjunktionen tikeln (Weydt/Hentschel

(Schaeder 1985),

Wörter-

(Schröder

(Buscha 1989). Wörterbücher der

Par-

1983) und (Wolski 1986) ziehen meistens

einen Vergleich zur Bedeutung des Wortes gleicher Form in anderen Wortklassen und versuchen, eine Art Grundbedeutung aller men

Vorkom-

anzugeben. Das Lexikon der deutschen Partikeln von Heibig (1988) umfaßt

eine größere Klasse von Partikeln als die beiden oben die sich auf die Abtönungs- oder Modalpartikeln

Genannten,

beschränken.

Diese stellen nur eine der sechs von Heibig behandelten

Gruppen

von Partikeln dar. Der gleiche Eintrag kommt oft auch in unterschiedlichen Partikelverwendungen Temporalpartikel

und als

vor, ζ. B. schon als Grad- oder

Modalpartikel.

Da gerade Abtönungs- oder Modalpartikeln in ihrer

Verwendung

und Funktion oft von anderen Funktionswortarten abgeleitet ζ. B. von Konjunktionen wie aber, ist der Hinweis auf tende Vorkommen in anderen Wortarten und die Angabe Bedeutungsverwandtschaften tikeln, wie Weydt/Hentschel

in einem Wörterbuch der

sind,

gleichlau-

eventueller Abtönungspar-

(1983) es ins Auge faßten,

besonders

nützlich. Die Möglichkeiten für eine ausführliche Darstellung der Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern sind abhängig davon, ob ein Spezialwörterbuch einer einzelnen Wortklasse vorgesehen wie es die Lexika der vom Enzyklopädie-Verlag

ist,

herausgegebenen

Reihe vorsehen. In den Spezialwörterbüchern können die digen Angaben ausführlich sein, und es kann eine

notwen-

ausreichende

Zahl von Beispielen für den Gebrauch angegeben werden. Man ist sich darüber einig, daß die Angaben zu Funkt'ionswörtern

nicht

nur sehr präzise, sondern auch umfangreicher sein müssen als bis-

44 her, wenn sie Ausländern oder Übersetzern eine wirkliche sein sollen. Deshalb werden in jüngster Zeit vorwiegend

Hilfe Spezial-

wörterbücher vorgeschlagen und auch hergestellt, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Lexikographen machen oft geltend, daß in

Gesamtwörterbüchern

ein solcher Aufwand nicht getrieben werden kann. Es gibt aber auch Beispiele für Versuche, neuere Erkenntnisse in gedrängter Form auch in Gesamtwörterbüchern unterzubringen.

So beruht die

Darstellung der Konjunktionen im "Handwörterbuch der

deutschen

Gegenwartssprache" auf einer in Zusammenarbeit mit E. Lang gearbeiteten modernen Konzeption syntaktischer und

aus-

semantischer

Angaben für diese Wortart. Für die Darstellung der Partikeln im Wörterbuch hat Wolski

(1986) anhand der Partikeln aber, ja, doch

und schon Musterartikel erarbeitet in je drei Varianten für ein Partikelwörterbuch,

für ein großes gemeinsprachliches

und ein einbändiges gemeinsprachliches

Wörterbuch

Wörterbuch.

Die Funktionswortklassen werden nach grammatischen, in erster Linie syntaktischen und distributionellen Gesichtspunkten, einigen Fällen auch nach Akzentplazierung

subklassifiziert.

in Be-

stimmte syntaktische und distributionelle Eigenschaften sind so durch die Angabe der Wortklasse

im Wörterbuch schon bestimmt.

junktionen und Präpositionen lassen sich aufgrund der

Kon-

wortklassen-

spezifischen syntaktischen Eigenschaften relativ problemlos

aus-

grenzen . Anders ist das Bild bei den Partikeln, sowohl den Grad- als auch den Abtönungs- oder Modalpartikeln.

Ihre

Gebrauchsbedingungen

sind stark idiosynkratisch und erfordern deshalb mehr Angaben von Verwendungsbedingungen bei jedem einzelnen Eintrag. Sie sind auch nach syntaktischen Kriterien oft nicht von den

gleichlautenden

Formen aus anderen Wortklassen abgrenzbar, s. Beispiele Heibig

aus

(1988).

Er wird die Aufgabe schon gelöst haben. (= temp. Adv. oder MP) Er ist eben abgereist.

(= temp. Adv. oder MP)

Sie hat selbst an das Buch gedacht.

(Adv. oder

Gradpartikel)

Solche mehrdeutigen Verwendungen sind nur durch spezifische tive Kontexte unterscheidbar, deren Benennung den

situa-

Lexikographen

vor eine schwierige Aufgabe stellt. Wegen der besonderen

Heraus-

45

forderung bei der lexikographischen

Erfassung der Partikeln

wohl auf diesem Gebiet in den letzten Jahren die meisten tischen Vorarbeiten geleistet

4.2

Zur zweisprachigen

sind

theore-

worden.

Funktionswortlexikographie

Wegen der genannten Beschreibungsschwierigkeiten

bei

Funktions-

wörtern wird die Erarbeitung zweisprachiger Wörterbücher als noch komplizierter angesehen, denn es ist dazu erforderlich, die in den einzelnen Sprachen sehr unterschiedlichen der Funktionswörter

Gebrauchsbedingungen

zu vergleichen, um die gesuchten

Äquivalente

zu bestimmen. Für die Wortklasse Modalpartikeln im Deutschen gibt es in manchen Sprachen wie dem Englischen und den

romanischen

Sprachen kaum Äquivalente, das Gemeinte muß hier mit anderen Mitteln, ζ. B. Betonung oder Wortstellung, ausgedrückt werden. sen Schwierigkeiten sehen sich König/Stark

(1987) gegenüber, die

ein zweisprachiges deutsch-englisches Wörterbuch der wörter erarbeiten.

Die-

In dem geplanten Wörterbuch

Requardt 1988) werden die wichtigsten bzw. die

Funktions-

(vgl. dazu auch unstrittigsten

Funktionswortklassen behandelt: Fokus- (oder Gradpartikeln), ioder Abtönungspartikeln), und Gradadverbien.

Konjunktionen,

Modal-

Konjunktionaladverbien

Ein Funktionswort der einen Sprache hat in der

Regel mehrere Äquivalente in einer anderen. Als Bedingungen

für

die Unterscheidung der verschiedenen Äquivalente bei

Funktions-

wörtern haben die Autoren folgende Kontextbedingungen

erkannt:

Negation, Betonungsverhältnisse,

Tempusfragen, Satzmodus,

Skopus

von Fokus- oder Gradpartikeln, Zeitpunkt oder Zeitraum als Fokus von

Partikeln. König/Stark

(1987: 166-170) halten die Berücksichtigung

destens dieser Kontextbedingungen

für unbedingt notwendig,

minver-

mutlich aber kämen noch weitere in Frage. Für die Beschreibung einzelnen Subklassen von Funktionswörtern sind dabei

der

unterschied-

liche Kontexttypen wichtig, für Fokus- oder Gradpartikeln ζ. B. Wortstellung und Betonung im Satz. Modalpartikeln dagegen

sind

in ihrer Wortstellung ziemlich festgelegt, diese muß daher nicht bei jedem Eintrag angegeben werden. Sie sind auch in der Regel unbetont. Wie die vorhandenen betonten Varianten zu klassifizie-

46 ren sind, ist noch nicht ganz geklärt. Vgl. dazu Weydt

(1986).

Der Kontext von Modalpartikeln ist dagegen wesentlich durch den Satzmodus

bestimmt.

Für jeden Wörterbuchartikel

sehen sie die Angabe einer

samen Grundbedeutung aller Vorkommen vor, in denen die

gemein-

Lexikon-

einheit auftreten kann. Für die einzelnen Vorkommen wird die Wortklasse angegeben. Eine Einheit kann ζ. Β. 1. als Adverb, 2. als Gradadverb, 3. als Gradpartikel vorkommen. Für die

Vorkom-

men in den verschiedenen Wortklassen werden spezifischere

Bedeu-

tungen und die spezifischen Kontextbedingungen angegeben. Es gibt auch Fälle mehrerer Bedeutungen des gleichen Eintrags einer Wortklasse.

innerhalb

Jede Bedeutungsvariante wird in einem

ren Abschnitt behandelt, in dem die spezifischen

besonde-

Kontextbedingun-

gen angegeben sind, unter denen das Funktionswort

in dieser

tung vorkommt. Die Unterscheidung der Kontextbedingungen Notwendigkeit für die Übersetzung, denn je nach Kontext scheiden sich die Übersetzungsäquivalente.

Bedeu-

ist eine unter-

Man kann auch umgekehrt

sagen: Ein zweisprachiges Funktionswörterbuch muG so viele

Kontext-

bedingungen und so viele Bedeutungsvarianten unterscheiden wie es verschiedene Übersetzungsäquivalente

in der Zielsprache

gibt.

Es gibt noch das Projekt eines zweisprachigen Wörterbuchs einzelnen Funktionswortklasse:

das deutsch-dänische,

sche Partikelwörterbuch von Baunebjerg/Wesemann

einer

dänisch-deut-

(1983).

Dänisch

ist wie das Deutsche eine Partikelsprache, d. h. es gibt

Äquiva-

lente der gleichen Wortart. Die Gebrauchsbedingungen

Partikeln

der

sind in den beiden Sprachen aber verschieden, so daß es nur Teiläquivalente gibt. Die deutsche Partikel schon ζ. B. hat im Dänischen außer nok mindestens noch sechs weitere Äquivalente

in unter-

schiedlichen Kontexten, während dän. nok außer dt. schon in anderen Kontexten mit doch oder denen Gebrauchsbedingungen das Wörterbuch

übersetzt werden kann. Die

verschie-

hinsichtlich Bedeutung und Kontext muG

herausarbeiten.

47 4.3

Wörterbücher und Wörterbuchprojekte

einzelner

Funktions-

wortklassen Wir gehen in diesem Abschnitt nicht noch einmal auf die Geschichte der Funktionswortlexikographie

ein, sondern weisen auf

einige

der neuesten Arbeiten auf diesem Gebiet hin, vor allem zur Lexikographie der Partikeln und Konjunktionen.

In diesem

ist in erster Linie die Reihe kleiner Lexika zu den

Zusammenhang Funktionswör-

tern zu nennen, die das Ziel hat, den Ertrag der zahlreichen wissenschaftlichen Einzeluntersuchungen

für Spezialwörterbücher

der

einzelnen Funktionswortarten des Deutschen nutzbar zu machen. schienen sind bereits ein "Lexikon deutscher Präpositionen" Schröder

Er-

von

(1986), ein "Lexikon zum Artikelgebrauch" von Grimm

das "Lexikon deutscher Partikeln" von Heibig (1988) und das

(1987), "Lexi-

kon deutscher Konjunktionen" von Buscha (1989). In Vorbereitung ist ein "Lexikon deutscher Modalwörter" von Heibig. Damit sind die wichtigsten Funktionswortarten erfaßt, für die von Lehrern und Lernern weitere über die Angaben in Grammatiken und Wörterbüchern hinausgehende Beschreibungen von Bedeutung Gebrauch gefordert

und

werden.

Die Frage der Zuordnung zu den Funktionswörtern

ist für einige

Wortklassen strittig. Die Zugehörigkeit der Partikeln und Konjunktionen ist unbestritten, Präpositionen dagegen werden oft nicht zu den Funktionswörtern gerechnet. Zu Klassifikationskriterien Wortklassen zu Auto-/Synsemantika bzw. Voll-/Funktionswörtern Abschnitt 1. dieses Beitrags. Daß aber unabhängig von der

der vgl.

Zugehö-

rigkeit dieser Wortklasse zu den Funktionswörtern eine

ausführli-

chere Beschreibung

Lehrzwecke

des Gebrauchs der Präpositionen für

von großem Wert ist, steht außer Frage, und vom Anliegen der

Lexi-

kon-Reihe her ist die Einbeziehung der Präpositionen deshalb

wich-

tig .

4.3.1

Partikellexikographie

Möglichkeiten der Darstellung von Modal- oder

Abtönungspartikeln

im Wörterbuch sind in den letzten Jahren am ausführlichsten tert worden. Wolski (1986) hat eine umfangreiche Übersicht

erörüber

die Behandlung der Partikeln in älteren Wörterbüchern sowie über

48

neuere theoretische und praktische Beiträge zur

Partikellexiko-

graphie gegeben, die an den aktuellen Anforderungen, die heute an diesen Typ von Wörterbüchern zu stellen sind, gemessen

werden.

Dank dieser Arbeit erübrigt sich hier ein Eingehen auf die sehr umfangreiche Literatur zu diesem Gebiet. Wir wollen daher an dieser Stelle nur die wenigen Beiträge erwähnen, die bis zu praktischen Vorschlägen für Wörterbuchartikel gediehen

sind.

Das ist zuerst Wolski selbst, der 1983 Probeartikel für die Partikel schon und 1986 in der erwähnten Arbeit für aber, ja und schon Wörterbuchartikel

in drei Varianten für ein

wörterbuch, ein mehrbändiges und ein einbändiges liches Wörterbuch zur Diskussion

doch, Partikel-

allgemeinsprach-

stellte.

Bereits 1983 war das "Kleine Abtönungswörterbuch"

von Weydt/

Hentschel erschienen, das eine kurze Darstellung aller

Abtönungs-

partikeln in ihren wichtigsten Kontexten samt denen mit homonymen Formen anderer Wortklassen umfaßt. Für jeden

ihnen Eintrag

findet sich eine Beschreibung der "übergreifenden Bedeutung" ler Vorkommen des Lemmas, die für die einzelnen Vorkommen fiziert

al-

spezi-

wird.

Die Wörterbuchartikel

zu doch und ja^ von Bastert

(1985) sind

Vorschläge für ein einsprachiges allgemeines Wörterbuch. setzt sich in dieser Arbeit ausführlich mit den

Anforderungen

der anvisierten Benutzer an ein solches Wörterbuch Ihre Hypothese ist ebenfalls, daß Ausländer

Bastert

auseinander.

im Wörterbuch

künfte über Modalpartikeln suchen. Sie hat deshalb ihre

Aus-

Probe-

artikel von deutschlernenden Ausländern auf ihre Effizienz

prü-

fen lassen. Charakteristisch für die in allen diesen Arbeiten

verwendeten

neuen Ansätze ist zweierlei: einmal die Tendenz, für alle men der Partikeln Gemeinsamkeiten der Bedeutung

herauszuarbeiten

und zweitens, die Bedingungen für die unterschiedlichen genauer zu kennzeichnen, wobei die Satzarten die Rolle

Vorkom-

Vorkommen

entscheidende

spielen.

Eine ausführliche und umfassende Darstellung des

Partikel-

bestandes enthält das "Lexikon der deutschen Partikeln"

(Heibig

1988). Der Wortbestand dieses Wörterbuchs ist nicht wie bei den vorher erwähnten auf die Modal- oder Abtönungspartikeln

begrenzt,

49

sondern er umfaßt außer diesen noch fünf weitere Gruppen: partikeln, Steigerungspartikeln, die Infinitivpartikel

Grad-

Antwort-, Negationspartikeln

und

zu.

Da die Klassifizierung sowie die Bedeutung und Funktion

gerade

dieser Funktionswortarten größere Probleme aufwerfen als andere, hat Heibig seinem Wörterbuch eine ausführliche Einleitung gestellt, in der allgemeine Eigenschaften der Partikeln

voran-

behandelt

und bestimmte Besonderheiten dieser Wortklasse vermittelt sollen. Problematisch sind u. a. die Abgrenzung der

werden

Partikeln

gegenüber anderen Wortklassen sowie die Subklassifizierung ihre Bedeutung oder

und

Funktion.

Der Partikelliteratur

zufolge haben sie nicht nur eine

sondern sie wirken, vielfach gleichzeitig, oder - m o d i f i z i e r e n d , konversationssteuernd,

Funktion,

illokutionsindizierend textverknüpfend

Die Darstellung dieser Funktionen im Wörterbuch ist

schwierig.

Die Eintragungen in (Heibig 1988) zu den einzelnen bzw. ihren Funktionsvarianten enthalten folgende

usw.

Partikeln

Informationen:

Unter 1. werden syntaktische Angaben gemacht, ζ. B. Hinweise auf Betonbarkeit, Stellung und Erststellenfähigkeit

und die für die

einzelnen Subklassen unterschiedlichen Restriktionen: bei

Abtö-

nungspartikeln nach Satzarten, bei Gradpartikeln nach dem

Bezugs-

glied etc. Unter 2. wird die Funktion der Partikelvariante

ange-

geben, unter 3. werden Beispiele dafür genannt und unter 4. erfolgen Hinweise auf homonyme Lexeme außerhalb der Wortklasse der Partikeln. Unter 5. schließlich werden Bemerkungen zu einer Gesamtbedeutung

der Partikel gemacht. Mit diesem Lexikon sind die

für die Partikelbedeutung als wichtig erachteten

Gesichtspunkte

nicht nur an wenigen Beispielen für Wörterbuchzwecke sondern die Partikeln werden in ihrer Gesamtheit nach bedingungen und Funktion

4.3.2

möglichen

illustriert, Gebrauchs-

beschrieben.

Konjunktionen im Wörterbuch

Die Vorarbeiten für ein Wörterbuch der Konjunktionen sind nicht so zahlreich. Buscha (1988) nennt eine Reihe von

Veröffentlichun-

gen der letzten Jahre zur Bedeutung der Konjunktionen, so in den von Weydt (1979) und Fritsche

(1981) herausgegebenen

Sammelbän-

50

den. Außerdem Einzeluntersuchungen u. a. von Lang (1977, Posner

(1979), BrauGe (1983), Pasch (1983, 1986),

Miltschewa

(1986) und Redder

1982),

Primatarowa-

(1987).

Auch in einigen Grammatiken werden die Konjunktionen ausführlich behandelt, ζ. B. von Schulz/Griesbach

besonders

(1970),

Buscha (19B4) und Engel (1988). Unter den einsprachigen büchern ist das HDG (1984) hervorzuheben,

in dem die

Heibig/

Wörter-

Konjunktio-

nen im Verhältnis zum Gesamtwortschatz besonders ausführlich schrieben

be-

werden.

Buscha (1988) ordnet das gewachsene Interesse an dieser art ein in den Zusammenhang

linguistischer

Beschäftigung

Phänomenen der Textkohärenz einerseits und in den Kontext lexikographischer

und praxisorientierter

eine eingehendere systematischere ter gefordert

Wort-

mit meta-

Diskussionen, in denen

Beschreibung der

Funktionswör-

wird.

Er selbst hat auch im Rahmen der Reihe von Wörterbüchern zu den Funktionswörtern das erste und bisher einzige "Lexikon scher Konjunktionen"

(Buscha 1989) erarbeitet, in dem

vorschläge für die folgenden Hauptprobleme angeboten

deut-

Lösungswerden:

1. Die Definition der Konjunktionen als Wortart. Die Abgrenzung der Wortart Konjunktion ist schwierig, da die Konjunktionen in der Fachliteratur und in den Grammatiken

unter-

schiedlich weit gefaßt werden. Für Buschas Verständnis der Wortart Konjunktion ist der Gedanke grundlegend, daß die Wortart nur durch einen Komplex von Kriterien bestimmbar ist. Das Problem des sich daraus ergebenden N e b e n e i n a n d e r

von formalen und

inhaltli-

chen Kriterien sucht er durch eine Hierarchie der Kriterien zu vermeiden. Die Konjunktionen werden primär als morphologisch veränderliche Wortart mit einer bestimmten operativen

Bedeutung

definiert, die Sätze miteinander verbinden. Von den anderen tionswortarten unterscheiden sie sich jeweils durch andere däre

unFunk-

sekun-

Merkmale.

2. Die Subklassifizierung der

Konjunktionen.

Neben den bekannten formalen Klassifikationskriterien fachen/nicht einfachen, kontinuierlichen/nicht

nach ein-

kontinuierlichen

Konjunktionen gibt es die syntaktische Klassifikation nach koor-

51 dinierenden und subordinierenden Konjunktionen, die Engel als zwei verschiedene Wortarten

(1988)

unterscheidet.

Außerdem werden die Konjunktionen auch nach semantischen terien subklassifiziert, die für ihre Beschreibung

im Wörterbuch

die entscheidenden und auch die schwierigsten sind. Buscha 57) führt auch an, daß die semantisch begründete

Kri(1988:

Subklassifizie-

rung sowie die Bezeichnungen für die so gebildeten Subklassen

nicht

eindeutig definierbar sind. Die Klassen sind recht heterogen,

und

es sind auch nur Teilklassifizierungen

zu erreichen. Die Klasse

der temporalen Konjunktionen erscheint noch am besten (weswegen sie sicher auch am meisten für

abgegrenzt

Systematisierungsversuche

verwendet wurde). Völlig unsystematisch erscheinen die nen, die Modalverhältnisse

Konjunktio-

ausdrücken.

Angesichts der Probleme bei der Bildung semantischer

Klassen

gibt Buscha nur einleitend eine solche Ordnung an, im Wörterbuchteil dagegen ordnet er die Konjunktionen

alphabetisch.

Das Wörterbuch von Buscha enthält auch die für den Gebrauch der Konjunktionen notwendigen syntaktischen

richtigen Angaben,

die in den Wörterbüchern, aber auch in den Grammatiken in der Regel nicht oder nicht mit der notwendigen Ausführlichkeit kommen. Das sind vor allem Stellungsregeln, Zeitenfolge, und Modusrestriktionen sowie Identität/Nicht-Identität

vor-

Tempus-

der Sub-

jekte von Haupt- und Nebensatz. Besondere Probleme bieten Synonymiebeziehungen

zwischen Kon-

junktionen, die manchmal aufgrund semantisch-pragmatischer brauchsbedingungen differenzierbar

5.

Ge-

sind.

Offene Fragen zu Modalpartikeln und ihrer

Darstellung

im Wörterbuch Die oft konstatierten besonderen Schwierigkeiten der

Darstellung

von Partikeln im Wörterbuch betreffen hauptsächlich zwei für die Lexikographie entscheidende

Punkte:

Erstens die Bestimmung der Wortklasse. Die Kriterien für die Wortklassenzugehörigkeit

sind nicht leicht festzulegen, und da-

mit ist auch die Zugehörigkeit einiger lexikalischer zu dieser Klasse nicht

eindeutig.

Einheiten

52 Schwer bestimmbar zur Satzbedeutung,

ist zweitens der Beitrag der

Modalpartikeln

ihre Bedeutung oder Funktion als Wortklasse.

Es wird meistens eine Liste verschiedener, wenn auch im Zusammenhang stehender Funktionen

miteinander

angegeben.

Die Gründe für den Mangel eindeutiger Kriterien der sen- sowie der Funktionsbestimmung

werden heute darin

daG die im Deutschen und einigen anderen Sprachen

Wortklasgesehen,

vorkommenden

Modalpartikeln in ihrer Syntax und Semantik Zeugen eines

Übergangs-

stadiums in ihrer Entwicklung sind. Die Modalpartikeln haben alle homonyme Formen in anderen Wortarten, vor allem bei Konjunktionen und Gradpartikeln,

Adverbien,

aus denen sie entstanden

In den ursprünglichen Kategorien, aus denen sie

hervorgegangen

sind, sind diese Lexeme sowohl syntaktisch als auch besser bestimmbar.

semantisch

Es bestehen auch in den meisten Fällen noch

semantische Verbindungen zwischen den heute getrennten gen, die sich manchmal noch verfolgen lassen (vgl. 1987 und Abraham

Verwendun-

König/Stark

1988).

Abraham ist der Auffassung, daß die deutschen

Modalpartikeln

sich auf dem Wege der Entwicklung von lexikalischen zu schen Elementen befinden. Inhaltlich sei die bekannte "Ausbleichung"

sind.

grammatisemantische

(bleaching) eine Folge dieses Prozesses, der syn-

taktisch durch die jetzt feste, obligatorische Position der Modalpartikel im Mittelfeld des Satzes begründet sei. Die Festlegung der Distribution dieser Wörter auf das Mittelfeld sei bar die Bedingung

offen-

für ihre spezifische Funktion, die in den Modal-

partikeln zum Ausdruck komme. Modalpartikeln gebe es deshalb

auch

nur in Sprachen wie ζ. B. dem Deutschen und Niederländischen,

die

infolge ihrer Wortstellungsregeln ein Mittelfeld aufbauen

sowie

in einigen skandinavischen Sprachen, die zwar kein Mittelfeld, aber eine ähnliche Wortfolge haben. Im Englischen und den

romani-

schen Sprachen, die eine Wortfolge mit "offenem Ende" haben, gibt es keine

Modalpartikeln.

Charakteristisch und Niederländischen

für das topologische Mittelfeld des ist eine Satzstruktur mit einem

Deutschen

strukturel-

len Verbknoten in der zweiten Abfolgeposition

(die "linke

klammer") und einem anderen Verbknoten in der

Satzendposition

("rechte Verbklammer"). Das Feld zwischen diesen beiden

Verb-

Verbpolen

53 heißt Mittelfeld.

Das Englische und die romanischen Sprachen

ken-

nen diese polaren strukturellen Verbpositionen nicht, und in diesen Sprachen treten auch keine Modalpartikeln mit ihrer grammatisch und semantisch

"ausgebleichten" Funktion

typischen

auf.

Lexeme, die auch im Vorfeld oder Nachfeld auftreten

können,

allerdings, schließlich, jedenfalls, ohnehin, ohnedies, eigentlich, überhaupt, zählen danach nicht zu den

immerhin,

eigentlichen

Modalpartikeln. Ebensowenig die betonten Formen, die ebenfalls im Vorfeld vorkommen

können.

In dieser typischen Position hat sich, so lautet die von Abraham (1988), die spezielle M o d a l p a r t i k e l f u n k t i o n Homonymen anderer Wortklassen, die daneben weiterhin

Hypothese aus den

existieren,

entwickelt. Er verfolgt deswegen die Strategie, aus den

spezifi-

schen Kollokationen zwischen Satzartbeschränkungen und der tung des ursprünglichen Homonyms zum Modalpartikellexem, zifische Modalpartikelfunktion

abzuleiten

Bedeu-

die spe-

(Abraham 1986 und 1989).

Die Versuche, diese Funktion mit Hilfe der Diskurskategorien ma und Rhema zu bestimmen, hält er für nicht Charakteristisch

erfolgversprechend.

für das Mittelfeld sei in dieser Hinsicht,

es im akzentneutralen Falle weder thema- noch

Thedaß

rhemaorientiert

sei. Diese Charakteristik passe "zu dem allgemeinen Befund, daß die Modalpartikel

Information einer Art vermittelt, die über die

Satzstruktur hinausreicht und sich u. a. sogar auf der Sprecher- und Hörervoraussetzungen Konversationsbewältigung,

Modalitäten

zum Weltwissen und der

nicht jedoch direkt auf die

semantische Entscheidbarkeit des Satzes bezieht"

wahrheits-

(Abraham

1988:

456).

5.1

Zur Bestimmung der Wortklasse

Modalpartikel

Die Schwierigkeiten der syntaktischen Klassifikation der Modalpartikeln

(im folgenden MP) resultieren vielleicht daraus, daß

aus unterschiedlichen Wortarten

(Adverbien, Konjunktionen,

Grad-

partikeln) spezifische Verwendungen als MP-Verwendungen zu einer gemeinsamen Wortklasse zusammengefaßt wurden. Die

syntaktischen

Kriterien dieser Wortklasse sind daher auch nicht völlig Es gibt zahlreiche

Idiosynkrasien.

homogen.

Und je nach Strenge der syn-

54 taktischen Kriterien gibt es unterschiedlich umfangreiche von Elementen dieser Heibig

Listen

Wortklasse.

(1988) sichtet in der Einleitung zum "Lexikon

deutscher

Partikeln" die in der Literatur am häufigsten verwendeten rien zur Bestimmung der Subklasse der Abtönungs- oder keln. Es handelt sich dabei um morphologische Einsilbigkeit), syntaktische

Krite-

Modalparti-

(Unflektierbarkeit,

(sind nicht erststellenfähig

negierbar, sind keine selbständigen Satzglieder, können

und nicht

allein

nicht Antworten auf Fragen sein, sind fakultativ und haben

Restrik-

tionsbeschränkungen hinsichtlich ihres Vorkommens in bestimmten Satzarten) und funktionale Kriterien

(sie dienen dazu, die Stel-

lung des Sprechers zum Gesagten auszudrücken, sie tragen

nichts

zum Wahrheitswert des Satzes bei, sie haben keine selbständige xikalische

le-

Bedeutung).

Diese Kriterien grenzen jedoch die MP nicht eindeutig

gegen

andere Partikelgruppen und gegen Adverbien ab, einige von ihnen treffen auch auf andere Funktionswortklassen

zu. Heibig

terisiert die Subklasse der MPn durch folgende fünf

Kriterien, in denen sie sich von anderen Subklassen der unterscheiden

(im folgenden

charak-

spezifische Partikeln

verkürzt):

(a) Abtönungspartikeln beziehen sich auf den ganzen Satz, sie können nicht einer spezifischen Konstituente des Satzes zugeordnet

werden.

(b) Ihre Funktion liegt nicht auf semantischer, sondern auf kommunikativer

Ebene, sie drücken Einstellungen des Spre-

chers ζυτ Proposition aus, ordnen die Äußerung in den Text, die Gesprächssituation,

den Handlungskontext ein,

ren bzw. modifizieren die

indizie-

Sprechhandlung.

(c) Abtönungspartikeln zeigen bestimmte Restriktionen lich der Sprechhandlung und der

hinsicht-

Satzarten.

(d) Abtönungspartikeln sind in der Regel nicht

negierbar.

(e) Sie zeigen Beschränkungen im Hinblick auf ihre Position. Sie stehen nach dem finiten Verb im Hauptsatz, wobei diesem und der Abtönungspartikel

noch andere

zwischen

Satzglieder

stehen können. Ihre Stellung im Satz ist somit nur in diesem Rahmen

variierbar.

55 Nach dem Kriterium der Erststellenfähigkeit (1988) zwei Gruppen von

unterscheidet

Heibig

Abtönungspartikeln:

(a) eine zentrale Gruppe, die nicht erststellenfähig

ist. Dazu

zählen: aber , auch , bloQ , denn , doch , eben , einfach , etwa , halt, ja, mal, nur, schon, vielleicht. Sie haben Homonyme in anderen Wortklassen und werden "echte

Abtönungspartikeln"

genannt. (b) An der Peripherie dieser Wortklasse stehen

"Abtönungspartikeln

im weiteren Sinne". Sie sind erststellenfähig, ohne dabei in eine andere Wortklasse überzutreten, sie haben keine in anderen Wortklassen. Zu dieser Gruppe zählen:

Homonyme

schließlich,

immerhin, jedenfalls, überhaupt, allerdings , eigentlich. Wie Heibig beziehen sich auch König/Stark

(1987) auf die von

Weydt (1969, 1977 und 1983) und anderen genannten

Klassifikations-

kriterien für MP: (a) Sie sind nicht (b) nicht

betonbar

erststellenfähig

(c) sie können nicht Antworten auf Fragen sein (d) sie sind

unveränderlich

(e) sie beziehen sich auf den ganzen Satz. König/Stark

(1987) weisen aber auch darauf hin, daß vor

allem

die funktionalen Kriterien nicht ausreichend sind, um die Klasse eindeutig zu bestimmen. Auch hinsichtlich ihres Beitrages Satzbedeutung gebe es keine für die ganze Klasse Definition. Gegen die negative Charakterisierung, zu den Wahrheitsbedingungen

zur

zutreffende daß MP nichts

des Satzes beitragen, kann die Par-

tikel wohl sprechen, und vor allem die positiven

Charakterisie-

rungen treffen jeweils nicht auf alle Elemente der Klasse zu. Nicht alle MP drücken eine Sprechereinstellung

zu einer

Propo-

sition aus, nicht alle stellen Textkohärenz her und nicht wirken illokutionsmodifizierend.

Die Autoren sprechen

alle

deshalb

für eine extensionale Bestimmung der Klasse durch

Auflistung.

Sie verstehen MPn als Resultat eines semantischen

"Ausbleichens-

prozesses", der einige Elemente anderer Wortklassen erfaßt hat. Aus Grad- oder, wie die Autoren sagen, Fokuspartikeln sind die MPn auch, schon, eben, nur, bloß entstanden, aus

Konjuktionen

56

aber, denn, doch, aus Adverbien vielleicht, wohl. Die Autoren sind im Unterschied zu anderen der Auffassung, daß ein solcher semantischer

"AusbleichensprozeG",

der zur Entstehung der MPn

führt, auch in anderen Sprachen, ζ. B. dem Englischen de, so daß auch englische Adverbverwendungen

stattfin-

anzutreffen

seien,

für die die Bezeichnung MP angemessen erscheine. Jedenfalls

sind

die unterschiedlichen Verwendungsweisen eines lexikalischen

Ele-

ments im Deutschen als Adverb, Gradpartikel und MP auch an den unterschiedlichen

Übersetzungsäquivalenten

im Englischen

erkenn-

bar . Wolski (1986: 391) grenzt die Klasse der MPn gegenüber Satzadverbien, Konjunktionen,

"abtönungsfähigen

den

Partikeln"

sind die "Abtönungspartikeln an der Peripherie der Klasse

(das nach

Heibig 1988) und den Gradpartikeln nach folgenden Kriterien (a) morphologische

Unveränderlichkeit

(b) morphologische

Kürze

aus:

(c) Unbetontheit (d)

Nicht-Erststellenfähigkeit

(e)

Nicht-Negierbarkeit

(f) Nicht-Verwendbarkeit (g)

als Antwort auf

Entscheidungsfragen

Satzartenspezifiziertheit

(h) Vorhandensein von "Homonymen" in anderen (i) häufige Kombination

Wortarten

untereinander

Danach umfaßt die von Wolski nicht explizit aufgeführte

Liste

der MPn vermutlich alle diejenigen Elemente, die Heibig

(1988)

zu den echten Abtönungspartikeln oder Abtönungspartikeln

im enge-

ren Sinne zählt. Da Unbetontheit als Kriterium genannt ist, scheinen die betonten Formen, die von vielen zur Klasse der MPn gerechnet werden, auch nicht enthalten zu sein. In der "Deutschen Grammatik" von Engel (1988: 774-775) man eine etwas erweiterte Liste der Abtönungspartikeln Modalpartikeln

ist bei Engel für eine andere Gruppe

Als Abtönungspartikeln

findet

(der Name

reserviert).

zählen hier: aber, also, auch, bitte, bloß,

denn, doch, durchaus, eben, eigentlich, einfach, etwa, halt, ja, mal, nicht, noch, nun mal, nur, ruhig, schon, wohl. (Auf S. 231 zusätzlich: lediglich und schnell)

gleich, vielleicht,

57

Die syntaktischen Kriterien dieser Klassifikation (a)

sind:

Unveränderlichkeit

(b) können nicht allein im Vorfeld des Aussagesatzes (c) können nicht als Antworten auf Fragen (d) können nicht negiert werden.·

stehen

fungieren

Als ihre Funktionen werden genannt: Sie geben entweder die Einstellung des Sprechers wieder, oder sie modifizieren die kution. D. h. sie verändern die Redeabsicht nicht

Illo-

grundlegend,

sind aber doch in der Lage, sie mehr oder weniger zu modifizieren, zu verstärken, abzumildern o. ä. Speziell unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktion als charakterisierende

satzmodus-

Elemente klassifiziert Altmann (1987:

40-41)

die MPn. Er versteht als MPn (a) nicht

flektierbare

(b) in der Regel nicht akzentuierbare

(außer bloß und ja[ in

Imperativsätzen) (c) meist fakultative lexikalische Elemente doch, nur in

(außer evtl.

bloß,

V-l-Wunschsätzen)

(d) die nur im Mittelfeld auftreten. Für ihre Stellung im Mittelfeld gibt es relativ komplizierte Gesetzmäßigkeiten. (e) und es gibt ebenfalls komplizierte Gesetzmäßigkeiten, denen sie miteinander kombiniert werden können.

nach

Zu dieser Klasse rechnet Altmann die Elemente: aber, auch, denn, doch, eben, eigentlich, einfach, erst (?), etwa, halt, j a , mal, noch, nun (?), nur, ruhig, schon,

bloß,

gerade,

vielleicht,

wohl. Wie schon Helbig/Kötz

(1981) subklassifiziert er diese

den für die einzelnen Satztypen typischen Teilmengen, die dings nicht-disjunkt sind. Im Rahmen der

nach aller-

Satzmodusproblematik

wird diskutiert, ob das Auftreten der MPn satztypgesteuert oder ob die Verträglichkeit der MPn mit unterschiedlichen arten von dem intendierten Handlungstyp abhängig

5.2

Zur Bedeutung von

ist Satz-

ist.

Modalpartikeln

Es ist oft darauf hingewiesen worden (s. ο. ),, daß auch im Hinblick auf ihre Funktion oder Bedeutung die MPn keine einheitliche se bilden. So werden ihnen meistens mehrere Funktionen

Klas-

zugeordnet,

58 die einander nicht ausschließen müssen, sondern sich oft ergänzen und überlagern. Es ist jedoch wahrscheinlich nicht so, daß alle diese sechs von Heibig

(1988: 56-63) genannten

Eigenschaften auf alle Elemente der Wortklasse

zutreffen:

1. Abtönungspartikeln sind Einstellungsausdrücke Bublitz (1978), Franck

(1980) und Doherty

semantischen

im Sinne von

(1985), die etwas

aussagen über Einstellungen, Voraussetzungen und

Erwartungen

von Sprecher und Hörer zum Inhalt der Äußerung, in dem die Partikel

auftritt.

2. Abtönungspartikeln sind situationsdefinierend,

indem sie die

Rolle der Äußerung in der betreffenden Sprechsituation teilen (Franck 3. Nach Wunderlich

beur-

1980). (1972), Heibig

(1977) und Helbig/Kötz

(1981)

sind sie vor allein illokutionsindizierend und - m o d i f i z i e r e n d , indem sie die mit der Äußerung gemeinte Sprechhandlung, d. h. ζ. B. eine Warnung, eine Frage, eine Aufforderung, einen Ratschlag, eine Drohung verdeutlichen. Diese Rolle ist, wie

Heibig

(1988) bemerkt, wahrscheinlich etwas zu relativieren. Vielleicht in dem Sinne, daß einige, aber nicht alle MP diese Rolle spielen. So ist mindestens eine der MPn doch, nur, bloß für die Interpretation von Sätzen wie: "Wenn er doch / nur / bloß käme!" als Wunschsatz obligatorisch. Auch für die fakultativen MPn bloß, mal, schon in Imperativen ist die Annahme plausibel, daß diese die Illokution der

Aufforderung

modifizieren zwischen schwacher Aufforderung und Drohung. Nicht illokutionsindizierend scheinen dagegen ζ. B. denn und etwa in Fragen zu sein. Die Fragetypen,

in denen diese

MPn vorkommen, gelten auch bei Weglassung dieser

Partikeln

als Fragen. Dagegen gibt es Fragesatztypen, die sog.

asserti-

ven Fragen, die die Verwendung der beiden Partikeln nicht zulassen. Der Fragecharakter dieser Sätze wird durch das nationsmus.ter bestimmt, eine zusätzliche

Into-

Charakterisierung

der Illokution durch die für bestimmte Fragesätze

typischen

MPn ist bei denn gar nicht möglich, bei etwa nur mit der zusätzlichen Bedingung, daß eine Negationspartikel kommt : Du willst

(doch) nicht etwa noch

weggehen?

im Satz vor-

59 Dagegen treten in assertiven Fragen die für den

Deklarativ-

satz typischen MPn doch und wohl auf. Diese Tatsachen

deuten

eher darauf hin, daß diese Partikeln nicht illokutions-, sondern satztypabhängig 4. Nach Franck

sind.

(1980 u. a.) haben die MPn auch

konversationssteuern-

de Funktion. Sie zeigen an, ob sich der Gesprächspartner fang, in der Mitte oder am Ende des Gesprächs befindet, sie nehmen Einfluß auf die Weiterentwicklung

des

am Anund

Gesprächs-

ablaufes . 5. Außerdem wurden bei MPn auch interaktionsstrategische

Funktio-

nen festgestellt. MPn dienen oft dazu, die Funktion des Sprechaktes unter den gegebenen Bedingungen der Interaktion zu verdeutlichen. Gleichzeitig macht der Sprecher auch seine

eigenen

Vorstellungen von epistemischen und anderen Einstellungen Gesprächspartners

des

deutlich.

6. Schließlich weist Heibig auf die konnektierende,

textverknüp-

fende Funktion der MPn hin. Sie verbinden entweder

aufeinander-

folgende Äußerungen, auch über einen Sprecherwechsel

hinweg,

oder sie verbinden den Inhalt des Satzes, in dem sie stehen, mit einem anderen, der nicht geäußert wurde, aber in der Gesprächssituation eine Rolle

spielt.

Wie kommt es nun dazu, daß MPn so eine Vielzahl von

Funktionen

ausüben können, die zwar in einem Zusammenhang untereinander hen, aber doch keineswegs identisch sind? Die Funktionen Funktionswörter

ste-

anderer

sind eindeutiger beschreibbar. So kann die Funk-

tion von Konjunktionen, von denen viele MPn abgeleitet sind, so bestimmt werden, daß sie spezifische,

in der jeweiligen

Eigen-

bedeutung der Konjunktionen festgelegte Relationen zwischen Sätzen bzw. Teilsätzen anzeigen. Damit sind für die Bestimmung Bedeutung von Konjunktionen zwei Teilstücke notwendig: Die mung der spezifischen Relation zwischen den Sätzen, oder,

der Bestim-

gesehen

als operative Bedeutung, die Bestimmung des Operators, der die Eigenbedeutung der Konjunktion ausmacht, plus die rung der Relate bzw. Operanden, die im Falle, der stets Sätze bzw. reduzierte Sätze

sind.

CharakterisieKonjunktionen

60 Kann man nun sagen, daß die Modalpartikeln ebenfalls Eigenbedeutung

eine

in diesem Sinne haben? Oder ist diese im Verlauf

des "Ausbleichensprozesses",

den ihre Bedeutung seit ihrer

Ab-

spaltung von der Bedeutung der entsprechenden Konjunktion

bzw.

des Adverbs erfahren hat, so verblaßt, daß sie nicht mehr

fest-

stellbar ist? Diese Frage wird jetzt meistens so entschieden, zwischen den heute homonymen Formen noch Gemeinsamkeiten stellbar sind, die gewöhnlich als "gemeinsame o.ä. erfaßt

daß

fest-

Grundbedeutung"

werden.

Eine weitere Frage ist folgende: Ist es vielleicht so, daß die einzelnen Elemente der ihrer Herkunft nach so heterogenen der MPn auch etwas von den syntaktischen Eigenschaften

Klasse

ihrer Ahnen

aus anderen Wortklassen geerbt haben? Erklären sich so manche der zahlreichen funktionalen und syntaktischen

Idiosynkrasien, die den

MPn eigen sind? Haben also MPn, die aus Konjunktionen

gebildet

sind, aufgrund der anderen syntaktischen Bedingungen auch andere semantische und funktionale Eigenschaften als diejenigen, die von Adverbien oder Gradpartikeln

abstammen?

D. h. haben die von Konjunktionen abgeleiteten MPn die

konnek-

tive Funktion der Konjunktionen geerbt, und welche Einheiten binden sie dann im Unterschied zu den

ver-

Konjunktionen?

Ist die Funktion der von Adverbien und Gradpartik'eln

abgelei-

teten MPn eine andere (evtl. die mehr illokutive?) und was det sie trotzdem alle zu einer gemeinsamen

verbin-

Wortklasse?

Zur Klärung dieser Fragen ist es m. E. erforderlich, die in ihrem Zusammenwirken noch nicht genügend erforschten

Zusammenhän-

ge zwischen lexikalischer Bedeutung und syntaktischem Typ der Wortklasse MP sowie ihren Funktionen als verknüpfende zwischen Ausdrücken epistemischer

Einstellungen, evtl. auch ande-

rer Einstellungen, im einzelnen zu untersuchen. Das ken mehrerer Kenntnissysteme

Elemente

Zusammenwir-

ist auch in anderen Arbeiten zur Be-

deutung der MPn, ζ. B. in Franck

(1980) bereits im Blickpunkt

ge-

wesen. Neuere Arbeiten der 80er Jahre, u. a. zu Fokus und Skopus in der Grammatiktheorie, zu Wissensrepräsentationen linguistik und zu sprachlicher Interaktion

in der

Psycho-

in der Pragmatik

jetzt vielleicht die Möglichkeit, solche Ansätze weiter

geben

voranzu-

treiben . Ich möchte an einem konkreten Beispiel zeigen, wie

Interdepen-

denzen zwischen den genannten sprachlichen Ebenen vorstellbar

wä-

61

ren. Vom Ergebnis solcher Untersuchungen ist auch abhängig, che Beschreibungseinheiten

für die Darstellung der

Lexikoneinträge vorzusehen

sind.

5.3

Der Lexikoneintrag

wel-

betreffenden

doch

Als Untersuchungsgegenstand will auch ich das Lexem doch wählen, obwohl dieses schon so häufig behandelt wurde. Die von doch ist zweifellos kein Zufall. Doch ist für Untersuchungen verschiedener

Beliebtheit vergleichende

Funktionen besonders geeignet, da

seine Distribution so breit gestreut ist. Darin

unterscheidet

es sich ζ. B. von aber, das ebenfalls als Konjunktion und MP vorkommt, in seiner Funktion als Modalpartikel

aber auf einen engen

Funktionsbereich beschränkt ist (in Aussagesätzen mit

graduier-

baren Adjektiven und Substantiven im Fokus), obwohl die tionale Ausgangsbedeutung des Lexems ganz ähnlich Neben der konjunktionalen Bedeutung

konjunk-

ist.

(a) von doch, die der

von aber gleicht wie in Maria ist krank, doch (= aber) sie kommt werden weitere Vorkommen in drei anderen Wortarten (b) als

unterschieden:

Satzäquivalent

A: Kommt Maria

nicht?

B: Doch. (c) als Adverb oder betonte

Modalpartikel

Maria kommt doch. (d) als unbetonte

Modalpartikel

Maria kömmt doch. Nur in der Vorkommensweise unter weiter subklassifiziert.

(d) als MP (unbet.) wird noch

Es werden etwa 5-8 MP-Bedeutungen

von

doch unterschieden in Abhängigkeit von seiner Verwendung in unterschiedlichen Kontexten. Die für die Unterscheidungen Kontexte sind hier wie bei anderen MPn die

relevanten

Satzarten.

Sowohl doch als auch andere Funktionswörter haben

Gebrauchs-

beschränkungen auch in anderen Vorkommen. Als betonte Partikel

(c)

kann doch in fast allen Satzarten vorkommen, nur bei W-Fragen gibt

62

es E i n s c h r ä n k u n g e n .

Diese sind mit doch nur unter s p e z i e l l e n

d i n g u n g e n als E c h o f r a g e zulässig, mit Ausnahme von

Be-

Warum-Fragen,

die mit doch v e r t r ä g l i c h sind. Auch für K o n j u n k t i o n e n gibt es Gebrauchsbeschränkungen

(s. dazu Pasch 1983 und in diesem

Band),

aber weder bei K o n j u n k t i o n e n noch bei betonten P a r t i k e l n gibt es Bedeutungsvarianten unterschiedlichen

innerhalb einer Wortart je nach V o r k o m m e n

Kontexten

(Satzarten).

Das ist nur bei

unbe-

tonten MPn der Fall. Was ist der G r u n d ? Hat die Satzart lich A u s w i r k u n g e n

auf die Bedeutung

in

tatsäch-

von u n b e t o n t e n MPn? Und wenn

ja, wie ist das zu e r k l ä r e n ? Es muG erklärt werden, da dieser einmalig

Fall

ist.

Ich will für doch eine Erklärung

v e r s u c h e n , die

auch für einige ähnlich g e l a g e r t e Fälle

wahrscheinlich

zutrifft.

Ich nehme für die V o r k o m m e n von doch in den g e n a n n t e n eine g e m e i n s a m e G r u n d b e d e u t u n g

Wortarten

an, die, wie mir scheint,

in die-

sem Fall b e s o n d e r s deutlich zutage tritt. Das Lexem doch

drückt

in allen V o r k o m m e n , unabhängig von der Wortart eine s p e z i e l l e

Re-

lation zwischen zwei Sätzen aus, die zu c h a r a k t e r i s i e r e n wäre

als

N e g a t i o n einer N e g a t i o n , bzw. als doppelte N e g a t i o n , die eine A s s e r t i o n

5.3.1

wieder

ist.

Zur Bedeutung der K o n j u n k t i o n

doch

Die von der K o n j u n k t i o n doch a n g e z e i g t e d o p p e l t e Negation

verbin-

det zwei T e i l s ä t z e , die beide H a u p t s ä t z e sind. Zur Bedeutung

von

doch bzw. aber als K o n j u n k t i o n gibt es eine ganze Anzahl von

seman-

tischen Analysen.

Diese besagen, daß "p aber q" zu

interpretieren

ist als Relation zwischen zwei Sätzen ρ und q, von denen q die Korrektur ist.

einer aus ρ a b g e l e i t e t e n

impliziten SchluGfolgerung

λ/ q wird im zweiten Teilsatz z u / v / v q ,

also q k o o r i g i e r t .

Der durch den von aber angezeigte m e n t a l e Prozeß verläuft anzunehmenden

auf

in zwei

Schritten:

(a) ρ ist der Satz, von dem der Sprecher

annimmt, daG von

/v q g e s c h l o s s e n w e r d e n kann, ζ. B.: Wenn Maria

ist, kommt sie nicht

(p — >

q)

-v q

ihm

krank

63 (b) Durch Verwendung von aber und doch als Konjunktion

zwischen

beiden Sätzen gibt der Sprecher zu erkennen, daß der zweite Teilsatz als Korrektur dieser angenommenen zu verstehen ist: aber

Schlußfolgerung

q, d. h. q

Die Interpretation der Konjunktionen aber und doch erfordert die Annahme einer impliziten Schlußfolgerung

im ersten Schritt.

zit heißt, daß dieser Schluß nicht verbal ausgedrückt notwendigerweise

Impli-

ist, aber

angenommen werden muß, um die inhaltliche

Bezie-

hung zwischen den beiden Teilsätzen zu erklären. In der Erkenntnis, daß für das Verständnis sprachlicher

Äuße-

rungen mehr erforderlich ist als das Erfassen der expliziten

In-

formation versucht man jetzt, die mentalen Prozesse zu verstehen, die auch ganz gewöhnlichen alltäglichen Äußerungen zugrunde

lie-

gen, von denen aber nur einzelne Schritte explizit geäußert

wer-

den, während andere aus dem Gesagten nur zu erschließen d. h. die implizit

sind,

sind.

Es scheint erwiesen zu sein, daß dieses alltägliche

Schließen

("ordinary reasoning"), wie es in jedem Text und jedem

Gespräch

vorkommt, nicht in allen Punkten entsprechend den aus der Logik bekannten Schlußregeln

(Syllogismen) erfolgt. Für das

von Sätzen, in denen Funktionswörter

Verständnis

vorkommen, die keine

direkten

sprachlichen Äquivalente logischer Junktoren sind, ist die Kenntnis der Regeln "gewöhnlichen" oder impliziten Schließens eine Bedingung . Johnson-Laird

(1983: 127-145) erläutert wesentliche

de zwischen expliziten und impliziten Schlüssen. Die

Unterschei-

dung zwischen expliziten und impliziten Schlüssen sei für das Verständnis von Äußerungen in gewöhnlichen

Unterschiegrundlegend

Gesprächen.

Während explizite Schlüsse von dem Schließenden bewußt werden und ihn Zeit und Überlegung kosten, erfolgen

gemacht

implizite

Schlüsse schnell und unbewußt, ohne besondere Anstrengung.

Solche

Schlüsse werden automatisch, fast unabsichtlich und oft

unbemerkt

von dem Schließenden gemacht. Während in einem gültigen

Schlußver-

fahren die Konklusionen wahr sind, wenn die Prämissen wahr

sind,

ist es ein wichtiges Merkmal impliziter Schlüsse, daß sie nicht gültig sein müssen. Implizite Schlüsse sind eher plausible

Mut-

maßungen als gültige Deduktionen. Sie sind nicht das Ergebnis der

64

Berechnung aller Möglichkeiten. Es ist wahrscheinlicher

anzuneh-

men, daß der Mechanismus impliziten Schließens aus einem Plan besteht, der ein einziges mentales Modell aus dem Text oder seinem Kontext und dem Hintergrundwissen aufbaut. Dieses

Gespräch, Wissen

ist per Default in das Modell integriert, d. h. es wird so lange Eviden-

Teil des Modells sein, bis es durch eventuell auftretende zen falsifiziert

wird.

Solange so eine Evidenz nicht auftritt, wird kein Versuch gemacht, nach einem alternativen Modell zu suchen. Aus diesem

Grun-

de kann der Prozeß so schnell vor sich gehen, wie es im Gespräch erforderlich ist. Er wird so automatisch wie jedes andere

kogniti-

ve Verfahren, das nur eine einzige mentale Repräsentation zu einer gegebenen Zeit benötigt. Und aus diesem Grunde fehlt den ten Inferenzen auch die Garantie, die die expliziten haben. Die grundlegende Unterscheidung

implizi-

Deduktionen

zwischen den zwei

Arten

von Inferenzen besteht also darin, ob es eine ausdrückliche nach alternativen Modellen gibt oder

Suche

nicht.

Dieser Art sind die impliziten Schlüsse, die bei

Verwendung

der Konjunktion aber angezeigt sind. Schon Wunderlich hatte

1980

aber als Ausdruck eines Widerspruchs interpretiert, der sich aus einer nicht erfüllten Erwartung ergibt. Eine Erwartung

versteht

er in diesem Zusammenhang als mögliche Folgerung aus vorher sagtem, wobei eine solche mögliche Folgerung von einer gen oder zwingenden Folgerung

Ge-

notwendi-

(entailment) zu unterscheiden

sei.

In einem Satz des Typs "p aber q" kann q nicht die Negation eines entailments aus ρ sein, ohne daß ein Widerspruch entsteht.

Ein

Beispiel für einen solchen widersprüchlichen Satz wäre ζ. B. Max ist Junggeselle, aber er ist

verheiratet.

Die im Beispiel erscheinende Opposition ist nur denkbar, das Wort Junggeselle metaphorisch verwendet

wenn

wird:

Max ist verheiratet, aber er ist ein richtiger

Junggeselle,

was zu interpretieren wäre: er hat die Eigenschaften, die lich einem Junggesellen zugeschrieben werden. Nur unter

gewöhn-

dieser

Bedingung ist der von aber eingeleitete zweite Teilsatz wie gefordert keine Korrektur notwendiger Folgerungen, die ein aus der bisherigen Information

Rezipient

(dem ersten Teilsatz p) ziehen muß,

65 sondern eine Korrektur möglicher Erwartungen bzw. aus der bisherigen

Nahelegungen

Äußerung.

Ähnlich erklärten auch Ducrot (1973, 1979, 1880) und

Anscombre/

Ducrot (1976, 1978) die Bedeutung von frz. mais auf der impliziter

Grundlage

Schlußfolgerungen.

In diesem Zusammenhang

ist herauszustellen, daß eine

tion wie aber die speziellen Beziehungen zwischen zwei

Konjunkexplizit

geäußerten Teilsätzen deutlich macht, wobei beide Teilsätze gleichen Sprecher geäußert werden können. Es ist aber auch

vom Sprecher-

wechsel möglich, d. h. Sprecher Α äußert ρ und Sprecher Β fügt die Korrektur möglicher sich daraus ergebender Annahmen hinzu: aber q. Es gibt auch Fälle, in denen der erste Teilsatz nicht ist, sondern nur aus der Situation

explizit

erschließbar.

Bei explizitem ρ wird oft erst durch die Äußerung des zweiten Teilsatzes q klar, welche Implikaturen aus dem ersten

Teilsatz

der Sprecher im Auge hatte, denn es gibt ja in der Regel

mehrere

Möglichkeiten. Welcher Art die der Äußerung zugrunde liegende

Im-

plikatur aus ρ ist, ist erst rückwirkend aus der Äußerung

"aber q"

erschließbar. Es ist offensichtlich,

Impli-

daß unterschiedliche

katuren vorliegen müssen, wenn auf denselben Satz ρ verschiedene Anschlüsse mit "aber q" folgen können, wobei den Inhalte von q sich sogar widersprechen

dürfen:

(a) Das Essen ist teuer, aber es schmeckt

nicht.

(b) Das Essen ist teuer, aber es schmeckt. Beide Oppositionen sind möglich, obwohl der zweite Teilsatz in Beispiel

(b) das Gegenteil vom zweiten Teilsatz im Beispiel

ausdrückt. Im Beispiel

(a) beruht die Opposition auf der Negierung

der impliziten Schlußfolgerung oder Erwartung aus p, daß zutrifft

(= Wenn das Essen teuer ist, sollte es auch

vq

schmecken).

Die Gültigkeit dieser Implikatur wird für den vorliegenden (a) nicht

(a)

Fall

bestätigt.

Mit der gleichen Implikatur aus ρ ist Fall (b) nicht Er ergibt dann einen Sinn, wenn folgende Art der

erklärbar.

Schlußfolgerung

unterstellt wird: Das Essen ist teuer, das ist ein Nachteil. Es ist aber nicht insgesamt abzulehnen, denn es hat die

positive

Eigenschaft, daß es gut schmeckt. Ausführlich zu den zur tation von aber-Sätzen notwendigen Implikaturen s. Brauße

Interpre(1983).

66 Welche Rückschlüsse aus expliziten Äußerungen auf die zugrunde liegenden Inferenzen zu ziehen sind, ist auch der Untersuchungen von Sperber/Wilson

ihnen

Gegenstand

(1986). Blakemore

(1987)

baut auf deren Erkenntnissen auf, sie untersucht insbesondere

die

Rolle von textverknüpfenden

auch

lexikalischen Elementen, darunter

von but. Auch in ihrer Sicht ist der erste Teil der Äußerung ρ der Kontext für die Interpretation des but-Satzes: but q. But zeigt an, in welcher Weise der auf die Konjunktion folgende

Satz

in dem gegebenen Kontext relevant ist. Die Relevanz des auf but folgenden Teilsatzes liegt in der Tatsache, daß es die

Konsequen-

zen aus dem ersten Teilsatz negiert. Alle Verwendungen der tion but können so in gleicher Weise als

Relevanzbeschränkungen

interpretiert werden, die frühere Annahmen mehrerer der aber/but-Bedeutung überflüssig

Konjunk-

Varianten

machen.

Zusammenfassend sei noch einmal gesagt: Die Relation

zwischen

ρ und q in einem Satz "p aber q" und damit die Bedeutung von aber ist derart, daß q die Negation einer impliziten

Schlußfolgerung

aus ρ ist. Bei der Interpretation der Konjunktion aber, die zwei Teilsätze verbindet, haben wir es demnach eigentlich mit drei

Sät-

zen zu tun, den beiden expliziten Teilsätzen ρ und q und der impliziten Inferenz

>vq aus p. Die implizite Inferenz ρ — >

haben wir nach Johnson-Laird

*»/q

(1983) als ein mentales Modell zu

erklären, das nicht aufgrund eines gültigen Schlusses,

sondern

aufgrund plausibler Mutmaßungen entstanden ist. Ein solcher ziter Schluß hat als eine seiner Prämissen ein allgemeines

impliHinter-

grundswissen, das unter gewöhnlichen Bedingungen, d. h. per gültig ist. Es kann jedoch, wenn nicht die gewöhnlichen, spezielle Bedingungen wirksam sind, auch falsifiziert Das ist der Fall bei Verwendung von aber. Mit dieser "p —

i

n

sondern

werden. Konjunktion

wird angezeigt, daß die unter gewöhnlichen Bedingungen Defaultregel

Default,

gültige

diesem Fall keine Anwendung

findet,

sondern daß hier ein spezieller Fall vorliegt, in dem die Negation von

'v/q, also q gilt. Darin besteht die Bedeutung der Kon-

junktion aber. Sie zeigt an, daß ρ und q gleichzeitig gelten verbindet sie mit der Bedeutung von und). Darüber hinaus sie darauf hin, (a) daß von ρ im Normalfall auf wird und (b) daß für den vorliegenden Fall soll, sondern q, die Negation von

^ q

* v q nicht

(das

weist

geschlossen gelten

67

Semantische Information für aber/doch eintragungen noch nicht

(Konj.): (Für

Wörterbuch-

umgesetzt)

ρ gilt, und obwohl normalerweise von ρ — ^ /^q geschlossen wird, wird bei Verwendung von aber behauptet, daß in diesem Falle nicht q gilt, sondern dessen Gegenteil:

q.

Soweit zur Bedeutung der Konjunktion aber, die mit der der Konjunktion doch übereinstimmt. Unterschiede gibt es nur auf stischer Ebene. Für die Konjunktionsbedeutung

ist

stili-

charakterstisch,

daß die von aber oder doch ausgedrückte Opposition oder

Negation

nicht immer die Relation anzeigt, die zwischen den beiden

expli-

ziten Sätzen ρ und q besteht, sondern q ist oft die Negation

eines

nicht expliziten Satzes, einer Erwartung, die das Gegenteil von q, also

/ ^ q ausdrückt. Wenn wir also als Eigenbedeutung

von doch/aber

die Negation einer Negation feststellen, dann besteht diese tion nicht nur zwischen ρ und q, sondern auch zwischen q, wobei

/ ^ q und

/ ^ q mit ρ durch eine Inferenz verbunden ist. Die

tion Negation einer Negation besteht also im Falle der

RelaRela-

Konjunk-

tion zwischen einem impliziten Satz (einer Erwartung) und dem zweiten expliziten

Teilsatz.

Wir wollen jetzt den Versuch unternehmen, die vermutete meine abstrakte Grundbedeutung Negation einer Negation bei Vorkommen von doch in den genannten Wortarten als einen

Operator

zu interpretieren, der bei den verschiedenen Wortarten auf schiedene Bezugseinheiten wirkt. Daß bei konjunktionaler

allgeallen ver-

Verwen-

dung das negierte Element, auf das sich die zweite Negation bezieht, ein nur impliziter, aber aus q eindeutig

erschließbarer

Satz ist, wurde gerade beschrieben. Wie sind nun die anderen Vorkommen

interpretierbar?

5.3.2

Doch als MP

(betont)

Einige MPn, zu denen auch doch gehört, treten in unbetonter in betonter Form auf. Es ist daher die Entscheidung ob auch die betonte Variante wie in Maria ist döch gekommen

(bet.)

oder nur die unbetonte Form wie in

und

zu treffen,

68 Maria ist doch gekommen (doch unbet.) zur Klasse der MPn zu rechnen Einige Partikelforscher

ist.

wie Weydt (1986) und Heibig

(1988) ver-

stehen beide Varianten als Modal- bzw. Abtönungspartikel, zählen nur die unbetonte Form zu den MPn, die betonte

andere

verstehen

sie als Adverb. Es schließt sich die Frage an, wie die

anderen

Elemente, die ebenfalls solche Dubletten aufweisen, wie denn, nicht, eigentlich, schon, wohl zu behandeln

sind.

Weydt (1986: 393-403) geht der Frage nach, ob es sich bei den Dubletten um Erscheinungen handelt, die Ergebnisse des im Deutschen generell wirkenden Kontrastakzents sind. Eine solche

Erklä-

rung liegt nahe, ihr widerspricht nur die Tatsache, daß allein im Falle der MPn dem Kontrastakzent eine

zeichenunterscheidende

Funktion zugeschrieben wird. Dies muß erklärt werden. Weydt erklärt die Betonungsdubletten auf der Grundlage Thema-Rhema-Struktur.

unterschiedlicher

Durch den Kontrastakzent wird ein Element

als rhematisch hervorgehoben und von denkbaren Alternativen gehoben. Durch den Satzakzent gerät nun das bisher

ab-

thematisch,

also unauffällig gegebene Metaurteil ins Zentrum und wird mit Nachdruck als das Wesentliche des Satzes

geäußert.

Der Skopus von bet. döch gleicht dem der Negation. Die bution ist unabhängig vom Satzmodus,

im Unterschied zum

ten MP-doch. Wenn doch in einem eingebetteten Satz steht, sich seine Bedeutung nur auf den eingebetteten Die Ähnlichkeit der Skopusverhältnisse

Distri-

unbetonbezieht

Satzteil.

von doch mit der Nega-

tion nicht und mit anderen betonten Formen von MPn legt die Vermutung nahe, daß es sich hierbei nicht um eine lexikalische scheinung handelt", sondern um eine, die sich in einen ren Zusammenhang

Er-

generelle-

zwischen Skopus- und Betonungsverhältnissen

ein-

fügt . Wenn die Bedeutung der Funktionswörter, so wie es hier sucht wird, nicht wie die der Autosemantika als

ver-

Kodifizierung

einer bestimmten Wissensmenge erklärt wird, sondern als Kodifizierung von bestimmten regulären Operationen mit unterschiedlicher

Wissensmengen

Art, dann ist es die von den betonten

der MPn ausgedrückte Operation, eine Beziehung

Formen

(für doch im Sinne

einer Negation der Negation) zwischen dem ausgedrückten Satz und

69

anderen herzustellen, in denen über denselben Sachverhalt und mit Negation schon debattiert

ohne

wurde.

Durch Akzent auf einer lexikalischen Einheit wird diese in Kontrast gesetzt zu anderen Elementen derselben Ebene. In der Mehrzahl der Fälle liegt der Akzent auf einer nominalen oder verbalen Einheit, die damit als rhematisch (als Träger der neuen Information) gekennzeichnet ist. Liegt der Akzent dagegen auf dem Funktionswort, wie es bei den betonten MPn der Fall ist, dann ist damit angezeigt, daß nicht der ausgedrückte Sachverhalt die neue Information enthält. Diese ist als gegeben gekennzeichnet,

wenn

der Akzent auf dem doch liegt. Die durch doch ausgedrückte

episte-

mische Einstellung des Sprechers vor dem Hintergrund, daß auch alternative Einstellungen zur Diskussion standen, ist in dem Satz mit betontem doch die neue, wesentliche Information. Die durch döch ausgedrückte Negation der Negation hat in dieser

Variante

den Hintergrund, daß die Negation des Satzes bereits Thema war. So ist auch diese Verwendung von doch inhaltlich mit den schon genannten Vorkommen verbunden. Sowohl die betonten als auch die unbetonten Formen drücken eine Korrektur der Meinung, daß

/^q

gilt, aus, also wieder eine doppelte Verneinung und damit eine Bejahung. Der Kontext beider Varianten ist jedoch

5.3.3

doch als

verschieden.

Satzäquivalent

Diese Verwendung von doch ist inhaltlich ganz eng mit der von 5.3.2 verbunden. Sie stellt die Möglichkeit dar, das Element, das in 5.3.2 den Widerspruch

im Satzrahmen

fokussierte ausdrückte,

ohne Satzkontext zu verwenden, aber mit Bezug auf eine gangene

vorange-

Äußerung.

Doch ist entweder Antwort auf eine Entscheidungsfrage, eine Negationspartikel

enthält

A: Ist Maria nicht krank? oder Widerspruch auf eine

B: Doch,

Behauptung

A: Maria ist nicht krank.

B: Doch.

Es kann auch Antwort auf eine assertive Frage A: Maria ist nicht krank?

B: Doch.

sein

die

70

und Widerspruch gegenüber einer Aufforderung, die eine

Negation

enthält A: Geh nicht weg!

B: Doch.

Es ist für dieses Vorkommen charakteristisch, daß doch auch hier Widerspruch gegen einen negierten Satz ausdrückt. Dieser der doch-Äußerung vorausgehende Satz muß eine Negation

enthalten,

die Satzart (Satzmodus) ist aber unbeschränkt. Der negierte

Satz

ist in dieser Verwendung explizit und einem anderen Sprecher

zu-

zuweisen. Doch in diesem Vorkommen ist stets Zurückweisung

einer

Annahme, Behauptung oder Forderung, daß ein zur Diskussion

stehen-

der Sachverhalt nicht zutrifft oder nicht zutreffen soll. Es wird mit doch der Annahme, Behauptung oder Forderung eines Sprechers widersprochen und die Meinung vertreten, die daß

anderen Annahme,

ρ zuträfe oder zutreffen soll, sei falsch, dessen Gegen-

teil, also /ν*** ρ oder ρ sei richtig. Wenn dies auch nicht die normale Verwendung ist, so ist doch auch manchmal als Entgegnung auf Sätze ohne

Negationspartikel

möglich: In Aussagesätzen: A: Das ist eine große Überraschung. In

B: Doch.

Entscheidungsfragen: A: Kommst du mit?

und assertiven

B: Doch,

Fragen

A: Du kommst mit?

B: Doch.

Als Antwort auf nicht negierte Sätze ist doch, wie in den Wörterbüchern meist erläutert, eine stärkere Bejahung als das gewöhnliche ja^. Das Moment der Verstärkung, das im übrigen oft als Bedeutungselement von doch angesehen wird, ist in diesem Fall so zu erklären, daß in der Erwiderung auf nicht negierte Fragen oder Behauptungen der Sprecher B, der doch sagt, andere implizite

Mei-

nungen oder Erwartungen anderer Personen zurückweist, die er in der Situation für möglich hält. Franck sich die fehlende Negation in

(1980: 174) nimmt an, daß

71 Α: Das war doch anständig von ihm, daß er die

Entschädigung

gezahlt hat. B: Doch, doch. Das muß ich zugeben. rekonstruieren läßt, wenn man den Satz von Α sinngemäß durch eine rhetorische Frage mit nicht

ersetzt:

A: War das nicht anständig von ihm

...?

Zusammenfassung: doch ist eine Erwiderung auf Behauptungen, ' ρ gilt, auf Forderungen,' daß mit Negationspartikel des Typs daß

daß

Λ/ ρ gelten soll oder auf Fragen /vp? Mit doch wird

Λ ^ ρ gilt und behauptet, daß

bestritten,

p, also ρ gilt.

Anmerkung: Doch ist mit aber gewöhnlich nur in der als Konjunktion synonym. Die unterschiedlichen gungen sind stilistischer Natur: aber ist

Verwendung

Verwendungsbedin-

umgangssprachlich,

doch ist gehobener Stil. In der Verwendung als

Antwortpartikel

ist doch meist nicht durch aber ersetzbar. Aber ist dennoch auch in dieser Position verwendbar als Antwort auf

Entscheidungs-

fragen und Behauptungen mit und ohne Negationspartikel.

Aber ist

verwendbar in etwas salopper Umgangssprache und drückt dann eine starke Bejahung aus, etwa im Sinne von und ob! In der

Verwendung

als MP ist jedoch aber gar nicht mit doch austauschbar. Die MPFunktion von aber unterscheidet sich von der von doch. Auch die Gebrauchsbedingungen

5.3.4

sind andere.

Doch als Modalpartikel

(unbetont)

Die unbetonte Form von doch drückt die gleiche Operation wie die homonymen Formen aus, nämlich wieder eine Negation der

Negation.

Die Operanden, auf die die MP einwirkt, sind jedoch andere. Die Betonungsverhältnisse

weisen darauf hin, welche es sind:

die Partikel unbetont ist, liegt der Hauptton auf einem

Wenn anderen

Element des Satzes. Es kommen sowohl nominale, verbale als auch adverbiale in Frage (vgl. Hentschel 1983 und 1986). Die neue Information ist jedenfalls nicht durch das Funktionswort,

sondern

in dem Satz bzw. in Teilen von ihm ausgedrückt. Das bedeutet, bei Verwendung der unbetonten MP war der vom Satz

ausgedrückte

72

Sachverhalt noch nicht Gegenstand des Gesprächs. Die von doch auch hier angezeigte Negation der Negation ist in diesem

Falle

keine Erwiderung auf alternative Einstellungen zur Wahrheit betreffenden

des

Satzes.

Vielmehr verweist unbetontes MP-doch auf einen

nicht-explizi-

ten, nur aus bestimmten für die Gesprächssituation Handlungen oder Äußerungen des Gesprächspartners

relevanten

erschließbaren

Widerspruch zwischen dessen vermutlicher Auffassung und der vom Sprecher im doch-Satz geäußerten Auffassung. Der durch MP-doch ausgedrückte Widerspruch, die Negation einer Negation sich in dieser Verwendung auf die Meinung eines

bezieht

Gesprächspartners,

die nicht wie bei betontem doch die Negation des im doch-Satz behaupteten Sachverhalts ist. Bei unbetontem doch darf sie nicht die direkte Negation des behaupteten Satzes sein, hier ist mit doch auf eine Meinung oder ein Verhalten des Dialogpartners

ver-

wiesen, das nach Auffassung des Sprechers im Widerspruch zu der von diesem im doch-Satz als auch dem Partner als wahr

bekannter

Sachverhalt unterstellt wird. Wenn nun damit der Beitrag der MP doch zur Satzbedeutung umschrieben ist, schließt sich die Frage an, wie die lexikalische Einheit diese Funktion erhalten

kann,

die sich ja sehr wesentlich von der der gleichen Form in konjunktionaler oder adverbialer Bedeutung bzw. in der Funktion als betonte MP unterscheidet. Hier zeigt sich wieder, wie im Bereich der Funktionswortlexik

semantische und

Regularitäten verbunden sind. Das ungelöste

untrennbar

syntaktische

Bedeutungsproblem

der MPn resultiert aus noch bestehenden Unklarheiten über den kategorialen Typ der MPn. Diese Frage wird ζ. Z. im Zusammenhang mit der Diskussion über andere Operatortypen kontrovers Insbesondere gibt es Unklarheiten über

behandelt.

Unterscheidungskriterien,

die MP von Satzadverbien trennen, zwei Operatorentypen, die sich funktional sehr nahestehen. Zu ihrer Unterscheidung werden

Reihen-

folgekriterien verwendet, da diese für den Typ des Operators sagekräftig sind. MP stehen in der Regel vor

aus-

Satzadverbien.

Mit inhaltlichen Konsequenzen von Reihenfolgeerscheinungen sich die unterdessen umfangreiche Literatur zu Skopusfragen

hat

seit

den 70er Jahren beschäftigt. Was die Satzadverbien betrifft, weise ich auf Lang (1979) und Hetland (1989). Zu den gleichen

ver-

73 Problemen bei Negationspartikeln haben u. a. Jacobs (1983) und Dölling

(1988) gearbeitet, zu Modalpartikeln Doherty

(1987).

Allen diesen Ansätzen ist die Auffassung gemeinsam, daß sowohl Satzadverbien

(= Sadv) als auch NP und MP als

Satzoperatoren,

allerdings verschiedenen Typs, aufzufassen sind.

Satzoperatoren

sind Einheiten, die, angewandt auf eine Einheit s der

Kategorie

Satz eine strukturell modifizierte Einheit s' der Kategorie ergeben (Lang 1979: 201). Die einzelnen Typen von

Satz

Satzoperatoren

unterscheiden sich in ihren Anwendungsbedingungen,

sie können je-

weils nur auf eine bestimmte Teilmenge aller Einheiten der Kategorie Satz angewendet

werden.

Sadv, NP, GP (= Gradpartikeln) und MP sind verschiedene

Typen

von Satzoperatoren mit verschiedenen Typen von Operatoren. dem müssen weitere Typen von Satzoperatoren angenommen die nicht lexikalisiert sind. Das sind die

Außer-

werden,

Einstellungsoperato-

ren, die die Satztyp- oder Satzmodusbedeutungen

spezifizieren:

Es werden mindestens drei Einstellungsoperatoren

unterschieden,

die jeweils für die Spezifik der Modalität von Deklarativ-, rogativ- und Imperativsätzen verantwortlich sind (so Pasch Anders sehen es Brandt/Rosengren/Zimmermann Deklarativsatz keinen Satzmodusoperator

1990).

(1989), die für den

annehmen.

Sadv, NP und GP werden als propositionale Operatoren den. Sie werden auf eine Proposition angewendet, woraus eine Proposition resultiert, die um das Sadv bzw. die erweitert

Inter-

verstanwieder

Partikel

ist.

Die Skopusverhältnisse zwischen den verschiedenen

Operator-

typen sind kompliziert. Man geht jedoch meistens davon aus, daß alle Typen von Adverbien im Skopus der Satzmodusoperatoren (vgl. Brandt/Rosengren/Zimmermann

1989: 18). Die

stehen

Reihenfolgeregu-

laritäten weisen außerdem darauf hin, daß Sadv Skopus über

andere

Adverbien haben. Über den Operatortyp von MP gibt es bisher Klarheit. Insbesondere gibt es Meinungsverschiedenheiten

in der

Frage, wie sich die beiden Einstellungstypen zu einander die durch Sadv und durch MP ausgedrückt werden. Doherty

verhalten, (1987)

betrachtet wie Lang (1979) Sadv als Einstellungsoperatoren Propositionen als Operanden. Als Resultat der Anwendung

keine

mit

eines

Sadv-Operators auf eine Proposition entsteht nach Doherty

(1987)

74

eine halbbewertete Proposition. Halbbewertete Propositionen in diesem Sinne sind solche, denen eine volle Bewertung durch einen Satzmodusoperator

fehlt. Vollbewertete Sätze sind entweder

rativ-, Interrogativ- oder

Dekla-

Imperativsätze.

Modalpartikeln oder in der Terminologie Dohertys

Einstellungs-

partikeln haben nach ihrer Auffassung keine Propositionen,

son-

dern halbbewertete propositionale Bedeutungen als Operanden, d. h. die MP haben die Sadv in ihrem Skopus und nicht umgekehrt. Skopusverhältnisse

zwischen Funktionswörtern mit

sehen nach dieser Auffassung etwa folgendermaßen MP (Sadv (GP

Die

Operatorstatus aus:

(p)))

Die Grundlage dieser Annahme sind Beobachtungen der

Reihenfol-

geverhältnisse bei Sätzen mit Operatoren unterschiedlichen

Typs.

Der Operator, der im Skopus eines anderen steht, erscheint

im

Satz rechts von diesem. Die normale Reihenfolge solcher toren im Satz rechtfertigt also die Annahme obiger

Opera-

Skopusverhält-

nisse. Während wechselnde Reihenfolge von GP und NP im Satz Auswirkungen auf die Bereiche der Operatoren und infolge dessen auf die Satzbedeutung hat, scheint die Reihenfolge von MP und Sadv solche Konsequenzen nicht immer zu haben. Pasch (1989 Vorstellungen zur künftigen Arbeit der

Forschungs-

gruppe Satzmodus) erwägt deshalb die Möglichkeit einer anwendung der MP- und Sadv-Operatoren auf den Gehalt von Sätzen etwa in folgender (SM ( s ; j v (GP

Parallel-

propositionalen

Weise:

(p)))

Mit dieser Auffassung unterscheidet sie sich von der von Doherty (1987) und der von Brandt/Rosengren/Zimmermann

(1989: 20), wonach

Satzadverbiale generell im Skopus von MP liegen. Die

unterschied-

lichen Vorstellungen haben Konsequenzen für die syntaktische gorisierung von MP und Sadv sowie für die Typisierung

ihrer

KateBedeu-

tungen . Ein weiteres Problem stellen die Skopusverhältnisse

von Satz-

modusoperator und dem durch MP ausgedrückten Operator dar. Rosengren/Zimmermann

Brandt/

(1989: 20-28) vertreten die Meinung der Mehr-

heit der Autoren in dieser Frage, daß die von den MP

ausgedrückten

75

modalen Operatoren im Skopus des Satzmodusoperators stehen. Sie nehmen an, daß die MP Operatoren sind, die dem

Satzmodusoperator

funktional am nächsten stehen, da sie selbst keine

Sprecherein-

stellung ausdrücken, sondern eine Äußerung in bestimmte menhänge

Textzusam-

einordnen.

Jacobs (1989) geht davon aus, daß die MP den

Illokutionstyp,

in dem sie vorkommen, modifizieren und Skopus über ihn haben. Nach dieser Auffassung können die MP einen Illokutionstyp ASSERT

(Assertion) oder DIR (Directive, Imperativ)

wie

modifizieren,

indem sie zusätzliche, kontextuelle Bedingungen, ζ. B. die Einstellung des Adressaten zum propositionalen Gehalt für den Gebrauch der Äußerung im Kontext

hinzufügen.

Die Tatsache jedoch, daß die MPn in aller Regel den Konstituenten vorangehen, die im Skopus des

Illokutionstyp-Operators

stehen, kann wohl die Annahme begründen, daß die MPn Skopus über alle anderen Adverbiale haben. Eine syntaktisch begründete fertigung der Annahme, daß sie auch Skopus über den operator Satzmodus (den Illokutionstyp-Operator

Recht-

Einstellungs-

in Jacobs'

Termi-

nologie) haben, steht jedoch noch aus. Wie sind die im Skopus der MP stehenden epistemischen

Einstel-

lungen (des Sprechers) sprachlich ausgedrückt? Auskunft über die epistemische Einstellung des Sprechers gibt der Satzmodus der Äußerung. Es werden 3 bis 5 Satzmodi unterschieden:

Deklarativ-

satz, Interrogativsatz und Imperativsatz, strittig ist der

Status

der Exklamative und Optative. Pasch (1990) behandelt die Frage, welche Einstellungen durch die drei Grundmodi zum Ausdruck

kom-

men. Zu prüfen ist noch, ob tatsächlich die Satzmodi die

Kontexte

sind, die die Distribution der MPn beschränken, oder ob es nicht vielmehr Subklassen der durch die Satzmodi zusammengefaßten

ge-

nerellen Einstellungsklassen sind, die die Verwendung der MPn beschränken. Ein Argument für die letztere Möglichkeit sind die in Fragen vorkommenden MPn, ζ. B. etwa, die nur in Entscheidungsfragen, nicht in W-Fragen vorkommen kann. Andere wie denn sind sowohl in Entscheidungsfragen als auch in W-Fragen möglich. In semantischen Analysen und Wörterbüchern werden in der Regel 5 bis Β Varianten von doch in der Funktion als unbetonte MP

76

unterschieden, in erster Linie abhängig von Satzmodus oder Satzart. Franck (1980: 175-193) unterscheidet: doch^

in Behauptungssätzen innerhalb eines Dialogs, in dem doch im zweiten Zug steht und sich direkt auf den Vorgängerzug bezieht: A: Kaum bist du zuhause, gehst du schon wieder weg. B: Ich will doch nur schnell Zigaretten holen.

doch,,

= erinnerndes doch, ζ. B.: A: Wo wollen wir essen gehen? B: Du kennst doch das Restaurant am Markt.

doch^

in assertiven Fragen: Ihr trinkt doch auch noch ein Täßchen?

doch^

emphatisch: Das ist doch das Letzte!

doch^

in Aufforderungen: Hör doch endlich auf!

Wolski (1986 a und b) hat ältere und neuere Wörterbücher auch daraufhin untersucht, nach welchen Einteilungsprinzipien die Verwendungen von doch unterschieden werden. Als MP werden bis zu zehn Varianten unterschieden. Die Unterscheidungskriterien sowohl Kontexte (= Satzarten) als auch semantische

sind

Unterscheidun-

gen (in Aussagesätzen Verstärkung, erinnert an Bekanntes, in Imperativ· und Wunschsätzen Ungeduld, in Ausrufesätzen Verwunderung, in assertiven Fragen Hoffnung).

Entrüstung,

Bedeutungsangaben

dieser Art beschreiben die Illokution oder den kommunikativen Sinn (Bierwisch 1983) einzelner Äußerungen dieses Typs in spezifischen, aber nicht notwendigen und typischen Kontexten. Im Unterschied zu den Kontextangaben hinsichtlich Satzarten handelt es sich bei den letzteren Funktionsangaben um Interpretationen, die in bestimmten, aber nicht allen Äußerungssituationen zutreffend sind. In diesem Beitrag wird dagegen versucht nachzuweisen, daß zumindest bei der Gruppe von MPn, die als Konversationskonnektive fungieren und zu denen doch zählt, der relevante Kontext nicht die Illokuti&n ist, sondern die von Satzmodus oder Satzart angezeigte epistemische Einstellung zum Sachverhalt. Zu den Beziehungen zwischen Satzmodus und Illokution vgl. Motsch/Pasch (1987). Wir folgen deshalb auch nicht in allen Punkten der Einteilung von Heibig (1988), der sieben Verwendungstypen

unterscheidet.

Wir würden doch, und doch 0 seiner Einteilung in Aussagesätzen zu

77

einer Verwendungsweise vereinigen, unabhängig davon, ob eine Komponente des Vorwurfs oder der Rechtfertigung enthalten ist oder nicht. Wir fassen beide zusammen unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt, daß doch in Aussagesätzen die Einstellung des Sprechers zum Ausdruck bringt vor dem Hintergrund, daß diese einen Widerspruch oder einen Gegensatz zu anderen in der Situation erkennbaren Einstellungen ausdrückt. Alle anderen Unterscheidungen sind notwendig: jjochj

in Aufforderungssätzen

doch^

in Ergänzungsfragen

doch^

in assertiven Fragen

doch^.

in Ausrufesätzen

doch^,

in Wunschsätzen

6.

Fazit: Für Funktionswörter notwendige

Lexikoneinträge

in Wörterbüchern 6.1

Im Sinne des oben Erläuterten verstehen wir die Bedeutungs-

struktur der Funktionswörter einschließlich der Modalpartikeln als Operator-Operand-Strukturen in Analogie zu Bedeutungsangaben für Autosemantika (speziell Verben und Adjektive) in Form von Funktor-Argument-Strukturen. Die Bedeutungen der Funktionswörter entsprechen denen logischer und quasilogischer Operatoren (nur wenige dieser Operatoren haben ein Pendant in der klassischen Logik). Diese Bedeutung ist den Wörterbuchzwecken

entsprechend

verständlich zu beschreiben: ζ. B.: Doch drückt einen Widerspruch zu einem vorher verneinten Sachverhalt und somit eine Bejahung aus. Über die Einheiten, zwischen denen der Widerspruch bestehen soll, kann weiter nichts gesagt werden, als daß es sich um satzartige handelt, und daß die eine satzartige Einheit die Negation der anderen sein soll.

6.2

Es ist die Eigenschaft aller Funktionswörter in dem so

verstandenen Sinne, daß ihre Operanden satzartige Einheiten sind, zwischen denen sie eine bestimmte Relation anzeigen. Die Funk-

78

tionswörter unterscheiden sich hinsichtlich der Quantität und Qualität ihrer Operanden, auch ähnlich wie die Verben ζ. B., die sich hinsichtlich der Zahl und Art ihrer Argumente unterscheiden .

6.3

Die "homonymen" Elemente verschiedener

Funktionswortklas-

sen unterscheiden sich in der Art ihrer Operanden, nicht ihrer Operatoren. Daher wird auch die Bezeichnung Homonymie für die gleichlautenden Formen in unterschiedlichen Wortklassen, ζ. B. bei doch, oft als nicht zutreffend kritisiert. Die relativ abstrakte Operatorbedeutung ist in allen Wortklassen wiederzufinden. Die Wortklassen werden aufgrund unterschiedlicher

syntaktischer

und semantischer Operandeneigenschaften klassifiziert. Was sind die wortklassenbildenden Unterschiede zwischen den Typen von Sätzen, die durch Funktionswörter zu einander in Relation gesetzt werden? Diese Typen von Sätzen unterscheiden sich nicht darin, daß sie unterschiedliche Wissensbereiche abbilden, sondern sie stellen unterschiedliche Wissenstypen dar. Die Wortarten sind klassifiziert danach, ob die Operanden Propositionen oder einstellungsbewertete Sätze sind und weiter danach, ob die Operationen explizit oder implizit, d. h. nur erschließbar sind und wie sie Zustandekommen.

6.4

Von den hier behandelten Wortklassen sind koordinierende

Konjunktionen Operatoren mit zwei expliziten Operanden. Die expliziten Operanden sind der Bezugsrahmen oder Skopus des Operators .

6.5

Die Skopusfragen bei Modalpartikeln sind nicht ganz ge-

klärt. Wenn, wie hier vorgeschlagen wird, MPn als Operatoren angesehen werden, die die Beziehungen zwischen alternativen Einstellungen ausdrücken (so versteht sie wohl auch Wolski 1986: 383), dann ist der Skopus der MP der explizite Satz, in dem diese vorkommt. Es spricht einiges dafür anzunehmen, daß der Skopus der unbetonten MPn einstellungsbewertete selbständige Sätze sind. Doherty (1987: 98) nimmt allerdings an, daß die von ihr epistemi-

79

sehe Partikeln Genannten halbbewertete propositionale

Bedeutungen

als Argumente haben und sich so im Skopus der von den Satzmodi ausgedrückten Einstellungen befinden. Halbbewertet nennt sie diejenigen Propositionen, die durch Satzadverbien eine Teilbewertung erfahren haben, ohne durch einen Satzmodus vollbewertet zu sein. Das Vorkommen von MPn in Nebensätzen ist zu dieser Frage noch eingehender zu untersuchen. Möglicherweise können alle von Funktionswörtern ausgedrückten Operatortypen sowohl propositionale als auch einstellungsbewertete Operanden haben. Die Diskussion über den grammatischen und semantischen Typ der anderen Bezugseinheit, auf die MPn verweisen, ist ebenfalls ζ. Z. noch nicht abgeschlossen. Die alternativen Einstellungen, auf die sie verweisen, sind oft nur erschließbar. Ihre Äußerungsform ist situations- und kontextabhängig und nicht Teil der lexikalischen

Beschreibung.

Der Wörterbucheintrag für die lexikalische Einheit hat die Operator-Bedeutung als eigentliche Bedeutung der MP, die die spezifische Relation anzeigt, anzugeben und die relevanten Eigenschaften des expliziten Operanden, d. h. den Satzmodus. Die für die andere Bezugseinheit anzunehmende Einstellung ist von der Bedeutung des Operators abhängig.

6.6

Ein weiteres, noch ungeklärtes Problem stellt das Verhält-

nis zwischen unbetonten und betonten MP-Varianten dar. Scheint es einerseits, als seien beide Varianten von gleicher Wortartzugehörigkeit und gleicher Bedeutung (s. Weydt 1986 u. a.), deren unterschiedliche Betonbarkeit mit Kontrastakzent und somit grammatisch regelhaften Intonationsprinzipien erklärbar ist, sprechen unterschiedliche Skopuseigenschaften für unterschiedliche Wortarten. Die betonten Formen, von Doherty (1987: 127-138) Kontrastpartikeln genannt, haben in ihrem Skopus unbewertete

Propositio-

nen. Dafür spricht ihre breitere Distribution. Sie sind weitgehend unabhängig vom Satzmodus und kommen ohne Beschränkungen auch in Nebensätzen vor.

80

7.

Vorschlag eines Wörterbuchartikels für das Lexem doch

Doch Grundbedeutung: drückt einen Widerspruch zu einem vorher

vernein-

ten Sachverhalt und somit eine Bejahung aus. Die im Widerspruch zu dem doch-Satz stehende und ihn negierende gegensätzliche stellung, daß der vom doch-Satz ausgedrückte Sachverhalt zutrifft, kommt in den verschiedenen Wortarten

Ein-

nicht

unterschiedlich

zum Ausdruck. I. als nebenordnende Konjunktion verbindet d. zwei

satzwertige

Glieder; adversativ; d. gibt einen Gegensatz an, der sich auf die Bedeutung der Glieder selbst oder auf die Bewertung der Folgerungen aus dem im ersten Glied Gesagten beziehen kann. Ich wollte mit ihm reden, doch er ließ sich

entschuldigen.

Das Buch ist nicht umfangreich, doch unerläßlich für diese

gerade

Problematik.

II. d. als Modalpartikel

(betont) drückt die Einstellung

Sprechers aus, die im Gegensatz zu alternativen

eines

Einstellungen

steht. Der alternativen Einstellung zufolge, auf die der dochSatz Bezug nimmt, gilt der Sachverhalt als nicht zutreffend.

Im

doch-Satz wird das Gegenteil zum Ausdruck gebracht, nämlich, daß der Sachverhalt zutrifft. Kommt in allen Satzarten Und sie bewegt sich döch. (= Widerspruch auf

vor.

Annahme:

Sie bewegt sich nicht) Ist sie döch noch gekommen? (= Zweifel Sie ist nicht mehr

gegenüber:

gekommen)

Frag besser döch noch einmal nach! (= Revision der Frag nicht wieder

Forderung:

nach)

Wenn düch noch jemand kommt,

... (= Alternative zu der Prä-

misse: Wenn keiner mehr kommt,

...)

III. Als Satzäquivalent drückt d. ähnlich wie in II., aber ohne den Kontext eines Satzes, die gegensätzliche Einstellung

eines

Sprechers zu der Äußerung eines Dialogpartners aus, die meist

81 eine Negationspartikel

enthält. Der Vorgängersatz kann ein Aus-

sagesatz, ein Entscheidungsfragesatz

oder ein

Imperativsatz

sein. A: Das kannst du noch nicht. A: Kommst du nicht mit? A: Geh nicht weg! IV. Die Modalpartikel

B: Doch!

B: Doch!

B: Doch! (unbetont) setzt die Einstellung des Spre-

chers im Satz in Beziehung zu anderen, im Widerspruch zu dieser stehenden Einstellungen. Nur in folgenden Satzarten

erlaubt:

1. in Aussagesätzen: Max ist doch im Urlaub. (in Situationen, in denen das Verhalten anderer

Personen

auf Unkenntnis des Sachverhalts schließen läflt) 2. in Aufforderungssätzen:

Bleib doch hier! Setzen Sie sich doch!

(in Situationen, in denen das Verhalten anderer Personen auf gegenteilige Absichten schließen

läßt)

3. in Wunschsätzen: Käme er doch (nur/bloß)! Wenn er doch

(nur/bloß)

käme! (in Situationen, in denen die Erfüllung des Wunsches nicht absehbar

ist)

4. in Bestätigungsfragen:

Du kommst doch mit?

(in Situationen, in denen die Gültigkeit des erneut in Frage gestellt

Sachverhalts

ist)

5. in Ergänzungsfragen: Wie hieß sie doch gleich? (in Situationen, in denen die Kenntnis der erfragten mation wieder in Vergessenheit geraten

Infor-

ist)

6. in Nebensätzen mit Inversion zur Begründung des

Hauptsatzes:

Er ging weg, sah er doch, daß sie beschäftigt war. (d. setzt im Nebensatz wie im selbständigen Hauptsatz

(IV.1.)

Unkenntnis

des Sachverhalts bei anderen Personen voraus, d. ist hier Antwort auf eine dem Adressaten unterstellte Frage nach dem Grund) 7. in Nebensätzen nur, wenn diese durch bestimmte Konnektoren geleitet sind. Nicht nach £ b , warum, temporalen

ein-

Konjunktionen

u. a. Max macht das, weil er doch die meiste Ahnung hat. Wenn sie doch keine Zeit hat. aber: ?Ich weiß nicht, ob er doch zurückkommt. ?Ich kenne sie, seitdem sie doch hier arbeitet.

82

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Königstein/Ts.

DIETER

HERBERG

MAKROSTRUKTURELLE BEZIEHUNGEN IM WORTSCHATZ UND IN WÖRTERBUCHEINTRÄGEN. MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DES ALLGEMEINEN EINSPRACHIGEN

WÖRTERBUCHS

1.

Einführung

2. 2.1. 2.2.

Synonymie Skizze der Problemlage und des Forschungsstandes Zur Funktion und zur Darstellung von Synonymen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Möglichkeiten und Grenzen der lexikographischen Beschreibung synonymischer Relationen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Hilfsmittel und Datenquellen

2.3. 2.4. 3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 4. 4.1. 4.2.

Antonymie Skizze der Problemlage und des Forschungsstandes Zur Funktion und zur Darstellung von Antonymen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Möglichkeiten und Grenzen der lexikographischen Beschreibung antonymischer Relationen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Hilfsmittel und Datenquellen

4.4.

Hyperonymie - Hyponymie Skizze der Problemlage und des Forschungsstandes Zur Funktion und zur Darstellung von Angaben zur Hyperonymie-Hyponymie-Relation im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Möglichkeiten und Grenzen der lexikographischen Beschreibung der Hyperonymie-Hyponymie-Relation im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Hilfsmittel und Datenquellen

5.

Fazit

6.

Anmerkungen

7.

Literatur

4.3.

90 1.

Einführung

Die seit eineinhalb Jahrzehnten intensiv geführte metalexikographische Fachdiskussion hatte von Anfang an als eines ihrer zentralen Themen die Suche nach Wegen zur Überwindung der von Wiegand so genannten "onomasiologischen Blindheit" semasiologischer Wörterbücher zum Gegenstand. Wiegand selbst und zahlreiche andere haben Vorschläge zur Integration von semasiologischen und onomasiologischen Prinzipien unterbreitet^, um zum einen die theoretischen Einsichten in die Funktions- und Ordnungsprinzipien des Wortschatzes angemessener als bisher widerzuspiegeln und um zum anderen alphabetische Bedeutungswörterbücher in Situationen der Textproduktion und der Textrezeption gleichermaßen

leistungsfähig

zu machen. Für unser Thema von besonderer Bedeutung ist die Erkenntnis, daß in "einem Lexikonzeichen

... in nuce die Gesamtheit

jener semantischen Relationen enthalten [ist] , durch die ein Lexikonzeichen in der mehrdimensionalen semantischen Struktur mit anderen Lexikoneinträgen verbunden ist. Mit anderen Worten: in der semantischen Mikrostruktur eines Lexikonzeichens ist in nuce die semantische Makrostruktur bereits enthalten" (Viehweger 1988: 122). Welche Konsequenzen sind daraus für die Hauptaufgabe

allgemeiner

einsprachiger Wörterbücher - die Bedeutungsbeschreibung

ihrer

Einheiten - abzuleiten? Vor allem geht es darum, systematischer als bisher zu berücksichtigen, daß sich die Bedeutung und die Anwendungsbedingungen für das Einzelelement vollständig erst aus zwei Arten von Informationen ergeben, nämlich aus dem tiv-referentiellen

denota-

Anteil, wie er sich als semantische

Mikrostruktur in der sog. lexikographischen Definition niederschlägt, und aus der zweifachen Einbettung in das Gesamtnetz, d. h. aus seiner Position im seiner regulären

Paradigma

Kollokationspartner

und aus dem Umfang .

Anders gesagt:

Es gilt, "den dialektischen Zusammenhang und die wechselseitige Abhängigkeit und Beeinflussung zwischen den semantischen Mikrostrukturen der Elemente und den paradigmatischen und syntagmatischen Makrostrukturen zu belegen und sie einem allgemeinen Benutzerkreis bewußt zu machen" (Agricola 1983: 5). Nicht immer sind in der Vergangenheit diese berechtigten Forderungen in bezug auf die Möglichkeiten und spezifischen Aufgaben des allgemeinen Ge-

91

brauchswörterbuches mit dem nötigen Realismus gesehen worden, so daß Enttäuschungen nicht ausbleiben konnten. Es scheint, daß die anfänglich zum Teil herrschende Euphorie in Hinblick auf die Veränderungs- und Verbesserungsmöglichkeiten des hier betrachteten Wörterbuchtyps mittlerweile generell und besonders auch in Hinblick auf unser Problem einer relativ nüchternen und wesentlich realistischeren Betrachtungsweise gewichen ist, da sich die praktischen Ergebnisse im Gefolge der theoretischen Höhenflüge 2

nicht im erwarteten Maße eingestellt haben.

Vor allem gilt es

Abschied zu nehmen von der mitunter erhobenen Forderung

"alles

oder nichts", wie sie ζ. B. auch bei Agricola (1983: 2) anklingt: "Keineswegs aber kann ein derartiger Neubeginn

[Ί,η der Wörterbuch-

arbeit. D.H.3 dadurch geschehen ..., daß man stückwerkhaft renoviert, in einem umfangreichen Wörterbuch nur Teile oder Klassen des Lemmabestandes oder nur gewisse Arten von Informationen nach neuem theoretischen Wissen bearbeitet." Nein, aus der Sicht von heute sind nach unserer Auffassung - neben völlig neu zu projektierenden Unternehmen - auch Aktivitäten solcherart ein möglicher und legitimer Weg, zur Qualifizierung insbesondere bestehender, neuzubearbeitender Wörterbücher beizutragen, den man nicht geringachten sollte. Für den Typ des einsprachigen

Bedeutungswörter-

buches ist dies derzeit vielleicht sogar der erfolgversprechendste und realistischste Weg, weil ihn nämlich die Lexikographen ein gutes Stück aus eigener Kraft gehen können. Folgender Grundsatz sollte dabei in bezug auf die Berücksichtigung makrostruktureller paradigmatischer

Wortschatzbeziehungen,

auf die wir im folgenden ausschließlich unser Augenmerk richten, gelten: Die Angabe von makrostrukturellen Relationen ist kein Selbstzweck, sie kann und muß daher nicht erschöpfend sein. An einer exhaustiven Art der Darstellung, die auch unüberwindbare praktische Probleme mit sich bringen würde, sind - wie Wiegand (1984: 78) betont - "vor allem Sprachwissenschaftler wissenschaftlichen Wörterbuchbenutzungssituationen

in sprach-

interessiert".

Wir halten es für abwegig, solche hier und da anzutreffenden Maximalforderungen von Spezialisten zum Maßstab für sog. Gebrauchswörterbücher zu machen und mit Benutzerinteressen im weitesten Sinne gleichzusetzen (vgl. Herberg 1983: 83). Vielmehr schließen

92

wir uns der Auffassung Wiegands an, daß die Angaben von Hyponymen, Synonymen, Antonymen u. a. die Aufgaben der lexikographischen Definition als quasi "flankierende Maßnahmen"

unterstützen ,

d. h. mit der Definition zusammen der Erfassung der Bedeutung des Lemmas dienen sollen. Dahinter steht die Abkehr von der isolierten Betrachtung der sog. lexikographischen Definition in einsprachigen Bedeutungswörterbüchern und die Überzeugung, "daß die sog. lexikographische Definition meistens nur ein Textbaustein unter anderen innerhalb eines Wörterbuchartikels ist, der im Bedeutungswörterbuch insgesamt dazu dient, dem Wörterbuchbenutzer vor allem die Bedeutung des Lemmazeichens zu erläutern" (Wiegand 1984: 80). Die Wörterbucharbeit in bezug auf makrostrukturelle

Informatio-

nen könnte sich beim Stand der Dinge in folgender Weise gestalten: - Erstens

und auf jeden Fall sollten Lexikographen so weit

wie irgend möglich solche lexikontheoretischen und metalexikographischen Arbeiten zur Kenntnis nehmen, die neue Erkenntnisse über die Organisation bzw. Funktion des Lexikons vermitteln und zugleich Gedanken zu deren Berücksichtigung bei der Wörterbuchgestaltung enthalten, um den Bezug zur linguistischen Theoriebildung nicht zu verlieren. - Zweitens

haben sie - unter Nutzung

metalexikographischer

Aussagen - zu entscheiden, welche Arten von makrostrukturellen Informationen für das jeweils abzufassende Wörterbuch relativ zum spezifischen Adressatenkreis vorzusehen sind, das unerläßliche Minimum festzulegen und nach Möglichkeiten zu suchen, das Minimum bis zur Stufe des Wünschenswerten - Drittens

aufzustocken.

müssen sie sich die Quellen erschließen, aus denen

sie die notwendigen Fakten auf rationelle Weise gewinnen können, um die Effektivität der Wörterbucharbeit nicht in Frage zu stellen. Das können in Einzelfällen vorgängige Analysen einzelner Beispiele, Wortgruppen, Teilfelder o. ä. sein, wie sie in lexi'kontheoretischen und metalexikographischen

Arbeiten

demonstriert, jedoch zumeist nicht bis zur Stufe von Wörterbuchartikeln geführt werden, so daß häufig Unklarheiten über ihre Nutzbarmachung bestehen. Der Lexikograph ist also gut beraten, wenn er andere vorhandene Hilfsmittel ausschöpft, die ihm

93

jederzeit zur Hand sind und deren Auswertung ihm keine übermäßigen Schwierigkeiten bereiten. Gemeint sind alle die Nachschlagewerke, die jeweils bestimmte makrostrukturelle

Beziehun-

gen erfassen wie ζ. B. Synonym-, Antonym-, Sachgruppen-, Begriffswörterbücher. - Viertens

und endlich ist die im gegebenen Fall günstigste

Form der lexikographischen Integration in den Wörterbuchartikel zu finden, die sowohl theoretisch begründbar als auch benutzerfreundlich sein muß. Unter Beachtung des Vorangehenden wollen wir im folgenden die semantisch-lexikalischen Relationen der Synonymie (2.), der Antonymie (3.) und der Hyperonymie-Hyponymie

(4.) auf die Notwendig-

keit und auf die Möglichkeiten ihrer systematischen Einbeziehung in den semantischen Kommentar von Wörterbuchartikeln hin untersuchen und jeweils praxisnahe Vorschläge zur Diskussion stellen. Als Grundlage dafür dienen uns die zehn folgenden gegenwartssprachlichen allgemeinen Wörterbücher des Deutschen, die wir hier in der alphabetischen Reihenfolge ihrer Zitierform nennen: BW, dtv-Wahrig, Duden-Bedeutungswörterbuch, Duden-DUW, Duden-GWDS, HDG, Knaur, Mackensen, Wahrig, WDG.

2.

Synonymie

2.1

Skizze der Problemlage und des Forschungsstandes

Von den paradigmatischen Relationen ist die der semantischen Identität oder Ähnlichkeit am häufigsten und ausführlichsten untersucht worden. Es ist hier weder der Ort noch der Raum dafür, die unterschiedlichen Auffassungen zur Synonymie darzustellen (vgl. dazu neuerdings Wolski 1989 und die dort genannte Literatur). Für die Belange der lexikographischen Darstellung im allgemeinen Wörterbuch sollte von einem strikt semantischen

Synonymie-Begriff

ausgegangen werden, wie er beispielsweise von Filipec (1968: 196) vertreten wird und wonach Synonymie "formal nicht gleiche ... LE ^lexikalische Einheiten. D.H.J gleicher Wortart oder mit gleicher syntaktischer Funktion [sind^ , die gemeinsame relevante Bedeutungs-

94 elemente

(die gleiche begriffliche Bedeutungskomponente) und die

Mehrheit gemeinsamer Kontextverbindungen

(synonymischer

Kontexte)

haben und in einer homogenen Sprachgemeinschaft verwendet Wesentlich ist, daß wir Synonymie als eine Beziehung die zwischen

Sememen

werden".

betrachten,

besteht, und daß wir also als Synonyme

solche Sememe betrachten, mit denen man sich im normalen

Sprach-

gebrauch auf dasselbe Denotat beziehen kann, weil sie - merkmalsemantisch gesprochen - über einen Kern gleicher denotativ

beding-

ter Seme verfügen, sich aber durch periphere denotative Seme oder/ und durch konnotative Seme unterscheiden

können.

Diese Eigenschaft ist der Grund dafür, daß Synonyme sich zwar als eine beliebte

"Form der Bedeutungsdefinition,

die für

viele Wortarten anwendbar ist" (Schmidt 1986: 64), seit

relativ

langem

in der Lexikographie behaupten, ohne daß jedoch die Synonymie systematisch als paradigmatische Relation sui generis in die semantischen Kommentare Eingang gefunden hätte. Auf die mit dieser Doppelfunktion verbundenen Probleme gehen wir in 2.2 ein. Über den Status, den Synonyme als Definiens einnehmen, gibt es neuerdings u. a. die ausführliche Erörterung von Wiegand zur

"Rolle

der Synonymierelation bei der semantischen Erklärung der

Lemmata

im einsprachigen Wörterbuch durch die Lexikographen und beim Verstehen der lexikalischen Paraphrasen innerhalb von

Wörterbuchein-

trägen durch den Wörterbuchbenutzer"

(1976: 118), deren Ergebnis4 se wir hier nicht nachzeichnen können. Relativ selten ist bislang dem uns interessierenden Aspekt - Synonyme als onomasiologische

ergänzende

Informationen innerhalb des semantischen

tars - Aufmerksamkeit geschenkt worden. Agricola (1987)

Kommen-

behandelt

u. a. Probleme der Synonymie im Rahmen seiner Studie zu einem sog. "Komplexwörterbuch"; konkrete Vorschläge zu ihrer Integration ein allgemeines Wörterbuch sind nicht beabsichtigt.

in

Praxisnäher

sind die Vorstellungen, die Wiegand (1977 und 1977a) im Zusammenhang mit dem Nachdenken über Typen von Wörterbucheinträgen, tisch bestimmte Typen von Benutzungssituationen der kommentierten Bedeutungserläuterung

seman-

und das Verfahren

entwickelt. Unter den

Schwierigkeiten, die bei der Produktion schriftlicher

Texte

auf-

treten können, sieht er u. a. die Wortfindungsschwierigkeit

hin-

sichtlich der lexikalisch-semantischen

Nuancierung :

95 "Der Schreiber will

sich auf einen Sachverhalt, auf den er im

formulierten Text bereits Bezug genommen hat - ζ. B. um Wiederholungen zu vermeiden oder um feine Nuancierungen

auszudrücken

mit einem anderen Wort beziehen. Dann kann er ζ. B. in einem Wörterbuch nach einem lexikalischen Synonym suchen, wobei er unter Umständen zwischen mehreren angebotenen auswählen muß" (1977a: Wiegand schlägt vor, dafür das Kommentarsymbol

79).

"·*" zu verwenden

und gibt für die fiktiven Hinweise zur Benutzung folgende

Erläu-

terung: "Das Zeichen

sagt Ihnen, daß diejenigen Wörter, auf

die es sich bezieht, in

sehr

wandtschaft

enger

Bedeutungsver-

zueinander stehen. Die Wörter sind in ihrer

Bedeutung so ähnlich

[[sind lexikalische Synonyme]

daß sie häu-

fig (nicht immer) das gleiche bedeuten." (1977a: 92)

Daraufhin

werden noch einzelne Positionen dieses Kommentarsymbols

unter-

schieden, wodurch synonymische Beziehungen von dem Status

nach

unterschiedlichen Bestandteilen des semantischen Kommentars

aus-

gedrückt werden können, was allerdings der Übersichtlichkeit förderlich

ist.

Anhand eigener Erfahrungen aus der Arbeit an einem -dem

nicht

Wörterbuch

HDG - reflektiert de Ruiter (1985) sehr praxisnah

der lexikographischen Beschreibung synonymischer

Probleme

Relationen im

einsprachigen synchronischen Bedeutungswörterbuch.

Die

schen Vorschläge von de Ruiter stehen unseren eigenen nen sehr nahe, so daß wir auf diesen Beitrag in 2.3

realistiIntentio-

zurückkom-

men . Da eine befriedigende Umsetzung dieser theoretischen ten und praktischen Vorschläge in der deutschsprachigen graphie nach wie vor aussteht, ist es durchaus nicht einige der wesentlichen Gesichtspunkte, die die Praxis beachten sollte, nochmals zu akzentuieren verfolgt Wolski 2.2

EinsichLexiko-

überflüssig,

lexikographische (ähnliche

Ziele

1989).

Zur Funktion und zur Darstellung von Synonymen im allgemeinen einsprachigen

Wörterbuch

Kurz gesagt, besteht die Problematik darin, daß die in den allgemeinen Wörterbüchern vorherrschende Art der Einbeziehung

von

Synonymen nicht der Tatsache gerecht wird, daß es sich bei der

96 lexikalischen Synonymie um eine onomasiologische

lexikalisch-

semantische Relation sui generis handelt, die entsprechende

Dar-

stellungsmittel erfordert. Vielmehr werden Synonyme "in großer Zahl zur Erläuterung der Wortbedeutungen mitverwendet, je nach Notwendigkeit und Möglichkeit allein oder in Verbindung mit weiteren Synonymen oder in Kombination mit Paraphrasierungen, sie werden weder systematisch oder vollständig gegeben, ist beabsichtigt,

aber

noch

ihre Einordnung in ein Synonymenfeld zu zeigen.

Hinter Fällen, in denen auf Synonyme explizit durch

Verweisungen

Bezug genommen wird, ist gleichfalls kein System zu erkennen" (Agricola 1986: 281). Natürlich sollen Synonyme dazu

verwendet

werden, dem Benutzer die Bedeutung des Lemmas zu erklären, mit Wiegand/Ku2era

aber

(1981: 179) sind wir der Ansicht, daß sie

nicht in der Bedeutungserklärung

versteckt werden sollten,

dern sie gehören "in den onomasiologischen Teil des

son-

semantischen

Kommentars, und zwar so, daß hier mittels einer semantischen mentarsprache

Kom-

... auf Ausdrücke verwiesen wird." Anders gesagt:

Mit der bisherigen Praxis machen die Lexikographen das semantische Wissen, das sie über Synonyme haben, für den Benutzer explizit und somit nicht vollständig

nutzbar.

Das hängt damit zusammen, daß Synonyme in ganz direkter als eine andere Möglichkeit,

nicht Weise

"das Stichwort semantisch zu erklä-

ren" (WDG: 08), als "Definitionsart" "umschreibende Deutung oder Erklärung

(HDG: XII), also wie die (Definition)"

(WDG: 08)

genutzt werden. Das WDG-Vorwort nennt die praktischen

Vorteile:

"Es ist kurz und ist dadurch überall gut einsetzbar." Wie auch andere Wörterbücher

versucht das WDG andererseits, den Nachteil

mangelnder Präzision dadurch auszugleichen, daß viele

Stichwörter

eine Kombination von umschreibender Erklärung mit ein oder zwei Synonymen erhalten, wobei "sich die verschiedenartigen

Bedeutungs-

angaben, besonders die Synonyme, gegenseitig ergänzen" (WDG: 08) sollen. Es ergeben sich unterschiedliche Typen der

Gesamtbedeu-

tungserläuterung, von denen am häufigsten folgende 7 vorkommen: (1) uBE

(4) Syn^, S y n 2 ,

(2) Syn

(5) uBE, Syn

(3) Syn^, S y n 2

(6) uBE, Synj , S y n 2

(uBE = umschreibende

Syn3

(7) Syn, uBE Bedeutungserklärung)

97 Zur Illustration soll im folgenden eine Gruppe von

Substantiven

dienen, deren Glieder in synonymischen Beziehungen zu den Grundsynonymen Weltall, Weltraum

stehen.

Beispiele für die genannten 7 unterschiedlichen typen von semantischen Kommentaren

Architektur-

wären:

(1) Weltraum: der gesamte Raum des Weltalls der Erdatmosphäre

außerhalb

(HDG)

(2) All:

Weltraum

(HDG)

(3) All:

Weltraum, Universum

(4) All:

Weltall, Weltraum, Kosmos

(5) Weltall:

die Gesamtheit der Weltraum (Wahrig)

(6) Weltall:

Gesamtheit aller in Raum und Zeit

(WDG) (Knaur)

Himmelskörper, existie-

renden materiellen Systeme, Kosmos, sum

Univer-

(WDG)

(7) Weltraum: das Weltall, der unendl. Raum, in dem sich alle Himmelskörper befinden

(Wahrig)

Dabei wird die Bedeutung einzelner Lemmata in verschiedenen

Wör-

terbüchern durchaus nach verschiedenen Typen erläutert, ζ. B. das Lemma Welt (im Sinne von Typ (2)

Typ (3)

Typ (5)

'Weltall',

WDG:

Universum

BW:

Weltall

HDG:

Universum,

'Universum'):

Weltall

Duden-GWDS: Weltall,

Universum

Duden-DUW:

Weltall,

Universum

Mackensen:

Gesamtnatur,

Wahrig:

die Gesamtheit der

Himmelskörper,

Weltall dtv-Wahrig: die Gesamtheit der

Himmelskörper,

Weltall

Weltall Typ (7)

Knaur:

Weltall, Gesamtheit der

Himmelskörper

Auch das ist ein Indiz dafür, wie wenig die Praxis der Synonymi von Synonymen in Bedeutungserläuterungen worden ist.

16

theoretisch

Verwendung

reflektiert

98

Neben der eben illustrierten und weitaus am häufigsten treffenden Verfahrensweise

anzu-

(auf deren Kritik im Detail hier

zichtet werden muß) gibt es in der deutschsprachigen

ver-

allgemeinen

Lexikographie wenigstens zwei weitere Arten des Umgangs mit der lexikalischen Synonymie, die im folgenden ebenfalls kurz

charak-

terisiert werden sollen, zumal sie - bei aller Unzulänglichkeit ein Schritt in die angesteuerte Richtung sind, nämlich als lexikalisch-semantische

Wortschatzrelation

Synonymie

auch im Wörterbuch-

artikel wie im Wörterverzeichnis von allgemeinen Wörterbüchern insgesamt

-

einsprachigen

auszuweisen.

Der erste dieser Versuche macht deutlich, wie wichtig es ist, ein diesem Wörterbuchtyp angemessenes Konzept zu entwickeln,

weil

man andernfalls der Versuchung erliegen kann, die Grenzen zu überschreiten und mit dem Bedeutungswörterbuch

quasi ein

buch mitliefern zu wollen. Ein solcher nach unserer überzogener Versuch ist im einbändigen

SynonymwörterEinschätzung

Duden-Bedeutungswörterbuch

gemacht worden. Die Absicht ist, "die durch das Alphabet

aufge-

lösten sprachlichen Zusammenhänge durch einen Ergänzungs- und Erweiterungswortschatz"

(7) wieder herzustellen.

"Dieser

Ergänzungs-

wortschatz besteht einerseits aus sinn- und sachverwandten (bei Haar ζ. B.: sinnν. : Locken, Loden, Mähne, Schöpf;

Wörtern

Borste,

Flaum, Locke) und andererseits aus Wörtern, die das Stichwort Grundwort enthalten

(bei Haar ζ. B.: Zus. : Achsel-, Bart-,

Frauen-, Roßhaar)."

(7) Bewußt wird auf den Terminus

als

Dachs-,

"Synonym"

verzichtet, denn es handelt sich um eine unkommentierte und unmarkierte Auflistung von Ausdrücken hinter der Abkürzung sinnv. , die wie folgt erläutert wird: "Unter sinnv. werden sowohl

sinnähnliche

als auch sachverwandte Wörter - gelegentlich auch anderer Wortart genannt. Dabei handelt es sich um Wörter, die begrifflich assoziativ mit dem Stichwort in Verbindung gebracht werden nen; es sind also nicht nur synonyme Wörter im strengen (12). Da ein beträchtlicher Teil dieser sinnverwandten

oder kön-

Sinn" Wörter

nicht selbst Lemmata in diesem Wörterbuch sind, kann nur ein Benutzer mit vollentwickelter

Sprachkompetenz einen gewissen

Nutzen

aus dieser Kumulierung ziehen. Daß ein solcher Benutzer bei einem "Lernwörterbuch", als das sich dieses Bedeutungswörterbuch riert, gerade

nicht

dekla-

vorausgesetzt werden kann, macht das

99 Verfahren besonders fragwürdig und verdient in dieser Form keine Nachahmung. In bezug auf unsere Beispielgruppe sieht das Ergebnis so aus: W e l t all, das: -s: der unendlicne Raum, der alle Himmelskörper umschließt: die Menschen beginnen das W. zu erobern s i · » . : All. Galans, Kosmos. Raum, Universum, Welt, Welter.raom, Weltraum

Dazu ist anzumerken, daß von den 8 aufgezählten Ausdrücken 2 nicht als Lemmata im Wörterbuch vorkommen: Galaxis, Weltenraum. Das ist um so bedauerlicher, da sie als konnotierte bzw. markierte

Lexeme

für einen Lernenden ohne Hilfestellung besonders schwierig

in

ihrer Bedeutung und in ihrem Gebrauch zu erfassen sind: ist Fachwort der Wörterbüchern als

Astronomie

,

poetischer

Galaxis

Weltenraum wird von

anderen

Ausdruck eingestuft. Für we-

nig benutzerfreundlich halten wir es darüber hinaus, daß bei den übrigen 6 Ausdrücken erst ein Nachschlagen an der

alphabetischen

Stelle zu der Erkenntnis verhilft, ob es sich um einen

irgendwie

markierten Ausdruck handelt wie im Falle von All, das unter sem Lemma als stilistisch

gehoben

die-

eingeordnet wird, was

aber in der Reihung unter Weltall unerwähnt bleibt. Zu lernen ist aus diesem Versuch vor allem zweierlei: erstens auf keinen Fall sinn- oder sachverwandte Ausdrücke anzuhäufen, die nicht auch Lemmata im selben Wörterbuch sind; zweitens markierte

Ausdrücke

auch als solche erkennbar in eine Reihe sinnverwandter

Ausdrücke

einzufügen. Vorzuziehen ist daher - nach dem gegenwärtigen Stand der metalexikographischen Einsichten - ein Verfahren, das die im Stichwortnetz des betreffenden Wörterbuches vorhandenen

synonymischen

Beziehungen durch ein möglichst unaufwendiges Verweissystem parent macht. Vorschläge dazu sind mehrfach unterbreitet

trans-

worden,

so von Wiegand (1977 und 1977a) und von de Ruiter (1985). In der lexikographischen Praxis deutschsprachiger

Wörterbücher sind Ver-

suche im dtv-Wahrig, im BW und im Knaur anzutreffen, freilich in allen Fällen noch nicht systematisch und konsequent genug geführt. Auf die Inkonsequenzen im BW, die durch das

durch-

Nebeneinander

zweier lexikographischer Verfahrensweisen - nämlich der aus den früheren Wahrig-Ausgaben bekannten traditionellen der

Mitverwen-

100 dung von Synonymen innerhalb der Bedeutungserklärung mals im dtv-Wahrig praktizierten Verweismethode

und der erst-

- entstehen,

u. a. Wiegand/KuüSera (1981) und Agricola (1982) in ihren

haben

Rezensio-

nen im Detail hingewiesen. Nehmen wir also kurz die

Verfahrenswei-

se des dtv-Wahrig und des Knaur unter die Lupe. Der

dtv-Wahrig

"enthält ein umfangreiches System von Verweisen, die es dem Benutzer ermöglichen, sich im Wörterbuch zu orientieren. Die

Verweise

(orthographische Variante, Synonym und Gegensatz) werden im allgemeinen an die Bedeutungserklärung

angehängt"

(12). In bezug auf

die Synonymie heißt es: " Das Synonym Verweise auf bedeutungsgleiche Wörter sind durch "Sy" gekennzeichnet; ζ. Β . : Astrcrio' gie

^ f . ; -; unz.>

...; Sy

Sterndeutung

Außerdem sind noch die folgenden Verweissymbole

einschlägig:

" Siehe auch! (-»

a.)

Dieses Zeichen verweist neben "Sy" und "Ggs" auf ein Wort, das einen Begriffsbereich vervollständigt " und " Ist bedeutungsgleich

mit

( = ) Dieses Zeichen ist der Ruckverweis auf ein "oV" oder "Sy". " (12) Wie sieht nun die praktische Anwendung der Symbole auf die im dtv-Wahrig enthaltenen Synonyme unserer Beispielgruppe All

Kosmos

.

=

Raum

Q. . .}

Welt

. .3

Weltall

1

Weltraum

Weltall

5

Weltall,

Weltraum

1.1. die Gesamtheit der Himmelskörper,

. .J

die Gesamtheit der @

Weltraum

Weltall,

aus?

.J

Himmelskörper;

Kosmos (1); ( ^ p — » a

Weltraum

der unendl. Raum, in dem sich alle körper befinden; C

Weltall

*» a Γ)

Weltall

Himmels-

101 Es sind vor allem folgende Punkte, die Kritik herausfordern: (i)

Auch im dtv-Wahrig gibt es ein Nebeneinander von mehreren Arten des Umgangs mit Synonymen (Synonyme in der Rolle von Bedeutungsangaben wie bei den Lemmata All, Raum, Welt; Synonyme als solche gekennzeichnet mit Gleichheitszeichen bei Kosmos, mit dem Zeichen Sy bei Weltall und mit dem Verweis — > a. bei Weltall und Weltraum), ohne daß einsichtig (gemacht) würde, in welchem Fall welche Art zur Anwendung kommt.

(ii)

Durch den ausdrücklich für Synonyme vorgesehenen Hinweis Sy und das entsprechende Rück verweiszeichen (=) werden nur Weltall und Kosmos miteinander verzahnt (allerdings gibt es ein Kosmos Q ) nicht!). Weltall und Weltraum sind durch den — 5 ^ a . - V e r w e i s aufeinander bezogen und von All, Raum und Welt kommt man zu Weltall bzw. Weltraum, die beide eine umschreibende Bedeutungserklärung haben, weil diese Ausdrücke - zum Teil gemeinsam - als Bedeutungsäquivalente

eingesetzt

sind. (iii) Trotz dieser mehrfachen Bezugnahme ist die Vernetzung unvollständig, denn es gibt keinen Weg von Kosmos, Weltall und Weltraum zu den Lemmata All, Raum und Welt, und ebensowenig sind All, Raum und Welt untereinander vernetzt, obwohl das aufgrund ihrer nahezu identischen

Bedeutungsanga-

ben zu erwarten gewesen wäre. (iv)

Die Bedeutungserklärung von Welt ist nach dem Typ (5) (uBE, Syn) erfolgt, wobei die uBE deckungsgleich mit der beim zusätzlich angegebenen Synonym Weltall ist, wodurch eine Doppelung der Information in Richtung Welt — *

Weltall

entsteht, ohne daß umgekehrt etwas für den Rückverweis Weltall — » » W e l t gewonnen wird (vgl. (iii)). Man erkennt, daß de facto sämtliche Ausdrücke der betrachteten Gruppe als Synonyme angesehen, jedoch auf unterschiedliche und unvollständige Weise miteinander verzahnt werden und daß nur in einem einzigen Fall (Kosmos / Weltall) die dafür im Wörterbuch vorgesehene Kennzeichnung benutzt wird, um die Wortschatzrelation der Synonymie explizit zu machen.

102

Zum Abschluß sei ein kurzer Blick auf die etwas andere in Knaur geworfen.

In der Einführung

(10) heißt es dazu:

weise von einem weniger gebräuchlichen Wort auf das

"Ver-

gleichbedeu-

tende, gebräuchliche Wort sind durch einen Pfeil ( — > )

gekenn-

zeichnet, der dazu auffordert, bei dem betreffenden Wort schlagen, ζ. B. Blaubeere — ^ H e i d e l b e e r e ;

Praxis

nachzu-

oder: Bickbeere

Heidelbeere; oder: Schwarzbeere — » H e i d e l b e e r e . beere" findet sich die Bedeutungserklärung.

Bei

— *

"Heidel-

Das Wort, von dem aus

verwiesen wird, erscheint an der angegebenen Stelle wieder, und zwar als Synonym (abgekürzt: Syn.), ζ. B. Heidelbeere 1. ... 2. ...; Syn. Bickbeere, Blaubeere,

^f.

Schwarzbeere."

11>

Q

Unsere Beispielgruppe sieht im Knaur wie folgt aus: All

Q. . ._]

Kosmos

Weltall, Weltraum,

[. .

j —;>J

Makrokosmos

£· ·-3

Raum

3

Universum Weltall

Weltall Weltall; Ggs.

Weltall,

. .]] C — »

Welt

6 .

Mikrokosmos

Weltraum ^Weltall

Weltall, Gesamtheit der

Himmelskörper

die Gesamtheit der Sternsysteme tender Raum;

Weltenraum

Weltraum

Kosmos

.Q

C Syn. j

Kosmos,

enthal-

Universum

Weltraum

Raum außerhalb der Erdatmosphäre äußerst geringer

mit

Gasdichte

Auch hier sind ähnliche Beobachtungen zu machen wie beim dtvWahrig, so daß wir die Einwände kurz zusammenfassen Synonymie wird teils explizit als Systemrelation

können:

dargestellt

(Kosmos, Universum, Weltall), teils tritt sie "verdeckt" als Bedeutungsangabe

in Form eines oder mehrerer synonymischer

drücke in Erscheinung (All, Makrokosmos, Raum, Welt,

Aus-

Weltenraum).

Das Mischverfahren bringt es auch hier mit sich, daß die Vernetzung unvollständig

ist, daß man insbesondere auf

Einwegverweise

stößt; so kommt man ζ. B. nicht von Weltall, Weltraum,

Kosmos

und Universum auf die Ausdrücke All, Makrokosmos, Raum, Welt, Weltenraum, die auch untereinander nicht vernetzt sind.

Über-

flüssig ist die Angabe des dritten Synonyms Kosmos in der Bedeutungserklärung

von All, weil man von dort nur auf

gewiesen wird, das ohnehin schon mit in der steht.

Weltall

Bedeutungserklärung

103

Bei aller Inkonsequenz in der Anwendung haben Wörterbücher wie dtv-Wahrig und Knaur in der deutschen

gegenwartssprachlichen

Lexikographie ein Instrumentarium etabliert, das bei konsequenterer Handhabung u. E. zu einer befriedigenden Darstellung synonymischer Relationen in allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern führen kann. Im folgenden Abschnitt 2.3 wollen wir nun Vorschläge machen, wie auf diesem Wege im Interesse der Benutzer weitergegangen werden könnte, ohne die Möglichkeiten des Lexikographen und dieses Wörterbuchtyps z.u überfordern.

2.3

Möglichkeiten und Grenzen der lexikographischen

Beschrei-

bung synonymischer Relationen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch Die zentrale Frage lautet: Was ist an welcher Stelle auf welche Weise darzustellen? Dazu wollen wir im folgenden Lösungen vorschlagen, für die wir wertvolle Anregungen aus den kritischen Überlegungen bezogen haben, die de Ruiter (19Θ5) zur HDG-Praxis angestellt hat und die u. E. zum großen Teil

verallgemeinerungs-

fähig sind. Unser Grundsatz ist: Synonymische Beziehungen, die zwischen Sememen im Wortbestand eines Wörterbuches bestehen - und nur diese -, sollen vollständig, konsequent und auf einheitliche Weise angegeben werden. Wir wenden uns sowohl gegen die ausschließliche und beliebige Verwendung von Synonymen als (Teile der) Bedeutungserklärung als auch gegen die Vermischung dieser Verfahrensweise mit Versuchen partieller Darstellung der Synonymie als Relation im lexikalischen System in der Art von dtv-Wahrig oder Knaur. Synonyme sollen ihren Platz ausschließlich im "onomasiologischen Teil des semantischen Kommentars" (Wiegand/Kuöera 1981: 179) mit einer besonderen Kennzeichnung haben. Auf diese Weise bleibt ihr Beitrag, den sie zur Erklärung der Bedeutung eines Lemmas leisten, erhalten, wobei die Spezifik ihres Anteils zugleich deutlicher hervortritt. Hinzugewonnen werden vor allem zwei Arten systematischer Informationen: die vorzugsweise dem Fachmann erwünschte Transparenz der synonymischen Vernetzung des Lemmabestandes und das geordnete Angebot alternativer Ausdrucks-

104

möglichkeiten als Antwort auf sprachliche Suchfragen, die

Benutzer

im Zusammenhang mit der Produktion sprachlicher Äußerungen können. Diese nach unserer Überzeugung ohne großen

stellen

Zusatzaufwand

vom Lexikographen zu leistende Aufgabe könnte in folgender angegangen

Weise

werden:

Die Glieder einer Synonymengruppe

sind an einer Stelle

sämtlich

aufzuführen, und zwar bei demjenigen Lemma, das als sog. wort

oder

Grundsynonym

Leit-

fungiert. Diese "einen' Begriffs-

inhalt am umfassendsten ausdrückenden"

(Görner/Kempcke

1987: 7)

Leitwörter festzulegen, ist eine freilich vorgängig zu lösende Aufgabe, vor der auch Autoren von Synonymwörterbüchern

stehen.

her sollte man auf jeden Fall deren Lösungen berücksichtigen, aber ggf. aufgrund begründeter besserer Einsicht

Dasie

modifizieren.

In der Regel wird das Grundsynonym das unmarkierte bzw. ein unmarkiertes Glied der betreffenden Synonymenreihe sein, und es erhält in jedem Fall eine umschreibende Bedeutungsexplikation. ter der Bedeutungserklärung

Hin-

und von dieser deutlich durch ein Kom-

mentarsymbol abgesetzt - wir schlagen die Sigle Syn vor - werden in

alphabetischer

Reihenfolge die markierten oder

unmarkierten

Synonyme aufgeführt. Dabei ist es wichtig, die Markierungen

auch

an dieser Stelle hinzuzusetzen, um einem Benutzer mit (noch) nicht voll vorhandener Sprachkompetenz Präferenzen bzw.

Restriktionen

der Verwendung zu signalisieren, über die er sich im Bedarfsfall beim entsprechenden Lemma noch genauere Aufschlüsse durch die dort ggf. vorhandene Bedeutungserklärung

oder durch

Anwendungs-

beispiele holen kann. Zur Demonstration der vorgeschlagenen Praxis legen wir die Stichwortauswahl und die lexikographische Behandlung unserer spielgruppe im HDG als Ausgangspunkt und Gerüst All Kosmos Raum

.

C· ·-3

4. Weltraum .

(", .

Weltall

Weltall 6.1. Universum,

.Γ]

Weltall

Gesamtheit aller Materie und der von ihr eingenommene Raum, Kosmos,

Weltraum

zugrunde:

Weltraum [.. . .J Weltall

Universum Welt

Bei-

. /]

Universum

der gesamte Raum des Weltalls der

Erdatmosphäre

außerhalb

105 Entsprechend der strengen, auf enger begrifflicher

Bedeutungsver-

wandtschaft beruhenden Synonymauffassung der Wörterbuchautoren werden offensichtlich zwei Grundsynonyme angenommen: Weltall und Weltraum. Nach unseren Vorstellungen sollten die Wörterbucheinträge der Grundsynonyme in bezug auf die semantischen Kommentare folgendermaßen umgestaltet werden (wobei es uns hier nur auf deren Architektur, nicht aber auf die konkreten Formulierungen der lexikographischen Definition ankommt): Weltall

.

Gesamtheit aller Materie und der von ihr eingenommene Raum; Syn All, Kosmos, Universum, Welt

Weltraum

[\. .J der gesamte Raum des Weltalls außerhalb der Erdatmosphäre; Syn Raum

Das ist allerdings erst der Rahmen, der noch durch wenigstens drei Arten von Angaben aufzufüllen ist: durch ggf. bei einzelnen Synonymen vorhandene Markierungen, durch die monosemierende Gliederungsziffer in den Fällen, in denen nur

ein

Semem eines poly-

semen Stichwortes im synonymischen Verhältnis zum Grundsynonym steht und schließlich durch einen Verweis auf eine bzw. mehrere so eng bedeutungsverwandte Synonymgruppen, wie das hier der Fall ist. 9 Machen wir uns - abweichend vom HDG - zu Demonstrationszwecken die stilistische Einstufung von All als "gehoben" (wie in WDG, Duden-Bedeutungswörterbuch, dtv-Wahrig) zu eigen und halten wir uns im übrigen an die Gliederungsziffern des HDG, so müßten die semantischen Kommentare der beiden Grundsynonyme in folgender Weise ergänzt werden: Weltall [". .

Gesamtheit aller Materie und der von ihr eingenommene Raum; Syn

geh .

All, Kosmos,

Universum, Welt (6.1.) Weltraum

. .J der gesamte Raum des Weltalls außerhalb der Erdatmosphäre; Syn Raum (4.)

Durch diese Konzeption erhält der Benutzer bei einem durch die umschreibende Bedeutungserklärung als Grundsynonym erkennbaren Lemma mit den dahinter folgenden und mit Syn angeschlossenen Ausdrücken "nicht zusätzliche Bedeutungsangaben, sondern Verweise

106

auf die übrigen Glieder der Synonymgruppe

..., für die zwar die

Bedeutungsexplikation des Grundsynonyms zutrifft, deren vorhandene. D.H.J unterscheidende Merkmale er jedoch an alphabetischer Stelle nachschlagen muß, um den vollen Bedeutungsgehalt des einzelnen Synonyms zu erfassen und dieses Synonym richtig gebrauchen zu können" (de Ruiter 1985: 11). Damit ist der Zugriff vom Grundsynonym auf die Glieder der Synonymenreihe gewährleistet. Nunmehr ist festzulegen, wie die Darstellung bei jedem Glied der Reihe an alphabetischer Stelle auszusehen hat, so daß der Weg umgekehrt von jedem Synonym reibungslos und ohne Umwege zum Grundsynonym führt. Dieses ist dann seinerseits - quasi als semantischer Schnitt- und Bezugspunkt für die Vernetzung aller Glieder der Reihe untereinander

zustän-

dig. Sind keine unterscheidenden begrifflichen Merkmale festzuhalten, so sind die Einträge - unabhängig davon, ob Markierungen stilistischer oder anderer Art dazutreten oder nicht - in folgender Weise zu fassen: All

[. . .]

Kosmos Raum

f. . .3

Universum Welt

geh.

[. . >3

[. . .]

Syn Weltall Syn Weltall

4. . .]] 6.1.

Syn Weltraum Syn Weltall Syn Weltall

Damit kommt der Benutzer von jedem Ausdruck auf das "zuständige" Grundsynonym und findet ihn dort selbst als Synonym verzeichnet (ggf. neben weiteren Synonymen wie bei Weltall). Ist er an einem anderen Synonym dieser Reihe interessiert, findet er von hier aus leichten Zugang dahin. Auch bei jedem einzelnen Synonym gilt: Der Verweis auf das Grundsynonym markiert eine makrostrukturelle Beziehung, die die Bedeutung des Lemmas erklären hilft, ohne aber als Bedeutungsangabe aufzutreten. Mit der vorgeschlagenen Verfahrensweise der strikten Wechselseitigkeit der Synonymverweise wird die paradigmatische semantische Relation der Synonymie auf effektive Weise transparent gemacht, und außerdem können einige der Untugenden allgemeiner einsprachiger Wörterbücher wie die Benutzung von gar nicht zum Lemmabestand des Wörterbuches gehörenden Synonymen als Bedeutungsangaben oder synonymische Zirkel vermieden werden.

107

Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß bei Synonymen mit graduellen begrifflichen Unterschieden gegenüber dem

Grundsynonym

der einfache Verweis auf dieses nicht ausreicht, sondern daß eine umschreibende Bedeutungsexplikation hinzutreten muß. Dadurch entsteht aber äußerlich bei solchen Lemmata das gleiche Bild wie bei einem Grundsynonym mit nur einem Lemma X

. .J

uBE

;

Synonym:

Syn Y,

so daß der Benutzer nicht ablesen kann, ob er im gegebenen das Lemma eines Grundsynonyms oder das Lemma eines

Fall

begrifflich

leicht unterschiedenen Synonyms vor sich hat. Es könnte

erwogen

werden, im letztgenannten Fall als "Service" für den Benutzer statt der Sigle Syn, die in allen anderen Fällen ausreichend und eindeutig ist, eine Sigle GSyn (= Grundsynonym) o. ä. zu verwenden . Schließlich bietet die diskutierte Gruppe von Ausdrücken

Gele-

genheit, die wünschenswerte Verzahnung von semantisch sehr eng benachbarten Synonymgruppen zu erwähnen. Die dazu in verschiedenen allgemeinen und auch Synonymwörterbüchern vorgeführten tiken sind durchaus geeignet. Verwiesen werden sollte

Prak-

grundsätz-

lich nur unter den Grundsynonymen auf die jeweils andere(n)

Grup-

pe(n), nicht aber bei jedem einzelnen Synonym. Wir schlagen

vor,

mit einem Verweispfeil f zu arbeiten, sofern er im gegebenen

Wör-

terbuch nicht bereits anders belegt ist. Seine Position sollte am Ende der aufgezählten Synonyme sein, so daß sich für unsere

Bei-

spiele folgendes Bild ergibt: Weltall

Q. . J

Gesamtheit aller Materie und der von ihr eingenommene Raum; Syn

geh.

mos, Universum, Welt (6.1.) - f Weltraum

.

All, KosWeltraum

der gesamte Raum des Weltalls außerhalb der Erdatmosphäre; Syn Raum (4.) - f

Weltall

Damit schließen wir diese Erörterungen ab, in denen wir wollten, daß der Darstellung synonymischer

zeigen

Beziehungen des Wort-

schatzes in einem allgemeinen Wörterbuch zwar gewisse

Grenzen

gezogen sind, daß deswegen aber nicht auf den Versuch ihrer in diesem Rahmen durchaus möglichen systematischen verzichtet zu werden

braucht.

Berücksichtigung

108 Mit dem auf konsequenten Synonymverweisen beruhenden und auf alle Wortarten anwendbaren Vorschlag scheint uns ein gangbarer Weg gewiesen zu sein, wie mit vertretbarem Aufwand und auf benutzerorientierte Weise die durch die alphabetische

Lemmaanordnung

verdeckten semantischen Synonymbeziehungen durchsichtig und damit der Nutzung zugänglich gemacht werden können. Da ein allgemeines Wörterbuch ein Synonymwörterbuch weder ersetzen kann noch soll, halten wir das vorgeschlagene Informationsangebot im gegebenen Rahmen für ausreichend.

2.4

Hilfsmittel und Datenquellen

Wir hatten bereits oben (1.) angedeutet, daß vom Lexikographen nicht verlangt werden kann, zu jedem Datentyp, den sein Wörterbuch enthält, durchgängig eigene Spezialuntersuchungen

anzustel-

len. Nein, er ist - und das nicht nur in bezug auf Informationen zur Rechtschreibung, Aussprache oder Herkunft, sondern auch in bezug auf den semantischen Kommentar - auf die Nutzung und Auswertung von Quellen angewiesen, die ihm die erforderlichen Fakten - wenn auch meist noch nicht für seine Zwecke aufbereitet auf rationelle Weise liefern, so daß er sie aufgrund seiner lexikographischen Kompetenz verwerten kann. Im Hinblick auf die paradigmatische semantische Wortschatzrelation der Synonymie werden ihm die vorliegenden allgemeinen einsprachigen Wörterbücher wegen ihres inkonsequenten und unsystematischen Umgangs damit nur bedingt nützlich sein. Also wird er sich an solche Wortschatzdarstellungen halten, die onomasiologisch vorgehen und versuchen, inhaltliche Organisationsprinzipien des Wortschatzes

aufzudecken.

Das sind vor allem die Wörterbücher, die den Wortschatz nach Sinnund Begriffsgruppen bzw. Sachgruppen anordnen, sowie die eigentlichen Synonymwörterbücher. Die sog. Begriffswörterbücher wie die von Dornseiff oder Wehrle-Eggers können aufgrund ihrer Konzeption nur eine erste, grobe Orientierung bieten, denn sie bilden nicht semantische Strukturen des Lexikons ab, sondern folgen "einem apriorischen Klassifikationssystem

..., das sie in den WS Q= Wort-

schatz. D.H.3 hineinlegen, um es darin wieder zu entdecken", d. h., "das Gliederungsprinzip orientiert sich ausschließlich an außersprachlichen Kriterien, denen WS-elemente zugeordnet werden"

109 (Viehweger 1986/87: 211). Neuerdings hat sich Agricola (1987) kritisch mit diesem Konzept auseinandergesetzt und die nur sehr bedingte Brauchbarkeit solcher Wortschatzsammlungen

für die

lung semantischer Strukturen im Wortschatz nachgewiesen. wir die Probe aufs Exempel und greifen wir auf unser tionsbeispiel

ErmittMachen

Demonstra-

zurück.

Im "Deutschen Wortschatz" von Wehrle-Eggers werden wir im alphabetischen Teil bei Weltall auf die drei Begriffsgruppen und bei Weltraum auf die beiden Begriffsgruppen

50.180.318

180. 318 im syste-

matischen Teil verwiesen. Dort finden wir unsere Leitwörter folgende Rahmen und Reihen Α

Begriffliche

[• · Ο

in

eingebettet:

Beziehungen

III. Meßbare Größe [.··]

(Quantität)

d) Bestimmte Quantität

(Einzelgröße)

50. Ganzes a) Ganzes. Alles, das Ganze. Ganzheit

. ·3

Individuum.

(unteilbare) Persönlichkeit. Orga'nismus. G. Weltall. Kosmos 318

£...]

Β

Raum

I.

Raumvorstellungen 180 (Der nichtumschriebene) a)

. .J

unendlicher Raum.

Unermeßlichkeit.

Raum Unendlichkeit.

Weltraum. All. Weltall.

'Kosmos G. Makrokosmos G. Schöpfung

Unbegrenztheit. Uni versum L.

Himmel,

Firma'ment L. leerer Raum. I n t e r s t e l l 1 a r r a u m

'Äther G. L.

110

c

Stoff

I. Grundbegriffe 318 Welt a) Welt. Weltall. Weltgebäude. Schöpfung. Uni'versum

L.

'Kosmos G. Makro'kosmos G.

Γ...1 Himmel. Himmelsraum. Weltraum 180. Firma'ment L. Himmelsgewölbe. Himmelszelt. Himmelsdom.

Luft.

'Äther G. 338. E m p y 1 r e u m G. Himmelreich 981 Die jeweils eingerahmten Reihen stehen zwischen auf mittlere Zeilenhöhe gestellten Punkten, d. h., es handelt sich laut "Einführung" (XIV) innerhalb der größeren Abschnitte um "dasjenige Wortgut

..., das die engste Sinnverwandtschaft hat". Und

da ergeben sich, wie man sieht, ganz unterschiedliche

Sinn-

Verbindungen, je nachdem, ob man ein Lexem wie Weltall unter dem begrifflichen Dach der meßbaren Quantität des Ganzen, des

(nicht-

umschriebenen) Raumes oder des stofflichen Grundbegriffes

Welt

einordnet. Als grob vorsortierter Materialfundus ist das Buch verwendbar, jedoch muß der Lexikograph das Angebot auf lisch-semantische Bezüge hin sehr kritisch

lexika-

sichten.

Ähnliches gilt auch für das Wörterbuch sinnverwandter

Aus-

drücke "Das treffende Wort" von K. Peltzer, das zwar die für die Benutzer nachteilige Struktur des (alphabetischer Teil, systematischer

Begriffswörterbuches Teil) durch

eine

alphabetische Gliederung ersetzt, jedoch bei den einzelnen mata ebenfalls eine Fülle nicht weiter geordneten oder

tierten Wortgutes bringt, aus dem man sich je nach Bedarf dienen soll. Unsere HDG-Lexeme tauchen unter drei in folgender Umgebung All

Stichwörtern

|Universum,

, Weltenraum, Weltgebäude, Sternenhimmel,

das Weltganze.

be-

auf:

|Kosmos |Kosmos|, I, Makrokosmos, Natur, Schöpfung, Weltall

Lem-

kommen-

Welt|

Himmel,

Ill Kosmos

All, Weltall, Welt

, Weltenraum,

Universum

Schöpfung, Weltgebäude, Unendlichkeit,

, Natur,

Makrokosmos,

Weltkreis, weltball, Weltkörper, Weltkugel.

—»All,

Welt Welt

Globus,

Kosmos , Makrokosmos, Mitwelt,

Schöpfung, Universum,

Weltall ; Himmelsraum,

Erde, Sphäre, Weltgebäude, Weltkugel, Himmel, Leben

. J

Natur,

— >

Weltkörper,

All

Auch hier bedarf es der gründlichen Sichtung des

präsentierten

Materials, um wirkliche Synonyme von Hyperonymen, Hyponymen und sachverwandten Ausdrücken sowie Peripheres von Zentralem zu scheiden. Der zentrale Begriff Weltraum kommt ζ. B. bei

Peltzer

überhaupt nicht vor! Wesentlich besser als Informations- und Materialquelle

geeig-

net sind neuere, mit einem strengeren Synonymbegriff

arbeitende

Synonymwörterbücher wie ζ. B. die von Görner/Kempcke

(1973 und

1987). Das erste, umfangreichere verfährt dabei großzügiger das neuere, noch strenger auswählende und zuordnende

als

"Kleine

Synonymwörterbuch". In der groGen Ausgabe von 1973 wird die gesamte Gruppe dem Grundsynonym Weltall

unter

abgehandelt:

Weltall, das: All · Kosmos • Universum • Makrokosmos · [kosmischer] R a u m · Weltraum · Himmelsraum 4- Unendlichkeit · dicht: Weltenall; f auch Himmel (I)

In der kürzeren Fassung von 1987 sind zwei Grundsynonyme setzt : Weltall: All • K o s m o s • Universum Makrokosmos ο Weltraum • W e l t r a u m : [kosmischer] R a u m · Unendlichkeit ο Weltall

ange-

112 Das Ergebnis ist hinsichtlich der Differenzierung und der

berück-

sichtigten Glieder der Reihe fast identisch mit der vom HDG vorgenommenen Auswahl und den von uns vorgeschlagenen

Zuordnungen.

Dieser kurze Überblick über wesentliche Typen von phischen Hilfsmitteln, die dem an einem allgemeinen wörterbuch arbeitenden Lexikographen in bezug auf

lexikograBedeutungs-

Informationen

zur paradigmatischen Relation Synonymie zur Verfügung

stehen,

legt die Empfehlung nahe, ein oder mehrere moderne, nach einer relativ strengen Synonymauffassung erarbeitete

Synonymwörterbü-

cher zu Rate zu ziehen, damit die notwendigen Zuordnungen

und

Verzahnungen mit einem vertretbaren Zeitaufwand auf dennoch läßliche Weise vorgenommen werden

ver-

können.

3.

Antonymie

3.1

Skizze der Problemlage und des

Forschungsstandes

Eine andere paradigmatische Relation im Wortschatz, die graphisch zur Vervollständigung und Abrundung der

lexiko-

Bedeutungs-

beschreibung genutzt wird, ist die des Gegensatzes oder der Opposition, die auf den Begriff der

Antonymie

gebracht

kann. Mit der Aufnahme von Antonymen in den semantischen tar von Wörterbuchartikeln

werden Kommen-

im allgemeinen Wörterbuch wird auf

andere Weise dasselbe Ziel wie mit der Angabe synonymischer drücke verfolgt: lexikalisch-semantische

Aus-

Beziehungen im Wort-

schatz aufzudecken, für die Erläuterung des Lemmas (bzw. eines seiner Sememe) heranzuziehen und für den Benutzer verfügbar zu machen. Trotz dieser Übereinstimmung

in der Grundfunktion

der

Verwendung von Synonymen und von Antonymen im Wörterbuchartikel bringt der unterschiedliche Status der jeweils

repräsentierten

semantischen Beziehungen unterschiedliche Anforderungen an ihre Einbeziehung ins Wörterbuch mit sich. Auf einige wesentliche sichtspunkte der Berücksichtigung

von antonymischen

im semantischen Kommentar allgemeiner einsprachiger soll im folgenden eingegangen

Ge-

Ausdrücken Wörterbücher

werden.

Es ist eine seit längerem bekannte und besonders von der turellen Linguistik betonte Tatsache,

"daß binäre Opposition

strukeines

der wichtigsten Prinzipien ist, die die Struktur der Sprachen re-

113 ge1η; der offensichtlichste Ausdruck dieses Prinzips ist - was den Wortschatz angeht - die Antonymie" (Lyons 1977; 1980:

282).

Jenseits dieser allgemein akzeptierten Feststellung beginnen aber sofort die Probleme, denn es ist "schwierig oder sogar

unmöglich,

allgemeingültige innersprachliche Kriterien zur Bestimmung

von

Antonymiepartnern zu finden" (Agricola 1969; 1972: 81), und es besteht keine einheitliche Auffassung darüber, ob mit dem der

Begriff

'Antonymie' alle Arten des lexikalischen Gegensatzes oder nur

bestimmte gefaßt werden sollen und welche anderen Typen von Oppositionen ggf. außerdem anzunehmen und wie sie zu bezeichnen Daraus ergeben sich zwangsläufig Unklarheiten darüber,

sind.

welche

Arten von Gegensatzpaaren im allgemeinen Wörterbuch zur

Erfüllung

der o. g. Funktion zu berücksichtigen und welche entbehrlich Unsicherheiten bei der Bestimmung des Status dieser

sind.

paradigmati-

schen Wortschatzrelation sind wohl auch mitverantwortlich

dafür,

daß es bis 1977 gedauert hat, ehe ein Antonymwörterbuch der deutschen Sprache (Agricola/Agricola

1977) erschienen ist, und daß

einige neuere allgemeine Wörterbücher

auf die Angabe von

Antonymen

im semantischen Kommentar ihrer Artikel völlig verzichten

(vgl.

з.2). Es ist hier nicht der Ort, in die linguistische Diskussion um die Begriffsbestimmung

der Antonymie einzugreifen

(vgl. dazu

и. a. Müller 1963, Böhnke 1972, Agricola 1969; 1972,

Agricola/

Agricola 1977, Probleme 1977, Lyons 1977; 1980, Geckeier

1980,

Schmidt 1986). Für unsere Untersuchungen legen wir die von Agricola/Agricola

(1977) und in Probleme (1977) getroffenen

teilungen zugrunde, nach denen die einschlägigen entweder Ausdruck einer semantischen semantischen

Opposition

Polarität

oder einer

(Kontrast) sind. Das engere,

gere Verhältnis ist das der Polarität:

Ein-

Relationstypen

"Paradigmatische

stren-

Polarität

erweist sich als symmetrische Relation zweier Sememe, die sich gegenseitig widersprechen im Sinne von alternativen Aussagen, die sich gegenseitig als Gegensätze bedingen" (Probleme 1977:

336),

während der Begriff der semantischen Opposition allgemeiner, ter ist. In Anlehnung an Agricola/Agricola kann man die

wei-

folgenden

vier Gruppen von Gegenwortpaaren bilden, "die sich im Grad der Exaktheit der Gegensatzrelation unterscheiden, d. h. nach der Strenge der Polarität, der wechselseitigen Bedingtheit und Aus-

114 schließlichkeit, der gegenseitigen Erschließbarkeit (1977:

usw."

18):

(1) Konversivität, d. h. die "Beziehung zwischen zwei

Bedeutungs-

einheiten (der Wortart Verb), von denen die eine die

semanti-

sche Umkehrung der anderen darstellt; ein und dieselbe lung wird unter Beibehaltung derselben Beteiligten

Hand-

(Aktan-

ten) von verschiedenen Standpunkten aus gesehen und

bezeich-

net; beides kann sich nur zugleich ereignen oder nicht ereignen

. . .

mieten

: vermieten; geben

: erhalten; gewinnen

Hierzu sind auch bestimmte Verbalsubstantive die genannten Bedingungen Steigung

: Gefalle

: verlieren

...

zu rechnen, die

erfüllen

(ein und dieselbe Straße)

..."

(18).

(2) Komplementarität, d. h. die "Beziehung zwischen zwei

gegen-

sätzlichen Bedeutungseinheiten, die sich wechselseitig

zwin-

gend bedingen und ergänzen, die in der Relation des ausschließenden "Entweder - oder" zueinander stehen; der Gegensatz ist (bei Adjektiven) nicht graduierbar, und es gibt im Regelfall keine Zwischenstufen oder sie werden nicht in Betracht gezogen Ebbe

: Flut; Inland

verdampfen (3) Antonymie

: Ausland;

: kondensieren"

. . . männlich

: weiblich;

...

(18/19)

(im eigentlichen Sinne): d. h. die "Beziehung

schen zwei Bedeutungseinheiten, die in betontem

semantischem

Gegensatz zueinander stehen, die das Gegenteil ihrer tungen voneinander bilden, ohne daß sie sich

zwi-

Bedeu-

wechselseitig

notwendig bedingen und ohne daß von der einen in jedem Fall eindeutig auf die andere geschlossen werden kann Gegensatz ist (bei Adjektiven) graduierbar;

...; der

Zwischenstufen

oder zumindest eine "neutrale" Bedeutungseinheit

zwischen den

gegensätzlichen Polen sind meist vorhanden oder können umschrieben werden . . . bevorzugen : [gerecht behandeln] heiß

: [warm

: lau]

: kalt

: benachteiligen;

...

längs

: [schräg, diagonal]

: quer

Krieg

: [Waffenstillstand]

: Frieden

115 In manchen Fällen, besonders bei den Beziehungen

zwischen

qualitativen Adjektiven, liegen die beiden Pole nicht tig fest, d. h., aus der geordneten Reihung von

eindeu-

Bedeutungs-

einheiten, die eine Art von Skala darstellt, lassen sich unterschiedliche, genügend weit voneinander und vom

"Nullpunkt"

entfernte Einheiten als Gegensatzpaare konstituieren oder sequentielle Antonyme) glühend

: kochend

: heiß

(skalare

. . .

: warm

: lau

: kalt

: eiskalt

Über die Zugehörigkeit bestimmter Paare von Verben (und ihrer Substantivierungen),

die das Merkmal "Schaffung

ter Zustände" haben, zur Gruppe 3 besteht kein öffnen

: schließen; heben

: senken;

entgegengesetzZweifel

... Verbreiterung

: Ver-

engung Dagegen wird die Zuordnung einer anderen, nicht geringen Anzahl von Wortpaaren zur Antonymie i. e. S. nicht beurteilt

einhellig

... Es handelt sich um solche, deren Merkmal mit

"Beendigung eines Zustands (oder Prozesses) und Beginn neuen, qualitativ anderen" beschrieben werden kann produzieren Wunsch

: verbrauchen; verlieren

: Erfüllung

: finden;

...

" (19/20)

Die Typen (1) bis (3) repräsentieren konventionell polare Wortpaare;

eines

...

gewordene

"sie werden im Sprachgebrauch im allgemei-

nen so empfunden und verwendet"

(20). Das, was man als Oppo-

sition im allgemeineren betrachten kann, stellen Agricola in einer vierten Gruppe (4) Fakultative Gegenwortpaare "Bedeutungseinheiten

Agricola/

zusammen:

(Kontrast im allgemeinen), d. h.

..., die an sich weder rein polar noch

skalar miteinander verbunden sind, also nicht eigentliche deutungsumkehrungen oder - g e g e n t e i l e voneinander

darstellen.

Wenn der Bedeutungsabstand genügend groß und eine übergeordnete Bedeutung erkennbar

gemeinsame

ist, können sie als Gegen-

wörter beurteilt, unter Umständen als fester Bestandteil Wortschatzes aufgenommen zweihändig

: vierhändig

(Ziffern)

... Triebwagen

messen

Be-

des

werden (Klavierspiel); römisch : Anhänger

: arabisch

(Straßenbahnzug);

: [ablschätzen (Größenermittlung)

" (20).

116 Bevor wir auf dem Hintergrund dieser Klassifizierung und im Anschluß an eine Analyse der gegenwärtig herrschenden

lexikographi-

schen Praxis Möglichkeiten und Grenzen der Einbeziehung der Antonymie-Relation in diesen Wörterbuchtyp diskutieren (vgl. 3.3), ist ein kurzer Blick auf die Erörterung dieses Problems in der Fachliteratur zu werfen. Die semantische Wortschatzrelation der Antonymie hat die Linguisten deutlich weniger beschäftigt als die der Synonymie, und die zahlreichen offenen Fragen in bezug auf diese Erscheinung sind zweifellos mitverantwortlich dafür, "daß die fundamentale Wichtigkeit der Antonymie für die Wörterbucharbeit nur zum Teil erkannt wurde" (Geckeier 1980: 64). Außer in Handbüchern zur Lexikologie wird darauf nur in relativ wenigen Untersuchungen eingegangen. Zumeist wird die Antonymie als eine unter mehreren semantischen Relationen behandelt (ζ. B. Agricola 1969; 1972 und 1983, Probleme 1977, Lyons 1977; 1980), selten ist sie alleiniger Gegenstand der Untersuchung wie bei Böhnke (1972) oder Geckeier (1980). Entsprechend rar sind Äußerungen über das Spezialproblem der Behandlung von Antonymen in allgemeinen Wörterbüchern; aus neuerer Zeit und in bezug auf unseren Gegenstand - allgemeine einsprachige Wörterbücher des Deutschen - sind die wörterbuchkritischen Beiträge zum BW von Wiegand/KuCera (1981), von Agricola (1982a) und von Agricola u. a. (1983), die diesbezüglichen Bemerkungen bei Schmidt (1986) und in Studien (1987) sowie neuestens der Artikel "Die Antonyme im allgemeinen

einsprachigen

Wörterbuch" im internationalen Handbuch "Wörterbücher"

(Müller

1989) zu nennen. Müller (1989: 633) benennt das bestehende Manko: "überall Lücken, undifferenzierte Bedeutungsgliederung,

Inkonse-

quenzen und Fehlentscheidungen, weil der theoretische Vorlauf und die Aufstellung einer Typologie der Antonyme fehlen." Diese Forschungslage und die daraus folgende Unsicherheit in der Wörterbuchpraxis sind nicht nur für die besondere Ausdehnung des Antonymieabschnittes in unserer Studie ausschlaggebend, sondern sie waren auch der Grund für Schmidt (1986), sich dieser Problematik im Abschnitt "Definition durch Antonyme" (65-71) relativ ausführlich zu widmen. Schmidt wählt im Unterschied zu Agricola/ Agricola "eine Einteilung, die Wortbildungskriterien mit semantischen Kriterien verknüpft und der unterschiedlichen

allgemein-

117

sprachlichen Funktion der lexikalischen Antonyme

. . . besser ge-

recht wird als die nach primär logischen Gesichtspunkten differenzierenden Einteilungen" (1986: 66). Sie umfaßt 3 Gruppen: (1) Gegensatzwörter ohne gesonderte lexikalische Anzeige der Polarität (ζ. B. dick : dünn; groß : klein; Leben : Tod; lieben : hassen), (2) Gegensatzwörter mit gesonderter lexikalisierter Anzeige der Polarität bei beiden Partnern (ζ. B. abwesend : anwesend ; Ausland : Inland; erdnah : erdfern) und (3) Gegensatzwörter mit gesonderter lexikalisierter Anzeige der Polarität bei nur einem Partner (ζ. B. anständig

: unanständig; Schuld : Un-

schuld) . In bezug auf die Einbeziehung ins allgemeine Wörterbuch plädiert Schmidt dafür, die Partnerwörter des Kernbestandes seiner Gruppe (1) "ohne Bedenken wechselseitig" (66) zu nennen. "Die Nennung der antonymischen Partnerwörter trägt in diesen Fällen nicht nur zur gegenseitigen Bestimmung der Bedeutungen bei, sondern sie dient auch der lexikographischen

Dokumentation

wesentlicher systematischer Bedeutungsrelationen, die ohne die gezielte Nennung lexikographisch nicht repräsentiert wären, da ihnen ein gesonderter lexikalisierter Ausdruck - wie er in den folgenden Gruppen gegeben ist - fehlt" (66/67). Die "gesonderte Lexikalisierung der Polarität" in den Gruppen (2) und (3) macht nach Meinung Schmidts "die lexikographische Nennung der Antonyme beim jeweiligen Partnerwort für diese Gruppe[n] in der Regel weniger wichtig oder sogar überflüssig, weil die Behandlung der polarisierenden Funktion der Grund- und Bestimmungswörter

(auch

der Präfixe) ohnehin an der Stelle der Simplicia erfolgen muß und die ausdrückliche Nennung derartiger Gegensatzwörter

. . . ge-

wöhnlich keine bedeutungserhellende Funktion für das zugehörige Partnerwort im Lexikon hat" (67). Hier erscheint uns aus dem im Prinzip richtigen Bestreben, "eine lexikographische Behandlung nach leicht praktizierbaren Gesichtspunkten" zu empfehlen (71), der Wert antonymischer Angaben ζ. B. für Nichtmuttersprachler auch aus den Gruppen (2) und (3) zu gering veranschlagt. Einem so rigorosen Ausschluß einzig aufgrund des Wortbildungskriteriums möchten wir jedenfalls nicht zustimmen, sofern es sich um usualisierte Gegensatzpaarungen vom Schlage Export : Import, Mikrokosmos : Makrokosmos, abwesend : anwesend usw. handelt.

118 Die Wörterbuchautoren erlegen sich in den

Wörterbucheinleitun-

gen allergrößte Zurückhaltung auf, und lediglich zur Praxis im WDG gibt es etwas ausführlichere Stellungnahmen Klappenbach/Malige-Klappenbach

(WDG-Vorwort

und

1978).

Seit 1977 existiert - wie oben erwähnt - das erste und bisher einzige Antonymwörterbuch für das Deutsche, dem die Autoren cola/Agricola eine "Einführung

Agri-

in Probleme der Definition und der

Auswahl von Gegenwörtern" vorangestellt haben. Aber auch diese verbesserte Situation der Aufbereitung

von Wortmaterial hat sich

bislang nicht auf die Qualität der Antonymdarstellung

in allge-

meinen Wörterbüchern ausgewirkt. Dazu kommt, daß zwei der allgemeinen Wörterbücher - DUW und HDG - derartige

neueren

Informationen

von vornherein nicht vorsehen. Das folgende Kapitel wird

versu-

chen, die Funktion von Antonymen im allgemeinen Wörterbuch zu bestimmen und die bisherige Praxis in den 10 untersuchten

Wörter-

büchern dazu in Beziehung zu setzen.

3.2

Zur Funktion und zur Darstellung von Antonymen im allgemeinen einsprachigen

Wörterbuch

Während die Angabe von Synonymen die Bedeutungserklärung

eines

Lexems/Semems in direkter Weise stützt - handelt es sich doch um bedeutungsgleiche oder zumindest bedeutungsähnliche Ausdrücke -, vermag das die Anführung von Gegenwörtern nur auf indirekte

Weise,

denn sie sind nicht andere Ausdrücke für die Bedeutung des Lemmas, sondern Ausdrücke für eine andere Bedeutung. Freilich handelt es sich nicht um eine irgendwie, beliebig kontrastierende sondern Antonyme "müssen trotz ihrer markanten denheit gemeinsame Bedeutungsmerkmale

Bedeutung,

Bedeutungsverschie-

haben, um überhaupt

ander in Beziehung gesetzt zu werden" (Agricola/Agricola d. h., es ist notwendig, "daß die jeweiligen

mitein1977: 6),

differenzierenden

Komponenten von gleicher Qualität sind und auch im gleichen hältnis zur gemeinsamen Invariante stehen" (Probleme 1977:

Ver337).

Die Angabe von antonymen Ausdrücken kann mithin durchaus zur genaueren Erfassung von Bedeutungen beitragen, indem sie - über die Vermittlung von Erkenntnissen zur Struktur des Wortschatzes hinaus - der Präzisierung einer umschreibenden

Bedeutungsexplika-

119 tion besonders dadurch dient, daß sie "das Erkennen von

feineren

Bedeutungsnuancen eines Wortes anhand der unterschiedlichen deutungen seiner Gegenwörter"

(Agricola/Agricola

Be-

1977: 6) ermög-

licht. Anders gesagt: Das angeführte Antonym zu einem Lemma bzw. zu einem seiner Sememe kann - sofern es dem Benutzer bekannt ist semantisches Wissen aktivieren, das die zuverlässige

Bedeutungs-

erfassung des Lemmas zu unterstützen vermag, indem sich der Benutzer über den Umweg des Gegensinns seines richtigen

Bedeutungsver-

ständnisses versichern kann.. Diese Funktion legt die von Antonymen in den semantischen Kommentar

Einbeziehung

insbesondere von Ler-

nerwörterbüchern'''^ nahe, zumal zusätzlich - und das gilt für alle allgemeinen Wörterbücher - in gewissem Umfang

Hilfestellungen

für die Textproduktion gegeben werden. Nicht immer ist das Antonymwörterbuch zur Hand, so daß ein diesbezügliches

Informationsange-

bot im allgemeinen Wörterbuch dem Benutzer dort willkommen wird, "wo die Wortform zur genauen Darstellung eines gegensatzes

sein

Bedeutungs-

... nicht bekannt ist, wo ihre Wahl problematisch

oder

zweifelhaft ist, wo schwankender Gebrauch vorliegt oder wo dem formalen Gegensatz der Wortbildungsmittel nicht die antonymische Bedeutung entspricht", um die bei

(1977: 7) formulierte Beschreibung von denkbaren sen

gemeinte

Agricola/Agricola Benutzungsanläs-

aufzugreifen. Mindestens drei Gründe sprechen demzufolge dafür, Antonyme im

allgemeinen einsprachigen Wörterbuch zu berücksichtigen: lichmachung und Vermittlung einer grundlegenden Beziehung im Wortschatz; die Ausnutzung der

die Kennt-

makrostrukturellen

bedeutungserhellenden

Potenz des gegensätzlichen Ausdrucks zu einem Lexem/Semem; Angebot von Gegenwörtern für bestimmte sprachpraktische

das

Benutzungs-

situationen, wie sie ähnlich auch für Antonymwörterbücher

angenom-

men werden. Es dürfte einleuchten, daß die Darstellung von Antonymen im allgemeinen Wörterbuch diesen Aufgaben nur dann gerecht

werden

kann, wenn sie möglichst systematisch, vollständig und nach überprüfbaren Kriterien vorgenommen sowie in der

Wörterbucheinleitung

verständlich eingeführt wird. Eine - wenn auch knappe - kritischvergleichende Analyse der Praxis in den 10 geprüften

Wörterbüchern

soll den erreichten Stand erhellen und zugleich Ausgangspunkt für Verbesserungsvorschläge

sein.

120

Zur Prüfung der Wörterbuchpraxis wurde die folgende

Methode

angewandt: Ausgehend von der Annahme, daß in der "Einführung Probleme der Definition und der Auswahl von Gegenwörtern" Agricola/Agricola

(1977: 14-25) zur Illustration

in

von

insbesondere

der vier angenommenen Typen von Bedeutungsgegensätzen

jeweils

typische Wortpaare gewählt worden sind, haben wir dieser

Einfüh-

rung insgesamt 60 Beispielpaare entnommen und untersucht, ob und ggf. auf welche Weise sie in den 10 allgemeinen

Wörterbüchern

berücksichtigt worden sind. Im Mittelpunkt stand naturgemäß Frage: Welche der vier Typen von Gegensatzwörtern werden

die

bevor-

zugt berücksichtigt und welche werden in Wörterbüchern kaum oder gar nicht widergespiegelt? In die Prüfung einbezogen waren verständlich die Wörterbucheinleitungen,

den, ob sie dem Benutzer die jeweils angewandte Praxis erläutern. Die Erhebungen lassen - bei entsprechender hung von vorliegenden wörterbuchkritischen Wiegand/Kuöera

ausreichend Einbezie-

Veröffentlichungen

wie

(1981), Agricola (1982a) und Agricola u. a. (1983) -

eine Reihe von Verallgemeinerungen

3.2.1

selbst-

die darauf befragt wur-

zu.

Im Unterschied zu den Synonymen (vgl. 2.2) haben Antonyme

- sofern sie verzeichnet wurden - schon immer formal ihren von der umschreibenden Bedeutungserklärung

deutlich gesonderten

Platz

innerhalb des semantischen Kommentars erhalten. Das ergibt sich zwangsläufig daraus, daß Antonyme nicht wie Synonyme als etwas Gleichbedeutendes entweder zur Explikation hinzugesetzt oder wie eine Explikation verwendet werden können, sondern daß sie als Ausdrücke mit einer der Lemmabedeutung entgegengesetzten

Bedeu-

tung mit jener zwar semantisch in Beziehung stehen, aber eben eine andersgeartete

Information liefern - die des

Bedeutungsgegen-

satzes. Eine sogeartete Information ist aber nicht anders als deutlich durch ein Kommentarsymbol abgesetzt - und somit als makrostrukturelle Relation besonderer Art kenntlich gemacht in den semantischen Kommentar

einzubringen.

Als Kommentarsymbol wird übereinstimmend die Abkürzung

für

"Gegensatz" verwendet, jedoch graphisch leicht variierend. einstimmend ist auch die Position unmittelbar hinter der tungserklärung eines Semems:

Über-

Bedeu-

121 (1) Minimum (2) Minimum

[...] [···]

Mindestmaß, Ggs. Maximum:

£···]]

(WDG)

kleinster Wert, kleinste Menge,

Größe;

Ggs. Maximum; (3) Minimum

. .J

£...]]

(Knaur)

kleinster Wert, kleinste Größe, Stand (ζ. B. des Luftdrucks);

niedrigster

Mindestmaß;

Geringfügigkeit; Ggs.: Maximum;

..J (Wahrig)

(4) Minimum

Ε···3

1 kleinster, niedrigster Wert; Ggs. Maximum (dtv-Wahrig) geringstes, niedrigstes Maß /Ggs.

(5) Minimum

. .J (6) Minorität

[. .

Maximum/:

(Duden-Bedeutungswörterbuch)

Minderheit, Minderzahl, die sich für od. gegen etw. entscheidet

(Ggs.:

Majorität):

[•...]

(Duden-GWDS)

Davon wird nur bei untergliederten Artikeln abgewichen,

sofern

ein und dasselbe Antonym für alle Sememe gültig ist; dann tritt die Angabe des Gegensatzes ζ.

vor

sämtliche

Bedeutungserklärungen,

B.

(7) Minimum

[. . J

(8) Minimum

[•••3

Ggs. Maximum 1

. J

2

(Ggs.: Maximum): 1. [. .

.

3

2.

[...]

[··.] (BW)

(Duden-GWDS). Im Rahmen dieser positionellen Übereinstimmung bis (6) belegen - einige Unterschiede

fallen - wie (1)

in der Ausführung

dieses

Textbausteins im einzelnen auf. Sie beziehen sich auf die Art der Abkürzung

(Ggs., Ggs, auch mit folgendem Doppelpunkt:

Ggs.:),

des Anschlusses an die uBE (mit Komma, mit Semikolon oder ohne abgrenzendes Satzzeichen), der Schriftart (dieselbe wie die uBE, eine andere Schriftart als die uBE,

Schriftart

gemischte

Schriftart) und der Abhebung durch andere graphische

Mittel

(Einschluß in Schrägstriche oder in runde Klammern). Die Extreme in der Gestaltung dieses Bausteins liegen einerseits beim WDG, andererseits bei Duden-GWDS und Duden-Bedeutungswörterbuch.

Wäh-

rend die beiden letztgenannten Wörterbücher durch die Art des An-

122

schlusses, die Schriftart und die besondere graphische Abhebung durch den Einschluß in Schrägstriche bzw. runde Klammern den andersgearteten Status dieser Information gegenüber der uBE auch optisch unterstreichen, verfährt das WDG in entgegengesetzter

Weise.

Durch das mit Komma unmittelbar und in ein und derselben Schriftart (für Abkürzung und gegensätzlichen Ausdruck!) an die uBE angeschlossene Antonym wird diese Angabe gleichsam direkter Bestandteil der uBE und unterscheidet sich von der Angabe von Synonymen lediglich durch das davorgesetzte Ggs. Das entspricht der Konzeption des WDG, nach der "das gegensätzliche Wort" als eine - nach der umschreibenden Deutung oder Erklärung und dem sinnverwandten Wort oder Synonym - "dritte Möglichkeit, das Stichwort semantisch zu charakterisieren" betrachtet wird; daher "erscheinen nur solche, die zur weiteren Klärung der Bedeutung dienen" (WDG: 09). Der Status der Antonymie als einer makrostrukturellen tion geht hier, da sie

ausschließlich

Systemrela-

in ihrer Hilfs-

funktion für die Bedeutungserläuterung gesehen wird, auch optisch unter. Nach der Erörterung von formalen Fragen der Stellung antonymischer Angaben innerhalb der Artikelarchitektur, gehen wir im folgenden (3.2.3 und 3.2.4) auf die inhaltliche Füllung dieses Textbausteins ein. Zuvor in 3.2.2 aber einige quantitative Feststellungen .

3.2.2

Von den 10 untersuchten Wörterbüchern sehen 8 die Angabe

von Antonymen vor. Die Tatsache, daß Duden-DUW und HDG im Unterschied zu ihren sechsbändigen Vorläufern (Duden-GWDS, WDG) ohne die Angabe von Begründungen darauf verzichten, stimmt nachdenklich. Offensichtlich waren die bisherigen, aufgrund des unzureichenden theoretischen und praktischen Aufbereitungsstandes der Antonymenproblematik unbefriedigenden lexikographischen se der Grund für diese völlige Enthaltsamkeit. 1

Ergebnis-

Dennoch haben

sich andere Wörterbücher nicht davon abhalten lassen, die lexikalisch-semantische Relation der Antonymie als onomasiologischen Bestandteil des semantischen Kommentars einzubeziehen. Dies geschieht freilich in unterschiedlichem Umfang und mit unterschiedlicher Präzision. Legt man die Berücksichtigung der 60 Antonym-

123 paare aus der Agricola/Agricola-Einleitung

für eine

allgemeine

quantitative Aussage zugrunde, so ergibt sich folgendes

Bild:

Von den 60 Wortpaaren werden nur 30 (also 50 %) mindestens

ein-

mal in den 8 in Frage kommenden Wörterbüchern als Antonyme

ge-

kennzeichnet. Nach der absoluten Vorkommenshäufigkeit

liegen

die sechsbändigen Duden-GWDS (20) und BW (19) an der Spitze; es folgen Wahrig, WDG (je 16), Knaur, (je 14) und dtv-Wahrig

Duden-Bedeutungswörterbuch

(13). Das Schlußlicht bildet Mackensen

mit deutlicher Distanz: Er verzeichnet lediglich einen (!) der 60 gegensätzlichen Ausdrücke, und selbst diesen nur bei einem der beiden Stichwörter. Korreliert man jedoch die Zahl der

gebuchten

Antonympaare mit der Gesamtstichwortzahl des betreffenden

Wörter-

buchs, so ergibt sich eine ganz andere Reihenfolge - und sie ist das eigentliche Vergleichsmaß zur Beurteilung der

Antonymie-Berück-

sichtigung. Unter Zugrundelegung der Lemmabestandsangaben Schaeder

(1987: 87) - für Knaur gilt die auf dem Einband

bei angege-

bene Zahl - ergibt sich die folgende Reihe mit abnehmendem mie-Anteil: dtv-Wahrig

(13 : 16 000),

(14

: 24 000), WDG (16

: 85 000), Wahrig

(14

: 85 000), Duden-GWDS (20

Antony-

Duden-Bedeutungswörterbuch (16

: 100 000), Knaur

: 160 000), BW (19 : 220

000),

Mackensen (1 : 150 000). Selbst diese nichtrepräsentative

Stich-

probe läßt auf den ersten Blick erkennen, daß relativ zum Lemmabestand die kleineren einbändigen Wörterbücher mehr Antonyme

ver-

zeichnen als die umfangreicheren; und BW bildet - sieht man von dem undiskutablen Fall Mackensen ab - trotz des absoluten wertes unter diesem Gesichtswinkel den Schluß. Der relativ

Höchsthohe

Anteil von Antonymen in den kleineren Wörterbüchern ist um so höher zu bewerten, als in ihnen eine Reihe der überprüften wörter gar nicht enthalten ist; anderenfalls hätte der tuale Anteil sogar noch höher ausfallen

3.2.3

Stich-

prozen-

können.

Auf die Frage, welche Typen von Gegenwörtern die einzel-

nen Wörterbücher berücksichtigt haben, erwartet man weise Aufschluß aus den Wörterbucheinleitungen

natürlicher-

(WE). Aber - wie

in bezug auf zahlreiche andere lexikographische Datentypen ist das

Ergebnis auch in diesem Fall überwiegend

Die meisten der WE geben keine Erläuterung

ihrer

enttäuschend. Verfahrensweise,

124

so daß man die jeweils geübte Praxis nur aus der Untersuchung des Wörterverzeichnisses selbst entnehmen und daraus Rückschlüsse auf eventuell zugrunde gelegte Auswahlkriterien ziehen kann. Einen - wenn auch knappen - qualifizierenden Hinweis geben nur WDG und - in unterschiedlicher Weise - die Wahrig-Wörterbücher. Die bereits in 3.2.1 zitierte vage Aussage des WDG-Vorwortes, daß nur solche Gegenwörter gebracht würden, "die zur weiteren Klärung der Bedeutung dienen" (09), bekommt kaum deutlichere Kontur durch die etwas ausführlicheren Äußerungen dazu in Klappenbach/Malige-Klappenbach (1978: 22f.), wo es heißt: "Es ist unbezweifelbar, daß es Wortgegensätze gibt (anwesend - abwesend) und Sinngegensätze (Freund - Feind; Berg - Tal; einschlafen - aufwachen) ... Ruth Klappenbach hat sich sehr bald dazu entschieden, in wohlabgewogenem Umfang und keineswegs sklavisch

Wort-

gegensätze auswahlweise zu bringen. Also erscheint im Ζ bei zuknoten, Gegensatz aufknoten, und ganz ähnlich bei zuknöpfen, zukorken , zumachen". Hier kann der Eindruck entstehen, daß im WDG vorzugsweise sog. " W ο r t g e g e n s ä t z e " , nicht aber

"Sinngegensätze"

angeführt würden. Dieser Eindruck ist falsch, denn die als Beispiel gebrachten Wortpaare Freund - Feind und Berg - Tal sowie zahlreiche ähnliche Fälle sind durchaus als Gegensätze verzeichnet (einschlafen - aufwachen jedoch nicht). Tatsache ist also, daß das WDG sowohl sog. Sinngegensätze als auch sog. Wortgegensätze dann anführt, wenn sie nach Ansicht der Autoren dem o. g. Ziel dienen können. Ganz ähnlich - "wenn das als Ergänzung zur Bedeutungserklärung sinnvoll erschien" - begründet Wahrig seine Auswahl und präzisiert sein Antonym-Verständnis durch den Zusatz: "Das Wort

'Gegensatz'

ist dabei nicht im Sinne von 'logischer Gegenpol' zu verstehen, sondern mehr im weiteren Sinne einer sehr stark

unterschiedenen

Bedeutung bei ähnlicher sprachlicher Situation" (Sp. 26). Besonders enttäuschend ist, daß der sechsbändige BW, der 1980 zu erscheinen begann, nicht über die bei einem kleinen Wörterbuch allenfalls hinzunehmende Kurzformulierung in dtv-Wahrig von 1978 hinausgekommen ist, zumal mittlerweile mit Agricola/Agricola

(1977)

eine verwertbare Grundlage zur Verfügung stand. In der WE beider Wörterbücher heißt es übereinstimmend:

125

" Der Gegensatz Verweise auf Wörter, die einen dem Stichwort

entgegengesetzten

Inhalt haben , ζ . Β . : Tag ... 4 ...; Ggs Nacht oder sich in einem Merkmal deutlich vom Stichwort unterscheiden, z.

B. :

Ast

1...; Ggs Zweig

werden durch 'Ggs' gekennzeichnet." Dieserart "kurz und verschwommen deklariert" werden im BW die Antonyme, und der Benutzer "erfährt also nichts und kann es auch nicht ergründen, welche Typen von Bedeutungsbezieh.ungen zu den Antonymen gerechnet werden, wann und nach welchem System bei welchem Stichwort und an welcher Informationsstelle des Stichwortartikels gegebenenfalls die entsprechenden Angaben auftauchen" (Agricola 1982a: 370). Diesen Vorwurf muß sich in ähnlicher Weise auch Duden-GWDS gefallen lassen, denn dieses Wörterbuch verspricht mehr als es gibt ohne zu sagen, was es tatsächlich gibt: "Hinter der Bedeutungsangabe wird, wenn es einen Gegensatz gibt, das Gegensatzwort (Antonym) genannt, ζ. B. anwesend nicht a d v . ^

[janve:znt3

< Adj.; o. Steig.;

: aus einem bestimmten Anlaß an einem Ort befindlich,

zugegen (Ggs.: abwesend):

[·..]". (18) Wiegand/KuCera (1981: 184)

äußern daher zu Recht die Kritik: "Der Duden-Text suggeriert, daß zu jedem Lemma (in jeder erläuterten Bedeutung) das Gegensatzwort angegeben wird, oder anders ausgedrückt: daß im Duden-GWB ein Antonymenwörterbuch enthalten ist. Dies ist allerdings nicht der Fall, und zwar auch dann nicht, wenn man den Terminus Antonym im engeren Sinne auffaßt". Ebenfalls keinerlei genauere Auskunft erhält der Benutzer des Duden-Bedeutungswörterbuches, wo es im Teil "Die Behandlung der Stichwörter" an versteckter Stelle unter "A. Allgemeines" unspezifisch und lakonisch heißt "3. Zwischen schrägen Strichen // stehen allgemeinere Angaben, Bedeutungserläuterungen,

Gegensatz-

wörter u. ä.: abmelden ... /Ggs. anmelden/ ..." (11). Und zwei Wörterbücher erwähnen in der WE überhaupt nicht, daß sie Antonyme angeben, geschweige denn um welcherart Antonyme es

126

sich handelt. Bei Knaur liest man auf der Rückseite:

"verweist

auf Synonyme und Gegensatzwörter", und auf Mackensens Schutzumschlagklappe heißt es wortgleich: ge Nachschlagewerk

. . . verweist auf Synonyme und

Die Abkürzungsverzeichnisse

vorderer

"Das kompakte

einbändi-

Gegensatzwörter"

verraten noch, daß für Gegensatz

Ggs.

steht.

3.2.4

Um zu präziseren Aussagen darüber zu kommen, welche

wahl die einzelnen Wörterbücher tatsächlich getroffen bleibt also nur die stichprobenhafte Überprüfung

haben,

ihrer

Die 60 geprüften und die 30 tatsächlich enthaltenen

Aus-

Praxis.

Wortpaare

verteilen sich quantitativ wie folgt auf die vier Typen von Gegenwörtern: überprüft (1) Konversivität: (2)

Komplementarität:

(3) Antonymie (im Sinne) :

eigentlichen

(4) Fakultative Gegenwortpaare (Kontrast im allgemeinen):

enthalten

11

3

(27,3 %)

20

13

(65,0 %)

21

12

(57,1 %)

8 60

2 30

(25,0 %)

Es zeigt sich, daß die mit Typ (2) und (3) erfaßten

komplementä-

ren bzw. im eigentlichen Sinne antonymen Ausdrücke jeweils zu über 50 % erfaßt und mehr als doppelt so stark worden sind wie die Wortpaare der Typen (1) mit

berücksichtigt konversiven

bzw. (4) mit allgemein kontrastierenden Ausdrücken. Aus Typ (2) und Typ (3) rekrutiert sich also die überwiegende Mehrheit der in den Wörterbüchern ausgewiesenen Antonyme. Diese

allgemeine

Feststellung kann und muß präzisiert werden durch Angaben

darüber,

wie sich dieses Verhältnis im einzelnen Wörterbuch darstellt und welche konkreten Vorkommenshäufigkeiten

schließlich auf

Wortpaare entfallen. Die Informationen zum erstgenannten sind der folgenden Übersicht zu entnehmen:

einzelne Aspekt

127

Wörterbuch

Gesamtzahl der im Wb. enthaltenen Antonympaare

davon entfallen auf Typ (1)

Typ (2)

Typ (3)

Typ (4)

WDG

16

1( 6,25%)

6(37,5%)

Duden-GWDS

20

1( 5,0%)

8(40,0%)

Wahrig

16

1( 6,25%)

9(56,25%)

5(31,25%)

dtv-Wahrig

13

-

5(38,5%)

8(61,5%)

BW

19

-

8(42,1%)

10(52,6%)

1(5,3%)

1

-

1(100%)

-

-

Mackensen

-

9(56,25%) 10(50,0%)

Knaur

14

1( 7,1%)

7(50,0%)

6(42,9%)

Duden-Bedeutungswörterbuch

14

3(21,4%)

4(28,6%)

7(50,0%)

-

l(5,o%) 1(6,25%) -

_

Bei aller gebotenen Vorsicht in der Interpretation dieser auf relativ schmaler Basis erhobenen Werte ist unübersehbar, daß Typ (3), der die Antonyme im eigentlichen Sinne umfaßt, den Spitzenplatz in 6 der 8 Wörterbücher einnimmt (zwischen 50 und 100 %). Deutlich weichen von diesem Befund Wahrig und Knaur ab, bei denen der höchste Anteil der gekennzeichneten Antonymenpaare aus Typ (2) mit den komplementären Ausdrücken stammt. Bemerkenswert ist außerdem, daß das Duden-Bedeutungswörterbuch insofern aus dem Rahmen fällt, als es als einziges Wörterbuch alle drei der überhaupt in diesen Wörterbüchern gekennzeichneten Paare des Typs (1) mit konversiven Ausdrücken enthält. In der folgenden Übersicht

(S. 128) werden die 30

vorkommenden

Wortpaare - geordnet nach Typen und innerhalb jedes Typs nach abnehmender absoluter Vorkommenshäufigkeit

- aufgeführt und es wird

markiert, in welchen Wörterbüchern sie vorkommen. Dabei bedeutet +, daß beide Pole des Gegensatzpaares verzeichnet sind, während die unvollständige einpolige Darstellung durch

| angezeigt wird. Es

wird sichtbar, daß nur ein einziges Wörterbuch wörterbuch) sämtliche Gegensatzpaare

(Duden-Bedeutungs-

systematisch symmetrisch

be-

arbeitet hat, daß WOG und Duden-GWDS immerhin in der Regel um symmetrische Darstellung bemüht sind und daß sich Wahrig

durch

mehrheitlich unsymmetrische Angaben zur Antonymie unrühmlich vortut. Auf einige Besonderheiten gehen wir in 3.2.5 ein.

her-

128

Wortpaar

Vorkommen absolut

WOG

DudendtvGWD5 Wahrig Wahrig BW

Einfahrt:Ausfahrt

4

gewinnen:verlieren

2

mieten:vermieten

1

Inland:Ausland

7

materiell:immateriell

6

Ebbe:Flut

5

männlich:weiblich

5

Linkshänder:Rechtshänder

4

nützlich:nutzlos

4

reparabel:irreparabel

4

+

+

zuschließen:aufschlieDen

3

+

+

+

DudenBedeutungsMackensen Knaur wörterbuch +

+

+ +

1

+ +

+

1

+ +

+

+

1

+

+

1

1

+

+



+

+

+ +

1 1

1

I

1

+

+ +

Raucher:Nichtraucher

2

Präfix:Suffix

2

1

Sitzplatz:Stehplatz

2

1

Großbuchstabe:Kleinbuchstabe

2

ehrlich:unehrlich

1

1

Maximum:Minimum

7

+

+

heiß:kalt

6

+

+

kurz:lang

6

+

+

I

+

+

+ +

+

1

1

1



+

+

-

+

+

1

+

+

1

I



+

+

+

+

längs:quer

6

+

+

+

+

arm:reich

6

+

+

+

+

+

+

weit:nah

6

+

1

1

-

-

+

hell:dunkel

5

+

+

+

+

+

Krieg:Frieden

5

+

+

1

1

+

bevorzugen:benachteiligen

3

+

mit:ohne öffnen:schließen

3 2

+

verlieren:finden

1

römisch:arabisch

2

Triebwagen:Anhänger

1

1

• +

+

+

+

1 1

(+) 1

129

Hinsichtlich der berücksichtigten Wortarten liegen und Adjektiv-Antonyme an der Spitze, während verbale paare erst auf unteren Vorkommensrängen

3.2.5

Gegenwort-

in Erscheinung

Zum Abschluß der kritischen Bestandsaufnahme

Antonymbehandlung

Substantiv-

in allgemeinen deutschsprachigen

treten.

herkömmlicher Wörterbüchern

sind einige Bemerkungen zum lexikographischen Know-how

nötig,

denn a l l z u o f t geht die theoretische Unklarheit einher mit einer oberflächlichen Art der

Darstellung.

Die Lexikographie hat vor allem zu beachten, daß es sich - wie bei der Synonymie - auch bei der makrostrukturellen

paradigmatischen

Beziehung der Antonymie um eine Relation zwischen

Sememen

handelt, daß "immer nur lexisch-semantische

Varianten von Lexemen

ein bestimmtes Gegenwort haben, daß ein polysemes Lexem mehrere Gegenwörter haben kann: a/lter Mensch - junger Mensch; altes Buch - neues alte Lebensmittel

- frische Lebensmittel."

Sieben der acht Wörterbücher

Buch;

(Schippan 1984:

(Mackensen entzieht sich der

229). diesbe-

züglichen Beurteilung) tragen dem Rechnung. Greifen wir das von Schippan verwendete Beispiel des Adjektivs alt auf, so gibt ζ. B. das WDG die folgenden semembezogenen Antonyme an: alt

[...]

2. bejahrt, reich an Jahren, Ggs. jung

.

3. gebraucht, Ggs. neu [\ . .J 5. Ggs. modern a) antik, klassisch [\ . b) weit [. . .] c) (durch sein Alter) wertvoll, kostbar 6. /ohne Steigerung/ früher, Ggs. jetzig .-3

zurückliegend .J

Allerdings bleibt diese Art der Darstellung, wie sie

entsprechend

auch im Duden-GWDS, Wahrig, Duden-Bedeutungswörterbuch

gehandhabt

wird, die letzte Konsequenz des Semembezuges schuldig, indem versäumt wird, die angeführten Antonyme ihrerseits zu monosemieren, was - ähnlich der Praxis bei der Synonymbuchung

- mit der

ten Ziffer des betreffenden Semems unaufwendig zu

angefüg-

bewerkstelligen

ist. Immerhin wird diese Art der Monosemierung von dtv-Wahrig, BW und Knaur bereits vorgenommen, wenn auch die Systematik zu wünschen übrig läßt. Als Beispiel sollen die Artikel alt, jung, neu, frisch und ihre Verflechtung bei Knaur

dienen:

130 alt

C· · ·3

* Ggs. .jung; in vorgerücktem Lebensalter, lange bestehend

schon

f. . .J

2 Ggs. njnj (I); a [. . .]

b [. . .]

3 Ggs. frisch (1); vor längerer Zeit

hergestellt

[...] jung

£·.·3

1 jugendlich, noch in der Entwicklung Ggs. alt (1)

neu I frisch

[. . .] [". . .J

stehend;

[. . .]

Ggs. alt 1 [. .

2 [...]

1 eben vom Erzeuger, Hersteller gekommen,

nicht

gelagert, nicht konserviert; Ggs. alt (3)

[..Q

Der korrekte Bezug zwischen den antonymischen Sememen ist nur bei alt 3: Ggs. frisch (1) vs. frisch 1: Ggs. alt (3) hergestellt.

In

bezug auf alt 2: Ggs. neu (I) fehlt bei neu I der Hinweis, daß es sich konkret um Antonymie zu alt (2) handelt und bei alt 1: Ggs. jung fehlt die Monosemierung

auf jung (1), während sie bei jung 1:

Ggs. alt (1) präzis angegeben ist. Daneben fällt eine

weitere

Inkonsequenz der Darstellung auf: Im Unterschied zur Praxis der anderen Wörterbücher, die Angaben des Gegensatzes dann

voranzustel-

len, wenn sie für alle Sememe eines Artikels gelten, wird bei Knaur ohne erkennbaren Grund der Gegensatz zum Teil auch dann Bedeutungserklärung

vor

gestellt, wenn er sich nur auf dieses

die

eine

Semem bezieht wie ζ. B. bei alt 1 oder 3, während bei den Gegenwörtern jung und frisch anders verfahren wird. Neben dem Semembezug der Antonymierelation ist eines

ihrer

weiteren Charakteristika, daß sie eine reziproke Beziehung

ist:

Ist ein Semem Α Antonym zu einem Semem B, so ist auch Semem Β Antonym zu Semem A. Diese Reziprozität der Beziehung findet - aus verschiedenen Gründen - nicht immer konsequenten

lexikographischen

Ausdruck. Das WDG schreibt in seinem Vorwort (09) die

Uneinheit-

lichkeit der Behandlung sogar fest: "Bei der Abhandlung des Gegenwortes

[. . .J muß der entsprechende Gegensatz nicht wieder

nen, da die Verwendungsmöglichkeiten

erschei-

des Gegenwortes anders

gela-

gert, umfassender in der Anwendung sein können", wobei ein Hinweis bei Klappenbach/Malige-Klappenbach

(1978: 23) allerdings

macht, daß von dieser selbsterteilten Lizenz wohl relativ

deutlich selten

131 Gebrauch gemacht worden ist: "wir haben uns aber dennoch nach Möglichkeit bemüht, den Gegensatz, besonders den Wortgegensatz, lig zu sehen

... Zu dem Zwecke haben wir speziell eine

Kartei" mit ca. 1000 Stellennachweisen

angelegt, damit kein an

einer Stelle genannter Gegensatz im Alphabet vergessen, wird". Das im WDG-Vorwort

(09) angeführte Beispiel für

übersehen asymmetri-

sche Behandlung ist abrollen 2 : anrollen, das wie folgt stellt

2po-

"Gegensatz-

darge-

ist:

abrollen

£"../]

anrollen

. J

2. rollend davonfahren, Ggs. anrollen (ist): 1. rollend herankommen

(ist):

f..·]

...

Der Grund ist offensichtlich, daß es bei anrollen 1 metaphorische Verwendungsbeispiele

gibt, bei denen der Gegensatz abrollen nicht

ohne weiteres sprachüblich und damit einsetzbar Gegenteil ausgedrückt werden soll. U. E. muG die

ist, sofern das Antonymiebeziehung

aber auf die sog. "eigentliche" Bedeutung, wie sie in normalsprachlichen Kontexten gebraucht wird, bezogen werden, so daß ohne weiteres die Angabe des Gegensatzes auch bei anrollen 1 zu rechtfertigen ist. Daß nicht in jedem lexikographischen Beispiel die Einsetzprobe zu völlig korrekten Sätzen führt, ist eine auch von den Synonymen her bekannte Tatsache und darf nicht dazu

verführen,

systemhafte Relationen lediglich aus diesem Grunde zu

unterdrücken.

Zu asymmetrischer Darstellung kann es aber nicht nur durch bewußte Unterlassung

(wie fallweise im WDG), sondern vor allem durch

schlichtes Vergessen kommen; im Einzelfall kann sie auch durch das Fehlen des entsprechenden Lemmas in der Stichwortliste

verursacht

sein , ζ. Β. Duden-GWDS: römisch f. ·-J

-e Zahlen, Ziffern (Ggs.: arabische

Zahlen,

Ziffern) arabisch:

Dieses Lemma ist im betreffenden buch gar nicht

Wörter-

vorhanden.

Es liegt in der Natur der Sache, daß sich nicht in jedem Fall - insbesondere von Antonymie (im eigentlichen Sinne) des Typs (3) sowie bei den fakultativen Paarungen (4) - genau zwei und nur diese zwei Ausdrücke

(Sememe) antonymisch gegenüberstehen.

Vielmehr

132

liegen in "manchen Fällen, besonders bei den Beziehungen

zwischen

qualitativen Adjektiven, die beiden Pole nicht eindeutig

fest,

d. h., aus der geordneten Reihung von Bedeutungseinheiten, eine Art Skala darstellt, lassen sich unterschiedliche, weit voneinander und vom satzpaare konstituieren bettelarm glühend

: arm

: kochend

: heiß

genügend

'Nullpunkt' entfernte Einheiten als Gegen(skalare oder sequentielle

: bedürftig

(Agricola/Agricola

die

: wohlhabend

; warm

: lau

: reich

: kalt

Antonyme)

: steinreich;

: eiskalt "

1977: 19).

So kommt es, daG in einigen Fällen im Unterschied zu den bei Agricola/Agricola oder daß Ein ehrlich

gesetzten Paaren ein

mehrere anderes

anderes

Gegenwort

Antonyme zu einem Semem angegeben

werden.

Antonym stellt z. B. WDG dem Adjektiv

gegenüber:

Agricola/Agricola

(1977: 23): ehrlich WDG: ehrlich

: unehrlich /Adj./

1. absolut zuverlässig in Geldangelegenheiten, Ggs.

Im Wörterverzeichnis von Agricola/Agricola

betrügerisch

(1977: 83) werden so-

gar insgesamt vier auf dieses Semem von ehrlich bezügliche che antonymische Ausdrücke genannt: unehrlich, unreell, betrügerisch. Oder: Bei Agricola/Agricola überstellung Triebwagen Triebwagen

findet sich die Gegen-

: Anhänger bzw. - im Wörterverzeichnis

.

dazu:

fit eigenem Motor ausgerüstetes, zur Aufnahme von Fahrgästen od. Gütern bestimmtes fahrzeug; Ggs Beiwagen

und

-

: Anhänger/Hänger.

Im BW heißt es im Unterschied Triebwagen

mögli-

unlauter,

Schienen-

(2)

entsprechend

Beiwagen

. .J 2 Anhänger der Straßenbahn od. U-Bahn ohne Antrieb; Ggs

eigenen

Triebwagen

Ein Beispiel dafür, daß bei einem Semem

mehrere

angeführt werden, bietet die folgende Gruppe bei Knaur:

Antonyme

133

Großbuchstabe

f. . .J

durch Form und Größe hervorgehobener stabe; Ggs. Kleinbuchstabe,

Gemelne(r)

. .]]

2

Buch-

Gemeine(r)

kleiner Druckbuchstabe; Ggs. Großbuchstabe, Versal

Kleinbuchstabe £· ·-3 kleiner Buchstabe des Alphabets, ζ. B. a, f, g; Ggs. Großbuchstabe Versal

. .J , Versalbuchstabe

Q. ..J Großbuchstabe; Ggs. Gemeine(r) (

Es bleibt zu fragen, warum bei Kleinbuchstabe und Versal jeweils nur ein Antonym angegeben wurde; auch die Monosemierung ist unvollständig, denn bei Großbuchstabe müßte - wie bei Versal - Gemeine(r) (2) stehen.

3.3

Möglichkeiten und Grenzen der lexikographischen

Beschreibung

antonymischer Relationen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch In diesem Teil tragen wir - unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse gegenwärtiger lexikographischer Praxis - unsere Vorstellungen vor, wie die Darstellung der Antonymie-Relation entsprechend der ihr zugewiesenen Funktion im allgemeinen Wörterbuch (vgl. 3.2) gestaltet werden sollte. Wieder geht es um die Hauptfragen: Was - wie - wo? So wie wir im vollen Bewußtsein der Schwierigkeiten seiner begrifflichen Fassung den Terminus Synonym verwenden, so sehen wir keine Veranlassung, zugunsten von Ersatzbezeichnungen wie Gegenwort , Gegensatzwort o. ä. auf die linguistisch eingeführte Benennungsreihe Antonym, Antonymie, antonym(isch) zu verzichten. Als Abkürzung möge - auch formal auf die Synonymie-Behandlung

abge-

stimmt - Ant dienen. Die allgemeine Lexikographie ist gut beraten, ihren Antonymie-Begriff weder zu weit noch zu eng zu fassen. Bezogen auf die vier oben (3.1) unterschiedenen Typen plädieren wir dafür, Sememe, die den Typen (2) und (3) zuzuordnen sind, die also zueinander komplementär oder antonym (im eigentlichen Sinne) sind, d. h. in betontem und konventionell so empfundenem Gegensatz zueinander stehen, zu erfassen und zu kennzeichnen. Sie bilden auch bisher den Kern der Antonymie-Kennzeichnung, wenn auch

134

noch wenig systematisch im Sinne ihrer möglichst

erschöpfenden

Einbeziehung. Konverse Wortpaare des Typs (1) werden - wie bisher - nur ausnahmsweise, in stark konventionalisierten bezogen werden können. Fakultative

"Gegen"wortpaare

Fällen ein-

- der

Begriff

Antonyme trifft auf sie nicht zu - sollten unberücksichtigt ben, denn sie drücken eher einen Unterschied als einen

Gegensatz aus. Wesentlich ist, daß sich die in Beziehung ten Bedeutungen "in mindestens

einem

blei-

wirklichen

wesentlichen

gesetzBedeutungs-

element unterscheiden, das den Charakter der Gegensätzlichkeit nereller Art hat; sie können meist in der gleichen

füreinander eingesetzt werden, verkehren aber dadurch die bedeutung in ihr Gegenteil oder erzeugen eine Äußerung"

(Agricola/Agricola

ge-

Textumgebung Gesamt-

widersprüchliche

1977: 16). Nur Sememe, die diese Be-

dingungen erfüllen, können als Antonyme über die Dokumentation mantischer Systemrelationen hinaus

auch

zum Verständnis der

Bedeutung des zu erklärenden Semems ihren spezifischen leisten und anwendbares Sprachwissen

se-

Beitrag

vermitteln.

Eine hin und wieder auftretende Frage ist die, wie die Auswahl in bezug auf morphologisch verwandte

(verheiratet - unverheiratet)

und morphologisch nicht verwandte Antonyme

(gut

: schlecht)

gen soll (vgl. ζ. B. Böhnke 1972: 196ff., Schmidt 1986:

erfol-

66ff.).

Wir vertreten die Meinung, daß "morphologisch negative" und "morphologisch positive" Ausdrücke (vgl. Lyons 1977; 1980: 286) ebenso zu kennzeichnen sind wie morphologisch nicht verwandte sofern sie konventionalisierte

Bedeutungsgegensätze

gemäß dem oben

gekennzeichneten Verständnis von Antonymie ausdrücken rein formale Negationen ohne semantische Adäquatheit wie ζ. B. bekümmert

: unbekümmert, christlich

Ausdrücke, (und nicht

darstellen

: unchristlich).

Darüber hinaus sollten die Wortbildungsmittel, mit denen erreicht wird, auch in separaten Wörterbuchartikeln werden, wie es erst zum Teil getan wird (ζ. B. im

Antonymie

dargestellt

Duden-Bedeutungs-

wörterbuch) . Nachdem der Kreis der zu berücksichtigenden Kandidaten grenzt und annähernd bestimmt worden ist, gilt die nächste

eingeFrage

dem Wie der Darstellung. Die wichtigste Forderung ist die nach der konsequent semembezogenen Anordnung der Antonyme. Gilt ein Antonym für das Semem eines monosemen Stichwortes oder für eins

135

von mehreren Sememen eines polysemen Stichwortes, so wird es hinter der umschreibenden Bedeutungsexplikation

im

onomasiologischen

Teil des semantischen Kommentars nach einem Semikolon mit dem Kommentarsymbol Ant in einer von der der Bedeutungsexplikation schiedenen Schriftart

unter-

angeschlossen.

Die folgenden Beispiele sind dem HDG entnommen und werden zur Illustration nach den hier entwickelten Vorstellungen

umgeformt:

Minorität, die; -, - e n /vorw. Sg./ Minderheit; Ant Majorität: die Rechte der M. wahren Ist die Angabe eines Antonyms für alle Sememe eines

polysemen

Stichworts oder für alle Teilbedeutungen eines Semems gültig, so wird das Antonym an die Spitze des semantischen Kommentars, vor

die erste Bedeutungsexplikation

also

gestellt:

Minimum, Minimum, das; -s, Minima Ant Maximum 1.1. /vorw. mit unbest. Art.; o.Pl./ geringstes Maß

(1.2.2):

schwere, physische Arbeiten auf ein M. begrenzen 1.2. kleinster Wert (4): die Maxima und Minima der

Temperatur,

Luftfeuchtigkeit Ferner sollte unbedingt gelten, daß nur Antonyme angegeben die ihrerseits selbst durch Lemmata im betreffenden

werden,

Wörterbuch

vertreten sind; diese sind dann konsequent - dem reziproken

Cha-

rakter der Antonymie entsprechend - wechselseitig bei jedem der beiden Pole anzuführen. In bezug auf die o.a. Beispiele sich die folgenden

ergeben

"Gegenstücke":

Majorität, die; -, - e n /vorw..Sg./ Mehrheit, Mehrzahl; Ant Minorität: in der M. sein; die Partei hatte im Parlament die M.

(Stimmenmehrheit)

Maximum, das; - s , Maxima Ant Minimum 1.1. /o.Pl./ größtes Maß (1.2.2): ein M. an Leistung vollbringen; etw. erreicht ein Μ. , bleibt unter dem M. 1.2. größter Wert (4): die Maxima und Minima der Temperaturen,

Luftfeuchtigkeit

Da, wo ein angeführtes Antonym ein bestimmtes Semem eines

polyse-

men Lemmas repräsentiert, ist die Angabe der monosemierenden memziffer in runden Klammern eine wichtige und ohne großen

Se-

Aufwand

136

zu gebende Orientierung

für den Wörterbüchbenutzer.

Zur

Demonstra-

tion dessen gehen wir von der semantischen Gliederung des Lemmas alt im HDG aus und nehmen die entsprechenden Ergänzungen alt

vor:

[...]

1. Ant jung (1. ) 1.1. /nicht adv./ in vorgerücktem Alter (1.1), schon sehr viele Jahre lebend, bejahrt weisend

Q .-3

1.2. Merkmale des Alters auf-

. .]

2.1. ein bestimmtes Alter habend /einer Zahlenangabe [···]

nachgestellt/

2.2. /drückt in Relationen ein Mehr an Alter 1.1 aus/ 3. lange benutzt, getragen, abgenutzt; Ant neu

. >3

(3.)

. .]]

4. /nicht adv./ seit langer, längerer Zeit (unverändert)

vorhan-

den, bestehend, vor langer, längerer Zeit entstanden; Ant neu (1.1), jung (3.1) [. . .] 5. /nur attr./ 5.1. einer früheren Zeit, Epoche 5.2. die alten Griechen, Römer 6.

entstammend

. .]]

/nur attr./ von früher her bekannt, gewohnt, unverändert

7. /nur attr./ ehemalig, früher; Ant jetzig

. /]

C-·-3

Θ. /nur attr./ umg. 8.1. /verleiht der Anrede Vertraulichkeit/ 8.2. /verstärkt die negative Charakterisierung bezeichnungen, Schimpfwörtern/

von

.

Personen-

C··-3

Den Sememen 1, 3 und 7 kann jeweils ein Antonym zugeordnet

werden,

dem Semem 4 zwei. Bei antonymen Ausdrücken polysemer Lemmata ist die Monosemierung vorgenommen worden, die auf die Stelle an der der Benutzer das Stichwort alt als monosemiertes

verweist, Antonym

angegeben findet, ζ. B. jung

Q. . ·3

1· Ant alt (1.)

1.1. noch nicht viele Jahre

im Alter der Jugend (1) und etwa noch bis in die Lebensjahre usw.

·-3

1.2. jugendlich (2)

£· •-3

lebend,

zwanziger

137

3.4

Hilfsmittel und Datenquellen

Der unbefriedigende Zustand der unsystematischen und lückenhaften Behandlung der Antonyme in allgemeinen Wörterbüchern ist zweifellos auch darauf zurückzuführen, daß die Lexikographen weitestgehend auf ihre Sprachkompetenz und Intuition bei der Ermittlung von Antonymen angewiesen waren. Seit Ende der 70er Jahre liegt das erste Wörterbuch der Antonyme der deutschen Allgemeinsprache

(Agricola/

Agricola 1977) vor, so daß für den Lexikographen nun auch für diesen Typ lexikographischer Information ein Materialfundus bereitsteht, der der gezielten Auswertung harrt. Freilich sind die Angaben nicht pur zu übernehmen, denn der Inhalt des Buches "beschränkt sich nicht nur auf die sogenannten Antonyme im strengen Sinne, auf die paarigen, eindeutig auseinander erschließbaren und einander ausschließenden, extrem gegensätzlichen Bedeutungen, sondern der Begriff des Gegenwortes wird sehr weit gefaßt und enthält alle Arten der Bedeutungsbeziehungen, die im gesellschaftlichen Sprachbewußtsein als Ausdruck irgendeines betonten, aufeinander bezogenen Kontrastes gelten" (6). Aus dem breiten Angebot ist also auszuwählen. Geeignet für die Zuordnung zu einem Semem im allgemeinen Wörterbuch sind - wie oben bereits betont - nur solche Antonyme, die konventionell gewordenen Paarungen zugehören und die in der Mehrheit der Kontexte, in denen das Stichwort usuell verwendet wird, dazu dienen können, deren Aussage in ihr Gegenteil zu verkehren. Für diese vom Lexikographen aufgrund seiner Sprachkompetenz vorzunehmende Auswahl gibt das Antonymwörterbuch mehrere Hilfen. Zunächst einmal werden durch die knappe, aber ausreichende "Einführung in Probleme der Definition und der Auswahl von Gegenwörtern" (14-25) die notwendigen theoretischen

Verständnisvoraus-

setzungen geschaffen, was zu einer besser begründeten praktischen Auswahl für die Zwecke des betreffenden Wörterbuches beiträgt. Aber auch die Anlage des Wörterverzeichnisses selbst bietet nützliche Unterstützung: durch die graphisch kenntlich gemachte semembezogene Zuordnung der Antonyme, durch die Aufnahme nahezu aller angeführten Antonyme auch als Stichwort, durch die Vorauswahl der "sinnfälligsten, bezeichnendsten, allgemeinstgültigen

Gegenwörter"

(9), durch die Anordnung der Sememe vom Konkreteren zum Abstrakten hin und schließlich mit der Charakterisierung der Partner unter-

138

schiedlicher Sememe eines Stichworts zur

Bedeutungsunterscheidung

bei unklaren Fällen durch "Hinweise auf korrekte Wortbedeutungen in der Textumgebung, meist in Form eines Wortes" (10). Das alles kommt den Bedürfnissen des Lexikographen entgegen. Auch hier möge der Artikel alt als Beispiel dienen: alt : jung (Lebewesen) + jugendlich, frisch, jung (Mensch) + unerfahren, grün (Mensch) + angehend (Künstler) + neu, jetzig, derzeitig (Schüler; Generation) + neu, ungebraucht (Gegenstand) + frisch, neubacken (Brot) + jung (Wein) + neu, frisch (Wunde; Schnee). Als weitere - freilich unzulängliche - Quellen können diejenigen Bedeutungswörterbücher dienen, die die Erscheinung der Antonymie in ihr Datenängebot aufgenommen haben (vgl. 3.2); und auch manche Synonymwörterbücher erfassen Antonyme in einem gewissen Umfang mit, so ζ. B. Peltzer ab der 6. Auflage: "Der Wert des Buches wurde ... vor allem dadurch gesteigert, daß zu vielen Stichwörtern die Gegenbegriffe (gekennzeichnet durch

^

) aufgenommen wurden,

so daß es nun dem Benutzer leicht gemacht ist, auch mit der Ne·gation dieser Gegenbegriffe zu arbeiten, was im allgemeinen zu einer Milderung der positiven Begriffe führt (zum Beispiel schön - nicht häßlich)" (7). Das spezifische, von der Synonymie ausgehende Interesse an der Einbeziehung bestimmter Antonyme führt natürlich nur zu einer rudimentären Integration von Antonymen, die zudem am Ende des Artikels kumuliert und nicht semembezogen angeordnet werden. Vergleichswort alt: alt ^

[...] jung, neu, ungewohnt

Auch von einer verläßlichen reziproken Darstellung kann keine Rede sein (nur bei jung und neu findet sich der Hinweis auf das Antonym alt, nicht aber bei ungewohnt), so daß insgesamt dieses Hilfsmittel nur bedingt von Nutzen ist.

139 4.

Hyperonymie - Hyponymie

Als dritte wesentliche paradigmatische semantische Relation im Wortschatz besteht neben der Relation der Identität

(Synonymie)

und der Relation der Polarität (Antonymie) diejenige der

Subordi-

nation (Hyponymie - Hyperonymie).

Relation,

Es handelt sich um die

die zwischen einem spezifischeren, untergeordneten Semem und einem allgemeineren, übergeordneten Semem besteht. Kenntnisse

über

solcherart hierarchische Verbindungen zwischen Sememen können auf spezifische Weise ebenfalls einen Beitrag zum

Bedeutungsverständ-

nis einer lexikalischen Einheit bzw. ihrer Sememe leisten und sind demzufolge auf ihre Eignung als Wörterbuchinformation

im Rahmen

des semantischen Kommentars hin zu befragen.

4.1

Skizze der Problemlage und des

4.1.1

Nach Ansicht von Probleme (1977: 327) scheint die

ste paradigmatische Relation

Forschungsstandes "wichtig-

... die abstraktive Hierarchie zu

sein. Sie weist die Beziehung zwischen Sememen aus, die im Verhältnis Gattung - Art zueinander stehen." Terminologisch

schließen

wir uns dieser Publikation an: "Wir nennen eine Semstruktur, in einer Gattung-Art-Hierarchie Semstruktur vorliegt,

(Subordination) als

Hyperonym

ist. In der Gattung-Art-Hierarchie xierte Semstrukturen nennen wir

die

übergeordnete

, wenn sie als Semem

fixiert

als untergeordnete Sememe fi12 Hyponyme" (327). Diese

Relation ist ein Spiegelbild dessen, "wie sich die nerungen und Zusammenfassungen, zu denen die

Verallgemei-

Erkenntnistätigkeit

des Menschen in der Auseinandersetzung mit der objektiven

Reali-

tät gelangt, in der Sprache niederschlagen" und "bedeutet, daß ein·Sachverhalt sprachlich mit unterschiedlich großem grad erfaßt werden kann

Abstraktions-

... Im allgemeinen entstehen auf diese

Weise mehr oder weniger scharf abgegrenzte Klassen, die von den entsprechend spezifizierten Hyponymen repräsentiert Künstler

(s) Musiker (s, a)

werden:

Pianist (s, a, o) Dirigent (s, a, p) Sänger

(s, a, qV'

(Probleme 1973: 327)

140

Lyons (1977; 1980: 303) weist auf die Wichtigkeit der Erkennung solcher Relationen beim Spracherwerb hin und meint, daß ein "Großteil unseres Wissens über die Bedeutung von Wörtern unserer Muttersprache ... in der Tat von dieser Art sein [kann]. Wir könnten ζ. B. wissen, daß 'Banyan' ein Hyponym von 'Baum' ist oder

'Fisch-

adler' von 'Vogel' und dennoch nicht in der Lage sein, zu sagen, wie sich Banyans von anderen Bäumen unterscheiden oder Fischadler von anderen Vögeln". Was liegt näher, als sich diese Hierarchierelation in der Lexikographie bei der Erklärung von Bedeutungen zunutze zu machen? Von jeher ist das dadurch geschehen, daß man bei den dafür zugänglichen Wortarten in den sog. lexikographischen Definitionen das klassische Definitionsverfahren zugrunde gelegt hat. "Beim klassischen Definitionsverfahren wird das zu definierende Wort als Artgegenstand aufgefaßt. Zu dessen Charakterisierung ist es erforderlich , 1. die nächsthöhere Gattung (genus proximum) zum Definiendum zu suchen 2. das invariante Merkmal bzw. die invarianten Merkmale

(differen-

tia specifica) anzugeben, durch die sich die betreffende Art von anderen Arten der gleichen Gattung unterscheidet." (Probleme 1977: 292). 1 3 Dank dieser Verfahrensweise wird vom Netz semantischer bisher "die sogenannte Hyperonym- bzw. Hyponym-Relation

Relationen (Über-

Unter-Ordnung) am vollständigsten wiedergegeben" (Viehweger 1986/87: 215), ohne daß sie im onomasiologischen Teil des semantischen Kommentars explizit ausgewiesen würde. Vielmehr hat sie sich der Benutzer aus der Definition zu erschließen. Kaum je wird in den Wörterbucheinleitungen auf diesen Aufbau des Definiens hingewiesen; eine erfreuliche Ausnahme bildet das HDG, das dem Benutzer erklärt: "Die umschreibende Wörterbuchdefinition ist, der logischen Definition ähnlich, nach dem Prinzip von genus proximum

(Oberbegriff)

und differentia specifica (unterscheidendes Merkmal) angelegt. Dadurch wird das definierte Lexem dem übergeordneten Begriff untergeordnet und in die Nachbarschaft der Lexeme gerückt, die unter denselben Oberbegriff fallen." (XII). Letztere wären sog. hyponyme

Ko-

des Stichwortes zum selben Hyperonym. Weder sie

141

noch die dem Stichwort untergeordneten Hyponyme sind bislang im onomasiologischen Teil des semantischen Kommentars allgemeiner Wörterbücher als Elemente einer Relation sui generis systematisch verzeichnet worden. Immerhin hält Wiegand (1977) unter den von ihm zusammengestellten Typen von Benutzungssituationen für einsprachige Wörterbücher bei wortsemantisch bedingten Textproduktionsschwierigkeiten auch die folgenden beiden Untertypen für möglich: "Lexikalisch-semantische

Generalisierung

Der Schreiber will eine geplante oder bereits hingeschriebene sprachliche Formulierung verallgemeinern. Dann kann er ζ. B. in einem Wörterbuch nach einem lexikalischen Superonym £= Hyperonym, D. H.J suchen." (69)

und

"Lexikalisch-semantische

Spezifizierung

Der Schreiber will eine geplante oder bereits hingeschriebene sprachliche Formulierung spezieller gestalten. Dann kann er ζ. B. in einem Wörterbuch nach einem lexikalischen Hyponym suchen." (70) Es wird im folgenden abzuwägen sein, ob bzw. in welchem Maße die explizite Darstellung von Informationen dieser Art möglich und nötig ist. 4.1.2

Es ist des öfteren kritisch dargelegt worden, daß und warum

die nach hierarchischem Prinzip aufgebauten

Wortschatzdarstellun-

gen in sog. Sachgruppen- oder Begriffswörterbüchern keine zuverlässigen Einsichten in die semantische Struktur des Lexikons vermitteln können. Die u.a. bei Agricola (19B6 und 19B7) und Viehweger (1986/87) gegebenen Beispiele aus den beiden für die deutsche Sprache bekanntesten dieser Wörterbücher - Dornseiff und Wehrle-Eggers belegen, daß Wörterbücher, die von der Sache bzw. vom Begriff ausgehen, "nicht sprachlichen Strukturierungsprinzipien

£folgen^,

sondern außersprachlichen Klassifikationen, denen Zufälligkeit ebenso eigen zu sein scheint wie Willkürlichkeit und vielfach sogar Absurdität" (Viehweger 1986/87: 211). Daher bekommt man auf die Frage nach der Hyperonym-Hyponym-Relation der verzeichneten Wortschatzelemente keine für die onomasiologische

Bereicherung

alphabetischer allgemeiner Wörterbücher übernehmbaren

Informatio-

142

nen; eher gleichen diese Wortschatzsammlungen Steinbrüchen, in denen man sich bei Bedarf bedienen und hier oder da durchaus mit Gewinn einen Brocken herausbrechen kann, ohne jedoch verwertbare Erkenntnisse über die semantische Struktur des Ganzen zu gewinnen. Es gilt nach wie vor und auch für das Deutsche, daß bisher "wenig über die lexikalische Struktur der meisten Sprachen der Welt bekannt [[ist^]", so daß es bislang unmöglich war, "selbst für gut untersuchte und leicht zugängliche europäische Sprachen, die Hypothese, daß der Wortschatz als Ganzes aufgrund von Hyponymie und Quasi-Hyponymie hierarchisch geordnet sei, zu bewerten" (Lyons 1977; 1980: 310). Demzufolge existieren keine umfassenden semantischen Gliederungen, auf die die allgemeine

Lexikographie

- sei es, um das genus proximum für die Definitionen

angemessen

zu wählen, sei es, um den semantischen Kommentar zu vervollständigen - zurückgreifen könnte. Die praktische Lexikographie hat deshalb - von verschwindenden Ausnahmen abgesehen (vgl. 4.2) auf explizite Hinweise auf die Wortschatzrelation der Über- und Unterordnung verzichtet, ja verzichten müssen. Daran können auch die wenigen neueren Vorstöße und Vorschläge der metalexikographischen Forschung nichts Grundsätzliches verändern, weil sie naturgemäß nur punktuell und am Einzelfall bestimmte

Darstellungsmög-

lichkeiten durchspielen und diskutieren, ohne in bezug auf den Zeitaufwand und die Darstellungsökonomie auf ein konkretes laufendes Wörterbuchprojekt als Ganzes Rücksicht nehmen zu müssen. Wir haben dabei vor allem Überlegungen von Wiegand und Agricola im Auge. Wiegand entwickelt relativ wörterbuchnah und ausgehend von Wörterbucheinträgen bei Wahrig im Zusammenhang mit der Behandlung typischer Wörterbuchbenutzungssituationen am Beispiel eines Strukturausschnittes im Bereich der Lexeme Lohn, Gehalt, Einkommen, Honorar, Bezüge, Heuer u. a. (1977a: 82ff.) und einiger Hierarchiestufen im Bereich des Hyperonyms Waffe (1977: 70ff.) seine Vorstellungen davon, "wie die dort auftretenden ein- und mehrstufigen Relationen in der lexikalisch-semantischen Struktur zwischen einem Stichwort und seinen Partnern im jeweiligen Lexemfeld mit Hilfe von rund zwanzig Kommentarsymbolen wiedergegeben werden können" (Agricola u. a. 1983: 77). Wiegand meint, damit sei "im Prinzip ein Weg gezeigt, wie ein integriertes

Gebrauchswörterbuch

143

gemacht werden kann, ein Wörterbuch, das onomasiologische

und

semasiologische Strukturen integriert und damit in Situationen der Textproduktion und der Textlektüre gleichermaßen tionen erfüllen kann" (1977a: 99). Ob es sich beim

Hilfsfunk-

vorgeschlagenen

Verfahren um einen realistischen, praktisch gangbaren Weg handelt, der zum tragenden Prinzip für ein komplettes Wörterbuch

gemacht

werden kann, ist noch nicht erwiesen; die Schwierigkeiten

sollte

man nicht unterschätzen. Zum einen setzt ein solcher Ansatz voraus, "daß wenigstens der Kernwortschatz vor der Bearbeitung

aufgeschlüs-

selt vorliegt" (Drosdowski 1977: 130), was nicht der Fall ist. Zum anderen gibt es "nicht allzu viele Bereiche des Wortschatzes, die gut und leicht überschaubar strukturiert sind", und selbst ein auf den ersten Blick klar abgegrenztes und gut strukturiertes Feld wie das von Waffe stellt den Lexikographen vor zahlreiche

Probleme

(vgl. Drosdowski 1977: 129f.). Zum dritten erscheint es zumindest riskant, den Gewinn an Systemeinsicht zu erkaufen mit der Durchbrechung der Definition durch unterschiedliche

Kommentarsymbole,

deren Bedeutung der Laienbenutzer trotz ihrer ausführlichen terung in der Wörterbucheinleitung

bei nur gelegentlicher

Erläu-

Benutzung

des Wörterbuches natürlich vergißt, so daß am Ende die Konfusion größer sein könnte als der Erkenntnisgewinn, ζ. B. Vergütung

. /]

t

>

Geldbetrag

[Honorar, Gage, VERDIENST)

.

..

Q3eldsumme3 , der bezahlt wird; (sn! BEZAHLUNG, ZAHLUNG,

BEZUGE,

(Wiegand 1977a: 92).

Wie aufwendig die von Drosdowski angemahnte und zuvor zu leistende Gliederung auch nur eines Systemausschnitts des Wortschatzes

ist,

vermittelt Agricola (1987). Das Projekt ist angelegt "als generelle lexikologische Vorstufe für künftige praktische

Wörterbücher

verschiedenen Typs" (Agricola u.a. 1983: 78), ohne jedoch - im Unterschied zu Wiegands Vorschlägen - selbst bis zur Stufe der wörterbuchgerechten Umsetzung vorzustoßen. Es versteht sich - sehr vermittelt zur Praxis - "als Ausgangsposition für die praktische Umsetzung in die Vorstufe eines größeren Die Darbietung des Analysebeispiels

Wörterbuch-Finalprodukts".

(Wortfeld NAHRUNG

ZUFÜHREN)

(Studien II 1987: 436ff.) läßt erkennen, daß die Verfügbarkeit so aufbereiteter Ergebnisse für die lexikographische Arbeit drin-

144

gend notwendig wäre, aber eben für den gesamten Wortschatz

und

nicht nur für ein Wortfeld. Andererseits wird klar, daß die nötige Forschungsarbeit

(das Projekt lief über mehrere Jahre)

neben der Arbeit an lexikographischen

keinesfalls

Projekten von den

Lexikogra-

phen miterledigt werden kann, und das selbst dann nicht, wenn man den Umfang des Analyseprogramms für das Einzelfeld

reduzieren

würde. Beim derzeitigen Stand der Dinge ist die Wahl des

zutreffenden

Genus proximum als Hyperonym in der Definition eines

Lemmas/Semems

häufig von Unsicherheit und Inkonsequenz begleitet. Wunsch

(1985)

zeigt anhand der Beispiele Hund und Gegenstand im HDG, wieviel systematisierender

Abstimmung im nachhinein zu investieren

wenn im Prozeß der Artikelproduktion nicht auf ein

ist,

ausgearbeitetes

System der paradigmatischen Beziehungen im Wortschatz

zurückgegrif-

fen werden kann. Er plädiert zu Recht dafür, dies zu einem thema lexikographischer Wortschatzuntersuchung

an

Haupt-

zu machen und schlägt

folgendes methodisches Vorgehen vor: "Da der Lexikograph sich nicht auf einen ausgewählten Wortschatzbereich oder gar nur ein Paradigma beschränken kann, die Vielzahl der nahezu über die ganze Lexik bestehenden semantischen Relationen zwischen den einzelnen

Sememen

eine wirklich gründliche und überzeugende Bearbeitung dieser gabe auch nur unter dem Aspekt des Gesamtwortschatzes scheint die Methode, vom ausgearbeitet vorliegenden mit seinen vierzig- bis zweihunderttausend

hin

Auf-

zuläßt, er-

Wörterbuch

Bedeutungserklärungen

auszugehen, auch mit Blick darauf, es immer wieder zu überarbeiten und zu verbessern, die beste Gewähr für eine erfolgreiche gung dieser Aufgabe zu bieten." (B9) Das scheint uns

Bewälti-

überlegens-

wert und realistisch zu sein. Denn es steht außer Frage: Es wird so lange kein explizites System der paradigmatischen

Beziehungen

im Wortschatz geben, so lange das nächste Wörterbuch in Angriff genommen wird anstatt die Schaffung eines solchen expliziten

Systems

zur eigenständigen Forschungsaufgabe zu erheben, auf deren

Ergeb-

nis sich dann die folgenden Wörterbuchgenerationen gründen

können.

Dabei empfiehlt es sich, zunächst von einem relativ kleinen Wörterbuch mit beschränkter Lemmazahl auszugehen, um das Gerüst zu schaffen, sich der Rechnerunterstützung

zu versichern und erst

nach und nach die Erweiterung auf den gesamten 14 vorzunehmen.

Allgemeinwortschatz

145

4.2

Zur Funktion und zur Darstellung von Angaben zur Hyponymie-Relation im allgemeinen einsprachigen

HyperonymieWörterbuch

Die mitunter zu hörende Forderung, explizite Angaben auch zur semantischen Relation der Über- und Unterordnung von Sememen in allgemeine Gebrauchswörterbücher

aufzunehmen, halten wir in so glo-

baler Form für überzogen. Ihre Realisierung scheitert nicht nur am unzureichenden Aufbereitungsstand dieser

Wortschatzrelationen

(vgl. 4.1), sondern sie ist aus prinzipiellen Erwägungen

heraus,

die diesen Wörterbuchtyp betreffen, nicht uneingeschränkt zu befürworten. Anders und stärker als bei den Informationen zur Synonymie- und Antonymierelation

ist hier die Gefahr gegeben, daß der

Rahmen des Vertretbaren gesprengt wird: "Ein allgemeines

Wörter-

buch ist keineswegs nur als eine objektive Beschreibung des Wortschatzes anzusehen, sein Wert ist nicht allein daran zu messen, ob seine Wortschatzanalysen und Informationen auch den

Anforderun-

gen von Linguisten genügen. Es hat vor allem praktischen zu dienen und in erster Linie den Anforderungen nicht geschulter Benutzer gerecht zu werden

linguistisch

... Dieses Wörterbuch

te man nicht mit Informationen für den Linguisten und damit entstellen" (Drosdowski

Zwecken

1985: 66). Mit

soll-

überfrachten Drosdowski,

Wiegand (1984), Wunsch (1985) u.a. sind wir der Meinung, daß die Angabe von lexikalisch-semantischen

Relationen allgemein und die-

ser Relation im besonderen nicht Selbstzweck

in diesem

Wörterbuch

sein kann, sondern daß sie der übergeordneten Aufgabe der tungsbeschreibung

Bedeu-

unterzuordnen ist und von Relation zu Relation

im einzelnen auf ihren spezifischen Beitrag dazu abgeklopft

wer-

den muß. Danach allein bemessen sich theoretisch die Art und der Umfang ihrer Berücksichtigung

im allgemeinen Wörterbuch,

wobei

allerdings praktisch weitere Einschränkungen u.U. aufgrund des unzureichenden Forschungsstandes notwendig sind. In bezug auf das Problem der Hierarchiebeziehung

ist eine differenzierende

Betrach-

tung am Platze, die zwischen dem Wert der Hyperonymkenntnis dem der Informationen über Hyponyme zum Lemma

und

unterscheidet.

Ganz außer Frage steht der Erkenntniswert, den die Angabe des entsprechenden Oberbegriffs (Hyperonyms) für die

Bedeutungser-

schließung des Lemmas hat; schließlich macht sich das klassische Definitionsverfahren

(vgl. 4.1), das der AufSchließung und Ver-

146

mittlung von Begriffsinhalten dient, eben die Tatsache daß ein neuer Begriff bliert werden

zunutze,

"durch zwei Informationen vollständig

eta-

[kanrQ : durch seine Zuordnung zu einem bereits ge-

bildeten Oberbegriff und durch die Angabe weiterer render Merkmale"

differenzie-

(Hoffmann 1986: 37). Daß dieses für

Lernvorgänge sehr wesentliche Charakteristikum der menschlichen Wissens für die Beschreibung von

kognitive

Organisation

Sememinhalten

- mutatis mutandis - ebenfalls eine hervorragende Rolle wird durch die tradierte Praxis "lexikographischer

spielt,

Definitionen"

aus genus proximum und differentia specifica belegt. Die Angabe des Hyperonyms ist mithin wesensmäßiger

Bestandteil

Definition, der umschreibenden Bedeutungsexplikation, ihrem Status nach grundsätzlich von den Angaben zur

der

was sie

Synonymie

oder zur Antonymie unterscheidet. Eine gesonderte Nennung Hyperonyms im onomasiologischen Teil des semantischen

des

Kommentars

ist nicht sinnvoll, weil sie keinerlei neue Information

bringen,

sondern lediglich eine ohnehin bereits vorhandene Information

ver-

doppeln würde. ^ Neben der Funktion, die das Hyperonym innerhalb der für die Bedeutungserschließung

Definition

des Lemmas hat, kann seine

nis auch für Belange der Textproduktion hilfreich sein.

Kennt-

Wiegand

beschreibt als eine denkbare, "die Wortsemantik betreffende rigkeit bei der Produktion schriftlicher

Texte" die

Schwie-

"Wortfindungs-

schwierigkeit" in bezug auf die "lexikalisch-semantische

Generali-

sierung":

hinge-

"Der Schreiber will eine geplante oder bereits

schriebene sprachliche Formulierung

verallgemeinern.

er ζ. B. in einem Wörterbuch nach einem lexikalischen

Dann kann Superonym

[= Hyperonym, D.H..]] suchen." (1977a: 78/79). Das Hyperonym

kann

er in der Regel tatsächlich verwenden, um den untergeordneten druck, unter dem er nachgeschlagen hat, im Text

Aus-

verallgemeinernd

zu ersetzen, "während umgekehrt ein Hyponym für das Hyperonym nur dann einsetzbar ist, wenn das entsprechende differenzierende

Merk-

mal im Kontext ausgedrückt oder durch spezifische Kenntnisse

vor-

ausgesetzt werden kann." (Probleme 1977: 328). Die

Subordinations-

beziehung zwischen zwei Sememen beruht also auf einer Implikation. Es gilt zwar: jede Nelke ist eine

Blume,

es gilt aber nicht: jede Blume ist eine

Nelke.

einseitigen

147

Auf Grund dessen macht es wenig Sinn, auf der Nennung der

Hyponyme

(in der Regel sind es mehrere) zu einem Lemmazeichen zu bestehen, denn der praktische Wert ihrer Kumulation im

onomasiologischen

Teil des semantischen Kommentars ist fragwürdig

(vgl.

Herberg

1983: 82). Die von Wiegand im oben angeführten Zusammenhang stellte Wortfindungsschwierigkeit Ausdruck

in bezug auf einen

("lexikalisch-semantische

unter-

spezielleren

Spezifizierung") scheint

uns

hypothetisch zu sein: "Der Schreiber will eine geplante oder bereits hingeschriebene sprachliche Formulierung spezieller ten. Dann kann er ζ. B. in einem Wörterbuch nach einem

gestal-

lexikali-

schen Hyponym suchen" (Wiegand 1977a: 79). Selbst wenn der

Suchen-

de unter dem Stichwort Blume eine Reihe von Ausdrücken für

Blumen-

arten vorfinden würde, könnte ihm damit nicht geholfen da er zum einen den allgemeineren Ausdruck nicht ohne

werden, weiteres

gegen den spezielleren austauschen kann und da er zum anderen ohnehin

vorher

wissen muG,

welche

speziellere

Benen-

nung er benötigt; denn es ist schwer vorstellbar, daß es beim Verfassen eines Textes gleichgültig

sein sollte, ob der

allgemeinere

Ausdruck Blume durch Schneeglöckchen, Nelke oder Hyazinthe

ersetzt

wird. Damit ist es aber unwahrscheinlich, daß sich ein Schreiber mit der von Wiegand unterstellten Frage nach einem Hyponym

(das

ja ein bestimmtes sein müGte und keine Kollektion!) an den Wörterbucheintrag

für dessen Hyperonym

wendet.

Anders zu beantworten ist die Frage nach dem Sinn der Angabe von Ausdrücken, die ein und dasselbe Hyperonym wie das Lemma haben und also - unter diesem Gesichtspunkt

- dessen

sind (vgl. Probleme 1977: 330ff.). Man hat hier

Kohyponyme

verschiedenartige

Relationen zwischen den Kohyponymen zu beachten; vor allem zwischen semantisch identischen und semantisch nicht

Kohyponymen zu unterscheiden. Die Angabe von semantisch

minimal

oder gar nicht unterschiedenen, also semantisch weitgehend schen Kohyponymen ist für den Benutzer von groGem

Kohyponyme hat man von

Similarität

identi-

praktischen

Wert, wenn es ihm um lexikalisch-semantische Nuancierung Äußerungen geht. In bezug auf semantisch minimal

ist

identischen

seiner

unterschiedliche

gesprochen (vgl. Pro-

bleme 1977: 333). Unter dem Aspekt ihrer lexikographischen sung sollte man sie wegen der damit verbundenen

Erfas-

Schwierigkeiten

nicht als gesonderten Informationstyp behandeln, sondern als

148

Synonyme

buchen, weil sie vor allem in dieser Funktion für

den Benutzer von Belang sind (ζ. B. Knabe, Bub beim Lemma

Junge

in Hinblick auf das gemeinsame Hyperonym Kind). Wie sollte mit Kohyponymen verfahren werden, die semantisch nicht identisch mit dem Lemmazeichen sind, jedoch demselben Hyperonym

untergeordnet

sind (ζ. B. Mädchen, Baby beim Lemma Junge im Hinblick auf das gemeinsame Hyperonym Kind)? Diese dem Lemmazeichen

nebengeordneten

Ausdrücke geben dem Benutzer zwar keine unmittelbare Hilfe bei der Textproduktion,

ihre Kenntnis leistet aber insofern einen Bei-

trag zur Vervollständigung der semantischen Beschreibung, als sie das Bedeutungsfeld des Lemmas um Feldpartner ergänzt, die

dersel-

ben Hierarchiestufe und Wortart angehören, ohne im Verhältnis der Synonymie, der Antonymie, der Hyperonymie oder der Hyponymie

zum

Lemma zu stehen. Auf sie kann im onomasiologischen Teil des semantischen Kommentars durch ein semantisches Kommentarsymbol

wechsel-

seitig hingewiesen werden, sofern sie selbst als Lemma im betreffenden Wörterbuch enthalten sind, so daß auf diese Weise ein weiterer Schritt in Richtung auf die Transparenz

makrostruktureller

Relationen getan würde. Das so begrenzte Datenangebot daß der onomasiologische Kommentarteil

verhindert,

ausufert und zwei

Drittel

des Gesamtartikels einnimmt wie ζ. B. beim Lemma Kind im DudenBedeutungswörterbuch. Damit sind wir bereits bei den bisher in der

lexikographischen

Praxis erprobten Mitteln, die besprochene Relation im W ö r t e r b u c h artikel zu berücksichtigen.

Es ist dies explizit auf

zweierlei

Weise versucht worden: mit Hilfe eines Verweissystems bzw. BW) und mit Hilfe eines Ergänzungswortschatzes

(dtv-Wahrig

(Duden-Bedeu-

tungswörterbuch).. Was bereits unter dem Aspekt der Synonymierelation kritisch zum Verfahren des kumulativen Anschlusses von

(vgl.

2.2)

Wörtern,

"die begrifflich oder assoziativ mit dem Stichwort in Verbindung gebracht werden können" (12), im D u d e n - B e d e u t u n g s w ö r t e r b u c h

ange-

merkt wurde, wäre hier mutatis mutandis zu wiederholen: Die unter den Hinweisen sinnv. bzw. Zus. angebotenen Lexemkollektionen

ent-

halten ungeordnet sowohl similare Kohyponyme zum Lemma als auch fallweise Hyperonyme und Hyponyme, ohne daß dem Benutzer aber

ihr

Stellenwert in der semantischen Hierarchie vermittelt würde. Auch Wortartgrenzen werden überschritten, sofern nur die Lexeme

assozia-

149

tiv aufeinander zu beziehen sind. Schon das wenig umfangreiche Beispiel bierernst aus der Einleitung kann das Problem verdeutlichen : "bierernst ... sinnv.: ernst, humorlos . Trauerkloß" (12) Abgesehen vom wortartfremden Trauerkloß gehören die beiden angeführten Adjektive unterschiedlichen Hierarchiestufen an: ernst ist Hyperonym zu bierernst'''^, während humorlos Kohyponym zu bierernst in bezug auf das gemeinsame Hyperonym ernst ist. Dem Anliegen besser gerecht zu werden vermag aus unserer Sicht eine Verfahrensweise, die dtv-Wahrig "in der germanistischen Lexikographie ... zum ersten Mal erprobt" hat (Wiegand/KuCera 1981: 187) Und die von BW übernommen worden ist. Es handelt sich um den "Siehe auch!" zu lesenden Verweis " — > a . " , der in den Einleitungen beider Wörterbücher übereinstimmend so eingeführt wird: "Dieses Zeichen verweist neben "Sy" und "Ggs" auf ein Wort, das einen Begriffsbereich vervollständigt; ζ. B.: labil ...; Ggs stabil; — > · a. indifferent" (dtv-Wahrig: 12). Im vorliegenden Beispiel wird mit einem semantischen Kommentarsymbol auf den sprachlichen Ausdruck verwiesen, der zum Lemmazeichen weder Synonym noch Antonym noch Hyperonym oder Hyponym ist, sondern der auf einer angenommenen Achse quasi als Nullpunkt zwischen labil und seinem Gegenwort stabil und also auf derselben Hierarchiestufe steht und als Feldpartner zum vollen Verständnis des Bedeutungsfeldes dazugedacht werden muß. Wiegand/Kußera (1981: 187ff.) haben die Ausnutzung dieses Verweisverfahrens im BW analysiert und kommen zu der Ansicht, daß es sich dabei um eine nützliche Praxis handelt, deren Nutzen im BW allerdings durch zu geringe Konsequenz und Systematik bei der Anwendung eingeschränkt wird. Besonders irritierend ist, daß dieses Kommentarsymbol mit einer Reihe unterschiedlicher Funktionen bedacht wird, von denen nur einige der "Vervollständigung des Begriffsbereichs" dienen. Abgesehen davon, daß in zahlreichen Fällen statt " — ^ a . " die präziseren Symbole "Sy" oder "Ggs"am Platze gewesen wären und daß oft in analogen Fällen unterschiedlich verfahren wurde, weist das Symbol sowohl auf Hyponyme zum Lemma ζ. B. "Ableitungssilbe £. .

— > • a.

Präfix, Suffix, Infix"

150

als auch auf Kohyponyme zum Lemma relativ zu einem

gemeinsamen

Hyperonym ζ. B. "Erbwort

.

— > 3 .

Lehnwort,

Fremdwort".

Das ist für den Benutzer unvorteilhaft, weil er nicht mit einer eindeutigen Sofortinformation zum Stellenwert der

betreffenden

Wörter im semantischen Netz bedient wird, sondern zum weiteren Nachschlagen gezwungen ist, wenn er sich für diese

Information

interessiert. Hier scheint uns die Grenze überschritten zu sein, jenseits derer die Systemdarstellung

zum Selbstzweck

wird.

Im folgenden Abschnitt wollen wir den Versuch eines

realisti-

schen Vorschlags machen, der sowohl den Nachteil von Wiegands Modell, zu

viele

Kommentarsymbole zu benutzen, als auch den

der Wahrig-Wörterbücher, einem

4.3

zu heterogene Informationen

Kommentarsymbol zu bieten, zu vermeiden

unter

trachtet.

Möglichkeiten und Grenzen der lexikographischen bung der Hyperonymie-Hyponymie-Relation einsprachigen

Beschrei-

im allgemeinen

Wörterbuch

Gerade für diese semantisch-lexikalische

Systembeziehung gilt es

zu beherzigen, daß der Lexikograph nicht alles, was er über Systemrelationen weiß, auch im Bedeutungswörterbuch

unterbringen

wollen soll. Die primäre Aufgabe dieses Wörterbuchtyps in der Bedeutungsbeschreibung

besteht

lexikalischer Einheiten, und dieses

primäre Ziel hat die Auswahl der aufzunehmenden Typen von

Infor-

mationen sowie den Grad ihrer Explizitheit zu steuern: Es muß sich um Angaben handeln, die einerseits zumindest mittelbar einen spezifischen Beitrag zur genaueren Bedeutungserfassung

bei der Text-

erschließung leisten und die andererseits Antworten auf liche Suchfragen bei der Textproduktion darstellen.

wahrschein-

Exhaustivität

verbietet sich nicht nur wegen der oft schwierigen Erhebung Fakten, sondern auch aus darstellungsökonomischen

der

Gründen in Hin-

blick auf die Handhabbarkeit durch Nichtfachleute. Die

ausgewählten

Informationstypen sollten nur durch die im betreffenden enthaltenen Lemmata ausgefüllt werden, das allerdings

Wörterbuch

konsequent

und ausnahmslos. Die entsprechenden Angaben und Zuordnungen ten stets eindeutig semembezogen sein, wozu monosemierende

sollZiffern

151 hinter dem betreffenden Formativ ein geeignetes ökonomische Mittel sind. Zugleich ist darauf zu achten, daß die primäre Aufgabe, mit Hilfe einer lexikographischen Definition die Bedeutung eines Semems zu explizieren, nicht dadurch beeinträchtigt wird, daß dieser Textbaustein durch Kommentarsymbole unnötigerweise

durchbrochen

und dadurch schwer lesbar wird (vgl. Wiegands Vorschlag). Für die Hyperonymie-Hyponymie-Relation scheint uns - unter Einbeziehung der Erfahrungen mit bereits praktizierten Versuchen (vgl. 4.2) - folgendes Darstellungsverfahren für ein allgemeines einsprachiges Wörterbuch durchführbar zu sein: Bei den Wortarten, bei denen hierarchische semantische Strukturen vorliegen - besonders bei Substantiven, aber auch bei Verben und Adjektiven -, sollte konsequent von der Möglichkeit der Definition mit genus proximum und differentia specifica Gebrauch gemacht werden. Dadurch ist das

Hyperonym

automatisch Bestandteil

des semasiologischen Teils des semantischen Kommentars, so daß sich eine Wiederholung im onomasiologischen Teil erübrigt. Allerdings genügt es u. E. nicht, das Hyperonym in der Definition zu verstecken, sondern wir plädieren dafür, es von der Schriftart der Definition abzusetzen und diesbezüglich den anderen onomasiologischen Informationen anzupassen. Die Definitionen zu den Lemmata Gehalt und Honorar im HDG müßten also in folgender Weise umgestaltet werden: Gehalt, das

./] monatlich ausgezahlte Vergütung der Angestellten

[...] Honorar, das £. . Tätigkeit

Vergütung bes. für freiberuflich ausgeübte . .J

Damit ist das Lexem Vergütung als unmittelbar oder mittelbar übergeordneter Ausdruck, also als

Hyperonym

ausreichend ge-

kennzeichnet . Die Information, daß es sich bei Gehalt bzw. Honorar um Art

der

Vergütung

eine

handelt, ist damit auch optisch sinn-

fällig gemacht. Wieviel Systematisierungsarbeit der Lexikograph in diese leicht gestellte und scheinbar ohne größere Mühe zu lösende Aufgabe investieren muß, weist Wunsch (1985) anhand von Beispielen aus dem HDG nach.

152

Wir hatten bereits oben gesagt, daß Benutzerfragen der Art: "Welche Arten von Vergütungen bzw. von Gehältern, Honoraren gibt es?" im Zusammenhang mit der Textproduktion und gestellt an die betreffenden Lemmata schwerlich vorstellbar sind. Eine tisch-helfende

prak-

Funktion ist einer Auflistung von Hypony-

men zum Lemma also kaum zuzuschreiben. Daher halten wir sie im Gebrauchswörterbuch für entbehrlich, zumal sie eine

Aufblähung

zahlreicher Artikel mit sich bringen würde. Daß ein Überblick über die im betreffenden Wörterbuch enthaltenen Hyponyme zu einem Stichwort

linguistisch

von Interesse ist, steht außer

Frage. Daher ist es Wörterbüchern, deren

Herstellungsbedingungen

und deren Umfang das gestatten, natürlich unbenommen, im onomasiologischen Teil des semantischen Kommentars Platz für die Aufzählung der zum Lemma gehörenden Hyponyme vorzusehen und diese etwa hinter dem Kommentarsymbol Hyp in alphabetischer Reihenfolge Wenn das geschieht, sollten allerdings

aufzuführen.

sämtliche

im jewei-

ligen Wörterbuch in Frage kommenden Ausdrücke erfaßt werden. Für unerläßlich halten wir die Hyponymenbuchung

aus der Sicht der In-

teressenlage des Benutzers, der sprachliche Suchfragen zu einem bestimmten Wort beantwortet haben will, jedoch Kohyponyme

nicht.

zum Lemma sind für den Benutzer dann von Inter-

esse, wenn er sie aufgrund ihrer semantischen Similarität

bzw.

Identität mit der Bedeutung des Lemmas bzw. eines seiner

Sememe

an dessen Stelle bei der Textproduktion verwenden kann, d. h. wenn sie zum Lemma im

synonymischen

Verhältnis

stehen.

Diese Kohyponyme werden hinter dem Kommentarsymbol Syn im onomasiologischen Teil des semantischen Kommentars angeführt (vgl. dazu 2.3), weil sie unter sprachpraktischem Aspekt primär als Synonyme, weniger aufgrund ihres Status als Kohyponyme von Belang

sind.

Auf Kohyponyme, die diese Bedingungen nicht erfüllen, kann entweder verzichtet werden oder sie können hinter einem

besonderen

Kommentarsymbol aufgeführt werden. Das Symbol Kohyp ist aus wenigstens zwei Gründen nicht empfehlenswert: einmal würden

darunter

nicht sämtliche Kohyponyme erfaßt, da die Teilmenge mit scher Identität/Similarität

erfaßt wurde und zum anderen ist ihre Buchung unter dem schen Spezialausdruck

semanti-

relativ zum Lemma bereits unter Syn linguisti-

Kohyponym für den Nichtfachmann wenig

sagekräftig. Dagegen würde ein Verweissymbol

"—^a."

aus-

ä la dtv-

153

Wahrig/BW dem Anliegen solcher Angaben viel besser gerecht, den Benutzer auf Feldpartner gleicher Hierarchiestufe zu sen,

aus deren Artikel(n) er ggf. bei Bedarf

verwei-

Informationen

über die Spannweite des betreffenden Wortfeldes über die synonymische und antonymische Relation hinaus beziehen kann. Auch kann - ähnlich wie bei der Nennung von Antonymen - das einfache Erscheinen eines oder mehrerer dem Benutzer bekannter Lexeme hinter dem Symbol " — > a . "

als Vergewisserung und Korrektiv bei der se-

mantischen Einordnung des Lemmas dienen. Der semantische Kommentar zum Lemma Vergütung würde diesen Prinzipien entsprechend etwa folgende Architektur haben, ohne erschöpfend in der lexikalischen Füllung zu sein und ohne den Versuch der Monosemierung: Vergütung, die

. .J Geldbetrag, der bezahlt wird; Syn Bezahlung -

f a. Verdienst, Zahlung

Hyp Gage, Gehalt, Honorar, LohnJ

Damit scheint uns die Leistungsgrenze des allgemeinen einsprachigen Wörterbuchs erreicht zu sein. Alles, was an makrostruktureller expliziter Information darüber hinausgeht, verlangt einen speziell dafür eingerichteten Typ von Wörterbuch.

4.4

Hilfsmittel und Datenquellen

Solange es kein aus sprachlichen Gegebenheiten hergeleitetes hierarchisches Ordnungsgerüst des deutschen Wortschatzes gibt, ist der Lexikograph darauf angewiesen, sich von Feld zu Feld ein eigenes Strukturbild zu entwerfen, das ihm "als onomasiologische

Orientie-

rungshilfe bei der lexikalischen Paraphrasierung" (Wiegand 1977a: 86) dienen kann. Als Materialfundus und grobe Orientierung können ihm die nach außersprachlichen, fach- oder

allgemeinwissenschaftli-

chen Klassifikationssystemen des Weltwissens erarbeiteten onomasiologischen Sach- oder Begriffswörterbücher von Nutzen sein, ohne daß er sich aber deren Zuordnungen unkritisch anvertrauen dürfte. Da eine natürliche Sprache kein Terminologiesystem ist, können im Einzelfall durchaus unterschiedliche Hierarchisierungen möglich und berechtigt sein; die letztendliche Entscheidung können die Wörterbücher von Dornseiff oder Wehrle-Eggers, die sich untereinander in den Zuordnungsergebnissen ihrerseits beträchtlich unter-

154

scheiden (vgl. Agricola 1986: 285ff.), dem Lexikographen nicht abnehmen. Zur Stützung seiner Sprachkompetenz kann er selbstverständlich auch die vorliegenden Synonymwörterbücher unter diesem speziellen Aspekt auswerten, die zum Teil mit der Markierung von Bedeutungsnähe und Bedeutungsferne bestimmter Einheiten zum Lemma indirekte Hinweise auf Hyperonymie- bzw. Hyponymie- oder KohyponymieVerhältnisse geben können. Schließlich kann auch die kritische Betrachtung der Behandlung lexikalisch-semantischer Strukturen in den Vorläuferwörterbüchern desselben Typs im Einzelfall zu neuen und besseren Resultaten führen. Eine systematische Lösung allerdings ist damit nicht zu gewinnen; sie kann nur das Ergebnis einer gezielt dazu betriebenen wissenschaftlichen Untersuchung - losgelöst von den Zwängen eines im Entstehen begriffenen Wörterbuchprojektes - sein.

5.

Fazit

Dieser Beitrag soll nicht abgeschlossen werden, ohne an einem Beispiel zu demonstrieren, wie sich die behandelten drei Typen makrostruktureller Relationen im semantischen Kommentar eines Lemmas zum onomasiologischen Informationskomplex

verdichten,

anders gesagt: wie die Architektur des onomasiologischen Teils des semantischen Kommentars beschaffen sein könnte. Das Beispiel ist bewußt einfach gewählt und an die Lemmabehandlung im HDG angelehnt, um Lexikographen davon zu überzeugen, daß das aufgestellte Programm zur Einbeziehung expliziter makrostruktureller

Infor-

mationen sowohl vom Arbeits- als auch vom Platzaufwand her realistisch und durchführbar ist, sofern man nicht Perfektionismus und Exhaustivität ansteuert, sondern sich ausschließlich an dem Ausschnitt der Lexik orientiert, der im gegebenen Wörterbuch erfaßt ist:

155 Unserem Minifeld liegt folgendes Strukturschema

zugrunde:

f

Sitz Hyper/Hyp

Hyper/Hyp

& Vordersitz < —

Kohyp

Sitzplatz

Ant — ^

'Rücksitz Hintersitz ^

Kohyp

Syn f Fond

(1.)

Hyper/Hyp

Soziussitz Sozius

Daraus ergeben sich im einzelnen folgende Einträge für die tischen

seman-

Kommentare:

Sitz, der

1.1. Möbelstück od. Vorrichtung zum Sitzen; f Sitzplatz

Vordersitz, der

vorderer Sitz in einem Fahrzeug - Ant

Hintersitz,

Rücksitz Rücksitz, der

hinterer Sitz in einem Fahrzeug; Syn Hintersitz -

/ Fond (1.) - Hyp Sozius (2.), Soziussitz - Ant Hintersitz, der

Syn

Vordersitz

Rücksitz

Fond, der

1. hinterer Teil des Wagens, in dem sich die 14 λ befinden - f Rücksitz

Soziussitz, der

Rücksitz für den Beifahrer auf dem Motorrad,

-roller - Syn Sozius Sozius, der

Rücksitze

(2.)

2. Syn Soziussitz

Diese Vorgehensweise erhebt keinen Anspruch auf allgemeine

Verbind-

lichkeit, sondern sie versteht sich als Vorschlag, der unter rücksichtigung bisheriger Praktiken und anderweitig

Be-

unterbreiteter

Vorschläge einen möglichen Weg weist, wie den vorhandenen

theore-

tischen Einsichten in die Strukturiertheit des Wortschatzes

unter

strikter Berücksichtigung der Eigenheit und Aufgabe des einsprachigen Bedeutungswörterbuches

auf systematische Weise größere Ge-

rechtigkeit als bisher üblich zuteil werden könnte. Dabei

hatten

156

wir stets die schwierige Situation des Lexikographen vor Augen, der sich im Arbeitsprozeß selbst die nötigen Fakten verschaffen und sie in eine dem Benutzer nicht nur zumutbare, sondern nützliche Form bringen muß. Das Ergebnis ist eine Lösungsvariante, die sich um Realismus bemüht, ohne die theoretische Begründung zu vernachlässigen, und die durch Modifikationen an die Bedürfnisse des je besonderen Wörterbuches angepaßt werden kann.

157

Anmerkungen 1

Zu einschlägigen Anforderungen in bezug auf die historische Lexikographie vgl. ζ. B. Anderson/Goebel/Reichmann (1983), in bezug auf die Dialektlexikographie ζ. B. Reichmann (1986).

2

Reichmann (1988: 404) beschrieb kürzlich das dahinterstehende und von vielen ähnlich empfundene Dilemma: "Ich muß offen gestehen, nicht zu wissen, wie die ... Spannung zwischen Theorie und Praxis überwunden werden kann. Die naheliegende Forderung, der Praktiker habe immer ein Auge auf die Theoriebildung zu werfen und der Theoretiker möge sich gefälligst um dauernde Rückbindung seines Tuns an die Praxis bemühen, ist ebenso richtig, wie sie eine Binsenweisheit und außerdem eine Illusion ist: Die Aufgaben der Praxis lassen es schlicht und einfach nicht zu, daß der Lexikograph gleichzeitig Theoretiker ist, und die Theorie ist so differenziert, daß man oft gar nicht mal alle ihre Teilgebiete kennt, geschweige denn außerdem noch das praktische Handwerk beherrscht."

3

Berechtigterweise wird in Agricola u. a. (1983: 76f.) mit Verwunderung festgestellt, daß eine "Übernahme dieser Fonds an Materialien, Einsichten und Erfahrungen in die lexikographische Praxis von Bedeutungswörterbüchern ... nirgends in größerem Maßstab vollzogen worden" ist.

4

Vgl. auch die Äußerungen zu dieser Definitionsart in Probleme (1977: 272) und bei Schmidt (1986: 64f.).

5

"Die Ergänzungen zu diesen Erläuterungen in eckigen Klammern dienen lediglich der Verständigung mit dem Leser dieses Beitrages. Sie sind nicht für den gedachten Wörterbuchbenutzer bestimmt" (Wiegand 1977a: 88).

6

Daß ihre Einbeziehung beliebig und keinesfalls systematisch, durch das Streben nach Erhellung von Systemrelationen bestimmt ist, geht auch aus der Aussage hervor, daß sich das WDG "im Laufe der Arbeit und durch Erfahrungen der ersten Lieferungen stärker als zu Beginn der umschreibenden Deutung oder Definition zugewandt" hat (WDG: 08), d. h. daß die Verwendung von Synonymen bei laufender Arbeit eingeschränkt worden ist.

7

Am Rande sei darauf hingewiesen, daß wir hier einen der in Wörterbüchern nicht ganz seltenen Fälle vor uns haben, in denen die im Vorwort beschriebene nicht mit der tatsächlich geübten Praxis übereinstimmt bzw. in denen falsche Beispiele gewählt werden: Beim Lemma Astrologie ist kein Synonym angegeben!

8

Auch hier stimmt das Beispiel des Vorwortes nicht völlig überein mit der Realisierung des Artikels im Wörterverzeichnis; dort lautet die Reihenfolge der Synonyme: Blaubeere, Bickbeere, Schwarzbeere.

9

Görner/Kempcke (1973) und einige allgemeine Wörterbücher differenzieren nicht so fein und nehmen nur ein Grundsynonym - nämlich Weltall - an.

158 10

So führt ζ. Β. das einsprachige Lernwörterbuch "Grundwortschatz der deutschen Sprache" von Kosaras trotz seines relativ geringen Umfangs typische Antonyme an, indem sie an die Definition durch das Kommentarsymbol < — Μ angeschlossen werden, ζ. B. abends: jeden Abend; am Abend < — > morgens.

11

Klappenbach/Malige-Klappenbach (1978: 22) ζ. B. beklagen in bezug auf das WOG "Schwierigkeiten über Schwierigkeiten, die erst durch weitgehende linguistische Forschungen, wenn überhaupt, ganz zu klären sind", und Knobloch (1984: 103) ist der Meinung, das Duden-DUW habe "gut daran getan, von dieser Sache die Finger zu lassen, denn ohne schwierige lexikographische Knochenarbeit (ζ. B. Auf- und Einarbeiten von Agricola/ Agricola 1979) war hier kein Blumentopf zu gewinnen".

12

Zur Diskussion alternativer Begriffe: 'Inklusion', 'Subordination' (für 'Hyponymie') und 'Superordination' (für 'Hyperonymie') vgl. Lyons (1977; 1980: 301); 'Supernym' bzw. 'Superonym' (für 'Hyperonym') vgl. Wiegand (1977: 136f.).

13

Zu Problemen dieses Definitionsverfahrens in Wörterbüchern vgl. ζ. B. Probleme (1977: 257ff.), Wunsch (1985), Schmidt (1986: 41ff . ) .

14

Ein Buch, das als Basis der ersten Etappe dieser Aufgabe in Betracht kommen könnte, ist ζ. B. das einsprachige Wörterbuch "Grundwortschatz der deutschen Sprache" von Kosaras (1980) mit seinen ca. 3000 Stichwörtern.

15

Für Lemmata, die nicht nach dem Prinzip genus proximum + differentia specifica definiert werden können, weil sie sich nicht in eine Hierarchie einordnen lassen, entfällt dieses Problem automatisch.

16

Man vgl. seine Verwendung als genus in der Definition bierernst: ernst (wo man eigentlich ein bißchen Humor Lockerheit erwarten könnte).

17

Bei Fond haben wir ein Beispiel für die von uns. nicht behandelte Teil-Ganzes-Beziehung, die eine andere Art hierarchischer Beziehung konstituiert als die Gattung-Art-Beziehung (vgl. Probleme 1977: 327). Auch hier könnte man die in der Definition ausgedrückte Beziehung ("Teil des Wagens") in der Schriftart den onomasiologischen Angaben gleichstellen.

von oder

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GÜNTER

KEMPCKE

ORGANISATIONSPRINZIPIEN

UND INFORMATIONSANGEBOTE

IN EINEM

LERNERWÖRTERBÜCH

0.

Was ist ein

1.

Adressat und Wörterbuchfunktion. auswahl

2.0. 2.1. 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.3. 2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.4. 2.5.

Das Lernerwörterbuch und seine Datentypen Ausspracheangaben Grammatische Angaben Das Substantiv Das Adjektiv Das Adverb Das Verb Das Pronomen Das Zahladjektiv Die Funktionswörter Die Bedeutungsexplikation Arten der Bedeutungsexplikation Zur Sememgliederung Visuelle Semantisierungshilfe Stilistische Markierungen, Gebrauchsnormen Die syntagmatischen Relationen. Kontextbeispiele

3.0. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4.

Die Darstellung von Systemzusammenhängen Der MERKE-Kommentar Tafel-Hinweise Die Darstellung produktiver Wortbildungsmittel Die Darstellung von Wortbildungsnestern

4.0.

Zusammenfassung

5.0.

Wörterbuchtheorie und Wörterbuchpraxis: Der Wörterbuchartikel im Lernerwörterbuch (Musterartikel)

Anmerkungen Literatur

Lernerwörterbuch? Die

Stichwort-

166

0.

Was ist ein

Lernerwörterbuch?

Nach dem Erscheinen der beiden großen Gesamtwörterbücher deutschen Gegenwartssprache

(Wörterbuch der deutschen

der

Gegenwarts-

sprache (1964-1977) (WDG) und Duden. Das große Wörterbuch deutschen Sprache

(1976-1981) (Duden-GWB)) begann in den

Jahren eine Phase der Aufarbeitung

linguistischer

der

siebziger

Forschungsergeb-

nisse in Verbindung mit einer Standortbestimmung moderner

Lexiko-

graphie, die - wenn auch thematisch differenziert - bis heute kontinuierlich fortgewirkt hat und gemeinhin mit dem Begriff lexikographie gefaßt wird. Nachdenken über Wörterbücher ki u. a. 1977) und Wortschatzforschung der Lexikologie und Lexikographie deutlichsten.

heute. Aktuelle

Meta-

(DrosdowsProbleme

(1982) markieren den Beginn am

Ihre Kritik richtete sich nicht nur gegen den Rück-

stand der synchronischen Lexikographie gegenüber der schen Theorie, im besonderen gegen die Darstellung

linguisti-

bestimmter

Datentypen (lexikographische Definition, Grammatik im Wörterbuch, stilistische Markierungen, Funktionswörter, Kollokationen sondern auch gegen die diffuse Adressatenspezifik wörterbücher und die damit verbundene unscharfe nutzerspezifischer Nachschlagebedürfnisse

und

dieser

Differenzierung

Nachschlagesitua-

tionen. Sowohl das WDG als auch Duden-GWB setzten als den Muttersprachler

etc.), Gesamt-

Benutzer

voraus, rechneten aber auch mit dem

ausländi-

schen Nutzer: "Die Wortwahl im Wörterbuch ist in starkem Maße von dem weitgesteckten Kreis seiner Benutzer bestimmt, ein Kreis, zu dem nicht zuletzt auch der Ausländer gehört" (WDG, Vorwort:

03)

und "der wachsenden Zahl von Ausländern, die Deutsch lernen, soll es als grundlegendes Nachschlagewerk

über die deutsche

Sprache

dienen" (Duden-GWB, Vorwort: 2). Gegen diese Annahme einer

unge-

teilten Benutzermasse wandten sich vor allem diejenigen, die in Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Fremdsprachendidaktik fahrungen gesammelt hatten und auf die jahrzehntelange

Er-

Tradition

lernerspezifischer Nachschlagewerke des Englischen·'· und Franzö2 3 sischen verweisen konnten . 1974 erschien F. J. Hausmanns programmatischer Aufsatz ist und was soll ein Lernwörterbuch"^,

in dem erstmals

chige Wörterbuchtypen in ihrem Verhältnis zu

"Was

einspra-

muttersprachlichen

und ausländischen Adressaten bewertet wurden*'. In

"Lexeter

167

Proceedings" (1984), den Proceedings des Lexikographie-Kongresses in Exeter 1983, bildet die Lernerlexikographie bereits eines der vier Hauptthemen mit Beiträgen aus vielen, auch außereuropäischen Ländern. Doch der Begriff des Lerners und des Lern- oder Lernerwörterbuchs war noch zu facettenreich, er diente als Bezugsgröße einerseits für den muttersprachlichen, andererseits für den fortgeschrittenen ausländischen Benutzer und schließlich auch für den Schüler, den muttersprachlichen und den ausländischen, wofür sich in jüngster Zeit der Begriff des Schulwörterbuchs^

herausgebildet

hat. Dabei zeigte sich zunächst noch ein Nebeneinander von 'Lernwörterbuch 1

und 'Lernerwörterbuch' ohne

Adressatendifferenzierung.

Offenbar schien für den Muttersprachler das 'Lernwörterbuch' bevorzugt verwendet zu werden, das Bedeutungswörterbuch (Duden 10, 1985) des BI Mannheim führte in seiner 2., völlig neu bearbeiteten und erweiterten Auflage den Untertitel "Ein Lernwörterbuch mit Bedeutungsangaben, Anwendungsbeispielen und Abbildungen, mit sinnund sachverwandten Wörtern und den Bausteinen des Wortschatzes" und war ganz offensichtlich für die sprachliche

Kompetenzerweite-

rung des Muttersprachlers gedacht, da es Wortbildung und Synonymie als dominierende Datentypen gewählt hatte. Vernünftiger schien daher eine Unterteilung in L^ und L2, wie sie Zöfgen 1985^ vorschlägt: L^ als Lernwörterbuchvariante für den Muttersprachler und

als Lernwörterbuchvariante für den Ausländer, der das Nach-

schlagewerk für die Erweiterung seiner fremdsprachlichen Kompetenz benutzen soll. Doch die Wörterbuchwirklichkeit ist nicht identisch mit dieser theoretischen Differenzierung. Auf diese Schwierigkeip ten weist Zöfgen (1985b) hin ; es gibt im In- und Ausland kaum Wörterbücher, die dem Ideal eines L^- oder L2~Wörterbuches gerecht werden, meistens bilden sie Mischformen. Es finden sich Gesamtwörterbücher wie das WDG und das Duden-GWB, die exhaustiv angelegt sind, in erster Linie der Sprachrezeption dienen und als Adressaten sowohl den Muttersprachler als auch den Ausländer vorsehen. Auch die ein- oder zweibändigen Wörterbücher der deutschen Gegenwartssprache wie Duden. Deutsches Universalwörterbuch

(1984)

und das Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1984) dienen eigentlich nur diesem Zweck, nämlich den sprachrezeptiven Nachschlagebedürfnissen des Muttersprachlers, gehen aber in der

168

Darstellung grammatisch relevanter Wortschatzausschnitte

(ζ. B.

Präpositionen, Konjunktionen) über dieses Anliegen hinaus tangieren bereits das Nachschlagebedürfnis ausländischer

und Nutzer,

denn bei der Darstellung dieser Wortkategorien überwiegen Kriterien der Sprachproduktion.

Neben der

die

Adressatenzuweisung

gibt es folglich auch eine Funktionszuweisung

(selektiv

Sprachproduktion, exhaustiv und Sprachrezeption), aber ten- und Funktionszuweisung müssen durchaus nicht

und Adressa-

deckungsgleich

sein. Wären sie es, so würde dies bedeuten, daß der

ausländische

Nutzer nur an Sprachproduktion, nicht an Sprachrezeption und der Muttersprachler nur an Sprachrezeption und nicht an

Sprachproduk-

tion interessiert wäre. Wer aber als Nutzer Umgang mit

fremd-

sprachigen monolingualen Wörterbüchern gehabt hat, weiß aus Erfahrung, daß sowohl Rezeptionsschwierigkeiten keiten bei der Produktion von Texten seine

als auch

Schwierig-

Nachschlagesituation

bestimmen. Auch die in der fremdsprachendidaktischen

Literatur

anzutreffende Unterscheidung

(Rezeptions-)

zwischen einem passiven

und aktiven (Produktions-)Wörterbuch

geht von einer scharfen

Prin-

zipientrennung aus, die in der Lernerlexikographie kaum zu verwirklichen, aber in dieser apodiktischen Trennung auch kaum als wünschenswert anzusehen ist. So werden als Kriterien des passivischen Wörterbuchs angesehen: detaillierte Explikation, Makrostruktur, Wortbildungsmorpheme,

Registermarkierung

extensive (Stil-

ebenen), Kollokationen und feste Verbindungen - als Kriterien des aktiven Wörterbuchs: Valenz, begrenzte Makrostruktur,

morpho-

syntaktische Lemmaangaben, höchste Ansprüche an Mikrostruktur, umfangreiche Beschreibung der syntagmatischen Ebene. Dabei kaum einzusehen, weshalb beispielsweise die

ist

Registermarkierung

ausschließlich dem passiven Wörterbuch vorbehalten bleiben

soll,

die morphosyntaktischen Lemmaangaben wiederum nur dem aktiven Wörterbuch, und wenig überzeugend scheint die Einschränkung Makrostruktur

der

für das aktive Wörterbuch, wo doch gerade die man-

gelnde Systemsicherheit für den nichtmuttersprachlichen charakteristisch

Lerner

ist.

Wir nehmen daher an, daß eine strenge Trennung zwischen rezeptiver und sprachproduktiver

sprach-

Zielstellung kaum möglich und

auch gar nicht wünschenswert ist. Auch für den

muttersprachli-

169

chen Nutzer eines muttersprachlichen Wörterbuches dürfte eine klare Trennung hinsichtlich der Nutzungserwartungen zu ziehen sein. Mit Sicherheit sucht der Muttersprachler eher am Randes des Alltagswortschatzes als im Zentrum, wenn es sich um Rezeptionsschwierigkeiten handelt, seine Fragen hinsichtlich der Sprachproduktion aber können sich auf den gesamten im Wörterbuch abgebildeten Wortschatz richten mit seiner Mikrostruktur. Es scheint daher wenig sinnvoll, ein Bedeutungswörterbuch für den Muttersprachler zu konzipieren, das in seiner Stichwortauswahl nur in begrenztem Rahmen über den Grundwortschatz

hinausgeht;

für ihn sind Gesamtwörterbücher mit einer Stichwortanzahl von 60-100.000 eher geeignet, doch sehen die Relationen für Schulwörterbücher wieder ganz anders aus, da Schulwörterbücher für den muttersprachlichen Unterricht sich naturgemäß zunächst einmal am Grundwortschatz orientieren, d. h., in gewisser Weise berühren sich Schulwörterbücher für den Muttersprachler mit Lernerwörterbüchern für den Ausländer, beide sind selektiv. Für den ausländischen Nutzer sind durchaus einsprachige fremdsprachige Wörterbücher von einem Umfang bis zu 25.000 Stichwörtern geeignet, sowohl für die Sprachrezeption als auch für die Sprachproduktion, da dieser Umfang etwa der Durchschnittskompetenz des Muttersprachlers entspricht. Gesamtwörterbücher bis zu 60.000 Stichwörtern, die dem ausländischen Benutzer zugedacht sind, dürften hinsichtlich der Sprachproduktion und aller damit verbundenen sprachdidaktischen Repräsentation unter den Erwartungen eines ausländischen Lerners bleiben, was nicht bedeuten muß, daß diese Wörterbücher gänzlich ohne Nutzen für ihn sind, zumal dann, wenn sie dem Benutzer in Übersichten Informationen anbieten, die das alphabetische Prinzip durchbrechen. Zu fragen ist zunächst einmal nach den Nachschlagebedürfnissen eines ausländischen und eines muttersprachlichen Benutzers, ob sie sich unterscheiden und wenn ja, worin. Unter dem Gesichtspunkt der für beide lernspezifischen

Informations-

datentypen ließen sich für den Ausländer bei aller gebotenen Vorsicht - denn eine fundierte Analyse lernerspezifischer Nachschlage9 bedürfnisse scheint immer noch auszustehen - etwa die folgenden zentralen Unterschiede zum muttersprachlichen Benutzer auflisten: der ausländische Benutzer nutzt in erster Linie für den Erwerb einer Zweitsprache, d. h. einer Fremdsprache, ein zweisprachiges

170

Wörterbuch, und dieses sichert ihm die punktuelle Abklärung

seiner

aus der Textrezeption oder der Textproduktion sich ergebenden

Fra-

gen. Da zweisprachige Wörterbücher aber nicht in dem Maße den Zugang zum System eröffnen können wie einsprachige

Wörterbücher,

dürften diese auch für den fremdsprachigen Nutzer von sein, da ihre Systemtransparenz lich integrierender

Interesse

(vorausgesetzt, sie ist

tatsäch-

Bestandteil der Konzeption) für seine

Kompetenz-

erweiterung von hohem Nutzen ist. Das Lernerwörterbuch - und im folgenden beziehen wir das Lernerwörterbuch auf den

fremdsprachi-

gen Nutzer - geht davon aus, daß es als einsprachiges

Wörterbuch

zur Ergänzung des zweisprachigen Wörterbuchs genutzt wird, und es wählt seine Informationsdaten für den fremdsprachigen Nutzer lernspezifischen Gesichtspunkten aus, die sowohl der

Sprachrezep-

tion als auch der Sprachproduktion dienen; für ihn können typen Bedeutung haben, die dem muttersprachlichen Nutzer

Datenunwichtig

sind, ζ. B. Ausspracheangaben, Kollokationsregularitäten, logismen, morphologische und syntaktische Restriktionen, sche Restriktionen und Landeskundliches.

Phraseostilisti-

Im Wortartenbereich

beispielsweise Präpositionen, Konjunktionen, Partikeln und jektionen für den Ausländer wichtiger als für den

nach

sind

Inter-

Muttersprachler,

weil dieser ihre syntaktischen Verwendungsbedingungen

interiori-

siert hat. Daneben haben für ihn semantische Informationen

natür-

lich den gleichen Stellenwert wie für den Muttersprachler,

kurz:

Systemunsicherheit und Normunsicherheit

sind für seine

Nutzungs-

motivation genauso dominant wie für den Muttersprachler, wenn nicht gar noch stärker, jedoch ist seine Wichtung der Datentypen von der des Muttersprachlers zu unterscheiden. Als datenübergreifendes zeptionelles Merkmal für das Lernerwörterbuch ist die der Makrostruktur

zu nennen; sie umfaßt den für die

kon-

Darstellung

Paraphrasie-

rung verwendeten Wortschatz, die Synonymie, Antonymie, das Wortfeld, die Wortbildungsnester

(Wortfamilien),

Wortbildungsmittel

und Kollokationen. Jeder dieser Datentypen stellt, für sich genommen, keine absolute Neuerung dar, kann aber in seiner mit allen anderen Komponenten der Makrostruktur kum dieses Wörterbuchtyps werden, da die für den

zum

'Kombination'

Charakteristi-

Muttersprachler

konzipierten Wörterbücher das eine oder andere Detail dieser malkombination vernachlässigen

(ζ. B. Darstellung der

nester, Antonymie, kontrolliertes

Merk-

Wortbildungs-

Definitionsvokabular).

171 In der französischen und englischen Lernerlexikographie

beste-

hen offenbar auch unterschiedliche Wichtungen hinsichtlich der Makrostruktur, so favorisiert Longman (1987) ζ. Β. das defining vocabulary, seperately listed for ease of

controlled

reference

(Preface), die Darstellung des usage und die Anwendung von crossreferences

(Querverweisen), Dubois (1966) dagegen die

Darstellung

der Wortfamilie, der Homonymie, Satzsynonymie und der grammatischen Gliederung der Mikrostruktur

syntaktisch-

(Hausmann 1974). Auf

einige dieser Darstellungsverfahren gehen wir weiter unten noch näher ein. Das Datenspektrum eines Lernerwörterbuchs

ist wohl ohne

bildliche Darstellungen, Flexionstafeln, Übersichten der

verschie-

densten Arten heute nicht mehr als vollständig anzusehen; sie erhält es zwar enzyklopädische Züge, doch ist eine

durch

scharfe

Trennung zwischen sprachlichem Wissen und enzyklopädischem

Wissen

ohnehin nicht zu ziehen, und sie helfen zumindest, die durch das Alphabet bewirkte Atomisierung der Wortschatzdarstellungen

zu über-

winden . Alles in allem kann man nicht sagen, daß in der

Wörterbuch-

landschaft bereits der Standardtyp eines Lernerwörterbuchs stiert, es gibt zu viele Spielarten, und in den

exi-

deutschsprachigen

Ländern ist er überhaupt nicht vertreten, der Typ

1

Lernerwörter-

buch der deutschen Sprache für den Ausländer'. Zöfgen wies bereits 19B5 (1985b: 11) darauf hin: "Und fest steht auch, daß die monolinguale Fremdsprachenlexikographie, sie in Frankreich u. a. durch den DFC sowie den beiden

einzig-

artigen DFLE und wie sie in England durch eine inzwischen eindrucksvolle Zahl von "learner's dictionaries" LASDE, MLD)

wie

recht

(ALD, CULD, LDOCE,

... repräsentiert wird, im Grunde genommen ohne deut-

sches Pendant ist" (vgl. Anmerkung

1).

Seit 1987 wird an der Akademie der Wissenschaften in Berlin an der Konzeption eines

'Lernerwörterbuchs der deutschen

Sprache'

gearbeitet. Hier wird eine optimale Umsetzung des inzwischen ansehnlichen Ideenspektrums

'Lernerlexikographie

1

recht

versucht, und

dabei gilt es, die Parameter Adressat, Wortschatzausschnitt, tenauswahl und die didaktisch wirksame Repräsentation der

Da-

Daten-

typen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Wenn im folgenden die Parameter einer

Lernerwörterbuchkonzep-

tion und die Probleme einer Lernerdatentypologie

analysiert

wer-

172

den, so werden dabei die Spezifica eines Schulwörterbuchs oder eines Lernwörterbuchs für Muttersprachler

1.

ausgeklammert.

Adressat und Wörterbuchfunktion. Die Stichwortauswahl

Als Adressat wird in diesem zu erarbeitenden

Lernerwörterbuch

der fremdsprachige fortgeschrittene Benutzer vorausgesetzt, der bestimmte Grundregeln der Fremdsprache Deutsch beherrscht. Daß dieser fremdsprachige Benutzer eine ideale Größe darstellt, da seine muttersprachliche Kompetenz in der Ausgangssprache in der konkreten Benutzungssituation nicht ohne Einfluß auf die lernspezifischen Nachschlagebedürfnisse hinsichtlich der Zielsprache ist, muß als- gegeben vorausgesetzt werden, denn natürlich kann ein deutsches Lernerwörterbuch für einen Polen andere Schwerpunkte als für einen Franzosen setzen. Dieses Lernerwörterbuch muß also Deutsch als Fremdsprache so aufbereiten, daß es die für einen Ausländer generalisierbaren schwierigen, lernpsychologisch wichtigen Daten für den Erwerb der Zweitsprachenkompetenz

zusammenstellt;

es darf keine aus der muttersprachlichen Sicht geprägten Daten einbringen und muß ihm doch helfen, die native competence zu erreichen. Dies bedeutet, daß es sich nicht in der Erläuterung von Bedeutungen erschöpfen darf, sondern auch ζ. B. Informationen zu den Konstruktionseigenschaften von Verben und Adjektiven geben (Zöfgen 1985b), daß es schließlich alle Arten von Restriktionen zu den lernerspezifischen Datentypen rechnen muß. Seine Funktion ist die Hilfestellung bei der Rezeption und Produktion von Texten und der systematischen, schrittweisen Erweiterung des Wortschatzes, die von einer punktuellen Nachschlagesituation zur Kenntnis von Systemzusammenhängen führt. Damit übernimmt das Wörterbuch eine Art Lehrerfunktion, ohne den damit verbundenen Lernprozeß diskursiv austragen zu können. Dies wiederum hat für die Auswahl und die Darstellung der Datentypen bestimmte Konsequenzen: Das Lernerwörterbuch muß dem Lerner das Auffinden der benötigten Informationen erleichtern - immer eingedenk, daß ihm die muttersprachliche Kompetenz fehlt, d. h., es muß in seiner Metasprache verständlich sein, es muß leicht lesbar sein und muß die strukturellen Zusammenhänge, semantische und grammatische,

transparent

machen. Dies macht neue und andere Organisationsformen

notwendig,

173

als sie traditionell in synchronischen Gesamtwärterbüchern verwendet werden. Dazu Hausmann (1974: 99) "Für das Lernwörterbuch scheinen uns folgende Prinzipien wichtig: Synchronie, Homonymie, syntaktisch-grammatische Gliederung der Mikrostruktur,

Satzsynonymie,

Wortfamiliengliederung und Wortschatzselektion." Dem ist, bezieht man die oben angeführten Voraussetzungen mit ein, nicht viel hinzuzufügen, doch scheint die vielerorts geforderte Homonymisierung (vgl. auch Zöfgen 1985b) eine gesonderte Betrachtung wert (vgl. dazu 2.3.2, Sememgliederung). Neben den genannten Grundpositionen darf die folgende nicht ungenannt bleiben: für den ausländischen Benutzer, der von der Arbeit am lebendigen Text ausgeht, scheint uns die alphabetische Anordnung der Stichwörter unabdingbar. Sie erleichtert ihm das Nachschlagen, sie ist die einfachste Orientierung.

Onomasiologi-

sche Gliederungen ermöglichen zwar die Systemtransparenz, erfordern aber ihrerseits eine nach lernspezifischen

Gesichtspunkten

aufbereitete Gliederung, die sich thematisch nicht ohne weiteres nach einheitlichen Kriterien herstellen ließe. Die alphabetische Ordnung verpflichtet jedoch den Lexikographen, alle Möglichkeiten zu nutzen, die eine Atomisierung der Wortschatzzusammenhänge

über-

winden helfen, und dies beginnt bereits bei der Stichwortauswahl. Für unser Lernerwörterbuch, das den fortgeschrittenen ausländischen Nutzer als Adressaten zum Ziel hat, ist eine Stichwortanzahl von 15.000 vorgesehen, die Sememe dieser Lemmata nicht mitgerechnet. Wir gehen davon aus, daß das Wörterbuch als selektives Wörterbuch sich im weiteren Umfeld des Grundwortschatzes bewegen muß, daß es, wenn es die ganze Palette lernspezifischer

Datentypen

bieten will, auf Peripheres verzichten muß, doch gibt es darüber, wie Grundwortschatz zu definieren und was dazuzurechnen ist, unterschiedliche Auffassungen. Die Zahlen schwanken zwischen 3.000 und 25.000 je nach Interpretation. Wir nehmen an, daß wir mit 15.000 Stichwörtern dem Lerner einen Wortschatzausschnitt

anbie-

ten, der im Zentrum liegt, aber darüber hinaus so viel an Ergänzungswortschatz einschließt, daß er seiner Funktion der Kompetenzerweiterung vollauf gerecht wird. H. Schmidt (1985: 98ff.) nimmt an, daß mit 9.000 Stichwörtern der Bestand der heutigen Allgemeinsprache an etymologisch zu unterscheidenden Grundwörtern mit Si-

174

cherheit abgedeckt ist. "Eine repräsentative Auswahl der wichtigsten Komposita und Ableitungen ist bereits bei einer Stichwortanzahl von 12.000 Einheiten berücksichtigt. Bei 25.000 Einheiten sind für die Allgemeinsprache besonders wichtige Teile des fachsprachlichen Wortschatzes einbezogen" (H. Schmidt 1985: 99). Bei unserer Auswahl von 15.000 sehen wir uns in Übereinstimmung mit Zöfgen (1985b: 26): "Wichtiger scheint mir im übrigen eine ganz andere Vermutung, nämlich die, wonach man mit etwa 15.000 passiv beherrschten Wörtern ein annähernd muttersprachliches Verständnis authentischer Texte erreicht." Diese Größenordnung entspricht in der Wörterbuchpraxis etwa dem dtv-Wahrig (16.000), dem DFLE (etwa 18.000), dem MLD (18.000) (vgl. Anmerkung 1 und 2) und Duden 10 (17.000), das jedoch nach anderen Kriterien aufgebaut ist und daneben einen Ausbauwortschatz von 75.000 (Synonymreihen und Komposita, die größtenteils nicht im Wörterbuch erklärt sind) enthält. Gegenüber früheren Auffassungen, die von einer Objektivierbarkeit von Grundwortschatz ausgehen und Maßstäbe wie Frequenz, Kriterien des Spracherwerbs u. a. favorisieren, setzt sich neuerdings, seit den 70er Jahren, mehr und mehr die Erkenntnis durch, daß eine Grundwortschatzbestimmung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist, daß es den Grundwortschatz nicht gibt (Kühn 1984). Versucht man ihn statt dessen nach sozialen Normkriterien einzugrenzen, gelangt man bald in eine Vagheit, durch die nichts gebessert wird, ζ. B. wenn man den Grundwortschatz als das Zentrum des durchschnittlich gebildeten Muttersprachlers interpretiert. Peter Kühn kommt u. E. zu einer vernünftigen Lösung, wenn er der Grundwortschatzbestimmung pragmatische Kriterien zugrunde legt, indem er sie in Relation zum Adressaten und zur Funktion des Wörterbuchs setzt: "Die pragmatisch orientierte Grundwortschatzbestimmung

setzt

sich dabei scheinbar dem Vorwurf der Subjektivität aus. In Wirklichkeit ist diese Art der Grundwortschatzbestimmung jedoch relativ, d. h. ob ein Wort zum Grundwortschatz gehört oder nicht, ist abhängig von den zugrunde gelegten Kriterien. In der Praxis zeigt sich auf der anderen Seite jedoch sehr schnell, daß der Interpretationsspielraum bei der Zuordnung in den Grundwortschatz äußerst groß wird" (Kühn 1984: 252). Um dies zu vermeiden, müßte für das Lernerwörterbuch nach Kriterien gesucht werden, die eine Einengung

175

auf das Zentrum ermöglichen und gleichzeitig den Adressaten

berück-

sichtigen. Ausgehend von der Alltagskommunikation wurde die Auswahl in verschiedene Richtungen

vorgetrieben:

- selektive oder exhaustive Berücksichtigung

von Wortarten

- Basiswörter und ihre wichtigsten Ableitungen vor

dominieren

Komposita

- allgemeinsprachlicher

Wortschatz rangiert vor

Fachwort-

schatz - stilistisch Neutrales rangiert vor stilistisch

Markier-

tem - Überregionales rangiert vor

Regionalem

- heute Gebräuchliches, Allgemeingültiges,

für die Kommu-

nikation Unentbehrliches rangiert vor Veraltendem,

Ver-

altetem und Seltenem - grammatische, semantische, stilistische rangieren vor

Schwierigkeiten

Regulärem

- wortbildungsträchtige

und polyseme Stichwörter

rangieren

vor isolierten und monosemen Für die exhaustive Berücksichtigung bestimmter Wortarten in einem Lernerwörterbuch spricht, daß die Schwierigkeiten für den Lerner weniger in dem Lexikbereich zu suchen sind, der vorwiegend sprachliches abbildet, als in solchen Lexemen, die eher

Außer-

inner-

sprachliche Funktionen erfüllen. Dazu rechnen wir vor allem die Funktionswörter

(Konjunktionen, Präpositionen, Partikeln,

kel), aber im weiteren auch die Pronomina (Personal-, t i v · und Indefinitpronomina).

Arti-

Demonstra-

Für den Muttersprachler bildet

ser Wortschatzbereich dagegen weniger Schwierigkeiten, von Fragen, die ζ. B. mit Rektionsvarianten

abgesehen

(Präpositionen)

bunden sind oder die die Weglaßbarkeit des Artikels

diever-

betreffen.

Bei diesen Wortkategorien könnte ein Lernerwörterbuch für den Muttersprachler selektiv verfahren. Ein Lernwörterbuch für den Ausländer muß dagegen bei Substantiven, Adjektiven, Verben und Adverbien - wenn es einen Umfang von 15.000 Stichwörtern

voraus-

setzt - selektiv verfahren, und zwar nach den oben genannten rametern, sowohl monoseme als auch polyseme Stichwörter

Pa-

betreffend.

176 Für die Stichwortauswahl

bot sich als Materialgrundlage

der

Typ des Gesamtwörterbuchs von mittlerem Umfang, das 'Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache den herangezogen

(1984)'; zum Vergleich

'Wörter und Wendungen'

Duden 10 (17.000), dtv-Wahrig deutschen Sprache' (Kosaras Dabei zeigte sich, daß

(16.000),

(8.000

wur-

Stichwörter),

'Grundwortschatz

der

1983).

'dtv-Wahrig' und

'Duden 10' mit der

getroffenen Auswahl für das Lernerwörterbuch ein überraschend hes Maß an Übereinstimmung

ho-

aufwiesen und somit die These vom Zen-

trum des Alltagswortschatzes stützten. Daß allein der vergleich jedoch keine ausreichende Garantie für die

Wörterbuchgleichmäßige

Repräsentanz von Sachbereichen und semantischen Relationen

bieten

würde, war von vornherein anzunehmen, deshalb wurden als Ergänzung für die Auswahl auf alphabetischer Strecke etwa 60 Sachgebiete ausgewählt, ζ. B. Körper, Sport, Kleidung, Krankenhaus,

Garten,

Haus, Wohnung, Blumen, Bauplatz, Kirche, Straße, Stadt,

Kaufhaus,

Marktplatz, Werkzeuge, Betrieb, Büro, Werkhalle, Schule,

Schnei-

derei, Bauernhof, Nutztiere, Landwirtschaft, Zoo, Freizeit,

Musik,

Theater, Auto, Eisenbahn, Hafen, Flugplatz, Gebirge, Meer, Wald, Armee, Polizei, Feuerwehr, Post, Bank etc. Sie betrafen den Substantivbereich und hier wiederum den Bereich der Realien. kamen Verb und Adjektivwortfelder ben, Zustandsverben,

(Tätigkeitsverben,

Hinzu

Vorgangsver-

Temperaturadjektive, Dimensionsadjektive

etc.).

Sie alle bildeten - wenn auch in bescheidendem Maße - ein onomasiologisches Gegengewicht. Des weiteren bot sich an, die sche Typologie von Wortbildungsmitteln

für eine gleichmäßige

präsentanz von Ableitungen zu nutzen. Mit der separaten lung von Wortbildungsmitteln,

semanti-

insbesondere von heute

Re-

Darstel-

produktiven

Affixen, sollten dem Benutzer Hinweise für die inhaltliche

Er-

schließung von Lexemen verifiittelt werden, die im Wörterbuch

nicht

verzeichnet sind. Daß dieses Verfahren für den ausländischen nutzer risikoreicher als für den muttersprachlichen

Be-

ist, dürfte

kaum widerlegbar sein. Duden 10, der seine Vermittlung von Kompetenzerweiterung

vor allem auf Wortbildungstransparenz

mie beschränkt, führt mehr als 290 Wortbildungsmittel

und Synonyals selb-

ständige Wörterbuchartikel auf und füllt diese Artikel häufig mit Beispielen des Reservewortschatzes, die ziemlich singulär

und

selbst nicht als Stichwörter verzeichnet sind. Sie vermitteln

da-

177

mit eine Vorstellung vom Sprachusus, die nur durch die muttersprachliche Kompetenz korrigiert werden kann, und Duden 10 will ja den muttersprachlichen Nutzer erreichen. Für den

ausländischen

Benutzer muß diese Darstellungsform auf der Basis des verzeichnisses angelegt werden, d. h., der

Stichwort-

Wortbildungsartikel

sollte mit Wörterbuchartikeln dieses Bildungstyps

korrespondieren,

und die Beispiele dürften nicht im luftleeren Raum sein. Dieses Verfahren dient vor allem der

angesiedelt

Sprachrezeption,

aber indem es sowohl die semantische Bildungspotenz als auch das regulär damit verbundene Wortbildungsmittel

verzeichnet, kann es

auch für die Sprachproduktion wichtige Dienste leisten. Darstellungsverfahren

Dieses

ist schließlich bestens dafür geeignet, das

notwendige selektive Verfahren dieses Wörterbuchtyps zu stützen. Die ausgewogene Repräsentanz von Sachfeldern und

Wortbildungsmit-

teln böte allein jedoch noch keine Gewähr für die der durch das Alphabet bestimmten Anteile am

Ausgewogenheit

Stichwortverzeichnis.

Mit Recht hat H. Schmidt (1985) auf dieses Manko vieler

Wörter-

bücher hingewiesen. Aufgrund eines Vergleiches verschiedener terbuchtypen (Häufigkeits-, etymologische, orthographische, gemeinsprachige Wörterbücher) errechnete er

all-

Durchschnittswerte

der alphabetischen Relationen einer allgemeinsprachlichen wortliste der deutschen Gegenwartssprache

Wör-

Stich-

(S. 49). Danach macht

der Buchstabe A 7,1 % des jeweils dargestellten

Wortschatzaus-

schnitts aus, Β = 6,7, C = 0,5, D = 3,5 % etc. Wir haben diese Relationen für das Lernerwörterbuch berücksichtigt und auf der Grundlage des

'Handwörterbuchs' Richtwerte für jeden

Buchstaben

des Alphabets festgelegt, um eine angemessene Repräsentation der einzelnen alphabetischen Wörterbuchabschnitte

2.0

Das Lernerwörterbuch und seine

zu erreichen.

Datentypen

Obwohl es gegenwärtig noch keine allgemein akzeptierte

Lexikon-

theorie gibt und über die Menge der Regelkomponenten eines Lexikons und die Darstellung des Lexikons im Wörterbuch

unterschied-

liche Auffassungen bestehen, darf man doch davon ausgehen, daß das Wörterbuch einerseits und Lexikon und Grammatik in enger Beziehung zueinander stehen, ohne daß das

andererseits Verhältnis

178

ihrer Teile zueinander sich als kongruent bezeichnen ließe. Die Kenntnisse über die semantischen Strukturen des Lexikons sind gegenwärtig noch unzureichend. Das Wörterbuch hat die Aufgabe, das lexikalische

Sprachwissen

so differenziert wie möglich beim Einzellexem darzustellen, und es wird dieser Aufgabe um so eher gerecht, je mehr es bei seiner wissenschaftlichen Beschreibung der Lexeme zu den Regularitäten und Spezifika seiner Verwendung vordringt, diese für den Nutzer als Sprachwissen aufbereitet und sie ihm in ihren Zusammenhängen vermittelt. Zu den traditionellen Datentypen eines einsprachigen Bedeutungswörterbuchs, auch eines Gesamtwörterbuchs, zählen Angaben zur graphischen Norm, zur Aussprachenorm, Angaben zur morphologischen und syntaktischen Gebrauchsnorm, Ahgaben zur Semantik und zum stilistisch bevorzugten oder restriktiven Wortgebrauch. Sie sind - je nach Benutzerspezifik - in ihren Teilen unterschiedlich dominant und werden im folgenden für das Lernerwörterbuch hinsichtlich ihrer Dominanz festgelegt.

2.1

Ausspracheangaben

Es scheint, daß Bedeutungswörterbücher für den Muttersprachler den Ausspracheangaben und der grammatischen

Charakterisierung,

sieht man von der Darstellung des grammatisch relevanten Wortschatzteils ab, weniger Bedeutung beimessen, so ζ. B. das WDG, das HDG und Duden-Universalwörterbuch. Da die Fixierung der Aussprachenorm auch in Aussprachewörterbüchern erfolgt, wäre die Außerachtlassung der phonematischen Ebene bei einem Bedeutungswörterbuch für den Muttersprachler zu tolerieren. Im Gegensatz zum WDG hat Duden-GWB die Lautumschrift weitgehend als Datentyp durchgesetzt. Das WDG denkt offenbar an den muttersprachlichen Nutzer, wenn es nur die Formative berücksichtigt, die von "den allgemeinen Ausspracheregeln abweichen", also vor allem Fremdwörter (Vorwort, S. 026); das HDG geht zwar über die Richtlinien des WDG hinaus, indem es verstärkt die Aussprachezeichen der Internationalen Lautumschrift berücksichtigt (das WDG hatte sich bei der Lautumschrift vorwiegend des lateinischen Alphabets bedient, um

179 dem phonetisch ungeschulten Benutzer entgegenzukommen, hatte dabei aber nicht bedacht, daß es ja auch den ausländischen Nutzer

errei-

chen will), doch gibt auch dieses Wörterbuch nicht generell

die

Aussprachenorm

an.

Ein Wörterbuch für den foreign learner kommt u. E. nicht ohne die generelle Angabe der Aussprachenorm aus, da es seine beim Nutzer nicht voraussetzen kann; da die fixierte norm von Benutzern unterschiedlicher

Kenntnis

Aussprache-

Provenienz rezipiert

wird,

kann ihre Darstellungsform nur die der API sein oder der API angenähert. Als Grundlage dafür kann das in der DDR erschienene Aussprachewörterbuch^

neue

dienen. Der Lexikograph, der sich zu einer

durch den Wörterbuchumfang

bedingten ökonomisch vertretbaren

stellung bequemen muß, sucht nach Lösungen, die eine unnötige dundanz ersparen. Dafür bieten sich regelhafte

DarRe-

Lauterscheinungen

an, wie ζ. B. das schwachtonige Endungs-e des Plurals von Substantiven ( f i J ,

f 1J9

) oder des Präteritums regelmäßiger

Verben

(le:pt*). Auch die Suffixe -lieh, - i s c h , - h e i t , -keit, - u n g , -er etc. bieten die Möglichkeit des Verzichts auf da sie als Aussprachestereotype

Ausspracheangaben,

im Vorwort des Wörterbuchs

terisiert werden können. Übermäßige Redundanz ergeben

charak-

Kompositions-

reihen, bei denen Basis und Determinativum jeweils selbst als Stichwörter verzeichnet und hinsichtlich ihrer lautlichen Norm chend charakterisiert sind; ein Verweis auf diese erübrigte jede weitere

ausrei-

Kompositionsteile

Darstellung.

Andererseits kann, selbst wenn das Basislexem als Stichwort berücksichtigt und an alphabetischer

Stelle phonetisch

ausreichend

charakterisiert ist (diese Information also dem Kompositum

"ver-

erbt" wird), nicht auf die Akzentangabe verzichtet werden, wenn Anfangs- und Stammbetonung seln, ζ. B. umstellen ('

in ein und demselben Präfixverb

wech-

'f. .), und wichtig ist für den Aus-

länder, zu wissen, welcher von zwei Akzenten eines Lexems den Haupt- und welcher den Nebenakzent bildet, denn häufig Nebenakzentangaben vernachlässigt

werden

in allgemeinsprachlichen Wörterbüchern

völlig

f£stkoerp8f y,zi:kj. Der Nebenakzent wird selbst

in Aussprachewörterbüchern nicht einheitlich und durchgängig rücksichtigt, so daß diese für diesen Datentyp keine

Grundlage bilden. Im Lernerwörterbuch findet der Nebenakzent bei Lexemen mit vier und mehr Silben

be-

verläßliche

Berücksichtigung.

erst

180 Die g r ö ß t e n V e r ä n d e r u n g e n sprache

in der V a r i a b i l i t ä t

zeigt die E n d s i l b e n a u s s p r a c h e ,

stark vom S c h r i f t b i l d

Standardaus-

b e s o n d e r s die der

D i e s e V e r ä n d e r u n g e n und V a r i a n t e n sind für den richt im Fach D e u t s c h von g r o ß e r

der

Verben.

Ausländerunter-

B e d e u t u n g , weil die L a u t f o r m

a b w e i c h t und der L e r n e n d e

die in der

hier

Alltags-

s p r a c h e g e h ö r t e V a r i a n t e nicht mit der g e l e r n t e n S t a n d a r d f o r m Verbindung

b r i n g e n kann. Daher w i r d im L e r n e r w ö r t e r b u c h

Alltag dominierende Variante

Form der E n d s i l b e n a u s s p r a c h e

als

die

in

im

wichtigste

angesetzt. Diese Normänderungen betreffen Endsilben

wie

-ngen

(hin), - b e n (bm), - p e n (pm), - m e n (m»n od. m), - n e n (n, n » n ) ,

-chen

(cn) e t c . , d. h. vor allem b, ρ, d, t, g, k + - e n , die

1

in der b ü h n e n s p r a c h l i c h e n

I

t

t

Norm als - n » n k o d i f i z i e r t

Für den A u s l ä n d e r k ö n n e n sich b e i s p i e l s w e i s e

wurden.

für ein Lexem

'haben' drei V a r i a n t e n e r g e b e n : h a : mI , ha:bmI und h a : b e n . Sie unterschiedlich

zu b e w e r t e n , das b ü h n e n s p r a c h l i c h e

eine heute kaum n o c h r e a l i s i e r t e rücksichtigt

ha:ban

stellt

besonders hinsichtlich

[grafi:t, grafit]

L e x e m e , vgl. Physik

regionaler

der L ä n g e und K ü r z e der [fyzi:k, f y z i k 3 ,

Vo-

Graphit

u. a., vgl. auch die V o k a l l ä n g e e i n s i l b i g e r

ter wie Gras, Gas, G l a s , die im N o r d d e u t s c h e n ohne L ä n g e im ü b r i g e n S p r a c h r a u m d a g e g e n mit Länge.

schiede

z e i g e n sich im A n l a u t bei V o k a l e n + r - L a u t , ζ. B.

Regionale

UnterArzt,

Erde ( a r t s t , a : r t s t ; erda, e : * d » ) . Das L e r n e r w ö r t e r b u c h m u ß Varianten berücksichtigen,

da es n i c h t eine von ihnen als

tive Norm f e s t l e g e n kann und nicht den a u s l ä n d i s c h e n

Wör-

gesprochen

werden,

2.2

be-

werden.

kale e n d b e t o n t e r

unsichern

wie

sind

Norm dar und muß daher nicht

N o r m v a r i a n t e n d i e s e r Art e r g e b e n s i c h auch a u f g r u n d Unterschiede,

früher

diese

präskrip-

Benutzer

ver-

will.

Grammatische

In s e i n e m A u f s a t z protokollen"

Angaben

"Fragen zur G r a m m a t i k

f o r d e r t Η. E. W i e g a n d

P l a n u n g neuer W ö r t e r b ü c h e r

in

Wörterbuchbenutzungs-

(1985: 35) "Daß m a n bei

nicht mehr vom p o t e n t i e l l e n

s o n d e r n von d e n k b a r e n B e n u t z u n g s s i t u a t i o n e n

a u s g e h t " , da zu

D a t e n t y p F r a g e t y p e n und W ö r t e r b u c h b e n u t z u n g s s i t u a t i o n e n Benutzer

in

jedem

existieren.

Für den L e x i k o g r a p h e n setzt dies n a t ü r l i c h v o r a u s , daß er nisse darüber besitzt, welche Fragen welcher

der

Benutzer,

Kenntwelcher

181

Situation stellt. Bedauerlicherweise ist die Erforschung dieser Voraussetzungen für die Wörterbuchproduktion erst in Ansätzen vorhanden. In den von Η. E. Wiegand veranlaßten

Wörterbuchbenutzungs-

protokollen gaben ausländische Studenten Auskunft darüber, welche Fragen für sie im Vordergrund bei der Benutzung eines einsprachigen Wörterbuchs standen und ob ihre Wörterbuchbenutzung

erfolg-

reich war. Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigte folgende Verteilung der Datentypen in Wörterbuchbenutzungssituationen

: 55 %

der Fragen richteten sich an die Syntax, Morphologie, Wortbildung und Orthographie und nur 45 % an die Semantik, Pragmatik und Textkonstitution. Man muß also davon ausgehen, daß der ausländische Benutzer mehr an grammatischen, als an semantischen Fragen interessiert ist oder besser: daß seine

Wörterbuchbenutzungssituationen

vor allem durch grammatische Wissenslücken bestimmt werden. Bei der Aufzählung der für den Ausländer wichtigen Datentypen nennt Η. E. Wiegand folgende: Genus, Plural, Präteritum, Komparativ, Superlativ, Verbrektion, Adjektivrektion,

Präpositionsschwierig-

keiten, Kongruenz, Adjektivflexion, Verbflexion etc. Diese Angaben decken sich ζ. T. mit denen von Heath (1985), Bergenholtz und auch Böjoint (1981). Heath nennt als Minimalkatalog

(1985)

grammati-

scher Datentypen folgende, für jedes Lernerwörterbuch unverzichtbare grammatische Angaben: unregelmäßiges Verb, Passivbeschränkung, Partizip in Adjektivfunktion, Valenz, Pluralangaben, Valenzen von Substantiven als Attribut, präpositionaler Anschluß bei Substantiven, Steigerung bei Adjektiven, ihre prädikative, attributive Verwendung, und auch Bergenholtz fordert explizite Angaben für Adjektive. Durchgehende Übereinstimmung findet sich bei al-len hinsichtlich der Forderung nach Verbvalenzdarstellung, nach Darstellung der syntaktischen Gebrauchsmuster, vgl. Kromann (1985), Ickler (1985), Zöfgen (1985a), aber auch hinsichtlich der Ablehnung von verb patterns, den verschlüsselten Kodierungsformen von Verbvalenzen und Substantiven, wie sie sich in ALD, im Longman und auch im Wahrig (dtv) finden. Bäjoint (1981) weist darauf hin, daß 10 % der von ihm befragten Studenten die Kodes nicht verstanden und 55 % sie überhaupt nicht benutzt hätten, weil sie für sie vermutlich zu schwierig waren und sie sie wegen des ständigen Nachschlagens als lästig empfunden hätten. Zöfgens (1985a) Einwand gegen verb patterns gründet sich vor allem darauf, daß mit ihrer

182

Angabe noch keine Beschreibung des semantisch-relevanten

Kontextes

gegeben ist (S. 148). Wir teilen diese Bedenken: zwar sollte man das syntaktische Gebrauchsmuster

für jedes Verb erwarten

dürfen,

doch sollten diese Einträge, wenn das Wörterbuch für den Lerner bestimmt ist, benutzerfreundlich

sein, d. h., daß alle

Informatio-

nen möglichst im Klartext und ohne viele Kürzel angeboten (vgl. auch Ickler 1985:

werden

376).

Für die Darstellung grammatischer Datentypen sind vorerst wichtige Fragen zu klären: sind die Datentypen nach einem

einheitli-

chen Grammatikkonzept darzustellen und wenn ja, nach welchem, welche Kenntnisse sind beim ausländischen Benutzer Wenn das Lernerwörterbuch dazu dienen soll, die

und

vorauszusetzen.

Zweitsprachenkom-

petenz des Benutzers aufzubauen, braucht es als Pendant, da Wörterbücher auch als "Inhaltsangabe" der Grammatik fungieren,

eine

Grammatik mit anderen Spezifika als denen, die für m u t t e r s p r a c h liche Nutzer ausreichend sind. Die zugrunde gelegte Grammatik umso geeigneter, je mehr auch sie bemüht ist, die

ist

muttersprachli-

che Kompetenz für den ausländischen Benutzer aufzubauen, und am besten geeignet für diese Spezifik scheint uns die Grammatik Helbig/Buscha

(1984). Sie ist eine Resultatsgrammatik,

von

keine

Problemgrammatik, d. h., sie zielt auf Gebrauchsregeln in der Oberflächenstruktur ab (Vorwort: 17), und die für den Ausländer besonders wichtigen Kapitel der Funktionswörter Präposition, junktion und Partikel finden hier eine den modernen

Kon-

Erkenntnissen

folgende und den Bedürfnissen des Ausländers angemessene

Darstel-

lung. Natürlich kann ein Wörterbuch keine Grammatik ersetzen

(der

Benutzer wird im Wörterbuch ζ. B. nichts über Satzgruppen oder Kommunikationsverfahren dargestellt finden - dies würde den Rahmen eines Wörterbuchs sprengen), und es kann auch nicht zu seinen Aufgaben gehören, alle Regeln und Regularitäten beim

Einzelstich-

wort aufzuführen; das Einzelstichwort kann immer nur den Reflex, die Einzelrealisierung

der grammatischen Regeln und

Regularitäten

bilden, aber das Lernerwörterbuch wird umso lernerspezifischer

und

informativer sein, je mehr es den Benutzer vom Einzelstichwort

zu

den Regeln und Regularitäten zurückführt. Das muß sich in der Weise von einem Wörterbuch für

Lernerwörterbuch Muttersprachler

unterscheiden wie eine Grammatik für Ausländer von einer

Gramma-

tik für den muttersprachlichen Unterricht. Dazu Heibig (1976:

7):

183

"Es versteht sich von selbst, daß zwischen einer Grammatik für Muttersprachler und für Ausländer ein wesentlicher Unterschied besteht. Dieser Unterschied ergibt sich schon daraus, daß die Grammatik im muttersprachlichen Unterricht im wesentlichen nur dazu dient, etwas schon Beherrschtes bewußt zu machen. Die Grammatik für den Fremdsprachenunterricht dagegen muß mehr leisten. Sie muß einen Regelmechanismus für die Bildung und Interpretation von richtigen Sätzen liefern." Man darf davon ausgehen, daß der ausländische, in der Beherrschung der deutschen Sprache

fortgeschrit-

tene Benutzer die Flexionssysteme gelernt hat, daß er ein Grundwissen über die Wortarten und ihre Funktionen besitzt und daß er über die für die Textproduktion notwendigen

Kompetenz-Vorausset-

zungen hinsichtlich der syntaktischen Regeln und Regularitäten verfügt, daß er diese Kenntnisse aber nicht jeweils in ihrer Gänze verfügbar hat. Daher dürfte es aus lernpädagogischen Gründen empfehlenswert sein, im Wörterbuch ständig reflektierte Teile der Morphologie in Form von Übersichtstafeln in das Wörterbuch zu integrieren, ζ.. B. die Flexion unregelmäßiger und regelmäßiger Verben, die Klassen unregelmäßiger Verben, die Nominalflexion, die Flexionsparadigmen von Personal-, Possessiv-, Determinativ- und Interrogativpronomen, Artikel und das System der Zahlwörter. Sie können dazu dienen, seine Systemkompetenz immer wieder aufzubauen oder zu ergänzen. Da der Benutzer bei der Wörterbuchbenutzung in der Regel vom Einzelwort ausgeht, sind die für das einzelne Lexem wichtigen Gebrauchsrestriktionen vollständig anzugeben, und dies in einer Kommentarsprache, die ihm ein unnötiges Nachschlagen erspart. Wichtig scheint uns auch, daß die im Wörterbuch verwendeten sprachwissenschaftlichen Termini der international gebräuchlichsten Terminologie entstammen und dem mit den Mitteln der deutschen Sprache geprägten Terminus vorzuziehen sind. Aus

Gründen

einer effektiveren Wörterbuchnutzung werden daher alle im Wörterbuch verwendeten sprachwissenschaftlichen Termini im Anhang erklärt. Dies erleichtert dem Lerner auch die Benutzbarkeit des Wörterbuchs im Bereich der Wortarten. Man muß davon ausgehen, daß er ein vages Wissen über Definition und Funktion von Wortarten mitbringt, daß dieses Wissen ihn allenfalls zu zwei allgemeinen Aussagen befähigt (Bergenholtz 1983: 24): "a) Wörter der Kategorien Substantiv, Verb und Adjektiv haben (meistens) verschiedene Fle-

184

xionsmuster; b) Wörter der Kategorien Präposition werden stens) mit anderen Wörtern zu einem obliquen Kasus Da auch die Wortartensysteme

(mei-

verbunden."

in Wörterbüchern voneinander

chen, scheint es angemessen, das Wortartensystem einer

abwei-

angegebe-

nen Grammatik zugrunde zu legen. Das Lernerwörterbuch folgt in dieser Hinsicht der Ausländergrammatik

von Helbig/Buscha

Das dort verwendete Wortartensystem wird bis auf die 'Modalwort' und

'Zahladjektiv' übernommen. Statt

der in der Fachliteratur verwendete Terminus

(1984).

Wortarten

'Modalwört'

'Satzadverb'

verwen-

det, weil er für die entsprechende Wortklasse transparenter Für ein Lernerwörterbuch sind Wortartangaben

wird ist.

unverzichtbar.

Durch sie erhält der Nutzer mit dem hinterfragten Lemma erste grobe syntaktische Angaben für die Textproduktion. Verwendet den die folgenden Wortarten: Substantiv, Adjektiv, Verb,

wer-

Hilfs-

verb, Modalverb, Adjektiv, Adverb, Possessivpronomen,

Personal-

pronomen, Determinativpronomen,

Relativpro-

Interrogativpronomen,

nomen, Indefinitpronomen, Satzadverb,

Interjektion,

Präposition,

Konjunktion, Artikel, Partikel (Gradpartikel, Modalpartikel),

Kar-

dinalzahl, Ordinalzahl, Bruchzahl. In wenigen Fällen wird auf eine Wortartangabe

verzichtet.

Im folgenden werden die grammatischen Informationsdaten,

bezo-

gen auf die einzelnen Wortarten, in ihren Organisations- und Darstellungsformen

2.2.1

erläutert.

Das Substantiv

Das Substantiv wird als Wortart durch die Angabe des Genus kenntlich gemacht, auf den Nullartikel wird durch den Kommentar Artikel^

^ohne

hingewiesen; damit entfallen Verschlüsselungen, wie sie

in anderen einsprachigen Wörterbüchern verwendet werden (m, f, η, engl./franz.

= rO. Als Grundform - wie in lexikographischen

Werken

generell angelegt - dient der Nominativ Singular bzw. Plural.

Genus-

varianten werden durch Schrägstriche voneinander abgehoben; ist bei einem polysemen Lexem eine dieser Varianten auf ein Semem beschränkt und ist dieser Gebrauch außerdem stilistisch

restriktiv

gebraucht, so wird diese Restriktion angegeben (Bereich, der / fachspr.

das).

185

Für die Charakterisierung des Flexionstyps wird in Wörterbüchern allgemein der Genitiv Singular und der Nominativ Plural genutzt. Auch der ausländische Nutzer dürfte mit diesen Hinweisen in die Lage versetzt sein, von den Paradigmen auf den entsprechenden Flexionstyp zu schließen; den die Flexionstafel im Wörterbuchanhang aufführt. Schwierigkeiten bieten die aus dem Partizip Präteritum entwickelten Substantive (der Abgeordnete, Abgesandte , Beauftragte etc.), die wie Adjektive je nach dem Artikel stark oder schwach flektiert werden. Diese Eigenheit kann der Ausländer nicht ohne weiteres aus der Angabe der Flexionsparadigmen ablesen, da es auch schwach flektierte Substantive ohne diese Eigenart gibt und generalisierende Hinweise im Vorwort vermutlich nicht von allen Wörterbuchbenutzern nachgeschlagen werden. Daher wäre dieser Datentyp im Lernerwörterbuch deutlicher abzuheben (Abgeordnete, der; -n, -n, aber: ein Abgeordneter, eines Abgeordneten ...). Auch der Genitiv Singular starker Maskulina und Neutra weist hinsichtlich der Weglaßbarkeit des -e- gewisse Regularitäten auf, und alle Vertreter eines Paradigmas sind einheitlich zu charakterisieren; so steht die volle Form -es immer bei Lexemen, die auf einen Zischlaut enden (s, ß, tz, χ, ζ, häufig auch sch, st): Straußes, Fasses, Glases, Gewürzes, die kurze -s-Form dagegen bei solchen Substantiven, die auf -el, -em, -en, -er enden: Lehrers, Karrens. Daneben besteht bei vielen Lexemen schwankender Gebrauch, wobei dem Benutzer der dominierende Gebrauch signalisiert werden sollte durch die Voranstellung der üblicheren Form. Schwierigkeiten ergeben sich für den ausländischen Benutzer auch aus der Flexionsvarianz von Substantiven, die stark oder schwach (meist stark oder meist schwach) flektieren, und häufig ist ein Hinüberwechseln vom schwachen zum starken Paradigma festzustellen; mitunter betrifft dies ganze Felder wie ζ. B. Horizontale Vertikale

Gerade (*wn), Konstante ( ^ η / ^ ) ,

(~Λ*·*η), Senkrechte

(.»/η), Waagerechte (/*>n). Der Lexikograph hat die Aufgabe, die Gebrauchsnorm zu ermitteln, und er muß dem Benutzer diesen Entwicklungsprozeß kenntlich machen. Nur so werden subjektive Entscheidungen vermieden. Auch die Restriktionen im Numerus bilden einen wichtigen Datentyp, zumal wenn sie an stilistische Bedingungen gebunden sind (fachsprachliche, regionale, temporale, soziale Kriterien), und sie befähigen den Benutzer zum grammatisch korrek-

186 ten Gebrauch des Lexems im Satz. Die Restriktionen betreffen den Plural: der Plural ist nicht möglich (Obst, ohne Plural), oder er ist unüblich (Schmuck, vorwiegend Singular); zu bedenken ist auch, daß die Pluralformen von Substantiven, die Materialien, Stoffe bezeichnen, häufig auf fachsprachlichen Gebrauch beschränkt bleiben (Mehl, ohne Plural, fachsprachlich

dgl. Sand, Spiel-

zeug etc.); auch der Singular unterliegt diesen Restriktionen (Kosten, ohne Singular). Kann ein Substantiv nicht flektiert werden, erhält es den Kommentar

. Diese Datentypen wer-

den bei Grundwörtern generell berücksichtigt, da sie sich aber häufig auf die Komposita mit diesen Basislexemen übertragen, muß diese Information nicht beim Kompositum wiederholt werden, sondern es genügt, den Benutzer durch einen Verweis auf das Grundwort darüber zu informieren, wo er weitere Daten über den Wortgebrauch findet. Ist das Basislexem jedoch nicht als Stichwort im Wörterbuch verzeichnet, muß das Kompositum ausreichend charakterisiert werden. Die Charakterisierung geht aber auch über das Morphologische hinaus: Als syntaktische Datentypen werden ζ. B. der präpositionale Anschluß, die Verknüpfung mit bestimmten Adjektiven oder Verben, die enge Bindung an ein Genitivattribut o. ä. berücksichtigt (vgl. dazu 2.5, Syntagmatische

2.2.2

Relationen).

Das Adjektiv

Das Adjektiv wird durch die Markierung ^ A d j . ^

gekennzeichnet.

Der Stichwortansatz weist das Adjektiv in einer flexionslosen Form aus, die dem prädikativen und adverbialen Gebrauch entspricht (blind, nicht: blinder o. ä.). Man darf auch hier wie beim Substantiv voraussetzen, daß der Ausländer gewisse Regularitäten beherrscht wie die der drei Grundfunktionen attributiv, prädikativ, adverbial und daß die attributive Verwendung zwei Flexionsarten einschließt. Wie beim Substantiv sollten diese zwei Flexionsarten im Anhang des Wörterbuchs auf einer Flexionstafel überschaubar

angeboten

werden. Alle weiteren Schwierigkeiten, die sich aus der Kombination mit den Artikeln, Pronomina und weiteren Adjektiven ergeben, können nicht ständig als Muster auf der Kontextebene vorgeführt werden; es empfiehlt sich daher, diese

Verknüpfungsparadigmen

mit in die Tafeln einzubeziehen (der große Bruder, ein großer

187

Bruder, mein großer Bruder, dieser große Bruder, welcher

große

Bruder etc.) oder sie unter MERKE abzuhandeln (vgl. dazu 3.1). Restriktionen betreffen den attributiven, prädikativen und adverbialen Gebrauch (nicht attributiv, nur attributiv, nicht

prädika-

tiv, nur prädikativ, nicht adverbial); sie müssen dem Benutzer durch knappe Markierungen genannt werden, da sie nicht sierbar sind und immer auf das Einzellexem beschränkt Der Umgang mit dem deutschen Adjektiv englisch- oder französischsprachige

bleiben.

ist beispielsweise

für

Benutzer von besonderer

Schwierigkeit, da in ihrer Ausgangssprache der durch ein Suffix

generali-

Adverbgebrauch

(-ly, -ment) vom Adjektiv abgehoben wird, das

Deutsche diesen Gebrauch durch das Morphem jedoch meist nicht deutlich macht (Ausnahmen ζ. B. lang, lange). Das

adjektivische

Adverb ist überdies vom prädikativen Attribut zum Subjekt und Objekt abzuheben (er kam krank nach Hause = er kam als Kranker Hause; er traf sie vergnügt an = er traf sie als Vergnügte Die Charakterisierung

dieser Adjektivfunktion

an).

ist bisher in ein-

sprachigen deutschen Bedeutungswörterbüchern weitgehend

unter-

blieben und meist in die Adverbfunktion einbezogen worden. Lernerwörterbuch

nach

Ein

für den Ausländer muß dem Benutzer mit Hilfe

der Kommentierung die Adverbzuordnung ermöglichen oder Ist beispielsweise ein Adjektiv-Lexem

verbieten.

attributiv, prädikativ

ver-

wendbar, nicht aber adverbial und als prädikatives Attribut, so muß die Kommentierung < nicht bei V e r b >

erfolgen, ist dagegen

die adverbiale Funktion neben der Funktion als prädikatives tribut möglich, so braucht keine Restriktionsangabe und beide Verwendungen können auf der Kontextebene

At-

zu erfolgen dargestellt

werden. Wichtig ist für den Ausländer auch die Unterscheidung Partikel und Adverb (vgl. dazu

2.2.7.3).

Normunsicherheit bereitet die Steigerung der Adjektive, halb dieser Wörterbucheintrag

von

als regulärer Datentyp

wes-

gewertet

werden muß; sowohl die unregelmäßige Steigerung als auch die Konkurrenz regelmäßiger und unregelmäßiger Graduierung wird daher berücksichtigt

(hart; STEIG.: härter, härteste; rot;

STEIG.:

röter/roter, röteste/roteste). Die Wörterbücher verfahren bei der Angabe der Steigerung recht unterschiedlich: Wahrig sches Wörterbuch'

(1968) verzichtet

gänzlich auf diesen

typ, das WDG schwankt bei der Angabe der Paradigmen

'DeutDaten-

zwischen

188

attributiver Verwendung beim Komparativ und adverbialer Verwendung im Superlativ; hier wäre also eine einheitliche Form der Paradigmen vorzuziehen, und am geeignetsten scheint uns die attributive Form. Bei Adjektiven, die regelmäßig gesteigert werden, kann auf die Graduierungsformen verzichtet werden, wenn der Benutzer erfährt, daß in allen Fällen, in denen keine Graduierungsformen geboten werden, die regelmäßige Steigerung angewandt wird. Diese darf zwar als Regelkenntnis vorausgesetzt werden, doch sollte man sie in die Flexionstafeln mit einbeziehen. Nicht alle Adjektive können gesteigert werden, doch finden sich in den synchronischen Wörterbüchern der deutschen Sprache - DudenGWB und dtv-Wahrig ausgenommen - kaum Hinweise auf Restriktionen dieser Art. "Auf das Fehlen der Steigerung wird nur in besonderen Fällen hingewiesen (ζ. B. alt 6,7), während alle die Adjektive, die aufgrund ihrer Bedeutung nicht gesteigert werden können (ζ. B. abspenstig, achtbässig) nicht besonders gekennzeichnet werden" (WDG. Vorwort: 022). Auf die Bedeutung beruft sich auch die Grammatik von Jung (1966: 325): "Nicht gesteigert werden ... Adjektive, deren Bedeutung die Vorstellung eines Mehr oder Minder ausschließt: dreieckig, rund, halb, jährlich, mündlich, tot, stumm, leer ... lebendig

...". Die genannten Beispiele zeigen, daß die

Gruppe nicht einheitlich einzustufen ist und der Usus mehr zuläßt, als allgemein eingeschätzt wird, weshalb präskriptive Hinweise auf die Nichtgraduierbarkeit mit großer Vorsicht gegeben werden sollten. Für den ausländischen Benutzer sind diese Hinweise natürlich wichtig, da die Normunsicherheit auf diesem Terrain besonders groß ist. Erwarten dürfte man von einem Lernerwörterbuch dieses Typs, daß zumindest die Lexeme, die logisch eine Graduierung, sie aber usuell nicht zulassen, mit dem Hinweis < o . Steig. >

ver-

sehen werden. Und Schwierigkeiten ergeben sich selbst für den Muttersprachler bei der Graduierung von Adjektivkomposita mit dem Adjektiv als erstem Glied, da in einigen Fällen sowohl der erste als auch der -zweite Teil die Steigerungsendungen annehmen kann: naheliegendste oder nächstliegende. Überdies sollten generell für Adjektivkomposita grammatische Darstellungsformen gewählt werden, wie sie für Substantivkomposita angewandt werden, d. h., bestehen Unterschiede hinsichtlich der Restriktion zwischen Basislexem und dem selbständigen Lexem, so sind diese (beim Kompositum) anzugeben,

189 sind Basislexem und Lexem identisch, kann vom Kompositum auf das Grundwort verwiesen werden. Diese Form ist ökonomisch und spart doch keine für den ausländischen Benutzer wichtige

Information

aus.

2.2.3

Das Adverb

Auch das Adverb, das nichtadjektivische

Adverb, kann - wenn

nicht generell - verschiedene Funktionen haben, die

adverbiale,

seltener die prädikative und attributive. Es ist nicht bar, jedoch beschränkt graduierbar

auch

flektier-

(viel, mehr, am meisten).

che dieser Informationen sind dem Benutzer zu signalisieren,

Welund

was ist als Regelkenntnis bei ihm vorauszusetzen? Wir setzen das Wissen um die Nichtflektierbarkeit

voraus. Alle anderen

tionen (Graduierbarkeit und Nichtgraduierbarkeit,

Informa-

attributiver,

prädikativer und adverbialer Gebrauch) werden soweit als möglich in den Wörterbuchartikel eingearbeitet. So ist das lokale hier nicht graduierbar

Adverb

(doch gilt dies für lokale Adverbien

gene-

rell und braucht m. E. nicht gesondert hervorgehoben zu werden), aber adverbial, prädikativ und attributiv

in Postposition - je

nach Gebrauch - verwendbar, vgl. er ist hier, arbeitet hier, der Mann hier, dieses Buch hier. Die Restriktionen verteilen sich in unterschiedlicher

Kombination auf die einzelnen Bedeutungen,

und

sie bilden wichtige Informationen für den Nutzer. Für den Ausländer bilden auch die Alternativformen einiger Adverbien

(gern/gerne,

lang/lange) besondere Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer

Distribu-

tion. Das Lernerwörterbuch sollte daher in der Kontextsphäre

die

ausschließliche Verwendung der - e - F o r m kenntlich machen (vgl. den Musterartikel

gern).

Die Superlativformen auf -st (möglichst) und - e n s

(schnellstens)

werden als selbständige Stichwörter angesetzt und durch mit dem Basislexem Satzadverb:

Verweise

verbunden.

In der Beschreibung der Satzadverbien geht das Lerner-

wörterbuch neue Wege, denn obwohl sie morphologisch und in ihren Stellungseigenschaften

an der Oberfläche nicht vom Adverb zu unter-

scheiden sind (Helbig/Buscha

1984: 501), drücken sie nicht wie die

Adverbien das objektive Merkmal des Geschehens aus, sondern die

190 subjektive Einschätzung des Sachverhalts durch den Sprecher. Satzadverb ist ein Einstellungsoperator,

ist Ausdruck der

lung des Sprechers zu dem mit dem Satz ausgedrückten

Das

Einstel-

Sachverhalt

(Döpke 1988). Es bezieht sich nicht auf das Verb, sondern auf den es für wahrscheinlich, daß er schon geschlafen hat.

Semantisch

handelt es sich dabei meist um unterschiedliche Grade der

Gewiß-

heit, mit denen der Sprecher die Geltung des Sachverhaltes tet. Bislang wurde diese Wortkategorie

in den

bewer-

Bedeutungswörterbü-

chern nicht gesondert dargestellt, sondern einfach zu den gerechnet; damit wurde es nolens volens semantisch und

Adverbien

funktional

dem Geschehen des Verbs zugerechnet, was in einem Wörterbuch für den ausländischen Nutzer dazu führen kann, daß das Satzadverb die Textproduktion adverbial verwendet wird. Satzadverbien ten daher die Kennzeichnung

^Satzadv.>

ihrer Funktion als Einstellungsoperatoren klärung näher

und werden durch die

für

erhal-

hinsichtlich Bedeutungser-

charakterisiert.11

Zur Abgrenzung von Adverb und Partikel vgl. Partikel zum Adjektivadverb und zum prädikativen Attribut vgl.

(2.2.7.3),

Adjektiv

(2.2.2).

Für den Muttersprachler sind diese Angaben der tionen vermutlich weniger notwendig, weshalb ein für den Muttersprachler darauf verzichten

2.2.4

FunktionsrestrikLernerwörterbuch

könnte.

Das Verb

Die Flexionsparadigmen des Verbs zählen in Wörterbüchern und also auch im Lernerwörterbuch zu den Standardinformationen,

dabei wer-

den die Formen des unregelmäßigen Verbs verschlüsselt oder

unver-

schlüsselt angegeben, die des regelmäßigen Verbs nicht (weil als reguläre Form vorausgesetzt, vgl. WOG: sagen /Vb./; hier wurde sogar auf die Perfektangabe verzichtet, weil das Perfekt mit haben

als Standardform vorausgesetzt wird) oder als solche ge-

kennzeichnet

(ζ. B. HDG: sagen sw. Vb. ; hat), d. h., in Verbin-

dung mit der Flexionsangabe erfolgt zumeist auch die

Perfektanga-

be mit haben/sein. Der Versuch, den Perfektgebrauch indirekt die Angaben intransitiv/transitiv

auszudrücken

(vgl. Wahrig

durch 1968),

scheint u. E. nicht geeignet, da gewisse transitive Verben kein

191 Passiv bilden und intransitive Verben auch das Perfekt mit haben zulassen, so daG in jedem Fall dem ausländischen Benutzer alle Besonderheiten dieser Art vermittelt werden müßten. Unser

Lerner-

wörterbuch verfährt in der Weise, daß es die Stammformen des unregelmäßigen Verbs unverschlüsselt anführt, die des Verbs mit dem Kommentar

im P r ä t . ^ ^nur

,

^ nicht im P e r f . ^

im I n f . ^

, ^ nur im A k t . ^ ,

^ nicht

^ Prät. nur im Nebensatz ^ ,

etc., doch wird auf Futur- und

restriktionen nicht näher

,

Plusquamperfekt-

eingegangen.

Als besondere Schwierigkeit für den ausländischen

Wörterbuch-

benutzer darf man wohl die Zuordnung der Flexionsparadigmen regelmäßiger Verben zum entsprechenden

un-

Infinitiv ansehen. Da er

vom Text ausgeht und sich zunächst mit einer unregelmäßigen

Verb-

form konfrontiert sieht, ist nicht auszuschließen, daß er nicht an die weiteren Informationen gelangt, weil ihm der Zugang zum Infinitiv verwehrt ist. Deshalb ist es zu empfehlen, die

Präteri-

tum- und Partizip-II-Paradigmen zusätzlich als Stichwörter nehmen und von ihnen auf den Infinitiv zu verweisen. Eine

aufzuFlexions-

tafel mit den unregelmäßigen Verben kann zu weitergehenden

Infor-

mationen führen. Auch sollte vom Infinitiv jedes einzelnen

unre-

gelmäßigen Verbs auf die Flexionstafel verwiesen werden. Auf diese Weise wird die Systemkompetenz des Nutzers erweitert und gefestigt. Entscheidend für die Qualität eines Lernerwörterbuchs aber

scheint

uns die Einführung des syntaktischen Gebrauchsmusters in unverschlüsselter Form. Dabei ist möglichst viel an Informationen dem Valenzwörterbuch

in das Lernerwörterbuch zu übernehmen.

setzt jedoch voraus, daß in der Praxis eine Abgrenzung freien, obligatorischen und

aus Dies

zwischen

fakultativen Verbergänzungen

durch-

gängig machbar ist. In ihren überarbeiteten Auflagen haben Heibig/ Schenkel (1982) diesbezüglich anstelle einer Dreiteilung eine Zweiteilung vorgenommen; letztere unterscheidet lediglich die enge Verbergänzung von der freien, und die enge Verbergänzung

umschließt

obligatorische und fakultative Aktanten. Dies erweist sich in der lexikographischen Praxis als umsetzbar und enthebt den

Wörterbuch-

autor der Schwierigkeiten, obligatorische von fakultativen

Aktan-

ten abzugrenzen, was beim objektlosen Gebrauch transitiver

Verben

192

(er ißt Brot, er iGt) in der Wörterbuchpraxis

immer

Schwierigkei-

ten bereitet hat und durch Benutzung von Klammern zu lösen versucht wurde, aber dadurch häufig in der Darstellung zu einer

Über-

lappung von fakultativen und freien Aktanten geführt hat. In der Regel wird das syntaktische Gebrauchsmuster mit der

infinitivischen

Form des Verbs dargestellt. Die Rektion wird durch jmdm. (= Person, Dativ), jmdn. (Person, Akkusativ), etw.

^Dat.^

(Sache,

Dativ),

etw. (Sache, Akkusativ) verdeutlicht, wobei gleichzeitig das belebte und unbelebte Objekt semantisch grob charakterisiert Auch das pluralische Objekt wird im Gebrauchsmuster (zwei od. mehrere Betriebe zusammenfassen).

werden.

ausgedrückt

Da aus dieser

tivischen Darstellung nichts über den Subjektaktanten

infini-

hervorgeht,

wird in diesem Lernerwörterbuch erstmals bei infinitivischer stellung des Gebrauchsmusters der Subjektaktant gesondert stellt

(vgl. Musterartikel gehen, herstellen, anfangen,

Dafür dienen die folgenden Kennzeichnungen:

Dar-

darge-

dürfen).

/jmd./, /etw./,

/Insti-

tut/, /Betrieb/, /Organisation/ (= hum abstr.), /Tier/; /zwei od. mehrere

(jmd.)/, /zwei od. mehrere

(etw.)/, /zwei od. mehrere

(Tier)/, /Pflanze/ u. a. Sie stehen vor dem

Konstruktionsmuster.

Ist das Subjekt jedoch auf die Spezies eingeschränkt

(ζ. B.

bellen: der Hund, Fuchs bellt), ist die finite Form mit der präzisen Angabe des Subjekts vorzuziehen.

Ist der Kommentar so ge-

nerell nicht möglich, ist die Verbindbarkeit eingeschränkt,

so

kann dies durch ζ. Β. angedeutet werden: etw., ζ. B. ein Fenster, liegt nach Süden (vgl. Musterartikel

gehen).

Mit diesen restriktiven Kommentaren werden dem

ausländischen

Benutzer, dessen Kompetenz ja gerade bei der Beurteilung cher Verknüpfungen versagt, für die Sprachproduktion Hinweise

mögli-

wichtige

gegeben.

Bei der Darstellung des reflexiv gebrauchten Verbs hat der Lexikograph den Lerner vor allem auf folgende Kriterien für die Textproduktion hinzuweisen: - das Verb wird nur reflexiv verwendet - das Verb wird auch reflexiv - das Verb wird nur reziprok - das Verb wird auch reziprok

(Dat. od. Akk.)

verwendet verwendet verwendet.

193

Daher wird im Lernerwörterbuch nur das ausschließlich

reflexiv,

reziprok gebrauchte Verb als Stichwort mit dem Reflexivum

ange-

setzt. Die reflexiven Verbvarianten werden dagegen als Teil des syntaktischen Gebrauchsmusters dargestellt. Für den Benutzer bei bloßer Angabe des Reflexivums weder aus dem

ist

Stichwortansatz

noch aus dem Konstruktionsansatz ohne weiteres ersichtlich, ob es sich um einen Akkusativ oder um einen Dativ handelt, für den Muttersprachler ist diese Kenntnis auch vorauszusetzen. bei der Charakterisierung

Das WDG geht

des Reflexivgebrauchs vom Akkusativ

als

dem regulären Datentyp aus und kommentiert ihn nicht, dagegen aber den Dativ (sich /Dat./ die Hände waschen) und umgeht

weitgehend

die Kommentierung des reziproken Gebrauchs. Duden-GWB stellt die Rektion im Kontext dar und verzichtet beim Stichwortansatz jede Kommentierung. Es empfiehlt sich daher, das Reflexivum

auf näher

zu charakterisieren, sei es durch Kürzel oder durch Kommentierung.· sich

^Dat.^

etw. kaufen. Entsprechend sollten auch

reziproke

Verben deutlicher kenntlich gemacht werden: /zwei od. mehrere/ sich ^ r e z . ^

streiten oder ähneln:

ist auch auf die Form des

Partizips nach vorangehendem Infinitiv hinzuweisen, zum

Beispiel

hat gedurft/nach vorangehendem Inf.: hat . .. dürfen. Entgegen den linguistischen Darstellungen 1963, Grundzüge 1981 u. Helbig/Buscha

(vgl. v. Polenz

1984) wird im Lernerwörter-

buch auf die Darstellung des Funktionsverbs verzichtet.

Gegenwär-

tig bereitet die exakte Abgrenzung des Funktionsverbs von semantisch voll funktionsfähigen Verben sowie die Beschreibung Kriterien noch erhebliche Schwierigkeiten. zahl in den Grammatiken

(vgl. Helbig/Buscha

1981), und ihre Charakterisierung des Deutschen ist uneinheitlich

1984 und

in synchronischen

(vgl. die

die semantische

Grundzüge Wörterbüchern

Gesamtwörterbücher

Duden-GWB und WDG, in denen die Darstellungsskala tigen Charakterisierung

der

Es schwankt ihre An-

von der

eindeu-

als Wortkategorie bis zu Hinweisen auf

"Entleerung", bis zur Angabe des

Strukturtyps

und seiner Substituierbarkeit durch ein Vollverb reicht. Im Aufbau eines Wörterbuchartikels müßte die Charakterisierung

eines

Semems als Funktionsverb eine einheitliche Interpretation

aller

damit verbundenen. Gefüge voraussetzen. Da als Kriterien des Funktionsverbgefüges die Substituierbarkeit durch ein Vollverb das Vorhandensein eines Verbalabstraktums genannt werden, viele Gefüge aus. Es zeigt sich, daß zwar ein Kern von verben existiert, daß aber daneben viele Verben diese nur bis zu einem gewissen Grade Funktionsverbgefüge

und scheiden

FunktionsMerkmale

ausweisen.

stehen im Spannungsfeld zwischen

Wortverbindungen und Phraseologismen.

freien

Ihre Semantik ist nicht völ-

lig umgedeutet, und ihre Verben sind zwar semantisch

entleert,

aber doch noch als eigenständige Lexeme zu werten; das Substan-

195

tiv ist der eigentliche Träger der Verbbedeutung. Unter des Funktionsverbbegriffes

Umgehung

werden daher im Lernerwörterbuch

diese

Fügungen durch den Kommentar /in der verbalen Wendung/, /in den verbalen Wendungen/ kenntlich gemacht, und es wird vom Verb auf das Substantiv verwiesen, wo ihre Bedeutungserklärung

erfolgt. Sie wer-

den in ihrer Darstellung wie Verben behandelt, d. h., sie erhalten Hinweise auf die semantische Ausfüllung der Subjekt- und Objektaktanten . Verbkomposita,

Präfixverben

Präfixverben und Verbkomposita werden wie Grundverben

dargestellt,

dies im Gegensatz zu den Substantiv- und Adjektivkomposita, Benutzer wird überdies über die Trennbarkeit und der Verben

2.2.5

informiert.

Das Pronomen

Grundsätzlich gilt für alle Pronomina, außer für die pronomina, da sie hinsichtlich der Flexion keine Gruppe bilden, daß ihre Flexionsparadigmen

Indefinit-

einheitliche

im Wörterbuchanhang

überschaubar dargestellt werden. Ihre Wortartzuweisungen ^ und

Der

Untrennbarkeit

Personalpron.>

, ^Possessivpron.>

^Indefinitpron,

,


^Interrogativpron.>

,

K. Relativ-

pron.^ .

2.2.5.1

Das

Personalpronomen

Für die Charakterisierung des Personalpronomens und seine

diffe-

renzierende Einordnung in das System der Personalpronomina

dient

die Angabe des Numerus und des Genus (außer bei der 1. und 2. Person), ζ. B. für sie:

^3.

Pers. Sing. Fem. im Nom. u. Akk. und

3. Pers. Plur. im Nom. u. A k k . ^

und der Hinweis darauf, daß sie

ausschließlich substantivisch verwendet werden (vgl.

Musterarti-

kel sie). Damit wird deutlich, daß das Formativ zwei Kasus entspricht. Da die übrigen Kasus nicht mit dem Formativ

übereinstim-

men, empfiehlt es sich, für den ausländischen Benutzer

diese

Flexionsformen als Stichwörter aufzunehmen und sie auf die Grundform zu verweisen

(ihr, ihren, ihrer). Durch den Verweis auf die

196 Flexionstafel wird der Benutzer zum System der

Personalpronomina

geführt. Hier erhält er einen Überblick und wird befähigt, Systemkompetenz zu erweitern. Besonderheiten bilden die formen dij, Sie, auf die in der Kontextebene der Artikel, auch im Merke-Kommentar

seine

Anredeaber

in narrativer Form näher eingegangen

wer-

den kann.

2.2.5.2

Das

Possessivpronomen

Im Unterschied zum Personalpronomen ist das Possessivpronomen ein Adjektiv adjektivisch und substantivisch verwendbar,

wie

weshalb

bei seiner Darstellung diese Funktion für den Artikelaufbau mit bestimmend 1.1.

ist:

^adj.^

1.2.

^subst.^

(vgl. Musterartikel

unser);

da es adjektivisch wie ein starkes Adjektiv flektiert, tivisch mit Artikel wie ein schwaches Substantiv ohne Artikel wie ein starkes Substantiv

(die

substanunseren),

(unserer), dürften diese

Eigenheiten dem Benutzer Schwierigkeiten bereiten und müßten in die Darstellung einbezogen werden, dgl., daß das mit dem

Posses-

sivpronomen verbundene Adjektiv schwach flektiert wird außer im Nominativ und Akkusativ. Auch das Possessivpronomen erhält eine Genuszuweisung

(unser: Mask. u. Neutr., Fem. unsere) und wird

durch Tafelverweise mit den übrigen (dein, euer, ihr, mein,

sein)

verknüpft. Für den Benutzer nützlich scheint überdies die Darstellung des Zusammenhangs zwischen Possessivpronomen und Personalpronomen (ζ. B. unser

^Possessivpron.

zum Personaipron. wir

und umgekehrt. Auf diese Weise sieht er beide Wortarten im Zusammenhang.

2.2.5.3

Das

Demonstrativpronomen

Das differenzierte Feld der Demonstrativpronomina sche Demonstrativpronomina

(substantivi-

und demonstrative Artikelwörter)

hält sich morphologisch wie Artikelwörter.

Ihre

men werden wie die der anderen Pronomina auf einer dargestellt. Die grammatische Charakterisierung

ver-

FlexionsparadigFlexionstafel

umschließt

Genusangabe für das betreffende Lexem, den Hinweis auf die

die Formen

)

197

der anderen Genera und des Plurals sowie ihre Gliederung 2.2.5.2) nach adjektivischer und substantivischer tig sind auch syntaktische Verknüpfungshinweise ^subst.

(+ lok. A d v . ) >

ralen Adv. best. ^

(vgl.

Funktion.

Wich-

(ζ. B. dieser

= dieser da, dort oder < a d j .

in tempo-

: in diesem Monat; Ende dieses Jahres etc.)

und der Hinweis für den Benutzer, daß das nachfolgende immer schwach flektiert wird. Zur grammatischen

Adjektiv

Information

rech-

nen wir auch die nähere Charakterisierung der Verweisfunktion Satz (zurückweisend,

2.2.5.4

Das

im

vorausweisend).

Indefinitpronomen

Indefinitpronomina bilden eine umfangreiche und recht

unterschied-

liche Gruppe, sowohl hinsichtlich ihrer morphologischen als auch ihrer syntaktischen Eigenheiten. Einige von ihnen (ζ. B. man) werden nur substantivisch verwendet, andere sowohl als auch adjektivisch gebräuchlich

substantivisch

(ζ. B. einige), einige sind nur im Singular

(man), einige vorwiegend im Plural (ζ. B. einige,

substantivisch vorwiegend im Plural, adjektivisch, wenn auch seltener, jedoch auch im Singular). Für den ausländischen

Benutzer

ist wieder der Hinweis auf morphologische und syntaktische

Restrik-

tionen angezeigt, ζ. B. ist man nur substantivisch und im Nominativ Singular gebräuchlich, es ist unflektierbar, und für den Dativ und Akkusativ

treten einem und einen ein. Daher müssen man

und einer wechselweise durch Verweise aufeinander bezogen

werden,

vgl. Musterartikel man. Adjektivische und substantivische

Verwen-

dung sind häufig auch in ihren semantischen Bezügen zu unterscheiden, ζ. B. ist das substantivische Pluraletantum einige

vorwiegend

auf Lebewesen bezogen, während der adjektivische Gebrauch im Singular nicht auf Lebewesen

(Menschen, Tiere) bezogen werden kann.

Die Gliederung erfolgt wie beim Possessivpronomen und Demonstrativpronomen nach syntaktischen Kriterien, und auch hier ist der Hinweis zu berücksichtigen, daß das folgende Adjektiv stark tiert wird.

flek-

198 2.2.5.5

Das

Interrogativpronomen

Da die Interrogativpronomina morphologisch und syntaktisch

keine

einheitliche Gruppe bilden und entweder nur substantivisch

(wer,

was) oder substantivisch und adjektivisch fungieren (welcher, für einer, was für welche), ζ. T. kein vollständig Deklinationssystem

was

ausgebildetes

aufweisen (wer, was) und auch hinsichtlich

Genus Unterschiede zeigen, sind für den Benutzer folgende typen sichtbar zu machen: Das Interrogativpronomen

des

Daten-

ist nur sub-

stantivisch oder substantivisch und adjektivisch gebraucht. Der Formenbestand wird auf Übersichtstafeln dargestellt, darauf

wird

vom Einzelwort verwiesen. Restriktionen hinsichtlich des Genus und des Numerus: ζ. B. wer

,

^ Gattungszahl>

...).

Kardinalzahl: Vom Lerner darf man erwarten, daß er weiß, daß Kardinalzahlen in der Regel nicht flektierbar sind. Die Ausnahmen müssen ihm genannt werden: nur die Zahl eins (ein) wird vollständig flektiert, zwei und drei im Genitiv bei Nullartikel, zwei bis zwölf (mit Ausnahmen) substantivisch im Dativ. So erhält beispielsweise die Zahl drei folgende Kommentierung: ^ K a r d i n a l z a h l 3; adj. ο. Art. im Gen. PI. dreier; subst. mit best. Art. im Dat. PI. dreien ^ . Da nur die wichtigsten Karinalzahlen (1-13, 20, 40 ... 100, 1000, 1000000) dargestellt werden, kann eine Liste der Kardinalzahlen im Wörterbuchanhang einen Überblick über das Zahlensystem

vermitteln.

Dem Ausländer macht die Abweichung der sprachlichen Abfolge gegenüber der Ziffernabfolge Schwierigkeiten (ab 13, ζ. B. 21 = einundzwanzig, 22 = zweiundzwanzig); sie unterscheidet sich ζ. B. vom

200

Englischen, Französischen und Russischen (twenty-one, vingt et un, dvazatj odin). darauf wäre, da ja von den Zahlen von 13 bis 99 nur Prototypisches berücksichtigt werden kann, in der Liste hinzuweisen

gesondert

(vgl. Helbig/Buscha 1984: 322). Auch der Gebrauch von

ein und eins bei 1 ist nicht als reguläre Information

vorauszuset-

zen, überdies ist ein (1) mit dem unbestimmten Artikel ein formal identisch, und auf diese Nachbarschaft muG der Benutzer

hingewie-

sen werden. Auch müssen nicht alle berücksichtigten Zahlen im Wörterbuchteil eine explizite Darstellung aufweisen; es genügt, wenn Prototypisches ausführlich dargestellt und anderes darauf sen wird. Für eine Übersichtstafel eignen sich auch die angaben

verwie-

Uhrzeit-

(11.45 Uhr = elf Uhr fünfundvierzig oder: dreiviertel

es ist halb eins oder halb ein Uhr etc.). Zur Datumsangabe

zwölf,

vgl.

Ordinalzahlen. Ordinalzahlen flektieren wie Adjektive mit bestimmtem

Artikel

schwach, mit unbestimmtem stark. Diese Regel könnte beim

Benutzer

vorausgesetzt werden, doch dürfte der Stichwortansatz auf -(s)te eher irritieren, vgl. dagegen den Adjektivansatz lang, kurz etc. Wahrscheinlich genügt es aber, diese Regel bei einer

Ordinalzahl

zu exemplifizieren und alle anderen Ordinalzahlen auf diese form zu verweisen

(achte vgl. dritte), wobei die Spezifika

Grundin

der Verwendung einzelner Ordinalzahlen bei jeder Ordinalzahl sondert dargestellt werden

ge-

sollten.

Zu unterscheiden sind bei den Ordinalzahlen der

adjektivische

und substantivische Gebrauch, wobei letzteres im Zusammenhang Herrschernamen

mit

(Heinrich VIII. = Heinrich der Achte) und mit Da-

tumsangaben eine besondere Darstellung verlangt

(am 01.05. = am

ersten fünften; Berlin, den 1.5. = den ersten fünften); hier ist ein Verweis auf die Tafel

'Datumsangabe'

angebracht.

Gattungszahlen sind im WDG und HDG bisher ohne

Wortartzuweisung

aufgeführt, sie werden erstmals im Duden-GWB entsprechend

gekenn-

zeichnet. Für den Benutzer sind dabei folgende Daten wichtig: sie sind unflektierbar und stehen in der Regel mit

Nullartikel;

hunderterlei und tausenderlei bezeichnen im Unterschied zu den anderen, die immer eine bestimmte Anzahl verschiedener Arten von Personen und Nichtpersonen bezeichnen und meist von niederen Kar-

201 dinalzahlen gebildet sind (zweierlei

... neunerlei,

zehnerlei),

keine bestimmte Anzahl, sondern eine unbestimmte sehr große (vgl. Helbig/Buscha

1984:

Zahl

331).

Wiederholungs- und Vervielfältigungszahlen

basieren auf -malig

(Wiederholung) und -fach (Vervielfältigung). Da das Wörterbuch die Möglichkeit bietet, produktive Wortbildungsmittel ständige Stichwörter anzusetzen, können in einem

als selb-

Lernerwörterbuch

die Darstellung einzelner Prototypen und das generelle dungsmuster kombiniert werden, d. h. von einzelnen

Wortbil-

Stichwörtern

kann auf -malig, - f a c h verwiesen werden, ohne daß eine

explizite

Darstellung erfolgen muß, von -malig, -fach kann auf einige ge Komposita mit dieser Basis verwiesen werden, um dem

weni-

Benutzer

über das einzelne Stichwort hinaus das System transparent zu machen. In diesem Zusammenhang

ist auch im MERKE-Kommentar auf das

Nebeneinander von doppelt und zweifach und -malig und -mal einzugehen; von -malifl kann auf -mal und umgekehrt verwiesen

werden,

um dem Benutzer zu zeigen, daß -malig (adj.) im Gegensatz zu -mal (adv.) flektierbar

ist.

Bruchzahlen finden im Lernerwörterbuch - wie in Wörterbüchern überhaupt - nur beschränkt Aufnahme. Die bisherige sche Darstellung hat überdies ihre überwiegende

lexikographi-

Unflektierbarkeit

(Ausnahmen: ein, auch zwei als Zähler, halb als Nenner) und ihre restriktive Verwendung

(nur attributiv) als Datentyp

unberück-

sichtigt gelassen. Da auch die Bruchzahlen nicht in ihrer

Gänze

dargestellt werden können, wäre zu empfehlen, auf die Zahlen von 1 bis 10 als Nenner hinzuweisen

(1 = ganz, 2 = halb), aber die

Nenner von 4 bis 10 auf drittel zu verweisen und dort Bedeutung und Funktion und Gebrauch des Prototyps

explizit

darzustellen,

das gleiche gilt für die substantivierten Formen, bei denen zusätzliche Informationen wie Zusammenschreibung Zehntelsekunde) und die Varianz (viertel zu berücksichtigen

sind.

(Viertelstunde,

Sekunde/Viertelsekunde)

202

2.2.7

Die Funktionswörter

Nach Helbig/Buscha (1984: 21) fassen wir unter dem Begriff Funktionswort die Fügewörter (Präposition und Konjunktion), die Partikel und den bestimmten und unbestimmten Artikel zusammen. Sie üben im wesentlichen grammatische Funktionen aus (vgl. aber die Partikel 2.2.7.3). Da von ihrer grammatischen Funktion nicht immer eine spezifische lexikalische Bedeutung getrennt werden kann - Funktionswörter haben keine anschaulichen

(außersprachlichen)

Denotate, ihre Denotate sind im wesentlichen innersprachlich stellt die Beschreibung ihrer Bedeutung zugleich auch die Beschreibung ihrer grammatischen Funktion dar. Sie sind in der Regel (abgesehen vom Artikel) morphologisch unveränderlich, dies wird als Grundkenntnis beim ausländischen Benutzer vorausgesetzt, aber auch im Verzeichnis der verwendeten sprachwissenschaftlichen Termini in der Worterklärung berücksichtigt. Im übrigen aber bilden diese in der Kommunikation sehr häufig vorkommenden Wortkategorien wegen ihrer innersprachlichen Funktionen für den Nichtmuttersprachler beim Erwerb der Zweitsprachenkompetenz die größte Hürde, weshalb ihrer Darstellung im Lernerwörterbuch eine besondere Bedeutung zukommt. Ihre lexikographische Darstellung umfaßt daher die Beschreibung ihrer semantischen Komponente und die Beschreibung der grammatischen Funktionen. Da die reine Beschreibung der Gebrauchsbedingungen beim Nutzer ein hohes Maß an Kenntnissen und Rezeptionsfähigkeit voraussetzt, sind viele treffende Beispiele, die die Verwendung der Funktionswörter transparent machen, für den Lerner besonders hilfreich. Das Lernerwörterbuch wird seinem Zweck, dem Benutzer bei der Überwindung seiner

Systemunsicherheit

behilflich zu sein, um so eher gerecht, je mehr es die Wörterbuchartikel von Stichwörtern dieser Wortkategorien nicht isoliert anlegt, sondern zu den ähnlichen und vergleichbaren,

insbesondere

aber zu den Dominanten in Beziehung setzt, ihre Gemeinsamkeiten, aber auch ihre Unterschiede beschreibt. Die lexikographische Darstellung der Konjunktionen und Partikeln hat erst in der jüngsten Zeit die Aufmerksamkeit der linguistischen Forschung auf sich gelenkt. Bis dahin waren Konjunktionen in Wörterbüchern weitgehend nach semantischen Kriterien beschrieben, und ihre syntaktischen Gebrauchsbedingungen blieben am Rande. Die Partikeln waren nur in

203 Ansätzen als selbständige Wortkategorie erfaßt und unter dem Adverb mit abgehandelt, wobei ihre kommunikative Funktion meist keine Berücksichtigung fand. Dies aber entsprach auch dem linguistischen Erkenntnisstand (vgl. Grundzüge einer deutschen Grammatik)12.

2.2.7.1

Die Präposition

In den synchronischen Gesamtwörterbüchern, die vor allem für Muttersprachler konzipiert sind, beschränkt sich die Darstellung der Präpositionsfunktionen vor allem auf die Angabe der Rektion und die allgemeine Charakterisierung ihrer semantischen Eigenschaften. Zur Angabe der syntaktischen Regularitäten gehört aber auch die Stellung der Präposition. Auf sie wurde in diesen Wörterbüchern nur dann Bezug genommen, wenn Alternanz im Spiel war, nämlich Präund Poststellung (gemäß, nach: gemäß seiner Anweisung/seiner Anweisung gemäß; nach seiner Meinung/seiner Meinung nach). Von einer Kommentierung dieser Alternanz wurde allerdings abgesehen; es wurde dem Benutzer überlassen, sie aus der Konstellation der Kontextbeispiele abzulesen. Die überwiegende Stellung der Präpositionen, die Prästellung, wurde als Regelkenntnis vorausgesetzt und nicht gekennzeichnet. Ein Lernerwörterbuch darf auf diese Information nicht verzichten, da Prästellung, Poststellung und Circumstellung als Positionen möglich sind und die jeweilige obligatorische Position einer Präposition als interiorisierte Kenntnis beim ausländischen Nutzer nicht vorausgesetzt werden kann. Bei der Charakterisierung

ihrer

semantischen Eigenschaften deutet sich in den Gesamtwörterbüchern eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Bewertung der semantischen Kriterien an. Das WDG und Duden-DWB betonen den Bezeichnungscharakter der Präposition, wenn sie als stereotype Definitionsmarke "bezeichnet" verwenden. Haben Präpositionen eine Bedeutung oder nicht? "Einhelligkeit herrscht ... darüber, daß Präpositionen

die spezifische semanti-

sche Funktion haben, die in einem Satz bezeichneten Personen, Gegenstände, Sachverhalte in eine inhaltliche Relation zueinander zu setzen, bzw. die Relation, in der sie zueinander stehen, inhaltlich zu charakterisieren" (Schaeder 1985: 282). Diese semantische

204

Funktion wird im Lernerwörterbuch kierung

in Form einer semantischen

(temporal, lokal) im Rahmen einer Kommentierung,

in Form einer einsetzbaren Paraphrasierung

geboten, für die Kom-

mentierung werden, sofern dies möglich ist, international liche Zeichen verwendet

Mar-

nicht gebräuch-

(lokal, temporal, kausal), um dem Nutzer

die Rezeption zu erleichtern. Geht man davon aus, daß

Präposi-

tionen für sich allein kein Satzglied darstellen können und nur als Bestandteil von Wortgruppen an der Bildung von

bestimmten

Satzgliedern beteiligt sind (Schröder 1986), so wären sie als separate lexikalische Einheiten nur im Hinblick auf die

Präpositio-

nalphrase, in der sie fungieren, darstellbar. Dem entsprechen auch die neuesten Darstellungen im Lexikon deutscher

Präpositio-

nen (Schröder 1986), die die syntaktische Umgebung bei der bung der Gebrauchsbedingungen mit berücksichtigen.

dann

Dem

Beschrei-

ausländi-

schen Nutzer kommt diese Darstellung entgegen. Sie zeigt ihm die syntaktischen und inhaltlichen Relationen, d. h. ihre

semantische

Funktion (vgl. Musterartikel diesseits). Die Angabe der erfolgt durch die Zusätze

'Genitiv, Dativ, Akkusativ'.

Rektion Ist die

Kasusforderung nicht erkennbar, so wird dies kommentiert: K. ohne erkennbare Rektion >

. Ob das mit der Präposition verbundene

stantiv in der Präpositionalphrase mit oder ohne Artikel

gebraucht

wird, stellt für den ausländischen Nutzer einen wichtigen tionsdatentyp dar. Deshalb wird der artikellose Gebrauch tiert, wenn der Nullartikel absolut ist. Soweit die

Sub-

Informakommen-

Präpositionen

mit dem folgenden Artikel eine feste Verbindung eingehen

(enkli-

tischer Artikel) und in dieser Verschmelzung häufig verwendet den (am, ans), wird auf diesen Gebrauch verwiesen. Überwiegt se Verbindung im Gebrauch gegenüber dem nichtenklitisch

gebrauch-

ten Artikel + Präposition, so wird dies dem Nutzer durch deutlich gemacht, da er. mit seiner Kompetenz nicht das des enklitischen oder nichtenklitischen Usus beurteilen

2.2.7.2

Die

werdie-

Beispiele

Überwiegen kann.

Konjunktion

Bei der Beschreibung der Konjunktionen setzen wir beim Lerner gewisse syntaktische Grundkenntnisse voraus, sie betreffen die Satzstruktur des Haupt- und Nebensatzes, das Verhältnis

beider

205

zueinander,

insbesondere die Stellung des finiten Verbs in beiden,

so daß mit der Zuordnung der darzustellenden Konjunktion zu den koordinierenden oder subordinierenden Konjunktionen auch spezifische syntaktische Informationen impliziert sind. Da Konjunktionen Satzglieder, Hauptsätze, Haupt- und Nebensätze und

Nebensätze

verbinden können, muß jede Konjunktion entsprechend ihren möglichen syntaktischen Funktionen charakterisiert werden (und verbindet ζ. B. Satzglieder, Hauptsätze und Nebensätze gleichen

Grades,

weil Haupt- und Nebensätze und untergeordnete Nebensätze mit übergeordneten). Die Konjunktionen werden daher zunächst als nierend oder koordinierend charakterisiert

subordi-

(die verwendeten

matischen Termini werden in einem Anhang des Wörterbuchs in Verbindung damit werden die syntaktischen Funktionen det Hauptsätze, Satzglieder bzw. verbindet Haupt- und aber auch die inhaltlichen Beziehungen der durch die verbundenen Glieder erläutert

gram-

erklärt), (verbin-

Nebensätze), Konjunktion

(ζ. B. temporale Bedeutung im Sinne

der Vorzeitigkeit, der Nachzeitigkeit, vgl. Musterartikel

bevor).

Auch die Stellung des Nebensatzes - sofern er als Vordersatz oder Nachsatz dominiert - darf beim Muster nicht als Kenntnis gesetzt werden. Dominiert deutlich eine der beiden so wird dies kommentiert

voraus-

Positionen,

(ζ. B. der Nebensatz ist vorwiegend Vor-

dersatz) . Zusammengesetzte Konjunktionen Konjunktionen

(Typ: nicht nur

chend charakterisiert

(Typ: als ob) und mehrteilige

... sondern auch) werden

entspre-

(zusammengesetzte Konj., mehrteilige

und als selbständige mehrgliedrige Stichwörter angesetzt;

Konj.) von

den Gliedern wird auf das Mehrwortlexem verwiesen, um seine Auffindbarkeit zu erleichtern.

Für den ausländischen Nutzer

die Unterscheidung zwischen Konjunktion und

stellt

Konjunktionaladverb

eine besondere Schwierigkeit dar, da sie in ihrer Stellung

und

Funktion einander ähnlich sind und nur die Inversion des Subjekts als Linterscheidungskriterium herangezogen werden kann. Sie erhalten daher nicht die Wortartzuweisung

'Konjunktion', sondern wer-

den unter dem Adverb abgehandelt, wobei ihre konjunktionale

Funk-

tion, die Inversion des Subjekts und der Charakter von Vor- und Nachsatz in die Beschreibung einbezogen werden. Auf diese

Weise

wird ihre Zwitterstellung

dem

Benutzer angemessen

zwischen Adverb und Konjunktion

verdeutlicht.

206 2.2.7.3

Die

Partikel

Die Partikeln sind in einsprachigen deutschen Wörterbüchern bis12 her weitgehend unzulänglich dargestellt worden . Der Grund dafür ist vor allem im Forschungsstand der fünfziger und sechziger Jahre zu suchen. Die in den sechziger Jahren einsetzende kelforschung

(Krivonosov

Parti-

1963; Weydt 1969) hat zwar in den sieb-

ziger Jahren (Heibig 1977; Altmann 1976, 1978, Weydt 1977) und achtziger Jahren (Doherty 1981, Bastert 1985, Wolski 1986) Erkenntnisse über die syntaktischen, semantischen und Kriterien der Partikeln gewonnen, doch erfolgt die

pragmatischen Grenzziehung

der Wortart und die Typisierung der unter diesem Begriff

zusammen-

gefaßten Lexeme, d. h. die Aufstellung von Untergruppen, noch uneinheitlich. Helbig/Buscha

(1984: 477) unterscheiden zwei

von Partikeln, "(a) solche Partikeln, bei denen die Funktion dominiert,

Gruppen

kommunikative

... (b) solche Partikeln, bei denen die seman-

tische Funktion dominiert"(S. 477). Diese Trennung wird von Wolski (1986) u. a. angefochten. Partikeln sind zwar "ganz besonders an pragmatische Bedingungen der Konversation, des Dialogs, der Konund Kotexteinbindung

geknüpfte, sprachliche Elemente"

1981: 170), sie tragen nicht zur propositionalen

(Abraham

Satzbedeutung

bei (Bastert 1985: 5), aber "für Partikeln lassen sich wie für alle anderen Ausdrücke, denen ein Zeichencharakter

zugesprochen

werden kann, Bedeutungen rekonstruieren; als Bedeutung

eines

sprachlichen Ausdrucks werden die Regeln für seinen Gebrauch, ne semantischen Gebrauchsregeln, aufgefaßt"

(Wolski 1986:

sei-

351).

Im Vordergrund der Untersuchungen stehen vor allem die Modalund Gradpartikeln, Wolski beschränkt sich auf die

Funktionstypen

Modal-, Gradpartikel, Gesprächspartikel und Satzäquivalent

(letz-

teres rechnen Helbig/Buscha zu den Modalwörtern, da Partikeln nicht als selbständige Antworten möglich sind

(Helbig/Buscha

1984: 475). Allein schon die Ausgrenzung der Modalpartikeln reitet Schwierigkeiten.

"Es muß als gänzlich unerträglich

ange-

sehen werden, daß nach mehr als fünfzehn Jahren intensiver, allem modalpartikelzentrierter

Partikelforschung

bevor

... nicht ein-

mal sichergestellt ist, welche lexikalischen Einheiten denn nun eigentlich zu der Kerngruppe der Modalpartikel zu rechnen sind" (Wolski 1986: 351).

207

Ungeklärt scheint immer noch die spezielle Funktion dieser Wortart (vgl. Brauße 1986, 1988): drücken die Partikeln selbst Einstellungen zu dem im Satz beschriebenen Sachverhalt aus oder stellen sie lediglich den Bezug zwischen im Satz geäußerten Einstellungen her. Entsprechend unterschiedlich ist auch ihr semantischer Darstellungsansatz: repräsentieren die Kontextvorkommen (Satzvorkommen) Varianten der Bedeutung oder sind sie nur Repräsentationen unterschiedlicher Einstellungsträger

(Brauße 1988:

386) und damit unterschiedliche Kontextrealisierungen einer gemeinsamen Grundbedeutung. Wir schließen uns U. Braußes Auffassung von einer allen Vorkommen gemeinsamen Grundbedeutung einer Partikel an. Als übergreifendes Bedeutungselement sieht sie die Bezugnahme auf vorausgehende Annahmen. Diese Annahmen sind entwederaus vorausgehenden Äußerungen oder oft auch nur aus der Gesprächssituation abgeleitet. Die Bedeutungen der einzelnen Modalpartikeln unterscheiden sich aber darin, wie die Beziehung zwischen der vorausgehenden Annahme und dem im Modalpartikelsatz ausgedrückte Sachverhalt gesehen wird (Brauße 1986). Wenn auch der Forschungsstand letztlich noch unbefriedigend ist, so enthebt diese Sachlage den Lexikographen nicht seiner Verpflichtung, in einem Lernerwörterbuch den theoretischen Kenntnisstand für die lexikographische Darstellung der Partikeln zu nutzen. Dies umso mehr, als neuerdings von Vertretern der theoretischen Partikelforschung Vorschläge für die lexikographische Darstellung der Partikel unterbreitet worden sind (Bastert 1985: Modalpartikel doch; Wolski 1986: aber, doch, ja, schon). Für den Lerner bildet diese Wortkategorie im Lernprozeß die größten Schwierigkeiten, aber auch für den Lexikographen, der ihren Gebrauch darzustellen hat, da die

Bedeutungsbeschreibung

wegen der meist fehlenden denotativen Bedeutung nicht ohne die Beschreibung des kommunikativen Aspekts auskommt. "Gerade in dieser kommunikativen Funktion sind die Partikeln gleichermaßen schwer beschreib- und (zumal für den Ausländer) erlernbar"

(Helbig/Buscha

1984: 477). Ihre Beschreibung im Lernerwörterbuch unterscheidet sich daher von der der anderen Funktionswörter, die durch syntaktische und semantische Angaben ausreichend beschrieben werden können (meist lassen sich keine Äquivalente in der Muttersprache des Lernenden angeben). Da Partikeln keine selbständigen Satzglieder

208

sind, werden sie im Lernerwörterbuch beschrieben nach ihrer taktischen Umgebung, nach ihrem Satztypvorkommen Fragesatz, Wunschsatz, Aufforderungssatz),

syn-

(Aussagesatz,

nach ihren

Bezügen,

die sie im Text herstellen, nicht zuletzt danach, ob sie betont oder unbetont sind. Auf diese Weise wird der Benutzer in die Lage versetzt, die Partikel aktiv zu verwenden, wozu ihn die früher praktizierte Darstellung nen Hinweisen wie

'verstärkend',

gnügte, nicht befähigt

2.2.7.4

in Wörterbüchern, die sich mit

allgemei-

'mildert eine Aussage' o. ä. be-

hätte.

Der bestimmte und der unbestimmte

Artikel

Im Vorwort zu seinem Lexikon zum Artikelgebrauch schreibt

Grimm:

"Wohl jeder Lehrer des Deutschen als Fremdsprache weiß, welche Schwierigkeiten seine Schüler oder Studenten gerade mit

dieser

scheinbar so nebensächlichen Wortart Artikel haben" (Grimm

1987:

10). Für Deutsch Lernende mit einer Ausgangssprache ohne die Wortart Artikel

(ζ. B. Russisch) ist die Erlernung des

Artikel-

gebrauchs besonders schwierig. Dem ausländischen Nutzer

sind

daher die Regularitäten des Artikelgebrauchs darzustellen, d. h., die Gliederung des Wörterbuchartikels der und ein folgt den Grundregeln des Artikelgebrauchs vom Zentrum bis zur Peripherie; Bedeutungen des Artikels sind seine Funktionen, seine

die

Gebrauchs-

weisen, die als Grundregeln formuliert werden können. In diesem Falle entfällt die Regelangabe unter MERKE (vgl. Kap. 3.1), da die Regeln im Artikel selbst dargestellt sind. Der Gebrauch wird mit anschaulichen Beispielen belegt. Das Femininum und Neutrum des bestimmten Artikels werden in den Artikel der

integriert,

d. h., vom Femininum und Neutrum wird auf der verwiesen. unbestimmten Artikel wird von eine auf ein verwiesen. Die paradigmen lassen sich auf einer Flexionstafel im Anhang

Beim Flexionsdarstel-

len, so daß vom Artikel der, ein auf diese Tafel zusätzlich wiesen werden

ver-

kann.

Da die Verschmelzung von Präposition und bestimmtem

Artikel

bereits bei der Darstellung der Präpositionen berücksichtigt

ist,

kann beim Artikel auf diesen Datentyp verzichtet werden. Für die lexikographische Darstellung des Nullartikels ist unter der, ein im Grunde kein Platz, da seine Darstellung das Nichtsein von der,

209

ein voraussetzt. Der Nullartikel muß daher unter MERKE als Besonderheit abgehandelt

2.3

Die

werden.

Bedeutungsexplikation

Wenn man davon ausgeht, daß der Deutsch lernende Ausländer dann erst zu einem einsprachigen Bedeutungswörterbuch

meist

greift, wenn

die Benutzung eines zweisprachigen Wörterbuchs erfolglos war, so kommt der Bedeutungsexplikation

im Lernerwörterbuch eine

schwierige Aufgabe zu. Einerseits sind die

besonders

Bedeutungserklärungen

für den fremdsprachigen Benutzer am schwersten zu verstehen, da ihm für die Rezeption oft Teile des Vokabulars fehlen, muß die Bedeutungsbeschreibung

andererseits

genau sein, da der Benutzer ja er-

fahren soll, wie mit dem Lexem kommuniziert wird, welchen

inhalt-

lichen Verwendungsbedingungen es unterliegt. Daraus ist zu folgern, daß die Bedeutungsexplikation

zwar genau, aber auch

verständlich

und übersichtlich sein muß. Als erschwerend erweist sich weiterhin, daß die Bedeutungserklärung

ja mit Hilfe von Zeichen

die selbst Teile des im Wörterbuch dargestellten

erfolgt,

Wortschatzaus-

schnitts darstellen und mit denselben Mitteln erklärt werden müssen, daß man also bei der Beschreibung

in der Hierarchie

Semembeziehungen an Grenzen gelangt, jenseits deren dungen kaum ausbleiben. Der Lexikograph des

der

Überschnei-

Lernerwörterbuchs

muß zunächst einmal ein durchgängig handhabbares

Bedeutungskon-

zept zugrunde legen, ein Konzept, unter das nicht alle nur

denk-

baren sprachlichen Eigenschaften subsumiert werden sollen, da sonst der Bedeutungsbegriff

überladen und überfrachtet würde. Das

von D. Viehweger entwickelte alternative Bedeutungskonzept nach unserem Dafürhalten für dieses Lernerwörterbuch

ist

am ehesten

geeignet. "Bezüglich der semantischen Repräsentation eines Lexikoneintrages wollen wir von einem Bedeutungskonzept

ausgehen,

das in der semantischen Repräsentation unterschiedliche bereiche annimmt, die sich zwar als separate

Wissens-

Kenntnisbereiche

beschreiben lassen, für die Prozesse der Sprachproduktion auch für das Sprachverstehen jedoch eng zusammenwirken.

wie

Bedeutun-

gen von Lexikonzeichen repräsentieren Wissen, das Mitglieder bestimmten menschlichen Gemeinschaft in ihrer tätigen

Auseinander-

setzung mit der natürlichen und sozialen Umwelt gesammelt weitergegeben haben." (Viehweger

1986: 41).

einer

und

210 Die Bedeutung ist daher als eine flexible Struktur zu fassen, die immanente Bereiche ausweist und aufgrund dieser

immanenten

Bereiche auch die Kommunikation in einer Gesellschaft

ermöglicht.

Individuelles Wissen und enzyklopädisches Wissen werden bei der Bedeutungsbeschreibung

daher

in der Regel ausgegliedert,

gleich eine klare Trennlinie zwischen sprachlichem

wenn-

Bedeutungswis-

sen und enzyklopädischem Wissen oft nur schwer zu ziehen ist. Mit der Beschreibung der Bedeutung muß dem Benutzer die liche semantische Wissensrepräsentation

durchschnitt-

vermittelt werden;

diese

wiederum wird durch die Ermittlung der Wortverwendung am ehesten gefunden. Bedeutungen sind analysierbar, sie setzen sich aus Merkmalen verschiedener Art zusammen, und mit der

Bedeutungsbeschrei-

bung müssen die relevanten semantischen Merkmale erfaßt

werden,

so daß dem Benutzer die Identifikation des Lexems ermöglicht daß er das Lexem inhaltlich korrekt verwenden kann. Die

wird,

Bedeutungs-

explikation ist lexemspezifisch und zugleich wortartspezifisch gelegt. Sie reicht bei den Autosemantika von der

bis zur Begriffsdefinition oder Sachverhaltsbeschreibung lien (Zur Bedeutungsbeschreibung

bei Funktionswörtern

bei Rea-

vgl.

2.2.5.9).

Sind die Realien neben ihrer alltagssprachlichen Verwendung fachsprachliche Systeme eingebunden

(vgl. Tier-,

2.3.1

Arten der

in

Pflanzennamen,

chemische Elemente), so ist der Leser über den im Alltag lich praktizierten Sprachgebrauch zu

an-

Bedeutungsanalyse

tatsäch-

informieren.

Bedeutungsexplikation

Als traditionelle und wichtigste Bedeutungsbeschreibung Lernerwörterbuch die Bedeutungsparaphrasierung

mit Hilfe des genus

proximum und der differentia specifica angewandt. Sie es, das Semem in den Systemzusammenhang

wird im

ermöglicht

zu integrieren: mit dem

genus proximum wird es dem übergeordneten Begriff

untergeordnet,

durch die differentia specifica von den Sememen derselben

Ebene

abgehoben. Für den ausländischen Nutzer sind Paraphrasierungen

mit

einem kontrollierten Vokabular zwar notwendiger, als dies für einen muttersprachlichen Nutzer erforderlich wäre, doch ist dieses Prinzip umso schwerer zu verwirklichen, je kleiner der stellte Wortschatzausschnitt

darge-

ist. Semantisch isolierte und poly-

seme Interpretamenta müssen vom Benutzer auf jeden Fall

nachge-

211 schlagen werden können (polyseme Interpretamenta, die

Mißverständ-

nisse erzeugen, erhalten daher ihre Gliederungsziffer); man darf aber erwarten, daß er semantisch transparente Komposita mit Hilfe der in die Stichwortreihe einbezogenen Artikel produktiver bildungsmittel sich selbst interpretieren

Wort-

kann.

Neben der Paraphrasierung werden Synonyme und Antonyme für die Bedeutungsbeschreibung

mit herangezogen. Wird ausschließlich mit

einem Synonym definiert, so kann der Benutzer an Stelle die Bedeutungserklärung

alphabetischer

des Synonyms nachschlagen.

Dieses

Verfahren wird besonders bei stilistisch markierten Lexemen wandt (Fresse

[derb}

ange-

» Gesicht), da die denotative Bedeutung

bei

beiden identisch ist und nur die soziale Textkomponente das Unterscheidungskriterium

bildet. Wird bei stilistisch merkmallosen

men aus ökonomischen Gründen und aus Gründen der

Lexe-

Systemtransparenz

mit Hilfe eines Synonyms definiert, so können die synonymischen

Be-

ziehungen dem Nutzer dadurch überschaubar gemacht werden, daß die Synonyme, von denen auf das Leitsynonym verwiesen wurde, beim Leitsynonym als begleitende Synonyme mit aufgeführt werden

(Definition:

...; Syn. X). Listen von Synonymen ersetzen dem Benutzer nicht die Definition, da er ihre Substituierbarkeit

und damit ihre

Kolloka-

bilität nicht beurteilen kann. Die Verwendung von Synonymen deshalb auch dort am günstigsten, wo diese als Definition

ist

direkt

in den Kontext eingesetzt sind. Auch für die Synonyme gilt, was für polyseme Interpretamenta gilt: sie werden monosemiert, um ihre Auffindbarkeit zu erleichtern, aber auch um die durch sie repräsentierten semantischen Beziehungen deutlich zu machen. Die paradigmatische Seite der Systembeziehungen umfaßt neben synonymischen Beziehungen auch antonymische. Auch sie

vermitteln

Systemtransparenz. Doch sind in einem Lernerwörterbuch nur die Antonyme von Nutzen, die in der gegebenen Kontextumgebung

mit

dem Semem als Gegensatz-Wortpaar

und

Gegenwörter

fungieren. Die in Wörter

(Agricola) angewandte sehr weite

Antonymauffassung

setzt die Kompetenz des Muttersprachlers voraus. Das

Lernerwörter-

buch will sich daher auf Antonyme im strengen Sinne, "auf die paarigen, eindeutig auseinander erschließbaren und einander

aus-

schließenden, extrem gegensätzlichen Bedeutungen"

1977:

6) beschränken.

(Agricola

Im Unterschied zu den Synonymen werden die Ant-

onyme jedoch nicht als bloßes Interpretament, sondern nur in Ver-

212

bindung mit einer Paraphrasierung

verwendet

(Definition:

Ant. X), da der Benutzer mit Hilfe des Antonyms die

...;

Bedeutung

nicht wie beim Synonym durch einfache Substituierung

erreicht,

sondern erst auf Umwegen über den Gegensatz, wobei nur wenige gemeinsame semantische Merkmale übereinstimmen.

Da bei

Antonymie auf einer Skala verschiedene gegensätzliche

gradueller Bedeutungs-

beziehungen möglich sind, ist die Festlegung ihrer Pole recht schwierig

(heiß, warm, lauwarm, kalt, eiskalt). Man entgeht

sem Irrgarten nur dadurch, daß man sich auf die sprachlich mein gebrauchten Gegensatzpaare zurückzieht

dieallge-

(arm - reich; alt -

jung; alt - neu etc.). Neben den Explikationsarten Paraphrase Synonym wird im Lernerwörterbuch

auch eine dritte Form

die des Kommentars. Der Kommentar klärungsform, da sie etwas

den inhaltlichen

aussagt. Sie wird immer dann angewandt, wenn eine Sachbeschreibung

verwendet,

ist keine substituierbare

über

umständliche

stimmten Wendungen existent ist und eine übergreifende tischer Komponenten

Zur

Er-

Gebrauch

vermieden werden soll oder ein Lexem nur in be-

nicht paraphrasierbar

2.3.2

und

Bedeutung

ist. Sie dient auch zur Beschreibung

pragma-

(vgl. Musterartikel Haus 4).

Sememgliederung

Hinsichtlich der Sememgliederungsprinzipien gehen die Ansichten weit auseinander.

In der

unter einem

Formativ

englischsprachigen

Lernerliteratur dominiert das Prinzip der Homonymisierung. deutschsprachigen Wörterbüchern wird die Gliederung mit

In den

arabischen

und römischen Ziffern (und nach Buchstaben) vorgezogen und damit die Einheit des Wortes betont. Die Begründung für die rung, sie mache die Sememgliederung

Homonymisie-

überschaubar, halten wir für

nicht stichhaltig, da auf diese Weise die Möglichkeit,

wirkliche

Homonymie differenzierter darzustellen, verlorengeht. Wie aber die Bedeutungen unter einem Formativ zu gliedern sind, dies ist in einem synchronischen Wörterbuch schwerer lösbar als in einem diachronischen Wörterbuch, und die Frage nach der

Grundbedeutung

und den damit verbundenen sekundären Bedeutungen ist im Grunde nicht exakt zu beantworten. An erster Stelle sollte daher die häufigste und merkmallose Verwendung stehen. Fachsprachliche,

regio-

nale und stilistisch restriktiv gebrauchte Sememe stehen in der

213

Abfolge am Ende. Zwischen Zentrum und Peripherie sind die Sememe nach ihrer semantischen Nähe (bzw. Entfernung) anzuordnen. Ein verläßlicheres, der Sprache innewohnendes Prinzip gibt es nicht. Im Lernerwörterbuch werden grammatische

(wortartenspezifische)

und semantische Divergenzen (Homonymie) durch römische Ziffern gegliedert, im Fall einer grammatischen Differenzierung (ζ. B. unterschiedliches Genus) werden Indizes verwendet. Alle anderen Gliederungen werden durch arabische Ziffern gekennzeichnet. Auf diese Weise können dem ausländischen Benutzer semantische oder grammatische (oder semantische und grammatische) Unterschiede deutlicher gemacht werden, als dies mit bloßer Homonymisierung möglich wäre.

2.3.3

Visuelle

Semantisierungshilfe

Lernerwörterbücher sind in der Regel illustriert. Die Illustrierung hat nicht nur in enzyklopädischen, sondern auch in sprachlichen Wörterbüchern eine lange T r a d i t i o n ^ . Die Vorteile liegen bei einem Lernerwörterbuch für den ausländischen Nutzer auf der Hand; er rezipiert oft nicht das Definitionsvokabular, das die meist umständlichen Sachbeschreibungen bei Konkreta nun einmal benötigen. Durch die Abbildung wird das Lemma ohne den Umweg über die sprachliche Beschreibung erläutert, und der Betrachter identifiziert mit Hilfe seiner Erinnerung das Denotat, auf das sich das Wort bezieht; dies ist zugleich seine Eigenleistung. Als Vorteile der Illustrierung nennt Werner (1982) folgende Kriterien: 1. Ostensive Erklärung zur Vermeidung zirkulärer

Bedeutungs-

explikationen . 2. Visuelle Identifikation von Begriffen als Ersatz für die Beschreibung analytisch nicht darstellbarer

Bedeutungen.

3. Informationsredundanz zur Informationsbeschleunigung

und

-absicherung. 4. Vermittlung notwendiger enzyklopädischer

Informationen.

5. Veranschaulichung paradigmatischer und assoziativer Beziehungen zwischen lexikalischen Einheiten. 6. Allgemeine lernpsychologische

Effekte.

214 Für die Illustrierung eignen sich in erster Linie Konkreta, die auch in ihrer äußeren Form als prototypisches

Erscheinungsbild

im Bewußtsein gespeichert sind, ζ. B. Kopfbedeckungen, te, Gefäße, Behälter, Fahrzeuge, Kleidungsstücke,

Sportgerä-

Feuerwaffen,

Hieb- und Stichwaffen, Möbel, Werkzeuge, Musikinstrumente, teile, Pflanzen, Tiere etc. Nicht geeignet sind meistens

Körper-

Adjekti-

ve, Verben, Adverbien und Abstrakta. Die Darstellung dieser Konkreta kann das einzelne Objekt abbilden, aber auch verschiedene Erscheinungsformen eines wenn das Erscheinungsbild schwankt

Objekts,

(ζ. B. das Auto), des weiteren

verschiedene Gegenstände eines Feldes (Fahrzeuge, Gefäße),

wobei

die Vertreter eines Feldes auf einem Tableau zusammengefaßt und so den Benutzer in die Lage versetzen, sich über

sind

paradigmati-

sche Beziehungen zu informieren und seine Systemkenntnisse zu erweitern. Die Darstellung kann aber auch den zu definierenden

Gegen-

stand im Zusammenhang mit seinem Ganzen zeigen, in einer Art Teilvon-Relation, ζ. B. Körperteile als Teile des ganzen Körpers. (1984) nennt in seiner Analyse der Wort-Bild-Verwendung

Hupka

in ein-

sprachigen französischen Wörterbüchern darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten, ζ. B. das Funktionsschema plexe Illustration des Bildwörterbuchs

(Stoßdämpfer), die kom-

(33 Teile eines Autos) und

andere willkürlich ausgewählte Teilaspekte wie Schaubilder Lagerstätten und

über

Verarbeitungsabläufe.

Die Verwendung von Illustrationen

in sprachlichen

werken bedeutet aber nicht den Verzicht auf eine Bedeutungsbeschreibung,

Nachschlage-

verbalisierte

wenn diese auch nur knapp zu sein

Zwischen Bild und Bedeutungserklärung

braucht.

müssen daher reziproke

Be-

ziehungen aufgebaut werden. Die kurze Erklärung muß mit einem Hinweis auf die Bildtafel versehen werden (f BILD, 5. ...), und die Bildtafel muß die sprachliche Benennung des abgebildeten

Objekts

ausweisen. Auf die spezifischen äußeren Eigenheiten des Bildes kann in der Explikation verzichtet werden, umgekehrt muß das Bild das Objekt allgemein in seinem äußeren Erscheinungsbild

erfassen,

nämlich das, was als relevant angesehen werden kann, das Da Fotos oft das Spezifische, das Individuelle ausweisen, Strichzeichnungen

für das Wörterbuch am besten

geeignet.

Typische sind

14

215

2.4

Stilistische Markierungen,

Gebrauchsnormen

Neben den graphematischen, phonematischen, grammatischen und semantischen Datentypen enthält das Lernerwörterbuch auch Informationen über die gebrauchsspezifischen Besonderheiten des Lexems, die keinen semantischen Status haben und entweder die emotionale Einstellung zum Objekt, den bevorzugten stilistischen

Anwendungsbereich

eines Lexems, Informationen über seinen präferenten oder restriktiven Gebrauch hinsichtlich der Kommunikation betreffen. Die Aufbereitung dieser Informationen gehört zu den wichtigen Aufgaben der Sprachbeschreibung (Ludwig 1982). Die sogenannten stilistischen Markierungen (Ludwig faßt diese stilistischen Kennzeichnungen, die diachronischen und diatypischen Angaben neuerdings unter dem Begriff der kommunikativen Prädisposition zusammen) signalisieren dem Benutzer die bevorzugten stilistischen

Anwendungsbedingungen

eines Lexems. Sie erleichtern es ihm, die Lexeme richtig anzuwenden, d. h., sie entsprechend der jeweiligen

Kommunikationsabsicht

und Kommunikationssituation, entsprechend dem Gegenstand der Kommunikation und dem Adressaten auszuwählen (HDG, Vorwort: XXII). Da es immer noch schwierig ist, das durchschnittliche

Textvorkom-

men, die typische kommunikative Rolle von Lexemen zu ermitteln, werden die Markierungen eines Lexems überwiegend auf dem Hintergrund der Sprachkompetenz ermittelt und stellen daher nur grobe Schätzungen dar. Auf sie deshalb zu verzichten, würde bedeuten, auf einen Aspekt der synchronischen Sprachbeschreibung zu verzichten und den Ausländer, der über diese Kompetenz nicht verfügt, im unklaren darüber zu lassen, in welchen Situationen und wem gegenüber er beispielsweise die Lexeme Antlitz und Fresse verwenden darf. Seit dem Erscheinen des WDG, das erstmals in der neueren synchronischen Lexikographie ein geschlossenes Markierungssystem verwendete, sind kleinere und größere einsprachige synchronische Wörterbücher mit diesen Markierungen ausgestattet. Das für das WDG erarbeitete Markierungsschema wurde dabei mit geringfügigen Abwandlungen übernommen und auch weiterentwickelt. Für das Lernerwörterbuch scheint ein einfaches diaphasisches

Typisierungsschema

eher geeignet, als ein stark differenziertes, das den Benutzer bei der tatsächlichen situativen Verwendung vor neue Barrieren stellt.

216 Zu den stilistischen Markierungen werden folgende Bereiche

gerech-

net: Stilebenen, Stilfärbungen, zeitliche Kennzeichnungen,

regio-

nale Zuweisungen und Fachgebietszuweisungen.

Stilebenen

bevorzugte Möglichkeiten der Sprachverwendung

stellen

innerhalb eines Kom-

munikationsbereiches dar und repräsentieren soziale Faktoren. färbungen kennzeichnen in Verbindung mit der Stilebene Nuancen der Sprachverwendung

Stil-

spezielle

und Sprecher intention. Die

Stilebenen

werden für das Lernerwörterbuch wie folgt festgelegt: Über dem Neutralen, der nicht gekennzeichneten Ebene, liegt die Ebene gehoben. Lexeme dieser Ebene werden vorwiegend in gewählter,

feier-

licher Atmosphäre verwendet. Unter der neutralen Ebene liegt die Ebene umgangssprachlich, deren Lexeme zur zwanglosen legeren Sprache des alltäglichen mündlichen und nichtöffentlichen

schriftlichen

Gebrauchs gehören. Darunter, als Ebene derb bezeichnet,

werden

Lexeme angesiedelt, die meist als drastisch, verletzend oder als anstößig empfunden

werden.

Als Stilfärbungen fungieren Bezeichnungen wie scherzhaft, tisch , ironisch, verhüllend, übertrieben u. a.

Fachgebietszuwei-

sungen erhalten Lexeme im Grenzgebiet zwischen Alltagslexik Fachlexik, Termini, die auch in der Alltagskommunikation det werden, aber bei den Kommunikationspartnern

spötund

verwen-

Fachkenntnisse

vor-

aussetzen. In allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern werden diese Lexeme allgemeinverständlich

erklärt und damit aus dem

terminolo-

gischen System der jeweiligen Fachsprache ausgegliedert, bleiben sie neben ihrer Verwendung in der

doch

Alltagskommunikation

weiterhin als Termini im jeweiligen Fachbereich existent.

Lexeme,

die gänzlich ihre terminologische Spezifik verloren haben und bereits ausschließlich der Alltagslexik

angehören (ζ. B. Radio,

Telefon), erhalten keine Fachgebietszuweisung.

Die

Abgrenzung

ist häufig recht schwierig, und die Wörterbuchpraktiken völlig verschieden und deuten damit auf die unsichere lage: Brockhaus-Wahrig

sind

Forschungs-

(1980) wendet Fachgebietszuweisungen

bei inzwischen in der Alltagskommunikation

eingebürgerten

selbst

Lexemen

an (ζ. B. Röntgenapparat), dieser Praxis steht auch das WDG noch nahe, andere Wörterbücher zurückhaltend.

(ζ. B. Duden-GWB) sind dagegen sehr

217 2.5

Die syntagmatischen Relationen.

Kontextbeispiele

Es ist eine alte lexikographische Weisheit, daß ein gut

gewähltes

Beispiel mitunter mehr als eine überfrachtete oder partielle deutungsexplikation über das Semem aussagt. Darauf verweist

Beauch

Ickler (1984: 376): "Zu den besten Informationsweisen gehört die Angabe gut gewählter Beispiele." "Untypische oder zufällige textualisierungen können durch keine noch so griffige

lexikogra-

phische Bedeutungsangabe wettgemacht werden" (Zöfgen 1985b: Ziel des Wortschatzlernens

ist und bleibt nun einmal die

te Verwendung der Wörter. Bedeutungserklärung

und

Kon44).

normgerech-

Kontextrealisie-

rung des Semems stehen in einem engen Zusammenhang, sie

bedingen

sich im Wörterbuchartikel gegenseitig, und so wie das Seinem im System durch Synonymie, Antonymie und Wortfelder in paradigmatische Relationen eingebettet ist, geht das Lexem mit

Verknüpfungs-

partnern syntagmatische Relationen ein. Die Kombinatorik der Lexeme ist jedoch ζ. Z. noch weitgehend experimentelles Neuland. halb ist es auch nicht verwunderlich, daß es für die noch keine allgemein akzeptierte Theorie des

Des-

Lexikographie

Kontextbeispiels

gibt. Hausmann (1985) hat für die Lexikographie ein

Darstellungs-

konzept entwickelt, dem man in vielem zustimmen kann. Er unterscheidet spezifische und unspezifische Zweierkombinationen,

die

spezifischen gehören zur langue, die unspezifischen zur parole, doch sind die Übergänge fließend. So ist ζ. B. ein Buch gen eine spezifische Zweierkombination

aufschla-

(da aufschlagen an Lexeme

wie Buch, Bett gebunden ist), ein Buch kaufen eine

unspezifische,

weil kaufen auf Waren unterschiedlichster Spezies zu beziehen ist. Zwischen diesen Polen stehen Verbindungen wie ein

fesselndes,

spannendes, interessantes, langweiliges Buch, sie sind aber nicht spezifisch, da sie auch für Erzählung,

typisch,

Geschichte,

Bericht etc. zutreffen. Hausmann empfiehlt zu Recht,

trotzdem

möglichst viele dieser Verbindungen in der Kontextsphäre des Wörterbuchs zu berücksichtigen. Er schlägt weiterhin vor, Verbindungen nur unter dem Kollokator einzutragen,

unspezifische

unter der Basis und differenziert zwischen Rezeptions Lese-)wörterbuch und Textproduktionswörterbuch.

spezifische (Verstehens-,

Da diese

Funktio-

nen bei einem Wörterbuch meist nicht so klar geschieden sind - in der Regel möchten die Lexikographen, daß ihre Werke für beide

218

Zwecke verwendet werden - läßt er den Eintrag einer Kollokation sowohl für das Kollokator-Stichwort als auch für das Basis-Stichwort zu: "Wenn hingegen das Wörterbuch beide Funktionen erfüllen will, was sehr wohl sinnvoll sein kann, so muß es die Kollokation logischerweise zweimal eintragen" (Hausmann 1985: 122). Unser zu erarbeitendes Lernerwörterbuch, das in erster Linie für die Textproduktion, aber auch für die Textrezeption gedacht ist, führt die spezifischen Verbindungen unter beiden Stichwörtern auf, weniger spezifische aber mitunter auch, da eine klare Trennlinie nur schwer zu ziehen ist. Wir unterscheiden nach Wolf (1988) banale (langes Grundstück), typische (runzlige Haut), feste Wendungen (Ersatz leisten) und Phraseologismen (jmdm. aufs Dach steigen). Aber auch für dieses Konzept gilt, was für Hausmanns Unterscheidung zwischen spezifischen und unspezifischen Verbindungen zutrifft: in der Wörterbuchpraxis, d. h. auf die Gesamtmasse der darzustellenden Kontextsphären bezogen, sind die Unterschiede zwischen typischen und banalen und spezifischen und unspezifischen Verbindungen sehr oft nur schwer bestimmbar. Das Lernerwörterbuch hat in erster Linie typische Verbindungen

zu berück-

sichtigen - dabei sollten die Grenzen des Typischen nicht allzu eng gefaßt werden. Die Verbindungen überwiegend restriktiv verwendeter Lexeme sollten aber auf jeden Fall unter beiden Stichwörtern erscheinen. Banale Verbindungen sollten vermieden werden. Eine Auflistung aller relevanten Kollokationen kann man von einem kombinatorischen Wörterbuch erwarten, nicht aber von einem Bedeutungswörterbuch. Dieses Problem ist für ein produktives Wörterbuch nur dadurch lösbar, daß die Verknüpfungspartnerklasse

grobseman-

tisch charakterisiert wird. Diese Charakterisierung wird im Lernerwörterbuch immer dann angewandt, wenn die Verknüpfungspartnerklasse überschaubar und spezifisch und damit benennbar ist. Verknüpfungspartnern mit der weitesten Distribution, die als Ganzes diffus und nicht als Klasse bestimmbar ist, erhalten nicht diese Charakterisierung. Auf die Nennung der

Verknüpfungspartnerklasse

wird auch verzichtet, wenn das Lexem unterschiedslos auf Lebewesen und Sachen bezogen werden kann. Die Charakterisierung erfolgt in der Weise, daß die Gruppe der Mitspieler qualitativ definiert wird: /auf Kleidung o. ä. bezogen/: warme Strümpfe, Wäsche.

219

Daneben wird von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Vertreter der Klasse als typischen Vertreter herauszustellen: etw., z.B. eine Straße, mündet in einen Platz. Eingeschränkte

Kollokabilität

wird durch den Kommentar /beschränkt verbindbar/ angezeigt. diese Weise erfährt der Lerner, daß er ein Lexem nicht

Auf

extensional

verwenden kann. Wir halten es für verfänglich, knüpfungsverbote

in einem Lernerwörterbuch

anzugeben (Wolf 1988); man sollte besser

Ver-

nicht

zeigen, was nicht verbindbar ist. Die Kontextbeispiele können die Form ganzer Sätze (bei Funktionswörtern wie Konjunktionen und Partikeln auch die Form von Dialogen und Textsegmenten) oder die Form von Syntagmen haben. Ihre Aufgabe ist es, nicht nur die sche Verknüpfbarkeit, sondern auch syntaktische

semanti-

Gebrauchsbedingun-

gen und - V a r i a n t e n zu zeigen. Die separate Darstellung der Phraseologismen

ist eine der zen-

tralen lernerspezifischen Aufgaben dieses Wörterbuchtyps, da der Lerner die Bedeutung der Mehrwortlexeme nicht aus der Summe Glieder erschließen kann. Unter dem Begriff des werden nach Fleischer

ihrer

Phraseologismus

(1982) mehrgliedrige Ausdrücke

verstanden,

die sich von freien Wortverbindungen und Metaphorik durch

Idioma-

tizität, semantisch-syntaktische

Stabilität, Lexikalisierung

Reproduzierbarkeit unterscheiden

(Fleischer

1982: 35).

und

Ausgenom-

men sind die verbalen Wendungen (ζ. B. zur Durchführung

bringen).

Sie werden, da sie nicht den Grad der Idiomatizität aufweisen und die Verbbedeutung noch in die polyseme Struktur des

Verbartikels

eingepaßt werden kann, als eine Bedeutung des Verbs

abgehandelt

(das Verb kann auch Funktionsverb sein). Da aber das

semantische

Hauptgewicht beim Substantiv der Verbindungen liegt, werden die verbalen Wendungen beim Substantiv definiert, und vom Verb wird auf das Substantiv verwiesen. Die Phraseologismen werden nicht im Rahmen der Kontextsphäre, sondern als selbständige

lexikalische

Einheiten unter einem Stichwort dieses mehrgliedrigen

Ausdrucks

abgehandelt, und zwar am Ende des Wörterbuchartikels.

Dieses Stich-

wort ist in der Mehrzahl der Fälle das Substantiv; enthält der Phraseologismus jedoch kein Substantiv, so wird er entweder Adjektiv, Adverb oder Verb abgehandelt. Da die Darstellung Phraseologismen nicht ausschließlich für die Rezeption ist, müssen auch die grammatischen und semantischen der Phraseologismen berücksichtigt

werden.

beim der

angelegt

Restriktionen

220

3.0

Die Darstellung von Systemzusammenhängen

Gegenstand des Erfassens von lexikalischem Stoff ist vor allem das Wort, Gegenstand des Einprägens von lexikalischem Stoff müssen vor allem das Wort und die Wortverbindung sein. Grundlage des Anwendens von lexikalischem Stoff aber müssen Texte sein (Brandt 1988). So gesehen ist ein allgemeinsprachliches Wörterbuch, wenn es die atomisierende Wirkung des Alphabets nicht überwinden kann, auf das Einzelwort beschränkt und damit eher für die Erfassung von lexikalischem Stoff geeignet. In einem allgemeinen einsprachigen Wörterbuch werden nicht Artikel über Satztypen oder Kommunikationsverfahren zu finden sein - dies darzustellen ist Aufgabe der Grammatik und der Sprechakttheorie, doch darf man von einem Lernerwörterbuch erwarten, daß es die besondere Eignung eines Lexems für spezifische Kommunikationssituationen

(ζ. B. Phraseologismen

oder Partikeln) und die ausschließliche Bindung eines Lexems an einen bestimmten Satztyp beim Einzelstichwort darstellt (ζ. B. bei Fragepronomen, Partikeln). Aufgabe des Fremdsprachenunterrichts ist aber auch die Herausbildung von Systembewußtsein, da der Lerner mit seiner Hilfe vom Einzelnen zum Ganzen und vom Besonderen zum Allgemeinen gelangen kann. Dem kann das Lernerwörterbuch nur genügen, wenn es alle Arten von Systemhaftigkeit und Regularitäten für die Wortschatzdarstellung ausnutzt. Auf Aspekte der Systemhaftigkeit haben wir bereits unter 2.3 und 2.5 hingewiesen, nämlich auf die lexikalisch-semantischen

Zusammenhänge

(2.3), die sich durch die Darstellung von Synonymie und Antonymie, durch visuelle Semantisierung (2.3.3) und die generischen Merkmale der Bedeutungserklärung transparent machen lassen und die syntagmatischen Beziehungen (2.5), die sich in der Kontextsphäre eines Lernerwörterbuchs darstellen lassen. Damit sind jedoch bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Systemhaftigkeit ist auch dem Grammatischen eigen, doch kann die Hinführung der Lerners zur Regularität, der Weg vom Besonderen zum Allgemeinen, nur dadurch erfolgen, daß man die herkömmliche Struktur des Wörterbuchartikels um Teile erweitert, die grammatische Regularitäten in narrativer Form erläutern oder Flexionsparadigmen im Überblick darstellen. Ersteres wird in diesem Wörterbuch besonders durch einen MERKE-Kommentar geleistet, letzteres durch einen Verweis auf Flexionstafeln, die im Wörterbuchanhang zu finden sind.

221 3.1

Der

MERKE-Kommentar

Der MERKE-Kommentar

(MERKE:) bildet den Schluß des

artikels. Er kann Daten unterschiedlicher

Wörterbuch-

Bezüge erfassen.

Die

grammatischen Daten können sich auf das Einzelstichwort, u. U. auf mehrere Glieder der Sememstruktur

beziehen und können

morpho-

logische und syntaktische Regularitäten betreffen, aber auch Restriktionen des einzelnen Lexems, wenn der

Darstellungsrahmen

im Kopf des Artikels, in dem gewöhnlich die Informationen

zur

Wortart, zum Genus und zur Flexion geboten werden, gesprengt würde. Sie können aber auch semantische Informationen darstellen und beispielsweise auf Unterschiede synonymischer auf ihre syntaktischen Gebrauchsunterschiede schiede hinsichtlich ihrer Verknüpfbarkeit.

Lexeme

hinweisen,

oder ihre UnterDie wichtigste

formation des MERKE-Kommentars aber bildet die

In-

'grenzüberschrei-

tende' Information, die die spezifischen einheitlichen

grammati-

schen Gebrauchsregeln bestimmter Lexemgruppen zusammenfaßt.

Diese

Information braucht dann nur bei einem Stichwort gegeben zu werden, so daß von den anderen Lexemen dieser Gruppe unter MERKE auf dieses Stichwort verwiesen werden kann, ζ. B. laufen Zu laufen/gehen: f gehen

3.2

... MERKE:

(MERKE).

Tafel-Hinweise

Die Flexionstafein sollen dem Benutzer Einblicke in die

Flexions-

struktur vermitteln, die er - von finiten Formen in Texten ausgehend (besonders für die Produktion von Texten) - nur von den Flexionsparadigmen im Wörterbuchartikel

bedingt

ableiten

kann.

Selbst für die Wortrezeption bilden die unregelmäßigen Verben genügend Schwierigkeiten, weshalb zusätzlich zur Tafel der

unregel-

mäßigen Verben die Paradigmen für das Präteritum und das Partizip II in die Stichwortauswahl einbezogen werden (ging f gehen, d. h. Verweis auf die

Infinitivform).

Die Flexionstafeln umfassen die Datentypen

Substantivflexion,

Adjektivflexion, Verbflexion, Flexion des Personal-, Interrogativ- und Demonstrativpronomens

Possessiv-,

und die Flexion

Kardinalia sowie die des bestimmten und unbestimmten Auf diese Tafeln wird von bestimmten Einzellexemen

einiger

Artikels.

verwiesen

222

TAFEL X). Die Verweise werden regelmäßig und konsequent bei den Pronomina, beim Artikel und einigen Kardinalia eingesetzt.

Substan-

tive werden durch die Angabe des Genus, der Genitiv- und Pluralendung einem Paradigma zugeordnet, das der Benutzer bei mit der Flexionstafel

Bedarf

im Anhang identifizieren kann. Auch bei Ver-

ben wird auf einen generellen Tafel-Verweis verzichtet, da regelmäßige Verben mit dem Kommentar

4 reg. Vb.>

versehen sind, die

Paradigmen für die regelmäßige Flexion mit Hilfe der Tafel erschlossen werden können. Unregelmäßige Verben werden dagegen zusätzlich verlistet und in Flexionsklassen

dargestellt.

Mit Hilfe von Tafeln lassen sich auch thematische

sprachliche

Bereiche zusammenstellen, deren Besonderheiten sich beim nen Stichwort nur unzureichend darstellen lassen, oder disch geprägte Systembereiche, ζ. B. Maßangaben, Zahlensystem, Uhrzeitangaben, Dienstränge und

3.3

Die Darstellung produktiver

einzel-

enzyklopä-

Datumsangaben,

Ländernamen.

Wortbildungsmittel

Sowohl für die Rezeption im Wörterbuch nicht verzeichneter als auch generell für die Wortschatzerweiterung

Lexeme

im Lernprozeß

kann die Darstellung heute produktiver Wortbildungsmittel (Präfixe, Suffixe), die in die alphabetische Abfolge der

dienen Stich-

wörter integriert werden. Die aktive Anwendung produktiver

Wort-

bildungsmuster setzt jedoch einen fortgeschrittenen Lerner

voraus;

produktive Wortbildung sinnvoll

(Löschmann

ist erst im

Fortgeschrittenenunterricht

1988).

Bei der Beschreibung dieser Wortbildungsmittel

ist zu beach-

ten, daß der Lerner sowohl über die semantischen, als auch über die morphologischen Voraussetzungen der mit diesen Mitteln prägten Wortbildungsmodelle

ge-

informiert wird (ζ. B. Präfix + Verb;

drückt ein Öffnen aus (auf -): aufmachen, aufschneiden etc.). Das Verfahren ist nicht neu, denn bereits das WDG, später auch das HDG und andere allgemeinsprachige

Wörterbücher

denen an der Transparenz wortbildnerischer

(vgl. Duden 10),

Zusammenhänge

gelegen

war, haben, mitunter stark voneinander abweichend, von dieser Möglichkeit Gebrauch

gemacht.

223 3.4

Die Darstellung von

Wortbildungsnestern

Im Unterschied zu 3.3, der Darstellung produktiver

Wortbildungs-

mittel, durch die die Lexeme eines Wortbildungsmusters

zueinander

in Beziehung gesetzt werden, bildet die Darstellung von Wortbildungsnestern die Vernetzung der Ableitungen und Komposita Kernwortes (trinken: Trank, Trunk, Getränk, austrinken;

eines

lang:

lange, Länge, längen) mit ihrem Kernwort. Diese Beziehungen schen Wortbildungskonstruktionen als Stammverwandtschaft

mit gleichem Grundmorphem

(Schippan 1984: 133) und die

der Glieder dieser Beziehungsstrukturen

zwiwerden

Gesamtheit

traditionell als Wortfami-

lie bezeichnet. Da die Grundmorpheme vieler lexikalischer

Einhei-

ten infolge formaler und semantischer Entwicklungsprozesse

nur

durch eine diachrone Untersuchung dieser Prozesse als gleich erkennbar werden, gilt die Erforschung von Wortfamilien als Gegenstand der Etymologie (Barz 1988). Die synchronische

Beschreibung

muQ aber auf etymologische Zusammenhänge verzichten. Sie sind für den Lerner ohnehin nicht durchschaubar und für die Aufgabe der progressiven Wortschatzerweiterung

dem Lerner kaum nützlich.

Barz

(1988) schlägt daher vor, den diachronisch belasteten Begriff Wortfamilie durch den Begriff Wortbildungsnest zu ersetzen. Nest umfaßt die W o r t b i l d u n g s k o n s t r u k t i o n e n mit jeweils einem

der

Ein iden-

tischen Grundmorphem, das das Kernwort darstellt. Mit Hilfe der muttersprachlichen Kompetenz muß das Grundmorphem auf scher Ebene in den Nestgliedern identifizierbar

sein. Es konkur-

rieren weite und enge Nest-Auffassungen miteinander. sprachlichen Wörterbüchern sind diese

synchroniIn allgemein-

Verwandtschaftsbeziehungen

bisher nicht konsequent verdeutlicht worden, da nur die

unmittel-

bar dem Kernwort folgende Ableitung dargestellt und dabei nie das alphabetische Prinzip durchbrochen wurde. Allenfalls konnten mit Hilfe der Bedeutungserklärung

Beziehungen unter den

hergestellt werden. Diese Darstellungsform

Nestgliedern

ist für den Mutter-

sprachler, nicht aber für den Ausländer transparent. Mit der Darstellung der Kompositionsmöglichkeiten

von Basislexemen

hingegen

hat das WDG bereits einen Teilaspekt des Wortbildungsnestes

in um-

fassender Weise realisiert. Das Lernerwörterbuch geht einen Schritt weiter, indem es auch die Ableitungen durch Verweise auf das Kernwort zu diesen in Beziehung setzt und beim Kernwort alle auch al-

224 phabetisch weiter auseinanderliegenden

Stichwörter aufführt.

die Darstellung dieser Systemzusammenhänge

plädiert auch

(1974: 120). "Wir kommen zu dem Ergebnis, daß die

Für

Hausmann

Zusammenstel-

lung von durchsichtigen, partiell durchsichtigen und

undurchsich-

tigen Ableitungen, von uns synchronische Wortfamilien

genannt

(sind sie denn noch synchronisch?), die für die systematische kennung des Wortschatzes günstigste paradigmatische

Er-

Feldgruppie-

rung darstellt." Sein Konflikt mit der traditionellen

Wortfamilien-

auffassung wird deutlich, wenn er von "synchronischen

Wortfamilien"

spricht und vorschlägt, wenigstens durchsichtige

morphologisch-

semantische Zusammenhänge darzustellen, etwa die zwischen tiv — *

Substantiv, Substantiv — m

Adjektiv, Verb — »

tiv, Verb — » » A d j e k t i v ,

Adjektiv — · »

Wortfamilien-Auffassung

sollte man in einem

Adjek-

Substan-

Adverb etc. Dieser

engeren

synchronischen

Wör-

terbuch den Vorzug geben. Im Lernerwörterbuch werden daher nur die Wortnestbeziehungen berücksichtigt, die auch zugleich tisch transparent sind (gehen - Gang). Die

nestkonstituierende

Relation wird durch die morphologisch-semantische stimmt, und als Indiz für die Nestzugehörigkeit

Motivation

eine Bedeutung der Kernwortes nachweisbar gehen die Meinungen jedoch auseinander

be-

gilt, daß an der

lexikalischen Bedeutung der Wortbildungskonstruktion gen Umfang eines so semantisch motivierten

seman-

noch die

ist. Über den

zulässi-

Wortbildungsnestes

(Barz 1988). Bis zu wel-

cher Ableitungsstufe sollen die W o r t b i l d u n g s k o n s t r u k t i o n e n

be-

rücksichtigt werden? Das Lernerwörterbuch beschränkt sich aus Raumgründen auf die Ableitungen und Komposita, die vom

Grundmor-

phem gleichermaßen eine Stufe entfernt sind (d. h., es berücksichtigt für trinken: Trinker, Trinkgewohnheit, Trank, Trunk,

austrin-

ken, Getränk, nicht aber Trinkerheilanstalt, Kakaotrunk). Die Glieder des Wortnestes stehen am Ende des Wörterbuchartikels betischer Reihenfolge

in alpha-

(nicht in hierarchischer Gliederung).

den Gliedern des Wortnestes wird auf das Kernwort

Von

verwiesen.

4.0

Zusammenfassung

4.1

Was für allgemeine einsprachige Wörterbücher generell

tigkeit haben sollte, nämlich daß bei ihrer Planung die

Gül-

Parameter

des Wörterbuchs nach dem vorausgesetzten Benutzer bestimmt

wer-

225

den, ist für ein Lernerwörterbuch unabdingbar. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einem Lernerwörterbuch für den Muttersprachler - denn auch solche Wörterbuchspezifik

ist denkbar - und einem

Lernerwörterbuch für den Nichtmuttersprachler, schen Nutzer, wobei wiederum zwischen einem

für den

ausländi-

Fremdsprachenlerner,

der als Anfänger ein Wörterbuch benutzt,und einem

fortgeschritte-

nen Lerner einer Fremdsprache zu unterscheiden ist. Unser stelltes Wörterbuchmodell

für einen Deutsch lernenden

vorge-

Ausländer

wendet sich an den fortgeschrittenen Lerner. Es soll ihm bei der Entwicklung seiner Zweitsprachenkompetenz

4.2

dienlich

sein.

Wir setzen beim fortgeschrittenen Lerner voraus, daß er

gewisse grammatische Grundkenntnisse besitzt, ζ. B. Kenntnisse über das Tempussystem, über reguläre Flexionstypen, über über die Funktionen von Wortarten und legen als Grammatik Ausländergrammatik

von Helbig/Buscha zugrunde. Seine

Satztypen, die

Nachschlage-

bedürfnisse siedeln wir im Bereich der Normunsicherheit und Systemunsicherheit an; dies beziehen wir auf alle Wortebenen, das grammatische, semantische und pragmatische Wissen

auf

insgesamt.

Wir gehen davon aus, daß ein einsprachiges Lernerwörterbuch

mit

einer differenzierten Auswahl der Informationsdaten den ausländischen Deutschlerner besser in das System von Lexik und Grammatik einführt, als ein zweisprachiges, das immer punktuell

infor-

miert. Das Lernerwörterbuch soll nicht ein zweisprachiges

Wörter-

buch ersetzen, sondern es ergänzen. Es soll neben der

Information

über das Einzelwort, das einzelne Semem, immer auch Überblicke bieten über die Zusammenhänge und Unterschiede, über ten und Besonderheiten, an die es gebunden

4.3

Regularitä-

ist.

Da ein Lernerwörterbuch für den ausländischen Nutzer

nicht

die muttersprachliche Kompetenz bei der Benutzung des Wörterbuchs voraussetzen kann, ist auf die Verständlichkeit der

gebote-

nen Informationen und ihre Anschaulichkeit besonderes Gewicht zu legen. Daher muß es jede unnötige Verschlüsselung der

Informations-

daten von vornherein ausschließen und alle Informationen nach Möglichkeit beim Einzelwort bieten, von diesem aber zu weiteren Zusammenhängen vordringen. Die Verständlichkeit wird gefördert

durch

226

narrative Formen der Informationsdarstellung

(MERKE-Kommentar),

durch Übersichtstafeln, durch visuelle Semantisierungshilfe und einfache Bedeutungserklärungen mit einem kontrollierten Vokabular, nicht zuletzt durch die Erklärung der im Wörterbuch verwendeten sprachwissenschaftlichen Termini (Definition der verwendeten sprachwissenschaftlichen Termini im Anhang).

4.4

Trotz der angestrebten Verständlichkeit und der damit ver-

bundenen Einfachheit der Informationsdarstellung hat das Wörterbuch eine wissenschaftliche Beschreibung aller mit dem einzelnen Stichwort verbundenen Regularitäten und Restriktionen zu leisten. Dabei hat es auf folgende Datentypen besonderes Gewicht zu legen und sie nach den neuesten linguistischen Erkenntnissen darzustellen: Allgemeine und besondere grammatische Informationen zum Einzelwort, Darstellung der Valenz beim Verb, grammatische des Adjektivs, Funktionswörter, Phraseologismen,

Funktionen

Kollokationen,

stilistische Restriktionsangaben, Landeskundliches,

Bedeutungs-

beschreibung und Ausspracheangaben.

4.5

Zur Erweiterung seiner Systemkompetenz sind dem Benutzer

mögichst viele paradigmatische und syntagmatische Relationen in verständlicher Form anzubieten. Das Lernerwörterbuch

berücksich-

tigt daher zusätzlich zur Bedeutungserklärung die synonymischen und antonymischen Beziehungen des Semems, und es bietet dem Benutzer eine Vielzahl typischer Zweierkombinationen - von freien Verbindungen bis zu festen und zu semantisch isolierten Kombinationen. Berücksichtigt werden schließlich auch die durch die Wortbildung bedingten Zusammenhänge unter den Lexemen.

5.0

Wörterbuchtheorie und Wörterbuchpraxis: Der Wörterbuchartikel im Lernerwörterbuch

Nach der Erörterung fremdsprachendidaktischer

Voraussetzungen

und wörterbuchtheoretischer Grundlagen stellen wir im folgenden eine Auswahl von Probeartikeln vor, die die Realisierung der lexikographietheoretischen Parameter, die Auswahl und Organisation der Informationsdaten am Einzelstichwort anschaulich ver-

227 deutlichen sollen. Die Auswahl der Artikel geschieht nach

Krite-

rien wie: Repräsentation der Wortarten und Repräsentation

der

Datentypen im Wörterbuchartikel. Zur Erklärung der

Zeichen:

1. Ein großer Punkt grenzt die Phraseologismen vom übrigen Wortartikel

ab.

2. Ein senkrecht stehendes Rechteck kennzeichnet die Glieder eines

gfbfD

Wortnestes.

[' ge :*n/umg. ge:n], ging

/jmd./

[gig], ist gegangen

[gS'garjenQ

'sich so fortbewegen, daß nie beide Füße

zugleich

ohne Berührung mit dem Boden sind'; SYN laufen: willst du ~

oder

fahren?; barfuß, langsam, r ü c k w ä r t s 1 ^ . 2 ^ .

'sich

irgendwohin

durch Gehen (1.1) irgendwohin begeben': jmd. geht

geradeaus,

durch das Tor, zum Bahnhof, über die Straße, um die Ecke 2. /jmd./ 'weggehen': er drehte sich um und ging; er ging wortlos, mit einem Gruß

/jmd./ an, auf, in etw./%/ 'mit etw. beginnen': er ging

sofort an die Arbeit; jmd. geht auf die Suche nach etw.; er geht heute in Urlaub

/etw., ζ. B. Fenster/ nach etw.

'die Rich-

tung nach etw. haben': das Fenster geht nach Süden, nach der Straße

die Uhr geht ('funktioniert'); die Uhr geht falsch

nicht die richtige Zeit an') 6 ± etw. geht

('zeigt

'etw. kann so akzeptiert

werden': der Mantel geht; das geht so nicht

jmdm. geht es gut,

schlecht ('jmd. ist in guter, schlechter Verfassung II') geht bei etw. um etw., jmdn.

es

'etw. bezieht sich auf etw.,

jmdn.':

es geht (bei diesem Streit) um die Erbschaft, um das Kind, ums Geld, um verschiedene Auffassungen

was geht da vor sich

schieht da gerade')? iQ^. < in verbalen Wendungen > in f

Erfüllung

; Β

^ ^ /jmd./ in s i c h « ^

be-, ergehen, Gang,

zu f

('ge-

Bruch t+s ;

vergehen

('über etw., was einem anzulasten ist, mit

Bedauern nachdenken'); /etw./ jmdm. über alles /%/ ('jmdm. mehr wert als alles andere

sein')

Zu gehen (1), laufen (2): nur mit gehen üblich: Arm in Arm gehen; nur mit laufen üblich: er konnte schon mit einem Jahr laufen . Nicht mit gehen synonym ist laufen in der Bedeutung dern '

'wan-

228

g|gg [gag] , d e r ; 'Art

Λ/es/auch

/vs,

Gänge [ ' g £ { 7 » H

und Weise des Gehens ( 1 . 1 ) ' :

er hat einen schleppenden, 'das Gehen ( 1 . 2 ) ' : Schule 2 ±

den >v

den e r s t e n ,

im v i e r t e n υ

einlegen;

Höhle;

der ^

der e r s t e ,

Gänge J^

verbalen Wendungen

/jmd./

f^y und Hof verlieren ('den gesamten Besitz an Immobilien verlieren'); /jmd./ jmdm. ins

platzen ('jmdn. überraschend besuchen');

/etw./ ins

stehen 'bevorstehen' ( ): eine Familienfeier steht

ins

aus 'der Ausbildung nach': von

von

aus ist er Mathe-

matiker

Lfhrer

[ j l e i r t j , der;

s,

'männliche Person, die beruflich

an einer Schule o. ä. Unterricht erteilt'; /auch für SVN Pädagoge: er ist ein guter, erfahrener«»/

'Lehrerin'/;

; er, sie ist

an einer Oberschule, Berufsschule; dazu weibl.: LehrfEjn die ;

£'le:rprirQ

, ^Mien

lQf|Dg|D, fängt an, fing an, hat angefangen SYN beginnen etw. S+J

/jmd./

'seine Tätigkeit in bezug auf etw., bes. etw. Abstraktes,

von einem bestimmten Zeitpunkt an verrichten'; ANT aufhören, beenden: einen Streit, ein Gespräch, einen B r i e f e ; mit etw.

^»^es Brot,

und

Trockenwerden,

r ^ e Eier 2^ ^ nicht

'physisch und psychisch stark belastbar'; ANT weich: A / e r Bursche 3^

'streng( )'; ANT mild(e): eine

Strafe; jmdn. ~

bestrafen, kritisieren;

sein, bleiben

< nur a t t r . >

r^e

('unerbittlich')

Heroin ist eine ^-e Droge

('eine

Droge, die den, der sie nimmt, völlig abhängig macht'); ein / ^ e r ('hochprozentiger') Drink \. ein

'mit großer Wucht'; ANT weich,

Aufprall, Schlag; er schlug r·**

zu

sanft:

'den Einsatz der

231

ganzen physischen und psychischen Kraft erfordernd'; ANT leicht: ein ^N>er Kampf; das ist

r^ e Arbeit;

arbeiten; es war ziem-

lich /s/ , das mit ansehen zu müssen 7. Z. nicht bei Vb.> rigkeiten, Entbehrungen reich'; ANT leicht

'an Schwie-

/auf einen Zeitraum,

bes. einen Lebensabschnitt, bez./: er hatte eine /%^er Ofen; der Kaffee ist rv Sonne scheint

; die

; die Suppe /v^ machen ('aufwärmen'); sich r^f

('mit warmem Wasser') waschen 2. zu sein'; ANT kalt

'das Gefühl vermittelnd, warm (1)

/auf den menschlichen Körper bez./: er hat

Hände; seine Füße sind r*~> ; bei dieser Arbeit wird e i n e m ^ < nicht p r ä d . ^

ANT kalt:

Speisen ('Speisen, die durch

Kochen, Braten o. ä. zubereitet sind und warm (1) gegessen werden');

Getränke; heute abend essen wir

'herzlich': .jmdm.

mit -/en Worten danken; jmdn: aufs wärmste ('sehr herzlich') begrüßen; φ

I

erwärmen

/jmd./ mit jmdm.

, nicht υ

werden ('zu jmdm. ein, kein

herzliches Verhältnis finden können')

rgi [ro:t] ^ A d j . ; STEIG röter Q rrf: t*Tß] /roter, röteste roteste> r»e Rosen;

'von der Farbe des Blutes':

r ^ e Lippen; etw. leuchtet, glüht

chen ; sie wurde

('errötete'); er hat

rd : t»sta[J /

r^e Tomaten, Erdbeeren; ; etw. r*s anstrei-

^ • e ('rötliche') Haare

232

< nicht bei V b . ^

/bürgerl. oft emot. neg./

'der

Arbeiterbewe-

gung, dem Sozialismus zugehörig, sich zu ihr, ihm bekennend': er galt als

; die Rote Armee /frühere Bez. für die

Streitkräfte/; Η φ

/jmd./

lÖfQbfyligb

sowjetischen

erröten sehen ('wütend sein,

[ap'Jöyli?]

emot.

werden')

^Adj.^

1.

'physischen

willen hervorrufen'; SYN widerlich: ein

A / e : Geruch,

etw. riecht, klingt 's-/, sieht ^

'moralischen

aus 2^

hervorrufend'; SYN verwerflich: eine Λ/

- 11^.

^Adv.;

vor Adj., A d v . >

zugswort Ausgedrückte negativ/ das tut

bifε

Wider-

Geschmack; Widerwillen

Tat; dieser Gedanke ist /bewertet das durch das Be-

'außerordentlich': es ist ^v kalt;

weh

[hi^l

lA^

/bezeichnet den Standort des

Sprechers/

'an dieser Stelle, diesem Ort'; ANT dort, da: < o f t mit ich stehe

/

stehe ich; er sitzt, ist ~

auf dem Tisch; der Bus hält gleich

; das Buch

an der Ecke;

drinnen, hinten, vorn, oben, unten;

Präp. von >

nicht von r-j weg 1^.2^ < vorw. am Satzanfang ^

r^j

Adv.best.>

liegt draußen, ich gehe

('an dieser

Stelle im Text') steht folgendes geschrieben, ist folgendes zu lesen

... 1^3^ < vor Imperativischen Sätzen >

auf eine bei ihm befindliche Sache hin/: halt mal! ;

, lies mal!

/der Sprecher , nimm es!;

^

^ nur attr.; einem Subst.,

nalpron., Demonstrativpron. nachgestellt >

/weist

weist , Perso-

nachdrücklich

auf eine Person, Sache hin, die in unmittelbarer Nähe des Sprechers ist/: unser Gast darauf will ich /v

; dieses Buch /N/ ; dies /N/ ; ich meine ('in diesem Zusammenhang') nicht

eingehen 2± 'zu diesem Zeitpunkt': A /

beginnt ein neuer

in deinem Leben; von λ / an, von /s/ ab beginnt eine neue φ

und da

Steinpilze 2±



'an manchen S t e l l e n ' : , / ^

ihn^

näher Abschnitt

Epoche

und da fanden sich

'manchmal': er besuchte uns r J und da

MERKE Zur Getrennt-, Zusammenschreibung mit sein: f sein

(MERKE)

233 9fEQ

[ g e r n ] , auch g § r g f

sten; ißt

f

liebst > I i

^

; das t u t

hener Gast

Γ' g € r n « ]

'mit

Vergnügen,

er /-s ; i c h h e l f e

('man f r e u t

w i d e r u n g auf

jmds.

sich,

Dank/:

gefällig

zu s e i n ' ) ! "

^in

freundliche

Bitte

nüsse ; i c h wüQte r^/ , ob e r Zustimmung des S p r e c h e r s aus/: φ

das k a n n s t

gestern

^

£'g£stifn3



'in

früh,

haben

aus/:

('jmdn.

ich hätte

/als

Er('Sie

Ihnen

Zustimmung II

ein Kilo

aus/ >

Hasel-

/drückt

des g e n a n n t e n

die

Sachverhalts

mögen')

mittag,

der dem h e u t i g e n

gesehen;

morgen,

war e r an;

Adv.best.>

nachmittag;

vor

was / noch g ü l t i g

vor-

noch geacht

n a c h g e s t e l l t > der V o r t r a g

indekl.;

eine nicht

/der

Sprecher

bezieht

mir,

i c h könnte b e r u h i g t

sen

/der

Sprecher

je ja

älter sonst

allgemein

wird, nichts

nicht

als

nur

war,

Tagen; war

ist

im Nom. S g . ;

näher b e z e i c h n e t e

sicherte

nicht

freundliche

s e i t /v/ ; b i s />s ; von

4Indef.pron.;

gruppe/ 1 4 ,

sich

eine

gese-

"Gern geschehen

F r e u d e gemacht,

' a n dem Tag,

einem S u b s t .

/bezeichnet

kann;

e i n gern

gut

heute

veraltet

[manj Ii

mir

hinsichtlich

der V e r g a n g e n h e i t ' :

schon

ist

bastelt,

einem W u n s c h s a t z + K o n j .

i c h habe i h n

sund ; < + P r ä p . > abend,

Dank!"

kommt - 11^

ist':

^ auch a t t r . ;

! ; er

liest,

am l i e b -

du /v/ mitnehmen

/ j m d . / jmdn.

ausgegangen

er

zu B e s u c h k o m m t ' ) ;

es h a t

2^1- / d r ü c k t

ich d i r

eine

dir

wenn e r

k e i n e n Dank s c h u l d i g ,

/drückt

Freude':

"Herzlichen

s i n d mir

das g l a u b e

STEIG l i e b e r ,

bezieht desto

sich

vergeßlicher

angesehen,

Personen-

mit e i n / :

ver-

gab uns e t w a s zu e s -

s i c h mit e i n / :

2 ± so e t w a s t u t ^ korrekt

nicht

sein;

subst. >

Person,

r^f

tut,

wird r^J;

nicht

('so

was man

r^j etwas

und du s o l l s t

es

gönnt wird auch

tun')!

MERKE F ü r

den D a t .

und Akk.

treten

einem,

einen ein:

feiner

(

)

234

ygifr [ vnztJi I* ^ Possessi vpron. zu wir; Mask. u. Neutr. Sg.; Fem. Sg. u. PI. uns(e)re; f TAFEL ... > lil^

^adj.>

~

in /v>em Garten; wir ziehen in ^ neuen Haus;

Sohnes;

neues Haus; wir wohnen in ^-^-em

Tochter, Wohnung; r ^ B neue Wohnungseinrichtung;

^ ^ e Kinder; ^ w e neuen Bekannten Art.>

'(zu) uns gehörend'

Sohn, Kind, Hund, Haus; das Buch

< subst.; auch mit best.

laß deinen Wagen zu Hause, wir nehmen

ren/neben dem unser(e)n -

sie £zi:]

< Personalpron. ; subst.; f TAFEL . . . >

Sg. Fem.; Nom. u. Akk. > »N/ ;

/für ein Subst. mit fem. Genus/: er und

will morgen verreisen; ich habe ^

sehen; wer hat die Tür geschlossen, 2±

O -

Pers. PI.; Nom. u. A k k . >

heute noch nicht ge-

war doch eben noch offen

/für ein Subst. im PI. od.

mehrere Subst./ es kamen mehrere Vorschläge, man hat berücksichtigt;

: eins, zwei, /v ; ^ Äpfel, Bonbons, Kinder; ^ Stück Zucker, Glas Bier; siehe Seite ^ ; bis / v zählen; er ist ^ Jahre (alt); vor Jahren, Monaten, Wochen; es ist (Uhr); das Fehlen dieser Schüler, />^er Schüler, von Schülern; die Leistungen /^-er guter Schüler; die r u fehlten unentschuldigt; er schenkte es den o-/ Mädchen, den ^-»en; eine arabische Drei /3/; eine römische Drei /III/; er hat eine Drei ('das Prädikat "befriedigend"') bekommen; mit der Drei ('einer Straßenbahn der Linie 3') fahren; Β d r i t t e , drittel, drittens φ

umg. /jmd./ nicht bis

zählen können ('dumm sein')

MERKE Das Subst. steht im Sg., wenn die Kardinalzahl ist (Seite ^

, Lektion

angabe darstellt ( S t ü c k

nachgestellt

wenn das Subst. eine Maß-, MengenZucker). Besonders die Zahlen zwei

bis sechs werden im Dat. flektiert, wenn sie substantivisch gebraucht sind und sich auf Personen beziehen. Das mit einer Kardinalzahl verbundene Adj. wird stark flektiert.

235 yIgg

^ Adv.; steht am Anfang eines (in)direkten Fragesatzes >

'zu welcher Zeit?':

^

kommst du?;

lebte Napoleon?; ich weiß nicht, ^ von /v/ bis

/v

ist das passiert?;

das passiert ist;

dauert die Vorstellung?; von

Präp.>

an gilt diese Rege-

lung? ; seit , bis />-/ bist du hier?

diesseits

di: sza^tsj

Präp. mit Gen.; einem Subst.

vorange-

stellt > /lokal; vom Sprecher aus gesehen auf der Seite von einer Linie, auf der er sich selbst befindet/; ANT jenseits: Elbe, des Rheins;

bfVQE £be'fo:'tf3 mit Hauptsatz >

~

der

der Grenze

^ Konj.; subordinierend; verbindet

Nebensatz

/temporal; die Handlung des Nebensatzes ist

der des Hauptsatzes zeitlich unmittelbar nachgeordnet/; SYN ehe (1): r^j er fortgeht, schließt er die Tür ab / er schließt die Tür ab, r^y er fortgeht; < m i t Negation im Hauptsatz und fakult. Negation im Nebensatz >

er darf die Wohnung nicht verlassen,

er (nicht) aufgeräumt hat Zi. ^ m i t Negation im Hauptsatz und fakult. Negation im Nebensatz > /konditional/ er bezahlt die Rechnung nicht, men hat

er (nicht) ('nur dann, wenn er') Gehalt bekom-

236 Anmerkungen 1

Bereits 1948 erschienen war das ALD (Oxford Advanced Learner's Dictionary of Current English. Ed. A. S. Hornby with A. P. Cowie and A. C. Gimson). Ihm folgte in den 70er und 80er Jahren eine erstaunlich große Anzahl weiterer Lernerwörterbücher, ζ. B. LDOCE (Longman Dictionary of Contemporary English. Ed. R. Procter. London 1978), CULD (Chambers Universal Learner's Dictionary. Ed. Ε. M. Kirkpatrick. Edinburgh 1980), OELDE (Oxford Elementary Learner's Dictionary of English. Ed. 5. Burridge. Oxford 1981), MLD (Macmillan Learner's Dictionary. Ed. Μ. H. Manser. London/ Basingstoke 1983). Das neueste in dieser Reihe ist Collins Cobuild English Language Dictionary. Ed. J. Sinclair. London/ Glasgow 1987.

2

DFLE (Dubois, J. £u. a.]: Dictionnaire du frangais langue ötrangäre. Niveau 1. Paris 1978. Niveau 2. Paris 1979). Daneben aber auch andere, die nicht so eindeutig auf den ausländischen Nutzer zugeschnitten sind: Davau, M./M. Cohen/M. Lallemand: Dictionnaire du frangais vivant. Paris 1972; Lagane, R. Qu. a ·3 : Nouveau Larousse des debutants. Paris 1977.

3

Etwa zum gleichen Zeitpunkt beginnt die Theoretisierung der Lexikographie für Lehrzwecke; vgl. den Sammelband "Aktual'nye problemy uöebnoj leksikografii" (Aktuelle Probleme einer Lexikographie für Lehrzwecke). Hrsg. V. A. Redkin. Moskva 1977. Er enthält Beiträge zu den Themen Pädagogische Lexikographie, Lexikalisches Minimum, Kollokation etc.

4

Hausmann

5

Hausmann unterscheidet drei Grundfunktionen des einsprachigen Wörterbuchs: 1. Rezeption von Texten. Dieser Funktion entspräche ein Lesewörterbuch mit der Funktion der döcodage. 2. Produktion von Texten. Ihr entspräche ein Schreibwörterbuch mit der Funktion der d'encodage. 3. Systematische Erlernung des Wortschatzes. Dies entspräche der Funktion eines Lernerwörterbuchs, eines dictionnaire d'apprentissage.

6

vgl. Hausmann, Franz Josef 1979. Neue Wörterbücher für den Französischunterricht oder: Was ist ein Schulwörterbuch. Die Neueren Sprachen 78. 331-351.

7

vgl. Ekkehard Zöfgeri. 1985b: Lernerwörterbücher Prüfstand oder: Was ist ein Lernwörterbuch?

8

vgl. Zöfgen. 1985:

9

Seine Erfahrungen im Umgang mit Deutsch lernenden Ausländern und ihren grammatischen N a c h s c h l a g e b e d ü r f n i s s e n erläutert Η. E. Wiegand (1984) in seinem Aufsatz "Fragen zur Grammatik in Wörterbuchbenutzungsprotokollen. Ein Beitrag zur empirischen Erforschung der Benutzung einsprachiger Wörterbücher". Er kommt zu dem Schluß, daß die grammatischen Informationsdaten für den Ausländer überwiegen, und daß für ihn die Kombination einer Grammatik mit einem Wörterbuch anzustreben sei.

1974.

auf dem

12-15.

237

10

Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache. Hg. Krech, Stötzer u. a. Leipzig. 1982.

Kurka,

11

vgl. dazu Helbig/Buscha (1984: 500ff.). Diese Wortartzuweisung wäre in der Lexikographie eine Neuerung, da Adverbien in dieser Funktion bisher einfach allgemein zu den Adverbien gerechnet wurden, ohne sie näher zu beschreiben.

12

In den Grundzügen (1981) wird die Partikel nur am Rande und vor allem unter dem Adverb abgehandelt. Charakterisiert wird weder ihre Eigenschaft, als Satzglied noch als Satzäquivalent fungieren zu können. Die Hinweise beziehen sich ausschließlich auf die Modalpartikel.

13

Der Petit Larousse kann als der Prototyp angesehen werden. Das Nouveau dictionnaire du frangais contemporain illuströ (1980) enthält 1062 Illustrationen. Auch die englischen Lernerwörterbücher, insbesondere das Oxford Advanced Learner's Dictionary of Current English (A. S. Hornby), sind reichlich mit Illustrationen ausgestattet. Für die^deutsche Lexikographie ist Der Sprach-Brockhaus. Wiesbaden 1958 zu nennen.

14

Das Typische ist bei vielen Objekten durch die Darstellung im Profil erreichbar, bei anderen durch die Aufsicht (ζ. B. beim Schmetterling). Bäume werden durch die Verbindung Baum Frucht (evtl. auch Zweig) leichter von anderen abgegrenzt.

15

Typische Verbindungen möchten wir als häufig verwendete, als die Zweierverbindungen interpretiert wissen, die bei der Nennung eines Wortes dem Hörer sofort als Verknüpfung einfallen.

238

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243

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(Lexicographica.

Wortschatzforschung heute. Aktuelle Probleme der Lexikologie und Lexikographie. 1982. Hg. von Erhard Agricola, Joachim Schildt, Dieter Viehweger. Leipzig. Zöfgen, Ekkehard. 1985a. Definitionswörterbuch kontra Valenzwörterbuch. Zur lexikographischen Darstellung der Verbsyntax aus pragmatischer Sicht: Lexikographie und Grammatik. Akten des Essener Kolloquiums zur Grammatik im Wörterbuch 28.-30.6.1984. Hg. von Henning Bergenholtz und Joachim Mugdan. Tübingen (Lexicographica. Series Maior 3). 130-158. 1985b. Lernerwörterbücher auf dem Prüfstand oder: Was ist ein Lernwörterbuch?: Wörterbücher und ihre Didaktik ^Themenheft der Bielefelder Beiträge zur Sprachlehrforschung 14. Η. 1 u. 2]. Hg. von Ekkehard Zöfgen. Bad Honnef. Zürich. 10-89.

RENATE PASCH ES LEBE DAS LEXIKOGRAPHISCHE BEISPIEL! (PROBLEME DER LEXIKOGRAPHISCHEN BESCHREIBUNG WAHRHEITSFUNKTIONALER SATZVERKNÜPFER MIT KONTEXTBESCHRÄNKUNGEN)

1. 1.1. 1.2. 1.3.

2. 2.1. 2.2. 2.3.

Illustration der linguistischen Fakten: die wesentlichsten Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß Die aussagenlogische Konjunktion und Negation als Bedeutung von ohne daß und statt daß Die aussagenlogische Konjunktion als Aspekt von Kontextbeschränkungen von ohne daß und statt daß Der Zusammenhang von Bedeutung und Kontextbeschränkung als Definiens der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß Versuch einer alltagssprachlichen Formulierung (AF) der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß zum Zwecke ihrer Beschreibung Zur Frage der Adressaten einer lexikographischen Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern Die Behandlung der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß in zeitgenössischen einsprachigen semasiologischen Wörterbüchern Alternativen zu den Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß in Wörterbüchern: AF

3.

Erfahrungen mit Benutzern der AF in Wortfindungstests

4.

Schlußfolgerungen aus den Wortfindungstests

5.

Zum Beispielteil in den lexikographischen Beschreibungen wahrheitsfunktionaler Konnektive

6.

Exemplarischer Vorschlag zur lexikographischen Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen von Konnektiven mit Kontextbeschränkungen, illustriert an der Behandlung von ohne daß und statt daß

7.

Schlußbemerkung

Anmerkungen Literatur

246

Es gibt eine ganze Reihe von Sätze verknüpfenden

lexikalischen

Einheiten - im folgenden "Konnektive" genannt

die sich

(teil-

weise sogar ausschließlich) durch spezifische Bedingungen

unter-

scheiden, die sie an die inhaltliche Beschaffenheit der Sätze stellen, die sie verknüpfen. Die Wahl der für die nutzer optimalen lexikographischen

Beschreibung

für den korrekten Gebrauch solcher Konnektive -

Wörterbuchbe-

der

Bedingungen

"Gebrauchsbedin-

gungen" - bereitet für das einsprachige Bedeutungswörterbuch, im folgenden zu zeigen Sein wird, prinzipielle und nicht

wie

unerheb-

liche Schwierigkeiten. Die Schwierigkeiten sind um so größer, je abstrakter bei diesen Konnektiven derjenige Aspekt ihrer

Gebrauchs-

bedingungen ist, der in der Linguistik als "Bedeutung" der Konnektive bezeichnet wird, und je weniger sich die jeweils in ihren Gebrauchsbedingungen zu beschreibenden Konnektive in ihrer tung von anderen Konnektiven

Bedeu-

unterscheiden.

Beispiele für derartige Schwierigkeiten bereitende

Konnektive

sind die deutschen Konjunktionen ohne daß und statt daß. Die genannten Schwierigkeiten sollen hier an der Erörterung der Frage veranschaulicht werden, wie die wesentlichen

Gebrauchsbedingungen

dieser beiden Konnektive in einem einsprachigen

semasiologischen

Wörterbuch dargestellt werden können. Anschließend wird ein Vorschlag zur Lösung der bei der Beschreibung von ohne daß und statt daG auftretenden Probleme entwickelt, der sich in seinen

Prinzi-

pien auf die lexikographische Behandlung anderer Konnektive

über-

tragen läßt, die die gleichen Schwierigkeiten bereiten. Es wird zu zeigen sein, daß besonders bei der Veranschaulichung brauchsbedingungen derartiger lexikalischer Einheiten Sorgfalt auf die Wahl prägnanter Anwendungsbeispiele

der Ge-

äußerste verwendet

werden muß. In den folgenden Ausführungen wird es nicht darum gehen, eine kritische Bilanz des Standes der Entwicklung in der

Behandlung

solcher "Funktionswörter" in Wörterbüchern zu ziehen. (Eine solche Bilanz zieht schon Brauße (in diesem Band).) Es wird hier auch nicht darum gehen, umfassend Anforderungen an die

lexikogra-

phische Beschreibung

von Konjunktionen, geschweige denn Funktions2 Wörtern überhaupt abzuleiten . Vielmehr sollen hier einige Vorschläge für die lexikographische

Behandlung von Konnektiven

einer

247

bestimmten Art entwickelt werden, die unter Umständen für die lexikographische Beschreibung anderer Arten von Funktionswörtern genutzt werden können.

1.

Illustration der linguistischen Fakten: die wesentlichsten Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daO

1.1

Die aussagenlogische Konjunktion und Negation als Bedeutung von ohne daO un.d statt daß

Wie linguistische Analysen ergeben haben, reduzieren sich die Bedeutungen von ohne daß und statt daß auf eine Kombination der Wahrheitsfunktionen der aussagenlogischen Konjunktion und der aussagenlogischen Negation"'. Unter der Bedeutung einer lexikalischen Einheit sollen hier, wie allgemein üblich, Wahrheitsbedingungen verstanden werden. Das sind diejenigen von der lexikalischen Einheit in einen sie enthaltenden Deklarativsatz eingebrachten Be4 dingungen, unter denen der Deklarativsatz wahr ist. Bei ohne daß und statt daß verknüpft die aussagenlogische Konjunktion die Bedeutung des Hauptsatzes mit der Negation der Bedeutung des Nebensatzes. Im Deutschen wird die aussagenlogische Konjunktion am reinsten durch die Bedeutung der Konjunktion und und die aussagenlogische Negation durch die Bedeutung der Partikel nicht verkörpert. ("am reinsten"soll heißen, daß die genannten Ausdrücke von allen Ausdrücken, die diese Bedeutung haben, die wenigsten zusätzlichen Gebrauchsbedingungen aufweisen.) Daß sich die Bedeutung von ohne daß und statt daß auf die genannte Weise analysieren läßt, zeigt sich darin, daß Satzgefüge mit ohne daß und statt daß in bestimmten Fällen bei Wahrung ihrer Denotate durch Satzverbindungen mit und nicht (im folgenden siehe jeweils b)) ersetzt werden können. Vgl. (1) (a) Hans sitzt im Garten, ohne daß er seine Schularbeiten macht. (b) Hans sitzt im Garten und macht nicht seine Schularbeiten. (2) (a) Hans sitzt im Garten, statt daß er seine Schularbeiten macht. (b) Hans sitzt im Garten und macht nicht seine Schularbeiten.

248

Aus all diesen Satzverknüpfungen

folgt deren Interpretation,

daß

die mit Hans bezeichnete Person im Garten sitzt und daß sie nicht ihre Schularbeiten

macht.

Wenn die Bedeutung des Hauptsatzes mit £ und die des

Nebensat-

zes mit £ bezeichnet wird, dann läßt sich die Bedeutung des Satzgefüges formal so darstellen: q5

(3) ρ A wobei Α

wie üblich für die aussagenlogische Konjunktion

und

für die aussagenlogische Negation steht. Die Bedeutung von ohne daß und statt daß ist dann logisch gesehen eine komplexe durch deren Anwendung auf ihre Argumente (p und q) die

Funktion,

Bedeutung

des Satzgefüges entsteht. Man kann sie wie folgt formal

darstel-

len : (4)

χ

q λ

Ρ

(ET(NON(q)Hp))6

Der Funktor ET steht anstelle des Funktors Α

und der

Funktor

NON anstelle des Funktors "V . Dabei wurde die in (3) verwendete Notation für die Funktor-Argument-Struktur

in eine

umgewandelt, die in der Logik als "polnische"

(oder

Darstellung "Lukasiewicz"-)

Schreibweise bezeichnet wird, wobei außerdem noch eine

Reihenfolge

der Anwendung der elementaren Funktionen auf die Argumente

darge-

stellt wird. Das heißt, zuerst wird die Negation (NON) auf q angewandt, dann wird auf das Ergebnis dieser Anwendung die Konjunktion

(ET) angewandt und das Ergebnis dieser

logische

Anwendung

schließlich auf p. Konnektive mit aussagenlogischen Bedeutung nenne ich im folgenden

1.2

(Wahrheits-)Funktionen

als

"wahrheitsfunktional".

Die aussagenlogische Konjunktion als Aspekt von Kontextbeschränkungen von ohne daß und statt daß

Obwohl ohne daß und statt daß identische Bedeutungen haben, nen sie nicht in allen Kontexten durcheinander ersetzt

kön-

werden.

Vgl. (5) (a) Ohne (/*statt) daß du bezahlst, kann ich dir keine Karten geben. (b) Statt (/*ohne) daß du dich freust, ärgerst du dich. (Warum nur?)

249 Da die Satzgefüge, wie (1) und (2) zeigen, identische haben können (was auf ihre Bedeutungsidentität Wahrheitsbedingungen

Paraphrasen

- Identität

der

- schließen läßt) und da ohne daß und statt

daß aus syntaktischen Gründen in (5) nicht ausgeschlossen müssen die in (5) sichtbaren Unterschiede in den keiten der beiden Konnektive aus zusätzlichen

sind,

Gebrauchsmöglich-

Gebrauchsbeschränkun-

gen dieser Konnektive herrühren. Ihr wesentlichster

Unterschied

besteht darin, daß ohne daß und statt daß Unterschiedliches weisen. Das, was sie zurückweisen, wird in manchen

zurück-

Wörterbüchern

und von manchen Autoren als "Erwartung" bezeichnet. Diesen

Termi-

nus will ich hier aufgreifen.^ Für ohne daß kann man Argumente

da-

für beibringen, daß die zurückgewiesene Erwartung darin liegt, daß der vom Hauptsatz und der vom Nebensatz bezeichnete Sachverhalt • zusammen bestehen. Für statt daß läßt sich nachweisen, daß die zurückgewiesene Erwartung die ist, daß der vom Hauptsatz

bezeich-

nete Sachverhalt nicht besteht, wohl aber der vom Nebensatz be9 zeichnete . So drückt (5)(a) die durch das Satzgefüge als nicht verwirklicht gekennzeichnete Erwartung aus, daß der Adressat bezahlt und der Sprecher ihm (dann) Karten geben kann. (5)(b) drückt aus, daß erwartet wurde, daß der Adressat sich nicht ärgert, sondern sich freut und daß diese Erwartung durch das Satzgefüge zurückgewiesen

wird.

Die Erwartung, die von ohne daß-Satzgefügen zurückgewiesen

wird,

ist formal darzustellen als die aussagenlogische Konjunktion der Haupt- und der

Nebensatzbedeutung:

(6) ρ A q Die Erwartung, die von statt daß-Satzgefügen zurückgewiesen

wird,

ist formal darzustellen als die aussagenlogische Konjunktion der Nebensatz- und der Negation der

(7) ~

Hauptsatzbedeutung:

ρ A q

Die Erwartungskomponente der Gebrauchsbedingungen des

jeweiligen

Konnektivs stellt eine Bedingung an die Beschaffenheit der tungen der durch die Konnektivbedeutung zu verknüpfenden

Bedeu-

Teilsät-

ze des Satzgefüges dar, an die Möglichkeiten ihrer logischen Beziehungen^.

Sie ist also eine Beschränkung bezüglich des Kontex-

tes des Konnektivs - eine

"Kontextbeschränkung".

250

1.3

Der Zusammenhang von Bedeutung und Kontextbeschränkung als Definiens der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß

Bedeutung und Kontextbeschränkung - hier eingeschränkt auf die Erwartung - bilden zusammen einen wichtigen Teil dessen, was hier mit dem Terminus "Gebrauchsbedingungen" bezeichnet wird. Ich will darunter ganz allgemein die Bedingungen für den korrekten Gebrauch des Formativs einer lexikalischen Einheit verstehen. Neben weiteren inhaltlichen Anforderungen an die zu verknüpfenden Sätze, die ich ebenfalls als "Kontextbeschränkungen" verstehen will (zum Beispiel, ob der Hauptsatz allen Satzarten angehören kann oder nicht), gehören zu den Gebrauchsbedingungen für mich auch die syntaktischen Eigenschafteh der Konnektive (ob das Konnektiv eine koordinierende oder eine subordinierende Konjunktion ist). In vielen Fällen ergibt sich die als Kontextbeschränkung fungierende Erwartung noch nicht aus der Natur der Bedeutungen der Teilsätze des wohlgeformten Satzgefüges. Das Satzgefüge verletzt dann die Beschränkung zwar nicht, erfüllt sie aber nicht eigentlich. Dies ist ζ. B. bei (2)(a) der Fall. In solchen Situationen wird die Erwartung durch die Verwendung des Konnektivs "gesetzt". Deshalb ist es gerechtfertigt zu sagen, daß das Konnektiv neben der Bedeutung auch die Erwartung "ausdrückt". Da von den mit ohne daß und statt daß gebildeten Satzgefügen sowohl die jeweilige Erwartung als auch die unter (3) genannte Bedeutung ausgedrückt wird, müßte man nun die aussagenlogischen Beschreibungen der von den ohne daß- und statt daß-Satzgefügen ausgedrückten Erwartungen jeweils mit der Bedeutung dieser Satzgefüge durch die aussagenlogische Konjunktion verknüpfen können. Vgl. (8·) (a) ( p A ~ q ) Α (ρ Λ q) (für das, was ohne daß-Satzgefüge ausdrücken) (b). ( p / W q ) A ρ A q) (für das, was statt daß-Satzgefüge ausdrücken) Für einen Logiker ist sofort ersichtlich, daß diese Verknüpfungen Kontradiktionen ausdrücken. Dies tun die ohne daß- und statt daßSatzgefüge jedoch nicht. Die Bedeutung und die Erwartung, die von den Konnektiven jeweils ausgedrückt werden, können also nicht in

251 einer Beziehung zueinander stehen, die durch die

aussagenlogische

Konjunktion repräsentiert sein kann. Beide Aspekte machen

jedoch

das, was jeweils durch das lexikographische Definiens der Gebrauchsbedingungen der beiden Konnektive wiedergegeben

werden

muß, gemeinsam aus. Die Beziehung zwischen ihnen muß also in das Definiens mit eingehen. Wie dies zu geschehen hat, ist nicht nur ein lexikographisches, sondern auch ein

theoretisch-linguistisches

Problem. Bevor man sich der Lösung des Problems, wie die Verbindung schen Erwartungskomponente

und Bedeutung in den

zwi-

Beschreibungen

der Gebrauchsbedingungen der Konnektive dargestellt werden kann, zuwenden kann, muß man sich allerdings über die Natur des Verhältnisses zwischen Bedeutung und Erwartungskomponente

Klarheit

ver-

schaffen. Während nun, wenn der Hauptsatz in Satzgefügen mit ohne daß bzw. statt daß ein affirmativer Deklarativsatz ist, bei der Verwendung solcher Satzgefüge von ihren Adressaten darauf

geschlos-

sen werden darf (und sich diese darauf berufen dürfen), daß das gilt, was die Bedeutung des Satzgefüges ausmacht, darf man als Adressat nicht schließen, daß das gilt, was die Erwartung

aus-

macht. Obgleich sich Bedeutung und Erwartung logisch gesehen

gegen-

seitig negieren (d. h. wechselseitig ausschließen), ist die Erwartung im Unterschied zur Bedeutung durch die

Gebrauchsbedingungen

des Konnektivs als Inhalt einer möglichen Folgerung des Adressaten der Verwendung des Satzgefüges für den Zeitpunkt

unmittelbar

nach der Verwendung des Satzgefüges ausgeschlossen. Das heißt, sprachlich schließt die Bedeutung die Erwartung aus, aber nicht umgekehrt. Der erwartete

ihrem Inhalt nach

Sachverhalt(s-konnex)

ist im Unterschied zu dem von der Bedeutung identifizierten

Sach-

verhalt ein "überholter" Sachverhalt, ein Sachverhalt, der eine kalkulierte, aber nicht bestätigte Möglichkeit darstellt. Da die von den Teilsätzen des Satzgefüges bezeichneten Sachverhalte nicht aus eigener Kraft gegenseitig

sich

"ungültig" machen können, muß

es die Beziehung zwischen Erwartungskomponente und Bedeutung

sein,

die der Bedeutung Gewicht über die Erwartung verleiht, derart daß sie dem logisch mit ihr unverträglichen Erwartungssachverhalt

die

Geltung abspricht. Ich nehme an, daß diese Beziehung die der zeitlichen Vorordnung der Erwartung vor die Bedeutung ist. Dabei die Bedeutung auf den Augenblick unmittelbar nach der

ist

Vollendung

252

der Verwendung des Ausdrucks, dessen Bedeutung sie ist, bezogen. Diese Beziehung gehört weder zur Bedeutung selbst noch zur Erwartung (d. h. zu dem als Erwartetes Ausgedrückten). Auf die Problerne, die dies für eine semantiktheoretische

Beschreibung der Konnektive

und der mit ihnen zu bildenden Satzgefüge mit sich bringt, kann und muß ich hier nicht e i n g e h e n ^ , auch auf Vorschläge zu ihrer Lösung nicht. Für den Zweck der hier zu behandelnden

lexikographi-

schen Probleme repräsentiere ich diesen Zusammenhang von Bedeutung und Erwartungskomponente in den Satzgefügen mit ohne daß und statt daß formal so: (0)

(a)

[(b

ρ A~q)(

e

Ρ A

q)J

(für das, was ohne daß-Satzgefüge (b)· [( b ΡΛ ~ q ) ( e ~ p A q)] (für das, was statt daß-Satzgefüge ]d steht für die Bedeutung, j3 für die Erwartung

ausdrücken) ausdrücken) (das Erwartete).

Die eckigen Klammern fassen die zwei aussagenlogisch

unverbunde-

nen aussagenlogischen Ausdrücke zu einem einzigen Ausdruck der formalen Beschreibung der Gebrauchsbedingungen eines 12 Ausdrucks (hier: eines Satzgefüges) zusammen.

sprachlichen

Die Gebrauchsbedingungen der lexikalischen Einheiten ohne daß und statt daß stelle ich dann wie folgt formal dar: (9) (a)

[( b ET(N0N(q))(p))( e

ET(q)(p))]

(für die Gebrauchsbedingungen von ohne daß) (b) * q

[( b ET(N0N(q))(p))( e ET(q) (NON(p)))]

(für die Gebrauchsbedingungen von statt daß)

253

2.

Versuch einer alltagssprachlichen Formulierung (AF) der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß zum Zwecke ihrer Beschreibung

2.1

Zur Frage der Adressaten einer lexikographischen Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern

Man könnte sich nun fragen, ob Gebrauchsbedingungen von Konnektiven, die so abstrakt sind wie die in Abschnitt 1. dargestellten, überhaupt beschrieben werden müssen, kann doch von Muttersprachlern, die Wörterbücher zu konsultieren intellektuell in der Lage sind, erwartet werden, daß sie Konnektive wie ohne daß und statt daß korrekt verwenden. Einsprachige semasiologische Wörterbücher werden denn auch im Hinblick auf Funktionswörter - wie sie die gewählten lexikalischen Einheiten darstellen - kaum von Muttersprachlern konsultiert. Dies ergab u. a. eine Umfrage unter Übersetzern und Verlagslektoren, die ich angestellt habe.''''' Das Ergebnis stimmt mit meiner eigenen Praxis überein. Aus den Bedürfnissen meiner eigenen Übersetzungspraxis weiß ich, daß sich über die Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern in einem einsprachigen semasiologischen Wörterbuch vorwiegend Nichtmuttersprachler

informieren.

An sie müssen also die Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern in solchen Wörterbüchern vornehmlich gerichtet sein. Damit müssen die lexikographischen Beschreibungen so gestaltet werden, daß durch sie ein Nichtmuttersprachler in die Lage versetzt wird, (A) die Äquivalente des in seinen Gebrauchsbedingungen beschriebenen Formativs, die dieses in der Muttersprache des Nichtmuttersprachlers hat, aufzufinden und (B) das beschriebene Formativ korrekt zu verwenden. Ein Problem der Lexikographen ist nun, wie dies am besten gesichert werden kann. Üblich ist in der Lexikographie, die oben genannten Gebrauchsbedingungsbeschreibungen durch Beispiele, in denen das beschriebene Formativ Verwendung findet, zu ergänzen. Dieses Verfahren kann die Auffindung der Äquivalente wesentlich erleichtern und unangemessene Verwendungen auf einfachere Weise

254 ausschließen helfen, als dies über die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen geschehen kann - vorausgesetzt, die illustrierenden Beispiele werden systematisch gewählt und treffen genau die Verwendungsmöglichkeiten und schließen die

Verwendungsunmöglichkeiten

aus. Wie letzteres zu garantieren ist, wird weiter unten zu behandeln sein. Zunächst möchte ich beleuchten, wie zeitgenössische deutsche einsprachige semasiologische Wörterbücher die zur Illustration der hier interessierenden Probleme benutzten Konjunktionen ohne daß und statt daß behandeln. Anschließend werde ich eine alternative alltagssprachliche Beschreibung der

Gebrauchsbedingun-

gen dieser Konjunktionen vorstellen, um dann in Abschnitt 3. über einen Versuch zu berichten, der die Rolle der Illustration der Gebrauchsbedingungen durch Verwendungsbeispiele augenfällig macht. Man könnte nun einwenden, daß man davon ausgehen kann, daß ohne daß und statt daß auch für Nichtmuttersprachler

unproblema-

tisch sind, insofern als diese sich wegen ihrer allgemeinen Gebräuchlichkeit über ihre fremdsprachlichen Äquivalente bereits in einem zweisprachigen Wörterbuch informiert haben dürften und diese Konjunktionen deswegen in einem einsprachigen Wörterbuch nicht beschrieben werden müssen. Nun kann aber die Art und Weise, wie Nichtmuttersprachler ihre Fremdsprachenkompetenz erwerben, nicht für jede einzelne lexikalische Einheit präjudiziert werden. Deshalb sollten

in einem einsprachigen semasiologischen Wörterbuch

m. E. zwischen den einzelnen zu beschreibenden lexikalischen Einheiten keine Unterschiede in der Genauigkeit ihrer Beschreibungen oder gar, wenn es sich um ein Spezialwörterbuch (etwa der Funktionswörter oder Konjunktionen) handelt, in der Frage ihrer Aufnahme in das Wörterbuch gemacht werden.

2.2

Die Behandlung der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß in zeitgenössischen einsprachigen

semasiologi-

schen Wörterbüchern Wie müssen nun die lexikographischen alltagssprachlichen Varianten der in Abschnitt 1.3 angeführten theoretisch-formalen Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß formuliert werden, damit sie dem Wörterbuchbenutzer bei der Wortfindung die optimale Hilfe sind?

255 Betrachten wir zunächst einige repräsentative einsprachige deutungswörterbücher

Be-

des Deutschen!

Das DWB (1956) von Hermann Paul gibt bei statt daß und ohne daß überhaupt keine Information zur Bedeutung dieser Einheiten in der deutschen Sprache der Gegenwart. Ähnlich wie das WDG

charakterisie-

ren auch Brockhaus Wahrig (1982) und Duden, Deutsches

Universal-

Wörterbuch (1983) (an)statt daß zirkulär. Ersterer verweist bei statt daß auf anstelle und bei diesem auf statt. Letzterer

macht

einen etwas größeren Umweg zu statt zurück. Bei statt wird der Benutzer auf anstelle verwiesen. Bei diesem dann zwar wieder zurück auf statt, aber außerdem noch auf stellvertretend dort wird er an Stellvertreter

gleich

für. Von

verwiesen, von dort weiter

nach

vertreten, wo er dann schließlich in der Beschreibung wieder bei Stelle landet. Bei ohne daß sind die Angaben im Duden,

Deutsches

(1983) ähnlich mager wie im W D G 1 4 :

"gibt an,

Universalwörterbuch

daß etw. nicht eintritt od. eingetreten ist od. daß jmd. etw. unterläßt, nicht

tut".

Im Brockhaus Wahrig (1982f.) allerdings findet sich zu ohne daß eine genauere Angabe:

"kennzeichnend, daß etwas Erwartetes

eintritt od. daß etwas fehlt, nicht getan wird".

2.3

Alternativen zu den Beschreibungen der

nicht

(1982)

Gebrauchsbedin-

gungen von ohne daß und statt daß in Wörterbüchern: Bezüglich statt daß bleibt der Wörterbuchbenutzer

also

AF

unberaten,

über ohne daß erfährt er allerdings etwas mehr. Doch die

Infor-

mation, die er erhält, läßt auch die Einsetzung von statt daß für ohne daß und umgekehrt zu. Sie ist also zu dürftig. Ich habe deshalb folgende alltagssprachliche bungsalternativen

lexikographische

Beschrei-

- AF - (10)(a) und (b) entwickelt, die aus den

in Abschnitt 1.3 angeführten, auf semantischen Analysen den formalen Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen und statt daß abgeleitet

beruhen-

von ohne daß

sind:

(10)(a) ohne daß gibt an, daß der vom Hauptsatz

bezeichnete

Sachverhalt besteht und der vom Nebensatz nete nicht, aber erwartet wurde, daß beide halte zusammen

gelten.

bezeichSachver-

256 (b) statt daG gibt an, daß der vom Hauptsatz

bezeichnete

Sachverhalt besteht und der vom Nebensatz

bezeichne-

te nicht, aber erwartet wurde, daß der vom Hauptsatz bezeichnete Sachverhalt nicht besteht, wohl aber der vom Nebensatz

bezeichnete.

In diesen Beschreibungen erscheinen durch die syntaktische

Koordi-

nation (durch aber) die Bedeutung und die Erwartung als gleichberechtigt,

3.

gleichgewichtig.

Erfahrungen mit Benutzern der AF in

Wortfindungstests

Dadurch, daß Beschreibungen von Gebrauchsbedingungen

(vor allem

Bedeutungen) lexikalischer Einheiten als Definiens für etwas stehen, das vom Formativ

(Zeichenkörper) der lexikalischen

ausgedrückt wird, kann man davon ausgehen, daß die

Einheit

Beschreibung

der Gebrauchsbedingungen eines Wortes die Auffindung des Wortes selbst - genauer: seines Formativs - ermöglicht. Dies ist es, was sich Wortsuchspiele wie das bekannte "Teekesselchen"-Spiel

zunut-

ze machen, und es ist die Situation, in die ein einsprachiges masiologisches Wörterbuch einen nichtmuttersprachlichen

se-

Nutzer

versetzt.

3.1

Test 1

Um zu ermitteln, ob die von mir vorgeschlagenen

alltagssprach-

lichen Formulierungen AF ((10)(a) und (b)) der theoretischen schreibungen der Gebrauchsbedingungen

Be-

von ohne daß und statt daß

lexikographisch mit der Aussicht genutzt werden können, dem Nutzer eine Wortfindung zu ermöglichen, habe ich folgenden

Versuch

unternommen: ich habe 5 Personen (und zwar 4 Linguisten und einem linguistisch gebildeten Physiker) die Beschreibungen AF mit einer Reihe von Beschreibungen von Gebrauchsbedingungen weiterer tionshaltiger Konnektive vorgelegt und sie aufgefordert, zu suchen, denen die beschriebenen Gebrauchsbedingungen

nega-

Wörter eigen

sein könnten. Die Ergebnisse dieses Versuchs fasse ich hier kurz zusammen.

257

Den betreffenden Personen wurden neben den AF von ohne daß und statt daß noch die deutschsprachigen Beschreibungen der bedingungen von weder

... noch, "Negation

Gebrauchs-

... sondern" und aber

vorgelegt, die ebenfalls jeweils alltagssprachliche

Umsetzungen

einer theoretischen Beschreibung der Gebrauchsbedingungen treffenden Konnektive waren. Die Befragten wurden

der be-

aufgefordert,

deutsche Konjunktionen zu benennen, die die beschriebenen bedingungen aufweisen. Den Probanden

Gebrauchs-

(wie auch denen in allen wei-

ter unten zu behandelnden Tests) wurde pro lexikalische

Einheit

eine maximale Suchzeit von 15 Minuten eingeräumt. Von den 5 befragten Personen waren 2 in semantischen Analysen geübt. Nach Ablauf der Suchzeit (oder, falls die jeweilige Versuchsperson te, ein

richtiges Ergebnis gefunden zu haben, auch schon

durften die Probanden zur Überprüfung

glaub-

früher)

ihrer Ergebnisse oder zur

Unterstützung der Suche eine Liste mit jeweils drei für die Verwendung der zu suchenden Formative

Beispielen

konsultieren.

Hier die Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen der Konnektive, die allerdings mit syntaktischen

genannten

Gebrauchsbedingungen

verquickt sind und im Falle der Gebrauchsbedingungen um zwei oben nicht genannte Gebrauchsbedingungen

von statt daß

erweitert

wurden

(siehe zu letzteren Pasch 1986). Lexem a verbindet syntaktisch zwei Sätze S^ und S£ in der Weise, daß es S£ ummittelbar voraufgeht und mit ihm in dieser Reihenfolge auch vor Sj treten kann. a gibt an, daß der von S^ bezeichnete

Lexem

Sachverhalt

besteht und der von S2 bezeichnete nicht, aber erwartet wurde, daß beide Sachverhalte zusammen

gelten.

Lexem b verbindet syntaktisch zwei Sätze S^ und S2 in der Weise, daß es S2 unmittelbar voraufgeht und mit ihm in dieser Reihenfolge auch vor S^ treten kann.

Lexem

b gibt an, daß der von S^ bezeichnete Sachverhalt steht und der von S2 bezeichnete nicht, aber wurde, daß der von S^ bezeichnete Sachverhalt

be-

erwartet nicht

besteht, wohl aber der von S2 bezeichnete und daß dieser erwünscht ist, jener aber nicht. Dabei gibt b an, daß das Nichtbestehen des von S2 bezeichneten verhalts evident

ist.

Sach-

258 Lexem c verbindet syntaktisch zwei syntaktisch

gleichartige

Einheiten E^ und E2 in der Weise, daß ein Teil cj von c in E^ auftritt oder E^ unmittelbar vorangeht der andere Teil

und

von c unmittelbar vor E£ steht;

dabei ist die Reihenfolge

immer CJEJC2E2. Lexem c

gibt an, daß das von E^ Benannte und das von E2 Benannte nicht gelten, aber erwartet wurde, daß das von E^ oder das von E2 oder das von beiden Benannte

gel-

ten . Lexem d verbindet syntaktisch zwei syntaktisch

gleichartige

Einheiten E^ und E2 in der Weise, daß ein Teil dj^ von d in E^ auftritt und der andere Teil dj, von d unmittelbar vor E2 steht; dabei ist die immer d^E^d2E2-

Reihenfolge

Lexem d gibt an, daß das von E^ Be-

nannte nicht gilt, wohl aber das von E2 Benannte, daß aber erwartet wurde, daß das von E^

Benannte

gilt, nicht jedoch das von E2 Benannte. Lexem e verbindet syntaktisch zwei syntaktisch

gleichartige

Einheiten E^ und E2 in der Weise, daß e unmittelbar vor E2 steht; dabei ist die Reihenfolge immer

E^eE2·

Lexem e gibt an, daß das von E^ Benannte und das von E2 Benannte zusammen gelten, aber erwartet wurde, daß das von E2 Benannte nicht

gilt.

Die zur Unterstützung gegebenen Beispiele waren folgende (an den dort von a bis e eingenommenen Stellen waren die jeweils ten Formative einzusetzen, wobei auf semantische

gesuch-

Verträglichkeit

der vorher gegebenen G e b r a u c h s b e d i n g u n g s b e s c h r e i b u n g e n

mit den

Kontexten, die die Beispiele ja darstellten, zu achten war und gegebenenfalls entsprechende Korrekturen an den Ergebnissen der oben beschriebenen Ratetests vorzunehmen Zu Lexem a: 1.

a^

waren):

er sich verteidigen durfte,

man ihn zu einer hohen

Freiheitsstrafe.

2. Sie haben ihr Ziel erreicht, besonders anstrengen



sie sich

mußten.

3. Sie gehen über die Straße, grün ist.

verurteilte

a^

die Ampel

259 Zu Lexem b:

JD

du mal zu Hause bleibst, fährst du schon

wieder zu deiner JD

Mutter.

du dich etwas beeilst, trödelst du noch

herum. Sie sehen fern,

JD

sie ihre

Hausaufgaben

machen. Zu Lexem c: 1

Sie ist

rastlos,

cl

(ist sie) be-

dächtig. hat sie eine Bank sie in den Mordfall 3.

Ungarn,

Zu Lexem d: 1, Die Tanne ist ein

die CSSR grenzen an ein

Laubbaum,



Nadelbaum.

Ζ. Z. ist er

in der

d^

schlank,

Zu Lexem e:

Ich hätte das gerne gekauft, nicht so viel

—2

(er ist) ziemlich

—2

dick.

(sie ist)

Antarktis,

(er ist) wieder mal in der DDR. Er ist

ist

—2

verwickelt.

^2

Meer.

ausgeraubt,

ich habe

e

Geld.

2. Die Möbel sind preiswert, schlecht gearbeitet. 3. Die Lage ist ernst,

e

£

(sie sind)

(sie ist) nicht hoff-

nungslos . Hier die Auflösung des Rätsels: £ entspricht ohne daß, t> entspricht statt daß, £ entspricht weder "Negation

. . . noch, id entspricht

... sondern", und £ entspricht

Während ohne Hilfe der Beispiele weder fünf Probanden ermittelt wurde und einer Versuchsperson

aber. ... noch von drei der

"Negation

sondern" von

(immer waren die in semantischen

Versierten unter den Erfolgreichen), wurde ohne

Analysen

Beispielhilfe

statt daß überhaupt nicht gefunden und ohne daß nur von einer

Ver-

suchsperson. Bei letzterem handelte es sich jedoch nur um einen Zufall. Die betreffende Person hatte gerade eine nicht für sie bestimmte Übersicht über Beispiele mit ohne daß und statt daß gesehen (in der die Hilfsbeispiele des Wortfindungstests

allerdings

260

nicht vorkamen). Dieselbe Person fand jedoch seltsamerweise ohne Beispielhilfe nicht statt daO. Allerdings hatte sie anhand der Gebrauchsbedingungsbeschreibungen

für statt daß die Formative

lieber, besser, eher ins Auge gefaßt, diese dann aber anhand der Beispiele zugunsten von statt daß verworfen. Mit Hilfe der Beispiele fanden statt daß weitere drei Personen (eine von diesen eine der in Analysen geübten), ohne daß wurde von vier der Probanden überhaupt nicht gefunden. Allerdings hatte eine von ihnen nach eigenen Aussagen zwar aus inhaltlichen Gründen ohne daß als in die Beispiele passende Konjunktion in Erwägung gezogen, es aber aufgrund

seiner Zweigliedrigkeit nicht in die Beispiele einzusetzen

gewagt, weil sie mit der Zweigliedrigkeit den Inhalt des Terminus "Lexem" nicht erfüllt sah. (Bei statt daß hatte sie dann konsequenterweise dessen Variante anstatt gewählt.) Ohne Beispielhilfe wurde übrigens aber von keiner der Versuchspersonen ermittelt (allerdings von einer Versuchsperson statt dessen und doch, das dann aber anhand der Sätze leider nicht durch aber ersetzt wurde). Mit Hilfe der Beispiele wurde aber von vier der Probanden gefunden. Dies und das Beispiel von statt daß, das mit Hilfe der Beispiele von vier der befragten Personen gefunden wurde, zeigen wohl schon recht deutlich den Wert der Beispiele auch für die Auffindung fremdsprachlicher Äquivalente durch Nichtmuttersprachler vorausgesetzt, die Beispiele sind suggestiv genug. Dies sind sie, wenn die Teilsätze des Satzgefüges, das durch das jeweilige Konnektiv konstituiert wird, typische Verwendungskontexte der lexikalischen Einheit, die beschrieben und in ihrem Gebrauch illustriert werden soll, ausdrücken. Für Konnektive wie die hier behandelten (und wahrscheinlich für Funktionswörter ganz allgemein) sollte wegen der offensichtlichen Schwierigkeiten, die die Rezeption der Beschreibungen ihrer Gebrauchsbedingungen bereitet, die Suggestivität der Beispiele ihrer korrekten Verwendung gegenüber ihrer Belegtheit in der Literatur im Vordergrund stehen. Letztere sollte ohnehin nicht als Kriterium für die Güte eines semasiologischen Wörterbuches veranschlagt werden, kann man doch davon ausgehen, daß der Lexikograph die Sprache, deren Wortschatz er beschreibt und die in den Illustrationen der Einheiten des Wortschatzes im Wörterbuch verwendet wird, beherrscht.

261

Problematisch ist die Tatsache, daß, während statt daß mit Beispielhilfe von vier der Probanden gefunden wurde, ohne daß mit dieser Hilfe nur von einer der Versuchspersonen ermittelt wurde. Da einige der Konnektive durchaus mit Hilfe der Beispiele ermittelt wurden, könnte bei ohne daß ein Mangel in der Beschreibung und der Wahl der Beispiele vorgelegen haben, den die Charakterisierungen der anderen Konnektive nicht aufweisen. Interessant ist aber, daß drei der Versuchspersonen statt ohne daß obwohl vorgeschlagen haben. Dieses erfüllt weder die für jä (das ja für ohne daß stehen sollte) gegebene Beschreibung der Gebrauchsbedingungen des Konnektivs, noch ist es im Rahmen des Wissens über Zusammenhänge in unserer Welt in die Beispiele 2. und 3. zu jä einsetzbar. Es könnte sein, daß die Tatsache, daß ein und dieselbe untaugliche Konjunktion von drei der fünf Versuchspersonen gewählt wurde, ein Zufall ist. Das Ergebnis könnte jedoch auch durch die Art bedingt sein, wie die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen von ohne daß angelegt ist. Diese ist im Gegensatz zu der von statt daß wenig spezifisch. Es kommt hier nur eine Negation vor, bei statt daß dagegen kommen im Grunde genommen vier Negationen vor (die Negation der Negation der Bedeutung des Nebensatzes durch die Erwartung mitgerechnet). Es kann also nicht die sprachliche Komplexität der Beschreibung allein sein, die die Suche nach dem Zielformativ erschwert. Da auch statt daß ohne Beispielhilfe nicht gefunden wurde, kann diese aber natürlich als mitverantwortlich für die Schwierigkeiten angesehen werden.

3.2

Test 2

Um die Hypothese vom Zufall auszuschließen, habe ich den Test für ohne daß und statt daß mit 6 anderen Probanden wiederholt. Dabei habe ich die Formulierungen der syntaktischen

Gebrauchsbedingun-

gen in der Weise vereinfacht, daß ich ihren Gehalt durch die gemeinhin als bekannt geltenden grammatischen Termini

"Hauptsatz"

und "Nebensatz" abgedeckt habe. Ferner habe ich bei ohne daß die Beispiele 1. und 3. vertauscht, weil 1. im Gegensatz zu 3. obwohl, das ja im Test 1 statt ohne daß angegeben wurde, nicht ausschließt. So sollte die Auffindung von ohne daß besser gesteuert werden.

262

Da beim ersten Test zwei der Versuchspersonen die Art der Formulierung der jeweiligen Erwartungskomponente nach eigenen

Aus-

sagen anfangs befremdlich fanden, änderte ich im Test 2 auch den Modus der Gestaltung der Gebrauchsbedingungsbeschreibung

gegen-

über Test 1. Außerdem habe ich für den Test 2 bei statt daß diejenigen Komponenten der Beschreibung der Gebrauchsbedingungen, nicht zur Bedeutung des Konnektivs gehören und keine in den Gebrauchsbedingungen

die

Parallele

von ohne daß haben (nämlich die Er-

wünschtheit des vom Nebensatz bezeichneten Sachverhalts und die Evidenz seines Nichtbestehens), aus der Beschreibung Durch diese Beschränkung der Beschreibung brauchsbedingungen,

fortgelassen.

auf den Kern der Ge-

die über die Bedeutung von statt daß

hinaus-

gehen, wollte ich prüfen, ob sich so die Formativfindung hilfenahme von Verwendungsbeispielen

erleichtern

Um die Rolle der Erwartungskomponente bei der

ohne Zu-

läßt. Formativfindung

ohne Beispielhilfe besser beurteilen zu können, habe ich eine weitere Konjunktion suchen lassen, die keine Erwartungskomponente

auf-

weist. Es handelt sich um oder (siehe unten £ ) , das ebenfalls in seiner Bedeutung einer aussagenlogischen Wahrheitsfunktion spricht, also unanschaulich

ent-

ist.

Des weiteren habe ich die Formulierung

"gibt an" in der Be-

schreibung der Gebrauchsbedingungen durch "ist Ausdruck für" ersetzt, um die Beschreibung weniger der Gefahr auszusetzen, sie als eine Beschreibung von Tatsacheneinstellungen

daß

(faktiven

Bedeutungen) interpretiert wird. Um auszuschließen, daß die Wortfindung durch Unsicherheiten im Verständnis der verwendeten matischen Termini behindert wird, bekamen dieses Mal die

gram-

Versuchs-

personen den Hinweis, daß die gesuchten Konjunktionen auch aus zwei Wörtern bestehen können. Wie die erste Probandengruppe hielt auch dieser Personenkreis als Ergänzung zu den

er-

Beschreibun-

gen eine Liste von Beispielen der Anwendung der gesuchten

Konnek-

tive. Hier die Beschreibungen und Beispiele von Test 2, wobei die sonstigen Testbedingungen mit denen von Test 1 übereinstimmen: (i)

a

bezieht einen Hauptsatz auf einen Nebensatz,

es Ausdruck dafür ist, daß der vom Hauptsatz

bezeich-

nete Sachverhalt besteht und der vom Nebensatz nete nicht. Dabei bestreitet es, was erwartet nämlich daß beide Sachverhalte zusammen

wobei bezeich-

wurde,

bestehen.

263

(ii)

b^ bezieht einen Hauptsatz auf einen Nebensatz, wobei es Ausdruck dafür ist, daß der vom Hauptsatz bezeichnete Sachverhalt besteht und der vom Nebensatz bezeichnete nicht. Dabei bestreitet es, was erwartet wurde, nämlich daß der vom Hauptsatz bezeichnete Sachverhalt nicht besteht, wohl aber der vom Nebensatz bezeichnete.

(iii) c

bezieht einen Hauptsatz - S^ - auf einen weiteren

Hauptsatz - S2

wobei es Ausdruck dafür ist, daß

unklar ist, welcher der beiden von S^ und S2 bezeichneten Sachverhalte besteht. Die zur Unterstützung bei der Wortfindung gegebenen Beispiele waren folgende: Zu ja: 1. Sie gehen über die Straße,

£

die Ampel grün ist.

2. Sie haben ihr Ziel erreicht,

£

sie sich beson-

ders anstrengen mußten. 3. a

er sich verteidigen durfte, verurteilte man ihn

zu einer hohen Freiheitsstrafe. Zu b^: 1. b^

du mal zu Hause bleibst, fährst du schon wieder

zu deiner Mutter. 2. ID

du dich etwas beeilst, trödelst du noch herum.

3. Sie sehen fern, Zu £: 1. Sei artig,

£

b^

sie ihre Hausaufgaben machen.

es setzt was!

2. Sag das den Verantwortlichen,

£

halte den Mund!

3. Hin und wieder fiel ein Blatt ins Wasser,

£

ein

Vogel kam trinken. Die Aufgabe wurde 5 in Übersetzungen geübten Diplom-Romanisten, von denen zwei Fremdsprachenlektoren an einer Hochschule sind, und einer 17jährigen an Fremdsprachen interessierten Schülerin vorgelegt. Ohne Zuhilfenahme der Beispiele wurde von diesem Personenkreis nur oder gefunden, und zwar von der Hälfte der Probanden (den Hochschullektoren und der Schülerin). Mit Beispielhilfe wurde wiederum nur oder von

allen

Befragten angegeben.

ohne daß und statt daß fanden mit Beispielen fünf der Befragten, wobei es unterschiedliche Personen waren, die sie nicht fanden. Die Reduktion der Anzahl der beschriebenen

Gebrauchsbedingungen

von statt daß, die nicht zur Bedeutung dieses Konnektivs gehören,

264 führte also in bezug auf die allein auf die Beschreibung

gestütz-

te Wortfindung nicht zu einem besseren Ergebnis als Test 1. Die Schwierigkeiten mit dieser Art von Wortsuche dürften also für statt daß wie für ohne daß prinzipieller Natur

sein.

Auffällig ist, daß sich wie beim ersten Test wieder jemand grund der Beschreibung der Gebrauchsbedingungen

auf-

von ohne daß für

obwohl entschied, obwohl Beispiel 1. deutlich gegen diese tion spricht. Daß die Hypothese obwohl nicht anhand des

Konjunk-

Beispiels

1. korrigiert wurde, mag daran liegen, daß sie so stark war, daß die betreffende Versuchsperson in 1. stillschweigend

"grün" zu

"rot" korrigierte. Daß obwohl von mehreren Probanden statt ohne daß angegeben wurde, mag daran liegen, daß es die gleichen mentaren Wahrheitsfunktionen als Komponenten seiner

ele-

Gebrauchs-

bedingungen aufweist, nur daß das, was bei ohne daß die

Erwartung

ist, bei obwohl die Bedeutung ist und daß in der Erwartung obwohl nicht die Bedeutung des Nebensatzes negiert ist,

sondern,

wie in der Erwartung von statt daß, die des Hauptsatzes. (11)

Aq

λρ

[( b E T ( q ) ( p ) ( e

von

Vgl.

ET (q ) (N0N( ρ ) ) )]

(für die Gebrauchsbedingungen

von obwohl)

Daß wiederholt obwohl für ohne daß angegeben wurde, könnte

auch

dadurch begünstigt worden sein, daß die Erwartung von ohne daß, die ja der Bedeutung von obwohl entspricht, als letzte der Gebrauchsbedingungen

Komponente

von ohne daß formuliert worden ist und

damit für den Rezipienten der Beschreibung ein höheres erhalten hat als die Bedeutung dieses

Gewicht

Konnektivs.

Alle an diesem Test Beteiligten gaben die Wortsuche ohne

Bei-

spielhilfe als schwierig an. Die Beschreibungen seien viel zu abstrakt. Die Versuchspersonen, die keines der drei

Konnektive

ohne Beispielhilfe gefunden hatten, gaben an, sich geistig

über-

fordert gefühlt zu haben. Sie drückten Zweifel aus, daß Nichtmuttersprachler diese Beschreibungen verstehen würden. kann man allerdings folgendes entgegenhalten: Ein

Letzterem

Nichtmutter-

sprachler dürfte vom Gesichtspunkt der Sprachbeherrschung

nicht

mehr Schwierigkeiten haben als bei der Interpretation der Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen

anderer Lexeme - auch sol-

cher mit anschaulicheren Gebrauchsbedingungen.

Für die

Benutzung

265 eines einsprachigen Wörterbuches einer Fremdsprache benötigt er ohnehin - wie der Muttersprachler auch - Kenntnisse vom Wortschatz und von der Grammatik der betreffenden Sprache, die im Wörterbuch beschrieben wird. Da der für die oben angeführten

Beschreibungen

der Gebrauchsbedingungen von ohn6 daß und statt daß verwendete Wortschatz nicht besonders ausgefallen ist und der Benutzer ohnehin in der Lage sein müßte, die grammatische Struktur der Beschreibungen zu erkennen, dürften für ihn die Schwierigkeiten bei der allein auf der jeweiligen Beschreibung fußenden Wortfindung die gleichen sein wie die des Muttersprachlers. Diese liegen m. E. zum einen in der Abstraktheit der Gebrauchsbedingungen und damit in der Unanschaulichkeit der für sie verwendbaren

Beschreibungs-

einheiten, zum anderen sicher in der Komplexität der grammatischen Struktur der Beschreibung. Daß diese Faktoren jedoch keine grundsätzliche Verständnisbarriere sind, kann man daraus folgern, daß einige der befragten Personen die gesuchten Konnektive ja auch ohne Zuhilfenahme der Beispielsätze gefunden haben. Auffällig ist dabei allerdings, daß es sich - außer bei der 17jährigen Schülerin - bei diesen Personen um solche handelt, die im analytischen Herangehen an Sprache geübt sein dürften. Was sich allerdings abzeichnet, ist, daß man bei Konnektiven im einsprachigen Wörterbuch nicht auf Beispiele für ihre korrekte Verwendung verzichten kann, vor allem nicht bei solchen Konnektiven, die bedeutungsgleich, aber in anderen Gebrauchsbedingungen als der Bedeutung verschieden sind. Die Tatsache, daß oder ohne Beispielhilfe besser gefunden wurde als ohne daß und statt daß, obwohl es eine genauso unanschauliche Bedeutung hat wie diese und die

lexikalisch-grammatische

Struktur der Beschreibung seiner Gebrauchsbedingungen nicht weniger kompliziert sein dürfte als die der Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß (wenngleich etwas weniger komplex), bestärkte mich in der Annahme, daß die Wortfindung bei ohne daß und statt daß besonders komplizierten Bedingungen unterworfen ist, die mit der Gliederung der Gebrauchsbedingungen dieser Konnektive in Bedeutung und Erwartungskomponente zusammenhängen.

266

3.3

Test 3

Um auszuschließen, daß oder sehr viel leichter zu finden ist als ohne daß und statt daß und die Tatsache, daß es nur von der Hälfte der Befragten gefunden wurde, nur darauf zurückzuführen ist, daß seine Beschreibung zeitlich nach den sehr komplizierten Beschreibungen von ohne daß und statt daß geboten wurde und die Probanden bei oder schließlich der Anstrengungen müde waren, habe ich den Test 2 mit 6 weiteren Personen mit einer Veränderung wiederholt. Diese bestand darin, daß die Reihenfolge der gebotenen Beschreibungen und dazugehörigen Beispiele umgekehrt wurde. Bei den Befragten handelte es sich um 4 als Linguisten und Übersetzer tätige Diplom-Philologen, eine Dolmetscherstudentin und einen Mathematikstudenten. Auch in diesem Test wurde wieder oder von drei der Befragten ohne Beispielhilfe gefunden. Eine der Befragten fand sogar statt daß ohne Beispielhilfe, ohne daß wurde von einer Probandin, statt daß von zwei Probanden auch mit Beispielhilfe nicht gefunden. Obwohl niemand aus dieser Gruppe ohne daß ohne Beispielhilfe gefunden hatte, fanden zwei der Probanden die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen dieses Konnektivs am treffendsten. Eine Versuchsperson führte die

"Unverständlichkeit"

von (ii) und in gewissem Maße "relative Unverständlichkeit" von (iii) darauf zurück, daß im ersten Teil der Beschreibung eine Eigenschaft erläutert wird, die im zweiten Teil "quasi revidiert wird". Diese Versuchsperson empfahl eine Umkehrung der Formulierung. Als erstes sollte die Erwartung genannt werden. Eine andere Versuchsperson fand dagegen die Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß gut verständlich. Der Test zeigt, daß die Reihenfolge der Präsentation der Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen der drei Konnektive keine Rolle für die Schwierigkeiten bei der Auffindung von oder spielt. oder wurde auch hier nur von der Hälfte der Versuchspersonen ohne Beispielhilfe gefunden, obwohl es als erstes Konnektiv gesucht wurde. Der Eindruck, den dieser und die vorigen Tests hinterlassen, ist, daß es allen Versuchspersonen schwerfällt, die Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen der genannten Konnektive auf bestimmte Formative zu beziehen. Die Formative "drängen sich nicht

267 auf". Test 2 und 3 gestatten die Vermutung, daß oder eher ohne Beispielhilfe gefunden wird als ohne daß und statt daß. Daß aber auch letztere prinzipiell ohne Beispielhilfe, nur aufgrund der Beschreibungen ihrer Gebrauchsbedingungen, auffindbar sind, zeigt Test 3, in dem eine Versuchsperson statt daß ohne Beispielhilfe fand. Diese Person war es auch, die die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen von ohne daß als besonders gelungen bezeichnet hatte.

3.4

Test 4

Um auszuschließen, daß a) die besonders schlechten Suchergebnisse bei statt daß und ohne daß der Negation in der Bedeutung dieser Konnektive geschuldet sind, b) die Wortfindungsschwierigkeiten bei allen getesteten Beschreibungen auf meiner Art, sie zu formulieren, beruhen und c) - schließlich, aber vor allem - die befragten am Beschreibungstest gescheiterten Personen generell nicht dazu in der Lage sind, Wörter aufgrund der Beschreibungen ihrer Gebrauchsbedingungen zu finden, habe ich den Probanden von Test 2 die Aufgabe gestellt, Wörter zu suchen, für die die nachstehend aufgeführten Beschreibungen zutreffen: (i)

£ bezeichnet ein Möbelstück aus einer waagerechten Platte, die auf einem oder mehreren Beinen ruht.

(ii)

Ja ist eine nebenordnende Konjunktion, die eine Verbindung zweier oder mehrerer Glieder herstellt, die meist direkt aufeinander folgen, und die angibt, daß das durch die Glieder Benannte zugleich in bezug auf den jeweiligen Kontext gilt.

(iii) £ ist eine zweigliedrige Konjunktion, die einen Hauptsatz - S^ - auf einen weiteren Hauptsatz ~ ^

- be-

zieht, wobei das erste Glied der Konjunktion vor S^ und das zweite Glied der Konjunktion vor S£ steht und die Konjunktion Ausdruck dafür ist, daß der von S^ bezeichnete Sachverhalt nicht besteht und der von S£ bezeichnete ebenfalls nicht. £ soll für Tisch, b^ für und und £ für weder

... noch stehen. Die

Beschreibung der Gebrauchsbedingungen von Tisch stammt aus Brock-

268

haus Wahrig (1982f.), die von und aus dem HDG, und die von weder . . . noch stammt von mir. Tisch wurde von allen 6 Versuchspersonen gefunden, und und weder ... noch wurden von denselben drei Versuchspersonen gefunden, die auch in Test 2 oder ohne Beispielhilfe gefunden hatten. (Anwendungsbeispiele wurden in Test 4 nicht gegeben.) Das Ergebnis von Test 4 stützt die naheliegende Annahme, daß Bezeichnungen für Realia (anschauliche Begriffe) besser gefunden werden als Ausdrücke für sehr abstrakte Begriffe, denn um solche handelt es sich ja bei den aussagenlogischen Funktionen, und daß die betreffenden Probanden zur Wortfindung allein auf der Grundlage von Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von Wörtern durchaus in der Lage sind. Es zeigt aber auch, daß die Negation nicht als Wortfindungsblockierer angesehen werden kann und daß meine Art der Formulierung nicht größere

Verständnisschwierigkei-

ten bereitet als die, die für die Beschreibung von Gebrauchsbedingungen von Konnektiven in existierenden Wörterbüchern bereits praktiziert wird.

3.5

Test 5

Um auszuschließen, daß die Art der Formulierung der Erwartungskomponente von ohne daß und statt daß im Zusammenhang mit deren Bedeutung den oben genannten funktionalen Unterschied zwischen beiden Arten von Gebrauchsbedingungen verwischt und so die Konnektivfindung b e h i n d e r t ^ , habe ich einen weiteren Test durchgeführt. In diesem Test habe ich die Beschreibung der Erwartungskomponente in Form eines subordinierten Satzes ausgedrückt, weil man davon ausgehen kann, daß die Subordination grundsätzlich etwas leisten kann, wozu die Formulierung als Hauptsatz nicht in der Lage ist, nämlich auszudrücken, daß die zu vermittelnde Information im Verhältnis zu der in einem Hauptsatz ausgedrückten Information in den Hintergrund t r i t t ^ . Der Test beschränkte sich auf die Suche- von ohne daß und statt daß. Ihn absolvierten 5 bislang nicht befragte Personen. Vier von ihnen waren ausgebildete Sprachmittler (eine unter ihnen linguistisch geschult), einer der Probanden war Literaturwissenschaftler. Die Testbedingungen waren die gleichen wie die von Test 2. Hier die Beschreibungen

269

und die sie ergänzenden Beispiele (die mit den für ohne daß und statt daß in Test 3 gegebenen identisch sind): (i)

£ drückt aus, daß entgegen einer Erwartung, nach der der vom Nebensatz bezeichnete Sachverhalt besteht und der vom Hauptsatz bezeichnete nicht, der vom Nebensatz bezeichnete Sachverhalt nicht besteht und der vom Hauptsatz bezeichnete Sachverhalt besteht.

(ii) JD drückt aus, daß entgegen einer Erwartung, nach der der vom Hauptsatz und der vom Nebensatz bezeichnete Sachverhalt zusammen bestehen, nur der vom Hauptsatz bezeichnete Sachverhalt besteht und nicht der vom Nebensatz bezeichnete . (a^ steht für statt daß, ^ für ohne daß.) Beispiele: Zu jä: 1. a du mal zu Hause bleibst, fährst du schon wieder zu deiner Mutter. 2. £ du dich etwas beeilst, trödelst du noch herum. 3. Sie sehen fern, ja sie ihre Hausaufgaben machen. Zu JD: 1. Sie gehen über die Straße, t) 2. Sie haben ihr Ziel erreicht, JD anstrengen mußten.

die Ampel grün ist. sie sich besonders

3. ^ er sich verteidigen durfte, verurteilte man ihn zu einer hohen Freiheitsstrafe. Keine der befragten Personen fand die Konnektive ohne Beispielhilfe (natürlich auch kein Äquivalent, da für sie im Deutschen keine Äquivalente existieren). Wieder wurde statt ohne daß obwohl genannt (von zwei der Probanden)! Dies, obwohl in diesem Test die Erwartungskomponente von ohne daß nicht als letzte Gebrauchsbedingungen genannt worden war. (Erinnern wir uns, sie ist identisch mit der Bedeutungskomponente von obwohl, und ich hatte die Möglichkeit erwogen, daß die Wahl von obwohl durch den Umstand bedingt ist, daß sie in den früheren Tests als letzte genannt worden war.) obwohl wurde dann bei der Überprüfung der Wortfindungshypothesen an den Beispielen durch die betreffenden Versuchspersonen selbst wieder verworfen, statt daß wurde mit Beispielen von drei Personen, ohne daß nur von einer Person gefunden.

270

Da die befragten Personen in den Tests 2, 3 und 5 nicht identisch waren (aber natürlich auch nicht identisch sein durften), läGt sich natürlich keine Hypothese aus der Tatsache ableiten, daß die von mir angenommene Idealform der Beschreibung der Erwartungskomponente - die Subordination - zu einem noch schlechteren Konnektivfindungsergebnis geführt hat als Test 3. Was unübersehbar bleibt, ist, daß trotz großem Bemühen meinerseits, die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen der erwartungshaltigen Konnektive auch formal hinsichtlich ihrer funktionalen Aufspaltung in Bedeutung und Erwartung zu gliedern, die Auffindung von Konnektiven mit hochgradig abstrakten Gebrauchsbedingungen und einer Erwartungskomponente ohne Beispielhilfe extrem schwierig ist. Dies dürfte für viele nichtmuttersprachliche Wörterbuchbenutzer ein einsprachiges semasiologisches Wörterbuch, das sich im wesentlichen auf die Darbietung der Beschreibung der Gebrauchsbedingungen der lexikalischen Einheiten beschränkt und Beispiele nicht syste18 matisch nutzt, zu einem Buch mit sieben Siegeln machen.

4.

Schlußfolgerungen aus den Wortfindungstests

Die Tests 1 bis 5 legen folgende Hypothese - Hl - nahe: (Hl) Die Formative wahrheitsfunktionaler Konnektive sind nur aufgrund der Beschreibung ihrer Gebrauchsbedingungen als semantische Komponentenstruktur, d. h. ohne Anwendungsbeispiele, für einen Nutzer der Beschreibung nur schwer zu finden. Wenn Hl wahr ist, dürfte es einem nichtmuttersprachlichen Benutzer eines semasiologischen einsprachigen Wörterbuches schwerfallen, anhand einer Beschreibung der Gebrauchsbedingungen eines solchen Konnektivs ein Formativ in seiner Muttersprache zu finden, das dieselben oder wenigstens die dem beschriebenen Konnektiv ähnlichsten Gebrauchsbedingungen in dieser Sprache hat. (H2) Die Formative wahrheits'funktionaler Konnektive mit einer Erwartungskomponente, die in der Beschreibung der Gebrauchsbedingungen dieser Konnektive wiedergegeben werden muß, damit die Gebrauchsmöglichkeiten des

271

jeweiligen Konnektivs k^ hinreichend genau von den Gebrauchsmöglichkeiten eines anderen Konnektivs k. a J abgegrenzt werden können, das die gleiche Bedeutung wie k^ hat, sind schwerer zu finden als Formative von Konnektiven ohne solche Erwartungskomponente. Dies legen die Ergebnisse der Tests 2 und 3 bezüglich oder (das ohne Erwartungskomponente, die oder von anderen wahrheitsfunktionalen Konnektiven abgrenzt, ist) im Unterschied zu ohne daß und statt daß nahe, deren Gebrauchsmöglichkeiten vor allem durch eine bestimmte Erwartungskomponente

differieren.

Daß oder gegenüber ohne daß und statt daß nicht aus dem Grunde leichter gefunden wird, daß es eine koordinierende Konjunktion ist, kann man daraus schließen, daß andere koordinierende Konjunktionen bei Wortfindungstests nicht besser abschneiden als subordinierende, wenn ihre Gebrauchsbedingungen sich von denen anderer, bedeutungsgleicher Konnektive durch eine Erwartungskomponente unterscheiden. Dies war der Fall bei aber in Test 1. Wenn H2 wahr ist, dann dürften sich die Schwierigkeiten, die Nichtmuttersprachler mit der Rezeption der Beschreibung der Gebrauchsbedingungen eines wahrheitsfunktionalen Konnektivs ohnehin haben dürften (siehe Hl), im Falle der Konnektive mit Erwartungskomponente noch vergrößern. Alle Tests 1 bis 5 legen folgendes - H3 - nahe: (H3) Die Formative von in ihren Gebrauchsbedingungen beschriebenen wahrheitsfunktionalen Konnektiven sind leichter zu finden, wenn die Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von Beispielen der Anwendbarkeit der Konnektive begleitet werden. Wenn H3 wahr ist, dann dürfte auch nichtmuttersprachlichen

Benut-

zern von Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen solcher Konnektive im Wörterbuch der Zugang zum muttersprachlichen Äquivalent des jeweils beschriebenen Konnektivs bzw. der Satzverknüpfung, die es .herstellt, spürbar erleichtert werden, wenn die Beschreibung von Beispielen der Anwendbarkeit der Konnektive begleitet wird. Wenn Hl bis H3 wahr sind, dann dürften für nichtmuttersprachliche Benutzer einsprachiger semasiologischer Wörterbücher

lexi-

272 kographische Beispiele bei der Auffindung muttersprachlicher

Äqui-

valente für wahrheitsfunktionale Konnektive mit Erwartungskompo19 nente besonders hilfreich sein. Diesen Annahmen, die hier aus Tests mit potentiellen Wörterbuchbenutzern abgeleitet wurden, entspricht durchaus die Praxis der existierenden Lexikographie. Allerdings lassen die Wörterbücher im allgemeinen eine Durchsichtigkeit hinsichtlich der zu20 gründe gelegten Illustrationsprinzipien vermissen. Sollen die lexikographischen Beispiele eine tragende Rolle in der Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen der lexikalischen Einheiten erhalten, muß diesem Mangel unbedingt abgeholfen werden.

(Genaueres

siehe weiter unten in Abschnitt 6.) Die in Abschnitt 3 behandelten Tests geben nun freilich keine völlige Gewißheit, daß die Hypothesen Hl bis H2 wahr sind. Dazu müßten zum einen viel mehr Versuchspersonen befragt werden, und zum anderen müßte die Auffindbarkeit der Formative wahrheitsfunktionaler koordinierender und subordinierender Konnektive mit und ohne Erwartungskomponente noch unter anderen Vergleichsaspekten geprüft werden. (Ζ. B. müßten koordinierende Konjunktionen mit Erwartungskomponente - wie aber - noch in Gegenüberstellung mit koordinierenden Konjunktionen ohne solche Komponente - wie und, oder - getestet werden.) Die Ergebnisse des Tests 4 zeigen aber deutlich, daß auch in der Wortfindung weniger erfolgreiche Personen mit den Schwierigkeiten der Wortfindung anhand von Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen bei lexikalischen Einheiten mit anschaulicher Bedeutung fertig werden, ohne auf Anwendungsbeispiele zurückgreifen zu müssen. Da aber bei den meisten der insgesamt 22 Befragungen aus den vorgestellten Tests, in denen zur Beschreibung auch eine Beispielliste konsultiert werden durfte, nach der Konsultation der Beispielliste durch die Befragten das Ergebnis der Formativsuche gegenüber dem der ausschließlichen Suche anhand der Beschreibung der Gebrauchsbedingungen verbessert wurde, darf man wohl auf die Notwendigkeit der Präsentation von Anwendungsbeispielen bei wahrheitsfunktionalen Konnektiven schließen. Wenn dem Lexikographen daran liegt, sich so vielen Wörterbuchbenutzern wie möglich verständlich zu machen, wird er also nicht umhin können, auf die Wahl von Anwendungsbeispielen größtmögliche Sorgfalt zu verwenden.

273

5.

Zum Beispielteil

in den lexikographischen

wahrheitsfunktionaler

Beschreibungen

Konnektive

Daraus, daß die Auffindung von Formativen

wahrheitsfunktionaler

Konnektive allein auf der Grundlage der Beschreibung brauchsbedingungen sehr schwierig, ja für manche

ihrer Ge-

Wörterbuchbenut-

zer fast unmöglich scheint, dagegen durch die Zuhilfenahme Anwendungsbeispielen

spürbar erleichtert wird, könnte man

daß man auf die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen

von folgern,

ganz ver-

zichten kann und nur Anwendungsbeispiele anführen muß. Die kographische Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen

lexi-

einer

le-

xikalischen Einheit auf die Darbietung von Beispielen für die Verwendbarkeit dieser Einheit zu reduzieren, dürfte aber ganz allge21 mein sehr schwierig sein , für die wahrheitsfunktionalen Konnektive gar ist dies unmöglich. Ich will dies im folgenden an ohne daß belegen. Vgl. folgende Beispiele,

in denen die Stelle für das

jeweilige Konnektiv leer gelassen wurde ( tuation entsprechen,

). Dies soll der Si-

in der sich ein nichtmuttersprachlicher

zer eines lexikographischen Beispiels in einem einsprachigen siologischen Wörterbuch bezüglich der Gebrauchsbedingungen weiligen Konnektivs (12) (a)

Benutsema-

des je-

befindet.

die Ampel "grün" zeigte, überquerten sie die Straße.

(b)

er Eintritt zahlt, wird man ihn nicht

herein-

lassen . (c) Seine Frau hat das Auto verkauft,

er davon

wußte. (d) Hat sie das gemacht,

du ihr gezeigt hast, wie

man es macht? (e) Mach das,

es jemand

sieht!

In die Leerstellen könnten auch statt ohne daß andere

Konjunktio-

nen eingesetzt werden. So in (a) während, nachdem, bevor, in (b) auch wenn, obwohl, in (c) obwohl, weil, nachdem, bevor, in (d) weil, nachdem, bevor und in (e) wenn oder auch wenn. Es ist also damit zu rechnen, daß ein Nichtmuttersprachler

allein anhand der

Beispiele noch nicht die Äquivalente von ohne daß in seiner

Mut-

tersprache findet. Für statt daß gilt Ähnliches, wenngleich hier

274

durch die Beispielwahl (indem inhaltlich miteinander

unverträgli-

che Teilsätze für das Satzgefüge gewählt werden) die Ermittlung eines Übersetzungsäquivalents für das beschriebene Konnektiv oder das mit seiner Hilfe gebildete Satzgefüge besser gesteuert werden kann. Dennoch läßt sich auch für statt daß die Möglichkeit der Einsetzung anderer Konnektive anstelle von statt daß nicht völlig ausschließen. Vgl. (13)(a)

sie sich seriös gibt, gibt sie sich unseriös.

(b)

sie sich seriös geben wird, wird sie sich unseriös geben.

(c)

sie sich seriös gab, gab sie sich unseriös.

Hier ist außer statt daß noch (mindestens?) bevor möglich. Selbst wenn man für ohne daß eine ganze Beispielbatterie wie die unter (12) angeführte als obligatorisch annimmt, ist in all den angeführten Beispielen auch anstelle von ohne daß immer noch (mindestens?) bevor möglich. Aber nicht nur die Bedeutung der Konnektive kann allein durch die Angabe von Anwendungsbeispielen nicht hinreichend veranschaulicht werden. Auch die Beschränkungen ihres Gebrauchs werden so nicht deutlich. So wird ζ. B. nicht deutlich, warum statt daß nicht in Beispielen wie (12) auftreten kann und ohne daß nicht in solchen wie (13). Wenn man auf die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen der wahrheitsfunktionalen Konnektive ganz verzichten wollte, müßte man im Stichwort abweichende (inakzeptable) Anwendungsbeispiele

anführen.

Man kann nun wiederum die Frage stellen, ob, wenn man neben akzeptablen auch inakzeptable Anwendungsbeispiele anführt, die Charakterisierung der Gebrauchsbedingungen einer lexikalischen Einheit durch Beispiele nicht doch ausreicht, um den Wörterbuchbenutzer zum korrekten Gebrauch dieser Einheit zu befähigen. Mit anderen Worten, wird unter der genannten Bedingung die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen überflüssig und damit entbehrlich? Es ist unschwer zu erkennen, daß sie es nicht wird, lassen doch die inakzeptablen Beispiele nur Rückschlüsse auf die Art der Kontextbeschränkungen zu, die durch die Erwartungskomponente

gesetzt

werden. Wie die Beispiele (12) für ohne daß und (13) für statt daß und die Möglichkeit, andere Konnektive mit anderen Bedeutungen statt dieser Konnektive in ihre jeweils möglichen Kontexte einzu-

275

setzen, zeigen, wird die Konnektivbedeutung

selbst damit noch

nicht deutlich. Sie könnte u. U. höchstens deutlich werden, wenn man an die Aussagesatzbeispiele

Kontexte als Äußerungen

Sprechers anfügte, die die Bedeutungskomponenten

des

desselben

Konnektivs

negieren oder behaupten (affirmieren). Bei der Negation der Bedeutung entsteht ein inakzeptabler, weil widersprüchlicher ser müßte als solcher natürlich gekennzeichnet

Text.

werden.

Für die Verdeutlichung der semantischen Binnenstruktur heitsfunktionaler

Die-

Konnektive gibt das Negationsverfahren

wahrjedoch

unter bestimmten Bedingungen nichts her. Während es in Fällen wie (12)(a) und (c) und (13)(a) bis (c) das gewünschte Resultat

zei-

tigt, versagt es in Fällen wie (12)(b). Der Text wird nicht

wider-

sprüchlich, ja nicht einmal nicht folgerichtig. Vgl. (12)(a') vs. (12) (b ' ): (12)(a') *0hne daß die Ampel "grün" zeigte, überquerten die Straße, d. h. (/aber) die Ampel zeigte und sie überquerten die Straße

sie

"grün",

nicht.

Cb') Ohne daß er Eintritt zahlt, wird man ihn nicht hereinlassen, d. h. er zahlt Eintritt,und

man

wird ihn hereinlassen. Daß bei (12)(b') das Negationsverfahren nicht das gewünschte gebnis zeitigt, liegt an den Tempusverhältnissen gefüge. Vgl.

in diesem

Er-

Satz-

dagegen

(14) *Man läßt ihn gerade hinein, ohne daß er Eintritt

zahlt,

d. h. (/aber) man läßt ihn nicht hinein, und er zahlt Eintritt. In als hypothetisch interpretierbaren Satzgefügen wie bei denen das durch ohne daß gestiftete Satzgefüge mit einem Konditionalsatzgefüge

(12)(b),

äquivalent

ist, in dem der Nebensatz eine

notwendige Bedingung für den vom Hauptsatz bezeichneten

Sachver-

halt ausdrückt, ergibt sich also bei einer Negation aller tungskomponenten von ohne daß ein mit dem Satzgefüge

Bedeu-

verträglicher

Kontext. Außerdem gibt das Negationsverfahren ohnehin noch keine

end-

gültige Gewißheit über die Art der Bedeutung des Konnektivs. Vgl.

276

(15) *

er arbeitete, schlief er, d. h. (/doch) er arbei-

tete, schlief aber

nicht.

In die Leerstelle, der ja die Situation eines

Wörterbuchbenutzers

entspricht, der die Bedeutung des dort stehenden Formativs ren möchte, paßt zwar statt daß, aber außer diesem passen

erfahdorthin

auch mit dem Resultat der Kontradiktion bevor, als, während. Das Negationsverfahren kann also keinen sicheren Aufschluß über die Spezifik der Bedeutung des gesuchten Konnektivs

geben.

Anders liegen die Dinge beim Affirmationsverfahren.

Dieses

stellt eine wirkliche Explizierung der Bedeutung der in ihren Gebrauchsbedingungen zu charakterisierenden lexikalischen

Einheiten

dar. Vgl. (16)

er arbeitete, schlief er, d. h. er

arbeitete

nicht, (sondern) er schlief. Dieses Verfahren wird von Krejdlin/Polivanova

(1987) für die lexi-

kographische Beschreibung von Funktionswörtern vorgeschlagen.

Fak-

tisch wird hier die Beschreibung der Bedeutung, die in den traditionellen Wörterbüchern immer eine Generalisierung aus allen möglichen Verwendungen des Bedeutungsträgers

ist, gleichzeitig

der Exemplifizierung der korrekten Verwendung des

mit

Bedeutungsträgers

geboten. Die Beschreibung fällt also nicht fort, wenn auf die Darbietung der generalisierten Bedeutungsbeschreibung

auf diese Weise

verzichtet wird. Der Wörterbuchbenutzer kann sich hier die lisierung selbst

Genera-

erschließen.

Das von Krejdlin/Polivanova

(1987) vorgeschlagene

Verfahren

macht Schluß mit dem, was Wiegand (1977, 101) die in Wörterbüchern praktizierte "Schema-F-Kodifikation" nennt: "Diese

Schema-F-Kodi-

fikation sieht seit Jahrhunderten auf der semantischen Ebene mit unbedeutenden Varianten so aus: eventuell ein Beispiel

Lemma,

Bedeutungserläuterung,

(sie!) eventuell Redewendungen^.

Dieses

Schema F ist der Nürnberger Trichter der Lexikographie zum Erlernen von Wortbedeutungen! Dieses langweilige

Kodifikationsmuster

aber kann den semantischen Eigenschaften vieler Wörter

unserer

Sprache nicht gerecht werden, wenn die Gebrauchswörterbücher in vielen Wörterbuchartikeln seelen- und sprachlose maschinen sein sollen."

nicht

Definitions-

(ibid.).

In einem weiteren Test - Test 6 - habe ich versucht, die Leistungsfähigkeit des von Krejdlin/Polivanova

(1987)

vorgeschlagenen

277

Verfahrens zur Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern festzustellen. Dazu habe ich das Verfahren auf die hier behandelten Konnektive ohne daß und statt daß angewandt. Ich bat 7 Versuchspersonen (2 Sekretärinnen, 3 Fremdsprachenphilologen, 1 Sprachmittlerin und 1 Germanistin), in die Leerstellen der folgenden Texte (a) und (b) eine lexikalische Einheit einzusetzen, die inhaltlich zu dem auf d. h. folgenden Text paßt. Dazu gab ich den Hinweis, daß die jeweilige Einheit auch formal komplex sein könnte. Als maximale Suchzeit gab ich pro Einheit 10 Minuten an. (a) Die Wohnung ist ausgeräumt worden,

es jemand be-

merkt hat, d. h. die Wohnung ist ausgeräumt worden, und niemand hat es bemerkt, wobei erwartet wurde, daß es jemand bemerkt. (b)

sie sich freuten, ärgerten sie sich, d. h. sie freuten sich nicht, sondern ärgerten sich, wobei erwartet wurde, daß sie sich freuten und nicht ärgerten.

Zwei der Probandinnen ermittelten korrekt für (a) ohne daß und für (b) statt daß. Eine von ihnen gab als Grund für ihre Wahl jeweils noch an: "einzige Möglichkeit bei der gegebenen semantischen Beschreibung". Eine Probandin führte für (a) ehe, bevor an, eine andere ehe, eine dritte bevor. Für (b) gab eine Probandin obschon, eine andere während und obgleich an. Eine weitere Probandin gab für (b) neben anstatt daß noch obwohl an. Jede der Probandinnen erzielte mindestens ein korrektes Ergebnis. statt daß fanden 5, ohne daß 4 der Versuchspersonen.

Inter-

essant ist hier am Rande, daß die Versuchspersonen wieder eine konzessive Konjunktion (obgleich, obschon, obwohl) angaben, dieses Mal jedoch nicht anstelle von ohne daß, sondern anstelle von statt daß. Dies ist erstaunlich, weil diese Konjunktionen weder gut in das Beispiel (b) vor d. h. passen, noch die mit d. h. angeschlossene Beschreibung erfüllen. Man wird also auch bei der größtmöglichen Benutzerfreundlichkeit in der Art, wie die Gebrauchsbedingungen wahrheitsfunktionaler Konnektive im einsprachigen semasiologischen Wörterbuch veranschaulicht werden, damit zu rechnen haben, daß manche Benutzer Schwierigkeiten haben, ein entsprechendes Formativ anzugeben. Manche der Versuchspersonen, die eines der gesuchten Konnektive nicht gefunden hatten, sagten, als ich

278

ihnen die gesuchte Einheit genannt hatte, daß nun, da sie das korrekte Ergebnis kannten, ihnen die Veranschaulichung

seiner Ge-

brauchsbedingungen durch die jeweilige gebotene Beschreibung aus zutreffend erschien. Sie hätten aber, wie in einer tion, eine Wortfindungsstörung

Quiz-Situa-

gehabt. Ob nun die Situation der

Benutzung eines einsprachigen semasiologischen Wörterbuchs einen Nichtmuttersprachler

durch-

für diesen mit weniger

Spannung verbunden ist als die Testsituation für

durch

psychischer Versuchspersonen,

vermag ich nicht zu klären. Was Test 6 gezeigt haben dürfte, ist aber, daß dem Wörterbuchbenutzer

der Zugang zum zu

Begriff und für den Nichtmuttersprachler

vermittelnden

damit auch zu einem mut-

tersprachlichen Formativ mit dieser Art der Veranschaulichung Gebrauchsbedingungen wahrheitsfunktionaler

Konnektive

gemacht wird als mit der generalisierten Beschreibung dieser brauchsbedingungen und deren von der Beschreibung

der

leichter Ge-

unabhängiger

Illustration durch Anwendungsbeispiele, da ja erstmalig in der Reihe aller bis hierher behandelten Tests mindestens eines der Konnektive ohne daß und statt daß von beteiligten Personen gefunden

jeder

der am Test

wurde.

Daß statt ohne daß in Test 6 bevor bzw. ehe angegeben

wurde,

könnte daran liegen, daß im gegebenen Kontext ehe bzw. bevor nicht ausgeschlossen ist, wenn man nur die Bedeutungskomponente

betrach-

tet und vernachlässigt, daß bei ehe und bevor als wesentliche ponente

Kom-

ihrer Gebrauchsbedingungen die Vorzeitigkeit des vom

Hauptsatz bezeichneten Sachverhalts gegenüber dem vom

Nebensatz

bezeichneten Sachverhalt angegeben sein müßte. Aus diesem

Ergeb-

nis ist die Lehre zu ziehen, daß für das Illustration und

Beschrei-

bung kombinierende Verfahren der lexikographischen der Gebrauchsbedingungen

Veranschaulichung

lexikalischer Einheiten ein Beispiel

wählt werden sollte, das vom Standpunkt der

ge-

Bedeutungskomponente

der beschriebenen lexikalischen Einheit nur die betreffende

Ein-

heit zuläßt. Unter dieser Voraussetzung dürfte das von

Ktejdlin/Polivanova

(1987) vorgeschlagene Verfahren die nutzerfreundlichste, weil bei der Begriffs- und Formativfindung hilfreichste aller bislang tizierten Methoden der Veranschaulichung

der

prak-

Gebrauchsbedingungen

von Funktionswörtern sein. Deshalb empfehle ich es nachdrücklich.

279

Test 6 bestätigt in der Reihe der Tests 1 bis 3 und 5 und 6 in ganz besonderem Maße die Wichtigkeit des lexikographischen Beispiels, auf die in Diskussionen zur lexikographischen Methodik 22

in jüngster Zeit wiederholt hingewiesen worden ist. Daß die Wörterbuchbenutzer sich die Gebrauchsbedingungen der in ihrem Gebrauch exemplifizierten lexikalischen Einheiten als Generalisierungen so offensichtlich vollständig selbst erschließen müssen, ist nun jedoch für semasiologische Wörterbücher

ungewöhn-

lich. Die Wörterbuchbenutzer werden dies kaum erwarten, da ein Wörterbuch ja nicht ein Verzeichnis von Verwendungen der in ihm verzeichneten lexikalischen Einheiten ist, sondern ein Verzeichnis dessen, was die einzelnen erfaßten Einheiten in die Interpretation komplexer sprachlicher Ausdrücke jeweils einbringen bzw. an Anforderungen an die Beschaffenheit anderer sprachlicher Einheiten stellen, mit denen zusammen sie komplexere sprachliche Ausdrücke bilden sollen. Es wäre also eine Erläuterung zum theoretischen Wert des genannten Verfahrens im Wörterbuchvorwort

erfor-

derlich. Wie Untersuchungen ergeben haben, werden aber Wörterbuchvorworte kaum gelesen (siehe Wolf in diesem Band). Aus diesem Grunde plädiere ich dafür, die Generalisierung, wie bislang üblich, als (abstrakte) Beschreibung der Gebrauchsbedingungen der lexikographisch zu beschreibenden Einheit zu formulieren und sie anschließend auf die in Test 2 6 3vorgeführte Weise in einem Deklarativsatz zu exemplifizieren. Als lexikographischen Operator, der die Verbindung zwischen der abstrakten Beschreibung der Gebrauchsbedingungen und ihrer Konkretisierung an einem Beispiel, d. h. einer Instanz des Gebrauchs, herstellt, benutze ich w. u. in Abschnitt 6. "ζ. B. heißt A, daß B", wobei A^ für einen konkreten Deklarativsatz (bzw. bei den hier behandelten lexikalischen Einheiten für ein Satzgefüge mit einem Deklarativsatz als Hauptsatz) steht und iB für die lexikographische Beschreibung der Bedeutung der lexikalischen Einheit, angewandt auf den Inhalt des Kontextes der lexikalischen Einheit, im vorliegenden Fall auf die Bedeutungen von Haupt- und Nebensatz des konkreten Beispiels, das durch A^ repräsentiert wird, und die Beschreibung der Erwartung .

280

6.

Exemplarischer Vorschlag zur lexikographischen lichung der Gebrauchsbedingungen textbeschränkungen,

Veranschau-

von Konnektiven mit Kon-

illustriert an der Behandlung

von

ohne daG und statt daß Auf der Grundlage des in Abschnitt 5. Gesagten möchte ich einen auf die Veranschaulichung der Bedeutung und der nente wahrheitsfunktionaler

Erwartungskompo-

Konnektive beschränkten

Vorschlag

für die Behandlung solcher Konnektive im einsprachigen

semasio-

logischen Wörterbuch machen. Anschließend werde ich diesen der Beschreibung von ohne daß und statt daß

6.1

Die Veranschaulichung heitsfunktionalen

anhand

konkretisieren.

der Gebrauchsbedingungen

eines wahr-

Konnektivs

sollte sich aus folgenden Teilkomponenten

aufbauen:

a) einer Be_schrei_buncj_s_ein_er Bed_eut_ung_ durch eine

Darstellung

von deren Komponentenstruktur, wenn sich diese auf eine Kombination elementarer Wahrheitsfunktionen zurückführen 24 läßt, bzw. durch die Angabe von Synonymen ; wenn das Konnektiv eine Erwartungskomponente enthält, sollte deren Beschreibung

in der Formulierung

der Gebrauchsbedingungen

bezüglich der Bedeutung des Konnektivs im Hintergrund

als

ste-

hende Information kenntlich gemacht werden - durch

Formu-

lierung als Präpositionalgruppe oder Adverbialsatz 25 durch Einschluß derselben durch Gedankenstriche

und

b) einem nachfolgenden Anwendungsbeispiel

folgender

Art:

einem grammatisch und semantisch wohlgeforrnten

komplexen

Satz mit einem Hauptsatz in Deklarativsatzform,

der das

Konnektiv enthält und der die Verwendung möglichst

vieler

Konnektive mit divergierenden Gebrauchsbedingungen

verbie-

tet, und einer anschließenden Beschreibung der

Gebrauchs-

bedingungen des betreffenden Konnektivs im Zusammenhang mit den Teilsätzen, die durch das Konnektiv verknüpft werden; für koordinierte Sätze soll Entsprechendes

gelten

281

c) bei subordinierenden Konjunktionen Angaben dazu 1. welchen Satzarten der Hauptsatz angehören darf 2. ob die Konjunktion unmittelbar nach einer

Negation

oder einem anderen Adverbial auftreten darf und ob sie allein den Hauptakzent im Satzgefüge tragen darf 3. in welcher Reihenfolge Haupt- und Nebensatz im Falle von Deklarativ- und Imperativsatzgefügen stehen

dürfen

4. ob der Hauptakzent des Satzgefüges im Nebensatz

liegen

darf 5. ob die Tempusverhältnisse sind

in den Teilsätzen

beschränkt

Die unter 1. bis 5. genannten Gesichtspunkte konstituieren taktische Gruppen subordinierender

Konnektive. Sie können, müssen

aber nicht durch Beispiele unterlegt werden.

Gebrauchsbeschrän-

kungen der Konnektive, die sich auf diese Gesichtspunkte sind Kontextbeschränkungen zur Erwartungskomponente

syn-

beziehen,

der Konnektive, die im Unterschied

von den durch das Konnektiv zu verknüp-

fenden Teilsätzen wirklich erfüllt werden müssen. Sie können nicht wie diese in den Teilsätzen selbst fehlen und dann, wenn die Teilsätze die Beschränkung nicht verletzen, durch das Konnektiv

"ge-

setzt" werden. Die bislang existierenden Wörterbücher weisen solche Gebrauchsbedingungen, wenn überhaupt, nur unsystematisch Dies betrifft vor allem die Frage der

aus.

Akzentuierungsmöglichkeiten

in den Satzgefügen. Der Beschreibungsteil a) sollte nach folgenden Prinzipien staltet (i)

ge-

werden: die Bedeutungen der Beschreibungseinheiten,

mit denen

die Bedeutungen der Teilsätze bezeichnet werden, die durch das jeweilige Konnektiv verknüpft werden,

sollen

nicht allgemeiner und nicht spezieller sein, als die Gebrauchsbedingungen des zu beschreibenden es

Konnektivs

erfordern^

(ii) die Bedeutungen und Erwartungskomponenten der tive sollen nicht durch abstrakte Substantive, 27 durch daß-Sätze beschrieben werden .

Konneksondern

Es versteht sich, daß die syntaktische Kategorie, der das lige Konnektiv angehört, angegeben werden muß.

jewei-

282

6.2

Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daB im Rahmen von 6.1:

I. ohne daß a) ohne daß drückt aus, daß - entgegen der Erwartung, daß der vom Hauptsatz und der vom Nebensatz bezeichnete Sachverhalt zusammen bestehen - zwar der vom Hauptsatz bezeichnete Sachoρ verhalt besteht, aber nicht der vom Nebensatz bezeichnete. b) Ζ. B. heißt Das Pflaster ist naß, ohne daß es geregnet hat., daß das Pflaster naß ist und es nicht geregnet hat, wobei erwartet wurde, daß es regnen würde. ohne daß darf mit Deklarativ-, Interrogativ- und Imperativsätzen als Hauptsatz verwendet werden. Ein durch ohne daß eingeleiteter Nebensatz darf nur dann vor einem Imperativhauptsatz stehen, wenn dieser einen negierten Imperativ aufweist; vgl. Ohne daß dich jemand sehen kann, geh niemals da durch! , Geh da durch, ohne daß dich jemand sehen kann!, aber nicht *0hne daß dich jemand sehen kann, geh da durch! Mit einem Deklarativhauptsatz darf der durch ohne daß eingeleitete Nebensatz vor und nach dem Hauptsatz stehen. ohne daß darf unmittelbar nach nicht und anderen Adverbien stehen und den Hauptakzent im Satzgefüge tragen. Der Hauptakzent im Satzgefüge mit ohne daß darf im Nebensatz liegen. Ohne daß die Ampel "grün" zeigte, überquerten sie die Straße. Man wird ihn nicht hereinlassen, ohne daß er Eintritt zahlt. Seine Frau hat das Auto verkauft, ohne daß er davon wußte· Hat sie das gemacht, ohne daß du ihr gezeigt hast, wie man es macht?, Mach das, ohne daß es jemand sieht!, Diese Samen kann man 50 Jahre halten, ohne daß sie nicht mehr keimungsfähig werden. ohne daß darf nicht verwendet werden, wenn die Sachverhalte, die der Haupt- und der Nebensatz bezeichnen, die Gegebenheit einer inhärenten Eigenschaft bei einer Person oder Sache sind. Damit sind Satzgefüge wie *Das ist ein Nadelbaum, ohne daß das eine Fichte ist, nicht sprachgerecht gebildet. Das, was dieser Satz ausdrücken soll, kann so wiedergegeben werden: Das ist zwar ein Nadelbaum, aber keine Fichte.

283

II. statt daß a) statt daß drückt aus, daß - entgegen der Erwartung, daß der vom Nebensatz bezeichnete Sachverhalt und nicht der vom

Haupt-

satz bezeichnete Sachverhalt besteht - der vom Hauptsatz bezeichnete Sachverhalt besteht und nicht der vom Nebensatz bezeichnete.

29

b) Ζ. B. heißt Statt daß sie sich freuten, ärgerten sie

sich.,

daß sie sich nicht freuten, sondern sich ärgerten, wobei wartet wurde, daß sie sich freuten und nicht

ärgerten.

statt daß darf nur mit Deklarativ- und Imperativsätzen Hauptsatz verwendet werden. Der durch statt daß Nebensatz darf vor und nach dem Hauptsatz

er-

als

eingeleitete

stehen.

statt daß darf nicht unmittelbar nach nicht oder anderen Adverbien stehen, und es darf nicht den Hauptakzent im Satzgefüge

tragen.

Der Hauptakzent im Satzgefüge darf nur dann im Hauptsatz

lie-

gen, wenn dieser auf den Nebensatz folgt, und nur dann im Nebensatz, wenn dieser auf den Hauptsatz

folgt.

Statt daß sie sich seriös gibt, gibt sie sich

unseriös.,

Er wird sich ärgern, statt daß er sich freuen wird. Statt daß du hier herumstehst, faß lieber mit an! Weder Haupt- noch Nebensatz dürfen im Satzgefüge mit statt daß im Perfekt oder Plusquamperfekt

stehen.

statt daß darf nicht verwendet werden, wenn die die der Haupt- und der Nebensatz bezeichnen, die

Sachverhalte, Gegebenheit

einer inhärenten Eigenschaft bei einer Person oder Sache

sind.

Damit sind Satzgefüge wie »Das ist eine Tanne, statt daß das eine Fichte ist, nicht sprachgerecht gebildet. Das, was dieser Satz ausdrücken soll, kann so wiedergegeben werden: Das ist eine Tanne, aber (/und) keine

Fichte.

284

7.

Schlußbemerkung

Funktionswörter wie die hier behandelten

wahrheitsfunktionalen

Konnektive weisen neben ihrem außereinzelsprachlichen kern zahlreiche einzelsprachabhängige unanschauliche

BedeutungsKontextbe-

schränkungen auf. Ihr Erwerb stellt deshalb an einen Nichtmuttersprachler hohe Lernanforderungen. Um Nichtmuttersprachlern dabei so gut wie möglich zu helfen, müssen einsprachige Wörterbücher für die Veranschaulichung der

semasiologische

Gebrauchsbedingungen

dieser Funktionswörter neben deren Beschreibungen einen recht umfangreichen Beispielapparat bieten. Dabei dürfen die lexikographischen Beispiele nicht nur Garnierung oder

Authentizitätsnachweis

für existierende Verwendungen der jeweiligen lexikographisch zu charakterisierenden lexikalischen Einheit sein."5^1 Vielmehr muß der Lexikograph die Beispiele für die korrekte Verwendung dieser Einheit ganz systematisch bilden, um die Möglichkeiten und Beschränkungen der Verwendung der Einheit umfassend zu veranschaulichen. In Wörterbüchern, die den gesamten Wortschatz einer Sprache darstellen, ist der Raum für solche teilweise sehr umfangreichen Informationen (von denen in Abschnitt 6.2 für ohne daß und statt daß nur ein Teil gegeben wurde!) nicht immer verfügbar. Die umfassende Darstellung der Funktionswörter sollte deshalb, wie wiederholt vorgeschlagen und teilweise auch schon in die Tat umgesetzt worden ist, Spezialwörterbüchern vorbehalten sein (siehe Viehweger 1985: 463, Buscha 1989, Heibig 1988). Gesamtwörterbücher sollten eine Auswahl aus den Beispielen solcher Spezialwörterbücher treffen, sofern letztere bereits existieren. Auf jeden Fall aber sollten sie die Beschreibung der Gebrauchsbedingungen bieten nebst der oben vorgeführten von Krejdlin/Polivanova

(1987)

vorgeschlagenen Kombination von Beschreibung und Exemplifizierung in einem spezifischen Teiltext des Wörterbuchartikels.

285 Anmerkungen 1

Der vorliegende Beitrag versteht sich als eine empirische Rechtfertigung folgender Aussage: "Die Lexikographie benötigt eine Theorie des lexikographischen Beispiels. Diese muG zeigen, wie die bedeutungserläuternde, insbesondere die kontrakonfliktäre Funktion lexikalischer Paraphrasen systematisch durch Beispieltypen unterstützt werden kann. Dabei muß insbesondere die Symptomfunktion und die bewertende Kraft der Lemmata berücksichtigt werden." (Wiegand 1977: 102).

2

Zu Anforderungen an die lexikographische Behandlung von Funktionswörtern siehe Lang (1982), der sich speziell mit den Konjunktionen befaßt.

3

Siehe hierzu im Detail Pasch

4

Ausnahmen sind die Bedeutungen bestimmter (siehe Lang 1979).

5

Deklarativsatzgefüge, die eine als "pA *** q" dargestellte Bedeutung haben, sind wahr, wenn der Hauptsatz, dessen Denotat durch £ identifiziert wird, wahr ist und die Negation des Nebensatzes, deren Denotat durch f*·* £ identifiziert wird, wahr ist (bzw. der Nebensatz, dessen Denotat durch £ identifiziert wird, falsch ist).

6

Die schrittweise Anwendung dieser komplexen Funktion auf ihre Argumente - erst wird die Negation auf q angewandt und dann die Konjunktion auf das negierte q und schließlich die dadurch entstandene Funktion auf ρ - soll der Tatsache Rechnung tragen, daß das Konnektiv fester mit dem Nebensatz verbunden ist als mit dem Hauptsatz. Dieser Bindungsunterschied wird daran deutlich, daß man nur den Nebensatz zusammen mit dem Konnektiv in ein anderes Verhältnis zum Hauptsatz in der Reihenfolge der Teilsätze bringen kann. Daß es sich bei den Bedeutungen der Konnektive um spezifische Arten der Beziehung zwischen Hauptsatz- und Nebensatz-Bedeutung handelt und nicht nur um die Negation der Nebensatzbedeutung, wird in vielen Wörterbüchern nicht deutlich. So finden sich ζ. B. für ohne daß folgende Bedeutungsbeschreibungen: "weist auf einen nicht eingetretenen oder nicht eintretenden Sachverhalt" (WDG), "kennzeichnend, daß etwas Erwartetes nicht eintritt od. daß etwas fehlt, nicht getan wird" (Brockhaus Wahrig), "gibt an, daß etw. nicht eintritt od. eingetreten ist od. daß jmd. etw. unterläßt, nicht tut" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch). Zum Fehlen des Hinweises auf die Art der Beziehung zwischen Haupt- und Nebensatzbedeutung kommt in diesen Formulierungen noch der Mangel, daß die Formulierung etwas als Ausdruck für das Denotat des Nebensatzes nicht angemessen ist (weil dieses ja durch die Bedeutung des Nebensatzes spezifiziert wird, also näher bestimmt ist, was den Ausdruck etwas verbietet), bzw. daß gar kein Ausdruck für dieses Denotat erscheint (wie ζ. B. bei der Angabe des WDG). Der Wörterbuchbenutzer ist also in der Rekonstruktion der Zuordnung der Bedeu-

(1986). Satzadverbiale

286

tung der Konnektive zu ihren syntaktischen Eigenschaften ganz auf seine eigenen Intuitionen allein gestellt. Es fragt sich, ob man dies einem nichtmuttersprachlichen Wörterbuchbenutzer zumuten darf. Besser werden der Bedeutung der Konjunktion ohne daß die Beschreibungen im HDG und in Buscha (1989) gerecht. Vgl. "kennzeichnet den Gliedsatz im Sinne eines nicht eingetretenen od. nicht eintretenden Begleitumstandes" (HDG); "Die subordinierende zusammengesetzte Konjunktion ohne daß und die mit ihr alternierende Infinitivkonjunktion ohne . . . z_u haben privative Bedeutung. Mit ihnen wird ausgedrückt, daß der zum HS-Sachverhalt im Verhältnis eines Begleitumstandes stehende NS/Inf.-Sachverhalt wider Erwarten nicht realisiert wird." (Buscha 1989). Hier wird dem beanstandeten Mangel abgeholfen. Die Beschreibungen erscheinen mir dennoch nicht optimal, weil die Beschreibungseinheit Begleitumstand ihrerseits hochgradig begrifflich komplex ist und ihrer Bedeutung nach wie ohne daß mithilfe von und und nicht bzw. kein (also der Negation) beschrieben werden kann (während weder und noch die Negationsausdrücke nicht und kein eine verständliche Beschreibung mithilfe von ohne daß oder Begleitumstand zugewiesen bekommen können). 7

Siehe die Formulierung im Brockhaus Wahrig zu ohne daß: "kennzeichnend, daß etwas Erwartetes nicht eintritt od. daß etwas fehlt, nicht getan wird". Den Terminus "Erwartung" verwenden ζ. B. Sommerfeldt (1982) - allerdings für Infinitivgruppen mit ohne oder statt -, die Grundzüge (1981: 783 und 807) und Oetke (1981: 50f.). Diesen Terminus habe ich in Pasch (1986) aufgegriffen. In Pasch (1988) versuche ich zu zeigen, daß solche Erwartungen, wie sie in den Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß eine Rolle spielen, nur ein Spezialfall eines allgemeineren Phänomens sind, das ich in den genannten Arbeiten "Präsuppositionen" nenne. Das, was im allgemeinen in der Logik und in der Linguistik als Präsuppositionen bezeichnet wird, ist ebenfalls nur ein Spezialfall des von mir anvisierten allgemeineren Präsuppositionsbegriffes . Letztere nenne ich dort "logische Präsuppositionen". Erwartungen wie die durch ohne daß, statt daß oder die Negation (siehe hierzu Givön 1978) ausgedrückten nenne ich dort "nichtlogische Präsuppositionen".

8

Siehe Pasch (1986: 147ff.). Testen kann man dies an Satzgefügen mit Teilsätzen, deren Bedeutungen sich gegenseitig ausschließen - wie in (5)(b). ohne daß ist dort unmöglich, weil der vom Hauptsatz und der vom NeDensatz bezeichnete Sachverhalt nicht zusammen bestehen können.

9

Siehe Pasch (1986: 155ff.).

10

Siehe hierzu Lang (1984: 98ff.). Mit Teilsätzen im Satzgefüge, deren Bedeutungen sich gegenseitig ausschließen, d. h. die miteinander logisch unverträglich sind, ist ζ. B. die Konjunktion ohne daß nicht verwendbar (weil die mit ihr gebildeten Satzgefüge unverständlich werden). Vgl. »Sie ist seriös, ohne daß sie unseriös ist, statt daß wiederum ist nicht mit Teilsätzen in Satzgefügen zu verwenden, deren Bedeutungen in einer Bedingung-Folge-Beziehung stehen. Vgl. *Er geht zur Bahn, statt daß er sich zur Bahn begibt., »Er begibt sich zur Bahn, statt daß er zur Bahn geht.

287

11

Siehe hierzu ausführlich Pasch (1986: 84ff.).

12

Dadurch soll die Identität der Belegung gleicher Variablen in den Teilausdrücken b und e garantiert werden.

13

Das gleiche Ergebnis zeitigte eine Umfrage von Birgit Wolf unter 17 deutschen Germanistikstudenten. Diese verneinten die Frage, ob sie sich in Wörterbüchern über die Bedeutung deutscher Konjunktionen informierten, bejahten aber die Frage für englische Konjunktionen. Man kann also skeptisch sein, ob die von Heibig (1988) gehegte Erwartung, daß nicht nur Nichtmuttersprachler einsprachige semasiologische Wörterbücher zu Funktionswörtern konsultieren, realistisch ist, denn auf die von ihm beschriebenen Partikeln dürfte das gleiche zutreffen, was Wolf für Konjunktionen ermittelte.

14

Wenig genau ist auch die Beschreibung von ohne daß im HDG: "kennzeichnet den Gliedsatz im Sinne eines nicht eingetretenen od.nicht eintretenden Begleitumstandes". Dafür ist jedoch die Angabe zu den Gebrauchsbedingungen von statt daß hier genauer: "leitet einen Gliedsatz ein, der eine nicht realisierte Möglichkeit kennzeichnet, für die im Hauptsatz der Ersatz angegeben wird". Allerdings wird, wie gesagt, durch die Art der Formulierung die Art der semantischen Beziehung zwischen Haupt- und Nebensatz-Bedeutung nicht deutlich. Außerdem wird nicht deutlich, daß der Hauptsatzbedeutung das Hauptgewicht im Satzgefüge zukommt und die Nebensatzbedeutung Hintergrundfunktion bezüglich der Hauptsatzbedeutung hat. Diese Art der Gewichtung wird durch die Charakterisierung der Hauptsatzbedeutung mittels eines Relativsatzes (vgl. "für die im Hauptsatz der Ersatz angegeben wird") verschleiert.

15

Diese Formulierungen entwickelte ich 1985. Zu diesem Zeitpunkt war das "Lexikon deutscher Konjunktionen" von Buscha (1989) noch nicht im Entstehen. Ich konnte deshalb nicht auf die dort gegebenen, bislang genauesten mir bekannten lexikographischen Beschreibungen der Bedeutungen und Erwartungskomponenten von ohne daß und statt daß zurückgreifen. Zur Beschreibung von ohne daß bei Buscha (1989) siehe Anmerkung 6; die Beschreibung von statt daß bzw. anstatt daß lautet dort so: "Die subordinierende zusammengesetzte Konjunktion anstatt daß und die mit ihr alternierende Infinitivkonjunktion anstatt . . . ^u haben substitutive Bedeutung (ohne Bedeutungsunterschied auch statt daß/statt ... zu). Sie drücken aus, daß das - in HS und NS/Inf. Identische - Subjekt wider Erwarten nicht das vom NS-Prädikat Bezeichnete, sondern als Alternative das vom HS-Prädikat Bezeichnete realisiert." Zu meinen Bedenken gegen ein Detail in der Beschreibung von ohne daß siehe Anmerkung 6.

16

Daß bei ohne daß und statt daß die Wortfindung nicht vornehmlich durch die Tatsache erschwert wird, daß diese Konjunktionen subordinierend sind, zeigt Test 1. Hier wurden "Negation . . . sondern" und aber, die ja koordinierende Konjunktionen sind, auch nur jeweils von einer Versuchsperson gefunden. Auch sie wurden mit ihren Erwartungskomponenten beschrieben.

288

17

Der funktionale Unterschied zwischen Haupt- und Nebensatzformulierungen zeigt sich besonders deutlich darin, daß syntaktisch subordinierte Sätze - darunter verstehe ich für das Deutsche Sätze, die Endstellung des finiten Verbs aufweisen und als Kokonstituente eine Konjunktion haben - als Ausdruck des Themas in einem komplexen Satz fungieren können. Sätze mit der Struktur eines Hauptsatzes sind dazu nicht in der Lage, selbst wenn sie eingebettet sind. Vgl. A.: Es regnet. Β.: Ich sähe, daß es regnet. (/Daß es regnet, sähe ich./ *Es regnet, sähe ich./ *Ich sähe, es regnet.) neben wohlgeformten Ich sehe, es rägnet., Es rägnet, sehe ich., die zwar nicht im vorliegenden Kontext, wohl aber in anderen Kontexten möglich sind. (Die als Äußerungen von B. ins Auge gefaßten Satzverwendungen mit Asteriskus sind in keinem Kontext wohlgeformt.) (Der Akut gibt die Stelle des Hauptakzents im Satzgefüge an.) Zur Rolle der Subordination siehe auch Lehmann (1984: 146ff. und 262ff.), der sich allerdings auf die Funktion von Relativsätzen beschränkt. Das dort Gesagte gilt aber m. E. mutatis mutandis auch für andere Arten von Neben- (subordinierten) Sätzen.

18

Die Testergebnisse bestätigen, was - ohne daß sie auf solche Experimente zurückgreifen konnten - schon mehrere Autoren, die sich kritisch mit einsprachigen semasiologischen Wörterbüchern befaßt haben, konstatieren, nämlich, daß Anwendungsbeispiele eine tragende Rolle bei der lexikographischen Veranschaulichung der Gebrauchsbedingungen lexikalischer Einheiten spielen; vgl. Nikula (1986: 188), Wiegand (1985: 90), Wolf (1986: 146).

19

Eine in der theoretischen Linguistik (Semantik) und Psycholinguistik diskutierte Möglichkeit der Repräsentation von Wortbedeutungen ist ihre Wiedergabe als Einheiten in Bedeutungspostulaten (siehe hierzu Katz/Nagel 1974, Fodor/Fodor/ Garrett 1975 und Katz 1977). Für Wörterbücher ist diese Form der Darstellung von Wortbedeutungen als einzige Repräsentationsform indiskutabel, wenngleich sie partiell faktisch dort vorkommt, nämlich indem für lexikalische Einheiten sog. Synonymdefinitionen erscheinen und Antonyme und Hyperonyme angegeben werden. Für wahrheitsfunktionale Konnektive verbietet sie sich in der Regel, da die meisten weder Synonyme noch Antonyme in Simplexform haben, noch es Hyperonyme zu ihnen gibt.

20

Dies gilt für alle oben genannten Wörterbücher. Zum unsystematischen Charakter der Exemplifizierung in Wörterbüchern siehe auch Wolf (1986: 146).

21

Der Vorschlag, den Krejdlin/Polivanova (1987) machen, die die Gebrauchsbedingungen von Funktionswörtern mittels Beispielen veranschaulichen, ist nicht mit einer Reduktion auf die Veranschaulichung durch Beispiele identisch, denn es wird im Anschluß an das Anwendungsbeispiel die Bedeutung des Funktionswortes im Zusammenhang mit seinem durch das Beispiel gesetzten

289

Kontext noch einmal umschrieben. Auf den Vorschlag von Krejdlin/Polivanova (1987) gehe ich weiter unten genauer ein. 22

Siehe Ilson (1986), Nikula (1986: 188). Wie Wolf (in diesem Band) zeigt, fordern 50 % aller von ihr über Wörterbücher befragten Personen mehr Beispiele. Bei diesem Personenkreis handelt es sich vornehmlich um Übersetzer und Verlagslektoren.

23

Dafür, daß die Bedeutung, auch wenn sie sehr abstrakt und nur umständlich zu formulieren ist, im Wörterbuch dargestellt wird, plädieren auch Weydt/Hentschel (1983: 4) - allerdings für Partikeln. Bei diesen ist das Problem der Abstraktheit noch größer, da diese in der Regel die Wahrheitsbedingungen des Ausdrucks, in den sie eingehen, nicht verändern.

24

Wahrscheinlich können die Bedeutungen von und, (sowohl als) auch, außerdem einerseits und wenn, sofern andererseits nur je durcheinander, d. h. in einem zu kurzen Zirkel repräsentiert werden. Die Bedeutung von nicht oder die von oder kann überhaupt nicht durch andere Partikeln bzw. Konnektive beschrieben werden, höchstens durch Substantive wie Negation, Verneinung, Fehlen, Mangel, Abwesenheit (für nicht) bzw. Alternative oder unklar, ob (für oder). Diese wiederum können nur mittels der Bedeutung von oder bzw. nicht in ihrer Bedeutung beschrieben werden, also wiederum in einem zu kurzen Zirkel. Solche zu kurzen Zirkel sind unvermeidlich, wenn die Beschreibungssprache mit der Objektsprache identisch ist. Man muß aber nicht befürchten, daß hierin eine grundsätzliche Barriere für eine restfreie Rezeption der Bedeutung der Lemmazeichen durch Nichtmuttersprachler liegt. Ein Nichtmuttersprachler, der nicht über ein zweisprachiges Wörterbuch die muttersprachlichen Äquivalente der "reinsten" Ausdrücke für die elementaren Wahrheitsfunktionen erworben hat, kann ein einsprachiges semasiologisches Wörterbuch ohnehin nicht konsultieren. Die Bedeutung dieser Äquivalente hat er in praxi erlernt, für ihren Erwerb benötigt er nicht außerdem noch ein einsprachiges Wörterbuch seiner Muttersprache. Synonyme können - wenn sich als Bedeutungsangabe keine Beschreibung (Paraphrase) formulieren läßt - die gleiche Rolle spielen wie Beschreibungen. Sie helfen dem Wörterbuchbenutzer, die ihm nicht geläufigen Gebrauchsbedingungen eines Formativs (des Lemmazeichens) auf Bedeutungen ihm bekannter lexikalischer Einheiten bzw. Syntagmen aus solchen zurückzuführen und auf dieser Grundlage für sich zu rekonstruieren. Als Bedeutungsangabe sollte dem Lexikographen all das recht sein, was den sichersten Weg darstellt, so vielen Benutzern wie möglich die Rekonstruktion der Gebrauchsbedingungen der im Wörterbuch aufgeführten lexikalischen Einheiten zu ermöglichen. Bietet er eine ganze Reihe von Synonymen bei einer Einheit an, kann er hoffen, daß ein beliebiger Benutzer darin mindestens ein ihm bekanntes Synonym findet, das ihm den Zugang zu diesen Gebrauchsbedingungen eröffnet. Hierin liegt m. E. eine Möglichkeit, den von Hausmann (1985: 373) geforderten "didaktischen" Charakter der Wörterbücher zu gewährleisten. (Siehe auch Bolinger 1965. )

290

Bei den hier behandelten Konnektiven ohne daß und statt daß freilich sollten sog. Synonyme wie Fehlen (WPG, Brockhaus Wahrig), Nichtvorhandensein (WDG), Vermeidung , vemeidend (Knaurs großes Wörterbuch 1985) nicht gegeben werden, weil sie in ihren Gebrauchsbedingungen spezieller sind als nicht, selbst aber wieder mittels nicht in ihren G e b r a u c h s b e d i n g u n gen beschrieben werden können, wie auch die Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß mittels nicht beschrieben werden können. Was unvermeidbar sein wird, ist, daß einige der wahrheitsfunktionalen Konnektive (wie und und wenn) und Partikeln (wie nicht) lexikographisch letztlich Undefiniert bleiben müssen (da alle ihre möglichen Synonyme speziellere Gebrauchsbedingungen haben als sie selbst und in deren Beschreibung wieder nur auf sie zurückgegriffen wird). Mit anderen Worten, einige der in ihren Gebrauchsbedingungen lexikographisch zu beschreibenden lexikalischen Einheiten müssen als Primitivbegriffe der lexikographischen Beschreibung fungieren, die unanalysierbar sind. (Zur "inevitable 'circularity' of semantics" siehe Lyons 1968; 1969: 410, 434.) Im Wörterbuch sollten dies diejenigen Einheiten sein, die ontogenetisch früh erworben werden und die die wenigsten Kontextbeschränkungen aufweisen. Nur in dieser Hinsicht ist also die in Abschnitt 2.2 erwähnte Zirkelhaftigkeit der Angaben gängiger deutschsprachiger semasiologischer Wörterbücher kritikwürdig. Dort werden für die Beschreibungen der Gebrauchsbedingungen von ohne daß und statt daß nicht Einheiten mit allgemeineren Gebrauchsbedingungen als denen der für die Beschreibungen verwandten Einheiten benutzt. 25

Wenngleich, wie die Tests 1, 2, 3 und 5 schließen lasssen, die Art der Formulierung der Erwartungskomponente offenbar keinen Einfluß auf die Konnektivfindung hat, sollte sie jedoch linguistisch-theoretischen Erkenntnissen Rechnung tragen.

26

So findet sich, wie in Anmerkung 6 gesagt, im Duden, Deutsches Universalwörterbuch folgende Angabe zu ohne daß: "gibt an, daß etw. nicht eintritt od. eingetreten ist od. daß jmd. etw. unterläßt, nicht tut". Diese Formulierung trä'gt Verwendungen von ohne daß wie der folgenden nicht Rechnung: Die Blätter bewegen sich, ohne daß der Wind weht.

27

Oft werden, wie gesagt, die Gebrauchsbedingungen von Konjunktionen in den lexikographischen Beschreibungen durch abstrakte Substantive bezeichnet; vgl. auch HDG und Buscha (1989): Begleitumstand als Charakterisierung der Nebensatzbedeutung in der Erwartungskomponentenbeschreibung von ohne daß.

28

Weitere Gebrauchsbedingungen siehe in Pasch (1986:

147ff.).

29

Weitere Gebrauchsbedingungen

155ff.).

30

Gegen ein Vorherrschen des Belegprinzips und für eine systematische Bildung lexikographischer Beispiele durch den oder die Lexikographen selbst tritt auch u. a. Nikula (1986: 188) ein. Die oben genannten Wörterbücher folgen diesem Prinzip, allerdings ist, wie gesagt, die Wahl der Beispiele noch nicht systematisch genug.

siehe in Pasch (1986:

291

Literatur Bolinger, Dwight L. 1965. The atomization of meaning. Language 555-73. Brauße, Ursula. In diesem Band. Funktionswörter

41.

im Wörterbuch.

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Wolski, Werner. 1986. Partikellexikographie. Ein Beitrag zur praktischen Lexikologie. With an English summary. (Lexicographica: Ser. maior 14.) Tübingen, Max Niemeyer Verlag.

BIRGIT WOLF WÖRTERBUCH UND BENUTZER - VERSUCH EINER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

1.

Vorbemerkung

2. 2.1. 2.2. 2.2.1.

Auswertung der Befragung Befragungsergebnisse Schlußfolgerungen Zur Organisation und Durchführung empirischer Wörterbuchbenutzungsuntersuchungen Zum Stand der Wörterbuchbenutzung Benutzungsfähiakeiten urid Anforderungen an Wörterbuchdidaktik und Öffentlichkeitsarbeit

2.2.2. 2.2.3.

Anmerkungen Literatur

1.

Vorbemerkung

Die Benutzung von Wörterbüchern gehört noch nicht lange zu den Objekten wissenschaftlicher Forschung, obwohl Wörterbücher und ihre Benutzung über eine lange Tradition verfügen. Erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wurden systematische Überlegungen angestellt, wer wohl welche Wörterbücher zu welchem Zweck und mit welchem Erfolg benutzen würde, wie diese Fragen zu klären wären und welchen Wert die Antworten hätten. Die hinter diesen Fragen stehenden theoretisch-methodischen Fragen sind noch längst nicht befriedigend geklärt, und auch praktische Untersuchungen zu diesen Problemen hat es bisher nur wenige gegeben. Dieser Forschungsstand war es, der im Jahr 1988 zum Ausgangspunkt einer praktischen Untersuchung zur Wörterbuchbenutzung in der DDR genommen wurde, deren Ergebnisse im folgenden hier dargestellt werden sollen. Wegen der vielen offenen theoretischen Fragen war der Untersuchung eine Einschätzung des gegebenen Stan-

296 des der Worterbuchbenutzung

und der dem Untersuchungszweck

ange-

messenen methodischen Konzeption vorangestellt worden, die an anderer Stelle veröffentlicht werden

sollen.

Die praktische Untersuchung selbst sah sich mit dem des faktischen Verbotes von Erhebungen soziologischen

Problem Inhalts

konfrontiert. Dennoch konnten 288 Fragebögen (500 waren worden) ausgewertet werden, in denen Probanden

verteilt

unterschiedlichen

Alters und beruflicher Ausbildung und Tätigkeit Auskünfte zu vielen Fragen der Wörterbuchbenutzung

erteilten. Diese

Auskünfte,

wenn sie auch nicht strengen Anforderungen statistischer

Ausgewo-

genheit entsprechen, lassen eine Vielzahl von Aussagen zu praktischen und theoretischen Problemen der Lexikographie, aber der Sprachkultur und nicht zuletzt zur Effizienz der

auch

Untersuchungs-

methode zu. Die im folgenden darzustellenden Ergebnisse der

Untersuchung

sollen deshalb nicht nur Lexikologen und Lexikographen, Linguisten und Verleger, aber auch Wörterbuchnutzer

sondern

anregen,

die-

sem Thema mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

2.

Auswertung der

Befragung

Die nachfolgend genannten Befragungsergebnisse

stellen den we-

sentlichen Inhalt der Auskünfte zu den Fragen dar, die auf anhängendem Fragebogen ca. 500 Personen gestellt worden waren.

2.1

Befragungsergebnisse

Frage 1: Bekannte

Wörterbücher

Der Fragebogen (vgl. Anhang) präsentierte eine Aufstellung

von

22 einsprachigen deutschen Wörterbüchern, die in der DDR käuflich oder zumindest in öffentlichen Bibliotheken verfügbar''' waren. Ausnahmslos alle Probanden kannten den Duden, dessen Ruf als das klassische Volkswörterbuch der Rechtschreibung sich damit bestätigt hat. Daran ändert auch nichts, daß der Duden quasi

außer

Konkurrenz läuft, da er das einzige Wörterbuch ist, mit dessen

297

Existenz und Anwendung seit Generationen jeder Schüler im muttersprachlichen Unterricht vertraut gemacht wird. Einen hohen Bekanntheitsgrad besitzen Fremdwörterbücher. 67 X der Probanden kannten das im Fragebogen angegebene Fremdwörterbuch. Dies ist u. a. deshalb ein hohes Ergebnis, weil anzunehmen ist, daß einige Probanden auch andere Fremdwörterbücher

kennen,

so daß der tatsächliche Bekanntheitsgrad von Fremdwörterbüchern noch bedeutend höher eingeschätzt werden kann und dem des Duden kaum nachsteht. Eine Reihe von Probanden hat im Fragebogen auf andere Fremdwörterbücher hingewiesen, vor allem auf das "Große Fremdwörterbuch" sowie Liebknechts "Volksfremdwörterbuch". Bekanntheitsquote des im Fragebogen angegebenen

Die

Fremdwörterbuchs

ist in allen drei Qualifikationsgruppen (HS/FS/FA)

annähernd

gleich. Bekanntheit und die daraus abzuleitende Benutzung von Fremdwörterbüchern kann deshalb im wesentlichen als qualifikationsunabhängig angesehen werden. Einen sehr hohen Bekanntheitsgrad besitzt auch das Synonymwörterbuch. 58 % der Befragten kannten dieses Wörterbuch, wobei die Verteilung in den Qualifikationsgruppen nicht gleichermaßen einheitlich war. Einem relativ hohen Anteil der Probanden mit Hochschulabschluß (73 %), denen dieses Wörterbuch bekannt ist, steht ein bedeutend niedrigerer Anteil der Facharbeiter gegenüber, von denen nur 25 % dieses Wörterbuch kannten. Eine Zwischenstellung nehmen hier die Probanden mit Fachschulabschluß ein, 38 % dieser Probanden kannten das Synonymwörterbuch. Aus diesen Quoten ist ohne weiteres erkennbar, daß mit wachsendem

Qualifikationsgrad

auch der Bekanntheitsgrad dieses durchaus als populär zu betrachtenden Spezialwörterbuches ansteigt. Da nach diesen Zahlenangaben von einem relativ niedrigen Bekanntheitsgrad bei den Facharbeitern, der stärksten Bevölkerungsgruppe, auszugehen ist, kann die Bekanntheit dieses Wörterbuchs nicht auf Einflüssen aus dem obligatorischen Schulunterricht beruhen. Es entsteht der Eindruck, daß in Abhängigkeit vom Niveau der Ausbildung und von dem dabei entwickelten Grad des Interesses an einem lebendigen und vielfältigen Ausdruck das Interesse gerade am Synonymwörterbuch steigt. Den vierten Rang im Bekanntheitsgrad der den Probanden angebotenen Wörterbücher nimmt das Grimm'sche Wörterbuch ein. Da es sich hier nicht um ein für den täglichen Gebrauch geeignetes und

298

in großen Auflagen verbreitetes Wörterbuch handelt, kann dies als Hinweis auf ein Allgemeinwissen verstanden werden, das einen bestimmten kulturellen Standard ausdrückt. Auch hier ist eine abnehmende Bekanntheit des Grimm'schen Wörterbuchs bei Probandengruppen mit jeweils niedrigerem Qualifikationsgrad festzustellen. Während noch 56 % der Probanden mit Hochschulabschluß und 30 % der Fachschulabsolventen die Kenntnis dieses Wörterbuchs angaben, war das Grimm'sche Wörterbuch nur 22 % der Facharbeiter bekannt. Wenngleich dieses Ergebnis einerseits für ein Wörterbuch, das von vielen Probanden, vor allem von Facharbeitern, kaum jemals benutzt werden wird, relativ hoch ist, muß andererseits angemerkt werden, daß insgesamt der Bekanntheitsgrad von 48 % bei einem Wörterbuch vom historischen Rang des Grimm der Qualität des muttersprachlichen Unterrichts kein positives Zeugnis ausstellt. Auf den nächstfolgenden Plätzen im Bekanntheitsgrad stehen mit "Wörter und Wendungen" (35 %) und der kleinen Idiomatik

"Redens-

arten" syntagmatische Wörterbücher vergleichbaren Typs. Offenbar besteht in breiten Bevölkerungsschichten ein Interesse an der Auflistung und Erläuterung gebräuchlicher syntaktischer

Einheiten,

denn das Gefälle des Bekanntheitsgrades zwischen den Qualifikationsgruppen ist zwar vorhanden, jedoch weniger stark als bei anderen speziellen Wörterbüchern. Ca. 40 % der HS, 23 % der FS und fast 20 % der FA kannten "Wörter und Wendungen", ähnlich verhält es sich mit den "Redensarten", die jedoch allein bei den Hochschulabsolventen mit 34 % einen etwas geringeren Bekanntheitsgrad aufweisen. Da solche Wörterbücher anscheinend ohne besondere Mühe für jedermann verständlich sind, können aus diesem Bekanntheitsgrad durchaus Folgerungen für die Gestaltung von Wörterbuchprinzipien abgeleitet werden. Nun folgt eine Gruppe unterschiedlicher Wörterbücher, mit einem Bekanntheitsgrad um 25 % (mit geringfügigen Abweichungen). Hierzu gehören das "Kleine Wörterbuch der Stilkunde" (26 %), das HDG (26 %), das "Wörterbuch der Aussprache" (26 %), das "Antonymwörterbuch" (26 %), das WDG (25 %), das etymologische Wörterbuch von Kluge (25 %) sowie das etymologische Wörterbuch von Wasserzieher (22 %). Bereits die Aufzählung verdeutlicht, daß hier keine einheitlichen linguistischen Voraussetzungen für den etwa gleichen Bekanntheitsgrad bestehen, denn die Wörterbücher sind in Umfang,

299

Konzeption und Informationsabsicht zu unterschiedlich. Es kann aber festgestellt werden, daß das HDG in der kurzen Zeit seit Erscheinen der Erstauflage bereits einen ähnlichen Bekanntheitsgrad wie das viel früher herausgegebene, in der Presse breit gewürdigte WDG gefunden hat. Festzustellen ist auch, daß die etymologischen Wörterbücher einen in etwa gleichen Bekanntheitsgrad besitzen, was für die relative Zuverlässigkeit der ermittelten Ergebnisse spricht. Anzumerken ist, daß die vorwiegend für den Lehrerberuf geeigneten Wörterbücher "Kleines Wörterbuch der Stilkunde" und "Wörterbuch der Aussprache" wohl aus diesem Grunde auch einen annähernd gleichen Bekanntheitsgrad besitzen. Schließlich fällt auf, daß das "Antonymwörterbuch" bedeutend weniger bekannt ist als das ebenfalls paradigmatisch geprägte

Synonymwörter-

buch . Bemerkenswert sind die Unterschiede im Bekanntheitsgrad von Wörterbüchern zwischen den einzelnen Qualifikationsgruppen.

Fast

alle genannten Wörterbücher haben im HS-Bereich einen Bekanntheitsgrad um die 30 % und im FS-Bereich um 15 %. Bedeutende Unterschiede hingegen werden bei den Facharbeitern sichtbar. Hier stehen den bei FA relativ bekannten Wörterbüchern wie dem "Wörterbuch der Aussprache" und dem "Wörterbuch der Stilkunde" mit einem Bekanntheitsgrad von ca. 13 % weniger bekannte Wörterbücher wie das HDG und das Synonymwörterbuch (7 %) sowie eine Gruppe kaum bekannter Wörterbücher (Bekanntheitsgrad unter 5 %) gegenüber. Zu den letzten gehören auch die beiden etymologischen Wörterbücher und das WDG, die nur von zwei bzw. einem der befragten Facharbeiter gekannt wurden. Berücksichtigt man, daß unter den befragten Facharbeitern auch die Berufe Buchhändler und Bibliotheksfacharbeiter vertreten sind, bei denen die Kenntnis dieser Wörterbücher aus beruflichen Gründen wahrscheinlich ist, dann erklären sich die wenigen Nennungen der drei Wörterbücher und zugleich ergibt sich die Schlußfolgerung, daß diese Wörterbücher bei den Facharbeitern im wesentlichen unbekannt sind. Eine weitere Gruppe der zur Auswahl gestellten Wörterbücher ist nur einem begrenzten Kreis von Nutzern bekannt. Hierzu gehören das "Rückläufige Wörterbuch" (20 %), "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten" (19 %), das onomasiologische Wörterbuch von Dornseiff

300

(14 %), das Verbvalenzwörterbuch (13 %) sowie die Valenzwörterbücher deutscher Adjektive und Substantive (jeweils 12 %). Der Bekanntheitsgrad aller dieser Wörterbücher resultiert fast ausschließlich aus der Bekanntheit unter den HS (zwischen 15 und 25 %), während die Bekanntheit unter den FS und den FA relativ (zwischen 3 und 7 % der Probanden mit entsprechender

Qualifika-

tion kannten diese Wörterbücher) als auch absolut (2 bis 5 Probanden) sehr gering ist. Stellt man auch hier die FA und FS aus den Bereichen des Bibliothekswesens und des Buchhandels in Rechnung, kann außerhalb dieser Bereiche im wesentlichen von einer fehlenden Bekanntheit dieser Wörterbücher in den Qualifikationsgruppen FA und FS ausgegangen werden. Die Ergebnisse hinsichtlich der Wörterbücher von Adelung und Campe (jeweils 8 %), die ausschließlich aus Notierungen im Bereich der HS mit sprachwissenschaftlicher Ausbildung resultieren, sprechen ebenfalls für die relative Zuverlässigkeit der gesammelten Informationen, denn diese wurden in keinem Fall durch andere Probanden in offensichtlicher Verkennung des Frageinhalts als bekannt angegeben, was bei den für die Kenntnis dieser Wörterbücher anzunehmenden sehr speziellen Wissensvoraussetzungen zumindest Zweifel verursacht hätte. Zum Kreis der Wörterbücher, für deren Kenntnis und Benutzung ein bestimmtes Wissen und vermutlich auch eine zumeist beruflich begründete, spezielle Veranlassung erforderlich ist, gehört auch das "Kleine Wörterbuch linguistischer Termini" mit einem Bekanntheitsgrad von 11 %. Dazu haben neben den wenigen linguistisch ausgebildeten HS noch jeweils 1 Student und ein FS beigetragen. Auch hier kann davon ausgegangen werden, daß ein fachlich begrenzter Adressatenkreis im Ergebnis der Befragung sich als tatsächlich über die Existenz dieses Wörterbuchs informiert erwiesen hat. Obwohl für eine generelle Bewertung allein aus dem Bekanntheitsgrad der Wörterbücher noch keine Schlüsse gezogen werden können, ist doch erkennbar, daß bei den einzelnen Wörterbuchtypen die Bekanntheit in Abhängigkeit vom Qualifikationsgrad und der Fachrichtung der ausgebildeten und ausgeübten Tätigkeit der Nutzer sehr unterschiedlich ist. Neben den schon seit langem als verbreitet angesehenen Wörterbüchern Duden und Fremdwörterbuch sind es vor allem syntagmatische und idiomatische Wörterbücher sowie paradigmatische Wörterbücher, die einer größeren Anzahl potentieller

301

Nutzer bekannt sind und bei denen Differenzierungen zwischen den Qualifikationsgruppen in relativ geringem Umfang auftreten. Generell gilt aber die Aussage, daß mit wachsendem Qualifikationsniveau oder mit einer auf den Umgang mit der Wortinformation ausgerichteten Fachschul- und Facharbeiterausbildung auch der Bekanntheitsgrad von Wörterbüchern zunimmt. Dies ist bemerkenswert, weil gerade in diesen Personengruppen eine bessere, durch Gewohnheit stärker gesicherte Kenntnis der Sprache und ihrer Regeln vorhanden sein müßte und deshalb das Bedürfnis nach Information mit Hilfe von Wörterbüchern eher als gering anzunehmen wäre. Diese Annahme wird auf der Basis der nachfolgenden Überlegungen zu prüfen sein. Eindeutig ist der Befund, daß mit zunehmender

sprachwissenschaft-

licher Spezialisierung der angebotenen Informationen der Bekanntheitsgrad vieler Spezialwörterbücher vor allem bei Facharbeitern und Fachschulabsolventen stark zurückgeht, daß einige Wörterbücher in diesen Gruppen nicht mehr bekannt sind. Auffällig ist auch der geringe Bekanntheitsgrad der viele Informationen anbietenden allgemeinsprachlichen Wörterbücher. Zu bedenken ist hier allerdings, daß dafür auch nicht im Wörterbuch selbst liegende Umstände, wie fehlende Berücksichtigung im Schulunterricht, geringe Werbung oder kleine Auflagen, wesentliche Einflüsse ausüben können. Das soll weiter geprüft werden.

Frage 2: Besitz von Wörterbüchern

Wörterbücher 1

2

3

FS

HS

FA

Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen (Dornseiff)

2,6

%

0

%

0

%

Deutsches Wörterbuch (Gebrüder Grimm)

1,7

%

0

%

0

%

Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (Kluge)

5,2 %

2,6 %

0

%

302

Wörterbücher 4 Fremdwörterbuch (Klien) 5 Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart ... (Adelung) 6 Der große Duden. Rechtschreibung

HS

FS

FA

63

X

51

X

44

X

0

X

0

X

0

X

99

X

97

X

85

X

2,6 X

0

X

7 Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache

5,2

θ Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache

5,2 X

0

X

0

X

9 Kleines etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (Wasserzieher)

9,6 X

2,6 X

0

X

6,1 X

0

X

0

X

X

%

10

Kleines Wörterbuch linguistischer Termini (Heibig)

11

Kleines Wörterbuch der Stilkunde (Krahl/Kurz)

13

X

10,2 X

0

12

Redensarten (Görner)

12

X

10,2 X

7,4 X

13 Rückläufiges Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (Mater) 14

Synonymwörterbuch (Görner/Kempcke)

15

Wörter und Gegenwörter (Agricola)

16

Wörter und Wendungen

17 Wörterbuch der deutschen Sprache (Campe)

2,6 X 37

X

8,7 X

0

X

0

X

26

X

19

X

2,6 X

3,7 X

X

13

X

3,7 X

1,7 %

0

X

0

17

X

303

HS

Wörterbücher 18

19

20

21

22

Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten

FS

FA

15

%

2,6

%

0

%

Wörterbuch zur Valenz und D i s t r i bution deutscher Adjektive (Sommerfeldt/Schreiber)

0

%

0

%

0

%

Wörterbuch zur Valenz und D i s t r i bution deutscher Substantive (Sommerfeldt/Schreiber)

0

%

0

X

0

%

Wörterbuch zur Valenz und D i s t r i bution deutscher Verben (Helbig/Schenkel)

0

%

0

%

0

%

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (Klappenbach/ Steinitz)

1,7

0

%

0

%

Massenhafte und b e r u f l i c h e r wörterbuch.

V e r b r e i t u n g haben, Tätigkeit,

Mehr a l s

unabhängig

derzeit

von

Qualifikation

der Duden und

90 % der b e f r a g t e n

Duden, wobei d i e U n t e r s c h i e d e

%

ein

der q u o t e n z w i s c h e n den

tionsgruppen

sehr

eine geringe

Z a h l der b e f r a g t e n S t u d e n t e n e i n e n Duden

Das

auf e i n e r e c h t

deutet

und B e s i t z

gering sind.

bar

ist

Duden

daß n u r

besitzt.

von e i g e n e r

Wohnung

hin.

von F r e m d w ö r t e r b ü c h e r n

die D i f f e r e n z i e r u n g

einen

Qualifika-

allerdings,

Verbindung

des R e c h t s c h r e i b w ö r t e r b u c h s

Auch d i e V e r b r e i t u n g hier

Auffällig

stabile

Fremd-

Probanden b e s i t z t

ist

groß,

wobei

z w i s c h e n den Q u a l i f i k a t i o n s g r u p p e n

spür-

zunimmt. Zu den W ö r t e r b ü c h e r n mit g r o ß e r

halten gehört a l s Befragten

in

drittes

in privaten

das Synonymwörterbuch,

ihrem p e r s ö n l i c h e n

der B e t r a c h t u n g

Verbreitung

Besitz

hatten.

der Q u a l i f i k a t i o n s g r u p p e n

d a s 32 % der

Während s i c h

zum A n t e i l

den j e G r u p p e , d i e d i e s e s W ö r t e r b u c h b e s i t z e n , wie beim F r e m d w ö r t e r b u c h z e i g t ,

Haus-

der

bei

Proban-

ein ähnliches

Bild

daß s i c h n ä m l i c h d i e Quote mit

304 zunehmendem Qualifikationsgrad verringert, zeigt der Vergleich der Verbreitung mit dem Bekanntheitsgrad dieses Wörterbuchs ein völlig anderes Ergebnis. Während nur 51 % der HS, denen die Existenz eines Synonymwörterbuchs bekannt ist, dieses Wörterbuch auch im persönlichen Besitz haben, sind dies bei den FS 67 % und bei den FA 71 %. Hier zeigt sich, daß Bekanntheitsgrad und absolute Verbreitung in einem engen Verhältnis stehen, aus beiden jedoch kein Urteil über die Resonanz eines Wörterbuchs bei den Nutzern abgeleitet werden kann. Die ermittelten Werte weisen darauf hin, daß mit der Kenntnis des Synonymwörterbuchs offenbar gerade bei Menschen mit niedrigerem Qualifikationsniveau der Wunsch, dieses Wörterbuch zu besitzen, stark zunimmt, daß also gerade in dieser Personengruppe ein großer und nicht immer bewußter Bedarf an dieser Art Information besteht. Führt man diesen Gedanken weiter, so ist es vermutlich die ungenügende Propagierung

solcher

Wörterbucheditionen, die eine unter dem Bedürfnis liegende Verbreitung fördern. Die Wörterbücher "Wörter und Wendungen", "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten", "Redensarten", "Wörterbuch der Stilkunde" und "Kleines etymologisches Wörterbuch" von Wasserzieher besitzen jeweils ca. 10 % der Befragten, wobei die Verbreitung

innerhalb

der Qualifikationsgruppen bedeutend differiert. Das verbreitetste Wörterbuch dieser Gruppe, "Wörter und Wendungen" (16 %), befindet sich im Besitz eines erheblichen Teils der befragten HS und FS, währenddessen nur einer der befragten FA dieses Wörterbuch besitzt. Noch stärker ausgeprägt ist dieses Verhältnis beim "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten". 11 % der Probanden besitzen dieses Wörterbuch, wobei es sich hierbei um einen Fachschüler, einem Lehrling, einem Studenten und im übrigen ausschließlich um HS handelt. Bei der populär orientierten Anlage und dem hohen Informationswert dieses Wörterbuchs werden hier folgenschwere Mängel in der Öffentlichkeitsarbeit besonders deutlich, denn es kann nach den genannten Ergebnissen als sicher gelten, daß mehr Menschen dieses Wörterbuch besitzen würden, wenn sie es kennen würden . Ähnlich liegen die zahlenmäßigen Verhältnisse beim "Kleinen Wörterbuch der Stilkunde", das kein FA im Besitz hat

und dessen

Verbreitungsquote von 11 % allein aus den Gruppen HS und FS re-

305

sultiert. Auffällig ist hier, daß nur ein Drittel der HS, denen dieses Wörterbuch bekannt ist, dasselbe auch besitzt, währenddessen 80 X der FS, die Kenntnis davon haben, auch Besitzer eines solchen Wörterbuches sind. Bei den "Redensarten" sind die Verbreitungsquoten zwischen den Qualifikationsgruppen ausgeglichener, sie liegen bei HS um 12 X, bei FS um 10 X, auch einige FA besitzen dieses Wörterbuch. Etwa 40 X der Probanden aller Qualifikationsgruppen, denen das Wörterbuch "Redensarten" bekannt ist, haben es auch in ihrem persönlichen Besitz. Diese Ergebnisse sprechen dafür, daß dieses Wörterbuch unabhängig vom Bildungsniveau der Nutzer ihren Ansprüchen gerecht wird. Das "Kleine etymologische Wörterbuch" von Wasserzieher weist zwar gegenüber dem größeren etymologischen Wörterbuch von Kluge einen geringeren

Bekanntheitsgrad

auf, jedoch besitzen es doppelt so viele Probanden wie das Wörterbuch von Kluge. Die bei Wasserzieher gegebenen

Verbreitungsquoten

sprechen im übrigen dafür, daß an etyomologischen Auskünften auch Interesse bei Nichtsprachwissenschaftlern besteht. Das etymologische Wörterbuch von Kluge steht für eine dritte Gruppe von Wörterbüchern, die weder massenhaft verbreitet sind wie der Duden noch zumindest eine etwas weitere Verbreitung wie "Wörter und Wendungen" oder "Redensarten" gefunden haben, sondern die eine begrenzte Verbreitung insbesondere unter Fachleuten erkennen lassen. Zu dieser Gruppe gehört neben dem etymologischen Wörterbuch von Kluge auch das "Wörterbuch der Aussprache" (im Besitz von 6 % der Probanden), das HDG (im Besitz von 5 X der Probanden), das "Kleine Wörterbuch der linguistischen Termini" (6 X) sowie das "Antonymwörterbuch" (7 X). Alle diese Wörterbücher befinden sich ausschließlich im Besitz von HS (hinzu kommt teilweise ein FS), und die Besitzer dieser Wörterbücher sind in der Regel Linguisten oder beschäftigen sich in anderer Weise beruflich mit der Sprache. Unterschiede zeigen sich allein in der Verbreitung unter den Probanden, denen die jeweiligen Wörterbücher bekannt sind. Hier reicht die Spanne von 35 X beim "Kleinen etymologischen Wörterbuch" von Wasserzieher über 27 X beim "Antonymwörterbuch" und 22 X beim "Wörterbuch der Aussprache" bis zu 18 X beim HDG. Wertet man diese Quoten der relativen Verbreitung, so geben sie Hinweise, in welchem Grade Probanden, die ein bestimmtes Wörterbuch kennen, dieses

306 für nützlich genug halten, um es selbst besitzen und sicherlich auch nutzen zu wollen. Unter diesem Aspekt sprechen die Befragungsergebnisse dafür, daß die relativ große Gruppe der HS, denen diese Wörterbücher bekannt sind, sich offensichtlich vom Besitz des "Kleinen etymologischen Wörterbuches" oder des "Antonymwörterbuches" mehr konkreten Nutzen versprachen als vom HDG. Auch hier sind allerdings bei der Benutzung des Befragungsergebnisses solche Gesichtspunkte wie unterschiedliche Größe, Aufmachung und Preise der einzelnen Wörterbücher zu beachten. Sowohl das "Kleine etymologische Wörterbuch" als auch das "Antonymwörterbuch"

gehören

zu der preisgünstigen, in großen Auflagen angebotenen Reihe "Kleiner Wörterbücher", für die ein Kaufentschluß im Verhältnis zu dem wesentlich teueren, umfänglicheren und zudem vergriffenen HDG wesentlich leichter fällt. Eine vierte Gruppe bilden die drei Valenzwörterbücher

sowie

das WDG mit einer Verbreitung unter 2 %. Dies bedeutet in absoluten Zahlen, daß sich die drei Valenzwörterbücher bei 21B befragten Probanden nur im Besitz von 2 promovierten Linguisten befinden, während das WDG im Besitz von 3 HS und einem Studenten ist. Dieses Ergebnis muß als Ausweis einer fehlenden Verbreitung dieser Wörterbücher im persönlichen Besitz gewertet werden. Dies ist hinsichtlich des WDG insoweit verständlich, als es nach seiner Konzeption als wissenschaftliches Wörterbuch großen Umfangs in erster Linie für wissenschaftliche Zwecke bestimmt und deshalb auch nur ausnahmsweise in persönlichem Besitz (und zwar vorwiegend bei Fachleuten) zu erwarten ist. Demgegenüber ist für die bis heute im Buchhandel der DDR angebotenen

Valenzwörterbücher

das weitgehende Fehlen einer durch praktische Interessen bei den deutschsprachigen Nutzern begründeten Verbreitung

festzustellen.

Die größere oder geringere Verbreitung bestimmter

Wörterbücher

zwischen den Qualifikationsgruppen bzw. in bestimmten Berufsgruppen erlaubt einige ergänzende Aussagen. In der Gruppe der FA und der FS sind außer Duden und Fremdwörterbuch nur noch in einigen Fällen das "Synonymwörterbuch" sowie die syntaktischen Wörterbücher "Wörter und Wendungen" und "Redensarten" verbreitet. Dies erlaubt Rückschlüsse auf Informationsbedürfnisse dieser Nutzergruppen im privaten Bereich, die sich offenbar auf die richtige

307

Orthographie, das Verständnis bzw. die richtige Verwendung von Fremdwörtern und konventionalisierten syntaktischen Einheiten, sowie auf Hilfe beim Auffinden von Synonymen beziehen. Es muß auch angenommen werden, daß der Duden die von anderen verbreiteten Wörterbüchern abzudeckenden speziellen

Informationsbedürfnis-

se nicht ausreichend behandelt. Dies steht zwar mit der Konzeption des Dudens als orthographischem Wörterbuch in Übereinstimmung, jedoch zeigt sich, daß das Interesse größerer

Bevölkerungs-

kreise ungeachtet der Etablierung des Dudens über die dort bestehenden Informationsangebote

hinausreicht.

Weiterhin ist feststellbar, daß entgegen ihren erklärten Zielen einige Wörterbücher, ζ. B. das HDG, bestimmte Adressatengruppen wie Studenten und auch Deutschlehrer kaum erreichen. Viele Deutschlehrer nennen dagegen das pädagogische Arbeitsmittel

"Deut-

sche Rechtschreibung" als ein Wörterbuch, das sie in persönlichem Besitz haben. Auch in dieser Probandengruppe sind neben Duden und Fremdwörterbuch weitere Wörterbücher kaum verbreitet.

Schließlich

hat sich auch gezeigt, daß Probanden aus unterschiedlichen Berufen, aber zumeist mit Hochschulqualifikation, im Besitz weiterer spezieller Wörterbücher, wie ζ. B. des "Kleinen plattdeutschen Lexikons", älterer Wörterbücher sowie von Wörterbüchern aus dem deutschsprachigen Ausland sind. Die von Probanden vor allem mit technischen und naturwissenschaftlichen Hochschulberufen menen Ergänzungen der Frage durch enzyklopädische

vorgenom-

Nachschlagewer-

ke, die sich im Titel selbst als "Wörterbuch" eines Fachgebietes bezeichnen, läßt erkennen, daß in dieser Probandengruppe oftmals keine Unterscheidung der Sprachwörterbücher von anderen Nachschlagewerken mit alphabetisch geordneter Präsentation der Informationen erfolgt. Dies ist ein erster Hinweis auf die im Zusammenhang mit späteren Fragen zu erörternde gesellschaftliche

Akzeptanz

der unterschiedlichen Gegenstandsbereiche von Sprachwörterbüchern und anderen Nachschlagewerken. Die Verfügbarkeit von Wörterbüchern am Arbeitsplatz soll aus den Antworten zum zweiten Teil der Frage 2 als Kontrapunkt zum persönlichen Besitz von Wörterbüchern erkennbar werden. Bei der Bewertung der Antworten sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Dazu gehört, daß die Mitarbeiter in wissenschaftlichen Bibliotheken oder in sprachwissenschaftlichen

Forschungseinrich-

308 tungen zwangsläufig alle genannten und dazu noch weitere Wörterbücher an ihrer Arbeitsstelle zur Verfügung haben. Diese Probanden waren bei der Auswertung der Antworten zu der Frage nicht zu berücksichtigen. Eine beachtliche Zahl von Probanden (28 %) machte keine Angabe zur Verfügbarkeit von Wörterbüchern an der Arbeitsstelle, so daß deshalb angenommen werden kann, daß normalerweise durch den Betrieb diesen Mitarbeitern keine Wörterbücher zur Verfügung gestellt werden. 5 Probanden gaben an, daß sie keine Wörterbücher zur Verfügung haben. Für beide Personengruppen ist das Befragungsergebnis insoweit plausibel, als es sich überwiegend um körperliche bzw. technisch organisatorische Tätigkeiten ausführende Werktätige handelt. Das gleiche gilt für 2 weitere Probanden, die als Hausfrau bzw. Rentner verständlicherweise zu der gestellten Frage keine Angabe machen konnten. Damit reduziert sich für diesen Fragenteil der Kreis der Probanden entsprechend. Von den verbleibenden Probanden sind Angaben zur Verfügbarkeit von Wörterbüchern am Arbeitsplatz gemacht worden. Wenngleich die Rangfolge der Verbreitung der Wörterbücher in der beruflichen Sphäre in etwa dem Ergebnis im persönlichen Bereich entspricht, zeigen sich bei einem Vergleich der absoluten und relativen Verbreitungshäufigkeit erhebliche Unterschiede. Das am häufigsten am Arbeitsplatz verfügbare Wörterbuch ist der Duden, der jedoch mit 53 % der Befragten nur eine halb so große Verbreitungsquote wie im persönlichen Bereich erreicht. Dies gilt entsprechend auch für die beiden anderen in größerem Umfang an Arbeitsplätzen verfügbaren Wörterbücher, die mit 20 % beim Fremdwörterbuch und 11.% beim Synonymwörterbuch ebenfalls bedeutend seltener am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen als in privaten Haushalten. Der bereits hier entstehende Eindruck, daß Wörterbuchbenutzung bei der Lösung beruflicher Aufgaben bedeutend seltener ist, als dies bei der Häufigkeit der Erfüllung dienstlicher Aufgaben mit Mitteln der Sprache anzunehmen wäre, verdichtet sich bei der Betrachtung der Verfügbarkeit der übrigen Wörterbücher am Arbeitsplatz. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß einzig das WDG mit einer Verbreitungsquote von 6 % wesentlich häufiger am

309

Arbeitsplatz als im persönlichen Bereich vorhanden ist und damit nach den drei genannten weitverbreiteten Wörterbüchern den vierten Rang einnimmt. Welche Gründe eine größere Anzahl von Betrieben und Einrichtungen veranlaßt haben, in der Mitte der 60er Jahre diese umfangreiche Wörterbuchedition zu erwerben und seither großenteils auf den Erwerb neuerer Wörterbücher weitgehend zu verzichten, ist aus den Antworten nicht erkennbar. Für eine ganze Gruppe von Wörterbüchern wird eine Verbreitungsquote von 3 bis 5 % festgestellt. Zu dieser Gruppe gehören "Wörter und Wendungen" (5 %), das "Antonymwörterbuch" (4 %), "Das große etymologische Wörterbuch" von Kluge (3 %), das HDG ( 3 %), "Das kleine etymologische Wörterbuch" von Wasserzieher (3 %), das "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten" (3 %) und das "Wörterbuch der Aussprache" (2 %). Die niedrigen Verfügbarkeitsquoten sind Ausdruck der Tatsache, daß die Benutzung solcher für die Erfüllung von Aufgaben mit Mitteln der Sprache sicherlich zweckmäßig verwendbarer Hilfsmittel in der beruflichen Praxis eine seltene Ausnahme darstellt. Eine weitere Gruppe von Wörterbüchern ist so wenig verbreitet (unter 2 %), daß das Befragungsergebnis als Beleg gewertet werden kann, daß diese Wörterbücher in der betrieblichen Praxis keine Rolle spielen. Dazu gehören "Redensarten" und "Rückläufiges Wörterbuch" (unter 2 %) sowie alle Valenzwörterbücher (unter 1 %). Betrachtet man die Informationsangebote dieser Wörterbücher, liegt die Annahme nahe, daß die angebotenen Informationen für die Unterstützung der zweckmäßigen Verwendung der Sprache in der beruflichen Kommunikation kaum geeignet sind. Die erzielten Befragungsergebnisse und die daraus ableitbaren Erkenntnisse lassen insgesamt den Eindruck entstehen, daß in einem wesentlichen Bereich der sprachlichen Kommunikation die Praxis der Unterstützung einer richtigen und den Anforderungen angemessenen Benutzung der Sprache mit Hilfe des Informationsmittels Wörterbuch wenig entwickelt ist. Das oftmals fehlende Angebot an Wörterbüchern und damit an Wörterbuchinformationen durch die Betriebe gegenüber ihren Mitarbeitern ist ein wichtiger Grund für diese Situation. Einige ergänzende Äußerungen der Probanden geben den Hinweis, daß durch die betrieblichen Informationsstellen vorwiegend tech-

310

nisch-ökonomische Nachschlagewerke zur Verfügung gestellt

werden.

Demnach ist der Einfluß dieser Informationsstellen auf die zung von Wörterbüchern zur Erfüllung beruflicher Aufgaben

Benutgroß,

der Kenntnisstand der Mitarbeiter dieser Einrichtungen über die Zweckmäßigkeit der Bereitstellung und Benutzung

sprachbezogener

Nachschlagewerke hingegen vermutlich nicht in gleichem Maße entwickelt. Dafür spricht auch, daß in der Bereitstellung licher Wörterbücher in verschiedenen Betrieben und keine durch den Inhalt dieser Wörterbücher

unterschied-

Einrichtungen

zu begründende

Konzep-

tion erkennbar wird. Es handelt sich hier augenscheinlich um ein vernachlässigtes Gebiet betrieblicher

Frage 3: Ausleihe von

Informationsarbeit.

Wörterbüchern

Die Auskünfte zu den Fragen nach dem persönlichen Besitz und nach der Verfügbarkeit von Wörterbüchern am Arbeitsplatz haben

gezeigt,

daß eine Reihe von Wörterbüchern zwar bekannt, aber für eine größere Anzahl von Nutzern vor allem am Arbeitsplatz nicht verfügbar sind. Wird das Bestehen eines mit Hilfe von chern abzudeckenden Informationsbedürfnisses

sofort

Wörterbü-

vorausgesetzt,

dann

stellt sich die Frage nach anderen Zugriffsmöglichkeiten.

Eine

dieser Möglichkeiten, die auf dem in der DDR bestehenden

System

von Allgemein- und wissenschaftlichen Bibliotheken beruht,

ist

die Ausleihe in einer Bibliothek bzw. die Einsichtnahme in einem Lesesaal. Nur eine Minderheit der Befragten gab an, in einer thek Wörterbücher zur Klärung eines sprachlichen Problems

Biblio-

einmal

ausgeliehen zu haben: Gesamtheit der Befragten Wörterbücher ausgeliehen

werden

Wörterbücher werden nicht ausgeliehen

davon e•ntfallen auf HS FS FA

21 %

26 %

15 %

11

79 %

74 %

85 %

89 %

%

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß ein relativ großer Anteil der kleinen Gruppe befragter Studenten von der Ausleih-

311

möglichkeit Gebrauch macht. Auch die Betrachtung des Anteils der Ausleihenden an der Gesamtzahl der Probanden der jeweiligen Qualifikationsgruppe zeigt, wenn auch in weniger zugespitzter Form, daß die Ausleihe von Wörterbüchern bei HS verbreiteter ist als bei den FS und den FA. Dieses Ergebnis ist schon deshalb bemerkenswert, weil es zeigt, daß trotz des weitaus größeren Anteils von Wörterbüchern im persönlichen Besitz und der leichteren Verfügbarkeit am Arbeitsplatz, dennoch vor allem Nutzer mit Hochschulqualifikation die Möglichkeit der Ergänzung durch Wörterbücher aus Bibliotheken benötigen und nutzen. Umgedreht läßt sich sagen, daß allein die geringe Verfügbarkeit von Wörterbüchern für Probanden mit niedrigerer Qualifikation diese nicht veranlaßt, sich Wörterbücher auf anderem Wege zu beschaffen. Eine geringere Benutzungsquote kann in diesen Bevölkerungsgruppen deshalb nicht in erster Linie auf die Verfügbarkeit von Wörterbüchern zurückgeführt werden, hierfür sind vermutlich noch zu erörternde Probleme wie Informationsbedürfnis und Benutzungsmotivation in Betracht zu ziehen. Immerhin gibt die verbale Ergänzung eines Probanden einen wichtigen Hinweis. Wenn Fragen mit den sofort verfügbaren Wörterbüchern nicht geklärt werden können, so bemerkt der Proband, dann ist es leichter und zweckmäßiger, bei einem Fachmann nachzufragen und damit ohne den Aufwand, den der Gang zur Bibliothek erfordern würde, eine dem konkreten Frageanlaß

entsprechende

differenzierte Antwort zu erhalten. Daraus kann einerseits geschlossen werden, daß es zu einer Wörterbuchbenutzung in Fragesituationen des täglichen Lebens in der Regel dann nicht kommt, wenn das Wörterbuch nicht sofort verfügbar ist. Es kann andererseits geschlußfolgert werden, daß sich die Benutzung von Wörterbüchern in Bibliotheken zumeist nicht auf Antworten zu Fragen der Verwendung der Sprache im täglichen Leben des jeweiligen Benutzers richtet. Unter diesem Gesichtspunkt wird der hohe Anteil der Wörterbuchausleihe in der Qualifikationsgruppe HS verständlich, weil sich vor allem in diesem Nutzerkreis Erfordernisse zur Information über sprachliche Fakten und Regeln zur Lösung langfristiger oder grundsätzlicher Aufgaben ergeben. Die Ausleihfrequenz zeigt, daß von 47 der Probanden in 78 Fällen verschiedene Wörterbücher (davon in 70 Fällen Wörterbücher

312

aus der Auflistung zu Frage 1) ausgeliehen worden sind.

Mehrere

unterschiedliche Wörterbücher wurden wiederum vor allem von Probanden mit HS ausgeliehen. Die höchsten Ausleihquoten Fremdwörterbücher

erreichen

(17 % der Ausleihen), dann folgt das

"Synonym-

wörterbuch" mit 12 % und darauf das "Deutsche Wörterbuch" der Gebrüder Grimm mit 10 %. Im Zusammenhang mit den Erörterungen in den vorangegangenen Fragen werden hier differenzierte Motive für die Ausleihe erkennbar. Fremdwörterbuch und Synonymwörtefbuch den von relativ breiten Kreisen der Bevölkerung zur

wer-

Erleichterung

des Umgangs mit der Sprache genutzt, dennoch ist ihre hinter dem Duden zurückbleibende Verbreitung vor allem im persönlichen reich nicht ausreichend, um alle bewußt wahrgenommenen

Be-

Nutzerbe-

dürfnisse abzudecken. Große Popularität des Wörterbuchs und nicht vollständig ausreichende Verbreitung werden damit erkennbar

zu

Gründen auch für eine hohe Ausleihfrequenz. Anders liegen die Bedingungen beim "Deutschen Wörterbuch" der Gebrüder Grimm,

dessen

Anlage und Herausgabekonzeption einer größeren Verbreitung

im pri-

vaten Bereich entgegensteht. Bedenkt man den Umfang, Preis und Herausgabezeitraum

dieses Werkes sowie die Tatsache, daß selbst

publizistisch Tätige nur gelegentlich Informationen aus diesem Wörterbuch benötigen werden, so drängt sich hier die

Benutzung

in Bibliotheken als zweckmäßigste Form geradezu auf. Die quote von 10 %, an der neben HS auch FS und Studenten sind, verdeutlicht, daß dieses Wörterbuch seinen

Ausleih-

beteiligt

Informationsauf-

trag realisiert, obwohl es zumeist nicht sofort verfügbar

ist.

Ähnliches gilt für das WDG mit einer Ausleihquote von 7 %, dessen Umfang wohl ebenfalls einer Verbreitung im persönlichen Bereich entgegenwirkt, dessen Informationswert sich aber großenteils bei der Benutzung an den Arbeitsplätzen

ebenfalls

(insbes. bei

Wissenschaftlern) und in den Bibliotheken realisiert. Beide nisse sprechen gegen einen undifferenzierten Vergleich der

Ergebgroßen

mehrbändigen wissenschaftlich geprägten Wörterbucheditionen

mit

handlicheren Wörterbüchern für den täglichen Gebrauch oder für spezielle Zwecke. Dies zeigt sich auch bei der Bewertung der großen Ausleihquote für das WDG und das "Antonymwörterbuch" weils 7 %). Nach Informationswert und Adressatengruppe kleine spezielle Antonymwörterbuch mit dem WDG nicht

gleich (je-

ist das

vergleichbar.

313 Die relativ hohe Ausleihquote auch bei einem so handlich gestalteten preisgünstigen Wörterbuch beruht im Unterschied zum WOG darauf, daß ein Informationsbedürfnis hinsichtlich der paradigmatischen Relationen zwar besteht, dieses Bedürfnis jedoch nicht stark und häufig genug ist, um einen privaten Erwerb oder die Bereitstellung am Arbeitsplatz zu rechtfertigen. Ähnliches gilt für die Ausleihquoten einer ganzen Gruppe anderer Wörterbücher, die im Bereich von 4 bis 6 % liegt. Hierzu gehören das "Kleine Wörterbuch der Stilkunde", "Redensarten", "Wörter und Wendungen" und ein etymologisches Wörterbuch. Für Spezialwörterbücher gilt demnach, daß die Nutzung in Bibliotheken eine zweckmäßige Form des Ausgleiches zwischen relativ geringer Verbreitung und einem latent bestehenden, wenn auch nicht sehr häufigen Informationsbedürfnisses ist, insbesondere bei Nutzern mit Hochschulqualifikation.

Überraschend

ist hingegen, daß auch der Duden mit einer Ausleihquote von 7 % notiert ist. Über die Ursachen können bestenfalls Mutmaßungen angestellt werden, da die hohe Verbreitungsquote vor allem im persönlichen Bereich eine Nutzung in Bibliotheken kaum motiviert. Denkbar wäre u. U. der Rückgriff auf die neueste Ausgabe des Dudens, ζ. B. im Zusammenhang mit der richtigen Schreibung von Neologismen oder der Veränderung der im Duden ausgewiesenen Normen für Maschinenschrift und Korrektur. Schließlich bestätigt das Ergebnis der Befragung zur Wörterbuchausleihe den bereits erzielten Befund, daß an dem Informationsangebot einiger Wörterbücher, ζ. B. der Valenzwörterbücher, kein zählbarer Bedarf bei den Befragten besteht. Keine Erklärung hingegen ist dafür erkennbar, daß das "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten" nur in 2 Fällen und das HDG nur in einem Falle als ausgeliehen angegeben wird. Frage 4: Kauf von Wörterbüchern im Buchhandel Trotz der von einigen Probanden beklagten Tatsache, nicht alle von ihnen gewünschten Wörterbücher ständig als Kaufangebot im Buchhandel vorzufinden, zeigt ein Blick in die Buchhandlungen, daß stets einige Wörterbücher vorhanden sind und dieses Angebot von verschiedenen Käufergruppen in unterschiedlichem Grade angenommen wird. Eine positive Kaufentscheidung zeigt sich letztlich im persönlichen Besitz eines Wörterbuches, die negative Kaufent-

314 Scheidung beruht auf einer konkreten Wertung durch den potentiellen Nutzer und ist damit ein Hinweis auf Bewertungsmaßstäbe Bewertungsergebnisse

und

der jeweiligen Nutzergruppe. Die Frage, ob

und weshalb Wörterbücher angesehen und dann doch nicht

gekauft

wurden, ist deshalb für die vorliegende Untersuchung von großem Interesse.

Antwort verhalten aller Probanden (in %) Kauf von Wörterbüchern nach Einsicht im Buchhandel

24

Kein Kauf von Wörterbüchern nach Einsicht im Buchhandel

2

keine

Antwort

befragten

74

Bei der Auswertung der Fragebögen wurde zu dieser Frage ein weitgehendes Ausweichen der Probanden sichtbar, nur ein kleiner Teil der Probanden gaben zu der mit einer

ja/nein-Entscheidung

zu beantwortenden Einleitungsfrage überhaupt ein Votum ab., nur wenige Probanden entschieden sich für "nein". Mutmaßungen

über

dieses Verhalten, die ζ. B. Desinteresse oder eine zu große Annäherung an sehr persönliche Entscheidungsräume

unterstellen

könnten, finden weder in dieser noch in anderen Fragen und auch nicht in den im Zusammenhang mit der Befragung geführten chen eine Grundlage. Der hohe Anteil der ja-Antworten

Gesprä-

bestätigt

die der Frage zugrunde liegende Annahme, daß der Kauf eines Wörterbuches (abgesehen vom etablierten Duden) durch

potentielle

Nutzer aller Schichten gründlich erwogen wird. Bei der Auswertung der auf bestimmte Wörterbücher

bezogenen

Auskünfte sind zunächst die nicht im Handel befindlichen bücher aus der Liste aus Frage 1 (Wörterbücher

Wörter-

von Adelung,

Campe

und Dornseiff) auszuklammern. Nach Angabe der Probanden sind es die Valenzwörterbücher deutscher Adjektive und Substantive, insgesamt am häufigsten (7mal) angesehen und dann nicht

die

gekauft

315

wurden. Die Hauptgründe hierfür sehen die Probanden in einer zu speziell linguistischen Information dieser Wörterbücher, für die sie selbst keine Verwendung hätten. Ebenfalls wurde von 7 Probanden der Nichtkauf des "Wörterbuchs der deutschen Gegenwartssprache" angegeben. Die Gründe hierzu unterscheiden sich erheblich von denen der Valenzwörterbücher. Als Haupthinderungsgründe werden, neben nicht ausreichendem persönlichen Bedarf und dem zu hohen Preis, Mängel in Ausstattung, Übersichtlichkeit und Papierqualität angegeben. Es scheint ein Problem des WDG als eines großen nationalsprachlichen Wörterbuches zu sein, daß seine Aufmachung und optische Darstellung der ebenfalls bestehenden Repräsentationsaufgabe eines solchen Wörterbuches nicht gerecht werden und deshalb der hohe Preis, der dem beträchtlichen wissenschaftlichen Aufwand für die Erarbeitung geschuldet ist, für den Käufer und damit späteren Nutzer keine augenfällige Rechtfertigung findet. Häufig genannt werden auch das "Verbvalenzwörterbuch",

das

"Antonymwörterbuch", das "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten" sowie die "Redensarten" (jeweils 5mal). Die hierfür gegebenen Begründungen unterscheiden sich von Wörterbuch zu Wörterbuch entsprechend dem unterschiedlichen Informationsanliegen und Adressatenkreis. Viermal als nicht gekauft wurden

"Synonymwörterbuch"

und "Wörter und Wendungen" genannt, doch werden auch hier keine verallgemeinerbaren Begründungen, mit Ausnahme des übereinstimmend genannten zu hohen Preises, angegeben. Drei und weniger Nennungen liegen bei den übrigen Wörterbüchern vor. Diese geringe Anzahl läßt Schlußfolgerungen nicht zu, sondern legt vielmehr die Annahme nahe, daß es sich um rein individuelle

Einschätzungen

der jeweiligen Probanden handelt. Durch die Probanden wurden als weitere Wörterbücher, für deren Kauf sie sich nicht entscheiden konnten, das "Wörterbuch der neuhochdeutschen Sprache", das "Sprichwortwörterbuch", das "Stenographische Wörterbuch" sowie das "Kleine Wörterbuch der deutschen Sprache" mit jeweils unterschiedlichen Begründungen genannt. Die Probanden waren aufgefordert, alle dem Kauf eines Wörterbuchs entgegenwirkenden Gründe zu nennen. Faßt man die in größerer Anzahl genannten Argumente zusammen, so zeigt sich, daß am

316

häufigsten ein zu hoher Preis dem Kauf entgegenstand. Die Probanden gehen offensichtlich davon aus, und dies wird auch in anderen Begründungen deutlich, daß ein nicht allzu häufig genutztes Nachschlagewerk wie ein Sprachwörterbuch wegen des damit für sie gegebenen begrenzten Gebrauchswertes (sieht man einmal vom Duden ab) nicht allzu hoch sein kann, um dem zu erzielenden Nutzen angemessen zu sein. Dieses für 21 % der negativen Kaufentschlüsse entscheidende Argument wird ergänzt durch die in 10 % der Fälle genannte Begründung, das Wörterbuch werde nur selten benötigt, bzw. durch den Hinweis auf einen fehlenden Gebrauchswert (20 %). Ein anderes wichtiges Kriterium für die Entscheidung über einen Kauf von Wörterbüchern ist der Vergleich mit anderen bereits vorhandenen Wörterbüchern. In 10 % der Fälle entschieden sich die Probanden gegen einen Kauf, weil das angebotene Wörterbuch im Verhältnis zu bereits vorhandenen in Inhalt, Übersichtlichkeit, Aufmachung oder Papier keine höhere Qualität aufwies. 9 % der Hinderungsgründe bestanden darin, daß der Informationsbedarf des Probanden bereits durch andere Wörterbücher abgedeckt war. Eine nicht unerhebliche Zahl der sich zu dieser Frage äußernden Probanden ist also zu der Auffassung gelangt, daß neue Wörterbucheditionen in manchen Fällen keine höhere Qualität und damit auch keinen für ihren Kaufentschluß entscheidenden höheren Gebrauchswert bieten. Zusammen mit dem bereits genannten Argument der mangelhaften Bedarfsorientierung einiger Wörterbücher sprechen diese Ergebnisse deutlich dafür, daß von Autoren und Verlagen die Bedürfnisse der Adressaten nicht ausreichend erkannt und abgedeckt wurden. Dies ist ein Plädoyer für eine auf den Nutzer und seine Bedürfnisse orientierte Untersuchung des Bedarfs als Ausgangspunkt für jedes Wörterbuchprojekt. Daß damit Fehlorientierungen

oftmals

aufwendiger lexikographischer Arbeit vermeidbarer werden und Sparsamkeit nicht gerade an den für die Vorbereitung des Wörterbuchs entscheidenden Stellen geübt werden muß, ergibt sich aus der Logik des Sachverhalts. 11 % der angegebenen Gründe gegen einen Kauf stützen sich darauf, daß das angebotene Wörterbuch wegen zu spezieller oder zu umfangreicher Informationen den konkreten Bedarf des Probanden nicht gerecht geworden wäre. Dies ist ein für ein vielfältiges Angebot an Wörterbüchern im Buchhandel (zu) selten angegebenes

317

Argument, denn es widerspiegelt eine normale Auswahlsituation, in der ein potentieller Nutzer unter einer Anzahl vorhandener, für unterschiedliche Bedürfnisse vorgesehener Wörterbücher dasjenige auswählt, das seinem konkreten Bedarf am besten gerecht wird. Mit der Stabilisierung eines vielfältigen und auf qualitativ hohem Niveau stehenden Wörterbuchangebots ist zu hoffen, daß dieses Argument zugunsten einer besseren Qualität von Aufmachung, Präsentation, Übersichtlichkeit und Papier an Raum gewinnt. Insbesondere die gegen einen Kauf sprechenden Argumente verdeutlichen die bewußt kritische Haltung der Probanden und damit eines wichtigen Nutzer- bzw. Käuferkreises vor allem zur Qualität von Wörterbüchern. Es wird dabei klar, daß der Qualitätsbegriff nicht ausschließlich oder vorwiegend auf die Qualität der linguistischen Information ausgerichtet sein kann, denn eine große Anzahl der Käufer und Nutzer erwartet von jedem Wörterbuch normgebende linguistische Informationen. Der Nutzer eines Wörterbuches schlägt eben in der Regel nicht nach, um die vom Wörterbuch gegebene Information dann kritisch zu prüfen, sondern um eine zuverlässige Information zu erhalten. Er wird sein Augenmerk deshalb in bedeutendem Maße auf solche Aspekte wie Übersichtlichkeit, Vollständigkeit der angekündigten Informationsangebote oder optische Gefälligkeit richten. Hier scheinen einige neuere Wörterbucheditionen nicht den Wünschen der potentiellen Käufer zu entsprechen und dies führt neben der negativen Kaufentscheidung und der Kritik an der Wörterbuchqualität auch zur negativen Bewertung der Preise von Wörterbüchern. Die erörterten kritischen Bewertungen von Wörterbuchangeboten im Handel sind trotz der hohen Quote von Probanden, die diese Frage nicht beantwortet haben, durchaus als aussagekräftig zu betrachten. Die Frage wurde von annähernd der Hälfte der Probanden mit HS-qualifikation und einigen wenigen Probanden mit FS-qualifikation beantwortet. Diese Probanden, die überwiegend nicht auf linguistischem Gebiet tätig sind, haben aufgrund ihres Qualifikationsgrades ein zuverlässiges Urteilsvermögen zur Qualität wissenschaftlicher Nachschlagewerke, dem Sprachwörterbücher, wie andere Informationsmittel auch, unterliegen.

318

Frage 5: Wörterbuchkaufwünsche Die Wünsche nach dem Kauf eines Wörterbuchs (entsprechendes Angebot im Buchhandel vorausgesetzt) spiegeln Bedürfnisse wider, aber eben nur solche Bedürfnisse, die stark genug sind, auch als Kaufabsicht bewußt zu werden.

Wörterbuch Synonymwörterbuch

Anzahl der Kaufwünsche 12

Fremdwörterbuch

6

Redensarten

5

Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten

4

Etymologisches Wörterbuch (möglichst umfangreich)

4

Antonymwörterbuch

3

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache

3

Deutsches Wörterbuch der Gebrüder Grimm

3

Wörter und Wendungen

2

Duden

2

Etymologisches Wörterbuch (Kluge)

1

Etymologisches Wörterbuch (Wasserzieher)

1

319

Ein Viertel der Probanden, überwiegend mit HS-qualifikation, haben konkrete Kaufwünsche geäußert. Sie haben sich dabei fast ausschließlich (obwohl dies von der Frage so nicht vorgegeben war) an der in Frage 1 erfolgten Auflistung orientiert. Dies bestätigt die eingangs geäußerte Einschränkung, daß von potentiellen Nutzern ein Bedarf artikulierbar wird, wenn sie in der konkreten Form eines Wörterbuchs eine Beispiellösung benennen können. Hier deutet sich bereits die Wichtigkeit des Weckens und Orientierens der Bedürfnisse auch auf diesem Gebiet an. Am häufigsten genannt wird mit großem Abstand das Synonymwörterbuch, das demnach zur Zeit der Befragung im Handel offensichtlich nicht in der gewünschten Menge zur Verfügung stand.. Im Zusammenhang mit der Begründung des Kaufwunsches werden von den Probanden die nach ihrer Erfahrung häufigsten Verwendungszwecke und damit Benutzungssituationen angegeben. Gegenüber dem rein sprachlichen Interesse dominiert klar die Absicht, für unterschiedlichste berufliche und persönliche Zwecke mit Hilfe des Synonymwörterbuchs Texte abwechslungsreicher abzufassen und den persönlichen Sprachgebrauch zu verbessern, indem für häufig auftretende

Sachverhalte

unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden sollen. Lebendigkeit und Vielfältigkeit bei der Textproduktion lassen demnach das Bedürfnis an schnellem Zugang zu Synonymen große Verbreitung finden. Häufig genannt wird auch das Fremdwörterbuch. Das muß deshalb überraschen, weil Fremdwörterbücher bereits sehr verbreitet sind (vgl. Auswertung zu Frage 1). Die Vermutung, daß ein solcher Bedarf vor allem dann entsteht, wenn im Wortschatz

Erneuerungspro-

zesse sehr schnell vor sich gehen und damit auch ein Erfordernis nach Aktualisierung vorhandener Fremdwörterbücher besteht, liegt nahe. Häufiger genannt werden auch das Wörterbuch "Redensarten", das "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten" sowie ein etymologisches Wörterbuch. Alle diese Wörterbücher werden mit ihrem Informationsangebot unterschiedlichen, aber relativ speziellen Bedürfnissen gerecht, so daß hier kaum von übergreifenden Gründen für das jeweilige Kaufinteresse auszugehen ist. Zumindest zeigt sich jedoch an der Tatsache, daß die o.g. Wörterbücher als wünschenswert ge-

320 nannt und eine Reihe andere Wörterbücher kaum oder gar nicht erwähnt werden, daß bisher Wörterbucheditionen nur selten, ausgehend von einem bewuGten Bedürfnis der Adressaten, geplant und hergestellt wurden. Die von den Probanden genannten Argumente für einen bestehenden Kaufwunsch geben wertvolle Anregungen für die Bewertung der Entwicklung der Sprach- und Wörterbuchkultur in der Bevölkerung. 27 % der abgegebenen Begründungen berufen sich auf Notwendigkeiten, die aus der wissenschaftlichen bzw. beruflichen Tätigkeit des Probanden entstehen. Hier widerspiegelt sich der sehr hohe Anteil von Äußerungen von HS zu dieser Frage. Jeweils 20 % der Argumente beziehen sich auf den Wunsch nach Verbesserung des individuellen Sprachgebrauchs sowie nach besserer und korrekterer Anwendung der Sprache durch Vertiefung sprachlicher Kenntnisse. 14 % der Begründungen stellen das persönliche Interesse an der Herkunft von Wörtern heraus. Dieses sehr hohe Traditionsbewußtsein verdient in jedem Falle Beachtung. 1B % der gegebenen Begründungen schließlich weisen darauf hin, daß das gewünschte Wörterbuch zur Klärung von Zweifelsfällen der Wortbedeutung (10 %) bzw. der Rechtschrift (8 %) benötigt wird. Die hier angegebenen Motivationen unterscheiden sich deutlich von der allgemein angenommenen Dominanz der auf die Klärung von Zweifelsfällen gerichteten

Benutzerinteressen.

Nach diesem Ergebnis ist vielmehr anzunehmen, daß der bewußt ein Wörterbuch kaufende und dann auch benutzende Nutzer zu einem bedeutenden Teil durch ein lebendiges Interesse an Herkunft und Entwicklung der Sprache, an ihrer kulturvollen Verwendung sowie an der Produktion aussagekräftig und abwechslungsreich

formulierter

Texte motiviert ist. Insoweit sind die Benutzungssituationen

stär-

ker als bisher üblich auch in den Bereichen Freizeit bzw. Sprache als Hobby zu sehen.

321

Frage 6: Information über das Erscheinen neuer Wie erfahre ich vom Erscheinen neuer

Wörterbücher

Wörterbücher?

HS

FS

FA

40 %

49 %

33 %

48 %

46 %

40 %

51 %

70 %

56 %

3 %

1 %

7 %

bei Weiterbildungsveranstaltungen

24 %

25 %

4 %

aus

40 %

25 %

22 %

durch im

Kollegen

Vorankündigungsdienst

aus der durch

Presse

Plakate

Quellenangaben

90 % der Probanden beantworteten die Frage, wie sie vom

Erscheinen

neuer Wörterbücher erfahren, durch Kennzeichnung einer der 6 angebotenen Alternativen, 17 % der Probanden nannten

selbständig

weitere Informationsquellen und dokumentierten damit die auch zu dieser Frage bestehende Auskunftsbereitschaft.

Interessant

ist,

daß bei der Beantwortung dieser Frage Unterschiede zwischen den Qualifikationsgruppen

zumindest bei einigen der angebotenen

Beant-

wortungsvarianten kaum vorhanden sind. Dies betrifft den relativ hohen Anteil der Probanden, der aus der Tagespresse und über ankündigungsdienste des Buchhandels vom Erscheinen neuer

Vor-

Wörter-

bücher erfährt. Diese beiden wirksamsten Publizierungswege

bele-

gen die hohe Effektivität dieser Medien trotz der nach wie vor relativ geringen Aktivität gerade der Verlage in der

Tagespresse.

Vergleichbare Bedeutung hat auch die Mundpropaganda.

Eine bei Pro-

banden aller Qualifikationsgruppen niedrige Wirksamkeit hat dagegen die Publizierung durch Plakate, wobei wohl der hier am deutlichsten spürbare sparsame Einsatz von Mitteln eine

abschließende

Beurteilung der Zweckmäßigkeit dieser Propagierungsform

nicht

zuläßt. Unmittelbar aus der beruflichen Tätigkeit zu erklärende schiede weisen die Auskünfte zu den angebotenen

Unter-

Antwortvarianten

322 über Informationen bei Weiterbildungsveranstaltungen

und aus

Quellenangaben auf. Hier dominieren naturgemäß Antworten aus dem Kreis der HS und FS eindeutig. Der hohe Anteil der

Nennung

von Quellenangaben weist darauf hin, daß gerade im Bereich der geistigen Arbeit auch den sogenannten kleingedruckten

Informa-

tionen große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Bedenkt man aber, daß beim Bekanntwerden über Quellenangaben in der Regel bereits ge Zeit seit dem Erscheinen eines neuen Wörterbuchs

eini-

vergangen

sein wird, dann ist dies ein deutliches Votum zugunsten

schnel-

lerer und damit aktuellerer

Propagie-

Informationsmittel.

Da eine

rung durch betriebliche Informationsstellen nur von einem

einzi-

gen Probanden genannt wird, verdeutlicht sich hier wiederum fehlende Wirksamkeit auf diesem

deren

Gebiet.

Als häufigste aktive Informationsmöglichkeit

über das

Erschei-

nen neuer Wörterbücher nennen die Probanden den Besuch in Buchhandlungen und Bibliotheken

(11 %). Hier wird die große

einer aktiven Angebotspolitik

erkennbar. Neben einigen

Bedeutung individuel-

len Informationsquellen sind weiterhin die aus dem Studium

von

Fachzeitschriften und Rezensionen gewonnenen Hinweise auf neue Wörterbücher

(3 %)

erwähnenswert.

Gemeinsam mit vereinzelten Hinweisen auf neue Wörterbücher

in

Sendungen des Rundfunks und Fernsehens ergeben die Auskünfte der Probanden ein Bild, das die große Verantwortung der

Massenmedien

für eine schnelle und vollständige Information breiter

potentiel-

ler Nutzerkreise über das Erscheinen neuer Wörterbücher

wider-

spiegelt. Gemeinsam mit einer qualifizierteren Arbeit der mationsstellen in Betrieben und Einrichtungen bei der rung und Bereitstellung praktisch verwendbarer

Infor-

Propagie-

lexikographischer

Produkte liegen hier noch große Reserven für die

zweckentsprechen-

de Nutzung von Wörterbüchern im praktischen wie im w i s s e n s c h a f t lichen

Leben.

323

Frage 7: Schriftliche Kommunikation im persönlichen

Leben

Zu der Frage nach der Häufigkeit und Art schriftlicher tion im persönlichen Leben und der Benutzung von dabei zeigte sich eine außerordentlich große schaft mit einer Beantwortungsquote Häufige private schriftliche

Wörterbüchern

Auskunftsbereit-

von 97 %.

Arbeiten: Anteil der befragten

Briefe

80 %

Eingaben/Beschwerden

12 %

Artikel

18 %

Stellungnahmen für de u. ä.

Kommunika-

Verbän-

weitere

Probanden

10 % 11 %

Die Einschätzung der Probanden, oft oder selten im persönlichen Leben schriftliche Äußerungen abzufassen, ist im wesentlichen allen Qualifikationsgruppen

in

gleich. Etwa die Hälfte der HS ist oft

und die andere Hälfte selten mit schriftlichen Arbeiten

befaßt,

das gleiche gilt ähnlich für die FS (mit einem leichten Plus von 8 % zugunsten häufiger Schreibarbeiten) und für FA minus 15 % zu Lasten häufiger Schreibarbeiten).

(allerdings

Daraus

ergibt

sich die nicht erwartete Feststellung, daß die Aktivität bei schriftlichen Äußerungen im privaten Bereich in der

Häufigkeit

kaum von Qualifikation und Beruf bestimmt wird. Eine

erhebliche

Anzahl von HS, zu deren beruflicher Tätigkeit ständig

schriftli-

che Äußerungen gehören, gibt an, außerhalb des Berufes selten zu schreiben, und eine ebenfalls erhebliche Zahl von schreibt oft im persönlichen

Facharbeitern

Leben.

Die große Masse der Probanden gibt als häufigste

schriftliche

Äußerung im privaten Bereich den persönlichen Brief an.

Bedeutend

geringer sind die Äußerungen zu den drei anderen angebotenen

Alter-

324

nativen. In den erbetenen zusätzlichen Äußerungen zu weiteren schriftlichen Arbeiten außerhalb des Berufes zeichnen sich keine hervorstechenden Schwerpunkte ab. In Abhängigkeit von gesellschaftlichen Funktionen oder auch angeregt durch berufliche Aufgaben und Kenntnisse sowie persönliche Interessen werden recht unterschiedliche schriftliche Äußerungen genannt. So fertigen 2,5 % der Probanden außerhalb des Berufs Übersetzungen an, was wohl als ein Hinweis auf vereinzelte Aktivitäten zur geforderten ständigen Qualifizierung für berufliche Aufgaben außerhalb der Arbeitszeit gedeutet werden kann. Schriftverkehr für gesellschaftliche

Organisa-

tionen erledigen 2 % der Probanden im Zusammenhang mit einer Funktion, ebenfalls 2 % der Probanden fertigen private Aufzeichnungen über Reiseerlebnisse und Begebenheiten im familiären Leben an, auch Tagebuchaufzeichnungen und Gedichte zu famililären Anlässen werden genannt. Außerberuflicher Schriftverkehr mit Behörden oder Betrieben (ζ. B. Reklamationen, Beschwerden) nimmt nur geringen Raum ein (1,5 %). Ein gleich großer Teil der Probanden schließlich fertigt für persönliche Zwecke Notizen und Auszüge aus Büchern an. Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit gerade dieser in der Summe durchaus beachtenswerten schriftlichen Äußerungen im persönlichen Leben spricht gegen eine übermäßige Standardisierung der für solche Zwecke zur Verfügung zu stellenden Hilfsmittel und damit für ein breites, in sich differenziertes Angebot an Wörterbüchern und Wörterbuchinformationen. Die Benutzung von Wörterbüchern bei der Abfassung

schriftlicher

Äußerungen außerhalb beruflicher Tätigkeit weist demgemäß durchaus Differenzierungen auf, wenngleich sie insgesamt auf niedrigerem Niveau steht,, als nach den genannten Auskünften zum ersten Teil der Frage zu erwarten war. 36 % der Probanden benutzen im persönlichen Leben überhaupt keine Wörterbücher. Dabei sind zwischen den Qualifikationsgruppen keine bedeutenden Unterschiede erkennbar. 47 % der Probanden geben an, den Duden für schriftliche Arbeiten im persönlichen Bereich zu benutzen, weitere 5 % benutzen nach eigenen Angaben den Duden selten. Diese Quoten sind bemerkenswert, weil sie sehr deutlich unter der fast vollständigen Ausstattung der Haushalte mit diesem Rechtschreibwörterbuch liegen und auf eine erstaunliche Selbstsicherheit der Probanden, die selten oder nie-

325

mals Wörterbücher benutzen, allein schon zu Fragen der Orthographie, schließen lassen. Die Verwendung von Fremdwörterbüchern (14 % der Probanden) und des "Synonymwörterbuchs" (10 %) für die Erledigung

außerberufli-

chen Schriftverkehrs liegt ebenfalls im Verhältnis zu anderen Wörterbüchern hoch, dennoch ist sie im Vergleich zur Ausstattung der Haushalte mit diesen Wörterbüchern niedrig. Alle übrigen Wörterbücher werden nur von jeweils weniger als 3 % der Probanden angegeben. Für die Erledigung schriftlicher Arbeiten im persönlichen Leben wurde von keinem der befragten Probanden die Verwendung eines der drei Valenzwörterbücher, die Benutzung des "Deutschen Wörterbuchs" der Gebrüder Grimm sowie der Wörterbücher von Dornseiff, Campe und Adelung angegeben. Während dies für die Wörterbücher von Campe, Adelung und auch der Gebrüder Grimm wegen ihres historischen Charakters, für das Wörterbuch von Dornseiff wegen seiner Konzeption als rein linguistischem Nachschlagewerk

folge-

richtig ist, muß für die Valenzwörterbücher fehlendes Interesse bei allen befragten Nutzergruppen im Hinblick auf eine Verwendung außerhalb des sprachwissenschaftlichen Bereichs festgestellt werden .

Frage 8: Wörterbuchbenutzung im Beruf Wörterbuchbenutzung für den beruflichen Schriftverkehr: Anteil der befragten Probanden Berichte

60

%

arbeitsvorbereitende Materialien

43

%

Beurteilungen

40

%

3

%

51

%

7

%

Neuerervorschläge andere, darunter Geschäftspost Korrekturen/Redaktionsarbeit

8 %

Rededispositionen

8 %

Protokolle/Anträge

4

%

326

Die Auskunftsbereitschaft

zu dieser Frage lag deutlich

niedri-

ger als bei der vorangegangenen Frage, sie wurde von 83 X der Probanden

beantwortet.

22 % der Probanden gaben an, im beruflichen Bereich keine Wörterbücher zu benutzen. Dabei handelte es sich nicht nur um Facharbeiter aus der materiellen Produktion, sondern auch um Probanden mit Hoch- und

Fachschulqualifikation.

Die in der Frage angebotenen Verwendungsmöglichkeiten

wurden

in sehr unterschiedlichem Maße von den Probanden genutzt und in größerem Umfang ergänzt. Die meisten Probanden

(60 %) gaben an,

Wörterbücher für die Erarbeitung von Berichten zu benutzen. für die Abfassung arbeitsvorbereitender für Unterrichtszwecke,

Materialien,

Auch

insbesondere

sowie für Beurteilungen gaben mit 43 % bzw.

40 % jeweils größere Gruppen von Probanden die Benutzung von Wörterbüchern an. Ein völlig anderes Bild ergibt sich bei der ebenfalls angebotenen Antwortvariante

"Neuerervorschläge",

Abfassung nur 3 % der Probanden Wörterbücher

für

deren

als Hilfsmittel

zen. Diese Quote ist auch ein Beleg dafür, daß die Antworten legt und dem tatsächlichen Verhalten entsprechend gegeben Durch die Probanden selbständig genannte weitere

nutüber-

wurden.

Verwendungs-

gebiete sind besonders der dienstliche Briefwechsel im Sinne von Geschäftspost

(7 %) sowie teilweise formalisierte

schriftliche

Arbeiten, ζ. B. Abfassung von Protokollen und Anträgen (4 Durch die Probanden wurde eine große Zahl schriftlicher

unterschiedlichster

Arbeiten im beruflichen Leben genannt, für die von

ihnen Wörterbücher benutzt werden. Bedeutsame, nach

allgemeineren

Themen zusammengefaßte Gruppen zeigen sich hier vor allem in schriftlichen Beiträgen, die für eine Veröffentlichung

bestimmt

sind (ζ. B. Referate, Rezensionen, Reportagen), die von samt 25 % der Probanden genannt werden, und auch Material für den mündlichen Vortrag

insge-

vorbereitendes

(ζ. B. in Weiterbildungsver-

anstaltungen oder Diskussionen), die ca. 8 % der Probanden

nennen.

Ebenfalls 8 % der Probanden geben an, Wörterbücher für die

redak-

tionelle Arbeit bzw. Korrektur bereits verfaßter Texte zu benutzen. Aus all dem läßt sich schlußfolgern, daß

beruflich Wörterbü-

cher im beruflichen Leben in größerem Umfang für drei recht unterschiedliche Verwendungsgebiete benutzt werden, wobei zu dem erwar-

327

teten und in der Frage angebotenen Zweck der Abfassung dienstlicher Schriftstücke als Anwendungsgebiet die Korrektur von Texten sowie die Erarbeitung von unterstützenden Materialien für den mündlichen Vortrag hinzukommen. Diese Verwendungsvarianten widerspiegeln sich nicht immer in den Quoten der Benutzung der einzelnen Wörterbücher. 50 % der Probanden gaben an, den Duden zu benutzen. Auch diese Quote ist niedriger als die Verfügbarkeit des Dudens im beruflichen Bereich. Jeweils 19 % der Antworten nannten das Fremdwörterbuch und das Synonymwörterbuch. Dieses Ergebnis ist vor allem im Hinblick auf das Synonymwörterbuch bemerkenswert, weil es für eine bedeutende Zahl von Probanden spricht, die sich zur Unterstützung der eigenen Textproduktion der Hilfe dieses Wörterbuchs bedienen. Das Ergebnis erfährt eine Bestätigung dadurch, daß an dritter Stelle das Wörterbuch "Wörter und Wendungen" sowie das "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten" mit jeweils 4 % genannt werden. Ungeachtet ihres unterschiedlichen Informationsangebotes sind beide Wörterbücher geeignet, zur Unterstützung bei der Abfassung von Texten sowie bei der Korrektur solcher Fehler, die nicht im Bereich der Orthographie liegen, zu Rate gezogen zu werden. Alle weiteren Wörterbücher werden von weniger als 2 % der Probanden genutzt, hier ist die in Frage 2 ermittelte geringe Verfügbarkeit am Arbeitsplatz sicherlich ein wichtiger mitwirkender Faktor . Frage 9: Nachdenken über Sprache Die Frage 9 hat, obwohl sie auf eine sehr persönliche Antwort zielt, bei den Probanden eine hohe Auskunftsbereitschaft gefunden (98 %). Noch überraschender ist es, daß nur einmal angegeben wurde, nicht über Sprache nachzudenken. Es kann daraus geschlossen werden, daß die bewußte Auseinandersetzung mit Problemen der Sprache Allgemeingut geworden ist und insoweit die Benutzung von leicht handhabbaren Informationsmitteln auch auf allgemeines Interesse stößt. Wenn dennoch Verbreitung und Gewohnheit der Benutzung von Wörterbüchern hinter diesem Allgemeininteresse

zurück-

328

bleiben,

so müssen h i e r f ü r

ermitteln

den

entsprechen

Interessen

Ursachen

einer

sehr

ausschlaggebend großen

Anzahl

sein,

von

die

zu

Menschen

würde.

A n t e i l an der Gesamtzahl der Probanden ( i n %)

Thema

A n t e i l bei den Probande η mit Hochschul- Fachschul- Fachq u a l i f i k a - q u a l i f i k a - arbeition tion ter ( i n %) ( i n X) ( i n X)

guter oder schlechter Ausdruck

95

98

94

74

f e h l e r h a f t e Wortwahl

80

84

79

63

unklare Formulierung

85

87

87

81

sinnverwandte Ausdrücke

56

62

51

22

Stil

69

72

64

56

Herkunft/Verwandtschaft von Wörtern

49

54

51

15

Bedeutung/Herkunft von Phraseologien/Redewendungen

42

45

38

15

Zeichensetzung

82

83

90

78

F remdwortgebrauch

79

82

79

63

Die

mit

der

für

die

Beantwortung

Fragen

des

Frage

angebotenen

"guten

das

Interesse

als

bei

FA

mulierung",

genutzt

oder

Ein

damit

findet

bei

85 X d e r

die

Qualifikationsgruppen

gegen

zwischen

HS,

hielten

sich

hier

80 X d e r

Das g r ö ß t e

Ausdrucks"

zumeist

Interesse

haben

gefunden,

wobei

hier

höher

ist

verwandtes

Problem,

Probanden

hinweg

Über

Probanden

gering

Deutliche

"fehlerhafte für

die

Interesse,

im w e s e n t l i c h e n

gefunden. ab:

sind

den HS (98 X) b e d e u t e n d

FS und den FA s e h r

"Zeichensetzung"

zeichneten

zudenken,

bei

(74 %).

Differenz

die

worden.

schlechten

insbesondere

die

se h a t

Auswahlmöglichkeiten

"unklare wobei ist.

hier Ein

gleiches

Wortwahl" wobei

über

Interes-

Unterschiede

sinnvoll,

For-

hin-

nach-

die

Quote

329

mit abnehmender Qualifikation kleiner wird. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim "Fremdwortgebrauch". Eine erheblich geringere Zahl der Probanden (69 %) gab an, über "Fragen des Stils" nachzudenken. Auch bei dieser Frage gibt es eine leicht abnehmende Quote mit abnehmender Qualifikation. Deutliche Unterschiede und entsprechend geringere Quoten zeigen die Alternativen, die keinen direkten Bezug zur aktuellen Sprachbenutzung

besitzen.

Über "sinnverwandte Ausdrücke" nachzudenken, gaben zwar mehr als die Hälfte der Probanden mit HS-und FS-Abschluß, jedoch kaum ein Viertel der FA an. Eine vergleichbare starke Differenzierung zeigt sich auch beim "Nachdenken über Herkunft und Verwandtschaft von Wörtern" und beim "Problem der Bedeutung und Herkunft von Phraseologismen und Redewendungen". Es zeigt sich, daß das Interesse einer sehr großen Anzahl von Menschen darauf gerichtet ist, sich bessere

Ausdrucksmöglichkei-

ten in der persönlichen Kommunikation zu erschließen und über solche Fragen auch nachzudenken. Dies spricht dafür, daß die Benutzung der Muttersprache ganz allgemein nicht als ein willkürlicher Akt betrachtet wird, sondern als ein Prozeß, der durch eigene geistige Bemühung und damit auch durch Aufnahme von Wissen besser gestaltet werden kann. Für diese Annahmen spricht die große Quote der zu den eng verwandten Problemstellungen "schlechter Ausdruck", "unklare Formulierung", "fehlerhafte Wortwahl" und "Stil" abgegebenen Voten der Probanden. Großes Interesse besteht auch über die Qualifikationsgruppen hinweg an der für eine ordnungsgemäße schriftliche Kommunikation sehr wichtigen Zeichensetzung. Durchgängig hohes Interesse schließlich findet der Fremdwortgebrauch, für den offenbar in Ermangelung ausreichend sicheren Wissens ein erheblicher Informationsbedarf besteht. Dem stehen starke Differenzierungen bei solchen sprachlichen Problemen gegenüber, die für die Gestaltung sprachlicher Äußerungen oder für deren Verstehen nicht maßgeblich sind. Der hohe Anteil von Probanden mit höherer Qualifikation, die sich gerade mit solchen Fragen wie "Herkunft und Verwandtschaft von Wörtern" sowie mit "Bedeutungsbeziehungen" im Wortschatz auseinandersetzen, steht einem sehr niedrigen Interesse bei den Facharbeitern gegenüber, das dort zudem allein von den Facharbeitern aus dem kulturellen Bereich (ζ. B. Bibliotheks-

330

facharbeiter) getragen wird. Dies deutet einerseits darauf hin, daß solche Interessen insbesondere durch die allgemeinbildende Schule kaum geweckt werden, es zeigt andererseits wenig entwickeltes Verständnis dafür, daß Kenntnis von Zusammenhängen in der Sprache auch zu einer qualitativ besseren, sichereren Sprachbenutzung beiträgt. Das Interesse an sprachlichen Problemen ist bedeutend größer als die Benutzungsfrequenz der allgemeinen und der speziellen Wörterbücher. Offenbar ist es bisher nicht gelungen, allen Interessierten den Informationswert vor allem spezieller Wörterbücher zu vielen Fragen zu verdeutlichen, die Benutzung von Wörterbüchern ausreichend zu vereinfachen und einen generell schnellen Zugriff zum Wörterbuch zu ermöglichen.

Frage 10: Wörterbücher als Schiedsrichter Hauptform für Diskussionen zu Fragen der Sprache ist der Kollegenkreis, in dem 3/4 der Probanden nach ihren Angaben sprachliche Probleme besprechen. Hierbei sind die jeweiligen Anteile in allen Qualifikationsgruppen gleich, auch Facharbeiter finden vorwiegend im Gespräch mit Kollegen dazu einen Ansprechpartner. 2/3 der Probanden geben an, sprachliche Fragen in der Familie zu diskutieren. Hierbei ist die Aktivität der HS/FS etwas höher (70 %) als die der FA (50 %). Geringer ist das Gespräch zu sprachlichen Fragen im Freundeskreis entwickelt, 43 % der Probanden nutzen diese Möglichkeit zu einem Gedankenaustausch, wobei auch hier die Aktivität der FA etwas geringer ist (30 %). Da Diskussionen nicht selten unterschiedliche Auffassungen zutage treten lassen oder von ihnen ausgehen, liegt es nahe, in solchen Fällen das Wörterbuch als Entscheidungsinstanz zu benutzen. Die Auskünfte der Probanden nun machen zunächst darauf aufmerksam, daß ca. 30 % von ihnen zur Klärung strittiger Fragen keine Wörterbücher herangezogen haben.

331

Wörterbücher als Schiedsrichter: Benutztes Wörterbuch Duden

Anteil befragter Probanden (in %) 58

Synonymwörterbuch

6

Wörter und Wendungen

4

Etymologisches Wörterbuch (Kluge)

4

Fremdwörterbuch

27

HDG

3

Kleines Wörterbuch der Stilkunde

3

WDG

3

Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten

2,5

Fast zwei Drittel der Probanden geben an, den Duden als Entscheidungsinstanz zu nutzen. Diese Antwort muß überraschen, weil nach dem bereits erörterten Ergebnis der Befragung zum sprachbezogenen Nachdenken die für den Duden charakteristischen

orthographischen

Informationen keine bedeutsame Rolle gespielt haben. Soweit sich also die Streitfragen nicht auf das häufiger genannte Problem der Zeichensetzung beziehen, sondern die sehr häufig genannten Themen der "zutreffenden Wortwahl" und des "angemessenen Ausdrucks" zum Gegenstand haben, oder wenn sie sich auf die ebenfalls als Interessengebiete genannten Probleme der "Herkunft von Wörtern und der Beziehungen zwischen ihnen" richten sollten, wird gerade aus dem Duden kaum eine befriedigende Antwort zu erwarten sein. Für die häufige Nennung des Dudens können nach dem bisherigen Befragungsergebnis drei Gründe als möglich und wahrscheinlich angesehen werden. Zum ersten ist der Duden sehr weit verbreitet und auch an vie-

332

len Arbeitsplätzen sofort verfügbar, andere Wörterbücher dagegen kaum. Zum zweiten verfügen sehr viele Probanden über ausreichende, ohnehin nicht allzu anspruchsvolle Fähigkeiten zur Benutzung des Dudens, so daß insoweit keine Hemmungen bei dessen Benutzung zu überwinden sind. Schließlich ist festgestellt worden, daß ein wichtiges Gebiet der Wörterbuchnutzung

in der Ausführung von Korrek-

turarbeiten liegt, und im Rahmen solcher Arbeiten sind Diskussionen am Arbeitsplatz mit Kollegen als wahrscheinlich anzusehen. Damit ergibt sich ein Bedarf an Wörterbuchinformation zu verschiedenen Aspekten der Sprache, der aus Gründen, die nicht in der Sprache oder im Wörterbuch selbst liegen, zur Zeit nur unvollkommen zumeist durch den Duden abgedeckt wird. Diesen Befund stützen auch die weiteren Angaben der Probanden zur Häufigkeit der Benutzung anderer Wörterbücher für Streitentscheidungen. Ein Viertel der Probanden hat in solchen Diskussionen ein Fremdwörterbuch zu Rate gezogen. Hier widerspiegelt sich das bereits festgestellte Bedürfnis nach Unterstützung bei der zutreffenden Auswahl und beim Verständnis schwerer Wörter. Alle übrigen Wörterbücher werden in geringerem Umfang für die Streitentscheidung herangezogen. Die erfolgten Nennungen des HDG und des WDG belegen die unabhängig von der begrenzten Verbreitung und Verfügbarkeit bestehende hohe normative Autorität dieser Wörterbücher. In der Benutzung des ebenfalls nur wenig verbreiteten

"Kleinen

Wörterbuchs der Stilkunde" verdeutlicht sich das bereits genannte Bedürfnis nach Informationen zu Fragen des guten Stils und des zutreffenden Ausdrucks. Auffällig ist schließlich, daß insgesamt eine bemerkenswerte Anzahl von Probanden die etymologischen Wörterbücher benutzt, womit sich Fragen der Etymologie wiederum als wichtiges Gebiet erweisen, weil ein nennenswerter Nutzerkreis ein Interesse an diesen Wörterbuchinformationen hat. Die von den Probanden gegebenen zusätzlichen Auskünfte zeigen, daß in Diskussionen zu Fragen der Sprache nicht selten auch Rat in einem enzyklopädischen Nachschlagewerk gesucht und gefunden wird. Das erscheint durchaus verständlich, weil oftmals Fragen ζ. B. an die zutreffende Verwendung oder das richtige Verständnis von solchen Fremdwörtern, die Fach- oder Sonderwortschätzen entnommen sind, anknüpfen. Wenngleich dies einerseits ein Beleg

333

dafür ist, daß in vielen Fällen ausreichend informative Sprachwörterbücher zu solchen Fragen beim Nutzer nicht zur Verfügung stehen, muG andererseits wohl künftig stärker akzeptiert werden, daß schon wegen der engen Verbindung von sprachlichem und sachbezogenem Wissen auch in Zukunft solche Informationen in enzyklopädischen Nachschlagewerken verfügbar sein sollten. Die Kooperation von Sprach- und Sachlexikographen mit dem Ziel, auch die enzyklopädischen Nachschlagewerke so zu gestalten, daß ihre Informationen sprachadäquat sind, scheint hier überlegenswert.

Frage 11: Häufigkeit der Wörterbuchbenutzung Benutzen Sie Wörterbücher? Anteil der Befragten in %

Benutzungsfrequenz HS

FS

FA

häufig

41

26

22

gelegentlich

59

69

74

nie

0

0

0

keine Antwort

0

5

4

Von drei Viertel der Probanden wurde der Duden als das am häufigsten benutzte Wörterbuch bezeichnet. Die übrigen Probanden nennen den Duden an zweiter oder an dritter Stelle und bestätigen damit den Duden als ein nicht nur verbreitetes, sondern auch generell häufig benutztes Sprachwörterbuch. Dieser Befund wird dadurch erhärtet, daß auch die Probanden, die nur

ein

Wörterbuch

benutzen und deshalb die zweite und dritte Stelle bzw. die nur die dritte Stelle nicht besetzen, den Duden als das am häufigsten genutzte Wörterbuch angeben. Die ebenfalls weit verbreiteten Fremdwörterbücher werden von 40 % der Probanden an zweiter Stelle der Benutzungshäufigkeit genannt. Eine jeweils kleinere Zahl von Probanden nennt ein Fremdwörterbuch an erster Stelle (6 %) bzw. an dritter Stelle (11 %).

334

Hier zeichnet sich bereits ab, daß das Fremdwörterbuch

in sehr

vielen Fällen als die zweckmäßige Ergänzung zu dem häufiger

ge-

nutzten Duden fungiert. Von den übrigen Wörterbüchern wird in nennenswerter Größenordnung nur noch das Synonymwörterbuch

als

das am häufigsten genutzte genannt

für

(3 %). Charakteristisch

die Angabe zur Häufigkeit der Benutzung des

"Synonymwörterbuches"

ist es, daß diese von der zweiten zur dritten Stelle von 8 % auf 13 % weiter ansteigt. Das "Synonymwörterbuch" zeigt sich damit als gelegentliche Ergänzung des Dudens und häufigere

Ergänzung

für Duden und Fremdwörterbuch. Die bei der Ermittlung der Verbreitung der Wörterbücher erzielten Angaben erweisen sich somit für diese drei häufigen Wörterbücher auch nach der te als zutreffend.

Benutzungsquo-

In der Häufigkeit der Benutzung wird an zwei-

ter Stelle noch das WDG in etwas größerem Umfang (4

genannt,

weitere 8 Wörterbücher erfahren nur einzelne Nennungen. An der dritten Stelle der häufigen Benutzung nimmt die Anzahl der ten Wörterbücher

(13 Wörterbücher) etwas zu. 3 % der

nennen die Wörterbücher

genann-

Probanden

"Wörter und Wendungen", HDG sowie das

"Kleine Wörterbuch der Stilkunde", 2 % der Probanden das terbuch der Sprachschwierigkeiten".

"Wör-

Diese dritte Stelle der

nutzungshäufigkeit kann in Vielfalt und Differenziertheit

Be-

der ge-

nannten Wörterbücher als Hinweis darauf gewertet werden, daß spezielle oder umfangreichere Sprachwörterbücher ergänzende Nachschlagewerke

in der Regel als

zu dem vorwiegend genutzten

und dem Fremdwörterbuch entsprechend unterschiedlichen

Duden persönli-

chen und beruflichen Bedürfnissen und Interessen verwendet

wer-

den . Die relativ hohe Zahl von Probanden, die nur den Duden und ein weiteres Wörterbuch benutzen, zeigt einerseits die

Auswirkungen

der relativ geringen Verbreitung der meisten Wörterbücher,

ande-

rerseits aber auch fehlendes Interesse oder ein nur gering

ausge-

prägtes Bewußtsein sprachbezogenen Informationsbedarfs.

Von einer

Anzahl von Probanden wurden zu dieser Frage an allen drei zweisprachige Wörterbücher und Fachwörterbücher

genannt.

Stellen Beide

wurden in der vorstehenden Erörterung nicht behandelt, weil nehmen ist, daß ein Teil der Probanden

Sprachnachschlagewerke,

ein anderer Teil aber jede Art eines alphabetisch geordneten schlagewerks als Wörterbücher

anzuNach-

im Sinne der Befragung betrachtet

hat.

335

Fragen 12 und 13: Aufbau von Wörterbuchartikeln Die Antworten zu beiden Fragen lassen erkennen, daß ca. 60 % der Probanden annehmen, ausreichende Kenntnisse über Aufbau und innere Struktur eines Wörterbuchartikels zu besitzen. Diese Quote wurde in allen drei Qualifikationsgruppen ermittelt, obwohl die Probanden mit Hoch- und mit Fachschulabschluß mehr große bzw. speziellere Wörterbücher besitzen und deshalb wahrscheinlich größere Erfahrung mit der Erkennung von Informationen aus Wörterbüchern haben. Die Unterschiedlichkeit im Artikelaufbau gerade spezieller Wörterbücher sowie die Differenziertheit des jeweiligen Informationsangebotes lassen Zweifel daran bestehen, ob tatsächlich in so breitem Umfang zur Frage der Anordnung der Informationen in einem Wörterbuchartikel exakte Kenntnisse vorhanden sind. Die zu hohe Einschätzung der speziellen eigenen Kenntnisse könnte die wirklich effektive Wörterbuchbenutzung eher behindern, weil sie der zielgerichteten Identifizierung der im Wörterbuch enthaltenen Informationen unter Rückgriff auf die Benutzungshinweise

entgegen-

steht . Aufschlußreich ist dagegen eine Differenz bei der Beantwortung der beiden Fragen. Zwei Drittel der Facharbeiter geben an, die Aufbauprinzipien eines Wörterbuchartikels nicht zu kennen. Zur darauf folgenden Frage aber glaubt die Hälfte der Facharbeiter zu wissen, wie die Informationen innerhalb eines Wörterbuchartikels angeordnet sind. Das soll, im Vorgriff auf nachfolgende Fragen, als Hinweis auf das Erfordernis einer wirksameren Wörterbuchdidaktik im Rahmen der allgemeinen Schulbildung angesehen werden. Frage 14: Lesen von Vorwörtern Anteil der befragten Probanden in % Lesen von Vorwörtern

HS

FS

FA

ja

66

74

55

nein

34

26

45

336 Die Vorwörter bzw. die Benutzungshinweise werden von zwei der Probanden gelesen. Mit dieser Feststellung ein Drittel der Wörterbuchbenutzer

Drittel

ist verbunden,

daß

diese orientierenden Teile des

Wörterbuches nicht zur Kenntnis nimmt. Selbst wenn man hofft, daß es sich dabei vorwiegend um Nutzer des durch seine

orthographische

Orientierung relativ leicht verständlichen Dudens handelt, dieser Anteil nicht zufriedenstellen.

Sowohl beim Duden als auch

in zunehmendem Grade bei spezielleren bzw. mit vielen

unterschied-

lichen Informationen aufwartenden Wörterbüchern ist die der verschiedenen

kann

Kenntnis

in einem Artikel angebotenen Informationen

aussetzung für eine optimale Nutzung. Wird das

Vor-

Informationsangebot

in einem Wörterbuch umfangreicher und damit schwerer

überschaubar,

so kann ein nicht ausreichend informierter Leser die

Informations-

fülle als Unübersichtlichkeit empfinden und eher abgeschreckt

wer-

den. Der Benutzungserfolg wird hier verfehlt, weil im Vorwort

an-

gebotene Benutzungshilfen nicht zur Kenntnis genommen Der Zeitpunkt, zu dem die Probanden üblicherweise

werden. (nach

ihren

Angaben) das Vorwort eines Wörterbuches lesen, ist wichtig um einzuschätzen, ob das Vorwort bei Benutzungsproblemen

konsultiert

wird und in welchem Grade die Vorwörter dann wirksam werden. Es zeigt sich, daß keine dominierende Verhaltensweise einer sehr großen Gruppe von Probanden auftritt, sondern daß alle

angebotenen

Varianten zum Zeitpunkt des Vorwortstudiums auch von einer

bestimm-

baren Gruppe als für sie zutreffend gekennzeichnet wurden.

Bereits

daraus kann man schließen, daß es eine Kultur der planmäßigen

vor-

bereiteten Wörterbuchnutzung, die sich in der systematischen

Vor-

bereitung der Benutzung durch Studium der Benutzungshinweise

doku-

mentiert, noch nicht gibt. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe der Vorwortleser

(15 % der Pro-

banden) studiert das Vorwort vor der ersten Benutzung. Diese Größe weicht nicht erheblich von anderen Gruppen ab, die im Verhältnis zur Gesamtzahl der Benutzer relativ klein sind. Dies gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, daß einige Nutzer gemacht haben, nach denen sie Wörterbuchvorwörter

Angaben

sowohl vor der

ersten Benutzung als auch beim Suchen ganz bestimmter

Informatio-

nen (8 %) oder bei S c h w i e r i g k e i t e n mit der Benutzung des Wörterbuchs (6 %) bzw. bei beiden Anlässen

(4 %) zu Rate ziehen. Es be-

337

steht damit eine relativ starke Gruppe von Probanden

(annähernd

20 %), die zunächst anhand eines konkreten Wörterbuches

entschei-

den, ob sie das Vorwort vor der ersten Benutzung oder beim hen eines besonderen Anlasses studieren. Eine weitere

Beste-

größere

Gruppe der Probanden liest Vorwörter nur, wenn bestimmte

Informa-

tionen gesucht werden (12 %) bzw. Schwierigkeiten beim Suchen bestimmter Informationen auftreten (ebenfalls 12 %). Diese den besitzen ausreichendes Wissen oder zumindest Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, um einen zur Wörterbuchbenutzung nur bei speziellen

Proban-

entsprechendes

Anleitungsbedarf

Informationswünschen

zu akzeptieren. Eine dritte größere Gruppe benutzt das Vorwort ausschließlich zur Behebung von Schwierigkeiten bei der

Wörter-

buchnutzung. Diese 8 % der Probanden werden in der Regel

Vorwör-

ter nicht zur Kenntnis nehmen, solange es ihnen gelingt, die benötigten Informationen auch ohne besondere Unterstützung oder Anleitung zu erhalten. Die Angaben der Probanden lassen keine

erheb-

lichen Abweichungen zwischen den nach Qualifikationsmerkmalen bildeten Gruppen erkennen. Es kann also davon ausgegangen daß derjenige Teil der Wörterbuchbenutzer, der dem

ge-

werden,

Wörterbuch-

vorwort eine aktive und unterstützende Rolle beimißt, dies entweder durch Benutzung vor dem ersten Nachschlagen im Wörterbuch oder beim Aufsuchen bestimmter Informationen oder beim

Auftreten

von Benutzungsproblemen realisiert. Für alle drei Fälle jeweils eine bedeutende Gruppe von Nutzern schnelle,

erwartet

eingängige

und erschöpfende Auskunft und Anleitung vom Vorwort. Diese vielfältigen Anforderungen lassen die inhaltliche Ausgestaltung Wörterbuchvorwörtern als bedeutsame und schwierige Aufgabe

von erschei-

nen, der im Interesse der Erhöhung des Nutzeffekts von Wörterbüchern große Aufmerksamkeit

zukommen muß.

Die Befragung hat bei der Frage nach den Gründen für das Nichtlesen von Wörterbuchvorwörtern keine ohne weiteres

generalisier-

baren Ergebnisse erbracht. Viele der Antworten sind

individuell

geprägt und stellen klar, daß es in den persönlichen

Bedingungen

des Probanden liegende Gründe gibt, das Vorwort eines als nicht erforderliche Information zu betrachten. nen sich drei unterschiedliche Argumentationslinien

Wörterbuchs

Immerhin

zeich-

ab. Eine grö-

ßere Anzahl von Probanden erklärt u. a., daß sie das Lesen eines

338 Vorwortes für nicht erforderlich hält, weil das Wörterbuch chend bekannt ist oder durch Lesen anderer

ausrei-

Wörterbucheinleitungen

schon ausreichende Kenntnisse über die Benutzung vorhanden

sind.

Solche Antworten kommen vor allem von den Probanden, denen ausschließlich der Duden bekannt ist. Bei diesen Probanden wird die genannte Auffassung zu einem erheblichen Teil ihren realen

Erfah-

rungen entsprechen. Eine weitere Gruppe der Probanden gibt an, das Lesen von Vorwörtern sei zu aufwendig. Hier trifft die generelle Forderung an alle Wörterbücher, die Informationen

möglichst

übersichtlich und leicht zugänglich darzubieten, auf die immer noch verbreitete Praxis, gerade bei den Benutzungshinweisen aus Platzgründen eine starke Konzentration der Aussagen bei

gleichzeitig

schlechter optischer Gestaltung vorzunehmen. Eine dritte

Argumen-

tation besagt, der Informationswert von Wörterbucheinleitungen gering, da sie aus einer wenig günstigen Mischung von über das Wörterbuch und

der Selbstdarstellung

der

sei

Information

Wörterbuch-

autoren bestünden. Allein die Tatsache, daß einige Probanden zu einer solchen Einschätzung gelangen, zeigt, daß das Ziel, mit der Wörterbucheinleitung

den Nutzer zu erreichen und damit den Nutz-

effekt der Wörterbuchbenutzung

zu erhöhen, teilweise verfehlt wur-

de. Auch hier bestätigt sich die Schlußfolgerung, daß es zu einem erheblichen Teil Aufgabe einer nutzerbezogenen Ausgestaltung Vorwörtern ist, diesen Teil des Wörterbuchs wirklich

von

funktions-

tüchtig zu machen.

Frage 15: Bevorzugung von

Nachschlagewerken

Der potentielle Nutzer von Wörterbüchern ist damit daß im Buchhandel,

konfrontiert,

in Bibliotheken und Informationsstellen

Reihe von Informationsmitteln

in Buchform zur Verfügung

eine

stehen,

die zwar die Bezeichnung Wörterbuch im Titel tragen, ihrem

Charak-

ter nach jedoch Nachschlagewerke ganz unterschiedlicher

Art und

Ausgestaltung sind. Es ist deshalb für jeden schwierig,

zwischen

sachbezogen und sprachbezogen orientierten Wörterbüchern zu unterscheiden. Vielmehr besteht die Gefahr, daß der Nutzer in dem einen Wörterbuch die erwünschten fachlichen, in dem anderen die benötigten sprachlichen Informationen nicht in dem erhofften Umfang hält.

er-

339

Das vorstehend beschriebene Problem widerspiegelt sich auch im Auskunftsverhalten der Probanden. Die drei zur Wahl Entscheidungsvarianten - fachorientiert,

für die Bevorzugung von

gestellten

Wörterbüchern

sprachorientiert, Duden - sind von einigen Pro-

banden nicht als Alternativen aufgefaßt worden, so daß

jeweils

nur die Verhältnisse zwischen den im einzelnen vorliegenden scheidungen, nicht aber absolute Zahlen zur Auswertung

Ent-

herangezo-

gen werden konnten. Danach ergibt sich, daß zwei Drittel der Probanden fachorientierte Nachschlagewerke bevorzugen und jeweils ein Achtel der Probanden einem sprachorientierten Wörterbuch den Vorzug gibt oder ausschließlich den Duden benutzt. Abweichungen diesem durchschnittlichen Ergebnis zeigen sich bei den tern. Auch hier benutzten zwei Drittel der Befragten

von

Facharbei-

vorwiegend

das fachorientierte Nachschlagewerk, das verbleibende Drittel der Facharbeiter entschied sich ausnahmslos für die Bevorzugung Dudens, also in keinem Falle für die Alternative tes

des

sprachorientier-

Wörterbuch. Stellt man die Antworten nach Gruppen anhand der

Entscheidungs-

varianten zusammen, dann bestätigt sich ebenfalls die der fachorientierten Nachschlagewerke

Dominanz

(56 % geben eine

an), ergänzt durch Kombination der Bevorzugung von

Bevorzugung

fachorientier-

tem Nachschlagewerk und dem Duden (13 %) sowie die Kombination fachorientiertem

Nachschlagewerk

und einem Sprachwörterbuch

ausschließlich HS/FS). Β % der Probanden bevorzugen

(11 %,

ausschließlich

den Duden, in dieser Gruppe überwiegt der Anteil von

Facharbeitern

und Probanden mit Fachschulqualifikation klar. Die Benutzer schließlich sprachorientierter

von

aus-

Wörterbücher besitzen hingegen

alle

Hochschulqualifikation bzw. sind Studenten (insgesamt 5 %). Es zeigt sich, daß mit wachsender Qualifikation das Verständnis die unterschiedlichen Arten und Zwecke von Informationen

für

zunimmt.

Bei den von den Probanden erbetenen Angaben über die Gründe für ihre Entscheidung

zeichnen sich vier unterschiedliche

Argumenta-

tionen ab. Sehr viele Probanden geben an, in fachorientierten

Wör-

terbüchern umfangreichere und präzisere Informationen der von ihnen gewünschten Art zu erhalten. Dies bedeutet, daß der Bedarf an sprachbezogenen Informationen fachorientierten

insgesamt geringer

ist als der an

Informationen. Bedenkt man, daß es die wesent-

340

liehe Aufgabe der Sprache ist, Kommunikation und kooperatives Handeln in bezug auf die materielle Welt zu vermitteln, daß also die Sprache nicht selbst ihr bevorzugter Gegenstand ist, so erscheint dieser Befund zwangsläufig und natürlich. Eine große Anzahl von Probanden unterscheidet auch aus diesem Grunde kaum zwischen Bedeutung eines Wortes und dem durch das Wort zu übermittelnden begrifflichen Inhalt. Das Fehlen einer solchen Unterscheidung gewinnt im praktischen Leben erst dann an Wert, wenn Kommunikationsprobleme entstehen. Da unterstellt werden kann, daß unter Muttersprachlern semantisch determinierte Kommunikationsprobleme

rela-

tiv selten sind, wird sich gerade in diesem Punkt mit hoher Wahrscheinlichkeit das Auskunftsverhalten von Muttersprachlern von dem der Fremdsprachler erheblich unterscheiden. Die Erfahrung vieler Probanden besagt, daß die Angaben im Duden sehr knapp sind. Hier überlagern sich unterschiedliche

Wirksamkei-

ten. Der Duden kann als orthographisches Wörterbuch Ansprüchen an eine fachorientierte Information zum begrifflichen Gehalt eines Wortes nicht gerecht werden, ohne daß die Grundkonzeption und die Dimensionierung der Wörterbuchartikel (und damit des ganzen Wörterbuches) prinzipiell verändert würden. Da der Duden aber das mit Abstand verbreitetste Sprachwörterbuch ist, bestimmt er in den Augen sehr vieler Menschen den Informationsstandard von Sprachwörterbüchern. Speziellere sprachorientierte Wörterbücher mit größerem, auch sachbezogenem Informationsgehalt sind nur begrenzt verbreitet und bekannt, sie hatten deshalb eben auch nur in begrenztem Rahmen Einfluß auf die von den Probanden zu treffende Entscheidung. Diese starke Einschränkung der Popularität spezieller Wörterbücher im deutschsprachigen Raum ist ein Faktor, der gemeinsam mit dem zunehmenden Einfluß der Technik auf das praktische Leben auch eine größere Wertschätzung des fachorientierten Nachschlagewerkes begünstigt. Der hohe Anteil des Dudens sowohl in Kombination mit anderen Nachschlagewerken als auch als ausschließliches Wörterbuch gerade bei den Facharbeitern steht im Zusammenhang mit seiner außerordentlich großen Verbreitung und dem dadurch möglichen schnellen Zugriff. Die erteilten Auskünfte bekräftigen die schon im Zusammenhang mit vorangegangenen Fragen getroffenen Feststellungen, daß

341

die Benutzung eines Wörterbuchs sehr häufig davon abhängt, ob es im Moment des unmittelbaren Bedarfs sofort verfügbar ist. Dies trifft für den Duden sicherlich zu, denn er ist ein Nachschlagewerk gerade für solcher Nutzer, die nur ausnahmsweise

nachschla-

gen und für die der Besuch von Informationsstellen oder größeren Bibliothekn nicht zur häufigen, durch den Beruf geförderten Praxis gehört. Schließlich merken einige Probanden an, daß das Informationsangebot in größeren Wörterbüchern oder auf spezielle Auskünfte orientierten Sprachwörterbüchern oftmals dem Wissensstandard des Nichtlinguisten kaum Rechnung trägt, daß also zu viel spezielles Wissen vorausgesetzt wird. Die Benutzung vieler Wörterbücher halten die meisten Probanden deshalb und wegen der ungenügenden Überschaubarkeit der auf engstem Raum gedrängt angebotenen Wörterbuchinformationen für zu kompliziert. Vergleicht man dies mit den zum Vorwort erteilten Auskünften, so drängt sich der Eindruck auf, daß ein auf einen breiten Nutzerkreis abzielendes Wörterbuch die Informationen optisch so zu präsentieren hat, daß sie für den mit durchschnittlichem Schulwissen ausgestatteten Nutzer in der Regel ohne Konsultation des Vorwortes sofort zu identifizieren und zu verwenden sind. Daß dies bei der derzeitigen, eher auf sparsame Raumverwendung orientierten Praxis der Wörterbuchgestaltung

eines

grundsätzlichen Umdenkens bedarf, und zwar insbesondere bei Herausgebern und Verlagen, liegt auf der Hand.

Frage 16: Nachzuschlagende

Informationen

Zur Frage 16 haben fast alle Probanden aus den angebotenen fünf Varianten sprachlichen Informationsbedarfs, der Wörterbuchbenutzung auslöst, eine Auswahl getroffen. Nur ganz wenige Probanden haben für die Antwort weitere benötigte Informationen hinzugefügt. Durch die Numerierung der Häufigkeit des Nachschlagens ist zugleich eine Wertung einzelner Informationstypen nach ihrer Wichtigkeit durch die Probanden erfolgt. 70 % der Probanden haben als die von ihnen am häufigsten nachgeschlagenen Informationen Fragen der Orthographie benannt. Weitere 12 % nennen orthographische Fragen in der Häufigkeit des Nachschlagens auf dem zweiten Rang und 4 % der Probanden auf dem drit-

342

ten Rang. Hier verdeutlicht sich wiederum eine

Wörterbuchbenutzungs-

praxis, die in breiten Bevölkerungskreisen von der Benutzung Dudens für die orthographisch fehlerfreie Verwendung der sprache bestimmt

des

Schrift-

wird.

Noch häufiger als Ziel des Nachschlagens in Wörterbüchern

wer-

den Fragen über die richtige Schreibweise und Aussprache von Fremdwörtern genannt

(95 % der Probanden). Allerdings sind hier die An-

gaben zur Häufigkeit des Nachschlagens dieser Informationen bei den einzelnen Probanden sehr unterschiedlich.

Nur 10 % der

den nennen solche Fragen als die häufigste von ihnen

Proban-

nachgeschla-

gene Information, von 38 % der Probanden wird sie auf den zweiten Platz, von 29 % der Probanden auf den dritten Platz und von 13 % der Probanden auf den vierten Platz in der

Nachschlagehäufigkeit

gesetzt. Interessant ist aber auch, daß Gegenstand des gens nach diesen Auskünften auch bei den Fremdwörtern

NachschlaSchreibwei-

se und Aussprache sind und nicht die Bedeutung bzw. der

"Inhalt".

Diese Auskünfte gewinnen an Wert, wenn sie im Zusammenhang

mit

Auskünften zu anderen Fragen betrachtet werden. Es ist zu den Fragen 1 und 2 festgestellt worden, daß Fremdwörterbücher tungswörterbücher

und Bedeu-

zwar einer Reihe von Probanden bekannt und zu-

gänglich sind, daß sie aber längst nicht die Verbreitung des orthographischen Wörterbuchs Duden erreichen. Wenn ein Anteil von 95 % der Probanden zu Fragen der Fremdwörter in Wörterbüchern

nach-

schlägt, ein bedeutender Teil der Probanden aber nur über den Duden verfügt, so ist eindeutig die im Duden primär

verfügbare

Information zur richtigen Schreibweise Ziel des Nachschlagens, Auskunft der Probanden bestätigt sich damit auch hinsichtlich konkreten Art der gewünschten

die der

Information.

Mit deutlichem Abstand in der Häufigkeit folgt mit 72 % der Nennungen das Nachschlagen zu grammatischen Problemen. In der Gesamtzahl wird noch nicht erkennbar, daß innerhalb der

Verteilung

nach der Häufigkeit des Nachschlagens die grammatischen

Angaben

von 30 % der Probanden auf den zweiten Platz genannt wurden und nur 24 % der Probanden grammatische Probleme an dritter bzw. 13 % der Probanden an vierter Stelle der

Stelle

Nachschlagehäufig-

keit nennen. Der fünfte und der erste Rang werden an die

gramma-

tischen Fragen nur in relativ geringem Umfang vergeben (4 % bzw.

343

1 %). Es zeigt sich, daß grammatische Informationen einen geringeren Stellenwert als orthographische besitzen, daG sie aber von solchen Probanden, die diese Informationen im Wörterbuch tatsächlich aufsuchen, dann auch mit relativ groGer Häufigkeit in Anspruch genommen werden. Das spricht dafür, daG die verfügbaren Wörterbücher relativ zuverlässig grammatische Fragen beantworten und damit häufig das Wörterbuch zu einem gewohnten Ratgeber auch zu solchen Problemen wird. Gleichzeitig weist dieses Ergebnis darauf hin, daß eine größere Anzahl von Nutzern im Wörterbuch grammatische Auskünfte nicht in dem vorhandenen Umfang vermutet oder daG diese Probanden keinen diesbezüglichen Informationsbedarf

haben

bzw. sich dieses Bedarfes nicht bewußt sind. Informationen zur Semantik werden in einsprachigen Wörterbüchern nur von 62 % der Probanden nachgeschlagen. Dieser Informationsbedarf wird zwar von einem Viertel der Probanden an vierter Stelle der Nachschlagehäufigkeit genannt, jedoch sind auch auf allen anderen Plätzen in der Nachschlagehäufigkeit eine kleinere Anzahl von Nennungen vorhanden. So geben 12 % der Probanden semantischen Informationsbedarf als häufigsten Grund des Nachschlagens an, und jeweils 11 % setzen semantische Fragen auf die Plätze 2 und 3 ihrer persönlichen Nachschlagehäufigkeit. Hierin zeigt sich, daß semantische Fragen zwar nicht für jeden Nutzer von Interesse sind, daß es aber auch bedeutende Nutzergruppen gibt, die an Informationen semantischen Charakters ein nachdrückliches

Interesse

haben. Nur 46 % der Probanden geben an, daß sie bei auftretenden etymologischen Fragen in Wörterbüchern Auskunft suchen. Die häufigsten Nennungen erfolgen auf dem fünften Rang der Nachschlagehäufigkeit (17 %), aber auch an vierter Stelle (8 %), an dritter (13 %) und an zweiter Stelle (6 %) wird das Nachschlagen zu etymologischen Fragen genannt. Selbst an erster Stelle nennen noch 2 % der Probanden etymologische Fragen und runden damit das Bild ab. Semantische Informationen besitzen zwar kein allgemeines Interesse, aber bedeutende Nutzergruppen haben ein spezielles Interesse gerade an solchen Informationen und sind bestrebt, dieses mit Hilfe von Wörterbüchern abzudecken. Bezieht man die Verbreitung etymologischer Wörterbücher in die Überlegungen ein, dann liegt

344 die Schlußfolgerung nahe, daß die für einen relativ Teil der Probanden verfügbaren Wörterbücher mit Angaben diesbezüglich relativ intensiv benutzt Die Reihung der Nachschlagehäufigkeit

begrenzten

etymologischen werden.

für die einzelnen

mationen gestattet einige weitere Aussagen zur Praxis der

InforWörter-

buchbenutzung. Ein Drittel der Probanden gibt an, alle fünf zur Auswahl gestellten Arten von Informationen linguistischen ters auch tatsächlich nachzuschlagen.

Charak-

Dabei zeichnen sich bei der

Reihenfolge der Häufigkeit nur zwei größere Gruppen ab: 6 % der Probanden schlagen in der Reihenfolge - Orthographie, Fremdwortschreibweise,

Grammatik,

Semantik, Etymologie - nach, 3 % der Pro-

banden geben die Reihenfolge - Orthographie,

Fremdwortschreibwei-

se, Grammatik, Semantik, Etymologie - an. Hier wiederholt sich der Befund einer engen Verbindung von orthographischem und grammatischem Auskunftsbedarf. Alle anderen Reihungen treten nur in kleinerem Umfang auf. Insgesamt sind keine Bevorzugungen in Abhängigkeit vom Qualifikationsgrad der Probanden

erkennbar.

Aus dem Kreis der Probanden, die nicht alle angebotenen mationen nachschlagen, ergeben sich ebenfalls nur wenige Gruppen mit gleicher Reihung der Nachschlagehäufigkeit. Probanden geben an, daß sie in Wörterbüchern in der - Orthographie, Fremdwortschreibweise,

Infor-

größere 8 % der

Reihenfolge

Grammatik - nachschlagen,

5 % der Probanden schlagen gleiche Informationen nach, aber in der Häufigkeit Fremdwortschreibweise weitere 5 % schlagen nur Orthographie und

wechseln

und Grammatik

aus,

Fremdwortschreibweise

nach. Auffällig ist, daß bei der Nennung der Orthographie als der wichtigsten und häufigsten Wörterbuchinformation

regelmäßig in

den nachfolgenden Angaben die Fremdwortschreibweise die Grammatik erscheint. Wird hingegen eine andere

sowie

häufig

Information

an vorderer Stelle der Nachschlagehäufigkeit genannt, ζ. B. die Semantik, so gibt es eine gleichartige regelmäßig Reihung der Nachschlagehäufigkeit

nachfolgende

anderer Informationen

nicht.

Neben dem bei dieser Frage erwarteten Befund der Dominanz graphischer und grammatischer

Informationen in der

ortho-

Benutzungs-

praxis großer Nutzergruppen zeigt sich auch, daß andere

sprach-

liche Informationen ebenfalls von bedeutenden Nutzergruppen

in

345 Wörterbüchern nachgeschlagen werden und daß bei der begrenzten Verbreitung von Wörterbüchern mit solchen Informationen die Nutzungsintensität zu diesen Fragen als groß einzuschätzen ist.

Frage 17: Anliegen des Nachschlagens in Wörterbüchern Obwohl die Frage 17 zu den Zielen und Anlässen der Benutzung von Wörterbüchern auch auf eine Einschätzung des persönlichen Verhaltens der Probanden abzielt, weisen die Antworten gerade hier eine sehr große Auskunftsbereitschaft

aus.

Mehr als 90 % der Probanden geben an, in Wörterbüchern zur Klärung von Zweifelsfällen nachzuschlagen. Das es sich dabei um eine typische Nachschlagesituation handelt, wird dadurch belegt, daß zwischen den nach Qualifikationsmerkmalen geordneten Probandengruppen keine erheblichen Abweichungen von diesem Wert auftreten. Die Orientierung auf die Benutzung von Wörterbüchern bei Zweifelsfällen ist ein Hinweis darauf, daß das Wörterbuch gerade in Situationen, die durch Schwierigkeiten im Umgang mit der Sprache charakterisiert sind, als sofort nutzbares Informationsmittel angesehen wird. Deutlich geringere Nachschlagequoten zeigt mit 75 % die Zielstellung - Beseitigung von Wissenslücken - und mit 78 % - Klärung von Fremdwortbedeutungen -. Die häufige Benutzung im Zusammenhang mit Fremdwörtern ist eine Bestätigung des bereits an verschiedenen Stellen ermittelten Bedürfnisses, auch die große Zahl der im täglichen Leben verwendeten Fremdwörter zu verstehen und zutreffend zu verwenden. Bei der Zielstellung - Wissenslücken schließen zeigt sich eine zweite typische Benutzungssituation. Sie besteht ihrem Charakter nach unabhängig vom Auftreten akuter Wortbenutzungsprobleme bzw. Kommunikationsschwierigkeiten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die Facharbeiter beim Nachschlagen zu diesem Zweck einen 10 % höheren Anteil als die anderen Probandengruppen ausweisen. Deutlich weniger Probanden haben die übrigen angebotenen Benutzungsfälle als für sie zutreffend gekennzeichnet. 57 % der Probanden geben an nachzuschlagen, wenn Wörter in für sie ungewohnten Verbindungen auftreten. Ein derart großes Interesse an der richtigen Verknüpfung von Wörtern, d. h. also an Informationen der seman-

346 tischen Fügbarkeit, war nach den bisher bekannten

Benutzungsunter-

suchungen keinesfalls zu erwarten. Es verdeutlicht das Anliegen vieler Nutzer, mit Hilfe des Wörterbuchs vor allem größere

Sicher-

heit in der sprachlichen Kommunikation, also beim norm- und regelgerechten Verknüpfen von Wörtern im Rahmen von Sätzen und Texten zu erhalten. Dies wird von der Tatsache, daß auch zu dieser

Frage

im Bereich der Facharbeiter ein 10 % größerer Anteil auftritt in den anderen Probandengruppen,

bekräftigt.

Ein grundsätzlich anderes Bild ergibt sich dagegen zur buchbenutzung bei - Ausdrucksschwierigkeiten mittelbaren Textproduktion.

als

Wörter-

-, also bei der un-

Die hier zu notierenden 43 % der Pro-

banden besitzen überwiegend Hochschulabschluß,

die

Nachschlagehäu-

figkeit bei FS und FA beträgt hier gerade die Hälfte dieser In vergleichbarer Größenordnung erfolgt auch die

von Wörterbüchern zur Klärung der Bedeutungen von polysemen tern. Hierzu äußerten sich 39 % der Probanden, zwischen den einzelnen Qualifikationsgruppen

Wör-

Differenzierungen

treten nicht auf.

Die zentrale Information der meisten Wörterbücher, der großen allgemeinsprachlichen

Quote.

Konsultation

insbesondere

Bedeutungswörterbücher,

demnach nur eine recht geringe Nutzungsfrequenz.

Künftig

besitzt vorzu-

nehmende weiterführende Untersuchungen über die Gründe dieses

Nut-

zerverhaltens scheinen deshalb von besonderer Wichtigkeit für Fortschritte in der Nutzerorientierung der Lexikographie zu sein. Relativ wenige Probanden benutzen das Wörterbuch, um Auskünfte

über

stilistische Fragen zu erhalten (23 %). Nur 12 % der Probanden schließlich geben an, Verbote oder

Regeln

für die Verwendung von bestimmten Wortfügungen erhalten zu wollen. Diese auf die Verwendbarkeit bereits bestehender syntaktischer heiten abzielende Fragestellung findet damit deutlich

Ein-

geringeres

Interesse als solche Informationen, die die Verknüpfbarkeit

von

Wörtern betreffen. Auch hier sind nur Vermutungen über die Gründe des Probandenverhaltens möglich. So wäre ζ. B. denkbar, daß bei Muttersprachlern zur Verwendung von festen Wendungen und

Phraseolo-

gismen aufgrund ihres häufigen Auftretens in der Kommunikation niger oft Fragen auftreten als gerade bei nicht so häufig sam verwendeten

we-

gemein-

Wörtern.

Von der Möglichkeit der Ergänzung der angebotenen

Nachschlage-

ziele haben nur sehr wenige Probanden Gebrauch gemacht. Diese

ver-

347 balen Ergänzungen lassen kaum verallgemeinernde

Feststellungen

Immerhin zeichnet sich als weiterer Anlaß für das Nachschlagen Wörterbüchern ein persönliches Interesse an der Sprache ab. ders Lehrer schlagen in Wörterbüchern nach, um auf

zu. in

Beson-

Schülerfragen

eine sachkundige und gesicherte Antwort geben zu können. Die mit der Frage angebotenen Motivationen für die

Wörterbuchbenutzung

sind in der Regel von den Probanden zutreffend nicht als Alternativen aufgefaGt worden. Die von ihnen angegebenen von Benutzungsanlässen

Kombinationen

lassen nur in wenigen Fällen größere

pen erkennen. Alle genannten Nachschlageanlässe,

Grup-

ausgenommen die

Verbote bzw. Regeln für die Wortgruppenverwendung, werden bei 8 % der Probanden wirksam, jeweils 7 % der Probanden schlagen nach, um Wissenslücken auszuräumen und Zweifelsfälle sowie

Bedeutungen

zu klären, ergänzt in einem Fall durch das Nachschlagen bei Ausdrucksschwierigkeiten,

im anderen Falle durch das Nachschlagen zu

stilistischen Fragen. Jeweils 6 % der Probanden geben eine weiter eingegrenzte Anzahl von Benutzungsanlässen an, die in einer

Gruppe

Wissenslücken und Zweifelsfälle umfassen, in einer weiteren die Klärung von Fremdwortbedeutungen

und wiederum in einer

Gruppe die Klärung von Wortverknüpfungsproblemen

anderen

bzw. von Proble-

men der Wortbedeutung. Generell kann festgestellt werden, daß sehr viele Probanden angeben, Wissenslücken schließen und

Zweifelsfälle

klären zu wollen. Bei der Schließung von Wissenslücken mit Hilfe des Wörterbuches besteht fast immer auch die Absicht,

Zweifelsfäl-

le zu klären. Die Klärung von Zweifelsfällen dagegen ist häufig mit recht unterschiedlichen

anderen Absichten der

winnung mittels Wörterbuchbenutzung

Informationsge-

verbunden. Die große

Varia-

tionsbreite der Nachschlagemotivationen macht deutlich, daß mit Hilfe von Wörterbüchern potentiell sehr viele differenzierte formationsbedürfnisse

zu unterschiedlichen Aspekten der

In-

Sprache

abzudecken sind. Dies spricht gegen eine Reduzierung der in Wörterbucheinträgen enthaltenen

Frage 18: Erfolgreiche

Informationen.

Wörterbuchbenutzung

Die Fragen 18 und 19 versuchen mit verschiedenen zu erfahren, ob die Probanden ihre

Fragestellungen

Wörterbuchbenutzungshandlungen

als erfolgreich einschätzen. Auch die hier zu gewinnenden

Informa-

348 tionen sind als Bestandteil eines Beziehungsgefüges zu werten, das nicht allein vom Wörterbuch bzw. den von ihm bereitgestellten Informationen und den konkreten Informationsbedürfnissen des Probanden bestimmt wird, sondern auch von dessen Erfahrungen im Umgang mit Wörterbüchern, seinen Gewohnheiten und in bedeutendem Maße von den durch Erziehung, Schule und Umgebung geprägten Erwartungen gegenüber dem sprachorientierten

Wörterbuch.

Drei Viertel der Probanden geben an, im Duden in der Regel Antworten auf ihre Fragen gefunden zu haben. Beim Duden stimmen offensichtlich die Erwartungen mit dem tatsächlichen

Informationsange-

bot überein. Dies ist bei einem derart verbreiteten und seit langem im Schulunterricht vielen Menschen nahegebrachten Wörterbuch ohne weiteres verständlich. Eine Bestätigung erfährt dies durch die übereinstimmenden Ergebnisse in allen Qualifikationsgruppen. Annähernd die Hälfte der Probanden nennt als regelmäßig erfolgreich benutztes Wörterbuch das Fremdwörterbuch. Auch hier korrespondieren Verbreitung des Wörterbuchs, Erfahrungen der Nutzer und daraus entwickelte Erwartungshaltung eindeutig. Nur ein Viertel der Probanden nennt als regelmäßig erfolgreich benutztes Wörterbuch das Synonymwörterbuch. Es besteht eine starke Differenzierung zwischen den Probanden unterschiedlichen Qualifikationsgrades, die sich in einer Nennung des Synonymwörterbuches durch 30 % der HS und nur 15 % der FS und 7 % der FA zeigt. Entsprechend der häufigen Verwendung des Synonymwörterbuchs als Hilfsinstrument für die Textproduktion und damit vorwiegenden Benutzung durch Probanden mit Hochschulqualifikation kann auch hier festgestellt werden, daß diejenigen Probanden, die solch ein Wörterbuch häufig benötigen und deshalb in persönlichem Besitz haben, zumeist auch erfolgreiche Nutzer sind. Für alle übrigen genannten Wörterbücher kann festgestellt werden, daß sie nur von relativ wenigen Probanden als erfolgreich benutztes Wörterbuch genannt werden (unter 10 %) und diese Nennungen fast ausschließlich von Probanden mit Hochschulabschluß erfolgen. 7 % der Probanden nennen das WDG und 5 % der Probanden das HDG als erfolgreich benutzte Wörterbücher. Vergleicht man dies mit der relativ geringen Verbreitung dieser Wörterbücher im persönlichen Besitz, dann kann eine sehr hohe Effektivität in der Benutzung und folglich eine relativ hohe Erfolgsquote konstatiert

349 werden. Eine ebenfalls nennenswerte Anzahl von Probanden (6 %) gibt an, "Wörter und Wendungen" erfolgreich benutzt zu haben. Neben der Übereinstimmung der erfolgreichen Benutzung dieses auf Textproduktion orientierten Wörterbuches mit der sich beim Synonymwörterbuch abzeichnenden Tendenz zeigt sich auch bei "Wörter und Wendungen" eine die Verbreitungsquote (vgl. Frage 1) deutlich übertreffende Quote der erfolgreichen Benutzung. Jeweils eine kleinere Anzahl von Probanden (zwischen 2 und 4 %) gab an, etymologische Wörterbücher, das "Antonymwörterbuch", das "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten", das "Kleine Wörterbuch der Stilkunde", "Redensarten", das "Deutsche Wörterbuch" der Gebrüder Grimm sowie das "Wörterbuch der Aussprache" erfolgreich benutzt zu haben. Hier entspricht in etwa die Quote der erfolgreichen Benutzung der Verbreitung in persönlichem Besitz und den differenzierten persönlichen Interessen der Nutzer. Alle anderen Wörterbücher wurden nicht bzw. nur einmal genannt. Trotz dieser zunächst sehr erfolgreich anmutenden Bilanz gaben 35 % der Probanden an, für die Klärung spezieller Fragen weitere Wörterbücher zu benötigen. Selbst wenn man unterstellt, daß solche Fragen zum Teil keinen sprachlichen Charakter besitzen, so ist dies doch bei der Variationsbreite der angebotenen Wörterbücher eine nachdenkenswerte Feststellung. Mögliche Gründe hierfür können sicherlich in der von vielen Probanden gewohnten

ausschließlichen

Benutzung von Duden und/oder Fremdwörterbuch bei der Klärung sprachlicher Probleme gesucht werden, denn diese beiden Wörterbücher können und sollen nach ihrer Konzeption über den jeweils begrenzten Informationsrahmen hinaus kaum Auskünfte liefern. Wenn also geringe Bekanntheit und Verbreitung anderer spezieller sowie der allgemeinsprachlichen Wörterbücher als Gründe für dieses Ergebnis anzusehen sind (die übrigens durch eine veränderte

Wörterbuchdidak-

tik zu beheben wären), so muß doch auch eingeräumt werden, daß das zu manchen Fragen bereits angemahnte Fehlen eines verbreiteten Universalwörterbuches hier wohl ebenfalls eine Rolle spielt. Eine solche Schlußfolgerung liegt vor allem deshalb nahe, weil die von den Probanden genannten weiteren Wörterbücher, die bei speziellen Fragen zu Rate gezogen wurden, eine große Bedürfnisvielfalt dokumentieren. Es handelt sich hierbei um sehr unterschiedliche Wörter-

350

bücher wie Namensbücher, mundartliche Wörterbücher und ältere Fremdwörterbücher, die sicherlich zum Teil wegen ihres

Vorhanden-

seins in der Familie und des damit möglichen schnelleren

Zugriffs,

zu einem anderen Teil aber auch wegen der durch sie möglichen Abdeckung sehr persönlichen Informationsbedarfes genutzt Das hier erkennbare Erfordernis bei der weiteren

werden.

Ausgestaltung

der vorhandenen Wörterbücher näher an die differenzierten

Bedürf-

nisse der Nutzer heranzurücken, verdeutlicht sich auch in einigen verbalen Äußerungen von Probanden. So erklärt ein Proband, daß er Wörterbücher

in Abhängigkeit von dem jeweils anstehenden

Problem

zum Teil erfolgreich, zum Teil aber auch eben ohne Erfolg

benutzt

habe. Ein anderer Proband reklamiert, er habe bei gezieltem schlagen zwar zuletzt immer die gewünschte Information

Nach-

gefunden,

doch sei ihm das wegen der ungenügenden Übersichtlichkeit

von In-

formationen außerhalb der Orthographie oftmals nicht eben

leicht

gefallen. Ein dritter schließlich macht darauf aufmerksam, daß für ihn ein Universalwörterbuch günstig wäre, und äußert damit tisch sein Bedauern über das Fehlen eines universellen

prak-

Wörterbuchs

im Wörterbuchangebot der DDR.

Frage 19: Nützlichkeit von

Wörterbuchinformationen

In dieser Frage wiederholt sich das Ergebnis von Frage 18, daß drei Viertel der Probanden sich durch die benutzten

Wörterbücher

ausreichend informiert sehen. Dieses Ergebnis ist in den Qualifikationsgruppen relativ einheitlich. Es zeigt im Unterschied zur distanzierten Einschätzung der Wörterbuchkritiker

zur

Qualität

von Wörterbüchern eine positive Grundhaltung bei den Nutzern, die wohl zu einem wesentlichen Teil von der hohen Autorität des Dudens geprägt wird. Bei dem begrenzten Informationsangebot

des Dudens

ist das auch ein Hinweis auf die begrenzten Erwartungen der Nutzer und die sich darin äußernde Genügsamkeit großer

Nutzergruppen.

Mehr Aufschlüsse sind aus den kleinen Gruppen der Probanden zu gewinnen, die sich nicht ausreichend informiert fühlen (6 %) bzw. die angaben, nur zu einem Teil ausreichend, zu einem anderen Teil aber nicht ausreichend informiert zu sein (12 % der

Probanden).

Bei den sich als nicht ausreichend informiert ansehenden fällt wiederum auf, daß nur drei Viertel dieser Probanden

Probanden einen

351

der in der Frage angebotenen Gründe für dieses negative

Ergebnis

verantwortlich macht. Jeweils ein Viertel dieser Probanden gab an, wegen der nicht ausreichenden Übung im Umgang mit

Wörterbü-

chern oder wegen der schlechten optischen Präsentation der Informationen keine ausreichenden Erfolge bei der Benutzung von Wörterbüchern erzielt zu haben. Nur zwei Probanden machten liche Aufbauprinzipien von Wörterbüchern für den erfolg verantwortlich und nur einer nannte die

unverständ-

Benutzungsmiß-

unübersichtliche

Gliederung des Wörterbuchartikels als Grund. Hieraus wird

erkenn-

bar, daß die richtige Benutzung eines Wörterbuchs und die Unterstützung eines schnellen Zugriffs zu Informationen durch übersichtliche Präsentation der Informationen von den Nutzern sehr wesentlich für den Benutzungserfolg

als

eingeschätzt wird, wäh-

rend Schwierigkeiten mit der Struktur des Wörterbuchs bzw. des Wörterbuchartikels

von interessierten Nutzern in der Regel durch

intensiveres Nachschlagen überwunden werden. Aufschlußreich

sind

auch die von den Probanden selbst genannten Gründe für Mißerfolge bei der Wörterbuchbenutzung.

25 % der erfolglos benutzenden

banden gaben mangelnde Aussagekraft bzw. Unvollständigkeit

Proder

zum jeweiligen Wort angebotenen Informationen als einen Grund an. Einzelne Probanden nannten darüber hinaus das Fehlen von von ihnen geauohten Wörtern, das Fehlen aktueller Bezüge sowie ten mit dem grammatischen Regelwerk losen

Schwierigkei-

(Duden) als Gründe der

erfolg-

Benutzung.

Differenzierter sind die Antworten derjenigen Probanden,

nach

deren Einschätzung unterschiedliche Wörterbücher zu unterschiedlichen Fragen mit teilweise negativem und teilweise positivem

Er-

gebnis benutzt werden. Diese Einschätzung wurde ausschließlich Probanden mit Hoch- und Fachschulabschluß bzw. von Studenten geben. Mehrere Probanden gaben an, daß Wörterbücher durch ständliche Aufbauprinzipien oftmals das Nachschlagen Ergänzend wurde von einzelnen Probanden angemerkt,

von

abge-

unver-

erschweren.

Wörterbücher

würden oft die schwierigen Fälle, die häufig das Nachschlagen

erst

veranlassen, nicht klären. Beim Synonymwörterbuch wurde zudem der geringe Informationsumfang

zum jeweiligen Wort kritisiert.

Ähnlich

ist die Kritik einzelner Probanden an den ihnen zur Verfügung

ste-

henden orthographischen Wörterbüchern zu verstehen, nach der das Fehlen weitergehender

Informationen im benutzten

orthographischen

352

Wörterbuch ein erfolgreiches Nachschlagen nicht immer ermöglicht hat. Auch hier wird die bereits mehrfach festgestellte Tendenz deutlich, daß eine größere Anzahl der Probanden in jedem Sprachwörterbuch Antwort auf

alle

auftretenden sprachlichen Fragen

sucht. Dabei wird das am weitesten verbreitete Wörterbuch, der Duden, ebensowenig wie die anderen beiden in größerem Rahmen verbreiteten Wörterbücher (Synonymwörterbuch, Fremdwörterbuch) diesem Anspruch gerecht werden können, da sie eben keine Universalwörterbücher sind. Hier zeigen sich deutlich die Grenzen einer zu einseitig orientierten Benutzungstradition und Wörterbuchdidaktik. Unter diesem Blickwinkel wird auch die Bemerkung eines Probanden verständlich, mit französischen Wörterbüchern in der Regel bessere Erfahrungen gemacht zu haben.

Frage 20: Wirkung des Unterrichts in Wörterbuchbenutzung Die einleitende Frage zum Komplex der von den Probanden gewünschten Verbesserungen bzw. Veränderungen in Wörterbuchschreibung bzw. -benutzung hat ein geringeres Interesse als die vorangegangenen Fragen bei den Probanden gefunden, was sich in einer Auskunftsquote von nur 86 % ausdrückt.

Wörterbuchbenutzungsricht

HS

FS

FA

fördert häufigere Wörterbuchnutzung

60 %

64 %

66 %

macht Wörterbuchinformationen schneller erkennbar

58 %

46 %

48 %

bewirkt bewußtere Sprachverwendung

48 %

22 %

48 %

ist ohne praktische Wirkung

9 %

2 5 %

0 %

Nur wenige Probanden, und zwar ausschließlich mit Hoch- oder Fachschulabschluß, gaben an, von einer Unterrichtung in Wörterbuchbenutzung keine positiven Wirkungen zu erwarten. Dieses Er-

353

gebnis ist ohne weitergehende Untersuchungen schwer zu bewerten. Denkbar könnte sein, daß von diesen Probanden der eigene hohe Kenntnisstand als (kaum generell übertragbarer) Maßstab für die Beurteilung der Fähigkeiten zur effektiven Wörterbuchbenutzung ohne fachkundige Unterweisung angesehen wurde. Denkbar ist aber auch, daß aus dem Erfordernis des schnellen Zugriffs und der damit notwendigen großen Übersichtlichkeit geschlußfolgert wurde, daß ein solchen Ansprüchen entsprechendes Wörterbuch auch ohne Unterrichtung für jedermann sofort nutzbar ist. In diese Richtung deutet auch die verbale Äußerung eines Probanden, daß es vom Interesse des Nutzers abhängt und kaum vom Unterricht, ob ein Wörterbuch benutzt wird und mit welchem Erfolg. Mehr als 90 % der Probanden rechnen bei Unterrichtung im Wörterbuchgebrauch mit positiven praktischen Wirkungen. 60 % der Probanden erwarten eine häufigere Nutzung von Wörterbüchern,

jeweils

50 % der Probanden sehen die schnellere Erkennbarkeit der gesuchten Informationen im Wörterbuch sowie eine bewußtere Verwendung der Sprache als zu erwartende Wirkung des Unterrichts an. Dabei fällt auf, daß diese Ergebnisse in allen Qualifikationsschichten im wesentlichen in gleicher Größenordnung auftreten. Die positive Wirkung einer Unterrichtung in Wörterbuchbenutzung ist also grundsätzlich in allen Nutzergruppen akzeptiert. Hinzuweisen ist auf eine mit der Entscheidung der Probanden implizierte Wirkung. Wenn annähernd zwei Drittel der Probanden vom Unterricht in der Wörterbuchbenutzung eine höhere Benutzungsfrequenz erwarten, so würde dies nicht ohne Folgen bleiben. Mit der häufigeren Benutzung von Wörterbüchern durch breitere

Bevölkerungs-

kreise wächst insgesamt die Normensicherheit bei der Benutzung des Wortschatzes und der Anwendung der damit verbundenen sprachlichen Regularitäten. Höhere Normensicherheit in der Sprachbenutzung bedeutet zugleich höhere Sprachkultur und geringere Differenzen in der Kommunikation. Schließlich sei noch die Äußerung eines Probanden zu dieser Frage erwähnt, der feststellt, daß Wirkung und

Erfolg des Unter-

richts in Wörterbuchbenutzung nicht zuletzt von der Konzeption und der Gestaltung dieses Unterrichts abhängen werden.

354

Frage 21: Wünsche an ein neues Wörterbuch Zur Frage 21 wurden den Probanden fünf Varianten möglicher Verbesserungen in einem neu zu konzipierenden Wörterbuch angeboten. HS Wünsche an ein neu zu schreibendes Wörterbuch

FS

FA

übersichtlichere Gliederung

17

%

25 %

7 %

verbessertes Vorwort

11

%

15 %

4 %

mehr Anwendungsbeispiele

48 %

28 %

mehr sachbezogene Angaben

29 %

28 %

4 %

andere Kennzeichnung der Angaben

17

8 %

7 %

%

37

%

Mit deutlichem Abstand verweist eine Mehrzahl der Auskünfte darauf, daß in einem neuen Wörterbuch vor allem mehr Beispiele für die Verwendung des Wortes gewünscht werden. Die Nutzer orientieren demnach die Lexikographie darauf, sich stärker an der Realität der Sprache zu orientieren und damit zugleich die Verständlichkeit und schnelle Erfaßbarkeit der angebotenen zu erhöhen. Dieser Wunsch wird in allen drei

Information

Qualifikationsschich-

ten am häufigsten genannt. Dies widerspricht Mutmaßungen, daß nur der weniger qualifizierte Nutzer eine solchermaßen

anwendungsberei-

te Information wünschen würde. In der Befragung wurde der höchste Anteil beim Wunsch nach häufigeren Verwendungsbeispielen bei den HS festgestellt (48 %), so daß auch bei wachsender Qualifikation ein zunehmendes Interesse an Verwendungsbeispielen zur Verdeutlichung der semantischen und grammatischen Informationen angenommen werden kann. Ein Viertel der Probanden äußerte den Wunsch, auch in Sprachwörterbüchern in größerem Umfang enzyklopädische Angaben zu erhalten. Dieser Wunsch trat konzentriert bei HS und FS auf (jeweils

355

annähernd 30 %), während er nur von

einem

Facharbeiter

ge-

äußert wurde. Dieses überraschende Ergebnis könnte vielleicht der bei den Facharbeitern wesentlich stärker vom Duden Benutzungsgewohnheit und Erwartungshaltung das Ergebnis davon allein nicht

resultieren, doch wird

erklärt.

Eine jeweils annähernd gleiche Anzahl von Probanden sich für die Forderung nach einer übersichtlicheren des Wörterbuchartikels

aus

bestimmten

entschied

Gliederung

(17 %), nach der Kennzeichnung des Charak-

ters jeder Angabe in jedem Wörterbuchartikel

(14 %) sowie einer

verständlicheren Beschreibung der Benutzung des Wörterbuches Vorwort (10 %). Die hier ausgewiesenen Probandenurteile

im

unterschei-

den sich für die drei Varianten insoweit, daß zwar in allen drei Fällen jeweils ein sehr geringer Facharbeiteranteil

auftritt

weils nur 1 oder 2 Facharbeiter) und ein relativ höherer

(je-

Anteil

an Probanden mit Hochschulqualifikation

(zwischen 11 und 17 %),

daß jedoch der Anteil von Probanden mit

Fachschulqualifikation

in den einzelnen Varianten sehr unterschiedlich

ist. Für eine

übersichtlichere Gliederung des Wörterbuchartikels

sprechen

25 % der befragten FS aus, die dem nahekommende Forderung Kennzeichnung des Charakters jeder Angabe in jedem

nach

Wörterbucharti-

kel wünschen 8 % der FS, und 15 % der Probanden aus dieser fikationsschicht wünschen ein verbessertes

sich

Quali-

Vorwort.

Bei aller Differenziertheit der Ergebnisse zeigte sich, daß alle vorgeschlagenen Verbesserungsmöglichkeiten

von einer

größeren Anzahl von Probanden für wünschenswert gehalten

jeweils wurden.

Dieses Ergebnis wird dadurch bekräftigt, daß nur 6 Probanden besondere Wünsche weitergehender Art äußerten. Auch diese sind vorwiegend auf die Anreicherung der bei den HS Wörterbücher mit zusätzlichen Informationen

Wünsche

vorhandenen

(ζ. B. Aufnahme

alteter Wörter) sowie auf editorische Verbesserungen

ver-

(Verwendung

dünneren Papiers, Einarbeiten des Alphabets am äußeren Rand) gerichtet. Insgesamt ergeben sich aus den geäußerten Wünschen einige Rückschlüsse auf das Anspruchsniveau der Probanden.

auch Häufig

wird die Verbesserung des Vorworts gerade von den HS gewünscht, die auch die Anreicherung des Sprachwörterbuchs mit

Sachinforma-

tionen befürworten. Hier wird der Wunsch dieser Probanden

erkenn-

bar, vorhandene begrenzt einsetzbare Nachschlagewerke durch uni-

356

versellere Informationsmittel zu ersetzen, d. h. das Wörterbuch insgesamt weiter zu verbessern. Demgegenüber konzentrieren sich die Wünsche gerade aus dem Bereich der FA auf solche Verbesserungen, die im Rahmen des in dieser Probandengruppe vorwiegend bekannten orthographischen oder Fremdwörterbuchs durchaus realisierbar erscheinen. Das zu geringe Wissen um andere Wörterbücher und Informationsmöglichkeiten begrenzt hier offenbar von vornherein die denkbaren

Verbesserungsmöglichkeiten.

Frage 22: Vorbehalt gegen mehrbändige

Wörterbücher

Die Anreicherung vorhandener Wörterbücher mit weiteren Informationen ist ebenso wie die Herstellung einer besseren optischen Übersichtlichkeit mit der Notwendigkeit verbunden, mehr Platz in Anspruch zu nehmen. Wörterbücher in der tradierten Form des Buches können solchen Wünschen zumeist nur folgen, indem sie in mehreren Bänden erscheinen. Die Frage 22 versucht zu ermitteln, ob bei Nutzern Vorbehalte gegen mehrbändige Wörterbücher

bestehen.

Stört es, wenn ein Wörterbuch zwei oder mehr Bände umfaßt? ja

20

nein

73 %

%

unentschieden

3

ohne Antwort

4 %

%

Annähernd drei Viertel der Probanden hätten nach eigenen Angaben keine Bedenken gegen mehrbändige Wörterbücher im Interesse ausführlicherer Informationen, ein Fünftel der Probanden hingegen hielten dies für störend. Im Ergebnis äußern sich diese, daß eine Vergrößerung der Anzahl der Bände besser vermieden werden sollte, um den Preis des Wörterbuchs und seine Handlichkeit im Interesse der Nutzer günstiger zu gestalten, daß jedoch eine qualitative Verbesserung der Wörterbücher wünschenswert wäre. Diese Meinungsäußerungen können als durchaus repräsentativ gelten, kommen sie doch aus allen Qualifikationsgruppen.

357 Frage 23: Wünsche nach zusätzlichen Informationen im Wörterbuch Die Frage 23 stellt insoweit eine Besonderheit dar, als sie für den Probanden keinerlei Entscheidungsangebote enthält, sondern die Auskunft auf die Frage, welche Informationen sich der Proband in einsprachigen Wörterbüchern zusätzlich wünschen würde, in jedem Falle eine selbständige verbale Äußerung erfordert. Die Antwortquote von 27 % der den Fragebogen ausfüllenden Probanden ist die mit Abstand niedrigste bei der vorgenommenen Befragung. Linter den Antwortenden befinden sich drei Probanden, die nach eigenen Angaben über dieses Problem noch nicht nachdachten bzw. keine Meinung äußern konnten. 6 % der Probanden geben an, keine Wünsche nach zusätzlichen Informationen zu haben. Unterstellt man, daß auch die diese Frage nicht beantwortenden Probanden keine Wünsche zur Anreicherung einsprachiger Wörterbücher mit zusätzlichen Informationen besitzen, dann ergibt sich insgesamt bei 80 % der Probanden eine Zufriedenheit mit dem potentiellen

Informationsangebot

der ihnen bekannten Wörterbücher. Erscheint auch auf den ersten Blick der Anteil von nur 20 % der Probanden mit zusätzlichem Informationsbedarf gering, so gibt es bei näherer Betrachtung doch Anlaß für eine differenziertere Einschätzung. 20 % der Probanden mit ausdrücklich geäußerten Wünschen stehen für eine Anzahl von Wörterbuchbenutzern, die sich aktiv gedanklich mit dem Informationsangebot der für sie verfügbaren Wörterbücher auseinandergesetzt haben und im Ergebnis einen eigenen Standpunkt zur inhaltlichen Gestaltung dieser Nachschlagewerke entwickelten. Bedenkt man dabei, daß es sich um Probanden aus allen Qualifikationsschichten handelt, so wird daraus, selbst bei Berücksichtigung eines etwas höheren Anteils der Probanden mit Hochschulqualifikation, deutlich, daß ein Bedürfnis nach zusätzlichen Informationen in Sprachwörterbüchern mit dem vorliegenden Ergebnis belegt ist. Die gewünschten zusätzlichen Informationen weisen eine relativ große Varianz auf. Es werden 22 unterschiedliche Arten von Informationen gewünscht. Häufigster Wunsch zur Ergänzung der den Probanden bekannten Wörterbücher ist die Angabe komplexerer sprachlicher Aussagen, d. h. mehr Angaben zu semantischen bzw. syntagma-

358 tischen Relationen im Wortschatz

(5 %) sowie komplexen

semantischen,

syntaktischen und orthographischen Angaben (6 %). Damit wird, unter Berücksichtigung der bestehenden Verbreitung Wörterbuchtypen,

unterschiedlicher

letztlich ein erneuter Beleg für das

Bedürfnis geliefert, über den eingeschränkten

vorhandene

Informationsgehalt

von Duden und Fremdwörterbuch hinaus Informationen über das Funktionieren der Sprache in der Kommunikation zu erhalten.

Ebenfalls

in diesem Sinne, wenn auch mit etwas anderer Motivation,

ist die

Forderung einiger Probanden zu verstehen, auch in Sprachwörterbüchern mehr Sach- bzw. enzyklopädische Angaben

anzubieten.

Eine bemerkenswerte Anzahl von Probanden wünscht mehr

Informa-

tionen zu etymologischen Fragen (5 %). Dieses Interesse, und hierzu ist sicherlich auch das ebenfalls bekundete Interesse an dialektbezogenen bzw. mundartlichen Informationen zu rechnen,

resul-

tiert wahrscheinlich aus dem ebenfalls bei früheren Fragen

bereits

deutlich gewordenen persönlichen Interesse einiger Probanden an der Entwicklung ihrer Sprache. Dies kann als Hinweis auf ein vorwiegend kulturell begründetes Interesse an sachgemäßer dung und einem bewußten Sprachverständnis

Sprachverwen-

in einer nicht zu über-

sehenden Nutzergruppe gewertet werden. Das Ergebnis gewinnt noch an Wert, bedenkt man die Tatsache, daß auch hier wieder aller Qualifikationsgruppen

Probanden

vertreten sind und damit aktives

teresse an der Sprache als Kulturgut

In-

bekunden.

Ebenfalls eine nennenswerte Anzahl von Probanden (3 %) spricht sich für die Anreicherung der Wörterbuchartikel

durch

stilisti-

sche Angaben aus. Die weiteren gewünschten Informationen können in zwei

Richtun-

gen zusammengefaßt werden. Eine Reihe von Probanden wünscht jeweils im Einzelfall zusätzliche Informationen über Fremdwortbedeutung

Synonymie,

sowie Sachverhalte. Diese Wünsche lassen erken-

nen, daß sie vorwiegend auf Erweiterung des in seiner anders (und zwar orthographisch) orientierten Dudens

Konzeption abzielen,

insoweit also eher als Plädoyer für die Schaffung eines

handlichen

Universalwörterbuches

Richtung

zu verstehen sind. In eine andere

weisen die Vorschläge vieler Probanden, die sich im Kern nicht auf Informationen zur Sprache, sondern auf editorische

Verbesse-

rungen richten. Solche Wünsche sind ζ. B. der Vorschlag nach mehr

359

bzw. leichter zu findenden Quellenangaben und ergänzender Literatur, aber auch Vorschläge zur Verwendung dünneren Papiers, größerer Schrift oder zur Alphabetkennzeichnung am Seitenrand. Wenn es sich hierbei auch um jeweils nur einzelne Meinungsäußerungen handelt, so werden aus ihnen doch wachsende Ansprüche der Nutzer deutlich, die von einem modernen Wörterbuch eben auch eine dem inhaltlichen Niveau entsprechende Ausgestaltung der Form und der Hilfsinstrumentarien erwarten.

Frage 24: Reicht der Duden im Beruf? Diese durch eine andere Untersuchung"' initiierte Frage richtet sich speziell auf die berufliche Tätigkeit, da zu anderen Fragen bereits Auskünfte über Probleme der Benutzung von Wörterbüchern im persönlichen Leben erteilt wurden. Im Unterschied zu der bereits genannten früheren Untersuchung von Kühn/Püschel

(1982)

spricht sich nur ein Viertel der Probanden dafür aus, daß der Duden für die berufliche Tätigkeit ausreicht. Hierbei kommt es im Bereich der Facharbeiter zu dem vorwiegend von den Anforderungen der Facharbeiterberufe bestimmten Ergebnis, daß annähernd der Hälfte der befragten FA (es handelt sich dabei um Facharbeiter im Bereich der materiellen Produktion) der Duden ausreicht. Das Ergebnis von 50 % Facharbeitern mit weitergehendem Bedarf zeigt auch, daß wohl für eine zunehmende Anzahl von Facharbeiterberufen, ζ. B. Facharbeiter im Bereich der Datenverarbeitung oder der Organisation, das Rechtschreibewörterbuch bereits jetzt als nicht ausreichend anzusehen ist. Mit wachsendem Anteil schriftlicher Arbeiten in der beruflichen Tätigkeit sinkt entsprechend die Quote der Zufriedenheit mit dem Duden, nur 2B % der FS und 21 % der HS (und hier wiederum vorwiegend technische Fachrichtungen) betrachten den Duden als ausreichend. Für viele berufliche Tätigkeiten kann somit ein großes Bedürfnis an Informationen über die Sprache festgestellt werden, das den Rahmen der erfahrungsgemäß aus dem Duden zu gewinnenden Auskünfte überschreitet. Hier offenbart sich ein grundlegendes Mißverhältnis zu der bei Frage 2 festgestellten Bereitstellung von Wörterbüchern am Arbeitsplatz, die an anderer Stelle bereits mehrfach kommentiert wurde.

360

Frage 25: Lehren und Erlernung von Wörterbuchbenutzung Die Frage 25 versucht mit Hilfe zweier unterschiedlicher

Frage-

stellungen, die Einstellung der Probanden zur Zweckmäßigkeit des Unterrichts in der Wörterbuchbenutzung zu erfahren. Dabei sind es im Ergebnis tatsächlich die Differenzen in der Beantwortung der beiden Fragevarianten, die neben den verbalen Äußerungen einiger Probanden die notwendigen Informationen für weiterführende Überlegungen erbringen. In allen Qualifikationsschichten spricht sich eine größere Zahl der Probanden dafür aus, daß die Wörterbuchbenutzung durch Übung erlernt werden kann (86 %), als für die Notwendigkeit, Wörterbuchbenutzung tatsächlich zu lehren (68 %). Überraschend ist, daß bei den FS der Anteil derjenigen, die für eine Wörterbuchlehre plädieren, in etwa der Anzahl der positiven Nennungen für die Möglichkeit des Erlernens entspricht (82 %/ 95 %). Die Ergebnisse lassen erkennen, daß die große Mehrheit der Probanden der Übung in der Benutzung von Wörterbüchern eine praktische Wirkung beimißt. Demgegenüber halten aber einige Probanden, und hieraus erklärt sich die Differenz in den Auskünften zu beiden Fragen, eine solche Übung für nicht notwendig. Hinter dieser Stellungnahme könnte die Auffassung stehen, ein Wörterbuch müßte zweckmäßigerweise auch ohne Übung benutzbar sein. Auch die Überlegung, daß praktische Übung der Wörterbuchbenutzung im Verhältnis zum Aufwand des Lehrens größeren Erfolg verspricht, ist möglich. Denkbar wäre schließlich auch die Befürchtung, daß ein vorwiegend theoretisch aufgefaßter Unterricht zuwenig praktischen Nutzen verspricht. Immerhin bleibt das Ergebnis, daß zwei Drittel der Probanden aller Qualifikationsgrade die Unterrichtung in der Wörterbuchbenutzung befürworten und somit als Lehrauftrag für die Sprachausbildung

bestätigen.

Fünf Probanden weisen darauf hin, daß es vorwiegend von der Art der Unterrichtsgestaltung abhängt, ob lehren und lernen zu nutzbringenden Ergebnissen führen. Der Unterricht in der Wörterbuchbenutzung muß praktisch gestaltet werden, um wirksam zu sein, er darf sich nicht allein auf die Nennung von Wörterbüchern und die Demonstration am Beispiel beschränken. Die Benutzung von Wörterbüchern durch Übung zu erlernen verlangt, daß die Wörterbücher

361

den Lernenden in die Hand gegeben werden. Solange Wörterbuchbenutzung allein anhand des Dudens oder der der Dudenkonzeption folgenden Wortlisten herkömmlicher Unterrichtsmittel für den Rechtschreibunterricht erfolgt, kann es zu einer entwickelteren und differenzierteren Kultur der Wörterbuchbenutzung in breiten Bevölkerungsschichten kaum kommen. Die hieraus erwachsenen Anforderungen an die Verfügbarkeit anderer bzw. weiterer Wörterbücher in den Schulen und Ausbildungseinrichtungen entsprechen in etwa den Anforderungen an die Verbesserung der betrieblichen

Informationsarbeit,

sie müssen im Komplex mit der Qualifizierung des Sprachunterrichts gelöst werden.

2.2

Schlußfolgerungen

2.2.1

Zur Organisation und Durchführung empirischer

Wörterbuch-

benutzungsuntersuchungen Die Befragung unter Verwendung eines Fragebogens hat sich bei der Untersuchungsdurchführung als eine praktikable Methode für die Benutzungsforschung bestätigt. Der große Vorteil der Beantwortung schriftlich vorliegender Fragen liegt neben der Möglichkeit, Fragestellungen systematisch vorzubereiten und später ebenso systematisch auszuwerten, in der Tatsache begründet, daß Wörterbuchbenutzung und Ausfüllen des Fragebogens Handlungen sind, die hinsichtlich der bewußten Auseinandersetzung mit der Sprache und dem Sprachwörterbuch eine Reihe gemeinsamer Anknüpfungspunkte

aufwei-

sen. Von besonderem Wert ist überdies die Eigenschaft der Fragebogenmethode, potentiell unendlich verbreitbar zu sein, und zwar was die Anzahl der Probanden als auch die Dauer der Untersuchung anbetrifft. Vor allem auf diesen Aspekt wird im Ergebnis der offenen Probleme und Schwierigkeiten der vorgelegten Untersuchung zurückzukommen sein. Die Hauptprobleme der Untersuchungsorganisation und Durchführung liegen in der noch nicht ausreichenden Absicherung der den Fragen zugrunde liegenden Arbeitshypothesen, der Begrenztheit der verfügbaren Mittel für die Durchführung und Auswertung solcher Untersuchungen sowie der ebenfalls noch nur in Ansätzen abgesicherten Auswertungs- und Bewertungssystematik. Die größten Fortschritte in Auswertung sowohl der vorliegenden als auch anderer

362

metalexikographischer Arbeiten sind demnächst bei der Absicherung und Vertiefung der Problemhypothesen und der darauf zu gründenden Fragestellungen zu erwarten. Die Untersuchungsergebnisse

zeigen,

daß die Annahmen zur Benutzungsmotivation und -situation im wesentlichen zutreffend sind. Es hat sich aber gezeigt, daß für die tiefergehende Erfassung der Einflußfaktoren auf die Wörterbuchbenutzung Wissen über die Verfügbarkeit von Wörterbüchern in Nachschlagesituationen ebenso wie über die Mechanismen der Verbreitung von Wörterbüchern und deren Publizierung eine wesentliche Voraussetzung ist. Erst dann können Ursachen vieler Erscheinungen bei der Benutzung, vor allem aber für die Nichtbenutzung von Wörterbüchern erfolgreich untersucht werden. Dieser

Problemkomplex

muß deshalb in eine auf gesellschaftliche Wirksamkeit orientierte Benutzungsforschung von Anfang an einbezogen und mit großer Intensität untersucht werden. Dies gilt ebenso für die Einbindung der Wörterbuchbenutzung in den Gesamtprozeß der sprachlichen Erziehung im Rahmen der Schulbildung und der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Nur bei komplex angelegter Betrachtung wird es möglich sein, über die in der Benutzungshandlung als Oberflächenerscheinung

fest-

stellbaren Verhaltensweisen hinaus an die Ursachen des Verhaltens vieler Menschen gegenüber Wörterbüchern zu gelangen. Hier wird deutlich, daß solche Untersuchungen nicht allein Wörterbuchschreiber und Wörterbuchbenutzer betreffen und benötigen werden, sondern daß Pädagogen und Soziologen, Verleger, Buchhändler,

Bibliothekare

und Informatiker ebenfalls gefordert sind. Daraus ergibt sich als eines der Felder für Untersuchungen zur Wörterbuchbenutzung die pädagogisch gelenkte Vermittlung des Kontaktes zwischen Schüler und Wörterbuch im Hinblick auf den Effekt dieses Unterrichts für die reale Ausprägung von Benutzerfähigkeiten und vor allem -gewohnheiten. Ein anderes dieser Felder ist die Ermittlung des Bedarfs an wörterbuchvermitteltem Wissen (vor allem auch der Art und des Umfangs des Bedarfs) vor Beginn der Erarbeitung oder Überarbeitung eines jeden Wörterbuchs. Das ist nicht allein ein Gebot der Ökonomie, es ist auch ein Erfordernis der Erhaltung des Realitätsbezuges der Lexikographie. Wenn das Wörterbuch nicht Gefahr laufen soll, am Bedarf und an den Bedürfnissen

vorbeiprojektiert

363

und produziert zu werden, müssen jedem Projekt

Bedarfsuntersuchun-

gen vorangehen und Wirksamkeitsuntersuchungen zur Feststellung der Effektivität der gewählten Konzeption des Wörterbuchs nachfolgen . Schließlich kann in einer so angelegten

Benutzungsforschung

die Wörterbuchverfügbarkeit und -benutzung im Bereich der Bibliotheken und Informationsstellen nicht außer Betracht bleiben, soll das Bild umfassend werden. Um alle diese Benutzungsuntersuchungen rationell

vorzubereiten

und die Vergleichbarkeit bzw. Übertragbarkeit von Ergebnissen zu ermöglichen, scheint vor allem eine Standardisierung der Fragen und daran anschließend der Auswertungsprinzipien zweckmäßig. Mit dem Rückgriff auf standardisierte Instrumentarien könnte ein zweites Problem, das der Annäherung an statistische Repräsentanz und der Absenkung der Fehlerrisiken, mit Aussicht auf stetig verbesserte Ergebnisse anvisiert werden. Dieses Problem steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Begrenztheit der Mittel und Möglichkeiten für Wörterbuchbenutzungsuntersuchungen

jetzt und in abseh-

barer Zukunft. Die Frage der Repräsentanz und der Ausschaltung von Fehlerrisiken stellt sich überall dort, wo statt der zu aufwendigen Gesamterfassung eine Auswahl getroffen werden muß. Die Anwendung sozio-statistisch begründeter Auswahlverfahren ist mit vielen praktischen Problemen verbunden, die aus der Natur der Wörterbuchbenutzung als eines Prozesses resultieren, der außerordentlich breite Bevölkerungsschichten erfaßt, der in den an das Individuum gestellten Anforderungen, Motivationen und den zu erwartenden Effekten überaus differenziert ist und der zudem in der Regel kein selbständiger Vorgang ist, sondern Element anderer, komplexer Prozesse sprachlichen Handelns oder persönlicher sprachlicher kommnung. Um in diese Prozesse und ihre Bedingungsgefüge

Vervoll-

eindrin-

gen zu können, um aber auch begründet die notwendigen Vorgaben für Auswahlverfahren zu machen, ist ein bedeutend höherer Wissensstand erforderlich, als derzeit zur Verfügung steht. Die Wörterbuchbenutzungsforschung bewegt sich deshalb zwangsläufig im Vorfeld der statistischen Repräsentanz für den Gesamtprozeß der Wörterbuchbenutzung, und es ist eine Illusion anzunehmen, daß sie dieses Stadium verlassen könnte, bevor nicht genügend theoretisch

364

und empirisch fundiertes Wissen vorliegt, um wirklich sicher begründete Auswahl-, Untersuchungs- und Auswertungspläne zu erstellen. Um aber die Voraussetzungen dafür zu schaffen, müssen die mit den gegenwärtigen Kenntnissen und Mitteln erreichbaren Kenntnisse und Erfahrungen quantitativ angereichert werden, um als eine sich ständig stabilisierende und erweiternde Grundlage für die anzustrebende qualitative Weiterentwicklung der Untersuchungsmethoden und des daraus gewinnbaren Wissens zu fungieren. Geht man davon aus, daß die für die vorgelegte Untersuchung

gewählten

Schichtungsmerkmale ausreichend für eine sozial differenzierte Wörterbuchbenutzungsuntersuchung

sind, und stellt man damit zu-

gleich fest, daß eine ausreichende Probandenzahl bei der Verknüpfung dieser Schichtungsmerkmale je Probandengruppe nicht erreichbar war, so ergibt sich, daß selbst auf der mit derzeitigem Wissensstand erreichbaren Stufe die durchzuführenden

Untersuchungen

einen bedeutend größeren Probandenkreis umfassen müßten. Legt man eine Mindestzahl von 25 Probanden je Gruppe zugrunde, nimmt man dazu eine Einteilung der Schichtungsmerkmale in 105 Gruppen, bestehend aus 9 Qualifikationsschichten

(je 3 in HS, FS, FA, ζ. B.

bei HS technisch-naturwissenschaftliche,

gesellschaftswissenschaft-

liche und pädagogische Fachrichtung), 90 Berufsrichtungen (u. a. mit der Differenzierung der Lehrerberufe) und 6 Altersgruppen (15-25 Jahre usw.), so ergibt sich eine Mindestzahl von 21525 Probanden. Befragungen in solcher Dimension sind mit derart bedeutendem materiellen, finanziellen und personellen Aufwand verbunden, daß ihre Durchführung kaum realistisch erscheint. Damit steht die Frage nach einem anderen, einem realisierbaren rationellen Weg. Eine Lösung dieser Frage könnte ζ. B. zum Inhalt haben, daß jedem, der (aus verschiedenen Gründen) Daten zur Wörterbuchbenutzung zu erheben hat, ein Bestand an Fragen zur Verfügung steht, die zwischen den an solchen Erkenntnissen interessierten

Institutionen

abgestimmt sind. Die Sammlung der Befragungsergebnisse in einem Datenpool bei- einer wissenschaftlichen Einrichtung ist unter diesen Bedingungen möglich, da die Standardisierung der Fragen eine fortlaufende Einspeicherung von Auskünften und deren periodische oder bedarfsweise Auswertung zuläßt. Hierbei kommt es gar nicht darauf an, daß bei jeder Befragung alle oder möglichst viele Fra-

365 gen gestellt werden, sondern daß immer die standardisierte Frage gestellt und die Angaben zur Schichtenzuordnung des Auskunftsgebers mit der Auskunft erfaßt werden. Auch wenn auf diesem Wege wiederum keine Repräsentativergebnisse im statistischen Sinne erzielt werden, so erbringt doch die zunehmend umfangreichere Ansammlung von Auskünften ein Bild, das immer sicherer durch Bewertung der vorliegenden Auskünfte Schlußfolgerungen zu den Problemen der Wörterbuchbenutzung in verschiedenen sozialen Gruppen gestattet. Die Quellen dieses Wissens liegen dort, wo auch Interesse an solchen Erkenntnissen potentiell vorhanden sein muß: bei den Wörterbuchtheoretikern und den Wörterbuchautoren, bei den Verlegern und den Buchhändlern, bei den Lehrern und bei ihren Lehrern an den Hochschulen, bei den Bibliothekaren und den Informatikern. Sie alle sind, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, daran interessiert, daß jedes neue und überarbeitete Wörterbuch den Interessen, Anforderungen und Möglichkeiten der Nutzer gerecht wird. Geht man allein von der Möglichkeit aus, daß unter Nutzung von standardisierten Fragestellungen Verlage und Buchhandel

Informa-

tionen zur Orientierung ihrer Editions- und Verkaufsstrategie sammeln könnten, daß Wörterbuchautoren vor Fertigstellung einer Wörterbuchkonzeption deren Tragfähigkeit auf eben diese Weise prüfen, Hochschullehrer sich mit Hilfe dieser Fragen einen Eindruck von den Vorkenntnissen und Fertigkeiten ihrer Studenten in diesen Fragen verschaffen, daß schließlich Sprachwissenschaftler sowohl bei der Untersuchung von Fragen der Nutzung bestimmter Wörterbücher bei sprachlichem Informationsbedarf in bestimmten sozialen Gruppen als auch Metalexikographen bei weitergefaßten Untersuchungen das vorhandene Fragesortiment entsprechend ihren konkreten Zielen nutzen und damit sich selbst die Arbeit erleichtern wie auch zur Anreicherung der Informationen im Datenpool beitragen, dann wird die praktische Realisierbarkeit einer solchen Organisation erkennbar.

2.2.2

Zum Stand der Wörterbuchbenutzung

Die Befragung und deren Auswertung hat eine Reihe metalexikographischer Annahmen bestätigt, die praktische Wirksamkeit mancher Wörterbuchkonzeption in Zweifel gestellt, vor allem aber den Blick

366

für die Probleme der bedürfnisgerechten Aufbereitung und Nutzung von Informationen über die Sprache geschärft und auf einige mögliche Ursachen für die bestehende, in vielen Punkten unbefriedigende Situation gelenkt. Von besonderem Wert für die Erzielung realitätsbezogener Erkenntnisse erwies es sich, die Untersuchung nicht primär auf die Benutzungssituation und die Benutzungshandlung zu orientieren, sondern zunächst die Voraussetzungen der Wörterbuchbenutzung und davon ausgehend dann erst die Benutzung und den Benutzungserfolg zum Gegenstand der Befragung zu machen. Verfügbarkeit und Bekanntheit von unterschiedlichen Wörterbüchern haben sich als aussagestarke Indikatoren für den Standard der Wörterbuchbenutzung

ins-

gesamt gezeigt, die für eine zutreffende Bewertung fast aller anschließenden Fragen zur Benutzung von Wörterbüchern notwendig sind und folglich bekannt sein müssen. Wenn einem bedeutenden Teil der Probanden nur der Duden und das Fremdwörterbuch bekannt und ohne weiteres zugänglich sind, dann können sich alle nachfolgenden Auskünfte zur Benutzung zwangsläufig nur auf diese Wörterbücher beziehen. Wird dieser Sachverhalt nicht beachtet, dann müssen Angaben zu anderen Fragen fehlinterpretiert werden. Die große Verbreitung des Dudens und des Fremdwörterbuchs dokumentiert im Verhältnis zu der sehr begrenzten Publizität anderer Wörterbücher ein mehrfaches Dilemma. Duden und Fremdwörterbuch sind, ihrer Konzeption folgend, spezielle Wörterbücher mit entsprechend speziellem, d. h. auch begrenztem Informationsgehalt. Betrachtet man den Umfang und die Art der Informationen, die zur sprach- und sachgerechten Verwendung des Wortschatzes einer Sprache erforderlich sind, dann sind MißerfOlgserlebnisse bei denjenigen vorbestimmt, die Auskunft auf zu viele Fragen zur Sprache in einem der verbreiteten Wörterbücher suchen. Überhaupt drängt sich der Eindruck einer zunehmenden Divergenz von Informationsangebot und Informationsbedarf bei den verbreiteten, schnell verfügbaren Wörterbüchern auf. Das Rechtschreibwörterbuch Duden ist in sehr vielen Haushalten vorhanden, es gilt in den Augen der Masse der Bevölkerung als

das

Sprachauskunftswerk schlechthin. Weil es aber keineswegs ein universelles Wörterbuch der deutschen Sprache ist, hat es einen weitgefaßten Informationsbedarf in diesem Sinne nie abdecken können.

367

Vielmehr ist eine Situation entstanden, in der das Informationsangebot des Dudens die Erwartungen einer sehr großen Zahl der Bevölkerung gegenüber Wörterbüchern prägt, und damit verbunden auch die Beurteilung der praktischen Verwendbarkeit von Wörterbüchern. Wenn auch die durchgeführte Untersuchung nicht darauf gerichtet war, für diese Situation Schuldige zu finden, so kann doch allein aus der Einheitlichkeit der Befragungsergebnisse über Altersgruppen und Qualifikationsgrade hinweg geschlußfolgert werden, daß Schul- und Berufsbildung bislang nicht in der Lage gewesen sind, in dieser paradoxen Lage Veränderungen zu bewirken. Nun wäre die allgemeine Publizität und Akzeptanz des Dudens als orthographisches Wörterbuch kein Problem, wenn über die. darin enthaltenen Informationen hinaus kein Bedarf bestünde. Doch gerade hier ergibt sich aus den Befragungsergebnissen bei zusammenfassender Bewertung ein anderes Bild. Da ist zunächst die große Verbreitung von Fremdwörterbüchern ein Beleg dafür, daß die sich unter dem Einfluß von internationaler Kommunikation und beschleunigter praktischer Wirksamkeit von Gesellschafts- wie Naturwissenschaften vollziehenden Entwicklungen im Wortschatz die Muttersprachler vieler sozialer Schichten veranlassen, Bedeutungen nachzuschlagen. Da sich diese Entwicklungen keineswegs auf die sogenannten Fremdwörter beschränken, und da ein Fremdwörterbuch herkömmlicher Art kaum Informationen über die sprachlich richtige Benutzung eines Wortes gibt, wird auch hier nur ein Teil der potentiellen Informationsbedürfnisse abgedeckt. In die gleiche Richtung, daß also ein offener Informationsbedarf für die aktive Sprachbenutzung besteht, weisen auch andere Ergebnisse der Befragung. Wenn eine größere Anzahl von Probanden zu verschiedenen Fragen äußert, daß die Präsentation von Wörterbuchinformationen häufiger am Wortgruppenbeispiel erfolgen sollte, ist dies u. a. Ausdruck des Wunsches, die lexikalische Information in einer komplexeren praktisch verwendbaren Form zu erhalten, als die sich das Wortgruppenbeispiel

darstellt.

Eine ähnliche Aussage enthält auch die Äußerung vieler Probanden zum Verhältnis von enzyklopädischem und sprachbezogenem Nachschlagewerk und zum Informationsgehalt von Wörterbuchartikeln. Hinter der Feststellung, enzyklopädische Nachschlagewerke

infor-

368 mierten umfassender zum Inhalt des Wortes, steht auch der unausgesprochene Vorwurf, daß die semantische Information des Sprachwörterbuches in der Aussagekraft hinter der

fachwissenschaftli-

chen Information der Enzyklopädie selbst dann zurückbleibt, wenn sie zur richtigen Verwendung des Wortes ausreicht. Doch nicht nur ungenügende Publizität und zu wenig bedürfnisgerechter Informationsgehalt stehen bei vielen Wörterbüchern einer umfassenderen Benutzung entgegen. Auch die Praxis der Präsentation muQ nach den Ergebnissen der Befragung als nicht ausreichend an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert betrachtet werden. Hierbei spielt der Zeitfaktor für den Zugang zu der gewünschten Information eine ausschlaggebende Rolle. Der Griff zum Wörterbuch erfolgt, wenn eine Information sehr schnell und mit großer Zuverlässigkeit gefunden werden soll. Ist die Information im jeweiligen Wörterbuchartikel nicht sofort oder ohne besondere Kenntnisse erreichbar, verliert das Wörterbuch als Informationsmittel sofort seinen spezifischen Wert. Natürlich ist das bei den Nutzern vorauszusetzende Wissen und der als angemessen und zumutbar anzusehende Aufwand für die Identifizierung einer Information nicht für alle Wörterbuchtypen gleich. Aber es liegt in der Natur des Wörterbuchs, daß hier der Zugang so leicht wie möglich zu gestalten ist, daß die beim anvisierten Nutzerkreis vorauszusetzenden Anforderungen eher niedriger als höher angesetzt werden. Hinzu kommt das bereits genannte Problem des bedarfswidrig begrenzten Informationsgehalts der am meisten verbreiteten Wörterbücher. Daraus, und auch aus den Auskünften der Probanden zur Nutzung und zum Wert des Vorwortes, können einige prinzipielle Schlußfolgerungen für die konzeptionelle Arbeit der Lexikographie in der DDR gezogen werden. Dabei ist zuerst zu unterscheiden zwischen dem Allgemeinwörterbuch für jedermann, dem speziellen Wörterbuch für nichtspezialisierte Nutzer und dem speziellen Wörterbuch für spezialisierte Nutzer. Die Konzeption der Präsentation der Informationen in diesen Wörterbüchern ebenso wie die Präsentation der Wörterbücher insgesamt bedürfen einer bedeutend stärkeren Annäherung an die Bedürfnisse der jeweiligen Adressaten. Breiter Bedarf besteht an einem Allgemeinwörterbuch. Ein solches Allgemeinwörterbuch muß diejenigen sprachlichen Informationen zu einem Wort, für

369

die ein beliebiges Mitglied der Sprachgemeinschaft mit durchschnittlichen sprachlichen Fähigkeiten Verwendung haben kann, in übersichtlicher und sofort erkennbarer Form präsentieren. Ist für den Zugang zu einer Information, ζ. B. zu einer besonderen grammatischen Form oder einer semantischen Restriktion, der Rückgriff auf das Vorwort erforderlich, so wird der Benutzungserfolg des öfteren ausbleiben, die Akzeptanz des Wörterbuchs als eines schnellen, sofort verfügbaren Wissensspeichers wird darunter leiden. Der mit der Entwicklung strenger Darstellungssysteme erreichte Nutzen, daß sehr viele Informationen auf sehr engem Raum präsentiert werden können, zu dem die Nutzer nur über das Erlernen dieses Systems mit Hilfe des Vorwortes Zugang finden, bleibt bedeutend hinter dem damit für lange Zeit angerichteten Schaden zurück. Die Ablösung des Rechtschreibwörterbuches aus der Funktion des Volkswörterbuchs, in die es derzeit gedrängt ist, durch ein umfassender informierendes Allgemeinwörterbuch setzt voraus, daß weitestgehend autonom verwendbare und erkennbare Informationen durch geeignete Präsentation angeboten werden. Dies gilt gleichermaßen für die speziellen Wörterbücher, die sich an breite Nutzerkreise wenden, auch hier ist die Reduzierung des Zeitaufwandes durch Gewährleistung des sofortigen Zugangs zur Information die entscheidende Bedingung. Gerade dafür ist das spezielle orthographische Wörterbuch Duden ein markantes Vorbild. Auch der Wert des Vorwortes ist entsprechend den Erwartungen der Nutzer anders zu veranschlagen. Das Vorwort ist ein Teil des Wörterbuchs, auf den die Nutzer in besonderen Fällen zurückgreifen, weil sie Schwierigkeiten bei der Identifizierung der Wörterbuchinformation haben, oder weil sie um ergänzendes Wissen, um Hintergrundinformationen bemüht sind. Das Vorwort soll also nicht Voraussetzung für eine sachkundige Nutzung, sondern Ergänzung der zum Lemma gegebenen Information oder Notbehelf in den möglichst wenigen Problemsituationen sein. Anders stellt sich die Bedürfnissituation allerdings bei den speziellen Wörterbüchern für spezialisierte Nutzer dar. Die Befragung hat den Befund erbracht, daß es einen speziell

linguistischen

Informationsbedarf gibt, der durch Wörterbücher sehr konkret und schnell befriedigt werden kann. Dieser Bedarf an wissenschaftlich orientierter Information besteht nicht nur bei Linguisten und Fach-

370

Pädagogen, er besteht im Gefolge zunehmenden Interesses für die Sprache als eines wesentlichen Kulturgutes auch bei einer zwar kleinen, aber aktiven Anzahl von Nichtfachleuten. Gerade das in der Befragung an vielen Stellen offenbar werdende Bedürfnis nach etymologischen Informationen in Wörterbüchern spricht dafür. Bei diesem Nutzerkreis kann größeres Wissen um sprachliche Regeln und Normen, um Systemzusammenhänge und Begriffe vorausgesetzt werden, und hier ist es angemessen, wenn das Vorwort ein strenges Darstellungskonzept für den interessierten Nutzer verständlich macht. Auch für solche Wörterbücher sollen Möglichkeiten des erleichterten Zugangs zur sprachlichen Information gesucht werden, doch hat diese Frage keine Priorität, diese gebührt vielmehr der Wissenschaftlichkeit und Vollständigkeit des

Informationsgehaltes.

Versucht man, von diesen Sctilußf olgerungen ausgehend, den Stand und die Wirksamkeit der Wörterbuchbenutzung im gesellschaftlichen Leben zu beurteilen, so zeigt sich, daß die Konfrontation der Wörterbuchschreibung mit den Bedürfnissen der potentiellen Nutzer eine Reihe von Differenzen offenbart. Während die vorhandenen, dem Nutzer aber großenteils nicht bewußten Bedürfnisse an sprachbezogener Wörterbuchinformation durch die am meisten verbreiteten Wörterbücher nur zu einem Teil abgedeckt werden, gibt es andererseits eine Reihe von Wörterbüchern, die kaum bekannt und wenig verbreitet sind, und deren Informationsangebot bereits deshalb bisher kaum wirksam geworden ist. Die Benutzung von Wörterbüchern ist für viele Menschen eine gewohnte Handlung, und dennoch ist der damit erreichbare Nutzen bisher in sehr vielen Fällen nicht eingetreten. Die stärkere Orientierung der Darstellungskonzeption

unterschied-

licher Wörterbuchtypen an den Bedürfnissen und Kenntnissen der potentiellen Nutzer ist eine Möglichkeit, zur wirksameren Nutzung des in Wörterbüchern verarbeiteten Wissenspotentials

2.2.3

beizutragen.

Benutzungsfähigkeiten und Anforderungen an Wörterbuchdidaktik und Öffentlichkeitsarbeit

Stellt man die Ergebnisse der Befragung, soweit sie die Fähigkeiten der Probanden zur schnellen und effektiven Benutzung von Wörterbüchern einerseits und die den Probanden bewußten Wörterbuch-

371

bezogenen Informationsbedürfnisse tionsbedarf

sowie den tatsächlichen

Informa-

andererseits betreffen, gegeneinander, so ergibt sich

ein widersprüchliches Bild. Probanden mit relativ niedrigem

Quali-

fikationsgrad und Berufen, in denen kaum besondere sprachliche

Fer-

tigkeiten verlangt werden, geben an, die Aufbauprinzipien von Wörterbuchartikeln, d. h. also ein System der Präsentation

sprachli-

cher Informationen, zu kennen, sie besitzen und benutzen überwiegend nur den Duden - Rechtschreibung

-, andere

jedoch

Wörterbücher

sind ihnen kaum bekannt. Andere Probanden hingegen, die über hohen Grad an sprachlichem Wissen und aktiver

einen

Sprachbeherrschung

verfügen, geben an, daß sie oft unterschiedliche Wörterbücher

be-

nutzen, und daß sie eine Reihe zusätzlicher Informationen in den Wörterbüchern für wünschenswert ansehen. Wenn aber, und dies zeigt sich in dem geschilderten Sachverhalt, vor allem jene

potentiellen

Nutzer, denen sprachliches Wissen am meisten fehlt, aus dem Gesamtpotential der Informationsfähigkeiten mit Hilfe von

Wörterbüchern

nur einen sehr begrenzten Ausschnitt kennen und folglich auch nur diesen nutzen, wenn sehr viele Wörterbücher mit ihrem

Informations-

angebot nur einen kleinen Teil der Bedürftigen, aber einen

größe-

ren Teil der gut Informierten erreichen, so sind die Ursachen

da-

für sicherlich nicht nur in den Wörterbüchern selbst zu suchen. Unterstellt man ein nicht ausgeschöpftes Informationspotential bereits vorhandenen Wörterbücher

der

infolge fehlender Publizität, so

muß man die Verantwortung hierfür in der ungenügenden

Wirksamkeit

der Arbeit jener Bereiche des gesellschaftlichen Lebens suchen, zu deren Aufgaben die Propagierung lexikographischer

Informations-

mittel gehört. Eine solche Verantwortung tragen diejenigen, die Wörterbücher herstellen und vertreiben, die Wörterbücher

im Be-

darfsfall zur Verfügung stellen und die mit der Entwicklung Vertiefung sprachlicher Fähigkeiten als der entscheidenden setzung dafür, daß sprachliche Probleme überhaupt erkannt können, befaßt sind. Auch hier gibt die Sicht über mehrere

und Voraus-

werden Fragen

hinweg ein deutlicheres Bild als die einzelne Fragestellung.

Die

Auskünfte der Probanden zeigen, daß vor allem der Buchhandel

durch

das unmittelbare Angebot und das Verlagswesen durch die Art der Präsentation des Buches einen wichtigen Beitrag zur

Publizierung

leisten, der jedoch unter dem Aspekt der begrenzten realen Verbreitung sehr vieler Wörterbücher als nur wenig erfolgreich

anzusehen

372

ist. Die immer wieder geäußerten kritischen Anmerkungen der Probanden, das Wörterbuchangebot im Buchhandel sei weder stabil noch umfassend, der Gebrauchswert vieler Wörterbücher durch editorische Unzulänglichkeiten wie auch ungünstige Präsentation und durch ungenügend am Informationsbedarf orientiertes

Informationsangebot

nicht ausreichend und der Preis mancher Wörterbücher für viele Nutzergruppen zu hoch, sollten Denkanstöße vermitteln. Diese Kritiken also sprechen nur für den Teil der potentiellen Nutzer, der" solche Angebote im Buchhandel überhaupt zur Kenntnis und zum Anlaß nimmt, sich über dieses Angebot konkret zu informieren. Das ist aber, so muß man den Auskünften zum Bekanntheitsgrad

entnehmen,

nicht die Mehrheit der Bevölkerung, für die der Wörterbuchbegriff oftmals mit dem Rechtschreibduden verschmilzt. So kann aus den Ergebnissen der Befragung gesc'hluflfolgert werden, daß die bedürfnisgerechte Präsentation bedarfsgerechter Wörterbücher zu angemessenen, dem Gebrauchswert und den Finanzierungsmöglichkeiten sprechenden Preisen, eine wirksamere Öffentlichkeitsarbeit

entdurch

Verlage und Buchhandel und die Gewährleistung eines kontinuierlichen und vielseitigen Wörterbuchangebots im Handel, in Bibliotheken und Informationsstellen, Möglichkeiten für eine im Interesse der Sprachkultur wünschenswerte breitere Nutzung von Sprachwörterbüchern bieten. Dennoch trifft diese, sicherlich wichtige Schlußfolgerung nicht das Hauptproblem, das dem unbefriedigenden Standard der Wörterbuchbenutzung in unserem Lande, die Parallelen im gesamten deutschsprachigen Raum hat, zugrunde liegt. Dieses Hauptproblem resultiert, und auch darauf weisen die Ergebnisse der Befragung hin, aus dem gegebenen Niveau der sprachlichen Kenntnisse und der Fertigkeiten zur Nutzung lexikographischer

Informations-

mittel. Kennzeichnend dafür sind die Auskünfte zu den Informationswünschen. Eine große Anzahl auch gerade derjenigen Probanden, die nur Duden und Fremdwörterbuch kennen oder besitzen, wünscht vom Wörterbuch die Präsentation von mehr Beispielen zur Wortverwendung. Das hier deutlich werdende Informationsbedürfnis ist zwar latent, es wurde vielen Probanden als Informationsaufgabe des Wörterbuches aber offenbar erst durch die vorgeschlagene Antwortalternative bewußt. Ein solches unbewußtes Informationsbedürfnis kann aber nur dort bestehen, wo Wissen über die jeweiligen Erscheinungen fehlt.

373 Wenn sehr viele Menschen nicht über ausreichend

anwendungsberei-

tes Wissen zu den semantischen Bedingungen einer normgerechten Verwendung lexikalischer Einheiten verfügen, so werden sie hierzu auch nicht nachschlagen können, weil für sie das Erkennen der Ursachen ihres sprachlichen Problems, ζ. B. eines Ausdrucksproblems, nicht möglich ist. Diese Folgerung findet in den Ergebnissen zur Praxis der Wörterbuchbenutzung eine Stütze, wenn man sie mit den Schwerpunkten des muttersprachlichen Schulunterrichts vergleicht. Die Orthographie, die einen bedeutenden Teil des schulischen Sprachunterrichts einnimmt, steht auch in der Benutzungshäufigkeit der Wörterbücher an der Spitze. Der zweite Schwerpunkt muttersprachlichen

Unterrichts,

die Grammatik, tritt dahinter deutlich zurück. Neben dem bedeutenden Gewicht der Syntax in diesem Fach, für die Wörterbücher nicht unbedingt das günstigste

Informationsmittel

sind, ist es wohl auch die nicht besonders ausgeprägte Eingängigkeit traditioneller deutscher Schulgrammatik, die hier Wirkung zeigt. Semantische Probleme werden im Unterricht vorwiegend im Hinblick auf ausgewählte paradigmatische Relationen behandelt, und hier zeigt sich eine Äquivalenz bei den Bekanntheits- und Benutzungsquoten des Synonym- und Antonymwörterbuchs.

Wesentliche

Voraussetzungen für eine sachgerechte Wörterbuchbenutzung ist es also, daß der Charakter der sprachlichen Erscheinung, die den Anlaß des Nachschlagens im Wörterbuch gibt, dem Nutzer auch bekannt ist. Das Vorwort bzw. die Benutzungshinweise können hier fehlendes Wissen kaum ersetzen (dem müßte auch das Bedürfnis nach schneller Information mit Hilfe des Wörterbuchs entgegenstehen),

sondern

es aktualisieren und erweitern, wenn die Nutzer dies für erforderlich halten. Auch die Einschätzung vieler Probanden zum Wert enzyklopädischer Nachschlagewerke im Verhältnis zum Sprachwörterbuch kann als Bestätigung der Einschätzung angesehen werden, daß eine wesentliche Ursache für die Nichtnutzung der

Informationsangebote

vieler einsprachiger Wörterbücher im mangelnden Wissen der potentiellen Nutzer über den Charakter sprachlicher Erscheinungen liegt. Die Gesamtheit der Antworten sowohl zum Verhältnis von Sach- vs. Sprachinformation als auch zum Informationswert semantischer Informationen zeigt, daß die übergroße Mehrheit der Probanden keine

374 Unterscheidung zwischen Informationen zur Sprache und

Informatio-

nen zu Sachverhalten vornimmt, ausgenommen davon sind

Informatio-

nen zur Orthographie und einzelne grammatische Erscheinungen

wie

ζ. B. Flexion. Dies wäre für sich genommen nicht bedenklich,

wenn

eben nicht gleichzeitig

deutlich erkennbar geworden wäre, daß sehr

viele Nutzer das für sie nicht klar bestimmbare Bedürfnis

haben,

zur normgerechten und kulturvollen Verwendung der Sprache

Hilfe

zu erhalten, die sie aber nach ihren Erfahrungen im orthographischen Wörterbuch nicht finden und deshalb generell vom Wörterbuch auch nicht erwarten. Sicherlich wird dieser Zustand auch davon beeinflußt, daß im Sprachunterricht derzeit fast ausschließlich

die

orthographisch geprägten Nachschlagewerke vorgestellt und in deren Benutzung eingeführt werden. Viele potentielle Benutzer können bei einer (zumeist zufälligen) Begegnung mit anderen

Wörterbüchern,

wie ζ. B. dem HDG, kaum etwas mit den dort angebotenen

weiteren

Informationen anfangen, weil ihnen deren Informationswert

unbe-

kannt ist. Die Benutzung von Wörterbüchern stellt sich also als eine vom Niveau der sprachlichen Bildung abhängige

Verhaltenswei-

se dar, die zwar auch einige selbständige Komponenten wie die Fertigkeiten des Nachschlagens oder das Erkennen von in formalisierten

Informationskomplexen

(den

Informationen

Wörterbuchartikeln)

enthält, von diesen jedoch nicht in erster Linie geprägt Führt man diese Gedanken weiter, so stellt sich die der Fähigkeit zur effektiven Wörterbuchbenutzung

ist.

Entwicklung

nicht als selb-

ständiges Gebiet dar, sondern als Teil der sprachlichen. Bildung, die auch im Unterricht auf allen Ausbildungsstufen als

integrierte

Aufgabe zum jeweiligen Thema wahrzunehmen ist. Dies stellt lei Anforderungen. Einerseits muß die Vermittlung

sprachlichen

Wissens überall dort, wo das Wörterbuch ein zweckmäßiges

Informa-

tionsmittel sein kann, mit der Benutzung von Wörterbüchern telbar verbunden sein. Der Rechtschreibunterricht

zweier-

unmit-

ist bereits in

seiner derzeitigen Form ein Beispiel für diese unmittelbare

Einbe-

ziehung. Es steht fest, daß dafür geeignete, dem Stoff und den Bedingungen der Schüler angepaßte, d. h. auch nach Alters- und Ausbildungsstufe differenzierte Wörterbücher zur Verfügung müssen. Es wird aber auch unübersehbar, daß die zu anderen Wissensbereichen,

stehen

Unterrichtsinhalte

insbesondere den von der

lexikalischen

375

Semantik bearbeiteten, geeignet sein müssen, das Informationsangebot eines Bedeutungswörterbuchs für die Schüler und künftigen Wörterbuchbenutzer verständlich und verwendbar zu machen. Auch hierfür sind geeignete Unterrichtsmittel, d. h. Wörterbücher für Schüler und Auszubildende, erforderlich, vor allem aber ein diese Probleme in ausreichendem Umfang behandelnder Unterricht. Hier scheinen zu einigen Fragen der Lehrplangestaltung in allen Bildungseinrichtungen mit muttersprachlichem Unterricht weiterführende Überlegungen notwendig, man denke nur an die Abgrenzung der Fächer Grammatik und Ausdruck im Hinblick auf Informationen zur Bedeutung eines Wortes, zu Gebrauchsbedingungen, Stilebenen und syntagmatischen

Selektionsbeschränkungen.

Die Bemühungen der Wörterbuchbenutzer, die letztlich Bemühungen um die Verbesserung der Sprachkultur sind, werden in großem Maße von der Schule vorbestimmt, die dort vorgenommene

Grundlegung

sprachlichen Wissens, sprachkulturellen Interesses und gewohnheitsmäßiger Benutzung geeigneter Informationsmittel wird in späteren Jahren nur noch in wenigen Fällen wesentlich verändert werden. Integration des Wörterbuches in den muttersprachlichen Qualifizierung der Unterrichtsinhalte insbesondere

Unterricht,

lexikalisch-

semantischen Inhalts und Vermittlung von Grundkenntnissen über den verfügbaren Informationsfonds spezieller Wörterbücher sind Bedingungen für die Anhebung des allgemeinen Niveaus der Wörterbuchbenutzung, die noch viele weiterführende Überlegungen und Untersuchungen erfordern werden.

376

Anmerkungen 1

Zur Motivation der Fragestellung sowie zur Auswahl der Wörterbücher ausführlicher an anderer Stelle.

2

Die nachfolgenden Kurzzeichen stehen generell als FA für Facharbeiter, FS für Berufstätiger mit Fachschulabschluß und HS für Berufstätiger mit Hochschul-/Universitätsabschluß.

3

Bezieht sich auf eine 1982 von P. Kühn und U. Püschel vorgenommene Untersuchung, in der der Gebrauch allgemeiner einsprachiger und spezieller Wörterbücher des Deutschen ermittelt wurde.

377

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383

FRAGEBOGEN BERUF (bei Lehrern Fachrichtung): QUALIFIKATION: BERUFSJAHRE: ALTER: Obwohl einsprachige Wörterbücher seit Jahrhunderten geschrieben und auch verkauft werden, fehlt noch heute gesichertes Wissen darüber, wer diese Wörterbücher zu welchem Zweck und in welchen Situationen benutzt. Um neue Wörterbücher stärker den praktischen Bedürfnissen unterschiedlicher Nutzer anzupassen, führt das Zentralinstitut für Sprachwissenschaft der AdW entsprechende Untersuchungen durch. Hierzu bitten wir Sie, die nachfolgenden Fragen zu beantworten. 1. Bitte kreuzen Sie von den im folgenden aufgeführten Wörterbüchern diejenigen an, die Ihnen bekannt sind: - Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen. Von F. Dornseif f . - Deutsches Wörterbuch von J. und W. Grimm. - Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Von F. Kluge. - Fremdwörterbuch. Hrsg. von H. Klien. - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, bes. aber des Oberdeutschen. Von J. Ch. Adelung. - Der große Duden.

Rechtschreibung.

- Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache. - Handwörterbuch der deutschen

Gegenwartssprache.

- Kleines etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Hrsg. von E. Wasserzieher. - Kleines Wörterbuch linguistischer Termini. Hrsg. von G. Heibig. - Kleines Wörterbuch der Stilkunde. Hrsg. von S. Krahl und J. Kurz. - Redensarten. Kleine Idiomatik der deutschen Sprache. Von H. Görner. - Rückläufiges Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Von E. Mater. - Synonymwörterbuch. Sinnverwandte Ausdrücke der deutschen Sprache. Hrsg. von H. Görner und G. Kempcke. - Wörter und Gegenwörter. Antonyme der deutschen Sprache. Von Chr. und E. Agricola.

384 - Wörter und Wendungen. Wörterbuch zum deutschen Sprachgebrauch. Von E. Agricola. - Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Hrsg. von R. Klappenbach und W. Steinitz. - Wörterbuch der deutschen Sprache. Von J. H. Campe. - Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten. Hrsg. von J. Dückert und G. Kempcke. - Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Adjektive. Von Κ. E. Sommerfeldt und H. Schreiber. - Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Substantive. Von Κ. E. Sommerfeldt und H. Schreiber. - Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben. Von G. Heibig und W. Schenkel. 2. Sie konnten sich von der reichhaltigen Palette der uns zur Verfügung stehenden einsprachigen Wörterbücher überzeugen. Nicht jeder wird alle diese Wörterbücher kennen, benutzen oder sogar besitzen wollen. Bitte beantworten Sie folgende Fragen: a) Welche Wörterbücher besitzen Sie selbst? b) Welche Wörterbücher stehen Ihnen in Ihrem Betrieb, in Ihrer Dienststelle bzw. Schule zur Verfügung? 3. Mitunter treten Fragen auf, die mit den eigenen bzw. den am Arbeitsplatz verfügbaren Nachschlagewerken nicht gelöst werden können. Haben Sie in einem solchen Fall zur Klärung eines sprachbezogenen Problems Wörterbücher ausgeliehen? ja

nein

Welche Wörterbücher waren das? 4. Haben Sie Wörterbücher im Buchhandel angesehen und dann nicht gekauft? Welche Wörterbücher betraf dies? Warum entschieden Sie sich so? 5. Kennen Sie Wörterbücher, die Sie gerne kaufen würden, aber im Buchhandel nicht bekommen konnten? Welche betrifft dies? Warum haben Sie den Wunsch, das Wörterbuch/die zu besitzen?

Wörterbücher

6. Wie erfahren Sie vom Erscheinen neuer Wörterbücher? - Kollegen teilen es mir mit -

Vorankündigungsdienst

- Tagespresse

385 - Plakate - Quellenangaben in anderen Büchern -

Weiterbildungsveranstaltungen

- andere Möglichkeiten, welche? Kreuzen Sie bitte jede für Sie zutreffende Möglichkeit an. 7. a) Schreiben Sie außerhalb Ihrer beruflichen Tätigkeit oft

selten

b) Handelt es sich dabei vorwiegend um: - Briefe - Eingaben - Artikel - Stellungnahmen - anderes (was): c) Benutzen Sie dazu Wörterbücher als Hilfsmittel, welche? 8. Benutzen Sie für berufliche Arbeiten Wörterbücher, unter anderem bei der Abfassung von - Berichten - Neuerervorschlägen - Beurteilungen - arbeitsvorbereitenden

Materialien

- anderen schriftlichen Ausarbeitungen

(welchen):

Bitte kreuzen Sie alle für Sie zutreffenden Möglichkeiten an, ergänzen Sie den letzten Anstrich und nennen Sie die dabei verwendeten Wörterbücher. 9. Denken Sie über die Sprache nach? Ζ. B. über - guten oder schlechten Ausdruck - fehlerhafte Wortwahl - unklare Formulierungen - sinnverwandte Ausdrücke - Stil - Herkunft und Verwandtschaft von Wörtern - Bedeutung oder Herkunft von Phraseologismen,

Redewendungen

- Zeichensetzung - Fremdwortgebrauch Kreuzen Sie jede für Sie zutreffende Möglichkeit an.

386 Sie haben mit

geantwortet, diskutieren Sie dann darüber

in

- der Familie - im Kollegenkreis - im Freundeskreis Kreuzen Sie jede für Sie zutreffende Antwort an. Ergänzen Sie, wenn eine für Sie zutreffende Möglichkeit nicht genennt wurde. Haben Sie bei Streitfragen Wörterbücher als 'Schiedsrichter' zu Rate gezogen? Wenn ja, welche? 10. Benutzen Sie

Wörterbücher

- häufig -

gelegentlich

- nie 11. Bitte nennen Sie 3 Wörterbücher in der Reihenfolge der keit, in der Sie mit ihnen arbeiten

Häufig-

1. 2.

3. 12. Kennen Sie die Aufbauprinzipien eines ja nein

Wörterbuchartikels?

13. Wissen Sie, wie die verschiedenen Informationen eines Wörterbuchartikels angeordnet sind? ja

innerhalb

nein

14. Lesen Sie das Vorwort eines ja

Wörterbuches?

nein

Sie haben m i t ' g e a n t w o r t e t , - vor der ersten

lesen Sie das Vorwort

Benutzung

- wenn Sie eine bestimmte Information suchen - wenn Sie mit den Angaben im Wörterbuch Schwierigkeiten haben - andere

Möglichkeiten

Sie haben mit nein geantwortet, erklären Sie bitte

warum?

387

15. Bevorzugen Sie zur Klärung von Fragen über den Inhalt Bedeutung) eines Wortes

(die

- ein fachorientiertes Nachschlagewerk, wie ζ. B. Philosophisches WB, Meyers Lexikon, Brockhaus A B C - ein sprachorientiertes Nachschlagewerk, wie ζ. B. Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache - ausschließlich den DUDEN? Begründen Sie Ihre

Antwort.

16. Benutzen Sie Wörterbücher um Informationen zu erhalten zu: - orthographischen Fragen, die die richtige des Wortes betreffen

Schreibweise

- grammatischen Problemen, wie ζ. B. Pluralbildung, setzung usw.

Artikel-

- semantischen Fragen, wie ζ. B. Bedeutungsähnlichkeit, Bedeutungsgleichheit von Wörtern, unterschiedliche Bedeutungen eines Wortes - etymologischen Fragen, wie ζ. B. die Herkunft und Verwandtschaft eines Wortes - Fragen über die richtige Schreibweise und bei Fremdwörtern - anderen Möglichkeiten,

Aussprache

welche?

Numerieren Sie bitte diese Angaben in der Reihenfolge der Häufigkeit des Nachschlagens. Falls Sie einige der genannten Angaben überhaupt nicht nachschlagen, kennzeichnen Sie diese bitte mit 0. 17. Schlagen Sie nach um - Wissenslücken zu schließen - Zweifelsfälle zu klären - bei Ausdrucksschwierigkeiten, d. h. bei der Suche nach einem sinnverwandten Ausdruck - Bedeutungen von Wörtern zu erschließen a) bei mehrdeutigen deutschen Wörtern b) bei Fremdwörtern c) bei Wörtern, die Sie in dieser Verbindung nicht gehört haben

noch

- Verbote oder Regeln für die Verwendung von bestimmten Wortfügungen zu erhalten - etwas über stilistische Aspekte zu erfahren - andere Fragen zu lösen, welche?

388 Bitte Zutreffendes ankreuzen. 18. In welchen Wörterbüchern haben Sie in der Regel Antworten auf Ihre Fragen gefunden? Benötigen Sie für spezielle Fragen weitere Wörterbücher? ja

nein

Welche Wörterbücher für welche Fragen waren das? 19. Waren die im Wörterbuch enthaltenen Informationen Ihnen von Nutzen, haben Sie ausreichende Antworten auf Ihre Fragen bekommen? ja

nein

Haben Sie mit nein geantwortet, dann überlegen Sie bitte, ob der Grund dafür in - noch nicht ausreichender. Übung im Umgang mit dem Wörterbuch - den unverständlichen Aufbauprinzipien der Wörterbücher - der unübersichtlichen Gliederung des Wörterbuchartikels - der schlechten optischen Darstellung der Informationen liegt. Zutreffendes bitte ankreuzen. 20. Sind Sie der Meinung, daß durch Unterricht in der Wörterbuchbenutzung erreicht werden kann, daß - das Wörterbuch häufiger benutzt wird - Informationen, die es enthält, leichter erkennbar sind - Sie die Sprache bewußter anwenden? Zutreffendes bitte ankreuzen. 21. Wünschen Sie .sich von einem neuen noch zu konzipierenden einsprachigen Wörterbuch - eine übersichtlichere Gliederung des Wörterbuchartikels - eine verständlichere Beschreibung zur Benutzung im Vorwort - mehr Beispiele für die Verwendung des Wortes - mehr enzyklopädische Angaben auch in Sprachwörterbüchern - die Kennzeichnung des Charakters jeder Angabe (ζ. B. als gramm., stilist., etymolog. etc.) in jedem einzelnen Wörterbuchartikel zur besseren Unterscheidung der Informationen

389

22. Würde es Sie stören, wenn das Wörterbuch aufgrund ausführlicherer Informationen zwei und mehr Bände umfassen müßte? ja

nein

23. Welche Informationen würden Sie sich in einem einsprachigen Wörterbuch zusätzlich wünschen? 24. Sind Sie der Meinung, daß für Ihre berufliche Tätigkeit der DUDEN ausreicht? ja

nein

25. Sind Sie der Meinung, daß man den Umgang mit Wörterbüchern - lehren sollte

ja/nein

- durch Übung erlernen kann

ja/nein

Nichtzutreffendes bitte streichen.

ERHARD

AGRICOLA

ERMITTLUNG UND DARSTELLUNG DER LEXIKALISCHEN DES

MAKROSTRUKTUR

WORTSCHATZES

0.

Vorbemerkung

1. 1.1. 1.2. 1.3.

Stand der Dinge, Kritik, neue Aufgaben Synonymie- und Antonymierelationen Kollokations- und komplexe Relationen Überlegungen zu neuen Methoden

2. 2.1. 2.2.

Kernkonzepte und lexikalisch-semantische Psycholinguistische Theorie Bisherige lexikographische Praxis

3. 3.1. 3.2. 3.3.

Feldkomplexe und ihre Relationen Handlungstheorie und Perionymie Feldkomplexe (Ordnungen und Strukturen) Feldkomplex und Geschehenstyp

4. 4.1. 4.2.

Ordnungen von lexikalisch-semantischen Feldern (Megastruktur des Wortschatzes) Klassifizierung nach valenzrelevanten Merkmalen Semantische Kategorisierung

5. 5.1. 5.2. 5.3.

Multidimensionalität "Normale" Mehrfachklassifizierung Konzeptuelle Verschiebung Sensorische und kategoriale Bedeutungen

6. 6.1. 6.2. 6.3.

Innere Struktur von lexikalisch-semantischen Feldern Feld-Begriffe und ihre Probleme Wortfelder nach LUTZEIER Gliederungsmethoden und ihre Schwierigkeiten

7.

Fazit

Literatur

Felder

391

0.

Vorbemerkung

Der vorliegende Aufsatz ist als Beitrag zur aktuellen Diskussion über Wege gedacht, auf denen man die Inhalte von einsprachigen Bedeutungswörterbüchern systematisch verbessern, verändern, vervollständigen und modernisieren könnte, sowohl im Hinblick auf die verschiedenen einzelnen Informationsarten, als auch auf die Typen von Wörterbüchern überhaupt. Es handelt sich um die überarbeitete Fassung eines Kapitels aus umfangreichen Studien zu einem neuartigen Wörterbuch der lexikalischen Mikro-, Medio- und Makrostrukturen (Komplexwörterbuch 1987). "Komplex" soll hier nicht einfach "universal" oder "additiv" heißen, sondern es ist gemeint als "kombinatorisch" in neuer Sicht und über die bisherigen Angaben hinausgehend. Das Vorhaben wird so bezeichnet, weil es sein wichtigstes Anliegen - neben den gewohnten Informationen eines Bedeutungswörterbuchs - ist, dem Benutzer die Komplexität aller Systembeziehungen, die ständigen wechselseitigen Relationen sinnfällig zu machen, in denen die Elemente des Wortschatzes miteinander stehen. Anders gesagt: Es sollen nicht nur die Erläuterungen des denotativ-referentiellen Anteils der Bedeutungen (nebst nicht-denotativen Informationen) gegeben werden, sondern regelmäßig auch ihr relationaler Anteil, d.h. paradigmatische und syntagmatisch-kollokationelle Beziehungen sowie die Position im Gesamtsystem des Lexikons. Es war nicht der Zweck der Untersuchungen, eine selbständige Theorie der Lexikographie zu begründen (vgl. dazu Wiegand 1983) oder einen Beitrag zur Theorie des Lexikons zu leisten; vielmehr ging es darum, aus der Fülle von neuen, richtungweisenden, aber sehr widersprüchlichen Trends diejenigen herauszufinden, deren Erkenntnisse so reif und umfassend sind, daß sie bald in die lexikographische Praxis übertragen werden könnten, wobei die Hauptschwierigkeit darin bestand, eine Modellform des Wortschatzsystems zu entwickeln, die weder dem Vorwurf bloßer sporadischer Verbesserungen noch dem des eklektizistischen Zusammenfügens bestehender Systembeschreibungen ausgesetzt ist.

392 1.

Stand der Dinge, Kritik, neue

1.1

Synonymie- und

Aufgaben

Antonymierelationen

Semantik- und Syntaxforschung haben uns im letzten

ViertelJahr-

hundert ein völlig neues Bild vom Wesen, von der Struktur

und

der Funktion des Wortschatzsystems und, unter anderem, auch bedeutsame neue Erkenntnisse über den Charakter der

verschiedenen

Typen semantischer Relationen zwischen seinen Elementen fert. Aus der umfangreichen Literatur können hier nur

gelie-

stellver-

tretend einige wenige Autoren genannt werden, um Wege und Richtung und die hier gemeinte Sicht anzudeuten: Leisi (1953),

Lyons

(1969), Chafe (1970), Greimas (1970), Weinreich (1970), Wotjak (1971), Klix (1971), Apresjan (1974), Probleme (1981), Hundsnurscher/Splett

(1977),

Lutzeier

(1982). Wenn im folgenden von der

Makrostruktur des Lexikons (im Gegensatz zur Mikrostruktur ner lexikalischen Grundeinheiten) die Rede ist, sollen vorerst grob gesprochen, verstanden

sei-

darunter,

werden:

(a) die Beziehungen zwischen Elementen innerhalb

komplexer

Paradigmen (Felder), d.h. Synonymie, Similarität, mie/Heteronymie, Hyponymie-Hyperonymie

Kohypony-

und Opposition

(Kon-

versivität, Komplementarität, Antonymie, Kontrast) und die daraus resultierenden inneren Feldstrukturen; (b) die Ordnung dieser Paradigmen als relativ Subsysteme des Wortschatzes untereinander; (c) die Beziehungen zwischen Elementen aus

Vereinbarkeit und der

geschlossene und

unterschiedlichen

Paradigmen als (potentiell) syntagmatische Kollokationsrelationen

sowie

freie und feste

aufgrund der Regeln der

semantischen

Valenzforderungen.

Die Auffassung der Relationstypen und ihrer

Zusammenhänge

folgt im wesentlichen den Definitionen in Agricola (1975 und 1979), Probleme

(1977) und Lutzeier

(1981); sie wird im Abs. 6.

dargelegt. Die generelle Aufgabe wäre es, Vorarbeiten dafür zu leisten, daß sämtliche genannten Beziehungen zwischen

lexikali-

schen Elementen systematisch als ebenbürtige Informationen ben den Bedeutungserläuterungen der üblichen (oder einer serten) Fassung in zukünftige Wörterbücher

aufgenommen

ne-

verbes-

werden

können. Denn wegen des dialektischen Wechselverhältnisses

zwi-

393

sehen den Mikrostrukturen der lexikalischen Einheiten und deren makrostrukturellen Relationen ergeben erst beide Arten von Angaben zusammen den völligen Umfang der Bedeutung und der Anwendungsbedingungen für das Einzelelement, nämlich der denotativ-referentielle Anteil (nebst der nicht-denotativen Information)

und

die zwiefache Einbettung in das Gesamtsystem, d.h. seine Position im Paradigma und die Interrelationen mit seinen potentiellen regulären

Kollokationspartnern.

Ein nicht sehr komplexes - und dennoch nicht einfach zu realisierendes - Beispiel möge illustrieren, in welche Richtung sich die Überlegungen bewegen. Als Ausgangsinventar für die Analyse seien folgende drei ungeordnete (bzw. rein alphabetisch geordnete) "rohe" Wortfelder gegeben, die vom Verfasser in seiner Eigenschaft als Lexikograph kraft seiner eigenen Sprachkompetenz und mit Hilfe von Wörterbüchern und Informantenbefragungen

zusammen-

gestellt worden sind: I. ANLEGEN: anbauen, anlegen, anpflanzen, aufforsten, einsetzen, pflanzen, setzen, ... II. BESEITIGEN: abhauen, abholzen, ausforsten, aushauen, ausholzen, ausreuten, ausroden, durchforsten, einschlagen, fällen, hauen, lichten, reuten, roden, schneiden, stutzen, urbar machen, ... III. WALDUNG: Aue, Auenwald, Baumgruppe, Baumschlag, Baumschule, Busch^, Buschland, Buschwerk, Dickicht, Dschungel, Forst, Gebüsch, Gehölz, Gesträuch, Gestrüpp, Hag, Hain, Hecke, Heide2, Hochwald, Holz, Holzung, Horst2, Knick2, Knieholz, Krüppelholz, Lustwäldchen, Pampa, Prärie, Savanne, Schonung2, Steppe, Taiga, Unterholz, Urwald, Wald, Wäldchen, Waldgebiet, Waldland, Waldung, ... (Anmerkung: Die Indizes sollen in Zweifelsfällen darauf aufmerksam machen, daß tatsächlich eine in das gegebene Feld gehörige Lexemvariante gemeint ist, z.B.: Buscha = 'kleiner Wald mit Buschwerk' bzw. 'tropische Waldform'; Knickp = 'Erdwall mit Heckenbepflanzung'.)

394

Auf der Grundlage der zu diskutierenden theoretischen Modellvorstellung gilt es, die Elemente jedes der drei Felder unter sich nach dem Grad der Bedeutungsnähe oder -ferne (durch Vergleich der Ergebnisse der Mikroanalysen) und danach unter dem Aspekt von Zentrum/Peripherie/Grenze im Hinblick auf die Bedeutung des jeweiligen Hyperonyms zu ordnen; es folgt die Aufdeckung der hierarchisch-paradigmatischen Strukturen innerhalb der Einzelfelder, und schließlich sind die zwischen den so analysierten Feldern allgemein und im konkreten Einzelfall bestehenden antonymischen Relationen und die korrekten

Kollokationsbeziehungen

zu bestimmen: eine weitere Aufgabe wäre die Einordnung der Gesamtfelder unter ihre jeweiligen umfassenderen

Bedeutungseinhei-

ten, z.B. WALDUNG (neben FELD, GARTEN, MOOR, WIESE, ÖDLAND, ...) unter LANDSCHAFTS-/VEGETATIONSFORM und BIOTOP. Es ist ebenso bedauerlich wie erstaunlich, daß die Darstellung makrostruktureller Relationen (auch in Bezug auf einzelne Typen) in Wörterbüchern so gut wie gar nicht mit der Entwicklung der theoretisch-linguistischen Einsichten Schritt gehalten hat, obwohl doch, zumindest auf dem Gebiet der Synonymik, eine sehr lange Tradition besteht, die sich bis auf Eberhard

(1775-1802)

zurückführen läßt - dort bereits mit einer Ordnung nach der Bedeutungsnähe

und

mit Angabe der Bedeutung selbst! Es sind

jedenfalls bisher keine größer angelegten Unternehmen bekannt, mit denen versucht wird, systematisch und homogen die verschiedenen Typen semantischer Relationen zwischen den aufgenommenen Lemmata mit modernen Methoden zu erfassen und darzustellen, die ja wegen der alphabetischen Ordnung der üblichen

(einsprachigen)

Bedeutungswörterbücher - um mit diesen zu beginnen - nicht sinnfällig werden. Der Benutzer wird also nach wie vor nur sporadisch, mit konventionellen Verweismitteln und vom isolierten Stichwort aus über einige paradigmatische Beziehungen

(meist

Synonymie, gelegentlich Antonymie) unterrichtet oder es werden ihm beide teilweise als Elemente der Bedeutungserklärung

vorge-

führt und nicht expressis verbis als semantische Relationen, so daß ihm prinzipiell und im Einzelfall die Existenz von makrostrukturellen Bedeutungsanteilen und ihr Zusammenhang mit den mikrostrukturellen kaum bewußt wird.

395

Die Kritik, die Wiegand/Kuöera an Brockhaus-Wahrig

(1981/1982) und Agricola

(1980/84) auch im Hinblick auf die

(1982b)

Informa-

tionen über die Synonyme (und Antonyme) der Stichwörter üben,

trifft

im Grunde auf fast alle derzeitigen Bedeutungswörterbücher

des

Deutschen und nicht nur auf die behandelten Beispiele zu: Synonyme werden in großer Zahl zur Erläuterung der

Wortbedeutungen

mit verwendet, je nach Notwendigkeit und Möglichkeit allein oder in Verbindung mit weiteren Synonymen oder in Kombination mit Paraphrasierungen,

aber sie werden weder systematisch oder

vollstän-

dig gegeben, noch ist beabsichtigt, ihre Einordnung in ein Synonymenfeld zu zeigen. Hinter Fällen, in denen auf Synonyme

expli-

zit durch Verweisungen Bezug genommen wird, ist gleichfalls System zu erkennen. Oft sind beide Verwendungsweisen würdige Art vermengt und/oder durch einen nicht näher

auf

frag-

erklärten

"Siehe auch"-Verweis ergänzt, der der unbewältigte Ansatz synonymische, kohyponymische oder hyperonymische

kein

ist,

lexikalische

Einheiten miteinander in Beziehung zu setzen: Blähung: f

...Darmgase; Sy

a. Flatulenz,

Darmwind,

Vapeur;

Meteorismus

Und wenn schon auf Meteorismus (als Parallelerscheinung Tieren) verwiesen wird, warum dann nicht auch auf Trommelsucht und

bei

Blähsucht,

Tympanie?

Die Behandlung der Informationen über Gegensatzwörter

(i.w.S.)

zum Lemma zeigt Mängel aus ähnlichen Ursachen wie bei der

Synony-

mik. Abgesehen von einer unzulänglichen Definition dieser

Rela-

tionen und einer fehlenden Typenunterteilung,

ist die Auswahl

der Stichwörter, zu denen entsprechende Angaben gemacht

werden,

weder erschöpfend noch erkennbar systematisch erfolgt. So werden zwar als Oppositionspaare z.B. Auspuffturbine

: Stauturbine

und

die "klassischen" Fälle wie alt : .jung / modern / neu / . . . aufeinander bezogen, doch bei bitter ist nur die

antonymische

Beziehung zu süß, nicht aber die von wenigstens fünf

weiteren

Lexemvarianten angegeben. Bei so deutlichen Vorkommen wie aufladen

: abladen / abnehmen / CßichJ entladen / ... fehlt

che Angabe, so ausgefallenen Paaren wie aufhauben

jegli-

: abhauben

hingegen wird sie zugebilligt. Auch das Problem der nicht rein

396

polaren, sondern skalaren Gegensätze bleibt unverarbeitet und wird durch gelegentliches Ausweichen auf den "Siehe auch"-Verweis abgetan: labil: ...: Ggs. stabil; f a. indifferent Wörterbücher, deren Hauptanliegen es ist, jeweils nur einen

bestimmten Typ von paradigmatischen Beziehungen zu

zeigen, werden der Aufgabe, die Strukturen von Subsystemen darzustellen, wohl gerechter, wenngleich die praktischen lexikographischen Erzeugnisse auch hier hinter dem Stand der heutigen semantiktheoretischen Erkenntnisse zurückgeblieben sind. Der Typ des reinen

Antonymen

-Wörterbuches ist, gemes-

sen an der über hundertfünfzigjährigen Geschichte der Kodifizierung der Synonyme, sehr jung; das ist umso verwunderlicher, als ihnen gegenüber die lexikographische Darstellung der Gegensatzwörter relativ leicht ist. Die erste umfangreiche Sammlung von Antonymenpaaren (Agricola 1977) beschränkt sich im wesentlichen auf rein paarige Lexempartnerschaften und löst die skalaren und in anderer Hinsicht nichtpolaren Gegensätze in bipolare auf. Wichtig und neu ist die systematische Differenzierung der Antonymiepartner nach den einzelnen Varianten polysemer Lexeme: finster^

: hell, licht

finste^

: heiter, freundlich, erfreulich

finster^

: sauber, redlich, lauter

finster^

: günstig, freundlich, hell

Auch die Tatsache, daß es sich bei der Mehrzahl der Fälle nicht um Polaritäten zwischen Einzellexemen, sondern jeweils zwischen Synonymengruppierungen handelt, wird beachtet und im Vorwort (S. 22) besonders hervorgehoben und exemplifiziert. Im Wörterbuch selbst ist diese Art der Vernetzung nur auf der "rechten" Seite, bei der Angabe der Antonymenpartner, erkenntlich; die entsprechenden Relationen zwischen den Lemmata sind durch die alphabetische Anordnung

verdunkelt.

Bei der Repräsentation von

Synonymen

-gruppierungen,

die in entsprechenden Wörterbüchern unter alphabetisch geordneten Stichwörtern als "Leitsynonymen" ("semantischen Dominanten") abgehandelt werden, verwehrt der Bearbeiter sich selbst und dem

397

Benutzer den Blick darauf, welche innere, semantisch bedingte Ordnung die Elemente untereinander haben und daß sie insgesamt einem mehr oder weniger kontinuierlichen

synonymisch-(ko)hyp-

onymischen System angehören. Die Schwierigkeiten, solche Zusammenhänge durch Verweisungen kenntlich zu machen, seien an drei Stichwörtern (Beisp. 1) aus einem Synonymenwörterbuch

(Görner/

Kempcke 1973) demonstriert, nämlich an der Aufteilung und Verstreuung nahe beieinanderliegender Bedeutungselemente aus dem Bereich LADEN 'zum Zwecke der Transporte auf ein Beförderungsmittel (fort)bewegen' über mehrere Lemmata und unter andere, semantisch ferne Lexemvarianten. Beispiel 1: aufladen: 1.

völlig, ganz gesund / kerngesund

^

fest, tief

schlafen Frost

heftiger Regen / Platzregen, Wolkenbruch

oder die Funktion "Caus (x)" (= 'bewirken,

daß'/'hervorbrin-

gen') bzw. ihre Kombinationen für Relationen wie

402

Caus

(schlafen)

einschläfern

(Krise)

eine Krise

(Institut)

ein Institut

(Rakete)

eine Rakete starten (Caus Func)

(Verzweiflung)

in die Verzweiflung (Caus Oper)

(schlecht)

korrumpieren

"

hervorrufen gründen treiben

(Caus Pred.)·

Die Funktion "Liqu (x)" bezeichnet das logische Gegenteil von (=

'bewirken, daß nicht

folgende Liqu

da-

[mehrj ' ) und bezieht sich ζ. B. auf

Relationen: (Fehler)

einen Fehler

(Panik)

eine Panik ersticken,

(Spur)

eine Spur

(schlafen)

wecken

verbessern dämpfen

verwischen

Diese Funktionen können auch mehrstufige Relationen angeben; so ζ. B. "Prepar (x)" (= 'zur Realisierung

vorbereiten'):

Prepar (Messer)

»

Messer schleifen;

I, Prepar '"'(Gewehr)

^

Gewehr

laden anlegen

Prepar

^(Gewehr)

Gewehr

Prepar

^'''(Gewehr)

zielen

aber:

Der Begriff der "Funktion" kann sogar die Relationen zu extralinguistischen landeskundlichen, sachlich-enzyklopädischen formationen mit Equip

einschließen:

(Geschütz)

Bedienungsmannschaft

Mult

(Blume)

Strauß

S

Real

Teestube

loc

In-

Was dieses Wörterbuch unter dem hier zur Diskussion

stehen-

den Gesichtspunkt der Makrostruktur besonders auszeichnet,

ist

die verhältnsmäßig große Zahl von Kollokationsangaben,

und zwar

sowohl dem Typ als auch den konkreten Beispielen nach.

Unter

den 77 (semantisch definierten) "Funktionen" gibt es 37, die in unserem Sinne zu den (potentiell) syntagmatischen

Kollokations-

relationen (einschließlich der aufgrund der spezielleren beziehungen) gehören. Die Bezeichnung

"kombinatorisch"

Valenz-

im Titel

ist berechtigt, denn das Werk erfüllt neben den Aufgaben

eines

403 Bedeutungswörterbuches

durchaus diejenigen eines speziellen

phra-

seologischen Wörterbuches mit; d.h. es geht weit über die in den üblichen Bedeutungswörterbüchern

als nötig und möglich

angesehene

Art und Menge von Informationen hinaus, die paradigmatische

und

syntagmatische Beziehungen des Lemmas nur mehr oder weniger

deut-

lich und systematisch durch Kontextbeispiele,

"Fügungen",

vante Umgebungen", lose oder feste Redewendungen u.a.

"rele-

andeuten.

Es übersteigt in dieser Hinsicht aber auch nicht die Grenzen von Wörterbüchern dieser Art oder von speziellen phraseologischen xika (ζ. B. Agricola 1962) durch irgendwelche prinzipiellen

Le-

Neue-

rungen. Fast alle jüngeren lexikographischen Produkte von einem gewissen Umfang an geben einhellig

(wenn nicht durch

bewirkt!) und etwa gleichlautend das überschaubare

Übernahme

Kollokations-

netz eines Stichwortes wie Ka_ffee (Beisp. 5) so relativ wieder, wie es die Aufgabe einer derartigen erfordern

komplett

Informationsquelle

kann.

Beispiel 5: Kaffee 1. (Kulturpflanze):

K. anbauen, anpflanzen, der K. wächst,

gedeiht 2. (Früchte und Halbfabrikat): K. ernten, pflücken, mahlen

rösten,

|| grüner, gerösteter, gemahlener K. -

3. (Getränk): Κ (auf)brühen, kochen, filtern, machen, bereiten, bestellen, eingießen, anbieten, trinken (1)

übergießen,

einschenken,

|| starker, kräftiger,

guter, duftender, aromatischer,

löslicher,

dünner, koffeinfreier,

schwarzer, weißer Κ., K. komplett, eine Tasse, ein Kännchen K. 4. (kleine Mahlzeit): zum Κ einladen, bitten, K. trinken (2), einen K. geben. Dieser günstige Eindruck der Vollständigkeit und

Abgeschlos-

senheit entsteht im Beispiel Kaffee dadurch, daß es sich um die Bedeutungsvarianten und Beziehungen eines substantivischen zur Bezeichnung eines sachlichen, konkreten Nutzobjekts den diesbezüglichen Zuständen, Vorgängen und Aktionen die feste, begrenzte Kollokationspartnerbereiche

Lexems

mitsamt

handelt,

bilden und ge-

404 meinsam sogar eine Art von einfachem Semantischem Rahmen scheinlich übereinzelsprachlich

(wahr-

gültig) darstellen. Solche

Fälle

gibt es viele, sie dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, sie nicht nur dem Lexikographen die geringsten

daß

Schwierigkeiten

bereiten, sondern auch dem potentiellen Wörterbuchbenutzer. wirklicher Fortschritt auf dem Gebiet der Behandlung

Ein

syntagmati-

scher Zusammenhänge bestünde darin, die Voraussetzungen zu schaffen, auch bei weniger klaren Bedeutungseinheiten mit

umfangreiche-

ren, nicht deutlich begrenzten Partnerbereichen eine

objektive

Auswahl derjenigen Informationen aufzustellen, die so

allgemein

wie möglich und so detailliert wie nötig sind, daß sie um im Einzelfall zu entscheiden, ob eine

genügen,

Kollokationsrelation

"normalerweise" zulässig ist oder nicht. Diese Notwendigkeit sich überzeugend auch an einigen Beispielen demonstrieren, Müller

die

(1984) gibt, er allerdings, um für eine Präzisierung

Bedeutungsanalysen

läßt

(durch die "Umkehrprobe") zu plädieren,

der was

ja nur die eine Seite der Medaille ist. Ihm geht es darum zu zeigen, daß die sporadische Angabe einiger Kollokationspartner ausreicht, um Bedeutungsdifferenzen

nicht

und Gebrauchsunterschiede

schen eng verwandten Lexemen (auf der Grenze zwischen

zwi-

Kohyponymen

und Synonymen) festzustellen und wiederzugeben, und - so fügen wir hinzu -, um die üblichen, korrekten Partner außerhalb Beispielsvorkommen

sicher zu

der

erschließen.

Die Gruppe folgender Verben (hier beschränkt auf die lichen" Bedeutungsvarianten und die intransitive Form)

"eigentabrocknen,

austrocknen, eintrocknen, trocknen, vertrocknen wird in den gängigen, auch den großen, Wörterbüchern fast durchweg mit

einheitlich

'trocken werden' erläutert, in zwei Fällen (aus- und ver-

trocknen) mit dem Zusatz

'völlig'. Die Angaben unterscheiden

sich

nur durch die hinzugefügten Lexeme, die als Exempel für die jeweiligen Aktanten (Subjekte), teils auch als

Kontextelemente

stehen: abtrocknen

(Erdboden, Weg, Dach,

Wäsche)

austrocknen

(Graben, Teich, Bach, See, Erdboden, Holz, Brot, Haut,

eintrocknen

Flußbett, Kehle)

(Pfütze, Tinte, Farbe, Wunde, Tortenbelag)

Blut,

405

trocknen

(Wäsche, Schirm, Fischernetz, Pflanze)

vertrocknen

(Boden, Wiese, Blume, Beere, Ast, Quelle, Brot)

Ein Benutzer kann sich also nicht darüber informieren, daß ζ. B. Lippen trocken werden, aber nicht trocknen, nicht ein-, aus-, abtrocknen und nicht vertrocknen. Er erfährt zwar, daß Wäsche, Schirme, Netze trocknen, eventuell, daß sie trocken werden und abtrocknen können, und nicht, daß sie nicht ein- oder austrocknen und nicht vertrocknen. Er kann nicht den Unterschied ablesen zwischen Wiesen, die trocken werden und die vertrocknen, und auch nicht den zwischen Farbe, die an der Wand trocknet oder trocken wird, aber in der Büchse eintrocknet. Und er wird über Hunderte anderer Fälle nicht unterrichtet, die nicht aufgeführt und nicht durch Analogie oder anders erschließbar sind. Dies sei erst möglich, stellt Müller mit Recht fest, wenn für die einzelnen Lexembedeutungen auf Mikroanalysen (einschließlich seiner Umkehrprobe) beruhende Bedeutungsangaben zur Verfügung stehen, die wenigstens die folgende Präzision haben: austrocken 'dadurch völlig trocken werden, daß einer Sache die substantiell zugehörige

Feuchtigkeit/Flüssig-

keit entzogen wird'. (Zu ergänzen wäre:

"... oder daß sie aus ihr austritt', und

ferner 'zugehörige oder nicht zugehörige, d.h. unerwünschte Feuchtigkeit', wenn man feuchte Neubauten oder überschwemmt gewesene Keller als Aktanten mit einbezieht.) Bedeutungserläuterungen von (mindestens) dieser Fassung wären dann auch die Ausgangspunkte zur Erschließung und Festlegung des Umfangs der Kollokationspartnerbereiche und Grundlage für die systematische Darstellung der Relationen zwischen ihnen.

1.3

Überlegungen zu neuen Methoden

Wegen der skizzierten und anderer Schwächen in der bisherigen Praxis der Darstellung makrostruktureller Relationen sollte nach Meinung des Verfassers der Versuch unternommen werden, in künftigen Wörterbuchtypen dem Benutzer neben den Bedeutungserläute-

406

rungen der lexikalischen Elemente, die auf einheitlichen

Mikro-

strukturanalysen beruhen müßten, zunächst deren vielfältige flechtung

in die Gesamtheit des Netzes der "klassischen"

tischen Relationen

(einschließlich der potentiell

Ver-

seman-

syntagmatischen)

zu zeigen; als deren jetzige Obergrenze ist wohl der Übergang manchen bereits eindeutig erfaßbaren Grundformen von

zu

Semantischen

Rahmen (Frames) anzusehen. Die neue Hauptaufgabe wäre es, die Zusammenhänge und die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den Mikrostrukturen der Lexeme und deren Positionen in der

paradigma-

tischen und syntagmatischen Makrostruktur

darzustel-

systematisch

len und bewußt zu machen, und zwar in zwei einander

ergänzenden

Formen: explizit als im Rahmen von paradigmatischen

Subsystemen

eingebettete Einheiten und andererseits als isolierte

Einheiten

unter einem Lemma mit Bezugnahme auf die Makrostruktur. Die Aufstellung und Repräsentation eines so hyperkomplexen Systems und die spätere Übertragung

in die lexikographische

Praxis

bedeutet,

grob gesprochen, die Objektivierung, Komplettierung und wechselseitige Annäherung der beiden Grundtypen von alphabetischen und systematischen Wörterbüchern auf dem Umweg über eine völlig

neue

theoretische Konzeption. Das besagt aber auch und vor allem, neuen "Einstiegspunkt" Makrostruktur

einen

für die Aufstellung eines Grundgerüsts der

zu finden, das in alle paradigmatischen

hin nach Bedarf und Möglichkeit weitergeführt werden An der Stelle soll und muß auf eine generelle

Dimensionen kann.

Schwierigkeit

hingewiesen werden, die jeglicher Systembeschreibung des Wortschatzes entgegensteht und die auch Begründung und

Entschuldigung

dafür ist, daß die lexikographische Praxis auf diesem Gebiet nur so zögernde Fortschritte macht. Je tiefer nämlich die schen und die psycholinguistischen

linguisti-

Forschungen in die Materie

eindringen, desto mehr verstärkt sich, nicht nur im Hinblick die mikro- und mediostrukturelle

Analyse der

auf

Bedeutungseinheiten,

sondern auch und besonders bei deren Klassifizierung,

Hierarchi-

sierung und Beschreibung der wechselseitigen Beziehungen in der Makrostruktur

des Lexikons, der Eindruck, daß es sich nicht durch-

weg um ein starres, wohldefinierbares

und festliegendes,

sondern

in vieler Hinsicht um ein elastisches, dynamisches, ja in sinnund zweckvoller Weise vages System handelt. Man hat für die

diver-

407 sen Ausprägungen von Undeutlichkeit die verschiedensten Anlässe und die Erklärungen gefunden sowie eine Reihe unterschiedlicher Termini geprägt, deren Verhältnis zueinander aber keineswegs selbst deutlich und eindeutig ist, so ζ. B.: "Ambiguität", "Fuzziness", "Schlechtbestimmtheit", "Unbestimmtheit",

Undiffe-

renziertheit", "Unschärfe", "Vagheit" (u.a. bei Eikmeyer/Rieser 1978; Wolski 1980; Jäger/Koenitz 1980),

"Multidimensionalität"

bzw. "Multiaspektivität" (Bauer 1983). Gemeinsam ist ihnen grundsätzlich eines, das die lex.ikographische Fixierung der mit diesen Eigenschaften ausgestatteten Einheiten und Relationen so erschwert, nämlich der Mangel an Spezifizierung (auf den unterschiedlichsten Ebenen) oder der Mangel an exakter Korrespondenz zwischen zwei Ebenen (Bierwisch 1983b: 89/90). Dazu gesellen sich noch die Abstufung nach dem Grad der Typikalität (Rosch 1977; Putnam 1978) und das allgemeine Prinzip einer

prozeduralen

Auffas-

sung von Konzepten und Bedeutungen und ihren Zusammenhängen (Miller/Johnson-Laird 1976). Mit diesem Trend zur Dynamik und Variabilität muß sich jede künftige Wörterbucharbeit setzen, so sehr er auch der lexikographischen

auseinander-

Darstellungsweise

widersprechen mag, die ja, wenigstens in ihrer Form als polygraphisches Endprodukt, doch nur distinkt, statisch, zweidimensional und festbegrenzt sein kann. Auf die Problematik dieses Zwiespalts und einige Vorschläge, mit ihm fertig zu werden, gehen wir in Abs. 5. ein. Zunächst soll hier der Gedanke weiterverfolgt werden, von welcher "Richtung" her oder auf welcher "Höhe" einer hypothetischen Hierarchie mit der Untersuchung makrostruktureller

Zusammenhänge

begonnen werden könnte. Diese Aufgabe ist nicht zu lösen, indem man (Blickrichtung vom Hyponym zum Hyperonym) von umfangreichen Sammlungen konkreter Lexeme oder engerer Synonymengruppen ausgeht und diese in eine hierarchisch-paradigmatische Ordnung zu bringen versucht, ohne daß vorher eine genaue Definition der Bedeutung der Einheiten, der Typen von Relationen und des Status der jeweils nächsthöheren hyperonymischen Einheit generell und im konkreten Fall vorliegt. So zeigt sich ζ. B. bei einem Wörterbuch "sinnverwandter Ausdrücke" (Peltzer 1980) trotz der Gliederung des Lemmas nach Lexemvarianten, daß die Darstellung weiterhin in

408 einer Zusammenstellung

von Wörtern steckenbleibt, deren unter-

schiedliche Bedeutungsbeziehungen

zueinander

(Synonyme,

me, Hyponyme/Hyperonyme) nicht gekennzeichnet und nur

Kohypony-

undeutlich

zu erkennen sind: Haus: Obdach, Asyl, Sitz, Villa,

... - Gut, Gutshof,

... - Bauwerk, Gebäude, ..., Bruchbude,

...,

...

Oder es kommt, unter einem sehr hohen, abstrakten Hyperonym Stichwort, gar zu einer.Sammlung von Termini, die

als

Handlungs-,

Sprachhandlungs- und Texttypen angeben, deren Ziel die vom Lemma bezeichnete Auswirkung

ist:

Bedrohung: Drohbrief, Erpressung, Streik, Terror,

...,

Faust ballen, Zeigefinger erheben, na warte! Auch die umgekehrte Verfahrensweise

(Blickrichtung vom Hyperonym

zum Hyponym) , nämlich eine mehrstufige

"Weltabbild"-Ordnung

zugeben und ihr den Lexembestand als Synonymen- und

Kohyponymen-

gruppierungen zuzuordnen (Hallig/von Wartburg 1963), ergibt ne befriedigenden Lösungen, denn die Verfeinerung eines gisch-wissenschaftlichen

Systems läßt sich nicht ohne

fachliche Klassifizierung Fremdkörper

kei-

quasilo-

Widersprü-

che beliebig nach "unten" hin fortsetzen. Wie jede andere archische oder lineare Nomenklatur, der eine

vor-

hier-

extralinguistisch-

zugrunde liegt, muß diese Ordnung ein

in der Struktur des Wortschatzes bleiben (es sei

denn, Elemente und Teilstrukturen der Nomenklatur gehen in die Allgemeinsprache über und werden nach den dort gültigen rien um- und eingeordnet). Der Versuch der Kombination

Kritescheitert

meist an der Nahtstelle zwischen solchen Ordnungsweisen und den innersprachlich begründeten Formen von Makrostrukturen. Ein markantes Beispiel für die Inhomogenität durch die

unvermittelte

Koppelung beider Systeme ist Dornseiff, Abteilung 2 "Pflanze, Tier, Mensch".

2.

Kernkonzepte und lexikalisch-semantische

2.1

Psycholinguistische

Felder

Theorie

Da die genannten Methoden zur Erfassung der Makrostruktur im größeren Maßstab aller Erfahrung nach in Sackgassen führen, muß ein

409

neuer Weg eingeschlagen werden. Der Grundgedanke besteht darin, sich weder im Gestrüpp von Massen konkreter Lexeme, noch in Spekulationen über die Struktur oberer Hierarchiestufen zu verlieren, sondern auf einer noch linguistisch-semantisch zu beschreibenden Ebene mittleren Abstraktionsgrades und mit einer überschaubaren Menge repräsentativer Einheiten zu beginnen, in der Annahme, daß es gelingt, von solchen Strukturkernen aus sowohl einen organischen, widerspruchsfreien Anschluß nach "unten" hin an die Feingliederung herzustellen, als auch nach "oben" hin Einsichten in die Ordnungsweisen zu gewinnen, die nicht postuliert, sondern aus den Bedeutungen der zu ordnenden Subsysteme selbst erschlossen werden. Ein in der Psychologie und der kognitiven Linguistik

entwickel-

tes Modell der Zusammenhänge zwischen perzeptuellen, konzeptuellen und sprachlichen Strukturen (Miller/Johnson-Laird 1976) arbeitet mit dem Begriff des "Kernkonzepts" oder

"Konzeptuellen

Kerns" (Conceptual Core), dem, linguistisch gesehen, ein Hyperonym bzw. Oberbegriff von mittlerem Abstraktions- und Allgemeinheitsgrad entspricht, und der unter anderem zur Erklärung der redundanzfreien Organisation von Gedächtnisinhalten dient. Zu einem solchen umfassenden, integrierenden Kernkonzept gehört als grundlegende Struktureinheit ein "Semantisches Feld", bestehend aus einer Menge von einander bedeutungsnahen "Lexikalischen Konzepten" (Lexembedeutungen), die sich durch ihre relative Positionen wechselseitig in der Abdeckung des Feldes ergänzen; die Formative, die den lexikalischen Konzepten zugeschrieben sind, bilden das "Lexikalische Feld" des betreffenden semantischen Feldes. Ein semantisches Feld als Ausprägung eines Kernkonzepts reflektiert die Art, wie bei einem Durchschnittssprecher das Wissen und Denken über den Weltausschnitt in Form von Objekten, Zuständen, Ereignissen, Aktionen, Kausalfolgen, Intentionen usw. organisiert ist, eine Art Common-sense-Theorie darüber, "wie die Welt funktioniert". Beispiele von Kernkonzepten wären: POSSES (χ, y):

für das semantische Feld des Besitzens und des Besitzwechsels im weiteren Sinne, mit einer Bedeutung, die auf Beziehungen der sozialen Konvention zurückzuführen ist;

410 SEE (χ, y):

für das semantische Feld der

optischen

Wahrnehmung, mit einer Bedeutung, auf Prozesse der Perzeption

die

rückführbar

ist. Als Muster für ein Kernkonzept und seinen Status sei hier jenige für das semantische Feld der Bewegungsaktionen und ge angeführt, mit einer Bedeutung, die auf die

augenscheinliche,

perzeptiv erfaßbare Eigenschaft der Ortsveränderung Das Prädikat TRAVEL

zurückgeht.

(x) besagt, daß ein Objekt χ von

jemandem

als innerhalb eines zeitlichen Intervalls die Position wahrgenommen wird; als formalisierter

R.

ι

und

dargestellt:

[fortj" vom Zeitpunkt t

zum Zeitpunkt t , wenn es für jedes t^ tQ co ι—I ω ο:

ω ω ι—I ·· Ζ 10 0~l Ζ3 ^ C • 0D •Η Ό Ι-Η I · I Ε ι—I UJ — Ο ω —ί Ζ Li- ^ S '

ω •Η ε c ο α. >. χ Ν. I (-J υ Q. χ

ω •Η Ε C ο ·

Λ

C ω .c ο 10 •Η 3 Ν ω •Η Ε C • +-> C C

Τ3 C D Ζ LÜ α ι—ι LÜ I ^ I— ζ LU

ζ 1—1 LÜ ίΠ

w 1Λ ο _ι CO

LU α Lü m «t χ ζ ζ «ΐ "> ι—ι 10 LU I—I "D > Ό 03 CD

r—I

Χ3 II ί—I ω ιι ι—ι Liζ Ι-Η •) 10 I I I , , I—I C 03 Ο Ε D ί-Ι Ι-Η ω ί-Η coUJ 10 -Ο I CO C t j^ C r (ο αϊ ζ χ Q- Χ > «Ι W

427 Komplexe Subsysteme von diesem Umfang kann man als die Ausgangs· und Grundeinheiten zur Beschreibung der gesamten Makrostruktur ansehen. Sie sind inhaltlich in sich

Wortschatz-

abgeschlossene

Gebilde, weisen aber durch die Perionymie über die Isolation von paradigmatisch-kollokationell

gegliederten Subsystemen hinaus auf

semantische Zusammenhänge im Sinne von "Situationsrahmen"

(z.B.

Minsky 1975; Schänk 1975; Fillmore 1976 und 1977), im Gegensatz zur Auffassung von den bloßen "Wortrahmen"

(ζ. B. Winograd

Ballmer 1976; Metzing 1981). Auf der anderen Seite sie, was die Mengen an jeweils zu erfassenden und

darzustellenden

Elementen und Relationen betrifft, kaum das überschaubare sowohl für den Lexikographen als auch für den

1972;

übersteigen Maß,

Wörterbuchbenutzer.

Während es sich im vorgeführten Beispiel um vier perionymisch

ver-

bundene, Aktionsphasen bezeichnende Verbalfelder unter zwei verschiedenen Hyperonymen handelt, die Valenzrelationen zu zwei ihnen gemeinsamen Aktantenfeldern mit je mehreren

Teilfeldern

unter ihren jeweiligen Hyperonymen aufweisen, ist die

Obergrenze

des Umfangs abhängig von der höchstmöglichen Zahl von

Valenzpart-

nern (je nach Auslegung vier bis fünf) und von einer nicht genau fixierbaren Zahl an Stufen oder Phasen der

Perionymierelation,

die aber fast stets im praktikablen Rahmen bleibt. Da die Ordnung nach Bedeutungsnähe stets den Vorrang vor Gleichheit oder

Ähnlich-

keit des Valenzverhaltens hat, kann die Zahl der involvierten lenzpartnerschaften

in einzelnen Phasen der Verbalfelder

schiedlich sein. Einer der Aktanten aber, und zwar

unter-

gleichbleibend

derselbe, ist ständig mit einbezogen, weil auf dieser

gemeinsa-

men Relation die Durchgängigkeit der Perionymiebeziehung

beruht

(s. Abb. 2). Anmerkung: Im Beispiel ist SCHNEIEN die Bezeichnung für das Konzept des Gesamtvorgangs von der Bildung bis zum Vergehen des Schnees.

Va-

428 SCHNEIEN

f

sich bildend kristallisieren

ί

Tiegen

fallen

f

rieseln

J

wirbeln schneien

Schnee ( x )

J

gefrie-

bedecken (

ren

einhüllen

verhar-

verwehen

schen L

'tauen

,—*

")

schmelzen vergehen

y

Straße ( y )

1 fAG 1

NIEDERSCHLAG

WITTERUNGSERSCHEINUNG •

VERKEHRSWEG Λ ι t

Abbildung 2

Verallgemeinert Grundeinheit stens)

zwei

k a n n man d i e m i n i m a l e

(Abb. in

3)

perionymischer

einem gemeinsamen

Hyperonym

misch-kohyponymisch schen Elementen, gieren,

mit

definieren

die

als

einem w e i t e r e n

s y s t e m von v a l e n z a b h ä n g i g e n

(Verben,

(wenig-

und

stehenden

Subsystemen

Valenzträger

solchen

von

zueinander

Konzept)

strukturierten) als

Verknüpfung

Relation

(bzw.

Form e i n e r

von

unter (synony-

lexikali-

Adjektive)

(synonymisch-kohyponymischen) Elementen

(Substantiven).

funSub-

429

( 0 } = SS = Subsysteme (Felder) Ο

= HYO = Hyperonyme

.... = weitere Subsysteme (kohyponymisch) s s ^ «

« β — * = hyper/hyponymische Relationen

- > @ SS2

^ — p e r i o n y m i s c h e Relationen ===> = Valenzrelationen (vom Valenzträger ausgehend)

Abbildung 3

Als Bezeichnung für diese Art von

paradigmatisch-syntagmati-

scher Grundeinheit aus der Mindestzahl von lexikalischen Feldern und den nötigen Typen an Relationen soll provisorisch der Terminus "(minimaler) Feldkomplex" eingeführt werden. In Substrukturen dieser Form überlappen sich die makro- und die megastrukturellen Ordnungsweisen; in den feldgrenzenüberschreitenden

Beziehungen

der Valenz und der Perionymie besteht der Übergang von den Makrostrukturen zur Megastruktur des Wortschatzes. Hier ist auch die Nahtstelle, von der aus die Probleme der Erfassung und Darstellung der systemhaften Zusammenhänge im größeren Maßstab sowie der Kernkonzept-Suche mit einiger Aussicht auf Erfolg angegangen werden können. Die Bedingung von

einem

gemeinsamen Hyperonym für die

in Perionymierelation stehenden Felder trifft nur dann zu, wenn es sich dabei um die Relation zwischen den sprachlichen Ausdrücken für zwei (oder mehr) verschiedene Zustände handelt. Wechseln die Phasen zwischen Bezeichnungen für Zustände und Ereignisse/Handlungen (siehe das Beispiel ANZIEHEN - ANHABEN) oder geben sie nur Ereignisfolgen (Prozesse und/oder Handlungs-

430

folgen (Aktivitäten) an, ζ. B.: ANZÜNDEN (x, v) ANBRENNEN ENTZÜNDEN

(x)

*

BRENNEN

(x)

(x) VERBRENNEN

(x)

VERLÖSCHEN

(x)

LÖSCHEN

(x, y)

dann können zwei (oder mehr) Hyperonymrelationen

involviert

sein, hier nämlich zu IN BRAND SETZEN (x, y) und BRENNEN

(x),

die beide über mehrere Zwischenstufen auf ein gemeinsames konzept, etwa ZERSTÖREN,

Kern-

zurückgehen.

Die Beschreibung von Bedeutungszusammenhängen

im weiteren

Rahmen müßte, ausgehend von derartigen minimalen

Feldkomplex-

Einheiten, stufenweise zu verwickeiteren fortschreiten,

indem

jeweils benachbarte Subsysteme in das Netz der Relationen

ein-

bezogen werden. Denn jedes der Felder als Ganzheit und die ihnen übergeordneten Hyperonyme können wiederum ihrerseits in kohyponymische, synonymische und/oder perionymische nach außerhalb der engeren paradigmatischen und

Beziehungen

perionymischen

Umgebung als einem Kerngebiet eintreten. Ort und Richtung zeichnen sich häufig schon dadurch ab, daß es Vagheiten

(im

weiteren Sinne) bei der Entscheidung über die Korrektheit

oder

Zulässigkeit bestimmter Relationen gibt, also daß das bekannte Problem von Zentrum, Peripherie und Grenze auftritt. Das betrifft im Beispiel des Feldkomplexes KLEIDUNG/ANLEGEN u.a. den Übergang vom Feld mit dem Hyperonym KLEIDUNG zu den gen kleidungsähnlicher

Gegenstände mit spezieller

(Taucheranzug, Rüstung, Maske,

Bezeichnun-

Funktion

...) oder den Übergang von Be-

zeichnungen für Kleidung im engeren Sinne zu Accessoires Schmuck und zum Peripheriefall der Orden und Abzeichen Teil der Kleidung, aber mit hauptsächlicher

Informationsaufga-

be) bis zum Grenzfall von Brillen o. ä. und gelegentlich Hüllen benutzten Gegenständen ohne Kleidungscharakter Badetuch,

und

(als

. . .), was stufenweise einhergeht mit der

als

(Decke, Beschränkung

der Kollokationspartner und dem Übergreifen in andere

Partner-

bereiche; auch die generelle Gelegenheit, das Argument χ =

431

MENSCH durch die Bezeichnung für nichtmenschliche, aber anthropomorphisierte Wesen oder Gegenstände (Tiere, Puppen) zu realisieren, steht offen. Ferner gibt es die Möglichkeit, die Felder des perionymischen Zyklus ANZIEHEN ... AUSZIEHEN um das Feld UMZIEHEN zu ergänzen, dessen Elemente eine Kombination mehrerer Stufen der Aktionen in bestimmter Reihenfolge mit festliegenden Anfangs- und Endphasen sind. Und schließlich läßt sich das gesamte verbale Subsystem einem Hyperonym der nächsthöheren Stufe UMHÜLLEN - ENTHÜLLEN zuordnen. Ganz andere Konsequenzen können sich (aber müssen sich nicht) ergeben, wenn man zur Verknüpfung von Feldkomplexen durch die Ausweitung auf andere Kollokationsrelationen der Elemente der beteiligten Felder übergeht. Das Ausmaß ist vom Umfang der Kollokations-Partnerbereiche abhängig und dieser seinerseits vom Grad der Allgemeinheit oder Spezifizierung der Bedeutungen der Felder, die als Ausgangspunkt der Relationen angesehen werden. Im Falle des erörterten perionymischen Zyklus ANZIEHEN - ANHABEN - AUSZIEHEN gibt es nach außerhalb des Bereichs KLEIDUNG kaum eine Kollokations-(Valenz-)Relation; dagegen läßt eine Folge wie BEGINNEN ... BEENDEN Beziehungen zu fast allen Bereichen zu, die geistige und körperliche Aktionen bezeichnen, ζ. B.: Leben, Arbeit , Zeichnung, Studium, Werkstück, Symphonie,

... (Agricola

1975: 78/79). Die lexikalischen Elemente des Feldes KLEIDUNG als die abhängigen Valenzpartner sind unter den verschiedensten Aspekten (KLEIDUNG ALS PRODUKT - ALS WARE - ALS GEBRAUCHSGEGENSTAND - ...) ebenfalls potentielle Partner für eine größere Zahl (verbaler) Elemente anderer, ganz unterschiedlicher

Felder

(s. Abb. 4), die ihrerseits untereinander in perionymischen Beziehungen stehen können, wobei der Zyklus ANZIEHEN ... AUSZIEHEN selbst

eine

Phase einer umfassenderen Folge wäre.

432

HERSTELLEN

VERKAUFEN/

ANZIEHEN/

KAUFEN

ANHABEN

PFLEGEN

ÄNDERN

ABTRAGEN

AUSZIEHEN

Abbildung 4 Unter welchen Hyperonymen (bzw. Kernkonzepten) einer nächsthöheren Hierarchiestufe die Verbalfelder der einzelnen perionymischen Phasen stehen und welche Beziehungen diese untereinander haben, ist eine Problematik, die erst geklärt werden kann, wenn die Modellvorstellungen von der Gesamtstruktur des Wortschatzes weiterentwickelt worden sind. Auf alle Fälle kann man jetzt soviel sagen, daß die hier dargestellten sechs (und viele andere) globalen Kollokationsbeziehungen zwischen den verbalen Feldern und dem Feld KLEIDUNG nicht gleichwertig und nicht gleich wichtig sind und demzufolge nicht exhaustiv und im Detail aufgeführt werden müssen, weil sie ja zum größten Teil für alle Artefakte zutreffen können, die als Ware, Gebrauchsgegenstand usw. verwendet werden. Solche allgemeiner gültigen Relationen wären bereits auf einer höheren, dem Feld KLEIDUNG übergeordneten Stufe der Hierarchie anzusetzen. Dagegen ist die komplette Beschreibung der Kollokationsrelationen zwischen den Feldern ANZIEHEN - ANHABEN - AUSZIEHEN und dem Feld KLEIDUNG unumgänglich, denn sie sind für beide Partnerbereiche typisch und alleinzutreffend. Es ist der wirkliche Zweck von Kleidung, getragen zu werden und nicht, Handelsobjekt zu sein, und der Zweck des Tragens wiederum, den Körper zu bedecken bzw. zu schützen, ist notwendiges Element der Bedeutungsangabe. Dabei erweist sich zugleich das Feld ANHABEN gegenüber den anderen

433

Zyklusphasenbezeichnungen auf der verbalen Seite als der eigentliche Kernbereich der Partner. Im kausalen Zusammenhang damit steht die wesentliche Frage nach der

inneren

Struktur der beteiligten, als Valenz-

abhängige fungierenden nominalen Subsysteme, nämlich die, daß zwar das Inventar dieser Felder in gleichbleibendem Umfang als Argumente/Aktanten von den Elementen unterschiedlicher, aber perionymisch verbundener Verbalfelder gefordert wird, daß jedoch jeweils die Auswahl, die Klassifizierungsaspekte und die Feinheit der Gliederung anders sind. Beispielsweise gehört zu den Selektionsmerkmalen für ein Feld NAHRUNG/SPEISE im Hinblick auf die Valenzträger-Felder ZUBEREITEN und ESSEN beide Male als Klassifikationskriterium die Beschaffenheit (Härte vs. Weichheit) des zu Essenden. Dabei reicht für den Eßvorgang eine Unterteilung dieser Aktanten "y" nach den Zuständen 'fest, hart'/' halbfest, weich'/ ' löslich'/'flüssig' und in einigen Fällen nach der relativen Menge aus. Fungieren sie dagegen als Valenzpartner für Verben der Speisezubereitung (Sommerfeldt 1983; Bergmann 1985), d.h. der vorangehenden perionymischen Aktionsphase des Garens (in Flüssigkeit oder Dampf: kochen, dünsten, dämpfen; in Fett: backen^, backen^, schmoren, braten; in Heißluft: grillen, rösten, toasten), so erfordert die Selektionsspezifizierung zumindest Subklassen wie FLEISCH, FISCH, GEMÜSE, GEFLÜGEL, BACKWARE, HÜLSENFRÜCHTE, OBST, in einer Reihe von Fällen auch die Angabe von Einzellexemen, ζ. B. Pudding (kochen), Pastete (backen^), Eierkuchen

(backen2),

Ei (kochen oder braten). Das bedeutet, daß analog (was nicht parallel heißen muß) zur Feststellung von Partnerkernbereichen aufgrund des "Zwecks" und der Relevanz nach ähnlichen Prinzipien bei der Unterscheidung von primären ("festeren", allgemeiner gültigen) und sekundären paradigmatischen Feldstrukturen gesucht werden muß.

3.3

Feldkomplex und Geschehenstyp

Gestützt wird die Auffassung von Einheiten in der Art des Feldkomplexes durch Ergebnisse der Psychologie. Klix (1984, bes. S. 17-23) ζ. B. verwendet für eine Gruppierung von Begriffen,

434 die in bestimmter Weise durch "zwischenbegriffliche verbunden sind (das sind solche, die über die d.h. hier auch innerparadigmatischen den Terminus "Geschehenstyp".

Relationen"

innerbegrifflichen,

Beziehungen

hinausgehen),

Es handelt sich dabei um eine

tente Gedächtniskonstellation mit wohlbestimmten

"la-

Affinitäten",

bei der "die bloße Stelligkeit der Argumentgruppe zu einem tungshaltigen, raum-zeitlichen Geschehen" entfaltet wird,

bedeuindem

man die Spezifik der semantischen Elementarrelationen zur Argumentstelle hinzufügt. Eine solche Gruppierung von

semantischen

Relationen weist den Begriffen bestimmte Funktionen zu, durch die eine Art Ereignisbeschreibung eben dieser Geschehenstyp,

im typologischen Sinne

entsteht,

"der von einem semantischen Kern

NEN, SCHREIBEN, TANKEN, AUTOFAHREN,

(LER-

...) aufgespannt wird" und

der den Status einer erlebens- oder verhaltensrelevanten tionsklasse" hat. So besteht beispielsweise der

"Situa-

Geschehenstyp

mit dem semantischen Kern JAGEN aus den Begriffen und

Relationen,

wie sie Abbildung

Handlungs-

träger-Relation

5 zeigt. Im Exempel kommen vor: die

(HT), die Objekt- (OBJ), die Instrument-

und die Lokationsrelation

(LOC), sowie die Relation zum

gen (unterpunkteten) Oberbegriff, (Die Stufe JÄGER — *

"Konstruktion"

tem Agens und die Finalitätsrelation

jeweili-

(K) benannt.

Mensch fehlt im Original.) Darüber

kennt Klix wenigstens noch die Aktorrelation

(INSTR)

(ACT) mit

hinaus nichtbeleb-

(FIN) als Typen.

Man könnte einen "Geschehenstyp" interpretieren als das kognitive Korrelat einer prototypischen Struktur des engeren tes und damit als Element (von propositionaler eines semantischen Situationsrahmens, vernetzten oder durch Konnektiva

Kontex-

Grundstruktur)

der aus einer

geordneten,

(Konnektoren) verbundenen

Menge

solcher Einheiten besteht und die Organisationsform des konventionellen Wissens über allgemeine soziale Situationen

darstellt.

Versucht man, diese konzeptuellen Strukturen auf den Bereich linguistisch-semantischer

Entsprechungen zu übertragen, so liegen

zwei Vergleiche nahe: Man kann die "zwischenbegrifflichen tionen" einmal ansehen als die "Funktionen" zwischen einem lexem und den Elementen seiner semantischen Umgebung E r k l ä r e n d - k o m b i n a t o r i s c h e n Wörterbuchs (1974), so daß weise die Aktorrelation ACT der Funktion "Func n

(x)"

RelaKern-

im Sinne des beispielsentspräche,

435

INSTR 1 NSTR 2 INSTR 3

Abbildung 5

HUND

GEWEHR

WAFFE

436

ζ. Β. Motor - laufen, Wind - wehen, oder die Objektrelation OBJ der Funktion "Oper^ (χ)", ζ. B. Kleidung - tragen, Fisch - fangen. Andererseits könnte man, die K-Relationen

(Hyper-/Hyponymie)

beiseite gelassen, eine strengere, nämlich semantisch-syntaktische Parallele im System der Valenzrelationen und der semantischen Kasus sehen, müßte dabei allerdings eine weite Auffassung zulassen. Denn offenbar ist die Anzahl der Typen und der Vorkommen an Argumenten/Aktanten nicht durch bestimmte theoretische Bedingungen begrenzt, und eine Beziehung wie die Lokationsrelation LOC (mit Beispielen KARPFEN - TEICH, PILOT - FLUGZEUG), die anderweit in eine nie endende Diskussion um Aktanten vs. freie Angaben und obligatorische vs. fakultative Aktanten verwickelt ist (s. u.a. Heibig 1982) steht ganz gleichwertig neben den übrigen Typen. Was aber für den vorliegenden Zusammenhang

entscheidend

wichtig ist, ist die Tatsache, daß sich darunter auch die Finalitätsrelation FIN als einzige nicht einer Valenzabhängigkeit

ent-

sprechende, sondern zwischen Verbalbegriffen bestehende Beziehung befindet: (PUTZEN - GLÄNZEN, WETTEN - GEWINNEN), die auf der Lexemebene ihr Analogon in einer (und einer nur zweigliedrigen) der oben erörterten Perionymierelationen hat. Vermutlich aber steht FIN als allgemeine Mittel-Zweck- oder

Mittel-Ergebnis-Relation

nur für eine ganze Reihe hier noch nicht erkannter oder nicht differenzierter Folgen und Relationen ähnlicher Art. So führt ζ. B. Hoffmann (1982: 87) über die genannten hinaus noch die Qualitäts-, die Zeit- und die Teil-von-Relation im selben Zusammenhang an. Wenn ein solcher Relationstyp, wie alle anderen zwischenbegrifflichen auch, nach dem Befund der Psychologie explizit im Gedächtnis.gespeichert ist (im Gegensatz zu den innerbegrifflichen, die durch Merkmais-Vergleichsoperationen

ableit-

bar sind), besteht nach Meinung des Verfassers durchaus das Recht und die Notwendigkeit, sie und ihre Erweiterungen und Kombinationen als reguläre makrostrukturelle Beziehungen anzusehen und auch als Wörterbuchinformationen

aufzunehmen.

437

4.

Ordnungen von lexikalisch-semantischen

Feldern

(Megastruktur des Wortschatzes) 4.1

Klassifizierung nach valenzrelevanten Merkmalen

Des langen Umwegs kurzer Sinn ist der, daß es sowohl der Wirklichkeit konzeptueller Strukturen näherkommt, als auch die linguistische Untersuchung und die lexikographische Darstellung des Wortschatzsystems erleichtert, wenn man dessen Aufbau nicht nur als eine Ordnung von Einzelelementen und von paradigmatischen Feldern solcher Einheiten auffaßt, sondern bereits auf einer möglichst niedrigen Hierarchiestufe Einheiten annimmt, die komplex, d.h. paradigmatisch und syntagmatisch-kollokationell und perionymisch, verknüpft sind. Umgekehrt - und damit wird der Faden des Grundgedankens wieder aufgenommen - bedeutet das, daß man sich die Entfaltung von Kernkonzepten nicht als eine bloße Subklassifizierung und Spezifizierung über mehrere Stufen und/oder in verschiedene

"Richtungen"

hin zu Subkonzepten und schließlich zu benachbarten oder paradigmatisch einander zugeordneten semantischen bzw. lexikalischen Feldern vorzustellen habe, sondern daß diese Felder, zumindest von der linguistisch-semantischen Ebene an, in der besagten Weise als "Feldkomplexe" miteinander verwoben sind und dadurch in vielen Fällen die Ausprägungen von mehreren (gleichzeitig oder wechselnd) involvierten Kernkonzepten darstellen. Dies wiederum hätte seine Konsequenzen für die Frage nach einer Ordnungsstruktur der Kernkonzepte untereinander, eingeschlossen die Frage nach ihrer approximativen Anzahl, die an die Psycholinguistik zu stellen wäre. Denn auch auf dieser Ebene ist sicher kein bloßes Nebeneinander einer ungeordneten Menge von Kernen zu vermuten, sondern wenigstens die Existenz der beiden Grundprinzipien von stärkerer bzw. geringerer Ähnlichkeit und von umfassenderer und weniger umfassender Allgemeinheit. Die Antworten darauf lassen voraussichtlich noch geraume Zeit auf sich warten; dennoch sollte bis dahin die Weiterarbeit an der lexikographischen Darstellung des Wortschatzes in systematischer (nicht-alphabetischer) Ordnung nach plausiblen und nachvollziehbaren Bedeutungszusammenhängen auch im Bereich umfangreicherer

438 Subsysteme auf den höheren Klassifikationsebenen nicht brachliegen. Empirisch-induktive

("Megastruktur")

lexikographische

Versuche,

auf neuen Wegen in diesen Bereich vorzustoßen, gibt es in der Nachfolge von Dornseiff und Wehrle/Eggers kaum. Aber als Beispiele Neuansätze mit mehr oder weniger verwandter praktischer

für

Zielset-

zung sollen zwei Arten von Unternehmen vorgestellt werden,

von

denen die eine auf die Klassifizierung

ihrer

von Verben aufgrund

inhärenten valenzrelevanten Merkmalsanteile

(Funktoren)

hinaus-

läuft (Gerling/Orthen 1979; Heibig 1983), während die andere "semantische Kategorisierung

des Verbthesaurus aus der

selbst heraus" charakterisiert wird und mit den "Bedeutungsähnlichkeit",

als

Sprache

Grundrelationen

"Präsupposition" und "Aktionsphase"

riert (Ballmer/Brennenstuhl

1981a und

ope-

1981b).

Die erstgenannte Art der Ordnung des Verbalbestandes ist entwickelt worden als Voraussetzung für die Angabe der hungen der verbalen lexikalischen Einzelelemente schreibung ihrer Funktoren und zusätzlich der

Valenzbezie-

in Form der Be-

Selektionsbeschrän-

kungen für die abhängigen Valenzpartner. Eine provisorische

Grob-

klassifikation unterscheidet zunächst nach den Merkmalen tisch >

und

Aktivität>

die Klassen der Zustands-,

und Tätigkeitsverben; die weitere Feingliederung erfolgt inhärenter valenzrelevanter

Merkmale der zu ordnenden

Im Falle Gerling/Orthen wird die Klassifizierung

sta-

Vorgangsmittels

Verben.

auch noch mit

Hilfe von valenz-irrelevanten Merkmalen (Modifikatoren) bis hinab in detaillierte kohyponymische Teilfelder weitergeführt. Dort ergeben sich aufgrund der Ordnung nach dem Valenzverhalten,

dessen

Fixierung ja das Ziel ist, semantisch sehr unterschiedlich gene Gruppen. Beispielsweise trifft man unter den

homo-

prädikativen

Zustandsverben die ziemlich gleichmäßige Klasse der Verben des Leuchtens (glimmen, funkeln, strahlen,

...) an, die im Abs. 6.

bei der Feldgliederung zur Diskussion stehen wird.

Andererseits

aber befinden sich bedeutungsmäßig so verschiedene Lexeme in einer Klasse wie schlafen

... blühen, bluten

jeweils

... dürsten oder

brennen... schmecken. Auch in den mittleren und oberen

Rängen

der Hierarchie, die im Zusammenhang mit den hier erörterten

Pro-

blemen der makrostrukturellen Ordnung von Interesse sind, werden bereits Einheiten, die unter semantischem Aspekt und dem Blick-

439

Winkel der Ableitung von gemeinsamen Konzepten als eng benachbart anzusehen sind, getrennt und tauchen an entfernteren

Positionen

der Struktur auf; so gibt es etwa jeweils an zwei Stellen Teilfelder der Verben der Bewegung und der Wahrnehmung. Vor allem aber fällt die Tatsache auf, daG, abgesehen von terminologischen Unterschieden, auf Hierarchiestufen, die unterhalb derer von einem Abstraktionsgrad wie K - Zustand > — > Bewegung^

< - Aktivität>

— »

liegen, Heibig und Gerling/Orthen generell zu recht

unterschiedlichen Klassifikationsergebnissen kommen, wie ζ. B. der Vergleich der jeweiligen Subsysteme der Tätigkeitsverben zeigt (s. Abb. 6 und 7). Selbstverständlich können und müssen derartige Ordnungen je nach der zugrunde gelegten theoretischen Auffassung, nach Zweck und Ziel der Aufgabe differieren. Ein Teil der Diskrepanzen ist wohl auch auf die Tatsache zurückzuführen, die für jegliche Analyse- und

Differenzierungsoperationen

gilt, daß nämlich - einen Schwankungsbereich durch alle Typen sprachimmanenter Vagheit zugestanden - die Ergebnisse einer Klassifizierung nur nach

einer

Art von Kriterien (hier einem

mehr oder minder zweckgebunden aufgestellten Merkmalsinventar) und nur in

einer

Dimension

(hierarchisch-paradigmatisch)

allein keine über das betreffende Vorhaben hinausgehende

Gültig-

keit beanspruchen können. Als zusätzliche Schwierigkeit tritt die Kombination von zwei verschiedenen Zielen auf: Einmal handelt es sich um eine Kategorisierung von Lexemen nach semantischen Merkmalen, die aber von einer Ordnung überlagert wird, mit der das Valenzverhalten der Elemente der auf die erste Weise erreichten Subkategorien charakterisiert wird, d.h. die die Gleichheit oder die Differenzen in den (aus inhärenten semantischen Merkmalen abgeleiteten) Valenzmerkmalen und ihren Kombinationen

(Kasusrol-

len) zeigen soll. Weil aber semantisch sehr nahe benachbarte Elemente sehr unterschiedliches Valenzverhalten aufweisen können und umgekehrt, muß eines der beiden Klassifikationsprinzipien

darunter

leiden, es sei denn, man ordnet das eine dem anderen strikt unter; denn auf keine der beiden Sorten von Informationen kann verzichtet werden. Für die in unserem Zusammenhang angewandte Betrachtungsweise haben dabei semantische Relationen unbedingt die Präferenz. Ein Modell auf dieser Grundlage, das aber wiederum auf

440 Gerling/Orthen

Bewegung^

Bewegung> Kommunikation>

Sprache> Abbildung

Heibig

+ "Handlung



6

(19B3):



Aktivität>

^ - M o t i o n des < + W o t i o n ^+Relation> Subjekts> des O b j e k t s >

^-Relation >







Abbildung

7

441

die Behandlung syntagmatisch-valenzmäßiger Beziehungen ganz verzichtet, wird anschließend besprochen.

4.2

Semantische

Kategorisierung

Einen Großversuch, lexikalische Einheiten nach semantischen Kriterien mit Einbeziehung von neueren Erkenntnissen über kognitive Strukturen (Semantische Rahmen) und Strukturen der Handlungstheorie zu ordnen, haben Ballmer/Brennenstuhl (1981a und 1981b) unternommen. Es handelt sich um einen Verbthesaurus in Form einer strukturierten Hierarchie von lexikalischen Feldern, der auf empirischem Weg nach folgender Kategorisierungsmethode

in sechs Stufen entstan-

den ist: (a) Auswahl von etwa 8.000 einfachen Lexemen (mit rund 13.000 Lexemvarianten) des verbalen Allgemeinwortschatzes aus den 20.000 Lemmata von Mater (1966). (b) Aufstellung von 1.300 "Verbalkategorien"

(entsprechend

Synonymen- und/oder Kohyponymengruppen) auf der Grundlage der durch Paraphrasierung mit Basisverben verifizierten

"Bedeutungs-

nachbarschaft" (meaning adjacency) und Benennung der Kategorie mit dem "sprechendsten" Verb, das von allen übrigen Verben impliziert wird; ζ. Β.: TÄTIG SEIN: schaffen^

=

'pflichtgemäß tätig sein'

wirtschaften^

=

'organisatorisch tätig sein'

forschen

=

'zum Erkenntnisgewinn tätig sein'

basteln

=

'per Hand zum Vergnügen tätig sein'

dilettieren

=

'in nichtprofessioneller Weise tätig

sein'

(c) Zusammenfassung der Verbalkategorien zu 40 "Modellen" oder "Modellrahmen" (s. Beisp. 8); die Ordnung zwischen den Kategorien ist die Abfolge während des typischen Verlaufs einer Handlung (Ruhezustand, Beginn, Beschleunigung, Progression,

Verlangsamung,

Ende, Ruhezustand), eingeschlossen die Vorbereitungs- und die Bewertungsphase, und die Tatsache, daß zwischen den Kategorien eines

442

Modells Präsuppositionsrelationen bestehen, d.h., die der zweiten bis n-ten Phase setzen einige oder alle vorangegangenen voraus. Beispiel 8: "Aktionsmodell" 1. WÜNSCHEN wünschen

(Auszug): 5. TUN: tun

hoffen

durchführen

brennen auf

machen

sich sehnen nach

basteln

gerne haben (würden)

schaffen

2. WOLLEN: beabsichtigen intendieren sich vornehmen wollen 3. PLANEN: planen aushecken prädisponieren konzipieren 4. ANFANGEN: losschießen losarbeiten

tätig sein 6. ZUM ABSCHLUSS BRINGEN: zum Abschluß bringen beenden vollenden fertig machen abschließen 7. ERFOLG HABEN: arrivieren reüssieren Erfolg haben 8. MISSERFOLG HABEN:

sich dranmachen

versagen straucheln

in Angriff nehmen

scheitern

beginnen mit anfangen (d) Klassifizierung der Modelle, ebenfalls nach den Relationen der Bedeutungsnachbarschaft und der Präsupposition, im Rahmen eines übergreifenden Modellsystems zu 11 "Modellgruppen"; ζ. B. werden in der Modellgruppe Κ ("Vom Menschen gesteuerte

443 Produktion und Zerstörung von Objekten") die Modelle Konsum-, Regenerationsmodell"

(in dieser Abfolge)

"Produktions-,

zusammengefaßt.

(e) Ordnung der "Modellgruppen" insgesamt wiederum nach der Präsuppositionsordnung,

beginnend mit solchen, die sich auf

fache Zustände und zustandsartige Vorgänge beziehen, und

tend zu Gruppen mit komplexeren Prozessen, mit zunehmender von Argumenten/Aktanten und mit wachsender Steuerung der bzw. Handlungen im Hinblick auf den Einfluß und den grad des Agens-Aktanten. Die Gruppen und ihre (in Kurzfassung) sind A.

=

B.

ein-

fortschreiAnzahl

Prozesse

Aktivitäts-

Inhaltsbezeichnungen

folgende:

Zustände

G.

=

Einfluß und Bewirkung

Zustandsprozesse und Prozesse

H.

=

Eingriff

I.

=

Behandlung und Bearbeitung

K.

=

Produktion und

C.

=

Existenz

0.

=

Eigenschaften Relationen

E.

=

Bewegung

L.

=

Transaktion

F.

=

Erfahrung und Perzeption

M.

=

Sondermodelle

und

Destruktion

Im Rahmen dieser Abfolge von "Modellgruppen" besteht auf Grund der genannten Kriterien beispielsweise eine Sequenz von len", wie sie in Abbildung 8 dargestellt

ist.

(f) Mit einem letzten Schritt erfolgt die des Verbinventars

Totalklassifizierung

(Abb. 9), deren Ergebnis der von

bzw. Heibig gewonnenen Ordnung (Zustandsverben vs. verben, letztere gegliedert in Tätigkeits- und sehr ähnlich

ist.

"Model-

Gerling/Orthen Nicht-Zustands-

Vorgangsverben)

444 Modellgruppe Ε.

Modelle:

(Bewegung von beweglichen

(Modellsequenz)

Objekten im Raum), umfaßt unter anderem:

»

"Bewegungsmodell"

Modellgruppe H.l.

(Voraussetzung für:)

(Gesteuerte aktive Eigenbe-

I

wegung von Individuen), umfaßt unter anderem:



"Aktivbewegungs-Modell" und "Ortswechselmodell"

I I

Modellgruppe I. (Gesteuerte Handhabung von Ob-

(Voraussetzung

jekten und Individuen), umfaßt unter anderem:

^

für:)

"Transportmodell" und "Fahrmodell":

"Transportmodell" : Transport vorbereiten - (be)lade - transportieren -

ab-, aus-, entladen - auspacken "Fahrmodell": starten - beschleunigen - fahren

- verlangsamen - (an)halten Abbildung Einfache Allgemeinverben rozeßverben

Abstrakte Verben (Modellgruppen Α., 0.) Zustands-Prozeß-

Aktionsverben

Verben (Modellgruppen B.,

(Modellgruppen

C., Ε., F., G.)

Η., I., Κ., L.)

Abbildung 9

445

Wie sich leicht erkennen läßt, wurde um der Anpassung an die konventionelle (konzeptuell begründete?) Dreiteilung des Verbalwortschatzes willen zumindest bei den Modellgruppen A. bis D. das Prinzip durchbrochen, d.h. es mußte von einer Folge zusammenhängender, einander präsupponierender Handlungsphasen

abgegangen

werden. Zu untersuchen wäre, ob diese Notwendigkeit ihren Grund in Schwächen der Klassifizierungs- und Zuordnungskriterien bzw. der Stufenfolge hat, oder ob es sich auch hier um ein Indiz für die zwei getrennt nebeneinander existierenden Systemaspekte und die entsprechenden Ordnungsweisen handelt, die nicht widerspruchsund komplikationslos aufeinander zu beziehen sind. Trotz dieses Handikaps und trotz möglicher Kritik an Details der Hierarchisierung (ζ. B. wegen der Klassifizierung der Sprachhandlungsverben; s. Meibauer 1982; Holly 1983), sowie trotz der nur Andeutung gebliebenen, den krönenden Abschluß oder eine Verlegenheitslösung bildenden Modellgruppe M. für sonst nicht klassifizierbare speziellere Aktivitäten, die jeweils komplexe, den semantischen Rahmen ähnliche Modelle aus Modellen anderer Modellgruppen darstellen (Modelle "Besuch", "Begräbnis", "Hausbau" usw.), darf man das Unternehmen insgesamt als den gelungenen Versuch bewerten, größere Lexemmengen, entsprechend modernen theoretischen Erkenntnissen und mit der "durchschnittlichen"

Sprachkompetenz

vollziehbar, nach durchgängigen, sprachimmanenten Kriterien zu ordnen. Es müßte also die Aufgabe in Angriff genommen werden, mit Hilfe einer solchen oder ähnlichen Modellvorstellung ein homogenes makro- und megastrukturelles Ordnungsprinzip zu finden und zu beschreiben, dessen oberste Kategorien sehr allgemeine, objektiv nachweisbare (den Kernkonzepten entsprechende)

Merkmalskomplexe

sind, die untereinander in einsichtigen linearen und/oder hierarchischen Beziehungen stehen und von denen aus die Bedeutungen sämtlicher Subsysteme, Feldkomplexe, Felder und Einheiten generell als Ableitungen oder Modifikationen, selbstverständlich auch als kombinierte Ergebnisse von verschiedenen Ableitungswegen mit "Querverbindungen", zu begreifen sind. Das geschilderte Unternehmen gibt aus folgendem Grund zu der Hoffnung Anlaß, daß bei der Suche nach derartigen Kernkonzepten zwar der Psycholinguistik

446 eine wesentliche Rolle zukommt, daß sie aber auch mit

"klassi-

schen" linguistischen Methoden vorangetrieben werden kann, wenigstens was die lexikographischen Bedürfnisse betrifft: Brennenstuhl haben ermittelt, indem sie die zentralen

Ballmer/

Begriffe

der Paraphrasierungen für die Lexeme der Verbkategorien

("Katego-

rienamen") ihrerseits paraphrasierten, daß die Menge von elf Basisverben dazu ausreicht und daß sogar nur fünf von ihnen für die Umschreibung der relevantesten verbalen Konzepte

notwendig

sind: ABLAUFEN, BENUTZEN, BERÜHREN, BESTEHEN AUS, GELTEN, GESCHEHEN, VERSUCHEN, VERURSACHEN,

EXISTIEREN, WAHRNEHMEN,

WOLLEN.

5.

Multidimensionalität

5.1

"Normale"

Mehrfachklassifizierung

Würde es somit gelingen, eine derartige oder ähnliche tisierung des verbalen Anteils (als "Gerüst") des

Systema-

Gesamtwort-

schatzes durchzuführen, stünde es als eine der nächsten bevor, generelle Gliederungsprinzipien der internen der

substantivischen

Felder und ihre

Aufgaben

Strukturen

makrostrukturel-

len Zusammenhänge zu erkunden, und zwar sowohl in deren Eigenschaft als "statische", autonome paradigmatische Subsysteme, auch in ihrer "dynamischen" Funktion, jeweils Mengen von

als

(poten-

tiellen) abhängigen Valenzpartnern für Verben zu sein, die in wechselnden Gruppierungen gefordert werden. Sofern sich dieser Wechsel nicht nur als unterschiedliche Auswahl, also

Umklassifi-

zierung, innerhalb ein und desselben Feldes auswirkt, taucht als generelles Problem bei einer nicht geringen Zahl

lexikalischer

Elemente und Felder verstärkt die Möglichkeit der variablen oder vielfachen Klassifizierung unter verschiedenen Aspekten auf, die sich als Mehrfachunterordnung

("Kreuzklassifikation":

1982; "Multidimensionalität"/"Multiaspektivitat": auswirkt. Die Erforschung der dahinterstehenden

Hoffmann

Bauer

19B3)

Regularitäten

und ihre Darstellung befindet sich noch relativ am Anfang. Hauptprobleme und die Aussichten für ihre Behandlung in der

Einige lexi-

447

kographischen Praxis werden im Zusammenhang mit den anschließenden Betrachtungen über die Arten von hierarchischen Ordnungsrelationen erörtert, die

zwischen

lexikalischen Feldern beste-

hen, deren Elemente die sprachlichen Ausprägungen nominaler Kernkonzepte sind; im Abs. 6. wird u.a. das Prinzip der Möglichkeit variabler paradigmatischer Gliederung

innerhalb

von lexi-

kalischen Feldern in Abhängigkeit von den wechselnden Partnerforderungen unterschiedlicher Valenzträger behandelt. Den derzeitigen, völlig unbefriedigenden Zustand bei der Darstellung von hierarchisch-systematischen Beziehungen zwischen Lexemen in einem jüngst erschienenen einsprachigen Bedeutungswörterbuch (bezogen auf die Bedeutungserläuterungen und die metasprachlichen Angaben) hat Wunsch (1985) an Lemmabeispielen wie Lebewesen, Stück, Hund, Gegenstand, Sache usw. festgestellt, wobei die Mehrfach-Klassifizierbarkeit eine wesentliche Rolle spielt, ohne daß sie als solche expressis verbis genannt würde. Um die prinzipiellen Ursachen für die strittigen Fälle der Kategorisierbarkeit und einen festen Bezugspunkt dafür, oder besser: ein mehr oder minder objektiv feststellbares,

invariables

strukturelles Grundgerüst abzugrenzen, seien zunächst einige Beispiele für die hier nicht gemeinten "normalen" Typen von Einfachvs. Mehrfachklassifizierung lexikalischer Einheiten (Lexeme/ Lexemvarianten oder ganze synonymisch-kohyponymische Felder) genannt. Dabei geht es um die Fragen, ob ein solches Element oder Subsystem, und wenn ja, wievielen und welchen Positionen im Gesamtsystem, d.h. welchem oder welchen Hyperonymen (bzw. Konzepten), es jeweils zuzuordnen sei. Die Antworten auf diese Fragen hängen theoretisch generell und im praktischen Einzelfall davon ab, für welche Auffassung man sich bei der mediostrukturellen Gliederung der Lexeme (unter Beachtung der Kriterien ihrer Synonymie- und Kollokationsrelationen) entscheidet; aber jedenfalls kann und muß eine Entscheidung gefällt werden, damit es zu einem fixierbaren, "statischen" lexikographischen Ergebnis kommt. Aus der Betrachtung ausgeklammert werden sollen hier die un1 2 strittigen Homonyme (Homographen/Homophone): Marsch - Marsch; 1 2 dichten - dichten. Desgleichen unproblematisch ist die differierende Kategorisierung der einzelnen Lexemvarianten polysemer

448

Einheiten, sofern diese wegen der deutlich unterscheidbaren Denotate bzw. Referents klar voneinander abzugrenzen sind: Becken^

'große Schüssel, Schale'

Becken^

'ausgekleideter Wasserbehälter zum Schwimmen

Becken^

'geschlossener Hohl- bzw. Sedimentations-

oder zur Haltung von Wassertieren' raum der Erdoberfläche' Becken^

'Musikinstrument aus zwei flachgewölbten Metallscheiben'

Becken^

'Knochenring im Unter-/Hinterleib des Menschen und höherer Wirbeltiere'

Becken^.

'Gewerbezeichen der Friseure'

Hingegen sind auf ein gemeinsames Konzept und eine entsprechende Grundbedeutung zurückzuführen und demzufolge ein und derselben Position im lexikalischen System zuzuweisen die mindestens vier Varianten des Lexems traurig (nach Neubert 1978), obwohl sie unterschiedliche Synonymie- und Valenzpartner haben: traurig^

'im Zustand χ sein'

v

bekümmert, betrübt,

niedergeschlagen , freudlos , . . . (Person, Witwe, Kind, ...) traurig^

'den Zustand χ ausdrückend' * deprimiert, bedrückend, beklemmend, trauervoll,

. . .

(Gespräch, Stimmung, Äußerung, Gesicht, traurig^

'den Zustand χ verursachend'

y

...)

betrüblich,

trauererregend, deprimierend, schmerzlich , . . . (Anblick, Erlebnis, Roman, traurig^

...)

'durch den Zustand χ zu charakterisieren' (a) ^ trostlos, freudlos, unerfreulich, (Lage, Zustände, Zeiten, Schicksal, (b)

... ...)

beschämend, kläglich , erbärmlich, jämmerlich,

...

(Rest, Berühmtheit, Erbe, Rolle, ...) Bei den beiden folgenden Lexemen Schnee und Leber würde man wiederum zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangen, obwohl die Differenzierung in der Mediostruktur (jetzt nur in Bezug auf die "konkreten" Bedeutungsvarianten) nach dem gleichen Kri-

449

terium

'verschiedene Zustände ein und desselben Referents' jeweils

zwei Varianten ergibt, die sich auch im Wechsel der verbalen Valenzträger ausdrücken (Agricola 1975: 67 und 84). Während Schnee in beiden "Unterbedeutungen", nämlich

'Niederschlag in Form von

Flocken aus Eiskristallen, die aus der Atmosphäre fallen' und 'Niederschlag in Form der Anhäufung von Flocken aus Eiskristallen, die die (Erd)oberfläche bedeckt', dem Feld des Hyperonyms WITTERUNGSERSCHEINUNG zugehören würde, erfordert Leber als ORGAN und als SPEISE eine doppelte Unterordnung, da es sich im zweiten Fall um eine von der ursprünglichen Funktion weit entfernte, zweckgerichtete, beabsichtigte Veränderung des Zustands des Objekts handelt.

5.2

Konzeptuelle Verschiebung

Genau an diesem Punkt aber setzt die eigentliche Krux aller Kategorisierungen ein, nämlich der Streit um den MaGstab dafür, von welchem Grad der (wie immer begründeten und nach welchen Kriterien vorgenommenen) Abweichung an eine Trennungslinie zwischen zwei selbständigen und daher unterschiedlich zu klassifizierenden Einheiten gezogen werden kann, soll oder muß. So hat man schon seit längerem u.a. mit dem Begriff des

Hypersemems

ge-

arbeitet (Agricola 1975: 48/49), um bei der Analyse von Textvorkommen polysemer Lexeme die Fälle zu erfassen, daß zwar die Lexemvarianten theoretisch genügend exakt voneinander abzugrenzen sind, aber in vielen Kontexten nicht einzeln, sondern nur in bestimmten Kombinationen mehrerer von ihnen aktualisiert werden können oder sollen (ζ. B. zweit: 'Zählung, Gleichzeitigkeit' / 'zeitliches Nacheinander' / 'Wertung, Rang' / 'räumliches Neben- oder Nacheinander'). Außer daß andere Ziele auch andersartige

Auffassungen

erfordern, kommt eine Problematisierung durch neuere Erkenntnisse der Psycholinguistik hinzu, und zwar durch das Phänomen der "konzeptuellen Verschiebung" (Bierwisch 1983a, 1983b, 1983c). Es besagt, auf die vorliegende Aufgabe hin gerafft und zugespitzt, etwa folgendes: Ein Lexem, wie ζ. B. Schule, das konventionellerweise als in vier Lexemvarianten gliederbar angesehen wird: Schule^

'Institution'

Schule«

'Gebäude'

450

Schule^

'Ensemble von

Prozessen'

Schule^

'Institution als

Prinzip',

repräsentiert zwar vier verschiedene heiten, es ist aber

semantisch

blick auf diese Unterscheidung.

konzeptuelle unspezifiziert

Ein-

im Hin-

Es handelt sich nach dieser

Auf-

fassung also nicht um vier Intensionen, sondern um Unterschiede in den Extensionen von verschiedenen Vorkommen des Wortes. Die differierenden

Extensionen, d.h. konzeptuellen Strukturen,

geben sich als Spezifizierungen von neutralen,

er-

unspezifizierten

Merkmalen der Intension, die einem bestimmten Schema folgen. Die vier konzeptuellen Einheiten bilden eine einschlägige familie", zwischen denen Beziehungen der folgenden Art Prinzip (x, y)

'x ist das. Prinzip, auf dem y beruht'

Lokalität (x, y) 'x ist die Lokalität für y' Prozeß (x, y)

'x sind die durch y determinierten Prozesse'

Auf den konkreten Fall übertragen heißt

das:

Prinzip (Schule^ , Schule^) Lokalität

(Schule2,

Prozeß (Schule-^, und als Schema

Schule^)

Schule^)

zusammengefaßt: Schule

4

Prinzip Schule,

Prozeß

Lokalität

Schule^

Abbildung

10

Schule

3

"Konzeptbestehen:

451

Es ist also, vereinfacht gesagt, eine dreistufige schiebung zwischen

'Prinzip',

'Institution' und

Konzeptver-

'räumlichem

Ob-

jekt' zu konstatieren; ähnliche Beziehungen gibt es etwa für 'Gattung',

'Struktur',

'Ereignis' o.a. Die Variantenbildung

eng mit dem Charakter der betreffenden Konzepte verbunden; kann auch komplexere Formen annehmen und damit das hier essierende Problem der einfachen bzw. mehrfachen der Differenzierungsprodukte

ist sie

inter-

Kategorisierung

sowohl verschärfen als auch verklei-

nern. Das Schema der Varianten der Konzeptfamilie wisch 1983c: 84), die im Deutschen durch

Oper'

eine

(Bier-

lexikalische

Einheit erfaßt wird, stellt sich dar wie in Abbildung

11 ange-

geben . 0£er6

Abbildung 11

4

Oper^

Prinzip

Fixierung

Oper-y Oper^ Prinzip Realisierung Oper?

«· Element

Opern

0£er4

Prozeß

Lokalisation Oper^

'Informationsform'

Oper,,

1

Opernaufführung'

Oper^

1

Partitur '

°Per4 Oper^

'Institution' 1

Gebäude'

Oper5 °Per6 Oper^ °Per8

'Prinzip der

Informationsform '

'Prinzip der

Institution'

'Opernbetrieb'

Hier lassen sich zwei "Unterfamilien" erkennen, von denen eine um Oper^

('Institution'), die zweite um Oper^

('Informations-

struktur') konzentriert ist, wobei letztere über

Zwischenstufen

die Zweckbestimmung der ersteren gibt. Bierwisch schließt die Darstellung dieses Beispiels mit der Bemerkung:

"Es ist hier

452

nicht entscheidend, ob etwa ein Gebrauchswörterbuch für die verschiedenen Varianten Unterlemmata angeben würde. Wesentlich ist hier nur die Strukturierung einer Konzeptfamilie

..." Wenn, wie

in der vorliegenden Arbeit, unter anderem die Möglichkeit einer recht feinen mediostrukturellen Gliederung der Lexeme in Bedeutungsnuancen zur Benutzerinformation das Ziel ist, kann die Methode in doppelter Hinsicht hilfreich sein. Einmal trägt sie dazu bei, Lexemvarianten gegebenenfalls objektiv weiter zu differenzieren und diese spezifizierten Bedeutungen regel- und sinngemäß zu gruppieren, und ferner für den Wörterbuchartikel eine begründbare, wenn auch nicht (wenigstens bei den gegebenen Beispielen nicht) allein denkbare Reihenfolge zu liefern. Zum anderen wäre sie ein Weg, die Zahl der nötigen Varianten der makro- bzw. megastrukturellen Kategorisierung.auf ein überschaubares Maß, nämlich etwa die Zahl der jeweiligen "ünterfamilien" zu reduzieren. Dagegen sind die beiden anderen Fragenkreise, die im selben Zusammenhang behandelt werden, vorläufig wohl kaum in Überlegungen einzubeziehen, die sich mit der Verwertung

theoretischer

Forschungsergebnisse für die Lexikographie befassen, weil beide das Problem von Kontextinformationen und kontextueller

Varian-

tenbildung mit enthalten. Zum einen ist es das Phänomen, das Bierwisch provisorisch die "konzeptuelle Differenzierung" nennt und das inhaltlich auf ein Prinzip hinausläuft, das mit der "konzeptuellen Verschiebung" verwandt ist. Es handelt sich darum, daß ζ. B. die Lexemvarianten von verstehen differenziert sind, jedoch unter ein und denselben "Oberbegriff" fallen, daß aber die Erklärung durch syntaktische und semantische Mehrdeutigkeit (im Sinne von 'akustisch/intellektuell/moralisch

verstehen') von vornherein

ausgeschlossen wird. Eine Deutung als "unscharfer Begriff" wird gleichermaßen zurückgewiesen, da sich die verschiedenen, für die Varianten relevanten Bezüge beliebig scharf unterscheiden lassen und nicht allmählich ineinander übergehen. Statt dessen wird die Differenzierung auch dadurch erklärt, daß eine in der lexikalischen Systembedeutung nicht spezifizierte Variable im Äußerungskontext mit einem bestimmten Wert belegt wird. Und als Folgeproblem zur konzeptuellen Verschiebung und/oder Differenzierung, aus der Annahme, daß beide nicht zur semanti-

453 sehen Repräsentation gehören, ergibt sich, daß auch das Selektionsproblem nicht durch semantische Selektionsbeschränkungen

erfaßt

werden könne, sondern vielmehr auf der konzeptuellen Ebene als Folge der Interpretation der semantischen Repräsentation in bezug auf den jeweils unterschiedlichen Kontext erklärt werden muß; es erweist sich somit als exemplarische Domäne der Interaktion semantischer und konzeptueller Strukturen. "Ehe hier Vorschläge für generellere Prinzipien gemacht werden können, müssen jedoch zunächst die unzulänglich untersuchten und ziemlich verwickelten Fakten besser verstanden sein" (Bierwisch 1983c: 93).

5.3

Sensorische und kategoriale

Bedeutungen

Alle gezeigten Typen von Schwierigkeiten bei der Kategorisierung waren eingangs als "normale" Fälle bezeichnet worden, weil sie ihre Ursache in den natürlichen Mehrdeutigkeiten und Unscharfen sprachlicher Zeichen überhaupt und besonders in den Kombinationen solcher Unbestimmtheiten bei polysemen Lexemen haben. Sie sind vielfältig und widerspruchsvoll, aber sie sind lösbar, d.h. man kann sich für

ein

Auffassungsprinzip und danach bei jedem

Einzelvorkommen entscheiden. Ein Lexem hat im extremen Fall so viele verschiedene hyperonymische Beziehungen, wie die Mikround Medioanalyse diskrete Varianten ermittelt hat, nach welcher Methode auch immer. Das wirkliche Problem bei der Erkundung und Darstellung der hierarchischen Relationen zwischen lexikalischen Einheiten bzw. Feldern (als Gesamtheiten) und ihren Hyperonymen, die eigentliche Multidimensionalität, beruht aber auf dem generellen Phänomen des möglichen mehrfachen Blickwinkels: "X ALS Y ODER ALS Z", dabei steht "X" für ein lexikalisches Feld (und seine Einheiten) in der Position des Hyponyms relativ zu

zwei

oder mehr Einhei-

ten (oder Konzepten) "Υ, Z, ..." in der Position des Hyperonyms. "ALS" ist dabei sehr weit gefaßt und kann interpretiert werden u.a. als: 'in der Funktion von ...'; 'in der Eigenschaft von ...'; 'als eine Form von ...';

454

'als Symptom für

...';

'unter dem Aspekt des/der 'im Hinblick auf

...';

. . . '

Als Illustration soll hier vorläufig nur ein einfaches

Beispiel

(s. Abb. 12) gegeben werden (über die unterschiedliche

Relevanz

der Kategorisierungsmöglichkeiten

Felssturz

^

s. weiter

unten).

ALS

GEOTEKTONISCHE

ERSCHEINUNG

ALS

ELEMENTAREREIGNIS

ALS

VERKEHRSHINDERNIS

Abbildung 12 Umgekehrt sind unter dem Hyperonym ELEMENTAREREIGNIS

(s. Abb.

eine Reihe von Erscheinungen aus drei unterschiedlichen und Bedeutungsbereichen

(Hydrologie, Meteorologie,

Sach-

Geotektonik)

wegen ihrer gemeinsamen Funktion als juristisch relevante, tentielle Schadensverursacher auch Felssturz

zusammengefaßt, unter denen

befindet.

(Hydrologie:) Hochwasser Sturmflut Überschwemmung (Meteorologie: ) Hagel Schneedruck Blitzschlag

ALS

ELEMENTAREREIGNIS

Orkan (Geotektonik:) Bodensenkung Erdbeben Erdrutsch Felssturz Vulkanausbruch

Abbildung

13

13)

posich

455

Die Ursache für diese Art der mehrfach möglichen Kategorisierbarkeit liegt darin, daß es (nach den Forschungsergebnissen der Psychologie) zwei Typen oder Stufen von begrifflichen

Repräsenta-

tionen gibt (Hoffmann 1982; Hoffmann/Ziessler/Grosser

1984; Klix

1984), die man - unter Beachtung aller Unterschiede zwischen Begriff (Konzept) und Bedeutung (s. z.B. Probleme 1977) - auch auf den abgestuften Allgemeinheitsgrad von lexikalischen Bedeutungen übertragen darf: (a) Sensorische Begriffe': Begriffe wie 'Baum', 'Apfel' usw. fassen Objekte zu Klassen aufgrund von angebbaren anschaulichen Merkmalen zusammen. Ihre Repräsentation im Gedächtnis wird hauptsächlich durch diese Art von Merkmalen bestimmt, die obligatorisch und definierend in dem Sinne sind, daß sie allen Objekten der Klasse zukommen und mit anderen Merkmalen konjunktiv

verbunden

sind. (b) Kategoriale Begriffe: Begriffe wie 'Werkzeug',

'Tier',

'Nahrung', die Objekte unterschiedlicher Form, Gattung, Konstruktion usw. aufgrund gemeinsamer funktionaler Beziehungen als "Begriffskollektionen" zusammenfassen, sind im wesentlichen im Gedächtnis durch eine strukturierte Menge (disjunktive

Verknüpfung

von ihnen zugehörenden Unterbegriffen repräsentiert, d.h. durch Beispielbegriffe mit Merkmalsfunktion (= Komplexmerkmale). Hierher gehören ζ. B. Kategorialkonzepte wie 'Edelstein',

'Elementarereignis 1 ,

'Gift', 'Haustier',

'Maschine',

ment', 'Nahrung', O b s t ' , 'Ungeziefer',

'Fahrzeug',

'Möbel',

'Gemüse',

'Musikinstru-

'Schmuck', 'Spiel',

'Unkraut',

'Vieh', 'Werkzeug', 'Wild', ...

Zwischen beiden Begriffsformen gibt es kontinuierliche Übergänge. Die Unterscheidung hängt mit dem Abstraktionsgrad der Begriffe zusammen, wobei die speziellsten Begriffe durch anschauliche Merkmale gekennzeichnet sind, deren Anteil mit steigendem Abstraktionsgrad abnimmt und durch Komplexmerkmale ersetzt wird. Die relativ allgemeinsten noch sensorischen Begriffe in einer solchen Hierarchie heißen "Primärbegriffe"; sie fassen die relativ umfangreichsten Objektmengen auf einer gerade noch anschaulichen Generalisierungsstufe mittels der geringsten Anzahl anschaulicher

456 Merkmale zusammen. Primärbegriffe charakterisieren aber keine bestimmte Hierarchiestufe; die Ebene des Übergangs von der sensorischen zur kategorialen Repräsentation

(s. Abb. 14) liegt bei

den unterschiedlichen Begriffs- (bzw. Bedeutungs-)Bereichen verschiedener

I 1 I Τ

Nahrung lr

Gemüse iü

Möhre jh

Karotte

in

Höhe.

1 I 1

Fahrzeug ri

Lebewesen

1 1

Wasserfahrzeug fc

Tier

Schiff hi

. Vogel .....

Segelschiff sc

1

kategoriale Begriffe

=

Primärbegriffe

Raubvogel

I 1

Kogge

= sensorische Begriffe

Adler

Steinadler Abbildung

14

Diese generelle Möglichkeit nun, sensorische Begriffe aus eng benachbarten als auch aus entfernten Bereichen einem beliebigen Aspekt der gemeinsamen Funktionen,

sowohl

unter

Wirkungen,

Zwecke o.ä. zusammenzufassen und einem kategorialen Begriff liebigen Abstraktionsgrades unterzuordnen bzw. kategoriale fe unter denselben Bedingungen einem noch abstrakteren kategorialen, macht es notwendig, um überhaupt zu einer maßen stabilen und überschaubaren Ordnung zu gelangen, schiedlich relevante und usuelle Typen der

beBegrif-

anderen einigerunter-

Multidimensionalität

festzustellen, ähnlich wie bei der Auswahl der wesentlichen

Kol-

lokationsrelationen.

kann

Ausgerüstet mit einem solchen Maßstab,

man darangehen, für die Darstellung der makro- und megastrukturel-

457

len Relationen des Wortschatzsystems bei mehrfachen Kategorisierungsmöglichkeiten etwa nach Kriterien wie "normal/nötig/üblich" "möglich" - "ungewöhnlich" o.a. zu differenzieren, um danach über die Notwendigkeit der Aufnahme in die lexikographischen Produkte entscheiden zu können. Welche Formen dabei u.a. auftreten, soll anhand einiger Beispiele (auf der lexikalischen Ebene) demonstriert werden (GA = gemeinsamer Aspekt der Kriterien): Hirsch: 3 Unterordnungsmöglichkeiten 1. (GA [unterhalb von ' Lebewesen '3 : 'zoologische etwa unter die Folge von Hierarchiestufen:

Verwandtschaft')

'materielles Objekt' -

'Lebewesen' - 'Tier' - 'Säugetier' - 'Paarzeher' - "Wiederkäuer'; 2. (GA 'nach Konvention oder Gesetz jagdbar') unter die Folge: 'Wild' - 'Hochwild' - 'Haarwild' - 'Schalenwild' - 'Rot-/Edelwild'; die höchste Stufe ('Wild') ist eine Teilmenge als Auswahl aus einander entfernten Subkategorien ('Vögel' und der Kategorie

'Säugetiere')

'Tier', die unter dem genannten GA zusammengefaßt

werden (s. weiter unten). 3. (GA 'Nutzung als Nahrung') unter die Folge: 'Nahrung' 'Speise' - 'Fleischspeise' - 'Braten' - 'Wildbret', aus einem sehr weit entfernten

Bedeutungsbereich.

Alle drei Klassifizierungen sind durchaus üblich, und die Angabe der Einordnungen müßte in die Bedeutungserklärung oder in zusätzlichen Angaben über makrostrukturelle Relationen der lexikalischen Einheit Hirsch eingehen, unabhängig davon, ob man sie semantisch als ein, zwei oder drei Elemente auffaßt. Ahnlich verhält es sich mit der Multidimensionalität ζ. B. von Saphir, das eine Position im Teilsystem der chemischen Bezeichnungen ('Aluminiumoxid'), eine andere unter den mineralogischen ('Korund') einnimmt, in der Allgemeinsprache aber hauptsächlich unter der Kategorie

'Edelstein', wiederum als Teilmenge der

beiden anderen, unter dem GA 'große Härte, starker Glanz, hohe Lichtbrechung, Durchsichtigkeit, Polierfähigkeit, seltenes Vorkommen und daher von relativ hohem Wert', eingeordnet wird. Dazu kommt die fachlich-technische, aber schon fast allgemeinsprachliche Variante

'Tonabnehmerspitze'.

458

Einen Ermessensfall bilden Beispiele wie Birke oder

Tanne,

die außer ihrer konkreten Bedeutungen, denen zufolge sie unter 'Laub-' bzw. auch unter

'Nadelbaum' und

'Baum' und in dieser

Eigenschaft

'Holzart' (als Material, Rohstoff) klassifiziert

den, noch als Schmuck und Symbole im Brauchtum fungieren

wer-

(Pfing-

sten, Weihnachten). Hier ist die Grenze zur enzyklopädischen

In-

formation erreicht, und es muB entschieden werden, ob das Wissen um konventionelle Typen der Symbolik zur sprachlichen zu rechnen

Bedeutung

ist.

Eindeutiger verläuft die Trennungslinie bei der Auswahl den Kategorisierungsmöglichkeiten unter die Folge mengen

für Esel: neben der

unter

Unterordnung

'Einhufer' - 'Säugetier' - 'Tier', sowie die Unter-

'Haustier' und

'Transportmittel'

'Transporttier'

ist etwa

(Reit-, Trag-,

Zugtier)··

' Zirkustier' , O p f e r t i e r '

nicht mehr

zu erwägen und erst recht nicht ζ. B. die Fixierung einer chen, aber weder typischen noch nötigen Klassifizierung

mögli-

als

'Frachtgut'; hier handelt es sich um die außersprachliche

Kennt-

nis des Sachverhalts, daß alle materiellen Objekte bis zu bestimmter Größe und/oder bestimmten Gewicht transportabel sind, d.h. die Eigenschaft haben können, vorübergehend

Transportgegenstand

zu sein. Schwierigkeiten dieser Art im Prinzip und im Einzelfall der Aufstellung einer Ordnung im Bereich der

bei

substantivischen

Konzepte treten vor allem in der Zone des Übergangs von

sensori-

schen zu kategorialen Begriffen, also grob gesprochen, auf mittleren Hierarchiestufen, auf, und es muß der Versuch werden, ob sie mit den beiden erörterten Kriterien schiede in den K a t e g o r i s i e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n

unternommen (Relevanzunter-

und in den

Relationen

zu den Valenzträgern) gemindert werden können oder ob noch weitere Parameter zu ihrer Reduktion gebraucht werden. Letzteres

gilt

auf alle Fälle bei kombinierter Multidimensionalität, d.h., wenn bei der Systematisierung

auf mehreren Hierarchiestufen

hinter-

einander die "Möglichkeit der mehrfachen Kategorisierbarkeit

be-

steht und/oder die Reihenfolge der Stufen nicht zwangsläufig jektiv festzulegen ist. So kann ζ. B. im Feld WILD, in dem der Kollektivbezeichnung

(unter

Wild als Hyperonym) die Benennungen

Auswahl von Säugetieren und Vögeln, also aus sehr weit

obeiner

voneinander

459 entfernten zoologischen Klassen und Ordnungen, unter dem Aspekt der gesetzlich oder historisch-konventionell

geregelten

Jagdbar-

keit zusammengefaßt sind, jedes lexikalische Element zwei klassen mit je zwei kohyponymischen oder antonymischen

Sub-

Gruppen

zugeordnet werden, nämlich Haarwild vs. Federwild, aber

gleich-

zeitig auch Hochwild vs. Niederwild. Beim Haarwild, aber nur unter dessen Anteil von Niederwild, wird noch das Raubwild klassifiziert, jedoch ohne Gegensatz zu »Friedwild

gesondert

(wie bei

Raub- vs. Friedfisch). Die Gruppe Federwild steht, häufiger ter der synonymischen Bezeichnung Wildgeflügel, derjenigen Hausgeflügel gegenüber, die beide dem gemeinsamen

unvon

Hyperonym

Geflügel unterzuordnen sind. Dies wiederum wird im Handels- und Alltagssprachgebrauch aber als Antonym zu Wild ("Wild- und Geflügelhandlung") benutzt (Agricola 1983: 21). In den oberen Rängen der Hierarchie spielt das Phänomen der Multidimensionalität

anscheinend keine so grundlegende,

"normale"

Rolle mehr; allerdings zeigt das erörterte Beispiel Esel

(u.a.

'Lasttier' - 'Transportmittel'), daß auch auf einer relativ Ebene, wie einer Subkategorie von TIER, die

hohen

Mehrfachkategorisie-

rung noch erforderlich sein kann (vergleiche auch Karl 1983: 31). Im übrigen scheint ein allgemeiner Konsens darüber zu bestehen, daß die ersten Stufen unterhalb eines obersten Knotens

MATERIEL-

LES etwa die in Abbildung 15 skizzierte Struktur haben

dürften;

• MATERIELLES

ORGANISCHES II

BESEELTES"II

MENSCH

It

ANORGANISCHES

"UNBESEELTES"/ PFLANZE

NATUROBJEKT

TIER Abbildung

15

ARTEFAKT

460 die Knoten tragen hier improvisierte Bezeichnungen und haben mehr den Charakter von Etiketten für elementare Konzepte bzw. Kernkonzepte als von lexikalisierten

Hyperonymen.

Über die Struktur der übrigen zwei (oder drei?) obersten Kategorien, die man als ZUSTAND/EREIGNIS und

IMMATERIELLES/MENTALES

deklarieren könnte, besteht weder Klarheit noch Einigkeit. Hier gibt es noch grundlegende (psycho)linguistische Forschung zu leisten, wie generelle Konzepte der Art 'Raum, Zeit, Dimension, Relation, Qualität, Bewegung' und solche aus dem Gebiet des Ideellen, der Moral, des Gefühls, des Willens usw. zu klassifizieren seien.

6.

Innere Struktur von lexikalisch-semantischen

6.1

Feld-Begriffe und ihre Probleme

Feldern

Seit der ersten anschaulichen Darlegung des Feld-Begriffes mittels eines größeren Beispiels durch Trier (1931) sind zahlreiche, immer präzisere theoretische Vorstellungen entwickelt, Dutzende zum Teil sehr widersprüchliche Definitionen

aufgestellt

und viele praktische Einzelanalysen durchgeführt worden, um Status, Form, Grenzen, Inhalte und Strukturen von lexikalischsemantischen Feldern als den kleinsten Subsystemen des Lexikons nachzuweisen, so daß es sich hier verbietet, auch nur andeutungsweise auf die vielfältige Entwicklung einzugehen. Aber außerdem trifft für diese Problematik naturgemäß verstärkt zu, was für die eingangs geäußerte Kritik an der Qualität der Angaben von makrostrukturellen Beziehungen sowohl in allgemeinen Bedeutungswörterbüchern, als auch in speziellen Verzeichnissen bestimmter einzelner paradigmatischer Relationen gilt: Es sind in jüngerer Zeit zwar eine Reihe von Feldern größeren Umfangs in ihrer ganzen Tiefe untergliedert und analysiert worden, beispielsweise die Verben de's Beförderns mit rund 200 Elementen durch B. Wotjak (19B1 und 1982a, b, c), aber es wurde bisher noch keine nennenswerte Anzahl von Feldern zusammenhängend und/oder nach ein und demselben theoretischen und methodischen Prinzip linguistisch aufgearbeitet und dargestellt, geschweige denn für die lexiko-

461

graphische Verwendung im Sinne eines systematischen Thesaurus zubereitet. Deshalb soll und darf für die vorliegenden Zwecke, nach der Klärung einiger allgemeiner Fragen, als Bezugspunkt und Diskussionsgrundlage für die Erörterung der Probleme eine bestimmte Untersuchung herausgegriffen werden, die sich durch theoretische Schärfe auszeichnet, aber dabei nicht die Bedürfnisse der Praxis aus dem Auge verliert, und die ein gut Teil des "Wortfeld-Erbes" aufgenommen und verarbeitet hat, nämlich Lutzeier (1981). Übereinstimmung besteht in neueren Arbeiten weithin darüber, daß ein Feld lexikalisch-semantischer Einheiten als primäres Kennzeichen die Eigenschaft haben muß, aus einer geordneten Menge von Lexemen zu bestehen, die zusammen und einander ergänzend die verschiedenen spezielleren Aspekte einer gemeinsamen übergeordneten Bedeutungs- bzw. Begriffseinheit abdecken. Zwei Auffassungen aus sehr unterschiedlichen Forschungsrichtungen mögen als Belege dafür genügen: Coseriu: Ein Wortfeld ist in struktureller Hinsicht ein lexikalisches Paradigma, das durch die Aufteilung eines lexikalischen Inhaltskontinuums unter verschiedene in der Sprache als Wörter gegebene Einheiten entsteht, die durch einfache

inhaltsunter-

scheidende Züge in unmittelbarer Opposition zueinander stehen (1967: 294). - Ein Wortfeld ist eine paradigmatische

Struktur,

die aus lexikalischen Einheiten besteht, die sich in eine gemeinsame Bedeutungszone teilen und in unmittelbarer Opposition zueinander stehen (1970a: 111). Miller/Johnson-Laird (1976: 279): Obwohl alle hyponymischen und "Teil-von"-Hierarchien einzeln als "ist ein"- und "hat ein"Relationen zwischen Paaren von Begriffen definiert werden können, scheint die hierarchische Struktur immer als ein Ganzes bewußt zu sein; es ist so, als ob jedes Wort in der Struktur Teil der Bedeutung jedes anderen Wortes sei, und das wird im allgemeinen unter "semantischem Feld" verstanden

... . Semantische Felder

sind Gruppen von lexikalischen Konzepten, die durch ihre relativen Positionen in ein umfassenderes, abstrakteres Konzept integriert sind (nämlich den konzeptuellen Kern eines semantischen Feldes) und die unterschiedliche Aspekte dieses Konzepts bezeichnen .

462 Die Zusammenstellung

des Inventars an Einheiten, die unter

einem gemeinsamen Hyperonym

(oder Konzept) zu einem Feld

gehören,

ist die eine Hälfte der Aufgabe, und sie ist je nach dem Umfang an Elementen, dem angestrebten Grad an Vollständigkeit und der Schärfe der Abgrenzbarkeit mehr oder weniger schwierig.

Ihr

zweiter Teil, eben die Gliederung des "Inhaltskontinuums" der "Bedeutungszone" und die Zuweisung der "relativen

oder

Positionen",

ist die weitaus unerquicklichere Arbeit, weil es dafür

offenbar

keine einfachen, durchgängigen, stets eindeutig handhabbaren

Kri-

terien gibt. Diese, jedem lexikographischen Praktiker nur zu gut bekannte Tatsache und eine Begründung dazu hat Wolski

beispielsweise

(1980: 233/234) auf folgende treffende Kurzformel

"Bei der theoretischen Rekonstruktion lexikalischer ... spiegelt sich je nach Wortschatzbereich in Maße die Schlechtbestimmtheit

Paradigmen

unterschiedlichem

von Inhaltsstrukturen wider,

es darum geht, Umfang und Art der zur Basis gewählten schen Einheiten

gebracht:

wenn

lexikali-

(Lexeme) vom Rang η zu erfassen, sowie die diffe-

renzierenden oppositiven Seme und die Archieinheiten auf

jewei-

ligen Rängen η + 1." Und er führt sie darauf zurück, "... daß Einheiten von Wortrang, die in einem graduell oppositiven

Ver-

hältnis zueinander stehen, gegenüber möglichen theoretisch baren Gliederungsprinzipien

- eben auch solchen

hierarchischer

Art - indifferent sind, d.h. sie geben eine, grundsätzlich die meisten Wortschatzbereiche

erfaßfür

anzunehmende, Offenheit in Hin-

blick auf mögliche Rekonstruktionsversuche

... in besonderem Maße

zu erkennen." Konkreter gesprochen heißt das, es sind bei der Analyse der Makrostruktur

lexikalisch-semantischer

kompletten Felder

der Darstellung ihrer Ergebnisse wenigstens die fünf

und

folgenden

grundsätzlichen Aufgaben durchzuführen, deren jede einzeln oder in Kombinationen aber mit dem Problem der

Vagheit

konfron-

tiert werden kann; es gilt also: (a) die Inventare derjenigen Mengen von lexikalischen

Elemen-

ten (Lexemen oder Lexemvarianten) zusammenzustellen und so klar wie möglich einzugrenzen, deren Bedeutungen gemäß einer rischen Analyse ihrer semantischen Mikro- bzw.

proviso-

Mediostrukturen

(auf der Grundlage der Sprachkompetenz der Bearbeiter)

jeweils

463

insofern miteinander verwandt sind, als sie einem generellen deutungsanteil, d.h. eines oder mehrere Kernseme und damit (oberstes) Hyperonym bzw. Konzept, gemeinsam

Be-

ein

haben;

(b) die Inventarmengen nach immer spezielleren

Gesichtspunk-

ten in Teilmengen zu zerlegen, die als Elemente jeweils nur noch untereinander synonyme oder quasisynonyme halten, falls sie nicht nur aus

einem

(c) die paradigmatischen Relationen

(similare) Lexeme Element

ent-

bestehen;

(der Elemente) der so ge-

fundenen Teilmengen untereinander aufzudecken, d.h.

einerseits

ihre Position in der "Horizontalen", je nach dem Grad der onymie als Kohyponyme mit unterschiedlich starken

Heter-

Bedeutungsdif-

ferenzen und/oder perionymischen Zusammenhängen, und

andererseits

ihre Stellung in der "vertikalen" Hierarchie, die direkte über mehrere Stufen vermittelte Relation zwischen den

oder

Teilmengen

(bzw. ihren Elementen) als den Hyponymen und dem Hyperonym des gesamten Feldes, zu eruieren; (d) die über die Feldgrenzen hinausreichenden

perionymischen

Beziehungen, einschließlich der Antonymie im engeren und im weiteren Sinne, und die K o l l o k a t i o n s - / V a l e n z - R e l a t i o n e n

festzustel-

len ; (e) die s y n o n y m i s c h - q u a s i s y n o n y m i s c h e n

Elemente der

Teilmengen

des Feldes soweit wie möglich nach dem Grad der Ähnlichkeit gegebenenfalls nach Kriterien ihrer nicht-denotativen

und

Informatio-

nen zu ordnen, was meist im Wechsel mit der Präzisierung und Abstimmung der mikrostrukturellen Analyseergebnisse

einhergeht.

Die Struktur von Wortfeldern in dieser Komplexität und Vollständigkeit ist bisher noch nicht beschrieben worden. Die meisten Untersuchungen begnügen sich mit Teilaufgaben daraus, sei es, was die Auswahl der Inventare von lexikalischen Einheiten sei es durch die Beschränkung auf einzelne Typen von und von Gesichtspunkten der Subklassifizierung.

Für

überschreitende Beziehungen liegen (außer mit der

betrifft,

Relationen feldgrenzen-

Antonymie

i.w.S.) noch gar keine Erfahrungen vor; und es fehlt bislang eine erprobte, präzise Methodik für die Feingliederung

onymischen Teilfeldern. Genaugenommen kann man sich nur auf nisse in bezug auf die "klassischen" paradigmatischen

auch

von synErgeb-

Verhältnis-

464 se von Hyperonymie/Hyponymie

(Allgemeines/Besonderes,

Genus/Spezies u.ä., d.h. "Generalisierung und Kohyponymie/Inkompatibilität

6.2

Wortfelder nach

—m·

Ganzes/Teil,

Spezialisierung")

stützen.

Lutzeier

Eine exaktere Definition des Wortfeld-Begriffes,

die auf

diesen

beiden Formen semantischer Relationen und einer Reihe von ebenso exakten Subkategorisierungskriterien

beruht, hat in jüngerer

Zeit,

wie erwähnt, Lutzeier (1981) gegeben. Die Synonymie, im Sinne einer Bedeutungsähnlichkeit

von ζ. B. ängstlich = bänglich oder

besonnen = bedacht, wird von ihm zwar konstatiert, aber weder als paradigmatische Relation behandelt oder definiert, noch als Definiens-Element für das Feld herangezogen, und zwar aus

folgendem

Grund: "Bei einem Verständnis von Synonymie als strikter

Bedeu-

tungsgleichheit gibt es kein Wortfeld, das nur aus untereinander synonymen Wörtern besteht. In diesem Fall gäbe es keine

Dimension,

die eine Zerlegung der Menge bewirken würde" (S. 146). Erst ter, in Lutzeier

(19B3), werden synonyme Wortmengen mit

doch ausdrücklich unter der Bezeichnung

spä-

behandelt,

"lexikalisches Netz" vom

Begriff des lexikalischen Feldes abgehoben. Er bezieht sich dabei auf die Ähnlichkeit mit "semantischen Netzen" in der Psychologie und der künstlichen Intelligenz

kognitiven

(ζ. B. Quillian

196Θ).

Man darf hoffen, wenn es gelingt, in dieses Wortfeldmodell fehlenden Relationstypen organisch zu integrieren, es mit Aussicht auf Erfolg bei der Übertragung

in die

die

einiger

lexikographische

Praxis als "Grundgerüst" eines lexikalisch-semantischen

Feldes

verwenden zu können, um für die üblichen empirischen oder rein intuitiven Methoden einen einheitlichen und objektiven

Bezugspunkt

zu haben. Lutzeier hebt allerdings hervor, man müsse es

illusions-

los sehen, daß der Maßstab auch der formalisierten Semantik sogenannte "natürliche" Semantik ist, die Sprachkenntnis

die

des

"normalen" Muttersprachlers also, deren letzte Instanz (neben dem Wörterbuch und Texten kompetenter Sprecher) die eigene darstellt (1983:

Intuition

153).

Lutzeiers Grundgedanken sind etwa folgende: Wortfelder lische Felder) sind geordnete Mengen von lexikalischen

(lexika-

Einheiten;

465

die Strukturen eines Feldes sind sowohl von den

semantischen

Eigenschaften des Feldes (als Ganzheit) als auch von denen Elemente bestimmt. Die hierarchische und die kontrastive

seiner

Ordnung

sind die beiden elementaren Prinzipien der Organisation. Die Bedeutung eines Wortes - was immer sie ist - wird auf die

Bedeutun-

gen der anderen Wörter in der paradigmatischen Menge mit Hilfe dieser beiden semantischen Relationen bezogen. Die Einheiten Wortfeldes gehören jeweils ein und derselben syntaktischen

eines

Kate-

gorie an, und sie sind die Menge der Repräsentanten von möglichen Ausdrucksintentionen

bezüglich eines gemeinsamen

(vorgegebenen)

"Aspektes". Der Aspekt ist die einheitliche semantische

Grund-

lage aller Wörter eines Feldes. Aspekte sind nichts anderes als Bedeutungen im Sinne der "natürlichen" Semantik, die als metasprachliche Ausdrücke verwendet werden; manchmal gibt es dafür nur die Möglichkeit der umschreibenden oder komplexen Form der Familie der Hahnenfußgewächse',

('Gattung

'temporale R e l a t i o n e n 1 ) .

lexikalische Einheit fällt unter den Aspekt A, wenn ihre

Eine

Bedeu-

tung eine Spezifizierung oder ein Teil der Bedeutung von Α ist (Tanne unter den Aspekt Aspekt

'Kieferngewächse'; kreischen unter den

'Bremsgeräusche'). Häufig kann ein Aspekt durch ein ob-

jektsprachliches Grundwort Wg (Archilexem) ausgedrückt

werden.

Unter den Aspekt Α zu fallen, heißt für ein lexikalisches

Element

dann, hyponym zum Grundwort Wg bezüglich des Aspekts Α zu sein. Jeder Menge lexikalischer Elemente unter einem Aspekt

sind

endlich viele "Dimensionen" zugeordnet, die eine Zerlegung

in

Untermengen bewirken, von denen jede einen "Namen" erhält.

Durch

die Namen der Zerlegungsmengen, denen ein Element angehört, und die semantischen Relationen zu anderen Elementen ist die Position jedes Elements im Hinblick auf die semantische Struktur des Feldes definiert. Ein Teil eines Wortfeldes, der selbst die gungen eines Wortfeldes erfüllt, und dessen semantische

BedinStruktur

in die semantische Struktur des Ausgangsfeldes eingebettet heißt "Teilfeld" des Ausgangsfeldes. So ist das Feld der

ist,

Bezeich-

nungen der männlichen Verwandten ein Teilfeld des Feldes der Verwandtschaftsbezeichnungen. Beispiel für die Zerlegungsstufen: Ein Wortfeld aus Elementen der syntaktischen Kategorie Substantive unter den Aspekt nahmen'; als eine der Dimensionen tritt

'Ein-

'Berufsgruppen' auf, deren

466 eine Zerlegungsmenge den Namen sierung

'Soldaten' hat (aus der

Paraphra-

'Einnahme für Soldaten'). Ein Substantiv Sold wäre

ein Element der Menge

damit

'Soldaten' in bezug auf die Dimension

ruf sgruppen ' . Der Name

'Soldaten' stellt einen notwendigen

an der Bedeutung von Sold unter dem Aspekt

Anteil

'Einnahmen' dar. Die

in der Komponentenanalyse gewonnenen Merkmale sind auch die zur Paraphrasierung

'Be-

"Namen",

herangezogen werden können (trippeln =

'schnell' & 'mit kurzen Schritten' laufen), aber die Namen der Zerlegungsmengen

allein, denen ein Element angehört,

nicht die Bedeutung dieses

konstituieren

Elements.

Neben dem Aspekt und den Dimensionen mit den darauf

beruhenden

Zerlegungsmengen stellen die Bedingungen, die mit Hilfe der semantischen Relationen formuliert werden, das dritte

notwendige

Kriterium für ein Wortfeld dar. Lutzeier unterscheidet die

Hypony-

miebeziehung und die Beziehungen des Bedeutungsgegensatzes

(In-

kompatibilität, Antonymität, Konversivität und

Komplementarität)

und definiert sie wie folgt, wobei für alle Definitionen

gleicher-

maßen die Voraussetzung gilt: "Gegeben seien zwei Wörter W^, W2 der Sprache S aus der syntaktischen Kategorie c und ein Aspekt A." (a) Das Wort W^ ist

hyponym

zu dem Wort W£

bezüglich

des vorgegebenen Aspektes Α genau dann, wenn in jeder

Situation,

in der es nicht um das Wort W^ geht und in der das Wort W^

(als

Element der Kategorie c bezüglich des Aspektes A) angemessen positiv gebraucht werden kann und in der es erlaubt ist, den durch den Gebrauch des Wortes W^ eingeführten Präzisionsgrad

abzuschwä-

chen, auch das Wort W2 (als Element der Kategorie c bezüglich Aspektes A) unter eventueller Abschwächung des

angemessen positiv gebraucht werden kann, wobei eventuelle brauchsbedingungen

Ge-

für W^ oder W2 bezüglich des Aspektes Α außer

acht gelassen werden (ζ. B. Gage und Einkünfte bezüglich Aspektes

des

Präzisionsgrades

des

'Bezahlung').

(b) Das Wort W^ ist

inkompatibel

mit dem Wort W2

bezüglich des vorgegebenen Aspektes Α genau dann, wenn für alle Situationen, bei denen das Wort W^ (als Element der Kategorie c bezüglich des Aspektes A) angemessen positiv gebraucht

werden

kann, der positive Gebrauch des Wortes W2 (als Element der

Kate-

gorie c bezüglich des Aspektes A) in dieser Situation im Wider-

467

spruch zum positiven Gebrauch des Wortes W^ (als Element der Kategorie c bezüglich des Aspektes A) in dieser Situation stehen würde, und für alle Situationen, bei denen das Wort W 2

(als Element

der Kategorie c bezüglich des Aspektes A) angemessen positiv

ge-

braucht werden kann, der positive Gebrauch des Wortes W·^ (als Element der Kategorie c bezüglich des Aspektes A) in dieser im Widerspruch zum positiven Gebrauch des Wortes W 2

Situation

(als Element

der Kategorie c bezüglich des Aspektes A) in dieser Situation hen würde (ζ. B. gehen und sitzen bezüglich des Aspektes

ste-

'Tätig-

keit'). (c) Das Wort W^ ist

antonym

zu dem Wort W 2

bezüglich

des vorgegebenen Aspektes Α genau dann, wenn beide Wörter W^, W 2 (als Elemente der Kategorie c) graduierbare Wörter sind und das Wort W^ inkompatibel mit dem Wort W 2 bezüglich des Aspektes Α ist (ζ. B. groß und klein bezüglich des Aspektes (d) Das Wort W^ ist

konvers

'Wachstum').

zu dem Wort W 2 bezüglich

vorgegebenen Aspektes Α genau dann, wenn die beiden Wörter W2

des

W^,

(als Elemente der Kategorie c) relationale Wörter sind, und wenn

es zwei Stellen bei den von den Wörtern bestimmten Relationen

gibt,

bezüglich deren sie konvers zueinander sind, und das Wort W^ inkompatibel mit dem Wort W 2 bezüglich des Aspektes Α ist (ζ. B. Ehemann und Ehefrau bezüglich des Aspektes (e) Das Wort W^ ist

komplementär

'Verwandtschaft'). zu dem Wort W 2

züglich des vorgegebenen Aspektes Α genau dann, wenn die den drei Bedingungen

be-

folgen-

gelten:

- das Wort W^ ist inkompatibel mit dem Wort W 2 bezüglich

des

Aspektes A; - für jedes Wort W-j (als Element der Kategorie c), das

inkom-

patibel mit W^ bezüglich des Aspektes Α ist, gilt: W-j ist bedeutungsgleich/-ähnlich mit W 2 bezüglich des Aspektes A; - für jedes Wort W^ (als Element der Kategorie c), das

inkompa-

tibel mit W 2 bezüglich des Aspektes Α ist, gilt: W^ ist bedeutungsgleich/-ähnlich mit W^ bezüglich des Aspektes Α (ζ. Β. Wj^ = lebendig, W 2 = tot, W-j = erdolcht, W 4 lich des Aspektes

'Leben').

= belebt,

bezüg-

468

Weniger streng ausgedrückt, lauten die Bedingungen: W 2 ist inkompatibel mit Wj; alle Wörter W 2 , , die ebenfalls mit W^

inkompa-

tibel sind, sind bedeutungsgleich/-ähnlich mit W 2 ; umgekehrt alle Wörter W^,, die (ebenso wie W^) mit W 2 inkompatibel

sind

sind,

bedeutungsgleich/-ähnlich mit W^. In Lutzeiers Modellvorstellung hat also jedes Tripel der

fol-

genden Form (wenn es eine Reihe von zusätzlichen, hier nicht zu erörternden Bedingungen erfüllt) den Charakter eines oder "lexikalischen Feldes" (1983: Α>

I

π>

r

L > A

=

! ...

n.,

»

Kategorie

A

=

=

Grundwörtern

D Ν

159-161):

(Zir)i

1 ... n, r = 1 ... η ^

"Wortfeldes"'

Zerlegungsmenge)

Hyponymierelation

in L bezüglich A

= Inkompatibilitätsrelation

in L bezüglich A

Ein einfaches, ohne Rest "aufgehendes" Beispiel (9) der Aufgliederung eines konkreten Wortfeldes Definition

(1981: 156-158) möge die

illustrieren.

Beispiel 9: TURNGERÄTE:

Aj^ Lj^

= 'offiziell anerkannte

Turngeräte';

^ B a r r e n , Boden (= Matte), Reck, Ringe,

Pferd,

Bock, Kasten, Leiter, Tau, Stufenbarren, balken, Kletterstange,

Schwebe-

Sprossenwand^

Grundlage der ersten Dimension D^ ist die Tatsache, daß Geräte im Wettkampf Männern vorbehalten sind, andere nur Das ergibt die Zerlegungsmengen Ζ

von L,:

einige Frauen.

:

Z

11

{Pferd, Ringe, Barren, Reckj·

Z

12

{Stufenbarren, Schwebebalken}·

mit N ^

=

'Männern vorbehalten' mit N ^

=

'Frauen vorbehalten' Z

13

{Boden, Bock, Kasten, Leiter, Tau, Kletterstange, Sprossenwand}

mit N^^ =

'weder noch' Die Geräte sind für bestimmte Zwecke gedacht; das vollzieht D2 nach: D

2

: Z

21

^Bock, Kasten}

mit N 2 1 = 'zum Darüberspringen vom Boden gedacht'

T~22

R e i t e r , Tau, Kletterstange,

Sprossenwand^

mit N22 = 'zum Klettern gedacht' Z

23

{Ringe, Barren, Reck, Stufenbarren, Pferd, Schwebebalken, Boden} mit N23 = 'weder noch'

Weitere Dimensionen sind noch: D-j : Ausstattung der Geräte mit einem bzw. mehreren Querträgern; D^ : starre Träger bzw. bewegliche Seile; D^ : möglich bzw. nicht möglich, auf Beinen zu stehen; D^ : für eine bzw. für mehrere Personen. L^ als Menge von Substantiven erweist sich mit der untenstehenden Struktur als ein Wortfeld: < A 1 , < D 1 , D2, D3, D4, D5, D 6 > , < Z n , Z

22'

Z

23'

Z

61'

Z

62^'^N11'

N

33'

N

41>

{

Z

N

31'

42'

Z

N

32' N

Z

33'

12'

N

Z

41'

13'

43' S i '

N

N

52'

Z

42'

21' N

N

61'

Z

Z12, Z13, Z21, Z

43'

22' N

N

Z

51' N

23'

52'

31'

62>'{

IW^LJ>

I < W 1 , W 2 > € L 1 X l 1 und Wj 4 W 2 ] >

Die Inkompatibilitätsrelation bezüglich des gewählten Aspektes A^ erfaßt hier alle Paare von verschiedenen Wörtern, d.h. für alle Wj, W 2 € L ^ gilt: wenn W

1

4

W

2'

dann

is*

w

i

inkompatibel

mit W2 bezüglich A^. Die Hyponymierelation in L^ bezüglich A^ beschränkt sich auf das absolute Minimum, nämlich H.

1'

. = 1

A

470 W> I

. Ferner gibt es keine Paare von Wörtern aus L^,

die komplementär miteinander bezüglich eines Aspektes A'^

sind,

der spezieller als A^ ist. Und mit Hilfe der semantischen

Rela-

tionen erhält man im Beispiel keine

Unterscheidungsmöglichkeiten

für die Elemente von L^; das Hauptgewicht liegt auf den Dimensionen und den zugehörigen Namen für die

Zerlegungsmengen.

Diese Bewertung zeigt zugleich, daß es generell im Hinblick auf den Grad und die Kombinationen des Auftretens der

Definitions-

merkmale bei Wortfeldern verschiedene Strukturtypen geben muß. Lutzeier

(1981: 205/206) macht dazu nur Angaben in Form einer

Übersicht (s. Tab. 2). Als Beispiel für einige der Typen wird auf folgende Wortfelder Typ III Typ

IV

hingewiesen:

= Turngeräte-Bezeichnungen = männliche

Verwandtschaftsbezeichnungen

Typ VIII

= Temperaturadjektive

Typ

IX

= Teilfelder um ruhig und unruhig

Typ

XI

= Feld

Typ XII

'Finanzielle

Einnahmen'

= (eventuell) die Menge der

So wichtig selbstverständlich

Ordnungsadverbien.

eine präzise theoretische

nition des Untersuchungsgegenstands

Defi-

ist, kann doch für den Lexi-

kographen nicht in erster Linie die Beweisführung

ausschlaggebend

sein, daß ein Ensemble von lexikalischen Einheiten ein Wortfeld im Sinne dieser Definition ist, das einen festlegbaren Platz in einer Feldtypologie hat, sondern daß jegliches auch noch so "abweichende" Vorkommen von Elementen und Struktureinheiten sprachlichen Realität in die Darstellung des Gesamtsystems

der ein-

gebettet werden muß und kann. Lutzeiers Verdienst unter dem Blickwinkel der von uns angestellten Ziele ist es, eine exakte, le, praktisch verwendbare Beschreibung des Feld-Begriffes seiner Kriterien gegeben zu haben, die die "natürliche"

formaund

Semantik

als Maßstab anerkennt und ihr so nahe wie möglich zu bleiben versucht. Darüber hinaus ist auch die Objektivität bei der lung der Inventare der Felder an lexikalischen Elementen gewährleistet, als sie aus Substitutionsprozessen

für

Aufstelinsofern

Elemente

verbaler Kontexte abgeleitet werden können (1981: 88-110), Methode, die in der strukturalistischen Schule schon länger

eine prak-

471

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