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German Pages 232 [248] Year 1961
LEHRBUCH
FÜR
K R A N K E N P F L E G E SCH U L E N BA N D I
Lehrbuch für Krankenpflegeschulen Band I Physiologie — Pathologische Physiologie — Pharmakologie
Von D r . med. Ciaire D i e t r i c h Fachärztin für Innere Medizin, früher Oberärztin an der Inneren Abteilung des Westend-Krankenhauses, Berlin Mit einem Geleitwort von Professor Dr. med. Dr. h. c. Hans Freiherr von Kress, Berlin 4., durchgesehene und verbesserte Auflage
Mit 15 Abbildungen im Text und 22, meist farbigen Bildern auf 12 Tafeln
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp.
Berlin 1961
© Copyright 1956, 1957, 1958, 1961 by Walter de G r u y t e r & C o . , vormals G . J . Göschen'sehe Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp., Berlin W 30. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten. — Archiv-Nr. 51 77 61 Printedin Germany — Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 30
Geleitwort Was Krankenpflegepersonen zweckmäßigerweise von Anatomie, Physiologie, Diagnostik und Therapie erfahren und behalten sollen, ist überaus schwer abzugrenzen. Nötig ist auf jeden Fall ein annäherndes Wissen vom normalen Bau und von den normalen Funktionen des menschlichen Organismus, ebenso nötig sind manche Kenntnisse von den Bedingungen, unter denen es zu krankhaften Veränderungen der Organe und ihrer Leistungen kommt und ebenso nötig ist schließlich ein gewisses Verständnis für die angewandte Therapie. Eine in die Tiefe gehende Ausbildung auf diesen immensen Gebieten ist weder möglich noch zumutbar, auch für die von den Pflegepersonen zu erfüllenden Aufgaben nicht nötig, ja aus verschiedenen Gründen nicht einmal erwünscht. So kann die medizinische Ausbildung keinesfalls über eine propädeutische Schulung hinausgehen. Die Dinge müssen deshalb in einem Krankenpflegelehrbuch da und dort einfacher dargestellt werden, als sie in Wirklichkeit sind, selbst wenn die Kritik der Ärzte hieran vielfach Anstoß nimmt. Die Darstellung des pflegerischen Sektors, der Hauptdomäne derjenigen, für die ein Krankenpflegelehrbuch geschrieben wird, kommt gewöhnlich dann, wenn es sich um ein kurz gefaßtes und im Preis niedrig gehaltenes Lehrbuch handeln soll, etwas zu kurz, und dieser Umstand ist oft auch an früheren Krankenpflegelehrbüchern bemängelt worden. Gewiß ist manches Pflegerische in der Theorie lehrbar, und ein Großteil der pflegerischen Technik kommt ja auch in diesem Buch zur Sprache, aber viel, vielleicht sogar das Wichtigste in der Krankenpflege, kann nur durch konsequente praktische Übung erlernt werden und ist vor allem an Vorbildern zu orientieren, wie sie bewährte ältere und erfahrene Pflegepersonen darstellen. Das weite Feld der richtigen und alles berücksichtigenden Pflege muß durch Lehr- und Stationsschwestern in der täglichen Arbeit den Schwesternschülerinnen übermittelt werden. Frau Dr. Dietrich hat sich — wie ich glaube — mit Recht darauf beschränkt, in diesem Buch denjenigen Bestandteil der Krankenpflege bevorzugt zu behandeln, der die Mithilfe des Krankenpflegepersonals bei der Erfüllung medizinischer Aufgaben betrifft. Ihr Lehrbuch hat, wie sie ausführt, in erster Linie denjenigen zu dienen, die sich während der Lehrzeit einen im Staatsexamen geforderten Wissensstoff nicht geringen Umfangs einzuprägen haben und instand gesetzt werden müssen, während der Vorbereitungszeit und später im Beruf die einzelnen, oft schwer zu behaltenden Fakten immer wieder rekapitulieren zu können. In jahrelang mit besonderem Erfolg erteiltem Unterricht in der Schwesternschule des Krankenhauses Berlin-Westend hat Frau Dr. Dietrich große Erfahrungen gesammelt, und sie hat sich im Zusammenhang mit ihrer Lehrtätigkeit viel Gedanken über die zu beschreitenden Ausbildungswege gemacht. Ich wünsche diesem Buch, daß es gerade auf Grund der wohlabgewogenen Beschränkungen den Zielen dient, die Frau Dr. Dietrich bei seiner Abfassung vor Augen standen, nämlich einen Krankenpflegenachwuchs heranbilden zu helfen, der den verantwortungsvollen Beruf, soweit er medizinisches Wissen erfordert, mit dem entsprechenden Verständnis ausübt und auch dadurch in ihm Befriedigung findet. Daß die Krankenpflege noch viel mehr an Kenntnissen und vor allem an Können nötig hat, als im Lehrbuch steht und stehen kann, ist meiner ehemaligen Mitarbeiterin natürlich völlig klar. Berlin, im April 1956
Hans Freiherr von Kress
Vorwort zur i. Auflage Das Lehrbuch soll allen, die dem Arzt bei der Erfüllung seiner Aufgabe zur Seite stehen, Lehrer, Helfer und Begleiter sein. Die theoretisch und praktisch gut ausgebildete Schwester ist in der Krankenpflege unentbehrlich. Arzt und Schwester, vom gleichen Pflichtbewußtsein erfüllt, haben nur ein gemeinsames Ziel: dem kranken Menschen zu helfen. Der behandelte Stoff des Lehrbuches ist systematisch aufgegliedert, so daß es vor allem der Krankenschwesternschülerin leicht gemacht ist, das große Gebiet der Krankheiten zu überblicken. Die einzelnen Stoffgebiete sind nur so weit behandelt, als sie für den Arbeitsbereich der Krankenschwester von Bedeutung sind. Das Lehrbuch soll der Schülerin während ihrer Lehrzeit zur Vorbereitung auf das Staatsexamen nützlich sein. Darüber hinaus will das B.uch der in der Praxis schon bewährten Schwester ein Ratgeber und gleichzeitig ein Nachschlagebuch zur Erleichterung der täglichen Arbeit sein. Für die wertvollen Ratschläge bei der Bearbeitung des Manuskriptes bin ich Frau Oberin Bertha Kaboth und Herrn Dr. med. Karl Tauschwitz, beide am Städt. WenckebachKrankenhaus, Berlin-Tempelhof, zu besonderem Dank verpflichtet. Bonn, Frühjahr 1956
Ciaire Dietrich geb. Kehren
Vorwort zur 2. Auflage Das große Interesse an der ersten Auflage und viele Vorschläge aus der Praxis der Krankenpflegeschulen ermöglichten es, die vorliegende zweite Auflage zu ergänzen, zu verbessern und mit einer größeren Anzahl, zum Teil farbiger Bilder auszustatten. Zwei Hinweise erscheinen mir wichtig: i. Der Inhalt eines Lehrbuches muß umfassender als das vom Lernenden geforderte Wissen sein. Jeder Lehrer wird die Schwerpunkte nach seinen Erfahrungen verteilen. Überlegungen, das Buch sei zu anspruchsvoll, bitte ich auch von diesem Gesichtspunkt aus zu betrachten. 2. Die praktische Krankenpflege wurde bewußt nicht berücksichtigt. Die Gebiete: Anatomie — Histologie — Allgemeine Chirurgie — Spezielle Chirurgie — werden in einem zweiten Band, der im Herbst erscheinen wird, behandelt. Es ist beabsichtigt, in einem dritten Band ausgewählte Spezialkapitel (Neurologie, Gynäkologie, Geburtshilfe, Orthopädie, Augen- und Hals-Nasen-Ohrenheilkunde) zu bringen. Bonn, im April 1957
Ciaire Dietrich, geb. Kehren
Vorwort zur 3. Auflage Auch die 2. Auflage ist mit freundlichem Interesse aufgenommen worden. Dadurch ist wohl bewiesen, daß es gelungen ist, Lernenden und Erfahrenen ein Buch zu geben, das in einfacher und auch umfassender Form Helfer und Begleiter ist. Die neueren Ergebnisse auf dem Gebiete der medizinischen Forschung — u. a. die künstliche Niere und die modernen Narkoseverfahren bei Herzoperationen — sind in der 3. Auflage berücksichtigt worden. Es wurde außerdem eine farbige Abbildung eines normalen Blutausstriches neu aufgenommen. Bonn, Sommer 1958
Ciaire Dietrich, geb. Kehren
Vorwort zur 4. Auflage Die 4. Auflage des vorliegenden Buches wurde wie die vorhergehenden überarbeitet und verbessert, soweit neuere Erkenntnisse von Bedeutung waren. Insbesondere das Kapitel der Sulfonamide und Antibiotika, Gebiete, auf denen in den vergangenen Jahren große wissenschaftliche Erfolge erzielt werden konnten, wurde erweitert dargestellt —• dem Sinn und der Aufgabe dieses Buches gemäß in einfacher und verständlicher Form. Bonn, im Frühjahr 1961
Ciaire Dietrich, geb. Kehren
Inhaltsübersicht
Atmmgsorgane 6 A. Nasen-Kehlkopfraum 6 1. Physiologie des Nasen-Kehlkopfraumes 6 2. Krankheiten im Nasen- und Kehlkopfraum 7 a) Adenoide Vegetation 7 b) Schnupfen 7 c) Heuschnupfen 7 d) Chronischer Schnupfen 8 e) Nasenbluten 8 f ) Kehlkopfkatarrh 8 g) Kehlkopftuberkulose 9 h) Kehlkopfgeschwülste 9 B. Physiologie der Atmung 9 C. Erkrankungen der Atmungsorgane 12 1. Erkrankungen der Luftröhre 12 a) Die akute Entzündung 12 b) Chronische Entzündung 1 2 c) Hämorrhagische Tracheitis 12 d) Geschwülste 12 2. Erkrankungen der Bronchien 13 a) Akute Bronchitis 13 b) Chronische Bronchitis 13 c) Bronchopneumonie 14 d) Bronchiektasien 14 e) Bronchiolitis 15 f ) Das Asthma bronchiale 16 g) Lungenemphysem 16 3. Erkrankungen des Lungengewebes 17 a) Lobäre Pneumonie 17 b) Lungenabszeß 18 c) Die Lungengangrän 19 d) Lungentuberkulose 19 e) Staublunge 19 f ) Lungenlues 19 g) Aktinomykose 19 h) Hodgkinsche Erkrankung 20 4. Lungengeschwülste 20 a) Lungenkrebs 20 b) Lungenechinokokkus 20 5. Erkrankungen des Rippenfells und des Mittelfellraumes 21 a) Pleuritis sicca 21
b) Pleuritis exsudativa 21 c) Pleuraempyem 22 d) Pneumothorax 22 e) Erkrankungen des Mittelfellraumes 22 Herz — Blutkreislauf — Gefäße 24 A. Physiologie des Herzens und des Kreislaufes 24 1. Physiologie des Herzens 24 a) Tätigkeit des Herzens 24 b) Herzbewegung 24 c) Elektrokardiogramm 25 2. Physiologie des Kreislaufes 26 a) Blutdruck 26 b) Gefäßnerven 27 c) Puls 27 B. Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufes 28 1. Erkrankungen des Herzens 28 a) Klappenfehler 28 b) Entzündungen der Herzwand 30 c) Reizleitungs- und Reizbildungsstörungen 32 d) Erkrankungen der Herzkranzgefäße 33 2. Erkrankungen des Kreislaufes und der Gefäße 34 a) Hypertonie 34 b) Hypotonie 34 c) Embolie 35 d) Thrombose 35 3. Der „akute Herzanfall" 3 5 Magen-Darmkanal 36 A. Physiologie des Stoffwechsels und der Verdauung 36 1. Ernährung 36 a) Kohlenhydrate 36 b) Eiweiße 37 c) Fette 38 d) Kalorienlehre 38 e) Zusätzliche Nahrungsmittel 41 f ) Vitamine 42 2. Physiologie der Verdauung 44 a) Speichel 45 b) Magensaft 45 c) Pankreassaft 47 d) Galle 48 e) Darmsaft 49
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Inhaltsübersicht 3. Der intermediäre Stoffwechsel 49 a) Resorption der Kohlenhydrate 49 b) Resorption der Fette 50 c) Resorption der Eiweiße 51 4. Erkrankungen des Stoffwechsels 51 a) Zuckerkrankheit 51 b) Gicht 56 5. Nahrung 57 a) Zubereitung 57 b) Wichtige Nahrungsmittel 58 c) Einzelne Kostformen 61
B. Erkrankungen des Magen-Darmkanals 66 1. Erkrankungen der Speiseröhre 66 a) Entzündung der Speiseröhre 66 b) Verengungen der Speiseröhre 67 c) Erweiterungen der Speiseröhre 67 2. Erkrankungen des Magens 68 a) Gastritis 68 b) Magengeschwür 69 c) Magenkrebs 72 d) Zwölffingerdarmgeschwür 73 3. Wurmfortsatzentzündung 73 4. Darmerkrankungen 73 a) Darmkatarrh 73 b) Darmkrebs 74 c) Ileus 75 d) Hämorrhoiden 75 e) Obstipation 75 Leber 76 A. Physiologie der Leber 76 B. Erkrankungen des Leberzellgewebes und der Gallengänge 77 1. Leberzellenentzündung 77 2. Die akute gelbe Leberatrophie ( — Leberdystrophie) 78 3. Leberzirrhose 78 4. Leberabszeß 79 5. Leberkarzinom 80 6. Gallenblasenleiden 80 7. Gallenblasenkarzinom 82 8. Nachweis von Gallenfarbstoffen in Urin und Blut 82 a) Nachweis von Urobilinogen nach Ehrlich 82 b) Nachweis von Bilirubin 82 c) Nachweis von Urobilin nach Schlesinger 82 d) Der quantitative Bilirubingehalt 83 9. Leberfunktionsproben 83 a) Galaktosebelastungsprobe 83 b) Lävulose Belastungsprobe 83
c) Die Bromsulphalein-Belastungsprobe 83 d) Die Methylenblau-Probe 83 e) Die Takata-Ara-Reaktion und die Elektrophorese 84 Die Bauchspeicheldrüse 85 A. Physiologie der Bauchspeicheldrüse 85 B. Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse 85 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Untersuchungsmethoden 85 Akute Pankreatitis 86 Akute Pankreasnekrose 86 Chronisch indurierende Pankreatitis 86 Pankreaskarzinom 87 Pankreassteine 87
Nieren und ableitende Harnorgane 88 A. Physiologie der Niere 88 B. Nierenfunktionsproben 89 1. Verdünnungsversuch 89 2. Konzentrationsversuch 90 3. Eiweißprobe 90 C. Erkrankungen der Niere 90 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Nephritis 90 Nephrose 92 Niereninfarkt 92 Nierenbeckenentzündung 92 Nierengeschwülste 93 Zystenniere 93 Sackniere 93 Harnsteine 94 Renaler Diabetes 94
D. Krankheiten der Harnblase 94 1. Physiologie der Blase 94 2. Untersuchungsmethoden der Blase und instrumentelle Nierenfunktionsprüfung 95 3. Blasenkatarrh 95 a) Akuter Katarrh 95 b) Chronischer Katarrh 96 4. Nervöse Blasenstörungen 96 a) Die Reizblase 96 b) Bettnässen 96 5. Geschwülste der Blase 96 Geschlechtsorgane 97 A. Physiologie der Geschlechtsorgane 97 B. Erkrankungen der Geschlechtsorgane 97 1. Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane 97 2. Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane 97
Inhaltsübersicht a) Erkrankungen der Vorsteherdrüse 97 b) Erkrankungen des Hodens und Nebenhodens 98 Blut 100 A . Physiologie des Blutes 100 1. 2. 3. 4.
Aufgaben des Blutes 100 Zusammensetzung des Blutes 100 Der periphere Blutstrom 101 Beständteile des Blutes 101 a) Blutkörperchen 101 b) Blutplasma 103
B. Erkrankungen des Blutes 104 1. Erkrankungen der rotes Blut bildenden Organe 104 a) Blutungsanämie 104 b) Chronische Eisenmangelanämie 105 c) Symptomatische Anämien 105 d) Perniziöse Anämie 105 e) Erythroblastose 105 f ) Aplastische Anämie 106 g) Polyzythämie 106 h) Hämolytischer Ikterus 106 2. Erkrankungen des weißen Blutbildes 107 a) Leukämie 107 b) Die Agranulozytose 108 3. Bluttransfusion 108 a) Blutgruppen 108 b) Gefahren der Bluttransfusion 109 c) Blutkonserve 109 und Lymphe 110 A . Physiologie der Milz xio B. Erkrankungen der Milz 110 C. Lymphgefäßsystem 1 1 1 Drusen mit innerer Sekretion
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A . Hypophyse 1 1 2 1. Physiologie der Hypophyse 1 1 2 2. Erkrankungen der Hypophyse 113 a) Akromegalie 113 b) Dystrophia adiposogenitalis 1 1 4 e) Cushingsche Krankheit 1 1 4 d) Hypophysäre Kachexie 1 1 4 e) Diabetes insipidus 115 B. Zirbeldrüse 115 1. Physiologie der Zirbeldrüse 1 1 5 2. Erkrankung der Zirbeldrüse 115 a) Pubertas praecox 1 1 5 C. Epithelkörperchen 1 1 5 1. Physiologie der Epithelkörperchen 1 1 5 2. Erkrankungen der Epithelkörperchen 116
XI
D. Schilddrüse 1 1 7 1. Physiologie der Schilddrüse 1 1 7 2. Erkrankungen der Schilddrüse 117 a) Hypothyreose 117 b) Myxödem 117 c) Basedowsche Krankheit 118 d) Thyreotoxikose 118 E . Thymus 118 F . Nebenniere 119 1. Physiologie der Nebenniere 119 2. Erkrankungen der Nebenniere 119 a) Addinsonsche Krankheit 119 b) Geschwülste der Nebenniere 120 G . Keimdrüsen 120 1 . Physiologie der Keimdrüsen 120 2. Ausfallerscheinungen der Keimdrüsen 122 a) Ausfall männlicher Keimdrüsen 122 b) Ausfall weiblicher Keimdrüsen 122 H. Bauchspeicheldrüse 122 Infektionskrankheiten 123 A . Allgemeiner Teil 123 1. Geschichte der Infektionskrankheiten 123 2. Z u m Begriff der Infektion 123 3. Erreger der Infektionskrankheiten 124 a) Bakterien 125 b) Protozoen 125 c) Metazoen 125 d) Spirochäten 125 e) Viren 125 f ) Rickettsien 126 4. Übertragungsmöglichkeiten der Infektionskrankheiten 126 5. Klinisches heiten 126
Bild
der
Infektionskrank-
6. Bekämpfung der Infektionskrankheiten 128 a) Körpereigene A b Wehrkräfte 128 b) Körperfremde Abwehrkräfte 129 c) Hygiene 132 7. Vernichtung vorhandener Keime 134 a) Desinfektion 134 b) Praktische Durchführung der Desinfektion 137 B. Spezieller Teil 140 1. Akute bakterielle Infektionen 140 a) Angina catarrhalis 140 b) Angina diphtherica 142 c) Serumkrankheit 145 d) Serumschock 146
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Inhaltsiibe rsicht e) f) g) h) i) j) k) 1) m) n) 0) p) q) r) s)
Keuchhusten 147 Bauchtyphus 147 Paratyphus 149 Cholera 149 Nahrungsmittelvergiftung 150 Botulismus 150 Bazillenruhr 151 Bangsche Krankheit 151 Die wichtigsten Formen der bakteriellen Hirnhautentzündungen 1 5 1 Lepra •— Aussatz 155 Pest 154 Rotz 154 Milzbrand 154 Wundstarrkrampf — Tetanus 154 Tularämie 155
2. Chronische bakterielle Infektionen 156 a) Tuberkulose 156 3. Viruskrankheiten 164 a) Masern 164 b) Scharlach 165 c) Windpocken 168 d) Pocken — Pockenschutzimpfung 168 e) Röteln 169 f ) Parotis epidemica 170 g) Poliomyelitis 170 h) Grippe 173 1) Die infektiöse Entzündung des Gehirns 174 j) Trachom 175 k) Tollwut 175 1) Papageienkrankheit 175 m) Herpeserkrankungen 176 n) Bornholmer Krankheit 176 4. Spirochätenerkrankungen 177 a) Leptospirosen 177 b) Rückfallfieber 178 c) Syphilis 178 5. Rickettsienerkrankung 178 6. Krankheiten durch tierische Erreger 179 a) Protozoen-Erkrankungen 179 b) Metazoen-Erkrankungen 182
7. Geschlechtskrankheiten 187 a) Gonorrhoe 187 b) Syphilis 188 c) Weicher Schanker 189 8. Rheumatische Erkrankungen 189 a) Akuter Gelenkrheumatismus 189 b) Chronischer Gelenkrheumatismus 190 c) Bechterewsche Krankheit 190 d) Arthrosis deformans 190 Meldepflichtige Erkrankungen und Sterbefälle 191 Arzneimittellehre — Pharmakologie 194 A. Vorbemerkungen 194 B. Verschiedene Formen der Arzneimittel und ihre Anwendung 196 1. Innerlich angewandte Arzneimittel 196 a) Innerlich angewandte Arzneimittel in flüssiger Form 196 b) Innerlich angewandte Arzneimittel in fester Form 197 2. Äußerlich angewandte Arzneimittel 199 3. Injektion 200 C. Aus der Pharmakologie 202 1. Schlafmittel 202 2. Alkaloide 203 3. Die Herzglykoside 207 a) Digitalisglykoside 207 b) Strophanthine 208 c) Digitaloide 208 4. Synthetische Antipyretika 208 5. Ätherische ö l e 209 6. Analeptika 209 7. Abführmittel 210 a) Mechanische, salinische Abführmittel 210 b) Vegetabilische Abführmittel 210 Register
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Einführung Wesen und Ursachen der Krankheiten Um auf dem Gebiet der Krankenpflege etwas zu leisten, muß man mehr verstehen und beherrschen als nur die handwerklichen Griffe. Wer Kranke pflegen will, muß viele,s über das Wesen und die Ursachen der Krankheiten wissen; nur dann kann er das nötige Verständnis für die Bedürfnisse der ihm anvertrauten Patienten aufbringen. Was ist nun unter dem Begriff K r a n k h e i t zu verstehen? Wir wissen: ein gesunder Mensch fühlt sich wohl und ist beschwerdefrei, und die zahlreichen, meist komplizierten Funktionen seiner Organe kommen ihm nicht zum Bewußtsein. Morgens steht er nach 8- bis lostündiger Nachtruhe auf und beginnt frisch und voller Energie einen neuen Tag. Es ist natürlich, daß er am Abend müde ist, aber nach einem erholsamen Schlaf geht er anderen Tags wieder gestärkt an seine Arbeit. Der gesunde Organismus vermag sich auch gesteigerten körperlichen und geistigen Anforderungen in den verschiedenen Lebenslagen anzupassen. Unregelmäßigkeiten in der Ernährung und klimatische Unterschiede können ihm weder das körperliche noch das seelische Gleichgewicht nehmen. Beim Kranken dagegen ist es anders. Er leidet unter den krankhaften Vorgängen seines Organismus. Er fühlt sich elend, kraftlos und unfähig zu arbeiten. Oft klagt er über Schmerzen, die er manchmal nicht zu lokalisieren oder näher zu beschreiben vermag. Die Anpassungsfähigkeit seines Körpers, gesteigerte geistige oder körperliche Anforderungen zu erfüllen, ist gemindert. Das Gleichgewicht im Organismus ist gestört. Was hat sich nun aber im Körper des bis dahin gesunden Menschen geändert, daß er uns krank erscheint ? — Die Ursachen sind mannigfacher Art. Der Pathologe Virchow (1821—1902 in Berlin) erkannte in der Z e l l e die Trägerin des Lebens und der Krankheiten. Er schrieb ihr drei Aufgaben zu: 1. Eine spezifische Leistung. (Wir wissen z. B., daß jede Drüsenzelle ein bestimmtes Sekret bildet, eine Leistung, zu der sie nur durch das lebende Protoplasma befähigt ist.) 2. Stoffwechsel und Ernährung und 5. Vermehrung.
Bei der Vermehrung spielt der Zellkern eine wichtige Rolle. Nach äußeren Reizen beginnt die Zelle zu arbeiten. Ein bekanntes und allgemeingültiges Gesetz in der Krankheitslehre besagt, daß der Reiz, der in schwacher Form die Zelle zur Tätigkeit anregt, in stärkerer Form ihren Tod verursachen kann. Krankheiten können von außen an den Körper herangetragen werden. Hierher gehören alle Infektionskrankheiten, deren Krankheitskeime, pflanzlicher und tierischer Art, durch Anhusten, durch Berührung infizierter Gegenstände oder durch den Genuß Dietrich
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i
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Einführung
verunreinigter Nahrungsmittel von außen her in den Körper hineingebracht werden. In geringer Konzentration regen sie den Körper zur Bildung von Abwehrstoffen an („Impfung"); in stärkerer Konzentration machen sie den Organismus krank. Sodann gehören in das Gebiet der äußeren Krankheitsursachen auch mechanische Reize, die zu Wunden und Verletzungen führen und deren Versorgung im allgemeinen zum Gebiet der Chirurgie gehört. Vergiftungen mit chemischen Mitteln — z. B. Schlafmittel, Blausäure, Salzsäure — können, in starker Konzentration eingenommen, zu Krankheitszuständen führen. Auch physikalische Energien wie Blitzschlag, thermische Einflüsse (Überhitzung, Kälte) und intensive Sonnenbestrahlung, besonders bei Schneedecke, können zu Störungen des menschlichen Organismus führen. Demgegenüber stehen die Krankheiten, die sich „von innen heraus entwickeln". Wir sprechen von „anlagebedingten" Krankheiten, die ihren „schicksalhaften Verlauf" nehmen. Die Konstitution eines Menschen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Konstitution stellt die Summe aller erbbedingten Anlagen dar; sie ist bis zu einem gewissen Grade durch die Umwelt zu beeinflussen (Disposition). Es ist bekannt, daß ein Patient, der einmal an einem schweren Rheumatismus erkrankt ist, leicht wieder davon befallen wird; er ist für diese Krankheit empfänglich geworden. Wie wir später noch hören werden, liegt es in der Art einiger Berufe (z. B. Bergbau), daß die Menschen eher Lungenveränderungen aufweisen als andere Menschen mit der gleichen Konstitution, die nicht in diesen Berufen arbeiten ( = Exposition). Auch hormonale Störungen — Unter- oder Überfunktionen — führen zu Krankheiten, die sich „von innen heraus" entwickeln. Fehlleistungen ( = Dysfunktionen) vereinzelter Drüsen, die sich nicht ohne weiteres als Über- oder Unterfunktion erklären lassen, sind für einzelne Stoffwechselstörungen verantwortlich. Diese Gruppe der Stoffwechseldysregulationen, wie die Zuckerharnruhr, die Gicht oder Steinleiden, beruhen in der überwiegenden Zahl der Fälle auf einer ererbten Anlage. Sie müssen nicht in jeder Generation in Erscheinung treten, sind aber in der Konstitution versteckt vorhanden. Man spricht in diesen Fällen von einem „verdeckten" ( = latenten) Erbgang. Zu diesen Krankheiten rechnen die Epilepsie (Fallsucht), die Hämophilie (Bluterkrankheit), einzelne Nerven- und Geisteskrankheiten; sie treten innerhalb einer Familie in mehreren Generationen auf. Streng zu trennen von den ererbten Krankheiten, deren Anlage im Keimplasma verankert sein muß, sind die angeborenen Krankheiten. Bei ihnen wird der kindliche Organismus im Mutterleib infiziert — ein typisches Beispiel hierfür ist die „angeborene Syphilis". Eine ererbte Syphilis gibt es nicht. Zu den anlagebedingten Erkrankungen müssen wir auch die gut- und bösartigen Geschwülste rechnen. Wir bezeichnen eine Geschwulst ( = Tumor) als gutartig, wenn sie keine Stoffwechselstörungen, keine Allgemeinschäden und kein zerstörendes Wachstum entfaltet (Fettgeschwulst, Muskelgeschwulst). Die gutartigen Tumoren lassen sich zumeist komplikationslos operativ entfernen. Die bösartigen Geschwülste hingegen sind durch ihr zerstörendes Wachstum charakterisiert. Durch Verschleppung kleinster Teile dieser bösartigen Gewebe auf dem Blutund Lymphwege in andere Organe entstehen Tochtergeschwülste ( = Metastasen). Sie zerstören den Organismus gemeinsam mit der zuerst entstandenen Geschwulst. Der
Einführung
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Mensch zehrt ab und entkräftet, er wird kachektisch und geht an dieser Auszehrung zugrunde. Die bösartigen Geschwülste, die von den Deckzellen (Epithel) der Haut, der Schleimhäute und der Drüsen ausgehen, bezeichnen wir als Karzinome — und die, welche vom Stütz- und Bindegewebe aus ihren Ursprung nehmen, als Sarkome. Schon seit Hippokrates (griechischer Arzt, 460—377 v. Chr.) beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Frage der Entstehung bösartiger Geschwülste. Bis heute ist das Problem noch nicht gelöst, weshalb plötzlich im menschlichen Organismus Zellen in abnormer Weise zu wuchern beginnen, um so den Körper zu zerstören. Einen Erbfaktor, eine Überempfindlichkeitsreaktion und einen Infektionserreger können wir nicht mit Sicherheit ausschließen. So viel gilt als sicher: Das Krebsproblem ist ein Zellproblem. Schon vor mehr als 3 Jahrzehnten konnte Professor Warburg1) einen grundlegenden Unterschied Zwischen der gesunden Zelle und der Krebszelle feststellen: während die gesunde Zelle „atmet" und dabei Sauerstoff aufnimmt, um die Nahrungsstoffe zu verbrennen, atmet die Krebszelle nicht; sie gewinnt ihre Energien durch Gärung; dazu braucht sie keinen Sauetstoff. Praktisch kann sich überall im Körper, wo wir Epithelzellen haben, ein Krebs entwickeln. Chronische Reize und chemische Substanzen können dabei eine entscheidende Rolle spielen. Als klassisches Schulbeispiel wird der Lippenkrebs der Pfeifen raucher angeführt. Die Tatsache, daß heute doppelt so viele Menschen an Krebs sterben als um die Jahrhundertwende, ist nicht zu leugnen. Z w a r leben die Menschen heute länger, und damit ist auch die M ö g lichkeit, im späteren Alter an Krebs zu erkranken, größer. Die heutigen Untersuchungsmethoden sind besser als früher — aber alle diese Gründe erklären nicht die Zunahme der bösartigen Geschwülste. I m Anfangsstadium sind die meisten bösartigen Tumoren operabel; der Chirurg kann die Erstgeschwulst entfernen, oder der Röntgenologe bestrahlt sie, ehe sie ihr verhängnisvolles Wachstum entfalten kann. Die Schwester kann beobachtend und oftmals aufklärend die Bedeutung des Krebsproblems bei den Patienten weckcn und sie veranlassen, zeitig den Arzt aufzusuchen.
Zu den natürlichen Abnutzungserkrankungen des menschlichen Körpers gehört die Verkalkung der Arterien. Die Verengung der Gefäße hat eine mangelnde Durchblutung zur Folge; an den Beinen klagen die Patienten über ein anhaltendes Kältegefühl, „als ob sie abgestorben wären". Ein Fortbestehen dieser mangelnden Blut- und damit Sauerstoffzufuhr kann zum Gewebstod führen. Auch am Gehirn und am Herzen macht sich ein Sauerstoffmangel zeitig bemerkbar: die Koronarsklerose führt zum klinischen Bild der Angina pectoris ( = Brustenge). Eine Verkalkung der Hirngefäße führt häufig zum Schlaganfall ( = Apoplexie). Die Apoplexie, bei der der Kranke plötzlich wie von unsichtbarer Hand niedergeschlagen wird, beruht auf einem Riß eines verkalkten Blutgefäßes und der daraus erfolgenden Blutung in das Hirngewebe hinein. Die natürlichen Abnutzungserscheinungen gehen im allgemeinen mit einem Elastizitätsschwund einher. So schwinden bei zunehmendem Alter auch die Knorpelscheiben in den Gelenken: die Wirbelsäule verliert ihre Biegefähigkeit, und an den Gelenken — an den statisch am meisten belasteten häufig zuerst — kommt es zu knöchernen Umbildungen und Wucherungen, zur Arthrosis. Der Elastizitätsschwund der Augenlinse zeigt sich daran, daß das Lesen in der Nähe immer schwieriger wird — die Patienten benötigen eine Lesebrille. Durch äußere Einflüsse können wir dem Entstehen von Krankheiten Vorschub leisten oder es weitgehend verhindern. Jeder denkende Mensch weiß, daß eine zweckmäßige und vernünftige Lebensweise und Ernährung Körper und Geist leistungsfähiger hält. Übermäßiger Genuß von Nikotin, Alkohol und Rauschgiften fügt dem Körper auf die Dauer irreparable Schäden zu. Übermäßiges oder unregelmäßiges Essen können genau so schaden wie das Hungern oder eine vitaminarme Kost. Unterernährung und feuchte *) Warburg,
Physiologe, geb. 1883.
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Einführung
Kellerwohnungen sind die Schrittmacher zahlreicher Krankheiten. Der Körper braucht frische Luft und Bewegung ebenso wie eine zweckmäßige Bekleidung. Die Typeneinteilung nach Kretschmer (Psychiater und Psychologe in Marburg, geb. 1888). Es sind vielfach Versuche unternommen worden, aus der Konstitution eines Menschen seine Neigung zu irgendwelchen Krankheiten zu erkennen. Kretschmer stellte nach dem Erscheinungsbild verschiedene Typen heraus. Unter dem leptosomen Typ versteht er den schmalen, hochgeschossenen und schwächlichen Menschen. Muskulatur und Fettpolster sind wenig ausgebildet. Der Brustkorb ist schmal und abgeplattet; die obere Brustöffnung ist klein, wodurch die Lungenspitzen schlecht durchlüftet werden. Diese Menschen erkranken eher an einer Lungentuberkulose als andere. Die inneren Organe sind, im Verhältnis zur Länge des Körpers, klein angelegt; die Eingeweide sind, da das Stütz- und Bindegewebe sich nicht kräftig entwickelt, häufig gesenkt. Magengeschwüre und Krampfadern beobachten wir in dieser Gruppe häufig. Der Athlet hingegen ist breit und kräftig gebaut. Sein Körperbau läßt ihn hervorragende sportliche Leistungen vollbringen. Sein Gesundheitszustand ist gut. Der Pjkniker ist von gedrungener Gestalt und oft als „dick" anzusprechen. Häufig beobachten wir bei einem massiven Körperbau grazile Extremitäten. Diese Menschen sind in ihrer Stimmungslage überwiegend vergnügt. Ihre Neigung zu Stoffwechselkrankheiten ist ausgesprochen groß (Fettsucht, Zuckerharnruhr, frühzeitige Gefäßverkalkungen, Steinbildungen). Kretschmer ging in seiner Typeneinteilung so weit, daß er behauptete, auch zwischen dem äußeren Erscheinungsbild und der Psyche bestünden enge Beziehungen. Während die Pykniker häufig manisch-depressiv seien, neigten die Leptosomen eher zur Schizophrenie (Seelenspaltung). Die Abwehrkräfte des Körpers. Wird der Körper von einer Krankheit befallen, so versucht er, sofern er kräftig genug ist, selbst damit fertig zu werden, um den gesunden Zustand wieder herzustellen. Er versucht, den erkrankten Körperteil ruhig zu stellen und zu schonen. Die Schmerzfasern des Nervensystems sind als Warnzeichen eingeschaltet und dulden keine überflüssigen Bewegungen. Giftstoffe versucht der Körper auf dem kürzesten Wege zu entfernen. Dringt nun beispielsweise ein Krankheitserreger in den Körper ein, so mobilisiert er ein ganzes System von Abwehrkräften, um den „Feind" zu vernichten. Eine wichtige Rolle spielt bei der Beherrschung von Infektionskeimen das Abwehrsystem des Körpers (das Retikulo-endotheliale System = RES). Das neugeborene Kind, dessen Organe erst nach der Geburt selbständig zu arbeiten beginnen, wird durch Abwehrstoffe aus dem mütterlichen Organismus geschützt, die es durch den Mutterkuchen und später durch die Muttermilch erhält. So sind Kinder im ersten Lebensjahr gegen Masern durch mütterliche Immunkörper gefeit. Später sind sie selbst in der Lage, Abwehrkörper zu bilden. Wir bezeichnen dieses Verhalten als aktive, selbsterworbene Immunität. Über die passive Immunisierung wird später noch ausführlich gesprochen. Mit Hilfe der Haut, der Lymphknoten und des abwehrkörperbildenden Systems schützt sich der Körper vor Krankheiten. Der Arzt wird diesen natürlichen Schutzvorrichtungen genügend Zeit lassen, ihre Tätigkeit zu entfalten und nur dort mit Medikamenten helfend eingreifen, wo die Natur es nicht allein schafft, die Krankheitsursache zu beseitigen; im übrigen
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aber soll er bestrebt sein, den natürlichen Heilungsverlauf zu unterstützen. Nicht jedes Fieber muß künstlich heruntergedrückt werden; es ist dem Arzt in vielen Fällen ein Zeichen der guten Abwehrfähigkeit des Körpers. Ein völlig erschöpfter Organismus ist manchmal nicht mehr in der Lage, eine Fieberreaktion aufzubringen. In Fällen chronischer Krankheitszustände wird darum das Fieber gelegentlich künstlich erzeugt, um die Abwehrkräfte zu mobilisieren. Die Krankheitszeichen — Symptome — helfen dem Arzt, die Ursache zu erkennen. Wir müssen in ihnen die sichtbaren Zeichen der Abwehr- und Ausgleichsvorgänge sehen, die einen Heilungsprozeß einleiten. Nicht der Helfer ist der beste, der beim geringsten Anlaß sofort ein Mittel gibt, sondern der, der den rechten Zeitpunkt zum Eingreifen erkennt. Von entscheidender Wichtigkeit ist dabei allerdings auch die Einstellung des Kranken selbst zu seiner Krankheit und der Wille zum Gesundwerden. Es gibt Menschen, die nicht gesunden wollen, die ihre Krankheit „pflegen" und sich in diesen Zustand des Mitleiderregens hineinflüchten. Zumeist spielen persönliche Wünsche oder ein Versagen in irgendeiner wichtigen Situation eine Rolle. Diesen Menschen können wir nicht mit einem Medikament helfen, sie bedürfen unseres guten Zuspruchs und eines verständnisvollen Rates. Gerade die Schwester, die den ganzen Tag um den Patienten ist, kann ihm mit einer freundlichen, hilfsbereiten Art, aber gelegentlich auch mit einem energischen Wort — in Güte gesprochen — auf den Weg zu sich selbst zurückzufinden helfen.
I. Atmungsorgane A. Nasen-Kehlkopf räum
B. Physiologie der Atmung
C. Erkrankungen der Atmungsorgane
A. Nasen-Kehlkopfraum i.
Physiologie des Nasen-Kehlkopfraumes
2. Krankheiten im Nasen-Kehlkopfraum
1. Physiologie des Nasen-Kehlkopfraumes
Die Luft, die der Mensch einatmet, muß, ehe sie die Luftröhre und die Bronchien erreicht, den Nasen-Rachen- und Kehlkopfraum passieren. Hier wird sie gereinigt, erwärmt und angefeuchtet. Zahlreiche Riechkörperchen sind in die Nasenschleimhaut, die das Naseninnere in vielen Buchten auskleidet, eingelassen. Sie nehmen schädliche Beimengungen der Luft wahr und mobilisieren gegebenenfalls die Schutzvorrichtungen des Körpers. Das N i e s e n dient meist zur Entfernung von Fremdkörpern (Schleim, Staub) aus den oberen Atemwegen: Es beginnt mit einer tiefen Einatmung ( = Inspiration). Bei geschlossenem Munde folgt dann ein plötzlicher Exspirationsstoß ( = Ausatmung) durch die Nase; gleichzeitig wird der vom weichen Gaumen geschlossene Nasen-Rachenraum gesprengt. Eine ähnliche Schutzmaßnahme für die tieferen Luftwege ist das H u s t e n : Der geschlossene Kehlkopfdeckel wird mit einem kräftigen Exspirationsstoß gesprengt; dabei werden Fremdkörper oder Schleim herausgebracht. Der K e h l k o p f (Larynx) bildet den oberen Abschluß der Luftröhre; er verbindet den Nasen-Rachenraum mit der Luftröhre (Trachea). Der Kehlkopf wird von drei Knorpeln gebildet: dem großen Schildknorpel, der am oberen und unteren Ende je zwei Hörner trägt, dem darunterliegenden Ringknorpel und den paarigen Gießbeckenknorpeln. Diese drei Teile sind untereinander durch Bänder und Gelenke verbunden. Im Rachenraum nimmt der Luftstrom mit den Speisen einen gemeinsamen Weg. Ein rechtzeitiges Schließen des Kehlkopfdeckels verhindert ein „Verschlucken", d. h. ein Hineinrutschen von Speiseteilen in die Luftwege. Wird die Kehlkopfschleimhaut durch Fremdkörper oder beizende Dämpfe gereizt, so schließt sich der Kehlkopfdeckel reflektorisch. Im Kehlkopf wird auch die Stimme gebildet. Bei der Stimmgebung (Phonation) wird der Luftstrom im Nasen-Rachenraum durch die gespannten Stimmbänder in Schwingungen versetzt. Die Tonhöhe hängt von der Zahl der Schwingungen ab. Wenn die Stimmbänder nicht mitschwingen, wird die Flüstersprache gebildet, bei der die Stimmritze offen steht. Die Kehlkopfmuskeln spannen die Stimmbänder und erweitern oder verengen die Stimmritze (Glottis). Je nach dem Spannungszustand wird ein hoher
Krankheiten im Nasen- und Kehlkopfraum
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oder ein tiefer Ton erzeugt. Der Klang kommt erst durch die Resonanz im NasenRachenraum zustande. 2. Krankheiten im Nasen- und Kehlkopfraum
a) Adenoide Vegetationen b) Schnupfen c) Heuschnupfen d) Chronischer Schnupfen
e) Nasenbluten f ) Kehlkopfkatarrh g) Kehlkopftuberkulose h) Kehlkopfgeschwülste
a) A d e n o i d e V e g e t a t i o n e n Ursache: Bei Kindern beobachtet man häufig Wucherungen des lymphatischen Gewebes im hinteren Nasenraum, sog. „Adenoide Vegetationen", im Volksmund „Polypen" genannt. Symptome: Die Kinder fallen dadurch auf, daß sie mit geöffnetem Munde und nicht, wie es natürlich ist, durch die Nase atmen. Sie hören schwer und bleiben daher in der Schule zurück. Therapie: Durch ein operatives Herausschälen dieser Wucherungen wird den Kindern schlagartig geholfen. b) S c h n u p f e n (Rhinitis) Ursache: Der Erreger ist noch unbekannt, aber aus seiner leichten Übertragbarkeit schließt man, daß es sich um eine Infektionskrankheit handeln muß. Da die Nasenschleimhaut entzündlich geschwollen ist, atmen die Patienten durch den geöffneten Mund aus und ein. Somit fallen auch die Schutzvorrichtungen fort, die die Nase sonst erfüllt; Kehlkopf- und Luftröhrenschleimhaut trocknen aus. Symptome: Der Schnupfen ist ein oberflächlicher Katarrh der Nasenschleimhaut mit vermehrter Schleim- und Eitersekretion. Er beginnt meist mit Kratzen und Brennen im Hals. Die Rachenschleimhaut ist entzündlich geschwollen. Ein Kitzelgefühl in der Nase löst einen starken Niesreiz aus. Meist klingt der Katarrh in wenigen Tagen ab. Höheres Fieber und starke Kopfschmerzen legen den Verdacht einer Nasennebenhöhlenbeteiligung nahe. Therapie: Die Behandlung besteht in Schwitzpackungen und Gaben von heißem Tee und Aspirin sowie Mitteln, die die Schwellung der Schleimhaut vermindern. Zur Lösung des Schleimes dient das Inhalieren von Wasserdampf. c) H e u s c h n u p f e n Ursache: Der Heuschnupfen (Heufieber) ist eine allergische Krankheit. Der Begriff Allergie wird im allgemeinen Teil der Infektionskrankheiten besprochen. Sie tritt besonders zur Zeit der Weidenblüte im März und während der Gräserblüte vom Mai bis Juni bei disponierten Menschen auf. Ausgelöst wird der Heuschnupfen durch die Reizwirkung der Pollenkörper. Viele Patienten erkranken regelmäßig in jedem Jahr. Symptome: Eine starke Schwellung und Sekretion der Nasenschleimhaut führt zu heftigem Niesreiz. Die Beschwerden können wochenlang fortbestehen. Therapie: Wenn die Ursache bekannt ist, empfiehlt es sich, den Kranken nach Möglichkeit aus dem Bereich der schädigenden Stoffe herauszunehmen: Aufenthalt an der
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Atmungsorgane
See oder im Hochgebirge zur Zeit der Gräserblüte. Zur medikamentösen Behandlung werden antiallergische Mittel verwendet (Antihistamin-Präparate). d) C h r o n i s c h e r S c h n u p f e n Ursache: Der chronische Schnupfen (Stockschnupfen) wird in den meisten Fällen durch anhaltende berufliche Schädigungen, wie Einwirkung von Dämpfen und Gasen, ausgelöst. Er kann zur Hypertrophie oder zur Atrophie der Schleimhaut führen. Symptome: Die Krankheitszeichen sind zunächst die gleichen wie bei der akuten Rhinitis. Therapie: In vielen Fällen wird der Arzt zu einem Arbeitsplatzwechsel raten. Wucherungen müssen operativ entfernt werden. Komplikationen: Durch besondere Krankheitserreger kann es zu einer zerstörenden und austrocknenden Schleimhautentzündung mit Borkenbildung kommen, die durch ihren üblen Geruch gekennzeichnet ist. Die Krankheit wird als Ozaena oder Stinknase bezeichnet. Der unangenehme Geruch wird dem Patienten selbst kaum bewußt, da er mit dem Schwund des Epithels und der Schleimhaut auch seine Riechfähigkeit einbüßt. Therapie: In der Behandlung gilt es zunächst, die Borken zu entfernen. Das geschieht durch lauwarme Kaliumpermanganat- oder Borwasserlösung. Mit antibiotischen Mitteln wird die Eiterung in den meisten Fällen beherrscht. e) N a s e n b l u t e n (Epistaxis) Ursache: Das Nasenbluten (Epistaxis) wird häufig durch äußere Gewalteinwirkung ausgelöst; bei manchen empfindsamen Patienten genügt schon ein heftiges Schnauben. Schwere Infektionskrankheiten können durch ihre Giftstoffe die Nasengefäße so schädigen, daß Blutungen auftreten (z. B. beim Scharlach). Ort des Nasenblutens ist in der Regel der „Locus Kiesselbachi" (Kiesselbach, Hals-Nasen-Ohrenarzt in Erlangen, 1839—1902), der vorn im Bereich der knorpligen Nasenscheidewand liegt. Therapie: Die Behandlung richtet sich nach dem zugrundeliegenden Leiden. Die Schwester muß sich im Ernstfalle zu helfen wissen: Der Patient wird ruhig gelagert, er soll möglichst nicht schnauben, evtl. Eisblase in den Nacken. Bis der Arzt kommt und die blutende Stelle aufsucht, ist es zweckmäßig, den entsprechenden Nasenflügel gegen die Nasenscheidewand zu drücken. Oft steht die Blutung dann in ganz kurzer Zeit. Der Arzt entscheidet über die weiteren Maßnahmen (Tamponade, Verödung des blutenden Gefäßes). f) K e h l k o p f k a t a r r h (Laryngitis) Ursache: Der Kehlhopfkatarrh ist zumeist eine Teilerscheinung eines katarrhalischen Infektes der oberen Luftwege. Mit dem Laryngoskop (Kehlkopfspiegel) kann der Arzt den Kehlkopf gut übersehen und vorhandene Veränderungen, Entzündungen und Stimmbandlähmungen erkennen. Symptome: Die Stimme ist heiser bis zur Stimmlosigkeit. Der Kranke klagt über Kratzen im Hals und über Hustenreiz. Therapie: Die Behandlung besteht in Stimmruhe. Der Kranke soll heiße Getränke bekommen, feuchtwarme Kompressen auf den Hals und, wenn nötig, hustenstillende Mittel.
Krankheiten im Nasen- und Kehlkopfraum
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g) K e h l k o p f t u b e r k u l o s e Ursache: Die Kehlkopftuberkulose ist häufig eine Begleiterscheinung der Lungentuberkulose. Symptome: Sie ist durch eine chronische Heiserkeit charakterisiert. Bei tiefgreifenden Veränderungen an den Stimmbändern kann die Stimme völlig schwinden. Therapie: Neben strenger Stimmruhe spricht die Kehlkopftuberkulose sehr gut auf tuberkulostatische Mittel an. h) K e h l k o p f g e s c h w ü l s t e Gutartige Geschwülste sind die Polypen. Bösartig ist das Karzinom, das sich im Kehlkopf vorzugsweise an den Stimmbändern entwickelt. Die Therapie besteht in einer möglichst frühzeitigen Entfernung ( = Exstirpation) des Kehlkopfes. B. Physiologie der Atmung Solange ein Organismus oder ein Organ leben, brauchen sie Sauerstoff. Der Mensch entnimmt seiner Nahrung die zum Leben notwendigen Energien. Sie werden unter Verbrauch von Sauerstoff frei. Dieser Vorgang wird als Verbrennung bezeichnet. Durch die Atmung wird dem Körper Sauerstoff zugeführt, eine Aufgabe, die im wesentlichen von den Lungen geleistet wird; daneben kommt auch noch die Haut als Atmungsorgan in Frage (etwa ein Prozent). Als Endprodukte der Verbrennung werden Kohlendioxyd und Wasser ausgeschieden. Man unterscheidet eine äußere und eine innere Atmung. Als äußere Atmung bezeichnet man den Gasaustausch zwischen der äußeren Luft und dem Blut •— als innere Atmung den Gasaustausch zwischen dem Gewebe und dem Blut. venös
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e angewandt: trockne oder feuchte Wärme. Das einfachste und sicherste Verfahren ist die Verbrennung. Es kann nur mit wertlosen Gegenständen geschehen, wie Papier, Spucknäpfen aus Pappe oder Zellstoff. Eine Abart ist das Ausglühen. Heißluft wirkt bei 180° bis 200° keimtötend. Die Heißluftsterilisation, die Sterilisation durch strömenden Dampf und das noch übliche Auskochen von Gegenständen, werden im Chirurgischen Teil besprochen (Band II). Heißluft wird zur Entlausung und zur Entseuchung von Kleidungsstücken verwandt (s. Praktische Durchführung der Desinfektion}.
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Gegenstände aus Metall, Glas, Porzellan und.waschbare Kleidungsstücke werden durch feuchte Wärme (siedendes Wasser 98 bis ioo° mindestens 15 Minuten lang) desinfiziert. Chemische Desinfektionsmittel In der Vernichtung krankmachender Keime nehmen die chemischen Desinfektionsmittel einen breiten Raum ein. In der Beurteilung der einzelnen Mittel sind neben der keimtötenden Wirkung Fragen der Giftigkeit, der schädigenden Folgen auf Gewebe und Farben, des Geruches und des Preises von Bedeutung. Man unterscheidet „Grobdesinfektionsmittel" (zur Desinfektion großer Räume, Abortanlagen, Müllhaufen), „Raumdesinfektionsmittel" (zur Entseuchung von Krankenzimmern, Einrichtungsgegenständen und Ausscheidungen der Kranken) und „Feindesinfektionsmittel" (zur Desinfektion der Hände, Instrumente und empfindlicher Kleidungsstücke). Als Grobdesinfektionsmittel wird Kalkmilch verwandt. Sie ist billig, geruchlos und besitzt eine gute desinfizierende Wirkung. Sie muß vor dem Gebrauch frisch hergestellt werden, da sie sonst unter Einwirkung von Luftkohlensäure zersetzt wird. Man geht folgendermaßen vor: gebrannter Kalk wird vorsichtig in einem geräumigen Gefäß mit Wasser besprengt, bis die Stücke in Pulver zerfallen. Da das unter erheblicher Wärmeentwicklung und gelegentlich unter Hochspritzen von Ätzkalkteilchen vor sich geht, gilt es, besonders vorsichtig zu sein. Kalkmilch entsteht durch Beimischung von drei Teilen Wasser zu einem Teil Kalkpulver. Man verwendet sie zur Desinfektion von Stuhl, Urin, Erbrochenem, gebrauchtem Waschwasser der Kranken und von Aborten. Der Stuhl Typhuskranker wird mit Kalkmilch (im Verhältnis 1:3) überschüttet und dann durch Umrühren gemischt. Die Kalkmilch muß mindestens zwei Stunden lang auf alle Stuhlteilchen einwirken können. Bakterien werden von Kalkmilch abgetötet, Sporen aber nicht. Chlorkalk, hergestellt aus einem Teil des käuflichen Chlorkalkpulvers vermischt mit 5 Teilen Wasser, wird zum gleichen Zwecke verwandt wie die Kalkmilch. Sie wirkt darüber hinaus sporenvernichtend. Wäsche wird durch Chlor angegriffen; chlorhaltige Mittel sind also dafür ungeeignet. Das wichtigste Raumdesinfektionsmittel ist der Formaldehyd. Unter Beimischung von Wasserdampf wird es zur Desinfektion von Krankenzimmern mit seinen Einrichtungsgegenständen angewandt. Es ist ein stechend riechendes Gas, das als „Formalinlösung" (3 5 % Formaldehyd) und als Formalintablette im Handel ist. 1. Formalindämpfe machen Bücher, Briefe, Spielzeug u. ä., wenn sie 24 Stunden in einem geschlossenen Kasten einwirken können, keimfrei. 2. Das Formalin wird weiter als 3,5%ige Lösung in der Desinfektion von Viruskrankheiten angewandt, doch ist der unangenehme Geruch auf die Dauer für Kranke und für das Pflegepersonal lästig. 3. Als Virusdesinfektionsmittel müssen neben dem Formaldehyd andere stark oxydierende Substanzen (Jod, Chlor, Wasserstoffsuperoxyd) erwähnt werden. Alle diese Mittel greifen aber bei längerem Gebrauch die Haut an. Ein schonendes Desinfektionsmittel, das gleichzeitig die Viren zuverlässig vernichtet, gibt es noch nicht.
Unter den übrigen chemischen Desinfektionsmitteln, die als Raum- und Feindesinfektionsmittel benutzt werden, stehen die Kresolpräparate, die aus Steinkohlenteer gewonnen werden, an erster Stelle. Die Kresolseifenlösung, bestehend aus 50% Kresol und 50% Schmierseife, ist billig und ein sehr brauchbares Desinfektionsmittel. Eine 5%ige Lösung eignet sich zum Abwaschen der Fußböden, Bettstellen, Wände und Möbel
Infektionskrankheiten
im Krankenhaus; in einem Privathaushalt wird es sich allerdings in vielen Fällen nicht anwenden lassen, da Tapeten, die Hölzer der Betten und Möbel Schaden erleiden können. Auch zur Wäschedesinfektion läßt sich die Kresolseifenlösung gut verwenden: man läßt die Wäsche in einer 5%igen Lösung (== 50 g auf 1 l Wasser) 2 bis 3 Stunden liegen, spült sie gut aus, trocknet sie und gibt sie dann in die allgemeine Wäsche. Auch Nachtgeschirre und Uringefäße werden damit einwandfrei gereinigt. Für Eßgeschirre ist sie wegen des Geruches nicht zu verwenden. Das Alkaljsol, eine Kresolseifenlösung mit Zusatz von freiem Alkali, hat sich in der Desinfektion von tuberkelbazillenhaltiger Wäsche und tuberkelbazillenhaltigem Auswurf bewährt. Daneben werden gebraucht: Tb-Bacillol, Chloramin und Rohchloramin. Wäsche wird in einer 2%igen Lösung 12 Stunden lang eingeweicht; Sputum wird in einer 5%igen Lösung mindestens 4 Stunden lang desinfiziert, ehe es in ein normales Abflußbecken geschüttet werden darf. Die Menge des Desinfektionsmittels muß etwa doppelt so groß sein wie die aufzunehmende Sputummenge. Die Karbolsäure (in 3%iger Lösung) wird heute kaum noch angewandt. Sie ist teurer als die Kresolseifenlösung und leistet nicht mehr. Von ausgezeichneter Wirkung sind Zepbirol undQuartamon. In 1- bis 2%iger Lösung werden sie zur Desinfektion der Hände, der Wäsche, des Eßgeschirrs, für Leder und Gummi angewandt. In io%iger Lösung dient es bei einer Einwirkungsdauer von V4 bis 1/2 Stunde zum Keimfreimachen von Instrumenten, jedoch sollten diese nur sterilisiert werden. Zur Vermeidung von Rostbildung setzt man Soda zu (1 bis 2 Teelöffel auf 1 / Lösung). Zephirol und Quartamon sind bei der Vernichtung von Tuberkelbazillen unbrauchbar. Sagrotan ist eine Verbindung von Chlor, Kresol und Seife. In 2%iger Lösung wird es zur Desinfektion der Hände, von Instrumenten, Fußböden und Wänden verwandt. Wäsche bleibt 6 bis 8 Stunden in 1 %iger Lösung, Geschirr und Glassachen werden 2 Stunden lang (keine Spritzen!) in 2%ige Lösung gelegt. Es tötet Keime und Sporen und wird wegen seiner Zuverlässigkeit und seines angenehmen Geruches von den Ärzten in der Praxis gern verwandt. Chloramin ist ein Chlorabkömmling. Es wird wegen seines geringen Chlorgeruches gern gebraucht. Es vernichtet Keime und Sporen, die oberflächlich liegen. Zur Händedesinfektion, nach dem Waschen mit Bürste und Seife, wird eine o,5%ige oder i%ige Lösung genommen. Die „Freiburger Lösung" eignet sich für den praktisch tätigen Arzt sehr gut zum Aufbewahren der Spritzen. Sie enthält auf 200,00 Aqua destillata: 3,0 Borax, 5,0 Formaldehyd und 0,8 Phenol. Das Sublimat ist ein Quecksilbersalz, das außerordentlich giftig ist und in einer Verdünnung von 1 : 1000 zur Desinfektion angewandt wird (1,0 g auf 1 l Wasser!). Es vernichtet mit Sicherheit Bakterien und bei genügend langer Einwirkung auch Sporen. Es greift aber Metalle an und schädigt bei vielen Menschen bei häufigerem Anwenden die Haut. Sublimat ist ein schweres Gift. Es kommt in 1 g schweren Tabletten in den Handel und muß im Giftschrank aufbewahrt werden. Andernfalls macht sich die Schwester oder der Pfleger einer groben Verantwortungslosigkeit schuldig, die schwere Folgen haben kann. Sublimat ist farblos und könnte daher leicht mit harmlosen Tabletten verwechselt werden. Die Tabletten dürfen daher nur mit einem roten
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Farbzusatz (EosinfarbstofF) deutlich kenntlich gemacht in den Handel kommen. Das ebenfalls zu Desinfektionszwecken verwandte Quecksilberoxyzyanat wird durch Methylenblauzusatz blau gefärbt. Alkohol darf heute nicht mehr als Desinfektionsmittel verwandt werden. Es ist staatlich verboten, Spritzen und Instrumente in alkoholischen Lösungen aufzubewahren; denn Gasbrand- und Tetanusbazillen und Sporen anderer Keime halten sich nicht nur, sondern vermehren sich in Alkohol. Neben den „amtlich zugelassenen" Desinfektionsmitteln sind in neuerer Zeit eine Anzahl von Mitteln in den Handel gekommen, die weniger giftig im Gebrauch und angenehmer im Geruch sind. Jedes dieser Mittel muß jedoch vom Kreisarzt genehmigt sein. b) P r a k t i s c h e D u r c h f ü h r u n g der D e s i n f e k t i o n Die Desinfektion hat den Sinn, die vorhandenen Keime zu vernichten und die Ausbreitung von Krankheitskeimen vom erkrankten Menschen aus zu verhüten. Ärzte, Pflegende und Angehörige müssen sich vor der Ansteckung schützen. Jede Erkrankung kann zum Ausgangspunkt einer Epidemie werden. Die Maßnahmen setzen in dem Augenblick ein, wo der Verdacht auf Vorliegen einer ansteckenden Krankheit vom Arzt geäußert wird. D e s i n f e k t i o n am K r a n k e n b e t t Zunächst wird der Infektionsverdächtige oder -kranke isoliert. Im Privathaus kommt er in ein Einzelzimmer, im Krankenhaus auf die Isolierstation. Zu Hause werden überflüssige Möbel, Teppiche und staubfangende Vorhänge entfernt. Es genügen Bett, Nachttisch, ein Stuhl und ein kleiner Tisch, auf dem notfalls etwas abgelegt werden kann. Alle Gegenstände müssen täglich mit einer Desinfektionslösung Staub gewischt werden. Außer dem Arzt, dem Seelsorger und dem Pflegepersonal darf niemand ohne ärztliche Zustimmung das Krankenzimmer betreten. Der Kranke muß Nachtstuhl oder Steckbecken benutzen. Auch zu Hause darf der Darmkranke die allgemeine Toilette nicht benutzen, die Gefahr der Weiterverbreitung wäre zu groß. Es müssen, solange die Isolierpflicht besteht, alle infektiösen Ausscheidungen des Erkrankten und alle Gegenstände, mit denen er in Berührung kam und kommt, desinfiziert werden. Wird der Kranke auf ärztlichen Rat hin in ein Krankenhaus eingewiesen, so wird der Raum, in dem er zu Hause gelegen hat, durch einen Desinfektor des zuständigen Gesundheitsamtes desinfiziert. Das Gesundheitsamt wird durch eine Meldung des einweisenden Arztes oder des Krankenhausarztes in Kenntnis gesetzt (gesetzliche Meldepflicht s. S. 191 f.). Das Transportmittel, in dem der Kranke von seiner Wohnung ins Krankenhaus gebracht wird, unterliegt ebenfalls dem Desinfektionszwang. Dann müssen die Kleidungsstücke und Gegenstände entseucht werden, die der Patient trug, als er erkrankte. Fast jedes größere Krankenhaus oder jeder größere Landkreis in Deutschland hat heute eine moderne Desinfektionsanlage, die den gestellten Anforderungen entspricht. Zwischen zwei sonst völlig getrennten Räumen wird ein Dampfkessel eingebaut, der zwei Türen hat. Von der „unreinen" Seite werden die infizierten Kleidungsstücke, Matratzen und Decken eingeschoben, die zur Schonung der Sachen nur allmählich in strömendem Dampf auf ioo° erhitzt werden. Der Dampf tötet mit Sicherheit, wenn er eine Stunde einwirken kann, Bazillen ab. Anschließend werden die Stücke von der „reinen Seite" herausgenommen. Nach Möglichkeit soll das Hinein-
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schieben und das Herausholen der Sachen durch verschiedene Personen erfolgen, um eine Neuinfektion mit Sicherheit auszuschließen. Es ist Aufgabe der Schwester oder des Pflegers, darauf zu achten, daß keine Wollsachen in den Desinfektionskessel gegeben werden. Der Eigentümer könnte den Schuldigen „juristisch" für Schäden haftbar machen. Auch Ledersachen, Gummi, Samt, Pelze, Bücher, Puppen oder ähnliches dürfen keinesfalls in strömenden Dampf gebracht werden. Diese und ähnliche Gegenstände sind mit Formaldehyddämpfen zu desinfizieren. Wasser und Seife sind im täglichen Leben und in der Krankenpflege die wichtigsten Mittel und Grundlagen der Entkeimung. Nur dort, wo peinlichste und dauerhafte Sauberkeit gewahrt wird, kann mit Erfolg entseucht werden. In jedem Isolierzimmer müssen mehrere Schutzkittel in Türnähe hängen, die von jedem, der den Raum betritt, übergestreift werden müssen. Hängt der Kittel im Zimmer, so ist darauf zu achten, daß die infizierte Seite nach außen geschlagen ist. Beim Verlassen des Zimmers darf der Kittel nicht aus dem Isolierraum hinausgetragen werden. Nach jedem Aufenthalt in einem Infektionskrankenzimmer sind die Hände vorschriftsmäßig zu waschen. Vor jedem Isolierzimmer muß eine Waschschüssel mit einer Desinfektionslösung stehen, in der die Hände drei Minuten lang gewaschen werden und eine zweite Schüssel mit Wasser, in der sie abgespült werden. Die desinfizierende Lösung richtet sich nach der Art des Erregers; sie ist täglich mindestens einmal zu erneuern. Für Pfleger und Schwestern, die auf Infektionsabteilungen arbeiten (möglichst nicht gleichzeitig auf anderen Stationen), ist eine ausreichende Ruhezeit und eine gehaltvolle Ernährung besonders wichtig. Die Gefahr der Ansteckung wird dadurch geringer. Das Krankenzimmer auf der Isolierstation muß besonders sorgfältig sauber gehalten werden. Für überflüssige Gegenstände ist hier kein Platz: Der Fußboden muß mindestens einmal am Tage feucht aufgewischt werden, am besten mit einer 5 %igen Kresolseifenlösung. Die verunreinigten Betten oder Wände werden in gleicher Weise gesäubert. Die desinfizierende Lösung muß mindestens 3 bis 5 Minuten einwirken, ehe sie mit klarem Wasser abgespült werden darf. Nach jeder Mahlzeit muß das Eßgeschirr gesondert behandelt werden. Sind verschiedene Infektionen auf einer Station, so wird das Geschirr mit einer 3%igen Sodalösung im Zimmer gereinigt und bleibt hier; es darf nicht in die Küche kommen. Alle Ausscheidungen, Stuhl, Urin und Auswurf werden, sofern sie infektiös sind, fortlaufend desinfiziert. Der Stuhl Darmkranker wird mit Kalkmilch (Verhältnis 1 : 3) verrührt und bleibt mindestens 2 Stunden im Steckbecken stehen, ehe er in die Kanalisation gegeben werden darf. Der Stuhl von Poliomyelitiskranken (Kinderlähmung) wird in gleicher Weise mit Chlorkalk (Verhältnis 1 : 5 ) vermengt. Infizierter Urin wird zu gleichen Teilen mit einer 2%igen Lysoform- oder Sagrotanlösung versetzt und 2 Stunden stehengelassen, ehe er in die Kanalisation geschüttet werden darf. Der Auswurf Lungenkranker, insbesondere Tuberkulöser, kann ansteckende Bakterien enthalten. Diese Patienten dürfen nur in ein Speiglas abhusten, das zu einem Drittel mit 5%iger Alkalysol-, 5%iger Tb-Bacillol- oder 6%iger Rohchloramin-Lösung angefüllt wird und mit einem Deckel verschlossen werden kann. In dem Gefäß dürfen keine größeren Luftblasen enthalten sein. Die Menge des Desinfektionsmittels muß etwa dopnelt so groß sein wie die aufzunehmende Sputummenge. Der Inhalt der einzelnen
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Speigläser kommt später in ein Sammelgefäß, in dem sich nochmals desinfizierende Lösung befindet. Ehe dieser Auswurf fortgeschüttet werden darf, muß die desinfizierende Lösung mindestens vier Stunden eingewirkt haben. In manchen Kliniken wird der Auswurf in Pappspucknäpfen aufgefangen und anschließend verbrannt. In Tuberkulosekrankenhäusern findet man außerdem für die Entkeimung des Auswurfes und der Sammelgefäße besondere Dampfdesinfektionsapparate. Blut, Eiter oder Verbände infektionskranker Patienten, bei denen die Möglichkeit einer Übertragung besteht, werden verbrannt. Leibaw/tf, Bettwäsche, Taschentücher, Servietten und die Kittel des Pflegepersonals werden 6 bis 8 Stunden in eine i %ige Sagrotanlösung gelegt, ehe sie in die Wäscherei oder den Angehörigen mit nach Hause gegeben werden dürfen. Es ist zweckmäßig und üblich, daß Infektionskranke in der Klinik nur Krankenhauswäsche benutzen. S c h l u ß de s i n f e k t i o n Die Schlußdesinfektion wird durchgeführt, wenn die Isolierungspflicht nach den geltenden polizeilichen Bestimmungen aufgehoben werden kann oder wenn der Kranke in ein anderes Zimmer verlegt wird. Auch nach dem Tode eines infektiösen Kranken muß sie durchgeführt werden. Die Maßnahmen betreffen den Genesenden, der nach Hause entlassen wird, das Krankenzimmer, in dem er lag und die Nebenräume, die evtl. benutzt wurden. Im Todesfalle auch die Leiche. Bevor ein Patient aus der Isolierstation entlassen werden kann, müssen ausreichende bakteriologische Untersuchungsbefunde vorliegen. Nach einer gründlichen Reinigung in einem Vollbad darf er dann die Isolierstation in sauberer Kleidung verlassen. Selbstverständlich darf er nach dem Bad nicht mehr in sein Krankenzimmer zurück, auch nicht „um sich nur von den übrigen Mitkranken zu verabschieden". Sämtliche von dem Infektionskranken benutzten Gegenstände müssen nach Beendigung der Isolierung desinfiziert werden (Briefe, Radio, Waschzeug, Kleidungsstücke). Nicht waschbare Sachen, wie Uniformen, Mäntel, Ledertaschen und Bücher werden durch Formaldehyddämpfe desinfiziert. Sie müssen anschließend noch eine Weile in frischer Luft bleiben, damit sie ihren beißenden Geruch verlieren. Zahnbürste, Kamm und Bürste werden gegebenenfalls in einer Formalinlösung desinfiziert. Matratzen und Decken werden unter Beachtung der geltenden Schutzbestimmungen zum Desinfektionsraum gebracht; die Bettstelle, der Nachttisch und alles, was mit dem Kranken in Berührung kam, wird wie oben geschildert gereinigt. Außer einem geschlossenen Schutzkittel trägt die Schwester ein Kopftuch, das die Haare vollständig bedeckt. Es ist erforderlich, den Fußboden und die Wände, die darum in Infektionskrankenzimmern einen abwaschbaren Ölanstrich haben, mit einer Desinfektionslösung abzuwaschen. Zur guten Scheuerdesinfektion gehört auch ein gründliches Lüften. In einigen Fällen wird der behandelnde Arzt oder der Amtsarzt es für nötig halten, z. B. beim Scharlach, eine Raumdesinfektion mit Formalin anzuordnen; sie wird im allgemeinen nach den bestehenden Vorschriften durch einen geprüften Desinfektor ausgeführt. Dann können — eine Ausnahme macht die Tuberkulose — sämtliche Gegenstände im Zimmer bleiben. Bett und Nachttisch werden auseinandergenommen und die Matratzen hochgestellt. Die Kleider und Decken werden
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locker auf eine quer durch das Zimmer gespannte Leine gehängt. Dann werden Fenster und Türen verschlossen und alle Ritzen einschließlich des Schlüsselloches mit Watte abgedichtet und mit Klebestreifen verklebt. In Privatwohnungen muß darauf geachtet werden, daß evtl. vorhandene Ölgemälde, Pflanzen und Tiere vorher entfernt werden. Nach Größe des Zimmers wird die erforderliche Menge Formaldehyd und Wasser in den Verdampfungsapparat gefüllt, der in der Mitte des Zimmers aufgehängt oder aufgestellt wird. Dann entzündet der Desinfektor die Flamme darunter und verläßt das Zimmer, das für mindestens vier Stunden geschlossen bleibt. Der Wasserdampf überzieht sämtliche Gegenstände des Zimmers mit einer Flüssigkeitsschicht, so daß sich eine Formalinlösung bildet, die keimtötend wirkt. Frühestens nach vier Stunden ist die Desinfektion, die sich jedoch nur auf die Oberfläche bezieht, beendet. Dann gibt es zwei Möglichkeiten, die restlichen Formalindämpfe, die durch ihren stechenden Geruch einen Reizhusten auslösen und die Tränendrüsen reizen können, herauszulassen: entweder werden die Fenster geöffnet (dabei muß sich die Schwester, die das Zimmer als erste betritt, um das Fenster zu öffnen, eine feuchte Kompresse vor Mund und Nase halten!). Das Zimmer kann frühestens 24 Stunden später belegt werden. — Anderenfalls werden Ammoniakdämpfe durch das Schlüsselloch in das sonst noch hermetisch verschlossene Zimmer eingelassen, wodurch der stechende Formaldehydgeruch beseitigt wird. Man kann statt dessen auch mehrere flache Schalen mit Salmiakgeist aufstellen, der den überschüssigen Formaldehyd bindet. Nach dieser Desinfektion erfolgt das gründliche Scheuern, danach erst das Einräumen. Das Bett wird zusammengestellt und frisch bezogen, der nächste Patient kann aufgenommen werden. B. Spezieller Teil 1. Akute bakterielle Infektionen 2. Chronische bakterielle Infektionen }. Viruskrankheiten
/. Rickettsienerkranhmgev 6. Krankheiten durch tierische Erreger 7. Geschlechtskrankheiten
4. Spirochätenerkrankungen
8. Rheumatische Erkrankungen
b) c) d) f) i) h) i)
1. Akute bakterielle Infektionen Angina catarrhalis j) Botulismus Angina diphtherica k) Bazillenruhr Serumkrankheit 1) Bangsche Krankheit m) Hirnhautentzündung (Meningitis) Serumschock 2) Keuchhusten n) Lepra Bauchtyphus 0) Pest Paratyphus (A und B) P) Rotz Cholera q) Milzbrand Nahrungsmittelvergiftung r) Tetanus (Infektiöse Gastroenteritis) s) Tularämie
a) A n g i n a c a t a r r h a l i s (Halsentzündung, Tonsillitis) (Tafel I X , Bild 1) Als Angina catarrhalis bezeichnet man die Entzündung der Gaumenmandeln und ihrer Umgebung. Die entzündliche Schwellung führt zu einer Enge des Rachens (Angina = Enge), die Schluckbeschwerden verursacht. Sie kann als selbständige Krankheit oder als Begleiterkrankung auftreten. Erreger: Bei der einfachen Angina (Angina catarrhalis oder Angina simplex) findet man im Rachenabstrich häufig hämolytische Streptokokken, manchmal Staphylokokken und 2 ) sind keine bakteriellen Infektionen; werdennur aus Gründen des Zusammenhanges hier erwähnt.
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oder auch Pneumokokken. Die Ansteckung erfolgt meistens durch Tröpfcheninfektion. Vorangehende „Erkältungen" spielen offenbar bei der Neigung zur Erkrankung eine Rolle, weil durch nässende Unterkühlung die Widerstandskraft des Körpers herabgesetzt wird. Symptome: Frösteln mit plötzlichem Fieberanstieg (bis 40°) und erheblichem allgemeinem Krankheitsgefühl, Kopf- und Gliederschmerzen. Sehr bald kommt es zu Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden, in den folgenden Stunden zeigt sich ein Belag auf beiden Tonsillen: gelbliche Pfropfe in den Krypten, meist nicht zusammenhängend, aber abwischbar. Entweder sind bei der Angina catarrhalis die Lymphfollikel (Lymphonoduli) in den Gaumenmandeln geschwollen — dann spricht man von „angina follicularis" — oder aber Pfropfe sitzen in den Krypten, dann spricht man von „angina lacunaris". Meist beobachtet man beide Veränderungen. Die Beläge bleiben auf die Tonsillen beschränkt, jedoch kann der ganze Rachen entzündlich anschwellen. Auch die Unterkieferdrüsen (Kieferwinkeldrüsen) schwellen bis zu Haselnußgröße schmerzhaft an. Verlauf: Bei komplikationslosem Verlauf fällt das Fieber ohne eingreifende Therapie am 3. bis 5. Tage zur Norm ab. Ist der Körper widerstandslos, so kann es zu schweren Komplikationen kommen: Die Entzündung kann eitrig werden, das Gewebe schmilzt ein, und man spricht von einem Tonsillarabstieß-, meist entwickelt er sich neben oder hinter der Tonsille (im allgemeinen einseitig). Typisch ist die kloßige Sprache und die Kieferklemme, die Essen und Mundöffnen sehr erschwert. Ein beginnender Abszeß kann sich zurückbilden. Hat er sich voll ausgebildet, so kann sich der Eiter spontan entleeren. Der Kranke spuckt diesen, der meist blutig ist, aus, und der Abszeß heilt aus. Im anderen Falle muß die Eiterhöhle operativ geöffnet werden, da es sonst zu noch schwereren Komplikationen kommen kann. Die Krankheitserreger können in die Blutbahn einbrechen und den Körper mit ihren Giftstoffen überschwemmen. Man nennt es eine Sepsis. Schon bei einer einfachen katarrhalischen Angina kann es zur Miterkrankung des Herzens, der Gelenke und der Nieren kommen. Gar nicht so selten, besonders nach gehäuften Mandelentzündungen, tritt eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder eine Herzinnenhautentzündung (Endokarditis) auf. Die Patienten fühlen sich elend, können sich von ihrem Infekt sehr schlecht erholen und klagen über starkes Herzklopfen. Nierenentzündungen und rheumatische Gelenkschmerzen können noch drei Wochen nach der Halsentzündung auftreten. Therapie: Bei Angina catarrhalis: Bettruhe, flüssige, leichte Kost, Halswickel und Gurgeln. Nach ärztlicher Anordnung Schwitzpackungen, Sulfonamide oder Antibiotika. Besondere Form: Angina Plaut Vincenti {Plaut, Bakteriologe in Hamburg, 1858—1928; Vincent, Internist in Paris, geb. 1862). (Tafel I X , Bild 2). Erreger: Im Abstrich findet man Spirochäten und spindelförmige Bazillen ( = Spirillen). Der Lokalbefund ist erschreckend, aber die Angina ist trotzdem gutartig. Meist entwickelt sich einseitig, auf eine Tonsille beschränkt, ein grau-weißer Belag, der nach 1 bis 2 Tagen in die Tiefe dringt. Man sieht ein Geschwür mit grau-schmierigen Belägen. Symptome: Sie beginnt weniger stürmisch mit geringen Störungen des Allgemeinbefindens. Temperatur liegt bei 38° C.
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Verlauf: Der Verlauf ist zwar langdauernder, aber fast immer komplikationslos. Oft kann das Geschwür noch 3 bis 4 Wochen nach völligem Abklingen der klinischen Erscheinungen bestehen und sich erst dann schließen. A n g i n a c a t a r r h a l i s als B e g l e i t e r k r a n k u n g Die Halsentzündung kann als Begleitsymptom anderer Krankheiten auftreten. S c h a r l a c h beginnt regelmäßig mit einer schweren Angina. Das in der Kinderheilkunde nicht selten beobachtete Pfeiffersche. D r ü s e n f i e b e r (Infektiöse Mononukleose, Monozytenangina) zeigt als Hauptsymptom oft eine Mandelentzündung. Der Allgemeinzustand ist nicht schwer gestört, jedoch kann das Fieber bis zu drei Wochen anhalten. Das Blutbild zeigt typische Veränderungen; eine bestimmte Form von weißen Blutkörperchen, die Monozyten, sind vermehrt. Die A g r a n u l o z y t o s e , welche mit einem Schwund der segmentkernigen Leukozyten einhergeht, äußert sich oft in einer Angina. Da bei dieser Erkrankung die weißen Blutkörperchen mit ihren Abwehrkräften fehlen, kann das Leiden sehr ernst und manchmal tödlich verlaufen. Alle drei Stadien der S y p h i l i s (Lues) können sich an den Gaumenmandeln abspielen. Die luetische Angina verursacht nur geringe Schluckbeschwerden, und die Halslymphdrüsen sind kaum schmerzhaft. Die Diagnose wird aus dem übrigen klinischen und serologischen Befund gestellt; hiernach richtet sich die Behandlung. b) A n g i n a d i p h t h e r i c a = R a c h e n d i p h t h e r i e , Rachenbräune (diphtheron = Haut) (Tafel I X , Bild 3) Erreger: 1884 wurden erstmalig Diphtherie-Bazillen von Löffler (Berliner Bakteriologe, 1852—1915) als Erreger der Rachenbräune nachgewiesen. Sie rufen eine Infektionskrankheit hervor, die meistens im Rachen zu einer membranösen Entzündung führt. Häufig sind Nasenschleimhaut und Kehlkopf befallen, seltener die übrigen Schleimhäute und die Haut. Es gelingt, die Diphtherie-Bazillen im Ausstrichpräparat mittels Färbung nachzuweisen; sicherer ist das Kulturverfahren. Abstrich: Morgens wird der Abstrich nüchtern mit einem Watteträger entnommen; die meisten Bazillen sitzen unter oder am Rande der Membran. Auf der Membran selbst sind viele andere Bazillen, die die Diphtherie-Bazillen möglicherweise überwuchern. Der Abstrich wird in einem sterilen Reagensglas der bakteriologischen Untersuchung zugeführt (Medizinal-Untersuchungsamt). Übertragungsmöglichkeiten: Die Diphtherie-Bazillen können durch Tröpfcheninfektion (Anhusten, Niesen) vom Kranken auf einen Gesunden übertragen werden. Infizierte Gegenstände spielen bei dieser Krankheit eine geringere Rolle. B a z i l l e n t r ä g e r sind Menschen, die nie an einer Diphtherie erkrankt sind, bei denen sich aber kulturell Di-Bazillen nachweisen lassen. Wenn sie selbst auch nicht erkranken, so können sie ihre Bazillen doch auf Gesunde übertragen, die dann daran erkranken. E i n schwieriges Problem, das bislang noch nicht geklärt ist. Macht man in einer Schulklasse Rachenabstriche, so können } bis 4 0 % der Schüler bazillenpositiv sein. A l s B a z i l l e n d a u e r a u s s c h e i d e r bezeichnet man jene Gruppe v o n Menschen, die einmal an einer Diphtherie erkrankt waren und später, wenn die klinischen Erscheinungen längst abgeklungen sind, weiter Bazillen ausscheiden. Mit dem S c h i c k - T e s t prüfen wir die Immunitätslage des Körpers: Eine kleine Menge Diphtherietoxin wird in die Haut (intrakutan) geimpft; entwickelt sich innerhalb v o n 24 bis 48 Stunden eine Rötung und Schwellung v o n 1 bis 2 cm Durchmesser, so ist der Mensch e m p f ä n g l i c h f ü r D i p h t h e r i e . Bildet sich keine Rötung und keine Schwellung, so hat er genügend Immunkörper gegenDiphtherie.
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Symptome: Inkubationsstadium 2—7 Tage, mäßiges Fieber (um 38 bis 38,5° C) und allgemeine Abgeschlagenheit, Hals- und Schluckbeschwerden — zunächst zyanotische Rötung des Rachens mit Schwellung der Tonsillen; es bildet sich in den nächsten Stunden ein beidseitiger Belag, der allmählich zusammenfließt und häufig auch das Zäpfchen und die Gaumensegel überzieht. Versucht man, die Membran abzuwischen, so blutet es auf der Unterlage. Dadurch färbt sich der Belag, der anfangs weiß-grau ist, allmählich schmutzig-braun (Rachenbräune). In schweren Fällen kommt es zu örtlichem Gewebszerfall. Die Ausatmungsluft der Patienten hat einen süßlich-fauligen, erdenen Geruch. Verlauf: 4 bis 5 Tage nach der Heilseruminjektion löst sich die Membran allmählich ab und wird abgehustet. Therapie: Diphtherie-Heilserum s. S. 129 u. 144. Komplikationen: Die bösartige Form verläuft im allgemeinen von vornherein stürmischer, so daß man schon nach wenigen Stunden die Schwere des Krankheitsbildes erkennt: Die Membranen sind grau-bräunlich, es entwickelt sich ein peritonsilläres Ödem (entzündliche Schwellung um die Mandeln). Der Hals ist geschwollen, und man kann die einzelnen Drüsen nicht mehr unterscheiden (Stiernacken). Das Gesicht ist blaß-bläulich verfärbt, derPuls beschleunigt und leicht unterdrückbar—ernste Zeichen des bedrohten Herzens und des geschädigten Kreislaufes. Tritt Blutungsneigung hinzu (Nasenbluten, Teerstuhl, blaue Flecken an den Injektionsstellen), so besteht akute Lebensgefahr. K e h l k ö p f d i p h t he rie Erreger: Diphtheriebazillen. Die Diphtherie breitet sich auf den Kehlkopf aus. Sie kann auch primär hier entstehen. Besonders bei Kindern kommt es durch die lokale, membranöse Entzündung zur Atembehinderung: zum Croup (Croup = schottischer Arzt, lebte Mitte des 18. Jahrhunderts. Er beschrieb zuerst die fibrinöse Kehlkopfentzündung). Symptome: Charakteristisch ist ein pfeifendes Geräusch beim Einatmen (inspirat. Stridor) — mit gleichzeitiger Einziehung der Zwischenrippenräume. Therapie: Heilserum — Beruhigungsmittel. In schweren Fällen wird eine Intubation (s. u.) oder eine Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) notwendig. Bei der Intubation wird eine Röhre (Tubus-Röhre) v o m Mund her in den Kehlkopf eingeführt, wodurch es möglich wird, daß die Luft weiter in die Lunge einströmt. Das Tracheotomiebesteck muß auf jeder Diphtheriestation stets steril und gebrauchsfertig vorhanden sein; es muß an einem Platz aufbewahrt werden, der allen Schwestern und Pflegern bekannt und zugänglich ist.
Nasen diphtherie Erreger: Diphtheriebazillen. Sie lassen sich im Nasenabstrich nachweisen. Man beobachtet sie häufig bei Kleinstkindern. Symptome: Es besteht scheinbar ein einfacher Schnupfen. Wird dann die Sekretion blutig-serös, so deutet das auf eine Nasendiphtherie hin, die ebenso ernst zu nehmen ist wie die Rachendiphtherie und die sich häufig über Wochen hinzieht. Therapie: Heilserum. Komplikationen: P o s t d i p h t h e r i s c h e H e r z m u s k e l e n t z ü n d u n g
(Myokarditis).
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Ursache: Herzmuskel und Kreislauf sind bei jedem Diphtheriekranken gefährdet, da das Diphtherietoxin besonders fest am Herzmuskel haftet. Das Gift schädigt nicht allein die Herzmuskulatur, sondern auch die kleinsten Haargefäße (Gefäßlähmung, daher Zyanose) und das im Zwischenhirn gelegene Kreislaufzentrum (strengste Bettruhe 1). Die diphtherische Herzmuskelentzündung zeigt sich in den meisten Fällen am 5. bis 6. Tag, nicht selten auch erst in der 3. Woche. Dabei wird häufig das Reizleitungssystem im Herzmuskel mitbetroffen. Symptome: Der Puls kann beschleunigt (tachykard) sein, er kann auch langsam und unregelmäßig werden. Sinkt die Pulszahl unter 40 Schläge in der Minute, so ist die Reizausbreitung unterbrochen, man spricht von einem Herzblock. Weitere Schäden der Herzmuskulatur lassen sich häufig erst mit Hilfe des Elektrokardiogramms (Ekg) erkennen. Es ist in jedem Falle wichtig, daß die vom Arzt verordnete Bettruhe, seien es 2 oder 3 Wochen, strikt eingehalten wird. Bei unbedachtem, zu zeitigem Aufstehen kann ein akuter Herztod eintreten. (Auch nicht „nur" auf die Toilette gehen!) Der Blutdruck sinkt ab, der Puls wird klein und leicht unterdrückbar, die Kranken sind blaß, ihre Haut ist mit Schweiß bedeckt. Auch ein Versagen des Blutkreislaufes kann zum Tode führen. Therapie: Strenge Bettruhe. Über die Wahl der Herz- und Kreislaufmittel entscheidet der Arzt. Obstipation vermeiden! Postdiphtherische Lähmungen Ursache: Da das Gift die langen Nervenfasern schädigt, sind die Störungen motorischer und sensibler Art. Symptome: Als erstes tritt im allgemeinen eine Lähmung des Gaumensegelnerven ein, da das Gift diesen Nerven am ehesten erreicht. Sie kann ein- und beiderseitig sein. Die Sprache wird näselnd (Rhinolalia aperta), und Flüssigkeit kommt beim Trinken durch die Nase zurück. Diese Lähmung kann sich in wenigen Tagen zurückbilden, sie kann aber auch weiter fortschreiten: Augenmuskellähmungen, Lähmungen der Arme und Beine — meist beiderseitig — denen häufig ein Kribbeln, sog. „Parästhesien", vorangeht. Verlauf: Die Lähmungen gehen im allgemeinen wieder völlig zurück. Lebensgefährlich wird es, wenn die Atem- und Schluckmuskulatur gelähmt wird. Häufig treten die Lähmungserscheinungen erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf. Therapie: Vitamin B, Massage, Elektrisieren; bei Schlucklähmung Sondenernährung. Nierenschädigungen sind selten und flüchtiger Art. Wenn, dann sind die Nierenkanälchen geschädigt (Nephrose). T h e r a p i e der D i p h t h e r i e Seit der Entdeckung des Diphtherie-Heilserums durch Emil von Behring (Bakteriologe in Marburg, 1854—1917) im Jahre 1890 ist die Therapie spezifisch geworden. Das Heilserum enthält eine genau bestimmte Menge von Antitoxinen. Man gewinnt dieses Heilserum in großen Mengen von Pferden. Bei ihnen kann man eine relativ hohe Antitoxinmenge in einer kleinen Serummenge erzielen. Das ist sehr erstrebenswert, da Injektionen mit fremdem Serumeiweiß schwere Komplikationen verursachen können. Pferdeserum verträgt der Mensch sehr gut, ebenfalls Rinder- und
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Hammelserum. Jedoch sind bei Rindern und Hammeln geringere Antitoxinmengen in 1 cm2 Serum enthalten als bei Pferden; (1000 A E 1 = iooofaches Serum 5000 A E = 5ooofaches Serum). Man ist bestrebt, ein möglichst eiweißfreies Serum zugeben. Wie und wann gibt man das Serum? Im allgemeinen wird es intramuskulär gegeben (Aufnahme in den Körper erfolgt in 10 Minuten). Der Arzt kann es in besonders gelagerten Fällen auch intravenös geben. Vor jeder Injektion ist die Gültigkeitsdauer des Serums zu prüfen, und den Angehörigen oder dem Patienten selbst ist der SerumBettel, der jeder Packung beiliegt, unter Hinweis der Wichtigkeit mitzugeben. Wieviel Einheiten gibt man nun z. B. ? (Ungefähr 500 E pro kg Körpergewicht bei Kindern) In Verdachtsfällen gibt man etwa
2000—3000 E
bei leichten Fällen
4000—6000 E
bei mittelschweren Fällen. . . .
10000 E
bei schweren Fällen
30000 E u. m.
Das Heilserum muß so zeitig wie möglich gegeben werden. Der Arzt ist gesetzlich verpflichtet, schon bei Diphtherie- Verdacht Heilserum zu injizieren, J e früher das Serum gegeben wird — u. U. sind Stunden entscheidend —, um so weniger Komplikationen sind zu erwarten. Das „Toxin", das bereits am Herzmuskel oder am Nerven haftet, kann durch das „Antitoxin" nicht mehr gebunden werden. Das Beb/"/«¿sche Heilserum ist auch heute noch dem Penicillin überlegen. Dieses Heilserum ( = passive Immunität) gibt etwa 2 bis 3 Wochen Schutz, was bei der Isolierungsfrage und bei neuen Aufnahmen wichtig ist. Denn wenn es bei abklingender Diphtherie auch nicht zu einer neuen Erkrankung kommt, so könnten sich doch erneut Bazillen ansiedeln. Diphtheriekranke werden im Krankenhaus isoliert. Nach dem ersten Aufstehen werden im Verlauf von 8 bis 10 Tagen drei Rachen- und Nasenabstriche zur bakteriologischen Untersuchung gegeben (Medizinal-Untersuchungsamt). Sind sie negativ, so wird der Kranke aus der Isolation entlassen. Werden jedoch noch weiter Bazillen nachgewiesen, so dürfen die Patienten als „Bazillenausscheider" mit Einverständnis des zuständigen Gesundheitsamtes erst am 42. Tage nach Krankheitsbeginn entlassen werden. Bazillenausscheider müssen von Säuglingen und Kleinkindern ferngehalten werden. Durch Röntgenbestrahlung oder operatives Herausschälen der Rachenmandeln gelingt es in fast allen hartnäckigen Fällen, die Bazillen zu entfernen. Die Zahl der Erkrankungen ist in allen Ländern in den letzten Jahren zurückgegangen, zum großen Teil gewiß ein Erfolg der Diphtherieschutzimpfungen.
c) Serumkrankheit (Allergie, Anaphylaxie) Obgleich Serumkrankheit und Serumschock keine bakteriellen Erkrankungen sind, sei es doch erlaubt, sie hier zu besprechen, weil sie im Zusammenhang mit Heilseruminjektionen beobachtet werden können.
Es gibt bekanntlich Stoffe, Gifte genannt, die, wenn sie in den Körper aufgenommen werden, zu schweren Schäden führen können. Es gibt aber auch ungiftige Stoffe, die unter bestimmten Voraussetzungen und nur bei besonderer Bereitschaft einzelner Menschen erkennbare Reaktionen auslösen. Heufieber tritt z. B. bei Menschen auf, die gegen Blüten- und Gräserstaub überempfindlich sind. Andere reagieren, wenn sie mit Primeln in Berührung kommen oder Erdbeeren essen, mit einem Hautausschlag. Diese Überempfindlichkeit nennt man Allergie. 1
AE =
Antitoxineinheiten.
D i e t r i c h Bd. I
lo
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Ursache: Eine solche Allergie ist auch die Serumkrankheit. Sie tritt bei einem kleinen Kreis von Menschen am 7. bis 12. Tage nach einer Injektion von artfremdem Eiweiß auf. Es reagieren in dieser abnormen, allergischen Form nur jene Menschen, die besonders dazu veranlagt sind. Man nimmt an, daß die Serumkrankheit durch die Reaktion der im Körper inzwischen gebildeten Antikörper mit den Resten des artfremden Eiweißes zustande kommt. Symptome: Die Patienten fühlen sich elend, die Körpertemperatur kann auf 38° C ansteigen, in vielen Fällen zeigt sich ein Hautausschlag, manchmal klagen die Kranken auch über Gelenkschmerzen. Der Hautausschlag kann auf die Umgebung der Einstichstelle beschränkt bleiben, er kann sich auch über den ganzen Körper ausbreiten. In typischen Fällen erkennt man weiße, juckende Quaddeln, die von einem roten Hof umgeben sind. Verlauf: Die Erscheinungen klingen zumeist in den folgenden 24 bis 48 Stunden ab. Diese Reaktion verstärkt sich bei wiederholten Injektionen mit Seren derselben Tierart; es besteht dann die Gefahr einer „anaphylaktischen Störung" (phylaxis heißt im Griechischen: Schutz •— anaphylaxis heißt: ohne Schutz): des Serumschocks. Allergie ist der Allgemeinbegriff für jede Überempfindlichkeit, gleich, wogegen sie sich richtet. Die Anaphylaxie hingegen ist eine besondere Allergieform; sie kennzeichnet jene gesteigerte Empfindlichkeit, die sich bei dazu disponierten Menschen auf wiederholte Eiweißinjektionen gleicher Tierart zeigt.
Spritzt man eiweißempfindlichen Menschen ein zweites Mal ein Serum vom gleichen Tier, so muß man mit verschiedenen Besonderheiten rechnen; entscheidend ist die Zeitspanne, die zwischen beiden Injektionen liegt. 1. Eine Zweitinjektion von 2 bis 9 Tagen gilt als eine Injektion (bis dahin haben sich noch keine Antikörper gebildet). 2. Von 12 Tagen bis drei Monaten ist mit einer „sofortigen Reaktion" zu rechnen. E s besteht die Gefahr des Schocks und des akuten Herztodes. 3. Vom 3. bis 6. Monat kann noch eine b e s c h l e u n i g t e Reaktion auftreten. 4. Nach 3 Jahren ist keine Reaktion mehr zu erwarten.
Therapie: Im allgemeinen klingt die Serumkrankheit ohne eingreifende Mittel ab. Juckreizstillende Puder verhindern das Kratzen. In schwereren Fällen gibt man „Antihistaminika", die die Eiweißreaktion hemmen. Bewährt hat sich ebenfalls das gefäßabdichtende Kalzium. Die Gelenkschmerzen klingen unter Pyramidongaben ab. d) Serumschock Ursache: Eine zweite Injektion, die vom 12. bis 90. Tage nach der ersten mit dem Serum derselben Tierart gegeben wird, kann das Bild des Serumschocks auslösen. Symptome: Noch während der Einspritzung oder wenige Minuten danach tritt Erbrechen auf, kalter Schweiß, Blässe, kleiner Puls, Atemnot. Der Kreislauf versagt, die Bronchialmuskulatur krampft sich zusammen. Verlauf: Der Zustand ist lebensgefährlich, der Tod kann in Sekunden oder in Minuten eintreten. Übersteht der Kranke den Schock, so sind keine weiteren Komplikationen zu befürchten. Der Schock wird nach intravenöser und nach endolumbaler (in den Rückenmarkskanal) Injektion häufiger als nach intramuskulärer beobachtet. In ganz seltenen Fällen kann der Serumschock auch schon nach der ersten Serumspritze auftreten; es sind dann allerdings Menschen, die an einer Allergie leiden, wie Kranke mit Bronchialasthma, Heuschnupfen oder allergischen Hautausschlägen.
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Therapie: "Der Schock kann durch sofortige Injektion von Cortison überwunden werden. Prophylaxe ( = vorbeugendes Eingreifen): Es ist für den Arzt sehr wichtig, sich die Frage vorzulegen, wie er eine Serumkrankheit und den Serumschock verhindern kann. Bei einmaliger Seruminjektion ist die Serumkrankheit bei eiweißüberempfindlichen Menschen nicht zu vermeiden. Die Gefahr wird durch die Möglichkeit, gereinigte Seren zu spritzen, weitgehend vermindert. Außerdem kann der Arzt bei einer Zweitinjektion das Serum einer anderen Tierart wählen (Rind, Hammel). Durch eine sog. „Vorprobe" kann die Eiweißempfindlichkeit des Patienten geprüft werden: Die Augenprobe besteht darin, daß man von einer Serumverdünnung 1 : 10 mit physiologischer Kochsalzlösung einen Tropfen in den Bindehautsack des einen Auges tut, während man zur Kontrolle in den anderen einen Tropfen physiologische Kochsalzlösung gibt. Treten innerhalb der nächsten 10 bis 15 Minuten keine Zeichen einer gesteigerten Überempfindlichkeit auf — Brennen, Rötung, Tränen —, so ist nicht mit einer „Sofortreaktion" zu rechnen. e) K e u c h h u s t e n (Pertussis) Erreger: 1906 wurde der Erreger von den belgischen Hygienikern Bordet und Gengou entdeckt. Übertragung erfolgt direkt durch Tröpfcheninfektion. Inkubation: 2 bis 14 Tage. Symptome: 1 . Das Anfangsstadium — Stadium catarrhale — beginnt mit Schnupfen, Husten und Fieber; es dauert 1 bis 2 Wochen. 2. Das Krampfstadium — Stadium convulsivum — ist durch typische Hustenanfälle gekennzeichnet, die besonders nachts auftreten. Man spricht vom Stakkatohusten: rasch aufeinanderfolgende Hustenstöße in der Ausatmungsphase —• dann folgt ein ziehendes, pfeifendes Einatmen, schließlich Würgen und häufig Erbrechen. Im Anfall ist das Gesicht geschwollen, Blutungen zeigen sich auf den Augenbindehäuten und in der Haut. Die Zahl der Anfälle kann in 24 Stunden 10 bis 40 betragen. 3. Das Heilungsstadium — Stadium decrementi —• tritt nach der 5. Woche auf; die Anfälle flauen ab. Halten sie jedoch weiter an, so spricht man vom „Stadium nervosum", das als Neurose aufzufassen ist. Atypischer
Verlauf:
( = nicht typischer Verlauf):
a) Der Keuchhusten kann als einfacher Husten verlaufen. b) Zu den Hustenanfällen können noch Krampfanfälle hinzutreten: Keuchhusleneklampsie. c) Komplikationen durch Hinzukommen einer Lungenentzündung oder einer Mittelohrentzündung.
Therapie: Beruhigende Mittel. Die heilende Wirkung der Antibiotika ist umstritten. Gelegentlich sprechen schwerkranke Kinder auf Aureomycin gut an. Klimawechsel. f ) B a u c h t y p h u s (typhus abdominalis) (typhos = Nebel)
Erreger: Die Typhusbazillen wurden erstmalig 1880 von Eberth (Pathologe in Halle; 1835—1926) und Koch mikroskopisch dargestellt und von G a f f k j (Hygieniker in Berlin; 1850—1918) unmittelbar danach gezüchtet. Der Typhusbazillus trägt Geißeln; seine Größe beträgt ein Drittel eines roten Blutkörperchens. Typhusbazillen vermehren sich 10»
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schnell in der Milch und im Speiseeis (Infektionsgefahr!). In saurer Milch gehen sie in 24 Stunden zugrunde. Im allgemeinen sind die Bazillen sehr lebensfähig. Der Nachweis der Typhusbazillen gelingt zu Beginn der Erkrankung (1. Woche) in Blut und Sternalmark. Man gibt 2—3 ccm Blut in 5—10 ccm sterile körperwarme Rindergalle, die während der nächsten 10 Tage bebrütet wird. Regelmäßig entnommene Proben aus dieser Galle zeigen, ob Erreger vorhanden sind. In der 2. Woche findet man die Erreger in den Roseolen, in der 3. Woche und später in Urin, Stuhl, Galle, Eiter, Liquor. Infektionsquelle ist der Mensch; entweder der Kranke selbst oder seine Ausscheidungen. Tiere erkranken nicht. Infiziertes Brunnenwasser ist ein häufiger Ausgangsherd der Epidemie. Basjllenausscheider sind jene Kranken, die an einem Bauchtyphus erkrankten und dann nach einer zehnwöchigen fieberfreien Zeit noch Bazillen ausscheiden. Bazillenträger sind gesunde Menschen, die selbst nicht an Typhus erkrankten, aber Bazillen beherbergen, die ansteckend sein können.
Symptome: Inkubationszeit durchschnittlich 10 bis 14 Tage bis 3 Wochen — dann langsamer Fieberanstieg (Stadium incrementi) —, die Zunge zeigt einen typisch Vförmigen Belag — Kopfschmerzen — Mattigkeit, häufig begleitet von einer Bronchitis. Das Fieber geht am 5. bis 6. Tage über in eine Continua um 40° — auf der es sich Tage bis Wochen halten kann. Dabei besteht eine relative Pulsverlangsamung (relative Bradykardie). Der Patient verliert zunehmend sein Bewußtsein, er wird typhös. Am 6. bis 8. Tage ist die Milz geschwollen, auf Bauch und Rücken zeigt sich ein kleinfleckiger Ausschlag (Roseolen), die weißen Blutkörperchen sind in ihrer Zahl stark vermindert (Leukopenie). Bei den komplikationslos verlaufenden Fällen setzte früher, als das Chloromycetin noch nicht in die Behandlung eingeführt war, die Entfieberung in der 4. bis 5. Woche ein. Die Patienten klagen häufig in der 1. und 2. Woche und beim Abklingen der klin. Symptome über eine hartnäckige Darmträgheit. In der 3. und 4. Woche ist der Stuhl „erbsbreiähnlich". Abführmittel dürfen nur auf Anordnung des Arztes eingenommen werden. Der Bauchtyphus (Typhus abdominalis) ist eine Erkrankung des ganzen Körpers. Das bevorzugte Organ ist der Darm, besonders der untere Dünndarmabschnitt. Es kommt zu einer markigen Schwellung der Pywschen-Plaques (Lymphfollikel des Darmes), die im weiteren Verlauf geschwürig zerfallen. Die auf den Geschwürsflächen sich bildenden Schorfe werden abgestoßen, das heißt, die Geschwüre reinigen sich, es kommt zur Heilung. Komplikationen: Blutung und Perforation (Durchbruch) sind Gefahren, die im Stadium der Geschwürsreinigung drohen. Ein länger bestehender, zunehmender Blähleib ist immer ein warnendes Zeichen. Ein plötzlicher Pulsanstieg ist äußerst verdächtig. Bei einer größeren Blutung oder bei einem Durchbruch eines Geschwüres in die freie Bauchhöhle wird der Puls weich,beschleunigt und spürbar zweigipfelig (dikroter Puls). Die Temperatur kann, begleitet von einem starken Schweißausbruch, plötzlich von 390 zur Norm abfallen. Das Erkennen der Perforationszeichen wird häufig durch das Benommensein des Kranken erschwert. Doch der zuverlässigen, beobachtenden Schwester
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wird die plötzliche Veränderung, die nicht selten nachts oder in den frühen Morgenstunden auftritt, im Befinden ihres Patienten nicht entgehen. Drastisch wirkende Abführmittel und Herzmittel, die den Kreislauf zu kräftig anregen, können Darmblutung und Perforation fördern. Weitere Komplikationen: Herzmuskelentzündung — Rückfälle (Rezidive), die schwerer als die Ersterkrankung sein können — Venenentzündung — Knochenmarkeiterung — Lungenentzündung — Haarausfall. Diagnose: Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Bild und dem Ba^illennachweis. Im Blut und Knochenmark sind Typhusbazillen hauptsächlich in den ersten 10 Tagen zu finden, später nicht mehr so häufig. Im Stuhl und Harn ist die Wahrscheinlichkeit, in den ersten 14 Tagen Bazillen nachzuweisen, gering; danach steigt sie an. Die Gallekultur ist frühestens am Ende der 2. Krankheitswoche positiv. Die Cruber-Widakche Blutuntersuchung 1 ) ist eine Agglutinationsprobe, die darauf beruht, daß „Agglutinine" (Abwehrstoffe) im Serum des Kranken enthalten sind, welche Typhusbakterien agglutinieren. Je stärker die Abwehrkraft, um so höher steigt der Titer, d. h. um so mehr Typhusabwehrkörper hat der Kranke gebildet. Ein geschwächter Organismus mit einem darniederliegenden Abwehrsystem kann dem Infekt nur wenige oder auch gar keine Antikörper entgegensetzen. Aus dem Vorhergesagten wird verständlich, daß die GruberWidalschc Reaktion als Diagnostikum nur einen begrenzten Wert hat. Die Probe fällt frühestens in der 2. Woche positiv aus, nicht selten erst viel später (am 30. Tag). Therapie: Eine Bluttransfusion oder ein Fieberschock kann die erschöpften Kräfte wecken. Kalorien-, vitaminreiche und darmschonende Kost, Chloromycetin. g) P a r a t y p h u s Paratyphus A ist bei uns sehr selten; er kommt häufiger in klimatisch wärmeren Gegenden vor. Paratyphus B hingegen tritt öfter auf. Erreger: Bazillus Paratyphus B nach Schottmüller (1867—1937). E r ist nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere pathogen (Rinder)! Das Krankheitsbild ist dem Typhus sehr ähnlich, aber im allgemeinen verläuft die Krankheit sehr viel gutartiger. Sie wird durch infizierte Nahrungsmittel übertragen (Hackfleisch und Kartoffelsalat). Inkubation: Wenige Stunden bis zu 3 Wochen. Symptome: Klinisch gleicht das Bild entweder einem leichten Typhus ( = typhöse Form) oder einem Magen-Darmkatarrh ( = gastroenteritische Form). Die Diagnose kann nur bakteriologisch mit Sicherheit gestellt werden. Therapie: Chloromycetin wirkt beim Paratyphus nicht mit der gleichen Sicherheit wie beim Bauchtyphus. — Die Diät ist die gleiche: kalorienreich und darmschonend; bevorzugt werden kalte Gelatinespeisen oder Eis. Im übrigen bekommen die Patienten Flüssigkeit und Vitamine — kein rohes Obst! h) C h o l e r a Die Cholera ist in Indien endemisch. Die Geschichte berichtet von mehreren Epidemien im 19. Jh.; damals wurde auch Hamburg betroffen. ') Gruber, Hygieniker in München 1853—1927. IVicht, französischer Arzt, 1862—1929.
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Erreget ist der Cholerabazillus, der durch infiziertes Wasser oder verseuchte Lebensmittel übertragen wird. Symptome: Nach einer kurzen Inkubation von 2 bis 6 Tagen treten Darmerscheinungen mit Erbrechen und Durchfällen auf. Die Darmleerungen sind zunächst noch breiig und grün-gelb gefärbt, werden dann aber zunehmend dünnflüssig und wäßrig, bis sie schließlich rein wäßrig mit Schleimflocken erscheinen und wie „Reisflocken" aussehen. Durch den großen Flüssigkeits- und Kochsalzverlust drohen dem Körper Gefahren. Der Patient wird bewußtlos, die Haut trocknet aus und läßt sich in Falten abheben. Es treten krampfartige Schmerzen auf, das Blut dickt ein, die Harnsekretion versiegt. Durch das Ansammeln giftiger Stoffwechselschlacken, die nicht mehr ausgeschieden werden können, tritt eine Selbstvergiftung des Organismus ein, die tödlich sein kann. Die Sterblichkeit ist bei der Cholera sehr hoch. Die Diagnose wird durch das klinische Bild gestellt und findet ihre Bestätigung im Nachweis des Erregers. Therapie: Die Flüssigkeitszufuhr steht an erster Stelle. In den ersten Tagen können unter Umständen 4 bis 6 Liter erforderlich sein. Sulfonamide sollen wirksam sein, doch fehlen größere Erfahrungen. Bei Ausbruch einer Seuche bietet die aktive Immunisierung einen wirksamen Schutz. Im Ernstfalle sind seuchenpolizeiliche Maßnahmen unerläßlich: Überwachung, gegebenenfalls Abriegelung des Hafens und schärfste Kontrolle der Trinkwasserversorgung. i) N a h r u n g s m i t t e l v e r g i f t u n g (Infektiöse Gastroenteritis) Erreger: Hervorgerufen wird der akute Brechdurchfall durch verschiedene Erreger: 1. Bazillus Enteritis Breslau und Gärtner. 2. Bazillus Paratyphus B. 3. E-Ba^illus.
Gute „Nährböden", für diese Bazillen sind: Hackfleisch, Leberwurst, Kartoffelsalat, Fischsalat — die alle nur im frischen Zustand genossen werden dürfen. Die Krankheitskeime werden nur durch langes Erhitzen zerstört. Inkubation: Meist nur Stunden, selten mehrere Tage. Symptome: Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen. Durch den großen Wasserverlust ist der Kreislauf bedroht. In wenigen Stunden kann sich ein lebensbedrohlicher Zustand entwickeln, der an die echte Cholera denken läßt: Cholera nostras (nostras = einheimisch). Therapie: Möglichst radikale Beseitigung der Toxine: unter Umständen Magenspülen und Abführmittel. Kochsalzinfusionen, Sulfonamide, Kreislaufmittel. j) B o t u l i s m u s (botulus = Wurst) — Intoxikationskrankheit Erreger: Die Toxine des Bazillus botulinus rufen die Krankheit hervor. Er ist ein Anaerobier ( = ohne Sauerstoff lebender Krankheitskeim) und findet sich in der Bodenerde, wie der Tetanusbazillus. Da der Bazillus botulinus erst nach mehrstündigem Kochen zerstört wird, kann er an Lebensmitteln trotz Sterilisieren, Pökeln oder Räuchern haften bleiben; ohne Luft entfaltet er dann ein blühendes Wachstum. Das Toxin hat eine große Affinität zum Zentralnervensystem — schon 1 / 3 mg Toxin kann für den Menschen tödlich sein; Bazillen und Sporen allein sind harmlos.
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Symptome: Nach einer kurzen Inkubation (meist wenige Stunden bis 48 Stunden nach der Mahlzeit) treten Magen- und Darmbeschwerden auf. Bald folgen Lähmungen der Augen- und Schluckmuskulatur und der Tränendrüsen; Atemzentrum und Kreislauf sind gefährdet. Therapie: Magenspülungen, Abführmittel und Kohletabletten. Botulismusseruml Prognose: Hohe Sterblichkeit — bis zu 75%. k) Bazillenruhr Sie wurde schon von Hippokrates beschrieben und ist vor allem in Kriegszeiten —• neben dem Typhus •— eine große Gefahr. Man unterscheidet mehrere Gruppen von Erregern: 1. Shiga-Kruse (Japaner und Deutscher, 1898) — sehr gifthaltige Erreger. 2. a) Flexner A und B ") , . b) E-Ruhr / ielatly g'ftarm sie gehören bakteriologisch zur Bazillengruppe, klinisch lösen sie mehr das Bild eines MagenDarm-Katarrhs aus.
Diese Gruppen können nur bakteriologisch getrennt werden. Infektionsquelle ist auch bei der Ruhr der ruhrkranke Mensch oder ein gesunder Bazillenträger. Die Fliegen spielen in der Übertragung auf Lebensmittel eine große Rolle. Auf dem Wege des MagenDarmtraktes gelangen die Krankheitskeime in den menschlichen Körper und siedeln sich vorwiegend im Dickdarm an. Symptome: Charakteristisch sind zahlreiche schleimig-blutige Durchfälle mit quälenden Darmkrämpfen ( = Tenesmen). Die Bakterien bleiben im Darm und gelangen selten in das Blut oder in den Urin. Daher gelingt der Bazillennachweis fast nur im Stuhl. Er muß möglichst noch körperwarm auf einen Nährboden kommen. Therapie: Ruhe, Wärme, Diät; Sulfonamide. 1) Bangsche. K r a n k h e i t Erreger: 1896 wurde der Erreger der Äw^schen Krankheit (Bang war Däne, 1869—1918) des „seuchenhaften Abortierens" bei Rindern, entdeckt. Später stellte man dann fest, daß der Erreger auch Menschen befällt. Das Fieber verläuft wellenförmig, die Patienten leiden relativ wenig darunter. Inkubation: Wenige Tage bis 4 Wochen. Symptome: Flüchtiges Exanthem wird häufig beobachtet. In schweren Fällen kann es, wie bei einer Sepsis, zu Eiterungen kommen. Es treten rheumatische Beschwerden in Muskeln und Gelenken auf. Diagnose: Agglutination im Blut. Therapie: Streptomycin, Aureomycin, Achromycin. m) D i e w i c h t i g s t e n F o r m e n der bakteriellen Hirnhautentzündungen Der Liquor wird durch Punktion des Rückenmarkkanals oder durch Subokzipitalpunktion (Zisterne) gewonnen. Bei der Meningitis cerebrospinalis sind die weichen Hirnhäute und die Rückenmarkhäute entzündet. Im Bereich des Schädels ist die harte Hirnhaut zugleich Knochenhaut.
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а) Meningokokkenmeningitis ( = epidemica) ß) Meningitis purulenta ( = eitrige Hirnhautentzündung) y) Virusmeningitis б) Meningitis tuberculosa e ) Meningismus
a) Meningokokkenmeningitis Sie wurde 1805 zum ersten Male in Genf beschrieben, und wird seit der Epidemie 1863 in Oberschlesien immer wieder beobachtet. Erreger: Diplokokken. Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Die Erreger sollen von der Nase durch die Siebbeinzellen zu den Meningen gelangen; sie werden im Nasen-Rachenraum, in der Rückenmarkflüssigkeit und im Blut nachgewiesen. Inkubation: 3 bis 4 Tage. Symptome: Plötzlicher Beginn, Erbrechen, Kopfschmerzen; Temperatur 39 bis 40° C. Jeder Dehnungsversuch der langen Nervenfasern führt zur reflektorischen Gegenbewegung, Nackenstarre, Steifheit des Rückens infolge Tonuserhöhung der Muskulatur (Tonus = Spannung). Benommenheit. Kernig (= Lasegue) und Brudzinski positiv. Pulsverlangsamung. Liquordruck erhöht, trüb-eitrig — Zellzahl erhöht: Eiweiß positiv. Liquor: Beim Erwachsenen beträgt der Liquordruck im Liegen nicht mehr als 100 bis 150 mm Wasserdruck; beim Säugling ist ein Liquordruck über 100 mm schon pathologisch.
Therapie: Seitdem die Sulfonamide und das Penicillin in die Behandlung der Meningokokkenmeningitis eingeführt worden sind, kann man mit 97%iger Heilchance rechnen. Für Kinder sehen die Genesungsaussichten nicht ganz so günstig aus, da sich bei ihnen ein Wasserkopf (Hydrozephalus) entwickeln oder eine Taubheit bleiben kann. ß) Die eitrige Hirnhautentzündung Die eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis purulenta) bevorzugt die Häute des Schädeldaches, während die Tuberkulose die Häute der Hirnbasis befällt. Erreger: Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken. Die Meningitis purulenta entsteht auf lymphogenem Wege (nach Eiterungen des Ohres, der Nebenhöhlen oder der Nase) oder auf dem Blutwege (bei Pneumonie, Wundrose, Osteomyelitis). Symptome: Die klinischen Symptome sind die gleichen wie bei der Meningokokkenmeningitis. Therapie: Zunächst Beseitigung des Primärherdes, dann Penicillin und Sulfonamide. Bei der Pneumokokkenmeningitis ist die Prognose ungünstiger als bei anderen Formen. y) Virusmeningitis Pette (Neurologe, lebt in Hamburg) nennt sie „aseptische Meningitis" — Quincke (Kliniker in Kiel, 1842—1922) nannte sie „seröse Meningitis". Sie wird als Viruskrankheit ausnahmsweise hier besprochen. Der Erreger wurde 1934 erstmalig von Armstrong und Lilly in Amerika isoliert; er kann aus Blut und Liquor gewonnen, auf Meerschweinchen und Hühnerembryonen gezüchtet werden. Spontan kommt er bei Mäusen vor. Vielleicht bilden sie für den Menschen eine Infektionsquelle. Die Infektionsgefahr ist gering. Inkubationszeit etwa 14 Tage.
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Symptome: Häufig geht eine Vorkrankheit voran (Schnupfen, Kehlkopfkatarrh) — hohes Fieber und meningeale Reizerscheinungen. Der Liquor ist makroskopisch klar, die Zellzahl ist mit 500/3 Zellen erhöht. Verlauf: Die Temperatur kann nach 2 bis 3 Tagen ohne ein eingreifendes Medikament wieder zur Norm abfallen. Prognose: Gut. Therapie: Symptomatisch (Entlastungspunktion). — Sulfonamide und Antibiotika sind, da es eine Viruserkrankung ist, ohne Einfluß. 8) M e n i n g i t i s t u b e r c u l o s a Die tuberkulöse Meningitis bevorzugt die Hirnbasis. Erreger ist der Tuberkelbazillus. Symptome: Sie beginnt schleichend. Die Kranken sind wochenlang vorher unlustig und appetitlos. Erst dann treten Hirnsymptome auf. Dabei unterscheidet man zwei Stadien: 1. Stadium der Hirnreizung (2 bis 3 Wochen). 2. Stadium der Hirnlähmung (Lähmungen der Hirnnerven an der Basis).
Im Liquorsediment und im Spinnwebsgerinnsel können Tuberkelbazillen nachgewiesen werden. Therapie: Streptomycin. e) M e n i n g i s m u s Der Meningismus ist eine Art ,,Pseudomeningitis". Es sind dabei zwar die äußeren Symptome einer „scheinbar-echten" Meningitis vorhanden, aber die Hirnhäute selbst sind völlig frei von krankhaften Veränderungen. E r wird bei zahlreichen Infektionskrankheiten beobachtet; bei Fleckfieber, Grippe, Pneumonie, Enzephalitis u. a. Er wird als toxische Fernwirkung erklärt. Therapie: Ergibt sich aus der Grundkrankheit. n) L e p r a — A u s s a t z Erreger: Diese durch den Leprabazillus ausgelöste Krankheit ist in Afrika, Asien und Südamerika endemisch; sie spielt in Europa heute nur noch eine unwesentliche Rolle. Leprabazillen finden sich in Geschwulstknoten, können aber auch durch Stuhl und Nasenschleim nach außen entleert werden. Die Inkubation kann bis zu 12 Jahren dauern. Symptome: Frühsymptome dieser Erkrankung sind Ausfallen der Augenbrauen und eine schmetterlingsförmige Ausbreitung der Flecken und Knoten zu beiden Seiten der Nase. Dunkelhäutige Menschen bekommen ein scheckiges Aussehen. Verlauf: Langsam einsetzender körperlicher Verfall und Blutarmut führen zum Tode. Komplikation: Eine besonders gefürchtete Form ist die Nervenlepra, weil sie durch Zerstörung der Nerven zur Verstümmelung der Extremitäten führen kann. Da diese unglücklichen Menschen ein entstelltes Aussehen bekommen, und um die anderen vor einer Ansteckung zu schützen, werden Leprakranke auf Inseln isoliert. — U. a. ist auf Kreta ein solches Lager. Heute wird Lepra mit Sulfonamiden erfolgreich behandelt.
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o) Pest Erreger und Vorkommen: Die Pest tritt in Indien, in der Mongolei und in letzter Zeit auch in den Weststaaten Nordamerikas auf. Von den bekannten Epidemieherden kommt es gelegentlich 2u Streuherden, die meist in Hafenstädten liegen. Die letzte größere Epidemie wurde 1896 in Hongkong beobachtet. Der Pestbazillus hält sich nur in feuchten Medien, die „Ansteckungsquelle" sind pestinfizierte Ratten; dem Ausbruch einer Epidemie geht stets ein massenhaftes Rattensterben voraus — ein warnendes Signal für die Menschen. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 5 Tage. Symptome: Klinisch sind zu unterscheiden: a) die Drüsenpest (Boubonenpest), b) die Lungenpest, c) die Hautpest. Alle drei Formen bieten ein schweres septisches Krankheitsbild, das in 60 bis 90% der Erkrankungen zum Tode führt. Therapie: Eine wirksame Therapie gibt es heute noch nicht. Das Pestheilserum ist nach den vorliegenden Erfahrungen nicht sicher wirksam. Die Therapie muß vorläufig noch in der Prophylaxe liegen: Isolation und Vernichtung der Ratten; eventuell wird man im Ernstfalle eine aktive Immunisierung mit abgetöteten Pestbazillen durchführen. p) R o t z Erreger: Rotzbazillen. Rotz ist eine sehr seltene, aber sehr ansteckende Infektionskrankheit, die durch eitriges Nasensekret von Pferden oder Eseln übertragen wird. Symptome: Es entwickeln sich auf der Haut oder in der Lunge des Menschen tuberkuloseähnliche Granulationsgeschwülste, die später eitrig einschmelzen und in ihrem Eiter wieder massenhaft Rotzbazillen enthalten. Verlauf: Bei Menschen endet diese Krankheit meist tödlich. Therapie: Versuch mit Antibiotika. q) M i l z b r a n d ( = Anthrax) Erreger: Der Bazillus wurde 1876 von Robert Koch entdeckt. In erster Linie werden Stalltiere (Rinder, Schafe) von dieser Krankheit, die nur gelegentlich auf den Menschen übertragen wird, befallen. Symptome: Bei den erkrankten Tieren kommt es zu Entzündungen im Bereich des Magen-Darmtraktes oder zu Karbunkeln im Nasen-Rachenraum. Harn und Kot sind infektiös. Beim Menschen unterscheidet man einen Haut-, einen Lungen- und einen Darmmilzbrand. Die Milz ist in allen Fällen schmerzhaft vergrößert (daher der Name Milzbrand!). Milzbrandkarbunkel zeigen eine zentrale Einschmelzung von schwarzer Farbe, die man nicht inzidieren soll. Therapie: Milzbrandserum. r) W u n d s t a r r k r a m p f — T e t a n u s Erreger: Der Tetanusbazillus ist vor allem in der Chirurgie sehr gefürchtet. Er hält sich unter Luftabschluß (Anaerobier) in der Gartenerde, im Dung, an altem Holz und im Straßenstaub. Er kann durch jede, auch die kleinste Wunde in den menschlichen Organismus gelangen und bleibt dann an der Eintrittspforte liegen. Seine Giftstoffe (Toxine) wandern entlang dem Lymph-Nervenweg zum Rückenmark. Etwa 80% der Tetanuserkrankungen werden durch Bagatellverletzungen ausgelöst. Die Inkubation beträgt 4 bis 16 Tage und länger (bis 28 Tage).
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Symptome: Die Krankheit beginnt mit Abgespanntsein, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Plötzlich fällt es dann dem Patienten schwer, den Mund zu öffnen (Kieferklemme), zu sprechen und zu kauen. Die Spannung der Muskulatur nimmt zu und kann auf andere Muskelgruppen übergreifen. Der Mund kann kaum noch geöffnet werden, die Augen sind halb zugekniffen, in dem breitgezogenen Mund sind die zusammengebissenen Zähne sichtbar. Das Gesicht zeigt einen starren, maskenhaften Ausdruck, in dem der breitgezogene, „lächelnde" Mund gespenstig wirkt (Risus sardonicus). Bei Fortschreiten des Krankheitsprozesses wird auch die Nackenmuskulatur befallen: der Kopf wird weit nach hinten gebeugt (Opisthotonus), die Bauchmuskulatur wird bretthart und eingezogen, die Beine sind wie ein Brett durchgedrückt, im Bereich der Armmuskulatur überwiegen die Beuger. Die Starre der quergestreiften Muskulatur kann stunden- und tagelang anhalten; sie kann auch durch kleinste äußere Reize (Licht, Geräusch, Luftzug) ausgelöst werden. Die Starre wird durch schmerzhafte Krampfanfälle unterbrochen; die Patienten können kaum stöhnen oder schreien, da die Mund-, Zungen-, Kehlkopfund Atemmuskulatur mitbefallen sein können. Die Temperatur ist meist nicht höher als 38° C, das Bewußtsein bleibt völlig klar. Die Diagnose ergibt sich aus dem klassischen Bild des Wundstarrkrampfes. Der bakteriologische Nachweis der Bazillen ist sehr unsicher. Therapie: Unterbringung des Kranken in einem r u h i g e n Einzelzimmer und sofort einsetzende, intravenöse, intramuskuläre, vielleicht auch endolumbale Serumtherapie. Durch eine Wundexzision, die weit im gesunden Gewebe ausgeführt wird, versucht der Arzt die Bazillen zu entfernen. Die Schmerzen werden durch narkotische Mittel gelindert. Bei gehäuft auftretenden Krämpfen ist eine Dauernarkose sinnvoll. In der modernen Therapie wird Curare und die dann notwendige künstliche Beatmung angewendet. Die Ernährung erfolgt durch Magensonde oder Darmeinläufe. Die Sterblichkeit ist beim Tetanus sehr hoch 1 ). J e kürzer die Inkubation ist, um so schwerer verläuft die Krankheit. Die ungünstigste Aussicht zeigen jene Formen, die ein frühzeitiges Befallensein der Schlundund Atemmuskulatur zeigen. Eine sinnvolle Vorbeugung (Prophylaxe) kann das Auftreten dieser schweren Krankheit weitgehend verhindern. Der Weg der „aktiven Immunisierung" ist gefahrlos und sicher. Das Prinzip besteht auch hierbei wieder in der Anregung des Körpers zur Bildung von Antitoxinen nach Zufuhr eines entgifteten Toxins, des sog. Toxoids. Die Impfung muß mehrmals wiederholt werden, um eine ausreichende Menge Antitoxin im Serum zu erzielen. Kleinkinder werden in der Regel am Ende des 1. oder zu Beginn des 2. Lebensjahres mit einem Mischimpfstoff (Diphtherie-Tetanus-Keuchhusten) geimpft. Der Titer reicht mindestens 7 Jahre. Bei einer Verletzung spritzt der Arzt dann 0,5 ccm Tetanol, keinesfalls Heilserum. Nur bei nichtgeimpften Frischverletzten gibt er möglichst frühzeitig 3000—5000 E Pferdeoder Rinderserum.
s) T u l a r ä m i e Erreger: 1912 wurde der Erreger bei einer Seuche, die nur Nagetiere befiel, in der kalifornischen Landschaft Tulare gefunden. In Deutschland tritt diese Krankheit sehr selten auf. Bekannt ist sie in Nordamerika, Rußland und Japan. Zunächst erkranken die Nagetiere (Feldhasen, Kaninchen, Ratten). Die Übertragung des Bacterium tularense auf den Menschen erfolgt auf verschiedene Weise: wahrscheinlich können die Erreger schon beim Häuten und Zerlegen der Tiere in die Haut eindringen; aber auch durch den Genuß von infiziertem Wild kann sich der Mensch anstecken. *) Nach neuesten Statistiken beträgt die Sterblichkeit nach ausgebrochener Krankheit noch 50—60%. Im Bundesgebiet rechnet man danach jährlich noch mit 400 Todesfällen.
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Infektionskrankheiten
Symptome: Das Fieber steigt nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 2 bis 4 Tagen auf 3 9 bis 40° C und hält meist 4 Wochen an. Gleichzeitig treten ausgedehnte Drüsenschwellungen in der Umgebung der Eintrittspforte der Erreger auf. Die Schwellung kann 4 Monate lang bestehen bleiben. Gelegentlich schmilzt eine Drüse eitrig ein. Nicht selten scheint die Krankheit unbemerkt zu verlaufen, wie man aus dem positiven Titeranstieg scheinbar Nichtkranker schließen kann. Therapie: In der Behandlung hat sich das Streptomycin hervorragend bewährt. Über Wundinfektionen, die durch gasbildende Bakterien hervorgerufen werden, wird im Chirurgischen Teil gesprochen werden (Gasbrand, Gasphlegmone, s. Band II). 2. C h r o n i s c h e bakterielle Infektionen
a) T u b e r k u l o s e Lungentuberkulose Geschichtliches: Bereits Hippokrates (griechischer Arzt, 460—377 v. Chr.) gibt genaue Schilderungen über das Krankheitsbild der Tuberkulose; er hat nicht nur Krankheitssymptome aufgezeichnet, sondern gibt auch therapeutische Ratschläge, die heute noch ihre Gültigkeit haben. Paracelsus (Arzt und Naturforscher, 1493—1541) stellte später eine „Schwindsuchtslehre" auf; er glaubte, die Ursache der Lungentuberkulose beruhe auf einer Verstopfung der Luftwege. Unsere Kenntnisse sind durch die Einführung der Perkussion ( = Beklopfen) und Auskultation ( = Abhorchen) wesentlich erweitert worden. Die Ursache der Erkrankung wurde endgültig durch die Entdeckung des Tuberkelbazillus durch Robert Koch (1882) geklärt. Verbreitung der Tuberkulose: Man weiß schon lange, daß die Tuberkulose Menschen und Tiere befällt; sie ist auch heute noch eine „Volksseuche". Allerdings hat sich der Charakter geändert, und sie erscheint in den meisten Fällen nicht mehr so gefährlich. Von ganz entscheidender Bedeutung im Ablauf der Tuberkulose-Erkrankungskurve eines Volkes ist die soziale Lage: Unter- und Mangelernährung, Wohnungsnot und außerordentliche seelische Belastungen sind Schrittmacher der Tuberkulose. Auch nach dem zweiten Weltkrieg gab es einen Anstieg der Tbc-Erkrankungen. Neben diesen Umwelteinflüssen sind erbliche Faktoren von ausschlaggebender Bedeutung; aber nicht die Tuberkulose als solche ist vererblich, sondern die Anlage, die Neigung zur Erkrankung. Es gibt Familien, in denen die Tuberkulose gehäuft auftritt, und es gibt Familien, in denen sie, trotz schlechter Umweltverhältnisse, selten beobachtet wird. Die hochaufgeschossenen (leptosomen) Typen werden häufiger befallen als die gedrungenen (pyknischen). Erreger: Der Tuberkelbazillus ist ein sog. „säurefestes Stäbchen", das von einer wachsartigen Hülle umgeben ist und dadurch färberisch, d. h. darstellerisch und auch therapeutisch schwer angehbar ist. Das Sputum, das untersucht werden soll, darf selbstverständlich nicht mit einer Desinfektionslösung zusammengebracht werden. Es wird dazu in einer Petrischale1) aufgefangen. Der Tuberkelbazillus ist auffindbar im Sputum, im Urin, im Stuhl, im Eiter, im Liquor, im Knochenmark, im Drüsenpunktat. Der färberische Nachweis gelingt nach der Methode von Ziehl-Neelsen und mit der Antiforminanreicherung nach Uhlenhuth. Er wächst in der Kultur sehr langsam und ist ') Petrischale (Petri, Bakteriologe in Berlin, 1 8 5 2 — 1 9 2 1 ) : runde Glasschale mit einer 2. Glasschale als Deckel.
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frühestens nach 8 Wochen erkennbar. Am sichersten ist der Tierversuch bei Meerschweinchen: Verdächtiges Material wird den Tieren subkutan oder intraperitoneal ( = ins Bauchfell) gespritzt. Die Tiere gehen, wenn sie tuberkulös infiziert sind, nach 8 bis 16 Wochen ein. Bei der Obduktion zeigen sie deutliche Spuren der Tuberkulose. Wir kennen zwei Typen von Tbc-Erregern, die beide beim Menschen eine Tuberkulose verursachen können: a) typus humanus (humanus = menschlich) b) typus bovinus (Rindertypus) In Zweifelsfällen gestattet der Kaninchenversuch eine genaue Differenzierung: bei der Überimpfung des „typus bovinus" erkrankt das Tier sehr bald an einer generalisierten Tuberkulose, während diese im allgemeinen beim „typus humanus" stark verringert oder gar nicht auftritt.
Der Tuberkelbazillus zeigt gegenüber Umwelteinflüssen (Temperatur, Wasser, Wärme bis 70° C, Desinfektionsmittel) eine hohe Widerstandsfähigkeit. Direktes Sonnenlicht allerdings tötet ihn schon nach wenigen Minuten. Wirksam in der Desinfektion sind 5%ige Lösungen von Bacillol, Lysol, Sagrotan und eine 6%ige Lösung von Rohchloramin, wenn sie 4 bis 12 Stunden einwirken können (s. S. 136). Infektionsweg: Die häufigste Infektionsquelle ist der kranke Mensch. Neben der Tröpfcheninfektion ( i m ) spielt die Staubinfektion bei der Tuberkulose eine große Rolle. Durch Anhusten oder Anspucken geraten die Tuberkelbazillen auf Gegenstände und Fußboden; das Sekret trocknet ein, die Tuberkelbazillen werden später im Staub aufgewirbelt. Die Kontaktinfektion steht in der Reihe der Häufigkeit an letzter Stelle (Infektion durch L e i c h e n t u b e r k e l ) . Eine wichtige Rolle spielt auch die Rindertuberkulose, die meist durch den Genuß roher Milch auf dem Magen- und Darmweg übertragen wird. Die Rindertuberkulose kann klinisch die gleichen Erscheinungen verursachen wie der „typus humanus". Die „ a n g e b o r e n e T u b e r k u l o s e " ist äußerst selten, denn sie setzt eine schwere Erkrankung der Mutter voraus. Die Infektion erfolgtdiaplazentar, d. h. auf dem Blutwege durch den Mutterkuchen. Stadieneinteilung der Tuberkulose: Dringen Tuberkelbazillen in einen Organismus ein, so können die Tuberkelbazillengifte die Gewebszellen schädigen. Es kommt anschließend zu entzündlichen Zellwucherungen. Dieses Geschehen läuft bei der Tuberkulose in immer wiederkehrender Form ab, so daß Ranke (Münchener Internist, 1870 bis 1926) die Tuberkulose in drei Stadien einteilte. 1.
Das Primärstadium (Erststadium) ist charakterisiert durch den Primärinfekt und das gleichzeitige Befallensein der zugehörigen Lymphknoten. Daraus entwickelt sich der „Primärkomplex". Dieser Primärkomplex sitzt bei Kindern zu 9 0 % in der Lunge, zu 5 % im Darm und in den restlichen 5 % im Nasenrachenraum oder an seltenen Stellen im übrigen Körper. E r kann klinisch ganz stumm sein. 2. Sekundärstadium (Zweitstadium) umfaßt das Fortschreiten der Tuberkulose in die unmittelbare Nachbarschaft, in die Blut- oder Lymphbahn. E s kann dabei zur Ansiedlung in anderen Organen kommen. Wird der Körper mit Tuberkelbazillen überschwemmt, so kann sich das Bild der Miliartuberkulose (milium = Hirsekorn) entwickeln. 3. Das Tertiäre Stadium (das 3. Stadium) ist die „Organtuberkulose" der Erwachsenen.
Bei Befallensein der Lunge entwickelt sich dann im allgemeinen entweder eine überwiegend bindegewebige (produktiv-zirrhotische) oder eine einschmelzende, zu Höhlenbildung neigende (exsudativ-kavernöse) Form. Betrachten wir nun den inneren A u f b a u eines solchen Knötchens (Tuberkulum) näher, das sich auf den Reiz des Giftes des eingedrungenen Tuberkelbazillus hin entwickelt, so ist es durch mehrere Tat-
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Sachen charakterisiert: i. ist es gefäßlos und 2. zeigt es eine besondere Zellart, epithelähnliche Zellen mit großen Kernen, die Epitheloid^elle. K o m m t es zum Zerfall des Tuberkels, so verkäst das nekrotische Gewebe.
1. Primärstadium (Erststadium, Tafel II, Bild 2) Der Primärinfekt befindet sich gleich häufig im rechten und linken Oberfeld, etwas weniger häufig in den Unterfeldern, selten im rechten Mittellappen und äußerst selten in den Spitzen. Wird der Körper mit dem oben beschriebenen Ersttuberkuloseinfekt fertig, so kann man später röntgenologisch den Primärkomplex feststellen. Es braucht sich dabei nicht um einen einzelnen Herd zu handeln — es können mehrere, voneinander getrennte Herde sein. Der Primärherd kann über Jahrzehnte hindurch — trotz
A b b . 13 1. Tuberkelbazillen im Sputumausstrich \
(Aus D E N N I G , Lehrbuch der inneren Medizin, I/195G,
/
Georg Thieme Verlag, Stuttgart)
seiner bindegewebigen Abkapselung oder Verkalkung — lebende Tuberkelbazillen beherbergen. Diese Tatsache ist von Bedeutung 2ur Klärung der Frage einer späteren, aus dem Körper erfolgenden Reininjektion (=Wiederinfektion) oder einer echten von außen kommenden Zweitinfektion (= Superinfektion). Selten durchbrechen die Tuberkelbazillen das Filter der regionären Lymphdrüsen. Wenn sie das tun, dann entwickelt sich das Bild einer Streuung in die Blutbahn. In den Lymphdrüsen selbst kommt es auch zu Entzündungs- und Einschmelzungsvorgängen, die dann später auch verkalken. Diese Erstinfektion fällt fast immer in das Säuglings- und Kleinkindalter. Besondere Formen
des
Primärstadiums
a) Einige Autoren steilen die Säuglingstuberkulose als eine besondere Form, und zwar eine besonders schwere heraus. J e früher sie auftritt, um so schwerer verläuft sie. — Im allgemeinen heilt sie dann aber auch unter Hinterlassung des Primärkomplexes ab. b) Nicht selten tritt auch im Erststadium ein sog. Erythema nodosum auf — eine knötchenförmige, allergische Hauterscheinung, hervorgerufen durch das G i f t der Tuberkelbazillen.
2. Sekundärstadium (Zweitstadium) Zum sog. SekundärStadium kommt es, wenn Tuberkelbazillen in die Blutbahn, in einen Bronchus oder in die Lymphbahn einbrechen. Hierher gehören die im Kindesalter nicht selten beobachtete Lymphdrüsentuberkulose und das sog. „Frühinfiltrat". Das „Frühinfiltrat" leitet häufig bei Erwachsenen die Tuberkulose ein. Wird der menschliche Organismus von Tuberkelbazillen überschwemmt, so hängt der Verlauf der Erkrankung v o n der Abwehrlage des Körpers ab. Bei schlechter Abwehrlage kann eine allgemeine Miliar-
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tuberkulöse die Folge sein (milium = Hirsekorn). Es kann aber auch zum Haften in einem Organ kommen und das Bild einer isolierten Organtuberkulose resultieren. Das Eindringen der Tuberkelbazillen in die Blutbahn bezeichnet man auch als „Generalisierte Form der Tuberkulose", die als schwerste Form hämatogener Streuung früher fast immer tödlich endete.
M i l i a r t u b e r k u l o s e (besondere Form des Sekundärstadiums)
a) Typhöse Form der Miliartuberkulose.
Symptome: Klinisch stehen allgemeine Krank-
heitszeichen im Vordergrund, die einem Typhus abdominalis ( = Bauchtyphus) sehr ähnlich sein können: hohes Fieber (häufig Continua) mit relativer Bradykardie. Milzschwellung, Leukopenie. Der abgehustete A u s w u r f ist im allgemeinen bazillenfrei. Röntgenologisch kann die Lunge im Beginn noch völlig unauffällig sein; erst in einem fortgeschrittenen Stadium ist ein typischer Röntgenbefund erkennbar. N u r der Verlauf und der bazilläre Befund können differential-diagnostische Klarheit schaffen. b) Meningeale Form der Tuberkulose. Neben der typhösen Form ist die meningeale Verlaufsform (Meningen = Hirnhäute) der Miliartuberkulose im allgemeinen leichter zu erkennen. S y m p t o m e : Es stehen die meningealen Reizsymptome im Vordergrund. Meist geht ein längeres Vorstadium bei den Kranken voraus. Es fällt auf, daß sie appetitlos und müde sind. Dann treten Kopfschmerzen, Erbrechen und schließlich Fieber und Nervensymptome hinzu: Nackensteifheit, Überempfindlichkeit gegenüber der leisesten Berührung, nicht selten Augenmuskellähmungen oder Lähmungen der Hirnnerven, deren Kerne im Hirnbasisbereich liegen. Der Liquordruck ist erhöht und in typischer Weise verändert. — Manchmal gelingt es, Bazillen im Liquorsediment nachzuweisen; zuverlässiger sind Kultur und Tierversuch. Bei fortschreitender Krankheit werden die Patienten zunehmend benommen. „Flockenlesen" wird nicht selten beobachtet: Spontane Bewegungen von Armen und Händen lassen den Eindruck aufkommen, der Kranke suche in der L u f t nach Flocken. T h e r a p i e : Z w a r sind in der Literatur auch früher vereinzelte Spontanheilungen beschrieben worden, aber erst nach Einführung des Streptomycins in die Tuberkulosetherapie hat sich eine wesentliche Wandlung vollzogen: Die Zahl der Todesfälle bei tuberkulöser Meningitis ist zweifellos zurückgegangen. Durch die Möglichkeit, die Antibiotika direkt an den Krankheitsherd heranzubringen — durch endolumbale oder subokzipitale Verabreichung —• gelingt es, die Krankheit zum Stillstand zu bringen und den tödlichen Ausgang in den meisten Fällen zu verhindern. Leider ist die Heilung nicht in allen Fällen vollständig. Die Schäden, die die Tuberkulose schon gesetzt hat, sind häufig nicht mehr rückgängig zu machen. Außerdem kann das Streptomycin selbst, wenn es über längere Zeit gegeben wird, Schäden am Gleichgewichtsorgan verursachen. 3. T e r t i ä r s t a d i u m (3. Stadium =
Organstadium)
Bei dem überwiegend größten Teil der Erwachsenentuberkulose handelt es sich um die sog. „Spätform der Tuberkulose", bei der am häufigsten die Lunge befallen ist. Diese Tuberkulose nimmt ihren Ausgang v o n einem bis dahin inaktiven ( = ruhenden) Herd, v o n einem „Frühinfiltrat", oder auch von einer Drüsentuberkulose. Gemäß dem Charakter der verschiedenen Formen, der auch für die Prognose bedeutend ist, unterscheiden wir folgende drei Hauptformen:
i6o
Infektionskrankheiten a) die produktive Tuberkulose b) die exsudative Tuberkulose c) die zirrhotische Tuberkulose.
a) Symptome der produktiven Tuberkulose: Die produktive Form zeigt im allgemeinen einen chronischen, gemäßigten Verlauf. Septische, stürmische Zeichen werden selten beobachtet •—• die Temperatur zeigt nicht über 38° C -— der Gewichtsverlust tritt langsam in Erscheinung —• Kreislauf und Atmung werden bei Fortschreiten des Prozesses in der Lunge behindert. Die Blutsenkung kann anfangs normal und erst später beschleunigt sein. Im Stadium des Fortschreitens können einschmelzende Vorgänge mit stürmischen, klinischen Zeichen hinzutreten — im Stadium der Heilung treten zirrhotische, d. h. bindegewebig-schrumpfende Vorgänge hinzu. Daher spricht man von der produktiv-zirrhotischen Form der Tuberkulose. Diese Schrumpfungsvorgänge können dann erneut Komplikationen verursachen. Im Sputum der produktiven Lungentuberkulose finden sich Tuberkelbazillen. Komplikationen: Werden größere Gebiete zirrhotisch umgewandelt, so kann es infolge starker Schrumpfungsprozesse zu erheblichen Verziehungen des Mittelfellraumes, des Zwerchfells oder zu Einziehungen der Rippen kommen. Für das Herz, insbesondere für den rechten Teil, kommt es dadurch zu einer starken Widerstandserhöhung: es kommt zur Rechtshypertrophie und evtl. zur Dekompensation durch Insuffizienz ( = Zeichen der Herzunausgeglichenheit). b) Symptome der exsudativen Tuberkulose: Die exsudative Verlaufsform der Tuberkulose ist im allgemeinen durch die Schwere des Krankheitsbildes gekennzeichnet. Der Verlauf ist stürmisch, der Beginn nicht selten akut, unter dem Bilde einer unspezifischen Pneumonie oder einer Grippe. Neben Fieber (morgens höher als abends) klagt der Kranke über Nachtschweiß und Gewichtsabnahme. Im Sputum finden sich Tuberkelbazillen. Komplikationen: Den bösartigsten Verlauf zeigt die käsige Lappenpneumonie, die nicht selten zum Tode führt. In den übrigen Fällen kann es bei der exsudativen Form zu Höhlenbildungen ( = Kavernen) kommen, die röntgenologisch und zum Teil auch physikalisch faßbar sind. Die Hohlräume entstehen durch Einschmelzung von tuberkulösem Lungengewebe. Dabei kommt es häufig zu einer Hämoptoe ( = Lungenblutung), die das Krankheitsbild zusätzlich kompliziert. Sind die exsudativen Vorgänge nicht zu weit vorgeschritten und ist die Abwehrkraft des Körpers nicht zu sehr erschöpft, so kann auch diese einschmelzende Form allmählich ausheilen, wobei produktive Vorgänge dann später weiter in zirrhotische übergehen. c) Zirrhotische Tuberkulose: Die zirrhotische Tuberkulose, die bindegewebige Umwandlung des abgelaufenen tuberkulösen Prozesses, kann der Endzustand des produktiven als auch der exsudativen Entzündung sein. Extrapulmonale Tuberkulose (= außerhalb der Lunge gelegene Formen der Tuberkulose) Diese Formen der Tuberkulose gehören pathologisch-anatomisch und klinisch ebenfalls in das 3. Stadium, in das Stadium der Organtuberkulose. Ursache: Eine „offene" Lungentuberkulose kann auf den Kehlkopf und den Magenund Darmtrakt übergreifen. Die Drüsentuberkulose entsteht im allgemeinen auf dem
T A F E L IX
Bild i
Bild 2
A n g i n a catarrhalis ( = simplex)
A n g i n a Plaut Vincenti
(Nach von Eicken und Schul% van Treeck)
Bild 3 Einfache Diphtherie (Aus D e n m g , Lehrbuch der inneren Medizin, 1 / 1 9 5 0 , G e o r g T h i e m e Verlag, Stuttgart)
TAFEL X
Bild i Masern nach von Pirquet
Bild 2 Scharlachcxanthem mit perioraler Blasse. A m Rumpf rechts Ausloschphänomen (Aus Dennig, Lehrbuch der inneren Medizin, 1/1950, Georg Thieme Verlag, Stuttgart)
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Chronische bakterielle Infektionen
Lymphwege. — Die übrigen Organe erkranken nach Streuung in die Blutbahn, z.B. Hirnhäute, Gelenke, Knochen, Augen, Nieren, Bauchfell (die klassische Form der chronischen Peritonitis ist die tuberkulöse). Auch bei diesen extrapulmonalen Formen der Tuberkulose verläuft sie in produktiv-zirrhotischer oder exsudativer Form. Prognose und Therapie der Lungentuberkulose. Prognose: Die Tuberkulose ist auch heute noch, trotz aller Fortschritte der Therapie, eine sehr ernst zu nehmende Erkrankung. Günstige Statistiken behaupten, daß etwa 10 bis 20% spontan ausheilen. Der Verlauf der Erkrankung hängt ab von der Virulenz des Erregers und von der Abwehrlage des betroffenen Organismus. Beeinflußt wird der Verlauf in entscheidender Weise von äußeren Dingen: Ernährung, Wohnverhältnisse, seelische und finanzielle Belastung. Auch die seelische Komponente ist bei dieser chronisch verlaufenden Infektionskrankheit von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Immer ist auch an die Möglichkeit verschiedener Komplikationen zu denken, die in ihrer Schwere in keinem Verhältnis zur Grundkrankheit stehen müssen. Aus dem Vorhergesagten ergeben sich bereits bindende Hinweise für die Therapie, bei der die Allgemeinbehandlung zunächst noch im Vordergrund steht. Der Kranke bedarf der seelischen und körperlichen Ruhe. Er soll sofort aufhören zu arbeiten und möglichst in die ruhige Atmosphäre einer Heilstätte oder eines Krankenhauses gebracht werden. Dort sind die hygienischen Forderungen erfüllt, und es wird für eine zweckmäßige Ernährung gesorgt. Fiebernde Kranke müssen im Bett bleiben, während man den Fieberfreien eine Liegekur empfehlen wird. Die Klimaeinflüsse sind früher sicher überschätzt worden; wahrscheinlich ist der allgemeine Milieuwechsel dabei von wesentlicher Bedeutung. Einer Sonnenbestrahlung dürfen sich nur Patienten mit einer Knochentuberkulose aussetzen; bei Lungenprozessen kann es zu einer gefährlichen Aussaat kommen. Die Kost soll salzarm, kalorien- und vitaminreich sein. Chemotherapie: Durch die Wachshülle, die die Tuberkelbazillen umgibt, sind sie für Chemotherapeutika schwer angreifbar. Daher waren alle Bemühungen auf diesem Gebiete zunächst erfolglos. Erst in den letzten Jahren sind Fortschritte zu verzeichnen gewesen. Als klassische Therapeutika in der Lungentuberkulose gelten heute: Streptomycin, PAS ( = Paraaminosalizylsäure), I N H (=Isonikotinsäurehydrazid) und Thiosemicarbazon. Während zu Beginn der tuberkulostatischen Behandlung mit Antibiotika und Chemotherapeutika die Anwendung nur eines Mittels über einen begrenzten Zeitraum gefordert wurde, wird in jüngster Zeit die Kombinationsbehandlung mit mehreren Tuberkulostatika über längere Zeit gefordert. Die Wandlung vollzog sich auf Grund der überraschenden Erkenntnis, daß die Kombinationstherapie das Auftreten resistenter Bazillenstämme verzögerte, oft sogar verhinderte, und daß der gewünschte Erfolg sogar noch schneller eintrat. Darüber hinaus zeigte die Kombinationstherapie auch noch eine fast einwandfreie Verträglichkeit. So kam es zur Entwicklung des „Nicoteben comp.". Es ist eine Mischung von 8 Teilen Neoteben und 2 Teilen Isonikotinaldehyd-Thiosemicarbazon. Als wirksame Kombination mit anderen Tuberkulostaticis hat sich PAS — besonders in Form subkutaner Infusionen — und zusätzlich Streptomycin erwiesen. Im allgemeinen wird hierbei aber auch heute noch die Ansicht vertreten, daß man die Lokalanwendung des Streptomycins dem Lungenchirurgen überlassen soll. Einmal, um eine vorzeitige Resistenz der Tuberkelbazillen zu verhindern, zum andern, weil man es wegen seiner verschiedenen Nebenerscheinungen nicht unbegrenzt geben kann. Es muß hervorgehoben werden, daß die in neuerer Zeit entwickelten Streptomycinpräparate — durch Hinzufügen der entgiftenden Pantothensäure — weit weniger toxisch sind als das früher gebräuchliche reine Streptomycin und das Dihydrostreptomycin. Es sind das das Didrothenat, Streptothenat und das Protothenat. Dictrich Bd. I
11
IÖ2
Infektionskrankheiten
Therapie der Lungenblutung (Hämoptoe). Besondere Aufmerksamkeit bedarf die plötzlich auftretende Lungenblutung (Hämoptoe), die ein furchterregendes Ereignis für den Patienten ist. Wesentlich ist die Beruhigung des Patienten durch Arzt und Schwester, damit die Blutung nicht durch motorische Unruhe, durch unnötiges Aufsetzen und Umbetten verschlimmert wird. Der Kranke wird ruhig gelagert, Husten und Pressen muß nach Möglichkeit vermieden werden. Der sofort herbeigerufene Arzt wird entscheiden, ob es notwendig ist „blutstillende Mittel" zu verordnen. Solche Hämostyptika sind Sangostop, Clauden, Manetol und Kochsalzlösung. Gefäßabdichtend wirkt Kalzium. In manchen Kliniken wird eine Eisblase gegeben. Wesentlich ist jedoch bei jeder Lungenblutung, daß das Pflegepersonal sich ruhig und sachgerecht verhält, damit seine ruhige Sicherheit auf den Kranken übertragen wird. Man kann den Lungenbluter auch mit gutem Gewissen beruhigen; denn eine, tödliche Lungenblutung ist außerordentlich selten. Von den möglichen Komplikationen — z. B. einer Aspirationspneumonie ( = Schluckpneumonie) — weiß der Patient nichts. In Fällen, in denen die Blutung auch nach Tagen nicht zum Stillstand kommt, bewährt sich häufig ein „Pneumothorax" (Luftbrust; s. S. 22). Kollapstherapie: Im Gegensatz zur bereits besprochenen sog. „konservativen Therapie" der Lungentuberkulose steht die „Kollapstherapie", wie wir das chirurgische Eingreifen bei der Tuberkulose bezeichnen. Der Sinn dieses Vorgehens ist die Ruhigstellung, besser gesagt die „Entspannung" eines Lungenteiles, um die natürlichen Heilungsvorgänge zu unterstützen. Die Strömungsbedingungen im kleinen Blutkreislauf verändern sich, was bei diesem aktiven Vorgehen beachtet werden muß. Es gibt einige Gegenindikationen, die eine Kollapstherapie ausschließen. Die gefahrloseste Methode zur Entspannung des erkrankten Lungenteiles ist der 1888 von dem Italiener Forlanini eingeführte Pneumothorax ( = Luftbrust; s. S. 22). Bei uns in Deutschland wird er erst seit 1920 in großem Umfange angelegt. Der Arzt läßt ihn höchstens drei Jahre lang bestehen. Voraussetzung für einen erfolgreichen Pneumothorax ist das Fehlen von größeren Verwachsungen zwischen Rippen- und Lungenfell. In solchen Fällen müssen die Verwachsungen operativ gelöst werden, was nicht in allen Fällen gelingt (Thorakokaustik und Pneumolyse). Um ein neuerliches Verkleben des Brust- und Lungenfells zu verhindern, kann man, nachdem die Lunge operativ gelöst wurde, in die neugeschaffene „Pleurahöhle" eine Plombenflüssigkeit hineingeben: z.B.4% Jodipinöl ( = Oleothorax). Es wirkt außerdem desinfizierend. Von einigen Lungenchirurgen wird die „Perlonplombe" bevorzugt. Die Perlonmasse wirkt wie ein Schwamm, der einen sanften Entspannungsdruck auf die erkrankte Lunge ausübt. Die Masse gilt als „gewebsfreundlich", wirkt also nicht reizend. Bei Unterlappenprozessen wirkt häufig, wenn keine Pleuraverwachsungen vorhanden sind, eine Zwerchfellähmung durch Phrenikusquetschung günstiger als eine Luftbrust. Eine eingreifende Methode zur Entspannung der erkrankten Lunge ist die Lrngenplastik. Es werden mehrere Rippen im Bereich der erkrankten Lunge herausgenommen (= Rippenresektion). Früher wurden in einer Operation sämtliche Rippen der erkrankten Seite herausgenommen. Das war eine außerordentlich schwere Belastung für den Gesamtorganismus. Durch die plötzliche Verlagerung des Mediastinums kam es nicht
Chronische bakterielle Infektionen
163
selten zum gefürchteten Mediastinalflattern. Seit man die Resektion in mehreren Sitzungen durchführt, ist diese Gefahr weitgehend gemindert worden. Gute Resultate, namentlich bei Unterlappen- und bei ausgedehnten, beidseitigen Lungenprozessen, zeigt auch das Pneumoperitoneum ( = Luftbauch). Durch das Einfüllen von Luft in den Bauchraum treten nicht nur beide Zwerchfellkuppeln höher—wodurch indirekt die gewünschte Ruhigstellung des Lungengewebes erfolgt—sondern es werden auch allgemeine Abwehrkräfte mobilisiert, was immer erstrebenswert ist. Kavernen sind das Hauptgebiet der Lungenchirurgie, wobei die Beschaffenheit der Kavernenwand, der zu- und abführende Bronchus und die arterielle Versorgung des erkrankten Gewebes eine wichtige Rolle spielen. Monaldi (italienischer Lungenchirurg) empfiehlt die Saugdrainage zur Behandlung tuberkulöser Kavernen; Sitz der Kaverne und eine elastische Wand sind von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg dieser Therapie. Neuerdings kann bei Prozessen, die auf einen Lungenlappen beschränkt sind, auch eine Lobektomie durchgeführt werden (Herausnahme eines Lungenlappens). K o m p l i k a t i o n e n der K o l l a p s t h e r a p i e : Das operative Vorgehen ist nicht gefahrlos. So kann es schon beim Pneumothorax zu einer ernsten Gefahr, zur Luftembolie, kommen, die tödlich enden kann. Sie entsteht, wenn Luft aus der Pleuranadel in eine Lungenvene einströmt. Es kann sich auch nach einer Füllung eine Pleuritis exsudativa (feuchte Rippenfellentzündung) entwickeln. Nach Möglichkeit wird bei fiebernden Patienten keine Kollapstherapie angewandt, weil dann die Gefahr der Exsudation größer ist. Bei Erkrankungen der Lunge oder des Herzens (Lungenasthma, Lungenblähung, Herzfehler) wird der Arzt im allgemeinen von einer Kollapstherapie absehen, da bei diesen Erkrankungen die Atemfläche ohnehin vermindert ist. Daher geht im allgemeinen eine Atemfunktionsprüfung mit dem Knippingschca Apparat einem aktiven Vorgehen voraus (Knipping, Internist in Köln). T u b e r k u l i n d i a g n o s t i k (Tuberkuline = gelöste Gifte des Tuberkelbazillus) Tuberkulinempfindlich wird der menschliche Organismus nur dann, wenn er schon einmal mit Tuberkelbazillen in Berührung gekommen ist, und zwar frühestens 6 Wochen danach. Bei der Tuberkulinempfindlichkeit können mehrere Reaktionen auftreten. 1. Eine Lokalreaktion, d. h. an der Stelle der Applikation und evtl. an früheren Applikationsstellen kommt es zu einer lokalen Hautreaktion, die zwischen der 24. und 48. Stunde am deutlichsten ist. 2. Eine Herdreaktion, d. h. Entzündungserscheinungen am eigentlichen Infektionsherd und in dessen Umgebung. }. Eine Allgemeinreaktion, die sich in einem allgemeinen Krankheitsgefühl äußert und 4. das Tuberkulinexanthem.
Robert Koch erhoffte sich noch eine therapeutische Wirkung von den verschiedenen Tuberkulinen — ein Standpunkt, der heute nicht mehr geteilt wird. Wir wenden sie im wesentlichen zu diagnostischen Zwecken an. Gebräuchlich in der Klinik sind folgende Methoden: 1. Die perkutane Probe nach dem Heidelberger Pädiater Moro: eine fünfmarkstückgroße Stelle der Brusthaut wird mit Äther entfettet; dann wird eine ; o % i g e Tuberkulinsalbe eingerieben. Kinder, die irgendwann schon mit der Tuberkulose in Berührung gekommen sind, reagieren in den nächsten 24 bis 48 Stunden mit kleinen Pustelchen. 2. Die intrakutane Probe nach Pirquet (Wiener Pädiater, 1874—1929): Mit Hilfe des Pirquet-Bohtets wird eine oberflächliche Hautverletzung gesetzt und ein Tropfen Alt-Tuberkulin mit einem Glasstäbchen eingerieben. 11*
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Infektionskrankheiten
3. Die intrakutane Probe nach Mendel-Mantoux : Mit Hilfe einer Tuberkulinspritze und einer feinen Kanüle wird Alt-Tuberkulin in den Verdünnungen 1 :i 000000 bis 1 :io (0,1 ccm) intrakutan injiziert. 4. Die subkutane Methode, wie sie Robert Koch angab. Sie ist aber wegen der möglichen gefährlichen Allgemein- und Herdreaktion im allgemeinen nicht mehr üblich.
Der positive Ausfall einer dieser Tuberkulinproben besagt nur, daß der Körper bereits mit dem Tuberkelbazillus in Berührung gekommen ist. Weitere diagnostische Schlüsse lassen die Proben nicht zu. BCG-Impfung Die BCG-Impfung (Bilié Calmette \Calmette, franz. Bakteriologe, 1863—1933]) — Guérin (Guérin, franz. Chirurg, 1817—1895) bezeichnet das Verfahren einer künstlichen Immunisierung. Ihr Ziel ist es, einer späteren Infektion einen vermehrten Widerstand entgegensetzen zu können. Calmette und Guérin benutzten lebendige, aber ungiftige Erreger: Rindertuberkelbazillen werden auf gallehaltigen Nährböden durch jahrelanges Züchten avirulent. Dieses Verfahren kam durch das sog. „Lübecker Kindersterben" in Deutschland sehr in Mißkredit. Zu Unrecht, denn durch eine tragische Verwechslung wurden die Kulturen vertauscht und hochgiftige Keime an Stelle der vorgeschriebenen nichtgiftigen den Kindern eingeimpft. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde dieses Verfahren bei uns wieder aufgegriffen und mit Hilfe des Schwedischen Roten Kreuzes wurden Hunderttausende tuberkulinnegativer Kinder geimpft. Die Kinderkliniker hoffen, die großen Gefahren des Primärstadiums, besonders der schweren Säuglingstuberkulose und des Sekundärstadiums, der Meningitis tuberculosa, abschwächen zu können. j . Viruskrankheiten
a) Masern b) Scharlach c) Winpdocken d) Pocken — Pockenschutijmpfung e) Röttin j ) Parotitis epidemica — Mumps, g) Kinderlähmung
Ziegenpeter
h) Grippe i) Infektiöse Entzündung des Gehirns (Encephalitis) j ) Trachom (Ägyptische Körnerkrankheit) k) Tollwut l) Papageienkrankheit m) Herpeserkrankungen n) Bornholmer Krankkeit
a) M a s e r n — (Morbilli) (Tafel X, Bild 0 Erreger: Als Erreger nehmen wir heute ein Virus an, das die"Scheimbäute befällt. In den ersten drei bis vier Lebensmonaten verfügen die Kinder über eine von der Mutter mitbekommene Immunität; danach erkrankt jedes angesteckte Kind. Ansteckung erfolgt nur direkt durch Kontakt oder Tröpfcheninfektion, nicht durch infizierte Gegenstände. Die Inkubationszeit beträgt 11 Tage. Symptome: Man unterscheidet klinisch 2 Stadien: a) Beginn mit Fieber, Husten, Schnupfen, Bindehautentzündung (Lichtscheu I). Man findet häufig noch eine Reizung der oberen Luftwege. Am 14. Tage nach der Ansteckung tritt ein Ausschlag (Exanthem) auf, der vorwiegend die Schleimhäute befällt (Enanthem); die Mundschleimhaut ist fleckig gerötet, und auf der Wangenschleimhaut zeigen sich kalkspritzerartige Flecken (Koplicksche Flecken; Koplick, amerikanischer Arzt, 1858—1927). Sie sitzen gegenüber den Mahlzähnen. Am 3. Tage fällt das Fieber im allgemeinen ab und steigt bei Ausbruch des Exanthems wieder an. b) Auftreten von kleinen rosaroten Flecken, meist beginnend hinter den Ohren und auf der benachbarten Kopfhaut und am Hals. Dann treten die"gleichen Flecken am
Viruskrankheiten
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Stamm, am Gesicht und an den Extremitäten auf. Zwischen den Flecken bleiben immer freie Stellen „buntscheckiges Exanthem"; einzelne Flecken können zusammenfließen. Dort, wo ein Druck auf den Körper ausgeübt wird, treten die Flecken am deutlichsten hervor. Nach 3 bis 5 Tagen fällt im allgemeinen das Fieber kritisch ab, die Haut schuppt sich kleinlamellös. Das Masernexanthem kann von der oben geschilderten Form abweichen; man kennt hämorrhagische Masern, dabei kommt es zu Blutungen in das Exanthem. Die Ausdehnung der Blutung ist entscheidend für den Weiterverlauf der Krankheit. Außerdem kann die Farbe der Flecken bläulich sein, bei Herzschwäche oder Lungenentzündung. Der Volksmund sagt dann: „Die Masern sind nach innen geschlagen." Auch kann das Exanthem bei Masern scharlachähnlich, quaddelförmig (urtikariell) oder blasig (pemphigusähnlich) sein — Abarten, die den Arzt in der Hauptsache angehen. Komplikationen: 1 . Mittelohrentzündung ( = Otitis media): seltener als bei Scharlach. 2. Maserncroup: durch eine starke Schwellung der Kehlkopfschleimhaut kommt es zu Erstickungsanfällen. 3. Bronchitis und Lungenentzündung (kapilläre Bronchitis). 4. Keuchhusten. 5. Masernenzephalitis (Gehirnentzündung). 6. Aktivierung einer ruhenden Tuberkulose oder frischer Infekt.
Gefährdet sind Kinder mit Rachitis oder Tuberkulose; hier wird man, wenn in der Umgebung ein Kind erkrankt, eine vorbeugende Seruminjektion geben (von Gesundenden am 7. Tage entnommenes Blut, Elternblut oder y-Globuline). Therapie: Eine kausale Therapie kennt man, wie bei anderen Viruserkrankungen, nicht. — Bettruhe bis 8 Tage nach der Entfieberung. Solange eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) besteht, empfinden die Kinder es als sehr angenehm, wenn das Krankenzimmer abgedunkelt wird. Die Bronchitis wird mit Brustwickeln und heißem Tee behandelt. b) S c h a r l a c h (Scarlatina) (Tafel X , Bild 2) Erreger: Als Erreger vermuten wir ein Virus, das von einem bestimmten Streptokokkus begleitet ist, dem hämolytischen Streptokokkus. Die Übertragung der sehr widerstandsfähigen Erreger geschieht auf direktem und auf indirektem Wege durch Tröpfchen- und Schmierinfektion. Die Empfänglichkeit für Scharlach ist unterschiedlich, am größten im Alter zwischen 3 und 8 Jahren. Prüfung: Mit demZ)/Y,£-Test: 0,1 cm 3 des nach Vorschrift verdünnten Scharlachtoxins werden subkutan in den Unterarm injiziert. Der scharlachempfindliche Organismus bekommt eine rote Quaddel, beim Nichtempfindlichen bleibt die Reaktion aus. Das Überstehen eines Scharlachs hinterläßt eine weitgehende Immunität.
Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 8 Tage. Symptome: Der regelmäßige Beginn des Scharlachs mit einer Halsentzündung spricht dafür, daß der Erreger durch den Mund in den Körper eindringt. Eine Ausnahme bildet der seltene Wundscharlach, der nicht durch eine Angina eingeleitet wird; hierbei ist die Eintrittspforte die Wunde selbst. Der Scharlach beginnt plötzlich, häufig durch Erbrechen eingeleitet, mit hohem Fieber und Halsschmerzen. In den ersten 24 Stunden bildet sich eine typische Angina: der Rachen ist hochrot, die Tonsillen schwellen an und sind stippchenförmig belegt. Der Belag ist abwischbar. Die Hals-
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Infektionskrankheiten
drüsen schwellen an. 24 Stunden später beginnt das samtartige Exanthem. Eine gleichmäßige Rötung überzieht den ganzen Körper. Sie beginnt häufig an der Innenseite der Oberschenkel und breitet sich dann auf den Stamm aus. Das Gesicht ist fiebergerötet, wobei das Kinn-Nasendreieck frei bleibt ( = Scharlachmaske). Die Zunge ist zunächst belegt; am 3. Tage stößt sich der Belag ab, und die Zunge erscheint hochrot, wobei die entzündeten Zungenknöspchen an eine Vollreife Himbeere erinnern ( = Himbeerzunge). Verlauf: Am 3. bis 5. Tage verblaßt der Hautausschlag; Fieber, Exanthem und Himbeerzunge klingen ab. Der Patient fühlt sich wohl. Zu Beginn der 2. Woche folgt, in großen Fetzen, die Schuppung. E s ist für den A r z t nicht einfach, den Scharlach in seinem Beginn zu erkennen, weil er sich nicht immer so typisch zeigt, wie er hier geschildert worden ist. Das Auslöschphänomen hilft mit, ein fragliches Exanthem zu erkennen. 0,5 bis 1,0 ccm Scharlachserum werden in die gerötete Haut gespritzt. Handelt es sich um ein Scharlachexanthem, und nicht um ein Arzneimittelexanthem oder um ein atypisches Masernexanthem, so schwindet die Rötung kreisförmig an der Injektionsstelle innerhalb von 1 2 bis 24 Stunden.
Der Scharlach ist mit der Schuppung noch nicht beendet. Zu Beginn der 3. Woche kann ein neuer Krankheitsschub auftreten, den man mit „Zweitkrankheit" bezeichnen kann. Häufig schwellen die Unterkieferdrüsen unter gleichzeitigem Fieberanstieg an; manchmal entwickelt sich eine Mittelohreiterung (Otitis media), die die Gehörknöchelchen zerstören und auf die Hirnhäute übergreifen kann. Niere und Herz müssen besonders beobachtet werden. Allerdings scheinen diese Zweiterkrankungen bei den mit Penicillin behandelten Fällen seltener zu werden und gemäßigter zu verlaufen; davon soll später noch ausführlich die Rede sein. Besondere Verlaufsformen: Neben leichten und mittelschweren Scharlachfällen kennt man klinisch noch eine toxische Form. Symptome: Sie beginnt schlagartig, wie eine echte Vergiftung, mit Bewußtseinsstörungen und schwerstem Krankheitsgefühl, Übelkeit, Erbrechen und hohem Fieber. Die Patienten sind, da Herz und Kreislauf schwerster« geschädigt sind, blaß-bläulich verfärbt. Die toxisch-geschädigten Blutgefäße werden durchlässig, es kommt zu Hautund Schleimhautblutungen mit Nasenbluten und blutigen Durchfällen. Ein sehr ernstes und bedrohliches Bild! Ebenfalls sehr ernst ist das Bild des eitrigen, des septischen Scharlachs. Symptome: Hierbei steht zunächst die Angina im Vordergrund. Sie geht am 3. bis 4. Tage in eine eitrige über, die sich dann immer weiter ausbreitet. Die eitrige Entzündung kann auf die benachbarten Siebbeinzellen, auf die Keilbein- und Oberkieferhöhlen und auf das Mittelohr übergreifen. Im Eiter lassen sich immer hämolytische Streptokokken nachweisen. Schreitet der Prozeß weiter fort, so können die Eitererreger in die Blutbahn einbrechen und zu einer allgemeinen Sepsis führen. Komplikationen: Die Schwere des Scharlachs liegt in seiner Unberechenbarkeit. Abgesehen von den toxischen und den septischen Fällen lassen sich auch nicht alle Komplikationen durch Penicillin verhindern. und Kreislauf müssen weiter streng kontrolliert werden. Eine Pulsbeschleunigung, die nach Absinken der Temperatur weiterbesteht, läßt den Verdacht einer HerzHer%
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muskelschädigung aufkommen. Gelegentlich entwickelt sich eine Herzinnenhautentzündung (Endokarditis), die häufig zu bleibenden Veränderungen an den Herzklappen führt (s. S. 29f.). Eine leichte Eiweißausscheidung ist, bei gleichzeitig bestehendem hohem Fieber, fast immer harmlos. Sie hat nichts mit der in der 3. Woche auftretenden Scharlachnephritis (Nierenentzündung) zu tun. Die Hautfarbe wird blaß, oft schwillt das Gesicht an, die Harnmenge nimmt ab, der Blutdruck steigt an, und im Urin finden sich neben Eiweißausscheidungen rote Blutkörperchen. Es ist sehr wichtig, in der 2. und 3. Krankheitswoche wiederholte, möglichst tägliche Urinkontrollen durchzuführen, weil durch ein frühzeitiges Erkennen bleibende Schäden verhindert werden können. Unangenehm und schmerzhaft, jedoch so gut wie immer harmlos, ist das Scharlacbrheumatoid. Es führt, im Gegensatz zum echten Rheumatismus, nie zu Rückfällen. Das Scharlachtyphoid^ das mit schweren Bewußtseinstrübungen einhergeht, ist sehr selten. Therapie: Jeder Scharlachkranke gehört ins Bett, wird isoliert und wie jeder andere Kranke gepflegt und beobachtet. Es empfiehlt sich, die Verdächtigen und die Kranken in ein Krankenhaus einzuweisen, da es bei den häufig engen Wohnverhältnissen schwierig ist, die Patienten erfolgreich zu isolieren. Zu Beginn sind die Fieberkranken appetitlos, sie verlangen nur zu trinken. Dann kann man zur flüssigbreiigen, gehaltvollen, vitaminreichen Kost übergehen; doch soll man die Kranken nicht zum Essen zwingen. Der Appetit stellt sich bei zunehmender Besserung von selbst ein. Die gefürchtete toxische Form des Scharlachs zwingt den Arzt zu schnellem Handeln. Bewährt hat sich hierbei die Serumbehandlung, die in zahlreichen Fällen lebensrettend wirkt. Einen überzeugenden Einfluß auf den einfachen Scharlach und auf die septischen Komplikationen zeigt das Serum allerdings nicht. Man kann das Heilserum als Rekonvaleszentenserum geben: man entnimmt Genesenden in der 3. bis 5. Woche Blut, um es den Schwerkranken zu spritzen (50 bis 100 ccm). Ist kein Genesendenblut zur Hand, so kann man statt dessen das handelsübliche Homoseran spritzen. Nachdem das Penicillin in die Behandlung des Scharlachs eingeführt worden ist, ergaben sich plötzlich völlig neue Probleme. Während die Patienten bis dahin 6 Wochen isoliert gehalten wurden, genügen nunmehr im allgemeinen 8 bis 10 Tage. Durch das Penicillin werden die hämolytischen Streptokokken im Nasen-Rachenraum in 3 bis 5 Tagen vernichtet. Und damit scheint die Hauptansteckungsgefahr gebannt. Die Patienten sind aber noch krank und müssen auch weiter im Bett bleiben und beobachtet werden. Es hat den Anschein, daß auch die Zahl der septischen Erkrankungen unter der Penicillinbehandlung zurückgegangen ist. Sicher aber werden sie günstig beeinflußt. Nur die Nephritis scheint sie nicht verhindern zu können. In den meisten Kliniken gibt man heute in den ersten Tagen nach der Krankenhausaufnahme Depotpenicillin (z.B. 2 mal täglich 200000 E , insgesamt 2 Millionen E). In den folgenden Tagen müssen die Patienten, und möglichst auch das Pflegepersonal, von den Neuaufnahmen getrennt werden; denn sonst ist die Gefahr der Keimübertragung von den Neuaufnahmen auf die schon mit Penicillin Behandelten sehr groß. Weiter müssen die streptokokkenfreien Patienten von den übrigen getrennt werden. Eine sinnvolle Scharlach-Penicillinbehandlung erfordert ein exakt durchgeführtes Schleusensystem; widrigenfalls ist die Zahl der Mischinfekte größer als ohne Penicillinbehandlung.
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Die Frage, ob ein leichter oder mittelschwerer Scharlach mit Penicillin behandelt werden soll oder nicht, muß vom Arzt entschieden werden. In den Krankenhäusern ist man in der letzten Zeit fast überall zur antibiotischen Therapie übergegangen. Die zunächst durch das Penicillin verursachten Mehrkosten werden durch den kürzeren Aufenthalt im Krankenhaus ausgeglichen. Der Scharlach wurde deshalb so eingehend besprochen, weil die Zahl der Erkrankungen doch relativ hoch ist und weil während einer Erkrankung sehr viele Probleme auch an das Pflegepersonal herangetragen werden, die für den Patienten von weitreichender Bedeutung sind. Die Schwester muß Verständnis für die ärztlichen Maßnahmen haben, auch wenn ihr dadurch manchmal eine Mehrarbeit zugemutet wird. Verständnis kann man von ihr aber nur erwarten, wenn sie die Zusammenhänge kennt. c) Windpocken (Schafblattern, Varizellen) Erreger: Es handelt sich dabei um eine hochinfektiöse, durch ein Virus hervorgerufene Krankheit, die durch Knötchen- und Bläschenbildung auf der Haut und auf den Schleimhäuten charakterisiert ist. Sie verläuft im allgemeinen leicht, im Gegensatz zu den „echten Pocken". Übertragen wird das Virus wahrscheinlich durch Tröpfcheninfektion — es ist jedoch bekannt, daß ein Luftzug zwischen verschiedenen Räumen den Krankheitserreger weitertragen kann. Daher der Name Wind-Pocken. Die Krankheit hinterläßt eine sehr starke Immunität. Die Inkubation beträgt durchschnittlich 14 Tage. Eine Isolierung empfiehlt sich für drei Wochen. Symptome: Ohne ein besonderes Vorstadium beginnt die Krankheit mit dem typischen Varizellerwau^/ög: plötzlich schießen an mehreren Körperstellen linsengroße, blaß-rote, erhabene Effloreszenzen auf ( = Hautblütchen), die sich in wenigen Stunden in Knötchen und Bläschen umwandeln. Die Bläschen zeigen in ihrer Mitte eine Delle; sie sind einkammrig und mit glasklarer Flüssigkeit angefüllt. Dann trocknen die Bläschen ein, und es bilden sich Krusten. Dieses gleichzeitige Nebeneinander von drei verschiedenen Stadien, von Knötchen, Bläschen und Krusten ist typisch für die Windpocken. Die Zahl der Bläschen liegt zwischen zehn und mehreren Hundert; im Verlauf der Krankheit treten mehrere „Schübe" auf, die jeweils von einem Fieberanstieg begleitet sind. Die Allgemeinerscheinungen, wie Krankheitsgefühl und Mattigkeit halten nicht lange an. Komplikationen sind selten und meist durch Schmierinfektion hervorgerufen. Therapie: In Fällen von Schmierinfektion ist Penicillin oder ein Sulfonamid angezeigt — ansonsten sind sie wirkungslos. Juckreiz wird durch Betupfen der betroffenen Stellen mit Mentholspiritus gelindert. Besondere Sorgfalt erfordern evtl. befallene Schleimhäute, weil es sonst, z. B. am Auge durch Schmierinfektion, zur Erblindung kommen kann. d) Pocken ( = V a r i o l a = Blattern) — P o c k e n s c h u t z i m p f u n g Die Pocken sind eine sehr schwere, ansteckende Viruskrankheit, die durch einen Ausschlag mit eitrigen Bläschen gekennzeichnet ist. Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Pocken in Deutschland so verbreitet wie heute die Masern; es wird berichtet, daß 1796 bei uns von 24 Millionen Einwohnern 65000 an Pocken zugrunde gingen. Diese Erkrankung war in Indien und China schon lange bekannt, über Deutschland sind sichere Beschreibungen erst am Ende des 15. Jahr-
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hunderts zu finden. Eine entscheidene Wendung trat für uns 1798 ein, als der englische Arzt Jenner die Kuhpockenimpfung einführte. Durch das Reichsimpfgesetz von 1872 ist in Deutschland die Pockenimpfung zur Pflicht gemacht worden. Das Entscheidende dabei ist, daß der gesunde Mensch geimpft wird 1 Die Lymphe wird aus den Impfpusteln eines Kalbes genommen. „Das Kind muß in dem der Geburt folgenden Jahr geimpft werden." Im allgemeinen wird im Bereich des rechten Oberarms nach sorgfältiger Reinigung die Haut mit der Impflanzette 2 mal 1 / 2 cm lang angeritzt. Bei dem Impfling kommt es zu einer lokalen Erkrankung, die eine mehrere Jahre anhaltende Immunität hinterläßt. Am 3. bis 4. Tage entsteht eine Rötung im Bereich der Impfstellen, am 5. Tage ein Knötchen, dann ein Bläschen und am 8. bis 14. Tage tritt Fieber auf. Der rote Hof um das Bläschen wird größer, am 1 1 . Tage wird der Inhalt eitrig, es entsteht die Impfpustel. Diese trocknet ein, es bildet sich ein Schorf, der nach 2 Wochen abfällt und eine Narbe hinterläßt. Am 8. Tag nach der Impfung ist der Arzt zur Nachschau verpflichtet. Ist die Impfpustel „angegangen", so stellt der Arzt ein rotes Impfzeugnis aus. Im 12. Lebensjahr wird die gleiche Impfung wiederholt. Befreit davon wird nur derjenige, der inzwischen die „echten Pocken" überstanden hat. Bei schweren Krankheiten wird das Kind zu einem späteren Termin geimpft, und in besonderen Fällen kann der Arzt auch ganz von einer Pockenimpfung absehen. Rachitische und tuberkulöse Kinder werden nicht geimpft, da es dann zu Verschlimmerungen der bestehenden Krankheiten kommen kann. Kinder, die an einer Epilepsie (Fallsucht) leiden, werden ebenfalls nicht geimpft. Sonst behaupten mit größter Wahrscheinlichkeit die Eltern später, die Krämpfe seien durch die Impfung hervorgerufen worden und stellen Ansprüche an den Staat. Auch bei Hautausschlägen oder größeren Wunden wird der Impfarzt das Kind bis zu einem späteren Impftermin zurückstellen. Reagiert ein Kind auf die erste Impfung nicht, so muß sie wiederholt werden. Schäden nach Pockenimpfung: Es können auch Schäden nach dem Impfen auftreten, die immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen sind. Einmal gibt es eine „generalisierte Vakzination"; durch das Impfen kommt es zu einer allgemeinen Reaktion am ganzen Körper, die in ihrem Erscheinungsbild den echten Pocken gleicht und auch tödlich verlaufen kann. Weiter kann es durch eine Schmierinfektion zur Wundrose, zum Wundscharlach oder auch zur Wunddiphtherie kommen; Komplikationen, die sich vermeiden lassen. Gefährlich, aber glücklicherweise auch sehr selten ist die Impfenzephalitis (Gehirnentzündung nach Impfen). Sie entsteht auf dem Höhepunkt der Impfreaktion und führt zu Benommenheit und Krämpfen. Die möglichen Schäden, die durch eine Pockenimpfung hervorgerufen werden können, sind gering gegenüber dem Erfolg, der durch die Impfung erzielt worden ist. Durch die strikte Durchführung der Pockenschutzimpfung wurde diese schwere Seuche in Deutschland gebannt. e) R ö t e l n (lat. rubeola) Erreger: Es handelt sich um eine in den meisten Fällen leicht verlaufende, durch ein Virus hervorgerufene Infektionskrankheit, die mit einem Exanthem und Lymphdrüsenschwellungen einhergeht. Die Infektion erfolgt meist durch Tröpfcheninfektion-, an der Luft wird das Virus schnell zerstört. Kinder erkranken daran zwischen dem 3. und 10. Lebensjahr, häufig nach Masern. Inkubation: etwa 18 Tage.
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Symptome: i bis 2 Tage vor Beginn des Exanthems treten Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl auf. Das Exanthem gleicht dem Masernausschlag, jedoch sind die einzelnen Effloreszenzen (Hautblütchen) blasser und weniger erhaben als beim Masernexanthem. Typisch ist die generalisierte Lymphdrüsenschwellung. Der Verlauf dieser Erkrankung ist meist kurz und selten kompliziert. Nur bei Schwangeren droht Gefahr für die Frucht (besonders im 3. Monat); die Kinder können später Schäden aufweisen, z. B. Taubstummheit, Mongolismus, Herzfehler. Daraus folgt, daß man Schwangere nach Möglichkeit vor einer Rötelninfektion schützen muß. Therapie: Eine kausale Therapie kennen wir nicht. f) P a r o t i t i s e p i d e m i c a ( M u m p s , Z i e g e n p e t e r ) Erreger: Wir verstehen darunter eine Virusinfektion, die hauptsächlich die Ohrspeicheldrüsen befällt. Die Bereitschaft zur Erkrankung — durch Tröpfcheninfektion — ist nicht sehr groß. Inkubation dauert ungefähr 18 Tage. Symptome: Unter Frösteln, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen pflegt die Temperatur auf 39° C anzusteigen, am 2. Tage schwillt die Ohrspeicheldrüse an (links häufiger als rechts), und das Ohrläppchen ist in typischer Weise abgespreizt. Der Kranke ist in der Beweglichkeit des Kopfes behindert — vor allem auch beim Essen, wenn am 3. bis 4. Tage die Schwellung schmerzhaft wird. Manchmal schwillt nach wenigen Tagen die andere Ohrspeicheldrüse an (Hamsterbacken) — der Lokalbefund klingt jedoch schneller ab als bei der zuerst befallenen Seite. Der Krankheitsverlauf ist in der Regel harmlos. Komplikationen: Manchmal greift die Entzündung auch auf die benachbarten Drüsen am Kieferwinkel über. Bei Jugendlichen und erwachsenen Männern wird nicht selten — etwa in 30% der Fälle — am 7. Tage ein Hoden von der Virusinfektion befallen. Diese Orchitis kann zur Sterilität führen. Viel seltener ist bei weiblichen Patienten eine Eierstockentzündung. Eine weitere Komplikation ist die Bauchspeicheldrüsenentzündung. Selten ist auch eine Meningoenzephalitis (Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns). Die Prognose der Parotitis epidemica ist, abgesehen von den sehr seltenen Komplikationen, sehr gut. Therapie: Eine kausale Therapie gibt es nicht. Örtlich, auf die entzündliche Ohrspeicheldrüse, empfehlen sich kühlende Borwasserumschläge oder auch Öl-Wattepackungen. Bei einer Epidemie, die gehäufte Hodenentzündungen zeigt, wird es ratsam sein, vom vierten Tage an Rekonvaleszentenserum zu spritzen, was bezüglich der Komplikationen recht wirksam ist. g) P o l i o m y e l i t i s {Heine-Medtnsche E r k r a n k u n g = Spinale K i n d e r l ä h m u n g ) (polio = grau; myelon = Mark) Erreger: Die Poliomyelitis acuta anterior ist eine durch ein sehr kleines Virus hervorgerufene Infektionskrankheit, die vorwiegend die Vorderhörner des Rückenmarks (daher anterior) befällt und so zu schlaffen Lähmungen führt. Die erste Beschreibung dieser Erkrankung stammt von dem deutschen Arzt Heine, der sie um 1890 in Cannstatt beschrieb. Um die weitere Erforschung machte sich dann Medin, ein Schwede, verdient. 1909 gelang Landsteiner in New York die Über-
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tragung des damals noch unbekannten Erregers auf Affen. Damit war der Beweis erbracht, daß es sich um eine Infektionskrankheit handelt. Inzwischen weiß man, daß es ein Virus ist, das im Elektronenmikroskop darstellbar ist. Das Virus ist sehr widerstandsfähig. Die Infektionsquelle ist nur selten der mit Lähmungen erkrankte Mensch, sondern vielmehr der „Virusträger". Das Virus wurde in der Hauptsache in der Nasenund Rachenschleimhaut nachgewiesen, daher wird die Tröpfcheninfektion als der häufigste Infektionsweg angenommen. Aber auch im Stuhl werden Erreger nachgewiesen, so daß infizierte Nahrungsmittel eine Rolle spielen können. Der Weg des Virus geht von der Eintrittspforte die Nervenbahnen entlang, bis es ins Zentralnervensystem gelangt. Die Empfänglichkeit der Menschen für das Polio-Virus ist sehr groß, zum Glück erkrankt nur ein kleiner Teil mit Lähmungen. Die meisten Erkrankungen verlaufen abortiv ( = unfertig, abgekürzt), etwa unter dem Bilde eines banalen Schnupfens. Sie
Dura mater
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Tract. pyramid. lat.
Cavum subdurale
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Tractus spinothalamiens
Arachnoidca
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Absteigende Fasern der Hinterstrangbahn (Area intermedia, Sctul/zi)
4
Cavum Ieptomeningicum (subarachnoidale)
j
Ligamentum denticulatum (dentatum)
Abb. 14. Querschnitt durch das Rückenmark (Medulla spinalis, Pars thoracalis). Im Bereich des Schädels ist die harte Hirnhaut (Dura mater) zugleich Knochenhaut (Periost)
werden „stillgefeit". So kommt es auch, daß das Pflegepersonal während einer Epidemie nur in seltenen Fällen erkrankt. Wenn sie erkranken, dann bleibt immer noch die Frage ungeklärt, wo sie sich infiziert haben, am Krankenbett oder außerhalb der Klinik. Es ist offensichtlich, daß körperliche Überanstrengungen (Reisen, Märsche, körperliche Überarbeitung, Sport) zur erhöhten Krankheitsbereitschaft führen — und daß bei der Erkrankung mit Lähmungen besonders die stark beanspruchten Muskelgruppen betroffen werden. Die Poliomyelitis tritt besonders in den Sommermonaten auf (Juni bis September). Symptome: Inkubation wird zwischen 4 und 12 Tagen (und länger) angenommen. Im allgemeinen geht dem Lähmungsstadium ein katarrhalisches vorauf — Angina, Erkältung oder ein Kehlkopfkatarrh. Es ist umstritten, ob das katarrhalische Stadium mit zur Poliomyelitis zu rechnen ist oder im Sinne der Wegbereitung zu deuten wäre. Dann folgen einige fieberfreie Tage, ehe es wieder zum Fieberanstieg mit Kopf- und Gliederschmerzen kommt. Es treten zunehmende meningitische Reizsymptome in Erscheinung (Kniekußphänomen, Dreistützphänomen, Kernigszhes Zeichen, Harnsperre) und heftige Schmerzen in den Gliedern, an denen sich später die Lähmung zeigt. In dem präparalytischen Stadium (Vorlähmungsstadium) weist der Liquor schon typische Veränderungen auf: Zellzahlvermehrung, Eiweißvermehrung und Druckerhöhung. Dieses Stadium dauert etwa 2 bis 5 Tage, dann folgt in typischen Fällen das Stadium der Lähmung.
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Die Lähmungen sind sog. „schlaffe Lähmungen" und befallen die quergestreifte Muskulatur. Die Sensibilität bleibt intakt, was sich aus dem anatomischen Befall der Vorderhörner im Rückenmark ableiten läßt. Das Ausmaß der Lähmungen ist ganz verschieden. Die Lähmung braucht nur einen Muskel zu befallen, kann aber auch mehrere Muskelgruppen erfassen. Nicht nur die „spinalen" Zentren werden vom PolioVirus erfaßt, es können auch „höhere Zentren" befallen sein: die Hirnnervenkerne in der Medulla oblongata ( = verlängertes Mark) und das Atemzentrum. Das Virus befällt die Ganglienzellen der Vorderhörner und zerstört sie. Was im Zentralnervensystem zerstört ist, kann nicht wieder ersetzt werden. Im allgemeinen ist es aber so, daß nicht alles, was anfangs gelähmt war, auch gelähmt bleibt. Die Ganglienzellen, die durch eine entzündliche Schwellung in ihrer Funktion ausfallen, sind nach Abklingen der entzündlichen Erscheinungen wieder voll funktionsfähig. Es gilt die Regel, daß sich die Lähmungen bis zu zwei Jahren noch zurückbilden können. Aber wie die Ausbreitung der Lähmung unberechenbar ist, so ist es auch ihr Rückgang. Es kann sein, daß sich bei einer völlig gelähmten Muskulatur alles zurückbildet, während bei dem isolierten Befallensein eines Muskels dieser gelähmt bleibt — eben weil seine zugehörigen Ganglienzellen im Rückenmark verstört sind. Besondere Verlaufsformen: Landrysche Paralyse. Hierunter versteht man eine schnell aufsteigende Form der Lähmungen, die in den meisten Fällen an den Beinen beginnt, manchmal in wenigen Stunden die Zentren der Rumpf-, Arm- und Interkostalmuskulatur ( = Zwischenrippenmuskeln) und schließlich die lebenswichtigen Zentren in der Medula oblongata befällt und häufig zum Tode führt. Die größte Gefahr bedeutet das Befallensein der Atem-Muskulatur und des Atemzentrums. Symptome: Es ist ein grausiges Bild, einen solchen Patienten bei vollem Bewußtsein ersticken zu sehen. Man muß unterscheiden zwischen der sog. „peripheren Atemlähmung^', wobei die der nervalen Versorgung der Zwischenrippenmuskulatur und dem Zwerchfell entsprechenden Vorderhörner im Rückenmark betroffen sind und der direkten Schädigung des Atemzentrums in der Medulla oblongata-, sie ist häufig mit einer Lähmung der Vasomotoren verbunden. Bei der Gruppe der „peripheren Atemlähmung" spielt die künstliche Beatmung eine lebensentscheidende Rolle; dabei hat sich die „Eiserne Lunge" bewährt. Patienten mit bleibender Schädigung des Atemzentrums hingegen sind auch damit nicht zu retten. In der „Eisernen Lunge" ist der ganze Körper, mit Ausnahme des Kopfes, luftdicht eingeschlossen. Durch einen negativen Druck in diesem Beatmungsgerät, der durch einen elektrischen Motor (notfalls durch Handpumpe) erzeugt wird, wird die Brustwand des Patienten gehoben und sinkt bei Nachlassen des negativen Drucks wieder zurück ( = Ein- und Ausatmen). Gleichzeitig strömt Luft durch den Nasen-Rachenraum in die Lunge ein. Besondere Vorrichtungen lassen die Atemfrequenz regulieren und pflegerische Arbeiten verrichten, ohne daß die „eiserne Lunge" abgestellt und der Patient gefährdet wird. Abgekürzte ( = abortive) Verlaufsformen, als „Schnupfen" oder „katarrhalischer Infekt", sind am häufigsten. Es zeigt sich nur das präparalytische Stadium, evtl. noch meningeale Reizsymptome (Kopfschmerzen). Es bleibt auch bei diesen leichten Verlaufsformen eine Immunität, die der einer überstandener paralytischer Form gleichkommt.
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Therapie: Im präparalytischen und im Beginn des paralytischen Stadiums ist eine körperliche und seelische Ruhigstellung von großer Bedeutung. Droht die Lähmung fortzuschreiten, so empfiehlt es sich, das Kopfende hochzustellen, weil dadurch eine freiere Beweglichkeit des Zwerchfells ermöglicht wird. Es muß auf eine regelmäßige Darmentleerung geachtet werden. Die sachgerechte Lagerung der gelähmten Extremitäten ist von ausschlaggebender Bedeutung für die spätere Nachbehandlung. Auf jeden Fall müssen Kontrakturen vermieden werden. Die poliomyelitische Lähmung kommt im allgemeinen nach 48 Stunden zum Stillstand, schreitet am 3. Tage nur noch selten fort. Die Schmerzhaftigkeit der Glieder bekämpft man am sichersten mit heißen Kompressen und schmerzlindernden Mitteln. Medikamentös wurden Cylotropin-Injektionen, Injektionen von Rekonvaleszentenserum, große Vitamin-C-Gaben, Insulin, entwässernde Mittel und Eiweiße (Globuline) empfohlen. Aber keines zeigte einen überzeugenden Erfolg. Bei fortschreitenden Lähmungen kann die von Münk (Kliniker, Berlin, 1879 bis 1950) angegebene Fiebertherapie ein Fortschreiten verhindern. Wahrscheinlich werden durch das künstlich erzeugte Fieber die Abwehrkräfte im Körper mobilisiert. Acht Tage nach der Entfieberung kann mit leichten Bewegungsübungen begonnen werden, aber eine aktive Massagebehandlung darf vor Ende der vierten fieberfreien Woche nicht erfolgen. Über den von dem Amerikaner Salk und über den von den Behringwerken herausgebrachten Impfstoff läßt sich vorläufig noch nichts Endgültiges sagen, da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. h) G r i p p e (Influenza) Erreger: Die Grippe ist eine fieberhafte Erkrankung, die durch ein Virus hervorgerufen wird. Sie befällt hauptsächlich die oberen Luftwege und neigt zu Pandemien. Geschichtliches: Aus dem 14. Jahrhundert stammt die erste sichere Beschreibung einer Grippeepidemie. Sie wütete damals in Florenz und überzog von dort ganz Europa. Die letzte große Pandemie trat in Europa 1918 auf. Vom Grippevirus sind 2 Typen bekannt: Typ A und Typ B. Diese Unterteilung ist für die Schutzimpfung wichtig; denn jeder Typ bildet eigene Immunkörper. Es gelingt dem Bakteriologen, das Virus aus dem Gurgelwasser darzustellen. Durch Tröpfcheninfektion wird der Erreger beim Husten und Niesen übertragen. Auch hierbei spielen die Virusträger, die selbst nicht erkranken, eine nicht unerhebliche Rolle. Im Winter sind Grippeepidemien häufiger als im Sommer. Symptome: Nach einer Inkubation von 1 bis 3 Tagen kommt es zu einem plötzlichen Fieberanstieg mit Schüttelfrost, Kopf-, Glieder- und Kreuzschmerzen. Der Rachen ist gerötet und schmerzt beim Schlucken. Kratzen und Stechen hinter dem Brustbein deuten auf eine Beteiligung der Kehlkopf- und Speiseröhrenschleimhaut hin (Laryngitis, Tracheitis), die immer bei der Grippe beobachtet wird. Dadurch wird ein quälender Reizhusten hervorgerufen. In leichten Fällen klingen diese Erscheinungen in 2 bis 4 Tagen ab, und der Patient erholt sich. Komplikationen: Die Entzündung befällt die Nasennebenhöhlen oder das Trommelfell. Gefährlich ist die Ausbreitung auf die Bronchien, die gelegentlich zur Bronchopneumonie führt. Dem Auswurf ist schon zu Beginn Blut beigemischt, später wird er eitrig. Es ist typisch für die Grippepneumonie, in mehreren kleineren bronchopneumonischen Herden aufzutreten, die sich physikalisch kaum nachweisen lassen.
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Der Patient wird durch diese Bronchopneumonie sehr schwer mitgenommen. Der Kreislauf wird durch die verkleinerte Atemfläche in Mitleidenschaft gezogen. Der Kranke sieht blaß-zyanotisch aus; der Puls ist stark beschleunigt, oft unregelmäßig und leicht unterdrückbar. Gelegentlich zeigt sich die Grippe so stürmisch, daß man an eine Vergiftung denken kann: Erbrechen, Bewußtseinstrübung und Ohnmacht. Dieser schwere Zustand führt häufig in wenigen Tagen zum Tode. Die Toxine des Grippevirus lösen dieses sehr ernste Bild aus: es kommt zu Schädigungen des Gefäßsystems, besonders der Kapillaren. Diagnose: Die Diagnose wird aus dem klinischen Bild gestellt. Serologisch läßt sich das Grippevirus durch den „Hirst-Test" nachweisen. Diesem Test liegt die Eigenschaft des Virus zugrunde, Hühnerblutkörperchen zu agglutinieren. Das Serum Grippekranker muß zu Beginn der Krankheit und 8 bis 10 Tage später nochmals untersucht werden. Therapie: Die Behandlung ist, wie bei allen Viruserkrankungen, bislang noch symptomatisch : Schwitzpackungen, Pyramidon, Chinin oder ähnliche Präparate, schleimlösende und hustenstillende Mittel. Schutzimpfungen sind in Epidemiezeiten sehr wertvoll. Der Impfschutz setzt nach 7 bis 10 Tagen ein, hält allerdings nicht lange vor. i) Die i n f e k t i ö s e Entzündung des Gehirns (Encephalitis epidemica oder lethargica) Geschichtliches: Bekannt ist diese schwere Infektionskrankheit schon seit dem 17. Jahrhundert. Der Wiener Kliniker Economo hat sie im Jahre 1917 eingehend beschrieben. Größere Enzephalitisepidemien sind 1871 in Japan aufgetreten — 1933 in St. Louis in USA und mehrfach in Rußland. Erreger: Der Erreger ist vermutlich ein Virus. Über den Infektionsweg und die Inkubationszeit ist nichts Einheitliches bekannt. Auffällig ist die Häufung von Enzephalitiserkrankungen zu Zeiten einer Grippeepidemie. Es gilt jedoch als sicher, daß das Grippevirus nicht gleichzeitig der Erreger der Enzephalitis ist; so nimmt man heute an, daß ein vorangehender grippaler Infekt der Wegbereiter für die epidemische Hirnentzündung ist. Symptome: Klinisch unterscheidet man 3 Stadien: 1. Vorkrankheit: Grippaler Infekt. 2. Akutes Stadium mit Bewußtseinstrübung, Harnverhaltung, Augenmuskellähmungen oder mit anhaltender Bewegungsunruhc. 3. Chronisches Stadium mit mimischer Gesichtsstarre und Bewegungsarmut der Skelettmuskulatur
(Parkinson).
Im akuten Stadium, das u. U. tage- und monatelang anhält, kann der Tod eintreten. In anderen Fällen entwickelt sich nach Jahren —• nach einem scheinbar freien Intervall — allmählich ein „Parkinson". Der englische Arzt Parkinson (1755—i824)hat dieseKrankheit, die durch Bewegungsarmut und Bewegungsstarre gekennzeichnet ist, zum ersten Male beschrieben. Im 2. Stadium, das klinisch zumeist stürmisch verläuft, kommt es zu entzündlichen Veränderungen und punktförmigen Blutungen in der grauen Hirnsubstanz des Mittelhirns. Die Hirnrinde bleibt frei, die Gefäße der Hirnhäute sind stark mit Blut angefüllt.
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Therapie: Eine wirksame Therapie ist bislang noch nicht bekannt. Die Erscheinungen des 3. Stadiums sind therapeutisch kaum zu beeinflussen. Als Folgeerscheinungen zahlreicher Infektionskrankheiten, u. a. nach Mumps, Fleckfieber, Pneumonie, nach Pockenschutzimpfungen und Salvarsaninjektionen sind Hirnreizungen mit den klinischen E r scheinungen der Enzephalitis beschrieben worden („Postinfektiöse Enzephalitis").
j) T r a c h o m (Körnerkrankheit — Ägyptische Bindehautentzündung) Erreger: Das Trachom ist eine infektiöse Augenbindehautentzündung, die nach den napoleonischen Feldzügen aus Ägypten nach Europa eingeschleppt wurde. Ihr Erreger ist ein Virus, das als sehr ansteckend gilt. Die Übertragung erfolgt durch infiziertes Augensekret von Auge zu Auge, z. B. durch gemeinsames Benutzen eines Handtuches, Bade- oder Waschwassers. Symptome: Die Erkrankung verläuft chronisch, die entzündlichen Körner auf der Bindehaut heilen narbenbildend ab; das Sehvermögen nimmt ab, es kann zur Erblindung kommen. Therapie: Aureomycin. Vorbeugend können heute Trachomschutzimpfungen durchgeführt werden. k) T o l l w u t (Lyssa) Erreger: Das Lyssavirus wird durch den Biß tollwütiger Hunde (selten sind es auch Rinder, Schweine und Pferde) übertragen. Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 bis 14 Tagen und mehreren Jahren. Charakteristisch ist die Affinität dieses Virus zum Zentralnervensystem. Von den Menschen, die von kranken Tieren gebissen werden, erkranken etwa 20%. Symptom: Wir unterscheiden klinisch mehrere Stadien: das melancholische Stadium, das Erregungsstadium ( i 1 / 2 bis j T a g e anhaltend). das paralytische Stadium, in dem der T o d durch Atemlähmung eintritt
Therapie: Aktive Schutzimpfung nach Pasteur. Dauer der Impfung 21 Tage. Narkotika. 1) P a p a g e i e n k r a n k h e i t (Psittakosis — Ornithose) Erreger: Das Virus wird von kranken Papageien (Wellensittichen), Tauben oder Küken übertragen; wesentlich ist, daß man es den Tieren nicht ansieht, daß sie krank sind. Symptome: Durch Tröpfcheninfektion oder durch Biß gelangen die Krankheitskeime, relativ große Viren, in den Menschen und lösen hier, nach einer Inkubationszeit von etwa 10 Tagen (bis zu 4 Wochen) ein typhöses Bild aus, zumeist mit typischen Lungenveränderungen. In den ersten Tagen sind die Krankheitskeime im Blut, im Sputum und evtl. in Organteilen nachzuweisen. In Zweifelsfällen müssen die fraglichen Tiere getötet und über den zuständigen Amtsarzt zur Untersuchung eingeschickt werden. Therapie: Therapeutisch haben wir heute im Streptomycin und im Aureomycin wirksame Mittel. Kranke Tiere müssen getötet werden (Reichsgesetz zur Bekämpfung der Papageienkrankheit vom 3. 7. 1934).
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m) H e r p e s e r k r a n k u n g e n Herpes simplex
Herpes zoster
H e r p e s s i m p l e x (Herpes = Bläschenflechte) Erreger: Der im Herpesbläschen vorhandene Erreger ist ein Virus. Sein Nachweis gelingt dadurch, daß man Bläscheninhalt auf Kaninchenhornhaut überträgt, die er in typischer Weise verändert. Fieberhafte Erkrankungen rufen häufig einen Herpes simplex hervor. Symptome: Dem Bläschenstadium geht ein Brennen, Jucken und ein Spannungsgefühl vorauf; bald folgt eine leichte Schwellung und Rötung der Haut; dann erst entwickelt sich der bläschenförmige Ausschlag. Die Bläschen, von Stecknadel- bis Linsengröße, sind mit einer glasklaren Flüssigkeit gefüllt, die später eitrig werden kann. Am häufigsten findet man den Herpes simplex an den Übergangsstellen von Haut zur Schleimhaut (Lippe, Nase, After). Wahrscheinlich ist der Erreger des Herpes simplex auch gleichzeitig der Erreger der Stomatitis aphthosa, einer besonderen, brennenden Entzündung der Mundschleimhaut. Therapie: Unter Puder- oder Borsalbenverbänden trocknen die Bläschen in der Regel innerhalb einer Woche ein. H e r p e s z o s t e r (Gürtelrose) Erreger: Der Herpes zoster ist vom Herpes simplex streng zu trennen; er wird sicher durch ein anderes Virus hervorgerufen. Symptome: Nach einer Inkubationszeit von 4—14 Tagen verspüren die Patienten in einem begrenzten Hautbezirk — stets nur auf eine Körperseite beschränkt und im Ausbreitungsgebiet eines Nervensegmentes — ein Kribbeln, das sich allmählich zu einem Schmerz steigert. Nach wenigen Tagen schießen in diesem Gebiet Knötchen auf, die in Bläschen übergehen. Einzelne Bläschen fließen zu größeren zusammen. Ihr Inhalt ist zunächst klar, nach 2—3 Tagen eitrig, selten blutig. Sie trocknen nach 2—3 Wochen ein. Oft zeigt sich, nachdem die Krusten abgeheilt sind, eine langanhaltende Pigmentierung. Schmerzen bestehen meist über längere Zeit. Am häufigsten tritt der Herpes zoster am Stamm auf, im Bereich der Interkostalnerven (daher auch „Gürtelrose"). Komplikationen: Ein in die Tiefe greifender Herpes zoster kann zu Gewebsschädigungen führen: gangränöser Herpes. Gefürchtet ist ein Herpes des 1. Trigeminusastes (Nervus trigeminus = V. Hirnnerv), der auf das Auge übergreifen und es ernsthaft gefährden kann. Ein Herpes im Gebiet der Ohrmuschel kann Störungen des Hörvermögens und Gleichgewichtsorganes verursachen. Therapie: Der Bläschenausschlag wird eingepudert (evtl. Anästhesinpuder). Schmerzen werden durch antineuralgische Mittel gelindert. In schweren Fällen haben sich auch Kurzwellen- und Röntgenbestrahlungen bewährt. Zur Verhütung von Sekundärinfektionen kann der Arzt Antibiotika oder Sulfonamide verordnen. n) B o r n h o l m e r K r a n k h e i t Als Bornholmer Krankheit bezeichnet man jenes Krankheitsbild, das 1930 auf der Insel Bornholm beobachtet und dann zum ersten Male beschrieben wurde. Erreger: Coxsackievirus.
TAFEL XI
Gamtiogtmk. (Spotrogonk)
Bild i E n t w i c k l u n g s z y k l u s des M a l a r i a p a r a s i t e n (Untenichtstafel des Hamburger Tropeninstitutes): A Schizogonie, a) mcnschl. Haut, b) menschl. Blut. B. Gametogonie, c) Magenwand, d) Mucke und Muckenleibeshohle, i . Kopf einet stechendcn Anopheles, 2. ins menschl. Blut uberimpfter Sichelkeim. 3. Eindringen des Sichelkeimes in ein rotes Blutkörperchen (Schaudinn), nach neueren Untersuchungen nicht bestätigt 4. Tertianaring, 5. halberwachsener Tertianaparasit (Schizont), 6. erwachsener Tertianaparasit (Schizont), 7. Teilung (Sproulation), 8. und 9. männliche Gameten, 10. und 11. weibliche Gameten, 12. Kopf einer saugenden Anopheles. 13. weiblicher Gamet mit Kernreduktion (?), 14 Mikrogametenbildung, 15 ein Mikrogamet dringt in den Empfangnishugel des Makrogameten, 16. Beginn der Wurmchenbildung (Ookinet), 17. fertiges Wurmchen (Ookinet) dringt in die Magenwand der Anopheles, 18. Beginn der Zystenbildung, 19. halbreife Zyste, 20. aus der reifen geplatzten Zyste treten die Sichcl keime aus, 21. Speicheldrüse mit Sichel keimen. Fulleborn comp. (Aus Rüge — Muhlens — Zur Verth: Krankheiten und Hygiene der warmen Lander. Georg Thieme Verlag. J943)
TAFEL XII
ls
Ringform
Bandformen
vi
,
9/
*
Sporulations-
männlicher
weiblicher
(Teilungs-)form
Gamet
Gamet
(Gänseblümchen) Bild i Malaria quartana (nach M. Mayer und A.
Kowarski)
(Aus Dennig, Lehrbuch der inneren Medizin, I/1950, G e o r g Thieme Verlag, Stuttgart)
Bild 2 Syphilitischer Primäraffekt an den Fingern (Aus Krantz, Topographische Dermatologie, Verlag Urban Sc Schwarzenberg, München 1948)
Spirochätenerkrankungen
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Symptome: Plötzlicher Beginn mit hohem Fieber, Kopfschmerzen, Durchfallen und heftigen Schmerzen, die in der Mehrzahl der Erkrankungsfälle die Muskulatur des Stammen befallen (daher auch myalgische Form oder epidemische Myositis genannt). Es gibt aber, wie man heute weiß, daneben noch andere Verlaufsformen, die ebenfalls durch das Coxsackievirus hervorgerufen werden: eine Herpesangina mit Bläschen- und Geschwürsbildungen auf den Tonsillen und eine meningeale Form, die unter dem klinischen Bild einer Hirnhautentzündung verläuft. Verlauf: Nach einigen Tagen klingen Fieber und Krankheitszeichen ab, um manchmal noch einmal kurz in Erscheinung zu treten. Der Verlauf ist meist komplikationslos. Die Erfahrung hat gezeigt, daß sich offenbar Poliomyelitis und Bornholmer Krankheit gegenseitig ausschließen. Therapie: Ein sicher wirkendes Therapeutikum kennen wir für die Viren noch nicht. 4. Spirochätenerkrankungen a) Leptospirosen b) Rückfallfieber c) Syphilis a) L e p t o s p i r o s e n Die Leptospiren stellen eine Gruppe von Spirochäten dar. Sie sind in der Dunkelfeldbetrachtung zu erkennen, lassen sich auf Kaninchenserum züchten und auf Meerschweinchen übertragen. Sie vermehren sich in Wasser und Schlamm. Für den Menschen ist der Harn der Tiere am gefährlichsten. Die verschiedenen Leptospiren lassen sich nur serologisch durch Agglutination voneinander trennen. Sie sind salvarsanresistent, aber penicillin- und aureomycinempfindlich. Weilsche. K r a n k h e i t (Icterus infectiosus) Erreger ist die Spirochaeta icterohaemorrhagica. Die Krankheit wurde 1886 erstmalig von dem Kliniker Weil in Dorpat beschrieben. 1915 wurden die Erreger entdeckt, zunächst von zwei Japanern und 2 Monate später, unabhängig von ihnen, von den Deutschen Uhlenhut und Fromme. Der Erreger wird durch Wasser übertragen, das von Rattenurin infiziert ist. Symptome: Die Inkubation beträgt 7 bis 14 Tage. Danach akuter Beginn mit Schüttelfrost, Temperaturen von 39 bis 40° C, Erbrechen, Durchfall und Wadenkrämpfen. Zwischen dem 3. bis 6. Krankheitstag treten Gelbsucht und Nierenbeckenentzündung (Ikterus und Nephritis) auf. Diagnose: Wird nach dem Krankheitsbild, dem Leptospirennachweis im Blutserum und Urin und durch den Agglutinationstiter im Blut gestellt. Therapie: Leberschondiät, Bettruhe, Aureomycin, Penicillin. Prophylaxe: Rattenbekämpfung, Isolierung der Erkrankten, Harndesinfektion. F e l d f i e b e r ( = Schlammfieber oder Erntefieber) Erreger: 1891 beschrieb Ferdinand von Müller in Schleswig eine „Schlammfieberepidemie"; 1926 wurde sie jedoch erst als Leptospirose erkannt. Erreger ist die Leptospira grippotyphosa; Mäuse sind die Überträger. Die Erreger dringen z. B. bei barfußgehenden Menschen in die Haut ein. Symptome: Die Krankheit setzt so akut ein, daß die Patienten, die morgens gesund aufs Feld gingen, es mittags vor Schütteln nicht mehr schaffen, nach Hause zu kommen; D i e t r i c h Bd. I
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besonders gefahrvoll sind Überschwemmungszeiten. Das Krankheitsbild gleicht dem einer abgeschwächten IFiw'/schen Krankheit: plötzlicher Beginn, Temperatur bis 40° C, Schüttelfrost, Brechdurchfall, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, manchmal mit leichtem Meningismus und Benommenheit, Augenbindehautkatarrh; nicht selten besteht neben einem Subikterus eine Nierenbeteiligung. Nachweis der Leptospiren durch Blutkulturen, Agglutinationstiter und Untersuchung des Harns. Therapie: Penicillin, Aureomycin. K a n i k o l a f i e b e r und S c h w e i n e h ü t e r k r a n k h e i t sind ebenfalls Leptospirosen. Leptospira canicola ruft bei Hunden eine fieberhafte, übertragbare Krankheit hervor, die durch den Speichel kranker Tiere auch auf den Menschen übertragbar ist. Therapie: Penicillin, Aureomycin. b) R ü c k f a l l f i e b e r ( = f e b r i s r e c u r r e n s ) Erreger: Es ist eine durch Spirochäten hervorgerufene und durch Insekten übertragene Infektionskrankheit. Diese Erkrankung ist in zivilisierten Ländern sehr selten geworden; mit der Malaria hat sie in ihrem Fiebertyp eine gewisse Ähnlichkeit. Inkubationszeit: 5 bis 7 Tage. Symptome: Akuter Beginn mit hohem Fieber; das Fieber tritt schubweise auf, dazwischen liegen fieberfreie Intervalle. Schüttelfrost und schwerstes Krankheitsgefühl. Das Bewußtsein bleibt frei. Entscheidend ist der Erregernachweis im Blut; im Anfall finden sich massenhaft Spirochäten im Blut, die größer als Erythrozyten sind. Sie lassen sich durch Impfung auf Affen übertragen. In Europa herrscht die Spirochaeta Obermeier (Berliner Arzt, 1843 bis 1873) vor, die durch Kleiderläuse übertragen wird; in Afrika wird die Spirochaeta berbera durch Zecken verbreitet. Therapie: Salvarsan; oft genügt schon eine Injektion von 0,6 g Neosalvarsan. c) S y p h i l i s Über die durch die Syphilisspirochäte hervorgerufene Lues wird im Kapitel der Geschlechtskrankheiten berichtet (s. S. 188). 5. Rickettsienerkrankung
F l e c k f i e b e r (Typhus exanthematicus) Erreger: Der Erreger des Fleckfiebers ist eine Rickettsie, die von Kleiderläusen übertragen wird. Ricketts (1871—1910) war ein englischer Biologe, der sich um die Erforschung dieser Krankheit große Verdienste erworben hat und der schließlich daran gestorben ist. Im Altertum und im Mittelalter spielte das Fleckfieber neben dem Bauchtyphus und der Pest eine große Rolle. 80% der napoleonischen Armee sind auf dem Rußlandfeldzug daran zugrunde gegangen. Auch der letzte Weltkrieg brachte an der Ostfront erneute Fleckfieberfälle. Die Rickettsien sind kleinste Lebewesen, die mikroskopisch eben noch sichtbar sind und eine kuglig-elliptische Form aufweisen. Symptome: Nach einer 1 1 - bis 12tägigen Inkubation setzt die Krankheit ganz plötzlich mit Schüttelfrost ein, begleitet von einem allgemeinen Krankheitsgefühl und heftigen
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Kopfschmerzen. In den folgenden Tagen steigt die Temperatur auf 39 bis 40° C an. Die Patienten machen einen schwerkranken Eindruck: sie liegen mit gerötetem Gesicht bewegungslos da, die Augenbindehäute sind gerötet und vom 3. bis 7. Tage entwickelt sich ein typischer Hautausschlag, der anfangs dem Typhusexanthem ähnelt; doch schwindet die Flecktyphusroseole nicht auf Spateldruck, da sie durch kleinste Hautblutungen hervorgerufen wird. Das Bewußtsein ist getrübt, nachts werden die Patienten unruhig, klettern aus ihrem Bett und irren umher, örtlich und zeitlich desorientiert. Die Nachtwache darf sie keinen Augenblick unbeobachtet lassen, da sie in ihren Wahnvorstellungen zu Selbstmordversuchen neigen. Komplikationen: Kompiliert wird der Verlauf durch Hinzutreten einer Bronchitis, einer Pneumonie, einer Herzmuskelschädigung, einer Leberentzündung, einer Nierenreizung oder einer toxischen Gefäßblutung. In Kriegs- und Notzeiten wird die Diagnose leicht zu stellen sein. Ähnlich der Gruber-Widahchen Reaktion kann die Weil-Felixschz Reaktion ein diagnostisches Hilfsmittel sein. Therapie: Mit der Einführung des Antibiotikum Aureomycin in die Behandlung des Fleckfiebers sind schwere Verlaufsformen seltener geworden. Die Diät muß vitaminund kalorienreich sein. Hauptangriffspunkt der Bekämpfung einer Fleckfieberepidemie ist die Vernichtung der Kleiderlaus. 6. Krankheiten durch tierische Erreger a) Protozoen-Erkrankungen (Protozoen = einhellige tierische Lebewesen)
b) Meta^oen-Erkrankung
a) P r o t o z o e n - E r k r a n k u n g e n 1 ) M a l a r i a (Tafel X I I , Bild 1) Malaria ist eine Infektionskrankheit, die mit typischen Fieberanstiegen einhergeht: Malaria Tertiana, wobei an jedem zweiten Tag ein erneuter Fieberschub erfolgt, die Malaria quartana, bei der am dritten Tag ein neuer Fieberanstieg mit heftigem Schüttelfrost auftritt und schließlich die Malaria tropica, die mit unregelmäßigen Fieberanfällen einhergeht. Erreger: Die Erreger der Malaria sind Protozoen ( = einzellige tierische Erreger), die im menschlichen Körper die roten Blutkörperchen befallen, sie zerstören und so allmählich eine Blutarmut verursachen. Die Überträger dieser Protozoen sind Stechmücken, die Anophelen. Geschichtliches: Im Altertum und im Mittelalter spielte die Malaria in Griechenland und Italien schon eine große Rolle. Alexander der Große soll ihr zum Opfer gefallen sein; die Behandlung der Malaria war damals ziemlich aussichtslos. Erst Ende des vorigen Jahrhunderts gelang es, den Übertragungsweg aufzuklären, und seit 1926 haben wir im Plasmochin und seit 1933 im Atebrin eine zuverlässige, wirksame Therapie. Die Malaria gilt heute noch als die häufigste Erkrankung der Welt, die vor allem in den tropischen und subtropischen Ländern beheimatet ist, in Afrika, Asien, Australien und Südamerika. Die Übertragung der Malaria geschieht durch Stechmücken. Eine Stechmücke braucht zu ihrer Entwicklung Wärme (20 bis 30° C); darum finden wir sie in Deutschland fast nur in sumpfigen Gegenden; sie ist äußerlich für den Kenner sehr gut von der bei uns häufig vorkommenden Culex, der gewöhnlichen Stechmücke, zu unterDie Beschreibung der Toxoplasmose, einer typischen Protozoenerkrankung, erfolgt in Band III, S.199. 12»
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scheiden. Im Winter kann die Stechmücke sich zwar halten, aber nicht entwickeln. Durch die große Zahl der Rußlandheimkehrer, die aus Gebieten kamen, in denen die Malaria heimisch ist, bestand nach dem Kriege für Deutschland die Gefahr, daß die Malaria auch hier wieder endemisch würde; aber durch den sofort einsetzenden Feldzug gegen die Stechmücke mit dem Desinfektionsmittel DDT wurde diese Gefahr gebannt (Dichlor-Diphenyl-Trichloräthan). Infektionsweg: Es gibt, abgesehen von den Fällen der sog. I m p f m a l a r i a , keine d i r e k t e Ü b e r t r a g u n g der Krankheit von Mensch zu Mensch; Z w i s c h e n w i r t ist die Stechmücke, Anopheles. Die weibliche Stechmücke sticht einen Menschen und saugt sein Blut auf. Ist dieser Mensch ein Malariakranker, so finden sich in seinem Blut Plasmudien (— Erreger der Malaria). Im menschlichen Körper haben sich bei diesen Kranken inzwischen männliche und weibliche Gameten ( = Samen und Eizelle) gebildet, die nun in den Magen der stechenden Anopheles gelangen. Hier erst kommt es — im Mückenmagen — zur Befruchtung, und nach einer etwa sieben Tage dauernden Entwicklung durch Kernteilung zur Entstehung von Tausenden von Sichelkeimen ( = Sporozoiten). Diese Sporozoiten gelangen nun in großer Zahl beim nächsten Stich der Stechmücke in die Blutbahn des Menschen, und dieser erkrankt nach einer bestimmten Inkubationszeit, die bei jeder Form eine andere ist (zwischen 2 und 8 Tagen). (Tafel X I , Bild 1). Symptome der Malaria: Die typischen Tertiana- und Quartana-Formen sind durch ihre regelmäßigen Fieberanstiege charakterisiert. Durch den ständigen Zerfall der Erythrozyten kommt es zur Blutarmut (Anämie). Gesichert wird die Diagnose durch den Erregernachweis im „dicken Tropfen" und im „Blutausstrich". Im „dicken Tropfen" haben auch weniger geübte Augen eine Übersicht, ob überhaupt eine Malaria vorliegt. Im Ausstrich läßt sich dann unterscheiden, um welche Form es sich handelt. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, man könne nur im Fieberanfall Plasmodien nachweisen. Es gelingt auch in der fieberfreien Zeit; allerdings sind die im Fieberanfall entnommenen Plasmodien „frisch" und daher gut zu beurteilen. Schwieriger ist die Diagnose bei der Malaria tropica, wobei der Atzt ausschließlich auf den Erregernachweis angewiesen ist. Die Tropica neigt besonders zur Verstopfung kleinster Hirngefäße, wo es anschließend zu Erweichungen der Hirnsubstanz kommt. Bei gehäuften Fieberanfällen und dem dadurch bedingten Zerfall der roten Blutkörperchen kommt es zur Pigmentierung innerer Organe, insbesondere der Milz, der Leber und des Knochenmarks. In diesen Organen können sich die Plasmodien jahrelang halten (Endoform der Malaria). Zur Diagnose ist es manchmal wichtig, die Malaria zu provozieren. Das gelingt durch kalte Duschen, durch Auflegen einer Eisblase auf die Milzgegend, durch Gaben von Adrenalin oder Hypophysin. Prognose: Die unbehandelte Malaria läuft mit allmählich seltener werdenden Fieberanfällen etwa in einem Jahre aus, verursacht jedoch eine schwere Anämie und einen körperlichen Verfall. Die Immunität ist sehr unsicher und gering, was die häufigen Neuinfektionen beweisen. Eins können wir auch mit unserer heutigen modernen Therapie nicht verhindern: Rückfälle der Endoform, die noch nach Jahren auftreten können, aber auf unsere Therapie gut ansprechen.
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Therapie: Sie zielt darauf, die Sporozoiten — die ungeschlechtliche Form — und die geschlechtlichen Formen der Plasmodien zu vernichten. 1 . Chinin wirkt auf die ungeschlechtliche Form der Malariaplasmodien. Gefürchtet sind seine Nebenerscheinungen: Erbrechen, Ohrensausen, Hautausschläge. Bei dieser Medikation besteht eine weitere Gefahr: das Schwarzwasserfieber, das fast ausschließlich an die Malaria tropica gebunden ist und in vereinzelten Gegenden gehäuft beobachtet wird. Es kommt, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Schädigung der Erythrozytenwand, zur Hämolyse ( = Austritt von Blutfarbstoff aus den roten Blutkörperchen). Der Urin dieser Kranken ist dunkelrot bis schwarz. Die Anämie nimmt wieder zu, und als gefährlichstes Zeichen kann es zum Verstopfen der Harnkanälchen kommen mit Versiegen der Harnproduktion und zur Harnsperre. Es tritt dann allmählich eine Selbstvergiftung des Körpers ein, weil giftige StofFwechselprodukte nicht mehr aus dem Körper entfernt werden können (Urämie). 2. Aiehrin besitzt die gleiche Angriffsbreite wie das Chinin: es tötet die ungeschlechtliche Form der Malariaplasmodien. Gegenüber dem Chinin hat es den Vorteil der besseren Verträglichkeit. Nebenerscheinungen werden kaum beobachtet. 3. Plasmochin vernichtet die geschlechtlichen Formen der Malariaplasmodien. Durch eine Kombination von Atebrin und Plasmochin kann man nicht nur den Malariakranken erfolgreich behandeln, sondern es wird der Stechmücke gleichsam die Infektionsquelle verstopft. 4. Prophylaxe Die Vernichtung der Anophelesbrut auf ruhenden Gewässern und Sümpfen geschieht durch Zerstäuben von DDT-Pulver mit Öl (Dichlor-Diphenyl-Trichloräthan). Sümpfe werden trockengelegt. Impfmalaria-. Z u therapeutischen Zwecken wird das Blut Malariakranker auf Patienten, die z. B. an einer Lues III leiden, übertragen. Bei Bluttransfusionen verzichtet der Arzt auf Spender, die in den letzten fünf Jahren an einer Malaria erkrankt waren.
Schlafkrankheit Erreger: Sie wird ebenfalls durch eine Protozoenart hervorgerufen: das Trjpanosoma gambiense. Diese Krankheit ist in Zentralafrika beheimatet; ihr Zwischenwirt ist die Tsetsefliege. Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt nur durch Geschlechtsverkehr. Die Schlafsucht, die der Krankheit den Namen gegeben hat, stellt klinisch das 3. Stadium dar. Symptome: Im ersten Stadium sind Trypanosomen im Blut nachweisbar, aber der Patient fühlt sich noch nicht krank. Im 2. Stadium beobachten wir uncharakteristische Fieberschübe, Lymphdrüsenpakete in der Hals-Gesichts-Region, Augenstörungen, Anämie und Auszehrung. Das 3. Stadium, das sich nach 3 Monaten bis 3 Jahren einstellt, ist gekennzeichnet durch Reizerscheinungen am Zentralnervensystem: Krämpfe, Kopfschmerzen, Wahnvorstellungen und schließlich durch eine schwere Schlafsucht, aus der die Patienten nur anfangs erweckbar sind. Therapie: Durch die Entdeckung des Germanins (Bayer 20 5) ist die Prognose dieser Erkrankung ganz erheblich gebessert worden. Amöbenruhr Erreger: Die Amöbenruhr ist eine durch die Entamoeba histolytica hervorgerufene Darmerkrankung, die überwiegend in heißen Ländern beobachtet wird. Die Über-
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tragung erfolgt durch infiziertes Wasser oder infizierte Nahrungsmittel; die zystischen Formen der Entamoeba histolytica sind recht widerstandsfähig gegenüber äußeren Einflüssen. Die Inkubation liegt zwischen 4 Tagen und 4 Wochen. Symptome: Der klinische Beginn ist schleichend mit allgemeiner Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Leibschmerzen. Nach Tagen setzen Durchfälle unter schmerzhaftem Stuhldrang (Tenesmen) ein; die Entleerungen bestehen nur noch aus blutigem Schleim. Die Kranken werden durch den anhaltenden Blutverlust anämisch und elend. Die Temperatur bleibt häufig normal. Verlauf: Nach einigen Wochen heilt die Krankheit bei einem Teil der Fälle langsam aus, kann aber nach Jahren noch rezidivieren. Eine besondere Gefahr ist die Verschleppung der Amöbenzysten auf dem Blutwege — besonders in die Leber. Dort kommt es zur Ausbildung von Leberabszessen, die wiederum gehäufte Gefahren bringen können, z. B. eine Perforation in die Brust- oder Bauchhöhle. Therapie: Zunächst Ruhe und Reinigung des Darms! Chemotherapeutisch wird mit gutem Erfolg das Yatren (Dragees und Einläufe = Jodoxychinolinsulfosäure) angewandt, und das Emetin ( = Alkaloid der Radix Ipecac.), speziell bei Abszeßbildungen. Kala - Azar Erreger: Kala-Azar heißt im Indischen „Schwarze Krankheit". Es ist eine Infektionskrankheit, die nur in heißen Ländern auftritt. Die Erreger sind Protozoen, die durch Sandfliegen übertragen werden. Die Inkubationszeit soll 10 Tage bis 7 Monate betragen können. Symptome: Unter uncharakteristischen Fieberschüben schwellen Milz und Leber an, die Haut verfärbt sich braun-schwarz, und der Patient wird zunehmend schwächer. Therapie: Bis zur Einführung von Antimonpräparaten in die Behandlung dieser Krankheit endete sie sehr häufig tödlich. b) M e t a z o e n - E r k r a n k u n g e n (Metazoen = mehrzellige tierische Lebewesen) W ü r m e r (Band- u n d E i n g e w e i d e w ü r m e r ) Unter den tierischen Parasiten für den menschlichen Körper nehmen die Würmer den wichtigsten Platz ein. 1 . B a n d w ü r m e r : Die Bandwürmer gelangen durch einen Zwischenwirt in den Menschen; es sind platte, lange Würmer ohne Mund und ohne Darm. Sie haben einen kleinen Kopf (von der Größe eines Stecknadelkopfes) mit Saugnäpfen zum Festhalten an der Darmwand und eine Reihe von Gliedern, die durch Sprossung aus dem Kopf hervorgehen. Jedes Glied hat einen zwittrigen Geschlechtsapparat und produziert massenhaft Eier. Diese Eier werden von einem Tier, dem Zwischenwirt, aufgenommen; in seinem Magen werden die Eihüllen verdaut, und die freigewordenen Parasiten durchbohren die Magenwand und gelangen mit dem Blutstrom in die Muskulatur, wo sie sich zu blasenartigen Finnen entwickeln. Durch Genuß solchen finnenhaltigen Fleisches gelangen die Bandwürmer in den Dünndarm des Menschen. a) Der Rinderbandwurm Der Rinderbandwurm (Taenia saginata) ist in Deutschland der häufigste Bandwurm. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Genuß von rohem Rindfleisch, in dem
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Finnen abgelagert sind. Der Rinderbandwurm kann eine Länge von 4 bis 8 m erreichen; sein K o p f ist klein (2 bis 2V2 m m ) u n d hat 4 Saugnäpfe; seine Glieder sind 11 bis 14 mm lang und können auch ohne Stuhlgang abgehen. ß) Der Schweinebandwurm Der Schweinebandwurm (Taenia solium) wird 3V2 m ^ a n g und 8 mm breit. Der stecknadelkopfgroße K o p f trägt neben Saugnäpfen noch einen Strahlenkranz zum Festhalten. Zwischenwirt ist das Schwein. Die Glieder des Schweinebandwurms gehen nur mit Stuhlgang ab. y ) D g r Fischhandlvurm Der Fischbandwurm (Bothriocephalus latus) wird bis zu 9 m lang und 2 mm breit; seine Glieder sind mehr breit als lang. Er hat zwei Zwischenwirte, z. B. Krebstiere, die v o n Fischen gefressen werden, oder Hechte. Er kommt nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Tieren, wie Hunden und Katzen vor. Der Fischbandwurm wird hauptsächlich im Nordosten und Südosten Europas gefunden, am Kurischen Haff, in Holland und in der Nähe großer Binnenseen. S y m p t o m e : Die Krankheitserscheinungen, die diese Bandwürmer verursachen, können harmlos, aber auch sehr schwerwiegend sein: Kopfschmerzen, Heißhunger wechselnd mit Appetitlosigkeit, Übelkeit, Abgespanntsein, Koliken und mitunter epileptische Anfälle. Der Fischbandwurm kann ein schweres Krankheitsbild hervorrufen mit einer hochgradigen, toxisch bedingten Blutarmut (perniziosa-ähnlich). T h e r a p i e : Die ausgewachsenen Bandwürmer lassen sich sehr viel leichter abtreiben als die jungen. A m Abend vor der K u r erhält der Patient ein Abführmittel und eine flüssig-breiige Kost, am Morgen süßen Kaffee sowie einen Hering und das Wurmmittel ; eine merkwürdige Zusammenstellung, die sich bewährt hat. Z u m Abtöten der Bandwürmer hat sich der Extrakt aus Farnwurzeln am zuverlässigsten erwiesen. Wir geben diesen „Extractum Filicis" als Helfenberger Bandwurmpulver in mehreren Einzelgaben bis zu einer Gesamtdosis von 8 bis 10 g. Nach 1 — 2 Stunden erhält der Patient wiederum ein Abführmittel (Rizinusöl). Der Farnwurzelextrakt (Extractum filicis) lähmt die Wurmmuskulatur. Der Bandwurm verliert die Fähigkeit, sich aktiv zu bewegen und sich mit seinen Saugnäpfen an der Darmwand festzuhalten. Die K u r darf nicht vor 6 bis 12 Wochen wiederholt werden. A u c h bei therapeutischen Dosen können toxische Nebenerscheinungen beobachtet werden: Erbrechen, Durchfall. Bei Überdosierung ist besonders der Sehnerv (Nervus opticus) gefährdet. Es kann zur Erblindung kommen. Bei Leberkranken und während einer Schwangerschaft darf keine K u r mit Farnwurzelextrakt durchgeführt werden.
Das Handelspräparat Filmaronöl — ein isolierter Wirkstoff aus dem Farnwurzelextrakt — zeigt die gleichen toxischen Nebenerscheinungen. Man gibt es morgens nüchtern in 2 Portionen und läßt es nach Möglichkeit nur 2 Stunden lang im Darm. Dann wird es durch ein Abführmittel (Rizinusöl) aus dem Körper herausgebracht. Bei Kindern sind in manchen Fällen 100 Kürbiskerne, mit Zucker vermischt, wirksam. Die Ausstoßung des Bandwurms erfolgt am zuverlässigsten über einem Eimer mit lauwarmem Wasser, um ein Abreißen des Wurmes zu verhindern. Arzt oder Schwester müssen sich überzeugen, ob der K o p f mit abgegangen ist. Die Glieder werden zum K o p f hin schmaler. Es empfiehlt sich, den Stuhl durchzusieben.
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8) Der Hundebandwurm Der Hundebandwurm — Taenia echinokokkus — nimmt eine Sonderstellung unter den Bandwürmern ein; er wird durch Hunde auf den Menschen übertragen und erzeugt große, blasenartige Geschwülste in der Leber, in der Lunge und im Gehirn. Die wirksamste Therapie besteht in einer operativen Beseitigung der Geschwulst. Der Hundebandwurm selbst ist sehr klein (vgl. S. 80). 2. E i n g e w e i d e w ü r m e r : Die Trichinen sind kleine Würmer, deren Larven sich in der Muskulatur des Schweines ablagern. Die Muskeltrichinen sind sehr widerstands-
Abb. 14. Rinderbandwurm, a) Glieder, b) Kopf, c) reife Glieder
fähig gegen Räuchern, Kälte und Erhitzen. Wirt der Trichine ist die Ratte, an der sich das Schwein durch Fressen infiziert. Das Krankheitsbild, das durch den Genuß von trichinenhaltigem Schweinefleisch beim Menschen entsteht, nennen wir Trichinose. Symptome: 3 bis 4 Tage nach der Ansteckung treten die ersten Symptome auf: Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Koliken und charakteristische Gesichtsschwellungen. Vom 9. Tage an beginnt die Einwanderung der freigewordenen Trichinen in die Muskulatur unter Fieber und heftigen Muskelschmerzen; gelegentlich auch mit Zeichen der Bewußtseinseintrübung.
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Therapie: Eine wirksame Therapie gibt es nur im 1. Stadium, solange die Trichinen sich noch im Darm aufhalten. Danach ist sie nur symptomatisch und abwartend. In leichteren Fällen können sich die Erscheinungen zurückbilden, in schwereren führen sie zum Tode. In Deutschland ist diese Krankheit seit Einführung der gesetzlichen Fleischbeschau (Trichinenschau) sehr selten geworden. Zu den Eingeweidewürmern, den Rundwürmern, zählen außer den Trichinen der Spulwurm (Ascaris lumbricoides), der Peitschenwurm (Trichocephalus dispar), der Hakenoder Pallisadenwurm (Ankylostomum duodenale) und die Madenwürmer (Oxyuren). Sie haben keinen Zwischenwirt, Männchen und Weibchen sind getrennt. Sie legen ihre Eier im Darm des befallenen Menschen ab; von dort gelangen sie mit dem Kot in die Außenwelt, entwickeln sich in feuchter Umgebung weiter und können durch Schmierinfektion auf andere Menschen übertragen werden. «) Spulwurm (Ascaris lumbricoides) Der Spulwurm ist bei Kindern ein häufig anzutreffender Darmparasit. Er wird 20 bis 40 cm lang und gelangt durch Verschlucken der Eier (an schlecht gewaschenen rohen Salaten und Gemüsen) in den menschlichen Organismus. Das Spulwurmweibchen kann täglich pro x g Kot bis zu 2000 Eiern legen. Symptome: Sind sie in großer Zahl im Dünndarm vorhanden, so ballen sie sich zu Knäueln zusammen und verursachen heftige, kolikartige Darmerscheinungen. In seltenen Fällen können die Larven die Darmwand durchbohren und auf dem Wege der Pfortader in die Lunge gelangen, von dort in die Luft- und Speiseröhre und wieder durch den Verdauungskanal in den Darm zurückkehren. Therapie: Das Santonin lähmt nur die Parasiten und muß immer zusammen mit einem Abführmittel gegeben werden. Wirksamer, aber giftig bei Überdosierung, ist das Oleum Chenopodii, das die Spulwürmer abtötet. Das Alter des Kindes muß berücksichtigt werden. ß) Peitschenwurm (Trichocephalus dispar) Symptome: Der Peitschenwurm ist 4 bis 5 cm lang, bohrt sich mit seinem peitschenartigen Kopfteil in die Dickdarmwand ein und verursacht häufig kleinere Blutungen und Bauchfellentzündungen. Die im Kot ausgeschiedenen Eier können sich jahrelang im feuchten Boden halten und durch Genuß von ungenügend gereinigtem Gemüse in den menschlichen Organismus gelangen. Therapie: Die Abtreibung des Peitschenwurmes erfolgt mit Santonin und Thymol; allerdings bietet er dieser Behandlung unter Umständen einen hartnäckigen Widerstand. y ) Haken- oder Pallisadenwurm (Ankylostumum duodenale) Der Hakenwurm ist nur 10 bis 18 mm lang. Mit kräftigen Haken an der Mundöffnung frißt er sich an der Zwölffingerdarm- und Dünndarmschleimhaut fest und zerfrißt sie. Die Eier können sowohl mit der Nahrung in den Darm gelangen als auch durch die intakte Haut, z. B. beim Barfußgehen in sumpfiger Gegend oder im Bergbau. Symptome: Der Hakenwurm kann ebenfalls zu einer schweren, perniziosaähnlichen Blutarmut führen. Therapie: Die Abtreibung gelingt in den meisten Fällen mit Farnwurzelextrakt.
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6) Madenwürmer (Oxyuren) Madenwürmer finden sich sehr häufig bei Kindern. Die Weibchen werden i cm groß, die Männchen kaum halb so groß. Sie leben in den unteren Dünndarmabschnitten und im Dickdarm. Die Weibchen steigen, meist nachts, weiter abwärts und kriechen aus dem After heraus, um ihre Eier hier in den Analfalten abzulegen. Symptome: Der starke Juckreiz führt zum unbewußten"Kratzen, wodurch die Eier unter die Fingernägel und von dort bei mangelnder Sauberkeit in den Mund gelangen können. Therapie: Bei der Behandlung muß an diese Möglichkeit der Selbstinfektion gedacht werden; daher sollen die Kinder nachts ein Höschen anbehalten, das jeden Morgen ausgewechselt und gekocht werden muß. Gelegentlich verirren sich auch vereinzelte Madenwürmer in den Blinddarm und verursachen eine Blinddarmentzündung. Es sind eine große Zahl wirksamer Oxyurenbekämpfungsmittel im Handel. Zum Abschluß soll noch ein Darmparasit erwähnt werden, der zur Reihender Flagellaten ( = tierische, geißeltragende Einzeller) gehört: das sind die Lamblien, die sich häufig im Zwölffingerdarm aufhalten und Magen- und Darmbeschwerden verursachen. Sie haben die Größe eines weißen Blutkörperchens und heften sich mit Geißeln an der Darmwand fest. Salvarsan hat sich in der Vertreibung dieser Parasiten bewährt, aber auch Atebrin wird angewandt.
Läuse, Flöhe, Wanzen An weiteren tierischen Parasiten, die für den Menschen von Bedeutung sein können, seien Läuse, Flöhe, Wanzen und Krätze erwähnt. Symptome: Läuse-. Wir kennen die Kopflaus, die sich nur auf der mit Haaren bedeckten Kopfhaut einnistet, die Kleiderlaus, die sich am Körper und mit Vorliebe in den Kleidern aufhält, und die Filzläuse in der Schamgegend; ihre Bisse verursachen Juckreiz. Die Eier (Nissen) werden an den Haaren abgelegt. Bei der Kopflaus können die langen Haare der Frau völlig verkleben und verfilzen: Plica polonica oder Weichselzopf genannt. Therapie bei der Kopf- und Kleiderlaus: Beim Weichselzopf ist es ratsam, das Haar an der Haarwurzel abzuschneiden. Sonst genügt es, vor einer gründlichen Kopfwäsche einen Kopfwickel mit Sabadillessig oder Cuprex getränkt eine Nacht einwirken zu lassen. Die Kleiderlaus ist die Hauptüberträgerin des Fleckfiebers. Verlauste Kleider müssen gründlich desinfiziert werden. Läuse sitzen in den Nähten. Komplikationen: Bei den Filzläusen kommt es sekundär häufig zur Ekzematisierung; durch anhaltendes Kratzen wird die Haut verletzt und dadurch leicht superinfiziert. Therapie bei der Filzlaus: Die Behandlung besteht in Betupfen mit i°/ooigem Sublimatspiritus oder in Einreibungen mit „grauer Salbe". In der modernen Behandlungsform hat sich das DDT-Pulver (Dichlor-Diphenyl-Trichloräthan)bei allen Läusearten bewährt. In unsauberen Wohnungen gibt es gelegentlich Flöhe und Wanden. Symptome: Die Floh- und Wanzenstiche können einen juckenden Ausschlag vortäuschen. Therapie: Die Vernichtung der Flöhe und Wanzen geschieht am sichersten durch Ausgasung der Räume mit Blausäure. Wegen seiner Giftigkeit soll das am besten durch einen geschulten Desinfektor vorgenommen werden.
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K r ä t z e (Skabies) Die Krätze (Skabies) wird durch Krätzemilben hervorgerufen. Sie bohren sich in die Haut ein; vorzugsweise zwischen der Achsel- und Ellbeuge, zwischen den Fingern und in der Kniekehle. In Gängen legen sie ihre Eier ab. S y m p t o m e : Ein heftiger Juckreiz läßt die Betroffenen vor allem nachts nicht zur Ruhe kommen; denn in der Bettwärme wird er fast unerträglich. So kommt es zu Kratzwunden und Ekzemen und zu einer Ausbreitung über den ganzen Körper. Kopf und Gesicht bleiben frei. T h e r a p i e : Gegen die Krätze werden 3o%ige Schwefelsalbe (Mitigai) und Jacutin erfolgreich angewandt. A u f häufiges Wechseln der Bettwäsche und der Kleider ist zu achten. 7. Geschlechtskrankheiten a) Gonorrhoe (Tripper) h) Syphilis (Lues) c) Ulcus molle (weicher Schanker)
a) G o n o r r h o e ( = Tripper) E r r e g e r : Die Gonorrhoe (der Tripper) wird zumeist durch Geschlechtsverkehr übertragen. Die Inkubation beträgt 1 bis 3 Tage, in Ausnahmefällen bis zu 8 Tagen. Der Erreger ist der von Neisser (Dermatologe in Breslau, 1855—1916) 1879 entdeckte Gonokokkus. Der Nachweis gelingt im akuten Stadium ohne Schwierigkeit. Beim Mann wird die äußere Harnröhrenöffnung (orificium externum) mit einer antiseptischen Lösung (Hydrarg. oxycyanat. 1:10000) gereinigt, um die stets vorhandene Mischflora zu entfernen ; dann wird mit einer frisch ausgeglühten, abgekühlten Platinöse vorsichtig Sekret aus der Harnröhre entnommen. Das Sekret wird auf einem Objektträger möglichst dünn ausgestrichen und lufttrocken mit Methylenblau gefärbt. Bei der Frau werden Abstriche aus dem Harnröhreneingang und dem Zervikalkanal gemacht, häufig kommt noch der rektale Abstrich dazu (3 Abstriche). S y m p t o m e : Beim Manne führt die Gonorrhoe zunächst zu einer eitrigen Entzündung der äußeren Harnröhre; der Infekt kann aber auf die Prostata, auf die Blase und auf die Nebenhoden, selten auf den Mastdarm und auf die Nieren übergreifen. Bei der Frau erkranken Harnröhre und Gebärmutterhals, seltener der Mastdarm. Die Gefahr der Komplikationen ist beim weiblichen Geschlecht größer als beim männlichen. Die Entzündung der Eileiter und der Eierstöcke kann auf das Beckenbauchfell übergreifen und zu bleibenden Schädigungen, auch zur Unfruchtbarkeit führen. Außer der Schleimhaut der Geschlechtsorgane und der Harnwege kann die gonorrhoische Entzündung auch andere Schleimhäute ergreifen (Auge!). Da die Augenbindehaut eines Neugeborenen während der Geburt leicht von der kranken Mutter infiziert werden könnte (Blennorrhoe), ist jede Hebamme dazu verpflichtet, sofort nach der Geburt in die Augen eines Neugeborenen je einen Tropfen i % i g e r Höllensteinlösung, die die Erkrankung verhütet, zu geben {Credèsehe Prophylaxe — Credè, Gynäkologe in Leipzig, 1829—1892). K o m p l i k a t i o n e n : Die Gonokokkensepsis, hervorgerufen durch einen Gonokokkeneinbruch in die Blutbahn, mit Erkrankung der Gelenke, der Haut, des Herzens und
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Infektionskrankheiten
der Regenbogenhaut des Auges, ist durch die heutige Therapie mit Penicillin äußerst selten geworden. Therapie: Im allgemeinen wird ein frischer Tripper mit einer einmaligen Injektion von 400000 E Penicillin geheilt. Trotzdem dürfen die Vorsichtsmaßregeln nicht außer acht gelassen werden; denn die eitrige Entzündung, vor allem bei der Frau, kann so gering sein, daß sie den weißgelblichen Ausfluß für normal hält und nicht zum Arzt geht. b) S y p h i l i s (Lues, harter Schanker) (Tafel XII, Bild 2) Erreger: Sie wird ebenfalls meist durch den Geschlechtsverkehr übertragen. Der Syphiliserreger wurde gemeinsam 1905 von dem heute noch lebenden Dermatologen Hoffmann und dem 1906 verstorbenen Zoologen Schaudinn entdeckt. Die Spirochaeta pallida dringt durch eine noch so kleine Hautverletzung in den Körper ein, niemals aber durch die intakte Haut. Symptome: Etwa 3 Wochen nach der Ansteckung entwickelt sich an der Infektionsstelle — häufig an den Genitalien — ein Bläschen, das aufbricht und dessen Ränder dann verhärten: 1. Stadium = Primäraffekt. In einer besonderen mikroskopischen Untersuchungsmethode, dem Dunkelfeld, gelingt es zu diesem Zeitpunkt, bereits im Sekretabstrich die Erreger nachzuweisen. Da diese auf dem Lymphwege in den Körper eindringen, schwellen die „regionären Lymphknoten" an. Sitzt der Primäraffekt am Geschlechtsteil, so sind es die Leistendrüsen. Es ist typisch für luetischentzündliche Lymphknoten, daß sie nicht schmerzen, sondern völlig unempfindlich sind. Da bei der Frau das Geschwür in einer großen Zahl der Fälle unentdeckt bleibt, werden die nicht schmerzenden Lymphknotenschwellungen leicht übersehen. Dann entwickelt sich 3 Wochen später —• also um die 6. Krankheitswoche — das 2. Stadium, das sich vorwiegend an der Haut und den Schleimhäuten widerspiegelt: Die Haut des Körperstammes zeigt blau-rote, leicht erhabene Effloreszenzen ( = Blütchen). Diese Maculae und Papulae enthalten eine Flüssigkeit, die Spirochäten enthält. Weiterhin bilden sich breite Feigwarzen an den Geschlechtsteilen und um den After herum — „condylomata lata". Sie sind in der Krankenpflege sehr zu beachten, da hier eine gewisse Ansteckungsgefahr gegeben ist. Von der 6. Woche ab gelingt der serologische Nachweis der Syphilis durch die „Wassermamsche Reaktion" (Wassermann, Bakteriologe in Berlin, 1866—1925)- Das Stadium, das nach Monaten oder Jahren in Erscheinung tritt, ist durch zum Zerfall neigende Knoten ( = Gumma) charakterisiert (z. B. Gummata im Rachen, am Kehlkopf oder an den inneren Organen). Syphilitische Spätformen: Besondere Spätformen der Syphilis sind die Paralyse des Gehirns (Hirnerweichung) und die Tabes dorsalis (Rückenmarkschwund). Diese Erkrankungen des Zentralnervensystems sind neben den psychischen und neurologischen Ausfällen durch Veränderungen der Rückenmarkflüssigkeit gekennzeichnet: durch eine positive Wassermann%oS\& Reaktion und durch typische Eiweißverschiebungen in der Mastix-Kurve. Eine besondere Stellung nimmt die „angeborene Syphilis" ein. Es ist falsch, von einer „vererbten Lues" zu sprechen, da die Übertragung im Mutterleib erfolgt. Syphiliskranke Frauen neigen zu Fehl- und Frühgeburten. Syphilitische Kinder zeigen häufig einen Blasenausschlag (Pemphigus) an Händen und Füßen. Ihre inneren Organe können
Rheumatische Erkrankungen
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in typischer Weise verändert sein, sie zeigen auch geistige Defekte. Seit der Entdeckung des Salvarsans durch Paul Ehrlich (Chemiker und Biologe in Berlin, 1854 bis 1915) ist die Syphilis heilbar geworden. Auch das Penicillin zeigt sich als zuverlässig wirksam. c) W e i c h e r S c h a n k e r (Ulcus molle) E r r e g e r : Der weiche Schanker, das Ulcus molle, wird durch einen Streptobazillus hervorgerufen, dessen Stäbchen sich in Fischzugform im mikroskopischen Bild angeordnet zeigen. S y m p t o m e : Die Geschwüre des weichen Schankers, die sich nach 2 bis 3 Tagen entwickeln, treten meist in Mehrzahl an den äußeren Geschlechtsteilen auf und sind schmerzhaft. Die dabei auftretenden Drüsenschwellungen neigen zur Vereiterung und zum Durchbruch (sog. Bubonen). T h e r a p i e : Sulfonamide, Penicillin.
Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten: Zur Behandlung der durch einen Arzt festgestellten Geschlechtskrankheit kann in Deutschland jeder Betroffene gezwungen werden, wenn nötig mit gesundheitspolizeilicher Hilfe. Der behandelnde Arzt ist zur Anzeige an das Gesundheitsamt verpflichtet; zunächst ohne Namensnennung und erst, wenn der Patient trotz mehrmaliger Aufforderung sich der Behandlung entzieht, namentlich. Jeder Patient erhält von seinem Arzt ein Merkblatt, das von den Gesundheitsbehörden zusammengestellt ist und die genauen Verhaltungs Forschriften enthält.
8. Rheumatische Erkrankungen a) Akuter Gelenkrheumatismus (Polyarthritis rheumatica acuta) c) Bechterewsche Krankheit
b) Chronischer Gelenkrheumatismus (Polyarthritis rheumatica chronica) d) Arthrosis deformans
a) A k u t e r G e l e n k r h e u m a t i s m u s (Polyarthritis rheumatica acuta) U r s a c h e : Der akute Gelenkrheumatismus befällt zur gleichen Zeit mehrere Gelenke und äußert sich durch schmerzhafte Entzündung und Schwellung. Der Erreger ist unbekannt, aber mit Wahrscheinlichkeit ist eine infektiöse Genese anzunehmen. Eine familiäre Disposition und eine allergische Reaktionslage lassen sich in 30 bis 40% nachweisen, begünstigend wirken möglicherweise feuchte Kälte, nasse Wohnungen und gelegentlich Uberanstrengungen. Bei einem großen Teil der Fälle bestehen Erkrankungen der Tonsillen, der Nasennebenhöhlen oder der Zähne, von wo aus die Giftstoffe schubweise in den Körper gelangen. S y m p t o m e : Im Vordergrund des Krankheitsbildes steht die Erkrankung der Gelenke, die über Nacht einsetzen kann: Rötung, Schwellung, Hitze und heftiger Schmerz mit Bewegungsunfähigkeit sind die typischen Symptome. Pathologisch-anatomisch spielt sich eine seröse Entzündung im Bereich der Gelenkkapsel ab. Die akute Form des Gelenkrheumas ist immer von Temperaturanstiegen bis zu 39 und 40° C und gleichzeitigen heftigen Schweißausbrüchen begleitet. Sehr oft werden Kreislauf und Herz in Mitleidenschaft gezogen. K o m p l i k a t i o n e n : A m Herzen zeigt sich eine Myokarditis, häufig eine Endokarditis, die manchmal mit narbigen Veränderungen an den Klappen, vorzugsweise an der Mitralis, ausheilt.
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Infektionskrankheiten
Verlauf: Der Krankheitsverlauf ist sehr wechselnd, seine Dauer schwankt zwischen Tagen und Monaten. Entsprechend dem Übergreifen auf andere Gelenke verläuft der Rheumatismus häufig schubweise und hat eine ausgesprochene Neigung zu rezidivieren. Gelegentlich geht er in eine chronische Form über ( = sekundär chronischer Rheumatismus). Therapie: Bei der Behandlung muß man zuerst an die Möglichkeit eiternder Herde im Körper denken. Die altbewährte Therapie mit Salizylsäure (4 bis 8 g über den Tag verteilt) hat sich bis heute noch behauptet. Allerdings ist sie nicht frei von Nebenwirkungen wie Ohrensausen, Schwindel, Schwerhörigkeit, Übelkeit und Erbrechen. In manchen Fällen wirkt Pyramidon (2 bis 3 g täglich) günstig. Wattepackungen der befallenen Gelenke werden als sehr angenehm empfunden. Unter den modernen Heilmitteln hat das Nebennierenrindenhormon Cortison, solange es verabreicht wird, gute Resultate gezeigt. Nach Abklingen der akuten Erscheinungen gilt es, etwaige Gelenkversteifungen wieder zu mobilisieren, damit der Patient arbeitsfähig und nicht invalide wird. b) C h r o n i s c h e r G e l e n k r h e u m a t i s m u s (Polyarthritis rheum. chronica) Ursache: Der chronische Gelenkrheumatismus ist eine schleichend verlaufende, fortschreitende Erkrankung mehrerer Gelenke, die meist zu bleibenden Bewegungseinschränkungen, auch Versteifungen und Muskelschwund führt. Bei Frauen tritt er nicht selten in den Wechseljahren auf. Symptome: Das Krankheitsbild verläuft ähnlich dem der akuten Form, nur im ganzen schleichender und nicht so stürmisch. Allerdings wird bei der chronischen Form sehr viel seltener das Herz betroffen. Eine besondere Form des Rheumas ist das Befallensein der Muskulatur: Muskelrheuma. Therapie: Salizylpräparate, Schwefel- und Goldpräparate, Cortison; Massagen, Wärme als Sandbäder, Glühlichtbäder, Moor- und Fangopackungen. c) Bechterew sehe K r a n k h e i t Ursache: Die Bechterew sehe Krankheit (Bechterew, Neurologe in Leningrad, 1857—1927) ist eine entzündliche, rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule, die in den kleinen Wirbelgelenken beginnt und zu einer Verknöcherung des Bandapparates führt. Symptome: Die Patienten halten die Wirbelsäule und den Kopf steif, der Oberkörper ist vornübergeneigt, und die physiologische Lendenkrümmung fehlt. Auffallenderweise werden fast nur Männer von dieser Krankheit befallen. Therapie: Eine ursächliche Therapie ist nicht bekannt. Man versucht durch Wärme und Bewegungsübungen die noch vorhandene Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten. d) A r t h r o s i s d e f o r m a n s Neben den entzündlichen Gelenkerkrankungen sind noch die degenerativen zu erwähnen, die nichtentzündlicher Natur sind und den Knorpel und den Knochen selbst verändern. Sie befallen zumeist einzelne große Gelenke, insbesondere das Hüft- und Kniegelenk. An erster Stelle steht hier die Arthrosis deformans. Ursache: Ihre Ursache ist bislang noch nicht eindeutig geklärt; wahrscheinlich spielen mechanisch-statische Momente, wie übermäßige Belastung, eine entscheidende Rolle.
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Symptome: Klinisch sind auch die degenerativen Gelenkerkrankungen durch Schmerzen charakterisiert, wobei die Beweglichkeit relativ lange gut erhalten bleibt. Das Röntgenbild ist ein sehr wichtiges Hilfsmittel zur Erfassung dieses Leidens. Therapie: Die gleichen Medikamente, die bei den entzündlichen Gelenkerkrankungen helfen, wirken auch hierbei schmerzlindernd. Es ist sehr wichtig, durch frühzeitig einsetzende Bewegungsübungen — Massagen, Moorpackungen — eine Versteifung zu verhindern. Die Tuberkulose und die Gonorrhoe können zu Gelenkerkrankungen führen; jedoch befallen sie fast ausnahmslos nur ein Gelenk (Monarthritis). Die Therapie richtet sich nach der Grundkrankheit.
Meldepflichtige Erkrankungen und Sterbefälle In Deutschland ist die Meldepflicht der einzelnen übertragbaren Krankheiten gesetzlich geregelt: das Gesetz zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom Juni 1900 (RGBl.), das Reichsgesetz zur Bekämpfung der Papageienkrankheit (Psittakosis) und anderer übertragbarer Krankheiten vom Juli 1934 (RGBl.) und die Verordnung über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom Dezember 1938 (RGBl.) besagen, daß die unten aufgeführten Krankheiten dem für den Aufenthaltsort zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. I. Der schriftlichen Anzeige innerhalb von 24 Stunden unterliegen alle im folgenden aufgeführten Erkrankungen und Sterbefälle. Bei dem mit * bezeichneten Krankheiten auch Verdachtsfälle, bei den mit * * bezeichneten Krankheiten auch die Ausscheidung von Krankheitserregern. Weiteres siehe: Helfer-Kaboth, Kleine Gesetzeskunde für die Krankenpflege, 2. Auflage, 1953, Walter de Gruyter & Co., Berlin W 30. Aussatz (Lepra)* Mikrosporie* Brucellose a) Äj«£sche Krankheit b) übrige Formen Cholera* Darmbrand (Enteritis necroticans) Diphtherie Fleckfieber (Typhus exanthematicus)* Ubertragbare Gehirnentzündung (Encephalitis lethargica) Gelbfieber* Ubertragbare Genickstarre (Meningokokkeninfektion) Keuchhusten Septisches Kindbettfieber* a) bei oder nach standesamtlich meldepflichtiger Geburt b) bei oder nach Fehlgeburt Ubertragbare Kinderlähmung (Poliomyelitis)* Bakterielle Lebensmittelvergiftung* a) Botulismus b) Salmonella-Infektionen** c) übrige Formen Leptospirose* a) Kanikolafieber b) Feldfieber c) IFö/sche Krankheit d) übrige Formen Malaria a) Ersterkrankung b) Rückfall
Milzbrand* Paratyphus*, * * Pest* Pocken* Psittakose (Papageienkrankheit)* Q-Fieber Rotz* Rückfallfieber* Ruhr*, * * a) Amöbenruhr b) Bakterienruhr Scharlach Tetanus (Wundstarrkrampf) Tollwut einschl. Bißverletzungen* a) Tollwut b) Bißverletzung durch tollwütige Tiere c) Bißverletzung d. tollwutverdächtige Tiere Trachom (Körnerkrankheit) Trichinose* Tuberkulose* i) a ) d e r Atmungsorgane b) der Drüsen c ) der Haut d) der Knochen und Gelenke e aller übri en r ane ) 8 ° g Tularämie* Typhus (Typhus Abdominalis, Bauchtyphus)*, * *
*) In den Ländern Niedersachsen und Baden-Württemberg sind auch inaktive, nicht ansteckende Formen von Tuberkulose meldepflichtig.
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Infektionskrankheiten
II. Folgende Erkrankungen, Verdachts- und Sterbefälle unterliegen der sofortigen fernmündlichen Voranzeige, wobei eine schriftliche Anzeige innerhalb von 24 Stunden nachgereicht werden muß. Cholera Fleckfieber (Typhus exanthematicus) Übertragbare Kinderlähmung (Poliomyelitis) Bakterielle Lebensmittelvergiftung Paratyphus Pest Pocken
Psittakose (Papageienkrankheit) Ruhr Tollwut einschl. Biß Verletzungen durch tollwütige oder tollwutverdächtige Tiere Trichinose Typhus (Typhus abdominalis, Bauchtyphus)
III. Folgende Erkrankungen unterliegen der Krankenhausbehandlungspflicht. Bei den mit * bezeichneten Krankheiten auch Verdachtsfälle. Aussatz (Lepra)* Cholera* Fleckfieber (Typhus exanthematicus)* Ubertragbare Gehirnentzündung (Encephalitis lcthargica) Übertragbare Genickstarre (Meningokokkeninfektion) Septisches Kindbettfieber (bei oder nach standesamtlich meldepflichtiger Geburt oder Fehlgeburt)* Übertragbare Kinderlähmung (Poliomyelitis)*
Mikrosporie Milzbrand Paratyphus* Pest* Pocken* Psittakose (Papageienkrankheit)* Rotz Rückfallfieber Ruhr Tollwut Typhus (Typhus abdominalis, Bauchtyphus)*
Zur Anzeige verpflichtet sind: a) der Arzt, der die Krankheit, den Krankheitsverdacht oder die Ausscheidung von Krankheitserregern festgestellt hat; b) der Haushaltungsvorstand; c) jede mit der Pflege oder Behandlung des Erkrankten berufsmäßig beschäftigte Person; d) derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Verdachts-, Erkrankungs- oder Todesfall sich ereignet hat; e) der Leichenbeschauer. IV. Für die Anzeigepflicht in Krankenanstalten und anderen Gemeinschaftseinrichtungen (Heimen, Lagern, Massenunterkünften usw.) sowie in diagnostischen Untersuchungsstellen gelten Sondervorschriften. Das zuständige Gesundheitsamt leitet sofort Ermittlungen über Ursache, Art, Ansteckungsquelle und Ausbreitung der Krankheit ein, um eine Weiterausbreitung zu verhindern.
Meldepflichtige Erkrankungen und Sterbefälle
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„ D e s i n f e k t i o n s o r d n u n g bei T u b e r k u l o s e " Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose teilt mit: In der Sitzung des „Arbeitsausschusses für Desinfektion bei Tuberkulose" am 27. A u gust 1956 sind folgende Desinfektionsmittel neu in die „Desinfektionsmaßnahmen bei Tuberkulose" aufgenommen worden:
Name des Präparates
Beantragter Verwendungszweck
GEVISOL
Wäschedesinfektion
SEPTAN1N
Wäschedesinfektion
PHENDESIN
Wäschedesinfektion
Phenol-Lysoform s1)
Wäschedesinfektion
KILLOPHEN
Wäschedesinfektion
TB-LYSOFORM
Sputumdesinfcktion
Gebrauchsverdünnung
Einwirkungszeit
°>5% 1.0% i.J% 4,0% i.5% 4,0%
12 4 12 4 12 4
Std. Std. Std. Std. Std. Std.
1,5% 4,0% 4,o% 5,0%
12 Std. 4 Std. 12 Std. 12 Std. 4 Std. 4 Std.
Phenol-Lysoform S soll nach Mitteilung des Herstellers künftig unter dem Namen G R O B D E S I N in den Handel kommen. Dietrich Bd.l
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XII. Arzneimittellehre — Pharmakologie A. Vorbemerkungen B. Verschiedene Formen der Arzneimittel und ihre Anwendung C. Ausgewählte Kapitel aus der Pharmakologie
A. Vorbemerkungen Es kann und darf nicht die Aufgabe der Schwester oder des Pflegers sein, selbständig Verordnungen zu treffen, da sie die Verantwortung der sich daraus ergebenden Konsequenzen in keinem Fall übernehmen können. Eine aus gutem Willen herausgegebene „harmlose" Schlaftablette kann bei einem Leberkranken eine Katastrophe auslösen. Wenn der behandelnde Arzt anordnet, daß der betreffende Patient im Bedarfsfalle dieses oder jenes Medikament bekommen soll, dann handelt die Schwester im Auftrage des Arztes, der auch die Verantwortung trägt. Neben den diätetischen und physikalischen Maßnahmen stehen die Pharmaka, die Arzneimittel, die eine Krankheit günstig beeinflussen sollen. Wir unterscheiden zwischen der kausalen Methode, jener, die die Ursache berücksichtigt, und der symptomatischen Heilweise, die nur einzelne Krankheitszeichen lindert. Die Ursache zu beseitigen, setzt jedoch ihre Kenntnis voraus; daher ist diese Methode zwar die ideale, aber auch die schwierigere. Wenn wir den bakteriologischen oder serologischen Beweis einer Krankheit erbracht haben, können wir in vielen Fällen die Ursache beseitigen. Z. B. glauben wir, die Malariaerreger durch Atebrin und Plasmochin zu vernichten und die Spirochaeta pallida (Syphiliserreger) durch das Salvarsan. Wir können bei einem Kranken, der an einer Hirngeschwulst leidet, die dadurch verursachten Kopfschmerzen (ein Symptom!) lindern, aber nicht den Tumor beseitigen. Die Heilmittel werden entweder aus Pflanzen oder aus chemischen Substanzen gewonnen. Die Grenze zwischen „Heilmittel" und „ G i f t " liegt bei ein und derselben Substanz dicht beieinander. Man kann z. B. mit einem Viertel Milligramm (!/4 mg) Strophanthin einem Herzpatienten helfen und mit einer einmaligen Gabe von 4 mg Strophanthin einen Menschen töten. Durch den Fortschritt der Naturwissenschaften, besonders auf dem Gebiet der Chemie, sind wir in der Lage, eine große Zahl der wirksamen Stoffe synthetisch darzustellen. Z . B . gelingt es heute, das Atropin, das früher aus der Tollkirsche gewonnen wurde, synthetisch darzustellen. Diese synthetischen Substanzen lassen sich in ihrer wirksamen Menge genau bestimmen, während man bei den Pflanzenextrakten auf die dazwischengeschalteten Wirkungen am Tier angewiesen ist (vgl. Definition einer Insulineinheit!). Daneben hat die chemische Industrie eine Anzahl von Präparaten entwickelt, die in der Natur nicht vorkommen, die sich aber aus dem Kohlenstoff entwickeln ließen (Pyramidon, Aspirin). Über die besondere Wirkungsweise der Sulfonamide und des Penicillins wurde schon gesprochen. Sie töten zum Teil nicht den Erreger selbst ab, sondern entziehen ihm
Vorbemerkungen
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den Nährboden; dadurch werden die Keime in ihrem Wachstum und in ihrer Vermehrung gehemmt. Mit den Erregern selbst muß allerdings der menschliche Organismus selbst fertig werden. Es gelingt mit Hilfe seines Abwehrsystems. Mineralsalze, enthaltend als Quellsalze in natürlich vorkommenden Sprudeln (Bad Kissingen, Bad Bertrich, Bad Mergentheim, Bad Aachen usw.), werden häufig zur Behandlung der Verdauungswege und der Verdauungsdrüsen angewandt. Unter den Schwermetallsalzen werden Eisen, Gold, Wismut, Silber, Quecksilber zu Heilzwecken benutzt. Das Insulin, von dem schon die Rede war, kann bislang nur aus Tierbauchspeicheldrüsen gewonnen werden. Wir müssen es dem Körper im allgemeinen laufend zuführen (sog. Substitutionstherapie), weil er im allgemeinen nicht in der Lage ist, es selbst wieder zu produzieren. Ganz ähnlich ist die Situation bei der Erkrankung der übrigen innersekretorischen Drüsen: der Hypophyse, der Schilddrüse, den Nebennieren. Erwähnt sei auch die physiologische Atrophie der Keimdrüsen im Alter, deren Ausfallserscheinungen sich bis zu einem gewissen Grade durch Zufuhr von Keimdrüsenpräparaten beheben lassen. Viele Patienten haben gegen die „künstlichen Heilmittel" eine Abneigung, weil sie glauben, daß sie dem Körper schaden könnten, was auch bedingt richtig sein kann. Jeder Arzt verordnet Heilkräuter oder -extrakte. In der Behandlung kranker Herzen ist er darauf angewiesen. Niemand wird die heilende Wirkung der Kamille leugnen wollen. Viele Patienten neigen dazu, sich nur mit Kräutern behandeln zu lassen. Und auch hier hat die Schwester oder der Pfleger die Aufgabe, Vorurteile zu zerstreuen. Es wäre ein Fehler, würde man heute versuchen, eine schwere Pneumokokkenpneumonie allein mit Kräutersäften oder ausschließlich mit „Weißkäseumschlägen" zu behandeln. Um den Kranken und die anderen Menschen zu schützen, hat sich der Gesetzgeber in zwei Fällen eingeschaltet: einmal ist jeder Arzt in Deutschland dazu verpflichtet, bei einem festgestellten Diphtherieverdacht Heilserum zu spritzen, und zum anderen können geschlechtskranke Personen zur ärztlichen Behandlung gezwungen werden. Darüber hinaus ist es sinnlos, bei jedem kleinen Infekt sofort Penicillin zu spritzen oder ein Sulfonamid zu verordnen. Und nun noch ein Wort über die Aufbewahrung der Arzneimittel im Krankenhaus. Zumeist hat jede Station eine kleine Apotheke, die von der leitenden Stationsschwester verwaltet wird. Hierin werden die Arzneien, die fast täglich vom Arzt verordnet werden, aufbewahrt. Es bleibt der verantwortlichen Schwester überlassen, ob sie die Medikamente alphabetisch ordnet oder nach ihrer Wirkungsweise (z. B. Herzmittel, galletreibende Mittel, Abführmittel . . .). Wichtig ist nicht allein, daß sie übersichtlich eingeordnet sind; sie dürfen auch nicht neben der Heizung aufgehoben werden, da ein großer Teil der Medikamente temperaturempfindlich ist. Der Medikamentenschrank soll möglichst nicht aus Glas sein, da ein Teil der Präparate sich durch das einfallende Licht leicht zersetzt. Medikamente dürfen nur aus einwandfrei beschrifteten Flaschen, Ampullen oder anderen Gefäßen ausgegeben werden. In Zweifelsfällen das Medikament sofort vernichten! Das gilt auch für Arzneimittel im Privathaushalt. Hier ist darauf zu achten, daß sie so aufbewahrt werden, daß sie für Kinder unerreichbar sind. • 3*
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Arzneimittellehre — Pharmakologie
Gifte wie Morphin, Opium, Kokain, Atropin, Veronal und Sublimat müssen nach gesetzlicher Vorschrift (Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln, Opiumgesetz vom 10. Dezember 1929) in einem besonderen, verschließbaren Schrank aufbewahrt werden, für deren Inhalt die leitende Stationsschwester oder der Pfleger verantwortlich sind. Der Arzt allein ist befugt, Opiate zu verordnen. Er tut es in exakter Form. In Berliner Krankenhäusern müssen laut Verordnung „Giftverordnungsbücher" geführt werden, worin der Stationsarzt jede Verordnung unterzeichnen muß. Bei einer Kontrolle durch den Chefarzt, den Oberarzt oder durch die Gesundheitsbehörde läßt sich ein Irrtum oder ein Fehler leichter aufklären. Einer opiatsüchtigen Schwester oder einem süchtigen Pfleger kann bei Bekanntwerden der Sucht sofort die Approbation entzogen werden. Der Gesetzgeber ist bei Pflegepersonen besonders streng, weil es für sie im allgemeinen einfach ist, sich ihr Suchtmittel zu beschaffen. Dieses „Beschaffen" ist eine strafbare Handlung. B. Verschiedene Formen der Arzneimittel und ihre Anwendung 1. Innerlich angewandte Arzneimittel 2. Änßerlicb angewandte Arzneimittel ). Injektionen 1. Innerlich angewandte Arzneimittel
Innerlich angewandte Arzneimittel können flüssig (Infuse, Dekokte, Öle, Tropfen) oder fest (Pulver, Tabletten, Dragées, Pillen, Kapseln, Zäpfchen) sein. Man unterscheidet innerlich und äußerlich anzuwendende Medikamente: Substanzen, die geschluckt oder in den Darm eingeführt werden, Inhalationen, Einreibungen und Einspritzungen. Injektionen können in die Vene (intravenös), in die Muskulatur (intramuskulär), unter die Haut (subkutan; intrakutan = in die Haut) und in die Rückenmarksflüssigkeit (endolumbal, subokzipital, zisternal) erfolgen. Der Mensch kann die Arzneien in flüssiger und fester Form schlucken (per os = durch den Mund). Der Apotheker liefert die zum inneren Gebrauch bestimmten Lösungen in runden Flaschen und gibt zumeist auf einem weißen Schild mit schwarzer Schrift Art und Konzentration an. Dieses Schild muß das Datum der Herstellung, die liefernde Apotheke, den Namen des Patienten und die vom Arzt verordnete Anweisung, wie es eingenommen werden soll, enthalten. Äußerlich anzuwendende Lösungen kommen in sechseckigen Flaschen aus der Apotheke und tragen ein rotes Schildchen mit der Aufschrift „äußerlich". Braune Flaschen schützen leicht zersetzbare Lösungen vor starkem Lichteinfall. Gifte sind durch weiße Schrift auf schwarzem Grund und einen Totenkopf angezeigt. Schwächere Gifte sind durch die Aufschrift „Vorsicht!" gekennzeichnet. a) I n n e r l i c h a n g e w a n d t e A r z n e i m i t t e l in f l ü s s i g e r F o r m Infus = Aufguß Der Infus wird vom Apotheker hergestellt. Infuse sind frischbereitete, wäßrige Auszüge aus zerkleinerten Pflanzenteilen. Blüten und Blätter werden mit heißem Wasser übergössen und durchgeseiht. Sie sind im allgemeinen für kurze Zeit haltbar, eignen sich also nur in begrenzten Mengen für den regelmäßigen Gebrauch. Sie werden teelöffelweise verordnet; dabei gilt: 1 Teelöffel = 5 ccm; 1 Kinderlöffel = 10 ccm; 1 Eßlöffel = 1 5 ccm; 1 Likörglas = 20 bis 25 ccm; 1 Kaffeetasse = 60 bis
Innerlich angewandte Arzneimittel
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80 ccm; 1 Weinglas = 100 bis 125 ccm; 1 Wasserglas = 200 bis 250 ccm. Andere Aufgüsse, Tee z. B., bereitet die Schwester auf der Station. Sie nimmt im allgemeinen 1 bis 2 Teelöffel auf 1 / i l Wasser, das kochend über den Tee gegossen wird. Dann 6 bis 15 Minuten ziehen lassen und die Flüssigkeit vorsichtig abgießen. Baldriantee und Bärentraubenblättertee werden meist stärker verordnet. Sennesblätter werden am Abend vorher mit kaltem oder lauwarmem Wasser angesetzt, bis zum Morgen ziehen gelassen, durchgeseiht und dem nüchternen Patienten gereicht. D e k o k t : Dekokte sind Abkochungen. Harte Drogen, Wurzeln werden vom Apotheker mit kaltem Wasser aufgesetzt und ausgekocht. Die Ö l e rechnet man zu den flüssigen Arzneimitteln, die eingenommen werden. Besonders das Rizinusöl wird oft mit Widerwillen genommen. Man kann es Patienten, die Alkohol vertragen, in einem Glas Kognak geben. Die verordnete Medizin wird in den Kognak gegossen, so daß das Öl wie eine Traube in der alkoholischen Flüssigkeit hängt. Wenn der Kranke das mit einem Zuge leert, empfindet er nicht den unangenehmen Geschmack. Z u empfehlen ist auch das Einnehmen des Rizinusöls in heißem schwarzem Bohnenkaffee, heißer Brühe, aber auch in Bier, Zitronenlimonade und Himbeerwasser. Ist Kaffee nicht erlaubt, so kann man danach eine Zitronenscheibe auslutschen lassen. T r o p f e n : Arzneien, die in kleiner Menge wirksam sind, werden in Tropfflaschen, die 15 bis 20 cm 2 (und größer) fassen, eingefüllt. Die Tropfen müssen genau nach Vorschrift abgezählt werden. Das Normaltropfglas des „Deutschen Apotheker-Buches" liefert bei reinem Wasser in einem Tropfen 0,05 g, d. h. i g in 20 Tropfen. Bei alkoholischen und ätherischen Lösungen gehen weit mehr Tropfen auf 1 g. Es muß bedacht werden, daß Alkohol und Äther sehr rasch verdunsten, und demzufolge dicken diese Lösungen ein. Sind sie zur Hälfte verdunstet, so enthält jeder Tropfen die doppelte Menge an wirksamer Substanz. b) I n n e r l i c h a n g e w a n d t e A r z n e i m i t t e l in f e s t e r F o r m Z u den festen Arzneimitteln, die „per os" eingenommen zur Wirkung kommen, gehören Pulver, Tabletten, Dragees, Pillen und Kapseln. Als P u l v e r können alle Substanzen verordnet werden, die sich an der Luft nicht zersetzen, wobei als Bindemittel Rohr- und Milchzucker verwandt werden. Ohne Unterteilung, in Schachteln oder Papierbeutel verpackt, werden äußerlich anzuwendende oder schwach wirksame per os einzunehmende Mittel verschrieben (Dermatolpuder, Magenpulver). Der Apotheker liefert die Pulver in Packungen zu 50 und 100 g ; sie werden in Mengen von „gestrichenen Teelöffeln" ( = 5 g) oder „Messerspitzen" ( = 0,1 bis 0,5 g) verordnet. Starkwirkende, innerlich zu nehmende Substanzen werden als Einzelpulver verschrieben. Der Apotheker wiegt jedes Pulver einzeln aus und verpackt es in einzelnen Papierblättchen, die er dann zusammen in eine Schachtel füllt. Ein Pulver wiegt im allgemeinen 0,5 g. Schlecht oder bitter schmeckende Pulver gibt man in OWa/wikapseln, die dann mit Flüssigkeit leicht zu schlucken sind. Die normalen Oblaten werden im Magen aufgelöst; durch Zusatz von Formaldehyd werden sie gehärtet — Geloduratkapseln — und erst im Darm gelöst.
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Arzneimittellehre — Pharmakologie
T a b l e t t e n sind in feste Form gepreßte Substanzen; die abgewogene, gepulverte Arznei wird mit einem Bindemittel gepreßt und von den pharmazeutischen Firmen in Packungen zu 10 und 20 Stück in den Handel gebracht. Diese Tabletten werden mit einem Schluck Wasser eingenommen oder in einem Glas mit neutraler Flüssigkeit gelöst. Kompretten sind Tabletten, die unter Musterschutz stehen. Dragees sind mit einer Zuckermasse überzogene Tabletten; sie sind eine angenehme Darbietungsform für schlechtschmeckende Substanzen.
Als P i l l e n verordnet man Pulver oder zähflüssige Substanzen, deren Einzelgabe unter 1 g liegt; sie sind mit Bärlappsamen bestreut und lassen sich mühelos einnehmen. In manchen Fällen sind sie mit einem Zuckerguß oder mit einem Gold- oder Silberblatt überzogen. Granula sind kleine Pillen mit einem durchschnittlichen Gewicht von °)°5 gK a p s e l n : In Gelatinekapseln werden vom Apotheker flüssige Medikamente geliefert (Nitrolingual, Multibionta). Schlechtschmeckende, pulverisierte Substanzen nehmen sich angenehmer in Oblatenkapseln (Melabon). Es ist bei allen Medikamenten wichtig, die angegebenen Anweisungen zu beachten und einzuhalten, z. B. „vor Gebrauch umzuschüttein", vor „Licht und Kälte zu schützen" oder „nüchtern einzunehmen". Die meisten Medikamente werden „nach der Mahlzeit" eingenommen. Sie werden dann mit dem Speisebrei vermischt und kommen langsam zur Resorption. In anderen Fällen ordnet der Arzt die Einnahme „nüchtern" oder „vor dem Essen" an. Appetitanregende Mittel werden eine halbe Stunde vor dem Essen genommen. Im Krankenhaus ist die Schwester (oder der Pfleger) verpflichtet, dem Patienten die verordnete Medizin zur gegebenen Zeit einzugeben. Es ist unzulässig, etwa die Medikamente für den ganzen Tag auf dem Nachttisch zu deponieren. Säurehaltige Mittel, z. B. Salzsäure, müssen — flüssig gereicht — mit einem Glasröhrchen getrunken werden; sonst werden die Zähne geschädigt. Vereinzelte Medikamente werden von der Mundschleimhaut aufgenommen (Corteniletten, Nitrolingual). Sofern sie in einer Gelatinekapsel gereicht werden, beißt der Patient sie auf und speit die Hülle aus; die Flüssigkeit soll nicht verschluckt werden.
R e k t a l (durch den After) angewandte Arzneien sind „ Z ä p f c h e n " (= Suppositorien). Hierbei wird die zur Wirkung kommende Substanz gleichmäßig in einer Grundmasse verteilt. Die Grundmasse soll bei Körpertemperatur schmelzen, aber bei Zimmertemperatur starr sein. Sie darf die Darmschleimhäute nicht reizen. Als Zäpfchenmasse werden verwandt: Kakaobutter, Stadimol, Lasupol, Suppositol. Die Zäpfchen haben Torpedoform, wiegen etwa 2 bis 4 g und lassen sich befeuchtet oder mit einer indifferenten Salbe bestrichen leicht in den Mastdarm einführen. In der Körpertemperatur lösen sie sich auf, und das Arzneimittel wird von der Darmwand resorbiert. Es ist ein Nachteil dieser Anwendungsweise, daß häufig ein Teil des Medikamentes ungenützt bleibt. Ist der Darm mit Kot angefüllt, so ist es zweckmäßig, vorher einen Reinigungseinlauf zu machen. Auch Salben kommen in Zäpfchenform bei „inneren Hämorrhoiden" zur lokalen Wirkung. Neben diesen Suppositorien kennen wir bei Darmerkrankungen auch therapeutische Einläufe, z. B. Yatreneinläufe bei Amöbenruhr. Dabei kommt es darauf an, daß der Kranke diesen Einlauf möglichst lange hält, damit das Yatren voll zur Wirkung kommt. Nach einem Reinigungseinlauf beginnt man mit kleinen Mengen von 100 bis 200 ccm und steigert nur langsam.
Äußerlich angewandte Arzneimittel
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S c h e i d e n k u g e l n ( = Vaginalkugeln) werden zur Einführung des Medikamentes in die Scheide angewandt. Sie werden vom Arzt häufig bei lokalen Veränderungen im Bereich der Vagina verordnet. W u n d s t ä b c h e n oder -kegel, aus Penicillinpuder oder Targesin bestehend, finden bei Wunden oder bei Harnröhrenreizungen lokale Anwendung. 2. Äußerlich angewandte Arzneimittel
Salben, Pflaster und Pinselungen sind äußerlich anzuwendende Heilmittel. S a l b e n werden in den meisten Fällen bei krankhaften Hautveränderungen verordnet. Als Salbengrundlage dienen Fette. Tierische und pflanzliche Fette (Schwein, Wal, Erdnußöl) dringen in die Haut ein, während Mineralfette (Vaselin und Paraffin) abdecken und Wasser aufnehmen können. An Stelle von Fetten kann auch Glyzerin (ein Alkohol) verwandt werden. Die Quecksilbersalbe wird von der Haut resorbiert und wirkt auf Krankheiten innerer Organe. Sie wird als „Quecksilberschmierkur" bei neurologischen Erkrankungen, bei der multiplen Sklerose und im Tertiärstadium der Lues angewandt. 5 g einer 3o%igen Quecksilbersalbe werden in 15 Minuten in einen Arm eingerieben; das geschieht niemals mit der bloßen Hand, am besten mit einem Lederhandschuh. A m folgenden Tage nimmt man den anderen Arm, am 3. und 4. Tag je ein Bein, am 5. die Bauchhaut und am 6. Tage den Rücken. A m 7. Tage wird ausgesetzt und gebadet. Für die Schmierkur gibt es in jedem Krankenhaus besondere Bettwäsche und Hemden. (Notwendig zur Schonung gepflegter weißer Wäsche.) Durch ä u ß e r e H a u t r e i z m i t t e l — Senfwickel und Schmierseife — kommt es zu einer besseren Durchblutung der Haut und der darunterliegenden Organe. Diese Reizmittel werden dünn aufgetragen und nach eingetretener Hautrötung noch 15 bis 20 Minuten belassen, dann mit warmem Wasser abgewaschen. Die betroffenen Körperstellen werden hinterher mit einer nicht reizenden Fettkreme behandelt. P a s t e n und zähflüssige Salben wirken durch ihren Pudergehalt austrocknend. A m bekanntesten ist die Zinkpaste; sie wird zum Abdecken und als Hautschutz angewandt. P f l a s t e r dienen dem Schutze äußerer Wunden als Träger von Arzneistoffen und zur Befestigung von Verbänden. K a u t s c h u k p f l a s t e r mit einer sterilen Mullage kleben sehr gut, ohne die Haut zu reizen (Leukoplast, Hansaplast, Bonnaplast). Das Kapsikumpflaster enthält ein Hautreizmittel und ruft eine Hyperämie hervor. Das Kantharidenpflaster ist ein Reizpflaster. Mastisol ist eine Lösung von Mastix in Benzol. Es wird zur Befestigung von Verbänden gebraucht. P i n s e l u n g e n werden bei der Behandlung von Hautkrankheiten angewandt. Hierher gehören die Schüttelmixturen, die zur Hälfte aus Trockensubstanzen (z. B. Rivanol, Zink, Talk) und zur anderen Hälfte aus Flüssigkeiten (destilliertes Wasser, Alkohol, Glyzerin) bestehen. Sie werden vor dem Gebrauch tüchtig umgeschüttelt und dann mit einem Pinsel oder Wattebausch aufgetragen. Jodpinselungen werden in der inneren Medizin angewandt: J o d dringt durch die Haut und fördert die Resorption von Exsudaten.
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Arzneimittellehre — Pharmakologie
Puder gehören ebenfalls zu den äußerlichen Arzneimitteln. Sie wirken austrocknend und werden auf sezernierende Wunden und nässende Ausschläge gestreut. Sie werden aus Talkum oder Stärke hergestellt und enthalten z. T. medikamentöse Zusätze (z. B. Penicillin-, Sulfonamid-, Vasenol-, Dermatol-, Zinkpuder u. a. m.). I n h a l a t i o n e n werden zur Behandlung von Erkrankungen der Atmungsorgane angeordnet. Eukalyptusöl, Kamillenextrakt oder Salze werden verdampft und eingeatmet. Je kleiner die Tröpfchen sind, um so mehr gelangt von der vernebelten Substanz in die Bronchien und Alveolen und um so mehr wird resorbiert. Im Haushalt behilft man sich mit einer einfachen Emailleschüssel oder einem Milchtopf. Man übergießt die Kamille mit kochendem Wasser und läßt sodann den Kranken die aufsteigenden Dämpfe einatmen; vorher bekommt er eine wollene Decke über den Kopf, so daß Kopf und Schüssel einen möglichst geschlossenen Raum bilden. In der Klinik steht dafür ein Bronchitiskessel oder ein elektrisch betriebener Inhalierapparat zur Verfügung. Die trockenen Inhalationen dienen dem Ziele, eine geringe Menge eines konzentrierten Medikamentes an die Atmungsorgane zu bringen. Mit einer Handpumpe oder mit einem elektrischen Inhalationsapparat können z. B. Penicillin oder adrenalinhaltige Lösungen vernebelt werden. Bei Asthmatikern gelingt es in einigen Fällen, den Krampf der Bronchien zu lösen und die Schwellung der Schleimhaut abklingen zu lassen. In der Klinik bedient man sich des „Aerosolapparates". Er zerkleinert das versprühte Medikament in so kleine Teilchen, daß man damit rechnen kann, daß dieses auch die tiefer gelegenen Lungenabschnitte, vor allem die Bläschen erreicht. Durch Einatmen von Amylnitrit — einige Tropfen ins Taschentuch oder auf einen Wattebausch — werden die Gefäße, besonders des Herzens, erweitert. So kann es bei Koronarspasmen eine schnell einsetzende Hilfe sein. Der Wert des Gurgeins ist umstritten •— zumindest im Hinblick auf seine keimtötende Wirkung; denn im Augenblick des Kopf-Zurückbeugens wird der hintere Rachenraum reflektorisch geschlossen, so daß das Gurgelwasser gar nicht mehr dorthin kommen kann. Allerdings gelingt es, mit dem Gurgeln die Mundschleimhaut mechanisch zu reinigen. Wasserstoffsuperoxyd, Kalipermanganat, Chinosol, durchgeseihter Kamillenund Salbeitee sowie Myrrhentinktur sind die gebräuchlichsten Gurgelmittel. Bei bewußtlosen Patienten kann durch ein häufiges Mundauswischen eine Entzündung der Ohrspeicheldrüse verhindert werden. j . Injektion (Einspritzung)
Mittels Injektionen gelingt es, das wirksame Medikament schnellstens in den Körper zu bringen. Die intravenöse Injektion wirkt doppelt so schnell wie die subkutane und iomal schneller als die perorale Gabe. Das intravenös injizierte Medikament kommt praktisch sofort zur Wirkung; nach einmaligem Umlauf des Blutes durch den Körper ist es schon verteilt. In Sonderfällen werden wirksame Herzmittel auch direkt ins Herz gespritzt (= intrakardial). Das Insulin muß bislang noch gespritzt werden, da es noch nicht gelungen ist, ein Insulin herzustellen, das nicht im MagenDarmtrakt wie jeder andere Eiweißkörper verdaut wird. Erst in jüngster Zeit ist es gelungen, oral wirksame antidiabetische Mittel herzustellen (z. B. Nadisan). Größere
Injektion (Einspritzung)
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Erfahrungsberichte liegen noch nicht vor. Andere Medikamente dürfen nur intravenös gespritzt werden — beispielsweise das Strophanthin und das Salvarsan — , weil es sonst zu einer schmerzhaften und vielleicht eitrigen Gewebsentzündung kommt. Ölige Präparate, wie Kampher und Cyren B, werden ausschließlich intramuskulär in den äußeren oberen Quadranten der Gesäßmuskulatur gespritzt (M. gluteaus maximus). Die Injektion wird mit einer sterilen Spritze ausgeführt. Man verwendet Glasspritzen oder metallgefaßte „Rekordspritzen". Glasspritzen können ausgekocht (10 bis 20 Minuten in reinem Wasser) oder trocken sterilisiert werden. Rekordspritzen sind im Gebrauch angenehmer, weil die Stempel festsitzen und die Nadel luftdicht aufgesetzt werden kann. Die heutigen Rekordspritzen können bei 200° C der Trockenstcrilisation oder bei 134° C der Dampfsterilisation ausgesetzt werden, ohne daß sich ihre Metallverkittungen lösen. Medikamente, die injiziert werden, werden im allgemeinen in Ampullen aufbewahrt. Erst, wenn sie gespritzt werden sollen, wird die Ampulle mit einer Feile aufgesägt und ihr Inhalt aufgezogen. Es ist eine Unsitte, das Medikament in die Spritzen aufzuziehen und sie vielleicht Stunden liegenzulassen. Einmal ist damit immer die Möglichkeit einer Verwechslung gegeben, zum anderen zersetzen sich einige Substanzen durch Luftzutritt (z. B. das Salvarsan); auch ist die Sterilität gefährdet. Zur Injektion wird eine andere Kanüle genommen; es wird nicht die gebraucht, mit der das Medikament aus der Ampulle aufgezogen wurde. In Krankenhäusern werden die häufig verwandten injizierbaren Präparate auch in größeren Flaschen aufbewahrt, die die Aufschrift „steril zur Injektion" oder „pro injectione" tragen. Dabei ist dringend auf Asepsis zu achten. Intravenös wird in oberflächlich gelegene Venen hineingespritzt —• am häufigsten in die Ellenbeugevene ( = vena cubiti) —, die nach Anlegen einer Staubinde am Oberarm fast immer hervortritt. Die intramuskuläre Injektion erfolgt in Muskelgruppen hinein, die kräftig entwickelt sind, wie z. B. die Gesäßmuskulatur oder die Vorderseite des Oberschenkels. Ins Gesäß darf nur in den äußeren oberen Quadranten des M. glutaeus maximus gespritzt werden, weil sonst darunterliegende Nerven oder Gefäße geschädigt werden können. Man sticht die Kanüle in Richtung auf den Beckenkamm zu. Da es sich in der Mehrzahl um ölige oder metallische Aufschwemmungen handelt, ist man verpflichtet, sich davon zu überzeugen, daß die Injektionsnadel nicht in einem Blutgefäß liegt. Das geschieht durch Ansaugen, d. h. durch Anziehen des Stempels! Die intramuskuläre Injektion darf nur von der Schwester ausgeführt werden, die vom Arzt damit beauftragt ist. Die Injektion wäßriger Lösungen erfolgt zu einem großen Teil ins Unterhautzellgewebe: subkutan. Beispiele: Cardiazol, Morphin, Insulin. Um keine Nerven oder Gefäße zu verletzen, werden immer die Streckseiten der Oberarme und Oberschenkel gewählt. Man hebt die Haut an und sticht die Kanüle herzwärts in paralleler Richtung zur Hautoberfläche ein. Intrakutan, d. h. in die Haut hinein, werden einige Impfstoffe gespritzt.
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C. Aus der Pharmakologie 1. Schlafmittel 2. Alkaloide 3. Herzglykoside
4. Synthetische Antipyretika /. Ätherische öle 6. Analeptika 7. Abführmittel 1. Schlafmittel
Es soll keine differenzierte Abhandlung über die Pharmakologie erfolgen. Es sei aber erlaubt, aus dem großen Gebiet der Arzneimittelkunde einige Gebiete herauszugreifen, deren Kenntnis dem Pflegenden die Arbeit am Krankenbett erleichtern können. Die Gründe, weshalb ein Mensch nicht schlafen kann, können verschiedener Art sein. Menschen, die innerlich erregt sind, können nicht «»schlafen. Starke Schmerzen lassen einen Menschen ebenfalls nicht einschlafen. Ältere Menschen klagen häufig darüber, nicht ¿//»•¿•¿schlafen zu können. Mangelnde Schlaftiefe ist charakteristisch für den Greisenschlaf. Der Arzt verordnet nach Art der Schlafstörung ein Beruhigungs-, ein Schmerzstill- oder ein Durchschlafmittel. In der Gruppe der Beruhigungsmittel sind Präparate aus der Baldrianwurzel (Radix Valerianae) zu erwähnen; auch Brompräparate haben sich bewährt. Allerdings vertragen einige Menschen kein Brom. Sie reagieren darauf mit einer Bromakne (Akne = Knötchenausschlag). Als „leichtes Schlafmittel" gilt das Adalin, das selbst bei Säuglingen und Kleinkindern keine unangenehmen Nebenwirkungen verursacht. Bei der Wahl der schmerzstillenden Mittel (Analgetika) hat der Arzt eine große Auswahl (Pyramidon, Novalgin, Saridon, Phenacetin, Optalidon). Bei Schlafstörungen ist es wichtig, daran zu denken, daß eine große Zahl der Präparate Tagesanalgetika sind und Koffein enthalten. In manchen Fällen wird der Arzt auch Präparate aus der Morphinreihe verordnen; aber Morphin ist kein Schlafmittel! Das älteste Schlafmittel ist das Chloralhydrat. Es ist ein sehr starkes Schlafmittel und wird heute noch bei psychischen und motorischen Erregungszuständen (Tetanus, Eklampsie, Strychninvergiftung) verwandt. Es kann per os und rektal gegeben werden. Die Wirkung tritt beim Chloralhydrat rasch ein und hält bei therapeutischen Dosen von 1 bis 2 g etwa 8 Stunden an. Seine Fernwirkung auf das Vasomotorenzentrum und das Herz begrenzen seine Anwendbarkeit. Es ist kontraindiziert bei hohem Fieber, bei Herzerkrankungen und bei Säuglingen. Längerer Gebrauch führt zur Gewöhnung, zu Verdauungsstörungen und zu lokalen Reizerscheinungen. Die größte praktische Bedeutung in der Gruppe der Durchschlafmittel haben jene, die sich von der Barbitursäute ableiten. Ein Schlafmittel ist nur dann brauchbar, wenn es ohne größere Neben- oder Nachwirkungen eingenommen werden kann. Eine Gewöhnung wird bei allen beobachtet. Sie sind alle rezeptpflichtig. Ein sehr bekanntes Schlafmittel der Barbitursäuregruppe ist das Luminal (Acidum phenyläthylbarbituricum). Es ist nicht nur ein Schlafmittel, sondern auch ein Beruhigungsmittel der motorischen Zentren. Es wird daher bei der Epilepsie, bei der Eklampsie und bei der Chorea ( = Veitstanz) verordnet. Veronal gilt als schweres Schlafmittel. Es hat den Nachteil, sehr langsam vom Körper resorbiert zu werden und lange zu verweilen. Manche Patienten klagen am folgenden Tage noch über Benommenheit, Übelkeit und Kopfschmerzen.
Alkaloide
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Veronal wird immer wieder in selbstmörderischer Absicht genommen. Seine Vergiftungserscheinungen sind besonders schwerwiegend. In zahlreichen Fällen tritt der T o d infolge peripherer Kapillarlähmung ein.
Phanodorm und Phanodorm-Kal^ium sind chemisch gesehen dem Luminal sehr ähnlich. Der Schlaf tritt bald ein, weil es rasch resorbiert wird. Die Nachwirkungen sind gering, es wird sehr bald im Organismus zerstört und ausgeschieden. Evipan gilt als gutes Einschlaf- und Wiedereinschlafmittel: rasch einsetzende Wirkung, schnelle Zerstörung in der Leber, keine hypnotischen Nachwirkungen. Ist die Wirkung in der Nacht abgeklungen, so kann es ein zweites Mal genommen werden, ohne daß Nachwirkungen am nächsten Morgen auftreten. Evipan und das ihm verwandte Eunarkon werden als Kurznakotika verwandt. Über Narkosemittel wird ausführlich im Chirurgischen Teil gesprochen. (Band II.) Aus der Vielzahl guter Barbitursäuremittel seien die gebräuchlichsten erwähnt: Noctal, Pernocton, Veramon ( = 7 5 % Pyramidon + 25% Veronal), Quadronox. 2. Alkaloide
Alkaloide kommen in allen Teilen der Pflanze vor. Sie nehmen in der Arzneimittellehre einen breiten Raum ein. Es sind giftige und heilkräftige Stoffe. Alkaloide sind stickstoffhaltige Pflanzenbasen. Sie verbinden sich wie Alkalien mit Säuren zu Salzen. Meist enthält eine Pflanze oder Pflanzenfamilie ein oder mehrere für sie charakteristische Alkaloide. Möglicherweise sind die Alkaloide Stoffwechselprodukte der Pflanze. Alkaloidw/fe Körper, die im tierischen Körper gebildet werden, sind Adrenalin (Nebennierenmarkstoff) und Histamin. Wichtige Alkaloide Curare ist ein Auszug aus verschiedenen Strychnosarten (Brechnuß); seine bekannten Alkaloide sind Curarine und Curine. Die Indianer bereiten daraus ihre Pfeilgifte. Curare ist im modernen Narkoseverfahren ein vielverwandtes Alkaloid. Es lähmt die peripheren motorischen Nervenendigungen an der quergestreiften Muskulatur (s. Band III: Neurologie). Strychnin, ein Alkaloid des „Semen Strychni" (Samen der Brechnuß, Ignatiusbohne), ist ein Krampfgift. Es ist ein Antagonist (Gegenspieler) des Curare. In kleinen Dosen verabreicht (0,001 g) wirkt es auf das Atem- und Kreislaufzentrum anregend ( = Analeptikum). Es steigert Atemfrequenz und Blutdruck. In größeren Dosen (0,2 g und mehr) löst es tetanische Krampfanfälle aus. Wie beim Krankheitsbild des Tetanus sind Beuger und Strecker gleichzeitig kontrahiert; nach dem Anfall tritt allerdings — im Gegensatz zum echten Tetanus — eine völlige Erschlaffung der Muskeln auf. Opium (alte Namen: Laudanum, Mekonium) ist der eingetrocknete Milchsaft der unreifen Früchte des Mohns (Papaver somniferum). Die Früchte enthalten bis zu 20% Alkaloide. Die Hälfte davon ist Morphin; die restliche Hälfte besteht aus über 30 Nebenalkaloiden: u. a. Codein, Narkotin, Papaverin und Thebain. Das Opiumgesetz vom 19. 12. 1930 enthält genaue Vorschriften über Form und Verschreibung der Betäubungsmittel, an die sich jeder Arzt zu halten hat.
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Das wichtigste Opiumalkaloid ist das Morphin. Bei der Morphinwirkung sind beim Menschen 3 Stadien zu erkennen: Nach einer therapeutischen Dosis von 0,02 Morphin wird zunächst die Schmerzempfindung herabgesetzt. Mit der Schmerzausschaltung schwinden Müdigkeit, Hunger und Unbehagen. Der Mensch wird in einen Rausch versetzt, er wird euphorisch (Euphorie = Wohlbefinden) — dieses Wohlbehagen trägt die Gefahr der Sucht in sich (Sucht = krankhaftes Verlangen nach Rauschgiften). Das 3. Stadium der Morphinwirkung tritt bei Überdosierung ein (größte Einzeldosis = 0,03 — höchste Tagesdosis = 0,1): Atemlähmung. Manche Menschen vertragen Morphin nicht. Sie klagen über Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Bekannte Nebenwirkungen sind: Herzschlagverlangsamung, Verengung der Pupille, Harnblasenkrampf. Der Morphinismus stellt eine chronische Morphinvergiftung dar. Bei fortgesetztem Gebrauch yon Morphin kann es bei psychisch dazu veranlagten Menseben zur Sucht kommen. Sie verlangen nach Morphin wegen seiner angenehmen, euphorischen Wirkung. Die Sucht birgt die weitere Gefahr der Gewöhnung in sich, d. h. die anfangs injizierte Dosis führt nicht mehr zur gewünschten Wirkung, sie muß vergrößert werden. Ist die euphorische Wirkung vorüber, klagen die Menschen in zunehmendem Maße über Appetitlosigkeit, Verstopfung, Abmagerung, Schlaflosigkeit, Kräfteverfall, erschwertes Harnlassen und Nachlassen der Sexualfunktion. Sie vernachlässigen ihre Pflichten in ihrer Arbeit und gegenüber ihrer Familie. Sie bieten das Bild eines psychischen Verfalls. Es gibt nur eine wirksame Therapie: eine Entziehungskur in einer geschlossenen Anstalt. Um den möglichen Abstinenzerscheinungen vorzubeugen — Unruhe, Erregungszustände, Depression, Erbrechen, Durchfälle, Herzkollaps — beginnt die Entziehungskur mit einem Dämmerschlaf.
Apomorphin, ein Abkömmling des Morphins, fällt nicht unter das Opiumgesetz. Es wirkt aufs Brechzentrum; ihm fehlen die narkotischen Effekte des Morphins. Die Nebenalkaloide des Opiums verursachen im allgemeinen keine Sucht. Das Codein fällt nicht unter das Opiumgesetz. Es hat eine geringere schmerzlindernde Wirkung, beruhigt aber das übererregte Hustenzentrum, ohne das Atemzentrum zu schädigen (ED = 0,03). Narkotin hat nur eine geringe narkotische Wirkung, es erregt das Atemzentrum. Papaverin (unterliegt auch nicht dem Opiumgesetz) setzt den Tonus ( = Spannungszustand) der glatten Muskulatur herab. Es ist daher ein vorzügliches Mittel bei allen Spasmen ( = Krämpfe) der glatten Muskulatur (Koliken, Spasmen der Bronchialmuskulatur, Koronarspasmen). Das Opium summiert die Wirkungen seiner Alkaloide. Die Wirkung aufs Großhirn ist beim ungereinigten Opium nicht geringer als beim Morphin, nur tritt sie langsamer ein. Das Opium hat eine stärkere Darmwirkung als das Morphin. Es stellt den Darm ruhig. Gereinigte Opiumpräparate sind Pantopon, Laudanon und Narcophin. Sie entsprechen in ihrer Wirkungsbreite dem Morphin und dürfen wegen ihrer Suchtgefahr auch nur nach den strengen Regeln des Opiumgesetzes verordnet werden. Indischer Hanf ( = Haschisch) bewirkt, geraucht oder als Likör getrunken, rauschartige Zustände, die dem Opiumrausch sehr ähneln. Er fällt auch unter das Opiumgesetz und hat therapeutisch keine Bedeutung!
Alkaloide
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Nikotin ist ein flüssiges Alkaloid, das in Blättern der Tabakpflanze (Nicotiana Tabacum) vorkommt. Es gehört zu den stärksten Giften, die wir kennen. Die Hälfte des reinen flüssigen Alkaloids einer Zigarre kann schon das Atemzentrum lähmen. Nikotin hat eine vielfältige Wirkung im menschlichen Körper: es verlangsamt den Herzschlag; es regt die Drüsentätigkeit und die Darmperistaltik an; es löst am schwangeren Uterus Wehen aus; anfangs erweitert es die Blutkapillaren, dem bald eine gegenteilige Wirkung mit Blutdruckerhöhung und Pulsbeschleunigung folgt. Nikotinvergiftung erfolgt fast nur durch Rauchen. Die Menge des eingeatmeten Nikotins hängt von der Art des Rauchens ab — je schneller geraucht wird, um so mehr gelangt in den Körper. Nikotin wird von den Schleimhäuten (Mundschleimhaut) resorbiert und durch die Niere, aber auch durch andere Körperflüssigkeit ausgeschieden (Milch stillender Mütter!). Bei einem chronischen Nikotinmißbrauch kommt es, abgesehen von katarrhalischen Reizerscheinungen an den oberen Luftwegen, zu Verdauungsstörungen, Pulsbeschleunigung und Gefäßkrämpfen, zur Übererregbarkeit (Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Muskelzittern) und schließlich zu Sehstörungen. Die einzig wirksame Therapie: Aufgabe des Rauchens! Die Astftylcholingruppe umfaßt die Alkaloide Cholin, Azetylcholin, Muskarin, Pilocarpin und Physostigmin. Das Azetylcholin spielt als „Vagusstoff" (Vagus = 10. Hirnnerv) im menschlichen Organismus eine bedeutungsvolle Rolle. Wird der Nervus vagus gereizt, so wird Azetylcholin frei. Sein Gegenspieler ist das Atropin, das den Vagus hemmt. Muskarin ist das Alkaloid des Fliegenpilzes; es ist therapeutisch ohne Bedeutung. Pilocarpin kommt in verschiedenen Pilocarpusarten vor. Die Acetylcholine, mit Ausnahme des Physostigmins, lösen im Körper folgende Symptome aus: Pupillenverengung, Sekretionszunahme der Schweiß-, Speichel- und der Bronchialdrüsen, Verengung der Bronchien, Verlangsamung der Herzschlagfolge, Erweiterung der Blutgefäße, Förderung der Magen- und Darmperistaltik. Auf das ZNS wirken kleine Dosen (0,1) erregend, große lähmend. Das Azetylcholin ist in seiner Wirkung 1000 fach stärker als das Cholin. Therapeutisch hat es keine große Bedeutung, aber es ist als Vagusstoff überall im Körper anzutreffen. Das Pilocarpin wird als schweißtreibendes Mittel verwandt. Mit einer Injektion (0,05) kann man dem Körper in 1 bis 2 Stunden 2 kg Schweiß entziehen. Bei einer beginnenden Urämie kann es sehr günstig sein. Das Physostigmin (Alkaloid der Gottesurteilsbohne) erregt die quergestreifte Muskulatur und die motorischen Nervenendplatten. Es fördert die Peristaltik des Magens und Darms und ist daher ein unentbehrliches Mittel in der Behandlung postoperativer Darmlähmung. Außerdem wird es, da es den Augeninnendruck senkt, lokal in der Augenheilkunde angewandt. Atropin und Scopolamin kommen als Alkaloide in Nachtschattengewächsen vor (Tollkirsche, Bilsenkraut, Alraune). Atropin lähmt den Nervus vagus. Es erweitert die Pupillen — hemmt die Drüsentätigkeit, erweitert die Bronchien, hemmt die Darmperistaltik und beschleunigt die Herztätigkeit. Seine Wirkung aufs ZNS ( = Zentralnervensystem): nach Dosen von 5 bis 10 mg kommt es beim Erwachsenen zu Redseligkeit, Ideenflucht, Bewegungsdrang
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und schließlich zur Raserei (daher „Tollkirsche"). Nach sehr großen Dosen tritt an Stelle der erregenden eine lähmende Wirkung. Wenn die Tollkirschen reifen, beobachtet man gelegentlich akute Atropinvergiftungen. Die Kinder halten sie für echte Kirschen. Nach Genuß von 5 Tollkirschen können sich bereits schwere Vergiftungserscheinungen einstellen: Schluckstörungen, Puls jagen, heiße, trockene Haut, weite Pupillen, scharlachrote Zunge — und schließlich Bewußtlosigkeit mit Krämpfen. Therapeutisch gilt es bei akuten Vergiftungen, das Atropin aus dem Körper zu entfernen (Magenspülung, Abführmittel). Beruhigungsmittel. Kreislauf- und Atemzentrum müssen genau kontrolliert werden. Das Siopolamin hat die gleiche Wirkung wie das Atropin; nur sehr viel schwächer. Daneben besitzt es jedoch eine hypnotische Eigenschaft, die das Atropin nicht hat: es lähmt die motorischen Zentren der Großhirnrinde. Es wird daher zur Vorbereitung von Inhalationsnarkosen und zur Beruhigung motorischer Erregungszustände verwandt (ED = 0,00025). Die Alkaloide des Mutterkorns (Seeale cornutum), Ergotoxin, Ergotamin und Ergometrin wirken auf die glatte Muskulatur erregend. Sie finden ihr Anwendungsgebiet als Wehenmittel und gefäßverengende Mittel in der Geburtshilfe. Kokain ist das Hauptalkaloid der Kokablätter. Da es beim Sterilisieren zerstört wird, wird es lokal angewandt. Es lähmt die sensiblen Nervenendigungen und hebt ihre Leitfähigkeit vorübergehend auf. Das Zentralnervensystem bleibt bei therapeutischen Dosen unbeeinflußt. Kokain läßt entzündete Schleimhäute abschwellen. Es wurde als lokales Anästhetikum angewandt. Das Kokain hat aber einen Nachteil: wiederholte Anwendungen, vor allem konzentrierter Lösungen, führen zur Sucht. Es wird als Kokainschnupfpulver rasch von der Nasenschleimhaut resorbiert. Der Arzt benutzt das Kokain in 2- bis 4%iger Lösung zur Schmerzausschaltung der Hornhaut und zur Schleimhautanästhesie. Novocain, ein synthetisches Kokainersatzpräparat, hat das Kokain als Leitungsanästhetikum verdrängt. Es hat die gleiche betäubende Eigenschaft, führt aber nicht zur Sucht. 2%ige Novocainlösungen werden auch zur Lumbalanästhesie verwandt. Weitere Präparate: Pantocain, Tutocain, Percain. Chinin ist ein Alkaloid aus der Rinde des Chinabaumes. Chinin ist ein allgemeines Plasmagift und schädigt alle Zellen, mit denen es in Berührung kommt. Es hemmt Stoffwechsel und Wachstum der Zelle. Es ist ein Herznarkotikum und hemmt Reizbildung, Reizleitung und Erregbarkeit. Es wirkt auf die glatte Muskulatur der Gebärmutter kontraktionsverstärkend. Schon bei therapeutischen Dosen (eine Tablette enthält 0,5 g Chinin) können sich Vergiftungserscheinungen zeigen: Kopfschmerzen, Ohrensausen, Schwindel, Sehstörungen, Urticaria. Bei großen Dosen treten Krämpfe, Bewußtseinstrübung und akute Herzschwäche auf, in seltenen Fällen Schwarzwasserfieber. Durch Resistenzverminderung der roten Blutkörperchen tritt Blutfarbstoff aus, es kommt zur Hämaturie (blutiger Harn). Therapeutisch wird Chinin in der Behandlung der Malaria verwandt. Als Grippeprophylaktikum haben sich Chinin-Redoxon und Novalgin-Chinin bewährt. In der Geburtshilfe regt es in der EröfFnungsperiode der Gebärmutter die Wehentätigkeit an.
Die Herzglykoside
Die A.lkaloide der Brechwur£ (Radix Ipecacuanhae) sind ein altes brasilianisches Volksmittel gegen Amöbenruhr. Das Emetin wird heute noch dazu verwandt. Kleine Ipecacuanhae-Dosen regen die Bronchialsekretion an. Es erleichtert bei Katarrhen der oberen Luftwege die Schleimentleerung. Der wichtigste alkaloidische Körper ist das Adrenalin, das Hormon des Nebennierenmarkes. Es ist das Erregungsmittel des sympathischen Nervensystems ( = Sympathikusstoff). Die augenfälligste Wirkung übt es auf das Kreislaufsystem aus: Arteriolen, Kapillaren und Venen werden verengt (ausgenommen sind Lungen- und Kapillargefäße), und der Blutdruck steigt an. Gleichzeitig wird die Herzmuskelleistung verstärkt. Seine Wirkung im Stoffwechsel — Mobilisierung und Abbau der Glykogenvorräte — wurde in einem anderen Zusammenhang bereits ausführlich besprochen. Therapeutisch wird Adrenalin als Kreislaufmittel bei peripherem Gefäßkollaps angewandt. Es wird als blutgefäßkontrahierendes Mittel lokal zur Blutstillung verwendet und lokalanästhesierenden Mitteln zugesetzt. 3. Die Herzglykoside a) Digitalisglykoside b) Strophanthine c) Digitaloide (= digitalisähnliche Stoffe)
Glykoside sind stickstofffreie Substanzen, die eine bestimmte Gruppe, die Genine, enthalten. Ihre Wirkung liegt in ihrer „Oberflächenaktivität", d. h. ihre Moleküle bleiben an Oberflächen haften. a) D i g i t a l i s g l y k o s i d e Vorkommen: Die Digitalisglykoside kommen in den Blättern des roten Fingerhutes (Digitalis purpurea) und des Wollfingerhutes (Digitalis lanata) vor. Der schottische Arzt Witheringhzt ihre Wirksamkeit schon 1785 erkannt und sie in die Herzbehandlung eingeführt. Wirkung: Am herzgesunden Menschen tritt nach Digitalisgaben keine sichtbare Wirkung ein. Die Glykoside haften nur am kranken Herzen. Es vermag dann mehr zu leisten. Es kann größere Widerstände überwinden und mehr Blut auswerfen. Zugleich wird die Aktion des Herzens verlangsamt, die Ruhepause verlängert und seine Füllung verbessert. Ist das kranke Herz in seiner Leistungsfähigkeit schon längere Zeit überfordert worden, so sind in den meisten Fällen erhebliche Zeichen der Dekompensation eingetreten: Wasseransammlungen im Unterhautzellgewebe (Ödeme) und venöse Stauungen in den Organen. Das digitalisbeladene Herz wird fähig, diese Unausgeglichenheiten zu regulieren. Digitalispräparate können per os eingenommen und injiziert werden. Digitalisaufgüsse (Digitalisinfuse) sind nur begrenzt haltbar. Der Arzt gibt Menge und Zeitpunkt der einzelnen Gaben an. Dabei wird er die stoßweise Darreichung den verzettelten und unterschwelligen Gaben vorziehen. Das Digitalis haftet lange am Herzmuskel; es wirkt auch dann noch nach, wenn es nicht mehr eingenommen wird. Überdosierung: Wenn sich größere Mengen im Körper ansammeln, kann eine andere, als die eben geschilderte Wirkung eintreten. Sie äußert sich beim Menschen in Übelkeit, Schwindelgefühl, Augenflimmern, Brechreiz und in einer stark verlangsamten Pulszahl mit gelegentlichen Rhythmusstörungen. Daraus wird es verständlich, warum der Arzt bei einem Herzblock, bei dem die Reizleitung ohnehin verlangsamt ist, keine Digitalispräparate verordnet.
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Arzneimittellehre — Pharmakologie
Die pharmazeutische Industrie hat eine große Zahl von Digitalispräparaten herausgebracht. Es ist ein großer Fortschritt, daß sie heute alle eine genau bekannte Menge wirksamer Substanzen enthalten. Als man diese noch nicht chemisch-analytisch bestimmen konnte, mußte man die noch unbekannte Menge durch ihre Wirksamkeit bestimmen. Diese Wertbestimmung wurde am Frosch durchgeführt; daher ist die Wirkung der einzelnen Präparate in Froschdosis (FD) angegeben. b) S t r o p h a n t h i n e Vorkommen: Die Strophanthine werden aus dem Samen verschiedener Strophanthusarten gewonnen. Am gebräuchlichsten sind das kristalline g-Strophanthin und das amorphe (nicht kristalline) k-Strophanthin. Wirkung: Chemisch sind sie den Digitalisgeninen sehr ähnlich, in ihrer Wirkung grundsätzlich gleich. Sie wirken, intravenös gegeben, rasch und sicher, haben aber ein geringes Haftvermögen. Ihre Wirkung ist kurzdauernd, aber weniger toxisch. Der Arzt wendet das Strophanthin in erster Linie in Fällen schwerer Dekompensation an, wo es darauf ankommt, eine schnelle und sichere Wirkung zu erzielen. Die orale und rektale Strophanthinzufuhr ist unzuverlässig, während das intravenös gespritzte voll ausgenutzt wird. Die ersten Zeichen der Wirkung treten schon nach wenigen Minuten ein. In den meisten Fällen genügt eine Gabe von einem Viertelmilligramm täglich. Überdosierung: Die toxische Gefahr ist geringer als bei den Digitalispräparaten. Tritt sie in Erscheinung, so sind die einzelnen Zeichen denen der Digitalisüberdosierung sehr ähnlich, klingen aber schneller ab. c) D i g i t a l o i d e Digitaloide, digitalisähnliche Pflanzenauszüge, werden in der Behandlung und Nachbehandlung mittelschwerer Herzerkrankungen vom Arzt verordnet. Vorkommen: Es sind Extrakte aus der Meerzwiebel (= Scilla maritima), aus den Maiglöckchen (= Convallaria majalis), aus Weißdorn (= Crataegus), aus Ginster (= Sarothamnus scoparius), aus dem Oleander (= Nerium Oleander) und aus dem Adonisröschen (Adonis vernalis). Nebenerscheinungen: Sie wirken sehr rasch und zeigen selten toxische Nebenerscheinungen. Die Wirkung der herzwirksamen Drogen kann bei Patienten mit großen Ödemen durch wasserausschwemmende Mittel unterstützt werden: Diuretika. Zu ihnen gehören die Quecksilberabkömmlinge Salyrgan und Novurit; beide können bestehende Nierenschäden verschlimmern; dann das Koffein und die Präparate der Theophyllin- (Euphyllin) und der Theobromingruppe (Diuretin). 4. Synthetische Antipyretika ( = fiebersenkende Mittel)
Die fiebersenkenden Mittel sind durch die Einführung der Sulfonamide und Antibiotika keineswegs aus der Therapie verdrängt worden. Pyramidon, Novalgin, Phenacetin und Antipyrin sind die gebräuchlichsten. Ihr Hauptangriffspunkt ist das Wärmezentrum, das narkotisiert wird. Da sie die Großhirnrinde lähmen, wirken sie schmerzstillend und beruhigend. Man schreibt ihnen heute
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Analeptika
eine „Stress-Wirkung" im Sinne einer Mobilisierung aller Köprerabwehrkräfte zu; denn sie wirken entzündungshemmend und fördern den Heilungsprozeß. Eine schwerwiegende Nebenwirkung des Pyramidons ist die Agranulozytose (s. S. 108). Bekannte Präparate aus der Gruppe der synthetischen Antipyretika: Migränin (Antipyrin + Koffein), Veramon (Pyramidon + Veronal), Quadronal (Antipyrin, Phenacetin, Lactophenin, Koffein), Gelonida antineuralgica (Phenacetin -f- Codein). Die Salizylsäure wirkt ebenfalls entzündungshemmend, schmerzstillend und fiebersenkend. Salicin ist ein Glykosid, das in der Weidenrinde vorkommt, doch wird die Salizylsäure heute nur noch synthetisch hergestellt. Bekannte Abkömmlinge der Salizylsäure: Aspirin und Salol. Größere Dosen von Salizylsäure (bis zu 10 g am Tage) können zu Schweißausbrüchen, Ohrensausen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen führen. 5. Ätherische Öle
Ätherische ö l e kommen in flüchtiger oder flüssiger Form in allen Teilen der Pflanze vor. Sie werden durch Haut, Magen-Darmkanal und Lungen resorbiert und durch Haut, Lunge und Niere ausgeschieden. Sie besitzen neben ihren Duftstoffen schwache antiseptische und lokale Reizwirkung. Lokal wirksame ätherische Öle: H a u t r e i z m i t t e l : Terpentinöl, Senföl, Fichtennadelöl, Cantharidin (Spanische Fliege). A p p e t i t r e i z e r : Wermut (Absinth), Gewürznelken. G e s c h m a c k s k o r r i g e n t i e n : Pomeranzenöl, Zimtöl, Pfefferminzöl. W u r m m i t t e l : Oleum Chenopodii. Nach Resorption wirksame ätherische Öle: E x p e k t o r a n s : Eukalyptusöl. Schweißtreibende Mittel (Diaphoretica); als Tee gegeben. Holunderblüten, Lindenblüten, Kamille. Ausschwemmende Mittel (Diuretica): Wacholderbeere, Liebstöckel, Hauhechelwurzel. Antiseptikum der Lunge (Inhalation): Terpentinöl. Nervenberuhigendes Mittel: Baldrianwurzel. Kampfer ist ebenfalls ein mit den Terpenen verwandtes Keton. Es wird aus dem Holz des Kampferbaumes gewonnen. Es wirkt, lokal angewandt, hautreizend, erzeugt ein Wärmegefühl und erweitert, intramuskulär gespritzt, die Herzkranzgefäße; deshalb wurde es früher als Kollapsmittel angewandt. Äußerlich wird Kampfer zur Einreibung bei rheumatischen Schmerzen und Neuralgien angewandt. Menthol ( = Pfefferminzöl) reizt die temperaturempfindlichen Nerven. Es lindert beim Schnupfen (durch das Kältegefühl) die entzündlichen Erscheinungen. Als Migränestift mildert es Kopfschmerzen und als Mundwasser wirkt es desinfizierend und erfrischend. 6. Analeptika (Wiederbelebende, anregende Mittel =
Weckmittel)
Analeptika haben bei zentraler Atemlähmung und Versagen des Vasomotorenzentrums in Klinik und Praxis eine große Bedeutung. Das Lobelin ist ein Alkaloid aus der Lobelia inflata. Es erregt das Atemzentrum und wird bei allen Formen zentraler Atemlähmung angewandt (Narkose, Schlafmittel- und Morphinvergiftungen, Asphyxie der Neugeborenen, Atemschwäche). D i e t r i c h Bd. I
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Arzneimittellehre — Pharmakologie
Die Wirkung des Lobelins ist flüchtig: die intravenöse Wirkung (ED 1 ) = 0,01) ist nach zwei Minuten vorüber, die subkutane nach zehn Minuten. Die chemischen Substanzen Cardiaapl (ED = 0,1) und Coramin (ED = 0,25) erregen prompt und in kurzer Zeit das Vasomotorenzentrum. Besonders das Coramin vertieft die Atmung. Bei Überdosierung lösen sie epileptiforme Krämpfe aus (Cardiazolschock). Neospiran (ED = 0,1) und Hexeton (ED = 0,01) sind synthetische Substanzen. Es sind sehr wirksame, zentral angreifende Erregungsmittel. 7. Abführmittel
Abführmittel sind Drogen oder chemische Substanzen, die die Beförderung des Darminhaltes beschleunigen oder die Entleerung herbeiführen. Beides kann erreicht werden durch einen mechanischen Dehnungsreiz der Darmwand ( = mechanische, salinische Abführmittel) oder durch einen chemischen Reiz der Darmschleimhaut ( = vegetabilische Abführmittel). a) Mechanische, salinische A b f ü h r m i t t e l Sie wirken dadurch, daß sie die Wasserresorption im Darm hemmen. Salz und Wasser im Darminhalt verhalten sich zusammen wie ein Fremdkörper, dehnen die Darmwand und lösen so eine natürliche Darmbewegung ( = Peristaltik) aus. Die beiden wichtigsten salinischen Abführmittel sind das Magnesiumsulfat ( = Bittersalz) und das Natriumsulfat ( = Glaubersalz). Sie sind ein Hauptbestandteil der abführenden, natürlichen Mineralwässer. Bittersalz und Glaubersalz werden morgens getrunken: 10 bis 20 g in 250 ccm Wasser. Das Parafftnöl wirkt ebenfalls wie die salinischen Abführmittel durch Dehnungsreiz. b) V e g e t a b i l i s c h e A b f ü h r m i t t e l (Vegetabilien = Pflanzenstoffe) Sie üben einen chemischen Reiz auf die Darmwand aus, wodurch die Peristaltik gefördert wird. Vegetabilische Abführmittel werden in drei Gruppen eingeteilt: fette öle, Harze und Glykoside. Zu den fetten Ölen gehören Rizinusöl (Oleum Ricini) und Crotonöl ( = Oleum Crotonis). Rizinusöl wird aus dem Rizinussamen gewonnen (Ricinus = Wolfsmilchgewächs). Es regt die Peristaltik des Dünndarms an und hat keine Nebenerscheinungen. Es kann auch bei Gravidität genommen werden (ED = 15 bis 30 g). Es wird bei der akuten Obstipation verordnet. Crotonöl ist das stärkste Abführmittel. Es wird aber in der Therapie am Menschen nicht verwandt, da es zu schweren Entzündungen der Darmwand mit blutigen Durchfällen führt. Die Har^e enthaltenden Drogen sind Drastika. Sie sind mit großer Vorsicht anzuwenden, da die Dünndarmschleimhaut sehr gereizt wird. Es kann zu dünnflüssigen Entleerungen unter kolikartigen Schmerzen kommen, wodurch die Patienten sehr geschwächt werden. Die wichtigsten, Glykoside enthaltenden Drogen sind Sennesblätter (Folia Sennae, ED = 2 g), Rhabarberwurzel (Rhizoma Rhei, ED = 1 g), Faulbaumrinde (Cortex Frangulae, ED = 3 g) und Aloe (Aloeextractum, ED = 0,2 g). Die Glykoside kommen erst im Dickdarm zur Wirkung und werden am besten am Abend gegeben. Sie werden bei der chronischen, nicht spastischen Obstipation verordnet. E D = Einzeldosis.
Register Abführmittel 210 Abmagerung 52 Abnutzungserkrankung 3 Absolute Arrhythmie 31 Abwehrkräfte 4, 128 Abwehrsystem 124, 128 Aceton 38 Acholischer Stuhl 48 Achromycin 132 Achylie 46 Addisonsehe Krankheit 1 1 9 Adenoide Vegetation 7 Adenom der Hypophyse 1 1 3 Adonisröschen 208 (Adonis yernalis) Adrenalin 45, 50, 76, 119, 207 Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) i6„ 92, 1 1 3 , 1 1 9 Aerosolapparat 15, 200 Agranulozytose 107, 108, 142, 209 Ägyptische Bindehautentzündung 175 Akromegalie 1 1 3 Aktionsstrom des Herzens 25 Aktinomykose 17, 19, 125 Akute Gastritis 68 Akute gelbe Leberatrophie 78 Akute Glomerulonephritis 90 Akute Pankreasapoplexie 86 Akute Pankreasnekrose 86 Akute Pankreatitis 86 Akuter Gelenkrheumatismus 189 Albumin 38, 84, 103 Albuminimeter 90 Albumosen 38 Aldehyd 38 Alkaloide 203 ff. Alkalose 1 1 6 Alkalysol 136 Allergie 7, 16, 145, 146 Alkohol 60, 69, 137 Aloe 210 a-Zelle 53 Alveole io, 17 Alt-Insulin 53 Aminogruppe 37 Aminosäure 37, 38, 47, 51, 78 Ammoniak 51, 76 Amöbenrahr 18, 79, 1 8 1 . 207 Anaerobier 150
Angeborene Syphilis 2, 188 Angina catarrhalis 140 ( = simplex) Angina diphtherica 142 Angina follicularis 141 Angina lacunaris 141 Angina pectoris 3, 33 Angina Plaut Vincenti 141 Anisozyten 102 Ankylostumum duodenale 185 Anopheles 180 Anschoppung der Lunge 17 Antagonist 42 Anthyrax 154 Antiallergische Mittel 8 Antibiotikum 18, 30, 31, 1 3 1 Antihistaminpräparate 8 Antikörper 1 1 0 Antikoagulans 35 Antineuritisches Vitamin 42 Antiperniziosafaktor 43, 77, 105 Antipyretikum 208 Antipyrin 208 Antirachitisches Vitamin 43 Antisterilitätsvitamin 44 Antitoxin 128 Antixerophthalmisches Vitamin 42
Anurie 91 Aorta 27 Aorteninsuffizienz 29 Aortenklappe 24 Aortenlues 29 Aortenstenose 29 Aplastische Anämie 106 Apnoe 1 1 Apomorphin 204 Apoplexie 3, 35 Appendizitis 73 Appetitreizer 47, 209 Arbeitshypertrophie 29 Argentum-nitricum-Lösung 96 Arteria carotis 27 Arteria femoralis 27 Arteria radialis 27 Arteriosklerose 33 Arthritis urica 56 Arthrosis deformans 3, 190 Arzneimittellehre 132, 194 Ascaris lumbrieoides 185 Aschbeim-Zondeck-Kesikti on 1 1 3 Anaemia perniciosa 46, 101, 105 Ascboff-Tavara-Kaotea 24, 25 Aseptische Meningitis 152 Analeptikum 209 Asphyxie 1 1 Analfistel 75 Anämie 72, 104, 180 Aspirationspneumonie 14, 162 Anaphylaxie 145, 146 Aspirin 209 Anazicütät 46 Assimilation 50
Asthma bronchiale 13, 16 Aszites 79 Atebrin 181 Atemfrequenz 1 1 Atemfunktionsprüfung 163 Atemgeräusche 10 Atemkrämpfe 1 1 Atemlähmung 55, 172 Atemmuskeln 10, 172 Atemnot 3 5 Atemübung 16 Atemzentrum 1 0 , 172 Äther 38 Ätherische ö l e 209 Ätherreflex 46, 85 Athlet 4 Atmung 9 Atmungsorgane 6 Atrioventrikularklappe 24 Atrioventri kularknoten 24 Atrium dextrum 24 Atropin 35,-71, 94, 205 Augenmuskellähmung 144 Aureomycin 132 Ausatmung 10 Ausfallerscheinung der Keimdrüsen 122 Auskultation 29 Auslöschphänomen 166 Aussatz 153 Auswurf (Desinfektion) 138 Äußerlich angewandte Arzneimittel 199 Austauschtransfusion 106 Autonomes Nervensystem 26 Avitaminose 42 Azetessigsäure 51, 54 Azeton 51, 54 Azetonnachweis 55 Azethylcholin 205 Backen 57 Bakterien 125 Bakteriostase 130 Bandwurm 182 B a r s c h e Krankheit 151 Barbitursäure 202 Basedowsche Krankheit 1 1 8 Basophiles Adenom 1 1 4 Bauchspeicheldrüse 51, 85 Bauchspei cheldrüsensaft 47 Bauchtyphus 14, 1 1 6 , 147 Bauchwassersucht 79 Bazillen 125 Bazillenausscheider 142, 148 Bazillenruhr 1 5 1 Bazillenträger 124, 126,142, 148 14"
212 B C G - I m p f u n g 164 Bechterewsche. K r a n k h e i t 190 Beringsches Heilserum 144 Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten 189 Bekämpfung d. Infektionskrankheiten 128 Belladonna 71 Beri-Beri 42 /3-Zelle 53
Register Blutplättchen 103 Blutspeicherorgan 110 Bluttransfusion 71, 108 Blutungsanämie 104 Blutungsgefahr 44 Blutverlust 34 Blutzuckerspiegel 50, 51 Blutzuckerbestimmung 55 Bornholmer Krankheit 176 Bothriocephalus latus 183 Botulismus 150 Bowmanschc Kapsel 88 Bradykardie 27, 32, 148, 158 Braten 57 Brechwurz 207 Breitbandantibiotika 132 Briesel 118
Cholesterinstein 80 Cholelithiasis 80 Cholin 205 Chordae tendineae 24 Chronische Bronchitis 13, 20 Chronische Gastritis 68 Chronischer Gelenkrheumatismus 190 Chronischer hämolytischer Ikterus 107 Chronisch indurierende Pankrea/3-Oxybuttersäure 51, 54 titis 86 ^-Oxydation 50 Chronische Leberentzündung 78 Bettnässen 96 Chronischer Schnupfen 7 Biermersche A n ä m i e 105 Chronische Tracheitis 12 Biligrafin 70 Chylusgefäße 50 Bilirubin 48, 77, 82, 110 Cisterna Chyli 1 1 1 Bilirubingehalt im Blut 83 Bilirubinprobe 82 Bromsulphalein-Belastungsprobe Codein 203, 204 Coffeinprobetrunk 46 Biliverdin 98 85 Colitis 73 .0/7/ro/Ä-Operation 72 Bronchiektasien 13, 14 Bindegewebsmassage 16 Coma basedowicum 118 Bronchiolitis 13, 15 Biologisches E i w e i ß m i n i m u m 38 Bronchitis 13, 165 C o m a diabeticum 54 Biologische Wertigkeit der Ei- Bronchopneumonie 1 3 , 1 4 , 1 9 , 1 7 4 C o m a hepaticum 78 weiße 38 Bronchusspiegel (Bronchoskop) C o m a uraemicum 88, 91 Bittersalz 210 C o r 24 Bronzekrankheit 119 [20 Bläschenflechte 176 Brmnersche Drüse 49 Concretio pericardii 32 Blattern 168 Brunsthormon 120 Continua 127, 148, 157 Blennorhoe 187 Brustenge (Angina pectoris) 3 Convallaria majalis 205 Blinddarmabs2eß 73 Brustwandableitung 26 Coramin 210 Blinddarmentzündung 73 Brütestadium 126 Corpus luteum-Hormon 120 Blindheit 42 Bubonen 189 Cortex frangulae 208 Blasenblutung 96 Buelauschc Saugdrainage 22 Cortison 92, 119, 190 Blasendiphtherie 95 Bullrichsalz 71 Coxsachievirus 176 Blasengeschwulst 96 B Z 5 5 ( 53 Crataegus 2 o8 Blasenharn 88 Credesehe ophylaxe 187 Blasenkatarrh 95 Crotonöl 210 Cardiazol 210 Blasenpapillom 86 C r o u p 143, 164 Castle Ferment 105 Blasenspiegelung 95 Cup-ex 186 Cellobiose 37 Blasenspülung 96 Curare 155, 203 Cellulose 37 Blasenstein 94, 96 Cushingscho. Krankheit 1 1 4 Chaliakose 19 Blasentuberkulose 99 Cbarkot-Leydenschc Kristalle 16 Blattern 168 D ä m p f e n 57 Chemische Desinfektionsmittel Blaues Baby 29 Dampfsterilisation 78, 201 134 Blut io, 100 Darmerkrankung 73 Chemoresistenz 132 Blutbank 109 Darmkatarrh 73 Chemotherapie 129 f f . Blutbild 100 Chemotherapie der Tuberkulose Darmkrebs 74 Blutdruck 26 Darmsaft 44, 49 161 Blutdrüsen 112 Darmspasmus 75 ] Cbeyne-Stokessches A t m e n 11 Bluterbrechen 70 Darmsyphilis 75 Chinin 181, 206 Bluterkrankheit 104 Darmtuberkulose 161 Chlor 36, 45 Blutersatzmittel 71 D a r m Verschluß 75 Chloralhydrat 202 Blütestadium 127 D D T - P u l v e r 180, 181, 184 Blutfarbstoff 10, 48, 71, 77, 101 Chlorami n 136 D e k o k t 197 Blutgerinnung 34, 44, 103, 104 Chlorkalk 135 Dekompensation 28 C h l o r o f o r m 38 Blutgruppen 108 Delirium 17 Chloromycetin 132, 148 Blutkalziumspiegel 116 Cholangitis 77, 81 Denaturierung der E i w e i ß e 45 Blutkonserve 108, 109 Cholezystitis 81 Depotfett 50 Blutkörperchen 101 Depotinsulin 53 Blutkörperchensenkung 72, 103 Cholezystopathie 80 Cholera 149 Desinfektion 134, 137 Blutkreislauf 24 Cholera nostras 150 Desinfektionsanlage 137 Blütestadium 126 Choleinsäure 48 Desinfektionsordnung bei T u b e r Blutplasma 101, 103 Cholesterin 38, 44, 48 kulose 193
Register Ektotoxin 125 Elektrophorese 84 Embolie 31, 35 Embryo 20 Emetin 182, 206 Endarterie 35 Endemie 124 Endokarditis 28, 30, 31, 141, 167 Endokarditis lenta 30 Endotoxin 125 Endoxan 23 Enteritis 73 Entmineralisierung 43 Entziehungskur 204 Entzündung des Herzens 28 Entzündung der Speiseröhre 66 Enuresis nocturna 96 Enzephalitis 165, 174 Eosinophilie 21 Epidemie 124 Epilepsie 2 Epiphysengeschwul st 115 Epistaxis 8 Epithelkörperchen 1 1 5 Epithelschutzvitamin 42 Erepsin 49 Ergometrin 206 Ergosterin 43 Ergotamin 206 Ergotoxin 206 Erkältung 12 Erkrankung der Atmungsorgane 12, 17 Erkrankung der Bauchspeicheldrüse 85 Erkrankung des Blutes 104 Erkrankung der Bronchien 12, 13 Erkrankung der Gallenwege 77 Erkrankung der Geschlechtsorgane 97 Erkrankung des Herzens und der Gefäße 24, 28, 33 Erkrankung der Hypophyse 1 1 3 Erkrankung des Kreislaufs und der Gefäße 34 Echinokokkus 21 Erkrankung der Leber 76 Edelgase 9 Erkrankung der Luftröhre 12 Erkrankung des Lungengewebes ¿¡¿WM-Aldehydreagens 82 17 ff. Einatmung 10 Einfache Zucker 87 Erkrankung des Magen-DarmEingeweidewürmer 184 kanals 66, 68 Einlauf 195 Erkrankung des Mediastinums Eisen 36, 101 12, 21, 22 Eisenmangelanämie 105 Erkrankung der Milz 1 1 0 Eisenstaublunge 19 Erkrankung der Nebenniere 1 1 9 Eiserne Lunge 172 Erkrankung der Niere 90 Eitrige Hirnhautentzündung 152 Erkrankung des Rippenfells 12,21 Eiweiß 36, 37, 39, 47, 49, 51, 74, Erkrankung der Schilddrüse 1 1 7 Eiweißminimum 51 [76 Erkrankung der Speiseröhre 66 Erkrankungen des weißen BlutEiweißproben 90 bildes 107 Eiweißquotient 103 Erkrankung der Zirbeldrüse 115 E k g 24, 25 Dextrose 37 Diabetes mellitus 51 Diabetes insipidus 1 1 5 Diaphoretika 209 Diaphragma 10 Diarrhoe 74 Diastase 47, 49, 85 Diastole 24, 28 Diät 61 Diätformen 61 Dickdarmentzündung 73 Dick-Test 165 Digitalis 29 Digitaloide 207, 208 Digitalisgiykoside 207 Dihydrostreptomycin 132 Dijodthyrosin 1 1 7 Dilatation des Herzens 28 Diphtheriebazi Uenausschei der 141 Diphtheriebazillengift 34 Diphtheriebazillenträger 142 Diphtherieheilserum 128, 143,144 Diphtherie-Myokarditis 31 Diphtherieschutzimpfung 129 Diplokokken 125 Disaccharide 37 Disposition 2 Dissimilation 50 Diurese 28 Diuretika 28, 208, 209 Doppelzucker 37 Dragée 198 Drägerschet Apparat 15 Drastika 210 Drüsen mit innerer Sekretion 36, Ductus lymphaticus m [112 Ductus thoracicus 50, 1 1 1 Dünndarm 49 Dünndarmentzündung 73 Dünsten 57 Duodenalsonde 46, 63, 66 Dysfunktion 2 Dyspnoe 1 1 , 35 Dystrophia adiposogenitalis 1 1 4
213 Ernährung 36 Erntefieber 177 Erreger der Infektionskrankheiten 124 ff. Erscheinungsbild 4 E-Ruhr 151 Erythema nodosum 158 Erythroblastose 105 Erythrozyt 43, 101 Esbach Reagens 90 Essentieller Hochdruck 34 Essigsäurekochprobe 90 Eunarkon 203 Eunuch 121 Euphyllin 208 Eupnoe n Evipan 203 Exophthalmus 118 Exposition 2 Expektorans 209 Exspiration 6, 10 Exsudative Tuberkulose 160 Extractum filicis 183 Extrapulmonale Tuberkulose 160 Extrasystole 32 Extremitätenableitung 26 Extrinsic Faktor 105 Färbeindex 101 Farnwurzelextrakt 183 Faßthorax 17 Faulbaumrinde 210 Fäulnis 49 Fäulnisdyspepsie 74 Febris recurrens 178 Feig warzen 188 Feindesinfektionsmittel 135 Feldfieber 177 Fermente 44, 45, 49 Fcttähnliche Stoffe 38 Fette 36, 38, 39, 49, 50, 76 Fettlösliche Vitamine 38 Fettsäureabbau 54 Fettsäuren 38, 47, ;o, 51 Fettsäurenadeln 85 Fettstuhl 48 Fettsucht 4 Fettverdauung 48 Feuersteinleber 79 Fibrin 103 Fibrinogen 76, 103 Fieberreaktion 5 Fiebertypen 127 Filmaronöl 183 Fischbandwurm 183 Fistelstimme 122 Flage] laten 186 Fleckfieber 178 Flexner-Ruhrbazillen 151 Flöhe 186 Foetus 30 Folia Sennae 208
214 Follikelblutung 115 FollikeLhormon 120 Follikelreifung 113 Formaldehyd 155, 139 Fraktionierte Magenausheberung 46 Freiburger L ö s u n g 136 Friedländer Bazillus 17 Fröh/ichsche Krankheit 114 Fruchtzucker 37 Frühinfiltrat (Tbc) 158 Frustrane Kontraktion 32 Fundusdrüse 45 Funikuläre Myelose 105 Funktionelle Pankreasdiagnostik [85 Galaktose 37 Galaktosebelastungsprobe 83 Galle 44, 48, 76, 77 Gallenblase 80 Gallenblasenempyem 81 Gallenblasenerkrankung 80 Gallenblasenkarzinom 82 Gallenblasenreflex 46 Gallensäuren 47, 48, 50 Gallenschonkost 63 Gallensteinkolik 81 Gameten 178 Garkochen 57 G ä r u n g 49 Gärungsdyspepsie 74 Gasbrand 156 Gasphlegmone 156 Gastritis 68 Gastroskop 68
Register Ginster 208 Glandula pinealis 115 Glandula thyreoidea 117 Glaubersalz 210 G l o b u l i n 38, 84, 103 Glomerulus 88 Glottis 6 G l u k a g o n 53 Glukocorticosteroide 119 G l u k o s e 37 G l y k o g e n 37, 49, 52, 54, 119 G l y k o k o l l 38 Glykosurie 51 Glyzerin 38, 47, 50 Gonatrope H o r m o n e 113 G o n o r r h o e 187 G r a m ' F ä r b u i g 132 Grawit^scher T u m o r 93, 120 Graue Salbe 184 Grippe 173, 174 Grobdesinfektionsmittel 133 Großhirnrinde 47 Gruber- lF>VÄj/-Reaktion 148 Grundumsatz 40 G u r g e l n 200 Gurtelrose 176
Haarausfall 43, 52, 117 H a k e n w u r m 185 Halsentzündung 140 Hämatologie 100 Hämaturie 93 Hammelserum 145 H ä m o g l o b i n 71, 76, 101, 110 Hämolyse 178 G e d e c k t e Magenperforation 71 Hämolytische Anämie 107 Gefäße 24 Hämol ytischer Ikterus 106, 110 Gefäßnerven 27 Gegengeschlechtliche H o r m o n - Hämoptoe J6O, 161, 162 Hämophilie 2 gaben 12 Gelbkörperhormon 120 Hämorrhagische Tracheitis 12 Gelbsucht 48, 77 Hämorrhoiden 75 Gelonida antineuralgica 209 Hämostyptika 162 Gemüse 59 Harnblase 94 Generalisationsstadium 127 Harnbluten 98 Generalisierte Vakzination 169 Harnentleerung 94 Geräusche des Herzens 24 ij j Harnfarbstoff 89 Gerinnung 34, 44, 103, 104 Harnflut 21 Germanin 181 Harnleiterstein 94 Geschichte der Infektionskrank- Harnmenge 52 Harnorgane 88 heiten 123 Harnpflichtige Stoffe 88 Geschlechtsorgane 97 Harnsäure 51, 56, 89 Geschlechtskrankheiten 187 Harnstauung 93 Geschmackskorrigens 209 Harnsteine 94 Gesetzliche Meldepflicht 137 Harnstoff 51, 76, 89 Gesundheitspflege 132 Harnzucker 53 G e v i s o l 193 Harter Schanker 188 Gewebsatmung 100 Haschisch 204 Gicht 56 Hauptverdauung 49 Giesbeckenknorpel 6 Hautblutung 43 Gifte 127, 193 Hautreizmittel 199, 209 Giftverordnungsbuch 196
Heilserum 129, 145 //««e-A/i