Leitfaden für den Unterricht in der Geographie: Teil 4 (Untertertia.) [Reprint 2021 ed.] 9783112399644, 9783112399637


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Leitfaden für den Unterricht in der Geographie: Teil 4 (Untertertia.) [Reprint 2021 ed.]
 9783112399644, 9783112399637

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Leitfaden für den

Unterricht in der Geographie an höheren Lehranstalten von

Dr. Ad. Drouke, Director der Realschule I. O- und Prov.-Sewerbeschule in Trier.

SnrsirS IV. (Untertertia.)

von«, Eduard Weber's Verlag (Julius glittiier). 1877.

I. Central-Europa.

A. Hrograp-ie.

§• 1. Lage, Begrenzung der Alpen; allgemeine Beschreibung

derselben.

An den Apennin schließt sich nördljch von Savona eine Gebirgskette an, welche zunächst der Richtung der Küste folgt, bald aber bei den Quellen des Tanaro sich im Bogen nach Norden wendet. Vom Genfer-See an ändert sich wiederum die Richtung nach Osten, cs bilden sich zwei, später drei divergirenbe Hauptketten, die in einem weiten Bogen von Wien an der Donau bis zum Quarnero enden. Dieses ganze Gebiet von Ketten und Massengebirgen wird mit dem Namen der Alpen belegt. Gegen Westen und Norden, gegen das Thal des Rhone, die Schweiz und Deutschland, sowie gegen die Donau­ tiefländer sind sie von zahlreichen niederen Ketten um­ geben, während sie gegen die Poebene steil abfallen. Sie füllen im Westen den ganzen Bezirk zwischen der Poebene und dem Thal des nach Süden fließenden Rhone, zwischen dem Mittelmcere und dem Genfer-See aus; im Norden umgürten sie, auf der Schweizer- und schwäbisch-bairischen Hochebene aufstehend, noch den Vierwaldstätter- und Züricher-See, reichen bis an den Bodensee, begleiten den Oberlauf des Iller, Lech, der Isar, sowie den Ober- und Mittellauf des Inn und der Salzach und treten zwischen Traun, Enns und Leitha bis an die Ufer der Donau heran. Im Osten füllen die Ausläufer der Alpen die Ge­ biete zwischen den Quellen der Leitha und Raab, zwischen Mur uno Drau bis zu deren Vereinigung aus und begleiten

4 noch dm Oberlauf der Sau. Im Südm schneiden sie an dm Süd-Ufem der mächtigen Seen — Lago di Garda, L. d'Jseo, L. di Como, L. di Lugano und L. Maggiore — ab. Die Alpen bestehen ihrem geologischen Baue nach wesentlich aus drei verschiedenen Gebilden. Die höchsten Gruppen sind aus Granit, welcher den inltercn Kem des ganzen Systems bildet und durch dessen Erhebung das Gebirge entstanden zu sein scheint; ihm lagern sich in den West- und Centralalven hauptsächlich Gneis, in den Ostalpen mehr Glimmerschiefer auf. Die Berge dieser Formation zeichnen sich durch ihre Masscnbildung aus; in glatten Wänden steigen sie emvor und bieten tn den Mulden ihrer Höhen Lager für Die weitesten Gletscher; die Thäler sind scharf eingeschnitten. Der Schiefer, der vielfach auf dm Granit (namentlich in dm Centralalpen) folgt, zeigt dieselben Formen, wie letzterer; die dunkel ge­ färbten Wände lassen ihn weithin erkennen; seine Flächen sind bedeckt von den schönsten Alpenpflanzen. Die Kalk­ alpen, welche namentlich an der Küste des Mittelmeeres und im Osten überwiegen, stellen sich vollständig anders dar; von hellerer Färbung, nehmen sie nirgend jene Massenbildung an, wie die aus Granit und Schiefer be­ stehenden Gelnrgsstöckc; sie gleichen verwitterten Mauern, es kennzeichnen dieselben merkwürdig gestaltete Berggipfel und öde, kahle Trümmerfelder auf ihren Hochflächen; zer­ rissen und gespalten, sind sie nirgends btc Lagerstätte be­ deutender Gletscher, dagegen finden sich in ihnen ausge­ dehnte Höhlen. Um die eigentlichen Alpenbcrae lagern sich dann noch häufig — namentlich im Westen und Norden — Berge, die aus Trümmerresten des eigentlichen Gebirges gebildet sind (Nagclflue). Je nach der verschiedenen Erhebung unterscheidet man Hochalpen, welche über 2500 M. emporragen, Mit­ telalpen bis herab zu 1500 M. und Boralven, welche letztere Höhe nicht erreichen. Die ersteren sind allerwärts in ewigen Schnee gehüllt, nur die schroffen Felswände bieten ihm keinen Halt oder es leckt an ihnm bald die Sonne den wenigen Schnee wieder ab; unter ihren erwärmenden

5 Strahlen bildet sich dann hier noch eine Pflanzendecke, auf deren Blüthen kleine Insekten ihre Nahrung suchen; Schneehühner und Murmelthiere beleben das Feld. Dieses Hochgebirge ist die eigentliche Heimat der Gemse, des Steinbocks und des Königs der europäischen Vögel, des Lämmergeiers.

Die Mittelalpcn, vielfach von Querthälern durch­ brochen, welche in den Hochalpen fehlen, nehmen den größten Theil des ganzen Gebietes ein. Wegen der steilen Hänge und der bedeutenden Höhe für Ackerbau meist gänzUch verloren, sind sie das Reich der Alpenvichwirthschatt. Die Berge bieten in ihnen überall die trefflichste Weise (Alm), auf welche der Senne den ganzen Sommer über die Ziegen, Rinder, auch wol Schafe treibt. Der Schnee des Winters wird durch den warmen Föhn im Frühlinge rasch geschmolzen oder stürzt erweicht als gewaltige Lawine, allen Widerstand vor sich niederwerfeno, in das Thal. Mitten zwischen die grünenden Matten erftrctfen sich die Eisströme der Gletscher, aus deren unterem Ende meist aus weitem Thore die Gletschcrbäche hervorsprudcln. Ueber die Felsenhänge ftiincn die Bäche herab in großen Cascadcn und beleben so die Thäler; beim heftigen Hochaewitter füllen sich alle Rinnsale mit Wasser, die Bäche schwellen zu Strömen an und verwüsten häufig das Land weithin. Unter den Pflanzen und Thieren herrscht die größte Mannigfaltigkeit vor; charakteristisch sind die Arve, die Fichtenwälder, die Alpenrosen, von kleineren Pflanzen die Gentianeen, Euphrasien, Alchemilla-Arten u. s. f. Von größeren Thieren ist vor allem der Bär zu er­ wähnen, welcher in den unzugänglichen Felsschluchten der Alpen noch vorkommt. Zwischen den Voralpen und den Vorbcrgen, dem Ge­ biete des Acker-, Wein- und Obstbaues, liegen die größeren Seen, während in den Mittel- und Hochalpen nur kleine Seen vorkommen. Am Südfuße dieser Berge gedeihen Kastanien, Nüsse, Feigen, Mandeln, in vielen Bezirken auch Myrten, Südfrüchte u. s. f. So bieten die Alpen in ihrer Natur die merkwür­ digsten Contraste; in kurzer Zeit kann man aus den

immergrünen Gärten Italiens bis hinauf in den ewigen Schnee alle Zonen durchwandern. Die Thäler, diese Golfe der Ebenen in die Gebirgs­ länder, welche den Verkehr mit den letzten» nnd über dreselben hinweg vermitteln, steigen anfänglich meist sanft an, um an ihrem obern Ende immer steiler und steiler zu werden; bemerkcnswerth ist es, daß in den Westalpen sich fast gar keine Längenthälcr ausgebildet haben, während solche in den Central- und in den Ostalpen zahlreich auf­ treten: die drei Längenthälcr des Rhone von der Quelle bis Martigny, des Vorderrheins bis Chur, des mittleren Inn von Landeck bis Kufstein liegen in einer Geraden, ebenso diejenigen der oberen Salzach und Enns. Wo die Thäler von zwei Seiten näher aneinander treten, führen meist Pässe über das Gebirge. Der Bau der Wege war vielfach schwierig, und locken die Kunststraßen die Bewunderung der Wanderer hervor. Unter den Gebirgsübergängcn unterscheidet man Fußsteige, die nur für Fußgänger bcschreitbar sind und häufig über Gletscher hinwegfuhren, Saumpfade, auf welchen Saumthiere passiren, und endlich Chausseen. Eisenbahnen führen erst drei guer durch die Alpen, eine durch den Mont Cenis, Verbindungsweg zwischen den Thälern der Jstzrc und der Dora riparia (Lyon-Turin), die zweite über den Brenner aus dem Inn- in das Etschthal und die dritte über den Semmering. Eine Bahn durch den St. Gotthard ist int Ban begriffen. Die gewaltigen Kämme der Alpen, welche nur wenige gute Pässe bieten, sind die natürlichste Grenze der ver­ schiedenen Völker. Die Hauptkette Der Wcstalpen trennt Die Italiener von den Franzosen, die südliche Kette der Centralalpen die ersten» von Den Deutschen; die Ostalpen, weniger hoch und leichter zugänglich, geben nicht die scharfe Scheide ztvischen den Romanen, Slaven und Germanen. Die allgemeine Eintheilung der Alpen ist bereits früher durchgcnommen; dieselbe beruht jedoch vielfach nicht auf der Natur der Bergzüge; es treten vielmehr allcrwärts einzelne Grupven als tue Centra von Gebirgs­ massen auf, um welche sich die Ketten gruppiren.

7 Die wichtigsten dieser Gebirgsknoten werden bei den einzelnen Zügen, deren früher gegebene Benennung bei­ behalten werden soll, Erwähnung finden. 8- 2.

Die West-Alpen.

Die Westalpcn reichen vom Apennin bis zu dem Passe des kleinen St. Bernhard*). Sie sind einge­ schlossen von dem Mittelmeere und Dora baltea, der Poebene und dem Rhone in seinem südlichen Laufe. Die Hauptkette, welche gegen die Ebene von Piemont Keil ab­ fällt, verfolgt von Savona bis zum Col di Tenda eine westliche und dann eine nördliche Richtung; ihre Kamm­ höhe nimmt nach Norden immer mehr zu und steigt bis zu 3000 M. an. Gegen Westen ist diese Hauptlette um­ gürtet von zahlreichen, gegen den Rhone allmählich sich senkenden Gebirgszügen. Die Südabhänge am Mittclmeere und dem Golfe von Genua gehören wegen der Milde und Gleichmäßigkeit ihres Klimas, wegen der Schönheit und des Reichthums ihrer Natur, sowie wegen der prachtvollen Gartenan­ lagen zu den berühmtesten Gegenden. Seen von größerer Ausdehnung gibt es nicht; einzelne Theile zeichnen sich durch ihre wilden Formen, ihre unzugänglichen Thäler aus, in denen namentlich der Steinbock noch eine sichere Heimat gefunden. Man theilt sie ein in: 1. ligurische Alpen, welche das ligurische Meer umkränzen und bis zu dem Passe Col di Tenda reichen. Letzterer (1802 M. hoch) führt von Cuneo an der Stura (Tanaro) nach Nizza. Der bedeutendste Berg ist der M. Gioje; 2. Meeralpen, welche sich in einem Bogen von dem Col di Tenda bis zum Col della Maddalena hin*) Meist wird noch dir Gruppe der Mt. Blanc hierzu gerechnet, jedoch wol mit Unrecht, wir der Durchbruch des Rhone bei E. Maurice zeigt.

8 ziehen; sie füllen den Raum zwischen dem Meere, der Durance und dem Ubaye (Zufluß der Durance) aus; es gehören dabe zu ihnen auch die Kalhüge des EsterelGebirges; der höchste Berg ist die Cima bet Gelas (3156 M); der Paß des Col della Maddalena führt aus dem Thale des Ubaye (Durance) in das der Stura; 3. cottische Alpen; sie ziehen sich nach Norden, wenden sich später nach Nordwcsten zwischen den Quellen der Durance und Dora riparia, um dann dem Laufe der letztem nach Nordosten zu folgen bis zu dem Paffe des Mont Cenis. In ihnen erhebt sich die Masse des Monte Viso an den Quellen des Po zu 3986 M., eine der ge­ waltigsten Erhebungscentren des ganzm Alpengebietes, mit weiten Schnee- und Gletscherfeldern. An ihm vor­ über führt ein Paß (Saumpfad) aus dem Thale der Durance nach dem des Po. Oestlich des Mt. Genövrc (2984 M.), an welchem vorbei eine Alpenstraße von Brianyon an der Durance nach Susa und nach Pinerolo in Piemont führt, liegen die Waldenfer-Thäler. Die Eisenbahn von Modena nach BardonLche führt durch die Cima de Frejus, 3 Ml. westlich des eigentlichen M. Cenis (3374 M.), welcher den gewaltigen Schlußpfciler gegen die Gruppe der grafischen Alpen bildet. Die be­ kannte Straße über ihn, eine der interessantesten Kunst­ straßen, von Napoleon 1802 ausgebaut, bildete früher die belebteste Verbindung zwischen Savoyen und Piemont; 4. Alpen der Dauphins; westlich der eben ge­ nannten cottischen Alpen, von ihnen nur durch das Thal der Durance getrennt, mit ihnen jedoch durch eine Quer­ kette an der Quelle deS genannten Flusses verbunden, zieht sich von Süden nach Norden eine zweite Kette mit ebenfalls sehr bedeutenden Knotenpunkten, wie der Mt. Ollan (4214 M.) und der Mt. Pelvoux (4103 M.). Diese Kette führt auch den Namen der Alpen von Oisans. Nach Westen ziehen sich dann zwischen Durance und äsöre die Voralpen hin, welche meist aus kahlen, starren, leicht verwitternden Kalkplateaux bestehen: 5. grafische Alpen; vom Mt. Cenis ziehen sich dieselben in nordöstlicher Richtung bis zu dem Durchbmche der Dora baltea in die Poebene und senden von ihrem

9 Knotenpunkte, dem Mt. Js^ran (4056 M.), eine Kette nach Norden, welche durch den kl. St. Bernhard mit dem Mt. Blanc in Verbindung steht. Die Gruppe des Grand Paradis oder Money, dessen höchste Spitze ebenfalls über 4000 M. emporragt, wetteifett mit ihren weiten Gletschergebieten an Großartigkeit mit dem Mt. Blanc. Der Paß des kl. St. Bernhard, welcher aus dem Thäte der JsLre nach dem der Dora baltea fühtt,' ist einer der am längsten bekannten und vielfach benutzten Pässe; wahrscheinlich zog Hannibal über ihn.

8- 3. Crutral-Alpeu. Die Central-Alpen, auch deutsche Alpen genannt, weil unter ihren Bewohnern das deutsche Element vor­ wiegt, ziehen sich hauptsächlich von Westen nach Osten, vom kleinen St. Bernhard bis zum Brennerpasse, von der Dora baltea, dem Genfer-See bis zu der Eisack, Etsch, Sill und dem Inn. Im Norden fallen sie, von Bor­ alpen umgürtet, zu der Schweizer und baittschen Hochebene ab, während sie mit ihren steilen Südbängen in die lom­ bardische Ebene hineinragen. Geaenüoer den Westalpen zeichnen sie sich dadurch aus, daß sie überall aus mehreren Parallelketten bestehen, daß in ihnen die bedeutendsten Erhebungen der Alpen und die größten Alpenseen liegen. Wir können sie in zwei Hauptabthcilungen zerlegen, deren Scheide das Hinterrheinthal mit dem Splügenpasse machen würde. A. Die westlichen Gruppen der Central-Alpen besitzen ihren Knotenpunkt in dem St. Gotthardstock, in welchem sich alle Ketten vereinen und von dem strahlenförmig die Thäler nach den verschiedenen Richtungen hin sich erstrecken, das des Rhone nach W.S.W., des Rheines nach O.N.O., der Reuß nach N. und des Ticino zuerst nach O. dann nach S.O. Durch die beiden erstgenannten scheiden sich die Gruppen in die südlicheren und nörd­ licheren. 1. Die Sjavoher-Alpen füllen denMaum zwischen Jsöre, Genfer-See und Rhone in seinem nornordwestlichen

10 Laufe aus, reihen sich nur vom flehten bis zum großen St. Bernhard in die Hauptkette der Alpen ein durch die Gruppe des Mt. Blanc, der eine Fläche von 27 CjSRL cinnimmt und dessen höchste Spitze mit 4810 M. die be­ deutendste Erhebung der europäischen Gebirge bildet. Zwischen den zahlreichen Gipfeln — wegen ihrer Form fast sämmtlich Äiguilles genannt — dehnen sich gewaltige Gletscher aus, welche ihre Abflüsse in die Dora baltea und in die Arve ergießen. Letztere durchbricht die SavoyerAlpen (Chamouny-Thal), deren nach dem Genfer-See zu­ gewandten Berge sich durch ihre schroffen Fclsengchänge auszeichnen. Aus dem Chamouny-Thal führen nach Martigny an dem Rhone die Saumpfade des Col de Balmc und der Töte noire. In den Granit des letztem hat der Trient-Bach eine tiefe Schlucht eingegraben (Gorge du Trient); 2. die penninischen oder Walliser-Alpen ziehn sich von dem Paffe des großen St. Bernhard fast rein östlich bis zum Simpeln und werden daher um­ schlossen von dem Rhone (von Brieg bis Martigny), Dranse (Nebenfluß des Rhone), Dora baltea und Toce (von Domo d'Ossola an). Die Haupterhebung bildet die Gruppe des M t e. Rosa, die sich durch ihre steilen Ab­ fälle gegen Süden und Osten besonders hervorhcbt. Die höchste Spitze ist Dufour-Spitze genannt (4687 M); um den eigentlichen Monte Rosa lagern eine Reihe der merk­ würdigsten Berge, wie das Matterhorn, Breithorn, Weiß­ horn u. s. f. Das Ganze bildet einen nach Norden offenen Bogen, aus welchem die wasierreiche Visp ent­ strömt, begleitet von den gewaltigen Nebenketten des Monte Rosastocks. Die südöstlichen Ausläufer reichen bis zum Lago Maggiore. Die beiden Hauptpässe sind der des großen St. Bernhard, welcher von Martigny nach Aosta führt, und der des Simpeln (Simplon), über welchen eine der herrlichsten Kunststraßen der Welt (mit 10 Galerien, 264 Brücken u. J. f.) führt und das Thal des Rhone (Brieg) mit dem der Toce (Domo d'Ossola) verbindet; 3. die lepontischen Alpen — das Herz der Central-Alpm — erstrecken sich bis zum Lukmamer, wer-

11 den also im Norden von dem Rhone und Borderrhein, im Osten vom Mittelrhein begrenzt und umgürten mit ihren südlichen Ausläufern die nordwestlichen Ufer des Lago Maggwre. Nicht die Höhe ihrer Berge, sondern die Lage geben ihnen ihre Bedeutung. Wie bereits be­ merkt, schneiden hier tiefe Thäler von allen Seiten ein und nähern sich so, daß dieselben leicht zu Berbindungs­ straßen werden. Den Knotenpunkt derselben bildet der St. Gotthard, ein zerrissenes Plateau von etwa 2500 M. Höhe, welches von zahlreichen Gipfeln gekrönt und von vielen Bergscen bedeckt ist, dessen nordwestlichen Eckvfeiler der Galen stock (3597 M.i bildet; dem 6 Ml. langen Gletscher des lctztern entströmt der Rhone, einem der größten Bcraseen die Hauptquelle der Neuß, der Vorderrhein dem Tomasec am Six Madun (nordöstlicher Berg der St. Gotthard-Gruppe) und der Müiclser< Mittel-) Rhein ebenfalls einem Bergsee der Ostgruppe. Die Straße des St. Gotthard führt von dem Vierwaldtstätter-See (Flüelcn) durch das Reußthal all­ mählich aussteigend anfangs in lieblichem grünendem Thale, dann zwischen ganz kahlen Felsen oder Berghalden (Teufels­ brücke, Urner Loch) nach Andermatt und dann in zahl­ reichen Windungen über den Kamm nach Airolo am Ticino, dessen Hauptquellbach aus einem See des St. Gott­ hard entfließt. Von Andcrmatt führt die Oberalpstraße an den Bordcrrhein, die Fulkast>aße an den Rhone, von letzterem der Stusencn-Paß in das Ticinothal, von welchem über den Lukmanier wiederum ein Paß nach dem Mittel­ und Vorderrhein führt4. die Adula-Alpen umfassen das Gebiet zwischen Mittel-, Vorder-, Hinterrhein und ziehen sich nach Süden zwischen dem Lago Maggiore und L. di Como hin. Ihre Hauptgruppc ist die des Rheinwaldhorns, dessen gewaltiger Zapport - Gletscher den Hinterrhcin nährt. Zu dieser Gruppe gehören die Alpenstraßen des Bernhardin und Splügen. Dieselben beginnen gemeinsam bei Chur, über­ schreiten bei Reichenau den Vordcrrhcin und folgen dem Thal des Hinterrhcins (Via mala) bis Splügen; hier trennen sie sich, nnd die erstere führt den jungen Strom noch weiter entlang, um dann in das Mesocco- und

12 Ticinothal sich zu wenden. Die Splügenstraße mündet bei Chiavenna in das Bergellthal; 5. die Berner-Alpen hängen durch die Maien­ wand mit dem Galenstock in Verbindung und ziehen sich — zum Theil mit mauerartigcn Abfällen — nördlich des Rhone entlang bis zu dem Genfer-See, dessen nordöstliche Ufer sie umkränzen, während an dessen Südufer die Savoyer-Alpen sich starr und steil eHeven. Gegen Nor­ den und Osten werden sie von der Aar (Haslithal) und den beiden Seen derselben, dem Brienzer- und dem Thuner-See begrenzt; sie begleiten nach Nordwesten die Aar und Saane noch weithin. Der Hauptstock dieser Alpen, welcher an Großartigkeit den Gruppen des Monte Rosa und M. Blanc nicht viel nachsteht, nimmt den östlichen Theil ein, hier liegen die kahle, dunkle Pyra­ mide des Finsteraarhorns (4275 M), die Jung­ frau (4167 M ), die Biescherhörner (4061 M ), der Mönch, Eiger, Aletschhorn (mit dem größten Gletscher der Alpen), Wetterhorn u. s. f. Die Hauptpässe sind die Grimsel, welche aus dem Haslithal nach der Rhone-Quelle führt, die Gemmi und der Rawyl; 6. die Vierwaldstätter-Alpen ziehen sich vom Galenstock nach Norden und füllen den Raum zwischen der Aar und der Reuß aus, umgeben das Nordufer des Brienzer- und Thuner-Sees, sowie das Süd- und West­ ufer des Vierwaldstätter-Sees; ihre bekanntesten Berge sind der Dammastock, der Titlis (3239 M.), der Urlrothstock und der Pilatus. Die schöne Alpenstraßc des Brünig führt vom letztgenannten See am Sarner- und Lungern-See vorüber in's Haslithal und nach Brienz; 7. die Schwyzer- und Glarner-Alpen schließen sich an den Quellen des Vorderrheins an den St. Gotthardstock an und bilden mit ihrer Kette genau die Fortsetzung der Berner-Alpen; sie enden mit der Kalanda am Rheine bei Chur und entsenden nach Norden mehrere Ausläufer, welche bett Vierwaldstätter-, Zuger-, Züricher- und WallenSee umziehn; ihre beiden wichtigsten Gruppen bilden der Tödi (3623 M.) mit den Clariden und der jäh ab­ stürzenden Glärnisch (2913 M.). Außerdem gehören zu ihren Voralpen der Rigi (1800 M.), bekannt als

13 Aussichtspunkt, der Roßberg, die Mythenstöcke und der Axenberg; 8. die Appenzeller-oder Thur-Alpen erheben sich völlig getrennt von den übrigen Alpen nördlich deS Wallensecs, gegen welchen sie in senkrechten Felswänden abfallcn; sie dehnen sich nach Osten bis zum Rhein, nach Norden mit ihren Borbcrgen bis zu dem Bodensee aus. Ihr Knotenpunkt ist der Santis (2504 M.); die west­ lichen Vorketten treten bis an den Züricher-See heran.

B. Die östlichen Gruppen der Central-Alpen fließen sich am Splügen an die westlichen Gruppen an; sie unterscheiden sich von den letztem durch die Richtung und die Zertheilung der Ketten, indem sie durch eine Reihe von Thälem in mehrere nicht parallele Züge ge­ spalten werden; ihre größte Ausdehnung besitzen sie — im Gegensatz ju den bisherigen Theilen — in der Quer­ richtung von Süd nach Nord. Sie enden mit der tiefen Einsattlung des Brennerpasses. 1. Die Graubündner-Alpen bestehn aus zwei Parallelketten, welche von Südwcst nach Nordost streichen und zwischen sich das Beracll- und das Engadinthal ein­ schließen und durch die Maloggia miteinander in Ver­ bindung stehen. Die nördliche dieser beiden Ketten steht durch einen Qucrriegel mit dem Splügen in Verbindung und begleitet den Inn, bis derselbe seine Richtung ändert, um nach Osten sich zu wenden. In ihr liegt die Sil­ vretta-Gruppe (mit Gipfeln bis zu 3400 M ); über sie führen aus den Nebenthälem des Hinterrheins die Pässe des Septimer, Julier, der Albula und Flüela nach dem Engadin. Der südliche Arm erfüllt den Raum zwischen Adda und dem oberen Inn bis zu den Quellen der Etsch. Die Gruppe der Bernina, welche dieser ganzen Kette bisweilen ihren Namen leiht, steht an Groß­ artigkeit den bedeutendem der bereits erwähnten Gmppen kaum nach; ihre Hauptspitze, Piz Bernina oder Monte Rosso di Scerscen genannt, erreicht nur die Höbe von 4052 M., aber die Ausdehnung der Gletscher, die Zahl der hervorragenden Hörner rc. ist sehr bedcutmd. Wichtige Uebergänge bilden die bereits erwähnte Maloggia und

14 der Bernina-Paß, welcher ans dem Engadin in daS Veltlin (Addathal) führt: 2. an die Südlette der Graubündner-Alpen schließt sich an den Quellen der Etsch die Masienerhebung der Trroler-Alpen an, welche von dem genannten Flusse, dem Inn, der Sill (Zufluß des vorhergehenden) und des Eisack umschlossen werden. Die tiefen Einsattlungen der Malser-Haioe im Westen und des Brenner im Osten Meiden sie von den benachbarten Zügen der Alpen. Diese massive Gruppe mit über 200 Gletschern führt auch den Namen des Oetzthaler-Ferners und steigt im Wildspitz zu 3776 M., im Weißkogl zu 3742 M. an. Der Pmg über den Brenner, der nur eine Höhe von U21 M. erreicht, war als wichtige Verbindungsstraßc aus dem Jnnthale durch das der Sill nach dem der Eisack und Etsch bereits den Römern bekannt und von ihnen vielfach benutzt. Jetzt führt eine Eisenbahn hinüber; 3. zwischen den Quellen der Adda und Etsch lehnt sich an den Mt. Umbrail, dem östlichsten Vorposten der Berninagruppe, eine Kette gewaltiger Schneeberge an, welche nach Süden streicht, mit ihren östlichen Ausläufern überall bis an die Etsch reicht und den Lago di Garda mit ihren wilden Abfällen umsäumt. Nach Westen be­ grenzt der Oglio und der Lago d'Jseo diesen keinen ge­ meinsamen Namen tragenden Alpenzug. Der nördliche Theil, zwischen dem Wormser Joch und dem Paß von Tonale, wird von der majestätischen Gruppe des Ortler gebildet, in welcher zahlreiche schwer zu ersteigende Pyra­ miden aus den weiten Schneefcldern emporragen. Die höchste Spitze ist die Ortler Spitze (3906 M ); west­ lich von ihr zieht die höchste Gebirgsstraße Europas — Stelviostraße — aus dem Etschthal über das Stilfscr Joch (2757 M.) nach Bormio an der Adda (Worms, Badeort). Südlich des Tonalepasses, welcher aus dem Sulzberaerthal — Nebenthal der Etsch — in das des Oglw fuhrt, wird der Alpenzua von der Adamellogruppe (3547 M.) gebildet. Ganz getrennt von ihr liegt am Ostufer des Lago di Garda der durch seine Basaltberge ausgezeichnete Monte Baldo; 4. südlich von der Adda dehnt sich von Westen,

15 von dem Comersee, nach Osten bis zu der Ortleraruppe hin die Kette der Veltliner- oder Beraamasker-Alpcn. Wald- und weidereichc Höhenzüge, erheben sie sich zwischen dem bereits genannten See und bcm von Jseo aus der lombardischen Ebene, steigen aber nur im Monte Rcdorta über 3000 M. an; 5. an die nördliche Kette der Graubündner-Alpen schließen sich die Vorarlberger-Alpen an; von dem Hauptarat, der nach Norden streicht, ziehen ihre Ketten nach Westen bis zum Rhein und den Ostufern des Boden­ sees (Bregenzer-Wald), begleiten den Oberlauf des Iller und Lech.' Ihre Berge bilden sonderbar gestaltete Spitzen, die jedoch nirgends die Höhe von 3000 M. erreichen. Den Knotenpunkt bildet der Arlberg, an welchem ein Paß aus dem Jnnthale in das der Jll vorüberführt und so Tirol mit dem Borarlbera verbindet; 6. die bairischen (und Algäuer) Alpen, welche sich vom Arlsberge nach Osten dem Inn entlang ziehen, bilden die einzigen mit ewigem Schnee bedeckten Gebirge Deutschlands. Im Osten erstrecken sic sich bis zum Inn (Kufstein), wo sich derselbe in rein nördlicher Richtung durch die Alpen hindurchdrängt, um in die bairische Hochebene zu treten. Die einzelnen Züge dieser schroff abfallenden Kalk­ alpen, welche von den Tiroler- und von den Ostalpen durch das Innthal getrennt werden, führen verschiedene Namen, so der Wetterstcin, der Kaarwändel u. s. f. In ersterem liegt die höchste Spitze dieser Alpen, zugleich der höchste Berg Deutschlands, die Zugspitze (2956 M.). Zahlreiche größere und kleinere Seen umkränzen den Nord­ fuß, wie der Ammer-, Starnberger-, Koches, Walchensee u. s. f. Die drei Pässe, Ehrenberger Klause, Scharnitzer Klause und der Achenpaß führen aus Bayern nach Tirol.

§• 4Ostalpen.

Oestlich des Brennerpasses, des mittlern und untern Inns, des Eisack und der Etsch ziehen sich bis zu den Tiefländern der Donau die Ost alpen; an Breite immer

16 mehr zunehmend, verlieren sie gegen Osten immer mehr den Alfrencharakter. Deutlich kann man drei Zonen unterscheiden, die jedoch in Zusammenhang mit einander stehen: die nördliche Zone zwischen der Donau und dem Oberlaufe der Salzach und Enns, die mittlere Zone, welche südlich bis zu der Drau reicht und die südliche Zone, von jenem Flusie bis zum adriatischen Meere. A. Die mittlere Zone, früher auch häufig mit dem Namen der norischen Alpen bezeichnet, umfaßt noch mehrere Gruppen echter Hochalpengebilde. 1. Die Zillerthaler-Alpen dehnen sich vom Brennerpaß bis zu der Quelle der Ziller aus und zeichnm ich nicht durch ihre Größe, wol aber durch eine Reihe ehr schön geformter bedeutender Bergspitzen aus, unter >enen der Hochfeiler (3515 M.) und Löffelspitz die höchsten sind: 2. der Hohe-Tauern erstreckt sich in rein östlicher Richtung bis zu den Quellen der Mur und Enns. In ihm entfaltet sich noch einmal die ganze gewaltige Natur der Hochalpen in den prachtvollsten Erscheinunaen; eine Gruppe bedeutender Pyramiden mit weiten Gletschern reiht sich an die andere; die wichtigsten derselben sind — von Westen nach Osten fortschreitend — der Dreiherrnspitz, der Venediger (3674 M.), der Großglockner (3796 M.) und der goldreiche Radhausberg. Die ocn ausgedehnten Gletschern dieser Kette nach Norden entströmenden Bäche fließen der Salzach, die süd­ lichen der Drau zu, welche beiden Flüsse in ihrem Ober­ laufe den Hohen-Tauern begrenzen. Im Osten spaltet sich die Kette des letztem in zwei; 3. die südlichere derselben oder die Kärnthner- und (seherischen Alpen bilden die rein östliche Fortsetzung der vorigen und füllen das weite Gebiet zwischen der Mur und Drau aus; ihr südöstlicher niederer Ausläufer endet in der Nähe der Bereinigung der beiden genannten , während ihr nach Nordosten sich wendender Aus(Brückalpe) die Mur zwingt den großen Bogen in ihrem Mittelläufe zu machen. Außer dem Hafnereck (3146 M.) in der Nähe der Murquellen ragt fern Berg mehr in die Zone der Gletscher. Die ziemlich zahlreich

S

17 austretenden Seen (z. B. Klagenfurter-See) bieten nicht das Malerische der andern Alpenseen. Die Pässe sind weder sehr hoch, noch bieten sie besondere andre Schwierig­ keiten und führen durch die Thäler bereits zahlreiche Eisenbahnen; 4. der Radstädter- und der RottenmannTauern bilden die ostnordöstliche Fortsetzung des HohenTaucrn und werden von der Mur und Enns eingeschlossen; plötzlich brechen sie in tiefem Spalte, viel früher als die steierschen Alpen ab. Der Paß über die erstern war be­ reits den Römern bekannt. Die höchste Spitze in den­ selben ist der Hoch-Gailing (2872 M.). B. Die nördliche Zone der Ostalpen bildet mit ihren merkwürdigen Bergformen, ihren grünen tief einaeschnittnen Thälern mit zahlreichen Seen, wegen ihrer landschaftlichen Schönheiten vielgerühmte Alpengebiete. 1. Die Salzburacr-Alpen stehen an der Quelle der Salzach mit dem Hohen-Tauern in Verbindung- es wendet sich ihre Hauptkette von Westen nach Osten, während ihre Vorketten nach Norden sich wenden. Sie liegen also in dem vom Inn und der Salzach gebildeten Quadranten. Von dem Hohen-Tauern trennt sie der Pinzgau. Bekannte Seen sind der Chiem- und der Königssee. Mehrere Berggruppen ragen in die Gletscher­ region hinein. Der bekannteste Berg ist der Watzmann (2658 SJi.); 2. das Salzkammergut bildet in seiner Haupt­ kette die durch die Salzach getrennte Fortsetzung der vor­ hergehenden Alpen; reich an prachtvollen Hochgebirgsthälern und Seen — Atter-, Traun-, Hallstadter-See u. s. f. — dehnt es sich zwischen Salzach und Enns aus und erreicht in einzelnen Hügelzügen die Donau. Der Haupttheil zerfällt durch die Schluchten mehr wie irgend ein andrer Theil der Alpen in einzelne Gruppen, deren bedeutendsten der Dachstein (3002 M.) bildet; 3. jenseit der Enns setzt sich die nördliche Zone als östreichische Alpen in zwei Ketten fort, deren süd­ lichere — Eisenerzer-Alpen genannt — sich dem Rottenmann-Tauern nähert, die andere aber in dem Wienerwalde (Kahlenberg) bis zu der Donau streicht;

nr.?

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18 diese letztere Kette führt je nach der Lage die Namen Mariazeller-, Schnee-, Rax-Alpe und setzt sich ien!cit des berühmten Semmeringpasses in ihren Bar­ etten bis zu dem Oedenburger-See, der Raab und bis zum Bakony-Walde hin fort. C. Der südliche Flügel der Ostalpen hängt zwischen den Quellen der Rienz und Drau durch die Höhen des Toblacher-Pasies mit den Südausläufern des Hohen-Dmern zusammen und umfassen das gesammtc Alpengebiet östlich der Etsch und südlich der Drau; sie gehen allmählich tn öde Kalkplateaux über. 1. Die Fassaner- und Trientiner-Alpen, sehr häufig noch zu den Centralafiren gezählt, ziehen sich von der Quelle der Rimz nach Süden und begleiten die Etsch in dieser Richtung: gegen Osten bildet die Piave die Grenze. Ihre Thäler find Fundgruben für die Geologie, ihre Plateaux — wie die Seißer-Alm — durch ihre treff­ lichen Weidm und prachtvollen Blumenflor berühmt, ihre Höhen bilden domartige breite Kuppeln. Ihr be­ deutendster Berg ist die mit ausgedehnten Gletschern bedeckte, gen Süden senkrecht abstürzende Marmolada (3506 SR.); 2. südlich der Drau streichen in fast rein östlicher Richtung die kornischen Alpen bis zu den Quellen der Sau; durch den Monte Cristallo (3244 M.) hängen sie mit den Trientiner-Alpen zusammen. Die leicht verwitternden Berge bestehn aus Kalk mit meist sehr schroffen Felswänden (Bergsturz vom Dobra« 1345); 3. die Karawanken ziehen zwischen den Parallelthälern der Drau und Sau nach Osten; sie steigen nur in wenigen Bergspitzen über 2000 M. an, fallen aber gelt Norden steil ab; zahlreichere Kunststraßen, auch Eisenbahnen führen über dieselben; 4. die julischen Alpen stoßen zwischen den Quellen der Sau und des Jsonzo mit den karnischen Alpen und den Karawanken zusammen und wenden sich nach Süd­ osten. Im Triglav oder Tcrglou steigen fie noch zu 2865 M. an, verlieren aber von hier ab den Charakter des Kettengebirges gänzlich, um denjenigen eines Plateau anzunehmen. An sie lehnt sich im Süden

19 5. der Karst an, welcher bis zum Busen von Triest reicht und im Tschitschen-Boden die Halbinsel Istrien ausfüllt. Die Hochfläche gleicht einer mitten in der hef­ tigsten Bewegung erstarrten See. Unter den zahlreichen wunderbaren Naturerscheinungen dieser sonst so öoen vegetationsarmen Hochfläche sind zu erwähnen der Zirknitzer-See, die im Alterthum schon verühmten, aus Höhlen hervorbrcchenden Flüsse (bet Timavo n. s. f.), die ausgedehnten Höhlen (Adelsberger-Grotte u. s. f.), die natürlichen Brücken. 8- 5.

Das nördliche Borland der Alpen. Den Central- und den Ostalpen ist nach Norden eine Hochfläche vorgelagert, welche bis zu der Donau reicht; der Rhein theilt dieselbe in seinem westlichen Laufe in zwei wesentlich verschiedene Glieder: die Schweizer und die schwäbisch-bairische Hochebene. 1. Die Schweizer-Hochebene bildet ein brei­ tes Thal zwischen oen Berner-, Vierwaldstätter-, Schwyzer-, Thur-Alpen und dem Schweizer-Jura; eö erstreckt sich bei einer mittlern Höhe von 500 M. vom Genfer- bis zum Bodensee. Die Nebenflüsse des Rheines und deren ZuK durchströmen dasselbe in zum Theil tief eingerissenem : (namentlich die Aar und Saane). Die Forma­ tionen, aus denen das Ganze besteht, (Nagelflue und Molasse) zeigen, daß dasselbe einst ein weiter See war, in welchem die Alpengewässer den Schutt ablagerten. Die bis zu den Abhängen des Jura auftretenden errati­ schen Blöcke und die öis weit in die Vorberge hinein­ ragenden Moränen zeigen, daß die Gletscher damals bis zu dem See hinabreichten. Jetzt ist die von Hügeln durchzogene Ebene ein äußerst fruchtbares, gut bewässertes Land. An den Abhängen der Hügel gedeihen namentlich Wein, Nüsse und Kastanien vortrefflich. Die Zahl der Seen in der Hochebene ist nicht unbedeutend: im Westen am Fuße des Jura liegen der Neuenburger-, Bieler-See, dann der Murtener-, Scmpacher-Sce u. s. f. Wie bereits bemerkt bildet die Westgrenze dieser Hoch-

20 fläche der Schweizer-Jura, der sich von Südwesten von der Einmündung des Ain in den Rhone nach Nord­ osten entlang dem letztem Flusse, dem-Neuenburger- und Bieler-See, der Aar bis zu deren Mündung in den Rhein St Ein reines Kettengebirge, besteht er aus mehreren elzügen mit fruchtbaren Längsthälem; gen Norden nehmen diese Kcttm an Höhe ab, um an Breite zuzu­ nehmen. Die einzelnen Berge sind nicht häufig und sind meist abgcmndet, ohne groteske Formen. Bekannte Punkte find: Der Cr6t de la neige (1723 M), der hö höchste Berg, westlich des Genfer-Sees der Mt. Tendre (li 1680 M.), der wegen der prachtvollen Fernsicht auf, die ... A! Illpen sehr viel besuchte Weiß en stein und der Hau Hauenstein. Durch letztem führt ein 2'/rKm. ............. rlanger Tunnel (Bahnlinie Basel-Olten-Bem-Luzem). Die" Pässe, welche durch das Gebirge führen, zeichnen sich bei allen Kalkgebirgen durch die wilden Felsparticn aus. 2. Die schwäbisch-bairische Hochebene er­ streckt sich vom Bodensee, von den Älaäuer-, bairischen und Salzburger-Alpen nach Norden und füllt den ganzen von dem nördlichen Bogen der Donau umschlossenen Raum aus. Im Süden höher als die Schweizer-Hochebene, senkt sie sich gegen Norden und Nordosten ziemlich stark (bis unter 300 M.); sie ist weithin unfruchtbar, öde; da die Alpen die warmen Südwinde abhalten, dagegen die Nord­ winde hier sich stauen müssen, so ist das Klima rauh und kalt; die Flüsse sind reißend, daher nicht schiffbar. Besonders bemerkenswerth sind die Rieoe oder Moose, weite unfmchtbare Sumpfstrecken. Die bekanntesten der­ selbe» sind: a) der Rissgau, südlich von Ulm bis Biberach, eine von der Riss durchströmte und von ihr versumpfte Thalmulde, verhältnißmäßig das fruchtbarste der Moose; b) das Donauried, unterhalb Ulm auf dem rechten Donauuscr bis zum Lech sich erstreckend; ein Theil desselben, Rieomoos genannt, liegt aus dem linken Donauufer; durch Entwässemngscanäle ist letzt fast die ganze Strecke entsumpft und dadurch dem Ackerbau ge­ wonnen; c) das Donaumoos südlich von Neuburg und Ingolstadt, eine von der Aach versumvfte Niederung; durch Canalisation ist auch hier der größere Theil des

21 Bodens dem Ackerbau gewonnen; d) das DachauerMoos. nordwestlich von München, an der Amper; e) das Erdinger-Moos, nordöstlich von München, am rechten Ufer der Isar, das größte von allen, weithin gänzlich unbewohnbar; hier sollen in diesem Jahrhunderte noch Biber voraekommen sein. Den fruchtbarsten und schönsten Theil der Hochebene bildet der Westen, namentlich die Nordufer des Rheins zwischen Bodensee und Aarmündung, sowie die Noroufer des Bodensees. Der Strich westlich dieses Sees heißt der Hegau, in welchem Basaltkegel sich bis zu 400 M. erheben; unter ihnen ist der Hohentwiel wegm seiner prachtvollen Aussicht der besuchteste. 8- 6.

DaS Gebiet der oberrheinischen Gebirge.

Den nördlichen Ausläufern des Schweizer-Jura nähern sich die oberdeutschen Gebirge so, daß der Rhein von der Mündung der Aar bis gen Basel hin sich nur unter ge­ waltigen Stromschnellen hindurchzwängen kann; offenbar hingen hier die jetzt durch den Strom getrennten Gebirge früher zusammen und wurde diese Verbindung durch den Rhein ausgewaschen. Nach Westen hängt der nördliche Jura zwischen Jll und Doubs noch heute mit dem west­ lichen Theile des oberrheinischen Gebirges zusammen; doch ist oie Verbindung so niedrig, daß ein Canal — der Rhein-Rhonc-Canal — über dieselbe hinwegführt. A.

Die westlichen Glieder der oberrheinischen Gebirge.

1. Die Vogesen (Wasgau, Wasichenstein) erheben sich nordwestlich der eben genannten Einsattlung zu 1000 M. Kammhöhe; hier liegt der Elsässer- oder w ätsche Belchen (1250 M.), auf welchem die Mosel entspringt; nach Westen zweigen sich hier oie Sichelberge ab, welche die Vogesen mit dem Plateau von Lothringen verbinden; dunkle Tannenwälder krönen die Höhen des genannten Knotenpunktes, von dem sich nach Norden btt eigent­ lichen Vogesen parallel dem Rheine, von ihm jedoch aller-

22 wärts durch eine breite fruchtbare Ebene getrennt, ziehen. Gegen diese Ebene fallen sie steil ab, gegen das Mosel­ thal senken sic sich allmählich; im südlichern Theil liegt die bedeutendste Höhe des ganzen Zuges, der SulzerBelchen (1431 SW.). Bekannt ist ferner der Odilienberg, der nördliche Ausläufer der östlichern Kette. Nordwestlich von Straßburg bildet sich ein tieferer Sattel, durch welchen die Eisenbahn hindurchführt, und von dem sich bis zur Lauter noch der niedere Wasgcnwald fortpflanzt. Ist der südliche Theil des Gebirges schon durch die Frucht­ barkeit ferner Thäler berühmt, — namentlich gedeiht der Wein, Tabak, Hanf, die Kastanie und Nuß vortrefflich — so ist der nördliche niederere Höhenzug noch bedeutend reicher; Dorf reiht sich an Dorf rote in einer Ebene; prachtvolle Waldungen wechseln mit reichen Aeckern ab und die Höben werden von zahlreichen Burgen gekrönt. 2. Nördlich der Lauter erhebt sich plateauartig das Sandsteingcbirge der Haardt, fast ganz von Wäldern überdeckt, an den Hängen von Nußbäumen und Weinbergengeschmückt. Ihr höchster Punkt ist der Calmit (680 M.) und die westlichen Theile derselben bilden das pfälzer Kohlengebirge. 3. Die Fortsetzung nach Norden bildet das PfälzerBergland zwischen «aar, Nahe und Rhein, ein von Quecksilbergänaen durchsetztes Plateau von 250 M. Er­ hebung, das sich nach Norden gegen den Rheingau bis auf 150 M. herabsenkt, und dessen Abhänge von Reben bekränzt sind. Mitten in demselben erhebt sich der isolirte, von Wald überdeckte Kegel des Donnersberg (689 M.); merkwürdig ist an der Nahe der Felsen des Rheingrafenstein. 4. Dem westlichen Abhange der südlichen Vogesen schließt sich das Stufenland von Lothringen an, welches den Raum zwischen Mosel und Saar crnnimmt, und dessen Hügelzüge, an mineralischen Schätzen reich, bis zur Vereinigung der genannten Flüsse sich hinziehn.

B.

Die östlichen Glieder.

1. Parallel den Ketten der Vogesen zieht sich von dem Durchbruche des Rheines zwischen Waldshut und

23 Basel bis zu der Pforzheimer Einsattlung nach Norden, später etwas nach Osten abgelenkt der Schwarzwald; seine höchsten Gipfel liegen — ähnlich wie beim Wasgau — im Süden, gegen die Rheinebene fällt er steiler ab, gegen Osten dacht er sich sanfter zu dem würtembergischen Hügellands ab, gen Norden wird die Kammhöhe immer geringer und die Zahl der höhern Bergspitzen kleiner. Die bedeutendste Höhe ist der Feldberg (1494 M ), der sich aus seiner waldreichen, fast den Charakter eines tochgebirges tragenden Umgebung kahl mit breitem uckel emporhebt. An seinem Nordfuße führt die Straße von Freiburg durch das Höllenthal nach Schaffhausen vorüber; in seiner Nähe liegen mehrere kleine Hochgebirgs­ seen, wie der Titi-, der Schluchsee; im Südwesten von ihm erhebt sich der Belchen (1416 2D?.). Weiter nach Sterben ist der Kniebis als wichtiger Paß und präch­ tiger Aussichtspunkt bekannt. Bon den zahlreichen kleinem Seen ist namentlich noch zu bemerken der Mummelsee. Während die Vorberge des Schwarzwaldes von Obst­ bäumen, Reben und auch Laubwäldcm bedeckt sind, schmücken prachtvolle Fichten und Tannen die eigentlichen Gebirgshänge; die breiten Höhenrücken sind vielfach kahl, oder nur von dürftigen Weiden übenogcn, die Thäler dagegen sind reich an Wiesen und Aeckern; zahlreiche größere und kleinere Bäder liegen in den Schluchten ver­ steckt. 2. Nördlich der tiefen Einsattlung zwischen Pforz­ heim und Carlsmhe (Enz-Pfinz) zieht sich das niedere Neckarbergland bis zu dem Neckar; an letzterem Flusse erhebt es sich bei Heidelberg in dem vielbesuchten Königsstuhl zu 579 M. 3. Jenseit des Neckar dehnt sich das plateauartige Hügelland des O d e n w a l d bis zu dem Maine aus und bildet so das dem Pfälzer-Bergland entsprechende Schluß­ glied der östlichen Kette. Dicht bewaldete Hügel und grüne Thäler wechseln ab, gegen die Rheinebene bildet ie reiche Bergstraße die Grenze. Der bekannteste Berg ist der MelibocuS (519 M.), der höchste der Katzen­ buckel (628 M.). In dem östlichm Theile des Hügel-

24 zuges liegen kolossale Felsblöcke (Felsenmeer) zerstreut und bilden zum Theil die merkwürdigsten Formen. Zwischen diesen beiden Parallelgruppen erstreckt sich in einer Breite von 3—6 Meilen die flache oberrhei­ nische Tiefebene, offenbar einst ebenso wie die schweizer Hochfläche ein See, jetzt ein reiches, fruchtbares Land, dessen dichte Bevölkerung sehr arbeitsam ist. Wein, Tabak, Hopfen, Hanf, Msse, Kastanien, Pfirsiche und anderes Obst gedeihen hier vortrefflich. Die Trümmer zahlreicher Burgen schauen von den Hügeln auf das Lano herab und erinnern viele derselben an die Kämpfe, die in diesen Landen namentlich gegen den Erbfeind Deutschlands aus­ gefochten wurden. Mitten in dieser Ebene, westlich von Freiburg, dicht am Rhein erheben sich die Basalthügeldes Kaiserstuhles g72 M.) ohne jeden Zusammenhang mit den übrigen ebirgszügen. 8- 7.

Die Gliederung Süddeutschlands zwischeu Doua« uud Main.

Zwischen den Quellen der Brigachj und des Neckar setzen sich die Höhenzüge des südliche: südlichen SchwarzwaldeS nach Osten fort, die sich zu einem nnem Plateau erbreitern „ und bis zur Wörnitz der Donau entlang zie^ ziehn. Diese Kalkhochfläche bildet den schwäbischen Jura; gegen den Neckar fällt er steil, gegen die Donau, deren Thal bedeutend höher liegt als das des Neckars, in sanfter Terrasse ab. Der mchrrre Meilen breite Rücken — die rauhe Alp — ist bekannt durch seine Unfruchtbarkeit und sein kaltes Klima; einzelne meist kahle Berge erheben sich in demselben zu 1000 M., so der Oberhohenberg, der Schafberg u. s. f. Ist so das Plateau mit Recht als einer der schlech­ testen B^irke ganz Deutschlands verrufen, so bilden die oft nur kurzen tiefeingeschnittenen Querthäler die freund­ lichsten Bilder: dichter Buchenwald bedeckt ihre Aohänge, auf der Thalsohle umaürten fruchtbare Aecker, grüne Wiesen und Obstgärten die freundlichen Dörfer, und die

25 einzelnen starr emporstcigenden Kalkfelsen werden von den Burgen früherer edler Geschlechter gekrönt; hier liegen z. B. die Burg Hohenzollern, die Stammburg unseres hohen Kaiserhauses, Lichtenstein, Hohenstauffen, Achalm, Hohenneuffen, Teck. Der schwäbische Jura reizt vielfach dieselben Erscheinungen, wie der Karst, so die ausgedehnten Höhlen (wie die Nebelhöhle, die Höhle von Urach) u. s. f. Jenseits des Wörnitzdurchbruches setzt sich in niederem Zuge das Kalkplateau der Donau entlang fort bis zu der Einmündung der Nab und des Regen in die Donau; hier wendet sich dasselbe nach Norden und füllt den Raum zwischen den genannten Flüssen und der Revat und Rcgnitz bis zu dem obern Main aus; es ist dies der fränkische Jura. Er trägt denselben Charakter wie der schwäbische Jura, nur ragen sein Rücken und seine Bergspitzen nirgend so hoch emvör (kaum über 600 M.) und ist er daher nicht so rauh und öde. Mehrere Querthäler ourchschneiden ihn in tiefen Furchen, so die der Altmühl, der Pegnitz u. s. f. Sein schönster Theil — südöstlich von Bam­ berg — ist die fränkische Schweiz mit zahlreichen, sehr interessanten Höhlenbildungen. Zwischen den östlichen Gebirgen des Oberrheins und dem deutschen Jura breitet sich eine von einzelnen Hügel­ rügen durchschnittene fruchtbare Fläche aus bis zu dem Main, die würtembergisch-fränkische Terrasse. Von dem Neckar, dessen Zuflüssen, dem Main und seinen Nebenflüssen bewässert, bildet sie einen der reichsten Striche Deutschlands. Wcingclände, Obstgärten und Hopfenfelder wechseln mit Laubholzwaldungen, Aeckern und tiefgrünen Wiesen ab; die Dörfer, zum Theil sehr weitläufig gebaut, zeigen überall den Wohlstand der Be­ sitzer; es ist dies eine der am dichtesten bewohnten Gegen­ den Deutschlands, wenn auch einzelne niedrig gelegene Strecken namentlich im Thäte der Regnitz öde und unsruchtbar sind. Unter den Hügelzügen, welche die Fläche durchziehen, ist der Steiger-Wald (am Mam unterhalb der Regnitzmündung) zu erwähnen. Oestlich des fränkischen Jura dehnen sich zwischen Nab und Regen Hügelzüge aus, die keinen besonderen Drouke, Leitfaden. IV. 2

26 Namen führen, in ihrem Charakter mit den Hügelketten des Jura vielfach übereinstimmen. 8- 8.

Der böhmische Keffel.

Oestlich der im vorigen Abschnitte behandelten Ge­ birge und nördlich der Donau dehnt sich auf beiden Seiten der Moldau und ihrer Zuflüsse, sowie im Gebiete der obern Elbe ein von ver Natur reich gesegnetes Hügelland — Böhmen — ou8j es bildet ein Viereck, desien eine Diagonale in rein sudnördlichcr Richtung von der Münduna der Enns in die Donau bis zu dem Elbdurchbruche durch das Lausitzer- (Elbsandstein-) Gebirge geht, also etwa mit der Richtung der Moldau zusammenfällt, desien andre Diagonale die Quelle der Eger (Fichtelgebirge) mit der Quelle der Glatzer-Neiffe verbindet. Diese letztere Dia­ gonale theilt das böhmische Viereck in zwei gleichschcnklichc Dreiecke, deren nördliches kleiner ist und das Gebiet der Elbe umfaßt, das größere nach Süden gewandte das von der Moldau und ihren Zuflüssen bewässerte Gebiet in sich begreift. Der ganze gen Norocn allmählich sich senkende Kessel wird von Hügelketten durchzogen (wie ver BrdyWald), im Süden liegen sehr zahlreiche kleinere Seen. Der Reichthum des Landes ist sehr oedeutend. Zahl­ reiche warme Heilquellen sprudeln aus den Bergen her­ vor, der Bergbau liefert Silber, andre Metalle, Kohlen, selbst Edelsteine, der Ackerbau wird durch die Fruchtbar­ keit des Bodms sehr gefördert und bringt vortrefflichen Weizen, Hopfen u. s. s. hervor. Auf allen vier Seiten wird dies böhmische Viereck eingeschloffen und von den übrigen Ländern getrennt durch mehr oder minder hohe Gebirgszüge. 1. Die Südwestarenzc bildet der Böhmerwald. Derselbe erhebt sich südöstlich des Fichtelgebirges und zieht sich, ein wunderliches Gebilde von kleinern Hoch­ flächen, Einzelberaen und Kämmen bildend, nach Süd­ osten bis gegenüber der Einmündung der Enns in die Donau. Crr läßt deutlich zwei Glieder unterscheiden: den nördlichen und den südlichen Böhmerwald, welche

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durch das tief einschneidende Thal der Chamb von ein­ ander getrennt sind. Der zwischen dem Regen und der Donau gelegene Zug, welcher gegen diesen $1116 steil ab­ fällt, führt ven besondern Namen des bairischen Wal­ des (mit einem merkwürdigen Quarzgange, welcher 20 Meilen weit das Gebirge durchsetzt). Die höchsten Spitzen sind: der große Arber (1458 M), von welchem man die schönste Aussicht nördlich der Donau haben soll, der Rachel (1454 M.), der Dreisessel u. s. f. Das ganze Gebirge lst noch wenig bekannt und nicht häufig besucht; große Strecken sind noch von versumpften Wiesen und von Urwald bedeckt (die Laubholzwälder steigen nicht bis auf die Gipfel, wol aber Nadelhölzer), die Waldcultur ist noch bedeutend, wenn sie auch in den letzten Jahren — namentlich in Folge von Windbruch und Ueberhandnahme schädlicher Insekten — abgenommen hat. In öst­ licher Richtung schließen sich an das Südende des Böhmer­ waldes der Greiner- und Manhardtswald an, welche das Nordufcr der Donau bis zu dem Marchfelde be­ gleiten. 2. Im Südosten wird die böhmische Terrasie nicht von- einem eigentlichen Kettengebirge begrenzt; die Hügel­ züge der mährischen Terrasse, auch bisweilen mähri­ sches Gebirge genannt, schließen sich an die Einsattlung von Kcrschbaum (nördlich der Ennsmündung) an den Böhmerwald an und bilden in ihrem nordöstlichen Laufe die Wasserscheide zwischen der March (Donau) und der Moldau uno Elbe, so daß sie die Südostgrenze Böhmens bilden. Zwischen den Quellen der Adler, March und glatzer Neisse schließen sie sich an die Sudeten an. 3. Der nordöstliche Wall wird von mehreren Gliedern gebildet, welche von den Quellen der Over nach West­ nordwest bis zu der Elbe sich hinziehn, und deren östliche Hälfte auch unter dem Namen der Sudeten zusammen­ gefaßt wird. a. Das mährische Gesenke bildet anfänglich«« niederes Plateau ohne Bergspitzen, welches sich aber gegen N.W. bald zu bedeutenderer Höhe erhebt und in ein Kettengebirge übergeht; der Hauptberg dieses an aus­ gedehnten Waldungen und an trefflichen Mineralquellen

28 reichen Gebirges ist der Altvater (1487 M.), eine stach gewölbte Kuppe ohne Baumwuchs. d. Die Glatzer-Gcbirge lehnen sich direct an den Altvater an und umschließen mit ihren trümmerreichen Kämmen den Oberlauf der Glccher Neisse, ein Gcbiraskeffel von etwa 400 M. Höbe. Den östlichen Rand bildet das Reichenstciner-Gcoirae mit dem Jauersberg (882 SW.), den Südrand die Sch nee berge mit dem großen Schneeberg (1412 SW.), den Südwcstrand das Erlitzer-Gcbirge mit der Deschnakuppc (1111 SW.) und der hohen SWense (1083 SW.); im Westen und Nord­ westen theilt sich das Gebirge in eine Reihe paralleler Ketten, die Gruppe der Heuschcune und das Eulen gebirge, in welcher die hohe Eule (999 SW.) bedeutend über den eigentlichen Kamm cmporragt. Nördlich des Glatzer-Kessels liegt getrennt von den übrigen Gebirgs­ zügen der durch ganz Schlesien weithin sichtbare Zo bten (718 SW.). Die Gruppe der Heuschcune endet nord­ westlich in den merkwürdigen Adersbacher-Stein­ wald, ein ähnliches aber noch interessanteres Felsen­ gebilde, wie das Felsenmeer im Odenwalde. c. Das Riesen aebirqe, welches sich um die Quellen der Bober an das Glatzer-Gcbirge anschließt, ist ein aus­ geprägtes Kettengebirge; ein Kamm von über 1000 SW. fällt gegen Norden (Schlesien) steil ab, gegen Süden (Böhmen) lagert sich ein fast gleich hoher parallel laufen­ der Nebenkamm vor, der von der Elbe durchbrochen wird und in sanfteren Höhen obfäKt. Der höchste Punkt ist die Riesenkoppe (1605 SW.), ein merkwürdig geformter, aus losen Granitstücken aufgethürmter Felsen auf dem Rücken des SeifcnbergcS. Die dunkeln, prachtvollen Fichtenwälder an den Abhängen, die tief eingcschnittnen grünen Thälex, welche die Heimat einer fleißigen, genüg­ samen, aber sehr armen Bevölkerung von Webern sind, der große Contrast zwischen den fruchtbaren Vorländern und dem wenig hervororingcnden Kamme, deffen höchste Theile nur von niederm Zwcrgholze und magern Triften bedeckt sind, haben dem Riesenaebirge eine hervorragende Stelle im Sagenkreise des Volkes gesichert; Rübezahl treibt hier von Alters her sein Unwesen; eine Reihe von

29 merkwürdig geformten Felsen und Thälern tragen seinen Namen, wie Rübezahls Kanzel bei den Schneegruben, R.'s Garten u. s. s. d. An den Quellen des Quciss lehnt sich an das Riesengebirge das Jsergebirae an, ebenfalls ein reines Kettengebirge, welches nach N.N.W. streicht. Es besteht aus mehreren Parallclketten, deren nördlichste auch die höchste ist; in ihr liegt die Tafelfichte (1155 3JL); der Zug des waldreichen Jscraebirges endet mit dem tief ein­ geschnittenen Thale der Görlitzcr-Neisse. e. Das Lausitzer- und Elbsandstein-Gebirge bildet ein von Osten nach Westen sich erstreckendes Plateau zu beiden Seiten der Elbe; ihre Vorberge zieh» sich bis nach Dresden und Meissen im N. und gehn südlich weit in die böhmische Terrasse hinein. Die vielfach zerrissenen, hin und wieder von Granit oder Basalt durchsetzten Sandsteinbildungcn, durch welche hindurch die Elbe sich ihr Bett gegraben, sind unter dem Namen der sächsischen Schweiz weithin bekannt. Bekannte Berge sind hier der Königstein (361 SO?.), der Lilienstein, em Tafelberg, vielbesuchte Punkte sind das Prebischthor, der Kuhstall, das Bad Schandau u. s. f.

4. Vom Elbsandsteinaebirge durch keine tiefere Einattluna geschieden, zieht sich gegen S.S.W. das sächische Erzgebirge bis zu den Quellen der Elster und iegrcnzt so oie böhmische Terrasse gegen Nordwcsten. Das Gebirge bildet einen breiten Rücken, der bedeckt ist von schönen Wiesen, ausgedehnten Waldungen, auch weiten Moorflächen und ist verhältnißmäßig dicht bevölkert; gegen Böhmen stürzt er steil ab, nach Sterben (Sachsen) geht er so allmählich in das sächsische Hügelland über, baß ein von dieser Seite Nahender kaum bemerkt, daß er ein Gebirge besteigt. Die abgeplatteten, meist dicht bewaldeten Bergkuppen treten nur schwach über dem breiten Rücken hervor und liegen fast alle nahe dem Südrande; die bedcutendsten Hohen sind der Keilberg (1275 M.) und der Fichtelberg. Den Namen verdankt das Gebirge seinem Reichthum an verschiedenen Erzen, in Folge dessen sich eine ausgedehnte Jnoustrie entwickelt hat. An der Elster

30 senkt sich das Gebirge und führt bett Namen Elstergebirge oder Boigtland. Zwischen dem Nordende des Böhmerwaldes und dem Westende des Erzgebirges ist eine breite Lücke, welche zum Theil durch das Fichtelgebirge ausgefüllt wird, dessen vorgelagerte Plateaux bis zu den genannten hinanrcichen. Es besteht aus zwei von West nach Ost ziehenden kurzen Ketten, die sich an ihrem Westende vereinen und das hochgelegene Quellgebiet der Eger umschließen. An seine waldreichen Thäler und seine langgestreckten trümmerreichen Berge knüpft die Sage vielfach an; viele Namen deuten auf den Bousaberglauben hin, der hier noch stärker denn irgendwo feste Wurzeln hat. Der bedeutendste Berg ist der Schneeberg (1063 SD?.), der bekannteste der Ochsenkopf; merkwürdig ist der Fichtelsee, eine große Moorstrecke, welcher nach früherer Annahme der weiße Main und die Fichtelnaab entspringen sollten. 8- 9.

Der westliche Flügel de- mitteldeutschen Berglaudes.

Zwischen der Saale und dem weißen Main, welche beide dem Fichtelgebirge entspringen, dehnt sich bis zu den Quellen der Jtz (Zufluß des Mains) der Franken­ wald aus, die niedere Scheide zwischen dem Gebiete des Rheines und der Elbe bildend. Dies kurze Gebirge ist ein Kamm ohne hervortretende Gipfel, mit Nadelholz bedeckt. An ihn lehnt sich nach Nordwesten der Thüringer-Wald, ein Kettengebirge, voll der anmuthigsten Scenerien; grüne Wiesenthäler wechseln mit prachtvollen Waldungen ab; hier treffen sich die norddeutschen mit den süddeutschen Stämmen und hat sich hier noch das ed)te deutsche Volksleben erhalten. Der bedeutendste Berg ist der große Beerberg (984 M.), die bekanntesten und besuchtesten Plätze sind der Jnselsberg (mit weit­ reichender schöner Aussicht), Eisenach mit der Wartburg (der nördlichste Vorsprung des Thüringer-Waldes), das Städtchen Ruhla u. s. f. Nach Norden lagert sich diesem Gebirge die Thüringer-Hochebene vor, in reizenden Thälern von den Zuflüssen der Saale durchschnitten. In

31 ihr liegt der sagenreiche Kyffhäuser. Während die ganze Fläche die höchste Fruchtbarkeit zeigt (goldne Aue u. f f.), ist ihre nordwestliche Fortsetzung, das Eichsseld, zwischen Leine, Werra und Unstrut bekannt durch rhre Sterilität. Auf dem linken Ufer der Werra zieht von Süden nach Norden die Rhön; sie zerfällt in die Hohe-Rhön und in die Borderrhön. Erstere, durch ihre an die Ge­ birge Skandinaviens erinnernde Rauheit und Oede be­ rühmt (lange Winter häufig mit 10—12 M. tiefem Schnee, werte Torfmoore auf dem flachen Rücken des Kammes, dürftige Weiden u. s. f.), gipfelt in der HobenWasserkuppe (950 M.). Bekannt und vielbesucht ist der Kreuzberg. Interessant ist das Gebirge durch seine Felsbildungen (Teufclskanzcl, Steinwand u. s. f.) und feine alten Krater (Pferdskoppe, Eube u. s. L). Die Vorderrhön zeigt mehr den lieblichen Charakter des Thü­ ringer-Waldes ;' schön mit Laubholz bewaldete Kegelbergc wechseln mit trefflichen Wiesengrünoen ab. Gegen Süden liegen mehre treffliche Heilquellen, Kissingen, Bocktet, Brückenau. Den Raum zwischen Rhön, Thüringer- und Franken­ wald bis zu dem Main füllen die Hügelzüqe der nörd­ lichen fränkischen Terrasse aus; am Maine tragen sie Reben und allerwärts blüht in ihr die Obstbaumzucht. Bon der Rhön durch den kleinen Zufluß des Maines — die Sinn — getrennt, zieht sich nach Süden der Spessart, der mit seinen waldvedeckten Höhenzüaen den letzten großen Bogen des Mains ausfüllt uno sich so dem Odcnwalde nähert; der Hauptkamm (etwa 500 M. hoch) endet i»i Süden in der Eselshöhe, die höchste Er­ hebung ist der Geiersberg (615 M). Westlich der Rhön, mit ihr durch den kahlen Höhen­ zug des Distelrasen verbunden, erhebt sich wie eine große flachgewölbte Kuppel der basaltreiche Vogelsberg (das Sibirien Hessens); die höchste Spitze ist der Taufstein (772 M ). Das unfruchtbare Maffengebirge entbehrt St der tiefer einaeschnittnen Thäler. Gegen Westen en die Abfälle fruchtbarer und gehen allmählich in die durch ihren Reichthum berühmte Wetterau über,

32 welche von der Nidda durchfloffen dm rauhm Vogels­ berg von dem Taunus trennt.

8- 10. Das norddeutsche Berglaud.

Nördlich und nordwestlich der im vorhergehenden Abschnitte betrachteten Gebirge dehnt sich auf beiden Seiten der Fulda das hessische Bergland aus, ein niederes Plateau (meist nicht üver 300 M.) mit scharf eingeschnittnen Flußthälern und überragt von einzelnen basaltischen Bergkuppen und auch (im Norden) von Berg­ gruppen. Ocstllch reicht dasselbe bis zur Werra, nörd­ lich bis zur Diemel (Nebenfluß der Weser) und westlich bis zu den Quellen der Lahn und Eder. Weite Strecken sind öde Kalkflächen, andere — wie das Thal des Schwalm­ bachs — sino durch ihre außerordentliche Fruchtbarkeit berühmt. Besondere Schätze birgt der Boden nur wenige, nur in dem nördlichen Theile Kohlm. Die Watocultur ist noch allerwärts von hoher Bedeutung. Die bedeutendste Erhebung ist der waldbedeckte, weithin sicht­ bare Meissner (751 M.), nahe der Werra, eine Basalt­ kuppe, deren obere Fläche sich über l Stunde weit ausdehnt. Aehnlich erhebt sich zwischen Fulda und Schwalm der bedeutend niederere Knüll. Den zwischen der untern Werra und Fulda eingeschloffnen Winkel nimmt der Kaufunaer-Wald ein; auf der linken Seite der Fulda, ihm gegenüber erstreckt sich der Habichtswald, Dessen waldbedeckten Abfall gegen das Thal (300 M.) die Anlagen des Schloffes Wilhelmshöhe schmücken. Nördlich bis zur Diemel, der Weser entlang, zieht sich der Reinhardswald. Die Hügelzüge, welche die Weser hinab bis zu deren Eintritt tn die norddeutsche Tiefebene begleiten, soffen wir zusammen unter dem Namen der Weseracbirge. Auf dem rechtm Ufer des Flusses, parallel dem ge­ nannten Reinhardswald, zieht sich der niedere Sollina, welcher aus flachaewölbten von Laubholz bedeckten Hügeln besteht. Die höchste Erhebung dieses bis zu der Mulde der Leine sich erstreckenden Hugelzuges bildet der Moos-

33 berg. Nach Norden setzt sich der Solling fort in einer Reche immer mehr sich erniedernder Hügelzüge, welche sich alle in der Haupt-Richtung ihres Striches dem Harze nähern. Es sind dies der Hils, der Süntel, das Deistergebirge u. s. f. Aus dem linken Ufer der Weser liegt diesen Hügeln gegenüber das zum Theil sehr frucht­ bare Plateau von Paderborn und das PurmonterBeraland. Midlich hiervon liegt die Grenzscheide zwischen dem deutschen Gebirgslande und der Ebene, die Weserkette, von den Umwohnern mit den verschie­ densten Namen belegt, durch welche die Weser in der ge­ räumigen Scharte, Porta Westfalica, hindurchtritt. Das Plateau von Paderborn geht gegen Nordwesten, um die Quelle der Lippe, mehr und mehr in parallele Hügelketten über, welche sich in der bezeichneten Richtung weithin fortsetzen, dabei immer mehr an Höhe abnehmend. Man faßt dieselben unter dem Namen TeutoburgerWald zusammen. Die Umwohner bezeichnen fast jeden Theil des mehrfach von Querthälern durchbrochenen, an seinen Abhängen mit dichten Laubwäldern bedeckten Hügel­ landes mit besondern Namen (Egge, der Wald u. s. f.). Die bemerkenswerthesten Höhen sind: die Grotenburg (388 M.) in der östlichen Kette, auf dessen Scheitel das weithin sichtbare Hermannsdenkmal errichtet ist, der Her­ mannsberg (366 M.) und die Extersteine. Nördlich des Eichsfeldes und der Thüringer-Hochebene hebt sich inselartig der Harz als ein Massengebirge empor. Seine Hauptausdehnung erstreckt sich von Südost nach Nordwest und nimmt er an Höhe nach letzterer Richtung ul Die südöstlichen Vorberge bilden das MansfelderBeraland (reich an Kupfererzen), aus dem sich der an Wäldern, lachenden Fluren und schönen Felspartien reiche Unterharz erhebt; an diesen schließt sich oer Oberharz, an, ein an Erzen äußerst reiches, vielfach durchwühltes Berg­ land. Der höchste Berg ist der Brocken (1141 M), auch Blocksberg genannt, dessen Nome vielfach in deutsche Sagen verwoben ist; sein Gipfel ist flach, öde, von Granit­ trümmern bedeckt; in seiner Umgebung erinnern zahlreiche Felsen und Berge an die Sagen des Landes (Hcxenaltar, Hexentanzplatz, Teufelskanzcl, Teufelsmauer u. s. f.). Biel-

34 besucht sind auch die zahlreichen Höhlen. Die Bewohner dieses sächsischen Gebirges — zum Theil fränkische An­ siedler — sind durch ihren großen Fleiß und die bedeutende Vogelzucht bekannt. Der Nordfutz des Gebirges steht in der deutschen Tiefebene. 8- n.

DaS uiederrheiuische Bergland.

Westlich des hessischen Verstandes, mit dem es auf beidm Seiten der Eoer durch Hügelzügc in Verbindung steht, breitet sich bis zur Maas das nicderrhcinische Bergland aus. Durch den Rhein, der dasselbe in engem, felsigem Bette von Bingen abwärts durchschneidet, wird es in zwei Theile geschieden, das westliche zwischen Maas, Sauer, Saar, Nahe und Rhein, und das östliche zwischen dem Rheine und dem hessischen Berglande. Beide werden wiederum durch Querthäler (links Mosel, rechts Lahn, Sieg) in mehrere Glieder getheilt. Der Hunsrück, das südwestliche Glied, lehnt sich südlich der Nahequelle an das pfälzische Gebirge an. Ein rauhes, wenig fruchtbares Plateau von etwa 600 M. Höhe, fällt cs gegen die Mosel und den Rhein steil ab, gegen die Saar zum Theil jedoch in sanfterer Abdachung; hier auf der Grenze des Pfälzer Berglandes und des Hunsrücks liegen die reichen Kohlenfelder des SaarbrückerBeckens. Das Plateau wird von drei bewaldetcii Höhen­ zügen gekrönt, welche von Südwesten nach Nordosten sich wenden: der Hochwald, in welchem der Walderbes­ kopf, der höchste Berg des ganzen Hunsrücks (814 M.), sich erbebt, der Jdarwald gegen die Nahe zu, dcrSoonwald, der bei Bingen amRheme endet. Die Abfälle des Jdarwaldes sind durch den Achatreichthum berühmt; außer­ dem birgt das Gebirge noch ziemlich viel Eisenerze. Aus dem linken Ufer der Mosel breitet sich von Trier bis nahe an Coblenz das Plateau der E i f e l aus (500 M.); bei Andernach tritt es dicht an den Rhein, den es bis gegen Bonn hin begleitet; gen Westen zieht es bis zur Our und Sauer. Aus dem Plateau, in welches kleinere Flüsse Thäler scharf eingeschnitten haben, erheben sich

35 einzelne Berge, der bedeutendste ist die hohe Acht (760 M.). Der südöstliche Theil des Plateaus ist vul­ kanischer Natur, es bilden die Produkte dieses Striches (Lava, Tuff, Bimsstein) die Grundlage einer ausge­ dehnten Industrie. Einzelne alte Krater bilden jcht schöne kleine Gebirgsseen (Maare), unter denen der Laacher-See der bekannteste ist. Zwischen der vulkanischen Eifel und dem Rheine von Coblenz vis Andernach breitet sich eine kleine, aber äußerst fruchtbare Ebene aus — das Coblenz-NeuwiederBecken. Bon der Eifel selbst sind nur einzelne Striche, namentlich an den Abhängen, fruchtbar und waldreich, arößtenthcils ist sic waldleer und nur von dünner Humus­ schicht bedeckt. Doch sucht die Regierung durch Auf­ forstung das Land, welches vor der WÄderzerstörung durchaus nicht so unfruchtbar war, wieder der Cultur zu gewinnen. Der nordwestliche, durch sein rauhes Klima und seine Haideflächen und die Torfmoore bekannte Theil auf der linken Roerseite ist das hohe Benn, das bis nach Aachen hinabreicht und hier in ein fruchtbares, stein­ kohlenreiches Hügelland übergeht. In der Steinley steigt es zu 656 M. au. Von der östlichen Hälfte des niederrhcinischen Berg­ landes schneidet die Lahn den südlichen Theil, den Taunus, ab. Vom Vogelsberg im Osten durch die reichen Fluren der Wettcrau getrennt, bildet der Taunus ein von zahlreichen Bächen und Flüßchen durchschnittenes wald- und ackerreichcs Plateau nut vielen einzelnen Berg­ zügen; schroff und steil erhebt er sich gegenüber dem Hunsrück auf dem rechten Rheinuser zwischen Bingen und der Lahnmündung. Den Südrand bildet eine von Südwest nach Nordost sich wendende Kette, welche gegen den Rhein und Main in rebenbekränzten Hügeln (Rhein­ gau) abfällt. Hier liegen der, gr o ß e Feldberg (881 M.), der steile Altkönig, die Platte, der Niederwald. Das Ge­ birge ist eines der reichsten im ganzen deutschen Lande; die Fruchtbarkeit der Gehänge, die großen Waldungen, die Trefflichkeit der an seinen Bergen gezogenen Weme, die Erze an seinen Nordabfällen machen ihn ebenso wie

86 zahlreiche Mineralquellen und Bäder (Selters, Fachingen, Nassau, Ems, Wiesbaden u. s. f.) bedeutend und wichtig. Nördlich des Taunus, im Osten und Süden von der Lahn, im Westen vom Rhein, im Norden von der Sieg begrenzt, liegt das Plateau des Westerwaldes, das in jeder Beziehung der Eifel entweicht. Nicht sehr hoch (durchschnittlich nicht über 450 M.) ist es meist öde, kahl und durch Ausrodlma der Wälder unfruchtbar. Weite Strecken sind mit Mooren bedeckt, Jetten mit Weiden; die Viehzucht — sonst der Haupterwero der Bergbewohner — ist unbedeutend. Dagegen besitzt es allerwärts, im Tbale der Sieg, der Dill, der Lahn, der Wied, die ausSeoehntesten Eisensteinlager fast ganz Deutschlands. Die edeutcndste unter den aus dem Plateau hervorragenden Höben ist der Salzburger-Kopf (655 M.). Mit dieser Gevirgsqruppe in Zusammenhang stehend, aber seiner S Natur nach ihm durchaus fremd, erhebt sich im esten das Siebengebirge. Es besteht — im Gegensatz zu dem kahlen Plateau des Westerwaldes — aus einer Reihe schön geformter und reich bewaldeter Berge, welche dicht bis an das Ufer des Rheines heran­ treten. Die bedeutendste Erhebung bildet der Oelberg (464 M.), der bekannteste ist der Drachenfels. Zwischen den Quellen der Sieg und der Lahn er­ hebt sich als Knotenpunkt der Ederkopf (729 M.), in welchem der Westerwald mit dem hessi chen Berglandc zusammenstößt, und von dem aus nach Norden und dann nach Nordosten das breite Rothlaaergebirge sich abzweigt. Letzteres endet in einem Plateau, aus welchem sich der kahle Asten berg (842 M.) alsKnotenpunkt zwischen den Quellen der Ruhr und der Diemel erhebt. Nach Osten lehnt sich das hessische Bergland an, nach Norden erstreckt sich das Plateau von Brilon bis zu dem von Paderborn, nach Westen füllen das Gebiet zwischen Sieg, Rhein und Ruhr die Hügel des Sauerlandes und des Bergischen aus. Der höchste Theil an der Lenne führt auch den Namen das Ebbegebirge (666 M.). Die schwach gefurchten Thäler sind von in­ dustrieller Bevölkerung dicht bewohnt; merkwürdig sind die Höhlenbildungen, wichtig die Gsensteinlager und an

37 ben nördlichen Abhängen (an der Ruhr) die reichen Kohlen­ lager. Letztere setzen sich rechts der Ruhr in dem niedern Hugelzuge des Hell Wegs fort, welch letzterer gen Osten im Haarstrang sich wiederum an das Plateau von Brilon anlehut. 8- 12.

DaS norddeutsche Tiefland.

Längs des ganzen Nordfußes des centraleuropäischen Berglandes ist eine weite Tiefebene vorgelagert, welche das Gebirge überall weit von dem Meere scheidet. Zum Theil wellenförmig, zum Theil auch ganz flach, trägt sie je nach der Gegend völlig verschiedenen Charakter. Im Westen nur durch einen schmalen Strich mit dem nord­ französischen Tieftande zusammenhängend, zieht sich die niederrheinische (flanorisch-holländisch-friesische) Ebene, an Breite immer mehr zunehmend, nach Osten bis zu dm weit nach Norden vorspringenden Wesergcbirgen; sie um­ säumt also die Zuider- und die Nordsee von der fran­ zösischen Grenze bis zu dem Jadebusen. An dem Rheine greift sie zwischen der Eifel und den östlichen Gliedem des niederrhelnischen Gebirges meerbusenartig bis ober­ halb Bonn, und in gleicher Weise noch tiefer zwischen Haarstrang und Tcutoburacr-Wald ein. Ueberall am Fuße der Gebirge ist das Land mit einer tiefen, flucht­ baren Ackerkrume bedeckt (Börde), hier liegen die Korn­ kammern des westlichen Deutschlands; der Wald, der nur hie und da ausgedehnt auftritt (wie der Reichswald), be­ steht aus schlanken Buchen und alten Eichen. Weiter von dem Gebirge ab liegt der arme Geestboden, meist ein sandiges unfruchtbares Land, bedeckt von Haide und dürf­ tigen Nadelholzwäldcm. Dazwischen liegen, gegen das umgebende Sandland etwas erhöht, weite Moore; so an der unteren Maas, im Gebiete der Assel und Ems. Das vom Meer angeschwemmte fette Land, welches die Küsten umsäumt wie ein grüner Ring, das Land der Viehzucht, sind die Marschen. Durch starke Dämme (Deiche) wirb das tiefer als der Meeresspiegel gelegene fruchtbare Land (Polder) gegen die Macht der einstürmenden Meereswogen

36 geschützt. So ist der größte Theil der Küsten Hollands nur durch die Kunst der fleißigen Bewohner dem Meere abgerungener Boden. Vorgelagert liegen den Nordküsten die westsriesischen Inseln. Die niedersächsische Ebene, welche sich nördlich >es Haines zwischen Weser und Elbe ausdehnt, erstreckt ich auf dem rechten Elbufer über die ganze Halbinsel Jütand. Am Fuße des Gebirges liegt auch hier die fetteste Börde — namentlich für Zuckerrübenbau geeignet —; an ihn schließt sich die Göhroe an, ein Laubholzwald von sehr bedeutender Ausdehnung. Das Charakteristische dieser Eocne bildet aber der niedere Höhenzug der LüneburgerHaide. Von Südost wendet sie sich von der Elbe nach Nordwesten bis gegen die Weser hin; ein flacher Land­ rücken, ist sie von Haidekraut bedeckt; die geringe Zahl der Bewohner, welche sich an den wenigen zum Ackerbau geeigneten Plätzen angcsiedelt haben und hauptsächlich Haidekorn (Buchweizen) bauen, ziehen viel Honig; bekannt sind die eigenthümlichen Schafe (Haideschnucken). An der Küste tritt wiederum das fette Marschland auf; vor derselben liegen die niedern oftfricfischen Inseln; unter ihnen ist besonders die einzige Fclseninsel dieser Gruppe, Helgoland zu erwähnen. Die nördliche Fortsetzung des Tieflandes durch die ganze Halbinsel Jütland ist charakterisirt durch den die Ostküste entlang sich erstreckenden letzten Ausläufer des baltischen Höhenzuaes. Durch diese niedern Hügel, deren höchster der Himmelsberg (172 M.) ist, wird das Land in zwei wesentlich verschiedene Hälften getheilt; in der westlichen, welche von heftigen Stürmen häufig heimaesucht wird, und auf welcher daher fast keine Bäume wachsen, reicht das Haide- und Moorland fast allerwärts bis an die von den zahlreichen nordftiesischen Inseln umsäumte Küste; die östliche Hälfte ist geschmückt mit herrlichen Buchenwäldern und reich an fruchtbarem Marschland- vielfach dringt hier die Ostsee mit breiten Buchten tief in das Land em. Das östlicheTiefland nimmt gen Osten immer mehr an Breite zu, indem vie Gebirge sich immer weiter nach Südosten zurückziehen; weit greift es an beiden Ufern der Oder zwischen den Sudeten und dem polnischen

39 Plateau in das Hochland ein. Auch hier sind die Gegenden am Fuße der Gebirge die fruchtbarsten; unter ihnen sind vor allem die obersächsischen und die schlesischen Ebenen zu nennen; unterbrochen sind dieselben von medern breiten Hügelrücken, wie dem kahlen Fläming, dem Katzen­ gebirge u. s. f. Die Niederungen zwischen der mittleren Elbe, Oder und Weichsel werden durch die seeartigen Er­ weiterungen der träge fließenden Gewässer, die weiten Sandfelder und die dürftigen Kiefernwälder charakterisirt. Als besonders bemcrkenswerth ist ihr großer Reichthum an Steinsalz und im Osten an Braunkohle zu erwähnen. Von dem Küstenlande sind sie geschieden durch den uralisch-baltischen Rücken, welcher parallel der Ost­ seeküste in (15 Ml.) breitem Zuge von Westen nach Osten sich wendet. Zahlreiche Seen, meist von prächtigen Buchen­ waldungen umkränzt, schmücken die von Oder und Weichsel durchbrochene Höhe. Von dem innern Südwcstwinkel der Ostsee bis zu Der Oder wird' der Rücken die Mecklen­ burger-Seenplatte genannt; ihre höchste Erhebung steigt auf etwa 200 M.; die Hügel an Der Peene zeigen so schöne Formationen, daß sie die Mecklenburger-Schweiz genannt werden. Die pommersche Seenplatte »wischen Oder und Weichsel erreicht im Thurmberg, westlich von Danzig, 332 M. Höhe; ein Theil dieses mit über 1000 stehenden Gewässern bedeckten Rückens ist mit alten Eichen und Buchen, mit Fruchtfeldern und Wiesen geschmückt, andre Theile weisen kahle Gipfel, öde Ländereien auf; es sind dies die menschenleersten Gegenden Pommerns. Auch die ostpreußische Seenplatte zwischen der untern Weichsel und der Memel zeigt Erhebungen bis über 300 M., ist gegen Süden von ausgedehnten Sümpfen umsäumt und trägt ebenfalls zahlreiche Seen auf ihrem Rücken. Das zwischen dem genannten Landrücken und der Ostsee gelegene schmale Küstenland zeigt überall denselben Charakter, abwechselnd fruchtbare Marschen mit fetten Wei­ den und gutem Ackerboden, und sandige Dünen mit spär­ lichem Kiefernholz. Die Zahl der vorliegenden Inseln ist geringer als an der Nordseeküste, die Zahl der Meer-

40 busen aber bedeutender. Den südwestlichsten Winkel der Ostsee bildet die Ncustädter-Bucht, von welcher aus sich nach Nordwcsten die Küste der jütischen Halbinsel mit den zahlreichen Meeres- Einschnitten (Kieler-, Eckernförder-, Flensburger-Bucht u. s. f.) erstreckt. Zwischen diesem Busen und der Mündung der Oder bildet die Küste einen Borsprung, vor besten nördlichstem Ende die Insel Zingst liegt; früher eine Halbinsel, haben mächtige Fluthen sie von dem Festlande losgeristen. Oestlicher liegt das durch gine malerischen Landschaften, seine Kreidefelsen und uchenwäldcr berühmte Rügen. Der Rüg ard erhebt sich inmitten dieser viclgegliederten Insel zu 100 M. Bor der Odermündung lagern die beiden großen Inseln Usedom und Wollin, welche dadurch das große und das kleine Haff von der Ostsee abtrennen; die Peene, Swine und Diwenow leiten das Wasser des Haffs tn die Ostsee. Im Osten erstreckk» sich vom Festlande drei schmale Landzungen in das Meer. Die von Hela, welche sich an die ungegliederte Küste Pommerns an­ schließt und nach Südosten wendet, bildet das PutzigerWiek. Hier bildet dann die Küste einen nach Norden offenen Halbkreis — die Danziger-Bucht, in welcher die frische Nehrung das frische Hass abtrennt; auf ersterer, welche bereits mehrere starke Aenderungen in ihrer Gestalt erlitten, wandern die Sanddünen nach Osten; das Haff ist nur für kleine Küstenschiffe befahrbar. Das kurische Haff, im östlichsten Theile der deutschen Küsten, wird von der Ostsee durch die lange, schmale kurische Nehrung getrennt. Dieselbe ist merkwürdig durch den Bernstein, der hier gegraben wird und das in seinensKiefernwäldern noch vorkömmende Elenn.

B. «Hydrographie. §. 13.

DaS Gebiet der Ostsee. I. Der Memel, der nordöstlichste Strom, welcher deutsches Gebiet berührt, tritt in westlicher Richtung aus

41 dem russischen Tieflande bei Smalleningken auf das preußische Gebiet über und theilt sich unterhalb Tilsit in mehrere Arme, die sich alle in das kurische Haff ergießen. II. Der Pregel entsteht durch die Vereinigung der Ang erapp mit der Pissa. Erstere empfängt ihr Wasser aus mehreren Seen der ostprcußischen Platte (der Löwentinsee ergießt sich zum Theil in den Mauersee und speist so die Ängerapp, während ein zweiter Abfluß nach dem Spirdingsec und so durch die Pisseck zur Narew geht) und wendet sich nach Norden. Die Plffa entfließt dem Wyßtytersee (auf der preußisch-russischen Grenze) in west­ licher Richtung, an Gumbinnen vorüber; der oberhalb Insterburg vereinte Fluß nimmt bei letzterer Stadt die Inster von Norden, später von Süden die Alle, welche die ostpreußische Platte fast in ihrer ganzen Breite durchbricht, auf und mündet unterhalb Königsberg in die nordöstliche Spitze des frischen Haffs. HI. Die Weichsel entspringt in zwei Quellbächen auf dem Jablunka-Gebirge in Oestreich, fließt zunächst nach Norden, wendet sich dann nach Osten und bildet hier die Grenze zwischen Oestreich und Preußen, tritt dann in ersteres Reich über, strömt an Krakau vorüber und ist dann bei nordöstlicher Richtung bis unterhalb der Mündung des San Grenze zwischen Oestreich und russisch Polen. In nördlicher Richtung strömt sie hierauf durch letzteres Land zwischen hohen waldreichen Ufern, tritt dann in die sarmatische Tiefebene und wendet sich unterhalb Warschau von der Mündung des Bug nach Westen, be». Nordwesten, tritt kurz vor Thorn auf das preußische Gebiet, welches ihr Unterlauf nicht mehr ver­ läßt; kurz darauf wendet sie sich rechtwinklich nach Nord­ osten an Culm vorüber und bei Graudenz nach Norden, und durchfließt in breitem inselreichem Bette die Rinne Sn der pommerschen und der ostpreußischen Platte, rrdende dieser fruchtbaren, aber Überschwemmungen ausgesetzten Rmne theilt sie sich in zwei Arme; der öst­ liche, Nogat, wendet sich nach Nordosten an Marien­ burg vorüber und mündet nahe bei Elbing in zahlreichen Armen in das Südwestende des frischen Haffs; die eigent­ liche Weichsel fließt in nördlicher Richtung an Dirschau IT. 2*

42 vorüber und theilt sich hierauf wiederum in zwei, nach entgegengesetzten Richtungen strömende Arme; der nach Osten sich wcndmde mündet — nahe der Nogat — in zahlreichen Armen in das frische Haff; die nach Westen gehende Danziger-Weichsel hatte sich 1840 bei Hoch­ wasser eine neue Mündung verschafft, welche aber wieder versandet ist; sie mündet unterhalb Danzig bei Neufahrwaffer in die Danziger-Bucht. Das von den Mündungs­ armen cingeschloffene Delta, eine sehr fruchtbare Niede­ rung, muß wegen seiner tiefen Lage durch hohe Dämme gegen Hochwasser geschützt werden; gefährlich sind nament­ lich die auf der Weichsel wie auf allen russischen Flüssen häufig auftretenden Eisstopfungen. Nebenflüsse: A. rechts: 1. DerDunajec entquillt dem hohen Tatr'a, bricht durch die Babia Gura in reißendem Laufe; 2. der San kommt von dem karpathischen Waldebirae, dessen Vorberge er in vielfach gewunoenem Laufe urchbricht, und wendet sich in der Ebene in nordwest­ licher Richtung, das Land öfters weithin verwüstend, der Weichsel zu; 3. der Bug mit dem Narew kommen aus dem sarmatischcn Tieflande; letzterer nimmt zahlreiche Zuflüsse von dem Südabhange der ostpreußischen Platte auf; 4. die Drewenz bildet den südlichen Abfluß einer Reihe von preußischen Seen, wendet sich unterhalb Stras­ burg nach Südwesten und bildet bis kurz vor ihrer Mün­ dung (dicht oberhalb Thorn) die Grenze zwischen Preußen und Rußland. B. links: 1. Die Piliea kommt in nördlicher Richtung aus dem polnischen Plateau und wendet sich im Flachlande nach Nordosten; 2. die Brahe nimmt die Abflüsse von mehreren Seen der pommerschen Platte auf und wendet sich nach Süden; bei Bromberg ändert sie ihren Lauf nach Osten, um nach kurzer Strecke in die Weichsel zu münden.

S

IV. Von dem pommerschen Plateau kommen in be-

43 deutenden Windungen in nordwestlicher oder nördlicher Richtung eine größere Zahl kleinerer Küstenflüsse; unter ihnen sind zu erwähnen bte Stolpe, die Wipper, die Persante, welche bei Kolberg mündet, und die Rega. V. Die Oder entspringt auf dem südöstlichsten Theile des mährischen Gesenkes (Odergebirge in Oestreich), fließt zunächst mit starkem Gefälle nach Nordosten und bildet auf kurze Strecken die Grenze zwischen Preußen und Oestreich- bei Oderberg tritt sie aufs preußische Ge­ biet, wendet sich nach Norden an Rütibor vorüber, dann nach Nordwesten, stets von den Sudeten und dem Riesen­ gebirge in ziemlicher Entfernung bleibend, fließt an Oppeln, Briea, Breslau vorüber und ändert hierauf ihre Richtung mehrsach nach Westen und Norden, gleichsam drei Treppenstufen bildend, an deren mittlerer Glogau liegt. Bon der Mündung der Neisse an wird das Thal des Flusses, der überhaupt den Charakter eines solchen der Ebene hat, breiter; zu seinen beiden Seiten sehnen sich weite sumpfige Strecken aus. Unterhalb Frankfurt, von Küstrin an, trennt die Oder in einem großen Bogen nach Westen die Mecklenburger- von der pommerschen Platte und theilt sich dann in mehrere Arme; der östliche — die große Reglitz — erweitert sich zum Dammschen See; in diesem vereinigt sich auch der westliche Arm, welcher unter Beibehaltung des Namens Stettin berührt, wieoer mit dem östlichen und beide zusammen bilden dann das meerbusenartige Papenwasser, das mit dem Hasi in offener Verbindung steht. Aus letzterm führen in bte Ostsee die Peene, Swine und Dievenow, welche die Inseln Usedom und Wollin zwischen sich einschließen. Nebenflüsse:

A. rechts:

1. Die Malapane entspringt in Polen, tritt sogleich aber nach Preußen über, fließt in breitem Thalc urch mehrere kleine Seen nach WNW. und mündet unterhalb Oppeln; 2. die Warthe (Warta) hat ihre Quelle östlich derjenigen der Malapane in Polen, fließt durch sumpfige Niederungen mit mehreren Bogen hauptsächlich m nöro-

44 licher Richtung, wendet sich dann nach Westen und tritt bei der Mündung der Prosna. welche von Süden kommend fast in ihrem ganzen Laufe die Grenze zwischen Preußen und Rußland bildet, auf deutsches Gebiet, vertauscht diese Richtung bei Schrim mit einer solchen nach Norden, an Posen vorüber, um von Obornik ab bis zur Mündung, gegenüber Küstrin, nach Westen zu fließen; ihr breites unteres Thal bildet den von mehreren Armen durchflossenen Warthebruch Außer der bereits erwähnten Prosna nimmt die Warthe auf der linken Seite noch die Obra, auf der rechten die Netze auf: letztere entsteht aus mehreren kleinen Seen östlich von Gnesen, fließt nordwestlich, später westlich durch sumpfige Niederungen; in ihrem Wende­ punkt steht sie durch den Brombcrger-Canal mit der Brahe (Weichsel) in Verbmdung.

B. links: 1. Die Oppa entströmt dem Altvater-Gebirge (in Oestreich) nach Südosten und bildet vou Jägerndorf bis zur Mündung (oberhalb Oderberg) meist die Grenze zwischen östreichisch und preußisch Schlesien; 2. die Glatzer-Ncisse kommt vom kleinen Schnee­ berg, fließt nur durch preußisches Gebiet, zunächst nörd­ lich' bis Glatz zwischen den Rändern des Glotzer Gebirgs­ kessels, durchbricht dann in östlichem Laufe in engem, tief eiageschnittcnem Thale dessen Ostrand und wendet sich von Neisse nach Nordosten der Oder zu; 3. die Katzbach kommt von den Vorbcrgen deö Riesengebirges und eilt nach Nordosten; 4. der Bober entquillt demSüdoftendedesRiesen, durchbricht dasselbe zunächst in südöstlichem, tiefem , ile, wendet sich unterhalb Landshut nach Westen und trennt so das Riesengebirge von seinen Vorbergen; bei Hirschberg vertauscht er diese Richtung wieder mit einer nördlichen, die er nur auf eine kurze §cit — zwischen Sprottau und Sagan — verläßt, bis zu seiner Mündung ber Krollen; von der linken Seite nimmt er die ihm parallel fließende, vom hohen Jserkamm kommende Queis bei Sagan auf; 6. die Görlitzer-Neisse entpringt auf den süd-

S

45 lichen Borbergen des Jserkammes, durchbricht zwischen Reichenberg und Görlitz das Gebirgsland und eilt dann in nördlichem Laufe der Oder zu; 6. die Ucker und die Peene kommen aus Seen der meklenburger Platte und münden jene ins Haff, diese — von Westen her — in den westlichsten Mündungsarm der Oder, welcher daher den Namen Peene annimmt. Die Oder ist ein Fluß des Flachlandes, daher für die Schifffahrt geeignet; sie leidet jedoch häufig an zu geringem Wasserstand. Um die Versandungen zu ver­ hüten, find von der preußischen Regierung große Strom­ bauten ausgeführt worden; zur Hebung der Schifffahrt sind mehrere Canäle angelegt. So verbindet der Friedrich Wilhelm-Canal die Oder oberhalb Frankfurt mit der Spree, wo diese sich ihr am meisten nähert, der FinowCanal mit der Havel (über Neustadt-Eberswalde nach Liebenwalde). VI. Die Trave kommt aus der Ebene an der Süd­ ostwurzel der jütischen Halbinsel, bildet einen großen Bogen nach Süden, erweitert sich unterhalb Lübeck zu einem größern See und mündet bei Travemünde in die äußerste Südwestspitze der Ostsee.

§. 14. Eider und Elbe.

Die Eider entspringt auf dem südlichen Hügelzuae der jütischen Halbinsel und durchfließt zunächst in nörd­ licher Richtung mehrere Seen bis in die Nähe der KielerBucht ; hier wendet sie sich vlötzlich nach Westen und durch­ fließt an Rendsburg vorüber in großen Bogen das Ditymarsche; bei langsamem Laufe und ziemlichem Wasser­ reichthum ist sie weithin schiffbar und ein Kanal von ihr nach der Kieler-Bucht verbindet hier die Nord- mit der Ostsee. Die Elbe entspringt in zahlreichen Bächen auf den Südabhängm des Riesengebirges, eine der Hauptquellen kommt aus dm elf Brunnen der Elbwiese, von der sie in schönem Falle in den Elbgrund stürzt. Der junge

46 Fluß wendet sich nach Süden durch ein sumpfiges, von Granittrümmern bedecktes, tief eingeschnittenes Thal; bei Hohenelbe tritt er aus dem Riesenaebirge, fließt etwas südöstlich, dann wieder südlich an Koniggrätz vorüber in einem schönen Thäte, in welches fast alle Päsie aus Schlesien und Glatz nach Böhmen cinmünden. Bei Par­ dubitz bildet die Elbe einen rechten Winkel und strömt nach Westen an Collin vorüber, um sich dann nach Nordwesten ru wenden; in umgekehrt Lförmigem Laufe bricht sie sich dann in einem durch seine Schönheiten berühmten Thale Bahn durch die nördlichen böhmischen Berge und das Elbsandsteingebirge — auf dieser Strecke berührt sie die böhmischen Städte Theresienstadt, Lowositz, Aussig, und die sächsischen Schandau, Pirna — ; unterhalb Tresden bei Meissen tritt sie in das norddeutsche Tiefland. Auch in ihrem vielfach gewundenen Mittelläufe hat sie noch nach dem Austritt aus dem Gebirge ein starkes Gefälle; zwischen Riesa und Mühlberg tritt sie auf preußisches Gebiet, in welchem sie nun bis zu ihrer Mündung außer kurzen Strecken (Anhalt, Meklenburg und Hamburg) ver­ bleibt; bei Wittenberg wendet sic sich nach Westen, ver­ tauscht diese Richtung jedoch nach kurzer Strecke und einem Bogen nach Westen — bei Magdeburg — wieder mit einer nördlichen, um von der Mundung der Havel ihre Hauptrichtung nach Nordwesten bis zur Mündung beizubehaltcn. Bei Hamburg bildet sie große Inseln in mehreren Armen, die sich unterhalb der Stadt wieder vereinen. Die Fluth steigt bis oberhalb der Stadt in dem nunmehr über */» Ml. breiten Strome, dessen Mün­ dung in die Nordsee bei Cuxhafen die jütisch-holsteinsche Halbinsel von dem Festlande scheidet. Nebenflüsse:

A. rechts: 1. Die Jser kommt von dem Südabhange der Tafelfichte und durchfließt in südwestlicher Richtung ein Querthal der nördlichen böhmischen Terrasse; 2. die schwarze Elster kommt von den Nordabhängen des Lausitzer-Gebirges, durchströmt zunächst nörd­ lich, dann westlich und schließlich nordwestlich eine breite

47

3. die Havel nimmt ihren Ursprung aus einer Reihe kleiner Seen auf dem östlichen Theile der Mecklen­ burger-Platte und wendet sich zunächst nach Süden dem Tieflande zu; bei geringem Gefälle bald schiffbar, bildet sie ausgedehnte vielarmige Seen, deren Hauptausdehnung bis Potsdam sich nach Süden, von da aber nach Westen erstreckt; unterhalb Brandenburg tritt sie aus dem Plauensee als breiter Strom nach Nordosten und mündet unter­ halb Havelberg in die Elbe, mit welcher sie durch einen Canal bereits von dem genannten See aus in Verbin­ dung steht. Ihr Hauptzufluß ist die Spree, bereit Quelle im Lausitzer-Gebirge in Böhmen, dicht an der sächsischen Grenze liegt. In nördlichem Laufe durcheilt sie den östlichsten Theil Sachsens, tritt unterhalb Bautzen aus den Vorbergen heraus und theilt sich in zwei Arme, die sich erst nach längerem Laufe auf preußischem Ge­ biete wieder vereinen. Unterhalb Cottbus durchfließt sie trägen Laufes in zahlreichen Armen (in westlicher Rich­ tung) den mehrere Meilen langen obern Spreewald; bei Lübben nimmt die vereinigte Spree wieder nördliche Rich­ tung an, um bald darauf den untern Spreewald nach Osten zu durchfließen; aus dem Schwielingsee tritt sic wiederum nach Norden heraus, wendet sich dann, mehrere Seen bildend, nach Westen und vereinigt sich unterhalb Berlin, bei Spandau, mit der Havel; 3. die Eld e empfängt ihr Wasser aus dem Plauer­ see, auf dem Mecklenburger-Rücken, und fließt zunächst westlich an Parchim vorbei' in dem ausgedehnten LewitzerBruch wendet sie sich nach Süden. B. links:

1. Die Quellen der Adler (der wilden und stillen Adler) liegen auf dem Erlitz-Gebirge; beide vereint senden ihre großen Wassermassen bei Königgrätz in die Elbe; 2. die Moldau entsteht aus zwei Hauptquellbächen, der warmen und der kalten Moldau, auf dem Ostabbange des mittleren Böhmerwaldes; in südöstlicher Richtung fließt sie an desim Abhängen vorüber, wendet sich an seinem

48 Südende scharf nach Norden und durchströmt in vielfach gewundenem Laufe in tief eingefchnittenem Bette den ganzen böhmischen Kessel; an ihr liegen Budweis und Prag; mit ihr Bereinigen sich von rechts die Sazawa, von der mährischen Grenze kommend, von links die Wo tawa und Beraun, welche beide dem Böhmerwalde

3. die Eger hat ihre Quelle im Fichtelgebirge, dessen beide Hauptzüge sie trennt; sie strömt mit starkem Gefalle nach Ostnordost den Südfuß des Erzgebirges entlang; bekannte Orte an ihr sind Eger und Saätz; der fisch­ reiche Fluß überschwemmt in fernem mittlern und untern Laufe häufig seine flachen Ufer; er mündet bei Theresien­ stadt; 4. die Mulde entsteht aus der Freiburger-und der Zwickauer-Mulde (nach den an ihnen gelegenen Hauptorten so genannt), welche beide auf dem Erzgebirge ent­ springen und alle die von dem Nordabhange dieses Ge­ birges kommenden Gewäffer in sich vereinen (darunter die Zschopau und die Chemnitz); die Quellbüche durchströmen das sächsische Bergland; nach ihrer Vereimgung oberhalb Grimma wendet sich der Fluß in der Ebene — zum Theil durch sumpfiges Terrain — nach Nordnordwest und mündet unterhalb Dessau in die Elbe; 5. die Saale entspringt auf dem Nordwcstabhanae des Fichtelgebirges und durchfließt in wesentlich nörd­ lichem vielfach gewundenem Laufe (mit großem Bogen nach Westen) Baiern auf kurze Strecke, die thüringischen Staa­ ten und die preuß. Provinz Sachsen; anfangs zwischen steilen Ufern in tief eingeschnittenem Thale, später in breiterem von sanft ansteigenden Hügeln umsäumtem Thale und zuletzt in fruchtvarer weiter Ebene; an ihr liegen Hof, Saalfeld, Rudolstadt, Jena, Naumburg, Merseburg, Halle, Bernburg; sie mündet unterhalb Calbe, 3*/8 Ml. von der Mulde tn die Elbe, dort, wo dieselbe den Bogen nach Westen beginnt. Zuflüsse:

a. rechts: Die (weiße) Elster, welche aus dem Voigtlande zwischen Fichtel- und Erzgebirge kommt, durchfueßt in

49 nördlicher Richtung mit scharfen Thalrändern über Plauen, Greiz, Gera oas sächsische Bergland; bei Leipzig nimmt sie oie dem sächsischen Berglande entspringende Pleisse auf und wendet sich in mehreren Armen durch reiche Niederungen nach Westen der Saale zu.

b. links:

«. Die Ilm, welche von dem Südostabhange des Thüringerwaldes entspringt, wendet sich durch die thürin­ gischen Staaten nach Nordost über Weimar; ß. die Unstrut kommt aus dem Eichsfelde; ihr Lauf hat die Gestalt eines liegenden S; in demselben berührt sie fast nur preußisches Gebiet; cs liegen an ihr Mülhausen, Langensalza, Sömmerda; sie nimmt von links die auf dem Eichsfelde entspringende Wipper und die Helme.(bereit Gebiet die qoldne Aue ist), von rechts die Gera von dem mittleren Thüringerwalde auf und ergießt sich bei Naumburg in die Saaley. die Bode, dem Südaohange des Oberharzes entquellend durchbricht in engem Bette den ganzen Harz von Westen nach Osten - oberhalb Quedlinburg tritt sie aus dem Gebirge, macht in ihrer theilweise sehr fruchtbaren Niederung einen großen Bogen nach Norden über Oschersleben und mündet unterhalb Staßfurt in die Saale; 6. die Ilmenau entfließt der Lüneburger-Haide in nördlicher Richtung; unterhalb Lüneburg wendet sie sich auf kurze Strecke vor der Mündung nach Westen; 7. die Oste hat ihre Quelle in der nördlichen Lüne­ burger-Haide und durchfließt in westlichem, dann nörd­ lichem Laufe das frühere Herzogthum Bremen. §. 15.

Weser, Ems. Die Weser entsteht durch die Vereinigung der Werra mit der Fulda. Dtc erstere entspringt dem südlichsten Thüringerwalde als nasse und trockene Werra und be­ gleitet dies Gebirge seinem ganzen Südwestfuße entlang an Hildburghausen, Meiningen vorbei und trennt so die Dr o nie, Leitfaden. IV.

g

50 Rhön vom Thüringerwalde; auch den Nordfuß des letz­ ter» umspült sie, indem sie sich auf fune Strecke nach Nordosten wendet, um aber bald darauf wieder zu der anfänglichen Richtung nach Nordwest zurückzukehrcn, die sie bis zur Bereinigung mit der Fulda bei Münden beibehält. Die Schönheiten des Thales der Werra, der Tochter des Thüringerwaldes, sind berühmt. Die stets eisig kalte Quelle der Fulda liegt in dem kahlsten Theile der Hohen-Rhön; sie strömt zunächst nach Westen, dann hauptsächlich nach Norden; zuerst trennt sie die Vorberae der Rhön von denen des Vogelsbergs, später durch­ fließt sie in breitem grünen Wiescnthale, umgeben von Kegclbergen, das hessische Bcrgland; an ihr liegen Fulda, Hersfeld, Casiel. Von links nimmt sie die vom Ederkopfe kommende Eder, welcher vom Vogelsberg die durch die reichsten Gegenden des frühern Hessens strömende Schwalm zufließt, auf. Bei dem reizend gelegenen Orte Münden vereinigen sich die Werra und die etwas schwä­ chere Fulda und bilden so die Weser, welche zunächst in nörolicher Richtung den Westabhang des Bram- uno Solling-Waldes entlang an Carlshafen vorüber fließt. Bei Hameln wendet sie sich westlich, tune Strecke darauf wieder nördlich und tritt durch die Porta Westfalica oberhalb Minden in die norddeutsche Tiefebene. Mit der Einmündung der Aller ändert sie ihren Lauf nach Nordwesten an Bremen vorüber, um schließlich zu der nördlichen Richtung zurückzukehren; sie mündet bet Bre­ merhafen. Nebenflüsse: A. rechts:

Die Aller kommt aus der norddeutschen Ebene west­ lich von Magdeburg und fließt in nordwestlicher Richtung über Celle durch niedere sandige Ufer der Weser zu, in welche sie sich unterhalb Verden ergießt; sie nimmt links die Oker, vom Harz in nördlicher Richtung über Wolfen­ büttel und Braunschweig kommend, und die Leine, welche dem Eichsfeld entquillt und durch schöne Thäler an Göt­ tingen und Hannover vorüber ebenfalls in nördlicher Rich­ tung fließt, auf.

51 B. links:

1. Die Diemel quelle liegt auf dem Südfuße der Egge, die Mündung des fischreichen, reißenden Flüßchens erfolgt bei Carlshasen; 2. die Hunte kommt von den westlichen Ausläufern der Weserkette und durchfließt in nördlicher Richtung den Dümmcrsee; bei Oldenburg wendet sie sich östlich der Weser zu.

Die Ems entquillt dem Südwestabhange des Teuto­ burgerwaldes, den sie in großem (*/« Kreis-) Bogen umK; in vielfach gewundenem Laufe wendet sie sich, an , pen vorüber zwischen ausgedehnten Mooren nach Norden und bildet bei Emden den breiten Dollart. §. 16.

Der Rhein.

Der Rhein entspringt aus einer Reihe von Quellen vom St. Gotthardstock bis zu dem Julier; in dieser von Romanen bewohnten Gegend heißt jede fließende Quelle Rhein; etwa 150 verschiedene Gletscher entsenden ihre Bäche zu den Quellflüssen des Stromes. Drei dieser Quellen werden als die vorzüglichsten angesehen: der Vorder-, Mittel-, und Hinterrhein. 4)er erstge­ nannte konlmt aus dem kleinen Tomasee am Six Maoun, dem Grenzpfciler, in welchem sich die Bündneralpen an den St. Gotthardstock anlehnen; der junge Strom wen­ det sich durch ein schönes Alpenthal nach Nordosten, aus allen Thalspalten Zuflüsse aufnehmend; bei Dissentis vereinigt sich mit ihm der vom Lukmanier kommende Medelser- oder Mittelrhcin. Das Thal von hier ab­ wärts ist eines der schönsten Alpenthäler, grüne freundliche Matten wechseln mit wilden Felsöden: die Abhänge der Berge sind meist bewaldet, viele Hügel sind von den Trümmern alter Burgen gekrönt, und im Thale reiht sich ein Dorf an das andere. Der Hinterrhein entströmt dem Zapport-Gletscher am Hinterrheinwaldhorn und fließt

52 zunächst durch ein Länqenthal parallel demjeniqen des Borderrheins. In der Rufflaschlucht unterhalb «Splügen wendet er sich aber nach Norden und bildet ein tief ein® geschnittenes Querthal (Via mala): bei Thusis wird das Thal des jungen Stromes (desien Wasser die Nolla schwarz färbt) breiter und freundlicher; fruchtbare Gehänge ziehn sich zu beiden Seiten des weidereichen Grundes und zahl­ reiche Burgruinen schmücken die Gipfel der Hügel. Bei Reichenau vereinen sich Vorder- und Hinterrhein; der ge­ einte Strom verfolgt noch die Richtung des Borderrheins bis Chur, hier wendet er sich nach Norden und scheidet in breitem häufig von seinen Wassern übcrflutheten Thale die Glarner- und Thuralpen von den Graubündner-Alpen, dem Rhätieon und den Voralberger-Alpen; gleichzeitig bildet er hier in seinem untern Theile die Grenze zwischen der Schweiz, der Heimat des Rheines, und Oestreich. Unterhalb Rheineck ergießt er sich in weiter sumpfiger Niederung in den Bodensee (das schwäbische Meer); dieser große hellgrüne See (fast 300 M. tief) dehnt sich nahezu 60 Kilometer weit von Südost nach Nordwest aus; der nordwestliche Theil führt den besonderen Namen des Ueberlinger-Sees. An den See stoßen im Süden die Schweiz, im Osten Oestreich und Baiern, im Norden Würtemberg und Baden. Bei Constanz verläßt der Rhein den Bodensee in westlicher Richtung und bildet den Untern See; das südwestliche Ende desselben verengt sich all­ mählich und bei Stein tritt der klare Strom heraus, um in westlicher Richtung das Hegau von den Hügeln der Schweizer-Hochfläche zu trennen; bei Schaffhausen wendet er sich nach Süden, stürzt beim Schlöffe Lauffen — im mächtigsten Wasserfall Europas (115 M. breit und 19 M. hoch) — über gewaltige Felsmassen. Kurz nach der Mün­ dung der Thur wendet er sich wieder westwärts und trennt in hestigen Stromschnellen das Gebirge durchbre­ chend — namentlich zwischen Waldshut und Rheinfelden — den Schweizer-Jura von dem Schwarzwalde. Bis Basel bildet er die Grenze zwischen Schweiz und Baden, wendet sich bei der genannten Stadt in rechtem Winkel nach Norden und tritt hier in die oberrheinische Ebene und damit gleichzeitig in seinen Mittellauf.

53 Nebenflüsse des Rheines in seinem Oberlaufe: A. rechts:

1. Die Albula kommt vom Albulahorn und durch­ schneidet in tiefem Querthale die Graubündner-Alpen; wichtig sind ihre und ihrer Zuflüsse Thäler wegen der guten Pässe, welche hier die Alpen durchschneiden; sie stürzt bei Thufis tn den Hinterrhein; 2. die Jll kommt aus dem dicht bevölkerten, grünen Montafuner-Thale, am Nordfuße des Rhäticon unv mün­ det unterhalb Feldkirch.

B. links: 1. Die Thur entspringt auf der Südseite des hoben Säntis in den Appenzeller-Alpen, durchströmt dieselben zunächst in tief eingeschnittcnem Thale in nördlicher Rich­ tung, wendet sich darauf nach Osten, um dann nach der Vereinigung mit der Sitter in westlicher Richtung dem Rheine zuzuströmen; 2. die Aar entquillt dem Ober- und Unter-Aaraletscher an der Ostscite des Finsteraarhorns (BernerAlpen) ; der junge Fluß wendet sich nach Nordwest und trennt durch fein vielbesuchtes Thal (Haslithal mit dem Handcckfalle) Vie Berner- von den Vierwaldstätter-Alpen. Unterhalb Meiringen ergießt sie sich in den nach Westen sich ausdchnenden Brienzer-See; aus ihm tritt sie aus, um sofort in den Th uncr-Sec zu sinnen; bei Thun verläßt sie denselben, fließt nach Nordwestcn über Bern, und wendet sich dann nach Nordosten dem Jura entlang über Solothurn, Aarau und vereinigt sich gegenüber Walds­ hut mit dem Rheine. Zuflüsse: a. rechts: a. Die Emme kommt von Südosten aus den Bergen, welche den Bricnzer-Sec umkränzen, fließt über Burg­ dorf und mündet bei Solothurn; ß. die Reuß kommt aus mehreren Oucllbächen an der Furla, dem St. Gotthard und aus dem Obcralpsee; von Andermatt an trennt ihr nach Norden gewendetes Ouerthal die Vierwaldstätter- und Schwyzer-Alpen; un-

54 terhalb Altdorf bei Flüelcn ergießt sie sich in den viel­ gestaltigen Vierwaldstätter-See, den sie bei Luzern verläßt, um in wesentlich nördlicher Richtung der Aar zuzueilen; y. die Limmat, deren Mündung dicht bei jener der Rmß liegt, ist der nordwestliche Abfluß des ZüricherSees (bei Zürich); letzterer empfängt seinen Zufluß durch den Linthcanal aus dem Wallensee, der M am Südfuße der Churfürsten ausdehnt; vom Tödi kommt aus dem Süden an Glarus vorbei die Linth, welche in das Westende des Wallcnsces mündet. b. links: «. Die Sa ane entquillt den Gletschern der Diablerets und wmdet sich in hauptsächlich nördlicher Richtung an Freiburg vorüber der Aar zu: ß. die Zihl entfließt demReuchLteler-See und durchströmt m ihrem kurzen nordöstlichen Laufe den Bie­ ler-See; der ReuchLteler-See nimmt zahlreiche kleinere Zuflüffe aus dem Jura sowie den Abfluß des Mur­ ten-Sees auf. Der Mittellauf des Rheines beginnt bei Basel; hier bildet er ein scharfes Knie und wendet sich aus seiner westlichen in eine nördliche Richtung; er verläßt das Berg­ land und die Schwei» und tritt in die oberrheinische Tief­ ebene uud in deutsches Gebiet. Von dem Wasgau ist er durch eine breite Fläche (Hardtwald) getrennt, wäh­ rend die Ausläufer des Schwarzwaldes noch auf eine kurze Strecke dicht bis an sein rechtes Ufer herantreten; dann ziehen sich auch diese zurück und der Rhein strömt nun in inselreichcm, sehr veränderlichem, sandigem Bette mitten durch die reiche Ebene, zwischen Reu- und Altbrcisach hindurch, dreht sich dann etwas nach Osten nahe an Straßburg vorüber. Von Speyer ab strömt er wieder nach Norden an Mannheim und Worms vorbei: bei Mainz wendet er sich vor dem Taunus nach Westen vis Bingen; hier hat er den Zusammenhang der west- und der ost­ rheinischen Gebirge durchbrochen (Binger-Loch) und win­ det sich nun in schmalem, engem Felsenbette zwischen Huns­ rück und Taunus hindurch. Die von zahlreichen Burgen

55 geschmückten Ufer bieten viele landschaftliche Schönheitm. Bei Coblcnz treten die Berge etwas zurück (Coblenz-Neuwicder Becken) und wird der Strom wieder breiter, bis ihn bei Andernach aufs Neue die Eifel und der Wester­ wald zusammendrängen. Da wo er das Bergland ver­ läßt, hat die Natur verschwenderisch noch einmal alle ihre Schönheiten entwickelt — Rolandseck und das Sieben­ gebirge. Indem der Rhein hier in die Tiefebene tritt, beginnt sein Unterlauf.

Nebenflüsse des Rheines im Mittelläufe:

A. rechts: 1. Die Quelle der Drehs am liegt im Schwarz­ walde nordöstlich des Feldberg, das enge Thal mit seinen von düstern Fichtenwaldungen bedeckten steilen Seiten wird die Hölle genannt, aus ihr führt der Weg in das Himmelreich. Tas Flüßchen tritt bei Freiburg aus dem Schwarzwalde, fließt dann in nordnordwestlicher Richtung zwischen ihm und dem Kaiserstuhl hindurch dem Rheine zu; 2. die Kinzig kommt aus dem mittlern Schwarz­ walde und ergießt sich bei Kehl in den Rhein; 3. der Neckar entspringt auf der Baar, dem Ver­ bindungsgliede des Schwarzwaldes mit dem schwäbischen Jura; nach Norden sich wendend trennt er die genann­ ten Gebirge, von denen das zweite in steilen Felsen gegen das tiefe Thal abfällt; bald dreht sich jedoch der Fluß nach Nordosten an Rottcnburg, Tübingen vorüber, in­ dem er in reichem, fruchtbarem Thale das würtembergische Hügelland durchfließt. Bei Plochingen ändert er feilten Lauf nach Nordwesten an Eßlingen vorüber und nimmt bei Canstatt eine nördliche Richtung ein an Ludwigsburg und Heilbronn vorbei; dann macht er einen Bogen uno drängt sich westlich zwischen dem Ncckarberglande und dem Odenwalde hindurch, tritt bei Heidelberg m das Tief­ land und mündet bei Mannheim. Zuflüsse:

a. rechts: «. Der Kocher kommt von der rauhen Alp und durchfließt in nördlichem, zuletzt westlichem Laufe das

56 würtembergische Hügelland; er ergießt sich unterhalb Heil­ bronn in den Neckar; ß. die Jagst (Jaxt) hat ihre Quelle nahe der des Kocher im schwäbischen Jura und ist in ihrem ganzen Laufe parallel dem letztem.

d. links: Die Enz kommt von den Ostabhänaen des Schwarz­ waldes, fließt an Wildbad vorüber, wendet sich bei Pforz­ heim nach Osten und mündet unterhalb Ludwigsburg. 4. der Main entsteht durch die Bereinigung des weißen und des rothen Main. Die Quelle des letztern liegt in dem fränkischen Jura, wo derselbe mit dem Fichtelgebirge zusammenstößt; er wendet sich nach Nordwcst über Bayreuth. Der weiße Main entspringt auf dem Fichtelgebirge und vereinigt sich unterhalb Culmbach mit dem rothen Main. Der so gebildete Fluß, der echte Strom des Frankenlandes, durchzieht die ganze fränkische Terrasse und ist bemerkenswerth durch die drei großen Bogen nach Süden, welche er in seinem wesentlich west­ lichen Laufe bildet; der erste von Lichtenfels bis Haß­ furt ist der unbedeutendste, an dem zweiten zwischen Schweinfurt und Gemünden liegen Ochsenfurt uno Würz­ burg; der letzte Bogen von Gemünden bis Hanau wird gebildet, indem sich von Norden der Spessart vorschiebt und sich so dem Odenwalde nähert, so bofc der Main durch die enge Spalte zwischen oen beiden Gebirgen sich hindurch drängen muß. Von Hanau an tritt der Main in die Ebene, fließt westlich an Frankfurt vorüber und mündet gegenüber Mainz. In seiner ganzen Länge ist das Thal von Hügeln umkränzt, welche fast allerwärts mit Reben bedeckt sind: die Fruchtbarkeit und der Reich­ thum an Obst sind allvekannt.

Zuflüsse: a. rechts: a. Die Jtz, deren Quelle am Südabhange des Thüringer-Waldes nahe derjenigen der Werra liegt, be­ rührt in ihrem südlichen Laufe Coburg; ß. die fränkische Saale kommt von den Ostab­ hängen der Haßberge, welche sie spiralförmig umfließt.

57 und wendet sich in vielfach gewundenem Laufe mit schönem, tiefeingeschnittenem Thäte der östlichen Rhön entlang nach Südwest; an ihr liegt Kissingen; bei Gemünden nimmt sie die vom Kreuzberg kommende Sinn auf und ergießt sich gleich darauf in den Main/. die Nidda, welche in südwestlicher Richtung dem Vogelsberge entströmt, ist das Hauptgewässer der Wetterau. b. links: a. Die Regnitz entsteht durch die Vereinigung einer Reihe von Ouellflüssen; die Hauptquelle ist die frän­ kische Rezat, welche dem fränkischen Jura entspringt, in scharfem Querthalc über Ansbach nach Südosten durch­ schneidet und unterhalb Spalt sich mit der von Süden kommenden schwäbischen Rezat vereint; von hier ab wendet sich der Fluß, der nun den Namen Rednitz führt, nach Norden durch ein breites fruchtbares Thal; bei Fütth nimmt er die nahe den rothen Mainqucllen entspringende Pegnitz, welche zuerst südlich dann west­ lich an Nürnberg vorüber fließt, auf und ändert hierauf seinen Namen in Regnitz: in seinem weiter nach Norden gewendeten Laufe an Erlangen vorüber nimmt er von links die Aisch auf und vereinigt sich unterhalb Bamberg mit dem Main; ß. die Tauber, aus Südosten kommend, mündet in der Basis der dritten großen Windung des Mains. 5. die Lahn entquillt südlich des Ederkopfcs, fließt zunächst östlich, dann südlich an Marburg vorüber, wen­ det sich hierauf bei Gießen nach Westen, drängt sich in sehr gewundenem Laufe zwischen dem Taunus und dem Wcsterwalde in tiefem Thäte hindurch und mündet bei Lahnstein oberhalb Coblenz; bei Wetzlar nimmt sie von rechts die Dill auf.

B. links: 1. Die Jll (oder Ell) entspringt auf den Vorbergen des schweizer Jura und fließt parallel dem Rheine^ ent­ lang dem Ostfuße des Wasgau durch die oberrheinische Ebene und vereinigt sich unterhalb Straßburg mit dem Rheine; an ihr liegen die bedeutenden Orte des Elsaß: Mülhausen, Colmar, Schlettstadt;

58 2. die Nahe kommt vom Südostabhange des Hoch­ waldes und strömt in scharf eingeschnittcnem Thale nach Nordost dem Idar- und Soonwald entlang: die Thalwandungen sind theilweise steile, groteske Felsen, einzelne mit den Trümmern alter Burgen geschmückt, oder mit Reben bepflanzt; von rechts nimmt ste die Glan auf, tritt bei Kreuznach in die Ebene und mündet bei Bingen in den Rhein: 3. die Mosel, welche dem südlichen Wasgau ent­ springt, windet sich zunächst in nordnordwestlicher Rich­ tung durch dies Gebirge; bei Epinal tritt sie aus diesem und in das Gebiet des lothringischen Plateaus und durch­ fließt dasselbe in breitem, von sanften Hügeln umgürtetem fruchtbarem Thale: bei Toul wendet sie sich auf kurze Strecke nach Noroost, um dann aber in nördlichem Laufe an Pont ä Mousson — unterhalb dessen sie auf deutsches Gebiet übertritt — Metz und Diedenhofen vorüber und auf eine kleine Strecke die Grenze zwischen Preußen und Luxemburg bildend in das Trierer Becken einzutretcn. Sie verläßt dasselbe eine Strecke unterhalb Trier und windet sich nun schlanqenähnlich mit den bedeutend­ sten Krümmungen, die ein deutscher Fluß überhaupt hat, zwischen Hunsrück und Eifel hindurch. Ihre steilen Ufer sind berühmt durch die landschaftliche Schönheit und den vortrefflichen Wein. In beiden Beziehungen wetteifert sic mit dem Rheine, mit welchem sie sich bei Coblcnz vereinigt. Zuflüsse:

a. rechts: a. DieMeurthe (oderMurte) entspringt ebenfalls dem Wasgau und fließt der obern Mosel parallel, in welche sie sich unterhalb Ranch ergießt; ß. die vielgewundene Sell le kommt aus dem lo­ thringischen Plateau und mündet bei Metz; y. die Saar, der bedeutendste Zufluß der Mosel, entspringt ebenso wie die Mosel dem Ostabhanae der Vo­ gesen, bleibt zunächst in seinem nördlichen Laufe dem Ostrande diHes Geoirges nahe, wendet sich von Saargemünd und Saarbrücken an etwas nach Westen und mün-

59 bet oberhalb Trier in die Mosel; ihre beiden Hauptzu­ flüsse sind die Blies rechts und die Nied links. b. links: Die Sauer kommt aus den belaischen Ardennen und wendet sich nach Osten; in ihrem Unterlaufe bildet sie die Grenze zwischen Luxemburg und Preußen und wendet sich unterhalb Echternach nach Süden, der Mosel zu. 4. die Ahr entspringt der hohen Eifel und wenoct sich nach Osten; in ihrem Unterlaufe bildet sie, nament­ lich von Altenahr bis Ahrweiler, ein tiefes, von rebenbewachsencn Felsen eingeschlossenes Thal, das wegen seiner Schönheit viel besucht wird.

Der Rhein, welcher am Fuße des Siebengebirges das Bergland verläßt, und in die weite niederrheinische Tiefebene tritt, beginnt hier seinen Unterlauf; als breiter majestätischer Strom wälzt er seine Wasser zwischen nie­ dern Ufern, die er zeitweise verwüstend überschwemmt, nach Nordnordwest an Bonn, Cöln, Düsseldorf, Duisburg, Wesel vorüber, wendet sich von letzterer Stadt an immer mehr westlich und tritt unterhalb Emmerich in westlicher Richtung auf holländisches Gebiet; gleich darauf theilt er sich in zwei Arme, der linke, südliche, ist die Waal, der rechte, nördliche, behält noch den Namen Rhein. Der letztere gibt vor Arnheim die nach Norden über Deventer nach der Ostseite der Zuidcr-See zuströmende Mel ab; bei der Stadt Wyk by Duurstedc theilt sich der Haupt­ arm wiederum in zwei Theile, der linke, in frühern weiten kleinere jetzt aber bedeutendere, Leck, fließt gen Westen, während der rechte Arm den Namen „Krummer Rhein" erhält. Dieser wendet sich etwas gegen Norden ab, sen­ det bei Utrecht die Vecht nach dem Zuider-See, nimmt dann den Namen „Alter Rhein" an und leitet, wäh­ rend er früher vollständig versandete, seit 1807 durch ein breites künstliches Bett unterhalb Leyden sein Wasser dem Meere zu. Die Waal, welche fast ’/io der Wassermasse des Rhei­ nes abführt, vereinigt sich in der Nähe von Gorkum mit der Maas und nimmt hier den Namen^Mervede an; ein linker Arm derselben spaltet sich in zahllose Canäle,

60 welche die Inseln des Biesbosch umschließen und dann durch das Hollands-Diep und dessen Mündungsarm mit dem Meere und der Osterschelde in Verbindung stehen. Die Mervede theilt sich darauf bei Dortrecht in die nach Norden sich wendende Merwe und die nach Westen Strömende alte Maas; erstere vereinigt sich vor Rotter>am mit dem Leck und der so gebildete Strom führt nun wieder den Namen Maas (neue Maas), der nach Westen an Rotterdam vorüber fließt, sich bald darauf mit der alten Maas vereinigt und in mehreren Armen in die Nordsee ergießt. Nebenflüsse:

A. rechts:

1. Die Sieg, deren Quelle nahe denjenigen der Eder und Lahn liegt, schlängelt sich in westlicher Rich­ tung zwischen dem Westerwalde und dem Bergischen hin­ durch; die von ihr durchflossenen Geaenden sind waldund um Siegen herum eisensteinreich; bei Siegburg tritt sie aus dem Berglande in die Ebene und mündet unter­ halb Bonn in den Rhein, dem Strome viel Schutt und Gerölle zuführcnd; 2. die Wupver durchfließt in einem nördlichen Bogen Barmen, Elberfeld berührend das Bergische: 3. die Ruhr entspringt nördlich des kahlen Astenberges, durchströmt ein reiches Wicsenthal, das häufig von malerischen Fclsenhöhen umgeben ist, zwischen Sauer­ land und Haarstrang an Arnsberg, Witten vorüber, tritt hier in das reiche Koblengebict, verläßt bei Mülheim das Bergland und mündet zwischen Duisburg und Ruhr­ ort; sie nimmt von links die dem Astenbcrg entspringende Lenne auf, welche das Sauerland durchströmt; 4. die Lippe entspringt bei Lippspringe nahe der Emsquelle und wendet sich zwischen flachen, häufig über­ schwemmten Ufern nach Westen an Lippstadt und Hamm vorüber und mündet bei.Wesel. B. links: Die Erft hat ihre Quellen in der Eifel nahe denen der Ahr und strömt nach Norden zwischen den

61 Vorbergen der Eifel in breitem, sumpfigem Wiesenthale; sie ergießt sich oberhalb Düsseldorf in den Rhein. 8- 17.

Maas und Schelde. Die Ma as vereinigt zwar ihreWasier an der Mün­ dung mit denen des Rheines und ist daher, weil sie der kleinere Fluß ist, als Nebenfluß des Rheines anzusehen; da sie aber den vereinten Flußmündungen den Namen gibt, so soll sie besonders betrachtet werden. Sie ent­ springt auf dem Plateau von Langres und windet sich m nördlicher, dann nordnordwestlicher Richtung zwischen den waldreichen Höhen der Ar^onnen hindurch an den französischen Städten Verdun, Sedan vorüber. Sie bie­ tet in diesem Oberläufe einige Merkwürdigkeiten dar: der Boden ihres Thales ist ein vielfach zerklüfteter Kalkfelsen und sic verschwindet oberhalb NeufchLteau in einer der Höhlungen, um erst nach s/< Ml. wieder zum Vorschein zu kommen; sodann bilden die Argonnen, welche dicht an den Fluß Herantreten, die Wasserscheide gegen das Ge­ biet der Seine (im W.) und des Rheines, resp, der Mosel, (im O.), sodaß das Flußgebiet der Maas das chmalste aller europäischen Ströme ist. Bei Givet tritt ie in nördlicher Richtung auf belgisches Gebiet, wendet ich bei Namur zwischen den Ardennen nach Osten, bei Lüttich wieder nach Norden, tritt in die Ebene, bildet bei Mastricht auf eine Strecke die belgisch-holländische Grenze und macht auf holländischem Gebiete unter zahl­ reichen Windungen einen Bogen, um parallel der Waal nach Westen zu fließen, mit welchem Rheinarme sie sich vor der Mündung vereinigt.

Nebenflüsse: A. rechts: 1. Die Ourthe, deren Quelle nördlich der der Sauer liegt, wendet sich durch das waldreiche Gebirgs­ land der Ardennen nach Norden, nimmt von der Eifel und hohen Venn kommende Zuflüsse auf und erreicht bei Lüttich die Maas;

62

2. die Roer entspringt auf dem hohm Benn und windet fidj schlangengleich durch ein Ouerthal der nörd­ lichen Gfel, durchströmt von Düren in nordwestlicher Richtung eine sehr fruchtbare Niederung; 3. die Niers (oder Neers) vereinigt die Quellen der linksrheinischen Ebene. B. links:

Die Sambre fließt in ostnordöstlicher Richtung durch die westlichen Vogesen; ihr Gebiet ist bekannt durch die reichen Kohlenlager; sie ergießt sich bei Namür in die Maas. Die Schelde (l'Escaut) ist ein Fluß der Niederunaeu; niederen Hügeln in Nordfrankreich entspringend, wird sie bald darauf schiffbar, durchströmt in nordnord­ westlichem, dann nordnordöstlichcm und von Gent an in Sem Laufe in Belgien eine der fruchtbarsten und evölkertsten Gegenden ganz Europas; bald darauf wendet sie sich in einem Bogen nach Norden und tritt bei Antwerpen unter einer Abbiegung nach Westen hin in ihr weites Delta; bis hierhin dringt die Fluth und ist daher Antwerpen ein Seehafen- ihre beiden breiten Mündungsarme — Ooster- und Westerschelde — um­ schließen eine reiche Inselgruppe. Sic nimmt bei Gent auf der linken Seite die Lys, aus Nordfrankreich kommend, auf der rechten Seite ober­ halb Antwerpen die Dylc auf. §. 18.

Donau. Während die bisher genannten Flüsse alle eine mehr oder weniger nördliche Richtung haben und in die Nord­ oder Ostsee sich ergießen, hat die Donau eine wesentlich östliche Richtung und gehört dem Gebiete des schwarzen Meeres an; dabei durchströmt sie nur im Oberlaufe deutches Gebiet, ihr Mittellauf liegt in einem mit Dcutschand in Zusammenhang stehenden Lande, das Gebiet ihres Interlaufes aber, sowie das eines Theils ihrer Seitenlüsse ist die Heimat slavischer und romanischer Völker-

63 schäften. Auch darin noch bildet die Donau einen großen Gegensatz zum Rheine und andern Strömen, daß sie die Gebirge begleitet und nicht in Ouerthälern durchbricht, außer auf ihrem Unterlaufe. Die namengebende Quelle der Donau ist ein Brunnen im Schloßgarten zu Donaueschingen; der Abfluß derselben vereint sich mit der von Nordwestcn aus dem Schwarz­ wald kommenden Brege; von dieser Vereinigung an K der Fluß den Namen Donau und nimmt eine Strecke darauf die ebenfalls dem Schwarzwald ent­ quellende Brigach auf. In ostnordöstlicher Richtung strömt sie in breitem Thäte an den schwach geneigten Abhängen des schwäbischen Jura entlang und trennt denselben vom Hegau und der schwäbisch-bairischen Ebene; in diesem zeitweise sumpfigen Thale verührt sie daö preußische Sig­ maringen, das würtcmbergische Ulm, die bairischen Städte Donauwörth, Ingolstadt- bei RAensburg hat sie ihren nördlichsten Punkt erreicht und fließt nun nach Ostsüd­ ost dem bairischen Walde entlang. Von der Mündung des Inn bei Passau an drängt sich der nun gewaltige Strom zwischen den nördlichen Ausläufern der Alpen und dem Böhmer-Walde und dessen östlichen Fortsetzungen, dem Greiner- und Mannhardswalde hindurch; hierbei ändert sich ihr Lauf allmählich von Osten nach Norden; bei Krems tritt sie aus enger Fclscnspalte wieder östlich in dasTullner-Fcld, einen Theil des Wiener-Beckens, und beginnt damit ihren Mittellauf. Auf diesem Wege von Passau bis Krems bildet sic bald in schmaler Felscnenge Strudel, bald aber, wo die Berge etwas zurücktreten, zeigt sie ihren Charakter, indem sie, sich weit ausbrcitend, in vielen Armen ein Gewirre von Inseln umschließt.

Nebenflüsse: A. rechts: 1. Die Iller, welche aus dem Bregenzer-Walde kommt, ist ein Alpenfluß ohne einen reinigenden und den Wasserstand regelnden See; sie überschwemmt und zerstört daher häufig in ihrem nördlichen Laufe ihre Ufer; auf längere Strecke bildet sie die würtembergisch-bairische Grenze und mündet bei Ulm;

64 2. der Lech entfließt einem kleinen See der Dorarlberger-Alpen, zwängt sich in nordöstlicher Richtung zwischen verschiedenen Querriegeln hindurch und tritt bei Füssen aus Dem Alpengebiete heraus, eine der schönsten Strom­ schnellen Deutschlands bildend. In nördlicher Richtung, zeitweise einem wilden Alpenstrome, zeitweise aber auch einem Bache in weitem, hefigem Bette gleichend, strömt er der Donau zu; er nimmt bei Augsburg die Wertach von links auf ; 3. die Isar entspringt dem Südabhange des Kar­ wandel (bairische Alpen), deffen Südfuß sie m westlicher Richtung begleitet; oann wendet sic sich nach Norden und bricht zwischen dem genannten Gebirgsstocke und dem Wetterstein hindurch; in wesentlich nördlicher Richtung drängt sie sich durch die Voralpen, nimmt aber in der bairischen Hochfläche von München an einen nordöstlichen Lauf in brettem inselreichen Bette und vielfach versumpftem Thale. Von links nimmt sie auf: die Loisach von der Zugspitze, durch den Kochelsee fließend, die Ammer (oder Amper), welche den Ammersee durchströnst und durch die Wurm aus dem Starnbergcrsee verstärkt wird; 4. der Inn entströmt oen Gletschern der Malogaia und durchfließt in dem größten — aus mehreren Theilen zusammengesetzten — Längentbale die Alpen' die oberste Stufe des Thales, in welcher der Fluß vier kleinere Seen durströmt, ist das obere Engadin, bekannt durch seine außerordentlichen Schönheiten; dasselbe wird ebenso wie das untere Enaadinthal von den beiden Parallelketten der Graubündner-Alpen eingeschlossen; beide sind nach Nord­ osten gerichtet. Das eigentliche Innthal zwischen den Tiroler- und Zillerthal-Aipen im Süden und den bairischen Alpen im Norden ist mehr nach Osten gerichtet, breiter uno von zahlreichen reichen Ortschaften bedeckt; in dieser Strecke nimmt der Fluß namentlich von Süden her zahl­ reiche Gletscherbäche auf, wie die Oetz, den Ziller u. s. f. Bei Kufstein bricht er sich in nördlicher Richtung zwischen den bairischm und Salzburaer-Alpen hindurch und tritt nun in breitem, inselreichem Bette auf die Hochebene, bil­ det einen großen Bogen nach Nordwest, um dann als östreichisch - bairischer Grenzfluß nach Nordost sich zu

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wenden und bei Passau in die Donau m münden, dieser mehr Wasser zuführend, als sie selbst besitzt. Dem Inn fliehen zu: auf der rechten Seite: Die Atz, welche dem Chiemsee entfließt, dem der Achen von den südlichen Salzburger-AlpeN zuströmt, und die Salzach; letztere entspringt als Salza nördlich der Zillerquelle und strömt zunächst östlich durch ein zum Theil sumpfiges Thal (Pinz­ gau), die Gletscherbäche des Hohen-Tauern ausnehmend (wie die Gasteiner-Ache'», wendet sich scharf nach Norden und Nordnordwest und scheidet mit ihrem engen, maleri­ schen Thäte die Salburger-Alpen vom Salzkammergut; bekannte Orte an ihr sind Hallein und Salzburg; 5. die Traun, welche unterhalb Linz in die Donau sich ergießt, bricht aus dem Salzkammcrgute hervor und sammelt die Abflüsse der zahlreichen Seen des genannten Alpengebietes (Mond-, Alter-, Aber-, Hallstadter-, Grundel-, Traunsee u. s. f.); 6. die Enns ist in ihrem Oberläufe die Scheide zwischen dem Radstädter-Tauern und dem Salzkammer­ gut; ihr Thal bildet die Fortsetzung des Jnnthales und des Pinzgaues; dann bildet sie ebenso wie Inn und Salzach ein Knie, indem sie sich nach Norden wendet, und mündet unterhalb Enns in die Donau.

B. links: 1. Die Wörnitz (oder Wernitz) durchschneidet in ihrem südlichen Laufe die ganze Breite des Jura, den schwäbischen vom fränkischen trennend, und mündet bei Donauwörth2. die Altmühl entspringt nahe der fränkischen Rezat und wendet sich parallel derselben gegen Südost; der von ihr durchschnittene fränkische Jura bietet keinen bedeutenden Höhenkamm gegenüber den Thälern der bei­ den genannten Flüsse dar, und ist daher der Ludwigscanal über denselben gebaut; dieser führt von Bamberg durch das Thal der Regnitz über Erlangen, Nürnberg und das Thal der Schwarzach, eines Zuflusses der Rezat, und dann hinüber nach der Altmühl, und verbindet so den Rhein mit der Donau, oder die Nordsee mit dem schwarzen Meere; IV.

8*

66 3. die Naab ensteht aus der Vereinigung der Wald- und der Fichtel-Naab, von denen diese aus dem Fichtelgebirge, jene auf dem nördlichen Böhmerwalde entspringt; sie fließt nach Süden und mündet etwas ober­ halb Regensburg; 4. der Regen entspringt als schwarzer und als weißer Regen auf dem Böhmerwalde, welchem entlang er nach Nordwestcn fließt, den bairischen Wald von ihm trennend; diesen umsäumt er durch seine Wendung nach Westen und Süden und mündet gegenüber Re­ gensburg.

Den Mittellauf der Donau rechnen wir von chrem Eintritte in das Wiener-Becken bei Krems; ein breites Bett und die Bildung zahlreicher Inseln zeichnen ihn aus; kein zweiter europäischer Fluß läßt sich ihm hierin an die Sette stellen. Zunächst fließt er nach Osten bis zu dem Fuße des Wiencrwaldes, dann wendet er sich südöstlich an dem genannten Ausläufer der Alpen ent­ lang, Wien vorüber durch das weite fruchtbare March­ feld, hier wiederum auf kurze Strecke bis Preßburg bte östliche Richtung beibehaltcno; jetzt treten von rechts die Vorberge des Leitha-Gebirges, von links die des niedern Tatra an ihn heran; hinter Preßburg gehört sein Mittel­ lauf den ungarischen Tiefebenen. Indem von Norden die Ausläufer des ungarischen Erzgebirges, von Südwesten her der Bakony-Wald bis an die Ufer der Donau herantreten, zerfällt die Ebene in die ober- und in die mederungarische; in ersterer ist der Lauf der Donau nach Osten, in letzterer nach Süden gerichtet und bildet dann mehrere treppenartige Biegungen, um schließlich unter bedeutenden Stromschnellen bei Orsowa (Eisernes Thor) die sich von Norden und Süden vorschiebenden Gebirge — transsylvanische Alpen und serbische Gebirge — zu durchbrechen und so in den Unter­ lauf zu treten. In der oberungarischen Tiefebene liegt an der Donau Komorn (auf der großen Insel Schütt), in der niederungarischen Tiefebene Buda-Pesth, Peterwardein, Semlin, Belgrad.

67 Nebenflüsse:

A. rechts: 1. Die Leitha, welche als Schwarza auf dem Wicnerwalde entspringt, bildet auf eine Strecke die Grenze zwischen Oestreich und Ungarn; sie durchbricht das LeithaGebirge und ergießt sich in einen rechten Arm der Donau; 2. die Raab, welche ebenfalls den östlichen Alpen entspringt, bildet in ihrem mittleren und unteren Laufe ein breites äußerst fruchtbares Thal, dessen umkränzende Hügel mit Reben bedeckt sind; an ihr liegt S. Gotthard; sie mündet in die kleine Donau; 3. die Drau (Drave) entspringt dem ToblacherFelde, dem Verbindungsglied der südlichen Alpen mit der mittleren Zone. Zwischen den Hochgebirgen der Alpen wendet sie sich nach Osten, zeitweise nach Südosten abgelenkt, und nimmt von dem Hohen-Tauern und den teierschen Alpen die nach Süden entströmenden Quell­ bäche auf; mehrfach durchbricht sie Querricael und tritt nicht weit unterhalb Marburg in die nicoerungarische Tiefebene, welche sie in ostsüoöstlichcr Richtung durch­ strömt. Sie nimmt von links die Mur auf, welche nahe der Ennsquelle dem Radstädter-Tauern entspringt und sich zwischen diesem und den steicrschen Alpen nach Ostnordost hindurchdrängt; bei Bruck empfängt sie die Mün^ von Norden her, wendet sich hier in einem rechten Winkel nach Süden und durchbricht oberhalb Graz die nach Osten Jreichende Alpcnkette; bei ihrem Einfluß in die Drau ist e nach Südosten gerichtet; sie hat von allen schiffbaren küssen das stärkste Gefälle; 4. die Sau (Save) entspringt auf dem Triglav,' durchströmt den kleinen Wurzenersce und verschwindet dann auf eine längere Entfernung — über V» Ml. — in den Spalten des Kalkbodens; sie fließt parallel der Drau nach Ostsüdost und bildet in den Niederungen — in vielgcwundenem Laufe — auf eine große Strecke die Grenze Oestreichs gegen die Türkei und Serbien.

(

B. links:

1. Die March kommt aus mehreren Quellbächen von dem Schneeberge im Südrande des Glatzer-Kefsels

68 und windet sich zunächst durch die südlichen waldreichen Höhen der Sudeten hindurch, tritt dann in eine frucht­ bare, gut bewässerte Ebene, in welcher Olmütz liegt (die Hanna); weiter abwärts ist die von den mährischen Bergen und von den kleinen Karpathen eingeschlossene Ebene vielfach sumpfig; einzelne Bergzüge treten näher an den nach Süden gerichteten Fluß heran und zerlegen so die Ebene in mehrere Abtheilungen; die südlichste derselben ist das zum Wiener-Becken gehörige Marchfeld; unter den zahlreichen Zuflüsien der March sind zu nennen rechts die Thaya mit der Schwarza und links die Beczwa;

2. die Waag entquillt den hohen Karpathen, wendet sich in westlichem Laufe zwischen diesen und dem Tatra hindurch, bildet einen großen Bogen (einen ViertelKreis) am Ostfuße der kleinen Karpathen vorüber, und tritt dann in südlicher Richtung in die oberungarische Ebene ; nach vielfach gewundenem Laufe vereinigt sie sich mit einem kleinern Arme der Donau (Neuhäusler-Donau), mit der vereinigt sie bei Komorn sich in die eigentliche Donau ergießt, kurz vorher noch die Neutra ausnehmend;

3. die Gran ist ein kleineres, Abbild der Waag; im Oberlaufe zwischen Tatra und ungarischem Erzgebirge nach Westen fließend, bildet sie auch einen großen Bogen und wendet sich in der Ebene nach Süden; 4. die Theiß entspringt in zwei Quellflüssen, der schwarzen und der weißen Dheiß, tm südöstlichen Theile des karpathischen Waldgebirges und bildet in ihrem Oberund Mittelläufe einen großen Bogen, den sic in nordwestkicher Richtung beginnt und in südlicher schließt. Der Unter­ lauf in letztgenannter Richtung ist parallel der Donau; nur auf kurze Strecke fließt sie zwischen den Borhügeln der Karpathen, fast ihr ganzer, durch seine Windungen ausgezeichneter Lauf liegt in der niedcrungarischen Ebene. Durch Kunstbauten sind die Krümmungen des Flusses vielfach abgeschnitten und dadurch große Strecken der früher sumpfigen Uferlandschaft für den Ackerbau gewonnen worden; gleichzeitig hat aber dadurch der so berühmte Fischreichthum sehr abgenommen. Ihre drei Zuflüsse Szamos, Körös und Maros entspringen alle drei in

69 Siebenbürgen und durchbrechen das Erzgebirge; im Unter­ laufe versumpfen sie vielfach ihre Ufer.

C. Klima, Produkte, Aervohner. §• 19. Klima. In Bezug auf das Klima kann matt, abgesehen von den Südabhängen der Alpen — Ticino- und Etschthal, Istrien — drei' wesentlich verschiedene Zonen in CentralEuropa unterscheiden: die südwestliche, welch» das Gebiet des Ober- und Mittelrhcines und seiner Nebenflüsse, der obern Elbe und der obern Donau umfaßt, oie nörd­ liche, zu welcher die norddeutsche Tiefebene gehört, und dann die der östlichen Donautiefländer. Was zunächst die erstgenannten Gegenden betrifft, so stehn dieselben wesent­ lich unter dem Einflüsse des wärmeren und feuchteren Südwestwindes; daher ist hier die mittlere Jahres­ temperatur verhältnißmäßig am höchsten, dabei sind die Unterschiede zwischen Sommer und Winter nicht so be­ deutend; die Feuchtigkeit ist groß, namentlich fällt im Winter der Regen häufig und stark. Dabei ist jedoch noch zu berücksichtigen, daß die Wärme eines Ortes, so­ wie die atmosphärischen Niederschläge von der Erhebung des Ortes über dem Meere und namentlich von dessen Lage abhängig sind. So hat beisoielsweise Frankfurt a./M. bei einer Seehöhe von 108 M. eine Jahrestemperatur von 9,6°, eine Rcgcnhöhe von 61,86 Cm., Würzburg (See­ höhe 160 M.) eine Jahrestemperatur von 10,44° und eine Regenhöhc von 40,07 Cm. Im Allgemeinen sinkt im Winter (in den Thälern) die Temperatur fast nie langanhaltend unter den Gefrierpunkt des Wassers, die mittlere Tem­ peratur beträgt je nach der Lage nicht unter 8—10°. In den Donautiefländern, welche schon stark unter dem Ein­ flüsse des östlichen Tieflandes stehen, herrscht ein mehr continentales Klima; harte Winter mit lang anhalten­ dem Froste und heiße trockne Sommer sind die Eigen-

70 thümlichkciten desselben; die Differenzen zwischen den höchsten und niedrigsten Temperaturen sind sehr viel größer als in Süddcutschland. In Norddcutschlano macht sich allerwärts der aus dem Nordwesten kommende See­ wind geltend; die Luft ist zwar feucht, aber die Höhe des atmosphärischen Niederschlages ist nicht so bedeutend, wie im Süden, nur am Harz, wo die Höhen weit in die Ebene hineinragen und die Luft bedeutend abkühlen, ist der Rcgcnfall sehr bedeutend. Die Küsten leiden vielfach

— namentlich an der Nordsee — unter den heftigen Weststürmen, so daß z. B. auf der Westseite Jütlands keine Bäume aufkommm können und auch die friesischen Inseln nur an gedeckten Stellen mit Bäumen geschmückt sind. Dieser Einfluß verliert sich gegen Osten mehr und mehr, wogegen der hinterlicgende kalte Continent stärker einwirkt; daher sind Schlesien, Posen, Ostpreußen wesent­ lich kälter als die westlichen Gegenden unter gleichen Breiten; dabei sind die Contraste stärker, die Winter durch langanhaltenden scharfen Frost bezeichnet. Die mittlere Jahrestemperatur schwankt im östlichen Theile zwischen 6 und 8°, im westlichen zwischen 7 und 9°. Die Regen­ menge schwankt zwischen 37 (im Innern der Mark) und 60 Cm. (Königsberg); an den Küsten steigt dieselbe bis 93 (Norderney) und im Harz auf über 140 Cm. (Clausthal). Um den Gegensatz der verschiedenen Klima und den Einfluß der Lage eines Ortes zu zeigen, mögen noch fol­ gende Daten dienen: durchschnittlich habe» im Jahre Regen­ tage Trier 153, Berlin 120, Tilsit 104, Arys (tm Innern von Ostpreußen) 130; Schneetage Trier 27, Arys 52. Am Rhein blüht das Schneeglöckchen in der Mitte Februar, in Ostpreußen Mitte März, die Erdbeere reist Anfang Juni am Rhein, in Ostpreußen Ende Juni, die Nachtigall erscheint durchschnittlich am 12. Avril in Trier, im südlichen Westfalen am 18. April u. s. s. §. 20.

Pflanzen- und Thierwett. Auf das Fortkommen der Pflanzen übt nicht blos das Klima, sondern auch der Boden einen sehr wesent-

71 lichen Einfluß aus, sodaß man von dem Verschwinden einer Pflanze in einzelnen Gegenden noch nicht auf das Klima einen sichern Schluß zu ziehen vermag. Die Flora ist in den einzelnen Bezirken sehr verschieden, auch die Nutzpflanzen, welche anaebaut werden, sind nicht überall die gleichen. Der Weinstock wird — in zusammenhängen­ den Weinbergen — vorzüglich gebaut im Gebiete deS Ober- und Mittclrheines (bis Bonn) und seiner Nebenund Zuflüsse (namentlich Ahr, Mosel, Saar, Main, Neckar, Jll), an der obern Elbe, an der Saale, in einem Theile des Odergebietes, sowie an der Donau. Mit dem Wein­ bau meist vereinigt tritt auch ausgedehnte Obstzucht auf, doch werden auch in Norddeutschland Kirschen, Aepfcl, Birnen, Pflaumen vielfach gezogen; Kastanien, Wallnüsse und Pfirsiche gedeihen jedoch nur im Süden und Süd­ westen; Feigen nur an einzelnen sehr geschützten Stellen in der Schweiz und am Rheine. Der Ackerbau steht überall in hoher Blüthe; Weizen, Roggen, Hafer, Gerste und Kartofleln gedeihen in dem ganzen Gebiete, Reis und Mais wird in der niederungarischcn Tiefebene gezogen, Hopfen in Böhmen, Baiern und am Rheine, Tabak und Hanf am Rheine und in Ungarn, Lein in mehr gebirgigen Gegenden, nament­ lich in Westfalen und Schlesien, Buchweizen in dem ganzen Norden. Von Wichtigkeit ist noch der Bau der Zucker­ rübe am Niederrhein und in Sachsen, sowie der Oelpflanzen in Schlesien. Der Waldcultur wird in den letzten Jahrzehnten wesentlich höhere Aufmerksamkeit geschenkt, nachdem die Entwaldung einzelner Gebirge gezeigt hat, wie schädlich solche auf em Land cinwirkt; es nnv mehrfach große Be­ zirke neu aufgeforstet worden (so z. B. in der Eifel). Große zusammenhängende Waldungen finden sich nament­ lich im Wasgau, Schwarzwald, Odenwald, Spessart, Sauer­ land, Harz, Tbüringerwald, in vereinzelten Alpenbezirken, in Böhmen und an der untern Drau und Sau; waldleer ist der westliche Theil der norddeutschen Ebene, Jütland, das Gebiet der untern Saale u. a. Im Norden wiegt die Tanne und Kiefer in den meisten Waldungen vor, im Westen und Süden die Buche und die Fichte (Edelfichte);

72 die Eiche, Linde und der Ahorn treten nur seltner noch als Waldbäume auf; erstere wird jedoch wegen der Lohe noch vielfach in niederem Gebüsche gezogen. Die wildwachsenden Pflanzen, welche in dem Gebiete Central-Europas austreten, zeigen nicht jene Ueppigkeit und die Farbenpracht derjenigen der südlichen Länder, aber sie sind vielfach für Gegenden charakteristisch, wie die Haide für den Norden, Farren für feuchte Wälder, Gentianeen für höhere Berggegenden, Orchideen für Ge­ genden mit Kalkooden. Unter den wild vorkommendcn Thieren besitzt CentralEuropa nur wenige Raubthicre: der Bär in den Alpen und tn den Karpathen ist unter ihnen das stärkste; der Wolf tritt auf dem linken Rhcinufer nur noch selten, im Osten häufiger auf, die wilde Katze kommt nur noch äußerst selten vor, dagegen sind Fuchs, Dachs, Marder, Iltis u. s. f. häufig. Bon den Zweihufern ist das Reh der verbreitetste Vertreter; außerdem sind bekannt der Edelhirsch, der Dammhirsch, in den Alpen die Gemse; auch soll im Tatra noch der Steinbock Vorkommen; bemerkenswerth ist das Auftreten des Elennthieres auf der kurischen Nehrung. Bon den Dickhäutern tritt das Wildschwein namentlich im Westen als sehr unwillkommener Vertreter jetzt häufiger auf. Unter den Vögeln sind vor Allem ausgezeichnet die zahlreichen Sänger (Finken, Meisen, Grasnrücken); von größeren Vögeln sind zu er­ wähnen: die Trappe namentlich in den südöstlichen Nie­ derungen, der Fasan in Böhmen, verschiedene Raubvögel zerstreut im ganzen Gebiete, der Auerhahn ist nur noch ein vereinzelter Gast in Gebirgswäldern. Von den Amphibien sind die Vertreter verhältmßmäßig selten und unbedeutend; unter den Schlangen ist nur die Kreuzotter gefährlich (in den südöstlichsten Theilen auch die ihr verwandte Sandviper). Bemerkenswerth ist der in den unterirdischen Gewässern der südöstlichen Alpen auftretende Grottenolm. Der Flschreichthum aller Gewäsier hat zwar gegen früher wesentlich abgenommen, doch ist man jetzt allgemein darauf bedacht, durch künstliche Fischzucht totebcrum die Bäche und Flüsse zu bevölkern. Die Viehzucht bildet im ganzen centralen Europa

73 noch heute einen sehr wesentlichen Theil des nationalen Wohlstandes. Die Scha^ucht ist vorzüglich inBrandenburg, Sachsen, Schlesien und an der Ostsee hoch entwickelt; die Rindviehzucht ist gleich ausgezeichnet im Hochgebirge der Alpen, in vielen Gegenden der mittleren Gebirge und in den fetten Marschniederungen; Pferde werden namentlich in den Niederungen der mittleren Donau und Theiß, sowie an den deutschen Küsten gezüchtet. §. 21.

Bodenschätze uud Industrie. Wenn sich Europa schon in Bezug auf den Reich­ thum seines Bodens mit den übrigen Erdtheilen nicht messen kann, so ist Central-Europa auch dem übrigen Kontinente gegenüber in dieser Beziehung nicht überlegen, sondern in seinen größern Strichen arm zu nennen; was ihm aber an diesen natürlichen Reichthümern des Bodens abgeht, das haben seine Bewohner durch Fleiß und an­ strengende Thätigkeit ersetzt, indem sie das Wenige in ausgedehntester Weise nutzbar machen. Die größte Wichtigkeit haben für die Gegenwart die Steinkohlen. Central-Europa besitzt ausgedehnte Lager derselben, welche alle aufaedeckt und in starrem Abbau begriffen sind; die hauptsächlichsten Fundorte sind: 1. das Saarbrücker - Becken zwischen Saar, Nahe und Glan; 2. das Wormrevier zwischen Roer und Maas bei Aachen; 3. das Ruhrbecken, weitausgcdehnt vorn Rhein bis zur mittlern Ruhr und Lippe; 4. das sächsische Erzgebirge; 5. Oberschlesicn, zwischen der obern Weichsel und Oder; 6. Ungarn in der Gegend von Fünfkirchen. Äon sehr hohem Werthe sind die Salzbergwerke; wie es scheint ist fast ganz Norddcutschland von Steinsalz­ schichten unterirdisch durchzogen; abgebaut werden dieselben bei Jnowraclaw (zwischen Netze und Weichsel), in der Nähe von Berlin (bei Sperenberg), im Gebiete der untern Saale (Staßfurt); ebensolche bedeutende Salzbergwerke liegen am linken Ufer der Salzach (bei Hallein), am rechten Ufer der obern Weichsel (Wilizka); von der Anwesenheit Drouke, Leitfaden. IV. 4

74 der Salzlager legen außerdem die zahlreichen überall zer­ streuten Salinen Zeugniß ab; dieselben treten nicht blos im Flachlande (tote bei Halle, in Westfalen u. s. f.) auf, sondern auch mitten im Berglandc, so am Westabhange des Spessart, an der Kocher tm Würtemberaischcn, selbst in den westlichsten Ausläufern der Berner-Alpen (Bex) u. s. f. Unter den Erzen sind die edeln Metalle die seltensten; Silber wird im Harze, im sächsischen und ungarischen Erzgebirge, in Böhmen und in Siebenbürgen gefunden; die Ausbeute M Gold ist sehr unbedeutend. Kupfer und Blei dagegen treten sehr häufig auf und Eisen wird an den verschiedensten Stellen, auch in vortrefflicher Qualität

?gewonnen; die ausgedehntesten und besten Eisensteingruben iegen an der Lahn, Dill, Sieg (also im Westerwalde), in Oberschlesien und in Steiermark. Die natürlichen Reichthümer des Bodens, sowie die Produkte der Landwirthschaft werden meist im Lande selbst verwerthet und hat sich hierdurch eine ausgedehnteste Industrie entwickelt. Wird Central-Europa zwar noch in einzelnen Zweigen derselben von andern Ländern über­ troffen — namentlich von Frankreich und England —, so hat sich doch dieselbe so gut entwickelt, daß jetzt Central­ europa mit an der Spitze der industriellen Entwicklung steht. Es ist naheliegend, daß ebenso, wie der Handel sich an bestimmten Plätzen concentrirt, sich auch jede Art von Industrie in bestimmten Gegenden am meisten ent­ wickelt hat. So ist die Eisenindustrie am stärksten ver­ treten in Steiermark, Oberschlesten, an der Ruhr, an der Saar, die Glasfabrckation in Böhmen: die Herstellung von Dichen ist namentlich im Gebiete der March, dann in Aachen, an der untern Elbe u. s. f. wichtig, Leinwand wird hauptsächlich im nördlichen Teutoburgerwalde, in Heffen, in den schlesischen Gebirgen gewoben u. s. w.

§. 22. Die Bewohner. Central-Europa ist das Land der deutschen Stämme, die von hier sich ausbreitend das römische Weltreich zer-

75 stört haben, um auf den Trümmern desselben neue Reiche zu gründen. Die alte Cultur ging unter, und es bildete sich eine neue, die christlich-germanische, welche sich zu der jetzigen hohen Stufe entwickelte, nachdem sie noch den Geist des classischen Alterthums mit sich zu verschmelzen gewußt hat. Betrachtet man irgend einen Zweig ves menschlichen Wissens oder Könnens, so haben stets die Germanen das Meiste und das Beste geleistet. Der Ackerbau steht nirgends in so hoher Blüthe, wie bei ger­ manischen «Stämmen, die Industrie und der Handel stehn in der höchsten Entwicklung, an den größten Erfindungen haben Männer aus germanischen Völkern den Hauptan­ theil, auch Kunst und Wissenschaft haben ihre tüchtigsten Vertreter unter den Germanen gefunden. Die besten Eigenschaften aber, welche diese Stämme auszeichnen, sind: die unerschütterliche Anhänglichkeit an die Heimat und die heimischen Gebräuche, das strengste Sittllchkeits- und Gerechtigkeitsgefühl, die kraftvolle Ausdauer und der un­ verdrossene Fleiß, der Trieb »ach Bildung und Veredlung, nach Erforschung der Wahrheit, und dabei das tiefe und inmge Gemüth. Alle Eigenthümlichkeiten der Germanen haben sich am reinsten bei den Deutschen erhalten; diese bewohnen das eigentliche Herz Europas, im Osten von slavischen Stäm­ men, im Südosten von Magyaren, im Süden von Slaven und Romanen, im Westen von Romanen und andern germanischen Stämmen eingeschlossen. Im Allgemeinen ist das Gebiet des Rheines — außer den Thälern der Quellbäche und seinem Dcltalande — das der Ems^Weser, Elbe — außer dem Oberläufe und dem von der Moldau durchströmten Böhmen, sowie dem Gebiete des Spree­ waldes — das der mittlern und untern Oder, das Delta der Weichsel, das Gebiet des Pregel sowie das der Donau bis nach Prcßburg von Deutschen bewohnt. Gegen Süden bilden die Alpen die Bölkergrenze und nur im Etschthale schieben sich die deutschen Sprachgebiete ziemlich weit über die Aftien gegen Süden vor. Außerdem wohnen sie in Colonien zwischen Völkern andern Stammes im ungarischen Tieflande, in Siebenbürgen, im Gebiet der Warthe, oer obern Weichsel u. s. f. Sie zerfallen, ihrer Mundart und

76 ihren Charaktereigenschaften nach, in mehrere Stämme, die man in die zwei größeren Abtheilungen: Ober- und Niederdeutsche theilen kann. Die erstern — Schwaben, Baiern, Franken, Oestreichs, Thüringer — bewohnen das Bcrgland, die Niedersachsen, Friesen, Westfalen u. s. f. die Ebenen. Zu den Germanen gehören ferner die Holländer im Rheindelta und an der Zuidcrsce, die Flamänder im Ge­ biete der Schelde, welche beiden Stämme man meist noch zu den Niederdeutschen rechnet; sie besitzen jedoch eigne Sprache und Litteratur; die Dänen, ebenfalls Germanen, bewohnen den nördlichen Theil der Halbinsel Jütland und die dänischen Inseln, die Schweden und Norweger bewohnen Skandinavien und die Engländer Britannien. Von Romanen sind in Centralcuropa seßhaft die Wallonen im Gebiet der obern Schelde und mittlern Maas, Franzosen an der obern Mosel und Maas, die Romanen (im engern Sinn) im Qucllgebiet des Rheins, des Inn, in Fnaul und einigen andern Alpenthälern, sowie die Rumänen in Siebenbürgen. Die Magyaren — Ungarn —, ein finnisch-ugrischer Stamm, haben das Tiefland der mittlern Donau und der Theiß inne. Die slavischen Völkerschaften theilen sich in eine große Zahl von einzelnen Stämmen; die südlichen — Illyrer, Kroaten, Slovakcn, Serben, — an der Drau und Sau werden durch die Magyaren und Deutschen von den nörd­ lichen Czechen an der Moldau, obern Elbe und March, Slovcncn im ungarischen Erzgebirge, Polen im Gebiete der obern Oder, Warthe, der Weichsel, Ruthenen am Ost­ abhange der Karpathen getrennt.

D. politische Geographie. Die Schweiz. (768 □®K., 2’/, Mill. E., Bevölkerungsdichte 3520.)

§. 23.

Die Schweiz wird begrenzt ftn Westen von Frank­ reich, im Süden von Italien, im Osten von Oestreich,

77 im Norden von Deutschland; gegen letzteres bildet der Bodensee und der Rhein von dem Ausfluß aus dem Untern-See an bis Basel die Grenze. Gegen Frankreich bildet meist eine der Parallelkettcn des Jura sowie der Genfer-See, gegen Italien der Kamm der Walliser- und südlichen Graubündner-Alpen die Scheide, während das B Ticinothal mit dem Nordende ves Lago maggiore, fast der ganze Lago di Lugano zur Schweiz ge­ hören. Von Oestreich und dem kleinen Fürstenthum Lichtenstein wird die Schweiz durch die Kette des Rhäticon und den Rhein getrennt. Die fleißigen Bewohner sind meist (über */s) Deutsche, nur im Südwesten Fran­ zosen, im Gebiete des Ticino Italiener und im Quellge­ biete des Rheines und Inn Romanen. Etwa */s der Schweizer sind Protestanten (Reformirte) und */8 Katho­ liken, Juden giebt es nur sehr wenige. Alle Schweizer sind bekannt durch ihre Anhänglichkeit an die Heimat, ihre Treue und ihren ausdauernden Fleiß. Der Acker­ bau ist nur ergiebig in der Schweizer Hochebene und in den tiefer gelegenen Thälern; bedeutend ist auch der Obst­ bau (Kirschen, Aepfel, Nüsse, Kastanien, Pfirsiche, am Genfer- und Laimcn-See auch Feigen u. s. f.) und be­ sonders an den Seen der Weinbau. In den Gebirgsgegenden wird namentlich Viehzucht getrieben. Außer dem — bereits vielfach ausgerodeten — Walde besitzt das Land wenig Bodenschätze (z. B. nur Wenige Salinen), dagegen ist die Industrie und der Han­ del sehr entwickelt - Hauptsitzc der Industrie sind: St. Gallen für Baumwollwebereien, Neuenburg und Genf für Uhren­ fabrikation, letztere Stadt auch für Goldwaaren rc., Zürich für Maschinenbau u. s. f. Die Schweiz ist entstanden durch den Bund der drei Urcantone Schwyz, Uri und Unterwalden, welche früher zu den Grafschaften Zürichgau und Aargau gehörten, sich aber in Folge der angeblichen Bedrückungen durch die habsburgischen Landvöqtc und begünstigt durch die da­ malige Lage des deutschen Reiches, beziehungsweise des Hauses Habsburg befreiten und ihre Freiheit durch harte und schwere Kämpfe gegen die Habsburger (Schlacht bei Morgarteü 15. XL 1315, bei Sempach 1386), später

78

gegen Karl von Burgund sicherten. Dem Bunde traten bald Luzern (1332), Zürich (1336), Glarus und Bern bei. Die jetzige Ausdehnung hat die Schweiz seit dem Wiener Friesen (1815); sie besteht aus 24 conföderirten Republiken mit gemeinsamer Bundesregierung. Bestimmte Angelegenheiten — tote Heerwesen, Vertretung des Bun­ des, Post-, Münzwesen u. s. f. — werden vom Bunde verwaltet, an dessen Svitze em gewählter Präsident steht; alle andern Angelegenyetten werden durch die Kantonsregierungen geregelt. Der Sitz der Bundesbehörden istBern. Die deutsche« Saut»««.

1. B ern, der zweitgrößte und der bevölkertste Kanton, im Gebiete der Aar und des Jura. Bern (36,000E.), Bundeshauptstadt, schön gelegen auf einem von der Aar auf 3 Seiten umflossenen Berge; schöne Brunnen, alter» thümliche Häuser, Standbild des Gründers der Stadt, Berthold von Zähringen; Universität, botanischer und Zoologischer Garten (namentlich für die Alpenthierc). Das Berner Oberland (Hasli-, Lütschinen-, Simmcnthal) wird jährlich von Hunderttausenden wegen seiner Natur­ schönheiten besucht; den Mittelpunkt bildet Interlaken zwischen dem Brienzer- und Thuner-See; besuchteste Punkte ber Umgegend sind Lauterbrunnen mtt dem Staubbach, Murren, Gießbach, Faulhorn, Meiringen an derÄar, Hauptsitz der Holzschnitzkunst, u. s. f. Thun, am Aus­ flusse der Aar aus dem Thuner-Sce, alte Stadt, Sitz der eidgenössischen Militärschule. Burgdorf, kleine schön­ gelegene Stadt am Ausgang des Emmcnthales, mit be­ deutender Industrie und ausgedehntem Handel (Käse); hier hatte 1798Pästalozzi seine Erziehungsanstalt. Pruntrut, Hauptort im Berner Juralande. 2. Solothurn, nördlich des vorigen Kantons, zu */3 im rauhen Jura liegend, an der Aar; in letzterm Gebiete ist das Land sehr fruchtbar und erzeugt viel Getreide und Obst. Solothurn (6000 E.), Hauptort, an der Aar südöstlich des Weißenstein, Knotenpunkt meh­ rerer Bahnen; oer Dom (Ursuskirchc), mit prachtvoller Eäulenfaeade, gilt für die schönste Kirche in der Schweiz. Olten, kleiner, gewerbthätiger Ort an der Aar, wichtig

79 als Knotenpunkt mehrerer Bahnlinien; nordöstlich führt der berühmte Hauensteintunnel durch den Jura. 3. Basel-Stadt, der kleinste Kanton (wenig über 1*/« UUMl. groß) liegt auf beiden Seiten des Rheines an dessen Knie, bildete mit dem gleich zu nennenden BaselLand früher einen Kanton, bis sich letzteres, des Druckes durch die Stadt müde, 1833 lostrcnnte. Basel (45000 E.) besteht aus zwei Theilen auf den beiden Seiten des Rheines; eine Brücke führt über den reißend dahinfließcnden Strom, der im Stadtgebiete eine scharfe Wendung nach Norden macht. Die Stadt ist äußerst reich, ihre Bewohner gebildet, vortreffliche Handelsleute; bedeutendes Museum, Bibliothek u. s. f. An der Universität haben viele bedeutende Männer gewirkt, wie Bernoulli, Seb. Münster, Euler, Merian. 4. Basel-Land, am linken Rheinufer nördlich von Solothurn; die Bevölkerung betreibt Wein-, Obst- und Ackerbau. Hauptort: Liestal. 5. Aargau, im Gebiete der untern Aar. Das Land ist fruchtbar, die Bevölkerung fleißig, industriell und gebildet. Hauptort Aarau (5500 E.) an der Aar, über welche eine Hängebrücke führt, mit schönen neuen Ge­ bäuden (Schulen u. s. f.). Bei Brugg — nahe der Reußniündung — liegt das Schloß Habsburg, an dessen Fuß das Bad Schinznach; an der Limmat das Bad Baden. Bei Laufenburg und Rheinfelden liegen die großen Stromschnellen des Rheines. 6. Luzern, nordwestlich des Vierwaldstätter-See^. Ackerbau und Viehzucht bilden die Nahrungsquellen der Bewohner. Hauptort: Luzern (15000 E.) am Ausflusse der Reuß aus dem See, in reizender Lage; (östlich der Rigi, südwestlich der Pilatus); über die Reuß führen 4 Brücken, davon 2 gedeckt und mit merkwürdigen Malereien; Stiftskirche mit berühmter Orgel- „der Löwe von Luzern", ein in den Schiefer gehauenes Denkmal nach Thorwaldsen; bedeutendes Zeughaus; Sempach, kleiner am gleich­ namigen fischreichen See gelegener Ort, berühmt ourch die Schlacht (9. VII. 1386). 7. Unterwalden, südlich des Vierwaldstätter-Sees, ist ein reines Alpcnland, mit prachtvollen von Obstbäumen

80 geschmückten Wicsenthälern und großen Waldungen: es theilt sich in das westliche Ob- und das östliche Äid-oemWald. Hauptorte sind Sarnen und Stanz. 8. Uri, umfaßt das Thal der Reuß von deren Quellen bis zum Vierwaldstätter-See, ein reines Alpenland, dessen Bewohner hauptsächlich Viehzucht treiben. Den ganzen Kanton durchzieht die St. Gotthardstraße. Bei dem Haupt­ orte Altors — mit großem Denkmale von Tell — mün­ det das Schächcnthal, in welchem das Dorf Bürgten, der Geburtsort Teils, liegt. 9. Schwyz, nördlich von Uri, debnt sich zwischen dem Vierwaldstätter-, dem Zuger- und dem östlichen Züricher-See aus. Hauptort Schwyz, (über 6000 E.), am Fuße der Mythenstöcke, reizend in einer Obstbaumwalduna gelegen. Küß nacht mit den Trümmern der Burg Geßlers am Fuße des Rigi, auf welchen zwei Eisen­ bahnen führen. Einsiedeln, sehr berühmter Wall­ fahrtsort. 10. Zug, nächst Basel und Appenzell-Jnner-Rhodcn der kleinste Kanton, östlich von Luzern, äußerst frucht­ bar; Hauptort Zug (4300 E.), am gleichnamigen See, in einem Obstwalde gelegen; ein Theil der Stadt ver­ sank 1435 in den See. Am südöstlichen Ufer des EgeriSees treten die Berge dicht an diesen heran und bilden die Enge von Morgarten. 11. Zürich auf beiden Seiten des westlichen ZüricherSees, nördlich bis zum Rhein und auf beiden Setten der untern Thur: der größte Theil des Kantons ist schwach hügelig, sehr fruchtbar und vortrefflich bebaut. Ackerbau, Gewerbe und Industrie befinden sich in der höchsten Entwicklung, die Schulen sind vortrefflich, die Verkehrswege im besten Zustande. Hauptort Zürich (mit den Borortktt über 57000 E.), an beiden Seiten der Limmat bei ihrem Ausflüsse aus dem See; in der Stadt noch mündet m sie die Sihl. Zürich ist die schönste Stadt der Schweiz, durch die Betriebsamkeit und Regsamkeit seiner Bewohner sehr blühend. Die Schulen können meist als Mustcranstalten gelten: Universität mit ausgedehnten Hospitälern; eidgenössisches Polytechnikum; Wasserleitung. Bemerkenswerth außer den Schulgebäuden sind noch der

81 Bahnhof, die Schlachthäuser. Unter dm bedeutenden Männem Zürichs sind zu nennen: Lavater, Bodmer, Scheuchzer, Escher von der Linth, Nägeli; Zwingli lehrte hier und Pestalozzi wirkte ebenfalls eine Zeit lang hier. Den See entlang ziehn sich zahlreiche Dörfer, deren Weinbau ausgedehnt ist. Winterthur (10000®.), be­ triebsame, reiche Stadt, Knotenpunkt der Eisenbahnen; in der Nähe, wie an vielen Orten der Schweiz, römische Alterthümer. In der nördlichsten Spitze des Kantons am linken Rhcinufer liegt das Schloß Laufen, zu dessm Füßen der Rhein den bedeutenden Fall bildet.

12. Schaffhausen, kleiner Kanton auf dem rech­ ten Rheinufer an dessen nördlichem Knie, dicht bevölkert. Hauptort Schaffhausen (10000®.), am Rhein, alter« thümlichste Stadt der Schweiz; eine (1486 gegossene) Glocke des Münsters trägt die Inschrift „vivos voco, mortaos plango, fulgara frango“. 13. Thurgau, den größer« Theil des Südufers des Bodensees umfassend, die Kornkammer der Schweiz, mit ausgedehntesten Obstculturen; der Fischfang im Boden­ see ist bedeutend. Hauvtort Frauenfeld (5000 E.), Hafcnort am Bodensee Romanshorn.

14. St. Gallen, südlich des vorigen Kanton bis zum Züricher- und Wallcnsee, östlich bis zum Rheine, (nur die Alpengebiete gehören zum großen Theil zu den näch­ sten Kantonen). Der nördliche, an den Bodensee anstoßende Theil, sowie der südwestliche am Züricher-See sind frucht­ bar und aut angebaut. Die Industrie (Spinnerei und Weberei) ist bedeutend. Hauptort St. Gallen (18000 E.), am Nordfuße der Thur-Alpen, einer der ersten Industrie­ orte der Schweiz, von Gallus 614 gegründet; das Kloster war lange als einer der ersten Sitze der Wissenschaft be­ rühmt. Hafenort am See Rorschach. Bei Rapperswyl führt eine (1560 M. lange) Holzbrücke über die schmälste und flachste Stelle des Züricher-Sees. An den von steilen, zerrissenen Bergen umkränzten Ufern des Wallcnsees liegen eine Reihe kleiner Orte, deren Namen auf die Standorte römischer Cohorten Hinweisen: Primsch (prima), Gunz (secunda), Terzen, Quarten, Quinten.

82 Am Rheine ist zu erwähnen das Bad Ragaz, in der prachtvollen Taminaschlucht das Bad Pfäffers. 15. Appenzell Außer-Rh öden, die dicht be­ völkerten nordwestlichen Thäler der Appenzeller-Alpen umfassend, mit ausgedehnter Wiescncultur, fast ohne Acker­ bau; die Appenzeller Stickereien sind berühmt- Sitz der Behörden ist Trogen, größter Ort das reinliche Heri­ sau (10000 E.). 16. Appenzell Inner-Rhoden, nach Basel-Stadt der kleinste Kanton, bildet mit Dem vorhergehenden eine Enclave von St. Gallen. Hauptort Appenzell. 17. Glarus umfaßt die Quellthäler der Linth süd­ lich des Wallensecs, fast ganz Alpengebiet mit ausgedehn­ ten Gletschern. Der Obstbau in den Thälern, sowie die Industrie (Spinnereien) sind sehr bedeutend. Hauptort Glarus (5500 E.), am Fuße des stcilabfallcnden Glärnisch, sehr stark dem Föhnwinde ausgesetzt. Kantone mit gemischter Benilkernng.

18. Graubünden, das Quellaebiet des Rheines und des Inn, der größte Kanton, hat über */e des Areals, aber nur etwa ‘/so der Bewohner der ganzen Schweiz. Das weite Gebiet besteht meist aus Hochalpen; die Thä­ ler sind trefflich angebaut, an den Seiten vielfach mit den Trümmern alter Burgen geschmückt. Die Bewohner sind zu 2/s Romanen mit eigner Sprache (ladinisch, chur­ welsch, romanisch), einige Italiener, sonst Deutsche; sie be­ treiben hauptsächlich Viehzucht; der Bergbau ist nicht unbedeutend (Blei, Silber, Eisen). Der Kanton wird gewöhnlich eingetheilt in den obern oder grauen, den Gotteshaus- und Den Zchngerichtbund. Hauptort Chur (7000 E.), am ersten Knie des vereinigten Rheines male­ risch schön in weitem Kessel gelegen. Oestlich das von der Calanda durch Bergsturz bedrohte Felsberg. Wei­ terhin Reichenau an der Vereinigung der beiden Hauptrhcinquellen. Im Borderrheinthale liegt Dissentls, im Hinterrheinthale (mit der Via mala) Thusis, im En­ gadin, dessen Bewohner als Zuckerbäcker die ganze Welt ourchschwcifen, Samaden. Die einzelnen Thäler sind durch eine große Zahl von Pässen verbunden.

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19. Wallis, das von mächtigen vergletscherten Ge­ birgsketten umschlossene Rhonethal, von dem Ursprung des Flusses bis zu dessen Mündung in den Genfer-See, zwischen den penninischen und den Bcrner-Alpcn. Das obere Thal ist noch reich an Wald, und die Deutschen betreiben hier Alpcnwirthschaft. Unterwallis, von Fran­ zosen bewohnt, welche treffliches Obst und guten Wein ziehen, wird sehr häufig von den Wassern des Rhone oder seiner Seitenflüsse verwüstet; daher ist die Thalsohle meist eine Fieberdunst aushauchende Sumpffläche. Haupt­ ort Sion (oder Sitten, 5000 GL). Bemerkenswert^sind: Bad Leuk, am Fuße der Gemmi in den Berner-Alpen, Bisch, am Ausgange des Vischthales, häufig durch Erd­ bebenerschüttert, Marti gny, am Rhoneknie, von welchem aus die große St. Bernhardstraße nach Aosta führt, Brieg, Ausgangspunkt der Simpelnstraße, StMaurice, sehr alte Stadt mit der ältesten Abtei nördlich der Alpen; hier durchbricht der Rhone die Alpen in äußerst schmalem Thale, welches nicht einmal für eine Straße neben dem Flusse Platz läßt. 20. Freiburg, das Thal der Saane. Das Land ist größtentheils hügelig, der Ackerbau ergiebig, bedeu­ tend die Viehzucht (die besten Rinder und Pferde werden hier gezüchtet). Etwa */< der im Allgemeinen nicht sehr gebildeten Bewohner sind Deutsche, '/«Franzosen. Haupt­ ort Freiburg (11000 E.), malerisch an den Abhängen des Saanethales erbaut. Die beiden obern Stadttheile sind durch eine hängende Drahtbrücke verbunden. In der gothischen Nicolauskirchc befindet sich eine berühmte Orgel. Murten, am fischreichen Murtenfee (Schlacht 1476). Romanische Kantone.

21. Tessin, das Thal des gleichnamigen Flusses und das Schweizer Gebiet an dem Lago Maggiore und L. di Lugano, der einzige von Italienern bewohnte Kanton. Wo Ackerbau betrieben werden kann, ist er sehr ergiebig; die Thäler haben ganz den südlichen Charakter. Die Hauptorte sind: Bellinzona, im breiten untern Tessinthale malerisch gelegen, mit alten Mauern, drei Schlössern, umgeben von Wein- und Obstculturen; Lo-

84 carno, am sumpfigen Ufer des Lago Maggiore sehr schön gelegen, im Innern eng und schmutzig; Lugano (6000 e.), in prachtvollster Lage am gleichnamigen See, in sehr reicher Umgebung. Airolo, Endpunkt der St.Gotthardstraße. 22. Waadt, zwischen dem Genfer- und NeuenburgerSee. Das Land ist trefflich angebaut — der Garten der Schweiz —, Hauptculturen sind Wein und Obst. Das Ufer des Genfer-Secs ist berühmt durch das ausgezeichnete Klima. Die Bewohner sind Franzosen, die Industrie ist unbedeutend, Viehzucht dagegen wichtig. Lausanne (27000 E.), sehr malerisch nahe dem Genfer-See auf drei Hügeln gelegen; über die Thalein­ schnitte führen Biadncte; bcmerkenswerth sind: die schöne Äe Cathcdrale, Museum, die vortrefflichen Schulen, ie; der Hafenort ist Ouchy. Am Ufer des Sees bemerkenswerth: Bevay (8000 E.), äußerst reinlich, die lieblichste Schweizerstadt, Mittelpunkt der Weincultur; Schloß Couvreux; bet Ort hat durch Versinken des prachtvollen Quai in den See sehr verloren. In der Nähe ber prachtvolle Kastanienhain Bosquets de Julie. Mon­ treux (4—5000 E.), vielbesuchter klimatischer Kurort in äußerst schöner geschützter Lage. Dicht dabei Schloß Chillon aus einen Felsen im See erbaut. B ex (4000 E.), im Rhonethal mit bedeutenden Salinen. Avench es, am Murtensee, die größte römische Niederlassung in der Schweiz, jetzt unbebeutenb. 23. Genf, kleiner, stark bevölkerter Kanton am Süd­ westende des Genfer-Sees. Der sterile Boden ist künst­ lich durch den Fleiß seiner Bewohner in Gärten umaewandelt; 4/|0 des Bodens sind Weinland. Die französischen Bewohner sind fleißig, industriell, gebildet. Gens (68000 E.), auf beiden Seiten des Rhone beim Ausflüsse aus dem See, die volkreichste und wohlhabendste Stabt der Schweiz; sechs Brücken führen über den Rhone, die zweite, pont des bergues, steht mit der Ronsseauiusel in Verbindung- am See breite Quais, durch einen Damm mit Leuchtthurm ist das Ende des Sees in einen Hafen umgewanbelt. Schöne romanische Kathedrale, gute Mu­ seen, vortreffliche Schulen (auch Akademie), Sternwarte

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und ganz ausgezeichnete Wohlthätigkeitsanstalten; Uhrenund Bijouteriefabrikation, Diamantschleifereien. _ Bedeu­ tende Männer Genfs: Calvin, Rousseau, Saussure, de Candolle u. s. f. 24. Neufchatel oder Neuenburg, die Thäler des Jura westlich des gleichnamigen Sees umfassend: von 1707—1857 stand cs mit dein Königreiche Preußen in Verbindung. Der Ackerbau ist unbedeutend, Wein wird am See gezogen; die Uhrenindustrie ist der Haupterwerbzwcig der französischen Bewohner. Hauptort: Neufchatel (13000 E ), schön gelegen am gleichnamigen See, mit bedeutenden milden Stiftungen. La Chaux de Fonds (20000 E ), in unfruchtbarem, wasserarmem Thalc des Jura, ist der Hauptsitz oer Uhrenindustrie; Locle (10000 E.), in demselben Thale, ebenfalls mit Uhrenfabrikation.

Kaiserreich Oestreich-Uugaru. (11333 □’DM., 37,700000 E., Bevölkerungsdichte 3326.)

§. 24. Mgemrinrs.

Oestreich-Ungarn besteht aus zlvei der Verwaltung nach fast vollständig getrennten Reichen, welche außer dem Herrscher nur einzelne Verwaltungszweige gemeinsam haben (namentlich Vertretung nach Außen und Militär­ wesen): das eigentliche Kaiserreich Oestreich (die cisleithanischen Länder) und die Länder der Krone des hl. Stephan (oder Königreich Ungarn, Transleithanien). Ersteres umfaßt die Ostalpen, grenzt im Süden an Italien und das adriatische Meer, dehnt sich an der Ostküste desselben weit nach Süden, grenzt an Ungarn, umfaßt dann das Gebiet der Donau bis unterhalb Wien, den böhmischen Kessel, die Marchniederungen und die Nordund Nordostabhänge der Karpathen. Gegen Westen stößt es an die Schweiz, die Ostspitze des Bodensees, Baiern, gegen Norden an Sachsen, Prcußisch-Schlesien und Russisch»

86 Polen. Die Grenzen fallen vielfach mit-den Gebirgs­ kämmen (wie bei dem Böhmer-Walde, dem sächsischen Erzgebirge, Riesengebierge, den Sudeten) zusammen. Die Länder der Krone des hl. Stephan umfassen das Tief­ land der mittleren Donau bis zur Sau rm Süden sowie das siebenbürgische Hochland, es wird also im Osten und Norden von den Karpathen, im Südosten von den transsylvanischen Alpen eingeschlossen. Unter allen Großstaaten rst keiner von so verschieden­ artiger Zusammensetzung, wie Oestreich-Ungarn. Ger­ manische, slavische, romanische Stämme und daneben die mnisch-ugrischen Magyaren bilden die Bevölkerung; sie nlden weder in Sprache, noch religiösen oder Rechtsanchauungen eine homogene Masse, stehtt vielmehr einander ehr scharf entgegen. Daher erklärt es sich, daß dies Keich, welches vielleicht die bedeutendsten Reichthümer in 'einem Boden besitzt, verhältnißmäßig so wenig entwickelt, nach Außen so wenig thatkräftig ist. Ueber die Bevöl­ kerung, über Industrie u. s. f. wird bei den einzelnen Landestheilen das Wichtige angegeben werden. Das Land hat keine einheitliche Einthcilüng, setzt sich vielmehr noch heute aus den einzelnen Ländern zusammen. Sowohl Cis- als Transleithanien bilden eine constitutionelle Mo­ narchie. Jetziger Regent ist Kaiser Franz Josef.

Cisleilhanieu.

§. 25. Erzherzogtum Oestreich.

(578 09)11., 2,750000 E., Bevölkerungsdichte 4760.) Das Erzherzogthum Oestreich umfaßt die Nordab­ hänge der Ostalpen, das Dynauland von der Einmündung des Inn bis nahe an Preßburg, die Südabhänae des Böhmer-Waldes, den Mannhardwald und das March­ feld. Dte Thäler sind sehr fruchtbar, die Höhen zum Theil kahl, das Klima auf diesen rauh, in den Ebenen

87 milder, doch macht sich schon auf dem Marchfelde der Einfluß des östlichen Continentes geltend; daher kommen hier strengere Winter vor, als unter gleicher Breite am Rheine. - Das Land liefert vortrefflichen Weizen, Roggen, ferner guten Wein und schönes Obst, in den Bergen ist die Viehzucht sehr bedeutend. Die Bodenschätze sind nicht unwichtig, so findet sich Salz im Salzkammergut, Eisen an verschiedenen Stellen. Die Jndustne ist zum Theil sehr entwickelt, namentlich die Eisen- und Baumwollenindustrie. Die Bewohner sind deutschen Stammes, die Bildung steht hier am höchsten in der ganzen Monarchie. Das Land wird durch die Enns in Oestreich unter der Enns und Oestreich ober der Enns getheilt. Wien (960000 E.), am Fuße des Kahlenberges an der Donau, ist die Hauptstadt der ganzen Monarchie, der Knotenpunkt für die meisten größern Bahnen; die Donau, welche zahlreiche Arme und Inseln bildete, ist regulirt. Wien ist auch der Mittelpunkt der gesammten Handels­ bewegung Oestreichs. Die Industrie liefert namentlich feine Wollengewebe, (Shawls), Goldwaaren, Meerschaum­ arbeiten, Maschinen, Bier. Von Gebäuden sind zu be­ merken: die kaiserliche Hofburg, deren einzelne Theile in verschiedenen Zeiten erbaut sind, mit der Schatzkammer und bedeutenden Sammlungen; die Hofbibliothek (namcntl. Kupferstichsammlung), Museum; der Stephansdom, eine der schönsten Kirchen auf deutschem Gebiete, die verschie­ denen Brücken, darunter mehrere Hängebrücken. Berühmt ist die Wasserleitung, welche von den Alpen her ganz Wien mit trefflichem Trinkwasser versorgt. An Anstalten sind zu erwähnen: die großen medicmischen Institute (allg. Krankenhaus, Josephinum, Irrenhaus), die verschie­ denen Sammlungen, die Universität, das Polytechnikum, die zahlreichen Äohlthätigkeitsanstalten. Nordöstlich zwi­ schen Wien und dem Hauptarm der Donau dehnt sich der Prater aus. Auf den Kahlenberg — mit schöner Aussicht — führt eine Drahtseilbahn. In der reichen Umgegend liegen das Lustschloß Schönbrunn (mit reichen Sammlungen, bedeutender Menagerie, Pflanzengarten), der Thiergar­ ten, der Wallfahrtsort Mariabrunn, Schloß Laxenburg

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Auf dem linken Donauufer im Marchfelde liegen: Aspern und Wagram (Schlachten 1809am 21/22. Mai und 4. Juli). Südlich von Wien liegt der Badeort Baden (7000 E.) in schöner Lage. Von Wiener-Neu­ stadt (20000 E.), wo Maximilian begraben liegt, führt die Semmeringbahn mit kühnen Bogen, Viadukten und Tunnels über oie Alpen. An der Donau liegen: Linz (33000 E ), mit einer Brücke über den Strom, lebhafter Handelsplatz mit einiger Industrie; Enns, nahe der Enns­ mündung, mit zahlreichen römischen Alterthümern. Im Salzkammergut, welches seiner prachtvollen Natur wegen viel besucht wird, liegt das Soolbad Ischl in schönster Alpcnnatur; in der Nähe der Salzberg, in welchem be­ reits über 300 Jahre lang Steinsalz gewonnen wird. §. 26. Salzburg (130 □SRI., 154,000 E., BtvvlktNMgSdichtt 1180). Tirol mit Boralierg

(533 □Ml., 880,000 E., Bevölkerungs­ dichte 1650).

Das Herzogthum Salzburg, das Gebiet der Salzach und die Quellen der Mur umfassend, ist ein Alpenland mit allen Schönheiten eines solchen, aber auch mit dem geringen ackerbaufähigen Boden. Die ungeheuren Regengüsse^ wirken hierher noch hemmend auf den Ackerbau. Der Wald ist noch ziemlich ausgedehnt, die Viehzucht ist unbedeutend, der Boden birgt auch wenige Mineralschätze, daher ist das Land arm. Die Be­ wohner sind Deutsche. Hauptstadt: Salzburg (20000 E.), an der Salzach, eine der schönst gelegenen deutschen Städte, überragt von dem Mönchsbcrg; Geburtsort Mo­ zarts. Südlich das Soolbad Hallein, bei welchem im Sohen-Göll bedeutende Steinsalzlager bebaut werden, erühmt und vielbesucht ist das Wildbad Gastein, im Gastemer-Thal, welches von Süden nach Norden vom Hohcn-Tauern herabzieht; prächtiger Wasserfall der Ache und wundervolle Alpennatur machen die Umgebung zu einer der schönsten irgend eines Bades; das Wasser der fünf heißen Quellen wird bis nach Hofgastein geleitet.

84 Den Abschluß des Thales im Süden bildet der Radhaus­ berg, dessen Trümmergcsteine Gold führen. Die gefürstete Grafschaft Tirol ist ein reines Alpcnland und erreicht mit seinem Gebiete nirgends die Ebene: sie umfaßt das Innthal von Finstermünz bis Kufstein, das Thal der Etsch und ihrer Nebenflüsse, das Quellgebiet der Drau und des Lech, die Südabhänge der bairischen, die ganzen Tiroler- und Zillerthal-Alpen sowie die größten Theile der Ortler-, Trientiner - Alpen und der Avamellaaruppe. Es ist daher fast das ganze Land für den Ackerbau untauglich, die Gletscher neh­ Der Wald und die men über 23 □3)Zl. Raum ein. Weiden sind dagegen bedeutend. Im Etschthale ist das Klima — geschützt vor den kalten Nordwinden, dagegen unter dem Einflüsse der warmen Südwinde — äußerst milde, es gedeihen hier Wein und Obst vortrefflich. Am Gardasee reift selbst die Citrone. Flachs wird im Oetzthalc gebaut, Seide im Süden gezogen. Die Industrie ist gering. Die Tiroler sind meist Deutsche; nur auf den Südabbängen der Alpen, nameiitlich in der Adamcllaaruppe und den Trientiner-Alpen, sowie im Etschthale sind die Bewohner Italiener (Welschtirol); das welsche Element nimmt immer mehr zu. Außerdem gibt es noch etwa 9000 Ladiner. Der Tiroler ist berühmt durch seine Biederkeit und Treue, mit der er an seinem Kaiser hängt; er ist aber auch fanatisch und unduldsam; bekannt ist er auch als ausdauernder Jäger. Hauptstadt: Innsbruck (17000 E.), am Inn reizend gelegen in breitem von schroffen Alpenwänden eingefaßtem Thäte; in der Hof- und Fran­ ziskaner-Kirche das Denkmal Maximilian I.; Universität. In dem südlich gelegenen Stubaythale ist ausgedehnte Eisenindustrie zu Hause (ähnlich wie in den Thälern des Thünnger-Waldes). Westlich von Innsbruck beim Dorfe Ziel liegt die Martinswand; östlich Hall (5000 E.), mit bedeutendem Salzbergwerk. Weiter abwärts am Inn bei Schwaz wurde im Mittelalter bedeutender Silber­ bergbau betrieben, jetzt sind die Gruben unergiebig. Die Festung Kufftein ist jetzt unbedeutend. Im südlichen Tirol, welches durch die Brenner-Bahn mit dem nördlichen ver­ bunden ist, sind zu erwähnen: Meran, früher Hauptnr 4*

90 und Residenzstadt des Grafen von Tirol, in schönster reichster Umgebung an der Mündung des Passeyerbachs in die Etsch, von 17 Burgen umgeben, darunter das Schloß Tirol; vielbesucht wegen seines ausgezeichneten Klimas. In der Nähe die Dörfer Ober- und Unter-Mais, bei welchen im 8. Jahrhundert ein berühmter Bergsturz stattfand. Im Thäte des Passeyerbachs das Dorf Sand, Heimatsort des Andreas Hofer. Bozen (11000 E), an der Eisack, nahe der 'Einmündung in die Etsch, in heißem Thalkessel gelegen; die Stadt und die Umgegend tragen völlig südlichen Charakter; das ganze Thal erscheint als Wein- und Obstgarten; wichtiger Handelsplatz, weil sich hier die verschiedenen Handelsstraßen schneiden. Oberhalo Brixen führt eine Bahn von der Brennerbahn über den Toblacher-Paß in das Drauthal. Trient (17000 E.), an der Etsch, in heißem aber fruchtbarem Thale gelegen, alte Stadt mit stattlichen Gebäuden, Marmor-, Tabak­ industrie. Das berühmte Concil wurde in der Kirche S. Maria Maggiore abgehalten. Roveredo (11000 E ), ebenfalls am Etsch, Hauptplatz für Seidenindustrie. Riva, vielbesuchter klimatstcher Kurort am Gardasee. Vorarlberg ist das Land nördlich des Rhäticon bis zum Bodensee, westlich bis zum Rhein; meist gebirgig hat es doch auch breitere, fruchtbare Thäler. Die Bewohner — Deutsche — sind fleißig und meist gebildeter, als die Tiroler. Neben der Viehzucht hat sich auch Industrie aus­ gebildet. Bregenz, kleiner, schön gelegener Hauptort am Bodensee mit lebhaftem Handel. Feldkirch im Jllthale. Zwischen Vorarlberg und der Schweiz am rechten Ufer des Rheines liegt das kleine Fürstent hum Li chtenstei n (3 □Wil. 8000 E.) ohne größere Orte. §. 27.

Die südlichen Kronländer Oestreichs. Das Herzogthum Steiermark (408 □Meilen, 1200000 El, Bevölkerungsdichte 2940) umfaßt wesentlich das Thal der obern Enns, der Mur bis nahe zur Mün­ dung, einen Theil der mittlern Drau und reicht bis zur

91 Sau im Süden. Der Ackerbau, welcher nur in den Thä­ lern betrieben werden kann, bringt auch Mais, Tabak, Wein und Obst; sonst ist das Land meist nur für Vieh­ zucht und Waldwirthschaft geeignet; "letztere ist sehr beocutend, etwa 45 Procent des Bodens sind noch von Wald bedeckt. Die Eisenindustrie ist sehr entwickelt. Die Bewohner des Enns- und Murthales sind Deutsche, ein kräftiger Menschenschlag, die des Drau- und Sauthales überwiegend Slaven (Wenden). Gr atz (90000 E), in schöner Lage an der Mur, lebhafte Industriestadt (Ma­ schinen, Zucker, Chokolade u. s. f.); gothischer Dom, Uni­ versität mit schönen Sammlungen. Nördlich bei Bruck, dem Ausgangspunkt der Semmeringbahn, sind Stein­ kohlenlager; Haupthandelsplatz für Eisenwaarcn. West­ lich Leoben, ebenfalls mit Steinkohlenlagern und Eisen­ werken. Der Mittelpunkt der Eisenindustrie ist der Flecken Eisenerz am rothen Erzberge, dessen Gruben über 1000 Jahre schon im Betriebe sind lind noch immer unerschöpf­ lich erscheinen. An der nördlichen Grenze Maria-Zell, der besuchteste Wallfahrtsort Oestreichs. Marburg(13000 E.), die zweite Stadt, eine deutsche Insel im slovenischen Gebiet, an. der Drau. Das Herzogthum Kärnten (188ÖDM., 340000 E., Bevölkerungsdichte 1800) bildet das Thal der Drau zwischen dem Hohen-Tauern und den Karawanken, meist rauhes Äerqland, doch auch mit Flächen; der Ackerbau ist gering, Viehzucht bedeutend. Blei wird sehr viel ge­ wonnen, auch gutes Eisen. Die Bewohner sind meist Deutsche, etwa $/7 Slovenen. Klagenfurt (15000 E.), alte Stadt in der Saalfcldebene, nahe dem KlagenfurterSee; in der Umgebung zahlreiche Burgruinen. Villach (5000 E.), Hauptort im obern Kärnten, mit Bleiindustrie.

Das Herzogthum Krain (181 □WIL, 470000 E., Bevölkerungsdichte 2590) umfaßt das Quellgebiet der Save und Kulpa, meist ein ödes Kalkplateau, mit reg­ nerischem Klima, von Stürmen vielfach heimgesucht. Ein­ zelne Thalstrecken sind fruchtbar, selbst Oliven gedeihen hie und da. In den Thälern wird namentlich Hirse, das Lieblingsgericht der slovenischen Bewohner, gezogen.

92 Wichtig sind die Quccksilbergruben in Jdria, sonst ist weder Industrie noch Handel bemerkenswert!). Laibach (23000 E.), an der kleinen Laibach (rechter. Zufluß der Sau), in sumpfiger Gegend um den Schloßberg im Halb­ kreis gelegen. Adelsberg, schmutziger Flecken in der Nähe der berühmten Grotte. Die gefürstete Graf sch aft Görz mit Gradisca (54 QSRt., 204000 E., Bevölkerungsdichte 3780) ist das Gebiet des Jsonzo und des kahlen, öden Karst; das Küsten­ land ist sumpfig, die Ebenen sind fruchtbar und reich, das Bergland arm. Görz (15000 E.), am Jsonzo, schön ge­ legen in weinbantreibendcr Gegend. Aquileja, zur Römerzcit bedeutende Stadt (452 von den Hunnen zerstört), ist letzt ein kleines Dorf mit großem Dome.

Markgraf schäft Istrien und Triest (91 HjMl., 380000 E., Bevölkerungsdichte 4150), oder die Halbinsel Istrien nebst einigen Inseln, ist ein Kalkplateau, dessen scharfkantige Thäler eine reiche südliche Vegetation dar­ bieten. Hier ist große Fruchtbarkeit, Wein und alle Süd­ früchte gedeihen vortrefflich (Feigen, Mandeln u. s. f.), der Ackerbau wird meist nachlässig betrieben. Die Be­ völkerung ist sehr gemischt, vorwiegend slavisch, in den Hafenstädten herrscht das italienische Element vor, an einzelnen Orten das deutsche. Triest (110000 E.), die erste See- und die zweite Handelsstadt Oestreichs am Ost­ ufer des gleichnamigen Busens schön gelegen, für Oestreich dasselbe, was für Norddcutschland Hamburg ist. Sechs Mo­ len erstrecken sich vom Quai aus weit ins Meer; eine Cita­ delle beschützt die schöngebaute Stadt; bedeutende Wasser­ leitung vom Karst her; der Schifffahrtsverkehr ist sehr ?;roß, der Seehandel erstreckt sich namentlich nach Engano, den Donaumündungen und der Levante. Po la (17000 E.), an weiter guter Bucht, befestigt, war Stations­ ort der römischen Flotten, noch jetzt erster Kriegshafen Oestreichs; zahlreiche wohlerhaltene Reste altrönuscher Bauten beweisen seine frühere Größe. Auf den Inseln wird vielfach bedeutender Fischfang betrieben. Königreich Dalmatien (232□$?!., 460000 E., Bevölkerungsdichte fast 2000), ein 50 Ml. langer, schmaler

SS Küstenstreifen auf der Balkanhalbinsel, ist ein zerrissenes Bergland, das gegen das adriatische Meer steil abfällt und zahlreiche Büchten und Vorgebirge bildet. Vor ibm lagern ebenso felsige Inseln. Mit den übrigen Theilen Oestreichs steht es in keiner dirccten Verbindung, wird vielmehr durch ein kleines ungarisches Küstenland voll­ ständig von Istrien getrennt. Die Thäler sind, soweit sie eine genügende Ackerkrume besitzen, fruchtbar; das Klima ist sehr warm, daher gedeihen neben Wein auch Feigen, Mandeln, Oliven, Pomeranzen u. s. f. Die Viehzucht steht auf keiner hohen Stufe, die Wolle der zahlreichen Schafheerden ist nicht fein, Industrie fast gänzlich unbekannt, der Fischfang dagegen von ziemlicher Bedeutung. Die Bewohner sind zu 7/10 serbischen (slavi­ schen) Stammes, Moslakcn, in den Küstenstädten sind die Italiener zahlreich (Italienisch ist die össentlichc Ver­ kehrssprache), Deutsche gibt es nur sehr wenige, die Volks­ bildung steht auf einer möglichst niedern Stufe. Die Küsten- und Inselbewohner sind aber gute Matrosen. Hauptstadt: Zara (21000 E.), an geräumigem, gutem Hafen, Festung, mit römischen Alterthümern: lebhafter Handelsverkehr mit Triest und der Türkei; aus einer wilden Kirschenart wird hier der berühmte Maraschino bereitet. Spalato (12000 E.), halbmondförmig an großer Bucht gelegen, mit bedeutenden Resten römischer Bau­ kunst (Palast des Diokletian, ein Jupiter- und ein Acsculaptcmpel, von denen ersterer in einen christlichen Dom verwandelt ist, Wasserleitung der Stadt Salona u. s. f.). Lissa, zweiter Kricgshafen Oestreichs, auf der Insel Lissa. §• 28. Königreich Böhmen.

(944 lHMl., 5,200,000 E, BevilkerungSdichte 5500.) Das Königreich Böhmen wird von dem Gebiete der Elbe, von deren Ursprung bis zum Durchbruche durch das Elbsandsteingebirae, sowie von dem ihrer Nebenflüsse gebildet; es besteht also aus jener Terrasse, welche von

94 allen Seiten von Gebirgen umschlossen ist und die wir die böhmische genannt haben. Unter den Kronländcrn Oestreichs ist Böhmen in jeder Beziehung das reichste Land. Die Bodenschätze sind sehr bedeutend; Stein­ kohlenlager finden sich am linken Ufer der Moldau unter­ halb Prag, Braunkohlen im Egerbecken, Silber und Blei werden bei Przibram gewonnen, Halbedelsteine (Opal u. an­ dere) werden vielfach getroffen, ebenso Eisen und Kupfer. Dabei besitzt Böhmen in den Mineralquellen bedeutende Schätze; Karlsbad, Teplitz, Marienbad, Bilm genießen europäischen Ruf. Der Waldbestand ist in einzelnen Be­ zirken (namentlich im Böhmerwalde und Riesengebirge) noch sehr, ausgedehnt, so daß es noch Wälder gibt, die von keiner Axt berührt wurden.

Der Ackerbau steht bei der Fruchtbarkeit des Bodens und unter dem günstigen Klima in hoher Blüthe. Wein wird an der Elbe und Moldau gezogen, der Hopfen aus der Gegend von Saaz ist berühmt, Weizen und Korn gedeihen vortrefflich, ebenso auch Tabak und Hanf in den flachen Gegenden, Lein in den Gebirgsthälern. Die Fischzucht in den noch immer zahlreichen Teichen liefert die besten Fische, der Wildstand (Rehe, Hirsche, Sauen, Fasanen) ist noch sehr groß. Von der rationell betrie­ benen Viehzucht ist namentlich die Zucht veredelter Schafe wichtig. Dabei ist Böhmen noch das eigentliche Industrieland Oestreichs. Im Nordosten blühen Spinnerei und Weberei (in Flachs, Baumwolle und Wolle), im Böhmerwalde ist die Köhlerei noch heute zu Hause und die Glashütten liefern mit das beste Product der ganzen Erde. Auch Metall-, Thon-, Lederwaaren werden viel­ fach hergestellt; die Erzeugung von Zucker und Bier hat große Ausdehnung gewonnen.

Bon den Bewohnern sind fast */» Czechen, unter den Slaven der am meisten geistig entwickelte Stamm. Ihre Nationalliteratur ist nicht ohne Werth und in Künsten und Wissenschaften schreiten sie mit voran. Die Deutschen — über '/, der Bewohner — umgeben im Norden, Westen und Süden die Slaven. Zahlreich sind auch die durch das Land zerstreuten Israeliten.

95 Hauptstadt: Festung Prag (230,000 E. mit den Vororten), auf beiden Seiten der Moldau gelegen, mit zahlreichen (an 70) Kirchen und großen öffentlichen Plätzen. Auf dem linken Ufer liegt die Klcinseite mit dem Hradschin, den die Kgl. Burg krönt. In ihrem Bering steht die unvollendete,' gothische S. Veitkirche mit dem Königs­ denkmal (7 römisch-deutsche Kaiser und böhmische Könige ruhen hier) und dem silbernen Grabe des hl. Nepomuk. Mehrere Brücken verbinden die Kleinseite mit der größer»! Alt- und Neustadt; darunter eine schöne Kettenbrücke und die Karlsbrücke mit der Statue des hl. Nepomuk. Gute Schulen, alte Universität mit ausgedehnten Sammlungen, lebhafter Handel uno bedeutende Industrie (nam. in der Vorstadt Karolinenthal). In der Nähe der weiße Berg (Schlacht 8. XI. 1620) und Dorf Sterbohol (Schlacht 6. V. 1757) mit einem Denkmal Schwerins. Westlich bei Beraun und Kladno (10,000 E.) bis zur Moldau bedeutende Kohlenlager und Marmorbrüche; Budweis (18,000 E.), an der obern Moldau, mit lebhafter In­ dustrie. Westlich der Moldau sind zu erwähnen: Przibra m (9000 E.), mit einer Berg-Akademie, Silberbergbau; Pilsen (24,000 E.), alte, aber gut gebaute Stadt mit ausge­ dehnten Steinkohlen-, Eisengruben, Alaunwerken, Bier­ brauereien; Nepomuk, kleines Städtchen, Geburtsort des bl. Johann, dessen silberne Statue in einer viel­ besuchten Wallfahrtskirche steht; Eger (13,000 E.), am gleichnamigen Flusse in fruchtbarer Fläche am Fuße des Fichtelgebirges; schönes Rathhaus, in welchem Wallen­ stein ermordet wurde; in der Nähe der Badeort Kaiser­ franzensbrunnen; Marienbad, südöstlich, im Kaisers­ wald, rauher gelegen; Karlsbad (7000 E.), mit berühmten heißen Trudeln, gewcrbthätiger Ort'; Saaz (9000 E.), an der Eger, inmitten ungeheurer Hopfenpflanzungen; nördlich hiervon Brüx uno Dorf Seidschitz, welche Bittersalz gewinnen. Von hier ziehen sich dem Fuße des Erzgebirges entlang reiche Kohlenlager. An der Elbe liegen: Josephstadt, kleine schöne Festung an der Vereinigung des Aupa- und Mettauthales mit dem der Elbe; Königgrätz (6000 E.), Festung an der Adlermündung, mit ansehnlicher Industrie (Schlacht

96 з. VN 1866); Kolli« (Schlacht 18. VI. 1757); The­ resienstadt, Festung an der Mündung der Eger. In dem von dem Elbbogen umschlossnen Lande ist die Heimat ausgedehntester Industrie; Hauptorte sind hier: Reichen­ berg (25,000 E ), Mittelpunkt von Woll-, Baumwollund Leinenfabrication, mit Wallensteins Schloß; südöstlich Flecken Gablcnz, Mittelpunkt von Glasindustrie; Jungbunzlau (9000 @.'i, Trautcnau, Münchengrätz и. s. f. Südlich der Elbe und östlich der Moldau sind noch erwähnenswerth: Dorf Adersbach, an der schlesischen Grenze, mit berühmten Sandsteinbildungen im Gebirge; Kuttenberg (12,000 E.), südlich von Kolli«, mit dem tiefsten Schacht der Erde; die Silberbcrgwerke sind jetzt verlassen, dagegen ist die Kupfer- und Bleigewinnung be­ deutend: Tabor, auf Felsen hoch gelegen, mit den Resten eines alten befestigten Schlosses, war einst Mittelpunkt religiöser Bewegung (Taboriten).

8. 29.

Die übrigen nördlichen Kronlünder Oestreichs. Die Markgrafschaft Mähren (404 OWII., 2,000,000 E., Bevölkerungsdichte 4,950) ist ein von den Sudeten nach Süden sich allmählich senkendes Land, welches von dem Namen gebenden Flusse March durch­ strömt wird. Die Niederungen sind sehr fmchtbar, der Acker­ bau, ausgedehnter als in jedem andern Theile Oestreichs, bringt namentlich Hafer und Korn, außerdem Gerste, Kartoffeln, Weizen, Hirse, Zuckerrüben, Flachs hervor; Wein- und Obstbau sind unwesentlich. Unter der Vieh­ zucht ist vor allem die Pferde- und Fedcrviehzucht zu er­ wähnen (über 7 Mill. Hühner und 4 Mill. Enten und Gänse werden gezogen). Bergbau ist beschränkt (Kohlen, Eisen, Graphit), Dagegen die Industrie (namentlich Tuchstibrikation) recht bedeutend. Etwa •/« der Bewohner sind Slaven (Horakcn, Hanaken, Czechcn, Wasserpolaken), der Rest (über */» Mill.) ist deutsch (östreichisch-bairischen Stammes). Hauptstadt Brünn (75,000 E>), zwischen der Zwitawa und Schwarzawa am Fuße des Sptelbergs,

97 dessen Schloß lange als Staatsgefängniß diente, mit lebhafter Industrie: die Gegend producirt namentlich viel Gemüse. Die Hochfläche nördlich von Brünn ist bemerkenswerth durch die zahlreichen Höhlenbildungen. Jglau (20,000 E.), an der böhmischen Grenze, alte Stadt, mit bedeutenden Tuchfabriken; die Silberbergwerkc sind verlassen. Znaim (10,000 E.), mit alter Burg. Nikolsburg (7000 E., darunter 4000 Israeliten), inmitten weinreicher Gegend. Olmütz (16,000 E.), starke Festung an der March, Uni­ versität. Im Kuhländchen — oberes Odergebiet — wird namentlich Flachsbau von den Deutschen betrieben, am Nordfuß der Beskiden ist die Eisenindustrie sowie die Schafzucht wichtig. Das Herzogthum Schlesien (94 □SRI., 520,000 E., Bevölkerungsdichte 5530), der Rest der an Preußen verlorenen Provinz Schlesien, besteht aus zwei völlig ge­ trennten Gebieten zwischen Mähren und Preußisch-Schlesien; der westliche umfaßt das Gebiet der Oppa, der östliche das Quellgebiet Der Weichsel; in jenem überwiegt die deutsche Bevölkerung, vermischt mit Mähren, in diesem die polnische. Das Klima ist rauh, der Boden vielfach unergiebig, die Industrie dagegen sehr entwickelt. Tropp au (20,000 E.), zwischen der Oppa und Mora gelegen, und Jägerndorf an der Oppa liefern beide' viel Tuch. Teschcn (10,000 E.). Das Königreich Galizien und Lodomerien (1417 □Ml., 5'/z Mill. E., Bevölkerungsdichte 3880) ist gebildet aus den ehemals zum Königreiche Polen gehörigen Ländern, welche an Oestreich kamen; sie bilden die Ab­ fälle der Karpathen gegen Norden und Nordosten, sowie einen Theil des vorliegenden gut bewässerten Tieflandes. Der Ackerbau ist ergiebig, obschon das Klima im Winter sehr rauh ist. Der Viehstand ist ein trefflicher, nament­ lich wichtig ist die Zucht von Fettvieh, veredelten Schafen und von Pferden. Die Ausfuhr von Holz ist noch sehr bedeutend; die Industrie sehr unentwickelt. Die Bewohner sind im westlichen Theile katholische Polen, int östlichen griechische Ruthenen; die Deutschen treten nur sehr zerstreut, die Juden dagegen sehr zahlreich auf Drouke, Leitfaden.

IV.

5

98 (im Bezirke von Brody bilden sie 36 % der Be­ völkerung). Krakau (50,000 E), an der Weichsel, frühere Hauptstadt Polens und Krönungsstadt der Könige, seit 1846 dem östreichischen Staate einverleibt. In dem weitläufigen Residenzschlosse, jetzt Kaserne, befindet sich in der Stanislauskirche die Gruft der polnischen Könige; auch I. Sobieski, Kosciuszko und Poniatowski liegen hier. Universität mit guten Sammlungen. Südöstlich Wiliczka, über dem großen Steinsalzbergwerke stehend; in 5 Stock­ werken mit Säulen und einzelnen Rainen ausgehauen, reichen sie bis Bochnia. Tarnow (22,000 E.), nahe dem Dunajec, mit ansehnlichem Handel. Lemberg Saft 90,000 E-, darunter */$ Jsraelitm), Hauptstadt des önigreichs, schön gebaut, doch zeigen noch viele der mit Stroh gedeckten Häuser den Schmutz ihrer Bewohner; Universität mit nicht unbedeutenden Sammlungen. Brody (19,000 E., wovon über 8/s Israeliten), an der russischen Grenze, mit lebhaftem Handel. Boryslow liefert ziem­ lich Mel Petroleum. Tarnopol (20,000 6A am Sereth schön gelegen, mit ausgebreitetem Pferdehandel.

Das Herzogthum Bukowina (190 OStL, 515,000 E., Bevölkerungsdichte 2710), südöstlich von Galizien, ein waldreiches, nicht unfruchtbares Land, gehört erst seit 100 Jahren zu Oestreich. Die Pferdezucht ist wichtig. Die Bewohner bilden ein großes Gemisch, Ruthmen und Rumänen überwiegen, hierzu treten Israeliten, Deutsche, Magyaren, Polen u. s. f. Hauptstadt Czernowitz (35,000 E.) am Pruth, Universität.

Tran-leithanten. §. 30. Königreich Ungarn. (3999 □TOI., über 11'/, Mll. BevIllerungSdichte 2880.)

Das Königreich Ungarn umfaßt das Gebiet der Donautiefländer Mich der Alpen, ist im Nordwesten und Norden von bett Karpathen, irn Osten durch das sieben-

SS bürgische Erzgebirge, im Süden von der Donau und der Drau begrenzt. £)ie Bodenschätze Ungarns sind sehr be­ deutend; Gold wird sowol in Beiwerken gewonnen, alS auch aus Flüssen gewaschen; Silber, Kupfer, Elsen, Arsen, Soda, Steinsalz, Kohlen, Salpeter, Ponellanerde, edle Opale, Marmor sind die Produkte des Bergbaues. Das Tief­ land ist fruchtbar, bringt namentlich Hafer, Gerste, Weizen, Korn, im Süden auch Tabak und Mais, selbst Reis her­ vor. Wichtig ist der Weinbau, namentlich an den Gebirgsabhängen. Weite Strecken sind noch unbebaut; der Winter, meist schneereich und sehr kalt, und das feuchte Frühjahr verwandeln ganze Bezirke in mdlose Morast­ flächen, welche im trocknen Sommer wieder zu einer staubigen Wüste werden; nur einzelne Striche, namentlich an der Theiß, bleibm Sumpf. Der Herbst ist kurz. In diesen steppenartigm Gegenden (Pußten), in denen sich bisweilm im Sommer bereits die in südlichen Wüstm häufiger austretenden Luftspiegelungen zeigen, ist die Heimat der Pferdezucht; Schafe und Homvieh werden eben­ falls viel g^ogen, der Fischfang (namentlich in der Theiß) und die Jagd sind ergiebig. Die Industrie ist noch unbedeutmd, die Verkehrswege fehlen noch fast gänzlich. Unter den Bewohnem sind 5'/, Mill. Magyaren, 1,600,000 Me (allerwärts zerstreut), 1,800,000 Slovaken (an aag), im Süden Kroaten, Rumänen, Serben, und über das ganze Land zerstreut Juden und Zigeuner. Buda-Pest (275,000 E.), Doppelstadt auf beiden Seiten der Donau, durch VllIV eine tfUlUUVIUUV Kettenbrücke VVVVMHVl.ll verbunden;. 'VUVUf Buda, /•tu«, )fen, auf dem rechten Ufer, Hauptstadt Ungarns oder Os und ResPdenz„ des Statthalters; , , auf, dem befestigten Schloß«.•-t. des «. .. chl. r.« Stephan, . in -• t wacher die von dem berge die Kirche genannten Reichskleinomannten ungarischen Könige Kö— herrührenden *—* 7 im aufbewahrt werden.. Am Fuße des ebenfalls be­ festigten'Gerhardsberges liegen warme Schwefelquellen; an den Hängen der umliegenden Hügel bedeutender Wein­ bau. Das bedeutend größere Pest zieht sich über */« Stunde lang an der Donau hin; schön gebaut mit zahlreichen Plätzen und Palästen. Bor der Kettenbrücke auf dem Franz-Josefsplatze der Krönungshügel; bemerkmswerthes Nationalmuseum; Universität.

S

100 Nach Wien ist Pest die bedeutendste Handelsstadt an der Donau, hat auch nicht unwichtige Industrie. An der Donau liegen: Preß bürg (47,000 E), nahe der östreichischen Grenze, früher Hauptstadt, jetzt ein stiller Ort. Raab (20,000 E.), blühende lebhafte Stadt an der Mündung der Raab in den rechten Donauarm; in der Nähe die berühmte Benediktiner-Abtei Martins­ berg. Ko morn (über 12,000 E), sehr starke Festung auf dem Ostende der Insel Schütt. Gran (9000 E.), am rechten Donauufer, unfern der Granmündung, Sitz des Primas von Ungarn, mit der schönsten Kirche Ungarns. Wartz en (12,000 E.), auf dem linken Ufer am Knie der Donau, in Weinbau treibender Gegend. Moh acs (12,000 E.), Flecken an dem rechten Ufer, in sumpfiger Weidcgegend (Schlachten 1526 und 12. VIII. 1687). Neusatz (19,000 E), lebhafte Handelsstadt am l. Ufer, durch Schiffbrücke mit Petertvardein verbunden. AltOrsova, kleiner Ort, hart an der rumänischen Grenze; hier bricht die Donau im eisernen Thor in mehreren ge­ fährlichen Strudeln durch das Gebirge.

Zwischen Donau (rechtes Ufer) und Drau sind zu bemetten: Oed en bürg (21,000 GL), unweit des Neu­ siedler-Sees, welcher jetzt durch Abzugskanäle größtentheils entwässert oder in sumpfiges Weideland verwandelt ist; schöne alte Stadt in reicher Gegend mit bedeutendem Wein- und Obstbau. Stuhlweitzcnburg (22,000 E.), nordöstlich des Plattensees, früher Krönungs- und Begräbmßstätte der ungarischen Könige. Fünfkirchen (24,000 GL), sehr alte Stadt mit schönem Dome; in der Nähe bedeutende Steinkohlengrubcn und die berühmte Höhle von Abaliget.

Nördlich der Donau im Erzgebirge, in welchem zahl­ reiche heiße Mineralquellen und auch Springauellen auf vulkanische Thätigkeit Hinweisen, liegen die Bergstädte: Neusohl (12,000 GL), an der Gran, mit Steinkohlenund Bleigrubcn; Kremnitz (8500 E.), in tiefem Berg­ kessel, mit Silber- und Goldgruben und mit berühmter Münze; Schemnitz (14,000 E.), ebenfalls mit bedeuten­ den Bergwerken auf edle Metalle; die Bewohner des

101 ganzen Bergbau treibenden Districtes sind vielfach Deutsche (Sachsen). An der Ostscite des Erzgebirges gegen die Theiß hin werden die besten Weine gezogen; hier sind zu er­ wähnen: Kaschau (22,000 E.), Mön gelegene Stadt mit bedeutendem gothischen Dome; Mikolcz (21,000 E.); Erlau (19,000 E-), mit schönem Dome und ansehnlichen Sammlungen im erzbischöflichen Palaste; Flecken Tokaj an der Theiß. In den weiten Niederungen der Theiß und ihrer Zuflüsse, der eigentlichen Heimat der Ungarn, bemerken wir noch: Debreczin (fast 50,000 E-), alte Magyaren­ stadt in weiter Haide, durch die kein Fahrweg führt, umSeben von einem Erdwalle; Viehzucht, Tabak- und Melonenau; Großwardein (30,000 E.), an der schnellen Körös, früher Festung, alte merkwürdige Stadt mit Bädern; Hold-Megö-Basarhely (50,000 E.), wol der größte Flecken Europas; Szeged in (70,000 E.), zum Theil befestigt, nahe der Marosmündung, mit lebhaftem Handel: Arad (33,000 E.), an der Maros, aus Neu- und AltArad bestehend, mit vielen Deutschen; Maria-The­ res ie nstadt (56,000 E.) in weiten, pferdereichen Pußten; Zombor (25,000 E.) am Baszer-Canal; Temcsvar (32,000 E., davon die Hälfte Deutsche) am Bega-Canal mit lebhaftem Handel, Festung. Gänzlich von Ungarn getrennt liegt an der innern Spitze des Quarnero' die Stadt Fiume (13,000 E.), der einzige Hafen Ungarns, hübsch gelegen, aber mit un­ bedeutendem Handel, da die Einfahrt gefährlich ist.

§. 31.

Die Kronländer Ungarns. Das Großfürstcnthum Siebenbürgen (998 sHMl., 2,150,000 E., Bevölkerungsdichte 2160) ist eine von allen Seiten durch hohe Waldgebirge eingeschlossene Hochfläche; nur einzelne Striche in den Thälern sind milde und für Obst- und Wcincultur geeignet. Wald­ wirthschaft, Viehzucht (nam. von Schafen) und Bergbau beschäftigen die meisten Bewohner. Letztere sind Deutsche,

102 Ungarn und Rumänen, und hiernach theilt man Sieben­ bürgen in das Land der Sachsen, der Ungarn und der Szekler. Hauptstadt: Hermannstadt (19,000 E.), im Lande der Sachsen, schon gelegen mit den besten Schulen des Landes und mit lebhafter Industrie. Deutsche Städte sind noch Kronstadt (28,000 E.), schön gelegen, mit schöner Gothischer Kirche und ebenfalls lebhaftem Ge­ werbe; Medrasch, Schäßburg, Eisenmarkt (Mittel­ punkt der Eisenindustrie). Im Ungarnlande liegen: Karlsburg (8000 E.), an der Maros, mit Weinbau; Klausen bürg (26,000 E.), früher Hauptstadt, am Szamos, mit den Palästen vieler ungarischen Magnaten. Zwischen den beiden genannten Städten nach Westen liegen viele Bergwerke auf Eisen, Silber, Gold, Tellur, Steinsalz u. s. f. Im Szeklerlande ist der Hauptort Maros-Vasarhcly (13,000 E.), an der Maros schön gelegen.

Die Königreiche Kroatien und Slavonien (ersteres 245 n$RL, letzteres 171 s^Ml., zusammen 1,170,000 E., Bevölkerungsdichte 2800) ziehen sich von dem Ouarnero östlich zwischen Drau und Sau bis zur Donau und ist in ihnen die frühere Militärgrenzc auf­ gegangen. Das Land ist im Westen gebirgig, im Osten sumpfig und flach; der Reichthum desselben besteht in den prachtvollen Eichenwäldern: der Ackerbau ist trotz der unerschöpflichen Bodenfruchtbarkeit noch sehr unentwickelt, ebenso Handel und Industrie, Pferdezucht dagegen wichtig. Die Bewohner bestehen aus 74°/0 katholischen Kroaten, 23% griechischen Serben, außerdem aus Deutschen, Magyaren, Juden, Italienern; die Volksbildung steht auf der möglich niedersten Stufe. Agram (20,000 E.), an der Sau, Hauptstadt Kroatiens, Universität; Es sek (17,000 E.), an der Drau, nahe der Mündung, Hauptstadt Slavoniens mit bedeutendem Handel; Peterwardein, sehr starke Festung am rechten Donauufcr auf einem Felsen erbaut (Schlacht 5. VIII. 1716): Semlin (10,000 E.) an der Saumündung, gegenüber Belgrad, Hauptplatz des östreichisch-türkischen Handels.

103

Kaiserreich Deutschland. (9818 ÖDU., 42'/. Mill.

Vevöllmmgrdichte 4350.)

8- 32. 80gt«tixe8.

Deutschland, die östliche Hälfte des großen ftänkischm Reiches, löste sich im Mittelalter unter dem Einflüsse der äußeren Kämpfe (namentlich mit Italien und Frankreich) immer mehr auf; jeder kleine Herr und auch jcbe Stadt suchte bei den Verlegenhesten des Reiches für sich be­ sondere Vortheile zu erringen, und fo kam es schließlich dahin, daß der König von Deutschland und Kaiser des römischen Reiches fast gar keine Macht besaß, die kleinen Fürsten sich selbst mit den Feinden des Reiches ver­ bündeten. Dabei hatten die Herrscher aus dem Hause Habsburg es nicht verstanden, dem Geiste der Deutschen Rechnung zu tragen, sie sorgten mehr für die Erweiterung ihrer Hausmacht, und standen in ihren Anschauungen der deutschen Geistesentwicklung fremd, selbst feindlich gegenüber. Dadurch verlor sich allmählich das Gefühl der Zusammengehörigkeit bei den einzelnen deutschen Stämmen, und so ging das alte Reich vor dem Sturme der französischen Revolution zu Grunde. 1806 löste sich das Reich auf. Nach der Befreiung Deutschlands von französischer Herrschaft trat 1815 an dessen Stelle der deutsche Bund, eine lose Vereinigung der einzelnen deut­ schen Staaten, die aber den Wünschen des deutschen Volkes in keiner Weise entsprach. Preußen, dessen Herrscher schon früher den Sinn und das Streben der Deutschen richtig erkannt, dasselbe gefördert und sich so als die Vertreter des deutschen Elementes g«eigt hatten, hob unter schwierigen Umstän­ den und selbst mit Hintansetzung des eignen Vortheils Deutschlands Entwicklung zunächst durch den Zollverein. Der Krieg von 1866, welcher entscheiden mußte, ob Deutsch­ land ferner in alter Weise durch Oestreich zurückgehalten oder von Preußen zu seiner Höhe gehoben werden solle, war in wenig Tagen zu Gunsten Preußens beendet;

104 Oestreich schied aus dem deutschen Bunde und unter Preußens Aegide ward der norddeutsche Bund gegründet. Als 1870 die kräftige Entwicklung Deutschlands von dem französischen Kaiserreiche gehemmt, die vorhandene Ver­ einigung gesprengt werden sollte, wurde unter Leitung Preußens in beispiellos kurzer Zeit der Erbfeind von den vereint in's Feld ziehenden Deutschen überall geschlagen und damit die Einigung der deutschen Staaten unter Preußens Führung bewirkt. Am 18. Januar 1871 setzte sich der Hcldenkönig Wilhelm I. die deutsche Kaiserkrone unter dem Jubel der ganzen deutschen Nation und gemäß dem Anträge der deutschen Fürsten auf's Haupt. An der Spitze des neu erstandenen Reiches steht der Kaiser; ihm zur Seite Bundesrath und Reichstag. Zur Reichsverwaltung gehören: Militärwesen, Post- undTelegraphenwcsen, Cnminal- und ein Theil der Civilgesetzgebung. Das deutsche Reich umfaßt folgende 26 Bundesmit­ glieder: Die Königreiche: Preußen, Baiern, Sachsen, Würtemberg; die Großhcrzogthümer: Baden, Hessen, MecklenburgSchwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Sachsen-Wcimar-Eisenach; die Herzogthümer: Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt; oieFürstenthümer: Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarz­ burg-Sondershausen, Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie, Lippe, Schaumbmm-Lippe, Waldeck; die freien Städte: Hamburg, Bremen, Lübeck; das Rcichsland Elsaß-Lothrmgen. Begrenzt wird das deutsche Reich im Norden durch die Nord- und Ostsee sowie Dänemark, im Osten von Rußland, im Süden von Oestreich und der Schweiz, im Westen von Frankreich, Belgien und Holland; es nimmt also das Herz Europas ein. Es wird wesentlich von Deutschen bewohnt, tm Norden sind nur keine Striche von Dänen, im Westen einige wenige Gemeinden von Franzosen und Wallonen und im Osten auch Verhältniß-

105 mäßig kleine Strecken von Slaven bewohnt. Als Haupt­ vorzüge der deutschen Länder gegenüber den übrigen sind zu nennen: die allgemeine Verbreitung der Bildung, die guten Schulen, Entwicklung der Verkehrswege, ernste selbstbewußte (nicht sklavische) Hingebung des Einzelnen an das Vaterland, die strenge Gerechtigkeitspflege. 8- 33.

Königreich Preußen. (6326 □TOI., 25,775,000 E-, Bevölkerungsdichte 4075.)

Das Königreich Preußen, welches fast den gesummten nördlichen Theil Deutschlands einnimmt, ist aus der Markgrafschaft Brandenburg und dem vom Deutsch-Orden begründeten eigentlichen Preußen entstanden und ist durch die Weisheit seiner Fürsten, die Thatkraft seiner Bewohner nach und nach zu seiner Größe gelangt: es umfaßt )etzt das Gebiet des Rheines von der Einmündung des Maines bis zum Delta hinab, das Gebiet der Ems, der Weser und Fulda, der Elbe bald nach ihrem Eintritte in das Flachland, fast der ganzen Oder, sowie die Niederungen der Weichsel und der Memel. Im Osten fallen die Grenzen Preußens mit denen Deutschlands zusammen, im Westen von der Mosel abwärts ebenfalls. Gegen Süden e es an die deutschen Rcichslande Elsaß-Lothringen, tt, Hessen, die thüringischen Staaten, Kgr. Sachsen und Oestreich. Im Norden scheiden nur Oldenburg, die Hansastädte und Mecklenburg es an einzelnen Stellen vom Meere. — Bon den Bewohnern sind etwa 61% Pro­ testanten, über 37% Katholiken, oie übrigen Israeliten u. s. f. Ueber die Nationalität der Bewohner, über Pro­ dukte des Landes wird bei den einzelnen Provinzen beson­ ders die Rede sein. Das Reich ist eine constitutionelle Monarchie; an der Spitze steht der König — aus dem Hause der Hohenrollern — gegenwärtig Wilhelm I., und der König von Preußen ist gleichzeitig Kaiser von Deutschland. Bei der Gesetzgebung wirken mit die beiden Häuser des Land­ tags: das Herrenhaus und das Abgeordnetenhaus. Die Einrichtungen des Heerwesens, die trefflichen Schulen,

106 die Gesetze, vor Allem aber die Liebe und Anhänglich­ keit der Bewohner an den Herrscher sind der Stolz der Preußen, der Grund zur Größe des Landes. 8- 34.

Provinz Preußen. (1134 IHM., 3,200,000 E-, BevSllerimgSdichte 2825.)

Die Provinz Preußen bildet den nordöstlichsten Theil der Monarchie und umfaßt das Gebiet der Weichsel, des Pregel und der Memel, soweit solche überhaupt zum deutschen Reiche gehören; es wird von Rußland umklammert und hängt nur gegen Westen und Südwesten mit den Provinzen Bommern und Posen — auf einige Mellen auch mit Brandenburg — zusammen. Sie ist zusammen­ gesetzt aus den vom Deutsch-Orden unterworfenen und rultwirten Strichen — dem eigentlichen Preußen — und aus ehemals polnischen Theilen. Hauptsächlich Flachland, wird die Provinz von der preußischen Seenplatte durch­ zogen. Die Niederungen sind meist fruchtbar, doch tritt auch Moorboden und Sand an einzelnen Stellen, nament­ lich an der Küste auf. Auf der Fläche der baltischen Erhebung, deren rissige Thäler von Seen ausgefüllt sind, herrscht der Sand öfter vor. Die nicht unbedeutenden Waldungen bestehen meist aus Nadelholz. Der Ackerbau wird rationell betrieben und gibt namentlich Weizen, Korn, Erbsen, Kartoffeln, Hafer und Flachs. Die Zahl der Pferde — von trefflicher Race — ist in dieser Provinz verhältnißmäßig am größten. Der Handel ist bedeutend, wird aber durch das Absperrungssystem Rußlands und das lang stehenbleibende Eis im Winter vielfach gehemmt. Die Bewohner sind zu */» Deutsche und zwar Nieder­ deutsche. Im Süden wohnen Masuren, an der Weichsel mit den Deutschen vermischt Polen und im Nordosten Letten. Das Land wird binnen Kurzem in zwei Pro­ vinzen — Ost- und Westpreußen — zerfallen. Ostpreußen. Regierungsbezirk Königs­ berg. Königsberg (122,000 (K), zu beiden Sellen des Pregel kurz vor deffen Mündung gelegen; bedeutende

107 Handelsstadt, Krönungsstadt der preuß. Könige, 1257 von Ottokar von Böhmen gegründet, lange Sitz des Großmeisters des Deutsch-Ordens; Museum, Bibliothek; bedeutende Universität (Kant, Herder); starke Festung. Pillau, kleine Festung an der Einfahrt in's Haff. Auf der frischen Nehrung (Samland) leben noch Elenthiere; bedeutende Bernsteinfischerei. Memel (20,000 E), die nördlichste Stadt Preußens, am Eingang ins kurische Haff; Holzhandel. Preußisch-Cilau, gewerbthätiger Ort südlich von Königsberg (Schlacht 7. und 8. IL 1807). Braunsberg (11,000 E.), an der Paffarge, früher Lansastadt, wohlhabender Ort, Lyceum. Frauenburg, kleiner, aber sehr schön gelegener Ort mit herrlichem Dome, in dem Copernicus begraben liegt. Regierungsbezirk Gumbinnen. Gumbinnen (9000 (£) an der Pissa, freundliche Stadt, in der sich vertriebene Salzburger niiedergelaffen haben. Inster­ burg (16,000 E.), an der Angerap, mit einiger In­ dustrie. Stallupönen, Grenzstation der Eisenbahn nach Rußland. Tilsit (80,000 E.), Hauptstadt von Littauen, an der Mcmcl. über welche eine Schiffbrücke führt; nicht unbedeutende Fabriken und lebhafter Handel. Westpreußen. Regierungsbezirk Danzig. Danzig (98,000 E.), am linken Mündungsarm der Weichsel, auf welcher Seeschiffe bis zur Stadt gelangen, '/» Ml. vom Meere entfernt, starke Festung; alte interes­ sante Stadt; schon im 6. Jahrh, genannt, war sie seit dem Ende des 10. Jahrh. Hauptstadt von Pomerellen, später bedeutende Hanfastadt; in seinen alterthümlichen, stattlichen Bauten — Rathhaus, Artushof, Marienkirche, öffentliche Brunnen — nur mit Nürnbeim zu vergleichen; neben Petersburg die bedeutendste Handelsstadt des Nordens (Holz, Getreide, Oel); Hauptstation der deut­ schen Kriegsmarine. Der eigentliche Hafen ist Neufahr­ wasser mit großen Molen und einem Lcuchtthurme. Nordwestlich Oliva mit einer alten Cisterzienser-Abtei und Schloß; Eisenhämmer. Dir sch au (10,000 E.), mit leb­ hafter Industrie und einer der größten Eisenbahnbrücken Europas. Marienburg (über 8000 E.), an der Nogat,

108 in sehr fruchtbarer Gegend, längere Zeit Sitz des DeutschOrdens, mit einem Schlosse, einem edeln Denkmal alt­ deutscher Baukunst. Elbing (34,000 E.), am gleich­ namigen Flüßchen, mit lebhafter Industrie und Handel. Regierungsbezirk Marienwerder. Marien­ werder (über 7000 E.), rechts der Weichsel hoch und malerisch gelegen, mit schönem Dome, wohlhabend; in der Gegend Obstbau. Thorn (fast 19,000 E), Festung am rechten Weichselufer mit großer Eiscnbahnbrücke; Geburts­ ort des Copernicus; lebhafter Handel; früher Hansastadt. Kulm (10,000 E ), schön gelegen am rechten Weichselufer, früher bedeutende Hansastadt, von welcher die Cultur Preußens ausging. Graudenz (14,000 E.), ebenfalls rechts der Weichsel, mit lebhafter Industrie und ausge­ dehntem Handel; etwas stromab liegt die ehemalige kleine Festung Äraudenz. Konitz (8000 E.), früher Festung.

§. 35.

Provinz Pommern. (547 lUMl., 1,460,000 E., Bevölkerungsdichte 2670.)

Die Provinz Pommern ist zusammengesetzt aus Neuund Alt-Vorpommern, Hinterpommern, dem Herzoqthum Kammin und den HerHchaften Lauenburg und Bütow, und umfaßt das Küstenland der Ostsee westlich der Provinz Preußen bis zu den Inseln Zingst und Darss. Im Süden wird sie von der Provinz Brandenburg, im Westen von Mecklenburg-Strelitz und -Schwerin begrenzt. Von allen preußischen Provinzen ist Pommern die am wenigsten fruchtbare; der Höhenzug im Süden ist, soweit er zu Pommern gehört, meist Sandboden oder nasser Lehm; die fruchtbarsten Striche liegen in der Oderniederung am linken Ufer des Flusses. Der Ackerbau ist aber, wo er betrieben werden kann, aut. Der Fischfang hat ziemliche Bedeutung. In den Waldungen herrscht ebenfalls das Nadelholz vor. Regierungsbezirk Stettin, der mittlere von der Oder durchflosseneTheil der Provinz. Stettin (81,0006.), an der Oder, alte Stadt mit unebenen Straßen, eine

109 der wichtigsten Handelsstädte der ganzen Monarchie, der Fluß dient als Hafen; Küher bedeutende Festung; auch die Industrie ist von Wichtigkeit (Werft, Maschinen­ fabriken, Mühlen u. s. w.). Swinemünde (8000 E), befestigter Vorhafen von Stettin auf der Insel Usedom, mit Molen und Leuchtthurm; in der Nähe das besuchte Seebad Heringsdorf. Anelam (11,500 E), an der Peene, alterthümlich gebauter, mit Gräben versehener Ort. Pasewalk (8500 E.) an der Ucker, gewerbthätige Stadt. Stargard (20,000 E.), früher Hauptstadt Hinterpommerns, von Wällen umgeben. Pyritz (7000 E.), sehr alte Stadt in reicher fruchtbarer Gegend. K ammin (5000 E.), am kamminschen Bodden, mit altem Dome; bedeutende Fischerei. Regierungsbezirk Stralsund (Neu-Vorpommern und Rügen). Stralsund (28,000 E.). am Strelasunde, früher Hansastadt, betreibt noch jetzt einigen Sechandel, gegen die See befestigter Kricgshafen. Barth (6000 E.), Handelsstadt am großen Bodden. Greifswald (18,000(5.), Vz St. vom Bodden gelegen, alte Stadt mit einiger In­ dustrie ; Universität: in der Nähe, in der frühern Cisterä:r-Abtei Eldena befindet sich eine landwirthschaftliche emic. Auf Rügen, fruchtbarer, mit schönen Buchen­ waldungen bedeckter Kreideinsel, ist Bergen (3600 E.) tauptort. Bemcrkcnswerth sind noch Putbus und das -cebad Sassnitz.

Regierungsbezirk Köslin, zum Theil von wen­ dischen Kafsubcn bewohnt. Köslin (15,000 E.), am Fuße des Gollenbergs, mit altem Schlosse. Kol berg (13,000 E.), nahe der Persantemündung, schönes Rath­ haus, lebhafter Handel, Heimath Nettelbecks. Stolp (18,000 E ), an der Stolpe, Bernsteinhandel. §. 36. Provinz Brandenburg. (724 □»«., 3,130,000 E., Bevölkerungsdichte 4325.)

Die Provinz Brandenburg, das Gebiet der Havel und Spree, umschlossen von Mecklenburg-Schwerin und

110 -Strelitz, den Provinzen Pommern, Posen und Sachsen, St zusammengesetzt aus der eigentlichen Kurmark (Pngnitz, ckermark, Mittelmark), der Neumark und der sächsischen Niederlausitz. Das Land ist fast ganz flach, vielfach öder oder mit medern Kiefern bedeckter Sandboden; die Elbniedcrungen, die Niederlausitz, der Oderbruch zeichnen sich durch ihre Fruchtbarkeit aus. Von hoher Bedeutung ist die Schatzucht; die Wolle gilt für die beste der Erde. Die Industrie, welche sich namentlich auf einzelne Orte concentrirt, ist von sehr großer Wichtigkeit. Die Be­ wohner sind Deutsche, nur im Spreewalde haben sich die Wenden mit ihrer Sprache und ihren Sitten erhalten.

Berlin (etwa 1 Mill. E.), an der Spree in der Mittelmark gelegen, Haupt- und Residenzstadt, fast gleich­ weit von den Endpunkten der preußischen Monarchie entfernt, hat sich durch Verschmelzung mehrerer Orte ge­ bildet, unter denen „to dem Berline" und „Colne" oie hauptsächlichsten waren. Es ist eine der freundlichst aus­ sehenden Städte Europas ohne viele enge, winklige ©offen; oie Hauptstraße „unter den Linden", fast 50 M. breit mit 4 Reihen Bäumen führt vom Brandenburger Thore (mit der Quadriga) bis zum Palais des Kaisers; am Ostende steht das prachtvolle Denkmal Friedrichs des Großen von Rauch. Nahe dabei die Statuen mehrerer bedeutender Heerführer aus den Freiheitskriegen. Die längste Straße, Friedrichstraße, führt von Suden nach Norden. Die öffentlichen Plätze sind zahlreich, vielfach mit bedeutenden Denkmälern geschmückt. Vor dem Brandenburger Thor im Thiergarten ist der Königsplatz mit dem Siegesdenkmal bemerkenswerth. Unter * den zahl­ reichen Brücken sind die Schloß- uno die Kurfürstenbrücke die sehenswetthesten, beide geschmückt mit Statuen. Im Dom befinden sich die in Erz getriebenen Sarkophage der Kurfürsten Johann Cicero und Joachim I. Unter den zahlreichen schönen Gebäuden heben wir hervor: das alte Kgl. Schloß (an der Spree), mit reichen Sammlungen und einer schönen Schloßkirche; das neue Rathhaus, oie neue Börse, das Zeughaus, welches in eine Ruhmeshalle umgewandelt wird, die deutsche Hauptbank u. s. f. Der Handel und die Industrie haben sich in Berlin ungemein

111 entwickelt: von hoher Bedeutung sind die Maschinen­ fabriken , die Kgl. Porzellanfabrik (eine der besten der Erde), die Webereien, die Fabriken musikalischer, mathe­ matischer Instrumente, die Broncearbeitcn, die Möbel­ fabriken, die Bierbrauereien. Bedeutende Wafferleitung, ausgedehnte Wohlthätigkeitsinstitute. Die Universität, 1810 gegründet, besitzt schöne Sammlungen - Bau-, Gewerbe-, Berg-Akademie; sehr gutes Museum; zahl­ reiche Sammlungen. Westlich von Berlin liegt Charlottenburg (26,000 E.) mit stattlichem Schüsse, von Schlüter erbaut, und weiten Parkanlagen. Im Mausoleum über dem Grabe des hohen Königpaares, Friedrich Wil­ helm HI. und Louise, das berühmte Denkmal von Rauch. Regierungsbezirk Potsdam. Potsdam(48,000 E.), an den blauen Havelseen, schöne neue Stadt in der schönsten Gegend der Mark, zweite Residenz; in der Garnisonkirche das Grab Friedrich Wilhelm I. und Frie­ drich des Großen. Nach Westen liegt das Kgl. Schloß Sanssouci, mit schönen Sammlungen und ausgedehnten Parkanlagen. Die Umgeburm, deren Sandboden durch Cultur vielfach zu schönen Gartenanlagen umgcwandelt ist, ist reich an Schlössern, Villen und Dörfern; bemerkenswerth sind Babelsberg, Kgl. Schloß, Klein-Glienike, die Bfaucninsel. Spandau (27,000 eine der

156 bedeutendsten Handelsstädte Eurotzas, mit ausgedehntem vortrefflichen Hafen, Docks u. s. s. Die Straßen haben meist einen breiten Canal zur Scste; die Häuser ruhen in dem morastigen Boden auf großen, eingerammten Pfählen. Das bedeutendste Gebäude ist der Palast, früher Stadthaus; Börse: zoologischer Garten. Auf oer Halbinsel Holland sind zu erwähnen: Zaardam, berühmt durch den Aufenthalt Peters des Gr.; Ed am, Mittelpunkt sehr bedeutender Viehzucht; Enkhuizen, mit bedeutendem Heringsfang; de Helder (20,000 E.), an der Nordspitze, befestigter Kriegshafen. Haarlem (35,000 E.), westlich von Amsterdam, am trocken gelegten Haarlemer-Meere, mit geraden schönen Straßen (darin Kanäle), noch jetzt Hauptsitz des ausge­ dehnten holländischen Blumenhandels; sehr bedeutende Sammlungen. Leyden (40,000 E.), am alten Rhein, bereits den Römern bekannt, sehr berühmte Universität mit vorzüglichen Sammlungen. Haag ('s Gravenhage, 100,000 E.), schön gebaute Stadt, Residenz mit bedeuten­ den Palästen, Anlagen, Museum; V» St. westlich an der See der Badeort Scheveningen. Utrecht (65,000 E.), alte Stadt, Universität, schöner Dom. Rotterdam (130,000 E.), an der Maas, Haupthandelsplatz für das Rheinaebiet, mit guten Hafenanlagen; in der Laurentiuskirche Grabdenkmäler des de Witt, Brakel u. s. f. Dort­ recht (26,000 E.), alte Handelsstadt mit gutem Hafen. Blissingen, stark befestigter Kriegshafen und empor­ blühende Handelsstadt auf der Insel Walchern, an der Wester-Smelde. Maastricht (30,000 E.), starke Festung an der $003, mit Gewerbthätigkeit. Nymwegen, an der Waal, hübsch gelegen und stark befestigt, alte Frankenstadt. Arnhem (35,000 E.), sauber gebaut am Rhein, mit schönem Hafen, belebte Handelsstadt. Zwolle, ehemals bedeutende Hansastadt, mit lebhafter Gewerb­ thätigkeit. Groningen (40,000 E.), an der für große Seeschiffe schiffbar gemachten Hunse, mit schönen Gebäu­ den (darunter die bedeutende Martinskirche), großem Platze, Universität. Mit Holland ist durch Personal-Union vereinigt das Großh erzo gthum Luxem bürg (47lHMl.,205,000E.),

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ein kleines Dreieck nordwestlich der mittlern Mosel, hauptsächlich im Gebiete der Sauer, zwischen Belgien und Deutschland. Das gut angebaute Land ist ganz ge­ birgig, producirt namentlich viel Eisen, Leder, Hand­ schuhe. Luxemburg (15,000 E.), malerisch schön auf Felsen an der Alzette gelegen, früher deutsche Bundesfestung; alte Stadt, welche Befestigungen aus allen Jahrhunderten seit der Römerzeit besaß; lebhafte Gewerbthättgleit. Echternach, an der Sauer. Das Königreich der Niederlande besitzt noch große Colonien, namentlich in Ostindien, obschon es an Eng­ land ausgedehnte Länder (Capland, Ceylon u. s. f.) ver­ loren hat. Den Mittelpunkt der ostindlschen Besitzungen bildet Java. Königreich Dänemark. (694 □WIL, 1,903,000 E„ BtvSNerungSdichtt 2760.) 8- 56.

Das heutige Königreich Dänemark, die geringen Reste eines einst mächtigen, nordischen Reiches, umfaßt die nördliche Hälfte der jütischen Halbinsel (das eigent­ liche Jütland mit kleinen Resten von Schleswig) und die zahlreichen zwischen Jütland und Skandinavien gelegenen Inseln; die größten derselben sind Fünen und Seeland, zwischen welchen der große Belt hindurchführt; westlich vom großen Belt bildet der kleine Belt, östlich der Sund die Verbindung von Kattegat und Ostsee. Südlich von Fünen liegen Arrö und Langeland, und südlich von Seeland die Inseln Laaland, Falster und Möen. Ganz abgettcnnt liegt mitten in der Ostsee Bornholm. Außer der letztgenannten Insel ist das ganze Land flach und eben und trägt den bereits früher geschilderten Charakter. Bornholm hat Steinkohlen, außerdem ist kein Bergbau vorhanden. Der Ackerbau ist nur ergiebig auf der Ost­ seite Jütlands und auf den Inseln; dagegen blüht die Viehzucht fast allerwätts. Die Industrie hat sich sehr gehoben; die Hauptbeschästigungm der Bewohner find

158 noch immer Fischfang und Seehandel. Die Dänen sind reine Germanen; außer ihnen kommen nur sehr vereinzelt Bewohner andrer Stämme im Lande vor. ^Kopenhagen (Kjöbnhavn, 200,000